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German Pages 1120 Year 2008
Großkommentare der Praxis
Wieczorek/Schütze
Zivilprozeßordnung und Nebengesetze Großkommentar 3., völlig neu bearbeitete Auflage begründet von
Bernhard Wieczorek herausgegeben von
Rolf A. Schütze Zweiter Band §§ 128 – 541 2. Teilband §§ 253 – 299a Bearbeiter: §§ 253 – 261, 262 – 283, 288 – 292a, 294, 295 und §§ 297 – 299a Dorothea Assmann Anhang zu § 261, § 293 Rolf A. Schütze §§ 284 – 287 Hans-Jürgen Ahrens § 296 Stephan Weth
De Gruyter Recht . Berlin
Stand der Bearbeitung: 1. September 2008
Zitiervorschlag z. B.: Wieczorek/Schütze/Assmann § 253 ZPO Rdn. 10
ISBN 978-3-89949-168-5
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Copyright 2008 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Datenkonvertierung/Satz: pagina GmbH, Tübingen Druck: H. Heenemann GmbH & Co., Berlin Bindearbeiten: Buchbinderei Bruno Helm, Berlin Printed in Germany
Die Bearbeiter der 3. Auflage Professor Dr. Hans-Jürgen Ahrens, Universität Osnabrück, Richter am OLG Celle Professor Dr. Dorothea Assmann, Universität Potsdam Professor Dr. Ekkehard Becker-Eberhard, Universität Leipzig, geschäftsführender Direktor des Instituts für Anwaltsrecht Rechtsanwalt Hans-Günther Borck, Hamburg Richter am BGH Dr. Wolfgang Büscher, Mülheim/Ruhr, Honorarprofessor an der Universität Osnabrück Rechtsanwalt Dr. Lothar Gamp, Brandenburg Vors. Richter am OLG Uwe Gerken, Oldenburg Professor Dr. Rainer Hausmann, Universität Konstanz Professor Dr. Burkhard Heß, Universität Heidelberg Professor Dr. Volker Michael Jänich, Universität Jena Rechtsanwalt beim BGH Hans-Eike Keller, Karlsruhe Dr. Rainer Kemper, Universität Münster Professor Dr. Thomas Klicka, Universität Münster Professor Dr. Roman Loeser, Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer Professor Dr. Wolfgang Lüke, LL.M. (Chicago), Universität Dresden, Direktor des Instituts für Ausländische und Internationale Rechtsangleichung, Richter am OLG Dresden Professor Dr. Heinz-Peter Mansel, Universität zu Köln, Direktor des Instituts für internationales und ausländisches Privatrecht Professor Dr. Dirk Olzen, Universität Düsseldorf Professor Dr. Christoph G. Paulus, LL.M. (Berkeley), Humboldt-Universität zu Berlin Professor Dr. Egbert Peters, Universität Tübingen Professor Dr. Hanns Prütting, Universität zu Köln, Direktor des Instituts für Verfahrensrecht Richter am LG Dr. Hartmut Rensen, Aachen Professor Dr. Mathias Rohe, M.A., Universität Erlangen, Richter am OLG Nürnberg Rechtsanwalt Dr. Stephan Salzmann, Dipl.-Kfm., Steuerberater, München Professor Dr. Dr. h.c. Wilfried Schlüter, Universität Münster Professor Dr. Klaus Schreiber, Universität Bochum Rechtsanwalt Dr. Rolf A. Schütze, Stuttgart, Honorarprofessor in Tübingen Professor Dr. Stefan Smid, Universität Kiel Rechtsanwalt Dr. Anton Franz Steiner, München Professor Dr. Barbara Stickelbrock, FernUniversität Hagen Rechtsanwalt Dr. Karl-Alfred Storz, Stuttgart Rechtsanwalt Dr. Roderich C. Thümmel, LL.M., Stuttgart, Honorarprofessor in Tübingen Professor Dr. Helmut Weber, LL.B., Großbritannien-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin
Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI
Zivilprozeßordnung ZWEITES BUCH VERFAHREN IM ERSTEN RECHTSZUG §§
Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Titel 1. Verfahren bis zum Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 – 299a
Abkürzungsverzeichnis aA aaO abgedr. Abk. Abl. abl. Abs. abw. A. C. AcP ADSp. aE a.F. AfP AG AGB AGBG AGS AHK AktG All E. R. Allg. Allg.M Alt. aM AMBl BY AMG Am. J. Comp. L. Am. J. Int. L. amtl. ÄndVO AnfG Anh. Anl. Anm. AnwBl AO AöR AP App. ArbG ArbGG Arb. Int. ArbRB ArbuR Art. art. AUG
anderer Ansicht am angegebenen Ort abgedruckt Abkommen Amtsblatt ablehnend Absatz Abweichend The Law Reports, Appeal Cases Archiv für die civilistische Praxis [Band (Jahr) Seite] Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen am Ende alte Fassung Archiv für Presserecht Aktiengesellschaft, auch Amtsgericht, auch Ausführungsgesetz, auch Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (Jahr, Seite) Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwaltsgebühren spezial Alliierte Hohe Kommission Aktiengesetz All England Law Reports Allgemein allgemeine Meinung Alternative anderer Meinung Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge Arzneimittelgesetz American Journal of Comparative Law American Journal for International Law amtlich Änderungsverordnung Anfechtungsgesetz Anhang Anlage Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Corte di appello (Italien); Cour d’appeal (Belgien, Frankreich) Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbitration International Arbeits-Recht-Berater Arbeit und Recht Artikel Article Auslandsunterhaltsgesetz
IX
Abkürzungsverzeichnis Aufl. AuR AusfG AusfVO Ausg. AuslInvestmG AVAG AWD AWG BA BAföG BAG BAGE BAnz. BauR bay. BayObLG BayObLGZ BayJMBl BayVBl. BB BBergG BBl. Bd. Bearb. BEG begr. Beil. Bek. Bem. Ber. BerDGVR ber. bes. Beschl. bestr. betr. BeurkG BezG BfA BFH BFHE BFH/NV BFH-PR BG BGB BGBl BGE BGH
X
Auflage Arbeit und Recht Ausführungsgesetz Ausführungsverordnung Ausgabe Gesetz über den vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz Aussenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters Aussenwirtschaftsgesetz Bundesagentur für Arbeit Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, Amtliche Sammlung Bundesanzeiger Baurecht bayerisch Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen, Amtliche Sammlung Bayerisches Justizministerialblatt Bayerische Verwaltungsblätter (Jahr, Seite) Der Betriebsberater (Jahr, Seite) Bundesberggesetz Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft Band Bearbeitung Bundesentschädigungsgesetz begründet Beilage Bekanntmachung Bemerkung Bericht Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht berichtigt besonders Beschluß bestritten betreffend Beurkundungsgesetz Bezirksgericht Bundesanstalt für Arbeit Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung Bundesgericht (Schweiz) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts, Amtliche Sammlung Bundesgerichtshof
Abkürzungsverzeichnis BGHR BGHSt BGHZ BinSchG BinSchVerfG Bl. BNotO BörsG BPatG BPatGE BR BRAGO BRAO BR-Drucks. BRAK-Mitt. Breith. BSG BSGE BSHG BStBl. BT-Drucks. Buchholz Buchst. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE BWNotZ bzw BYIL C.A. Cahiers dr. europ. Cass. Civ. (com., soc.) Cass. (Italien) S.U. Cc (cc) ch. Ch. D. CIM CISG CIV Civ. J. Q. Clunet C.M.L.R.
Systematische Sammlung der Entscheidungen des BGH Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen; amtliche Sammlung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Binnenschifffahrtsgesetz Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen Blatt Bundesnotarordnung Börsengesetz Bundespatentgericht Entscheidungen des Bundespatentgerichts Bundesrat Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesrat(-sdrucksache) Bundesrechtsanwaltskammer Mitteilungen Sammlung von Entscheidungen aus dem Sozialrecht. Begr. v. Breithaupt Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts, Amtliche Sammlung Bundessozialhilfegesetz Bundessteuerblatt (Teile I, II und III; Jahr, Seite) Bundestag(-sdrucksache) Sammel- und Nachschlagewerk der Rspr. des BVerwG Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Amtliche Sammlung Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, Amtliche Sammlung Mitteilungen aus der Praxis, Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg beziehungsweise The British Yaerbook of International Law Court of Appeal (England) Cahiers de droit europe`en Cour de Cassation (Frankreich/Belgien), Chambre civile (commerciale, sociale) Corte di cassazione, Sezioni Unite Code civil (Frankreich/Belgien/Luxemburg); Codice civile (Italien) Chapter Chancery Divison Convention internationale concernant le transport des marchandises par chemins des fer; Internationales Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr Convention on the International Sale of Goods (Wiener Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf) Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (Anlage A zum COTIF) Civil Justice Quarterly Journal du droit international (Frankreich) Commen Market Law Reports
XI
Abkürzungsverzeichnis CML Rev. CMR COTIF Cour sup. CPC, cpc CPO CR DAR das. DAVorm DB Dem. Rep. ders. DGVZ DGWR d.h. dies. d. i. P. Dir. Comm. Int. Dir. Com. Scambi int. DiskE Diss. DJ DJT DJZ DNotV DNotZ
Commen Market Law Review Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßenverkehr Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr Cour supe´rieure de justice (Luxemburg) Codice di procedura civile (Italien). Code de proce´dure civile (Frankreich/Belgien/Luxemburg) Civilprozeßordnung Computer und Recht
doc. DÖD DöV DR DRiZ DRpfl DRZ Drucks. D. S. DStR DStZ dt DtZ DuR DVBl. DVO DZWIR
Deutsches Autorecht daselbst Der Amtsvormund Der Betrieb (Jahr, Seite) Demokratische Republik derselbe Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) das heißt dieselben Droit international prive´ Diritto del commercio internationale Diritto communitario negli scambi internazionali Diskussionsentwurf Dissertation Deutsche Justiz, Zeitschrift für Rechtspflege und Rechtspolitik Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung Zeitschrift des Deutschen Notarvereins Deutsche Notarzeitschrift (früher: Zeitschrift des Deutschen Notarvereins, DNotV) Document Der Öffentliche Dienst Die öffentliche Verwaltung Deutsches Recht Deutsche Richterzeitung Der Deutsche Rechtspfleger Deutsche Richterzeitung Drucksache Recuil Dalloz Sirey Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerzeitung deutsch Deutsch-Deutsche Rechtszeitschrift Demokratie und Recht Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht
E † E. C. C. EFG EFTA
Entwurf Euro European Commercial Cases Entscheidungen der Finanzgerichte European Free Trade Association
XII
Abkürzungsverzeichnis EG EG-BewVO EGBGB EGGVG EGMR EG-PKHVV EGStGB EheG Einf. EinfG EingV Einl. EMRK ENA entspr. Entw. ErbbauVO Erg. Erl. etc. EÜ EuBVO EuGH EuGHE EuGVVO EuGVÜ EuInsVO EuR Europ. L. Rev. EuVTVO EuZVO EuZVR EuZW EV evtl. EVÜ EWG EWGV EWiR EWIV EWS EWZ EzA EzFamR aktuell
Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft Europäische Beweisaufnahmeverordnung Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EG-Prozesskostenvordrucksverordnung Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Ehegesetz Einführung Einführungsgesetz Einigungsvertrag Einleitung (Europäische) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Europäisches Niederlassungsabkommen entsprechend Entwurf Verordnung über das Erbbaurecht Ergebnis Erläuterungen etcetera (Genfer) Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit Europäische Beweisaufnahmeverordnung Europäischer Gerichtshof Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft, Amtliche Sammlung Europäische Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Brüsseler EWG-Übereinkommen vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europäische Insolvenzverordnung Europarecht European Law Review Europäische Vollstreckungstitelverordnung Europäische Zustellungsverordnung Europäisches Zivilverfahrensrecht Europäische Zeitschrift für Witschaftsrecht Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag – eventuell Europäisches Schuldvertragsübereinkommen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Europäischer Wirtschaftsraum Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht Entscheidungssammlung zum Familienrecht aktuell
XIII
Abkürzungsverzeichnis f. FamG FamR FamRÄndG FamRZ FamS ff. fG FG FGG FGPrax FGO Fn. Foro it. FPR FS Fundst. FuR
folgend Familiengericht Familienrecht Familienrechtsänderungsgesetz Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Familiensenat folgende freiwillige Gerichtsbarkeit Finanzgericht; Festgabe; Freiwillige Gerichtsbarkeit Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Fußnote Foro italiano Familie, Partnerschaft und Recht Festschrift Fundstelle(n) Familie und Recht
G. Gaz. Pal. GBBerG GBl GBO g. E. geänd. GebrMG gem. GenG GeschMG GewO GG ggf. Giur it. GK GKG GmbH GmbHG GmbHR Gruchot GrünhutsZ GRUR GRUR-RR GrS GS GSZ GVBl GVBl. RhPf. GVG GWB
Gesetz La Gazette du Palais (Frankreich) Grundbuchbereinigungsgesetz Gesetzblatt Grundbuchordnung gegen Ende geändert Gebrauchsmustergesetz gemäß Genossenschaftsgesetz Geschmacksmustergesetz Gewerbeordnung Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Giurisprudenza italiana Großkommentar Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot Zeitschrift für das Privat- und Öffentliche Recht der Gegenwart Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR-Rechtsprechungsreport Großer Senat Gedächtnisschrift Großer Senat in Zivilsachen Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz- und Verordnungsblatt Rheinland-Pfalz Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
H HaftpflG
Heft Haftpflichtgesetz
XIV
Abkürzungsverzeichnis HmbGVBl HausTWG HBÜ H. C. Hdb. HessVGRspr HGB HinterlO HKO hL H. L. h.M. H. R. HRR Hrsg., hrsg. Hs HZPÜ HZÜ ICC ICLQ idF idR IGH ieS ILM ILR insb. InsO InVo IPRax iSd iSv iü iVm IWB IWF iwS IZPR IZVR i. Zw. JA JbIntR JBl. J. Bus. L. JbRR JFG J. Int. Arb. JMBl.
Hamburger Gesetz- und Verordnungsblatt Haustürwiderrufsgesetz Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen High Court Handbuch Rechtsprechung der Hessischen Verwaltungsgerichte Handelsgesetzbuch Hinterlegungsordnung Haager Landkriegsordnung herrschende Lehre House of Lords herrschende Meinung Hoge Raad (Niederlande) Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber, herausgegeben Halbsatz Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen International Chamber of Commerce (Internationale Handelskammer) The International and Comparative Law Quarterly in der Fassung in der Regel Internationaler Gerichtshof im engeren Sinne International Legal Materials International Law Reports insbesondere Insolvenzordnung Insolvenz & Vollstreckung Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Sinne des im Sinne von im übrigen in Verbindung mit Internationale Wirtschaftsbriefe Internationaler Währungsfond im weiteren Sinne Internationales Zivilprozeßrecht Internationales Zivilverfahrensrecht im Zweifel Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch für internationales Recht Justizblatt; Juristische Blätter (Österreich) The Journal of Business Law (England) Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechtes Journal of International Arbitration Justizministerialblatt
XV
Abkürzungsverzeichnis JMBlNrw JN JPS JR Judicium JURA JurBüro JurPC JurTag(s) JuS Justiz JVBl JVEG JW JZ KAGG Kap KapMuG KG KGBl. KO KonsulG KostO KrG krit. KritV KTS KV KWG LAG LAGE Lb LG Lit. LJ LJV LM LS LSG LuftfzRG LuftVG LUG LugÜ
XVI
Justizministerialblatt von Nordrhein-Westfalen Jurisdiktionsnorm (Österreich) Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Juristische Rundschau Vierteljahresschrift für die gesamte Zivilrechtspflege (1.1928–5.1933; Jahr, Seite) Juristische Ausbildung Das juristische Büro Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik Juristentag(es) Juristische Schulung Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg Justizverwaltungsblatt Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitel Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten Kammergericht, Kommanditgesellschaft Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen Konkursordnung Konsulargesetz Kostenordnung Kreisgericht kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (Jahr, Seite) Kostenverzeichnis Gesetz über das Kreditwesen Gesetz über den Lastenausgleich; auch Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Lehrbuch Landgericht Buchstabe The Law Journal (England) Landesjustizverwaltung Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg von Lindenmaier und Möhring Leitsatz Landessozialgericht Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen Luftverkehrsgesetz Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkust (LiteratururheberG) Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988
Abkürzungsverzeichnis LwAnpG
LZ
Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik (Landwirtschaftsanpassungsgesetz) Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 21.07.1953 Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht
m. ausf. N. maW MDR MittBayNot. MittRhNotK MittdtschPatAnw MittRuhrKn MMR Mot. MSA MünchKomm-InsO MünchKomm-ZPO MuW mwN
mit ausführlichen Nachweisen mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Mitteilungsblatt der deutschen Patentanwälte Mitteilungen der Ruhrknappschaft Bochum MultiMedia und Recht Motive Haager Minderjährigenschutzabkommen Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung Markenschutz und Wettbewerb (Jahr, Seite) mit weiteren Nachweisen
Nachw. N. C. p. c. Nds.Rpfl NdsVBl NEhelG n.F. NJ NJOZ NJW NJWE-WettR NJW-RR Novelle 1898 NTS NotBZ Nov. Nr. NRW, NW NVwZ NZA NZA-RR NZBau NZG NZI NZM NZS
Nachweis Nouveau Code de proce´dure civile Niedersächsische Rechtspflege Niedersächsische Verwaltungsblätter Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder neue Fassung; neue Folge Neue Justiz Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift NJW-Entscheidungsdienst Wettbewerbsrecht NJW-Rechtsprechungsreport Zivilrecht Ges. betr. Änderungen der Cicilprozeßordnung NATO-Truppenstatut Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Novelle Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Mietrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht
öffentl. öGZ öJBl ÖJZ ÖRiZ OFD
öffentlich (österr.) Gerichts-Zeitung Österreichische Juristische Blätter Österreichische Juristen-Zeitung Österreichische Richterzeitung Oberfinanzdirektion
LwVfG
XVII
Abkürzungsverzeichnis OGH OGHZ
OLGZ OrderlagerscheinV OVG
Oberster Gerichtshof (für die britische Zone, Österreich) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die britische Zone in Zivilsachen Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht OLG-Rechtsprechung Neue Länder OLG-Report: Zivilrechtsprechung der Oberlandesgerichte Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Orderlagerscheinverordnung Oberverwaltungsgericht
PA PartGG PatAnwO PatG PersV PflVG PKH PKHRL ProdHG Prot. ProzRB PStG PStV PV
Patentamt Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentanwaltsordnung Patentgesetz Die Personalvertretung Pflichtversicherungsgesetz Prozesskostenhilfe Prozesskostenhilfe-Richtlinie Produkthaftungsgesetz Protokoll Der Prozess-Rechts-Berater Personenstandsgesetz Personenstandsverordnung Pflegeversicherung
RabelsZ RAG Rb. Rbeistand RBerG RdA RdL Rdn. Recht RefE RegBl RegE ReichsschuldenO RFH RG RGBl RGes. RGRK RGSt RGZ
Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsarbeitsgericht Rechtsbank (Niederlande) Der Rechtsbeistand Rechtsberatungsgesetz Recht der Arbeit Recht der Landwirtschaft (Jahr, Seite) Randnummer Das Recht, Rundschau für den Deutschen Juristenstand Referentenentwurf Regierungsblatt Regierungsentwurf Reichsschuldenordnung Reichsfinanzhof; amtliche Sammlung der Entscheidungen des RFH Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgesetz Reichsgerichtsrätekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen; amtliche Sammlung der Reichsgerichtsentscheidungen in Zivilsachen Rheinland-Pfalz Revue internationale de droit compare Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Recht in Ost und West
OHG OLG OLG-NL OLGR OLGRspr
Rh.-Pf RIDC RIW RL ROW
XVIII
Abkürzungsverzeichnis Rpfl. RpflG Rs Rspr. RuStAG RzW R+S RVG
Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegegesetz Rechtssache Rechtsprechung Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht Recht und Schaden Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
s. S. s. a. SaBremR Sachg SachenRBerG SAE
siehe Seite siehe auch Sammlung des bremischen Rechts Sachgebiet Sachenrechtsbereinigungsgesetz Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Sächsische Verwaltungsblätter Supreme Court Scheckgesetz Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schiffsregisterordnung Schiffsregistergesetz Schiedsmannszeitung Schuldrecht Schweizer Jahrbuch für Internationales Recht Section Session Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Seufferts Blätter für Rechtsanwendung in Bayern Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz Süddeutsche Juristenzeitung siehe oben sogenannte Sozialgericht Spalte Zeitschrift für Standesamtswesen Strafgesetzbuch Ständiger Internationaler Gerichsthof Strafprozessordnung Der Steuerberater strittig Steuerrechtsprechung in Karteiform. Höchstgerichtliche Entscheidungen in Steuersachen ständige Rechtsprechung Steuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft (Jahr, Spalte bzw. Nummer) Strafverteidiger Straßenverkehrsgesetz Supplement Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung siehe unten
SächsVBl S. C. ScheckG SchlHA SchRegO SchRG Sch-Ztg SchuldR SchwJbIntR Sec. Sess. SeuffArch SeuffBl SGB SGG SJZ s.o. sog. SozG Sp. StAZ StGB StIGH StPO StB str. StRK st.Rspr. StuB StuW StV StVG Suppl. StVZO s.u.
XIX
Abkürzungsverzeichnis SZIER
Schweizer Zeitschrift für internationales und europäisches Recht
teilw. ThürBl Tit. TRG T. P. R. TranspR Trib. Trib. com.
teilweise Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt Titel Gesetz zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts Tijdschrift voor Privaatrecht (Niederlande) Transportrecht Tribunal; Tribunale Tribunal de commerce (Belgien/Frankreich)
u.a. u.ä. Übers. Übk. UFITA UmweltHG UN unstr. Urt. usw u.U. UWG
und andere und ähnliche Übersicht Übereinkommen Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Umwelthaftungsgesetz United Nations unstreitig Urteil und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
v. VA VAG
versus Versicherungsaufsicht Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen (Versicherungsaufsichtsgesetz) Variante Verbraucherkreditgesetz Verfassung Verfassungsgerichtshof Vergleichsordnung Verhandlungen Gesetz über das Verlagsrecht Verlagsrecht Vermittlungsausschuss Versicherungsrecht, Jurisitsche Rundschau für die Individualversicherung Verschollenheitsgesetz Verwaltungsanordnung Verfügung Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht Verordnung Verordnungsblatt Vorauflage Vorbemerkung Verwaltungsrundschau Verkehrsrechts-Sammlung Verbraucher und Recht Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz)
Var. VerbrKrG Verf. VerfGH VerglO Verh. VerlG VerlR VermA VersR VerschG VerwAO Vfg VG VGH vgl. VIZ VO VOBl Voraufl. Vorb. VR VRS VuR VVG
XX
Abkürzungsverzeichnis VwGO VwVG VwVfG VZS
Verwaltungsgerichtsordnung (Bundes-) Verwaltungsvollstreckungsgesetz Verwaltungsverfahrensgesetz Vereinigte Zivilsenate
WahrnG Warn.
WertpBG WG WiGBl W. L. R. WM w.N. WRP WuB WÜD WÜK WuM WuW WVRK WZG
Gesetz über die Wahrnahme von Urheberrechten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, als Fortsetzung der von Otto Warneyer hrsg Rechtsprechung des Reichsgerichts Warneyer, Rechtsprechung des Reichsgerichts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des RG abgedruckt ist, herausgegeben von Warneyer WashingtonerWeltbankübereinkommen für Investitionstreitigkeiten Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) Wertpapierbereinigungsgesetz Wechselgesetz Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets Weekly Law Reports Wertpapier-Mitteilungen weitere Nachweise Wettbewerb in Recht und Praxis Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen Wohnungswirtschaft und Mietrecht Wirtschaft und Wettbewerb Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge Warenzeichengesetz
Yb. Eurp. L. ZAkDR ZAP z.B. ZBB ZBinnSch ZBlFG ZBlJugR ZBR ZEV ZEuP ZfA ZfB ZfG ZfRV ZfS ZfSH ZGB ZGR ZGS ZHR Ziff. ZinsO ZIP ZIR
Yearbook of European Law Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Binnenschifffahrt Zentralblatt für die freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für Rechtsvergleichung (Österreich) Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Sozialhilfe Zivilgesetzbuch (DDR/Schweiz) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Niemeyers Zeitschrift für internationales Recht
WarnRspr WBÜ WEG
XXI
ZLR ZKM ZMR ZöffR ZPO ZRHO ZPR ZRP ZS ZSEG ZSR zT ZUM zust. ZustDG ZustErgG ZVersWiss ZVG ZVglRWiss ZVR ZWE ZZP ZZPInt
XXII
Zeitschrift für Luftrecht und Weltraumrechtsfragen Zeitschrift für Konfliktmanagement Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für öffentliches Recht Zivilprozessordnung Rechtshilfeordnung in Zivilsachen Zivilprozessrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zivilsenat Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen Zeitschrift für Schweizer Recht zum Teil Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht zustimmend EG-Zustellungsdurchführungsgesetz Zuständigkeitsergänzungsgesetz Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zwangsvollstreckungsrecht Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht Zeitschrift für Zivilprozess Zeitschrift für Zivilprozess International
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur I. Kommentare zur ZPO AK/Bearbeiter Bamberger/Roth/Bearbeiter Baumbach/Lauterbach/Bearbeiter Hk/Bearbeiter MünchKomm-ZPO/Bearbeiter2 MünchKomm/Bearbeiter Musielak/Bearbeiter5 Musielak/Bearbeiter Saenger/Bearbeiter Stein/Jonas/Pohle19 Stein/Jonas/Bearbeiter20 Stein/Jonas/Bearbeiter21 Stein/Jonas/Bearbeiter Thomas/Putzo/Bearbeiter Zimmermann Zöller/Bearbeiter
Alternativkommentar zur ZPO, 1987 Beck’scher Online-Kommentar zum BGB; Bamberger/Roth (Hrsg.), Stand 01.01.2008 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, 66. Aufl. 2008 Saenger, Zivilprozessordnung, Handkommentar, 2. Aufl. 2007 Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2002 Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008 Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2006 Musielak, ZPO, 6. Aufl. 2008 Saenger, ZPO, 2005 Stein/Jonas/Pohle, ZPO, 19. Aufl. 1964–1975 Stein/Jonas, ZPO, 20. Aufl. 1977–1989 (bearb. von Grunsky, Leipold, Münzberg, Schlosser, Schumann) Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1993–1999 (bearb. von Bork, Brehm, Grunsky, Leipold, Münzberg, Roth, Schlosser, Schumann) Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. ab 2002 (bearb. von Berger, Bork, Brehm, Grunsky, Leipold, Münzberg, Oberhammer, Roth, Schlosser, Wagner) Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2008 Zimmermann, ZPO, 8. Aufl. 2007 Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007 (bearb. von Geimer, Greger, Gummer, Herget, Heßler, Philippi, Stöber, Vollkommer)
II. Lehrbücher und Literatur Anders/Gehle Baumann/Brehm Baur/Stürner Bernhardt Besse Blomeyer ZPR
Das Assessorexamen im Zivilrecht, 8. Aufl. 2005 Zwangsvollstreckung, 2. Aufl. 1982 Zwangsvollstreckungsrecht, 3. Aufl. 2006 Das Zivilprozeßrecht, 3. Aufl. 1968 Die Vergemeinschaftung des EuGVÜ, 2001 Zivilprozeßrecht, Erkenntnisverfahren, 2. Aufl. 1985 XXIII
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Brox/Walker Bruns ZPR Bruns/Peters ZVR Bülow/Böckstiegel/Geimer/ Schütze Bunge Fasching Geimer Geimer IZPR Geimer/Schütze Geimer/Schütze Geimer/Schütze EZVR Gerhardt Gloy/Loschelder/Spätgens Grunsky Grundlagen Grunsky ZPR Hahn/Mugdan
Hahn/Stegemann
Hellwig Lehrbuch Hellwig System Jauernig ZPR Kallmann Kegel/Schurig Koch XXIV
Zwangsvollstreckungsrecht, 7. Aufl. 2003 Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. 1979 Zwangsvollstreckungsrecht, 3. Aufl. 1987 Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl. 1973 ff Zivilprozess und Zwangsvollstreckung in England und Schottland, 2. Aufl. 2005 Lehrbuch des österreichischen Zivilprozessrechts, 1984, 2. Aufl. 1990 Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, 1995 Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. 2005, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Loseblatt, Stand: 33. Ergänzungslieferung 03/08 Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I,1 1983; Bd. I,2 1984; Bd. II 1971 Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl. 2004 Vollstreckungsrecht, 2. Aufl. 1982 Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl. 2005 Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl. 1974 Zivilprozessrecht, 12. Aufl. 2006 Hahn, Die gesamten Materialien zu den ReichsJustizgesetzen, Neudruck 1983 unter: Hahn/Mugdan/ Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen; Band 2 Materialien zur Zivilprozeßordnung Abt. 1, Hrsg. Stegemann, 2. Aufl. 1881; Band 2 Materialien zur Zivilprozeßordnung Abt. 2, Hrsg. Stegemann, 2. Aufl. 1881; Band 8 Materialien zum Gesetz betr. Änderungen der Zivilprozeßordnung, Gerichtsverfassungsgesetz und Strafprozeßordnung, fortgesetzt von Mugdan, 1898 Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, 2. Band, Die gesammelten Materialien zur Civilprozessordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30.1.1877, 1. und 2. Abt. 1881, Neudruck 1983 unter dem Titel: Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 2 Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, Band 1 (1903); Band 2 (1907); Band 3, Lehre von der Klage (1909) System des deutschen Zivilprozeßrechts, 2 Bände, 1912 Zivilprozessrecht, 29. Aufl. 2007 Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und Vergleiche, 1946 Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2004 Unvereinbare Entscheidungen i. S. d. Art. 27 Nr. 3 und 5 EuGVÜ und ihre Vermeidung, 1993
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Kondring Kropholler Langendorf Lenenbach Linke IZPR Lüke ZPR Maier Mayr/Czernich Merkt Müller Musielak Grundkurs Nagel/Gottwald IZPR Nikisch ZPR Paulus ZPR Pfennig Pukall ZPR Rauscher/Bearbeiter Riezler IZPR Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR Rosenberg/Gaul/Schilken ZVR Schack Schack IZVR Schellhammer ZPR Schilken ZPR Schlosser Schlosser ZPR Schmidt Schönke/Kuchinke ZPR Scholz Schütze Schütze DIZPR Schütze Schütze Schütze/Tscherning/Wais Schwab/Walter
Die Heilung von Zustellungsmängeln im internationalen Zivilrechtsverkehr, 1995 Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl. 2005 Prozessführung im Ausland und Mängelrüge im ausländischen Recht, 1956 ff Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, 1997 Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl. 2006, Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2006 Handbuch der Schiedsgerichtsbarkeit, 1979 Europäisches Zivilprozessrecht, 2006 Abwehr der Zustellung von „punitive damages“–– Klagen, 1995 Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, 2004 Grundkurs ZPO, 9. Aufl. 2007 Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. 2002 Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. 1952 Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2004 Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988 Der Zivilprozess in der Praxis, 6. Aufl. 2006 Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2006 Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, 1949 (Nachdruck 1995) Zivilprozessrecht, 16. Aufl. 2004 Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl. 1997 Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2003 Internationales Zivilverfahrensrecht, 4. Aufl. 2006 Zivilprozessrecht, 12. Aufl. 2007 Zivilprozessrecht, 5. Aufl. 2006 Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. 1989 Zivilprozessrecht I, 2. Aufl. 1991 Europäisches Zivilprozessrecht in der Praxis, 2004 Zivilprozeßrecht, 9. Aufl. 1969 Das Problem der autonomen Auslegung des EuGVÜ, 1998 Ausgewählte Probleme des deutschen und internationalen Schiedsverfahrensrechts, 2006 Deutsches Internationales Zivilprozessrecht unter Einschluss des Europäischen Zivilprozessrechts, 2. Aufl. 2005 Rechtsverfolgung im Ausland, 3. Aufl. 2002 Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 4. Aufl. 2007 Handbuch des Schiedsverfahrens, 2. Aufl. 1990 Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005 XXV
Stickelbrock Waldner Wolf Zeiss/Schreiber ZPR
XXVI
Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozess, 2002 Der Anspruch auf rechtliches Gehör, 2. Aufl. 2000 Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978 Zivilprozessrecht, 10. Aufl. 2003
ZWEITES BUCH Verfahren im ersten Rechtszug 1. Abschnitt Verfahren vor den Landgerichten 1. TITEL Verfahren bis zum Urteil
Vorbemerkung vor § 253 Schrifttum Balzer Die Darlegung der Prozeßführungsbefugnis und anderer anspruchsbezogener Sachurteilsvoraussetzungen im Zivilprozeß, NJW 1992, 2721; Baumgärtel Wesen und Begriff der Prozeßhandlung einer Partei im Zivilprozeß, 1957; ders. Treu und Glauben, gute Sitten und Schikaneverbot im Erkenntnisverfahren, ZZP 69 (1956), 89; Baur Zu der Terminologie und einigen Sachproblemen der „vorbeugenden Unterlassungsklage“, JZ 1966, 381; ders. Zivilprozessuale Fragen zum Gleichberechtigungs- und zum Familienrechtsänderungsgesetz 1961, FamRZ 1962, 508; Becker Gestaltungsrecht und Gestaltungsgrund, AcP 188 (1988), 24; ders. Typologie und Probleme der (handelsrechtlichen) Gestaltungsklagen unter besonderer Berücksichtigung der GmbH-rechtlichen Auflösungsklage (§ 81 GmbHG), ZZP 97 (1984), 314; Bettermann Rechtshängigkeit und Rechtsschutzform, 1949; ders. Über Klage- und Urteilsarten, Festschrift für Charalambos Fragistas II, 1967, S. 47; Böhm Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, 1979; Brehm Rechtsschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse, Festgabe 50 Jahre BGH, Bd. 3, 2000, S. 89; Braun Rechtskraft und Restitution II, 1985; Brommann Die Beeinflussung der Verjährung durch sogenannte Musterprozesse, AnwBl 1985, 5; Bülow Die Lehre von den Proceßeinreden und die Proceßvoraussetzungen, 1868; Buß De minimis non curat lex, NJW 1998, 337; Dölle Zum Wesen der Gestaltungsklagerechte, Festschrift für Eduard Bötticher, 1969, S. 93; Eickmann Beweisverträge im Zivilprozeß, 1987; Gaul Zur Frage nach dem Zweck des Zivilprozesses, AcP 168 (1968), 27; Geimer Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, 1966; Gottwald Die Revisionsinstanz als Tatsacheninstanz, 1975; Groger Prozeßhandlungsvoraussetzungen im streitigen zivilprozessualen Verfahren, 1964; Grunewald Numerus clausus der Gestaltungsklagen und Vertragsfreiheit, ZZP 101 (1988), 152; Grunsky Prozeß- und Sachurteil, ZZP 80 (1967), 55; Halbach Die Verweigerung der Terminsbestimmung und der Klagezustellung im Zivilprozeß, 1980; Harms Reihenfolge der Prüfung von Prozeßvoraussetzungen?, ZZP 83 (1970), 167; Haß Die Gruppenklage, 1996; G. Hein Das wirkungslose Urteil, 1996; Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß, 1961; ders. Prozeßrecht und materielles Recht, 1970; ders. Vorbeugender Rechtsschutz im Zivilrecht, AcP 174 (1974), 97; Henke Die Leistungsklage, JA 1987, 281; ders. Die Unterlassungsklage der ZPO, JA 1987, 350; ders. Die Gestaltungsklage der ZPO, JA 1987, 589; A. Hueck Gestaltungsklagen im Recht der Handelsgesellschaften, Recht im Wandel, Festschrift hundertfünfzig Jahre Carl Heymanns Verlag, 1965, S. 287; Jacoby Der Musterprozeßvertrag, 2000; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, 1958; ders. Zum Prüfungs- und Entscheidungsvorgang von Prozeßvoraussetzungen, Festschrift für Gerhard Schiedermair, 1976, S. 289; Kisch Beiträge zur Urteilslehre, 1903; Kempf Zur Problematik des Musterprozesses, ZZP 73 (1960), 342; Klag Die Querulantenklage in der Sozialgerichtsbarkeit, 1980; Konzen Rechtsverhältnisse zwischen Prozeßparteien, 1976; Kuttner Urteilswirkungen außerhalb des Zivilprozesses, 1914; Lent Zivilprozeß und freiwillige Gerichtsbarkeit, ZZP 66 (1953), 267; ders. Die sachliche Rechtskraft der Gestaltungsurteile, ZZP 61 (1948), 267; Lindacher Gesicherte Unterlassungserklärung, Wiederholungsgefahr und Rechtsschutzbedürfnis, GRUR 1975, 413; ders. Die Reihenfolge der Prüfung von Zulässig-
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Vor § 253
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
keit und Begründetheit einer Klage im Zivilprozeß, ZZP 90 (1977), 131; Lüke Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsprozesses, JuS 1961, 41; ders. Zum zivilprozessualen Klagensystem, JuS 1969, 301; Martin Prozeßvoraussetzungen und Revision, 1974; Marutschke Rechtsschutzbedürfnis und Klageinteresse − eine rechtsvergleichende Betrachtung −, Festschrift für Akira Ishikawa, 2001, S. 293; Menningen Die sogenannten unvollkommenen Verbindlichkeiten im geltenden deutschen Schuldrecht, 1935; H. J. Müller Die Bedeutung der Zulässigkeit des Rechtswegs im Verhältnis zu den sonstigen Sachurteilsvoraussetzungen, DVBl. 1959, 694; Musielak Die Beweislastregelung bei Zweifeln an der Prozeßfähigkeit, NJW 1997, 1736; Münzberg Bemerkungen zum Haftungsgrund der Unterlassungsklage, JZ 1967, 689; Pastor Die Wiederholungsgefahr beim wettbewerblichen Unterlassungsanspruch, GRUR 1968, 331; ders. Das Rechtsschutzbedürfnis bei Verstößen gegen eine gesicherte Unterwerfungserklärung, GRUR 1974, 423; Peters Der sogenannte Freibeweis im Zivilprozeß, 1962; Pfeifer Die prozessualen Gestaltungsklagen, 1962; Pfister Die neue Rechtsprechung zu Treu und Glauben im Zivilprozeß, 1998; Ritter Zur Unterlassungsklage: Urteilstenor und Klageantrag, 1994; Pohle Zur Rangordnung der Prozeßvoraussetzungen, ZZP 81 (1968), 161; ders. Zur Lehre vom Rechtsschutzbedürfnis, Festschrift für Friedrich Lent, 1957, S. 195; Pohlmann Das Rechtsschutzbedürfnis bei der Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche, GRUR 1993, 361; Preibisch Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit, 1982; Reiner Die Zurückweisung einer beabsichtigten Klage durch Beschluß, 1959; Rimmelspacher Zur Prüfung von Amts wegen im Revisionsprozeß, 1966; ders. Prozeßvoraussetzungen in der Revisionsinstanz, ZZP 88 (1975), 245; Rosenberg Stellvertretung im Prozeß, 1908; Rosenthal Unterlassungsklage, öffentliche Strafandrohung und Wiederholungsgefahr, JW 1915, 299; Schapp Zum Wesen des Grundpfandrechts, Festschrift für Alfred Söllner, 1990, S. 477; Schemmann Parteifähigkeit im Zivilprozeß, 2002; Scherner Das Klagensystem im Zivilprozess, 1970; Schiedermair Vereinbarungen im Zivilprozeßrecht, 1935, Nachdruck 1995; Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, 1966; ders. Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß, 1968; ders. Gestaltungsklage und Gestaltungsurteil im System der Rechtsschutzformen, Jura 1986, 130; ders. Die Sachurteilsvoraussetzungen, Jura 1981, 648; K. Schmidt Mehrseitige Gestaltungsprozesse bei Personengesellschaften, 1992; Schönke Das Rechtsschutzbedürfnis − Ein zivilprozessualer Grundbegriff, AcP 150 (1949), 216; ders. Das Rechtsschutzbedürfnis, 1950; Schöpflin Die Beweiserhebung von Amts wegen im Zivilprozeß, 1992; Schubert Klageantrag und Streitgegenstand bei Unterlassungsklagen, ZZP 85 (1972), 29; E. Schumann Die Prozeßökonomie als rechtsethisches Prinzip, Festschrift für Karl Larenz, 1973, S. 271; ders. Die Zivilprozeßrechtsklausur − Eine Anleitung zur Lösung zivilprozessualer Fälle, JuS 1974, 507; Schwab Die Entscheidung über prozeßhindernde Einreden, Festschrift für Friedrich Weber, 1975, S. 413; ders. Probleme der Prozeßhandlungslehre, Festschrift für Gottfried Baumgärtel, 1990, S. 503; Seckel Die Gestaltungsrechte des Bürgerlichen Rechts, Festgabe für Robert Koch, 1903 (Sonderausgabe 1954), S. 205; Siebert Die verfahrensrechtliche Problematik des Musterprozesses, 1973; Staab Gestaltungsklage und Gestaltungsklagerecht im Zivilprozeß, 1967; Stech Unklagbare Ansprüche im heutigen Recht, ZZP 77 (1964), 161; Stephan Das Rechtsschutzbedürfnis, 1967; Stürner Prozeßzweck und Verfassung, Festschrift für Gottfried Baumgärtel, 1990, S. 545; Süß Die dogmatische Bedeutung des Verstoßes gegen die einzelnen Vorschriften der Klageerhebung im Zivilprozeß, Festgabe für Paul Heilborn, 1931, S. 125; Thannhäuser Die neue Rechtsprechung zum Rechtsschutzbedürfnis im Zivilprozeß, 1998; Urbanczyk Probleme der Postulationsfähigkeit und Stellvertretung, ZZP 95 (1982), 339; Vollkommer Begründet die Dreiwochenfrist des § 3 des KSchG eine besondere Prozeßvoraussetzung oder ist sie eine materiellrechtliche Frist, AcP 161 (1962), 332; Wagner Prozeßverträge, 1998; Walchshöfer Die Abweisung einer Klage als „zur Zeit“ unzulässig oder unbegründet, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 1990, S. 521; Wieser Das Rechtsschutzinteresse des Klägers im Zivilprozeß, 1971; ders. Zulässigkeit und Begründetheit der Klage, ZZP 84 (1971), 304; Wüllenkemper Vollstreckungsklausel nach erfolgreicher Klauselklage, Rpfleger 1989, 87; Zeiss Die arglistige Prozeßpartei, 1967; Zeuner Gedanken zur Unterlassungs- und negativen Feststellungsklage, Festschrift für Hans Dölle I, 1963, S. 295.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
Vor § 253
Übersicht Rdn I. Überblick . . . . . . . . . . . .
1
II. Die Klage . . . . . . . . . . . .
2
III. Klagearten . . . . . . . . . . 1. Die Leistungsklage . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . b) Gegenstand der Leistungsklage 2. Die Feststellungsklage . . . . 3. Die Gestaltungsklage . . . . . a) Ziel und Voraussetzungen der Gestaltungsklage . . . . . . b) Arten von Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteilen . . . c) Wirkungen der Gestaltungsklage . . . . . . . . . . .
. . . . . .
3 6 6 7 13 14
.
15
.
17
.
23
IV. Klagen im Allgemeininteresse 1. Verbandsklage . . . . . . 2. Gruppenklage . . . . . . 3. Musterverfahren . . . . .
. . . .
25 25 26 27
V. Besondere Klageformen . . . . . .
29
VI. Die Prozessvoraussetzungen . . . . 1. Begriff der Prozessvoraussetzung . 2. Die allgemeinen Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . a) Prozessvoraussetzungen, die das Gericht betreffen . . . . . . aa) Die deutsche Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . bb) Die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 13 GVG) . . . . . cc) Die internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . dd) Die örtliche, sachliche und funktionale Zuständigkeit . b) Prozessvoraussetzungen, die die Parteien betreffen . . . . . . aa) Existenz der Partei . . . . bb) Parteifähigkeit . . . . . . cc) Prozessfähigkeit . . . . . dd) Ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung . . . . . . ee) Prozessführungsbefugnis . c) Prozessvoraussetzungen, die den Streitgegenstand betreffen . . . aa) Ordnungsgemäße Klageerhebung . . . . . . . . . bb) Klagbarkeit des geltend gemachten Rechts . . . . . cc) Keine anderweitige Rechtshängigkeit . . . . . . . . dd) Keine entgegenstehende Rechtskraft . . . . . . . ee) Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . .
30 31
. . . .
. . . .
Rdn
3.
4.
36 36 36 39
5.
40 41 46 46 51 52 53 55 57 57 60 75 76
6.
(a) Nichterreichen der Prozesszwecke . . . . . . . (b)Unzweckmäßige Prozesse (c) Zweckwidrige Prozesse . (d)Lediglich interesselose Klagen . . . . . . . . . Die besonderen Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . a) Besondere Verfahren . . . . . b) Das obligatorische Schlichtungsverfahren, § 15a EGZPO . . . c) Klageausschlussfristen . . . . Systematisierung der Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . a) Allgemeine und besondere Prozessvoraussetzungen . . . . . b) Zugangsvoraussetzungen . . . c) Echte Prozessvoraussetzungen . d) Prozesswirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . e) Positive und negative Prozessvoraussetzungen . . . . . . . f) Prozessvoraussetzungen und Prozesshindernisse . . . . . . g) Anspruchsbezogene Prozessvoraussetzungen . . . . . . . h) Bedingte Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . i) Prozesshandlungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . Prozesshindernisse . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Einrede des Schiedsvertrages, § 1032 . . . . . . . . . . . c) Einrede der fehlenden Kostenerstattung des Vorprozesses, § 269 Abs. 6 . . . . . . . . . . . d) Einrede der mangelnden Sicherheit, § 110 . . . . . . . . . e) Prozessverträge als vertraglich wirkende Prozesshindernisse . aa) Zulässigkeit . . . . . . . bb) Ausschluss der Klagbarkeit cc) Geltendmachung im Prozess . . . . . . . . . . Rechtliche Behandlung . . . . . a) Vorrang der Zulässigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen . . . c) Prüfung von Amts wegen . . . d) Beweislast . . . . . . . . . e) Reihenfolge der Prüfung . . .
79 83 95 105 107 108 109 115 124 125 126 127 130 131 132 136 138 140 141 141 142 143 144 146 146 149 153 154 154 160 164 168 172
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Vor § 253
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
I. Überblick
1
Das zweite Buch enthält in den §§ 253 − 510b die Regelungen über das Verfahren im ersten Rechtszug. Vorangestellt ist im ersten Abschnitt das Verfahren vor den Landgerichten (§§ 253 − 494a). Im zweiten Abschnitt finden sich in den §§ 495 − 510b besondere Bestimmungen für das Verfahren vor den Amtsgerichten. Ansonsten gelten die Vorschriften über das landgerichtliche Verfahren grundsätzlich auch für das Verfahren vor den Amtsgerichten.
II. Die Klage
2
Das Verfahren im ersten Rechtszug wird in der Regel durch die Klage eingeleitet und mit einem Urteil beendet. Verfahrensbeteiligte sind der Kläger, der Beklagte und das Gericht.
III. Klagearten
3
4
Im Klagensystem der ZPO1 unterscheidet man drei2 Arten von Klagen, die zum Teil unterschiedlichen Prozessvoraussetzungen unterliegen: Leistungs-,3 Feststellungs− und Gestaltungsklagen. Eine dementsprechende Einteilung in LeistungsFeststellungs- und Gestaltungsurteile wird auf der Urteilsebene vorgenommen. Allerdings stimmen Klage- und Urteilsart grundsätzlich nur dann überein, wenn die Klage positiv beschieden wird.4 Bei einer Klageabweisung handelt es sich dagegen um ein Feststellungsurteil.5 Welche Klageart im Einzelfall vorliegt, richtet sich danach, welches Rechtsschutzziel angestrebt wird.6 Der Rechtsschutz, den der Kläger begehrt, kann auf verschiedene Ziele gerichtet sein. So kann er die Befriedigung seines materiellrechtlichen Anspruchs, die bloße Feststellung eines streitigen Rechtsverhältnisses oder die Gestaltung einer rechtlichen Beziehung zu dem Gegner anstreben. Während die Feststellungsklage eine eigenständige Regelung in § 256 erfahren hat, werden Leistungs- und Gestaltungsklagen in der ZPO nicht besonders erwähnt. Die ZPO geht von der Leistungsklage als Regelform des Rechtsschutzes aus.7 Die Rechtsschutzform der Gestaltungsklage ist dagegen erst von der Prozessrechtswissenschaft entwickelt worden8, heute aber durchweg anerkannt.9
1 1 1 Vgl. dazu Scherner Das Klagensystem im Zivilprozeß (1970). 2 2 2 Der Versuch von Kisch S. 85 ff., daneben noch weitere Rechtsschutzformen zu bilden, ist gescheitert; vgl. dazu Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile (1966), S. 26 f., Staab S. 24 ff. und Scherner S. 94 ff. Ebenso konnte sich die von Kuttner S. 21 ff. vertretene Lehre vom Anordnungsurteil nicht durchsetzen, vgl. dazu Scherner S. 68 ff.; Lüke JuS 1969, 301, 302 f. 3 3 3 Nach Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile (1966), S. 104, 107, können Leistungsurteile auch den prozessualen Gestaltungsurteilen zugeordnet werden. Eine Hervorhebung der Leistungsurteile sei lediglich aus praktischen Gründen geboten. 4 4 4 Vgl. Lüke JuS 1969, 301; Scherner S. 8.
4
5 5 5 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 4; Braun S. 317; Lüke JuS 1969, 301. 6 6 6 Scherner S. 7, zieht als Kriterium für die Systematisierung der Klagen den Inhalt der Entscheidung heran, der sich letztendlich aber nach dem mit ihr erstrebten Klageziel richtet. 7 7 7 Kisch S. 16; vgl. Schlosser Jura 1986, 130; siehe aber Lüke JuS 1969, 301, der die Feststellungsklage als Grundform bezeichnet, ebenso in MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 21. 8 8 8 Als „Entdecker“ der Gestaltungsklagen wird Schrutka-Rechtenstamm GrünhutsZ 16 (1889), 617, 619 bezeichnet, vgl. Pfeifer S. 24; Schlosser Jura 1986, 130; hierzu zählen auch Langheineken Der Urteilsanspruch – Ein Beitrag zu der Lehre vom Klagrecht (1899), S. 230 ff; Seckel FG R. Koch (1903), S. 205, 239 ff.; vgl. auch Vossius Zu
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Alle Versuche, dieses dreiteilige Klagensystem durch andere Klagearten zu erweitern, sind bis heute gescheitert.10 Die daneben gebildeten Klagearten wie die Anordnungsklage11, die Auslösungsklagen12, die Festsetzungsklagen13 und die Haftungsklagen14 lassen sich alle den drei Klagearten zuordnen.15
5
1. Die Leistungsklage a) Allgemeines. Mit der Leistungsklage begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung. Mit ihr wird der Erlass eines Leistungsurteils begehrt. Dieses enthält die Feststellung, dass der Beklagte zur Erbringung der Leistung verpflichtet ist, und einen Leistungsbefehl16, dh einen Befehl an den Beklagten, die geschuldete Leistung an den Kläger zu erbringen.17 Wenn der Beklagte diesem Befehl nicht nachkommt, kann er im Wege der Zwangsvollstreckung auch gegen seinen Willen durchgesetzt werden. Das Leistungsurteil stellt einen Vollstreckungstitel dar. Allerdings ist die zwangsweise Durchsetzbarkeit des Leistungsbegehrens kein Wesensmerkmal der Leistungsklage, denn nicht jedes Leistungsurteil ist vollstreckbar (vgl. § 888 Abs. 3, 888 a).18 Wird die Leistungsklage abgewiesen, fehlt es naturgemäß an einem Leistungsbefehl, so dass letztendlich nur die Feststellung bleibt und dementsprechend lediglich ein Feststellungsurteil ergeht.19
6
b) Gegenstand der Leistungsklage. Gegenstand der Leistungsklage ist jedes Begehren nach einer Handlung, also das zur Leistung von Geld, Sachen und Rechten sowie sonstigen Gegenständen, aber auch zur Leistung von Diensten und Werken. Mit der Leistungsklage werden neben der am häufigsten vorkommenden Zahlungsklage der Anspruch auf Erfüllung obligatorischer Verträge, der Gewährleistungs- und Schadens-
7
den dogmengeschichtlichen Grundlagen der Rechtsschutzlehre (1985), S. 220 ff. 1 9 9 Anders noch die Voraufl. § 253 Anm. C I b: hier wurde die Rechtsgestaltung als Unterfall der Leistungsklage angesehen. Gegen die Notwendigkeit, die Gestaltungsklage als besondere Klageart anzusehen Kohler Grundriß des Zivilprozesses (1907), S. 63 f.; ders. Prozeßrechtliche Forschungen (1889), S. 65; ders. ZZP 29 (1901), 1 ff., 10, 16; ders. ZZP 33 (1904), 211, 226. 210 10 Vgl. dazu auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 65 ff. 311 11 Diese Klageart ist von Kuttner (S. 21) herausgebildet worden und wird auch heute noch vereinzelt anerkannt, Bruns ZPR Rdn. 130; Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile (1966), S. 89. Unter Anordnungsurteilen versteht Kuttner (S. 22) Urteile, in denen der Prozessrichter, ohne über das zugrunde liegende privatrechtliche Rechtsverhältnis selbst eine rechtskräftige Entscheidung zu treffen, unmittelbar an die Adresse eines anderen Staatsorgans, einer öffentlichen Behörde oder eines öffentlichen Beamten, die bestimmte Anordnung richtet, eine im Urteil näher bezeichnete Amtshandlung auf Verlangen der siegreichen Prozesspartei vorzunehmen oder zu unterlassen. Als Beispiele nennt er Urteile, die gem. §§ 771, 767, 731, 880 ergehen. 412 12 Herausgebildet von Kisch S. 85 ff. 513 13 Ebenfalls von Kisch S. 110 f. entwickelt. Dazu
zählen z.B. die Klage gem. §§ 315 Abs. 3, 319 Abs. 1, 2048 und 660 BGB sowie die Herabsetzungsklagen gem. §§ 343, 655 BGB. 614 14 Herausgebildet von Blomeyer ZPR § 36: dazu zählen alle Klagen, die darauf gerichtet sind, die Vollstreckung in bestimmte Gegenstände zu eröffnen oder auf bestimmte Gegenstände zu beschränken, wie z.B. die Klagen gem. §§ 1147, 1233 Abs. 2, 1003, 2022 Abs. 1 S. 2, 2185 BGB, § 1990 BGB, §§ 786, 780 ZPO, § 1086 BGB, § 737 ZPO; § 2213 BGB, § 748 Abs. 2 und 3 ZPO; vgl. dazu Henke JA 1987, 281, 287 f. 715 15 Vgl. dazu ausführlich Scherner S. 67 ff. 816 16 So die h.M.: Kuttner S. 23 Fn. 18; Scherner S. 35 ff.; aA Kisch S. 26 ff.; Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile,S. 102 f. (das Leistungsurteil unterscheidet sich allein durch die Vollstreckungswirkung vom Feststellungsurteil); Bruns ZPR Rdn. 128 a. Dies unterscheidet die Leistungsklage auch von der abgewiesenen negativen Feststellungsklage, wodurch festgestellt wird, dass dem Beklagten der behauptete Anspruch gegen den Kläger zusteht, jedoch kein Leistungsbefehl ergeht, dazu RG JW 1910, 484, 485. 17 17 9 genauer: oder Unterlassungsbefehl oder Duldungsbefehl, so Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 22. 18 18 10 RGZ 51, 182, 184 (§ 888 Abs. 3). 19 19 11 Braun S. 317; Lüke JuS 1969, 301.
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ersatzanspruch, der Anspruch auf Herausgabe von Sachen oder der Anspruch auf Vornahme von bestimmten Handlungen geltend gemacht. Zu den Leistungsklagen gehören ferner die Klagen auf Widerruf einer Äußerung,20 auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (§ 889) oder auf Freistellung von einer Schuld21. Auch der Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung22 fällt darunter, obwohl die Willenserklärung gem. § 894 mit Rechtskraft des Urteils fingiert wird. Die Entlastung des Geschäftsführers kann nach h.M.23 regelmäßig nicht mit der Leistungsklage durchgesetzt werden, da diese jedenfalls mangels materiellrechtlichen Rechtsanspruchs des Geschäftsführers gegen die Gesellschaft, auf etwaige ihr zustehende Ansprüche zu verzichten, unbegründet wäre. In Betracht kommt allein die negative Feststellungsklage.24 Gegenstand der Leistungsklage25 ist ferner das Unterlassen, etwa bei einem vertragswidrigen26 Handeln (§ 541 BGB, §§ 74, 90a HGB). Gesetzliche Unterlassungsansprüche sind in den §§ 12 S. 2, 862 Abs. 1 S. 2, 1004 Abs. 1 S. 2, 1053, 1134 BGB und in den §§ 1027, 1029, 1065, 1090 Abs. 2, 1192, 1227 BGB, § 11 Abs. 1 ErbbauVO, § 8 PachtkreditG, § 34 Abs. 2 WEG, die auf § 1004 BGB verweisen, sowie in § 40 SchiffsRG, § 40 LuftFzG geregelt. Unterlassungsansprüche außerhalb des BGB finden sich vor allem im Wettbewerbsrecht, wie z.B. § 8 UWG, § 139 Abs. 1 PatG, § 24 Abs. 1 GebrMG, § 97 Abs. 1 UrhG, § 9 VerlG, § 33 GWB, § 37 Abs. 2 HGB; §§ 14 Abs. 5, 15 Abs. 4 MarkenG und §§ 1, 2, 2a UKlaG. Auch zum Schutz der absoluten Rechtsgüter iSd § 823 BGB und darüber hinaus der in §§ 823 Abs. 2, 824 BGB geschützten Rechtspositionen wird ein sog. quasinegatorischer Unterlassungsanspruch gewährt.27 Ziel einer jeden Unterlassungsklage28 ist die Abwehr weiterer künftiger Beeinträchtigungen.29 Außerprozessuale materiellrechtliche Voraussetzung30 für gesetzliche Ansprüche31 dieser Art ist die Gefahr, dass die Handlung nach vorheriger Beeinträchtigung noch einmal begangen werden könnte (sog. Wiederholungsgefahr).32
120 20 RGZ 170, 317, 320. 221 21 BGH MDR 1996, 959. 322 22 Vgl. Kisch S. 37 ff. 423 23 BGHZ 94, 324, 329 = NJW 1986, 129, 130; K. Schmidt ZGR 1978, 425, 441. 524 24 Vgl. BGH NJW 2003, 3124, 3125; BGHZ 94, 324, 329 = NJW 1986, 129, 130 (GmbH); BayObLG NJW 2003, 1328; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 525; OLG Köln NJW-RR 1997, 483 (Verein); K Schmidt ZGR 1978, 425, 439 ff.; Niedenführ NZM 2003, 305, 306 (WEG); anders noch RGZ 89, 396, 397 (AG): Leistungsklage, da Entlastung eine auf Anspruchsverzicht gerichtete Willenserklärung ist; im Ergebnis ebenso Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG18 (2006) § 46 Rdn. 46; kritisch auch Hüffer AktG8 (2008) § 120 Rdn. 19. 625 25 Nach aA handelt es sich bei der Unterlassungsklage um eine besondere prozessuale Rechtsschutzform, der kein materiellrechtlicher Unterlassungsanspruch zugrunde liegt, Esser/Weyers Schuldrecht II/28 (2000) § 62 IV (S. 265); Nikisch ZPR § 38 IV 3; Siber Schuldrecht (1931) S. 470 ff.; ders. Der Rechtszwang im Schuldverhältnis nach deutschem Reichsrecht (1903), S. 99 ff.; vgl. dazu
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Fritzsche Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage (2000), S. 535 ff. 7 RGZ 72, 393. 27 27 8 Vgl. dazu Staudinger/Hager BGB (1999) Vorbem zu §§ 823 ff. Rdn. 63 mwN. 928 28 Zum Verhältnis von Unterlassungs- und Feststellungsklage vgl. Zeuner FS Dölle (1963), S. 295 ff. 29 29 10 Henckel AcP 174 (1974), 97, 98 f. 30 30 11 Die Wiederholungsgefahr ist keine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses, siehe unten Rdn. 98 und BGH GRUR 1980, 241; BGH GRUR 1973, 208, 209 mit Anm. Storch; Henke JA 1987, 350, 356 f.; Pastor GRUR 1969, 331, 335; aA noch BGH GRUR 1966, 157, 159; LG Frankenthal NJW 1955, 263. 31 31 12 Vertragliche Unterlassungsansprüche setzen die Wiederholungsgefahr nicht voraus, BGH GRUR 1999, 522, 524. 32 32 13 RG JW 1911, 86 (Nr. 31); RGZ 101, 135, 137 f.; RGZ 101, 335, 339 f. („ernsthafte Vorbereitungen“ der Beeinträchtigung genügen); RGZ 115, 74, 83; die drohende Erstgefahr genügt bereits BGHZ 2, 394, 395 f. = NJW 1951, 843 f. = GRUR 1952, 35, 36; BGHZ 17, 266, 291 = GRUR 1955, 492; BGH NJW 1986, 2503, 2504; vgl. zur Entwicklung auch Münzberg JZ 1967, 689 f. 26 26
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Heute ist jedoch allgemein anerkannt, dass zur Abwehr von Rechtsbedrohungen auch bei fehlender vorhergehender Beeinträchtigung eine vorbeugende Unterlassungsklage möglich ist.33 Dies setzt die unmittelbare und konkrete Gefahr eines realen Eingriffs voraus (Erstbegehungsgefahr).34 Es müssen also Tatsachen vorliegen, die die Vorbereitung oder Absicht von Rechtseingriffen befürchten lassen. Auch der vorbeugenden Unterlassungsklage35 liegt ein materiellrechtlicher Unterlassungsanspruch36 zugrunde, so dass sie als Leistungsklage37 und nicht als rein prozessuales Rechtsinstitut38 zu qualifizieren ist. Die Unterlassungsklage ist jedoch regelmäßig keine Klage auf künftige Leistung iSd § 259,39 da ein bereits gegenwärtiges Handlungsverbot durchgesetzt werden soll und kein Anspruch, der zu einem zukünftigen Zeitpunkt bestehen wird (siehe dazu § 259 Rdn. 31 ff.). Eine Unterart der Unterlassungsklage ist die Duldungsklage, in Teilbereichen auch als Haftungsklage bezeichnet, da der Beklagte nicht zur persönlichen Leistung an den Kläger verurteilt wird40. Die Besonderheit besteht darin, dass hier eine Handlung des Klägers hinzukommt. Sie hat ihren Sinn vor allem im Hinblick auf die Vollstreckung, vgl. §§ 737, 743, 745 Abs. 2, 748 Abs. 2. Hierher gehören die Klagen gem. §§ 772 Abs. 2 S. 1, 1003 Abs. 1 S. 2, 1107, 1113 Abs. 1, 1132 Abs. 1 S. 2, 1133 S. 2, 114741, 1191, 1199, 1200, 1204 Abs. 1, 1233 Abs. 2, 1273 Abs. 2, 1293, 2213 Abs. 3 BGB, sowie die Klage gem. §§ 755, 760 HGB42. Der mit der Duldungsklage geltend gemachte An-
133 33 BGHZ 42, 118, 124 = NJW 1964, 2157, 2158 f.; BGHZ 14, 163, 166 = NJW 1954, 1682; BGHZ 3, 270, 276 = NJW 1952, 660; BGHZ 2, 394, 395 = NJW 1951, 843 f.; RGZ 151, 239, 246; RGZ 140, 392, 402; RGZ 104, 376, 379; RGZ 101, 135, 137; RGZ 95, 339, 341; RGZ 54, 414, 415. Zur ungenauen Terminologie siehe Baur JZ 1966, 381 f., der den vorbeugenden Charakter sämtlicher Unterlassungsklagen hervorhebt; vgl. auch Henckel AcP 174 (1974), 97, 99; Henke JA 1987, 350, 352; Schubert ZZP 85 (1972), 29, 31 Fn. 7. 34 34 2 So Ahrens/Ahrens Der Wettbewerbsprozeß5 (2005), Kap. 14 Rdn. 8; Böhm S. 68. 335 35 Vgl. auch Scherner S. 134 ff. 436 36 BGH GRUR 1963, 218, 221 mit Anm. Heydt; Staudinger/Gursky BGB (2006) § 1004 Rdn. 212 mwN; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 14; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 5; Schilken ZPR Rdn. 179; Backsmeier Das Minus beim unterlassungsrechtlichen Globalantrag (2000), S. 48 ff.; Baur JZ 1966, 381 ff.; Böhm S. 68; Henckel AcP 174 (1974), 97, 121 ff., allerdings bzgl. der gesetzlichen Unterlassungsansprüche ein Anspruch ohne wirtschaftlichen Wert mit der alleinigen Funktion eines Schutzmittels; Münzberg JZ 1967, 689, 693. 37 37 5 So auch Henckel AcP 174 (1974), 97, 115; Henke JA 1987, 350 f.; Schubert ZZP 85 (1972), 29; Zeuner FS Dölle (1963), S. 295, 309. 38 38 6 Vgl. nur Siber Schuldrecht (1931), S. 2 f., 470 ff.; Esser/Weyers Schuldrecht II/28 (2000) § 62 IV (S. 265); Rosenthal JW 1915, 299, 301, 305 f.; Larenz Anm. zu LG Frankenthal NJW 1955, 263. 739 39 Ahrens/Ahrens Der Wettbewerbsprozeß5 (2005)
Kap. 14 Rdn. 2 (in der Regel); Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren9 (2007) Kap. 51 Rdn. 59; Zeuner FS Dölle (1963), S. 295, 310 f.; bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen offengelassen von BGH NJW-RR 1989, 263, 264; dazu Fritzsche S. 586 f.; anders noch BGH GRUR 1956, 238, 240; OLG Köln NJWRR 1987, 360 (Anwendbarkeit des § 259 bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen); aA de Boor Gerichtsschutz und Rechtssystem (1941), S. 56; Braun S. 304 f.; Nikisch ZPR § 38 IV 2; Hellwig System Bd. 1, § 104 II 2 (S. 272): die Unterlassung kann ihrer Natur nach nur als zukünftige Leistung geltend gemacht werden. 840 40 Vgl. Blomeyer ZPR § 36; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 89 Rdn. 8 ff. 941 41 Str. – nach h.M. allein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung, vgl. RGZ 93, 234, 236; Schapp FS Söllner (1990), S. 477, 502 mwN; nach aA Anspruch auf Zahlung (Leistung) von Geld, Staudinger/Wolfsteiner BGB (2002) Einl. zu § 1113 ff. Rdn. 25; MünchKommBGB4/Eickmann (2004) § 1147 Rdn. 4 f. Vgl. auch Blomeyer ZPR § 36, der diese Klage in eine besondere Kategorie der Haftungsklagen einordnet, und Scherner S. 119 ff., 133, der sie teils als reine prozessuale Gestaltungsklagen teils als kombinierte Feststellungs- und prozessuale Gestaltungsklagen qualifiziert. 42 42 10 RGZ 72, 347, 353 (Anspruch allein auf Duldung der Zwangsvollstreckung, nicht dagegen alternativ auf Duldung der Zwangsvollstreckung oder Zahlung).
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spruch ist dabei von dem persönlichen Anspruch, der mit einer Leistungsklage geltend gemacht wird, zu unterscheiden.43 2. Die Feststellungsklage
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Mit der Feststellungsklage begehrt der Kläger die Feststellung des Bestehens bzw Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde. Der Feststellungsklage liegt kein materieller Anspruch auf Anerkennung zugrunde (vgl. § 256 Rdn. 3).44 Man unterscheidet die selbständige Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 und die Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 (dazu § 256 Rdn. 344 ff.). Im Gegensatz zum Leistungsurteil enthält das Feststellungsurteil keinen Leistungsbefehl an den Schuldner, sondern erschöpft sich in der bloßen Feststellung. Es ist daher mit Ausnahme des Kostenausspruchs der Zwangsvollstreckung nicht zugänglich. Allerdings kann der Gegenstand der Feststellungsklage umfassender sein als derjenige der Leistungsklage, weil letztere auf Ansprüche beschränkt ist.45 Zu den Feststellungsklagen zählt die Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 731 (aA § 731 Rdn. 3).46 Zum Verhältnis von Leistungs- und Feststellungsklage vgl. § 256 Rdn. 189 ff. 3. Die Gestaltungsklage
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Mit der Gestaltungsklage begehrt der Kläger die Gestaltung der Rechtslage, dh die unmittelbare Begründung, Änderung oder Aufhebung eines unter den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses.47 Ein Leistungsbefehl an den Beklagten ist deshalb entbehrlich, ebenso wie eine Leistungspflicht des Beklagten. Leistungs- und Feststellungsurteile stellen bereits außerhalb des Prozesses eingetretene Rechtsfolgen fest, sind insoweit also deklaratorisch.48 Gestaltungsurteile führen dagegen Wirkungen herbei, die bisher noch nicht eingetreten waren und auch ohne Urteil nicht eintreten konnten, indem sie ein Rechtsverhältnis begründen, umgestalten oder aufheben.49 Die Gestaltungswirkung des Urteils macht auch eine Zwangsvollstreckung entbehrlich und unmöglich.50 Da das Urteil zu einer unmittelbaren Änderung der Rechtsverhältnisse führt, wirkt es im Gegensatz zu den Leistungs- und Feststellungsurteilen nicht nur unter den Parteien, sondern gegenüber jedermann. So ist mit der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils die Ehe geschieden. Die Gestaltungsklagen kann man insoweit 143 43 RGZ 109, 166 zu § 2213 BGB; Staudinger/Wolfsteiner BGB (2002) § 1147 Rdn. 3. 244 44 Vgl. de Boor Gerichtsschutz und Rechtssystem (1941), S. 31; aA Habscheid ZZP 112 (1999), 37, 39, 50 (subjektiv materielles Recht); unklar die Motive zum BGB I S. 291 einerseits, Hahn/ Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 257 andererseits. 345 45 Kisch S. 15. 446 46 LG Hildesheim NJW 1964, 1232, 1233 (trotzdem ausnahmsweise Vollstreckung aus Feststellungsurteil möglich); Pfeifer S. 72 ff.; Lüke JuS 1969, 301, 302; Wüllenkemper Rpfleger 1989, 87; aA Stein/Jonas/Münzberg § 731 Rdn. 8 (Gestaltungsklage); Bettermann S. 62; Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 99. 547 47 Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 37, bezeichnet das Gestaltungsurteil als ein Urteil, das eine Rechtsfolge verfügt, auf die sich ohne Erlass und meist auch ohne formelle
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Rechtskraft des Urteils, das die Rechtsfolge beinhaltet, niemand berufen kann. 648 48 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 91 Rdn. 1. Darin liegt die Gemeinsamkeit von Feststellungsund Leistungsklagen. Deshalb sieht Kisch S. 22, beide als Unterarten einer einheitlichen Kategorie der deklarativen Urteile an. 749 49 Ob Gestaltungsurteile auch die rechtskraftfähige Feststellung enthalten, dass dem Kläger das private Gestaltungsrecht zusteht, ist umstritten. Bejahend Scherner S. 53 f. (prozessuale Gestaltungsklagen enthalten seiner Ansicht nach die Feststellung, dass der öffentlichrechtliche Anspruch des Klägers auf die prozessuale Gestaltung besteht), auch Nikisch ZPR § 40 IV 2. 850 50 Nach Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 35 und 266, ist die Gestaltungswirkung Vollstreckungswirkung, vergleichbar mit derjenigen eines unter § 894 fallenden Urteils.
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mit den materiellrechtlichen Gestaltungsrechten vergleichen. Sie werden als Gestaltungsklagerechte bezeichnet, weil die Gestaltungswirkung nicht mittels eines materiellrechtlichen Rechtsgeschäfts, sondern nur durch Gestaltungsurteil herbeigeführt werden kann. Umstritten ist die Rechtsnatur dieses Gestaltungsklagerechts: materiellrechtliches Recht zur Rechtsgestaltung,51 publizistischer Gestaltungsanspruch gegen den Staat52 oder Doppeltatbestand53. Gegen letzteres spricht die Rechtssicherheit. Würde man die Erhebung einer Gestaltungsklage sowohl als materiellrechtliches Rechtsgeschäft als auch als prozessuale Handlung ansehen, so könnte die Gestaltungswirkung trotz rechtskräftigen Gestaltungsurteils nicht eintreten, wenn das Privatrechtsgeschäft aus einem materiellrechtlichen Grund nichtig wäre.54 Auch die Lehre vom publizistischen Gestaltungsanspruch wird der Gestaltungsklage nicht gerecht.55 Es handelt sich nicht um einen Anspruch gegen den Staat, sondern um die besondere Art der Durchsetzung eines Gestaltungsrechts. Die Ansicht, dass den Gestaltungsklagen ein materielles Recht zur Rechtsgestaltung zugrunde liegt, ist deshalb vorzuziehen. a) Ziel und Voraussetzungen der Gestaltungsklage. Ziel der Gestaltungsklage ist die unmittelbare Herbeiführung einer Rechtsänderung durch das Gestaltungsurteil.56 Dabei wird die Gestaltungsberechtigung des Klägers einer richterlichen Kontrolle unterzogen.57 Gestaltungsklagen sind nur in den Fällen zulässig, in denen das Gesetz sie vorsieht,58 man spricht insoweit von dem Prinzip des numerus clausus der Gestaltungsurteile.59 Allerdings ist in besonderen Fällen eine analoge Anwendung dieser Vorschriften geboten,60 wie z.B. bei der Auflösungsklage gegen die fehlerhafte OHG entsprechend § 133 HGB61, bei der Ausschlussklage gegen einen GmbH-Gesellschaf151 51 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 91 Rdn. 3; Schilken ZPR Rdn. 192; Scherner S. 48 ff. (anders bei prozessualen Gestaltungsklagen, hier: öffentlichrechtlicher Anspruch auf Vornahme der prozessualen Gestaltung, S. 63); K. Schmidt S. 21 ff.; Lent ZZP 66 (1953), 267, 270; Lüke JuS 1969, 301, 305 noch einschränkend für unechte Gestaltungsklagen, anders jetzt in MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 30: auch für die Scheidungsklage; Pfeifer S. 86, sieht als Grundlage für die Gestaltungsklagen ein subjektives Privatrecht an, bei den prozessualen Gestaltungsklagen geht er allerdings von einem eigenartigen Rechtsbehelf aus, mit dem der Betroffene einen Prozessrechtsanspruch i.S. eines Überprüfungsanspruchs geltend macht. Gegen ein solches privatrechtliches Recht Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 44. 52 52 2 Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 366 ff., 374 ff. (Gestaltungsanspruch als Vollstreckungsanspruch); Dölle FS Bötticher (1969), S. 93, 99; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 43. 353 53 Seckel FG R. Koch (1903), S. 205 ff.; zust. Henke JA 1987, 589, 595 f. 454 54 So zu Recht Staab S. 90. 55 55 5 AA Staab S. 112, der als Grundlage für die Gestaltungsklagen des damaligen EheG einen dem öffentlichen Recht zugehörigen Anspruch ansieht, der sich gegen den Richter bzw den Staat richtet. Dagegen liege den Gestaltungsklagen des HGB ein gegen den Beklagten gerichtetes mate-
riellrechtliches Gestaltungsrecht zugrunde (S. 99). 6 Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 32 f. (die Gewährleistung der Rechtssicherheit über den Eintritt oder das Ausbleiben der Rechtsänderung steht im Vordergrund. Ansonsten könnte der Gesetzgeber ein privatrechtliches Gestaltungsrecht einräumen); diesen Aspekt heben auch Kisch S. 51 f., Pfeifer S. 30, 85 und Lüke JuS 1969, 301, 305 hervor. Vgl. auch K. Schmidt S. 4; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 40. 757 57 Staab S. 69; vgl. auch Dölle FS Bötticher (1969), S. 93, 95 f. 858 58 Vgl. § 295 des im Jahr 1931 durch das Reichsjustizministerium veröffentlichten Entwurfs einer Zivilprozeßordnung: „Auf Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechtsverhältnissen darf das Gericht nur in den vom Gesetz zugelassenen Fällen erkennen.“ 959 59 Vgl. dazu Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 286; Grunewald ZZP 101 (1988), 152 ff. 60 60 10 Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 7; Kisch S. 56; A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 287, 292 f. 61 61 11 BGHZ 3, 285, 290 = NJW 1952, 97; Baumbach/ Hopt HGB33 (2008) § 133 Rdn. 2; Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Lorz HGB2 (2008) § 133 Rdn. 5; A. Hueck Recht der OHG3 (1964), S. 59 ff. 56 56
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ter, wenn die Satzung den Ausschluss durch Beschluss nicht vorsieht62 oder die Anfechtungsklage bei fehlerhaften GmbH-Gesellschafterbeschlüssen63, nicht aber bei der Auflösungsklage bzgl. einer BGB-Gesellschaft, bei der die Auflösung (z.B. § 723 BGB) durch den Richter nur noch festgestellt werden kann.64 Eine Ermächtigung des Richters zur Rechtsgestaltung durch Parteivereinbarung ist grundsätzlich nicht möglich.65 Dagegen sind wohl alle nach ausländischen Rechtsordnungen vorgesehenen Gestaltungsurteile als zulässig zu erachten, wenn das ausländische Sachstatut Anwendung findet und die fremde lex causae das Urteil ihrerseits anerkennt.66 Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen können sich bezüglich der Prozessführungsbefugnis oder des Gestaltungsklagerechts ergeben, wenn das materielle Recht diese Rechte nur bestimmten Personen zuspricht. Bei Gestaltungsklagen, die eine verfügungsähnliche Wirkung zu Lasten von gebundenem Vermögen haben, kann eine Gestaltungsklage nur von denjenigen erhoben werden, die bei einer vertraglichen Verfügung beteiligt sein müssen.67 Das Rechtsschutzbedürfnis wird den Parteien nur in Ausnahmefällen (Rdn. 78) abgesprochen werden können, weil die Rechtsgestaltung nur über das Gestaltungsurteil erreicht werden kann.68 Ausnahmsweise fehlt das Rechtsschutzbedürfnis in den Fällen, in denen der Kläger die begehrte Rechtsfolge selbst herbeiführen könnte, beispielsweise wenn der Gestaltungsklagegegner bereit ist, an der Rechtsgestaltung mitzuwirken und dies durch ein verbindliches Vertragsangebot zum Ausdruck gebracht hat69 oder ein einfacherer und billigerer Weg zur Gestaltung offen steht, insbesondere bei den Gestaltungsklagen des Vollstreckungsrechts70, oder in den sog. Missbrauchsfällen71. b) Arten von Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteilen. Eine Einteilung von Gestaltungsklagen und -urteilen ist nach verschiedenen Kriterien möglich. So lassen sie sich nach ihrem materiellen Gehalt in Gestaltungsurteile unterteilen, die die Beseitigung oder Umgestaltung eines bestehenden oder die Begründung eines Rechts-
162 62 BGHZ 32, 17, 22 = NJW 1960, 866, 867; BGHZ 16, 317, 322 = NJW 1955, 667; BGHZ 9, 157, 166 = NJW 1953, 780, 783; BayObLG NJW-RR 2004, 39, 40. 63 63 2 RGZ 166, 129, 131; RGZ 85, 311 ff.; BGHZ 11, 231, 235 = NJW 1954, 385, 386; vgl. OLG Köln NZG 2001, 82; A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 287, 296 f. 364 64 A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 287, 294 f. 465 65 So die h.M. mit dem Argument, dass die Zuständigkeit der Gerichte vom Gesetzgeber festgelegt werde und nicht zur Disposition der Parteien stünde, BGH GRUR 1978, 192, 193; A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 287, 288; aA Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 293, allerdings nur in den Grenzen materiellrechtlicher Dispositionsbefugnis der Parteien. Zur Entlastungsfunktion der Gerichte durch den numerus clausus der Gestaltungsurteile siehe Grunewald ZZP 101 (1988), 152, 153 ff. Grunewald weist darauf hin, dass die Rechtsprechung in Einzelfällen zu Unrecht eine Erweiterung zulässt, indem sie die gesetzlichen Voraussetzungen für bestimmte Gestaltungsklagen, wie z.B. bei den Gestaltungsklagen gem.
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§§ 315 ff. BGB oder den handelsrechtlichen Gestaltungsklagen, aufweicht. 5 BGHZ 47, 324, 332 = NJW 1967, 2109, 2111; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 78; Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 312 f.; ders. JA 1986, 130, 135; zu dem umgekehrten Fall der Entscheidung durch ein ausländisches Gericht vgl. Becker ZZP 97 (1984), 314, 320. 667 67 So Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961), S. 95 ff. 768 68 Nach MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 31 ist das Rechtsschutzinteresse immer gegeben. 869 69 Die bloße Bereitschaft des Gestaltungsklagegegners zur Mitwirkung genügt nicht. Hier hat der Beklagte die Möglichkeit, das Gestaltungsklagebegehren mit der Kostenfolge des § 93 sofort anzuerkennen, vgl. dazu Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 335 f. 70 70 9 So kann z.B. die Vollstreckungsgegenklage ausgeschlossen sein, wenn eine Erinnerung gem. § 766 möglich ist, vgl. Brox/Walker Zwangsvollstreckungsrecht7 (2003) Rdn. 1333 mwN; Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 337 f. 71 71 10 Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 338. 66 66
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verhältnisses zum Gegenstand haben.72 Ähnlich ist die Kategorisierung in Gestaltungsurteile mit negativem und positivem Inhalt.73 Man kann Gestaltungsurteile auch danach unterscheiden, ob sie in die Zukunft wirken (ex nunc) oder rückwirkend (ex tunc) gestalten.74 Eine Differenzierung der Gestaltungsklagen kann auch noch danach vorgenommen werden, ob die Klage lediglich ein Mittel zur Gestaltung gegen den Betroffenen − unechte Gestaltungsklagen – wie z.B. die Gestaltungsklagen des HGB oder ob sie das einzige Mittel zur Herbeiführung der Gestaltungswirkung darstellt − echte Gestaltungsklagen75 – wie z.B. die familienrechtlichen Gestaltungsklagen.76 Neben den Gestaltungsklagen, die konstitutiv auf das materielle Recht einwirken, hat sich noch die Kategorie der prozessualen Gestaltungsklagen herausgebildet.77 Die prozessuale Gestaltungsklage bewirkt eine Rechtsgestaltung nicht auf materiellem, sondern auf prozessualem Gebiet. Als Beispiele sind die auf positive Gestaltung gerichtete Klage auf Verleihung der Vollstreckbarkeit gem. §§ 722, 1042 (sog. Vollstreckungsklagen) und die auf negative Gestaltung gerichtete Vollstreckungsgegenklage gem. § 767,78 die Klauselgegenklage gem. § 768, die Drittwiderspruchsklage gem. § 771,79 die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gem. § 80580 (vgl. § 805 Rdn. 2), die Widerspruchsklage gem. § 87881 und die Abänderungs172 72 Diese Einteilung nimmt Staab S. 22 ff. vor. 273 73 Vgl. Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 50 ff. 374 74 Siehe dazu Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 58 ff.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 49 ff. (ex nunc) und Rdn. 54 ff. (ex tunc); Pfeifer S. 107, spricht den privatrechtsgestaltenden Urteilen die Rückwirkung ab, erkennt sie aber bei prozessualen Gestaltungsurteilen an. Diejenigen Urteile, die Rückwirkung haben, ordnet Kisch S. 85 ff. (89 f., 97) der besonderen Kategorie der auslösenden Urteile zu, wie z.B. die frühere Ehenichtigkeitsklage (S. 98). Seiner Ansicht nach ist in diesen Fällen die Unwirksamkeit bereits außerhalb des Rechtsstreits eingetreten. Eine Berufung auf die Unwirksamkeit sei jedoch erst mit dem Richterspruch, der die Unwirksamkeit bloß feststelle, möglich. Nach A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 287, 302 ff., ist die Rückwirkung bei gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsurteilen die Ausnahme: echte Rückwirkung nur bei der Anfechtungsklage von Hauptversammlungsbeschlüssen einer AG, S. 304 f. 75 75 4 Staab S. 137 ff., gesteht diesen Gestaltungsklagen eine Sonderstellung zu, da sie nicht notwendigerweise einen Rechtsstreit voraussetzen, sondern auch dann erforderlich sind, wenn die Gestaltung von beiden Parteien übereinstimmend gewollt ist. Seiner Ansicht nach gehören die echten, insbesondere die Gruppe der familienrechtlichen Gestaltungsklagen zu den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und sind dem Zivilprozess fremd. Sie seien aber wegen ihrer Bedeutung dem Zivilprozess zugewiesen (S. 146). Vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Grundz § 253 Rdn. 10; A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 287, 289 f.; Lent ZZP 66 (1953), 267, 270 ff.
576 76 Diese Differenzierung von unechten und echten Gestaltungsklagen wird z.B. vorgenommen von MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 29; Arens Streitgegenstand und Rechtskraft im aktienrechtlichen Anfechtungsverfahren (1960), S. 31 ff.; Binder Prozeß und Recht (1927), S. 200; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900), § 58 II 1 (S. 466); Kisch S. 63; Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 40; Staab S. 118; Becker ZZP 97 (1984), 314 (322 ff.); ders. AcP 188 (1988), 24 (30 ff.); Bötticher FG Rosenberg (1949), S. 83; Lüke JuS 1969, 301, 305; dagegen Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 42; K. Schmidt S. 24 f. 677 77 Kisch S. 162 ff., spricht von konstitutiven Urteilen mit prozessrechtlichem Gegenstande. Vgl. Pfeifer S. 24, zum Überblick über die prozessualen Gestaltungsklagen S. 33 ff. 78 78 7 BVerfG NJW 2000, 1936, 1938; BGHZ 118, 229, 236 = NJW 1992, 2160, 2162; BGHZ 22, 54, 56 = NJW 1957, 23; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 52; aA A. Blomeyer Vollstreckungsverfahren (1975) § 33 I 2: Leistungsklage auf Unterlassung bzw Beseitigung; dazu Kainz Funktion und Dogmatik der Einordnung der Vollstreckungsabwehrklage (1984), S. 26 ff. 79 79 8 BGH MDR 1972, 684; Picker Die Drittwiderspruchsklage in ihrer geschichtlichen Entwicklung als Beispiel für das Zusammenwirken von materiellem Recht und Prozeßrecht (1981), S. 26; aA A. Blomeyer AcP 165 (1965), 481, 486: abgewandelte Leistungsklage. 80 80 9 BGH JZ 1986, 686; Stein/Jonas/Münzberg § 805 Rdn. 15; Zöller/Stöber § 805 Rdn. 7; Geißler NJW 1985, 1865, 1872. 81 81 10 BGH NJW 2001, 2477, 2478; aA Lüke JuS 1969, 301, 303, der die Klage als Feststellungsklage qualifiziert.
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klage gem. § 32382 zu nennen.83 Zu den prozessualen Gestaltungsklagen zählen aber auch die Nichtigkeits- und die Restitutionsklage (§§ 578 ff.)84 sowie die Anfechtungsklage gem. § 957 und die Aufhebungsklage gem. § 1059. Neben den prozessualen Gestaltungsklagen gibt es noch weitere Gruppen von Gestaltungsklagen85: die schuldrechtlichen (Herabsetzung der Vertragsstrafe gem. § 343 BGB), sachenrechtlichen (Kraftloserklärung eines abhanden gekommenen Hypotheken- oder Grundschuldbriefes gem. §§ 1162, 1192 BGB, § 1017 ZPO) und erbrechtlichen Gestaltungsklagen (Geltendmachung der Erbunwürdigkeit eines Erben durch Anfechtungsklage gem. § 2342 BGB).86 Von besonderer Bedeutung sind die familienrechtlichen und die gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsklagen. Familienrechtliche Gestaltungsklagen sind z.B. die Ehescheidungsklage gem. § 1564 BGB, die Eheaufhebungsklage gem. § 1313 BGB, die Vaterschaftsanfechtungsklage gem. §§ 1599 ff. BGB und die Klage auf Aufhebung der Gütergemeinschaft gem. §§ 1447 ff., 1469 f., 1495 f. BGB, die Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns gem. § 1388 BGB.87 Zu den gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsklagen88 zählen die Klagen auf Auflösung einer OHG oder KG gem. §§ 133, 161 Abs. 2 HGB89 oder einer GmbH gem. § 61 GmbHG,90 auf Ausschluss eines Gesellschafters gem. § 140 HGB,91 auf Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis gem. §§ 117, 127 HGB92, auf Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses einer AG gem. §§ 243, 246 AktG93 oder eines Generalversammlungsbeschlusses einer Genossenschaft (§ 51 GenG)94 bzw eines Gesellschafterbeschlusses in der GmbH95 und auf Nichtigerklärung einer Aktiengesellschaft gem. § 275 AktG96 bzw einer Genossenschaft gem. § 94 GenG. Bei der Nichtigkeitsklage gem. § 249 AktG handelt es sich dagegen um eine Feststellungsklage.97
182 82 BGH NJW 2001, 2259, 2260 (soweit sie die Leistungspflicht neu festsetzt, ist sie auch Leistungsklage). 283 83 Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 105 f., bezeichnet die Vollstreckungsgegenklage als das negative Spiegelbild der Leistungsklage und die Abänderungsklage als gesetzlich geregelten Fall der Vollstreckungsgegenklage mit der Folge, dass er die Leistungsklage als prozessuale Gestaltungsklage einordnet. Auch die Haftungsklage, die seiner Ansicht nach kein Unterfall der Leistungsklage ist, rechnet er zu den prozessualen Gestaltungsklagen und bezeichnet sie als das positive Gegenstück zur Drittwiderspruchsklage. Die Vollstreckungsgegenklage ist jedoch als Gegenstück zur Vollstreckungsklage zu betrachten, so zu Recht Pfeifer S. 79 f. 384 84 Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 110 ff., spricht von „Rechtsmitteln in Klageform“. 85 85 4 Vgl. Henke JA 1987, 589, 592. 86 86 5 So auch KG FamRZ 1989, 675 mwN; aA RGRK/ Kregel BGB12 (1975) § 2342 Rdn. 2. Die Erbunwürdigkeitsklage bezeichnet Becker ZZP 97 (1984), 314, 326 f. als Sonderform der Gestaltungsklagen. 687 87 Baur FamRZ 1962, 508, 509.
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788 88 Siehe dazu K. Schmidt S. 50 ff.; A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 287, 290 ff. 889 89 RGZ 123, 151, 153; RGZ 71, 254, 256; Baumbach/Hopt HGB33 (2008) § 133 Rdn. 15; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Lorz HGB2 (2008) § 133 Rdn. 40. 990 90 Zu den Besonderheiten dieser Klage vgl. Becker AcP 97 (1984), 314, 327 ff. 91 91 10 RG JW 1913, 548; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Lorz HGB2 (2008) § 140 Rdn. 24; vgl. dazu auch Kiethe NZG 2004, 114 ff. 92 92 11 Baumbach/Hopt HGB33 (2008) § 117 Rdn. 7. 93 93 12 Dazu BGH NJW-RR 1992, 1388, 1389 (Durchsetzung eines privaten Gestaltungsrechts). 94 94 13 BGH NJW 1997, 318, 319. 95 95 14 Seit RGZ 85, 311, 312 ff. zugelassen; BGHZ 104, 66, 68 f. = NJW 1988, 1844 f. 96 96 15 A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965) S. 287, 291, 303 f.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 50; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 91 Rdn. 8; aA Kisch S. 39 ff. (Feststellungsklage). 97 97 16 A. Hueck FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965) S. 287, 291; aA K. Schmidt GesR4 (2002) § 15 II 2 mwN; ders. GesR4 (2002) § 28 IV 5 c (Gestaltungsklage, §§ 246 und 249 AktG sind ihrer Klageart nach nicht zu unterscheiden).
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Außerdem sind die Klagen zu nennen, die auf die richterliche Bestimmung oder Herabsetzung des Leistungsinhalts gerichtet sind, wie z.B. die Fälle der §§ 315 Abs. 3 S. 298, 319 Abs. 1 S. 2, 343, 655, 660 Abs. 1 S. 2, 2048 S. 3, 2156 S. 2, 2192 BGB, §§ 75c Abs. 1 S. 2, 750 Abs. 2 HGB, § 4 Abs. 4 RVG, § 84 (§ 64 a.F.), § 189 (§ 184 a.F.) VVG. Ferner sind die Klagen gem. § 574a Abs. 2 BGB99 und gem. § 371 Abs. 3 HGB100 Gestaltungsklagen. Bei den Klagen auf richterliche Bestimmung wird die Gestaltungsklage in der Regel mit einer Leistungsklage verbunden. Das Urteil auf die geschuldete Leistung könnte jedoch erst nach Rechtskraft des Gestaltungsurteils ergehen, denn erst dann tritt die Gestaltungswirkung ein. Es besteht für den Gläubiger aber auch die Möglichkeit, unmittelbar auf Zahlung des nach seiner Meinung vom Schuldner zu leistenden Betrags zu klagen,101 wenn nach Auslegung der Leistungsklageantrag die Geltendmachung des Gestaltungsklagerechts beinhaltet. Die richterliche Leistungsbestimmung liegt dann in der Verurteilung zu der bestimmten oder herabgesetzten Leistung,102 so dass von einem „verdeckten Gestaltungsurteil“103 gesprochen werden kann. Dieses Leistungsurteil kann für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, obwohl die Rechtsgestaltung erst mit der Rechtskraft vorliegt.104 Nicht zu den Gestaltungsklagen zählen die Klagen, bei denen das Gericht wie beim Schmerzensgeld ein Ermessen bzgl. der Höhe des Anspruchs hat. Hier entsteht der Anspruch nicht erst durch Urteilsspruch − nur dann wäre es eine Gestaltungsklage105-, sondern es wird allein die Ungewissheit über die Höhe des Anspruchs beseitigt. Es handelt sich deshalb um eine Leistungsklage.
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c) Wirkungen der Gestaltungsklage. Die Gestaltungswirkung, dh die materielle Änderung der Rechtslage, tritt automatisch mit der formellen Rechtskraft des Gestaltungsurteils ein. Eine einredeweise Berufung auf das Gestaltungsklagerecht ist vor diesem Zeitpunkt nicht möglich, da das Wesen des Gestaltungsurteils gerade darin liegt, dass die Rechtsgestaltung nicht ohne den gerichtlichen Ausspruch eintreten kann.106 Die Rechtsgestaltung wirkt für und gegen alle. Inwieweit und auf welche Art und Weise Drittbetroffenen rechtliches Gehör zu gewähren ist, ist umstritten.107
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198 98 BGHZ 41, 271, 280 = NJW 1964, 1617, 1620 (Gestaltungsklage auf Leistungsbestimmung durch das Gericht). 99 99 2 LG Braunschweig WuM 1998, 220; LG Lübeck WuM 1996, 705; Staudinger/Rolfs BGB (2006) § 574a Rdn. 11; Blank/Börstinghaus/Blank Miete2 (2004) § 574a BGB Rdn. 24; Palandt/ Weidenkaff BGB67 (2008) § 574a Rdn. 6, 8. 100 3 100 OLG Hamburg MDR 1958, 343; Baumbach/ Hopt HGB33 (2008) § 371 Rdn. 4; aA Blomeyer ZPR § 36 III 3. 101 4 101 BGH NJW 2000, 2986, 2987; BGH NJW 1996, 1054, 1056; BGH NJW 1983, 1777, 1778; OLG Düsseldorf BKR 2004, 79, 85; KG NVwZ 2004, 683, 684, alle zu § 315 Abs. 3 BGB. 102 5 102 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 91 Rdn. 11, der § 254 analog anwenden will, was allerdings abzulehnen ist (vgl. § 254 Rdn. 26 ff., wo in einem vergleichbaren Fall die analoge Anwendung verneint wird). 103 103 6 Larenz Schulrecht I14 (1987) § 6 II a (S. 81 Fn. 10); Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 60; Staudinger/ Rieble BGB (2004) § 315 Rdn. 297. 104 7 104 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 91 Rdn. 11.
105105
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Vgl. nur Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 91 Rdn. 3; Henke JA 1987, 589, 596; aA OLG Hamm MDR 1948, 281, 282 mit abl. Anm. Eick. 106106 9 Vgl. dazu Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 117, 120; aA RGZ 112, 280, 283 (exceptio doli – dolo facit, qui petit, quod redditurus est). 107107 10 BVerfGE 60, 7, 13 = NJW 1982, 1635 (Auflösungsklage eines Gesellschafters gegen die GmbH gem. § 61 GmbHG); BGH NJW 1998, 146 (Ausschluss aus einer OHG gem. § 140 HGB); BGH NJW 1958, 418, 419 (Auflösung einer OHG gem. § 133 HGB); in Ehe- und Kindschaftssachen vgl. BVerfGE 89, 381, 390 f. = NJW 1994, 1053, 1055; BVerfGE 75, 201, 215 = NJW 1988, 125; BGH NJW 2003, 585 (§ 640e Abs. 1). Vgl. zur Drittwirkung der Gestaltungsklage auch Schack NJW 1988, 865, 866 für die Erbunwürdigkeitsklage gem. § 2342 BGB; weitergehend Calavros Urteilswirkungen zu Lasten Dritter (1978), S. 154 ff.; aA für § 2342 BGB Brox FamRZ 1963, 392, 397 f. (eingeschränkte – relative – Gestaltungswirkung).
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Das Gestaltungsurteil erwächst auch in materielle Rechtskraft, allerdings nur zwischen den Parteien.108 Zwar bedürfte es ihrer für die Bindung der Gerichte und der Parteien an die Gestaltungswirkungen nicht. Die materielle Rechtskraft von Gestaltungsurteilen ist zum Schutz des Prozesssiegers aber deshalb von Nöten, damit der Unterlegene diesen nicht mit Schadensersatz- und Bereicherungsansprüchen überzieht.109
IV. Klagen im Allgemeininteresse 1. Verbandsklage
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In gesetzlich vorgesehenen Fällen110 steht Verbänden ein Klagerecht zu: § 8 UWG, §§ 1 ff. UKlaG, § 33 S. 2 GWB, § 7 GebrMG und § 55 Abs. 2 MarkenG. Insbesondere durch das UKlaG111 sollen Allgemeine Geschäftsbedingungen überprüft (§ 1 UKlaG iVm §§ 306 ff. BGB) und Verstöße gegen die Verbraucherschutzgesetze verhindert werden. Der Verbandsklage112 kann jede Klageart zugrunde liegen, das Gesetz hat sie aber zumeist als eine Leistungsklage (Unterlassungs- bzw Widerrufsklage) vorgesehen, wobei der Verband einen eigenen materiellen Anspruch durchsetzt.113 Der BGH hält trotz der Neuformulierung des Gesetzes in § 8 Abs. 3 UWG („...die Ansprüche stehen zu...“) bzw § 3 Abs. 1 S. 1 UKlaG114 und trotz der Gesetzesbegründung zu § 13 Abs. 2 AGBG in der Fassung vom 29. Juni 2000115 an seiner früheren Rechtsprechung116 fest und spricht der Verbandsklagebefugnis eine Doppelnatur117 zu, so dass diese sowohl die Prozessführungsbefugnis als auch die sachlichrechtliche Anspruchsberechtigung betrifft. 108 108
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Dies ist früher geleugnet worden, vgl. Lent ZZP 61 (1939), 279, 302 ff., ist aber seit dem Aufsatz von Dölle ZZP 62 (1941), 281, 284 allgemein anerkannt; vgl. BAG NJW 1994, 473, 474. 2109109 Vgl. dazu Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 406 ff.; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 91 Rdn. 15; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 61. 110 110 3 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 47 Rdn. 2; aA M. Wolf Die Klagebefugnis der Verbände (1971), S. 34, der eine allgemeine Klagebefugnis der Verbände annimmt, wenn ein „Gruppeninteresse“ verletzt wurde. 111 4 111 Vgl. dazu Baetge ZZP 112 (1999), 329 ff.; Schaumburg DB 2002, 723 ff. 112 5 112 Zum Zweck der Verbandsklage vgl. Marotzke Von der schutzgesetzlichen Unterlassungsklage zur Verbandsklage (1992), S. 13. 113 113 6 BGH NJW-RR 1990, 886, 887 mwN auch zu den Gegenansichten. 114 7 114 Der Wortlaut („...die Ansprüche stehen zu...“) bestand bereits in § 13 Abs. 2 AGBG in der Fassung vom 29.6.2000. 115 115 8 BT-Drucks. 14/2658 S. 52: „...Die Änderung des § 13 [AGBG] soll dazu genutzt werden, auch die Streitfrage zu klären, ob § 13 Abs. 2 eine Regelung über die Aktivlegitimation oder eine Regelung über die Prozessführungsbefugnis enthält. Die Frage soll im zuerst genannten Sinne entschieden [...] werden...“; offen dagegen in der Be-
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gründung zum UWG zu § 8 Abs. 3, BT-Drucks. 15/1487 S. 22 f. 9 BGH GRUR 2004, 435; BGHZ 133, 316, 319 = NJW 1997, 1702, 1703 (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) 117 117 10 Zum neuen Recht BGH GRUR 2005, 689, 690 (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) mwN; ebenso Emmerich Unlauterer Wettbewerb7 (2004), S. 473; Gloy/Loschelder Handbuch des Wettbewerbsrechts3 (2005) § 21 Rdn. 18; Fezer/Büscher UWG (2005) § 8 Rdn. 195; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bergmann UWG (2004) § 8 Rdn. 261; zu § 3 UKlaG: Erman/Roloff BGB11 (2004) § 3 UKlaG Rdn. 1; Palandt/Bassenge BGB67 (2008) § 3 UKlaG Rdn. 2; aA MünchKommBGB4/Micklitz § 3 UKlaG Rdn. 26; Brönneke/Stadler Kollektiver Rechtsschutz im Zivilprozessrecht (2001), S. 9 f.; Micklitz/Stadler Unrechtsgewinnabschöpfung (2003), S. 102 f.; Hefermehl/Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 8 Rdn. 3.10, 3.11, 3.12; Greger NJW 2000, 2457, 2458 und 2462; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 47 Rdn. 12 (es besteht ein verbandseigener Unterlassungsanspruch); andere vertreten eine rein prozessuale Lösung über die Prozessführungsbefugnis, vgl. Marotzke Von der schutzgesetzlichen Unterlassungsklage zur Verbandsklage (1992), 82 f.; Habscheid GRUR 1952, 221, 222; Heß AG 2003, 113, 120; Eike Schmidt NJW 1989, 1192, 1194, spricht von einer „Aufgreifzuständigkeit“. 116 116
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2. Gruppenklage Eine Gruppenklage, durch die bei Massenschäden mehrere Betroffene eine Klage einreichen und als Gruppe Prozesspartei sind, ist derzeit nicht möglich.118 Insoweit ist bei der Bündelung von Verfahren auf die bestehenden prozessualen Rechtsinstitute in §§ 59 ff., 147 zurückzugreifen.119
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3. Musterverfahren Auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechts ist nun erstmals ein Musterverfahren gesetzlich verankert worden. Mit dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz120, das am 1.11.2005 in Kraft trat und zunächst auf 5 Jahre befristet ist, wird ein Musterverfahren für geschädigte Kapitalanleger wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen eingeführt, wenn sich Tatsachen- und Rechtsfragen in mindestens zehn individuellen Schadensersatzprozessen gleichlautend stellen. Individualvertraglich kann dagegen regelmäßig ein Musterverfahren verabredet werden.121
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V. Besondere Klageformen Von den Klagearten zu unterscheiden sind besondere Klageformen. Während sich die Klagearten nach dem Rechtsschutzziel und damit dem materiellrechtlichen Interesse bestimmen, beschreiben die Klageformen ein rein im Prozessrecht wurzelndes Interesse. Insoweit kann eine Klageart prozessual in einer bestimmten Klageform durchgesetzt werden. Klageformen sind die Widerklage (vgl. § 33 Rdn. 1 ff.), Stufenklage (vgl. § 254 Rdn. 1 ff.), Klagen auf künftige Leistung (vgl. Vor §§ 257–259 Rdn. 1 ff.), Nichtigkeitsklagen (vgl. § 578 Rdn. 1) sowie Klagen im Urkunden- und Wechselprozess (vgl. §§ 592 ff.).
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VI. Die Prozessvoraussetzungen Prozessvoraussetzungen sind diejenigen Erfordernisse, die vorliegen müssen, damit eine Klage zulässig ist. Sie können unterschieden werden in solche, die vorliegen müssen, und solche, die nicht vorliegen dürfen, wenn das Verfahren zulässig sein soll. Diejenigen, die von Amts wegen zu beachten sind, heißen Prozessvoraussetzungen, diejenigen, die nur auf Rüge des Beklagten zu berücksichtigen sind, nennt man Prozesshindernisse.
118 118
1 Haß S. 321; vgl. auch Heß AG 2003, 113 ff. 119 2 119 Heß AG 2003, 113, 121 f., der auch noch auf die Möglichkeit einer Anleger-GbR als Prozesspartei hinweist. 120 120 3 Gesetz vom 16.8.2005, BGBl I 2005 S. 2437; Regierungsentwurf KapMuG mit Stellungnahme des Bundesrats und Gegenäußerung der Bundesregierung v. 14.3.2005, BT-Drucks. 15/5091; dazu Assmann FG für Vollkommer (2006), 119 ff.; Hein, RIW 2004, 602; Duve/Pfitzner BB 2005,
673 ff.; Möllers/Weichert NJW 2005, 2737; Plaßmeier NZG 2005, 609; Reuschle WM 2004, 966, 972 ff.; Schneider BB 2005, 2249; Sessler WM 2004, 2344; Zypries ZRP 2004, 177 ff.; zu den Vorteilen eines Musterverfahrens bei Massenklagen Heß ZIP 2005, 1713; Koch BRAK-Mitt. 2005, 159; krit. Weigel BRAK-Mitt. 2005, 164. 4121121 Kempf ZZP 73 (1960), 342 ff.; Lindacher JA 1984, 404 ff.; vgl. zu den inhaltlichen Schranken Jacoby S. 211 ff.
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1. Begriff der Prozessvoraussetzung
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Der Begriff der Prozessvoraussetzungen122 wird als irreführend kritisiert, weil das Prozessrechtsverhältnis schon durch die Klageerhebung als solche entsteht123 und das Fehlen der Prozessvoraussetzungen darauf gerade keinen Einfluss hat. Da die Prozessvoraussetzungen Erfordernisse für ein Sachurteil sind, dh wenn sie nicht vorliegen, darf eine positive oder negative Sachentscheidung nicht ergehen, werden sie auch als Sachurteilsvoraussetzungen124 und Sachentscheidungsvoraussetzungen125 bezeichnet. Aber auch diese Begriffe sind ungenau. Steht fest, dass eine Prozessvoraussetzung fehlt, soll bereits nicht zur Sache verhandelt und auch keine Beweisaufnahme durchgeführt werden.126 Die Rechtsmittelvoraussetzungen (dazu Vor § 511 Rdn. 11 ff.) sind keine Prozessvoraussetzungen, sondern eigenständig zu behandelnde Prozessfortsetzungsvoraussetzungen127 (Form, Frist, Statthaftigkeit), die sich nicht auf den Prozess bis dahin beziehen, sondern auf dessen Fortsetzung in höherer Instanz. Deren Fehlen lässt das erstinstanzliche Sachurteil unberührt. Ebenfalls von den Prozessvoraussetzungen zu trennen sind die allgemeinen (vgl. Rdn. 140) und besonderen Prozesshandlungsvoraussetzungen (für einzelne Prozesshandlungen wie z.B. die Streitverkündung gem. § 72 oder die Nebenintervention gem. § 66), die nicht den Prozess als solchen, sondern die Zulässigkeit einzelner Prozesshandlungen betreffen. Die Sachlegitimation und die Schlüssigkeit sind keine Prozessvoraussetzungen, sondern gehören zur Begründetheit einer Klage. Die Prozessvoraussetzungen kann man in vier Gruppen einteilen, in solche, die das Gericht, die Parteien, den Streitgegenstand (allgemeine Prozessvoraussetzungen, vgl. Rdn. 36 ff.) und besondere Verfahren (besondere Prozessvoraussetzungen, vgl. Rdn. 107 ff.) betreffen. 2. Die allgemeinen Prozessvoraussetzungen
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a) Prozessvoraussetzungen, die das Gericht betreffen. aa) Die deutsche Gerichtsbarkeit. Gerichtsbarkeit bedeutet Gerichtshoheit, dh die aus der Souveränität fließende Befugnis des Staates − ausgeübt durch seine Gerichte – Recht zu sprechen128 (näher Einl.Rdn. 146 ff.). Der deutschen Gerichtsbarkeit sind kraft Gebietshoheit alle Personen, Inländer wie Ausländer, unterworfen, die sich innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland befinden. Ausnahmen gelten für Gerichtsbefreite gem. §§ 18–20 GVG (Mitglieder diplomatischer Missionen gem. § 18 GVG, Konsuln gem. § 19 GVG, Staatsgäste gem. § 20 Abs. 1 GVG sowie sonstige Personen gem. § 20 Abs. 2 GVG129, ausländische Staaten, soweit sie hoheitlich tätig130 sind). Problematisch 1122122 Dieser Begriff stammt von Bülow Die Lehre von den Proceßeinreden und die Proceßvoraussetzungen (1868); andere Bezeichnungen: Sachentscheidungsvoraussetzungen, Klageerfolgsvoraussetzungen, Urteilserlassvoraussetzungen, Prozessbedingungen, Zulässigkeitsvoraussetzungen. 123 123 2 Süß FG Heilborn, S. (1931), S. 125, 126; Lüke ZPR Rdn. 149; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 253. 124 3 124 Vgl. z.B. BGH NJW 1991, 2707, 2708; OLG Frankfurt NZG 1999, 990, 991; Grunsky ZPR Rdn. 130; Schlosser ZPR I Rdn. 280.
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125 125 4 Vgl. z.B. BAG AP Nr. 6 zu § 50 ZPO; Schilken ZPR Rdn. 255. 126 5 126 Stein/Jonas/Schumann20 Einl.Rdn. 312; Jauernig ZPR § 33 III; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 4; Schilken ZPR Rdn. 254; vgl. auch J. Blomeyer ZZP 81 (1968), 20, 30 f. 127 6 127 BAGE 97, 65, 67 = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Arbeitnehmerdarlehen. 128 7 128 BGH GRUR 1958, 189, 196; vgl. Geimer IZPR5 (2005) Rdn. 371. 129 8 129 „Nach allgemeinen Regeln des Völkerrechts, Art. 25 GG“: ausländische Staaten und deren Re-
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ist, ob ausländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Körperschaften) oder privatrechtlichen juristischen Personen in staatlicher Trägerschaft Immunität zu gewähren ist. Überwiegend wird dies unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit verneint (vgl. Einl. Rdn. 152).131 Teilweise132 wird nach der Art der Tätigkeit differenziert. Wird die juristische Person hoheitlich tätig, leitet sie die Immunität von ihrem Trägerstaat ab. Handelt sie jedoch nicht hoheitlich, genießt sie nach dem allgemeinen restriktiven Ansatz keine Immunität. Die Gerichtsbarkeit ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende133 allgemeine Prozessvoraussetzung;134 fehlt sie gegenüber einem Beklagten, so ist die Klage unzulässig. Als Kläger kann ein Gerichtsbefreiter vor deutschen Gerichten auftreten,135 denn in der Klage kann ein Verzicht auf die Immunität gesehen werden.136 Selbst wenn das Gericht bereits bei Eingang der Klage Kenntnis davon hat, dass der Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit offenkundig nicht untersteht, sollte es in der Regel die Zustellung der Klage und die Terminsanberaumung veranlassen (siehe § 271 Rdn. 31).137 Zwar ist die Zustellung der Klageschrift mit der Ladung zum frühen ersten Termin (§§ 271 Abs. 1, 274 Abs. 2, 275) bzw die Zustellung der Klageschrift mit der Aufforderung zur Verteidigungsanzeige ohne Terminsbestimmung (§§ 271 Abs. 1, 276 Abs. 1 S. 1) bereits Ausübung der Gerichtsbarkeit.138 Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich die gerichtsbefreite Partei freiwillig der deutschen Gerichtsbarkeit unterwirft. Sie kann, obwohl die Gerichtsbarkeit eine Prozessvoraussetzung ist, auf die Gerichtsbefreiung verzichten,139 da durch sie nicht ein öffentliches Interesse, sondern ein disponibles, individuelles Interesse geschützt wird. Ob der Gerichtsbefreite auf seine Immunität verzichtet, steht in seinem Ermessen, dessen Wahrscheinlichkeit sich nicht abschätzen lässt.140 Dem Einwand, der Immunitätsträger würde gezwungen, seine Immunität vor dem Gericht des Staates, dessen Gerichtsbarkeit er nicht unterliegt, ausdrücklich geltend zu machen,141 kann entgegengehalten werden, dass sich präsentanten, wobei für die Vertragsstaaten das speziellere Europäische Übereinkommen vom 16. Mai 1972 über die Staatenimmunität (BGBl II 1990 S. 34) gilt; „auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen und sonstiger Rechtsvorschriften“: UNO, EU, NATO und die Vertreter der Mitgliedsstaaten bei den jeweiligen Organen. 130 130 1 Restriktiver Ansatz seit BVerfGE 15, 25 = NJW 1963, 435 – „Jugoslawische Militärmission“; BVerfGE 16, 27 = NJW 1963, 1732 – „Iranische Botschaft“; zur Unterscheidung: Ipsen/Epping VölkerR5 (2004) § 26 Rdn. 17 ff., 24. 131 131 2 BGHZ 18, 1, 9 = NJW 1955, 1435, 1436; RGZ 157, 389, 395; RGZ 110, 315, 317; Schütze BB 1979, 348, 350; Zöller/Gummer § 20 GVG Rdn. 3. 132 3 132 OLG Frankfurt WM 1982, 754, 755; vgl. v. Schönfeld NJW 1986, 2980, 2987 mit Hinweis auf den offenen Wortlaut des BVerfGE 64, 1, 23 = NJW 1983, 2766, 2767; Ipsen/Epping VölkerR5 (2004) § 26 Rdn. 33. 133 4 133 BGH NJW-RR 2003, 1218, 1219; BGHZ 18, 1, 5 = NJW 1955, 1435; noch weiter Geimer LMK 2003, 174, 175; ders. IZPR5 (2005) Rdn. 843e: hier Untersuchungsgrundsatz. 134 5 134 BGHZ 8, 378, 379 = NJW 1953, 545; RGZ 157, 389, 394; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann
Grundz § 253 Rdn. 24: keine Prozessvoraussetzung. 6135135 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 19 Rdn. 17. 136136 7 BAGE 46, 107 = AP ZA-Nato-Truppenstatut Art. 72 Nr. 1 (Gründe zu II 1); vgl. auch Zöller/ Stöber § 216 Rdn. 7. 137137 8 Geimer IZPR5 (2005) Rdn. 479 f., 486; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 19 Rdn. 14, 20; Mann NJW 1990, 618; aA OLG Frankfurt FamRZ 1982, 316; OLG München NJW 1975, 2144, 2145 mwN; OLG Hamburg MDR 1953, 109; LG Kiel NJW 1953, 1718 f.; Jauernig ZPR § 38 II 4d; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 216 Rdn. 4; Dahlhoff BB 1997, 321; noch anders Reiner S. 51 (Feststellung durch Beschluss, dass Verfahren nicht anhängig ist). 138138 9 OLG München NJW 1975, 2144, 2145; OLG Hamburg MDR 1953, 109 (zum alten Recht: noch auf die Terminsbestimmung abstellend); vgl. auch Mann NJW 1990, 618. 139139 10 OLG Braunschweig JR 1954, 263, 264; LG Hamburg NJW 1986, 3034, 3035; Geimer IZPR5 (2005) Rdn. 486 (mit Hinweis auf den Justizgewährungsanspruch des Klägers); v. Schönfeld NJW 1986, 2980, 2983. 140140 11 Mann NJW 1990, 618; aA OLG München NJW 1975, 2144, 2145 („große“ Wahrscheinlichkeit). 141141 12 So LG Kiel NJW 1953, 1718, 1719.
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bereits mit der Weigerung des Immunitätsträgers, am Verfahren teilzunehmen, die fehlende Gerichtsbarkeit ergibt.142 Steht nicht eindeutig fest, dass der Beklagte Immunität genießt, muss in jedem Fall über die Immunität verhandelt werden.143 Wenn sich in der mündlichen Verhandlung die Immunität herausstellt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.144 Bejaht das Gericht dagegen ausdrücklich, aber irrig die Gerichtsbarkeit, ist das Urteil wirksam und anfechtbar.145 Hat das Gericht die Immunität übersehen und ergeht ein Sachurteil, so ist dieses gegenüber dem Gerichtsbefreiten wirkungslos,146 unabhängig davon, ob es sich um ein ihn belastendes oder begünstigendes, abweisendes Sachurteil147 handelt.
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bb) Die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 13 GVG). Der zulässige Rechtsweg (näher § 13 GVG Rdn. 2 ff.) ist eine Prozessvoraussetzung, die allein in der ersten Instanz geprüft wird (vgl. § 17a Abs. 5 GVG). Gem. § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (dazu und zu den unterschiedlichen Bestimmungsmethoden der „bürgerlichen Rechtsstreitigkeit“ § 13 GVG Rdn. 5 ff.) unter Vorbehalt spezialgesetzlicher Zuweisungen an andere Rechtszweige. Ist das angerufene Gericht erster Instanz der Ansicht, dass der beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, weist es die Klage nicht ab, sondern verweist sie von Amts wegen und mit bindender Wirkung an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, § 17a Abs. 2 S. 1 GVG.
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cc) Die internationale Zuständigkeit. Die internationale Zuständigkeit (näher Einl.Rdn. 153 ff. und Vor § 12 Rdn. 34 ff.) bestimmt, ob Rechtsstreitigkeiten mit Auslandsberührung von deutschen oder von ausländischen Gerichten entschieden werden sollen.148 Sie ist von der deutschen Gerichtsbarkeit, die keinen Einfluss auf die internationale Zuständigkeit hat, zu unterscheiden.149 Die internationale Zuständigkeit setzt vielmehr die Gerichtsbarkeit voraus.150 Ob die internationale Zuständigkeit für das jeweilige Gericht vorliegt, richtet sich vorrangig nach den einschlägigen internationalen Abkommen und den bilateralen Verträgen.151 Hier sind insbesondere zu nennen die Verordnung für die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO)152 und das 142 142
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Hess Staatenimmunität bei Distanzdelikten (1992), S. 390; Geimer IZPR5 (2005) Rdn. 487: Der Immunitätsanspruch des fremden Staates wird nicht tangiert. 2143143 OLG Braunschweig JR 1954, 263, 264 mit zust. Anm. Wieczorek; LG Hamburg NJW 1986, 3034, 3035; Dahlhoff BB 1997, 321. 144 144 3 LG Hamburg NJW 1986, 3034; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 19 Rdn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers Einf §§ 18–20 GVG Rdn. 2; Jauernig ZPR § 38 II 4 d. 145 4 145 Stein/Jonas/Grunsky21 vor § 578 Rdn. 10; MünchKomm/Braun § 578 Rdn. 10; Geimer IZPR5 (2005) Rdn. 529; Hausmann FS Geimer (2002), S. 289, 290 Fn. 8; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 162; Leipold ZZP 81 (1968), 69, 76; aA gegen eine Differenzierung Schlosser ZZP 79 (1966), 164, 179. 146 5 146 Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 159; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 62 Rdn. 22; aA Schlosser ZZP 79 (1966), 164, 181, 191 f.: Urteil ist wirksam, iÜ nur Wiederaufnahmegrund,
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§ 579; so auch Hess Staatenimmunität bei Distanzdelikten (1992), S. 389 Fn. 469, 470. 147 147 6 Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 160; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 19 Rdn. 15; aA Stein/Jonas/Grunsky21 vor § 578 Rdn. 10. 148 7 148 BGHZ 44, 46, 47 = NJW 1965, 1665; Geimer S. 70. 149 8 149 BGH GRUR 1958, 189, 196; RGZ 157, 389, 391 ff.; Geimer S. 69 mwN; Hess Staatenimmunität bei Distanzdelikten (1992), S. 150 mwN; Pagenstecher ZAuslIntPrR 1937, 342, 358 ff.; aA Neuner Internationale Zuständigkeit (1929), S. 45. 150 9 150 Geimer S. 69. 151 151 10 BGHZ 134, 127, 133 = NJW 1997, 397, 398; Grunsky ZPR Rdn. 68; Schilken ZPR Rdn. 288. 152 11152 Verordnung Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000, Amtsblatt Nr. L 12 vom 16.1.2001, S. 1, ber. Amtsblatt Nr. L 307 vom 24.11.2001, S. 28, mit Ausnahme von Dänemark (§ 1 III EuGVVO), für das weiter das EuGVÜ gilt.
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Lugano-Parallelübereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ) vom 16.9.1988,153 das im Verhältnis der EFTA-Staaten untereinander und zwischen EGund EFTA-Staaten gilt (Art. 54b Abs. 1 und 2 LugÜ).154 Unter den Voraussetzungen des Art. 62 Abs. 1b iVm Art. 63 LugÜ können auch Drittstaaten dem Lugano-Parallelübereinkommen beitreten; es kann somit im Übergangsstadium bis zur Aufnahme in die EU gelten.155 Das autonome deutsche Recht, insbesondere die ZPO, ist nur subsidiär anwendbar. Eine ausdrückliche Regelung der internationalen Zuständigkeit ist in der ZPO nur in §§ 606, 606a, 640a vorgesehen. Durch die positive Regelung der örtlichen Zuständigkeit deutscher Gerichte wird jedoch − doppelfunktional („mittelbar“) − die internationale Zuständigkeit bestimmt.156 Dies gibt den Prozessparteien die Möglichkeit, die internationale Zuständigkeit gem. § 38 Abs. 2 auch durch Vereinbarung zu begründen.157 Trotzdem ist die internationale Zuständigkeit eine von der örtlichen Zuständigkeit unabhängige eigenständige Prozessvoraussetzung. Dies ergibt sich zum einen aus der Unterscheidung der internationalen Zuständigkeit in § 606a und der sachlichen sowie örtlichen Zuständigkeit in § 606, zum anderen aber auch daraus, dass §§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2, 571 Abs. 2 S. 2, 576 Abs. 2 zwar für die örtliche und sachliche, nicht aber für die internationale Zuständigkeit gelten.158 Sie ist in jedem Verfahrensabschnitt, auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen.159 Der BGH160 und die überwiegende Meinung161 nehmen dies auch nach der ZPO-Reform trotz des weiter gefassten Wortlauts der entsprechenden Vorschriften an. Ein Sachurteil kann somit auch mit der Begründung, die internationale Zuständigkeit sei nicht gegeben, durch Rechtsmittel wirksam angefochten werden, §§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2. dd) Die örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit. Die entscheidenden Regelungen für die sachliche Zuständigkeit sind gem. § 1 in den §§ 23 ff., 71 GVG (näher § 1 Rdn. 12 ff., 29 ff.), für die örtliche Zuständigkeit in den §§ 12 ff. (näher vor § 12 Rdn. 1 ff.) enthalten. Gem. § 39 wird die sachliche und örtliche Zuständigkeit sowie die internationale162 Zuständigkeit dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Zum Schutz des rechtsunkundigen Beklagten im Amtsgerichtsprozess tritt gem. § 504 die Rechtsfolge des § 39 ohne eine diesbezügliche vorherige Belehrung durch das Gericht
1153153 BGBl II 1994 S. 2660 (es übernimmt im Wesentlichen die Regelungen der EuGVÜ). 154 2 154 Zur angestrebten Wiederherstellung des Gleichlaufs zwischen der EuGVVO und den Regeln des Lugano-Übereinkommens R. Wagner NJW 2003, 2344, 2348; ders. NJW 2004, 1835, 1837. 155 155 3 Z.B. der Beitritt Polens zum LugÜ am 1.2.2000 (BGBl II 2000 S. 1246). Ab dem EU-Beitritt am 1.5.2004 gilt (auch) die EuGVVO. 156 4 156 BGH NJW 1999, 1395, 1396 mwN; BGHZ 94, 156, 157 = NJW 1985, 2090; BGHZ 69, 37, 44 = NJW 1977, 1637, 1638; Ost Doppelrelevante Tatsachen im internationalen Zivilverfahrensrecht (2001), S. 41. 157 5 157 BGHZ 59, 23, 26 = NJW 1972, 1622, 1623 mit Anm. Geimer; Schilken FS Musielak (2004), S. 435, 439. 158 6 158 St. Rspr. seit BGHZ 44, 46, 47 = NJW 1965, 1665; BGH NJW 2003, 426 mwN; BGH NJW 1999, 1395, 1396.
159159 7 BGH NJW 1993, 3135. 160160 8 BGH NJW 2004, 3039, 3040; BGHZ 157, 224, 227 = NJW 2004, 1456 f.; BGH NJW 2003, 2916; BGHZ 153, 82, 86 = NJW 2003, 426; aA OLGR Stuttgart 2003, 124 = MDR 2003, 351, 352. 161161 9 Leible NJW 2003, 407, 408 mwN; Geimer IZPR5 (2005) Rdn. 1855; Zöller/Gummer/Heßler § 513 Rdn. 8; aA Schellhammer MDR 2001, 1141, 1146. 162162 10 Soweit nicht Art. 24 EuGVVO oder ein anderes internationales Abkommen oder ein bilateraler Vertrag vorrangig eingreift. BGHZ 120, 334, 337 = NJW 1993, 1073, 1074 (mit der Einschränkung, dass § 39 nur anzuwenden ist, wenn das ausländische Gericht nach seinem nationalen Recht ohne die rügelose Einlassung unzuständig gewesen wäre); BGHZ 101, 296, 301 = NJW 1987, 3181, 3182; BGH NJW 1979, 1784; BGH AP Nr. 10 zu § 28 ZPO Gründe zu I 1 = NJW 1979, 1104.
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nicht ein (§ 39 S. 2). Die Zuständigkeit kann sich außerdem durch eine Gerichtsstandsvereinbarung gem. § 38 ergeben. Örtliche und sachliche Zuständigkeit sind als Prozessvoraussetzungen vom Gericht von Amts wegen zu prüfen. Das Landgericht muss allerdings mit Rücksicht auf § 39 − wegen § 504 nicht aber das Amtsgericht − abwarten, ob der Beklagte die Unzuständigkeit in der mündlichen Verhandlung rügt. Die funktionelle Zuständigkeit umfasst zwei voneinander zu trennende Zuständigkeiten, die innergerichtliche Organzuständigkeit und die Instanzenordnung (zur funktionellen Zuständigkeit siehe § 1 Rdn. 17 ff.).163 Die innergerichtliche Zuständigkeit betrifft die Frage, welches Rechtspflegeorgan desselben Gerichts in der Sache zuständig ist, die Instanzenordnung164 betrifft die Anrufung der richtigen Instanz. Diesen Doppeltatbestand als einheitliche Prozessvoraussetzung der funktionellen Zuständigkeit zu verstehen, ist problematisch, da das Fehlen der jeweiligen Unterart verschiedene Folgen auslöst: Wird das falsche Rechtspflegeorgan angerufen, ist die Sache formlos an das richtige Rechtspflegeorgan abzugeben (zur Weiterleitungspflicht vgl. § 281 Rdn. 7). Es erfolgt keine Abweisung als unzulässig. Bei Verletzung der instanziellen Zuständigkeit ist die Klage unzulässig, eine Verweisung entsprechend § 281 kommt nicht in Betracht (vgl. § 281 Rdn. 8).165 Dennoch ist eine Trennung der funktionellen Zuständigkeit von der instanziellen Zuständigkeit und deren Eigenständigkeit als Prozessvoraussetzung nicht angezeigt.166 Keine Prozessvoraussetzung ist das Anrufen des richtigen Spruchkörpers. Er wird durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmt, der wiederum allein die Zuständigkeit unter mehreren gleichgeordneten Rechtspflegeorganen innerhalb eines Gerichts regelt (zur Abgabe an das nach der Geschäftsverteilung zuständige gleichrangige Organ vgl. § 281 Rdn. 9). b) Prozessvoraussetzungen, die die Parteien betreffen. aa) Existenz der Partei (vgl. Vor § 50 Rdn. 24 ff.). Unabhängig davon, ob man die Existenz einer Partei als eigenständige Prozessvoraussetzung ansieht167 oder sie der Prozessvoraussetzung der Parteifähigkeit unterstellt,168 sind die unterschiedlichen Rechtsfolgen, die an die fehlende Existenz und die Parteifähigkeit geknüpft werden, zu beachten. Erkennt der Richter die fehlende Existenz der Partei noch vor Zustellung der Klage, wird er diese verweigern (Existenz der Partei als echte Prozessvoraussetzung, vgl. Rdn. 129 und § 271 Rdn. 24). Dagegen muss er, wenn er die Parteifähigkeit verneint, dennoch die Klage zustellen (vgl. § 271 Rdn. 32).
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1 Vgl. MünchKomm/Wöstmann § 1 Rdn. 9 ff. 2164164 Vgl. § 1 Rdn. 28, wo die Instanzenordnung als Sonderform der sachlichen Zuständigkeit im weiteren Sinn angesehen wird. 165 3 165 OLG Karlsruhe Justiz 1968, 46, 47; vgl. auch OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 645; aA OLG Hamburg NJW-RR 2004, 62, 63. 166 166 4 Vgl. Zöller/Vollkommer § 1 Rdn. 6; aA OLG Hamburg NJW-RR 2004, 62, 63; MünchKomm/ Wöstmann § 1 Rdn. 11. 167 5 167 Vgl. Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 245; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 19; Hellwig System Bd. 1, § 67 IV (S. 148); Jauernig ZPR § 33 IV 2 a);
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Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 10; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 257; aA Schemmann Parteifähigkeit im Zivilprozeß (2002), S. 12 (Unterscheidung sinnvoll, obgleich auf der Rechtsfolgenseite ohne Konsequenzen, so dass Gleichbehandlung von parteiunfähiger und nicht existenter Partei). 168 168 6 BGHZ 159, 94, 98 = NJW 2004, 2523, 2524; BGH NJW 1982, 238; BGHZ 74, 212 f. = NJW 1979, 1592; OLG Düsseldorf NZG 2004, 916, 918; OLG Köln ZIP 2004, 238; Zöller/Vollkommer vor § 50 Rdn. 11; Reiner S. 57; Kisch JW 1921, 41.
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Wenn Kläger oder Beklagter zum Zeitpunkt der Klageeinreichung nicht existieren, ist die Klage unwirksam.169 Kommt es dennoch zu einer Zustellung, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.170 Es kann dahinstehen, ob die Partei nie existierte oder bei Klageeinreichung nicht mehr vorhanden war, bei natürlichen, nicht anwaltlich vertretenen Personen infolge Todes171 oder bei juristischen Personen durch Erlöschen (vgl. auch § 253 Rdn. 48).172 Durch eine Klageänderung, die meistens sachdienlich173 sein wird, kann der Kläger, wenn der Beklagte nicht existent ist, einen gewillkürten Parteiwechsel174 gegen den Rechtsnachfolger vornehmen.175 Eine Parteiberichtigung ist ausgeschlossen, wenn der Kläger nichts vom Erlöschen des Beklagten wissen konnte, er also nicht den möglichen Rechtsnachfolger meinen konnte, und die Rechtsnachfolge auch für das Gericht nicht erkennbar war.176 Eine Rubrums- oder Parteiberichtigung käme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn eine irrtümliche, aber für alle Beteiligten177 erkennbare Falschbezeichnung der richtigen Partei vorliegt.178 Dies ist z.B. der Fall, wenn der Kläger vor Rechtshängigkeit eine formwechselnde Umwandlung vollzieht, der Rechtsträger dabei weiter identisch bleibt, aber noch unter seiner früheren Rechtsform klagt. Insoweit existiert die Partei, sie wurde nur falsch bezeichnet.179 Ein die Nichtexistenz verkennendes Urteil ist wirkungslos.180 (Existenz der Partei als Prozesswirksamkeitsvoraussetzung, vgl. Rdn. 130). Verliert die natürliche Person nach Rechtshängigkeit der Klage ihre Existenz, gilt § 239 Abs. 1. Entfällt bei juristischen Personen (oder Personengesellschaften) durch Vollbeendigung181 die Existenz, so wird die gegen182 sie gerichtete Klage unzulässig.183 169 1 169 BGH NJW 2002, 3110, 3111. 170 2 170 BGH NJW-RR 1995, 1237 (Nichtexistenz des Klägers); BGHZ 24, 91, 94 = NJW 1957, 989 (Vollbeendigung der beklagten Gesellschaft); OLGR Saarbrücken 2002, 259 (Einstweilige Verfügung gegen nicht existente Verfügungsbeklagte); OLG Koblenz NJOZ 2002, 631, 632 (Einstweilige Verfügung gegen nicht existente Verfügungsbeklagte); OLG Brandenburg NJW 2002, 1217 (Einstweilige Verfügung gegen nicht existente Verfügungsbeklagte); OLG Koblenz NJOZ 2001, 703 (Klage gegen eine nicht existente OHG); Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 41 Rdn. 22; Weimann/Terheggen NJW 2003, 1298, 1299; Wach RheinZ 3, 373, 403; aA Kisch JW 1921, 41 (Klage wird nicht anhängig); ebenso Reiner S. 60 (Beschluss, dass Urteilsverfahren nicht stattfinden kann). 171 171 3 Klage gegen den Verstorbenen kann nicht als Klage gegen den Erben umgedeutet werden, BGH WM 2000, 260 mwN = VIZ 2000, 168; aA Stein/Jonas/Schumann21 § 253 Rdn. 37; etwas anderes gilt für die anwaltliche Klage des nach Klageerhebung verstorbenen Klägers, vgl. OLG Dresden JW 1921, 41 (Nr. 4); auch dies ablehnend Kisch JW 1921, 41. 172 172 4 BGHZ 24, 91, 94 = NJW 1957, 989. 173 173 5 Vgl. dazu Huber ZZP 82 (1969), 224, 250. 174 6 174 Zu dem Streit: Klageänderungstheorie, Klagerücknahmetheorie, Prozessinstitut eigener Art siehe § 263 Rdn. 120 ff. 175 7 175 OLG Hamm NJW-RR 1986, 739 f., obwohl ein Parteiwechsel begrifflich nicht möglich ist; vgl. Weimann/Terheggen NJW 2003, 1298, 1299.
8176176 BGH NJW 2002, 3110, 3111 (Rechtsnachfolge des Beklagten durch Verschmelzung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) verneint die Erkennbarkeit; Weimann/Terheggen NJW 2003, 1298, 1299; anders BGH NJW-RR 2004, 501 (beklagte GmbH statt Firma) bejaht die Erkennbarkeit; zur schwierigen Abgrenzung im Einzelfall Baumgärtel JurBüro 1973, 170, 173 ff. 177177 9 BGH NJW 1987, 1946, 1947: aus Sicht des Gerichts und der Gegenpartei. 178178 10 Vgl. Wax Anm. zu BGH LM Nr. 44 zu § 50 ZPO = NJW 1994, 3232. 179179 11 OLG Köln ZIP 2004, 238 (Umwandlung der klagenden GmbH in KG). 180180 12 OLG Hamm NJW-RR 1986, 739 f. (obiter); Stein/Jonas/Bork § 50 Rdn. 59; MünchKomm/ Lindacher vor § 50 Rdn. 26; Hellwig System Bd. 1, § 67 IV 2 (S. 148); Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 174; Huber ZZP 82 (1969), 224, 252, der allerdings noch auf einen Schutz durch § 15 Abs. 1 HGB hinweist, wenn die Beendigung der Gesellschaft vor der letzten mündlichen Verhandlung nicht eingetragen und dem Kläger nicht bekannt war; Wach RheinZ 3, 373, 404; aA Schemmann S. 8 f. 181181 13 Vermögenslosigkeit und Löschung im Handelsregister bei juristischen Personen, vgl. dazu BGHZ 159, 94, 98 = NJW 2004, 2523, 2524; BGH NJW-RR 1991, 660; BAG NZA 2003, 1049, 1050; OLG Düsseldorf NZG 2004, 916, 918; Saenger GmbHR 1994, 300, 304; Vermögenslosigkeit bei Gesamthandsgesellschaften, vgl. RG JW 1926,
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Verkennt das Urteil die nach Rechtshängigkeit entfallene Existenz, ist es wirkungslos.184 In Fällen der Geschäftsübernahme im Wege der Universalsukzession während des Prozesses kann von einer „Gesamtrechtsnachfolge“ gesprochen werden – insoweit gilt § 239 Abs. 1 analog.185 Die wegen der Vollbeendigung der Personengesellschaft unzulässig gewordene Klage kann durch gewillkürten Parteiwechsel gegen die Gesellschafter umgestellt werden.186 Wie bei der Parteiunfähigkeit ist die nicht existierende Partei ausnahmsweise in solchen Fällen als existent zu betrachten, wenn um die Frage der Existenz gestritten wird (vgl. Vor § 50 Rdn. 24).187 Macht sie ihre Nichtexistenz geltend oder legt sie Rechtsmittel ein, ist sie Partei im Sinne der ZPO. bb) Parteifähigkeit. Parteifähigkeit (näher § 50 Rdn. 1 ff.) bedeutet die Fähigkeit, (Aktiv- oder Passiv-) Subjekt in einem Prozess sein zu können.188 Sie ist in § 50 geregelt. Danach ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Die Parteifähigkeit ist Prozessvoraussetzung und Prozesshandlungsvoraussetzung (Rdn. 140). Als Prozessvoraussetzung muss sie noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, auch noch in der Revisionsinstanz, vorliegen. Andernfalls wird die Klage als unzulässig abgewiesen.189 Der Mangel der Parteifähigkeit kann nach ihrer Herstellung noch in der Revisionsinstanz durch nachträgliche Genehmigung der bisherigen Prozessführung geheilt werden.190 Im Streit über die Parteifähigkeit einer Partei ist diese als parteifähig zu behandeln.191
1432, 1433 f. Es darf auch kein sonstiger, nicht vermögensrechtlicher Abwicklungsbedarf mehr bestehen, OLG Rostock NZG 2002, 94 (z.B. bei Auskunftsansprüchen); BAG NJW 1982, 1831 (Zeugnisansprüche); offengelassen von OLG Düsseldorf NZG 2004, 916, 918. 1182182 BGH NJW 1982, 238; BGHZ 74, 212 ff. = NJW 1979, 1592 für Passivprozesse; gegen die Vollbeendigung auch bei Passivprozessen Zöller/Vollkommer § 50 Rdn. 5 (es fehlt im schwebenden Prozess an einer Vollbeendigung der Abwicklung); Bork JZ 1991, 841, 850 (der vermeintliche prozessuale Kostenerstattungsanspruch steht der GmbH als Vermögenswert zu); so auch OLG Koblenz NZG 1998, 637, 638; vgl. dazu K. Schmidt GesR4 (2002) § 11 V 6 a) und § 11 V 6 c) (grundsätzlich keine Vollbeendigung während des laufenden Rechtsstreits). Bei Aktivprozessen ist dagegen die Parteifähigkeit die Regel, da gerade um den vermögensrechtlichen Anspruch gestritten wird: BGH NJW 2003, 2231, 2232; BGH NJW-RR 1986, 394; BGHZ 48, 303, 307 = NJW 1968, 297; BGH ZZP 71 (1958), 98, 99 = LM Nr. 1 zu § 74 GmbHG; OLG Hamm NJW-RR 1996, 1375, 1376; vgl. Bork JZ 1991, 841, 848 (vgl. zu doppelrelevanten Tatsachen Rdn. 136); vgl. aber auch BAG NJW 2003, 80, 81 (hier fehlt es bereits an der schlüssigen Darlegung der Tatsachen, dass ein eigener Anspruch besteht). 183 2 183 BGH NJW 1982, 238; BGHZ 74, 212, 215 = NJW 1979, 1592, 1593 (Verein); im Grundsatz auch für Personengesellschaften vgl. BGHZ 62, 131 =
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NJW 1974, 750; OLG Rostock NZG 2002, 94, 95 (GmbH); Stein/Jonas/Bork § 50 Rdn. 47. 3 Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 174. 185 185 4 BGH NZG 2004, 186, 187; RGZ 123, 289, 293 f.; RGZ 56, 331, 332 (Universalsukzession bei juristischen Personen); BFH NJW 1988, 2760 (LS); Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 239 Rdn. 4 f.; aA MünchKomm/Gehrlein § 239 Rdn. 15 f.; Huber ZZP 82 (1969), 224, 253 ff. (gewillkürter Parteiwechsel); dagegen findet bei der identitätswahrenden Umwandlung (hier GmbH in KG) keine Sukzession statt, OLG Köln ZIP 2004, 238 (deshalb lediglich Rubrumsberichtigung, keine Anwendung des § 239). 186 5 186 Vgl. BGHZ 62, 131, 132 = NJW 1974, 750 (auch gegen die Anwendung von § 265 analog); anders noch RGZ 124, 146, 151 (lediglich Partei- bzw Rubrumsberichtigung, da die Gesellschafter persönlich, wenn auch in ihrer Eigenschaft als Träger des Gesamthandsvermögens, Partei im Gesellschaftsprozess seien); dazu Huber ZZP 82 (1969), 224, 231 ff. 187 6 187 BGHZ 24, 91, 94 = NJW 1957, 989; OLG München NJW-RR 1999, 1264; Stein/Jonas/Bork § 50 Rdn. 42. 188 188 7 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 43 Rdn. 1. 189 189 8 BGH NJW 1982, 238; BGHZ 74, 212, 215 = NJW 1979, 1592, 1593. 190 9 190 BGHZ 51, 27, 29 = NJW 1969, 188, 189; aA Hellwig System Bd. 1, § 68 IV (S. 151): Heilung ipso iure. 191 10191 BGHZ 24, 91, 94 = NJW 1957, 989. 184 184
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cc) Prozessfähigkeit. Prozessfähigkeit (näher § 52 Rdn. 1 ff.) bedeutet die Fähigkeit, einen Rechtsstreit selbst zu führen oder durch einen selbst bestellten Vertreter führen zu lassen.192 Sie ist geregelt in den §§ 51 ff., in § 607 (Ehesachen) und in § 640b (Kindschaftssachen). Sie ist Prozessvoraussetzung und Prozesshandlungsvoraussetzung. Prozessfähig ist, wer sich selbst durch Verträge verpflichten kann (§ 52).193 Sie entspricht grundsätzlich der Geschäftsfähigkeit. Wird über die Prozessfähigkeit gestritten, so ist der Prozessunfähige als prozessfähig zu behandeln − insoweit kann die prozessfähige Partei auch Rechtsmittel einlegen, wenn das Gericht die Klage wegen mangelnder Prozessfähigkeit durch Prozessurteil abweist oder in Verkennung der Prozessfähigkeit ein Sachurteil erlässt.194
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dd) Ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung. Die ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung des Prozessunfähigen ist Prozessvoraussetzung und Prozesshandlungsvoraussetzung (vgl. § 51 Rdn. 2 ff.). Die gesetzliche Vertretung bestimmt sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts (§ 51 Abs. 1). Als Voraussetzung der ordnungsgemäßen gesetzlichen Vertretung ist die gesetzliche Vertretungsmacht195 in jeder Lage des Rechtsstreits und auch noch in der Revisionsinstanz196 von Amts wegen (§ 56 Abs. 1) zu prüfen. Fehlt diese Voraussetzung, ist die Klage unzulässig. Allerdings kann dieser Mangel durch Bestellung eines gesetzlichen Vertreters bzw Genehmigung des richtigen gesetzlichen Vertreters geheilt werden.197 Fehlt die Partei- oder Prozessfähigkeit des Stellvertreters schon bei Klageerhebung, mangelt es regelmäßig an der Prozessvoraussetzung der Vertretungsmacht; im Übrigen wäre die Klageerhebung wegen Fehlens einer Prozesshandlungsvoraussetzung unwirksam und die Klage, wenn keine Heilung eintritt, deshalb unzulässig (vgl. auch § 51 Rdn. 43). Fällt die Partei- oder Prozessfähigkeit des Stellvertreters nach Klageerhebung weg, sind die nun vorgenommenen Prozesshandlungen unwirksam;198 die Klage wird nunmehr wegen der fehlenden Prozessfähigkeit des Vertreters unzulässig.199
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ee) Prozessführungsbefugnis. Die Prozessführungsbefugnis ist eine auf die Parteien bezogene200 Prozessvoraussetzung (näher Vor § 50 Rdn. 41 ff.).201 Als Prozessführungsbefugnis wird das Recht bezeichnet, über das geltend gemachte Recht im eigenen Namen als Kläger oder Beklagter einen Rechtsstreit zu führen.202 Damit verbunden ist die Prozessstandschaft,203 also die Befugnis ein fremdes Recht im eigenen Namen im Prozess geltend zu machen. Dies ist nur gerechtfertigt kraft gesetzlicher
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Auch als „prozessuale Handlungsfähigkeit“ bezeichnet, vgl. Kahlke ZZP 100 (1987), 11 mwN. 2 Zur Prozessfähigkeit von juristischen Personen vgl. Zöller/Vollkommer § 52 Rdn. 2. 194 3 194 BGHZ 110, 295, 296 = NJW 1990, 1734, 1735 = ZZP 103 (1990), 464, 465 (Bork); BGHZ 86, 184, 186 = NJW 1983, 996; Kahlke ZZP 100 (1987), 11, 16. 195 4 195 BGHZ 5, 240, 242 ff. = NJW 1952, 818; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 54 Rdn. 12. 196 5 196 RGZ 148, 225, 227; BGHZ 86, 184, 188 = NJW 1983, 996, 997. 197 6 197 BGH NJW 1999, 3263 (auch konkludent möglich); BGH NJW 1998, 384, 385; BGH NJW 1991, 2961. 198 7 198 OLG Zweibrücken ZIP 1983, 941; Zöller/Voll193 193
kommer § 51 Rdn. 10; aA Stein/Jonas/Bork § 51 Rdn. 25. 8 MünchKomm/Lindacher §§ 51, 52 Rdn. 22. 200200 9 AA Gerhardt ZPR6 (2000), S. 20 Fn. 53 (auf den Streitgegenstand bezogen). 201201 10 BGH GRUR 2002, 238, 239; BGH NJW 2000, 738; BGHZ 125, 196, 200 = NJW 1994, 2549, 2550; BGH NJW 1983, 684, 685; BGHZ 36, 187, 191 f. = NJW 1962, 633, 636; BGHZ 31, 279, 280 = NJW 1960, 523; kritisch Grunsky Grundlagen S. 266 f. 202202 11 Vgl. Lüke ZZP 76 (1963), 1, 6; kritisch zur Ausdehnung auf den klagenden Rechtsinhaber Diederichsen ZZP 76 (1963), 400, 416; dagegen zu Recht Henckel Prozeßrecht und materielles Recht (1970), S. 229 Fn. 163. 203203 12 Vgl. Grunsky FG 50 Jahre BGH (2000), S. 109 ff. 199199
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Ermächtigung (gesetzliche Prozessstandschaft) oder auf Grund der Ermächtigung des Rechtsinhabers (gewillkürte Prozessstandschaft). Streng zu trennen von der Prozessführungsbefugnis sind die Aktiv- und Passivlegitimation.204 Sie bezeichnen den Umstand, dass der geltend gemachte Anspruch nach materiellem Recht gerade von dem Kläger bzw gerade gegen den Beklagten geltend gemacht werden kann und finden ihre Beachtung allein in der Begründetheit. Die Prozessführungsbefugnis betrifft die (prozessuale) „Verfügungsbefugnis“205 über das vermeintliche Recht. Fehlt die Prozessführungsbefugnis ist die Klage als unzulässig abzuweisen.206 Keine Prozessvoraussetzungen sind die Postulationsfähigkeit und die Vollmacht des gewillkürten Stellvertreters. Dabei handelt es sich lediglich um Prozesshandlungsvoraussetzungen.207 c) Prozessvoraussetzungen, die den Streitgegenstand betreffen. aa) Ordnungsgemäße Klageerhebung. Die ordnungsgemäße Erhebung der Klage ist eine Prozessvoraussetzung.208 Unter der Erhebung der Klage ist in diesem Zusammenhang nicht die Einreichung der Klageschrift und deren Zustellung zu verstehen, sondern lediglich die inhaltliche Ordnungsmäßigkeit der Klageschrift. Um ordnungsgemäß zu sein, muss die Klageschrift deshalb den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 entsprechen (zu den einzelnen Erfordernissen § 253 Rdn. 31 ff.). Ist die Klageschrift nicht ordnungsgemäß, hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen,209 wenn der Mangel nicht geheilt wird (vgl. § 253 Rdn. 189 ff.). Von der inhaltlichen Ordnungsmäßigkeit der Klageschrift ist der Klageerhebungsakt als solcher − die Einreichung der Klageschrift – zu unterscheiden.210 Er ist Prozesshandlung211 und Prozessbegründungsvoraussetzung. Gravierende Mängel der Klageschrift können bereits zur Unwirksamkeit des Prozessbegründungsaktes führen (vgl. § 253 Rdn. 174 ff.) mit der Folge, dass das Gericht die Zustellung der Klageschrift verweigern kann (vgl. § 271 Rdn. 15 ff.). Wird die Klageschrift dennoch zugestellt, entsteht trotz des unwirksamen Klageerhebungsaktes ein Prozessrechtsverhältnis. Die Klage wird lediglich formell, nicht jedoch materiell rechtshängig, so dass etwaige Ausschlussfristen nicht gewahrt und Verjährungsfristen nicht gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt sind.212 Wird der Wirksamkeitsmangel nicht geheilt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.213 Auch die Zustellung ist eine Voraussetzung für die wirksame Klageerhebung, da die Klage erst mit Zustellung rechtshängig wird (§ 261). Die Zustellung ist keine Prozesshandlung, sondern Staatshoheitsakt,214 so dass fehlende Prozesshandlungsvoraus-
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1 Vgl. BGH NJW 1986, 3206, 3207. 205 2 205 Thomas/Putzo/Hüßtege § 51 Rdn. 21. 206 3 206 BGH NJW 2000, 738 (gewillkürte Prozessstandschaft); BGHZ 31, 279, 280 f. = NJW 1960, 523. 207 4 207 BVerfGE 37, 67, 75 ff. = NJW 1974, 1279; BGHZ 30, 112, 118 = NJW 1959, 1587, 1588. 208 5 208 BGH NJW 2000, 3351, 3352; BGH NJW 1992, 2099; BGH NJW 1984, 1807, 1809. 209 6 209 BGH NJW 2001, 445, 447; BGH NJW 1984, 1807, 1809 zur Bestimmtheit gem § 253 Abs. 2 Nr. 2; OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 1040; Wieser ZZP 84 (1971), 304, 307 f. 210 7 210 Süß FG Heilborn (1931), S. 125, 126; anders noch Bülow ZZP 27 (1900), 201, 240: Klageerhebung
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als die das Prozessrechtsverhältnis hervorbringende Prozessvoraussetzung. 211 211 8 Anders Reiner S. 29 (er spricht von „Klagehandlung“, um zu vermeiden, dass alle fehlenden Prozesshandlungsvoraussetzungen zur Unwirksamkeit der Klage führen). 212 212 9 BGHZ 100, 203, 208 = NJW 1987, 1766, 1767 zur fehlenden Unterschrift des Anwalts; OLG Köln NJW 1994, 3360, 3361 zur bedingten Klage. 213 213 10 BGHZ 111, 339, 342 = NJW 1990, 3085, 3086; BGH NJW-RR 1987, 322, 323; BGHZ 90, 249, 253 = NJW 1984, 1559, 1560. 214 11214 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 72 Rdn. 3.
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setzungen die Wirksamkeit der Zustellung nicht berühren.215 Zu den Folgen fehlender oder fehlerhafter Zustellung vgl. § 253 Rdn. 182 ff. bb) Klagbarkeit des geltend gemachten Rechts. Die prozessuale Klagbarkeit ist als eigenständige allgemeine Prozessvoraussetzung anzusehen.216 Sie fehlt einem Anspruch, wenn dessen gerichtliche Geltendmachung unmöglich ist, er aber außergerichtlich durchgesetzt werden kann (z.B. Aufrechnung, § 387 BGB; Zurückbehaltungsrecht, § 273 BGB).217 Wird die Prozessvoraussetzung der Klagbarkeit verneint, so muss wegen der Besonderheit des Falles nicht auf das Rechtsschutzbedürfnis zurückgegriffen werden218 − die Klagbarkeit ist eine gegenüber dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis selbständige Prozessvoraussetzung. Es besteht in der Regel materiellrechtlich eine „vollwertige“ Verbindlichkeit, nur die gerichtliche Geltendmachung ist unmöglich. Deshalb ist die Klage als unzulässig bzw als zur Zeit219 unzulässig abzuweisen.220 Davon zu unterscheiden sind die unvollkommenen Verbindlichkeiten (Naturalobligationen)221 wie z.B. §§ 656, 762, 764 BGB. Diesen fehlt nicht die Klagbarkeit, sondern die Durchsetzbarkeit. Unabhängig davon, wie man diese materiellrechtlich einordnet,222 ist deren Mangel im materiellen Recht begründet. Sie können deshalb zwar eingeklagt, die Klage muss jedoch als unbegründet abgewiesen werden.223 – Unzulässigkeit wegen fehlender Klagbarkeit In der Regel sind alle Ansprüche klagbar. Ein Ausschluss des Klagerechts findet sich ganz selten im Gesetz,224 so z.B. beim Anspruch auf Eingehung der Ehe aus dem 215 215
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Breitkopf Die Klageerhebung und -rücknahme bei vollmachtloser Prozessvertretung und ihre kostenrechtliche Beurteilung (2004), S. 39. 2216216 BGH NJW 1980, 520 (zu Art. VIII Abschn. 2 (b) S. 1 des Bretton Woods Abkommens); BGH NJW 1970, 1507; OLG Celle NJW 1971, 288, 289; Zöller/Greger Rdn. 19; Musielak/Foerste Rdn. 6; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 33 (als besondere Prozessvoraussetzung); Jauernig ZPR § 33 IV 3 f; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 87 ff. (iRd Rechtsschutzbedürfnisses); Enneccerus/Nipperdey AT15 (1959) § 222 II 5 (Klagbarkeit ist eine Frage des materiellen Rechts); Wagner S. 413: Verneinung der Prozessführungsbefugnis. 217 217 3 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 87; Reichel Jherings Jahrbücher Bd. 59 (1911), 409, 416; Stech ZZP 77 (1964), 161, 164. 218 218 4 Pohle FS Lent (1957), S. 213, 235; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 87 ff. 219 5 219 BGH NJW-RR 2006, 632, 635; Jauernig ZPR § 33 IV 3f.; Kappel S. 102 ff.; Walchshöfer FS Schwab S. 521, 523: vorläufiger Ausschluss der Klagbarkeit. 220 6 220 BGH NJW 1999, 647, 648; BGH NJW 1984, 669, 670; BGH NJW 1980, 520 (Art. VII Abschn. 2 (b) des Abkommens über den IWF); Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 87; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 21; vgl. Lüke ZZP 76 (1963) 1, 21 ff., der die Klage als unstatthaft und damit als unzulässig ansieht. 221 221 7 Dazu erstmals Reichel Jherings Jahrbücher Bd. 59 (1911), 409, 415; die Begriffe Naturalobli-
gation und unvollkommene Verbindlichkeit werden oft gleichbedeutend verwendet, Medicus Schuldrecht I AT17 (2006) Rdn. 24. 8222222 Für § 656: BGHZ 87, 309, 314 f. = NJW 1983, 2817; MünchKommBGB4/Roth (2005) § 656 BGB Rdn. 1; Staudinger/Reuter BGB (2003) § 656 Rdn. 12 (bis auf Klagbarkeit -Durchsetzbarkeit- der bestehenden Forderung vollwirksames Schuldverhältnis); für § 762: einerseits Staudinger/Engel BGB (2002) Vorbem zu §§ 762 ff. Rdn. 3 (bis auf Durchsetzbarkeit der Forderung vollwirksames Schuldverhältnis); andererseits MünchKommBGB4/Habersack (2004) § 762 Rdn. 3; Jauernig/Berger BGB11 (2004) § 762 Rdn. 6; Menningen Die sog. unvollkommenen Verbindlichkeiten im geltenden deutschen Schuldrecht (1935), S. 28 (kein Schuldverständnis, sondern bloß Erwerbsgrund); kritisch zur unterschiedlichen Betrachtung von § 656 und § 762 Fuchs FS Medicus (1999), S. 123, 138. 223223 9 BGH NJW-RR 2004, 778, 780 mwN; MünchKommBGB4/Roth (2005) § 656 Rdn. 1; vgl. Palandt/Sprau BGB67 (2008) § 656 Rdn. 2; Jauernig/ Mansel BGB12 (2007) § 241 Rdn. 22; Stech ZZP 77 (1964), 161, 162; aA Unzulässigkeit der Klage: LG Bremen NJW 1971, 101, 102; Staudinger/ Reuter BGB (2003) § 656 Rdn. 12; Soergel/Lorentz BGB12 (1999) § 656 Rdn. 3; Peters NJW 1986, 2676 Fn. 4 mwN. 224224 10 So schon Reichel Jherings Jahrbücher Bd. 59 (1911), 409, 433 „dünn gesäet“.
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Verlöbnis gem. § 1297 I BGB, bei dem sich die Unklagbarkeit unabhängig von der materiellrechtlichen Einordnung des Verlöbnisses eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut ergibt.225 Durch Art. VIII Abschn. 2 (b) Satz 1 IWF-Ü226 wird ebenfalls die Klagbarkeit ausgeschlossen, so dass die Norm von Amts wegen als Prozessvoraussetzung durch die Gerichte zu prüfen ist.227 Art. VIII Abschn. 2 (b) Satz 1 IWF-Ü als einen Fall der unvollkommenen Verbindlichkeiten228 mit der Begründung zu qualifizieren, dass er mit dem Wortlaut [„...unenforceable...“] der Forderung die materiellrechtliche Verbindlichkeit nehmen will, erscheint im Hinblick auf die folgerichtige Abweisung der Klage als unbegründet und den Zweck der Vorschrift wenig überzeugend.229 Ferner kann die Klagbarkeit (zeitweise) durch eine sonstige Prozessvereinbarung ausgeschlossen werden (vgl. Rdn. 149 ff.). Die Klagbarkeit kann auch durch ein der Klage notwendig vorhergehendes Vorverfahren vorläufig ausgeschlossen sein, wenn dies durch eine Parteivereinbarung230 (siehe Rdn. 149 ff.) oder eine für die Mitglieder verbindliche Satzung231 eines Verbandes oder Vereins bestimmt worden ist. – Unzulässigkeit wegen des Fehlens einer sonstigen Prozessvoraussetzung Bei der Versäumung prozessualer gesetzlicher Klageausschlussfristen232 (z.B. Art. 12 Abs. 3 NTS-AG233 – siehe Rdn. 116 zur Folge der Versäumung, Rdn. 119 zu Beispielen) ist die Klagbarkeit zu verneinen.234 Da der prozessualen Klagefrist auf Grund ihres Umfangs eine eigenständige Bedeutung zukommt, kann sie als besondere Prozessvoraussetzung verstanden werden (Rdn. 118). Bis zum Fristablauf gem. § 558b Abs. 2 S. 1 BGB fehlt der Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung die prozessuale Klagbarkeit,235 so dass eine vor Ablauf der Überlegungsfrist erhobene Zustimmungsklage als zurzeit (vgl. Rdn. 108 Fn. 424) unzulässig abzuweisen ist.236 Dennoch ist der Fristablauf nicht dem subsidiären Institut der 1225225 RG JW 1917, 848 („Unklagbarkeit ... des Eheversprechens“); Baumbach/Lauterbach/Hartmann Grundz § 253 Rdn. 31; MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 10; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 33; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 93; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 258. 226 2 226 Bretton-Woods Abkommen vom 1./22.7.1944 über den internationalen Währungsfonds idF vom 30.4.1976 BGBl II 1978 S. 13, 34 f.; dieser lautet: „Exchange contracts which involve the currency of any member and which are contrary to the exchange control regulations of that member maintain or imposed consistently with this Agreement shall be unenforceable in the territories of any member“; amtliche Übersetzung: „Aus Devisenkontrakten, welche die Währung eines Mitglieds berühren und den von diesem Mitglied in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen aufrechterhaltenen oder eingeführten Devisenkontrollbestimmungen zuwiderlaufen, kann in den Hoheitsgebieten der Mitglieder nicht geklagt werden“. 227 3 227 BGHZ 116, 77, 84 = NJW 1993, 1070, 1072; BGH NJW 1994, 390; BGHZ 55, 334, 337 = NJW 1971, 983. 228 4 228 So Ebke Internationales Devisenrecht (1991), S. 293 ff.
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229 5 229 Vgl. Gehrlein DB 1995, 129, 134. 230 6 230 Preibisch S. 100 f. 231 7 231 BGH NJW-RR 1995, 290 zu § 77 Abs. 1 ZVKS; RG JW 1932, 1197 (satzungsmäßig vorgesehener Instanzenzug); BayObLG NJW-RR 1990, 1105 (In Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümer vorgeschriebener Instanzenzug); OLG Hamm NJW-RR 1993, 1536; OLG Oldenburg VersR 1981, 369 (Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsrat); OLG Nürnberg OLGZ 1975, 437, 440 (satzungsmäßig vorgesehenes Schiedsverfahren); LG Münster DStRE 2001, 614 zu § 31 Abs. 4 BOStB; vgl. Preibisch S. 99. 232 232 8 Diese sind – soweit die Fristen nicht unangemessen kurz sind – verfassungsrechtlich unbedenklich, BVerfG NVwZ 1999, 1329; BVerfGE 8, 240, 247 = NJW 1959, 139; Preibisch S. 88. 233 9 233 BGHZ 111, 339, 341 = NJW 1990, 3085. 234 10234 RG JW 1907, 264 Nr. 27 („nicht Unzulässigkeit des Rechtsweges, sondern Unzulässigkeit des Prozessweges“); Vollkommer AcP 161 (1962), 333, 337. 235 11235 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 23; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 88 zum alten § 2 Abs. 3 S. 1 MHG. 236 12236 OLG Hamburg MDR 1974, 585, 586; AG Dortmund NZM 1999, 415, 416.
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Klagbarkeit zuzuordnen, sondern als eine besondere Prozessvoraussetzung einzustufen (vgl. Rdn. 108).237 Die Überlegungsfrist beginnt mit dem wirksam zugegangenen Mieterhöhungsverlangen zu laufen, so dass auch das Mieterhöhungsverlangen − mittelbar − eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung ist.238 Andererseits ist die Erhebung der Klage vor Ablauf der Frist zulässig, wenn der Mieter die Zustimmung endgültig verweigert hat.239 Die Zustimmungsklage wird zulässig, wenn die Überlegungsfrist zumindest im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgelaufen ist.240 Auch dem Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Vornahme der Bestimmung gem. § 375 Abs. 1 HGB fehlt nicht die Klagbarkeit.241 Wegen des Selbstbestimmungsrechts des Verkäufers ist dieser bei der Durchsetzung seines Anspruchs nicht auf die staatliche Hilfe angewiesen. Ihm ist deshalb in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis (siehe Rdn. 80) abzusprechen.242 Während die Unklagbarkeit generell zur Klageabweisung führen würde, kann im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses eine Einzelbetrachtung vorgenommen werden, die in außergewöhnlichen Fällen eine Durchsetzbarkeit des Anspruchs aus § 375 Abs. 1 HGB zulässt.243 Die Klage gegen den Erben wegen eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, ist vor Annahme der Erbschaft nicht zulässig (§ 1958 BGB),244 weil dem vorläufigen Erben die passive Prozessführungsbefugnis245 und nicht dem Anspruch die Klagbarkeit246 fehlt. Bestimmt ein Gesetz (vgl. Rdn. 109), dass ein Vorverfahren vor der Klage durchzuführen ist, handelt es sich um eine von Amts wegen247 zu berücksichtigende (besondere) Prozessvoraussetzung.248 Es kommen auch öffentlich-rechtliche Verfahrensvorschriften in Betracht, die den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten erst nach einer vorherigen Entscheidung einer Verwaltungsbehörde zulassen,249 wie z.B. § 35 BJagdG oder § 212 BauGB.250 Eine ohne diese Voraussetzungen erhobene Klage wäre grundsätzlich als zurzeit unzulässig abzuweisen.251
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KG OLGZ 1981, 83, 85; LG Berlin ZMR 2001, 349, 350; vgl. LG Saarbrücken WuM 1990, 393; MünchKommBGB5/Artz (2008) § 558b BGB Rdn. 11; Palandt/Weidenkaff BGB67 (2008) § 558b Rdn. 9; Blank/Börstinghaus Miete2 (2004) § 558b BGB Rdn. 24; Emmerich FS Lüke (1997), S. 65, 72 f. mwN. 2238238 BayObLG ZMR 1985, 100, 102; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht8 (2003) § 558b BGB Rdn. 81; Hinz NZM 2002, 633. 239 3 239 LG Mannheim NZM 1999, 957; Emmerich FS Lüke (1997), S. 65, 74 f. mwN. 240 4 240 BayObLG NJW 1982, 1292, 1294; Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht8 (2003) § 558b BGB Rdn. 83. 241 5 241 AA OLG Dresden OLGE 4, 224, 226 f.; Stech ZZP 77 (1964), 161, 208; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 218; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 258. 242 242 6 Baumbach/Hopt HGB33 (2008) § 375 Rdn. 5; Koller/Roth/Morck/Roth HGB6 (2007) § 375 Rdn. 2; Ebenroth/Boujong/Joost/Müller (2001) § 375 Rdn. 17; Staub/Koller GroßkommHGB4 (2004) § 375 Rdn. 14 mwN; Schönke AcP 150 (1949), 216, 225. 243 7 243 Canaris Handelsrecht23 (2000) § 31 Rdn. 21.
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Palandt/Edenhofer BGB67 (2008) § 1958 Rdn. 1; aA RGZ 79, 201, 203; RGZ 60, 179, 181; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 305 Rdn. 3: Abweisung als unbegründet wegen Fehlens der materiellrechtlichen Passivlegitimation. 9245245 Stech ZZP 77 (1964), 161, 220; MünchKommBGB4/Leipold (2004) § 1958 Rdn. 10 mwN; Staudinger/Marotzke BGB (2000) § 1958 Rdn. 2; Stein/Jonas/Leipold21 § 305 Rdn. 1; Lange/Kuchinke Erbrecht5 (2001) § 48 II 1 mwN. 246246 10 So aber Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 33. 247247 11 Preibisch S. 159 f. 248248 12 Zu § 111 Abs. 2 ArbGG BAG NJW 1976, 909; zu § 14 Nr. 3c PflVersG Sieg VersR 1967, 324, 325; zu § 37 ArbEG Volmer BB 1968, 253, 256; allgemein Preibisch S. 157 f. 249249 13 Den Zivilgerichten ist es auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen verwehrt, verwaltungsbehördliche Vorverfahrensentscheidungen aufzuheben oder zu ändern, Preibisch S. 96; vgl. auch BVerfGE 4, 387, 399 = NJW 1956, 625. 250250 14 BGH NJW 1976, 1264, 1265; Battis/Krautzberger/Löhr BauGB10 (2007) § 217 Rdn. 8. 251251 15 RGZ 57, 77, 79 f. (§ 7 preußisches Kommunal8
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– Unbegründetheit Verjährten oder betagten (nicht fälligen) Forderungen fehlt nicht die Klagbarkeit.252 Bei Geltendmachung der Verjährungseinrede gem. § 214 BGB bzw bei fehlender Fälligkeit wird die Klage als unbegründet bzw als zurzeit unbegründet abgewiesen. Sieht das Recht den behaupteten Anspruch überhaupt nicht vor, ist die Klage als unbegründet zurückzuweisen. Ob ein Anspruch existiert, ist allein eine Frage der Begründetheit.253 Auch der Anspruch aus § 840 wird als unklagbar bezeichnet (vgl. § 840 Rdn. 22).254 Allerdings spricht die Begründung, bei dem Auskunftsanspruch des Pfändungsgläubigers gegen den Drittschuldner gem. § 840 handle es sich lediglich um eine Auskunftslast bzw eine Auskunftsobliegenheit255 eher für eine unvollkommene Verbindlichkeit und daher für die Unbegründetheit der Klage. Unklagbar ist auch nicht der Anspruch des Besitzers gegen den Eigentümer auf Ersatz notwendiger oder nützlicher Verwendungen, bevor der Eigentümer die wiederhergestellte, verbesserte oder betreute Sache wiedererlangt (§§ 1001 S. 1, 1003 BGB).256 Vielmehr ist der Anspruch bis zur Wiedererlangung oder Genehmigung als aufschiebend bedingt anzusehen.257 Wegen der Verweisung auf § 1001 BGB gilt gleiches für § 2022 BGB und § 972 BGB. cc) Keine anderweitige Rechtshängigkeit. Eine von Amts wegen zu prüfende258 negative Prozessvoraussetzung stellt das Fehlen der Rechtshängigkeit dar,259 dh bezüglich desselben Streitgegenstands (näher Einleitung Rdn. 59 ff.) darf kein anderes gleichgerichtetes Verfahren rechtshängig sein (§ 261 Abs. 3 Nr. 1, dazu § 261 Rdn. 71 ff.).260 Liegt eine doppelte Rechtshängigkeit vor, ist die später erhobene Klage unzulässig.261 Dies gilt auch dann, wenn die zweite Klage schon vorher anhängig, aber noch nicht rechtshängig war (§ 261 Rdn. 72).262 Werden zwei Klagen über den gleichen Streitgegenstand gleichzeitig rechtshängig, sind beide unzulässig,263 bis das Verfahren
beamtengesetz); RGZ 12, 61, 63 (§ 120a RGO); RGZ 7, 64, 65 f. (§ 39 StrandungsO); OLG Celle OLGZ 1967, 305, 309 (§ 35 BJagdG); Sieg VersR 1967, 324, 32 (§ 14 Nr. 3c PflVersG); Volmer BB 1968, 253, 256 (§ 37 ArbEG); aA Preibisch S. 165, 188 (Aussetzung des iÜ zulässigen Klageverfahrens entsprechend § 15 Abs. 10 S. 1 UWG und § 75 VwGO). 252 252 1 Reichel Jherings Jahrbücher Bd. 59 (1911), 409, 429, 431; Stech ZZP 77 (1964), 161, 218 f. 253 2 253 Vgl. Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 95 („rechtsfreier Raum“). 254 3 254 Nicht eindeutig BGHZ 91, 126, 129 = NJW 1984, 1901, 1902; MünchKomm/Smid § 840 Rdn. 20; Stein/Jonas/Brehm § 840 Rdn. 19; wohl auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 840 Rdn. 3; Henke JA 1987, 281, 285; Deubner JuS 1967, 420; Waldner JR 1984, 468; ders ZZP 96 (1983), 118, 121, 124; Brehm JZ 1984, 675; offen Wenzel MDR 1966, 971, 972. 255 4 255 BGHZ 91, 126, 129 = NJW 1984, 1901, 1902; aA LG München NJW 1965, 1185, 1186 (den Auskunftsanspruch bejahend); Stürner Die Aufklä-
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rungspflicht der Parteien des Zivilprozesses (1976), S. 321. 5 AA Stech ZZP 77 (1964), 161, 206 f.; Stein/Jonas/ Schumann21 vor § 253 Rdn. 88; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Grundz § 253 Rdn. 26, 31. 257 257 6 Palandt/Bassenge BGB67 (2008) § 1001 Rdn. 1; Staudinger/Gursky BGB (2006) § 1001 Rdn. 1 mwN; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 22; vgl. aber MünchKommBGB4/Medicus (2004) § 1001 Rdn. 17: noch nicht fällig. 258 7 258 BGH NJW-RR 1993, 238, 239; BGH NJW 1989, 2064; BGH NJW 1952, 1375, 1376; RGZ 160, 338, 344; BayObLGZ 1 Nr. 35; KG JW 1938, 3057, 3058. 259 8 259 BGH WM 1985, 673; unklar in BGH NJW 1986, 2195; BGH NJW 1979, 2099: „von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis“. 260 260 9 Zur internationalen Rechtshängigkeit vgl. Anhang zu § 261 sowie Geimer FS Nagel (1987), S. 36, 52 f. 261 10261 BGH NJW 1986, 2195, 2196; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 346. 262 11262 OLG Stuttgart MDR 2004, 1017. 263 12263 Zöller/Greger § 261 Rdn. 8. 256 256
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bzgl. eines der Anträge beendet wird. Der Einwand der Rechtshängigkeit hat auch im Verhältnis der verschiedenen Rechtswege zueinander Bedeutung (§ 17 Abs. 1 S. 2 GVG). dd) Keine entgegenstehende Rechtskraft. Über denselben Streitgegenstand darf noch nicht rechtskräftig entschieden worden sein. Ansonsten ist die Klage wegen entgegenstehender Rechtskraft als unzulässig abzuweisen. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine auch noch in der Revisionsinstanz264 von Amts wegen zu prüfende negative Prozessvoraussetzung.265 Existieren zwei Urteile über denselben Streitgegenstand, so ist das spätere Urteil gem. § 580 Nr. 7a vernichtbar. Ist die Restitutionsklage nicht erhoben oder gem. §§ 582, 586 unzulässig, geht das ältere Urteil dem jüngeren Urteil vor − das jüngere Urteil kann nicht materiell rechtskräftig werden.266
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ee) Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist eine von Amts wegen zu prüfende allgemeine Prozessvoraussetzung.267 Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis268, dh das schutzwürdige Interesse des Klägers an dem begehrten Urteil, hat keine Regelung erfahren.269 Jedoch werden für einige Verfahren im Gesetz besondere Formen des Rechtsschutzbedürfnisses ausdrücklich gefordert. So wird ein schutzwürdiges Interesse bei der Feststellungsklage gem. § 256 („rechtliches Interesse“, näher § 256 Rdn. 117 ff.) und bei der Klage auf künftige Leistung gem. § 259 („Besorgnis“, näher § 259 Rdn. 17 ff.) verlangt. Dabei handelt es sich um besondere Prozessvoraussetzungen (vgl. Rdn. 108). Daneben besteht auch noch die allgemeine Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. zur Feststellungsklage § 256 Rdn. 25). Fordert das Gesetz nur für bestimmte Klagen ein besonderes Interesse, so ergibt sich im Umkehrschluss für die übrigen Klagen die Vermutung, dass ein schutzwürdiges Interesse in der Regel vorliegt. Bei Gestaltungsklagen besteht es, weil die angestrebte Rechtsänderung nur durch das Gestaltungsurteil (siehe Rdn. 16) herbeigeführt werden kann.270 Ausnahmsweise fehlt das Rechtsschutzbedürfnis in den Fällen, in denen der Kläger die begehrte Rechtsfolge selbst herbeiführen könnte, beispielsweise
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1 BGH NJW 1989, 2133. 265 2 265 BGH NJW 2003, 3058, 3059; BGHZ 36, 365, 367 = NJW 1962, 1109; BAG NJW 1955, 476, 479 mit krit. Anm. Bettermann. 266 3 266 BGH NJW 1981, 1517, 1518; BAG NJW 1986, 1831, 1832; Musielak/Musielak § 322 Rdn. 15; Zöller/Vollkommer Vor § 322 Rdn. 78; Lenenbach Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht (1997), S. 62, 64, der dies auch auf zwei gleichlautende Urteile übertragen will (S. 79); ebenso Gaul FS Weber (1975), S. 155, 169 f., der deshalb von der Wirkungslosigkeit ausgeht; aA Stein/Jonas/ Leipold21 § 322 Rdn. 226; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 346; Mädrich MDR 1982, 455, 456; RGZ 52, 216, 218: Grundsatz lex posterior derogat legi priori; ebenso AG Gummersbach NJW-RR 1986, 1391, 1392. 267 4 267 BGH NJW-RR 2001, 322, 324; BGH NJW 1993, 1995, 1996; BGH NJW 1990, 122, 123; RGZ 160, 204, 209 f.; Schönke S. 44 f.; Stephan S. 12. 268 5 268 Zur geschichtlichen Entwicklung des allgemei-
nen Rechtsschutzbedürfnisses vgl. Marutschke FS Ishikawa (2001), S. 293, 294 ff. 6 Das Rechtsschutzbedürfnis unterliegt einer fortdauernden Kritik, insbesondere im Hinblick auf das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage (vgl. Allorio ZZP 67 (1954), 321), die generalklauselartige Verwendung (vgl. Zeiss S. 162), die eine Selbstkontrolle des Gerichts erschwert, zu Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung führt (Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 102a) und ein an Begründungstiefe mangelndes Urteil hervorbringt (Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 91), eine sich aus dem Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses ableitende Prozessphilosophie, die den Individualschutz dem Allgemeininteresse unterordnet (Brehm aaO, 91 f.; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 197 ff.) und schließlich die Vermischung von prozessualen und materiellrechtlichen Gesichtspunkten im Rechtsschutzbedürfnis (Allorio ZZP 67 (1954), 321, 343; Brehm aaO, S. 93 ff.; Pohle aaO, S. 219 f.). 270270 7 Vgl. Marutschke FS Ishikawa (2001), S. 293, 308. 269269
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wenn der Gestaltungsklagegegner bereit ist, an der Rechtsgestaltung mitzuwirken und dies durch ein verbindliches Vertragsangebot zum Ausdruck gebracht hat271 oder ein einfacherer und billigerer Weg zur Gestaltung offen steht. Auch bei Leistungsurteilen ist der Kläger, wenn der Beklagte den Anspruch nicht freiwillig erfüllt, auf ein Urteil angewiesen, um notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung seinen Anspruch durchsetzen zu können. Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich insoweit bereits aus der Nichterfüllung des materiellrechtlichen Anspruchs, dessen Vorliegen deshalb für die Prüfung der Zulässigkeit zu unterstellen ist.272 Es besteht grundsätzlich ein öffentlichrechtlicher Anspruch des Rechtssuchenden darauf, dass die Gerichte sein Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden.273 Ihm kann nur unter ganz besonderen Umständen der Zugang zu einer sachlichen Prüfung durch die Gerichte verwehrt werden,274 wenn der Rechtsschutzsuchende keinen Rechtsschutz benötigt, der Prozess den Prozesszwecken also zuwiderläuft.275 Dazu muss eine Abwägung der Prozesszwecke erfolgen. Als solche gelten der Schutz subjektiver Rechte, die Bewährung des objektiven Rechts, der Rechtsfrieden und die Rechtsgewissheit,276 wobei der Individualrechtsschutz wegen verfassungsrechtlicher Garantien wie dem zivilprozessualen Justizgewähranspruch277, den Prozessgrundrechten (Art. 101 Abs. 1 S. 1 GG – gesetzlicher Richter, Art. 103 Abs. 1 GG – rechtliches Gehör278, faires Verfahren279, effektiver Rechtsschutz iSd Beschleunigungsgebots280 und Waffengleichheit281) und der den Individualrechtsschutz konkretisierenden Prozessmaximen (Antrags-, Dispositionsund Verhandlungsmaxime) den Schwerpunkt bildet282, auch wenn die Bedeutung der Bewährung des objektiven Rechts durch die Auswirkung des Sozialstaatsprinzips stetig steigt283. Bei der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses ist die Prozessökonomie, die allerdings keinen selbständigen Prozesszweck darstellt,284 zu berücksichtigen.285 271 271
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Die bloße Bereitschaft des Gestaltungsklagegegners zur Mitwirkung genügt nicht. Hier hat der Beklagte die Möglichkeit, das Gestaltungsklagebegehren mit der Kostenfolge des § 93 sofort anzuerkennen, vgl. dazu Schlosser Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 335 f. 272 272 2 Vgl. nur BGH NJW-RR 1993, 1129, 1130; BGH GRUR 1960, 384, 386. 273 3 273 BGH NJW 1996, 2035, 2037. 274 274 4 BGH NJW 1996, 2035, 2037; BGH NJW-RR 1993, 1129, 1130; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 204; Stephan S. 28 spricht insoweit von einer „Lehre der Ausnahmen“. 275 5 275 Grundlegend Bley Klagerecht und rechtliches Interesse (1923), S. 6 ff.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 101; Schönke Rechtsschutzbedürfnis, S. 11 ff.; ders. AcP 150 (1949), 216 ff.; Stephan S. 23 f.; Thannhäuser S. 26; Pohlmann GRUR 1993, 361; aA Wieser Das Rechtsschutzinteresse des Klägers im Zivilprozeß (1971), S. 27 ff., 237 f., (Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses ergibt sich aus Analogie zu § 256). 276 276 6 Eingehend Gaul AcP 168 (1968), 27; Stürner FS Baumgärtel (1990), S. 545 mwN; Stein/Jonas/ Brehm vor § 1 Rdn. 9 ff.; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 1 Rdn. 5 ff., die allerdings nur den Schutz subjektiver Rechte als selbständigen Zweck anerkennen, während die Übrigen nur dessen Bestandteil oder Folge seien. 277 7 277 Vgl. BVerfGE 107, 395, 401 = NJW 2003, 1924,
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1926 mit im Erg zust. aber weitergehender Anm. Vosskuhle NJW 2003, 2193, 2196; Stein/Jonas/ Brehm vor § 1 Rdn. 290. 278 278 8 BVerfGE 107, 395, 401 = NJW 2003, 1924: „Der Rechtsweg steht im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs auch zur Überprüfung einer behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch ein Gericht [in jeder gerichtlichen Instanz] offen“. 279 279 9 BVerfG NJW 1991, 417, 418; BVerfGE 78, 123, 126 = NJW 1988, 2787; BVerfGE 57, 250, 275 = NJW 1981, 1719, 1722; BVerfGE 49, 220, 225 = NJW 1979, 534; vgl. Vollkommer GS Bruns (1980), S. 195 ff. 280 280 10 EGMR NJW 1997, 2809, 2810; BVerfGE 88, 118, 124 = NJW 1993, 1635; BVerfGE 85, 337, 345 = NJW 1992, 1673; vgl. Lansnicker/Schwirtzek NJW 2001, 1969 ff. 281 11281 EGMR NJW 1995, 1413 – „Dombo Beheer B.V./ Niederlande“; BVerfG NJW 2001, 2531 mwN; Schlosser NJW 1995, 1404 ff. 282 12282 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 1 Rdn. 5 ff.; aA noch Schönke S. 11 f. (Schutz subjektiver Rechte ist nur Folgeerscheinung der vom Prozess bezweckten Bewährung des objektiven Rechts); Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 30. 283 13283 Vgl. Stürner FS Baumgärtel (1990), S. 545, 546, 548 f. 284 14284 Stephan S. 19 ff. (Rechtsschutzbedürfnis und Prozessökonomie liegen grundsätzlich auf ver-
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Insoweit haben die Gerichte in erster Linie effizient und ökonomisch unter Beachtung der jeweiligen Rechte der Verfahrensbeteiligten Individualrechtsschutz zu erbringen. Die Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses soll damit verhindern, dass die Gerichte als Teil der Staatsgewalt unnütz, unlauter oder prozesszweckwidrig bemüht werden,286 wobei die unlautere Bemühung ein Unterfall der prozesszweckwidrigen Rechtsschutzverfolgung ist.287 Können die Prozesszwecke nicht erreicht (zwecklos) oder im Vergleich zu anderen Verfahren nicht am besten verwirklicht werden (unzweckmäßig) oder werden prozessfremde Zwecke verfolgt (zweckwidrig), fehlt ein prozessuales Interesse,288 so dass der Rechtsschutz mangels Rechtsschutzbedürfnisses zu versagen ist. (a) Nichterreichen der Prozesszwecke. Die Prozesszwecke können dann nicht erreicht werden, wenn ein Prozess zur Verwirklichung subjektiver Rechte nicht erforderlich ist, weil die Durchsetzung zumutbar ohne gerichtliche Hilfe möglich ist. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage fehlt deshalb, – wenn der Kläger bereits einen, nicht der Rechtskraft fähigen289 Vollstreckungstitel in Händen hat,290 z.B. einen Prozessvergleich (§ 794 Abs. 1 Nr. 1)291 oder eine vollstreckbare Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5). Ausnahmen: Allerdings kann trotz Vorhandenseins eines vollstreckbaren Titels, der nicht der Rechtskraft fähig ist, ein besonderes Bedürfnis oder Interesse vorliegen, wenn z.B. mit einer Vollstreckungsgegenklage zu rechnen ist:292 bei einer vollstreckbaren Urkunde,293 einem Vergleich,294 einer vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses gem. §§ 27, 148 Abs. 2 InsO (§ 794 Abs. 1 Nr. 3).295 Eine weitere Ausnahme ist zu machen, wenn erhebliche Zweifel darüber bestehen, ob der schon vorhandene Titel für die beabsichtigte Geltendmachung von Ansprüchen verwendbar ist. Dies ist der Fall, wenn mit Bedenken der Vollstreckungsorgane zu rechnen ist296 oder wegen § 197 Nr. 4 iVm Abs. 2 BGB die Verjährung nur durch eine weitere Klage gehemmt wird (§ 204 Nr. 1 BGB).297 Ist die Vollstreckung eines Anspruchs auf Abgabe einer Willenserklärung aus dem vorhandenen Titel nur gem. § 888 möglich, so fehlt einer weiteren Klage auf Abgabe einer Willenserklärung mit der Vollstreckungsmöglichkeit des § 894 nicht das Rechtsschutzbedürfnis.298 schiedener Ebene); vgl. auch Schumann FS Larenz (1973), S. 271, 285 und 287 (die Ökonomie hat ihre Grenze in der Verletzung von Prozesszwecken). 285 1 285 Vgl. Stephan S. 23 Fn. 93. 286 286 2 BGH GRUR 1976, 256, 257. 287 3 287 Pohlmann GRUR 1993, 361, 362. 288 4 288 Vgl. Schönke AcP 150 (1949), 216, 225; Stephan S. 33. 289 5 289 Kein Urteil über denselben Streitgegenstand, denn dann steht bereits die Rechtskraft dieses Urteils der Erhebung einer Klage über denselben Streitgegenstand entgegen, vgl. BGHZ 93, 287, 289 = NJW 1985, 1711, 1712. 290 290 6 BGH NJW-RR 1989, 318, 319 mwN; BGH NJW 1962, 1392. 291 7 291 Vgl. OLG Hamburg WRP 2006, 909 (LS). 292 8 292 Vgl. BGH MDR 2007, 595, 596; BGHZ 98, 127, 128 = NJW 1986, 2704, 2705; BGH NJW 1961, 1116; RGZ 110, 117, 119. 293 9 293 OLGR Celle 2006, 770, 771; OLG Hamm NJW-
RR 1998, 423; OLG Hamm MDR 1989, 266; OLG Frankfurt FamRZ 1981, 70, 71; weiter LG Lüneburg NJW-RR 1992, 1190 (Rechtsschutzbedürfnis besteht auch, wenn nicht mit Vollstreckungsgegenklage gerechnet werden muss). 294294 10 BGH NJW-RR 1989, 318, 319; BGH NJW 1985, 1962, 1963; OLG Hamm NJW 1976, 246. 295295 11 BGH NJW 1962, 1392; BGHZ 12, 380, 390 = NJW 1954, 918. 296296 12 BGH GRUR 1958, 359, 361 (unklare Formulierung des auf Unterlassen eines bestimmten Verhaltens gerichteten Titels); RGZ 124, 146, 151; OLG Zweibrücken NJW-RR 1997, 1 (unklarer Titel). 297297 13 BGH MDR 2007, 595, 596; vgl. BGHZ 93, 287, 289 = NJW 1985, 1711, 1712 (Das Urteil betrifft allerdings eine Feststellungsklage nach rechtskräftigem Leistungsurteil und damit die Rechtskraft). 298298 14 BGHZ 98, 127, 129 = NJW 1986, 2704, 2705.
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– bei einer Klage gegen den Rechtsnachfolger bei möglicher (§ 325 Abs. 1) Titelumschreibung gem. § 727 Abs. 1, wenn es sich bei den Vollstreckungstiteln um einen Vergleich oder eine vollstreckbare Urkunde handelt (vgl. § 795). Eine Ausnahme besteht wieder, wenn mit einer Vollstreckungsgegenklage zu rechnen ist oder wenn eine Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel erforderlich sein würde.299 Dies gilt auch für die Fälle der §§ 728, 729, es sei denn, dass im Fall des § 729 eine Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel erforderlich sein würde. Existiert bereits ein rechtskräftiges Urteil gegen den Rechtsvorgänger, dessen Rechtskraft sich auf den Rechtsnachfolger erstreckt, steht einer Klage gegen diesen bereits die Rechtskraft entgegen.300 – bei einer Klage, wenn die Ausfertigung verloren gegangen und eine Zweitausfertigung gem. § 733 möglich ist, es sei denn, der nicht rechtskraftfähige Titel ist nicht mehr vorhanden und kann auch nicht beschafft werden. Dann steht auch einer erneuten Klage bei einem rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreit die Rechtskraft nicht entgegen.301 Wurde nur eine einstweilige Anordnung (§ 794 Ab. 1 Nr. 3a)302 oder eine einstweilige Verfügung303 erwirkt, so bleibt eine zusätzliche Hauptsacheklage zulässig bzw muss sogar durchgeführt werden (§§ 936, 926 Abs. 2), da in den summarischen Verfahren nicht rechtskräftig über den geltend gemachten Anspruch entschieden wird. Dies gilt im einstweiligen Verfügungsverfahren auch dann, wenn der Antragsgegner auf die Erzwingung des Hauptsacheverfahrens verzichtet hat, weil er noch weitere Einwendungsmöglichkeiten hat (vgl. §§ 936, 927).304 Nur für den Fall, dass er durch eine unbedingte sog. Abschlusserklärung305 auf sämtliche Rechtsbehelfe verzichtet, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Hauptsacheklage.306 Der Klage des Verkäufers gegen den Käufer auf Vornahme der Bestimmung gem. § 375 Abs. 1 HGB fehlt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Rdn. 68).307 Die Fristsetzung und die dann mögliche Ersatzvornahme durch den Verkäufer gem. § 375 Abs. 2 HGB stellen den gesetzlich vorgegebenen Rechtsschutz dar, gerichtliche Hilfe ist zur Durchsetzung nicht erforderlich. Gleiches muss für eine Klage auf Vornahme der Leistungsbestimmung im Rahmen des allgemeinen § 315 Abs. 1 BGB gelten; auch hier fehlt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis.308 Insoweit regelt § 315 Abs. 3 S. 2 BGB unter anderem bei Verzögerung den speziellen Rechtsschutz, der die Entscheidung ausschließlich dem Gericht in Form einer richterlichen Ersatzleistungsbestimmung „durch Urteil“ zuschreibt. Hat der Kläger die Möglichkeit der Einsicht in die Unterlagen, deren Inhalt er auf dem Klagewege eidesstattlich versichert haben will, fehlt der Klage das Rechtsschutzbedürfnis.309 299 299
1 Vgl. BGH NJW 1987, 2863. 2300300 BGH NJW 1985, 1711, 1712; Thannhäuser S. 37; aA noch BGH NJW 1957, 1111, der das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Fall verneint hat. 301 3 301 BGHZ 93, 287, 289 = NJW 1985, 1711, 1712; aA BGHZ 4, 314, 321 = NJW 1952, 705 (fehlendes Rechtsschutzbedürfnis); OLG Köln OGHZ 1, 213, 214. 302 302 4 BGH FamRZ 1983, 355 (zu § 620 Nr. 6). 303 5 303 BGH NJW-RR 1989, 426; BGH GRUR 1973, 208, 209; BGH GRUR 1967, 611, 612; BGH GRUR 1964, 274, 275.
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BGH NJW-RR 1989, 426; eingehend Pohlmann GRUR 1993, 361, 367 mwN. 305 305 7 Zu den Anforderungen an eine solche Abschlusserklärung vgl. BGH GRUR 2005, 692, 694. 306 8 306 BGH GRUR 1991, 76, 77. 307 307 9 Staub/Koller HGB4 (2004) § 375 Rdn. 14 mwN; Koller/Roth/Morck/Roth HGB6 (2007) § 375 Rdn. 2; Baumbach/Hopt HGB33 (2008) § 375 Rdn. 5; Ebenroth/Boujong/Joost/Müller HGB (2001) § 375 Rdn. 17; Schönke AcP 150 (1949), 216, 225. 308 10308 Staudinger/Rieble BGB (2004) § 315 Rdn. 299. 309 11309 BGHZ 55, 201, 206 f. = NJW 1971, 656, 657.
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Dem Kläger ist das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich dann nicht abzusprechen, wenn der begehrte Erfolg auf außerprozessualem Weg durch Selbsthilfe310 erreicht werden kann. Der Kläger darf nicht auf „irgendwelche Selbsthilfemöglichkeiten“ verwiesen werden, sondern ist berechtigt, seine – angeblichen – Ansprüche gerichtlich zu verfolgen.311 Sieht das Gesetz Selbsthilfemöglichkeiten vor (§ 229 als allgemeine Regelung im BGB, §§ 562b Abs. 1, 581 Abs. 2, 704, 859, 860, 910, 962 BGB, § 50 Abs. 3 GmbHG312 im speziellen), schließt dies das Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig nicht aus. Die erlaubte Selbsthilfe besitzt Ausnahmecharakter und steht somit nicht in einem Exklusivitätsverhältnis zum staatlichen Rechtsschutz − sie ist als „private Zwangsvollstreckung“313 nur ausnahmsweise neben dem Klageweg zulässig. Im Übrigen kann der Gläubiger nicht gezwungen werden, sich aus seinen Sicherheiten, wie z.B. einem Pfandrecht, zu befriedigen, statt eine Klage auf Zahlung zu erheben.
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(b) Unzweckmäßige Prozesse. Das Rechtsschutzinteresse fehlt nach allgemeinen Regeln, wenn der Kläger sein Rechtsschutzziel auf einfacherem und billigerem Wege erreichen kann.314 Bietet das Gesetz für eine Rechtsverfolgung mehrere prozessuale Möglichkeiten, ist jedoch in der Regel die Wahlfreiheit zwischen den Rechtsbehelfen gewollt.315 Diese kann nur dann eingeschränkt werden, wenn sich die verschiedenen Verfahren eindeutig und erheblich316 nach Einfachheit, Schnelligkeit und Kostenaufwand unterscheiden, zugleich aber die Verfahrensergebnisse im Wesentlichen gleichwertig sind.317 Um dies festzustellen, ist die Zweckmäßigkeit beider prozessualer Wege unter Anlegung eines strengen Maßstabes318 umfassend zu vergleichen.319 Auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg darf der Rechtssuchende jedoch nicht verwiesen werden, so dass ein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes das berechtigte Interesse für eine Klage nur dann entfallen lässt, wenn es wenigstens vergleichbar sicher oder wirkungsvoll alle erforderlichen Rechtsschutzziele herbeiführen kann.320 Dagegen handelt es sich anders als bei der soeben beschriebenen alternativen Wahl eines Rechtsbehelfs bei der gleichzeitigen Inanspruchnahme zweier Rechtsschutzmöglichkeiten mit gleichem Streitgegenstand um ein Problem der Rechtshängigkeit. Nacheinander verfolgte verschiedene Rechtsschutzmöglichkeiten über den gleichen Streitgegenstand betreffen das Problem der Rechtskraft − ein Rückriff auf das Rechtsschutzbedürfnis entfällt.321 Handelt es sich nicht um den gleichen Streitgegenstand, kann das Rechtsschutzbedürfnis betroffen sein.
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Schünemann Selbsthilfe im Rechtssystem (1985), S. 9 ff. 2311311 BGH GRUR 1960, 384, 386; OLG Celle NJWRR 1987, 447, 448 (Rechtsschutzbedürfnis für eine Sicherungsverfügung gem. § 935 ZPO bei Bestehen eines Selbsthilferechts gem. § 562b Abs. 1 BGB). 312 312 3 Vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG18 (2006) § 50 Rdn. 11; aA Scholz/K. Schmidt/Seibt GmbHG10 (2007) § 50 Rdn. 31 mwN: kein Rechtsschutzinteresse wegen § 50 Abs. 3 GmbHG. 313 4 313 Heyer Archiv für Bürgerliches Recht 19 (1901), S. 38, 40; Staudinger-Symposion 1998/Werner S. 48. 314 314 5 BGH NJW 1996, 2035, 2036; BGH NJW 1994, 1351, 1352; BGHZ 111, 168, 171 = NJW 1990, 2060, 2061; BGH NJW 1979, 1508; BGHZ 55, 201, 206 = NJW 1971, 656, 657; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 30; aA Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 107, der auf eine
Verfahrenszuständigkeit abstellen will mit der Möglichkeit des Gerichts, den Rechtsstreit in das spezielle Verfahren abzugeben; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 224, nach dessen Ansicht nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, sondern ein Mangel der speziellen in Betracht kommenden Prozessvoraussetzung vorliegt. 315315 6 BGH NJW 1987, 2863; BGH NJW 1979, 1508; BAG AP Nr. 104 zu § 613a BGB = NZA 1994, 612 = NJW 1995, 73; vgl. auch Stephan S. 35; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 223; aA Schönke S. 31. 316316 7 BGH NJW 1987, 2863; vgl. dazu auch Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 101. 317317 8 BGH NJW 1979, 1508; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 223; Stephan S. 36; Wieser S. 147. 318318 9 OLG Saarbrücken FamRZ 1980, 385. 319319 10 BGH NJW 1994, 1351, 1352; Wieser S. 144. 320320 11 BGH NJW 1994, 1351, 1352. 321321 12 Vgl. Stephan S. 37; Thannhäuser S. 61, 66 ff.
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Für die Klage auf Erstattung von Prozesskosten (materiellrechtliche Kostenerstattungsklage) kann ein Rechtsschutzbedürfnis nur insoweit anerkannt werden, als sich der geltend gemachte Anspruch nicht mit dem im Kostenfestsetzungsverfahren verfolgbaren prozessualen Kostenerstattungsanspruch deckt,322 z.B. nicht erstattungsfähige Prozesskosten323 oder nicht sicher oder nicht vollständig vom Kostenfestsetzungsverfahren erfasste Vorbereitungskosten (vgl. § 91 Rdn. 10).324 Grds. besteht ein Wahlrecht zwischen dem Klageverfahren zur Durchsetzung des Anspruchs aus § 894 BGB und dem Verfahren gem. § 22 GBO.325 Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Berichtigungsklage aus § 894 BGB ist jedoch zu verneinen, wenn am Erfolg des einfacheren Verfahrens gem. § 22 GBO evident keine Zweifel bestehen.326 Die Möglichkeit der Erwirkung einer einstweiligen Anordnung auf Prozesskostenvorschuss gem. § 127a nimmt einer Leistungsklage auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses nicht das Rechtsschutzbedürfnis.327 Da die nicht rechtskraftfähige einstweilige Anordnung lediglich auf Grund einer summarischen Prüfung ergeht, fehlt es schon an der Gleichwertigkeit der Verfahrensergebnisse und damit an derselben Rechtsschutzwirkung. Andererseits führt der Vorrang und damit die verdrängende Wirkung der einstweiligen Anordnung (§ 127a und §§ 620 ff.) gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die einstweilige Verfügung (§§ 935 ff.) zur Unzulässigkeit der einstweiligen Verfügung, wenn die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung vorliegen328 oder wenn ohne Weiteres ein Hauptsacheverfahren eingeleitet werden kann.329 Allerdings handelt es sich hier nicht um eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses,330 sondern um eine Frage der Spezialität.331 Einem Sachantrag auf streitige Entscheidung fehlt grundsätzlich332 das Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein Verzicht des Klägers (§ 306)333 oder ein Anerkenntnis des 1322322 BGH NJW 1990, 122, 123; BGHZ 111, 168, 171 = NJW 1990, 2060, 2061; BGHZ 75, 230, 235 = NJW 1980, 119, 120; RGZ 130, 217, 218; OLG München NJW 1971, 518; aA OLG Nürnberg JurBüro 1978, 118; Schneider MDR 1981, 353, 359 f. 323 2 323 Vgl. dazu OLG Hamburg JW 1931, 1822 (Zinsen für verauslagte Gerichts- und Anwaltskostenvorschüsse); Gödicke JurBüro 2001, 512, 513. 324 3 324 BGHZ 111, 168, 171 = NJW 1990, 2060, 2061 (Detektivkosten); BGH WM 1987, 247, 248; weitergehend OLG Frankfurt JurBüro 1983, 283; Zöller/Herget vor § 91 Rdn. 12; Gödicke JurBüro 2001, 512, 513; Schneider MDR 1981, 353, 355 (Wahlrecht bei allen Vorbereitungskosten). 325 325 4 BGH NJW 1962, 963 (hier allerdings fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für Klage auf Zustimmung zur Löschung eines Amtswiderspruchs, der keinen Berechtigten bezeichnete und deshalb gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO von Amts wegen zu löschen war); RG JW 1923, 750 (Nr. 3) mit Anm. Heymann; RG Warn 1914 Nr. 126. 326 326 5 OLG Frankfurt NJW 1969, 1906; OLG Zweibrücken NJW 1967, 1809 (Unrichtigkeitsnachweis durch eine im Besitz des Berechtigten befindliche Urkunde); Staudinger/Gursky BGB (2002) § 894 Rdn. 6; aA Hoffmann NJW 1970, 148; Thannhäuser S. 45; Wieser S. 19.
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327 327 6 BGH NJW 1979, 1508; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1215; OLG Hamm NJW 1978, 2103. 328 7 328 BGH NJW 1979, 1508; OLG Hamm FamRZ 2001, 358. 329 8 329 OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1215, 1216 (noch fehlende Anhängigkeit der Hauptsacheklage); Stein/Jonas/Bork § 127a Rdn. 1; aA OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 106, 107. 330 9 330 OLG Koblenz NJW-RR 1989, 904, 905 mit dem Argument, dass ansonsten eine zulässige einstweilige Verfügung wegen später wegfallenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig würde, wenn im laufenden Verfügungsverfahren eine einstweilige Anordnung möglich wird. 331 331 10 BGH NJW 1979, 1508; OLG Frankfurt FamRZ 1979, 537, 538 („lex specialis“); Gießler FamRZ 1986, 958, 959 mwN; aA Schönke AcP 150 (1949), 216, 229 (fehlendes Rechtsschutzbedürfnis). 332 11332 Ausnahme bei Musterprozess: Kempf ZZP 73 (1960), 342, 361 (das Rechtsschutzbedürfnis für den Sachantrag auf streitgemäßes Urteil bleibt bestehen); aA MünchKomm/Musielak § 307 Rdn. 19. 333 12333 BGHZ 49, 213, 217 = NJW 1968, 503 f. (Erlass eines Verzichtsurteils auch dann, wenn Beklagter den Verzicht nicht annimmt und ein Urteil in der Streitsache beantragt); § 306 verlangt für den Er-
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Beklagten (§ 307)334 vorliegt. Mit dem Anerkenntnis bzw Verzicht entfällt der Anspruch auf ein streitiges Urteil. Das Rechtsschutzbedürfnis ist für eine Klage eines Anwalts auf Zahlung der Anwaltsgebühren zu verneinen, wenn ein Festsetzungsverfahren nach § 11 Abs. 1, 5 RVG möglich ist und keine außergebührenrechtlichen Einwendungen bzw Einreden erhoben werden.335 Ebenso fehlt der Klage des Notars das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Kostenberechnung nach §§ 154, 155 KostenO erfolgen kann.336 Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Rechtsbehelf fehlt deshalb grundsätzlich für – die Leistungsklage auf Rückgabe der Sicherheit oder Feststellung des Erlöschens der Bürgschaft statt des Verfahrens gem. § 109, wenn nur über formelle Einwendungen gestritten wird, die auch im Verfahren nach § 109 geklärt werden könnten. Dies gilt nicht, wenn es um materiellrechtliche Fragen gehen könnte.337 Einer Klage auf Austausch von Prozessbürgschaften fehlt trotz der Möglichkeit des Verfahrens nach § 108 nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da dieses Verfahren gegenüber der Klage nicht der einfachere und schnellere Weg ist.338 – die Klage auf Abgabe eines Angebots durch die Gegenseite, wenn der Kläger auf Grund eines Vorvertrags, in dem der Hauptvertrag bereits vollständig ausformuliert ist, den Abschluss des Hauptvertrags erzwingen kann und deshalb die Klage auf Annahme eines Angebots des Klägers zu richten ist.339 – die Klage des Insolvenzgläubigers gegen den Gemeinschuldner, obwohl die Forderung ohne Widerspruch des Gemeinschuldners zur Tabelle festgestellt werden kann (§ 178 InsO). Dies gilt nicht, wenn mit einem Widerspruch des Gemeinschuldners gem. § 178 InsO zu rechnen ist.340 – die Klage auf Änderung eines Unterhaltstitels über Spitzenbeträge statt der Reduzierung des freiwillig gezahlten Sockelbetrages ohne Änderung des Vollstreckungstitels;341 – die Klage des Drittschuldners auf Feststellung der Unwirksamkeit des Pfändungsbeschlusses, obwohl ihm gemäß § 766 die Erinnerung gegen den Pfändungsbeschluss zusteht.342 Gleiches gilt für eine negative Feststellungsklage eines Drittschuldners auf Nichtbestehen der gepfändeten Forderung, soweit er noch nicht erfolglos gem. §§ 840, 843 vorgegangen ist.343
lass eines Verzichtsurteils nur einen Abweisungsantrag (Sachantrag) des Beklagten, vgl. BTDrucks.14/4722 S. 84. 334 334 1 BGHZ 10, 333, 336 = NJW 1953, 1830, 1831; BT-Drucks. 14/4722 S. 84 r. Sp.: es ist kein besonderer Antrag des Klägers auf Anerkenntnisurteil erforderlich – insoweit folgt der Gesetzgeber der überwiegenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung; aA noch Bötticher JZ 1954, 243, 244; Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 103, der bei Anerkenntnis und Verzicht eine „prozessuale Überholung“ annimmt. 335 335 2 BGH NJW 1981, 875, 876 (Mahnantrag); BGHZ 21, 199, 201 = NJW 1956, 1518; OLG Frankfurt NJW 1954, 764. 336 3 336 KG DNotZ 1990, 408, 410; LG Detmold DNotZ 1965, 317; anders aber LG Köln MDR 1978, 679 für den Fall der Scheckausstellung und -hingabe
durch den Schuldner zur Erfüllung der Kostenforderung: hier könne der scheckrechtliche Anspruch im Wege der Scheckklage durch den Notar verfolgt werden. 337337 4 BGH NJW 1994, 1351, 1352; OLG Düsseldorf OLGZ 1994, 439, 441 f.; aA Pecher WM 1986, 1513, 1515 (§ 109 nimmt nie einer Klage das Rechtsschutzbedürfnis). 338338 5 OLG Düsseldorf OLGZ 1994, 439, 445. 339339 6 BGH NJW 1984, 479, 480. 340340 7 BGH NJW 1996, 2035, 2036 = LM Nr. 3 zu § 12 KO (Walker) (Verzicht des Gläubigers auf Teilnahme am Insolvenzverfahren). 341341 8 BGH NJW 1993, 1995, 1996. 342342 9 BGHZ 69, 144, 147 f. = NJW 1977, 1881 (Ausnahme, wenn Klage auf Schadensersatz vorbereitet wird). 343343 10 BGHZ 69, 144, 149 f. = NJW 1977, 1881.
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– für eine auf § 574a Abs. 2 BGB gestützte Widerklage gegen die Räumungsklage des Vermieters wegen § 308a.344 – für eine Leistungsklage auf Rückerstattung der auf einen nichtigen Prozessvergleich gezahlten Vergleichssumme; es muss der ursprüngliche Prozess fortgeführt werden.345 Grundsätzlich hat der Kläger das Wahlrecht, ob er Berufung einlegt oder die Vollstreckungsgegenklage erhebt.346 Einer Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis, wenn bereits ein Berufungsverfahren anhängig ist347 und die Einwendungen (§ 767 Abs. 2), auf die die Klage gestützt wird, in dem Berufungsverfahren geprüft werden können.348 Eine Abänderungsklage gem. § 323 ist zulässig, auch wenn eine Berufung möglich ist.349 Ist die Berufung anhängig und stützt sich die Abänderungsklage auf Gründe, die zwar nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz entstanden sind, aber durch den Berufungskläger noch im Rahmen der zulässigen Berufung350 bzw durch Anschließung an die vom Gegner eingelegte Berufung mittels Erweiterung des Klageantrags hätten geltend gemacht werden können, dann ist die Abänderungsklage unzulässig.351 Dies ergibt sich jedoch nicht aus dem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis,352 sondern aus dem in § 323 Abs. 2 geregelten Konkurrenzverhältnis.353 In folgenden Fällen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis nicht: – einer Klage auf Anpassung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (auf Abgabe der entsprechenden Willenserklärung) fehlt − anders als vor der Schuldrechtsreform354 und der Normierung eines solchen Anspruchs durch § 313 Abs. 1 BGB − nicht das Rechtsschutzbedürfnis,355 auch wenn der Gesetzgeber356 eine direkte Klage auf angepasste Leistung zulassen will. Die Klage auf Anpassung des Vertrages kann, obwohl dann noch aus der Anpassung auf Leistung geklagt werden müsste,357 unter Umständen weitgehender zur Befriedigung der Parteien beitragen, wenn sie nicht allein den einzelnen streitigen Leistungsanspruch betrifft, sondern das gesamte Vertragsverhältnis einschließlich etwaiger Nebenabreden (vgl. § 253 Rdn. 81, § 254 Rdn. 26).358 – einer Klage, wenn die Durchsetzung des Anspruchs auch durch einstweilige Anordnung oder Verfügung möglich ist.359 1344344 Staudinger/Rolfs BGB (2006) § 574a Rdn. 10; Bamberger/Roth/Hannappel BGB (01.11.2007) § 574a Rdn. 17; aA Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht9 (2007) § 574a Rdn. 19. 345 345 2 BGHZ 142, 253, 255 f. = NJW 1999, 2903. 346 3 346 BGH NJW 1975, 539, 540. 347 4 347 BAG NJW 1980, 141 (Berufung nicht zurückgenommen oder nicht als unzulässig verworfen). 348 5 348 BAG NZA 1985, 709, 710; KGR Berlin 1997, 11; OLG Hamm ZIP 1993, 523; OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 31, 32. 349 6 349 BGHZ 96, 205, 209 = NJW 1986, 383; OLG Bamberg NJW-RR 1990, 74. 350 7 350 OLG Koblenz FamRZ 1988, 302. 351 351 8 BGHZ 96, 205, 207 = NJW 1986, 383, 384; OLG Hamm FamRZ 1996, 1088, 1089. 352 9 352 So aber Stein/Jonas/Leipold21 § 323 Rdn. 30; Thomas/Putzo/Hüßtege § 323 Rdn. 20. 353 10353 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 110; Thannhäuser S. 58.
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354 11354 BGHZ 91, 32, 36 f. = NJW 1985, 126, 127. 355 12355 Dauner-Lieb/Dötsch NJW 2003, 921, 926 Fn. 67; MünchKommBGB5/Roth (2007) § 313 BGB Rdn. 90; zur Wandlung gem. § 462 a.F. BGH NJW 1997, 3164, 3165 (Anspruch auf Wandlung); aA AnwK-BGB/Krebs (2005) § 313 Rdn. 91; Rösler ZGS 2003, 383, 388. 356 356 13 BT-Drucks. 14/6040 S. 176 li. Sp. 357 14357 Schmidt-Kessel/Baldus NJW 2002, 2077: analoge Anwendung der Vorschriften über die Stufenklage gem. § 254; zustimmend Dauner-Lieb/ Dötsch NJW 2003, 921, 926; aA Rösler ZGS 2003, 383, 388. 358 358 15 Dauner-Lieb/Dötsch NJW 2003, 921, 926; Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2004, 76, 79; SchmidtKessel/Baldus NJW 2002, 2076, 2077. 359 16359 BGH GRUR 1973, 208, 209; BGH GRUR 1967, 611, 612; BGH GRUR 1964, 274, 275; OLG Hamm NJW-RR 1991, 1335 f. (zum Wettbewerbsprozess); OLG Saarbrücken FamRZ 1980,
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– zum Verhältnis von Leistungs- und Feststellungsklage vgl. § 256 Rdn. 189 ff. – Das Rechtsschutzbedürfnis ist für eine im Rahmen des Kündigungsrechtsstreits (§ 4 KSchG) gleichzeitig begehrte Verurteilung auf Weiterbeschäftigung zu bejahen;360 die Verfahrensergebnisse sind insoweit nicht gleichwertig, da der Kläger aus dem obsiegenden Feststellungsurteil keinen unmittelbar im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzbaren Beschäftigungsanspruch herleiten kann. – Eine Unterlassungsklage scheitert nicht deshalb am Rechtsschutzbedürfnis, weil die zu unterlassende Handlung schon durch ein Strafgesetz verboten ist und deshalb auch ein strafrechtlicher Schutz besteht.361 Gleiches gilt, wenn für den gleichen Sachverhalt der Rechtsweg in das berufsgerichtliche Verfahren möglich ist.362 – Im Wettbewerbsprozess stellt die Geltendmachung einer sich aus einer strafbewährten Unterlassungserklärung ergebenden Vertragsstrafe keinen einfacheren Weg gegenüber der Unterlassungsklage dar,363 da beide auf unterschiedliche Ziele gerichtet sind und das Unterlassungsurteil wegen der Vollstreckungsmöglichkeit gem. § 890 einen umfassenderen Rechtsschutz gewährt (vgl. auch Rdn. 97). – Die Möglichkeit eines Widerrufs oder einer Gegendarstellung schließt den Unterlassungsanspruch nicht aus.364 Gleiches gilt für die Widerrufsklage, wenn bereits eine Berichtigung oder eine veröffentlichte Gegendarstellung vorliegt. Umgekehrt fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Gegendarstellung, wenn ein Widerruf auf Grund eines Anerkenntnisurteils bereits erfolgt ist.365 Das Rechtsschutzbedürfnis für die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage fehlt auch dann nicht, wenn ein Mitbewerber oder Verband wegen einer Wettbewerbsverletzung des Konkurrenten bereits auf Unterlassung geklagt und eine einstweilige Verfügung erwirkt hat.366 – Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch nicht für eine Leistungsklage, wenn eine Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 731 möglich ist,367 da es sich in beiden Fällen um ein normales Klageverfahren mit gleichem Prüfungsumfang handelt, so dass von einem einfacheren Rechtsbehelf keine Rede sein kann. Auch die Klage auf Herausgabe des Titels und die Klage gem. § 767 sind auf unterschiedliche Ziele gerichtet,368 insoweit hat der Kläger die Wahl. Zu beachten ist allerdings eine eventuell entgegenstehende Rechtskraft. – Einer zivilrechtlichen Beseitigungsklage fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein Verwaltungsakt auf Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes und 385, 386 (Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 statt Abänderungsverfahren gem. § 620b); Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren9 (2007) Kap. 51 Rdn. 58. 360 360 1 BAG AP Nr. 5 zu § 611 BGB (Gründe zu III 1; Beschäftigungspflicht); aA noch LAG Hamm BB 1970, 757. 361 2 361 RG JW 1937, 2352; RGZ 156, 372, 377; RGZ 138, 219, 232; RGZ 116, 151, 152 f.; Schönke AcP 150 (1949), 216, 227; anders Henckel AcP 174 (1974), 97, 118 ff., der die Klagen auf Unterlassung strafbarer Handlungen nur auf typische Fallgruppen (Ehrverletzungen, unlauterer Wettbewerb) begrenzt, da sie nur um ihrer Warnfunktion willen zulässig sind. 362 3 362 BGH GRUR 1982, 239; BGH GRUR 1981, 596, 597.
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BGH NJW 1983, 1060 mwN; BGH GRUR 1980, 241, 242; OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 198, 199; KG WRP 1976, 376, 377; vgl. auch Lindacher GRUR 1975, 413, 417; aA OLG München GRUR 1980, 1017, 1018; OLG Hamburg GRUR 1974, 108, 109 (beide Wege sind grds gleichwertig – kein Rechtsschutzbedürfnis für ein zusätzliches gerichtliches Verbot). 364364 5 Vgl. BGHZ 66, 182, 187 ff. = NJW 1976, 1198, 1199; von Gamm NJW 1979, 513, 518. 365365 6 OLG München OLGZ 1969, 438, 439. 366366 7 BGH GRUR 1960, 379, 381. 367367 8 BGH NJW 1987, 2863; anders noch RGZ 88, 267, 270. 368368 9 Vgl. BGH NJW 1994, 1161, 1162.
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dessen Vollstreckung durch die Verwaltungsbehörde den Gläubiger befriedigen würde.369 Beide Rechtsbehelfe betreffen unterschiedliche Interessen. – Besteht die Möglichkeit im Adhäsionsverfahren einen Anspruch geltend zu machen, so kann das Rechtsschutzbedürfnis für die Zivilklage nicht verneint werden.370 Ein solches Vorrangverhältnis wäre für den Rechtssuchenden auch wegen § 406 Abs. 1 S. 3, 4, 5 StPO unzumutbar. – Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch nicht für massenhaft anhängig gemachte Verfahren, wenn stattdessen ein Musterprozess auf Grund einer Musterprozessvereinbarung371 hätte durchgeführt werden können.372 Ist ein vereinbarter Musterprozess rechtshängig und wird trotzdem eine Parallelklage erhoben, steht der Zulässigkeit allein die vermeintliche Musterprozessvereinbarung entgegen (vgl. Rdn. 151).
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(c) Zweckwidrige Prozesse. Rechtsschutz soll nur demjenigen gewährt werden, der schutzwürdige Interessen verfolgt und diese nicht missbraucht.373 Bemüht der Kläger die Gerichte als Teile der Staatsgewalt unnütz oder unlauter oder nutzt er ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele aus, so ist die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen.374 Auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder das Schikaneverbot (§ 226 BGB)375 braucht hier nicht zurückgegriffen werden, da das Prozessrecht mit dem Rechtsschutzbedürfnis ein eigenes Missbrauchskriterium besitzt.376 Zu weit geht jedoch die positiv formulierte Forderung, das Rechtsschutzbedürfnis setze subjektiv den Wunsch nach einem Urteil sowie Rechtsschutzwillen voraus.377 Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn die Klage objektiv schlechthin sinnlos und damit missbräuchlich ist, so dass der Kläger unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann.378 – Dies gilt bei einer Widerklage auf Abwehr (Unterlassung) prozessualer Äußerungen zur Rechtsverfolgung des Klägers.379 – Es fehlt jedoch nicht am Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Verletzte nach Anrufung der Einigungsstelle gem. § 15 UWG während des Einigungsverfahrens Klage erhebt.380 369 1 369 OLG Köln NJW-RR 1995, 336, 337. 370 2 370 So bereits Schönke AcP 150 (1949), 216, 226. 371 3 371 Ein Musterverfahren ist auch von Gesetzes wegen nach dem Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG) möglich, BGBl I 2005 S. 2437; Begründung zum Entwurf, BT-Drucks. 15/5091, S. 11 ff. Hier müssen die Betroffenen jedoch klagen, um Partei eines Musterverfahrens werden zu können. Sollte sich das KapMuG bewähren, könnte die Grundidee in die ZPO übernommen werden, Zypries, ZRP 2004, 177, 179. 372 4 372 LAG Düsseldorf/Köln EzA Nr. 10 zu § 83 ArbGG mit Anm. Dütz; vgl. Stürner JZ 1978, 499, 501. 373 373 5 Vgl. BFHE 175, 7, 11 = BFH AP Nr. 33 zu § 551 ZPO = NJW 1995, 1048 (LS); zum Teil werden diese Fälle als Verstoß gegen den auch im Prozessrecht zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben angesehen. 374 6 374 BGH NJW 1978, 2031, 2032 (spricht von „engen
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Voraussetzungen“); BGHZ 54, 181, 184 = NJW 1970, 2023, 2024. 375 375 7 Vgl. Scheffler JR 1993, 170, 172; Teichmann JuS 1990, 269, 270. 376 8 376 Stephan S. 47 f. spricht vom „Hausgut des Rechtsschutzbedürfnisses“; Thannhäuser S. 82; aA Pohle FS Lent (1957), S. 195, 221, 227 f. (Treu und Glauben); schließlich Baumgärtel ZZP 69 (1956), 89, 103, mit dem Hinweis, dass dies nur eine terminologische Frage sei; ebenso Pfister S. 40 f., 193. 377 9 377 So aber Wieser S. 40, 43. 378 378 10 BGH NJW 1996, 2035, 2037 = LM Nr. 3 zu § 12 KO (Walker). 379 11379 BGH NJW 1987, 3138, 3139; OLG Hamm NJOZ 2004, 2129, 2130 (Ausnahme: eine bewusst falsche, zur Ruf- oder Kreditschädigung des Gegners missbrauchte Behauptung); aA Walter NJW 1987, 3140 (Fall der entgegenstehenden Rechtshängigkeit).
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– Einem (einverständlichen) Scheinprozess381 muss das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden, da eine zweckwidrige und missbräuchliche Inanspruchnahme des Gerichts vorliegt. – Die Anfechtungsklage gegen ein Ausschlussurteil gem. § 957 zum Zwecke der Vereitelung des rechtskräftig festgestellten Anspruchs ist missbräuchlich.382 – Die durch die Rechtsverfolgung allein bezweckte Erzielung von Anwaltsgebühren lässt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage entfallen.383 Als missbräuchliche Klage könnte auch die Geltendmachung eines vertraglichen Unterlassungsanspruchs angesehen werden, wenn die Gefahr einer erstmaligen Zuwiderhandlung offensichtlich nicht besteht und damit auch kein erkennbares Interesse an der gerichtlichen Entscheidung. Hier würde es bereits an dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis fehlen, einer analogen Anwendung des § 259 bedürfte es deshalb nicht.384 Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass die Unterlassungsklage der einzige Weg ist, um bereits gegen den ersten Verletzungsakt gem. § 890 vorgehen zu können. Der Schuldner ist hinreichend gem. § 93 geschützt. Aus diesem Grund ist das Rechtsschutzbedürfnis zur Durchsetzung eines vertraglichen Unterlassungsanspruchs auch dann zu bejahen, wenn keine Zuwiderhandlung droht.385 Bei den gesetzlichen Unterlassungsansprüchen ist die Wiederholungsgefahr bzw Erstbegehungsgefahr dagegen materiellrechtliche Voraussetzung und keine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. dazu § 259 Rdn. 34).386 Ist das Hauptmotiv des Klägers bei einer Leistungsklage nicht der Erhalt eines Titels, sondern z.B. die Klärung einer Rechtsfrage, so fehlt der Leistungsklage nicht das Rechtsschutzbedürfnis.387Von einer unnützen oder unlauteren Inanspruchnahme der Gerichte als Teil der Staatsgewalt und damit Missbrauch ist hier noch nicht auszugehen. Eine Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss mit dem Zweck, die AG zu einem Abkauf des Anfechtungsrechts zu zwingen, ist nicht unzulässig, allenfalls unbegründet.388 Der aktienrechtlichen Nichtigkeitsklage gem. § 249 AktG 380 380
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Pohlmann GRUR 1993, 361, 364; aA Hefermehl/ Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 15 Rdn. 30, der nur dann das Rechtsschutzbedürfnis bejaht, wenn der Verletzer die Einigungsstelle angerufen und der Verletzte nicht zugestimmt hat, da diesem das Einigungsverfahren nicht aufgezwungen werden kann; ebenso differenzierend Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren9 (2007) Kap. 42 Rdn. 39 ff.; Köhler WRP 1991, 617, 618 (venire contra factum proprium). 381 2 381 Dazu Pohle FS Lent (1957) S. 195, 201; Baumgärtel ZZP 69 (1956), 89, 102 f., der den Scheinprozess jedoch als selbständigen Unzulässigkeitsgrund ansieht. 382 3 382 RGZ 155, 72, 75. 383 4 383 OLG Hamm NJW 1992, 1333 (im konkreten Fall aber verneinend); OLG Düsseldorf WRP 1983, 159, 160. 384 384 5 BGH NJW 1999, 1337, 1338 (Der vertragliche Unterlassungsanspruch setzt keine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr voraus.); BGH NJW-RR 1989, 263, 264 (die analoge Anwendung des § 259 offenlassend); Pohlmann GRUR 1993, 361, 364; aA BGH GRUR 1956, 238, 240: § 259
direkt, da stets Klage auf künftige Leistung; Schimmelpfennig GRUR 1974, 201, 204: § 259 direkt; Pastor GRUR 1974, 423, 430: § 259 direkt; Lindacher GRUR 1975, 413, 419: § 259 analog; vgl. dazu § 259 Rdn. 35. 6385385 So zutreffend Köhler AcP 190 (1990), 497, 512 f. 7386386 St. Rspr. BGH NJW 2005, 594, 595; BGH NJW 1995, 132, 134 (Immissionsschutzklage); BGHZ 117, 264, 271 f. = GRUR 1992, 612; BGH NJW 1990, 2469, 2470; BGH GRUR 1983, 127, 128; BGH GRUR 1973, 208, 209; Palandt/Bassenge BGB67 (2008) § 1004 Rdn. 32; Ahrens/Ahrens Der Wettbewerbsprozeß5 2005, Kap. 14 Rdn. 9 f.; Henke JA 1987, 350, 356 f.; Pastor GRUR 1969, 331, 335; aA noch BGH GRUR 1966, 157, 159; LG Frankenthal NJW 1955, 263 (die Wiederholungsgefahr stellt gleichzeitig das Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage dar); vermittelnd Jauernig/Jauernig BGB12 (2007) § 1004 Rdn. 11: grds wie h.M., aber das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn die Wiederholungsgefahr schon nicht schlüssig behauptet wird. 387387 8 LG Bonn NJW 1995, 2995, 2996. 388388 9 BGH NJW-RR 1992, 1388, 1389 mwN (Unbegründetheit der Anfechtungsklage); BGH BB
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liegt dagegen kein materielles Gestaltungsrecht zugrunde, weshalb die rechtsmissbräuchlich erhobene oder weiterbetriebene Nichtigkeitsklage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen ist.389 Die durch die Rechtsverfolgung allein bezweckte Erzielung von Anwaltsgebühren lässt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage entfallen.390 Die Erschleichung des Gerichtsstandes bzw die missbräuchliche Gerichtsstandswahl ist keine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern der sachlichen bzw örtlichen Zuständigkeit.391 Zwar ist ein missbräuchlicher subjektiver Zweck schwer nachweisbar392 und die Versagung des Rechtsschutzes allein wegen einer subjektiven Absicht grundsätzlich kaum vertretbar. Jedoch muss in Fällen evidenten Missbrauchs das Rechtsschutzbedürfnis versagt werden, um das Gericht nicht zum „Handlanger“ von missbilligenden Interessen zu machen. Hierunter fallen die in der Literatur393 genannten Fälle der „Verhöhnung der Justiz“ durch querulatorische Klagen394, wenn der Querulant den verfolgten, verfahrensfremden Zweck zum alleinigen Prozesszweck erhebt, wobei die Sachentscheidung für ihn bedeutungslos ist395 und es nicht schon an einer wirksamen Klage fehlt (vgl. § 253 Rdn. 25 und § 271 Rdn. 17 ff.) sowie das „pfennigweise Einklagen der Forderung“396. Teilweise wird unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses die Verwirkung diskutiert.397 Beide Fragen sollten jedoch voneinander getrennt werden.398 Zwar können prozessuale Rechte verwirkt werden.399 Das prozessuale Leistungsklagerecht fällt jedoch nicht darunter,400 da es einen Vertrauensschutz des Gegners gegen eine Inanspruchnahme im Klageweg nicht gibt, wenn der Leistungsklage ein materi-
1962, 426; vgl. RGZ 146, 385, 395 ff. zum Einwand des Rechtsmissbrauchs bei der aktienrechtlichen Anfechtungsklage; aA Teichmann JuS 1990, 269, 271 (fehlendes Rechtsschutzbedürfnis). Näher zu diesem Problemkomplex vgl. BGHZ 107, 296, 308 f. = NJW 1989, 2689, 2691. 389 389 1 OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 805, 806; vgl. auch OLG Stuttgart AG 2003, 165; OLG Stuttgart AG 2001, 315, 316 f.; aA Pfister S. 192 mwN (gestaltungsähnlicher Charakter). 390 2 390 OLG Hamm NJW 1992, 1333 (im konkreten Fall aber verneinend); OLG Düsseldorf WRP 1983, 159, 160. 391 3 391 Vgl. Jacobs GRUR 1988, 786, 787; ebenso Pfister S. 40 ff.; aA OLG Hamm OLGZ 1987, 336, 337 = NJW 1987, 138 f. (Gerichtsstandswahl gem. § 14 Abs. 2 UWG (§ 24 Abs. 2 UWG a.F.), um eine vermeintlich günstige Rechtsprechung eines Obergerichts auszunutzen); offenlassend OLG Köln GRUR 1988, 148, 149. 392 4 392 Vgl. Klag S. 75, 87, der darauf hinweist, dass eine sorgfältige Abwägung zu erfolgen hat und der verfahrensfremde Zweck sich erst nach längerer Prozessdauer herausstellt. 393 393 5 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 117 mwN; Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 103. 394 6 394 Vgl. Dinger Querulatorisches Verhalten im Justizsystem (1988); Klag S. 87 ff.; Baumgärtel ZZP 69 (1956), 89, 102. 395 7 395 Klag S. 87.
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Schönke Rechtsschutzbedürfnis S. 34; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 225, 228; vgl. dazu Stephan S. 48 (pfennigweise Geltendmachung eines Anspruchs mit einer Unzahl von Teilklagen); aA Sauer Grundlagen des Prozeßrechts2 (1929), S. 527, 607 (Abweisung als unbegründet). 397 9 397 LAG Berlin NZA-RR 2003, 409; BGB-RGRK/ Ascheid12 (1997) § 613a Rdn. 275. 398 10398 Vgl. BGH NJW-RR 1990, 886, 887, der die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses ebenfalls getrennt von der Frage, ob die Klageerhebung wegen unzulässigen Rechtsmissbrauchs abzuweisen ist, behandelt; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 120. 399 11399 BGHZ 43, 289, 292 = NJW 1965, 1532 (Verwirkung des Beschwerderechts gem. § 22 LwVG); BayObLG NJW-RR 1997, 389, 390 (Rechtsmittelbefugnis); LG Kiel Rpfleger 1996, 346 (Verwirkung des Beschwerderechts gem. §§ 20, 21 FGG); vgl. auch KG FamRZ 2004, 1805. 400 12400 BGH NJW-RR 1990, 886, 887; BGHZ 48, 351, 354 = NJW 1968, 105, 106; KG OLGZ 1977, 427, 428 f.; Baumgärtel ZZP 75 (1962), 385 ff.; ders. ZZP 86 (1973), 353, 367; Dütz Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz im Privatrecht (1970), S. 192 (es kommt nur auf das Verhältnis Rechtssuchender – Staat bzw Gericht an); Bötticher in Anm. zu BAG AP Nr. 1 zu § 242 BGB – Prozessverwirkung; Zeiss S. 144; vgl. Konzen S. 258 ff.; vgl. Klag S. 80 f.; aA wohl Schilken ZPR Rdn. 151.
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elles Recht zugrunde liegt.401 Sind die Voraussetzungen des Verwirkungstatbestandes bei Klageerhebung gegeben, so ist der materielle Anspruch und nicht die Klagebefugnis betroffen, weshalb allein ein klageabweisendes Sachurteil wegen materieller Verwirkung402 denkbar wäre. Prozessual unverwirkbar sind auch Gestaltungsklagen. Auch hier kommt nur die Verwirkung des materiellen Gestaltungsrechts in Betracht, auch wenn dieses nur auf prozessualem Wege durchgesetzt werden kann.403 Allerdings können nach der Rechtsprechung des BAG404 Feststellungsklagen wegen prozessualer Verwirkung unzulässig sein. Das Klagebegehren ist danach verwirkt, wenn der Kläger die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhebt (Zeitmoment) und dadurch ein Vertrauenstatbestand beim Beklagten geschaffen wurde, er werde nicht mehr gerichtlich belangt werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die nicht innerhalb einer angemessenen Frist erhobene Klage nicht mehr zuzumuten ist.405 Die prozessuale Überholung (prozessuale Erledigung) bzw die Gegenstandslosigkeit (materiellrechtliche Erledigung) werden ebenfalls im Zusammenhang mit dem Rechtsschutzbedürfnis diskutiert.406 Mit der prozessualen Überholung werden Fälle beschrieben,407 bei denen Prozesshandlungen wegen der bereits fortgeschrittenen Prozesslage nicht mehr zulässig sind. Diese Fälle werden hauptsächlich bei der Einlegung von Rechtsmitteln408 und anderen Prozesshandlungen relevant, nicht aber im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses als Sachurteilsvoraussetzung für die Klage.409 Die Gegenstandslosigkeit ist eine Frage der Begründetheit und ebenfalls nicht im Rechtsschutzbedürfnis zu verorten.410
401 1 401 BGH NJW-RR 1990, 886, 887. 402 2 402 Die Verwirkung ist sogar noch nach Rechtshängigkeit möglich, OLG Schleswig NJW-FER 2000, 27 (Der in § 204 Abs. 2 BGB enthaltene allgemeine Rechtsgedanke belegt, dass eingetretene Rechtshängigkeit nicht vor den materiellrechtlichen Rechtsfolgen einer nachlässigen Anspruchsverfolgung schützt); so auch MünchKommBGB5/Roth (2007) § 242 Rdn. 300. 403 3 403 Vgl. Baumgärtel ZZP 75 (1962), 385, 388; Zeiss S. 142 ff. (allerdings differenzierend, da er nicht für alle Gestaltungsklagen ein materielles Gestaltungsrecht annimmt); so auch Konzen S. 267; gegen diese Differenzierung zu Recht Henckel Prozeßrecht und materielles Recht (1970), S. 115. 404 404 4 BAG AP Nr. 6 zu § 242 BGB Prozessverwirkung Gründe zu II 1 = NZA 2000, 540; BAG NZA 1998, 374, 375; BAG NZA 1989, 16; BAGE 11, 353 = NJW 1962, 463 = AP Nr. 1 zu § 242 BGB – Prozessverwirkung, Gründe zu II 1 (Der Kläger begehrte 1960 die Feststellung, dass die ihm gegenüber 1946 ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam sei); LAG Hamm Urt. v. 31.10.1996 – 17 Sa 251/96 = NZA-RR 1997, 422 (LS); ArbG Bielefeld NZA 1985, 187; dazu Kettler NZA 2001, 928, 931 f.; aA Zeiss S. 147 (Verwirkung der Feststellungsklagebefugnis ist mat. Problem); Konzen S. 266; genereller Ausschluss
der Verwirkbarkeit: Baumbach/Lauterbach/ Hartmann Einl. III Rdn. 65; MünchKomm/ Rauscher Einl. Rdn. 35; KG OLGZ 1977, 427, 428 f. (Klagebefugnis bei Leistungs-, Feststellungs- und Gestaltungsklage grds. unverwirkbar); Henckel Prozeßrecht und materielles Recht (1970), S. 115; Bötticher ZZP 75 (1962), 385, 387; ders. ZZP 86 (1973), 353, 367. 5405405 BAG AP Nr. 5 zu § 242 BGB – Prozessverwirkung = NZA 2000, 540, 541. 406406 6 BGH NJW 1982, 2505, 2506; Keidel/Kuntze/ Winkler/Kahl FGG15 (2003) § 19 Rdn. 87; Riedel Die prozessuale Überholung im Zivilprozeß (1973), S. 119 f.; Schönke AcP 150 (1949), 216, 232. 407407 7 Die rein deskriptive Natur dieses Begriffes hebt auch Stephan S. 70 hervor; Riedel S. 118 f. bezieht die prozessuale Überholung nur auf Nebenverfahren, deren Zweck infolge des Fortgangs im Hauptverfahren schon erreicht ist bzw nicht mehr erreicht werden kann. 408408 8 Im FGG-Verfahren: BGH NJW 1982, 2505, 2506; OLG Zweibrücken NZG 2004, 382; Jansen/Briesemeister FGG3 Bd. 1 (2006) § 19 Rdn. 31. 409409 9 Vgl. dazu auch Pohle FS Lent (1957), S. 195, 231 f. 410410 10 Stephan S. 73.
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– Allerdings hat der BGH die Nichtigkeitsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss, dessen Formfehler bereits durch inhaltsgleichen Beschluss beseitigt wurde, wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen.411 – Auch das Reichsgericht hat eine Klage auf Löschung eines Wiederkaufsrechts gem. § 894 BGB, nachdem der Kläger rechtskräftig zur Auflassung aus dem Wiederkaufsrecht verurteilt worden ist, an dem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis scheitern lassen.412 Die Beeinträchtigung iSd § 894 BGB ist jedoch eine materiellrechtliche Voraussetzung, so dass die Klage als unbegründet hätte abgewiesen werden müssen.413
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(d) Lediglich interesselose Klagen. Bei den lediglich interesselosen Klagen ist zwar dem Kläger unter Umständen das Schutzbedürfnis abzusprechen. Da aber der Zivilprozess auch das objektive Recht bewahren will, kann ein mangelndes subjektives Schutzbedürfnis allein, jedenfalls solange es keinen Missbrauch darstellt, kein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis begründen. – Insoweit fehlt der Klage zur Geltendmachung von Kleinstforderungen nicht das Rechtsschutzbedürfnis, es sei denn, es handelt sich um Schikane (Missbrauch).414 – Einer Klage trotz Aussichtslosigkeit der Vollstreckung (vgl. §§ 888 Abs. 3, 888a) wird − auf Grund der Wertung des Gesetzes − das Rechtsschutzbedürfnis zugesprochen,415 auch wenn der Beklagte einer möglichen Verurteilung nicht Folge leisten will.416 Es kann nicht darauf ankommen, ob die Leistung vollstreckbar ist. – Für Klagen gegen völlig Vermögenslose417 mit der Folge, dass die Zwangsvollstreckung aussichtslos ist, sowie für Unterhaltsklagen gegen den Unterhaltsschuldner, obwohl dieser freiwillig Unterhalt zahlt (Titulierungsinteresse),418 ist das Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls zu bejahen. Ist der Mangel des Interesses im materiellen Recht begründet − wird also eine nach § 138 BGB sittenwidrige Leistung419 eingeklagt, ist die Leistung unmöglich,420 bereits bewirkt421 oder die Klage aussichtslos422 – so ist dies keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit. Der Zivilprozess will nicht nur die erlaubten, möglichen und aussichtsreichen rechtlichen Beziehungen der Bürger ordnen, sondern gerade eine
411 1 411 BGHZ 21, 354, 356 = NJW 1956, 1753, 1754. 412 2 412 RGZ 135, 33, 35 f. 413 3 413 Vgl. Staudinger/Gursky BGB (2002) § 894 Rdn. 71. 414 4 414 Buß NJW 1998, 337, 338 f., 344 mwN: prozessuales Interesse besteht trotzdem, solange keine Schikane; Olzen/Kerfack JR 1991, 133, 135 mwN; vgl. auch Marutschke FS Ishikawa (2001), S. 293, 294 ff.; aA AG Stuttgart NJW 1990, 1054 (kein Rechtsschutzbedürfnis für Klage auf Zahlung von 0,41 DM Anwaltsgebühren); Schneider MDR 1990, 893, 895. 415 415 5 RGZ 51, 182, 184 (§ 888 III); MünchKommBGB4/Wacke § 1353 Rdn. 44; aA OLG Düsseldorf MDR 1996, 477 unter Berufung auf BGH NJW 1974, 2317, der allerdings im konkreten Fall das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf Schadensersatzansprüche bejaht hat. 416 6 416 OLG Köln NJW 1966, 1864; Staudinger/Hübner/Voppel BGB (2007) § 1353 Rdn. 152.
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417 417 7 BGH LM Nr. 75 zu § 253 ZPO (Klage eines Nachlassgläubigers). 418 8 418 BGH NJW 1998, 3116 f. mwN; OLG Frankfurt FamRZ 1981, 70; differenzierend Künkel NJW 1985, 2665, 2670; aA Baumbach/Lauterbach/ Hartmann Grundz § 253 Rdn. 40. 419 9 419 OLG Hamburg WRP 1973, 482, 483; Baumgärtel ZZP 69 (1956), 89, 131; Stephan S. 52; aA Schönke S. 34. 420 10420 BGH NJW 1996, 515, 517; aA OLG Schleswig NJW 1982, 2672 f. (Räumungsklage gegen bereits ausgezogenen Mieter); Schönke AcP 150 (1949), 216, 230. 421 421 11 Thannhäuser S. 74 (Frage der Begründetheit); anders BGH MDR 1988, 46 (Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Kläger selbst von der bereits erfolgten Befriedigung seines Anspruchs ausgeht). 422 12422 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 118 b.
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materielle Entscheidung darüber treffen, was rechtens ist. Dies kann jedoch nur in der Begründetheit geschehen, nicht in der Zulässigkeit der Klage.423 3. Die besonderen Prozessvoraussetzungen Für besondere Verfahrensarten stellt das Gesetz neben den allgemeinen noch besondere Prozessvoraussetzungen auf.
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a) Besondere Verfahren. Es bestehen besondere Prozessvoraussetzungen für die Widerklage gem. § 33 (vgl. § 33 Rdn. 19 ff.), die Feststellungsklage gem. § 256 (§ 256 Rdn. 117), die Klagen auf künftige Leistung424 (vgl. § 257 Rdn. 2 ff., § 258 Rdn. 3 ff., § 259 Rdn. 3 ff.), die Abänderungsklage gem. § 323, den Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess (§§ 592 ff., 602, 605a), die Wiederaufnahmeklagen gem. §§ 578 ff., die Drittwiderspruchsklage gem. § 771, die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767, die Klage gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 768, die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung (Zustimmungserfordernis gem. § 558b Abs. 2 S. 1 BGB)425, vgl. Rdn. 67, für Urheberrechtsstreitigkeiten gem. §§ 16 Abs. 1, 14 Abs. 1 WahrnG (Anrufung einer Schiedsstelle),426 gem. § 104 S. 3 SachÄndG, § 14 Nr. 3c PflVersG, § 111 Abs. 2 S. 5 ArbGG, § 37 Abs. 1 ArbEG; § 15 Abs. 10 S. 4 UWG427, § 35 BJagdG.
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b) Das obligatorische Schlichtungsverfahren, § 15a EGZPO. Zur Entlastung der Gerichte hat der Bundesgesetzgeber mit § 15a EGZPO den Landesgesetzgebern die Möglichkeit gegeben, durch Erlass eines entsprechenden Landesgesetzes die Zulässigkeit einer Klage unter bestimmten Umständen von der Durchführung eines vorprozessualen Güteverfahrens abhängig zu machen.428 Besteht die entsprechende landesgesetzliche Regelung,429 so ist die Durchführung der Güteverhandlung und die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung vor Gericht besondere Prozessvoraussetzung, die von Amts wegen zu prüfen ist.430 Umstritten ist die Frage, ob die Klage in
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1 OLG Hamburg WRP 1973, 482, 483 f. 424 2 424 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 15; aA Roth ZZP 98 (1985), 287, 306 f., 312 (§§ 257– 259 sind Begründetheitsnormen, so dass keine Amtsprüfung und eine Abweisung der Klage als unbegründet erfolgt); noch anders Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 97 (§§ 257–259 als Rechtsschutzvoraussetzungen). 425 3 425 Sog. Zustimmungs- oder Überlegungsfrist ist besondere Prozessvoraussetzung, so dass vorher erhobene Klage „zur Zeit“ unzulässig ist, BayObLGZ 1982, 78, 83 ff. = WuM 1982, 105, 107; Staudinger/Emmerich BGB (2006) § 558b Rdn. 16 mwN; ders. FS Lüke (1997), S. 65, 72 auch dazu, dass auf diese besondere Prozessvoraussetzung ausnahmsweise verzichtet werden kann, wenn Mieter sofort und endgültig jede Mietzinserhöhung ablehnt. 426 426 4 Dazu BGH NJW 2001, 228 = LM Nr. 14 zu WahrnG (Vinck) (Prozessvoraussetzung nur, wenn Anwendbarkeit oder Angemessenheit des Tarifs im Streit steht, § 16 Abs. 2 S. 2 WahrnG, also nicht bei vertraglichen Vergütungsansprüchen). 427 5 427 Unzulässigkeit (nur) der negativen Feststellungs-
klage während Anhängigkeit eines Verfahrens vor Einigungsstelle, vgl. Hefermehl/Köhler/ Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 15 Rdn. 30. 428428 6 Dazu Bitter NJW 2005, 1235; Lauer NJW 2004, 1280 ff.; Friedrich NJW 2003, 3534 ff.; Wesche MDR 2003, 1029; Prütting Außergerichtliche Streitschlichtung (2003); Reiß Obligatorische Streitschlichtung – eine empirische Untersuchung der Schlichtungspraxis in Baden-Württemberg (2003). 429429 7 Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und das Saarland, Übersicht von Zietsch/Roschmann NJW 2001, Beiheft zu Heft 51, mit Nachweisen zu den einzelnen Landesgesetzen. 430430 8 LG Kassel NJOZ 2004, 1304, 1306; LG Ellwangen NJW-RR 2002, 936; Thomas/Putzo/Hüßtege § 15a EGZPO Rdn. 2; Prütting Außergerichtliche Streitschlichtung (2003), Rdn. 222; Reiß Obligatorische Streitschlichtung – eine empirische Untersuchung der Schlichtungspraxis in Baden-Württemberg (2003), S. 24; Bitter NJW 2005, 1235, 1236; Pfab Rpfleger 2005, 411, 412; Unberath JR 2001, 355.
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jedem Fall unzulässig ist, wenn das außergerichtliche Schlichtungsverfahren nicht vor der Klageerhebung durchgeführt worden ist, oder ob es noch während des Prozesses nachgeholt werden kann. Für die Nachholbarkeit spricht, dass Prozessvoraussetzungen (erst) zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen müssen und die Abweisung sowie die Neuerhebung der Klage bei Fehlschlagen des Schlichtungsversuchs zudem nicht prozessökonomisch wären.431 Außerdem zeigt § 278 Abs. 5 S. 2, dass der Gesetzgeber den Schlichtungsversuch auch während des Verfahrens für sinnvoll hält. Schließlich darf der Rechtssuchende nicht unbillig belastet werden, wenn er bei Unsicherheiten über die Höhe des Streitwerts wegen § 15a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO sicherheitshalber das Schlichtungsverfahren durchführen müsste. Auch die Frage, wie die Nachholbarkeit verfahrensrechtlich ermöglicht werden könnte, bereitet Schwierigkeiten. Einer Anordnung des Ruhens des Verfahrens zur Nachholung des Schlichtungsverfahrens, die teilweise vorgeschlagen wird,432 steht zwar ausnahmsweise433 nicht die (vorübergehende) Unzulässigkeit der Klage entgegen. Sie ist aber nur möglich, wenn von beiden Seiten dahingehende Prozessanträge gem. § 251 S. 1 gestellt werden, die Zweckmäßigkeit434 allein reicht nicht aus. Wenn nur eine Partei das Ruhen des Verfahrens, die andere dagegen z.B. Klageabweisung beantragt, wird das Gericht teilweise als berechtigt angesehen, eine angemessene Frist für die Nachholung des Schlichtungsversuchs entsprechend §§ 139 Abs. 2, 5, 273 Abs. 1 festzusetzen.435 Für diese Zeit wird das Verfahren nicht weiter fortgesetzt. Wird das Schlichtungsverfahren innerhalb der Frist nachgeholt, so soll die ursprüngliche Klage zulässig sein. Die überwiegende Ansicht436 verneint die Nachholbarkeit und nimmt im Falle des fehlenden Schlichtungsverfahrens im Zeitpunkt der Klageerhebung „derzeitige Unzulässigkeit“ der Klage an. Dafür sprechen vor allem der Wortlaut des § 15a EGZPO, der die Zulässigkeit der „Erhebung“ der Klage von dem Schlichtungsversuch abhängig macht, und der Zweck des Schlichtungsverfahrens, die Gerichte zu entlasten. Soll durch § 15a EGZPO der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck erreicht werden, ist es sinnvoll, die Klage nicht zuzustellen437 und auf die Möglichkeit einer Klagerücknahme hinzuweisen438 bzw eine Frist zur Behebung des Mangels zu setzten. 1431431 BGH NJW 2005, 437, 438; OLG Hamm MDR 2003, 387; LG Kassel NJOZ 2004, 1304, 1306; AG Königstein i.Ts. NJW 2003, 1954, 1955; Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 246; Friedrich NJW 2003, 3534; ders. NJW 2002, 798, 799; ders. NJW 2002, 3223, 3224 jeweils mwN; Prütting Außergerichtliche Streitschlichtung (2003), Rdn. 106; Reiß Obligatorische Streitschlichtung – eine empirische Untersuchung der Schlichtungspraxis in Baden-Württemberg (2003), S. 24; noch weitergehend LG München II NJW-RR 2003, 355: Nachholung entbehrlich, wenn keine Einigung absehbar. 432 432 2 AG Königstein i.Ts. NJW 2003, 1954, 1955; Friedrich NJW 2003, 3534; Reiß Obligatorische Streitschlichtung – eine empirische Untersuchung der Schlichtungspraxis in Baden-Württemberg (2003), S. 24 f. 433 3 433 Bei Unzulässigkeit der Klage oder des Rechtsmittels soll die Anordnung gem. § 251 S. 1 nicht ergehen: Stein/Jonas/Roth § 251 Rdn. 1; Musielak/Stadler § 251 Rdn. 1.
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434 434 4 So aber AG Königstein i.Ts. NJW 2003, 1954, 1955. 435 5 435 Stein/Jonas/Schlosser § 15a EGZPO Rdn. 1; Prütting Außergerichtliche Streitschlichtung (2003), Rdn. 107. 436 436 6 BT-Drucks. 14/980 S. 6: „Dagegen kann – wie sich aus dem Wortlaut [des § 15a Abs. 1 S. 2 EGZPO] eindeutig ergibt – der Einigungsversuch selbst nicht nachgeholt werden“; BGHZ 161, 145, 147 = NJW 2005, 437, 438; OLG Brandenburg NJOZ 2004, 3353, 3355 (Ausnahmen aber zulassend); LG Karlsruhe Justiz 2003, 265, 266; LG Ellwangen NJW-RR 2002, 936; AG München NJW-RR 2003, 515; AG Itzehoe NJWRR 2003, 352; AG Wuppertal ZInsO 2002, 91, 92; AG Nürnberg NJW 2001, 3489; Zöller/ Gummer/Heßler § 15a EGZPO Rdn. 25; Musielak/Foerste Rdn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege § 15a EGZPO Rdn. 2; Musielak Grundkurs ZPO9 (2007), Rdn. 589; Kimmelmann/Winter JuS 2003, 951, 953; Schläger ZMR 2002, 401. 437 7 437 Vgl. BGHZ 161, 145, 148 f. = NJW 2005, 437, 439, allerdings nur für eine Übergangszeit.
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Zu weit geht jedoch die Ansicht, die sich für eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils im Rechtsmittelverfahren und eine Abweisung der Klage als unzulässig ausspricht, wenn das erstinstanzliche Gericht fehlerhaft ein obligatorisches Streitschlichtungsverfahren für entbehrlich gehalten hat.439 Befindet sich der Rechtsstreit bereits im Berufungsverfahren, ist eine Streitschlichtung offensichtlich nicht mehr möglich. Es würde sich um eine bloße Förmelei handeln und der Prozessökonomie widersprechen,440 die Klage abzuweisen und nach Durchführung der Streitschlichtung ein neues Verfahren in Gang zu bringen mit der Folge, dass die erstinstanzliche Entscheidung hinfällig würde. Auch zur Etablierung der obligatorischen Streitschlichtung ist dies nicht erforderlich, da der Kläger nicht damit rechnen kann, dass das erstinstanzliche Gericht trotz fehlender Streitschlichtung die Klage für zulässig hält. Bei Aufhebung des Schlichtungsgesetzes nach Rechtshängigkeit steht jedoch der Umstand, dass vor Klageerhebung kein Schlichtungsverfahren stattfand, der Zulässigkeit der Klage nicht mehr entgegen.441
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c) Klageausschlussfristen. Das Gesetz sieht in bestimmten Fällen Fristen für die Erhebung einer Klage vor. Welche Folgen ein solcher Fristablauf hat, hängt davon ab, ob es sich um eine prozessuale oder eine materiellrechtliche Ausschlussfrist handelt. Entscheidend für die Abgrenzung ist der Umstand, auf welchem Gebiet die Frist Rechtswirkungen erzeugt.442 Ist der durch die Fristversäumung bewirkte Rechtsnachteil im Prozessrecht angesiedelt, dann handelt es sich um eine prozessuale Ausschlussfrist, ist er dagegen dem materiellen Recht zuzurechnen, dann geht es um eine materiellrechtliche Frist.443 Eine prozessuale Ausschlussfrist ist anzunehmen, wenn die materielle Rechtslage durch die Versäumung nicht verändert wird, das materielle Recht demnach bestehen bleibt, ihm aber die Klagbarkeit genommen wird. Die Versäumung der Klagefrist hätte in diesem Fall zur Folge, dass die Partei mit der vorzunehmenden Prozesshandlung ausgeschlossen ist (§ 230 ZPO)444 und eine dennoch erhobene Klage als unzulässig abgewiesen werden müsste.445 Dagegen führt die Versäumung einer materiellen Ausschlussfrist zum Untergang des materiellen Rechts, so dass eine Klage zwar zulässig, aber nicht begründet wäre. Vor allem bei den Gestaltungsklagen, wie z.B. §§ 1317446, 1600b447, 2340 Abs. 3, 2342 BGB, § 246 Abs. 1 AktG,448 § 51 Abs. 1 S. 2 GenG, § 46 Abs. 1 S. 2 (23 Abs. 4 S. 2 a.F.) WEG449 wird von materiellrechtlichen Klagefristen ausgegangen mit der Folge, dass das Gestaltungsrecht bei Versäumung der Klagefrist
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1438438 Vgl. BGHZ 161, 145, 151 = NJW 2005, 437, 439 unter Hinweis auf BGH NJW 2004, 1530, bedenklich, da die Möglichkeit der Klagerücknahme vor Zustellung der Klage nur im Ausnahmefall des § 269 Abs. 3 S. 3 besteht. 439 439 2 So aber Rimmelspacher/Arnold NJW 2006, 17, 19 gegen LG Marburg NJW 2005, 2866, 2867, nach dessen Ansicht auf Grund des Sinn und Zwecks der §§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2 ein erforderliches Streitschlichtungsverfahren in der Berufung nicht mehr gerügt werden kann. 440 440 3 So zu Recht LG Marburg NJW 2005, 2866, 2867. 441 441 4 BGH NJW 2007, 519 f. 442 5 442 Baumgärtel S. 51 f., 68, 80 ff.; Pohle MDR 1951, 701; Heuer AG 1989, 234, 237. 443 6 443 Vgl. dazu Vollkommer AcP 161 (1962), 332, 335 ff. für Frist der Kündigungsschutzklage gem. § 3 KSchG a.F.
444444 7 Otto Die Präklusion (1970), S. 25. 445445 8 Vgl. dazu BGHZ 25, 66, 73 = NJW 1957, 1517, 1518; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 33; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Grundz § 253 Rdn. 27. 446446 9 BGHZ 25, 66, 74 = NJW 1957, 1517, 1518. 447447 10 MünchKommBGB4/Wellenhofer-Klein (2002) § 1600b Rdn. 3. 448448 11 RGZ 123, 204, 207 f.; BGH NJW 1998, 3344, 3345; OLG Stuttgart NJW-RR 2003, 1619, 1620; Hüffer AktG8 (2008) § 246 Rdn. 20; aA Lüke JR 1974, 518. 449449 12 BGHZ 139, 305 = NJW 1998, 3648; BayObLG NJW-RR 1990, 210, 211; BT-Drucks. 16/887 S. 38; MünchKommBGB4/Engelhardt (2004) § 23 WEG Rdn. 20; Jennißen/Suilmann WEG § 46 Rdn. 71; Assmann ZWE 2001, 294, 296; aA Lüke NJW 1966, 838 ff.
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erlischt.450 Auch bei den Leistungsklagen kommen materiellrechtliche Klageausschlussfristen in Betracht, z.B. §§ 562b Abs. 2 S. 2, 864, 1002 Abs. 1, 1600b451, 1835 Abs. 1 S. 3, 1836 Abs. 2 S. 4 BGB, § 12 Abs. 3 VVG a.F.452, § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG453. Materiellrechtliche Klageausschlussfristen sind wiederum von materiellrechtlichen Ausschlussfristen zu unterscheiden, die ebenfalls das Erlöschen des jeweiligen materiellen Rechts bewirken, für deren Fristwahrung es aber nicht auf die rechtzeitige Erhebung der Klage ankommt, sondern auf die rechtzeitige außerprozessuale Geltendmachung, vgl. bei Gestaltungsrechten z.B. §§ 121, 124, 532 S. 1, 626 Abs. 2, 1944 BGB; bei Ansprüchen z.B. §§ 611a Abs. 4, 651g Abs. 1, 801 Abs. 1 S. 1 BGB, § 13 ProdHaftG. Klageausschlussfristen sind von den Verjährungsfristen zu unterscheiden, deren Versäumung zu einem Leistungsverweigerungsrecht und nicht zum Erlöschen des Rechts führen. Deshalb sind die vorteilhaften Bestimmungen der §§ 203 ff. BGB weder direkt noch entsprechend anwendbar.454 Bei den prozessualen gesetzlichen Ausschlussfristen handelt es sich um Prozessvoraussetzungen, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten sind.455 Mit Ablauf der Frist verliert die Partei ihr Klagerecht. Dies führt zur Unzulässigkeit der verspäteten Klage wegen fehlender Klagbarkeit (vgl. Rdn. 66).456 Ihre Versäumung kann nicht durch Verzicht oder rügelose Verhandlung (§ 295) geheilt werden.457 Um prozessuale Ausschlussfristen handelt es sich bei: § 29 AKG458 (6 Monate), § 111 Abs. 2 S. 3 ArbGG459 (2 Wochen), § 217 Abs. 2 S. 1 BauGB460 (1 Monat), § 144 Abs. 3 BBergG (1 Monat), §§ 210 Abs. 1, Abs. 2 (3 Monate, 6 Monate), 214 Abs. 1 und 215 Abs. 1 BEG461 (jeweils 3 Monate), § 558b Abs. 2 S. 2 BGB,462 § 58 Abs. 1 S. 1 BLG463 (2 Monate), § 39 Abs. 1 S. 1 WaStrG (3 Monate), 450 1 450 Vollkommer AcP 161 (1962), 332, 336. 451 2 451 Vgl. BGH NJW 1972, 1373, 1374. 452 3 452 BGH NJW-RR 2004, 755; BGHZ 65, 1, 7 = NJW 1975, 874; OLG Hamm VersR 2002, 1361; zur Amtsprüfung LG Bonn NJW 1977, 54; KG Berlin Schaden-Praxis 1998, 216. Durch das Gesetz zur Reform des Versicherungsrechts vom 23.11.2007 (BGBl I S. 2631) ist § 12 Abs. 3 VVG zum 01.01.2008 ersatzlos weggefallen. Gem. Art. 1 EGVVG (BGBl I S. 2631, 2666) behält § 12 Abs. 3 VVG a.F. für Altfälle weiter seine Bedeutung. 453 4 453 BAG AP Nr. 26 zu § 76 BetrVG 1972 (Gründe zu B I 2 d bb) = NZA 1989, 26, 27; Richardi/ Richardi BetrVG11 (2008) § 76 Rdn. 128. 454 454 5 BGH NJW 1987, 255, 256. 455 6 455 BGHZ 35, 227, 232 = NJW 1961, 1676; BGHZ 32, 338, 341 = WM 1960, 915, 916; Preibisch S. 197 mwN. 456 7 456 Vollkommer AcP 161 (1962), 332, 337. 457 8 457 BGHZ 111, 339, 341 = NJW 1990, 3085, 3086 zu
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Art. 12 Abs. 3 NTS-AG; Arndt VersR 1973, 481, 489; zur Klagefrist des Art. 8 Abs. 10 des Finanzvertrages: BGH NJW 1961, 1627, 1629. 458 9 458 Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden. 459 459 10 Vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/MüllerGlöge/Prütting ArbGG5 (2004) § 111 Rdn. 53. 460 11460 BGHZ 155, 27, 30 = NVwZ 2003, 1546. 461 12461 Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. 462 13462 BT-Drucks. 14/4553 S. 56 li. Sp.; Palandt/Weidenkaff BGB67 (2008) § 558b Rdn. 9; Bamberger/ Roth/Ehlert BGB (01.04.2007) § 558b Rdn. 1; zur Unzulässigkeit einer verspäteten Klage: LG Berlin GE 1996, 1549; LG Frankenthal NJW 1985, 273; Staudinger/Emmerich BGB (2006) § 558b Rdn. 17 mwN. 463 14463 BGH NJW 1962, 2154, 2155.
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§ 26 Abs. 1 EGGVG464 (1 Monat), § 61 Abs. 1 LBG,465 Art. 12 Abs. 3 NTS-AG (Gesetz zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen und zu den Zusatzvereinbarungen vom 3. August 1959 zu diesem Abkommen),466 § 12 StrEG467 und § 13 Abs 1 S. 2 StrEG,468 § 25 Abs. 1 SchBerG (Gesetz über die Beschränkung von Grundeigentum für die militärische Verteidigung, Schutzbereichgesetz), § 7 Abs. 1 MauerG (Gesetz über den Verkauf von Mauer- und Grenzgrundstücken an die früheren Eigentümer − Mauergrundstücksgesetz),469 § 4 S. 1 KSchG,470 § 17 S. 1 TzBfG,471 § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG472. Die Klagefrist wird durch eine wirksame Klageerhebung gewahrt, wobei die Rechtshängigkeit gem. § 167 auf die Einreichung der Klage vorwirken kann (§ 262 Rdn. 4 f.). Auch ein Prozesskostenhilfegesuch gem. §§ 114 ff. kann bereits fristwahrend wirken, da die prozessuale Stellung von Bemittelten und Unbemittelten wegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG weitgehend anzugleichen ist. Erforderlich ist aber, dass der Kläger/Antragsteller alles ihm Zumutbare tut, damit die Zustellung der Klage „demnächst“ iSd § 167 erfolgt.473 Zur Heilung von Zustellungsmängeln, wenn Klagefristen eingehalten werden müssen, vgl. § 253 Rdn. 183 ff. Die Zulässigkeit der Klage ist für die Wahrung der Klagefristen nicht erforderlich. Gelangt die Sache z.B. später an das zuständige Gericht, ist auch die rechtzeitige Anrufung eines örtlich474 464 464
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Vgl. zur Wiedereinsetzung OLG Hamburg NStZ-RR 2004, 185. 2465465 BGHZ 35, 227, 232 = NJW 1961, 1676. 3466466 BGH NZV 1996, 193; BGHZ 111, 339, 341 = NJW 1990, 3085, 3086; zur Klagefrist des Art. 8 Abs. 10 des Finanzvertrages: BGH LM § 234 (A) ZPO Nr. 12 = VersR 1968, 984, 985 mwN. 467 467 4 BGH NJW 1989, 2619, 2620 (Die absolute Ausschlussfrist des § 12 StrEG ist in jeder Lage des gerichtlichen Verfahrens von Amts wegen zu beachten); OLG Thüringen NStZ-RR 2001, 160 = JR 2001, 243; Meyer Strafrechtsentschädigung und Auslagenerstattung4 (1997) § 12 StrEG Rdn. 2 und § 13 Rdn. 11 (Die Frist gem. § 12 StrEG ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung im Klageverfahren nach § 13 StrEG). 468 468 5 OLG München NJOZ 2005, 772, 773; OLGR Schleswig 2000, 70; LG Flensburg NJW-RR 1992, 695, 696; Meyer Strafrechtsentschädigung und Auslagenerstattung4 (1997) § 13 StrEG Rdn. 5, 7. 469 6 469 OLG Brandenburg VIZ 2003, 40, 41. 470 7 470 Prozessuale Klageausschlussfrist und deshalb Unzulässigkeit der Klage Vollkommer AcP 161 (1962), 332, 344, 356; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 156 mwN; anders BAG NZA 1990, 395, 397 (prozessuale Klagefrist, wegen § 7 KSchG aber Unbegründetheit der Klage); BAGE 52, 263, 268 f. = NJW 1986, 761 = AP Nr. 14 zu § 4
KSchG 1969 – Gründe zu II 3b; noch anders früher BAGE 33, 1, 4 f. = NJW 1981, 298 = AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 – Gründe zu I 1; BAGE 42, 294, 299 = NJW 1984, 255 = AP Nr. 4 zu § 5 KSchG 1969 – Gründe zu B I mwN (materielle Ausschlussfrist und deshalb Unbegründetheit der Klage). 471471 8 Vgl. Vossen FS Schwerdtner (2003), S. 693, 703 (prozessuale Klagefrist mit materiellrechtlicher Wirkung); aA LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 12.10.2004, Az: 2 Sa 522/04 (juris); ErfKomm/ Müller-Glöge ArbR8 (2008) § 17 TzBfG Rdn. 11; Ascheid/Preis/Schmidt/Backhaus Kündigungsrecht3 (2007) § 17 TzBfG Rdn. 17 (materielle Ausschlussfrist wie § 4 KSchG); Groeger ArbRB 2006, 126, 127. 472472 9 AA BAG NZA 1989, 26, 27 = AP Nr. 26 zu § 76 BetrVG 1972; GK-BetrVG/Kreutz BetrVG8 (2005) § 76 Rdn. 158 f. 473473 10 Vgl. dazu OLG München NJOZ 2005, 772, 775 zu § 13 Abs. 1 S. 2 StrEG; OLGR Schleswig 2000, 70 zu § 13 Abs. 1 S. 2 StrEG (vollständige Angabe der wirtschaftlichen Verhältnisse und Einlegung einer etwaigen Beschwerde gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe innerhalb von 2 Wochen); OLG Hamm MDR 1993, 385 zu § 13 Abs. 2 S. 1 StrEG. 474474 11 BGHZ 97, 155, 159 = NJW 1986, 2255, 2256 zu § 30 PrEnteigG; BGH NJW 1979, 1709, 1710 zu
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oder sachlich475 unzuständigen Gerichts grundsätzlich geeignet, die Klagefrist zu wahren. Ebenso reicht schon die Teilklage, um die Ausschlussfrist für den gesamten Leistungsanspruch zu wahren, unabhängig davon, ob die eingeklagte Forderung ausdrücklich als Teilforderung bezeichnet wird oder sich dies aus den Gesamtumständen ergibt.476 Auch eine unschlüssige Klage wahrt die Klagefrist, soweit die Klageschrift den Klagegrund gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 hinreichend bestimmt.477 Fehlt eine erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung oder ist sie falsch, beginnt die Klagefrist nicht zu laufen.478 Wird die prozessuale Ausschlussfrist versäumt, so kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. §§ 233 ff. gewährt werden, wenn die Ausschlussfrist als Notfrist bezeichnet (z.B. Art. 12 Abs. 3 S. 2 NTS-AG,479 § 39 Abs. 1 S. 2 WaStrG,480 § 7 Abs. 2 S. 2 MauerG) oder die Wiedereinsetzung ausdrücklich angeordnet ist (z.B. Art. 237 § 2 Abs. 1 S. 4 EGBGB, § 26 Abs. 2 EGZPO, §§ 217 Abs. 2 S. 1, 218, 221 Abs. 1 BauGB). Ansonsten kommt eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht in Betracht.481 Schließlich ist die Berufung auf eine Klageausschlussfrist durch den Rechtsmissbrauch begrenzt.482 Die materiellrechtlichen Ausschlussfristen wie z.B. § 46 Abs. 1 S. 2 (23 Abs. 4 S. 2 a.F.) WEG483 führen zur Unbegründetheit der Klage. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist bei Versäumung materieller Klageausschlussfristen grds. nicht möglich.484 Allerdings gelten die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 233 ff.) jetzt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung auch für die Anfechtungsfrist der Anfechtungsklage gem. § 46 Abs. 1 S. 3 WEG. Zur Zulässigkeit vertraglicher Vereinbarungen von Klageausschlussfristen, vgl. Rdn. 149 ff. Sie sind nur auf Einrede zu beachten.485 Art. 12 Abs. 3 NTS-AG mit Anm. Stein in JA 1980, 116; BGHZ 35, 374 = NJW 1962, 2154, 2155 zu Art. 8 Abs. 10 FinV (ausschließliche örtliche Zuständigkeit); BGHZ 34, 230, 235 = NJW 1961, 1014, 1016 (zu Art. 8 Abs. 10 FinV). 475 475 1 BGHZ 35, 374, 377 = NJW 1961, 2259 (zu Art. 8 Abs. 10 FinV); RGZ 151, 233, 235; OLG Düsseldorf VersR 1975, 1104. 476 2 476 Vgl. BGH NJW-RR 2001, 1244, 1245 = LM Nr. 47 zu § 12 Abs. 3 VVG a.F. (Obwohl die Entscheidung die materielle Ausschlussfrist betrifft, kann für prozessuale Ausschlussfristen nichts Anderes gelten). 477 477 3 LG Braunschweig MDR 1984, 1026. 478 4 478 BGH NJW-RR 2000, 318, 319 = LM Nr. 33 zu § 6 BB-BUZ 1987 mit Verweis auf § 58 VwGO; BGH MDR 1973, 757 = LM Nr. 23 zu § 195 BEG 1956 (zu § 210 BEG); dagegen BGH MDR 1983, 1002 (zu § 13 Abs. 1 S. 2 StrEG): aus der Rechtsbehelfsbelehrung ergab sich nicht, gegen wen die Klage zu richten ist – der BGH hielt dies für den Fristbeginn unbeachtlich. Daraus kann aber nicht die grundsätzliche Aussage gezogen werden, die fehlende oder unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung habe keinen Einfluss auf den Fristbeginn; so aber Meyer Strafrechtsentschädigung und Auslagenerstattung4 (1997), § 13 StrEG Rdn. 10; noch anders Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 144: die falsche oder fehlende Rechtsmittelbelehrung stellt allein einen Wiedereinsetzungsgrund dar.
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479 479 5 Sie selbst ist aber keine Notfrist, BGH NJW 1975, 1601. 480 6 480 Vgl. Friesecke WaStrG5 (2003) § 39 Rdn. 3. 481 481 7 Hinsichtlich der Frist des § 558b Abs. 2 S. 2 BGB vgl. LG Berlin GE 1996, 1549, jedoch mit der unrichtigen Begründung, es handle sich um eine materielle Frist; Blank/Börstinghaus Miete2 (2004) § 558b BGB Rdn. 26; Staudinger/Emmerich BGB (2006) § 558b Rdn. 17; für analoge Anwendung der §§ 233 ff. in Ausnahmefällen Stein/ Jonas/Roth § 233 Rdn. 19; noch anders Preibisch S. 201 (Wiedereinsetzung bei allen Klagefristen zuzulassen). 482 482 8 Vgl. BGH MDR 1998, 653, 654 (zu § 12 Abs. 3 VVG a.F.); OLG Frankfurt NVersZ 1999, 257 (zu § 12 Abs. 3 VVG a.F.), obwohl die Entscheidungen die materielle Ausschlussfrist betreffen, kann für prozessuale Ausschlussfristen nichts Anderes gelten. 483 483 9 BGHZ 139, 305, 306 = NJW 1998, 3648; BTDrucks. 16/887 S. 38; Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten/Niedenführ WEG8 (2007) § 46 Rdn. 32 (materiellrechtliche Ausschlussfrist); Assmann ZWE 2001, 294 ff.; aA Jennißen/Suilmann WEG § 46 Rdn. 71 (keine Ausschlussfrist). 484 10484 KG NJW-RR 1997, 643 mwN zu Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 1 FamNamRG; Staudinger/Peters BGB (2004) Vorbem zu §§ 194 ff. Rdn. 16; Assmann ZWE 2001, 294, 299; Vollkommer AcP 161 (1962), 332, 345; Lepke DB 1991, 234, 239. 485 11485 Preibisch S. 197.
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4. Systematisierung der Prozessvoraussetzungen Die Prozessvoraussetzungen können auf verschiedene Art und Weise systematisiert werden.
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a) Allgemeine und besondere Prozessvoraussetzungen. Die bisher durchgeführte Unterteilung in allgemeine und besondere Prozessvoraussetzungen beantwortet allein die Frage, welche Prozessvoraussetzungen bei jeder Klage und welche nur bei besonderen Verfahren zu beachten sind.
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b) Zugangsvoraussetzungen. Während die Zulässigkeit der Klage auch dann gegeben ist, wenn die Sachurteilsvoraussetzungen erst während des gerichtlichen Verfahrens verwirklicht werden, müssen Zugangsvoraussetzungen schon im Zeitpunkt der Klageerhebung erfüllt sein. Die Heilung durch Eintritt der Voraussetzungen während des gerichtlichen Verfahrens ist nicht möglich.486 Eine solche Zugangsvoraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BGH487 die Durchführung eines vorprozessualen obligatorischen Güteverfahrens gem. § 15a EGZPO.
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c) Echte Prozessvoraussetzungen. Dass der Begriff der „Prozessvoraussetzung“ insoweit missverständlich ist, als die meisten Voraussetzungen eben nicht für die Entstehung des Prozessrechtsverhältnisses, sondern für den Erlass eines Sachurteils erforderlich sind, ist bereits oben (Rdn. 31) festgestellt worden. Allerdings werden diejenigen Prozessvoraussetzungen als „echte Prozessvoraussetzungen“ bezeichnet, bei denen der Richter, wenn sie fehlen, die Zustellung der Klage verweigern und damit die Entstehung eines Prozessrechtsverhältnisses verhindern kann. Erfolgt die Zustellung der Klage, obwohl eine echte Prozessvoraussetzung nicht vorliegt, entsteht dennoch ein Prozessrechtsverhältnis (vgl. § 271 Rdn. 36). Echte Prozessvoraussetzungen sind ein Unterfall der Prozessbedingungen488 (vgl. § 271 Rdn. 14 ff.). Prozessbedingungen sind Mindestanforderungen, die der Richter vor Zustellung der Klage prüft und bei deren Fehlen er die Zustellung verweigern kann.489 Wird die Klagezustellung durch den Richter verweigert, so versagt er den Parteien ein Verfahren mit mündlicher Verhandlung. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist jedoch durch den Justizgewährungsanspruch490 und den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)491 geschützt. Zwar besteht danach kein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung,492 sondern nur auf Behandlung der eingereichten Klage nach prozessualen Regeln. Die Prozessbedingungen müssen aber als Mindestanforderungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Deshalb dürfen solche Umstände nicht vor Zustellung der Klage durch den Richter geprüft werden, deren Prüfung ausschließlich in der mündlichen Verhandlung durchgeführt werden muss.493 Dazu gehören grundsätzlich die Prozessvoraussetzungen (Sachurteilsvoraussetzungen).494
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1486486 Zum Finanzgerichtsverfahren BFH/NV 2003, 651; BFHE 143, 509 = BStBl. II 1985, S. 521. 487 2 487 BGHZ 161, 145, 149 = NJW 2005, 437, 438 f. 488 3 488 Reiner S. 34 ff. 489 4 489 Groger S. 33 f. vergleicht die Entscheidung mit einer A-limine-Abweisung (vgl. 24 BVerfGG). 490 5 490 BVerfG NJW 2004, 2887; BVerfGE 80, 103, 107 = NJW 1989, 1985: „... der Justizgewährungsanspruch, der durch Art. 19 Abs. 4 GG und durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistet wird.“; dazu Halbach S. 72, 74; Breitkopf Die Klageerhebung und -rücknahme bei vollmachtloser Prozessvertre-
tung und ihre kostenrechtliche Beurteilung (2004), S. 50. 491491 6 BVerfG NJW 1984, 2567, 2568; BGH NJW 1978, 1858. 492492 7 St. Rspr. BVerfGE 60, 175, 210 f. = NJW 1982, 1579, 1582; BVerfGE 5, 9, 11; Maunz/Dürig/ Schmidt-Aßmann GG (1988) Art. 103 Rdn. 84; Groger S. 43. 493493 8 Vgl. Halbach S. 44 f. 494494 9 Groger S. 44 ff., 76 ff. (Auch die Prozessvoraussetzungen, die gleichzeitig Prozesshandlungsvoraussetzungen sind).
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Echte Prozessvoraussetzungen sind die Parteiexistenz495 und die funktionelle Zuständigkeit als Zuständigkeit im Instanzenzug,496 nicht aber die deutsche Gerichtsbarkeit.497
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d) Prozesswirksamkeitsvoraussetzungen. Als Prozesswirksamkeitsvoraussetzungen können die Prozessvoraussetzungen bezeichnet werden, deren Fehlen zur Wirkungslosigkeit des den Mangel nicht erkennenden Sachurteils führt. Zu ihnen zählen: die deutsche Gerichtsbarkeit gegenüber dem Beklagten498, die Existenz der Partei, nicht jedoch schon die fehlende Parteifähigkeit499 und die fehlende Prozessfähigkeit, denn hierbei handelt es sich lediglich um rechtliche und nicht wie bei der Nichtexistenz der Partei um tatsächliche Mängel.500 Nach möglicher formeller Rechtskraft des wirkungslosen Urteils501 können die Parteien noch einmal klagen, da die materielle Rechtskraft fehlt.502 Der Rechtsschein kann entsprechend §§ 547 Nr. 4, 579 Abs. 1 Nr. 4 durch ordentliche Rechtsmittel und Nichtigkeitsklage503 oder im Wege der Klauselerinnerung gem. § 732 oder Erinnerung gem. § 766 beseitigt werden.504 Zur Feststellung der Unwirksamkeit vgl. § 256 Rdn. 59. Zur Zustellung der Klageschrift als Prozesswirksamkeitsvoraussetzung vgl. § 253 Rdn. 182.
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e) Positive und negative Prozessvoraussetzungen. Hilfreich ist die Unterteilung in negative und positive Prozessvoraussetzungen für Fragen der objektiven Beweislast (dazu und insbesondere zur Unterscheidung von der Beweisführungslast Rdn. 164, 168). Positive Prozessvoraussetzungen sind solche, die vorliegen müssen, damit die Klage zulässig ist, negative Prozessvoraussetzungen dürfen dagegen nicht vorliegen. Positive Prozessvoraussetzungen sind die deutsche Gerichtsbarkeit, die örtliche, sachliche, funktionale und internationale Zuständigkeit sowie die Rechtswegzuständigkeit, die Parteifähigkeit, die Prozessfähigkeit und die Prozessführungsbefugnis, die ordnungsgemäße Klageerhebung und das Rechtsschutzbedürfnis. Negative Prozessvoraussetzungen sind die anderweitige Rechtshängigkeit505 und die Rechtskraft.506 1495495 OLG Frankfurt FamRZ 1982, 316; Halbach S. 124 ff., 129, 193; Reiner S. 52 ff.; Stein/Jonas/ Leipold21 § 271 Rdn. 28; aA Schemmann S. 12. 496 496 2 So auch Jauernig ZPR § 38 II 4a; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 321; Halbach S. 124 (formlose Übersendung an zuständigen Richter); aA Musielak/ Foerste § 271 Rdn. 3. 497 3 497 LG Hamburg NJW 1986, 3034 (jedenfalls dann, wenn das Gericht nach Lage der Akten nicht über die Immunität entscheiden kann); Geimer IZPR5 (2005) Rdn. 479 f., 486; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 19 Rdn. 14, 20; Aubin JZ 1954, 118, 120; Mann NJW 1990, 618; aA OLG München NJW 1975, 2144, 2145 und OLG Braunschweig JR 1954, 263, 264 (Beschränkung auf offensichtliche Fälle, vgl. Rdn. 37); LG Gießen NJW 1956, 555 (bei gänzlich offensichtlich zweifelsfreiem Fehlen der Gerichtsbarkeit); LG Kiel JZ 1954, 117; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 216 Rdn. 5, der die deutsche Gerichtsbarkeit jedoch nicht als Prozessvoraussetzung versteht; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Grundz § 253 Rdn. 24; Blomeyer ZPR § 43 I 2d; Groger S. 41 f.; Halbach S. 120, 193. 498 4 498 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 62 Rdn. 22; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 159; aA Hein S. 205: Urteil ist wirksam.
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499 499 5 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 43 Rdn. 5; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 174; Lindacher JZ 1989, 377; aA noch Kleinfeller JW 1920, 909; Sauer LZ 1919, 671, 673, wohl auch Wieser ZZP 84 (1971), 304, 309 in Fn. 16; offen Blomeyer ZPR § 7 III 4. 500 500 6 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 43 Rdn. 5. 501 7 501 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 62 Rdn. 21; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 141. 502 8 502 Hein S. 282; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 188. 503 9 503 Vgl. auch BGH NJW 1993, 2943, 2944 = LM Nr. 43 zu § 50 ZPO; BGH MDR 1959, 121 = JZ 1959, 127; OLG Hamburg MDR 1976, 845, 846; OLG Stuttgart JW 1936, 1145; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 41 Rdn. 22; Lindacher JZ 1989, 377, 378. 504 10504 Zöller/Vollkommer Vorb. § 50 Rdn. 11. 505 505 11 RGZ 160, 338, 346 f., das dies jedoch zu Unrecht wegen des „Einredecharakters“ annimmt; BGH NJW 1998, 231 (Rechtshängigkeit als „Prozesshindernis“); BGH NJW 1989, 2064; BGH NJW 1986, 2195. 506 12506 BGH NJW 1995, 1757; BGHZ 93, 287, 289 =
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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f) Prozessvoraussetzungen und Prozesshindernisse. Eine Unterscheidung kann weiter danach getroffen werden, ob die Prozessvoraussetzungen von Amts wegen oder nur auf Einrede hin zu beachten sind. Im ersten Fall spricht man von Prozessvoraussetzungen, im zweiten von Prozesshindernissen. Prozessvoraussetzungen zeichnen sich dadurch aus, dass ein evidentes öffentliches oder individuelles Interesse daran besteht, die Zulässigkeit der Klage zwingend von dem Vorliegen dieser Bedingungen abhängig zu machen. Sie sind deshalb von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Rdn. 164). Über solche Voraussetzungen der Klage sollen die Parteien nicht disponieren können. Zu ihnen zählen die meisten der unter Rdn. 30 ff. genannten Prozessvoraussetzungen. Eine Sonderstellung nehmen die örtliche, sachliche und internationale Zuständigkeit (vgl. Rdn. 40 ff.) ein. Die Parteien können unter den Voraussetzungen der §§ 38 ff. bzw Art. 23 EuGVVO durch Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines an sich unzuständigen Gerichts herbeiführen. Zudem kann gem. § 39 die Zuständigkeit eines erstinstanzlichen Gerichts durch rügelose Einlassung des Beklagten begründet werden.507 Dasselbe gilt gem. Art. 24 EuGVVO in deren Anwendungsbereich für die internationale Zuständigkeit, wenn sich der Beklagte vor dem Gericht „auf das Verfahren einlässt“. Insoweit wird § 39 von Art. 24 EuGVVO verdrängt.508 Prozesshindernisse beschreiben dagegen Voraussetzungen, für deren Vorliegen kein evidentes öffentliches oder individuelles Interesse besteht. Den Parteien steht es vielmehr frei, sich auf ein Prozesshindernis zu berufen oder nicht. Deren Vorliegen ist deshalb nicht von Amts wegen zu prüfen, sondern nur auf Einrede der jeweiligen Partei zu beachten. Die Prozesshindernisse sind unter Rdn. 141 ff. genannt. Sie sind von den negativen Prozessvoraussetzungen zu unterscheiden.509
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g) Anspruchsbezogene Prozessvoraussetzungen. Im Einzelfall können die die Prozessvoraussetzungen begründenden Tatsachen zugleich notwendige Tatbestandsmerkmale für den materiellrechtlichen Anspruch und damit für die Begründetheit der Klage von Bedeutung sein, sog. doppelrelevante Tatsachen. Diese müssen im Rahmen der Zulässigkeit nur schlüssig vorgetragen werden (Schlüssigkeitstheorie)510, ihr Nachweis muss erst im Rahmen der Sachprüfung erbracht werden.511 Für die Entbehrlichkeit des Beweises von doppelrelevanten Tatsachen im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung spricht neben der Prozessökonomie512 vor allem der Beklagtenschutz. So könnte, wenn der Beweis bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Klage erbracht werden müsste und dies nicht gelingt, nur ein Prozessurteil mit dessen begrenzter Rechtskraft ergehen, obwohl die Klage auch unbegründet wäre.513 Für die Zulässigkeit der Klage wird deshalb die vom Kläger schlüssig behauptete doppelrelevante Tatsache als wahr unterstellt. Ergibt sich, dass sie nicht vorliegt, erfolgt eine Abweisung der Klage durch Sachurteil als unbegründet.
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NJW 1985, 1711, 1712; LAG Mainz NZA-RR 2004, 430, 431; Lüke JuS 2000, 1042, 1044. 507 1 507 Für die internationale Zuständigkeit BGHZ 120, 334 = NJW 1993, 1073. 508 2 508 OLG Köln NJW 1988, 2182. 509 509 3 Zur zweifelhaften Wortwahl in Urteilen des RG und des BGH Fn. 505. 510 4 510 Vgl. Ost Doppelrelevante Tatsachen im internationalen Zivilverfahrensrecht (2002), S. 21 ff.; aA Würthwein ZZP 106 (1993), 51, 64 ff., die auf die Schlüssigkeitsprüfung verzichten will.
5511511 BGHZ 124, 237, 240 = NJW 1994, 1413; BGHZ 7, 184, 186 = NJW 1952, 1336; RGZ 158, 1, 2; RGZ 29, 371, 373 f.; RG JW 1902, 125 (Nr. 3); RG JW 1901, 396 (Nr. 3) und 798, 799 (Nr. 1); kritisch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Grundz § 253 Rdn. 15. 512512 6 BGHZ 124, 237, 240 f. = NJW 1994, 1413, 1414. 513513 7 RGZ 29, 371, 372; Ost Doppelrelevante Tatsachen im internationalen Zivilverfahrensrecht (2002), S. 31.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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Eine anspruchsbezogene Prozessvoraussetzung stellt zunächst der Rechtsweg dar.514 Das Gericht hat, die Richtigkeit der Behauptung unterstellt, die Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs selbständig aus dem, nicht zu beweisenden Tatsachenvortrag des Klägers zu ermitteln, wobei die Rechtsauffassung des Klägers unbeachtlich ist.515 Weitere anspruchsbezogene Prozessvoraussetzungen können im Einzelfall − mit den gleichen Erwägungen wie zum Rechtsweg – die sachliche,516 örtliche und internationale Zuständigkeit sein (vgl. §§ 29, 32).517 Dass damit möglicherweise eine Entscheidung durch ein unzuständiges Gericht in Kauf genommen wird, ist hinzunehmen. Wenn der Anspruch tatsächlich begründet ist, hat das richtige Gericht entschieden. Ist der Anspruch unbegründet, so kommt es auch zu keiner Verurteilung durch das (unzuständige) Gericht.518 Weitere anspruchsbezogene Prozessvoraussetzungen können die Partei519 – und die Prozessfähigkeit, die entgegenstehende Rechtskraft520 sowie die Prozessführungsbefugnis des Rechtsinhabers sein.521 Wer behauptet, dass ihm ein Recht zustehe, ist auch zur Prozessführung befugt.522 Die – sich nicht aus dem materiellen Recht ergebende – Berechtigung eines Dritten zur Prozessstandschaft muss dagegen schon vor der Sachprüfung bewiesen werden.523
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h) Bedingte Prozessvoraussetzungen. Weiter können bezüglich der Prüfungsreihenfolge der Klage – Zulässigkeit vor Begründetheit – die Prozessvoraussetzungen in bedingte und unbedingte unterteilt werden.524 Unbedingte Prozessvoraussetzungen sind diejenigen, die immer vorrangig zu prüfen sind, selbst wenn die Unbegründetheit leicht festzustellen ist, die Prozessvoraussetzung dagegen nicht. Insoweit kommt der Grundsatz der Prozessökonomie nicht zum Tragen. Bedingte Prozessvoraussetzungen525 sind dagegen solche, deren Prüfung ausnahmsweise unterbleiben kann, wenn die Unbegründetheit offensichtlich feststeht. Es darf ein abweisendes Sachurteil ergehen, obwohl die Zulässigkeit der Klage noch nicht vollständig geklärt ist.526 Bedingte Prozessvoraussetzungen sind die Rechtsschutzvoraussetzungen, also 1514514 RGZ 154, 144, 152; BAG NZA 1996, 1005, 1006 (sic-non Fall: Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten); KG NJW-RR 2001, 1509, 1510; aA Bötticher ZZP 72 (1959), 45, 52; ders. JZ 1962, 317, 318 (auch Vortrag des Beklagten zu beachten, vgl. Rdn. 39). 515 2 515 GmS-OGB NJW 1990, 1527; GmS-OGB BGHZ 102, 280, 283 = NJW 1988, 2295, 2296. 516 3 516 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 39 Rdn. 3. 517 4 517 BGH NJW 2002, 1425, 1426; BGHZ 124, 237, 240 = NJW 1994, 1413; RGZ 129, 175, 179; RGZ 29, 371, 373 f.; für die internationale Zuständigkeit: BGH NJW-RR 2004, 935; BGH NJW 2001, 1936, 1937; BGHZ 132, 105, 110 = NJW 1996, 1411, 1412 f.; OLG Köln AG 2005, 123, 124; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 31 Rdn. 5; differenzierend Ost Doppelrelevante Tatsachen im internationalen Zivilverfahrensrecht (2002), S. 151 f. (Beweis der doppelrelevanten Tatsachen bei Beklagtensäumnis notwendig („kleine Lösung“) oder aber Beweispflicht hinsichtlich aller, jedoch reduzierter, doppelrelevanten Tatsachen („große Lösung“)); aA Würthwein ZZP 106 (1993), 51, 64 ff. 518 5 518 RGZ 29, 371, 373. 519 6 519 BGH NJW 1981, 678 (Parteifähigkeit einer KG im Hinblick auf § 156 HGB); BGH WM 1957, 975; BAG NJW 2003, 80, 81 = NZA 2003, 59, 61.
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520 520 7 BGHZ 49, 45, 49 = NJW 1968, 51 (Rechtskraft eines Vorprozesses bei Wiederholungsklagen gem. § 48 EheG); BGHZ 45, 329, 337 = NJW 1966, 1509, 1511; vgl. Balzer NJW 1992, 2721, 2723 f.; Würthwein ZZP 112 (1999), 447, 470 Fn. 122 (Neue wissenschaftliche Erkenntnisse in Bezug auf die Kausalität im Haftungsrecht). 521 8 521 Balzer NJW 1992, 2721, 2726. 522 9 522 Vgl. nur Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 46 Rdn. 5. 523 10523 BGH MDR 1978, 398 = ZZP 91 (1978), 314, 315; Balzer NJW 1992, 2721, 2726. 524 11524 Vgl. LAG Hamm, Urt. v. 16.11.2004 – 12 Sa 1045/ 04; Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 273; Voraufl. Wieczorek § 274 A I 1 a, b unterscheidet zwischen relativen und absoluten Prozessvoraussetzungen. 525 12525 Jauernig FS Schiedermair (1976), S. 307 f. spricht den bedingten Prozessvoraussetzungen die Existenzberechtigung als Prozessvoraussetzung vollständig ab, da ihnen das Wesensmerkmal fehlt, vor der Befassung des Gerichts in der Sache geprüft werden zu müssen. 526 13526 BGH NJW 1978, 2031, 2032 (allg. Rechtsschutzbedürfnis); BGH NJW 1958, 384 (Feststellungsinteresse); BGHZ 12, 308, 316 = NJW 1954, 1159,
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis und die besonderen Formen des Rechtsschutzbedürfnisses wie das Feststellungsinteresse gem. § 256, die Besorgnis gem. § 259 oder der Rechtsmissbrauch gem. § 8 Abs. 4 UWG,527 nicht aber die Klagbarkeit.528 Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, Prozessführungsbefugnis529 und die ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung sind dagegen keine bedingten Prozessvoraussetzungen. Eine Abweisung der Klage als jedenfalls unbegründet – wobei diese Prozessvoraussetzungen offengelassen werden – ist nicht möglich.530 Etwas anderes gilt für die gewillkürte Prozessstandschaft, wenn die Prozessführungsermächtigung außer Streit steht und allein das „prozessuale Eigeninteresse des Klägers an der Geltendmachung des fremden Rechts“ zweifelhaft ist. In diesem Fall ist eine Sachentscheidung trotz Zweifels bezüglich des Eigeninteresses möglich.531 Dasselbe gilt für die Prozessführungsbefugnis von Verbänden gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 UWG (vgl. dazu Rdn. 25), wenn offensichtlich ist, dass die Klage aus materiellen Gründen erfolglos ist. In beiden Fällen besteht kein schützenswertes Interesse der klagenden Partei.532 i) Prozesshandlungsvoraussetzungen. Von den Prozessvoraussetzungen sind die Prozesshandlungsvoraussetzungen zu unterscheiden, obwohl einige Voraussetzungen sowohl Prozess- als auch Prozesshandlungsvoraussetzungen darstellen. Prozesshandlungsvoraussetzungen regeln die Voraussetzungen für einzelne prozessuale Handlungen im Zeitpunkt der Vornahme, Prozessvoraussetzungen dagegen solche für die Sachentscheidung, die auch noch bzw spätestens im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen müssen.533 Zu den Prozesshandlungsvoraussetzungen, die gleichzeitig Prozessvoraussetzungen sind, zählen die Existenz der Partei, die Partei534− und Prozessfähigkeit sowie die Legitimation des gesetzlichen Vertreters. Die Postulationsfähigkeit535 und die wirksame Bevollmächtigung536 (zur Prozessvollmacht537 vgl. § 80 Rdn. 1) sind lediglich Prozesshandlungsvoraussetzungen,538 die Prozessführungsbefugnis dagegen nur eine Prozessvoraussetzung.539 Die fehlende Vollmacht540 kann, 1160 (Feststellungsinteresse); RGZ 158, 145, 152 (Feststellungsinteresse); OLG Düsseldorf NJWRR 1996, 1389 f. (zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG); OLG Bremen MDR 1986, 765; Nikisch ZPR § 37 II 3; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 193; aA Schönke S. 18 (Rechtsschutzbedürfnis stets vor Begründetheitsprüfung); ebenso Stephan S. 13 f. Fn. 56. 1527527 Zum Rechtsmissbrauch gem. § 8 Abs. 4 UWG: BGH GRUR 2002, 1095 (zu § 13 UWG a.F.); BGH GRUR 1999, 509, 510 – „Vorratslücken“ (zu § 13 UWG a.F.). 528 528 2 Vgl. Schwab ZZP 81 (1968), 412, 426; siehe auch Zöller/Greger Rdn. 10, der nur Ausnahmen beim Rechtsschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse macht; aA Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 273; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 129 f.; MünchKomm/Musielak § 307 Rdn. 22. 529 3 529 BGH NJW 2000, 738, 739; Schwab JuS 1976, 69, 70; aA Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeßrecht (1961), S. 192 f. (wenn besonderer Aufwand); ders. Prozeßrecht und materielles Recht (1970), S. 229 Fn. 163; Grunsky Grundlagen § 34 II 2a, S. 326; kritisch auch Diederichsen ZZP 76 (1963), 400, 416. 530 4 530 Schwab JuS 1976, 69, 70; aA MünchKomm/ Lindacher vor § 50 Rdn. 76 (Prozessführungsbe-
fugnis), § 50 Rdn. 61 f. (Parteifähigkeit); §§ 51, 52 Rdn. 50 (Prozessfähigkeit und gesetzliche Vertretung (nur) des Beklagten); Lindacher ZZP 90 (1977), 131, 143; Grunsky Grundlagen § 34 II 2a, S. 326. 531531 5 Vgl. Marotzke EWiR 2000, 405, Anm. zu BGH NJW 2000, 738. 532532 6 BGH NJW-RR 2000, 634, 635. 533533 7 BVerfG DtZ 1992, 183. 534534 8 BGH NJW 2000, 289, 290 f.; OLG Rostock NJW-RR 2002, 828; kritisch Schemmann S. 57 ff. 535535 9 BAG NJW 1955, 476, 477 f.; vgl. Baumgärtel S. 107; Groger S. 75; Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 351; aA Sauer Grundlagen des Prozeßrechts2 (1929) S. 366; Wieser ZZP 84 (1971), 304, 309. 536536 10 Henckel Prozeßrecht und materielles Recht (1970), S. 37 f.; Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 344. 537537 11 Ihre Erteilung ist selbst auch Prozesshandlung, vgl. Breitkopf Die Klageerhebung und -rücknahme bei vollmachtloser Prozessvertretung und ihre kostenrechtliche Beurteilung (2004), S. 60 mwN. 538538 12 Baumgärtel S. 100 f. 539539 13 BGHZ 31, 279, 281 = NJW 1960, 523. 540540 14 GemS OGB BGHZ 91, 111, 114 = NJW 1984,
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wenn der Mangel schon bei Klageerhebung vorlag und nicht geheilt wurde, nur zur Unzulässigkeit der Klage mangels ordnungsgemäßer Klageerhebung führen. 5. Prozesshindernisse
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a) Allgemeines. Die Prozesshindernisse sind nur auf Einrede zu beachten541 und können durch Verzicht oder verspätetes, unentschuldigtes Vorbringen (§§ 282 Abs. 3, 296 Abs. 3) unberücksichtigt bleiben. Die Beweislast für das Vorliegen ihrer tatsächlichen Voraussetzungen trägt der Beklagte.
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b) Einrede des Schiedsvertrages, § 1032. Der Schiedsvertrag ist keine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung, sondern ein Prozesshindernis,542 durch das der Rechtsweg zur staatlichen Gerichtsbarkeit ausgeschlossen wird.543 Liegt eine Schiedsvereinbarung vor und wird trotzdem Klage vor einem staatlichen Gericht erhoben, so kann sich der Beklagte auf den Schiedsvertrag berufen und gem. § 1032544 vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache die Unzulässigkeit der Klage rügen. Das Gericht weist die Klage dann als unzulässig ab, es sein denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar545 ist, § 1032 Abs. 1 aE § 1032 ist eine Spezialvorschrift zu den allgemeinen Präklusionsvorschriften, so dass sich der Beklagte auch nach Verstreichen einer vom Gericht gesetzten Klageerwiderungsfrist (§ 282 Abs. 3 S. 2, vgl. dort Rdn. 60) noch wirksam auf die Schiedsvereinbarung berufen kann, wenn er diese vor Beginn der mündlichen Verhandlung geltend macht.546
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c) Einrede der fehlenden Kostenerstattung des Vorprozesses, § 269 Abs. 6. Gem. § 269 Abs. 6 kann der Beklagte die Einlassung auf die neue Klage verweigern (Prozesshindernis)547, bis ihm die Kosten aus dem alten Prozess gem. § 269 Abs. 3 S. 2 erstattet worden sind (vgl. § 269 Rdn. 123 ff.). Ist die erhobene Einrede begründet und werden die Kosten durch den Kläger nach einer vom Gericht zu bestimmenden Frist nicht gezahlt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
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d) Einrede der mangelnden Sicherheit, § 110. Die mangelnde Ausländersicherheit kann ebenfalls als prozesshindernde Einrede geltend gemacht werden548 (näher dazu § 111 Rdn. 1 f.). Umstritten ist, ob es sich bei der mangelnden Kostenerstattung (§ 269 Abs. 6) und der mangelnden Sicherheitsleistung (§ 110) um einredeweise geltend zu machende Prozesshindernisse handelt. Teilweise wird dies mit der Begründung verneint, nach der Vereinfachungsnovelle von 1976549 seien sie nicht mehr als „prozesshindernde Ein-
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2149; BayObLG NJW 1987, 136, 137; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 359, 360 (das OLG spricht bei der Prozessvollmacht allerdings auch von einer Prozessvoraussetzung); Breitkopf Die Klageerhebung und -rücknahme bei vollmachtloser Prozessvertretung und ihre kostenrechtliche Beurteilung (2004), S. 44 f. 541 1 541 BGH NJW 1988, 1733 (zu § 110); OLG München MDR 1984, 501 (zu § 269 Abs. 4 a.F., jetzt § 269 Abs. 6). 542 542 2 BGH NJW 2001, 2176; BAGE 56, 179, 184 = AP Nr. 33 zu § 611 BGB – Bühnenengagementvertrag = MDR 1988, 259; OLG Düsseldorf NZG 2004, 916, 918. 543 3 543 Vgl. BGH NJW-RR 2002, 387; BGH NJW 2001, 2176; BGH NJW 2000, 3720, 3721.
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Die Norm verstößt nicht gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG. Die Parteien können freiwillig die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbaren – Art. 101 Abs. 1 S. 2 will dagegen die staatliche, nicht die private Willkür verhindern, vgl. Maunz/ Dürig/Maunz Grundgesetz (1971) Art. 101 Rdn. 22. 545 5 545 Insbesondere bei Mittellosigkeit einer Partei, dazu BGH NJW 2000, 3720, 3721 = ZZP 114 (2001), 97, 98 f. (Walter). 546 546 6 BGHZ 147, 394 = NJW 2001, 2176. 547 547 7 Dazu Monschau ProzRB 2003, 26 ff. 548 8 548 Vgl. BGH NJW 1988, 1733. 549 9 549 BGBl I S. 3281.
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reden“ ausgestaltet, weil § 113 S. 2 bei fehlender Ausländersicherheit die Klagerücknahmefiktion als Rechtsfolge vorsieht und § 269 Abs. 6 ein Recht des Beklagten schafft, die Einlassung zur Hauptsache zu verweigern. Es fehle deshalb an einer dem § 1032 Abs. 1 entsprechenden Regelung.550 Die Rechtsprechung sieht jedoch weiterhin in der Geltendmachung der mangelnden Kostenerstattung (§ 269 Abs. 6) und der mangelnden Sicherheitsleistung (§ 110) Prozesshindernisse.551 Da entscheidendes Wesensmerkmal der Prozesshindernisse die Beachtung nur auf (verzichtbare) Einrede (vgl. § 296 Abs. 3) ist (dazu Rdn. 141), müssen auch § 110 und § 269 Abs. 6 als Prozesshindernisse angesehen werden. e) Prozessverträge als vertraglich wirkende Prozesshindernisse. aa) Zulässigkeit. Prozessverträge552 haben mit den Prozesshandlungen gemein, dass sie ihre unmittelbare Wirkung auf dem Gebiet des Prozessrechts entfalten. Aus diesem Grund werden sie auch oft den Prozesshandlungen zugerechnet. Sie unterscheiden sich aber von diesen durch den Charakter der zweiseitigen Vereinbarung. Insofern gleichen sie den materiellrechtlichen Verträgen, deren Hauptwirkung allerdings im materiellen Bereich liegt. In der ZPO sind nur wenige Prozessverträge geregelt, z.B. in den §§ 38,553 40, 108 Abs. 1, 224 Abs. 1, 404 Abs. 4, 794 Abs. 1 Nr. 1, 816 Abs. 1 und 2, 1029. Das bedeutet aber nicht, dass andere Verträge, die keine Regelung in der ZPO gefunden haben, nicht zulässig sind. Andererseits kann im Prozessrecht keine Vertragsfreiheit herrschen.554 Nach allgemeiner Meinung555 sind Vereinbarungen durch „Prozessverträge“ über ein bestimmtes, auch zukünftiges, verfahrensrechtliches Verhalten jedenfalls dann anerkannt, wenn die Vornahme der betroffenen Prozesshandlung den Parteien freigestellt ist, sie also dispositives Prozessrecht berühren556 und das bestimmte bzw bestimmbare zugesicherte Verhalten nicht gegen höherrangiges Recht und die guten Sitten verstößt.557 Von dispositivem Prozessrecht ist dann auszugehen, wenn der Vereinbarung keine öffentlichen Interessen entgegenstehen.558 Schließlich spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob die Vereinbarung vor oder nach Anhängigkeit
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Jauernig ZPR § 33 VI; Schlosser ZPR Rdn. 290; vgl. auch Musielak/Foerste Rdn. 11. 551 551 2 Zu § 110: BGH NJW-RR 1993, 1021; BGH NJW 1981, 2646; zu § 269 Abs. 6: BGH NJW 1992, 2034; BGH NJW-RR 1987, 61. 552 3 552 BGH NJW 1984, 805 (Verpflichtung zur Rechtsmittelrücknahme); BGH NJW 1982, 2072, 2073 (Verpflichtung zu künftigem Unterlassen einer Vollstreckungsabwehrklage); BGH NJW 1968, 794 (Verzicht auf Einlegung eines Rechtsmittels); BGH NJW 1961, 460 (Verpflichtung zur Klagerücknahme); BGHZ 28, 45, 48 = NJW 1958, 1397 (Rechtsmittelverzicht); BGH GRUR 1958, 177, 178 (Nichtangriffsabrede bei der Patentnichtigkeitsklage); BGHZ 20, 198, 205 = NJW 1956, 990, 991 (Verpflichtung zur Nichtrücknahme eines Rechtsmittels); RGZ 160, 241, 242 (Verpflichtung, nicht im Urkundenprozess zu klagen); RGZ 159, 186, 189 f. (Verpflichtung zur Klagerücknahme); RGZ 123, 84, 85 (Verpflichtung zur Berufungsrücknahme); RGZ 102, 217, 220 (Verpflichtung zur Klagerücknahme); RGZ 96, 57, 59 (Beschränkung auf bestimmte Beweismittel); dazu Eickmann S. 86 ff. 553 4 553 Schilken FS Musielak (2004), S. 435, 441.
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RGZ 102, 217, 220 (weniger Vertragsfreiheit als im materiellen Recht). 6 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 66 Rdn. 5; Eickmann S. 12; Preibisch S. 100; Wagner S. 48 ff. mwN; aA Hellwig FG Gierke II (1910), S. 41, 88 f.; Niese Prozeßhandlungen und Verträge über Prozeßhandlungen (1931), S. 84, 89 („prozessuale Unwirksamkeit“, aber auch die „schuldrechtliche Wirksamkeit“ ist beschränkt, da keine Möglichkeit einer Erfüllungsklage besteht). 556556 7 Nikisch ZPR § 55 II 3; Baumgärtel S. 188; Grunsky Grundlagen § 23 II 1; Schiedermair S. 48; Eickmann S. 22. 557557 8 BGH NJW-RR 1989, 1048, 1049; BGH NJW 1982, 2072, 2073; BGHZ 28, 45, 48 f. = NJW 1958, 1397; RGZ 102, 217, 221; weitergehend Schlosser Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß (1968), S. 14 f., 89: in dubio pro libertate – auch die Beweiswürdigung und die materielle Rechtskraft können Gegenstand eines Prozessvertrags sein. 558558 9 Baumgärtel S. 188; Schiedermair S. 48, 58; eine Vereinbarung über die Beweiswürdigung ist unzulässig, RGZ 96, 57, 59; vgl. auch Eickmann S. 92. 555555
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geschlossen wird.559 Als Prozessverträge kommen sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsverträge in Betracht.560 Umstritten ist die Rechtsnatur solcher Prozessverträge.561 Das Zustandekommen eines Prozessvertrags (Geschäftsfähigkeit, Vertretung, Willensmängel und Vertragsschluss) richtet sich − unabhängig von dessen Rechtsnatur − immer nach den Vorschriften des BGB.562 Bei Abschluss während des Prozesses müssen zusätzlich die persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen vorliegen.563 Werden solche Vereinbarungen in AGB getroffen, unterliegen sie der Inhaltskontrolle.564 bb) Ausschluss der Klagbarkeit. Im Rahmen der Prozessvoraussetzungen werden Prozessverträge dann bedeutsam, wenn sie negativ die Erhebung der Klage vollständig oder zeitweise ausschließen. Wird die Klage trotzdem erhoben, führt dies bei einredeweiser Geltendmachung in folgenden Fällen wegen (vorübergehend) fehlender Klagbarkeit565 zur Unzulässigkeit: Der vollständige Ausschluss der Klagbarkeit durch vertraglich vereinbarten Klageverzicht wird mit der Begründung für wirksam erachtet, dass man den Vertragspartnern, wenn sie schon die Verbindlichkeit ganz aufheben können, das Mindere – den Ausschluss der Klagbarkeit – nicht verwehren könne.566 Allerdings ist für eine solche Vereinbarung die Schriftform des § 1027 Abs. 1 zu fordern und bei der Annahme einer solchen Vereinbarung „stärkste Zurückhaltung“ geboten.567 Andere halten nur einen vertraglich vereinbarten materiellrechtlichen Anspruchssausschluss für zulässig mit dem Hinweis, auf den Justizgewährungsanspruch könne 559 559
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Grunsky Grundlagen § 23 II 1; Schlosser Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß, S. 43 ff.; Wagner S. 51. 2560560 Konzen S. 185, 188; Schwab FS Baumgärtel (1990), S. 503, 513; Wagner S. 38, 276; aA Baumgärtel S. 184 ff., 286 ff.; Schiedermair S. 172 ff. 561 3 561 Prozessuale Rechtsnatur: Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 304, der auch dem Verpflichtungsvertrag eine prozessuale Rechtsnatur zuweist, da seine gewollte Wirkung auf dem prozessualen Gebiet liegt; Konzen S. 54; Kornblum FamRZ 1973, 416, 422; Jacoby S. 125 f.; Wagner S. 31 ff.; dem engen Prozesshandlungsbegriff folgend fällt der Prozessvertrag allein in das materielle Recht: BGHZ 57, 72, 75 = MDR 1972, 44; BGHZ 49, 384, 387 = NJW 1968, 1233 (Gerichtsstandsvereinbarung); BGHZ 23, 198, 200 = NJW 1957, 589 f. (Schiedsvertrag: „materiellrechtlicher Vertrag über prozessuale Beziehungen“); Grunsky Grundlagen § 23 II 2; Eickmann S. 27 f.; Niese Doppelfunktionale Prozeßhandlungen (1950), S. 85; Teubner/Künzel MDR 1988, 720, 723; dazu W. Lorenz AcP 157 (1958/1959), 265, 278 ff., 281; differenzierend: Baumgärtel S. 185, 272 f. stellt auf die Hauptwirkung des Vertrages ab: liegt diese im prozessualen Bereich, dann prozessuale Rechtsnatur (z.B. § 38 ZPO), liegt diese im materiellen Bereich (und nur mittelbar im prozessualen), dann materiellrechtlicher Vertrag; auch Nikisch ZPR § 55 III 1; Habscheid NJW 1965, 2369, 2370; Schiedermair S. 33 ff.
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BGH NJW 1986, 1438, 1439; BGHZ 59, 23, 26 f. = NJW 1972, 1622, 1623 (zu § 38 ZPO). 5 Henckel Prozeßrecht und materielles Recht (1970), S. 74; Schiedermair S. 136, 143; vgl. aber Wagner S. 284, 286: Geltung nur des materiellen Rechts. 564 6 564 Vgl. zu § 307 BGB: BGHZ 92, 13, 15 ff. = NJW 1984, 2408, 2409 (Bauträgervertrag) = JR 1985, 150 mit Anm. Lindacher; Haß S. 80. 565 565 7 LAG Köln AP Nr. 9 zu § 18 BetrVG 1972; OLG Celle NJW 1971, 288, 289; MünchKomm/Becker-Eberhard Vor §§ 253 ff. Rdn. 14; Teubner/ Künzel MDR 1988, 720; aA Wagner S. 413: betrifft die Prozessführungsbefugnis. 566 8 566 BGH NJW 1982, 2072, 2073 (Verpflichtung, keine Vollstreckungsabwehrklage zu erheben); RG JW 1930, 1062 (Nr. 7); OLG Celle NJW 1971, 288, 289; OLG Hamburg NJW 1949, 510, 511 mit abl. Anm. von Lent; Blomeyer ZPR § 30 VIII 2, 3; Konzen S. 265; Schlosser Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß (1968), S. 63 ff.; Siebert S. 122; Piehler FS Arens (1993), S. 323, 328 f.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 90 weisen auf eine besonders sorgsame Prüfung einer solchen Vereinbarung im Einzelfall hin; aA Dütz Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz im Privatrecht (1970), S. 159, 161; Schiedermair S. 90, 93 mit Möglichkeit der Umdeutung in materiellrechtliche Vereinbarung einer Naturalobligation. 567 9 567 Vgl. Kempf AcP 73 (1960), 342, 382. 563 563
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nicht ersatzlos verzichtet werden.568 Ein Verzicht auf den Justizgewährungsanspruch ist darin jedoch nicht zu sehen, sondern lediglich eine Verfügung über materielle oder prozessuale Rechte, die in ihrer privatautonomen Gestalt durch den Justizgewährungsanspruch geschützt sind.569 Entscheidend ist damit allein, ob das (prozessuale) Recht dispositiv ist. Erst recht kann die Klagbarkeit nur zeitweilig ausgeschlossen570 werden. Dies kann in Musterprozessvereinbarungen,571 Klagefristvereinbarungen, Schieds- bzw Schlichtungsvereinbarungen (Abweisung der Klage als „zur Zeit unzulässig“)572 und sonstigen Stillhalteabkommen573 geschehen. Wird von den Parteien dagegen ein Schiedsgutachten verabredet (§ 317 BGB), ist die erhobene Klage, wenn das Gutachten bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht vorliegt, als „zur Zeit unbegründet“ abzuweisen.574 Letztlich kommt es immer auf den konkreten Inhalt der Vereinbarung an, ob die Parteien die materielle oder die prozessuale Durchsetzbarkeit vorübergehend ausschließen wollten. Solche Stillhalteabkommen (pacta de non petendo) begründen nach Ansicht des BGH zum einen materiellrechtlich ein Leistungsverweigerungsrecht (und damit die Hemmung der Verjährung gem. § 205 BGB)575 und zum anderen prozessual einen Ausschluss des Klagerechts.576 Wegen dieser vom BGH zwingend angenommenen Doppelwirkung,577 insbesondere wegen der weitreichenden materiellen Folgen im Verjährungsrecht, ist der BGH in der Annahme solcher Vereinbarungen zurückhaltend.578 Dadurch wird auch die prozessuale Wirkung der Vereinbarung verhindert und dem Parteiwillen nicht Rechnung getragen. Deshalb wird vorgeschlagen, solche Vereinbarungen lediglich als gewillkürten Klageverzicht und nicht auch als materielles Leistungsverweigerungsrecht auszulegen.579 Dies würde die Annahme eines konkludent abgeschlossenen Prozessvertrags erleichtern. cc) Geltendmachung im Prozess. Eine Parteivereinbarung, die die Klagbarkeit ausschließt, begründet selbst nur die Einrede des (vorübergehenden) prozessualen Klageverzichts und wirkt insoweit wie ein Prozesshindernis. Sie ist deshalb ebenso wie die Schiedsgerichtsvereinbarung, die auch die Klagbarkeit beschränkt, nur auf Einrede zu beachten.580 Dies hat zur Folge, dass die betreffende abredewidrige Prozesshand568 568
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OLG Celle OLGZ 1969, 1 f.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 24; Schiedermair S. 94. 2569569 Haß S. 73; Siebert S. 130 f.; Wagner S. 407 f. 3570570 Vgl. Kappel Die Klageabweisung zur Zeit (1999), S. 102. 571 4 571 Genauer die die Bindungsabrede ergänzende Stillhalteabrede: BGH NJW 1998, 2274; Schiedermair S. 110; Wagner NJW 2001 182, 183; Haß S. 71; Jacoby S. 163, 170 f., 192. 572 5 572 BGH NJW 1999, 647, 648; BGH NJW-RR 1995, 1048, 1049; BGH NJW 1984, 669, 670 = ZZP 99 (1986), 90, 92 (Prütting); BGH NJW 1977, 2263; OLG Oldenburg MDR 1987, 414; OLG Celle NJW 1971, 288, 289; vgl. Kappel S. 102 ff. 573 573 6 Vgl. BGH NJW-RR 1989, 1048, 1049 (Abweisung der Klage als zurzeit unzulässig); BGHZ 10, 22, 23 = NJW 1953, 1260 f. 574 7 574 BGH NJW-RR 1988, 1405; OLG Hamburg NZV 1998, 414, 415; MünchKommBGB5/Gottwald (2007) § 317 Rdn. 26; Kappel S. 80 ff.; aA Wagner S. 666; ders. NJW 2001, 182, 183.
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Vgl. BGH NJW 1993, 1320, 1323; BGH NJW 1990, 1231, 1232; BGH NJW 1986, 1337, 1338. 9576576 BGH NJW-RR 1995, 290, 292; BGH NJW-RR 1989, 1048, 1049; dazu auch MünchKommBGB5/Grothe (2006) § 205 Rdn. 5 f. 577577 10 BGH NJW-RR 1995, 290, 292; Haß S. 80; dazu kritisch Brommann AnwBl 1985, 5, 7, 13. 578578 11 Vgl. nur BGH NJW 1998, 2274, 2277. 579579 12 Wagner S. 424 f.; ders. NJW 2001, 182, 187; ebenso Jacoby S. 168 ff.; jedoch analoge Anwendung des § 205 BGB, Wagner S. 432; ders. NJW 2001, 182, 187; dem folgend Jacoby S. 173; weniger streng Kappel S. 104, der in der prozessualen Wirkung den Schwerpunkt sieht und das mögliche materielle Leistungsverweigerungsrecht als Nebenwirkung versteht. 580580 13 BGH NJW 1999, 647, 648; BGH NJW 1984, 669; RGZ 160, 241, 246; Preibisch S. 160; Schiedermair S. 126 f. (Prozesseinrede, nicht aber prozesshindernde Einrede); Zeiss S. 104 f. Gegen die Einre-
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lung581 (die erhobene Klage) unzulässig ist.582 Darin liegt der Unterschied zum gesetzlichen Ausschluss der Klagbarkeit583: dieser wird von Amts wegen berücksichtigt, die Stillhalteabkommen dagegen nur auf Einrede des Beklagten. 6. Rechtliche Behandlung
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a) Vorrang der Zulässigkeitsprüfung. Die sachliche Prüfung darf erst vorgenommen werden, wenn die Zulässigkeit bejaht wurde.584 Bestrebungen, die diesen Vorrang aufgeben585 oder abschwächen586 wollen, haben sich nicht durchgesetzt und sind abzulehnen. Gegenstand und Umfang der materiellen Rechtskraft eines Urteils müssen feststehen. Vermengt man Zulässigkeit und Begründetheit, ist eine eindeutige Bestimmung nicht möglich. Zudem rechtfertigt der Zweck aller Prozessvoraussetzungen, zusammengefasst in der Zulässigkeit, deren vorrangige Prüfung vor der Begründetheit. So definiert erst die Klageerhebung den Streitgegenstand. Die Zuständigkeit des Gerichts ist durch das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter gem. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG gesichert und verbietet eine Sachentscheidung durch den unzuständigen (nicht gesetzlichen) Richter. Die parteibezogenen Prozessvoraussetzungen sollen individuelle Interessen der Parteien schützen und ein Sachurteil gegen einen Prozessunfähigen verhindern. Schließlich sollte mit § 282 Abs. 3 S. 2 die Prüfung der Prozessvoraussetzungen vor der Sachprüfung noch erleichtert werden.587 Das Vorrangverhältnis ergibt sich auch aus § 280. Fehlt demnach eine positive Prozessvoraussetzung oder liegt eine negative Prozessvoraussetzung bzw ein Prozesshindernis vor, so ist die Klage als unzulässig abzuweisen, soweit keine Sondervorschriften bestehen (vgl. §§ 113, 269 Abs. 6). Das Gericht darf die Zulässigkeit einer Klage nicht dahingestellt sein lassen und diese wegen jedenfalls feststehender Unbegründetheit abweisen588 oder offenlassen, ob die Abweisung nun konkret als unbegründet oder unzulässig erfolgt.589 Diesen
detheorie Schlosser Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß, S. 57; Wagner S. 254 (generelle ipso iure Wirkung, eine Einrede ist nicht notwendig, aber Einführung in den Prozess durch entsprechenden Vortrag); ebenso Jacoby S. 126; anders noch Niese Doppelfunktionale Prozeßhandlungen (1950), S. 150 f: es entstehen allein materiellrechtliche Ansprüche, die in einem neuen Prozess geltend gemacht werden können. 581 1 581 BGH NJW 1984, 805 (Rechtsmitteleinlegung); BGHZ 20, 198, 204, 206 = NJW 1956, 990, 991 (Rechtsmittelverzicht); RGZ 159, 186, 190 (Klagerücknahme). 582 582 2 Vgl. BGH NJW-RR 1989, 1048, 1049; Baumgärtel S. 268 ff., 271; Eickmann S. 30; Habscheid NJW 1965, 2369, 2372 („Einrede der Arglist“); Zeiss S. 105 f.: es handelt sich nicht um eine Einrede der Arglist, sondern um eine solche aus der Vereinbarung (exceptio pacti); dazu auch Teubner/Künzel MDR 1988, 720, 724. 583 583 3 Vgl. Kappel S. 104. 584 584 4 BGH NJW 2000, 3718, 3720; BGH NJW-RR 1991, 333; RGZ 153, 216, 219; RGZ 70, 179, 187; Jauernig FS Schiedermair (1976), S. 289, 306; Wieser ZZP 84 (1971), 304, 311; Schlosser Jura 1981, 648; Berg JR 1968, 257.
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585 585 5 Rimmelspacher S. 117; zurückhaltender ders. ZZP 88 (1975), 245, 246. 586 6 586 KG NJW 1976, 2353 (Abweisung als unbegründet hätte gleiche Auswirkungen wie Abweisung als unzulässig); Grunsky ZZP 80 (1967), 55, 75; ders. Grundlagen des Verfahrensrechts § 34 III 2a: Es gibt zwar eine Trennungslinie, diese trennt jedoch Erfolgsvoraussetzungen, die ein Allgemeininteresse betreffen, und solche, die ein Privatinteresse betreffen; ebenso, jedoch mit abweichender Wertung Lindacher ZZP 90 (1977), 131, 138 ff.; vgl. auch Schumann in GS Michaelis (1973), S. 553, 568 (Sinn und Zweck der einzelnen Prozessvoraussetzung); Grundmann ZZP 100 (1987), 33, 35 ff. und 58. 587 7 587 BT-Drucks.7/2729 S. 74. 588 8 588 BGH NJW 2000, 3718, 3719 f.; BAGE 19, 146, 149 f. = NJW 1967, 648 mit abl. Anm. Lindacher NJW 1967, 1389, 1390 = AP Nr. 2 zu § 275 ZPO mit Anm. Jauernig; LAG Mainz NZA-RR 2004, 430, 431; Stein/Jonas/Leipold21 § 300 Rdn. 14; Zöller/Greger Rdn. 10; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 93 Rdn. 45; aA Grunsky ZZP 80 (1967), 55, 72; Lindacher ZZP 90 (1977), 131, 138. 589 9 589 RGZ 70, 179, 187.
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Urteilen kommt, wenn die Zulässigkeit nicht eindeutig verneint wurde, wegen ihres unklaren Inhalts weder hinsichtlich der Zulässigkeit noch der Begründetheit materielle Rechtskraft zu.590 Weist das Gericht die Klage auch als unbegründet ab, obwohl es sie schon für unzulässig hält,591 erwächst lediglich die Abweisung als unzulässig in Rechtskraft, die Abweisung als unbegründet dagegen nicht.592 Die sachlichrechtlichen Ausführungen gelten grundsätzlich als nicht geschrieben.593 Wird insoweit nur das Prozessurteil rechtskräftig, stellen die Ausführungen zur mangelnden Begründetheit der Klage Hilfserwägungen dar, die es dem Kläger erleichtern, seine weiteren Chancen vor Gericht zu bewerten. Da die Zulässigkeit somit stets zuerst zu prüfen ist, sollen Sachverhandlung und eine Beweisaufnahme nicht mehr erfolgen, sobald der Mangel einer Prozessvoraussetzung feststeht. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn der Zweck der Prozessvoraussetzung und der Grundsatz der Prozessökonomie keine vorrangige Prüfung gebietet. So ist der Zweck des Rechtsschutzbedürfnisses, das Gericht vor überflüssiger Inanspruchnahme zu schützen, gerade nicht erfüllt, wenn man einen zwingenden Vorrang der Rechtsschutzvoraussetzungen (Rechtsschutzbedürfnis, Feststellungsinteresse594, siehe auch § 256 Rdn. 123) vor der im Einzelfall leicht zu klärenden Unbegründetheit bejahen würde. Wenn die Klage offensichtlich unbegründet ist, kann die zweifelhafte Rechtsschutzvoraussetzung dahingestellt bleiben und die Klage als unbegründet abgewiesen werden.595 Dafür spricht auch die Nähe zum materiellen Recht. Solche Voraussetzungen werden deshalb als „bedingte“ Prozessvoraussetzungen bezeichnet596 (vgl. Rdn. 138). Dazu zählen auch die gewillkürte Prozessstandschaft, soweit das schutzwürdige Eigeninteresse zweifelhaft ist und die Prozessführungsbefugnis von Verbänden gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 UWG. Für eine Verurteilung des Beklagten müssen aber auch diese Prozessvoraussetzungen vorliegen; das Gericht darf sie dann nicht dahingestellt sein lassen. Teilweise wird auch vertreten, dass die Klage bei offensichtlicher Unbegründetheit durch Sachurteil abgewiesen werden kann, wenn die Klagefrist oder die Rechtskraftwirkung eines Urteils unklar ist.597 Dies ist jedoch bedenklich, da der Zweck dieser Prozessvoraussetzungen, der nicht wie bei den Rechtsschutzvoraussetzungen der Vermeidung von überflüssiger Inanspruchnahme der Gerichte dient, dem widerspricht. b) Zeitpunkt für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen. Die Prüfung der von Amts wegen zu beachtenden Prozessvoraussetzungen erfolgt in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz (vgl. § 557 Abs. 3 S. 2).598 590 590
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BAGE 19, 146, 149 f. = NJW 1967, 648; Stein/ Jonas/Leipold21 § 322 Rdn. 148; aA MünchKomm/Gottwald § 322 Rdn. 175 (Rechtskraft als Sachurteil, da Zulässigkeit inzident bejaht). 591 2 591 BGH NJW 1978, 2031, 2032; BGHZ 11, 222, 223 f. = NJW 1954, 310, 311; RGZ 158, 145, 155; RGZ 105, 192, 196. 592 592 3 BGHZ 11, 222, 225 = NJW 1954, 310, 311. 593 593 4 BGHZ 11, 222, 225 = NJW 1954, 310, 311; BGHZ 4, 58, 60; RGZ 158, 145, 155. 594 5 594 AA z.B. Balzer NJW 1992, 2721, 2724, der das Feststellungsinteresse aber als anspruchsbezogene Prozessvoraussetzung versteht (vgl. Rdn. 137).
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BGH NJW 1978, 2031, 2032 (allg. Rechtsschutzbedürfnis, Feststellungsinteresse); BGH NJW 1958, 384 (Feststellungsinteresse); BGHZ 12, 308, 316 = NJW 1954, 1159, 1160 (Feststellungsinteresse); RGZ 158, 145, 152 (Feststellungsinteresse); OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1389 f. (zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG); OLG Bremen MDR 1986, 765; Nikisch ZPR § 37 II 3; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 193; aA Schönke S. 18 (Rechtsschutzbedürfnis stets vor Begründetheitsprüfung); ebenso Stephan S. 13 f. Fn. 56. 7596596 Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 273. 597597 8 Schumann GS Michaelis (1973), S. 553, 579 ff.; Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 267.
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Zwar hat das Revisionsgericht gem. § 559 grundsätzlich nur das Parteivorbringen zu berücksichtigen, das sich aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ergibt. Da die Prozessvoraussetzungen für die Entscheidung in der Sache bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen müssen, muss das Revisionsgericht neue Tatsachen, die zum Wegfall bzw Entstehen von Prozessvoraussetzungen führen, berücksichtigen, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Tatsachen entstanden sind (§ 559 Rdn. 44 ff.).599 Deshalb ist neuer Tatsachenvortrag auch noch in der Revisions- oder Rechtsbeschwerdeinstanz beachtlich, gleichgültig ob dies zum Wegfall oder Eintritt der Prozessvoraussetzungen führt.600 Die Ansicht,601 die lediglich Tatsachen berücksichtigen will, die vor der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung entstanden sind, ist abzulehnen. Der BGH scheint einer differenzierenden Ansicht zuzuneigen. Grundsätzlich berücksichtigt er alle neuen Tatsachen in der Revisionsinstanz, teilweise602 einschränkend für Tatsachen, die erst in der Revisionsinstanz entstanden sind, auf unstreitige und solche, die schützenswerten Belangen der Gegenpartei nicht entgegenstehen. Nur in Ausnahmefällen, insbesondere für die gewillkürte Prozessstandschaft603 müssen die Tatsachen wegen ihrer Nähe zum materiellen Recht bereits vor der letzten mündlichen Berufungsverhandlung vorliegen. Bis zum Ende der Revisionsverhandlung kann der Mangel der Prozessvoraussetzung noch durch Nachholung (ordentliche Klageerhebung, Sicherheitsleistung für Prozesskosten) oder Wegfall des Mangels (Prozessunfähiger wird prozessfähig oder vom gesetzlichen Vertreter vertreten, der die gesamte bisherige Prozessführung geneh-
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BGHZ 159, 94, 98 = NJW 2004, 2523, 2524 (Parteifähigkeit); BGHZ 134, 116, 118 = NJW 1997, 657, 658 (Parteifähigkeit); BGHZ 125, 196, 201 = NJW 1994, 2549, 2550 (Prozessführungsbefugnis); BGH NJW-RR 1986, 157 (Prozessfähigkeit); BGHZ 86, 184, 188 f. = NJW 1983, 996, 997 (Prozessfähigkeit); BGH NJW 1970, 1683 (Prozessfähigkeit); BGHZ 53, 332, 334 = NJW 1970, 1002, 1003 (Rechtskraft); BAGE 9, 273, 276 = MDR 1960, 958, 959 (bestimmter Antrag). 599 599 2 AA Rimmelspacher S. 192, der mit dem Zweck des § 559 (§ 561 a.F.) die Überprüfung generell nur auf solche Tatsachen beschränken will, die sich bereits aus dem Tatbestand oder Sitzungsprotokoll des Berufungsurteils ergeben; in ZZP 88 (1975), 245, 254, 257 ff. lässt ders. hierbei jedoch Ausnahmen bei bestimmten Prozessvoraussetzungen zu. 600 600 3 BGHZ 156, 165, 169 = NJW 2004, 71; BGHZ 104, 215, 221 = NJW 1988, 3092, 3094; BGH NJW-RR 1986, 157 (Prozessfähigkeit); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 16; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Grundz § 253 Rdn. 16; Jauernig ZPR § 33 V 7; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 93 Rdn. 42; Schilken ZPR Rdn. 333; Martin S. 151, der auf den allgemeinen Gesichtspunkt der Förderung eines Sachurteils abstellt. 601 601 4 Entscheidungen, die die Prozessführungsbefugnis bei gewillkürter Prozessstandschaft betreffen: BGH NJW 2000, 738, 739; BGHZ 125, 196, 201 = NJW 1994, 2549, 2550; BGH NJW 1988, 1585, 1587; BGH NJW-RR 1987, 57, 58; BGHZ 100,
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217, 219 = NJW 1987, 2018; BGHZ 31, 279, 282 f. = NJW 1960, 523, 524 (Prozessführungsbefugnis bei gesetzlicher Prozessstandschaft); BAGE 9, 273, 276 = MDR 1960, 958, 959 (bestimmter Antrag); BAGE 24, 247, 255 = AP Nr. 9 zu § 611 BGB – Öffentlicher Dienst (Gründe zu II 1, bestimmter Klageantrag); Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 261; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 262; aA BGHZ 18, 98, 106 = NJW 1955, 1513, 1514 (Feststellungsinteresse), in dem der BGH Rosenberg (ZPR9 § 142 II 3c) folgt, wonach grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Tatsacheninstanz für das Vorliegen von Prozessvoraussetzungen maßgebend sein soll. Dort, wo der Mangel der Prozessvoraussetzung das Urteil jedoch nichtig oder vernichtbar macht, können Tatsachen, die einen solchen Mangel begründen, auch dann durch das Revisionsgericht berücksichtigt werden, wenn sie erst nach dem Berufungsurteil entstanden sind; ebenso Lüke ZPR Rdn. 152. 602 602 5 BGH NJW 2002, 1130, 1131; BGH NJW 1984, 1556 (Feststellungsinteresse); BGHZ 85, 288, 290 = NJW 1983, 867 (Niederlegung des Schiedsspruchs); BGH MDR 1981, 1012 (Prozessführungsbefugnis); vgl. auch BGHZ 53, 128, 131 f. = NJW 1970, 1007. 603 603 6 BGH NJW 2000, 738, 739; BGHZ 125, 196, 201 = NJW 1994, 2549, 2550; BGH NJW 1988, 1585, 1587; BGH NJW-RR 1987, 57, 58; BGHZ 100, 217, 219 = NJW 1987, 2018; noch auf alle Prozessvoraussetzungen beziehend BGHZ 31, 279, 282 f. = NJW 1960, 523, 524.
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migt; die entgegenstehende Rechtshängigkeit entfällt mit Klagerücknahme im anderen Prozess) beseitigt werden. Dies gilt definitionsgemäß nicht für Zugangsvoraussetzungen (vgl. Rdn. 126). Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Prozessvoraussetzungen am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Revisionsinstanz vorliegen. Etwas anderes gilt für die Zuständigkeit und die Zulässigkeit des Rechtswegs, sie müssen nur irgendwann einmal vorgelegen haben (§ 17 Abs. 1 S. 1 GVG, § 261 Abs. 3 Nr. 2). Tritt während des Prozesses Tod/Prozessunfähigkeit der Partei ein oder fällt die gesetzliche/gewillkürte Vertretung weg, gelten besondere Vorschriften (Unterbrechung oder Aussetzung des Verfahrens gem. §§ 239 ff., 241, 246). Fällt eine andere Prozessvoraussetzung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Revisionsinstanz weg, wird die ursprünglich zulässige Klage unzulässig. c) Prüfung von Amts wegen. Die Prozessvoraussetzungen sind durch das Gericht in jeder Instanz von Amts wegen zu berücksichtigen (Amtsprüfung).604 Dies schreibt das Gesetz in § 56 für die Parteifähigkeit, die Prozessfähigkeit, die Legitimation des gesetzlichen Vertreters und die erforderliche Ermächtigung zur Prozessführung ausdrücklich vor. Amtsprüfung bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht von sich aus amtliche Untersuchungen und Nachforschungen anzustellen hätte (keine Amtsermittlungspflicht).605 Es muss aber den entsprechenden Streitstoff berücksichtigen, gem. § 139 Abs. 3 selbst auf Bedenken aufmerksam machen und den Parteien die Gelegenheit geben, Zweifel bezüglich der Zulässigkeit der Klage zu beseitigen, ohne dass die Bedenken auf Parteibehauptungen beruhen müssen. Insoweit ist die Überprüfung der Prozessvoraussetzungen nur dann angezeigt, wenn hinreichende Anhaltspunkte für das Gericht dafür gegeben sind, dass sie fehlen.606 Hat das Gericht selbst keine Zweifel, muss im Fall des § 56 Abs. 1 bei der behaupteten Prozessunfähigkeit,607 aber auch bei der Parteiunfähigkeit608 die Darlegung von Tatsachen durch den Beklagten erwartet werden, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Behauptung richtig sein könnte. Andernfalls braucht das Gericht die Partei- oder Prozessfähigkeit nicht zu überprüfen.609 Die entsprechenden Tatsachen610 und ein etwa erforderlicher Nachweis (Beweisführungslast) sind von den Parteien zu beschaffen, so dass es beim Beibringungsgrundsatz bleibt.611 Die Beweiserhebung von Amts wegen durch das Gericht steht wie auch sonst in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen (§§ 142, 143, 144, 273, 448) im Ermessen (§ 142 Rdn. 5 ff.)612 des Gerichts. Der BGH geht noch einen Schritt weiter und nimmt wegen
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BGH NJW 1989, 2064, 2065; RGZ 160, 338, 346 f.; Lüke JuS 1961, 41, 44. 2 BVerfG NJW 1992, 359, 360 f.; BGH NJW 1989, 2064, 2065; RGZ 160, 338, 346 f.; MünchKomm/ Rauscher Einl. Rdn. 312; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 12; Engelmann-Pilger NJW 2005, 716. 606 3 606 Vgl. § 56 ZPO: „Mangel ... von Amts wegen zu berücksichtigen“. 607 4 607 BGH NJW-RR 1986, 157; BGH NJW 1969, 1574. 608 5 608 BGHZ 159, 94, 98 = NJW 2004, 2523, 2524. 609 6 609 BGHZ 159, 94, 98 = NJW 2004, 2523, 2524 (mit dem Hinweis auf eine mögliche mutwillige Prozessverschleppung). 610 7 610 BGH NJW-RR 2000, 1156 (zur Insolvenzfest605 605
stellungsklage); abweichend Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 168. 8 BGH NJW 1989, 2064, 2065 (Rechtshängigkeit); LAG Mainz NZA-RR 1996, 347, 348: Weder die Einführung der zur Prüfung erforderlichen tatsächlichen Umstände noch die Untersuchung ihres Vorhandenseins findet von Amts wegen statt. Grundsätzlich tragen die Parteien die Verantwortung auch für die Herbeischaffung des prozessualen Prozessstoffes; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 77 Rdn. 46. 612612 9 Peters Richterliche Hinweispflichten und Beweisinitiativen im Zivilprozeß (1983), S. 146; Stürner Die richterliche Aufklärung im Zivilprozeß (1982), S. 16 f.; Schneider Beweis und Beweiswürdigung4 (1987), Rdn. 18. 611611
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des besonderen öffentlichen Interesses an der Feststellung eine Pflicht des Gerichts an, „von Amts wegen alle in Betracht kommenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen“.613 Der Amtsprüfungsgrundsatz modifiziert den Beibringungsgrundsatz hinsichtlich der Beweisbedürftigkeit. Auf die Prüfung der Prozessvoraussetzungen von Amts wegen hat das Parteiverhalten grundsätzlich keinen Einfluss, so dass eine Parteivereinbarung, ein rügeloses Einlassen (§§ 138 Abs. 3, 331 Abs. 1) oder ein Geständnis (§ 288) einer Partei unbeachtlich sind.614 Letzteres kann jedoch im Rahmen der freien Beweiswürdigung gem. § 286 berücksichtigt werden.615 Den Parteien fehlt insoweit die Dispositionsbefugnis. Eine Ausnahme besteht lediglich hinsichtlich zuständigkeitsbegründender Tatsachen außerhalb des Anwendungsbereichs von § 40 Abs. 2 S. 1 iVm S. 2, da hier auch eine Zuständigkeitsbegründung durch Parteiverhalten (§§ 38, 39) möglich wäre.616 Im Regelfall prüft das Gericht die entsprechenden Prozessvoraussetzungen deshalb nur, wenn hinreichende Anhaltspunkte für deren Fehlen vorliegen.617 Prozesshindernisse sind nur auf Rüge hin zu berücksichtigen (siehe oben Rdn. 141 ff.). Hier ist auf die Rechtzeitigkeit der Rüge (§§ 282 Abs. 3, 296 Abs. 3) zu achten. Über die Zulässigkeit kann in einer gesonderten Verhandlung durch Zwischenurteil entschieden werden, § 280 Abs. 1. d) Beweislast. Bleiben Zweifel bezüglich einer Prozessvoraussetzung bestehen, ist eine Beweislastentscheidung zu treffen. Beweisbelastete Partei ist hier regelmäßig der ein Sachurteil begehrende Kläger,618 für die Prozesshindernisse und negativen Prozessvoraussetzungen der Beklagte,619 im Falle der Säumnis des Klägers (§ 330) oder des Verzichtsurteils (§ 306) der die Klageabweisung beantragende Beklagte. Die Verteilung der Beweislast ändert sich durch die Amtsprüfung nicht.620 Vgl. zur Unterscheidung von positiven und negativen Prozessvoraussetzungen Rdn. 131. Auch hinsichtlich der Prozessfähigkeit der Parteien nimmt die überwiegende Meinung zu Recht an, dass derjenige, der ein Sachurteil begehrt, in der Regel also der Kläger, die Beweislast für die Prozessfähigkeit trägt.621 Bestehen nach Erschöpfung aller erschließbaren Erkenntnisquellen noch Zweifel an der Prozessfähigkeit, ist von der Prozessunfähigkeit auszugehen.622 1613613 BGHZ 159, 94, 100 = NJW 2004, 2523, 2525 (Parteifähigkeit); BGHZ 143, 122, 124 = NJW 2000, 289, 290 (Prozessfähigkeit); BGH NJW 1996, 1059, 1060 (Prozessfähigkeit); BAG NZA 2000, 613, 614; anders insoweit BGH NJW-RR 2000, 1156 (zur Insolvenzfeststellungsklage); vgl. Engelmann-Pilger NJW 2005, 716 ff., der dies für die Prozessfähigkeit wegen ihrer Schutzfunktion annimmt, für die übrigen Prozessvoraussetzungen aber verneint; kritisch zu einer unterschiedlichen Behandlung auch Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 172. 614 614 2 Vgl. nur Jauernig ZPR § 25 X. 615 615 3 Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 169. 616 4 616 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 77 Rdn. 47; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 180; differenzierend Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 176 (keine Parteidisposition bzgl. Gerichtsstandsvereinbarung). 617 5 617 BGHZ 159, 94, 100 = NJW 2004, 2523, 2524 (Par-
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teifähigkeit); BGH NJW 1996, 1059, 1060; BGHZ 86, 184, 189 = NJW 1983, 996, 997 (Prozessfähigkeit); dazu Engelmann-Pilger NJW 2005, 716. 618 618 6 BGH NJW-RR 2000, 1156 f. 619 7 619 BGH WM 1962, 644; RGZ 160, 338, 347 (allerdings wegen der damals in § 274 ZPO a.F. enthaltenen Formulierung als Einrede); vgl. zur Beweislast bei entgegenstehender Rechtshängigkeit § 261 Rdn. 74. 620 8 620 RGZ 160, 338, 346 f. 621 9 621 BGH NJW 1996, 1059, 1060; BGHZ 18, 184, 189 f. = NJW 1955, 1714; BAG NZA 2000, 613, 614 mwN; BAG NJW 1958, 1699, 1700; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 44 Rdn. 32; Stein/ Jonas/Bork § 56 Rdn. 9 f.; aA Musielak NJW 1997, 1736, 1741 (Beweislast richtet sich nach materiellem Recht). 622 10622 BGHZ 143, 122, 124 = NJW 2000, 289, 290; BGH NJW 1996, 1059, 1060; BGHZ 86, 184, 189 =
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Umstritten ist die Verteilung der Beweislast bei der deutschen Gerichtsbarkeit, die vom BVerfG ausdrücklich offengelassen wurde623 und vom Völkerrecht nicht bestimmt ist.624 Da es zu erheblichen Beweisschwierigkeiten für den Kläger führen würde, wenn er die Beweislast für die fehlende Immunität (des Beklagten) tragen müsste, ist die Beweislast dafür ausnahmsweise dem Verfahrensgegner aufzuerlegen.625 Im Bereich der Amtsprüfung und damit auch für die Prozessvoraussetzungen gilt im Beweisverfahren der Freibeweis,626 so dass das Gericht nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden ist und auch kein förmliches Beweisverfahren durchgeführt werden muss.
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e) Reihenfolge der Prüfung. Das Gesetz gibt eine Reihenfolge der Prüfung bzgl. der einzelnen Prozessvoraussetzungen nicht vor. Da bei Verneinung auch nur einer Prozessvoraussetzung die Klage als unzulässig abzuweisen ist, kommt es auf die Frage, welcher Mangel vorliegt, praktisch nicht an.627 Sind mehrere Prozessvoraussetzungen zweifelhaft, kann prozessökonomisch verfahren und die Abweisung auf den am einfachsten nachzuweisenden Mangel gestützt werden.628 Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass die Reihenfolge der Prüfung stets in das Belieben des Gerichts gestellt ist, insbesondere hat das Gericht jedenfalls über diejenigen Prozessvoraussetzungen zuerst zu entscheiden, die eine sachliche Bedingung für eine weitere Prozessvoraussetzung darstellen (innere Abhängigkeit).629 In der Literatur630 gibt es verschiedene Vorschläge, in welcher Reihenfolge Prozessvoraussetzungen zu prüfen sind. Eine Rangfolge kann unter Berücksichtigung verschiedener Gesichtspunkte vorgenommen werden. Als Kriterien kommen die Prozessökonomie631 (wenn mehrere Prozessvoraussetzungen fraglich sind, ist diejenige zuerst zu prüfen, die am ehesten und leichtes-
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NJW 1983, 996, 997; BGHZ 18, 184, 189 f. = NJW 1955, 1714; Stein/Jonas/Bork § 56 Rdn. 10; aA Musielak NJW 1997, 1736, 1741 (im Zweifel ist von einer Geschäftsfähigkeit und damit auch von einer Prozessfähigkeit auszugehen). 623 623 1 BVerfGE 46, 342, 402 = NJW 1978, 485 ff. 624 624 2 V. Schönfeld NJW 1986, 2980, 2982. 625 3 625 V. Schönfeld NJW 1986, 2980, 2982 meint, es sei ernsthaft zu erwägen, die Beweislast generell dem fremden Staat aufzuerlegen. 626 4 626 BGHZ 143, 122, 124 = NJW 2000, 289, 290; BGH NJW 1996, 1059, 1060; BGH NJW-RR 1993, 442; BGH NJW 1992, 627, 628; BGH NJW 1951, 441, 442; BAG AP Nr. 6 zu § 56 ZPO (Gründe zu II 3a) = NZA 2000, 613, 614; OLGR München 2002, 75; aA Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 258; Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 97; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 77 Rdn. 49; Grunsky Grundlagen § 42 I 2, S. 438 ff.; Peters S.81ff., 195 ff.; ders. ZZP 101 (1988), 296, 298. 627 5 627 Allerdings wird zum Teil die Meinung vertreten, dass bei einer Prozessabweisung, die aus mehreren Gründen möglich wäre, derjenige ausgewählt werden sollte, der die geringste Präjudizierung zur Folge hat, vgl. Schumann Jus 1974, 507, 511 f. 628 6 628 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 43; Harms ZZP 83 (1970), 167, 169. 629 7 629 RG JW 1912, 643 (Rechtsweg vor Zuständigkeit); RG JW 1906, 810 (Nr. 6) (Parteifähigkeit vor Zu-
ständigkeit); RGZ 99, 125, 126 (Klageerhebung vor Parteifähigkeit); RGZ 44, 350, 353; RGZ 34, 392, 397; BAGE 36, 274, 280 = NJW 1983, 839 = AP Nr. 1 zu § 48 ArbGG 1979 (Grunsky); vgl. zur Judikatur des RG Harms ZZP 83 (1970), 167, 170. 630630 8 Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 263: Klageerhebung, Partei- und Prozessfähigkeit sowie gesetzliche Vertretung, Gerichtsbarkeit, Rechtsweg, Rechtshängigkeit, Rechtskraft, alle übrigen Prozessvoraussetzungen, Rechtsschutzvoraussetzungen; Pohle ZZP 81 (1968), 161, 166 ff.: Klageerhebung, Partei- und Prozessfähigkeit sowie gesetzliche Vertretung (nicht aber Prozessführungsbefugnis), Gerichtsbarkeit, Rechtsweg, sachliche – örtliche – internationale Zuständigkeit, Rechtsschutzbedürfnis; Blomeyer ZPR § 39 III: Klageerhebung, Partei- und Prozessfähigkeit, Gerichtsbarkeit, Rechtsweg; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 44: Klageerhebung, Prozessvoraussetzungen der Parteien, Gerichtsbarkeit, internationale Zuständigkeit, Rechtsweg, sachliche und örtliche Zuständigkeit; gegen jede Reihenfolge Harms ZZP 83 (1970), 167, 198 f. 631631 9 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 18; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 14; Jauernig ZPR § 33 V 6; Harms ZZP 83 (1970), 167, 200.
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ten feststellbar ist), die Rechtssicherheit632 (das Gericht hat zu bedenken, welche Entscheidung den Rechtsstreit am umfassendsten und überzeugendsten erledigt, welches Urteil die größte Gewähr für Richtigkeit bietet), möglichst geringe Präjudizierung des Abweisungsgrundes633 und der Schutzzweck der einzelnen Prozessvoraussetzungen in Betracht. Der jeweilige Schutzzweck findet seinen Ausdruck in den durch das Grundgesetz garantierten Rechten (Art. 101 Abs. 2, Art. 103 Abs. 1 GG) und den aus dem Gesetz abzuleitenden Aussagen (§ 579) über die Schwere des Mangels einer Prozessvoraussetzung.634 Führen diese unterschiedlichen Gesichtspunkte zu Widersprüchen, muss eine Abwägung darüber entscheiden, welchem Gesichtspunkt (und damit welcher Reihenfolge) im Einzelfall der Vorrang einzuräumen ist. Die Mehrheit schlägt folgende, rechtlich unverbindliche635 Reihenfolge vor: Die ordnungsgemäße Klageerhebung636 ist an erster Stelle zu prüfen, denn sie bestimmt den Streitgegenstand. Danach sind wegen des in Art. 103 Abs. 1 GG garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör die die Parteien betreffenden Prozessvoraussetzungen zu prüfen.637 Die besondere Bedeutung dieser Prozessvoraussetzungen ergibt sich außerdem aus der Wertung des § 579 Abs. 1 Nr. 4, der eine Nichtigkeitsklage wegen eines Mangels der Prozessfähigkeit (Parteifähigkeit)638 möglich macht und diesen somit als besonders schwer bewertet. Erst im Anschluss sind die das Gericht betreffenden Prozessvoraussetzungen zu prüfen: die deutsche Gerichtsbarkeit,639 dann der Rechtsweg640 sowie die sachliche, örtliche641 und internationale Zuständigkeit.642 Die Zweckmäßigkeit gebietet es, die Rechtsschutzvoraussetzungen an letzter Stelle zu prüfen,643 da ein das Rechtsschutzbedürfnis ablehnendes Prozessurteil in seinen Wirkungen einem Sachurteil sehr nahe steht.
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1 Vgl. Pohle ZZP 81 (1968), 161, 166. 2633633 Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 264; Levy ZZP 20 (1894), 87, 108; Harms ZZP 83 (1970), 167, 201; Schumann JuS 1974, 507, 511 ff. 634 3 634 Vgl. Levy ZZP 20 (1894), 87, 105; Harms ZZP 83 (1970), 167, 191; Pohle ZZP 81 (1968), 161, 167. 635 4 635 Vgl. Harms ZZP 83 (1970), 167, 200, der sich zu Recht auch gegen den Charakter einer Sollvorschrift ausspricht; aA H. J. Müller DVBl 1959, 694, 698: Wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit besteht ein Recht des Beklagten auf Einhaltung der Rangordnung. 636 5 636 Dies ist ganz h.M.: RGZ 99, 125, 126; siehe Fn. 630, wobei Pohle ZZP 81 (1968), 161, 166 von Gewohnheitsrecht spricht; aA MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 18: wegen § 17a Abs. 3, 5 GVG Rechtsweg an erster Stelle. 637 6 637 Vgl. Stein/Jonas/Brehm vor § 1 Rdn. 263; Blomeyer ZPR § 39 III; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 44; Pohle ZZP 81 (1968), 161, 167, der bei umgekehrter Reihenfolge der Prüfung auf die Möglichkeit einer Urteils-Verfassungsbeschwerde gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 13 Nr. 8a iVm §§ 90 ff. BVerfGG hinweist; aA Schumann JuS 1974, 507, 511; H. J. Müller DVBl 1959, 694, 698. 638 7 638 Ob ihr Mangel eine Nichtigkeitsklage begründen kann, ist strittig, dazu § 579 Rdn. 35, 63 ff. (ablehnend). In entsprechender Anwendung des
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§ 579 Abs. 1 Nr. 4 wird dies jedoch überwiegend bejaht, so dass die Wertung des § 579 Abs. 1 Nr. 4 auch für die Parteifähigkeit greift. 639 639 8 BGH NJW 1971, 1101 (deutsche Gerichtsbarkeit vor Rechtsweg); Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 44; Pohle ZZP 81 (1968), 161, 170. 640 640 9 Pohle ZZP 81 (1968), 161, 170 f. empfiehlt aus Zweckmäßigkeitserwägungen den Vorrang der Rechtswegprüfung – eine vorrangige Ablehnung wegen fehlender internationaler Zuständigkeit ist bei Offensichtlichkeit dieses Mangels aber nicht unzulässig; aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 44 und Geimer NJW 1974, 1045, die die internationale Zuständigkeit grds. vor dem Rechtsweg prüfen. 641 10641 BAG NJW 1983, 839 (Rechtsweg muss feststehen, wenn sich die örtliche Zuständigkeit aus einer tarifvertraglichen Regelung ergeben kann). 642 11642 OLG Hamm NJW 1969, 385 (örtliche Zuständigkeit vor internationaler Zuständigkeit); ebenso Pohle ZZP 81 (1968), 161, 171. 643 643 12 OLG Koblenz MDR 1982, 502: Die Frage der örtlichen Zuständigkeit ist vor der Frage des Rechtsschutzinteresses zu entscheiden; Pohle ZZP 81 (1968), 161, 173; vgl. auch Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Grundz § 253 Rdn. 22; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 44; Thannhäuser S. 19.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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§ 253 Klageschrift (1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten: 1. die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; 2. die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag. (3) Die Klageschrift soll ferner die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes enthalten, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, sowie eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen. (4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden. (5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird. Schrifttum Anders/Gehle Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. Aufl. 2000; Arend Zahlungsverbindlichkeiten in fremder Währung, 1989; Becker Gestaltungsrecht und Gestaltungsgrund, AcP 188 (1988), 24; A. Blomeyer Zum Urteilsgegenstand im Leistungsprozeß, Festschrift für Friedrich Lent, 1957, 43; Dunz Der unbezifferte Leistungsantrag nach der heutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, NJW 1984, 1734; Georgiades Die Anspruchskonkurrenz im Zivilrecht und Zivilprozeßrecht, 1968; Gies Klageanträge in Mietsachen, NZM 2003, 545; Habscheid Der Streitgegenstand im Zivilprozeß und im Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1956; Hahn Anwaltliche Rechtsausführungen im Zivilprozeß, 1998; ders. Kooperationsmaxime im Zivilprozeß?, 1983; Halbach Die Verweigerung der Terminsbestimmung und der Klagezustellung im Zivilprozeß, 1980; Heinemann Neubestimmung der prozessualen Schriftform, 2002; Kern Die Zulässigkeit des unbezifferten Klageantrags, 1970; Kleffmann Unbekannt als Parteibezeichnung, 1983; Lange Bezugnahme im Schriftsatz, NJW 1989, 438; Melissinos Die Bindung des Gerichts an Parteianträge gem. § 308 Abs. 1 ZPO, 1982; Melullis Zum Regelungsbedarf bei der elektronischen Willenserklärung, MDR 1994, 109; Menges Die Zulässigkeit des unbezifferten Klageantrags, 2004; Musielak Zur Bindung des Gerichts an die Anträge der Parteien, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 1990, S. 349; Pawlowski Die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes bei Teilklagen, ZZP 78 (1965), 307; ders. Zum Verhältnis von materiellem Recht und Streitgegenstand bei Teilklagen, AcP 195 (1995), 549; Reiner Die Zurückweisung einer beabsichtigten Klage durch Beschluß, 1959; Ritter Zur Unterlassungsklage: Urteilstenor und Klageantrag, 1994; Schilken Zur Bedeutung der „Anhängigkeit“ im Zivilprozeß, JR 1984, 446; Schneider Die Klage im Zivilprozeß, Taktik − Praxis − Muster, 2000; ders. Über gekrümmte Linien, Bogen, Striche, Haken und Unterschriften, NJW 1998, 1844; Schubert Klageantrag und Streitgegenstand bei Unterlassungsklagen, ZZP 85 (1972), 29; Steif Die Ausschaltungsbefugnis, 1969; Süß Die dogmatische Bedeutung des Verstoßes gegen die einzelnen Vorschriften der Klageerhebung im Zivilprozeß, Festgabe für Paul Heilborn, 1931, S. 125; Vollkommer Formenstrenge und prozessuale Billigkeit, 1973; ders. Formzwang und Formzweck im Prozeßrecht, Festschrift für Horst Hagen, 1999, S. 49; Würthwein Umfang und Grenzen des Parteieinflusses auf die Urteilsgrundlagen im Zivilprozeß, 1977.
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§ 253
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Übersicht Rdn
I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Anwendbarkeit
Rdn
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. . . . . . . . .
2
III. Die Klage . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur . . . . . . . . . .
4 4 7
IV. Die Klageerhebung . . . . . . . . 1. Einreichung der Klageschrift . . . 2. Der notwendige Inhalt der Klageschrift (Abs. 2) . . . . . . . . . a) Bezeichnung der Parteien und des Gerichts (Abs. 2 Nr. 1) . . aa) Bezeichnung der Parteien . bb) Bezeichnung des Gerichts . b) Angabe des Klagegegenstandes, des Klagegrundes und des bestimmten Antrags (Abs. 2 Nr. 2) aa) Klagegegenstand . . . . . (1) Begriff . . . . . . . . . (2) Dauerschuldverhältnisse . (3) Teilklagen . . . . . . . bb) Klagegrund . . . . . . . (1) Klagegrund als Lebenssachverhalt . . . . . . . (2) Tatsachenbehauptung . . (3) Beschränkung des rechtlichen Prüfungsumfangs . . cc) Der bestimmte Antrag . . (1) Allgemeines . . . . . .
12 13 31
3.
33 33 50
4. 5. 6. 7. 8.
52 53 53 54 55 62 62 67 69 74 74
(2) Leistungsantrag . . . . . (3) Unbezifferter Zahlungsantrag . . . . . . . . . . (4) Auflösende Bedingungen . (5) Unterlassungsantrag . . . (6) Duldung . . . . . . . . (7) Nebenforderungen, Nebenentscheidungen . . . (8) Feststellungsantrag . . . (9) Gestaltungsantrag . . . . Weitere Anforderungen an die Klageschrift (Abs. 3–5) . . . . . . . Auslegung der Klageschrift . . . Weitere Erklärungen und Anträge . Bezugnahme in der Klageschrift . Zustellung . . . . . . . . . . Mängel der Klageerhebung und deren Behebung . . . . . . . . . a) Mängel bezüglich der Wirksamkeit der Klageeinreichung . . . aa) Fehlen der Postulationsfähigkeit . . . . . . . . . bb) Fehlen der Unterschrift . . cc) Bedingte Klageerhebung . . b) Zustellungsmängel . . . . . . c) Mängel bezüglich des Inhalts der Klageschrift . . . . . . . . .
V. Verfahrenskosten
. . . . . . . .
79 98 108 109 128 130 135 138 139 147 148 154 164 170 174 176 178 180 182 189 201
I. Gesetzesgeschichte
1
Der ursprüngliche § 230 (§ 222 des Entwurfs) wurde mit der Novelle von 18981 in den § 253 übernommen. Nach der Novelle vom 13.2.19242 sollte die Klageschrift gem. § 253 Abs. 3 Nr. 1 auch die Aufforderung an den Beklagten enthalten, etwaige gegen die Behauptungen des Klägers vorzubringende Einwendungen und Beweismittel unverzüglich durch den zu bestellenden Anwalt in einem Schriftsatz dem Kläger und dem Gericht mitzuteilen. § 253 erhielt nach der Novelle vom 12.9.19503 weitgehend den bis heute geltenden Inhalt. § 253 Abs. 3 Nr. 1 wurde wieder gestrichen, ebenso § 253 Abs. 2 Nr. 3, der als notwendigen Inhalt der Klageschrift die Ladung des Beklagten vor das Prozessgericht vorsah. Schließlich wurde der heutige Abs. 5 S. 1 eingefügt. Mit dem Gesetz zur Entlastung der Landgerichte und zur Vereinfachung des gerichtlichen Protokolls vom 20.12.19744 wurde Abs. 3 insoweit ergänzt, als sich der Kläger bereits in der Klageschrift dazu äußern sollte, ob einer Übertragung der Sache auf den Einzelrichter Gründe entgegenstehen. Bedingt durch die Einführung des originären Einzelrichters in § 3485 wurde § 253 Abs. 3 durch das Gesetz zur Reform des 1 1644 RGBl 410, 457; vgl. zur Entwicklung Bieresborn Klage und Klageerwiderung im deutschen und englischen Zivilprozeß (1999), S. 347 ff. 2 2645 RGBl I 135, 137.
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3 3646 BGBl I S. 455, 471, 556 f. 4 4647 BGBl I S. 3651, 3652. 5 5648 BT-Drucks. 14/4722 S. 80.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 253
Zivilprozesses (ZPO-RG)6 umformuliert.7 Mit dem Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (JKomG)8 wurde § 253 Abs. 5 in Abstimmung mit §§ 130a, 133 um Satz 2 ergänzt, der eine Beifügung von Abschriften bei elektronischer Klageeinreichung für nicht erforderlich erklärt.
II. Anwendbarkeit § 253 gilt entsprechend im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 495), § 253 Abs. 2 Nr. 2,9 Abs. 4 und Abs. 5 auch im Beschlussverfahren.10 § 253 Abs. 2 Nr. 1 ist dagegen nur eingeschränkt anwendbar. Zwar ist bei einem Antrag gem. § 81 ArbGG der Antragsteller zu bezeichnen, die Bezeichnung der übrigen Beteiligten kann vom Antragsteller wegen des Untersuchungsgrundsatzes im Beschlussverfahren jedoch grundsätzlich nicht verlangt werden.11 In den echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten §§ 253, 261 grundsätzlich nicht.12
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III. Die Klage 1. Allgemeines Das ordentliche Verfahren, das auf Erlass eines Urteils auf Grund obligatorischer mündlicher Verhandlung gerichtet ist, beginnt mit der Einreichung der Klage bei Gericht. Dies gilt auch für den Urkunden- und Wechselprozess, in Ehe- und Kindschaftssachen sowie für das Wiederaufnahmeverfahren. Andere Verfahren werden zum Teil durch Anträge eingeleitet. Diese sind besonders geregelt, wie das Mahnverfahren (§§ 688 ff.), die Vollstreckung (§§ 704 ff.), das Arrest- und Verfügungsverfahren (§§ 916 ff., 935 ff.), das Aufgebotsverfahren (§§ 946 ff.) und das Schiedsverfahren (§§ 1025 ff.). Im Scheidungsverfahren13 wird die Klageschrift Antragsschrift genannt (§ 622 Abs. 1 ZPO).14 Die Klage enthält ein Rechtsschutzgesuch des Klägers an das Gericht. Durch die Klage wird das Prozessrechtsverhältnis begründet. Außerdem werden das Gericht, die Parteien sowie der Gegenstand des Verfahrens bestimmt. Sie ermöglicht dem Beklagten durch die Kenntnis von Grund und Höhe der Klageforderung eine wirksame Verteidigung.15 § 253 ist daher − ebenso wie § 308 − Ausdruck der Dispositionsmaxime. 6 6649 BGBl I 2001 S. 1887, 1891. 7 7650 Die Formulierung „Übertragung der Sache auf“ wurde durch die Formulierung „Entscheidung der Sache durch“ ersetzt. 8651 1 BGBl I 2005 S. 837, 839. 2 9652 BAG NZA-RR 2006, 23, 26; BAGE 106, 188, 190; BAG NZA 2004, 670, 674; BAG AP Nr. 1 zu § 89 BetrVG 1972 = MDR 2004, 157 (LS); BAG AP Nr. 50 zu § 81 ArbGG 1979 = DB 2001, 1424 mwN. 10653 3 ErfKomm/Eisemann ArbR8 (2008) § 81 ArbGG Rdn. 1; Germelmann/Matthes/Müller-Glöge/ Prütting/Matthes ArbGG6 (2008) § 81 Rdn. 8, 13. 411654 ErfKomm/Eisemann ArbR8 (2008) § 81 ArbGG Rdn. 1; Germelmann/Matthes/Müller-Glöge/ Prütting/Matthes ArbGG6 (2008) § 81 Rdn. 11.
512655 KG WuM 1991, 369, 370; Schmidt FGPrax 1999, 144, 145. 613656 Entsprechend werden die Parteien statt Kläger und Beklagter als Antragsteller und Antragsgegner bezeichnet. 714657 Zur Scheidungsantragsschrift vgl. Vogel AnwBl 1982, 457. 815658 OLG Düsseldorf MDR 1996, 415, 416. Vor Klageerhebung ist eine − vorsorgliche – Verteidigung des potentiellen Beklagten nicht möglich. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist dagegen die Hinterlegung einer Schutzschrift gegen einen zu erwartenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig, vgl. § 937 Rdn. 8.
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4
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§ 253
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Die Terminologie in der ZPO ist uneinheitlich. Mit dem Begriff „Klage“ ist teilweise die Klageschrift, teilweise aber auch die Klageerhebung gemeint. 2. Rechtsnatur
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8
Die Klage stellt eine prozessuale, empfangsbedürftige Willenserklärung dar,16 die zum einen ein Rechtsschutzersuchen an das Gericht enthält und sich darüber hinaus auch an den von der Entscheidung betroffenen Gegner richtet.17 Sie ist zudem ein Antrag im Sinne des § 216, über den grundsätzlich nach mündlicher Verhandlung18 durch Urteil zu entscheiden ist. Als Prozesshandlung unterliegt die Klage in ihren Voraussetzungen und Wirkungen dem Prozessrecht. Eine bedingte Klageerhebung ist deshalb unwirksam,19 die Klage ist als unzulässig abzuweisen.20 Zu den Folgen einer bedingten Klageerhebung siehe unten Rdn. 180. Dies gilt ausnahmslos für außerprozessuale,21 aber auch für innerprozessuale22 Bedingungen, da es sich um eine verfahrenseinleitende Prozesshandlung handelt. Ein Verfahren von Anfang an unter eine Bedingung zu stellen mit der Folge, dass die gesamten Rechtswirkungen der Klage je nach dem Eintritt oder dem Ausfall der Bedingung bei Bestand bleiben oder hinfällig werden, ist in allen Fällen mit der Aufgabe und den Zwecken des staatlichen Prozessverfahrens nicht vereinbar.23 So kann die Klage nicht von dem Ausgang eines anderen selbständigen Verfahrens24 abhängig gemacht werden oder davon, dass die Prozessvoraussetzungen vorliegen oder die Klage begründet ist.25 Aber auch Bedingungen in Bezug auf die Parteien sind als unzulässig anzusehen,26 weil Klarheit herrschen muss, zwischen welchen Parteien ein Prozessrechtsverhältnis entstanden ist. Unzulässig ist daher eine subjektive eventuelle Klagenhäufung sowohl auf Beklagtenseite, dh wenn die Klage gegen den Zweitbeklagten vom Erfolg der Klage gegen den Erstbeklagten abhängig gemacht wird,27 als auch auf Klägerseite, wenn z.B. jemand im eigenen Namen, hilfsweise als Partei kraft Amtes auftritt.28 Als unzulässig ist auch eine Bedingung anzusehen, dass stets über nachrangig geltend gemachte Forderungen nur entschieden werden solle, sofern es für die Entscheidung über vorrangige Ansprüche einer Beweisaufnahme bedürfe. Damit wird die Klage bezüglich aller Forderungen mit einer Bedingung verknüpft, ohne dass gleichzeitig noch ein unbedingter Antrag aufrechterhalten würde.29 Ebenso wenig kann die Klageerhebung davon abhängig gemacht werden, dass der Beklagte den Anspruch anerkennt oder keine Widerklage erhebt.30 Die 116659 BGH NJW 1983, 2248; BGH NJW 1977, 1686; BGHZ 4, 328, 335 = NJW 1952, 545. 217660 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 88 Rdn. 6. 18661 3 Ausnahmen: §§ 128 Abs. 2, 307 S. 2, 331 Abs. 3. 419662 BAG NZA 2000, 606, 607. 520663 BVerfGE 68, 132, 142 = NJW 1985, 846; BGH NJW 1987, 904, 905; RGZ 144, 71, 72; OLG Dresden NJW-RR 2000, 901, 903. 621664 BAG NZA 2000, 606, 607; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 65 Rdn. 24. 722665 Ebenso Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 3; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 17. 823666 So RGZ 144, 71, 72. 24667 9 Vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1978, 432, 433. 25668 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 3; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 17. 26669 11 RGZ 58, 248 (Klageerhebung im eigenen Namen, eventuell im fremden Namen); RG Gruchot 52,
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1124, 1128 (Klage gegen einen, eventuell gegen alle anteilsweise); RGZ 144, 71, 72; BGH NJW 1972, 2302; BAG NJW 1994, 1084, 1086; LG Berlin NJW 1958, 833 mit zust. Anm. Habscheid; Kion Eventualverhältnisse im Zivilprozeß (1971), S. 82 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 65 Rdn. 34; aA Baumgärtel Wesen und Begriff der Prozeßhandlung einer Partei im Zivilprozeß (1972), S. 130 f. 27670 12 LG Berlin NJW 1958, 833 mit zust. Anm. Habscheid; BAG NJW 1998, 2306, 2308; LAG Köln MDR 1999, 376; aA AK/Koch § 60 Rdn. 7. 28671 13 BGH MDR 1973, 742 (Klage eines Sammlungspflegers hilfsweise als Pfleger für unbekannte Dritte sowie in eigener Person). 29672 14 BGH NJW 1995, 1353. 30673 15 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 65 Rdn. 26.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 253
Auslegung des Klageantrags kann aber ergeben, dass die Klage unbedingt erhoben werden soll und die Bedingung als unbeachtlich zu behandeln ist (vgl. Rdn. 147). Eine Klageerhebung unter der Bedingung, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird, ist ebenfalls unzulässig.31 Allerdings kann die Klage mit der Maßgabe eingereicht werden, dass das Gericht die Klageschrift erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe als Klage behandeln, dh erst dann zustellen soll.32 In diesem Fall ist nicht die erhobene Klage, sondern der Antrag auf Zustellung bedingt, was im Interesse der Verfahrensbeschleunigung als zulässig angesehen wird (siehe auch § 117 Rdn. 10).33 Zur Möglichkeit der Heilung der fehlenden Zustellung gemäß § 295 in diesem Fall siehe unten Rdn. 181. Dies gilt selbst dann, wenn das Gericht dem Prozesskostenhilfegesuch nur zu einem – wenn auch überwiegenden – Teil stattgibt, und der Kläger deutlich gemacht hat, dass die Zustellung der Klage nur im Umfange der Prozesskostenhilfe erfolgen solle. Die Gebote der Prozessklarheit und der Bestimmtheit werden insofern nicht beeinträchtigt.34 Wird bei Gericht gleichzeitig mit einem Prozesskostenhilfeantrag ein Schriftsatz eingereicht, der allen an eine Klageschrift zu stellenden Anforderungen entspricht, ist das Gewollte durch Auslegung und im Zweifelsfall durch Rückfrage zu ermitteln (§ 117 Rdn. 10).35 Hier sind bei der Auslegung (dazu unten Rdn. 147) drei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Der Schriftsatz kann eine unabhängig von der Prozesskostenhilfebewilligung erhobene Klage darstellen. Es kann sich um eine unter der Bedingung der Prozesskostenhilfegewährung erhobene und damit unwirksame Klage handeln.36 Schließlich kann der Schriftsatz lediglich einen der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags dienenden Entwurf einer erst künftig zu erhebenden Klage darstellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Klage als „Klageentwurf“ bezeichnet oder nicht unterschrieben ist,37 kann sich aber − selbst bei fehlerhafter Bezeichnung als „Klage und PKH-Antrag“ – auch aus der Klagebegründung ergeben.38 Allein die gemeinsame Einreichung von Prozesskostenhilfeantrag und Klageschrift rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass ein bloßer Klageentwurf gewollt sei. Vielmehr muss die klagende Partei dies klar und eindeutig zum Ausdruck bringen.39 Auf die Verjährungshemmung hat diese Problematik allerdings keinen Einfluss mehr.40 Diese tritt unabhängig vom Vorhandensein einer wirksamen Klage bereits mit der Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags ein, wenn dessen Bekanntgabe demnächst veranlasst wird, § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB.
131674 BGHZ 4, 54, 55 = NJW 1952, 102; BGH NJW 1972, 1373, 1374; BAG NJW 1969, 446; BVerwG NJW 1981, 698; OLG Bamberg FamRZ 2001, 1380. 32675 2 OLG Naumburg OLG-NL 2000, 91, 93; OLG Koblenz FamRZ 1998, 312; OLG Dresden NJWRR 1997, 1424; OLG Düsseldorf AnwBl 1989, 62; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 512. 333676 OLG Köln FamRZ 1984, 916, 917; LAG Nürnberg LAGE Nr. 1 zu § 114 ZPO (2002); Stein/ Jonas/Bork § 117 Rdn. 26; MünchKomm/ Motzer § 117 Rdn. 8; Zöller/Philippi § 117 Rdn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 117 Rdn. 7; vgl. auch BGH FamRZ 1995, 797; aA Woitkewitsch VuR 2005, 161, 163 f. 434677 OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 512; aA OLG München MDR 1988, 972 f.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 117 Rdn. 11.
535678 BGH NJW-RR 1987, 376 (Prozesskostenhilfeantrag verbunden mit Berufungseinlegung). 636679 OLG Köln NJW 1994, 3360. 37680 7 BGHZ 7, 268, 270 = NJW 1952, 1375, 1376. 838681 BGH MDR 1961, 398 (Berufung); OLG Hamm FamRZ 1980, 1126, 1127; vgl. auch OLG Bamberg FamRZ 2001, 1380. 939682 BGH NJW 2002, 1352; BGH FamRZ 1990, 995; BGHZ 7, 268, 270 = NJW 1952, 1375, 1376; BGHZ 4, 328, 333 = NJW 1952, 545; OLG Köln NJW 1994, 3360, 3361; OLG Köln NJW-RR 1997, 637; OLG Koblenz FamRZ 1998, 312; OLG München NJW-RR 1998, 205 f. (nachträgliche Erklärung stellt eine Klagerücknahme dar); aA wohl OLG Bamberg JurBüro 1985, 407. 40683 10 Anders noch vor der Schuldrechtsreform, vgl. OLG Köln NJW 1994, 3360, 3361.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Die Klage duldet auch keine Zeitbestimmung, dh der prozessuale Antrag auf Entscheidung darf nicht befristet sein. Ist dagegen das Klageverfahren bereits eingeleitet und zumindest ein Klageantrag unbedingt erhoben, sind innerprozessuale Bedingungen einzelner Klageanträge zulässig,41 weil der Kläger hierdurch lediglich sein Begehren in eine bestimmte Reihenfolge bringt. So bestehen gegen eine eventuelle Klagenhäufung zumindest dann keine Bedenken, wenn Haupt- und Hilfsantrag wirtschaftlich auf ein gleichartiges Ziel gerichtet sind (§ 260 Rdn. 33 ff.). Auch eine eventuelle Widerklage ist zulässig (§ 260 Rdn. 41).
IV. Die Klageerhebung
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Gem. § 253 Abs. 1 erfolgt die Klageerhebung durch Zustellung eines Schriftsatzes (§§ 270, 271). Dies setzt die vorhergehende Einreichung einer den Erfordernissen des § 253 Abs. 2–4 entsprechenden Klageschrift voraus. Hier muss allerdings unterschieden werden zwischen der Wirksamkeit der Klageschrift und deren Ordnungsmäßigkeit. Der Akt der Klageerhebung als solcher ist Voraussetzung für die Entstehung eines Prozessrechtsverhältnisses, während die Ordnungsmäßigkeit der Klage eine Prozessvoraussetzung darstellt, die in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Vor § 253 Rdn. 57 f.).42 1. Einreichung der Klageschrift
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Die Klage ist im landgerichtlichen Verfahren schriftlich43 bei dem Gericht unter Beifügung der für ihre Zustellung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen (§ 253 Abs. 5).44 Im amtsgerichtlichen Verfahren kann die Klage auch mündlich zum Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden (§§ 496, 129a). Ansonsten ist eine mündliche Klageerhebung grundsätzlich nur innerhalb eines bereits rechtshängigen Verfahrens möglich (näher § 261 Rdn. 35), wie z.B. bei der Widerklage, der Zwischenfeststellungsklage, der Klageänderung und der Klageerweiterung. Zur Bezugnahme auf einen mit einem Prozesskostenhilfegesuch eingereichten Klageentwurf in der mündlichen Verhandlung siehe unten Rdn. 157 f. Grundsätzlich muss die Klageschrift als bestimmender Schriftsatz − abweichend vom Wortlaut des § 130 Nr. 6 („sollen“) − eigenhändig unterschrieben werden.45 Das Schriftformerfordernis ist – nach der gängigen Formulierung in der Rechtsprechung – 141684 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 65 Rdn. 25. 242685 BGH NJW 2000, 3351, 3352; OLG Düsseldorf NJW 1993, 2691; OLG Frankfurt NJW 1992, 1178; KG OLGZ 1991, 465, 466; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 93 Rdn. 19; Halbach S. 82; Süß FG Heilborn, S. 125 ff.; ders. ZZP 54 (1929), 12, 52; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 1 aE, wonach die Klage selbst und die Ordnungsgemäßheit der Klageerhebung Prozessvoraussetzungen darstellen. 43686 3 Bedenken gegen die Verwendung von Formularen bestehen grundsätzlich nicht, MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 22; vgl. dazu Friederici MDR 1978, 725; aA OLG Celle FamRZ 1978, 257, 258. 444687 Die Bezeichnung als Klageschrift ist nicht erforderlich, BGH NJW-RR 1989, 508.
70
545688 BGHZ 65, 46, 47 = NJW 1975, 1704; BGHZ 92, 251, 254 = NJW 1985, 328, 329; BFH NJW 1996, 1432; Berufungsbegründungsschrift: BGHZ 97, 251, 253 = NJW 1986, 1760; BGH NJW 1997, 3380, 3381; BGH NJW 1998, 3649; BGH NJW 2001, 2888 f.; BAG NJW 1989, 1822; Revisionsbegründungsschrift: BAG NJW 1996, 3164, 3165; aA bloße Ordnungsvorschrift: Zöller/ Greger § 130 Rdn. 21 f.; Vollkommer S. 126 ff., 260 ff.; vgl. auch Vollkommer FS Hagen (1999), S. 49 ff.; eingehend Heinemann insbes. S. 338 ff.; OVG Münster NJW 1965, 2044 f. (für den Fall einer handschriftlich verfassten Klageschrift); einschränkend das BVerwG in st. Rspr., vgl. NJW 1989, 1175 (Einzelfallbetrachtung).
Assmann
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nicht Selbstzweck, sondern soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend entnommen werden können. Zudem dient es der Feststellung, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass das Schriftstück mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist.46 Zu den Folgen von Unterschriftsmängeln siehe unten Rdn. 178 f. Die Unterschrift muss vom Kläger bzw seinem gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter, in Anwaltsprozessen von einem zugelassenen Rechtsanwalt stammen.47 Der Zusatz „Rechtsanwalt“ ist nicht erforderlich.48 Bei Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts oder Behörden, die unmittelbar zur Einreichung bestimmender Schriftsätze bei Gericht befugt sind, ist das Schriftlichkeitserfordernis als gewahrt anzusehen, wenn der Schriftsatz mit einem Beglaubigungsvermerk versehen und der Name des die Verantwortung Tragenden nur in Maschinenschrift wiedergegeben ist.49 Die Unterschrift muss im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich hinter oder unter dem Text stehen, um zu gewährleisten, dass der Unterzeichnende die Verantwortung für den vorstehenden Text übernommen hat.50 Eine Unterschrift setzt einen die Identität des Unterschreibenden hinreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug voraus, der sich − ohne lesbar sein zu müssen − als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (näher § 130 Rdn. 39 ff.).51 Es genügt, wenn ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, diesen Namen aus dem Schriftzug noch herauslesen kann.52 Nicht ausreichend ist dagegen ein Schriftzug, der nach seinem äußeren Erscheinungsbild als bewusste und gewollte Namensabkürzung erscheint (Handzeichen, Paraphe)53 oder eine Unterschrift, die nicht erkennen lässt, dass sie eine den Namen des Unterzeichners wiedergebende Buchstabenfolge darstellen soll.54 Dasselbe gilt für einen Faksimilestempel55 oder eine maschinenschriftliche56 oder computerschriftliche (in Druckbuchstaben)57 „Unterschrift“. Der Eigenhändigkeitsgrundsatz wird in vielen Fällen durchbrochen, vor allem um dem technischen Fortschritt auf dem Gebiet der elektronischen Kommunikation 146689 So grundlegend GmS-OGB BGHZ 75, 340, 349 = NJW 1980, 172, 174; BGH NJW 1986, 1759, 1760; BGH NJW 2003, 2028; BGH NJW 2005, 2086, 2088. 247690 RGZ (GS) 151, 82, 84 f.; BGHZ 65, 46, 47 = NJW 1975, 1704; BGHZ 92, 251, 254 = NJW 1985, 328, 329. Nach BFH NJW 1978, 184 ist es allerdings ausreichend, wenn zwar nicht die „Erstschrift“, aber das am selben Tag eingegangene, als „Zweitschrift“ bezeichnete Schriftstück die eigenhändige Unterschrift des Prozessbevollmächtigten enthält. Nach Ansicht von Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 361, ist die Unterzeichnung durch einen postulationsfähigen Anwalt keine Frage der Schriftform, sondern der Postulationsfähigkeit. 48691 3 LAG Frankfurt DB 1997, 938. 49692 4 GmS-OGB BGHZ 75, 340, 348 = NJW 1980, 172, 174. 550693 BGH NJW-RR 2004, 1364 zur Berufungsbegründung (Unterschrift auf der ersten Seite); aA Heinemann S. 60. 651694 BGH NJW 1997, 3380, 3381 (Berufungsschrift);
zu den Anforderungen an eine Unterschrift vgl. Braun Metaphysik der Unterschrift, FS Schneider (1997), S. 447, 462 f.; Heinemann S. 46 ff.; Schneider NJW 1998, 1844. 752695 BAG NJW 1996, 3164 (Revisionsbegründungsschrift); BGH NJW-RR 1992, 1150 (Empfangsbekenntnis). 53696 8 BGH NJW 1994, 55 (Berufungsbegründungsschrift); BGH NJW 1997, 3380, 3381 (Berufungsschrift); BGH NJW 1999, 60, 61 (Berufungsschrift); BAG NJW 1996, 3164 f. (Revisionsbegründungsschrift); BFH NJW 1999, 2919 (Klageschrift), jeweils mwN; LAG Berlin NZA-RR 2002, 211 f. (Berufungsschrift). 954697 BGHZ 65, 46 = NJW 1975, 1704 (Klageschrift). 55698 10 BGH NJW 1976, 966 f. (Berufungsschrift); BGH NJW 1962, 1505, 1507 (Berufungsschrift im Patentnichtigkeitsverfahren); vgl. auch Heinemann S. 48 mwN. 56699 11 (GSZ) RGZ 151, 82, 85. 57700 12 BGH NJW 2005, 2086, 2088 (Berufungsbegründungsschrift).
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Rechnung zu tragen. So wurde bereits früher die Übermittlung der Klageschrift durch Telegramm,58 durch Fernschreiben (Telex)59 und durch Telefax60 für zulässig gehalten. Letzterem hat der Gesetzgeber durch Änderung des § 130 Nr. 6 Rechnung getragen.61 Danach ist bei einer Übermittlung durch Telefaxdienst nur noch die Wiedergabe der Unterschrift in Kopie erforderlich. Auch die Klageeinreichung mittels Computerfax ist als Telekopie iSd § 130 Nr. 6 und nicht als elektronisches Dokument gem. § 130a anzusehen.62 Obwohl der Gesetzeswortlaut dies nicht trägt, wenn er die Kopie der (handschriftlichen) Unterschrift fordert, beim Computerfax jedoch nur die eingescannte Unterschrift die Vorlage bildet,63 genügt die eingescannte Unterschrift,64 nicht aber der Vermerk, dass eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne (vgl. auch Rdn. 23).65 Ein diesbezüglicher gesetzgeberischer 58701 13 RGZ 139, 45, 47 (Berufungsschrift); (GSZ) RGZ 151, 82, 86; BGHZ 87, 63, 64 = NJW 1983, 1498 (sofortige Beschwerde); BGH JZ 1953, 179 f. (Rechtsbeschwerde, Fristwahrung mit fernmündlicher Durchsage) m. zust. Anm. Schönke; Klageschrift ist hier das bei Gericht eingehende Ankunftstelegramm, sodass auch die telefonische Aufgabe des Telegramms genügt, BVerfGE 36, 298, 304 = NJW 1974, 847. 59702 1 BGH GRUR 1955, 29 (Berufungsschrift im Patentnichtigkeitsverfahren); BGH NJW 1986, 1759, 1760 (Berufungsbegründungsschrift); dazu Borgmann AnwBl 1985, 196, 197 f. Verfügt das Gericht über kein Empfangsgerät, so sei der Schriftform dann genügt, wenn die Klage als Telebrief über Fernkopierer zwischen Postämtern übermittelt und anschließend als Fernkopie in einer verschlossenen Umhüllung durch die Post ausgeliefert wird. Vgl. hierzu BGH NJW 1983, 1498 (sofortige Beschwerde) mwN; Heinemann S. 154. 260703 Ständige Rspr.: BVerfG NJW 1996, 2857 (Berufungsbegründungsschrift); BGHZ 79, 314, 316 = NJW 1981, 1618, 1619 (Beschwerde im Patenterteilungsverfahren); BGH NJW 1983, 1498 (sofortige Beschwerde); BGH NJW 1998, 3649, 3650 (Berufungsbegründungsschrift); BGH NJW-RR 1997, 250 (Berufungsbegründungsschrift); BGH NJW-RR 1999, 1251, 1252 (Klageschrift); BAG NJW 1989, 1822, 1823 (Berufungsbegründungsschrift); BAG NJW 2001, 989, 991 (schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen); BFH NJW 1991, 2927, 2928 (Klageschrift); aA BFH NJW 1999, 1422, 1424 (eigenhändiger Investitionszulagenantrag gem. § 6 Abs. 3 S. 1 InvZulG 1993); zusätzliche Garantien fordert Melullis MDR 1994, 109, 110, um die mit dieser Übermittlungsart entstehenden Risiken zu minimieren; zu den prozessrechtlichen Problemen bei der Verwendung von Telefax Pape/Notthoff NJW 1996, 417 ff. 61704 3 Neufassung mit Wirkung vom 1.8.2001 durch Gesetz vom 13.7.2001 (BGBl I S. 1542). 462705 Dästner NJW 2001, 3469, 3470. 563706 Vgl. Stadler ZZP 111 (2002), 413, 418. 664707 BGH NJW 2005, 2086, 2087; GmS-OGB BGHZ 144, 160, 165 = NJW 2000, 2340 f.; ebenso BGH
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MDR 2004, 349, 350 = GRUR 2003, 1068 (Beschwerde); BGH NJW 2001, 831 (Berufungsbegründungsschrift); vgl. auch BSG NJW 1997, 1254, 1255 (Berufungsschrift). Anders noch BGH NJW 1998, 3649 (Berufungsbegründungsschrift), der den GmS-OGB angerufen hat und BGH NJW-RR 1999, 1251 ff. (Klageschrift) bzgl. einer Faksimileunterschrift auf der Faxvorlage. Beide Fälle müssen aber gleich behandelt werden; dazu Wirges AnwBl 2002, 88 ff.; Bedenken gegen die Zulässigkeit des Computerfaxes bei Musielak/Foerste Rdn. 13. Henneke NJW 1998, 2194, 2195, äußert Bedenken wegen der Ungleichbehandlung eines Originalschriftsatzes, der grundsätzlich eigenhändig unterschrieben sein muss, gegenüber einem mit einer Computerdatei übersandten elektronischen Schriftsatz, weil bei der Übermittlung per PC-Modem eine Urschrift mit eigenhändiger Unterschrift immer fehlt; ebenso kritisch Düwell NJW 2000, 3334; Schwachheim NJW 1999, 621, 623. 765708 FG Hamburg NJW 2001, 992 (Klageschrift); offengelassen BGH NJW 2005, 2086, 2087, der aber dazu tendiert, dass dies nicht genügt, weil die Unterschrift beim Computerfax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden könne und deshalb kein überzeugender Grund bestehe, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 65 Rdn. 14; Krüger/Bütter MDR 2003, 181, 182 (Der Gesetzgeber stellt insoweit strengere Anforderungen als die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des § 130 Nr. 6); Stadler ZZP 111 (2002), 413, 417 (Ein solcher Vermerk ist mit dem geltenden § 130 Nr. 6 nicht vereinbar); aA GmS-OGB NJW 2000, 2340, 2341 („...oder der Hinweis angebracht ist, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann.“); OLG Braunschweig NJW 2004, 2024, 2025 ff. (Vorinstanz zu BGH NJW 2005, 2086); LAG Köln NZA 2001, 1159, 1160 (Einspruch gegen ein Versäumnisurteil); Heinemann S. 193, 195. Vgl. auch BVerfG NJW 2002, 3534, 3535 (Einspruch gegen Strafbefehl), das im Einzelfall auch ein Computerfax ohne Unterschrift oder Vermerk für ausreichend ansieht.
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Handlungsbedarf wurde wegen der eindeutigen Entscheidung des GmS66, der auch die elektronische Übermittlung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts (Computerfax) als ausreichend betrachtet hat, nicht gesehen.67 Eine eingescannte Unterschrift des Prozessbevollmächtigten genügt dagegen nicht den Formerfordernissen des § 130 Nr. 6, wenn der Schriftsatz mit Hilfe eines normalen Faxgerätes und nicht unmittelbar aus dem Computer versandt wird.68 Bei der elektronischen Datenübermittlung ist es zwar grundsätzlich unerheblich, von welchem Anschluss aus die Klageschrift gesendet wird, jedoch musste sie nach bisheriger Rechtsprechung dem Gericht direkt oder durch die Post übermittelt werden. Eine Übermittlung durch Zwischenschaltung eines privaten Empfängers sollte nicht genügen, weil bei dieser Art der Übermittlung nicht zweifelsfrei gewährleistet sei, dass es sich bei dem übermittelten Schriftsatz nicht um einen bloßen Entwurf handle, dessen Weitergabe an das Gericht vom Ersteller gar nicht oder nur bedingt gewollt sei.69 Von dieser Auffassung wollte der Gesetzgeber jedoch mit der Änderung des § 130 Nr. 6 abrücken,70 wenngleich der Wortlaut insoweit wohl nicht zwingend ist. Ist durch die Klageeinreichung eine Frist zu wahren (vgl. § 167), muss das Telefax, das Computerfax bzw das elektronische Dokument vollständig vom Empfangsgerät des Gerichts gespeichert worden sein. Auf den vollständigen Ausdruck der das Schriftstück abschließenden Seite inklusive Unterschrift und Anlagen, kommt es nach der neuesten Rechtsprechung des BGH71 nicht mehr an. Der Zugang trotz Scheiterns des vollständigen oder fehlerfreien Ausdrucks (z.B. infolge eines Papierstaus) wurde schon früher fingiert72, wenn dies auf einem technischen Versagen auf Empfängerseite beruhte, die Signalübermittlung aber vollständig stattgefunden hatte und der Gesamtinhalt des Schriftsatzes auf andere Weise einwandfrei zu ermitteln war.73 Den Absender trifft, wenn er den Übermittlungsfehler auf Grund des Sendeberichts nicht erkennen konnte,74 auch keine Erkundigungspflicht dahingehend, ob ein mangelfreier Ausdruck erfolgt ist.75 Fehlt es dagegen an einer vollständigen Signalübermittlung, hindert dies zwar den Zugang, jedoch kommt eine Wiedereinsetzung in Betracht, wenn die Gründe für den Defekt in der Sphäre des Gerichts76 oder in der Sphäre der 866709 GmS-OGB BGHZ 144, 160, 164 f. = NJW 2000, 2340 f. 167710 BT-Drucks. 14/4987 S. 23. 68711 2 BGH NJW 2006, 3784, 3785; die unterschiedliche Behandlung von Computerfax und herkömmlichem Telefax ist verfassungsgemäß, BVerfG NJW 2007, 3117, 3118. 369712 BGHZ 79, 314, 318 = NJW 1981, 1618 (Beschwerde im Patenterteilungsverfahren); BAG NJW 1989, 1822, 1823 f. (Berufungsbegründungsschrift); BAG NJW 1990, 3165 (Berufungsbegründungsschrift); BFH NJW 1991, 2927, 2928 (Klageschrift); einschr. BGH NJW 1998, 762 f. (Berufungsbegründungsschrift, Fax des Anwalts an seine Kanzlei und von dort an das Gericht); aA BayVGH BB 1977, 568 (Berufungsschrift); Ebnet NJW 1992, 2985, 2986; Wolf NJW 1989, 2592, 2593; Buckenberger NJW 1983, 1475; eingehend Pape/Notthof NJW 1996, 417, 420. 70713 4 Vgl. BT-Drucks. 14/4987 S. 24 (kein Ausschluss von privaten Boten). 571714 BGH NJW 2006, 2263, 2265; anders früher BGH NJW 2001, 1581, 1582 (Berufungsbegründungsschrift); BGH NJW 1994, 2097 f. (Prozesskos-
tenhilfeantrag); vgl. auch BGH NJW 2004, 2228, 2230 (Klageschrift, vom Kläger nicht zu vertretende Übermittlung der Klageschrift in zwei getrennten Sendungen); Daumke ZIP 1995, 722, 725; Ebnet JZ 1996, 507, 509 f.; Pape/Notthoff NJW 1996, 417, 418; Elzer/Jacoby ZIP 1997, 1821, 1823; aA Heinemann S. 175 (fristwahrender Beginn der Schriftsatzübermittlung). 72715 6 BVerfG NJW 1996, 2857 (Berufungsbegründungsschrift). 773716 BGH NJW 1994, 1881, 1882 (Berufungsbegründungsschrift); BGH NJW 2001, 1581, 1582 (Berufungsbegründungsschrift); vgl. auch BGHZ 105, 40, 42 ff. = NJW 1988, 2788 f. (Einspruchsbegründung im Patenteinspruchsverfahren, verstümmeltes Telexschreiben). 74717 8 Vgl. dazu BGHR 2001, 809 = NJOZ 2001, 1180, 1182 (Fristverlängerungsantrag für Berufungsbegründungsfrist); BGH NJW 1993, 1655, 1656 (Berufungsbegründungsschrift). 975718 Burgard AcP 195 (1995), 74, 85; Liwinska MDR 2000, 500, 505. 76719 10 BVerfG NJW 1996, 2857 f. (Berufungsbegründungsschrift); BGH NJW-RR 1997, 250 (Beru-
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Partei liegen, diese aber kein Verschulden trifft.77 Die Einreichung einer durch Fernschreiber übermittelten Klage erfolgt im Zeitpunkt des vollständigen Ausdrucks durch das Empfangsgerät des Gerichts78 bzw der Übermittlung durch die Poststelle, die den Text empfangen hat. Eine Nachreichung des Originalschriftsatzes79 als Kopiervorlage ist bei einer Telefaxübermittlung nicht erforderlich.80 Sie ist im Zweifel keine erneute selbständige Prozesshandlung.81 Dies wäre für den Kläger auch mit erheblichen Nachteilen verbunden, wenn die Zustellung der ersten Klage bereits erfolgt ist. Dann wäre bereits eine wirksame Klage erhoben, so dass der erneuten Klage die Rechtshängigkeit der früheren Klage entgegenstehen würde (§ 261 Abs. 3 Nr. 1).82 Eine erneute Klageerhebung kann allenfalls dann angenommen werden, wenn der nachgesendete, ebenfalls fristgemäße Schriftsatz inhaltlich vom Telefax abweicht.83 Dies gilt ebenso, wenn die Vorabübermittlung, aus welchen Gründen auch immer, keinen Erfolg hat.84 Mit dem Justizkommunikationsgesetz (JKomG)85 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um zukünftig die elektronische Kommunikation für den gesamten Prozessverlauf zu ermöglichen. Nach § 130a genügt der Schriftform auch ein elektronisches Dokument (insbesondere eine E-Mail)86, sofern eine Bestimmung iSd § 130a Abs. 2 durch die Bundesregierung (entsprechende Verordnungen existieren bereits für den Bundesgerichtshof87 und das Bundespatentgericht88 oder durch die jeweilige Landesregierung bzw – mit deren Ermächtigung − durch die jeweilige Landesjustizverwaltung vorliegt. Im Rahmen der Experimentierklausel gibt es bereits einschlägige Verordnungen.89 fungsbegründungsschrift); BGH NJW 1992, 244 (Berufungsbegründungsschrift); BGH NJW-RR 2005, 435 (Berufungsbegründungsschrift), auf das Fehlen oder die Unzumutbarkeit anderer Übermittlungsmöglichkeiten kommt es hier nicht an; anders noch BGH NJW 1995, 1431 (Berufungsschrift); Ebnet JZ 1996, 507, 510. 177720 Vgl. Ebnet JZ 1996, 507, 510 ff.; Elzer/Jacoby ZIP 1997, 1821, 1823. 278721 BGHZ 101, 276, 279 f. = NJW 1987, 2586, 2587 (Revisionseinlegung). 379722 Elzer/Jacoby ZIP 1997, 1821, 1825 und Heinemann S. 179 mwN sehen das Telefax als Original an. 480723 BGH NJW 1993, 3141 (Berufungsschrift); LAG Rostock NZA-RR 1998, 32 = MDR 1998, 367, 368 (Einspruch gegen Versäumnisurteil); aA LG Berlin NJW 2000, 3291 (Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid); LG Wiesbaden NJW 2001, 3636, 3637 (Berufungsschrift); BPatG GRUR 2000, 795, 796 (Einspruch im Patentbeschwerdeverfahren, unverzügliche Nachreichung des Originalschriftsatzes zur Fristwahrung erforderlich). 581724 Vgl. Elzer/Jacoby ZIP 1997, 1821, 1825 und Heinemann S. 179, die die übermittelte Faxvorlage lediglich als Kopie des Telefaxes ansehen. Besonderheiten gelten bei der Rechtsmitteleinlegung: vgl. BGH NJW 1993, 3141; BAG NJW 1996, 1365, 1366, das in der Zusendung von beglaubigten Abschriften des Rechtsmittelschriftsatzes nach deren Ankündigung im Telefax keine erneute Rechtsmitteleinlegung sieht, mit abl.
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Anm. Ahrens JR 1996, 395, 396; aA BAG NJW 1999, 2989, 2990, das allein den nachgereichten Rechtsmittelschriftsatz als maßgebend ansieht, wenn er alle Anforderungen erfüllt. 682725 VGH Kassel NJW 1992, 3055; Elzer/Jacoby ZIP 1997, 1821, 1825. 783726 Heinemann S. 179. 884727 BGH NJW 1993, 3141 (für die Berufungsschrift, wenn der per Telefax eingelegte Schriftsatz seine Wirksamkeit verliert, weil diesbezüglich die Berufungsbegründungsfrist versäumt wurde); vgl. Müller NJW 1995, 3224, 3233. 985728 BGBl I 2005 S. 837 ff.; Gesetzesentwurf der BReg in BT-Drucks. 15/4067; zum Referentenentwurf Fischer-Dieskau MMR 2003, 701; vgl. zum JKomG Viefhues NJW 2005, 1009 ff. 86729 10 Vgl. dazu Stadler ZZP 111 (2002), 413, 419 ff. 87730 11 BGBl I S. 3225, Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof vom 26.11.2001. 88731 12 BGBl I S. 1558, Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im gewerblichen Rechtsschutz vom 5.8.2003. 89732 13 Brandenburg: Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom 18.11.2004 zum 1.1.2005, GVBl II 2004 Nr. 35 S. 887 r. Sp. ff. (LG Frankfurt/Oder, AG Frankfurt/Oder, AG Bad Freienwalde); Baden-Württemberg: Verordnung des Justizministeriums zur Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs vom 15.6.2004, GBl 2004, S. 590 (LG Mannheim); Hamburg: Über-
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Entsprechend dem Zweck der Unterschrift (Rdn. 14) ist die fehlende Unterschrift jedoch dann unschädlich, wenn der Klageschrift oder den ihr beigefügten Anlagen der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, ohne Beweiserhebung hinreichend zuverlässig entnommen werden kann und wenn feststeht, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist.90 Dabei sind nur bis zum Ablauf einer Klagefrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.91 Unter Umständen kann es als Beleg für die Klageabsicht auch genügen, dass sich die Unterschrift auf Anlagen zur Klageschrift befindet. Als ausreichend wird es z.B. angesehen, dass das zusammen mit der Klageschrift eingereichte Begleitschreiben92 handschriftlich unterzeichnet war oder dass vom Prozessbevollmächtigten zusammen mit der Klageschrift eine handschriftlich beglaubigte Abschrift eingereicht worden ist.93 In Anwaltsprozessen genügt die Unterschrift auf einem Begleitschreiben nur dann dem Unterschriftenerfordernis, wenn es fest mit dem Schriftsatz verbunden ist.94 Außerdem kann in Einzelfällen ein Computerfax auch ohne eingescannte Unterschrift oder einen Vermerk, dass diese nicht möglich ist, genügen.95 Eine dem Klageentwurf beiliegende und vom Kläger unterschriebene Prozessvollmacht ist nicht ausreichend.96 Die Einreichung eines nicht unterzeichneten maschinenschriftlichen Schriftsatzes genügt jedoch nach wie vor den Anforderungen nicht, selbst wenn dieser sich auf dem Kopfbogen eines Anwalts befindet97 oder pertragung der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auf die Justizbehörde; von dieser wurde bisher noch nicht Gebrauch gemacht, HmbGVBl 2002, S. 41; Hessen: Übertragung der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auf den Justizminister, von dieser wurde bisher noch nicht Gebrauch gemacht, GVBl I 1996, S. 466 geändert durch GVBl I 2005, S. 530; Nordrhein-Westfalen: Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei dem Amtsgericht Olpe, GV. NRW. 2005, S. 693; Rheinland-Pfalz: Übertragung der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auf das zuständige Ministerium; von dieser wurde bisher noch nicht Gebrauch gemacht, GVBl 1982, S. 460, geändert durch GVBl 2005, S. 384; Sachsen: Übertragung der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auf das Staatsministerium der Justiz; von dieser wurde bisher noch nicht Gebrauch gemacht, SächsGVBl 2004, S. 582; Thüringen: Übertragung der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auf das Staatsministerium der Justiz; von dieser wurde bisher noch nicht Gebrauch gemacht, GVBl 2004, S. 846. 190733 BGH NJW 2005, 2086, 2088 f. (Der am Ende eines Computerfaxes mit dem Zusatz „Rechtsanwalt“ wiedergegebene computerschriftliche Vorund Zuname des Prozessbevollmächtigten genügt ebenso wenig wie der Umstand, dass das Computerfax dem Gericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist.); BGHR 2004, 406 (Davon ist bei einem als Entwurf gekennzeichneten, nicht unterschriebenen Schriftstück, das mit einem Prozesskosten-
hilfeantrag verbunden ist, und nur für den Fall der Gewährung von Prozesskostenhilfe gelten soll, noch nicht auszugehen.); GmS-OGB BGHZ 75, 340, 349 = NJW 1980, 172, 174 (Revisionsbegründungsschrift); BAGE 28, 1 = NJW 1976, 1285 = AP Nr. 1 zu § 4 KSchG (Klageschrift) mit Anm. Vollkommer (eine der Klageschrift beigefügte, vom Kläger eigenhändig unterschriebene Prozessvollmacht genügt nicht); BVerwG NJW 1989, 1175 ff. (Klageschrift). 291734 BGH NJW 2005, 2086, 2088 (Berufungsbegründungsschrift). 392735 BVerfGE 15, 288, 291 f. = NJW 1963, 755 (Verfassungsbeschwerde); BGHZ 92, 251, 254 f. = NJW 1985, 328, 329 (Klageschrift), wonach allerdings etwas anderes gelten soll, wenn die Partei − auch im Parteienprozess – durch einen Anwalt vertreten ist. Dass ein Anwalt die Unterschrift für entbehrlich halte, könne nicht angenommen werden. 93736 4 BGHZ 24, 179, 180 = NJW 1957, 990 (Berufungsschrift); BGH NJW-RR 2004, 1364 (Berufungsbegründungsschrift); LG Amberg MDR 2000, 659 (Klageschrift). 594737 BGHZ 97, 251, 254 = NJW 1986, 1760, 1761 (Berufungsbegründungsschrift, mittels einer LochHeftleiste); dazu Schlee AnwBl 1986, 339, 340. 95738 6 BVerfG NJW 2002, 3534, 3535 (Einspruch gegen Strafbefehl); BGH MDR 2004, 349, 350 = GRUR 2003, 1068 f. (Beschwerde). 96739 7 BAGE 28, 1, 2 f. = NJW 1976, 1285 = AP Nr. 1 zu § 4 KSchG (Klageschrift); BAGE 52, 263, 267 = NJW 1986, 3224, 3225 (Klageschrift). 897740 BGH NJW 2001, 1581, 1582 (Berufungsbegründungsschrift); BFH NJW 1973, 80 (Klageschrift).
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sönlich bei Gericht gegen Empfangsbestätigung abgegeben wurde.98 Auf keinen Fall reicht eine bloß telefonische Klageerhebung, selbst wenn der durchgesagte Text abgelesen und bei Gericht schriftlich festgehalten wird.99 Ebenso ungenügend ist die Übergabe von Datenträgern (Disketten) zur Schriftsatzübermittlung.100 Bestehen Zweifel darüber, dass die „Klageschrift“ mit Wissen und Wollen des Anwalts dem Gericht zugegangen ist, ist dem Unterschriftserfordernis in dem Zeitpunkt Genüge geleistet, in dem diese Zweifel ausgeräumt werden. So kann eine Nachfrage bei Gericht, ob die Klage unter genauer Angabe des Aktenzeichens und der Streitsache zugestellt sei, für eine gewollte Klageerhebung und gegen einen Klageentwurf sprechen.101 Die Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses kann die Urheberschaft der Klage ebenfalls ausreichend bestätigen, wenn auf der Klageschrift die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten fehlt.102 Eine abweichende Entscheidung würde den Anspruch des Klägers auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG) verletzen.103 Als nicht ernsthaft und damit unbeachtlich darf die Klageschrift dann angesehen werden, wenn sie von dem Kläger derart unsachlich (beleidigend, verunglimpfend oder querulatorisch) abgefasst wurde, dass sie den wirklichen Willen des Erklärenden zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nicht mehr erkennen lässt und ein wahres Rechtsschutzverlangen nicht mehr indiziert, sondern ausschließlich verfahrensfremden Zwecken dient104 (vgl. auch Vor § 253 Rdn. 102 und § 271 Rdn. 17 f.). Unschädlich ist es aber, wenn der Schriftsatz neben dem sachlichen Begehren auch ungehörige, unsachliche oder beleidigende Äußerungen enthält, da die Wahrung der sachlichen Form keine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage darstellt.105 Unter Umständen kann allerdings in solchen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis fehlen (vgl. Vor § 253 Rdn. 102) oder die Prozessfähigkeit des Klägers zu verneinen sein.106 Eingereicht ist die Klage, wenn sie in den Machtbereich des Gerichts gelangt ist.107 Hierzu gehören die Geschäftsstelle, der Haus- und Nachtbriefkasten, das Postfach oder sonstige Empfangsvorrichtungen. Mit der Einreichung der Klageschrift bei Gericht wird die Klage anhängig,108 erst mit der Zustellung ist die Klage erhoben (§ 253 Abs. 1).109 Die Terminsbestimmung (§ 216) und die Ladung der Parteien (§ 274 Abs. 1) sind weder Bestandteile noch Voraussetzungen der wirksamen Klageerhebung.110 Die Zustellung wird von Amts wegen 998741 BGH NJW 1980, 291, 292 (Berufungsbegründungsschrift). 199742 BFH NJW 1965, 174, 175 (Beschwerde gegen den Erlassbescheid des Finanzamts). Zur Möglichkeit telefonischer Erklärungen im amtsgerichtlichen Verfahren gem. § 496 vgl. Zöller/Herget § 496 Rdn. 3; Bedenken bei Stein/Jonas/Leipold § 496 Rdn. 7. 100 2 743 Kritisch Heinemann S. 199 (Argument de maiore ad minus zur rein elektronischen Schriftsatzübermittlung). 101 3 744 BGHZ 92, 251, 256 = NJW 1985, 328, 329. 102 745 4 BVerfG NJW 2005, 814, 816 gegen BGH NJWRR 2004, 755 (zu § 12 Abs. 3 VVG a.F. bei einer Höhe des Gerichtskostenvorschusses von 42.015 DM). 103 5 746 BVerfG NJW 2005, 814, 815. 104 6 747 VGH München NJW 1990, 2403 (Klage des „Reichspräsidenten“ gegen die Wahl des Bundespräsidenten); BFH NJW 1993, 1352.
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105 748 7 BFH NJW 1993, 1352; Klag Die Querulantenklage in der Sozialgerichtsbarkeit (1980), S. 76; Walchshöfer MDR 1975, 11, 12; van Els FamRZ 2001, 529, 531. 106 749 8 Vgl. BGH NJW 2000, 289, 290. 107 9 750 Schilken ZPR Rdn. 197. 108 10751 Zur Bedeutung der Anhängigkeit siehe Schilken JR 1984, 446 ff. Danach kann als Anhängigkeit des Rechtsstreits der Zeitpunkt angesehen werden, in dem das Gericht mit dem Rechtsschutzgesuch befasst wird, eine Einbeziehung des Gegners in das Prozessrechtsverhältnis sei dafür nicht erforderlich (S. 447). 109 752 11 BGHZ 25, 66, 69 f. = NJW 1957, 1517; BGHZ 32, 114, 119 = NJW 1960, 1006. Im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren tritt die Rechtshängigkeit dagegen bereits mit Einreichung der Klage ein (vgl. z.B. § 81 Abs. 1 VwGO). 110 12753 BGHZ 11, 175, 176 = NJW 1954, 640, 641; Reiner S. 13; aA noch OLG Frankfurt MDR 1951, 44
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durchgeführt (§§ 271 Abs. 1, 270 S. 1, 168 Abs. 1 S. 1). Im amtsgerichtlichen Verfahren, bei dem die Klage auch zum Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts angebracht werden kann (§§ 496, 129a), ist die Zustellung des Protokolls maßgeblich (§ 498). Die wirksame111 Klageerhebung löst die Rechtshängigkeit aus (§ 261), an die sowohl materiellrechtliche (§ 262) als auch prozessuale (§ 261 Rdn. 70 ff.) Wirkungen geknüpft werden. Soll allerdings mit der Klageerhebung eine Frist gewahrt oder die Verjährung gehemmt werden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wird der Zeitpunkt auf die Klageeinreichung vorverlegt, sofern die Klagezustellung demnächst erfolgt (§ 167). Gem. § 271 Abs. 1 hat die Zustellung der Klage unverzüglich zu geschehen. Bis zur Klagezustellung hat der Kläger es in der Hand, sie zu verändern. Dies gilt für den Klageantrag wie für die Begründung. So darf er bis dahin, auch durch einen Nachtragschriftsatz, die Klage auf mehrere Beklagte ausdehnen.112 Dagegen liegt eine Parteiänderung vor, wenn die Klage nach Klageerhebung auf einen neuen Beklagten erstreckt wird. Die Klageschrift muss in deutscher Sprache abgefasst sein (§ 184 GVG). Nach h.M. ist eine in fremder Sprache abgefasste Klageschrift nicht als Klage anzusehen und damit unbeachtlich (vgl. § 184 GVG Rdn. 7).113 Dies soll selbst dann gelten, wenn der Beklagte Ausländer ist und Kläger sowie Richter der fremden Sprache mächtig sind (aA § 184 GVG Rdn. 8).114 Das Gericht wird dem Kläger in diesem Fall aufgeben, eine Übersetzung nachzureichen.115 Zumindest für den Fall, dass die Klageschrift auf Kosten der Partei übersetzt worden ist, sollte sie Geltung beanspruchen. Die Zustellung der Klage ist nicht deshalb unwirksam, weil ihr keine beglaubigte Übersetzung in der Landessprache des Beklagten beigefügt ist.116 Ist ohne Weiteres erkennbar, dass es sich um eine Klageschrift handelt, dann kommt es für den Zeitpunkt der Klageeinreichung (vgl. § 167) auf den Zeitpunkt der Einreichung des fremdsprachigen Schriftstücks an (aA § 184 GVG Rdn. 9).117
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2. Der notwendige Inhalt der Klageschrift (Abs. 2) § 253 unterscheidet bezüglich des Inhalts der Klage zwischen notwendigen (Abs. 2) und fakultativen Erfordernissen (Abs. 3). Der notwendige Inhalt der Klageschrift wird in § 253 Abs. 2 festgelegt. Danach muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts (Abs. 2 Nr. 1) sowie die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen An(hier aber noch andere Rechtslage, bei der dem Beklagten die Klage mit der Ladung zugestellt werden sollte, vgl. § 261a Abs. 2 a.F.); Kaablitz NJW 1958, 125, 128; Breetzke DRiZ 1955, 29, 32. 1111754 Voraussetzung für die Hemmungswirkung ist nicht die Zulässigkeit, sondern allein die Wirksamkeit der Klageerhebung, BGH NJW-RR 1989, 508; BGH MDR 1974, 388, 389 und BGHZ 80, 222, 226 = NJW 1983, 1953; vgl. auch BGHZ 39, 287, 291 = NJW 1963, 1452 und BGHZ 103, 298, 302 = NJW 1988, 1380, 1381 (fehlendes Feststellungsinteresse); BGH NJW 1978, 1058 f. und OLG Naumburg FamRZ 2001, 831 (Klageerhebung vor unzuständigem Gericht). 112 2 755 RGZ 96, 201, 202. 113 3 756 RGZ 162, 282, 288; BGH NJW 1982, 532;
BayObLG MDR 1987, 416; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 36; aA LG Berlin JR 1961, 384; FG Saarbrücken NJW 1989, 3112 für Angelegenheiten des Rechts der europäischen Gemeinschaften und alsbaldiger Nachreichung der Übersetzung. 114757 4 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 35; aA MünchKomm/Zimmermann § 184 GVG Rdn. 7. 115758 5 Vgl. OLG Frankfurt NJW 1980, 1173, das allerdings für den Sonderfall eines inhaftierten Ausländers eine fristgerechte Rechtsmitteleinlegung auch in englischer Sprache annahm. 116759 6 OLG Hamburg IPRsp 1966/67, 737 f. 117760 7 So Halbach S. 103 f. mit dem Hinweis auf § 23 Abs. 4 VwVfG; aA OLG Hamburg MDR 1989, 90.
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spruchs und einen bestimmten Antrag (Abs. 2 Nr. 2) enthalten. Diese Angaben sind erforderlich, um die Parteien, das angegangene Gericht und den Streitgegenstand bestimmen zu können. Im Scheidungs- und Eheaufhebungsverfahren sind ergänzend zu § 253 Abs. 2 noch §§ 622 Abs. 2, 630, 631 Abs. 2 S. 1 zu beachten (s. hierzu § 622 Rdn. 3 ff., § 630 Rdn. 8 ff.),118 bei der Unterlassungsklage gem. § 1 UKlaG noch § 8 Abs. 1 UKlaG.
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a) Bezeichnung der Parteien und des Gerichts (Abs. 2 Nr. 1). aa) Bezeichnung der Parteien. Die genaue Kennzeichnung der Parteien (vgl. dazu Vor § 50 Rdn. 9 ff.) dient der Bestimmung des Klägers und des Beklagten. Sie muss so gestaltet sein, dass sich aus ihr für jeden Dritten die betroffene Partei ermitteln lässt119 und über ihre Identität und Stellung kein Zweifel bestehen kann.120 Dies wird regelmäßig durch Angabe des Vor- und Zunamens121 der Partei und ihrer ladungsfähigen Anschrift der Fall sein, nicht zwingend erforderlich ist jedoch trotz § 130 Nr. 1 die Berufsbezeichnung122. Nur ausnahmsweise können einzelne Angaben entbehrlich sein, wenn es für den Kläger unzumutbar wäre, diese zu machen und er die Gründe für die Unzumutbarkeit darlegt.123 Die Angabe des Namens einer Partei ist, sofern die Angabe mit nicht oder nur schwer zu beseitigenden Schwierigkeiten verknüpft ist, entbehrlich, wenn die Partei so klar bezeichnet ist, dass kein Zweifel an ihrer Identität und Stellung aufkommen kann und sich anhand der Parteibezeichnung die Partei feststellen lässt.124 Unter Umständen genügt hierfür z.B. auch ein Deck- oder Künstlername.125 Andererseits kann sogar über die Namensangabe hinaus noch ein Namenszusatz (z.B. „junior“) erforderlich sein, wenn es zwei Personen (z.B. Vater und Sohn) gibt, auf welche alle diese Merkmale zutreffen.126 Eine Klage gegen Unbekannt ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Kläger sich nicht auf zumutbare Weise den Namen des Beklagten beschaffen kann, z.B. weil dieser seine Identität arglistig verschweigt.127 Auch hier ist jedoch erforderlich, dass die Partei auf Grund anderer Kriterien eindeutig bestimmbar ist. Eine Räumungsklage gegen namentlich unbekannte Hausbesetzer128 ist daher grundsätzlich nicht zulässig, es sei denn, dass die Partei nach räumlichen und zeitlichen Kriterien feststeht und es sich nicht um einen ständig wechselnden Personenkreis handelt.129 Bei einer 118 761
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Eingehend zur Scheidungsantragsschrift Vogel AnwBl 1982, 457 ff.; vgl. auch (krit.) Schwab FamRZ 1976, 491, 503. 119 762 2 BGH Warn 1973 Nr. 109. Nicht ausreichend ist die Bezeichnung „Mieter des Hauses Marienburgerstr. 3/4“, LG Berlin ZZP 49 (1925), 228, oder der Halter des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ..., vgl. dazu Halbach S. 96 f. 120 3 763 BGH NJW 1977, 1686; BGH NJW 2001, 885, 887; BayOblGZ 2004, 146, 149 = NZM 2004, 711 f.; OLG Köln NJW 1982, 1888. 121 764 4 Ausreichend kann auch die Reihenfolge Nachname Vorname (ohne Komma) sein, LG Hannover JurBüro 1992, 57 (Zwangsvollstreckung). 122 5 765 Musielak/Foerste Rdn. 17. 123 6 766 Vgl. BGHZ 102, 332, 334 ff. = NJW 1988, 2114, 2115; Kleffmann NJW 1989, 1142, 1143. 124 7 767 RGZ 6, 348, 349 (hier enthielt die Revisionsschrift nicht die einzelnen Erben des benannten Erblassers); BGH MDR 1958, 319 (Klage namens des noch unbekannten Erben einer bestimmten Person durch einen vom Erblasser bestellten Prozessbevollmächtigten).
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MünchKomm/Lindacher Vor § 50 Rdn. 14; Haas/Beckmann FS für Schumann (2001), S. 171, 178. 126 769 9 OLG Koblenz MDR 1980, 149; vgl. auch OLG Nürnberg OLGZ 1987, 482, 484. 127 10770 LG Berlin NJW-RR 1998, 713, 714; LG Kassel NJW-RR 1991, 381, 382; Raeschke-Kessler NJW 1981, 663 ff. 128 11771 Näher hierzu Christmann DGVZ 1984, 101 ff. 129 12772 OLG Oldenburg MDR 1995, 793 f. (Räumungsklage gegen wechselnden Personenkreis, der jedenfalls teilweise in dem Haus nur zu Besuch weilt, ist unzulässig); OLG Köln NJW 1982, 1888 (Räumungsantrag gegen derzeit etwa 60 unbekannte Personen, die gegenwärtig das im Eigentum der ASt. befindliche Grundstück mit Gebäude besetzt halten, ist unzulässig); LG Bremen WuM 1990, 527 (Räumungsantrag gegen die gegenwärtigen Bewohner genügt nicht); BezG Potsdam OLGZ 1993, 324, 325 (Besetzer des Gebäudes ist zu unbestimmt); LG Hannover NJW
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Inkognito-Adoption muss das Inkognito gewahrt werden, so dass eine Bezeichnung der Partei mit ihren Personalien unterbleibt. Allerdings muss die Identität der Partei dann in anderer Weise eindeutig bestimmt sein.130 Das Erfordernis der ladungsfähigen Anschrift ergibt sich zwar nicht aus § 253 Abs. 2 Nr. 1,131 aber aus § 253 Abs. 4 iVm § 130 Nr. 1, wonach unter anderem der Wohnort der Parteien132 anzugeben ist. Zwar handelt es sich hier um eine bloße SollVorschrift. Daraus allein kann aber nicht ein bloßes Soll-Erfordernis auch für bestimmende Schriftsätze, wie sie die Klageschrift darstellt, hergeleitet werden.133 So ist die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Beklagten für die Zustellung und deren Rechtsfolgen (§§ 261, 167) sowie für die Begründung des Prozessrechtsverhältnisses notwendig. Dies erfordert aber nicht unbedingt die Angabe der Wohnanschrift des Beklagten, in geeigneten Fällen kann auch die Angabe der Arbeitsstelle genügen (§ 177).134 Es kann lediglich die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Beklagten verlangt werden, bei der gem. §§ 177 ff. die ernsthafte Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Zustellung besteht.135 Ist dem Kläger die Anschrift des Beklagten nicht bekannt, muss er dies zumindest darlegen; nur dann besteht die Möglichkeit, ggf. eine öffentliche Zustellung zu erwirken (§ 185).136 Die Anschrift des Klägers ist jedenfalls im reinen Parteiprozess für die Ladung zu den Gerichtsterminen erforderlich, aber auch in Anwaltsprozessen, da sonst im Falle des Unterliegens des Klägers die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten gefährdet wäre.137 Die Angabe eines Postfachs genügt nicht.138 Die Nichtangabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers führt deshalb, wenn nicht ein (vom Kläger darzulegender) zureichender Grund für die Verweigerung der Angabe nach Aufforderung durch das Gericht vorliegt, zur Unzulässigkeit der Klage.139 Dasselbe
1981, 1455 (Räumungsantrag gegen wechselnde Anzahl von 20 bis 100 Personen ist unzulässig); LG Krefeld NJW 1982, 289 (Räumungsantrag gegen die derzeit noch unbekannten Hausbesetzer ist unzulässig); Raeschke-Kessler NJW 1981, 663 ff.; aA Lisken NJW 1982, 1136, wonach örtliche Bezeichnung bereits ausreichen soll; zu weit auch LG Kassel NJW-RR 1991, 381 (Räumungsantrag gegen diejenigen Personen, die der Gerichtsvollzieher bei der Vollstreckung in der Wohnung antrifft, ist zulässig). 1130773 OLG Karlsruhe FamRZ 1975, 507, 508 (ausreichend: „Das am ... geborene, im Geburtsregister des Standesamtes ... unter dem Namen ... eingetragene Kind.“). 131 774 2 Hierfür genügt, dass die Identität der Parteien zweifelsfrei feststeht, vgl. BGH NJW 1977, 1686. 132 3 775 Mit Straße und Hausnummer (vgl. OLG Frankfurt MDR 1984, 943), gegebenenfalls noch mit weiteren Unterscheidungsmerkmalen wie Stockwerk oder Gartenhaus, BVerwG NJW 1999, 2608, 2609. 133 776 4 So BGHZ 102, 332, 334 f. = NJW 1988, 2114 = ZZP 101 (1988), 457 mit abl. Anm. Zeiss; BVerwG NJW 1999, 2608, 2609; KG OLGZ 1991, 465; KGR 1996, 108; Nierwetberg NJW 1988, 2095; aA OLG Stuttgart NJW 1986, 1882 (LS); vgl. auch BVerfG NJW 1996, 1272, nach dem die Zulässigkeit einer zivilprozessualen
Klage nicht ausnahmslos von der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers abhängig gemacht werden darf, weil es sich um Anforderungen handelt, die über die ausdrücklich im Gesetz geregelten Zulässigkeitserfordernisse hinausgehen. 134777 5 BGHZ 145, 358, 364 f. = NJW 2001, 885, 887 (Bezeichnung der beklagten Krankenhausärzte im Arzthaftungsprozess mit Namen und ärztlicher Funktion in einer bestimmten medizinischen Abteilung des Krankenhauses). 135778 6 BGHZ 145, 358, 363 f. = NJW 2001, 885, 887. Die ladungsfähige Anschrift muss auch nicht notwendig mit dem allgemeinen Gerichtsstand übereinstimmen, Heidemann NJW 2002, 494. 136779 7 Vgl. dazu Kleffmann S. 35. 137780 8 Vgl. BVerfG NJW 1996, 1272, das allerdings auf die Möglichkeit der Sicherheitsleistung hinweist; BGHZ 102, 332, 335 = NJW 1988, 2114; aA Zöller/Greger Rdn. 8: Erreichbarkeit über die Prozessbevollmächtigten genügt. 138781 9 BVerwG NJW 1999, 2608, 2609. 139782 10 BGH NJW-RR 2004, 1503 (dies gilt nicht, wenn die in der Klageschrift angegebene ladungsfähige Anschrift im Laufe des Prozesses unrichtig wird und der Kläger keine ladungsfähige Anschrift beibringt); BGHZ 102, 332, 337 = NJW 1988, 2114.
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gilt, wenn der Kläger seine Anschrift von Anfang an unzutreffend angibt und auch auf Rüge hin diesen Mangel nicht behebt.140 Ein zureichender Grund für die Verweigerung der Angabe kann z.B. darin bestehen, dass der Bekanntgabe ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegensteht.141 Entbehrlich kann die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und wegen des Sozialstaatsprinzips auch bei Obdachlosen sein.142 Bei Geltendmachung von Rechten noch nicht Geborener oder noch nicht Erzeugter genügt die Kennzeichnung der Abstammung von einer bestimmten Person.143 Bei prozessunfähigen Parteien gehört die Angabe des gesetzlichen Vertreters ebenso wie die korrekte Angabe der Vertretungsverhältnisse nicht zu dem von § 253 Abs. 2 Nr. 1 geforderten notwendigen Inhalt der Klageschrift und kann deshalb jederzeit nachgeholt werden.144 Das gilt auch für eine Klage gegen den Fiskus, in der die Endvertretungsbehörde nicht notwendig (richtig) bezeichnet werden muss.145 Die Nichtangabe des gesetzlichen Vertreters birgt allerdings wegen § 170 Abs. 1 das Risiko der nicht ordnungsgemäßen Zustellung und damit vor allem des Nichteintritts der Wirkung des § 167.146 Seit der Grundsatzentscheidung des BGH147, in der er die Rechtsfähigkeit und damit zugleich die aktive und passive Parteifähigkeit der (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt hat, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, kann diese unter ihrem Namen klagen und verklagt werden.148 Nach den soeben (Rdn. 38) genannten Grundsätzen ist die Angabe der Gesellschafter als gesetzliche Vertreter der Gesellschaft in der Klageschrift für die Zulässigkeit der Klage nicht zwingend erforderlich, sofern die Gesellschaft anderweitig (z.B. durch Angabe des Namens und der Anschrift) eindeutig identifizierbar beschrieben ist.149 Bei Zweifeln am Bestehen eines Gesellschaftsvermögens oder einer echten (Außen-)GbR − in Abgrenzung zur reinen Innengesellschaft – ist es allerdings schon wegen der persönlichen Haftung der Gesellschafter ratsam, diese immer auch einzeln zu verklagen.150 Die Umstellung einer Klage der Gesellschafter als notwendige Streitgenossen entsprechend der vor der Rechtsprechungsänderung geltenden Rechtslage auf die Gesellschaft stellt einen Fall der Parteiberichtigung und keine Parteiän-
140 1 783 OLG Frankfurt NJW 1992, 1178. 141 2 784 BFH NJW 2001, 1158 (drohende Verhaftung); KG OLGZ 1991, 465 (frühere Tätigkeit eines Klägers in einem Verfassungsschutzamt allein allerdings nicht ausreichend); KGR 1996, 108. 142 785 3 AA offenbar VGH Kassel NJW 1990, 138; zu Recht kritisch dagegen MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 57; vgl. dazu auch Gusy JuS 1992, 28 ff. 143 4 786 RGZ 61, 355, 356 f. 144 5 787 BGHZ 32, 114, 118 = NJW 1960, 1006; RG JW 1888, 424; RG JW 1896, 400; vgl. auch BGH NJW 1989, 2689; BGH NJW 1993, 2811, 2813; aA Zöller/Greger Rdn. 8 (Angabe des gesetzlichen Vertreters, soweit dies für die Zustellung erforderlich ist, nicht unbedingt namentliche Bezeichnung). 145 6 788 OLG Zweibrücken OLGZ 1978, 108 = NJW 1977, 1928 (LS). 146 7 789 Siehe BGHZ 32, 114, 119 = NJW 1960, 1006.
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147 8 790 BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056. 148 9 791 Vgl. Reichert Die BGB-Gesellschaft im Zivilprozeß (1988), S. 125 ff., 155, Hüffer FS Stimpel (1985), S. 165, 180 f., die die GbR schon vorher als parteifähig angesehen und den im Rechtsverkehr gebräuchlichen Gesamtnamen der GbR für ausreichend gehalten haben; K. Schmidt Handelsrecht5 (1999) § 5 II 2 für die MitunternehmerBGB-Gesellschaft; aA Schöpflin Der nichtrechtsfähige Verein (2003), S. 364. 149 10792 Vgl. BGHZ 146, 341, 356 f. = NJW 2001, 1056, 1060 (in Aktivprozessen beispielsweise durch möglichst exakte Beschreibung der Gesellschafter, der gesetzlichen Vertreter und der Bezeichnung, unter der die Gesellschaft im Rechtsverkehr auftritt); K. Schmidt NJW 2001, 993, 999 f.; Wertenbruch NJW 2002, 324, 326; für die Anwaltssozietät Lüke FS Geimer (2002), S. 583, 586 f. 150 11793 BGHZ 146, 341, 357 = NJW 2001, 1056, 1060.
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derung dar.151 Wichtig ist sowohl bei Aktiv- als auch bei Passivprozessen im Zusammenhang mit einer GbR stets, dass klargestellt wird, ob die Gesellschaft, die Gesellschafter oder beide gemeint sind.152 Diese Grundsätze hat der BGH153 wegen § 54 BGB auf den klagenden nicht eingetragenen Verein übertragen (Zur Rechtslage vor Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der GbR siehe § 50 Rdn. 46 ff.),154 obwohl dies § 50 Abs. 2 widerspricht,155 der dem nicht rechtsfähigen Verein lediglich die passive Parteifähigkeit zuspricht. Eine Übertragung der Grundsätze zur Parteifähigkeit der GbR auf die Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB) wurde vom BGH156 abgelehnt, so dass sie mangels eigener Rechtsfähigkeit nicht parteifähig ist.157 Auch der ehelichen Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) wird trotz der BGH-Entscheidung zur Parteifähigkeit der GbR die Rechtsfähigkeit abgesprochen.158 Bei der Klage eines nichtrechtsfähigen Vereins ist im Allgemeinen eine ausreichende Kennzeichnung ihrer Mitglieder erforderlich, die gem. § 50 Abs. 1 einzeln klagen müssten (zur Lösung der damit verbundenen Probleme vgl. § 50 Rdn. 53 ff.).159 Bei einer solchen Klage darf die bloß fehlerhafte Parteibezeichnung durch Nachbringung der Benennung der einzelnen Mitglieder auch noch in der Revisionsinstanz berichtigt werden.160 Bei der nichtrechtsfähigen reinen Innengesellschaft161 sowie der Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB), die nicht selbst klagen und verklagt werden können, sind die Gesellschafter einzeln namentlich aufzuführen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird nunmehr162 als teilrechtsfähig angesehen, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechts151 794 12 BGH NJW-RR 2004, 275, 276; BGH NJW 2003, 1043 = EWiR 2003, 357; ebenso Krämer NZM 2002, 465, 473; noch offengelassen in BGH NJWRR 2003, 228; aA Jacoby NJW 2003, 1644, der die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit durch den BGH als formwechselnde Umwandlung der bisherigen Gesamthandsgesellschaften in rechtsfähige Personengesellschaften ansieht und einen gesetzlichen Parteiwechsel annimmt. Im Ergebnis ist jedoch auch hiernach zur Fortführung des Prozesses lediglich eine Rubrumsberichtigung erforderlich. 152 795 1 Kemke NJW 2002, 2218 mit Vorschlägen zum Rubrum. 153 2 796 NJW 2008, 69, 74 unter Hinweis auf den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vereinsrechts v. 25.8.2004 S. 33, in dem dem nichtrechtsfähigen Verein auch die aktive Parteifähigkeit zugesprochen wird. 154 797 3 So schon KG MDR 2003, 1197; AG Witzenhausen NJW-RR 2003, 614, 615; Zöller/Vollkommer § 50 Rdn. 37; Thomas/Putzo/Hüßtege § 50 Rdn. 8; Hess ZZP 117 (2004), 267, 292 f.; Jauernig NJW 2001, 2231, 2232; Kempfler NZG 2002, 411 ff., der sich für eine Gesetzesänderung ausspricht; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 43 Rdn. 21; K. Schmidt NJW 2001, 993, 1002 f.; aA Stein/Jonas/Bork § 50 Rdn. 30; Wagner ZZP 117 (2004), 305, 358 f. 155 798 4 AA AG Witzenhausen NJW-RR 2003, 614, 615; K. Schmidt NJW 2001, 993, 1003 (§ 50 Abs. 2 ist gegenstandslos). 156 5 799 BGH NJW 2002, 3389, 3390. 157 6 800 Zustimmend Marotzke ZEV 2002, 506, 508; vgl.
auch Heil ZEV 2002, 296 ff.; Hess ZZP 117 (2004), 267, 293 f. (für den Regelfall); aA Ann Die Erbengemeinschaft (2001), S. 394 ff.; Eberl-Borges ZEV 2002, 125, 130 f.; Grunewald AcP 197 (1997), 305, 306, 314; Wagner ZZP 117 (2004), 305, 354 f. 7158801 BayObLG NJW-RR 2003, 899, 900; vgl. auch Hess ZZP 117 (2004), 267, 295. 159802 8 RGZ 78, 101, 106 f.; vgl. BGHZ 109, 15, 18 = NJW 1990, 186, 187; siehe auch Stein/Jonas/Bork § 50 Rdn. 36 ff. mwN. 160803 9 RG JW 1903, 3, 4. 161804 10 Hierzu zählt auch die − von der Sozietät abzugrenzende – bloße anwaltliche Bürogemeinschaft, näher Lüke FS Geimer (2002), S. 583, 586 Fn 5. 162805 11 Die h.M. verneinte bisher die Rechts- und Parteifähigkeit der WEG, vgl. BGHZ 142, 290, 294 = NJW 1999, 3713 f.; BGHZ 78, 166, 172 = NJW 1981, 282, 283; BGH NJW 1977, 1686; BGH NJW 1983, 1901; BGH NJW 1993, 2943, 2944; BGH NJW 1998, 3279; BayObLG NJW-RR 2004, 1160, 1161; BayObLG NJW-RR 2002, 445, 446 = NZM 2001, 956, 957; BayObLG NJW 2002, 1506, 1507; KGR Berlin 2003, 262; LG Hamburg ZMR 2001, 856; Ott ZMR 2002, 97; Hess ZZP 117 (2004), 267, 296; aA schon bisher Bärmann NJW 1989, 1057, 1060 ff.; Bub ZWE 2002, 103; Bub/Petersen NZM 1999, 646, 648 f.; Derleder ZWE 2002, 193 ff. und 250 ff.; Häublein FS Wenzel (2005), S. 175, 195 ff.; Maroldt ZWE 2002, 387; Pauly WuM 2002, 531; Raiser ZWE 2001, 173; Schwörer NZM 2002, 421.
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verkehr teilnimmt.163 Der Gesetzgeber hat dies nun mit der Regelung in § 10 Abs. 6 S. 1 WEG n.F. bestätigt.164 Unabhängig vom aktuellen Mitgliederbestand der Wohnungseigentümergemeinschaft kann diese klagen und verklagt werden (§ 10 Abs. 6 S. 5 WEG n.F.).165 Sie ist dann in der Klageschrift als „Wohnungseigentümergemeinschaft“ gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks zu bezeichnen (§ 10 Abs. 6 S. 4 WEG n.F.). Der Verwalter ist gem. § 27 Abs. 3 WEG n.F. berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, soweit er hierzu kraft Gesetzes, durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt ist. Dabei vermutet das Gesetz im Rahmen der gerichtlichen Passivvertretung in § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WEG n.F. aE unwiderleglich, dass der Verwalter zur Prozessführung ermächtigt ist.166 Für Aktivprozesse benötigt der Verwalter, mit Ausnahme der Fälle der Nachteilsabwendung gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WEG n.F. für eine Prozessführung eine ausdrückliche Ermächtigung der Wohnungseigentümer, andernfalls vertreten alle Wohnungseigentümer die Gemeinschaft (§ 27 Abs. 3 Satz 2 WEG n.F.). Der Verwalter tritt also in Finanzangelegenheiten nunmehr als gesetzlicher Vertreter167 der Eigentümergemeinschaft auf.168 Bei fehlender Teilrechtsfähigkeit muss die Klage jedoch durch oder gegen alle Wohnungseigentümer erhoben werden. Auch die Anfechtungsklage gem. § 46 WEG n.F. ist gegen die übrigen Wohnungseigentümer bzw bei der Klage des Verwalters gegen die Wohnungseigentümer zu richten.169 Bei solchen Klagen mussten bisher grundsätzlich alle Wohnungseigentümer namentlich bezeichnet werden. Allerdings wurde die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft ...straße“ nebst Bezeichnung des Verwalters sowie dessen ladungsfähiger Anschrift als ausreichend angesehen, weil damit klar war, dass damit alle Personen gemeint sind, die zum Zeitpunkt der Antragstellung Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft waren (näher hierzu § 50 Rdn. 65).170 Die Einreichung einer Eigentümerliste war im Aktivprozess kein Bestimmtheitserfordernis.171 Die Gläubiger (Wohnungseigentümer) waren unschwer 163 806
12 BGHZ 163, 154, 160 ff. = NJW 2005, 2061, 2062 ff. (S. 2068: Eine Teilnahme am Rechtsverkehr bezieht sich auf das Außenverhältnis zu Dritten, aber uU auch auf das Innenverhältnis, z.B. bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer. Die Beschlussanfechtung (§ 43 Nr. 4 WEG) betrifft dagegen die Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft und nicht den Rechtsverkehr des Verbands. Passivlegitimiert sind hier weiterhin nur die übrigen Wohnungseigentümer und nicht die Gemeinschaft, Gründe zu III. 12); dazu Maroldt ZWE 2005, 361; Raiser ZWE 2005, 365; zu den Konsequenzen vgl. Abramenko ZMR 2005, 585; Armbrüster ZWE 2005, 369 ff.; Hügel DNotZ 2005, 753; kritisch Demharter ZWE 2005, 357; Bork ZIP 2005, 1205; W. Lüke ZfIR 2005, 516, 520; Rapp MittBayNot 2005, 449. 164 807 1 WEG-Novelle v. 26.03.2007, BGBl I S. 370, in Kraft seit 01.07.2007. 165 2 808 So schon BGHZ 163, 154, 160 ff. = BGH NJW 2005, 2061, 2065. 166 3 809 Jennißen/Heinemann WEG (2008) § 27 Rdn. 91 ff.
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Dies gilt auch für Aktivprozesse, für die eine Ermächtigung gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG erforderlich ist, Jennißen/Heinemann WEG (2008) § 27 Rdn. 117. 168 811 5 Vgl. auch BGHZ 163, 154, 160 ff. = BGH NJW 2005, 2061, 2066. 169 6 812 Vgl. Jennißen/Suilmann WEG (2008) § 46 Rdn. 84; Bergerhoff NZM 2007, 425 f. 170 7 813 BGHZ 78, 166, 173 = NJW 1981, 282, 283; BGH NJW 1977, 1686, 1687; BayObLG NZM 2005, 110, 111; BayOblGZ 2004, 146, 149 = NZM 2004, 711, 712; BayObLG NJW-RR 1987, 1039, 1040; LG Mönchengladbach ZMR 2000, 387; vgl. auch die Antragsmuster von Bassenge MDR 2004, 78, 79. Wurden die Wohnungseigentümer jedoch einzeln in der Klageschrift aufgeführt, so musste dies umfassend erfolgen, vgl. OLG Jena NZM 2005, 110. 171 814 8 Vgl. BayObLG NZM 2005, 110, 111; BayObLG NZM 2004, 711 f.; BayObLG NJW-RR 2002, 732, 733; BayObLG NJW-RR 1987, 1039, 1040; Blackert Die Wohnungseigentümergemeinschaft im Zivilprozeß (1998), S. 202. Strenger BayObLG NJW-RR 1986, 564, 565, das von einer Pflicht spricht, da zu Beginn des Verfahrens
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und zweifelsfrei über das Wohnungsgrundbuch zu ermitteln.172 Wenn notwendig, konnte die Bezeichnung der Antragsteller auch im weiteren Verfahren jederzeit ergänzt oder berichtigt werden.173 Dementsprechend war die Zwangsvollstreckung auch nicht unzulässig, wenn im Vollstreckungstitel als Gläubiger die Wohnungseigentümer nur mit einer Sammelbezeichnung bezeichnet waren.174 Im Passivprozess der Wohnungseigentümer war die Eigentümerliste dagegen Bestimmtheitserfordernis, konnte aber noch in der Rechtsmittelinstanz nachgereicht werden.175 Dasselbe galt für die gerichtliche Geltendmachung einer Wohngeldforderung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft.176 Nunmehr regelt § 44 WEG n.F. für diese Fälle die Bezeichnung der Wohnungseigentümer in der Klageschrift. Wie nach bisheriger Rechtslage177 genügt bei der Klage aller Wohnungseigentümer bzw gegen alle Wohnungseigentümer (jeweils mit Ausnahme des Gegners) für die Parteibezeichnung die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks. § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG n.F. stellt lediglich eine Abwandlung des § 253 Abs. 2 Nr. 1 dar und verdrängt diese Vorschrift nicht. Die „bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks“ kann sich nach der postalischen Adresse oder aber nach dem Grundbucheintrag richten. Um eine Zustellung zu ermöglichen, ist für Passivprozesse gegen die Wohnungseigentümer die Angabe des Verwalters und des Zustellungsvertreters gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG n.F. erforderlich. Es sind stets beide Personen zu bezeichnen, da es dem Gericht obliegt, an wen die Zustellung zu erfolgen hat. Außerdem ist es, z.B. zur Ermöglichung der späteren Zwangsvollstreckung, gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG n.F. erforderlich, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine Liste mit der Bezeichnung der Wohnungseigentümer einzureichen. Bei endgültiger (grundloser) Verweigerung dieser notwendigen Angaben ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Sind an dem Rechtsstreit nicht alle Wohnungseigentümer beteiligt, ist es vor dem Hintergrund der notwendigen Beiladung der übrigen Wohnungseigentümer gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG n.F. erforderlich, dass diese alle bereits in der Klageschrift bezeichnet werden (§ 44 Abs. 2 Satz 1 WEG n.F.). Naturgemäß scheidet diese Notwendigkeit bei fehlender Beiladung aus (§ 44 Abs. 2 Satz 2 WEG n.F.). Zustellungen können an den Verwalter als Zustellungsvertreter gem. § 27 Abs. 3 Nr. 1 (Abs. 2 Nr. 3 a.F.) WEG erfolgen.178 noch ungewiss sei, ob die Ast. hinsichtlich der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens nicht zu Vollstreckungsschuldnern werden können. 172 815 1 BayObLG NZM 2005, 110, 111; BayOblGZ 2004, 146, 149 = NZM 2004, 711, 712. 173 2 816 BayObLG NZM 2005, 110, 111; BayOblGZ 2004, 146, 149 = NZM 2004, 711, 712. 174 3 817 BayObLG Rpfleger 2004, 692, 693; BayObLG NJW-RR 1986, 564: die Sammelbezeichnung genügt aber nicht zur Bestimmung der WEG auf der Schuldnerseite; LG Kempten Rpfleger 1986, 93; LG Hannover MDR 1986, 59; Staudinger/ Wenzel12 (1997) Vorbem zu §§ 43 WEG ff. Rdn. 24. 175 4 818 BayObLG NJW-RR 2002, 445, 446; BayObLG NJW-RR 2002, 732, 733; Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums4 (2004) Rdn. 1028 (Anspruch gegen den Verwalter gem. § 242 BGB auf namentliche Bekanntgabe seiner Vertrags-
partner); aA Blackert Die Wohnungseigentümergemeinschaft im Zivilprozeß (1998), S. 200 (Kurzbezeichnung genügt, da sonst die Wirksamkeit der Klageerhebung nur unter dem Vorbehalt der Nachreichung der Liste bejaht werden könnte); ebenso wohl Weitnauer/Lüke WEG9 (2005) § 10 Rdn. 14: Vorlage auf Anfordern. 176819 5 BayOblGZ 2004, 146 149 = NZM 2004, 711, 712; Bub ZWE 2002, 103, 109. 177820 6 Vgl. hierzu die Begründung des Gesetzes BTDrucks. 16/887, S. 35 f. 178821 7 BGHZ 78, 166, 172 = NJW 1981, 282 mit Anm. Kellmann; Blackert Die Wohnungseigentümergemeinschaft im Zivilprozess (1999), S. 197 f., 208 ff.; Bassenge MDR 2004, 78, 79. Dasselbe gilt für den mit umfassender Vollmacht ausgestatteten Treuhänder einer Bauherrengemeinschaft, soweit diese keine rechtsfähige Außengesellschaft darstellt, OLG München MDR 1987, 418.
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Bei der Kennzeichnung der sog. Partei kraft Amtes ist neben der Kennzeichnung ihrer Person die Kenntlichmachung der Funktion und der verwalteten Vermögensmasse erforderlich.179 Bei unzutreffender Bezeichnung kommt allerdings eine Parteiberichtigung in Betracht, wenn sich aus dem sonstigen Vorbringen im Wege der Auslegung zweifelsfrei ergibt, dass die Partei kraft Amtes als Partei gewollt ist.180 Gem. § 17 Abs. 2 HGB kann ein Kaufmann unter seiner Firma klagen und verklagt werden, die Firmenbezeichnung dient hier als ausreichendes Kennzeichen. Eine unzulässige oder falsche Firma schadet nicht, sofern die Identität der betreffenden Partei eindeutig feststeht. Einer Partei dürfen aus einem infolge mehrfacher Umfirmierung entstehenden Namenswirrwarr keine Vorteile erwachsen.181 Die Klage gegen eine Firma ohne Inhaberbenennung gilt stets als gegen den Inhaber z.Z. der Klageerhebung gerichtet (§ 50 Rdn. 67 mwN).182 Wird dagegen in der Klageschrift eine Person als Inhaber der Firma benannt, so wird diese unter bestimmten Umständen183 auch dann Partei, wenn sie in Wahrheit nicht Inhaber der Firma ist.184 Anders liegt der Fall, wenn es sich nicht um die Firma eines Einzelkaufmanns handelt, sondern um die einer Personengesellschaft, weil hier der Nennung des Namens ausschlaggebende Bedeutung zukommt, so dass der irrige Zusatz eines Inhabernamens dahinter zurücktritt.185 Wird eine Einzelhandelsfirma als OHG verklagt oder klagt sie als solche, so ist nur der Einzelkaufmann Kläger oder Beklagter.186 Wird eine bestehende OHG verklagt oder klagt sie als solche, dann richtet sich die Klage nur gegen sie, nicht gegen die Gesellschafter der OHG (siehe § 261 Rdn. 80). Wird die OHG im Laufe des Prozesses aufgelöst, geht der Prozess gegen die Gesellschafter weiter, selbst wenn nur einer von ihnen die Firma fortführt, es sei denn, dass die anderen ausdrücklich entlassen worden sind.187 Ist sie vor Klageerhebung aufgelöst worden, so wirkt die Klagezustellung nur gegen den Gesellschafter, dem sie zugestellt wird. Allerdings können bei Klagen gegen die OHG neben der Gesellschaft auch die einzelnen persönlich haftenden Gesellschafter verklagt werden;188 während umgekehrt, wenn die OHG klagt, die einzelnen Gesellschafter grundsätzlich zugleich keine Ansprüche erheben können. Die Parteibezeichnung ist für die Parteistellung nicht allein ausschlaggebend. Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei angesprochen, die − auch unter Berücksichtigung nachfolgender Prozessvorgänge −189 erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll.190 Die Ermittlung der richtigen Partei erfolgt im Wege der Auslegung der Klageschrift. Welche Partei objektiv erkennbar gemeint ist, ist anhand der Bezeichnung in der Klageschrift, der Zustellungsadresse, dem Tatsachenvortrag und den vom Kläger vorgelegten Urkunden191 aus
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Z.B.: „als Insolvenzverwalter über das Vermögen von ...“. 180 823 2 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 63. 181 3 824 LAG Hamm ZInsO 2001, 240 (LS). 182 4 825 RGZ 159, 337, 350; OLG München NJW 1971, 1615; KG Rpfleger 1982, 191. 183 5 826 OLG Köln NJW-RR 1996, 292. 184 827 6 RGZ 157, 369, 373; OLG Karlsruhe OLGZ 11, 77; KG OLGRspr 13, 111 f. 185 7 828 BGH NJW 1999, 1871 f. (zu einer mit der OHG bzw KG vergleichbaren Partnership des englischen Rechts). 186 8 829 RGZ 157, 369 (anders, wenn ausdrücklich die Gesellschaft geklagt hat oder verklagt werden sollte, S. 376); RGZ 99, 271.
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RGZ 66, 240, 243; RGZ 124, 146, 151; BGHZ 62, 131, 132 = NJW 1974, 338. 10 RG JW 1907, 712. 189 832 11 OLGR Köln 2004, 107. 190 12833 RGZ 157, 369, 374 f.; BGHZ 4, 328, 334 = NJW 1952, 545; BGH MDR 1978, 307; BGH NJW 1981, 1453, 1454; BGH NJW 1983, 2448, 2449; BGH NJW 2002, 3110, 3111; BGH NJW-RR 1995, 764; BGH NJW-RR 2004, 501; BFH BB 1987, 398; OLG Nürnberg OLGZ 1987, 482, 483. 191 13834 Z.B. einem vorgelegten Kündigungsschreiben des Insolvenzverwalters bei einer gegen den Schuldner gerichteten Kündigungsschutzklage, BAG NZA 2003, 1391. 188 831
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Empfängersicht (Gericht und Prozessgegner) festzustellen.192 Es ist daher grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Prozesserklärung als Partei gemeint ist. Dabei können als Auslegungsmittel auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden.193 In den Grenzen der Auslegungsfähigkeit ist das Rechtssubjekt gemeint, das aus den maßgebenden Rechtshandlungen berechtigt oder verpflichtet ist.194 Steht die Identität der Partei im Zeitpunkt der Klageerhebung fest oder lässt sie sich durch Auslegung eindeutig ermitteln, so ist eine unrichtige Bezeichnung in jeder Lage des Verfahrens mit Wirkung ex tunc von Amts wegen oder auf Anregung einer Partei zu berichtigen.195 Dasselbe gilt, wenn sich die richtige Partei auf den Streit eingelassen hat.196 Dazu genügt es, wenn der richtigen Partei zugestellt worden ist und diese die Zustellung auf sich bezogen hat. Stellt allerdings das Gericht eine in Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner gerichtete Klage dem Insolvenzverwalter zu, so wird zunächst weder der eine noch der andere zur beklagten Partei. Der Insolvenzverwalter erlangt die Parteistellung nicht vor der Erklärung, dass sich die Klage gegen ihn richtet. Er ist ausdrücklich als Partei zu kennzeichnen.197 Die Klage gegen einen nicht anwaltlich vertretenen198 bereits Verstorbenen oder gegen eine (z.B. durch Verschmelzung) erloschene Gesellschaft199 in Unkenntnis des Todes bzw des Erlöschens kann allerdings nicht als Klage gegen den Rechtsnachfolger ausgelegt werden (Vor § 50 Rdn. 25).200 Eine derartige Klage gegen eine nicht (mehr) existente Partei ist unzulässig (vgl. Vor § 253 Rdn. 47). Stirbt bei einer vom Prozessbevollmächtigten erhobenen Klage der Vollmachtgeber vor Einreichung oder Zustellung der Klageschrift, so kann die Klage in der Regel als im Namen der Erben erhoben ausgelegt werden.201 Die dargestellten Grundsätze über die Bezeichnung der Parteien gelten gleichermaßen auch im Eilverfahren nach §§ 916 ff., 935 ff.202 bb) Bezeichnung des Gerichts. Die Angabe des Gerichts als solches ist ausreichend, die des einzelnen nach der Geschäftsverteilung berufenen Richters oder Spruchkörpers ist nicht erforderlich,203 aber empfehlenswert. Im Allgemeinen wird die Klageschrift an das Gericht adressiert; doch genügt auch bloße Einreichung bei einem Gericht ohne Adressenangabe, denn daraus lässt sich schließen, dass sich dieses Gericht mit der Sache befassen soll. Ob das Gericht zuständig ist oder nicht, ist für die Begründung des Prozessrechtsverhältnisses unerheblich. Welches Gericht sich mit der Sache befassen soll, ist durch Auslegung zu ermitteln. So schadet eine Falschbezeichnung nicht, wenn die Klage bei dem richtigen Gericht
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BGH NJW-RR 2006, 1569, 1570; BGH NJW 1998, 1496, 1497 mwN; Baumgärtel FS für Schnorr von Carolsfeld (1973), S. 19, 33; Weimann/Terheggen NJW 2003, 1298 mwN. 193 2 836 BGH NJW-RR 2006, 1569, 1570. 194 3 837 Weimann/Terheggen NJW 2003, 1298. 195 4 838 OLG Hamm NJW-RR 1991, 188 f.; Rosenberg/ Schab/Gottwald ZPR § 41 Rdn. 15. 196 5 839 Vgl. OLG Düsseldorf Warn 1970 Nr. 247; OLGR Köln 2004, 107, 108. 197 6 840 BGHZ 127, 156, 163 f. = NJW 1994, 3232 = LM § 50 Nr. 44 mit abl. Anm. Wax. 198 7 841 Bei anwaltlicher Vertretung richtet sich die Klage gegen die Erben, weil die Vollmacht durch den
Tod nicht erloschen ist, § 86. In diesem Fall ist eine Rubrumsberichtigung erforderlich, vgl. OLG Hamm NJW-RR 1986, 739 f.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 43 Rdn. 34. 199842 8 Vgl. hierzu BGH NJW 2002, 3110, 3111. 200843 9 BGH WM 2000, 260 = VIZ 2000, 168; Weimann/ Terheggen NJW 2003, 1298; zweifelnd BGH NJW 2002, 3110, 3111; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 37. 201844 10 BGH ZZP 71 (1958), 471, 473 f. 202845 11 OLG Frankfurt NJW 1992, 1178. 203846 12 Dementsprechend ist eine Falschbezeichnung, die dem Geschäftsverteilungsplan nicht entspricht, unbeachtlich.
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eingeht. Soll der Rechtsstreit vor die Kammer für Handelssachen, muss ein dementsprechender Antrag gemäß § 96 Abs. 1 GVG in der Klageschrift gestellt werden. Ist die Klageschrift an die Kammer für Handelssachen adressiert, so ist hierin bereits der Antrag gem. § 96 Abs. 1 GVG enthalten.204 Dieser Antrag ist weder nachholbar noch veränderbar. Lediglich im Fall eines Schreibfehlers kann die Klageschrift berichtigt werden.205 Ist der Antrag gestellt, die Klage jedoch versehentlich an die Zivilkammer gerichtet, so ist diese Falschbezeichnung unbeachtlich und daher die Kammer für Handelssachen gemeint.206
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b) Angabe des Klagegegenstandes, des Klagegrundes und des bestimmten Antrags (Abs. 2 Nr. 2). § 253 Abs. 2 Nr. 2 fordert ferner die Angabe des Klagegegenstandes, des Klagegrundes und des bestimmten Antrags. Dadurch wird der Streitgegenstand und damit der Entscheidungsumfang gem. § 308 festgelegt. Die Angaben sind ferner bedeutsam für die sachliche Zuständigkeit, die Rechtshängigkeit, den Umfang der Rechtskraft, die Klageänderung, die Klagenhäufung und die Kosten. Die Angabe der Beweismittel (§§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 5) ist nicht erforderlich, aber zweckmäßig.
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aa) Klagegegenstand. (1) Begriff. Unter dem Gegenstand der Klage ist nicht der Streitgegenstand zu verstehen, da dieser durch den Antrag mit bestimmt wird.207 Es handelt sich aber auch nicht um das gegenständliche Objekt des Klagebegehrens, also um die Sache, die herauszugeben ist oder das Recht, das eingeklagt wird.208 Ebenso wenig ist damit der Sachverhalt gemeint, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt, denn dieser wird durch die bestimmte Angabe des Grundes des erhobenen Anspruchs dargelegt.209 Schließlich handelt es sich bei dem Gegenstand auch nicht um eine neben dem Antrag stehende Rechtsbehauptung des Klägers.210 Der Gegenstand des Anspruchs hat vielmehr in der Regel keine eigenständige Bedeutung, weil er bereits im bestimmten Antrag seinen Ausdruck findet.211Allerdings sind Fälle denkbar, in denen die Angabe des Gegenstandes doch eine eigenständige Bedeutung erlangt. (2) Dauerschuldverhältnisse. Bei einer Klage auf Vergütung müssen die Zeiträume, für die die Vergütung gefordert wird, kalendermäßig bezeichnet werden.212 Dasselbe gilt bei der Geltendmachung eines Miet- bzw Betriebskostensaldos. Hier müssen die auf die jeweiligen Monate entfallenden Beträge einzeln genannt werden.213 (3) Teilklagen214. Ergeben sich aus dem Lebenssachverhalt mehrere gleichgerichtete Ansprüche, so muss durch die Angabe des Gegenstandes deutlich gemacht werden, um welchen Anspruch oder Anspruchsteil es sich handelt, da andernfalls der Streitgegenstand und damit der Umfang der Rechtskraft unklar bliebe. Der bestimmte An-
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1 OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 429, 430. 2205848 OLG Frankfurt BB 1980, 552. 206 3 849 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 176; Musielak/Foerste Rdn. 23. 207 4 850 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 69; Zöller/Greger Rdn. 11; Musielak/Foerste Rdn. 24. 208 5 851 So aber Hahn Kooperationsmaxime im Zivilprozeß? (1983), S. 90 f.; dagegen zutreffend Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 48; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 69; Zöller/Greger Rdn. 11 mit dem Hinweis, dass ein gegenständliches Objekt häufig gar nicht vorhanden ist. 209 6 852 AA Zöller/Greger Rdn. 11; AK/Wassermann
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Rdn. 9. 210 853 7 So aber Nikisch Der Streitgegenstand im Zivilprozeß (1935), S. 14 ff.; Habscheid S. 132 ff. 211 8 854 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 17. 212 9 855 BAG AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge Bewachungsgewerbe (Gründe zu I 1) = NZA 1996, 266; BAG AP Nr. 40 zu § 253 ZPO = DB 2003, 348 (LS): „restliche Vergütung für 61 Werktage des Jahres 1999“ nicht ausreichend. 213 10856 AG Köln ZMR 1997, 147; Gies NZM 2003, 545. 214 11857 Hierzu Friedrich Probleme der Teilklage (1995), S. 122 ff.
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trag und die Angabe des Grundes des erhobenen Anspruchs sind hierfür nicht ausreichend.215 So muss der Kläger, wenn er im Wege der Teilklage216 einen Teil der Gesamtsumme fordert, die sich aus mehreren Einzelpositionen,217 z.B. Verdienstausfall, Heilungskosten, Sachschaden und Schmerzensgeld zusammensetzt,218 im Einzelnen angeben, wie die geltend gemachte Gesamtsumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche zu verteilen ist, oder zumindest eine Reihenfolge angeben, in welcher die Ansprüche bis zu der von ihm geltend gemachten Gesamtsumme gefordert werden.219 Er kann auch beide Möglichkeiten kombinieren, indem er den mit dem Hauptantrag eingeforderten Betrag ziffernmäßig aufteilt und den restlichen Teil der Ansprüche in einem Hilfsantrag geltend macht.220 Die Individualisierung kann nicht nur im Antrag, sondern auch in der Klagebegründung221 und konkludent erfolgen, z.B. durch die Reihenfolge, in der die Ansprüche in der Klagebegründung vorgetragen werden.222 Eine ursprünglich unterlassene Zuordnung kann dadurch geheilt werden, dass die in einem erstinstanzlichen Urteil erfolgte Zuordnung in der zweiten Instanz hingenommen wird.223 Die ziffernmäßige Aufteilung der Klageforderung auf die einzelnen Ansprüche oder die Erklärung eines Anspruchs zum Hauptanspruch und der übrigen zu in der Reihenfolge 215 858
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So zu Recht Schilken ZPR Rdn. 207; Pawlowski ZZP 78 (1965), 307 ff.; wohl auch Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 48, der darunter den Inhalt des Anspruchs versteht; BGH ZZP 69 (1956), 310, 314; vgl. aber BGHZ 124, 164, 167 f. = NJW 1994, 460, 461 (Klagegrund). In der Literatur wird auf die Problematik zumeist im Rahmen des bestimmten Antrags eingegangen. Jedoch ist der Antrag selbst mit der Bezifferung hinreichend bestimmt. 216 859 2 Dies gilt sinngemäß auch für die Teilfeststellungsklage (OLG Hamburg ZIP 1999, 1628, 1630 f: Teilabtretung), für die auf einen Teilbetrag beschränkte negative Feststellungsklage (BGH NJW 1958, 343), nicht jedoch für die Aufrechnung mit Teilbeträgen aus mehreren selbständigen Ansprüchen (Schneider MDR 1988, 928; aA OLG Schleswig MDR 1976, 50). 217 860 3 Handelt es sich nur um einen prozessualen Anspruch, ist es nicht erforderlich, dass der Kläger die Teilklage als solche bezeichnet (sog. verdeckte Teilklage), BGHZ 34, 337, 340 = NJW 1961, 917, dazu Habscheid FamRZ 1962, 352, 353; Lindacher ZZP 76 (1963), 451, 452. Auch eines förmlichen Vorbehalts einer Nachforderung bedarf es in diesem Fall nicht, BGHZ 135, 178, 181 = NJW 1997, 1990. Vgl. zur verdeckten Teilklage Batsch ZZP 86 (1973), 254, 264 ff.; Kuschmann FS Schiedermair (1976), S. 351, 357 ff.; zum Umfang der Rechtskraft von verdeckten Teilklagen vgl. Assmann FS Schwab (2000), S. 1, 4 ff.; Beinert Der Umfang der Rechtskraft bei Teilklagen (2000); Brötel JuS 2003, 433; zur Verjährungsunterbrechung (jetzt Hemmung) BGHZ 151, 1 ff. = NJW 2002, 2167 f. 218 4 861 Hierbei handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände, RGZ 158, 34, 36 (nicht bloße Rechnungsposten, sondern mehrere Ansprüche); BGHZ 30, 7, 18 = NJW 1959, 1269; Kreft DRiZ 1954, 186 f.
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RGZ 157, 321, 326; BGHZ 11, 192, 194 = NJW 1954, 757; BGHZ 124, 164, 167 f. = NJW 1994, 460, 461; BGH NJW 1984, 2346, 2347; BGH NJW 1990, 2068, 2069 (Schadensersatz, der sich aus acht Einzelpositionen zusammensetzt); BGH NJW 2000, 3718, 3719; BGH JA 2006, 564, 565, Urt. v. 12.1.2006 – III ZR 138/05 (Gründe zu II 1 a); BGH NJW-RR 1997, 441; BGH ZZP 69 (1956), 310, 314; BAGE 8, 333, 337 und AP Nr. 2 zu § 496 ZPO (Wird von den Monatsgehältern eines längeren Zeitraums ein Teilbetrag eingeklagt, so muss die Klagesumme wegen des Erfordernisses der bestimmten Angabe des Klagegegenstandes mit bestimmten Beträgen auf bestimmte Monate aufgeteilt werden.); BAG AP Nr. 5 zu § 529 ZPO mit Anm. Thomas; OLG Düsseldorf NJW 1993, 2691; OLG Saarbrücken NJOZ 2001, 1013, 1015. Dies gilt auch für einen einheitlichen Bürgschaftsanspruch, der sich auf verschiedene prozessual selbständige Hauptforderungen stützt, BGH NJW 1998, 1140. Zur Teilleistungsklage bei objektiver Klagenhäufung vgl. auch Kreft DRiZ 1954, 186 f.; Berg JR 1967, 326 ff. und Friedrich Probleme bei Teilklagen (1995), S. 122 ff., die überzeugende Argumente gegen die Ansicht von Pawlowski (ZZP 78 (1965), 308, 312 ff.; einschr. aber in AcP 195 (1995), 548, 552: Aufgliederung ist nur dann entbehrlich, wenn diese nicht möglich oder nicht zumutbar ist) eine Aufgliederung sei nicht erforderlich, anführen. 220863 6 Arens Jus 1964, 395; Kreft DRiZ 1954, 186, 187. 221864 7 OLG Düsseldorf DB 1966, 658. 222865 8 BGHZ 124, 164, 167 f. = NJW 1994, 460, 461. 223866 9 BGH NJW-RR 1987, 639, 640; BGH NJW-RR 1995, 1119, 1120. Allerdings muss der Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils hinreichend bestimmt sein, BGH NJW-RR 1997, 441.
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bestimmten Hilfsansprüchen kann jedenfalls dann noch in der Revisionsinstanz erfolgen, wenn die Einzelansprüche als solche nach Grund und Betrag eindeutig bestimmt sind.224 Hat dagegen ein Kläger den eingeklagten Teilbetrag eines aus mehreren Ansprüchen bestehenden Gesamtanspruchs trotz Aufforderung durch den Tatrichter nicht aufgegliedert, ist die Klage auch im Revisionsrechtszug als unzulässig abzuweisen.225 Die Rechtskraft einer solchen Klageabweisung steht aber einer erneuten Klage mit einem hinreichend individualisierten Antrag nicht entgegen.226 Liegt keine Teilklage vor und erstrebt der Kläger eine Entscheidung über den gesamten im Streit befindlichen Anspruch, ist eine Aufteilung nicht erforderlich, selbst wenn die einzelnen Posten den eingeforderten Gesamtbetrag übersteigen.227 Dasselbe gilt, wenn der Kläger nur einen einheitlichen Schaden mit unselbständigen Rechnungsposten geltend macht.228 Das Gericht muss jedoch im Urteil deutlich machen, welche Einzelposten es überprüft hat.229 Die Abgrenzung zwischen selbständigen prozessualen Ansprüchen und unselbständigen Rechnungsposten kann allerdings im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Bei einer Teilklage wird nur der eingeklagte Teil rechtshängig, so dass auch nur in dieser Höhe die Verjährung gehemmt wird.230 Liegt zunächst ein nicht aufgegliederter Antrag wegen verschiedener Teilansprüche vor, so wird die Verjährung für jeden Teilanspruch in Höhe der Gesamtsumme gehemmt, nicht aber hinsichtlich des weiteren, die Gesamtsumme übersteigenden Teils der Einzelansprüche.231 Dies gilt selbst dann, wenn die Bezifferung der Einzelforderungen erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im Laufe des Rechtsstreits vorgenommen wird.232 Voraussetzung für die fortdauernde Hemmung der Verjährung ist, dass im Laufe des Rechtsstreits aufgegliedert wird, aus welchen Forderungen oder Teilbeträgen von Forderungen sich die geltend gemachte Klagesumme zusammensetzt.233 Die verjährungshemmende Wirkung einer solchen Teilklage stimmt mit dem Rechtsgedanken des § 204 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 BGB überein. Es kann keinen Unterschied machen, ob eine Klage als unzulässig abgewiesen und innerhalb sechs Monaten eine zulässige Klage erhoben wird oder ob innerhalb des laufenden Verfahrens dem Mangel der Unbestimmtheit abgeholfen wird.234 Allerdings ist der Konstruktion des BGH235 bezüglich der auflösenden Bedingung zu widersprechen. Nach seiner Auffassung tritt die verjährungshemmende Wirkung einer solchen Teilklage nur ein, wenn im Laufe des Prozesses die notwendige Abgrenzung der
1224867 BGHZ 11, 192, 195 = NJW 1954, 757 = LM § 253 Nr. 8 mit Anm. Johannsen; BGH NJW 1955, 1030 f. Von der Zulässigkeit der Klage ist die Zulässigkeit der Berufung streng zu trennen. Deshalb kann die Unzulässigkeit der Berufung nicht daraus hergeleitet werden, dass der Berufungskläger den Teilbetrag, in dessen Höhe er den Rechtsstreit über eine Gesamtforderung weiterbetreibt, nicht auf die einzelnen selbständigen Ansprüche aufgeteilt hat, BGHZ 20, 219, 221 = NJW 1956, 870 f. 225 868 2 BGH NJW 1958, 1590. 226 869 3 BGH NJW 2000, 3718, 3719. 227 4 870 BGH NJW-RR 1995, 1119, 1120. 228 5 871 BGH Urt. v. 12.1.2006 – III ZR 138/05 (Gründe zu II 1 a), dazu Löhnig JA 2006, 564, 565; BGH NJW 2000, 3718, 3719; BGH NJW-RR 2003, 1075 = MDR 2003, 824. 229 6 872 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 109.
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230 873 7 RGZ 93, 158, 159 f.; BGH NJW 2002, 2167 f.; BGH NJW-RR 1988, 692; MünchKommBGB5/ Grothe (2006) § 204 Rdn. 15 f. mwN; Fenge FS Pieper (1998), S. 31, 47. 231 874 8 RGZ 157, 321, 326; BGHZ 11, 192, 195 = NJW 1954, 757; BGH NJW 1959, 1819 f.; BGH NJW 1967, 2210; BGH NJW 1978, 1058; BGH NJW 1988, 1079, 1083; BGH NJW-RR 1996, 885, 886. 232 9 875 BGH NJW 1959, 1819 f.; BGH NJW 1967, 2210 = ZZP 82 (1969), 141 mit krit. Anm. Arens, der überzeugend die Begründung des BGH angreift, dem Ergebnis aber mit einem Hinweis auf § 212 BGB a.F. (ähnlich § 204 Abs. 2 BGB n.F.) zustimmt; ebenso Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 26. 233 10876 BGH NJW-RR 1996, 885. 234 11877 So auch Arens ZZP 82 (1969), 141, 147 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 26. 235 12878 NJW 1984, 2346.
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einzelnen Ansprüche nachgeholt wird. Nur dann falle die Bedingung, unter der die Klageerhebung erfolgt sei, aus und ihre Wirkungen träten voll ein.236 Könne dagegen eine Klarstellung nicht mehr erfolgen, weil der Rechtsstreit rechtskräftig durch ein Urteil abgeschlossen ist, dessen materielle Reichweite nicht festgestellt werden kann, so trete die (auflösende) Bedingung hinsichtlich aller geltend gemachten Ansprüche mit der Folge ein, dass rückwirkend die Rechtshängigkeit insgesamt entfällt und damit auch deren verjährungshemmende Wirkung. Insoweit gelte im Ergebnis dieselbe Rechtslage wie für einen hilfsweise eingeklagten Anspruch, über den sachlich nicht entschieden worden ist, weil das Gericht der Hauptklage stattgegeben hat. Gegen eine solche auflösend bedingte Rechtshängigkeit237 bestehen jedoch Bedenken, da keiner der Einzelansprüche unbedingt gestellt worden ist. Dies ist aber Voraussetzung für eine wirksame Klageerhebung.238 Ansonsten wäre bei fehlender Nachholung der Aufgliederung kein Anspruch rechtshängig, der durch Prozessurteil abgewiesen werden könnte.239 Deshalb ist die Rechtshängigkeit nur derjenigen Einzelansprüche als auflösend bedingt anzusehen, die nach Aufschlüsselung der Klagesumme auf die einzelnen Posten nicht genannt oder nur hilfsweise zur Entscheidung gestellt werden.240 Erfolgt keine Aufgliederung, muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden, so dass dann § 204 Abs. 2 S. 1 BGB direkt Anwendung findet und die verjährungshemmende Wirkung entfällt, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten erneut Klage erhoben wird. Ist bei einer Teilklage nicht erkennbar, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sein soll, und lässt sich dem dennoch ergangenen Sachurteil nicht entnehmen, über welche der Einzelforderungen oder welche Teilbeträge das Gericht entschieden hat, ist das Urteil nicht der materiellen Rechtskraft fähig241 und kann analog § 767 beseitig werden (siehe auch § 767 Rdn. 28 aE).242 Ein Urteil kann jedoch trotz fehlender Individualisierung des Klagegegenstandes materielle Rechtskraft entfalten, wenn das Urteil selbst hinreichend bestimmt ist und deutlich macht, welchen (prozessualen) Anspruch zu welchem Teil es sachlich bescheiden will.243 Wird nur ein Teilbetrag eingeklagt, ist der vom Kläger zu tragende Mitverschuldensanteil nicht von diesem Teilbetrag, sondern vom Gesamtschaden abzuziehen, wenn sich aus dem Klagevorbringen ergibt, dass der Kläger mit der Teilklage einem etwaigen Mitverschuldenseinwand zuvorkommen wollte.244 Auch die Minderung betrifft die Gesamtforderung; hier ist der Minderungsbetrag von dem letztrangigen Teil der Forderung abzurechnen. Entscheidend ist, ob nach der Minderung noch eine Forderung in Höhe der Klageforderung verbleibt.245 Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Geschädigte mit der Teilklage gerade eine Entscheidung über die Verantwortungsquoten erreichen will.246 236 879
1 BGH NJW 1984, 2346, 2347. 237 2 880 BGH NJW 1959, 1819 f.; BGH NJW 1984, 2346, 2347. 238 3 881 Arens ZZP 82 (1969), 143, 144; Berg JR 1967, 326, 327; Baumgärtel JZ 1960, 28. 239 4 882 So zu Recht MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 113. 240 5 883 So auch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 114. Allerdings war wohl auch BGHZ 11, 192, 195 = NJW 1954, 757 so zu verstehen. 241 6 884 BGH MDR 1953, 164; BGH NJW 1990, 2068; BGHZ 124, 164, 166 = NJW 1994, 460; Götz Urteilsmängel und innerprozessuale Bindungswirkung (1956), S. 43, 55; Jauernig Das fehlerhafte
Zivilurteil (1958), S. 190; Blomeyer ZPR § 81 III 2 b. 7242885 BGHZ 124, 164, 170 = NJW 1994, 460, 461. 8243886 BGH NJW 1984, 2346, 2347. 244887 9 RGZ 122, 351, 360; BGH NJW-RR 1998, 948, 949; OLG Bremen ZIP 1999, 1671, 1679; OLG Schleswig VersR 1983, 932; Schneider MDR 1962, 444 f. 245888 10 BGHZ 46, 242, 244 = NJW 1967, 388, 389; BGH NJW 1971, 1800, 1801. 246889 11 Näher MünchKommBGB5/Oetker (2007) § 254 Rdn. 144; Staudinger/Schiemann BGB (2005) Vorbem zu §§ 249 ff Rdn. 87.
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Eine Aufrechnung gegenüber dem eingeklagten Teilbetrag kann der Kläger nur dadurch verhindern, dass er bereits in der Klageschrift die Gegenforderung von seinem Gesamtanspruch absetzt und diesen Teil nicht mehr einklagt.247
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bb) Klagegrund. (1) Klagegrund als Lebenssachverhalt. Als Klagegrund ist die Summe der Tatsachen anzusehen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (vgl. § 130 Nr. 3), also der Lebenssachverhalt, auf den der Kläger seinen behaupteten prozessualen Anspruch stützt,248 nicht das Rechtsverhältnis, woraus der Klageanspruch abgeleitet wird und das sich aus diesen Tatsachen ergibt.249 Die rechtliche Einordnung des vom Kläger vorgetragenen Lebenssachverhalts ist Sache des Gerichts (da mihi factum, dabo tibi ius). Unter dem Klagegrund ist auch nicht das Grundverhältnis als solches zu verstehen, wie z.B. das Eigentum bei der Herausgabeklage gem. § 985 BGB, sondern die konkrete Beziehung zum Klageantrag.250 Allerdings können für den Vortrag des Lebenssachverhalts auch allgemein bekannte juristische Ausdrücke wie z.B. Kauf oder Kaufvertrag verwendet werden, sofern der Sachverhalt durch weitere Tatsachenangaben wie z.B. Ort und Zeit des Vertragsschlusses konkretisiert wird.251 Der Klagegrund wird durch die Klageschrift nicht so stark festgelegt, dass nicht weitere neue Tatsachen nachgebracht werden könnten (§§ 139, 264 Nr. 1, 277 Abs. 4, 296a; siehe aber für die Berufungsinstanz § 529 und für die Revisionsinstanz § 559). Er darf auch bei unklarer Klagebegründung noch in der mündlichen Verhandlung geklärt werden.252 Daraus ergibt sich auch, dass entgegen der vor allem früher vertretenen Substantiierungstheorie253 nicht sämtliche klagebegründenden Tatsachen254 angegeben werden müssen.255 Dabei handelt es sich um eine Frage der Schlüssigkeit der Klage, die im Rahmen der Begründetheit zu überprüfen ist.256 Für eine ordnungsgemäße Klageerhebung ist ein schlüssiger Vortrag nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Sachverhalt so konkret vorgetragen wird, dass er von anderen abzugrenzen ist. Dazu ist nicht, wie es die früher vertretene Individualisierungstheorie forderte, die bestimmte Angabe eines Rechtsverhältnisses in juristischer Formulierung oder zumindest der Merkmale des Rechtsverhältnisses, durch die sich dieses von anderen unterscheiden lässt, erforderlich. Es reicht vielmehr die Angabe der Tatsachen aus, durch die der prozessuale Anspruch soweit konkretisiert wird, dass er sich von anderen unterscheiden lässt, sog. verbesserte Individualisierungstheorie.257 Darüber herrscht heute
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1247890 BGH NJW 1967, 34; BGH NJW 1971, 1800, 1801; ansonsten kann mit der eingeklagten Teilforderung aufgerechnet werden, vgl. dazu ausführlich RGZ 66, 266 ff. 248 891 2 RGZ 126, 245, 248; RGZ 143, 57, 65; BGHZ 22, 254, 255 = NJW 1957, 263; BGHZ 117, 1, 5 f. = NJW 1992, 1172; BGH NJW 1996, 3151, 3152; BGH NJW 1999, 3126, 3127; BGH NJW 2003, 2748, 2749; Habscheid S. 206 ff. 249 3 892 RGZ 126, 245, 248. 250 893 4 Vgl. BGH LM Nr. 1 zu § 985 BGB; vgl. auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 132. 251 5 894 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 82. 252 6 895 BGH VersR 1979, 764. 253 7 896 Vgl. RGZ 99, 172, 176 f.; RGZ 126, 245, 248; RGZ 143, 57, 65; Musielak NJW 2000, 3593, 3595 (siehe aber auch S. 3596). 254 8 897 Dh diejenigen Tatsachen, die rechtlich geeignet
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oder erforderlich sind, um den Schluss auf die Begründetheit des Klageantrags zu rechtfertigen; vgl. auch − allerdings nur auf die Leistungsklage abstellend – die Motive, S. 182 (Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1, S. 255): „diejenigen Thatsachen, welche nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts an sich geeignet sind, den erhobenen Anspruch als in der Person des Klägers entstanden und zugleich als durch den Beklagten verletzt erscheinen zu lassen − die rechtsbegründenden Thatsachen –.“. 255 898 9 BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172, 1173 f.; BGH NJW 2000, 3492, 3493; BGH MDR 1976, 1005; BGH VersR 1979, 764. 256 899 10 BGH VersR 1979, 764. 257 11900 Jauernig ZPR § 37 II 4; Schilken ZPR Rdn. 208; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 20; Vollkommer FS Lüke (1997), S. 865, 883; de Boor Gerichtsschutz und Rechtssystem (1941), S. 43.
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weitgehend Einigkeit, so dass der frühere Theorienstreit als beendet betrachtet werden kann.258 Die zur Festlegung des Streitgegenstands zwingend erforderlichen Tatsachen sind jeweils im Einzelfall zu ermitteln. Soweit sich Feststellungsklagen auf die positive oder negative Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beziehen, ist jedoch die Benennung des Rechtsverhältnisses erforderlich. Eine rechtliche Qualifizierung ist allerdings nicht geboten. Es liegt dabei in der Hand des Klägers, wie eng oder wie weit er den Streitgegenstand zieht. So kann er, wenn es um Ansprüche aus einem Unfall geht, die Feststellung des sich aus dem Unfall ergebenden Rechtsverhältnisses begehren, aber auch nur die Feststellung, dass der Beklagte aus Vertrag oder aus unerlaubter Handlung hafte (vgl. § 256 Rdn. 26, 60).259 Für eine Kündigungsschutzklage ist es ausreichend, dass aus der Klageschrift hervorgeht, gegen wen sie sich richtet, wo der Kläger tätig war260 und dass er seine Kündigung nicht als berechtigt anerkennen will.261 Wenn mehrere Kündigungen ausgesprochen wurden, ist auch darzulegen, welche Kündigung(en) angegriffen werden.262 Die versehentliche Angabe eines falschen Kündigungsdatums ist hierbei unschädlich, wenn sich die Kündigung auf Grund anderer Angaben (in der Klagebegründung) konkretisieren lässt.263 Bei der Erhebung einer Gestaltungsklage sind die die Gestaltungsrechtsfolge tragenden tatsächlichen Umstände darzulegen.264 So ist z.B. bei Erhebung einer aktienrechtlichen Anfechtungsklage die genaue Bezeichnung des angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses erforderlich, aber auch ausreichend. Konkrete Anfechtungsgründe müssen nicht vorgetragen werden.265 (2) Tatsachenbehauptung. Die zur Klagebegründung erforderlichen Tatsachen müssen behauptet und zur Begründung des gestellten Antrags vorgetragen werden.266 Unzulässig ist eine Klage ohne jegliche Tatsachenbehauptung,267 bzw eine Klage, die nicht erkennen lässt, auf welchen Tatsachenkomplex der Kläger den behaupteten Anspruch stützt. Das Gericht darf nicht Tatsachen, die irgendwie in der Verhandlung auftauchen, von Amts wegen an die Stelle derjenigen Tatsachen setzen, die vom Kläger zur Begründung seines Anspruchs vorgetragen wurden.268 Eine Rechtsbehauptung, die die auf Grund der dargelegten Tatsachen begehrte Rechtsfolge als gerechtfertigt erscheinen lassen soll – insbesondere die Angabe einer anspruchsbegründenden Rechtsnorm – ist kein Bestandteil des Klagegrundes.269 Zwar Vgl. auch BGH NJW 2000, 3492, 3493: Es ist „im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist.“; BAG AP Nr. 40 zu § 253 = DB 2003, 348 (LS): „Vorzutragen sind die Tatsachen, die den Streit unverwechselbar festlegen. Der zugrunde liegende Sachverhalt darf nicht beliebig sein.“ 258 1 901 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 77; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 20; Vollkommer FS Lüke (1997), S. 865, 883. 259 902 2 BGHZ 109, 275, 276 = NJW 1990, 834. 260 3 903 Gegen die Erforderlichkeit dieser Angabe Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 241 Fn. 201. 261 4 904 BAG NJW 1982, 1174; BAGE 3, 107, 109 f. = NJW 1956, 1772. 262 5 905 Vgl. BAG NJW 1982, 1174; näher zum Klagean-
trag im Kündigungsschutzverfahren Diller NJW 1998, 663. 6 LAG Hamm MDR 1987, 875; LAG Hamm NZA 1993, 864 (LS). 7264907 Näher hierzu Becker AcP 188 (1988), 25, 50 ff. 8265908 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 80 aE. 266909 9 Vgl. Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 135, 136. 267910 10 Vgl. BAG BB 1981, 1528, 1529 (für einen erstmals in der mündlichen Verhandlung erhobenen Anspruch). 268911 11 RGZ 151, 93, 97 f. 269912 12 Vgl. aber Hahn Anwaltliche Rechtsausführungen im Zivilprozeß S. 266 ff., 298 mwN, wonach Rechtsausführungen zur Individualisierung des prozessualen Anspruchs genügen können. Seiner Ansicht nach gehört es sogar zur zivilrechtlichen 263906
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wird der Klageantrag meist eine solche Rechtsbehauptung enthalten, denn bereits der Vortrag der Tatsachen bringt die Meinung des Klägers zum Ausdruck, dass der Sachvortrag dem Tatbestand eines Gesetzes entspricht, aus dem sich die im Antrag begehrte Rechtsfolge ergibt. Sie ist aber nicht erforderlich.270 Erfüllt ein konkreter Sachverhalt die Tatbestandsvoraussetzungen mehrerer Anspruchsgrundlagen, aus denen sich dieselbe Rechtsfolge, wenn auch im Ergebnis nur einmalig, herleiten lässt (bei sich so überlagernden Fällen spricht man von Gesetzes- oder Anspruchsgrundlagenkonkurrenz), wird jeder dieser Anspruchsgründe selbständig vom Gericht geprüft.271 Trägt der Kläger einen Sachverhalt vor, der seinen Antrag rechtfertigt, so ist nach ihm zu erkennen, selbst wenn seine Rechtsmeinung falsch ist.272 (3) Beschränkung des rechtlichen Prüfungsumfangs. Umstritten ist, ob der Kläger die rechtliche Prüfung durch das Gericht auf bestimmte Rechtssätze begrenzen kann.273 Die h.M.274 verneint dies im Grundsatz und lässt eine Ausnahme nur bei Klagegrundbeschränkungen zu, etwa die Klage aus Besitz, Wechsel, Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis.275 Die Gegenauffassung stützt sich auf den Dispositionsgrundsatz276 und hält die Beschränkung auf die Prüfung nur bestimmter Anspruchsgrundlagen, wie z.B. nur vertraglicher oder nur deliktischer, entweder Vertragspflicht des Anwalts, zur rechtlichen Seite des Streitverhältnisses Stellung zu nehmen (S. 394 ff.). 1270913 Dies lässt sich aus dem Grundsatz iura novit curia (das Gericht kennt die Rechtssätze) herleiten; RGZ 123, 271, 274; RG JW 1928, 1489; BAG DB 1975, 1226. 271 2 914 RGZ 139, 278, 280; RG Warn 1939 Nr. 71; BGHZ 9, 301, 302 f. = NJW 1953, 1180, 1181; BGHZ 17, 214, 217 = NJW 1955, 1314, 1315; BGHZ 32, 194, 203 = NJW 1960, 1201, 1203 f.; BGHZ 46, 140, 141 = NJW 1967, 42; BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172, 1173: „Denn der Klagegrund geht über die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Dies macht der Fall materiellrechtlicher Anspruchskonkurrenz deutlich.“ 272 915 3 RGZ 129, 55, 60; RGZ 143, 57, 65; BGH NJW 1983, 2813; BGH NJW 1993, 2052. Dies ergibt sich aus dem dem römischen Recht entnommenen Grundsatz: da mihi factum, dabo tibi ius (gib mir den Tatbestand, ich werde dir das Recht geben); RGZ 126, 28, 29; RG ZZP 73 (1960), 145, 149; A. Blomeyer FS Lent (1957), S. 43, 61. 273 916 4 Dieses Problem stellt sich bei der Feststellungsklage nicht, weil der Kläger von Anfang an sein Feststellungsbegehren eng fassen kann, vgl. dazu Steif S. 23 ff. Zu selbst abgegrenzten Anträgen im Leistungsprozess mit Verhandlungsmaxime, vgl. Jauernig Verhandlungsmaxime, Inquisitionsmaxime und Streitgegenstand (1967), S. 43 ff. 274 917 5 BAG AP Nr. 2 zu § 308 ZPO = DB 1975, 1226; BAG DB 1991, 549, 550; OLG Köln MDR 1970, 686; OLG Köln 1984, 151; MünchKomm/Musielak § 308 Rdn. 15; Stein/Jonas/Schumann20 Einl Rdn. 297; Thomas/Putzo/Reichold § 308 Rdn. 4 („wohl nicht zulässig“); Zöller/Vollkommer Einl Rdn. 84; Bader Zur Tragweite der Entscheidung über die Art des Anspruchs bei Verur-
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teilungen im Zivilprozeß (1966), S. 70, 110 und passim; Georgiades S. 268 ff.; Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961), S. 273 ff.; Kion S. 119 f.; Rimmelspacher Materiellrechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß (1970), S. 242 ff.; Schwab Der Streitgegenstand im Zivilprozeß (1954), S. 101, allerdings mit der Einschränkung, dass das Gericht einem zusprechenden Urteil diejenige Anspruchsgrundlage zugrunde zulegen hat, die die dem Kläger günstigsten Wirkungen zeige; Schneider MDR 1975, 801, 803; aA Schlosser Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß (1968), S. 33 ff., 96 f., der einverständliche Dispositionen der Parteien über das anzuwendende Recht für zulässig hält; ähnlich Grunsky Grundlagen des Verfahrensrechts2 (1974), § 3 II 3 entgegen BGH LM Nr. 29 zu § 125 BGB = MDR 1969, 468, dagegen auch Häsemeyer ZZP 85 (1972), 207 ff. 275 918 6 Vgl. dazu Stein/Jonas/Schumann20 Einl Rdn. 296; Melissinos S. 87 ff., der zwischen der zulässigen Beschränkung des Klagegrundes und der Beschränkung der Schutznorm unterscheidet. Letzteres hält er nur ausnahmsweise für zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat. Ein solches liege vor, wenn die vom Kläger ausgewählte Schutznorm sich von anderen einschlägigen Schutznormen in ihren Nebenfolgen unterscheidet (S. 95 f.). 276 7 919 Dagegen Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961), S. 273 f, nach dessen Ansicht die Parteien nicht über den Begriff des Streitgegenstands disponieren könnten, sondern nur über den Gegenstand, der im konkreten Prozess diesen Begriff ausfülle. Vgl. auch zu dem Verhältnis von Beschränkungsbefugnis und Streitgegenstand Steif S. 32 ff., 76 f.
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generell277 oder zumindest dann für zulässig, wenn der Kläger ein rechtlich geschütztes Interesse an der Beschränkung nachweist278. Allerdings soll damit keine Beschränkung des Streitgegenstands einhergehen.279 Weder der Umfang der Rechtshängigkeit noch derjenige der materiellen Rechtskraft sollen dadurch berührt werden. Damit sei dem öffentlichen Interesse und dem Schutz des Beklagten Genüge getan. Dagegen wird eingewendet, die Erstreckung der Rechtskraft auf eine Anspruchsgrundlage, die vom Kläger ausdrücklich aus dem Streitgegenstand ausgenommen worden ist, stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz dar, dass das Gericht nur über das urteilen darf, worüber streitig verhandelt worden ist.280 Das Gericht entscheidet aber über den Streitgegenstand, der sich nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff aus dem Antrag und dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt ergibt. Hat das Gericht eine Anspruchsgrundlage übersehen, so steht einer erneuten Klage die Rechtskraft entgegen.281 Dasselbe muss gelten, wenn der Kläger die Rechtsprüfung beschränkt. Er ist mit einer späteren Erweiterung der rechtlichen Beurteilung präkludiert.282 Zum Teil wird in der Beschränkung auch eine materiellrechtliche Verzichtserklärung des Klägers gesehen.283 Bei dieser Problematik muss klar unterschieden werden zwischen der Beschränkung des Streitgegenstands und derjenigen der Erkenntnistätigkeit des Gerichts.284 Während ersteres nicht möglich ist, weil der Streitgegenstand und die damit zusammenhängende Rechtskraft der Parteidisposition entzogen sind,285 bestehen bei einer Beschränkung der Erkenntnistätigkeit des Gerichts keine Bedenken. Letztendlich beschneidet sich der Kläger in der Regel selbst seiner Rechte, wenn er bestimmte Anspruchsgrundlagen aus der Prüfung herausnimmt. Aus diesem Grund ist von einer solchen Beschränkung nur dann auszugehen, wenn der Kläger dies deutlich zum Ausdruck bringt.286 Naheliegend ist eine gewollte Beschränkung vor allem, wenn hierfür ein nachvollziehbares rechtliches Interesse besteht, wie z.B. im Fall des § 393 BGB oder wegen § 850f Abs. 2. Den Kläger in solchen Fällen auf eine neben oder nach der Leistungsklage zu erhebende Feststellungsklage zu verweisen287 oder die rechtliche 277 920
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Lüke JuS 1961, 41, 46; Lüke NJW 1961, 1390, 1391; A. Blomeyer FS Lent (1957), S. 43, 62 f.; Lent ZZP 65 (1952), 315, 336; Lent ZZP 72 (1959), 63, 76 f.; Würthwein S. 153 f.; Walchshöfer AP Nr. 30 zu § 615 BGB; ebenso noch das RG, RGZ 86, 377, 378; RGZ 123, 271, 273 f., jedoch beruhend auf einem überholten Streitgegenstandsbegriff; vgl. auch Hahn Anwaltliche Rechtsausführungen im Zivilprozeß (1998), S. 285 ff. 2278921 So BGH WM 1974, 1185, 1189; vgl. auch BGHZ 109, 275, 276 f. = NJW 1990, 834; BGH NJW 2003, 515, 516; Zöller/Vollkommer Einl Rdn. 84 (ausnahmsweise zulässig); Habscheid Streitgegenstand, S. 173 ff.; Smid ZZP 102 (1989), 22, 39 ff. 279 3 922 Dass dies auch nicht möglich wäre, weist Steif (insb. S. 68 ff.) in seiner Dissertation über die Ausschaltungsbefugnis überzeugend nach; aA Habscheid Steitgegenstand, S. 173 ff. 280 4 923 Georgiades S. 270 Fn. 137. 281 5 924 Vgl. A. Blomeyer FS Lent (1957), S. 43, 63 f. 282 6 925 A. Blomeyer aaO. 283 7 926 Vgl. Jonas DR 1941, 1697, 1702; dagegen Habscheid S. 169 f.; Bedenken auch bei Georgiades
S. 270 Fn. 137, weil es sich um einen bedingten Verzicht handeln würde. 8284927 Vgl. dazu Steif S. 95; Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961), S. 275; Lüke JuS 1961, 41, 46. 285928 9 Siehe OLG Hamm NJW-RR 1999, 1589 f., das eine willkürliche Begrenzung des Streitgegenstands der Partei durch Gestaltung ihres Vorbringens für unzulässig hält. Der Streitgegenstand bestimme sich durch den prozessualen Antrag und dem ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts vorgetragen worden sind oder nicht. Melissinos S. 80 f. geht von der Dispositionsbefugnis des Klägers bezüglich der Klagegründe aus. Dies steht aber dazu nicht im Widerspruch. Der Kläger kann von Anfang an den Streitgegenstand dadurch begrenzen, dass er nur einen von mehreren, den Antrag stützenden Klagegründen vorbringt. Stützt er seinen Antrag aber auf einen umfassenden Sachverhalt (mehrere Klagegründe), dann wird dieser Gegenstand des Rechtsstreits. 286929 10 Vgl. BGH ZIP 1987, 1170, 1174. 287930 11 Vgl. BGHZ 109, 275, 276 f. = NJW 1990, 834; BGH NJW 2003, 515, 516.
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Einordnung ggf dem Vollstreckungsgericht zu überlassen,288 wäre unzumutbar und aus prozessökonomischen Gesichtspunkten wenig sinnvoll.289 Weil sich bei Anspruchs(grundlagen)konkurrenzen290 die gesetzlichen Tatbestände praktisch unterscheiden291 und es Angelegenheit des Klägers ist, die zu jedem Tatbestand erforderlichen Tatsachen vorzutragen, kann er bereits mit seinem Tatsachenvortrag den Anspruchsgrund bestimmen.292 Dies hat zur Folge, dass es nur zur Entscheidung über einen der mehreren Klagegründe kommen kann, denn das Gericht darf grundsätzlich nicht Tatsachen berücksichtigen, die nicht vorgetragen wurden.293 Außerdem kann der Kläger, soweit die verschiedenen Rechtssätze unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben, durch seinen Antrag auch den Klagegrund bestimmen und beschränken,294 etwa durch das alleinige Verlangen von Schmerzensgeld295. Wählt der Kläger einen umfassenden Klagegrund, so ist, wenn ihm auch nur ein Teil des Verlangten zuzusprechen ist, der Anspruch nach der weniger weitgehenden Anspruchsgrundlage zuzuerkennen, auch wenn er sich auf den weiteren stützt. Ist also die Klage aus einem Unfall auf Verschulden gestützt, so kann ihr aus anderen Haftungsgründen stattgegeben werden, wenn kein Verschulden festgestellt werden kann.296 Dies gilt nicht, wenn das Zuerkannte ein aliud zu dem Verlangten darstellen würde. So darf demjenigen, der seinen Anspruch auf Abtretung stützt, nicht etwas aus seinem unmittelbaren eigenen Recht zugesprochen werden.297 Eine Beschränkung der Entscheidungsbefugnis des Gerichts durch die Wahl eines bestimmten Rechtswegs oder eines besonderen Gerichtsstands, wie z.B. des besonderen Gerichtsstands der unerlaubten Handlung gem. § 32, ist wegen § 17 Abs. 2 S. 1 GVG und der Anerkennung einer umfassenden Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis im Rahmen der besonderen Gerichtsstände298 nicht (mehr) möglich. cc) Der bestimmte Antrag. (1) Allgemeines. § 253 Abs. 2 Nr. 2 verlangt zwingend neben der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs einen bestimmten Antrag, dh eine Sachbitte des Klägers an das Gericht, mit der der Kläger die von ihm gewünschte Entscheidung genau bezeichnet. Der An-
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So Bader Zur Tragweite der Entscheidung über die Art des Anspruchs bei Verurteilungen im Zivilprozeß (1966), S. 125. 2289932 Näher Smid ZZP 102 (1989), 22, 39 ff. mwN; ebenso Zöller/Vollkommer Einl Rdn. 84; Lent ZZP 72 (1959), 63, 77. 290 3 933 Dies gilt nicht für die Gesetzeskonkurrenz, vgl. dazu Steif S. 98. 291 4 934 Melissinos S. 86 weist allerdings zu Recht darauf hin, dass eine Zerteilung des Sachverhalts in getrennte Klagegründe nicht immer möglich ist, weil die Tatsachen des einen Klagegrundes oft auch einen Teil des anderen Klagegrundes mitenthalten. 292 5 935 Vgl. auch Schwab ZZP 71 (1958), 155, 157. Bei Anspruchskonkurrenz spricht auch Georgiades S. 271 dem Kläger die Dispositionsfreiheit zu, den Streitgegenstand auf einen von mehreren materiellen Ansprüchen zu begrenzen, wie z.B. den Herausgabeanspruch lediglich auf den Anspruch aus Eigentum gem. § 985 BGB und nicht aus Mietvertrag gem. § 546 Abs. 1 BGB, der ebenfalls in Betracht käme. Dann sei es aber unerheblich,
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ob der Kläger die Tatsachen in seiner Klagebegründung vorgetragen habe, die auch den Anspruch aus Mietvertrag stützen, oder nicht. Im Fall der Anspruchsnormenkonkurrenz lehnt er dagegen die Dispositionsfreiheit ab. Vgl. dazu auch Steif S. 78 ff., der darauf hinweist, dass auch in diesen Fällen keine Beschränkung des Streitgegenstands und der Rechtskraft herbeigeführt werden kann, weil der Kläger, wenn es sich um denselben Lebensvorgang handelt, in einem späteren Prozess präkludiert wäre. 293 936 6 RG JW 1901, 838; RG HRR 1935 Nr. 817; vgl. dazu Melissinos S. 72, 77, 80 f. 294 7 937 Vgl. RGZ 150, 374, 383 f.; RG Warn 1940 Nr. 115. 295 8 938 Vgl. dazu Hahn Anwaltliche Rechtsausführungen im Zivilprozeß (1998), S. 285 ff. 296 9 939 RGZ 86, 377, 379 f. 297 940 10 RGZ 157, 321, 323. 298 11941 BGHZ 153, 173, 176 ff. = NJW 2003, 828, 829 f. mit umfangreichen Nachweisen; eingehend hierzu auch Roth FS Schumann (2001), S. 355 ff.
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trag ist nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff neben dem Klagegrund das zweite Element zur Bestimmung des Streitgegenstands, nach dem eingliedrigen Streitgegenstandsbegriff sogar das wesentliche Element (vgl. zum Streitgegenstand Einl. Rdn. 59 ff.). Seine Angabe ist also zur Festlegung des Streitgegenstands, für den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1)299 sowie den Inhalt und Umfang der Rechtskraft erforderlich (§ 322).300 Bedeutung erlangt der Klageantrag darüber hinaus auch bei der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit, der Beschwer und der Kostenpflicht.301 Der Klageantrag muss so gefasst sein, dass er eine Zwangsvollstreckung aus einem darauf ergehenden inhaltsgleichen Urteil ermöglicht, ohne dass eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren zu erwarten ist.302 § 308 Abs. 1 gestattet dem Gericht nicht, aus dem bloß vorgetragenen Sachverhalt eine Rechtsfolge zuzusprechen, die nicht beantragt ist. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, den gewünschten Urteilstenor in der Hauptsache wörtlich in dem Antrag wiederzugeben.303 Nicht erforderlich ist ein Antrag hinsichtlich der Prozesskosten und der vorläufigen Vollstreckbarkeit, da hierüber von Amts wegen entschieden wird (vgl. §§ 308 Abs. 2, 708 ff.). Ein Klageantrag ist grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch so konkret bezeichnet, dass Art (Leistung, Feststellung, Gestaltung) sowie Umfang des begehrten Rechtsschutzes und damit auch Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennbar sind, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt werden kann und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne Weiteres möglich ist.304 Der Klageantrag muss den Beklagten darüber unterrichten, welches Risiko für ihn besteht und wogegen er sich zu verteidigen hat.305 Welche Anforderungen im Einzelnen an die Konkretisierung zu stellen sind, hängt auch von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalls ab. Hierbei sind das Interesse des Beklagten an einer umfassenden Verteidigungsmöglichkeit sowie an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen und das Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz gegeneinander abzuwägen.306 Alternativanträge sind grundsätzlich zu unbestimmt,307 wenn sie nicht in ein Eventualverhältnis − Haupt- und Hilfsantrag − gestellt werden (vgl. dazu § 260 Rdn. 17).308 Das Rangverhältnis kann auch noch in der Revisionsinstanz festgelegt werden.309
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Zur Bindung des Gerichts an die Anträge der Parteien vgl. Musielak FS Schwab (1990), S. 349 ff. 2300943 BGH NJW 1991, 1114 f.; BGH NJW 1999, 954; BGH NJW 2003, 668, 669; BGH NJW-RR 1993, 936, 937; KG GRUR-RR 2002, 198, 199. 301 944 3 Vgl. Bernhardt JR 1968, 212, 213, der diese Aspekte jedoch zu weit in den Vordergrund rückt, siehe auch § 253 Abs. 3 (dazu unten Rdn. 139). 302 945 4 Vgl. BGH NJW 1981, 749; BGH NJW 1983, 1056; BGH NJW 1999, 954; BGH NJW 2003, 668, 669; BGH ZZP 73 (1960), 271, 272 f. 303 5 946 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 90; Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 48.
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BGH NJW 1991, 1114, 1115; BGH NJW 1999, 954; BGH 2003, 668, 669; OLGR Koblenz 2001, 388 f.; OLGR Frankfurt 2002, 290, 292; zum arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vgl. BAG NZA-RR 2006, 23, 26; BAG NZA 2004, 670, 674. 305948 7 RGZ 110, 1, 15; BGH NJW 1978, 1584; BGH NJW 1983, 1056; BGH LM Nr. 34 zu § 253 ZPO = MDR 1963, 27. 306949 8 BGH NJW 2003, 668, 669. 307950 9 BGH NJW-RR 1990, 122; aA Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG26 (2008) § 8 Rdn. 1.86. 308951 10 BGH NJW-RR 1990, 122. 309952 11 BGH NJW-RR 1990, 122.
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Der Klageantrag ist der Auslegung zugänglich (vgl. Rdn. 147).310 (2) Leistungsantrag. Bei einer Leistungsklage muss mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung und die Zwangsvollstreckung genau bezeichnet werden,311 welche Leistung der Beklagte erbringen soll. Der Klageantrag muss einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben.312 Nur eine genaue Bezeichnung der von ihm erwarteten Leistung eröffnet dem Beklagten die Möglichkeit zu prüfen, ob er den Anspruch anerkennen oder sich gegen ihn zur Wehr setzen will.313 Bei einer Klage auf Abgabe einer Willenserklärung ist der Antrag im Hinblick auf die Vollstreckung gem. § 894 so bestimmt zu fassen, wie dies von einer rechtsgeschäftlichen Erklärung des Schuldners zu fordern ist. So genügt nicht der Antrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, mit ihm alle Rechtsgeschäfte abzuschließen, die zur Übertragung ihres Geschäfts auf ihn erforderlich seien.314 Im Mietrecht findet sich eine gesetzliche Ausnahme vom Antragserfordernis in § 308a. Danach entscheidet das Gericht bei Unbegründetheit eines Räumungsanspruchs über die Dauer und die Veränderungen der Vertragsbedingungen auch ohne Antrag von Amts wegen. Bei der Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung (§ 558 BGB) muss der Klageantrag so genau gefasst sein, dass zum Wirksamwerden der Vertragsänderung nur noch die Zustimmung des Mieters erforderlich ist.315 Dasselbe gilt für die Klage auf Anpassung eines Pachtzinses.316 Muss der Kläger hieran mitwirken, so ist eine Klage auf „Mitwirkung“ zu unbestimmt. Möglich ist aber z.B. ein Antrag, den Beklagten zu verurteilen, „zusammen mit dem Kläger bei der Industrie- und Handelskammer einen Antrag auf Bestellung eines Sachverständigen zur Ermittlung des Pachtzinses zu stellen“.317 Der Klageantrag auf Abschluss des nach einem Vorvertrag geschuldeten Hauptvertrags muss grundsätzlich den gesamten Vertragsinhalt umfassen.318 Ist der Vorvertrag vollständig ausformuliert, ist der Klageantrag auf die Annahme eines Angebots des Klägers zu richten, andernfalls kann auf Abgabe eines ausformulierten Vertragsangebots durch den Verpflichteten geklagt werden.319 Bei einer Klage auf Widerruf muss im Klageantrag der Widerrufsempfänger genannt werden.320 Der Antrag einer Erbteilungsklage (§ 2042 BGB) ist auf Zustimmung des Beklagten zu dem von dem Kläger vorzulegenden Teilungsplan zu richten.321 Dasselbe gilt für die Auseinandersetzung einer Gütergemeinschaft. Hierbei dürfen an den mit einer Auseinandersetzungsklage verfolgten Teilungsplan, der den dinglichen Vollzug der Verpflichtungen erst vorbereitet, keine höheren Bestimmtheitsanforderungen gestellt werden als an eine entsprechende einvernehmliche Regelung der Teilhaber iSv § 1474 BGB.322 Ebenso ist ein 1310953 RGZ 110, 1, 15; BGH NJW 1996, 1962, 1963; BGH NJW-RR 1998, 1005, 1006; vgl. allerdings BGH GRUR 2002, 86, 88 zu einem Unterlassungsantrag: „Dementsprechend sind Klageanträge, die auslegungsbedürftige Formulierungen enthalten ... in der Regel unbestimmt und damit unzulässig.“ 311 2 954 Deshalb kann ein Antrag gewisse Umstände offen lassen, wenn diese bis zum Beginn der Zwangsvollstreckung ohne Ermittlung des Vollstreckungsorgans festgestellt werden können, so zutreffend Gottwald/Pfeifer JZ 1999, 850 ff. 312 955 3 BGH NJW 1978, 1584; BGH NJW 1981, 749; BGH NJW 1983, 1056; BGH NJW 1999, 954 und 3638; BGH NJW 2000, 1792, 1794; BGH NJW 2003, 668, 669; BGH ZZP 73 (1960), 271, 272 f. 313 4 956 BGH NJW 1983, 1056.
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314 957 5 BGH NJW 1959, 1371; BGH NJW-RR 1994, 317, 318. 315 6 958 Formulierungsvorschlag bei Gies NZM 2003, 545, 546. 316 7 959 Vgl. BGH JZ 1973, 61, 62 = ZZP 86 (1973), 322 ff. mit Anm. Röhl (vertragliche Wertsicherungsklausel); aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 40; näher Rdn. 106. 317 8 960 BGH JZ 1973, 61, 62 = ZZP 86 (1973), 322, 324. 318 9 961 BGH NJW-RR 1994, 317, 318. 319 10962 BGH NJW 2001, 1272, 1273; BGH NJW 1984, 479, 480. 320 11963 BGH GRUR 1966, 272, 273 f. 321 964 12 OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 1049 (LS); KG NJW 1961, 733. 322 13965 BGH NJW 1990, 445, 447; BGH NJW-RR 1988, 1156 = MDR 1988, 847; vgl. auch OLG Nürnberg NJWE-FER 1998, 236.
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Antrag auf Durchführung der Auseinandersetzung einer BGB-Gesellschaft zu unbestimmt.323 Der Antrag auf Auflassung eines Grundstücks muss wegen § 28 GBO grundsätzlich das Grundstück nach seiner Grundbuchstelle bezeichnen.324 Bei Veräußerung einer Grundstücksteilfläche vor vollzogener Teilung im Grundbuch ist die Bezeichnung nach einem Veränderungsnachweis (§ 2 Abs. 3 GBO) ausreichend.325 Ein Antrag mit dem Ziel, den Anfechtungsgegner (bei Anfechtung gem. §§ 129 ff. InsO) allgemein zum Verzicht auf Rechte aus einem erwirkten Titel zu verurteilen, ist inhaltlich nicht bestimmt genug.326 Der Antrag auf Wiedereinstellung kann als Antrag auf Annahme eines in der Klage enthaltenen Angebots des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrags verstanden werden.327 Bei einer Störung der Geschäftsgrundlage musste nach bisheriger Rechtsprechung unmittelbar auf die geschuldete Leistung geklagt werden, einer lediglich auf Zustimmung zu einer entsprechenden Vertragsänderung gerichteten Klage fehlte nach der Ansicht des BGH das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Vor § 253 Rdn. 94).328 Mit der Neuregelung des § 313 Abs. 1 BGB wurde explizit ein Anspruch auf Vertragsanpassung geregelt, so dass die Parteien zunächst selbst über die Vertragsänderung verhandeln sollten.329 Der Kläger kann jedoch nach wie vor unmittelbar auf die angepasste Leistung klagen.330 Daneben ist auch eine isolierte Klage auf Vertragsanpassung möglich, die zumindest dann nicht am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis scheitert, wenn die Anpassung des Vertrags neben der Leistungspflicht noch weitere Vertragsbestandteile wie z.B. Nebenleistungspflichten betrifft331 (vgl. Vor § 253 Rdn. 94). Sowohl bei der Geltendmachung dieses Anspruchs auf Zustimmung zur Vertragsänderung332 als auch bei der unmittelbar auf die angepasste Leistung gerichteten Klage ist fraglich, welche Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags zu stellen sind. Da häufig eine Vielfalt von Anpassungsmöglichkeiten denkbar ist, kann dem Kläger im Hinblick auf 323 966
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BGH NJW 1981, 749 (Der Antrag, die Bekl. zu verurteilen, „an der Durchführung der Auseinandersetzung und Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz ... mitzuwirken“, ist nicht bestimmt genug); OLG Hamm MDR 1983, 849 f. 324 967 2 Vgl. BGHZ 90, 323, 325 = NJW 1984, 1959, 1960. 325 968 3 BGH NJW 1988, 415, 416; BGHZ 90, 323, 326 = NJW 1984, 1959, 1960. 326 4 969 BGH NJW 1992, 624, 626. 327 5 970 BAG NJW 2001, 1297. 328 6 971 BGHZ 91, 32, 37 = NJW 1985, 126. 329 7 972 BT-Drucks. 14/6040 S. 176; es besteht aber keine Nachverhandlungspflicht: MünchKommBGB5/ Roth (2007) § 313 Rdn. 93 (Nachverhandeln keine Anspruchsvoraussetzung); Palandt/Grüneberg BGB67 (2008) § 313 Rdn. 41; vgl. Bamberger/Roth/Unberath (Aktualisierung 1.2.2007) § 313 BGB Rdn. 85; Henssler/v. Westphalen/ Muthers Praxis der Schuldrechtsreform2 (2003) § 313 Rdn. 26 (weder Obliegenheit noch echte Pflicht); AnwK-BGB/Krebs (2005) § 313 Rdn. 81; Schwab/Witt/Mattheus Einführung in das neue Schuldrecht (2002), S. 122; DaunerLieb/Dötsch NJW 2003, 921, 925; Teichmann BB 2001, 1485, 1491; aA Larenz/Wolf Allgemeiner Teil9 (2004) § 38 Rdn. 45; Eidenmüller Jura 2001, 824, 831; v. Hase NJW 2002, 2278, 2279; Riesenhuber BB 2004, 2697, 2699 (Pflicht gem. § 241
Abs. 2 BGB); Heinrichs FS Heldrich (2005), 183, 196. 8330973 BT-Drucks. 14/6040 S. 176; vgl. Palandt/Grüneberg BGB67 (2008) § 313 Rdn. 41 (der Kläger muss sich vor Klageerhebung erfolglos um vertragliche Anpassung bemüht haben); Wieser JZ 2004, 654, 655; Riesenhuber BB 2004, 2697, 2698; Bedenken haben Dauner-Lieb/Dötsch NJW 2003, 921, 924 ff.; Schmidt-Kessel/Baldus NJW 2002, 2076, 2077. 331974 9 Vgl. MünchKommBGB5/Roth (2007) § 313 Rdn. 90; Dauner-Lieb/Dötsch NJW 2003, 921, 926 mit Fn. 67; Schmidt-Kessel/Baldus NJW 2002, 2076, 2077; M. Schultz, in: Westermann (Hrsg.) Das Schuldrecht (2002), S. 101; differenzierend wohl Bamberger/Roth/Unberath (Aktualisierung 1.2.2007) § 313 BGB Rdn. 94 (grds. sofort Klage auf die angepasste Leistung, bei komplexen Verträgen Möglichkeit der Stufenklage analog § 254); noch enger AnwK-BGB/ Krebs (2005) § 313 Rdn. 81 (veränderte Leistungspflichten, Formalakt der Gegenseite erforderlich, Satzungsänderung); aA Jauernig/Stadler BGB12 (2007) § 313 Rdn. 30; Ehmann/Sutschet Modernisiertes Schuldrecht (2002) § 6 IV 3 b aa (kein rechtlich durchsetzbarer Anspruch). 332975 10 Hierbei handelt es sich um einen Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung, dessen Vollstreckung sich nach § 894 richtet.
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§ 308 Abs. 1 und wegen des Kostenrisikos eine wörtliche Ausformulierung der Vertragsänderung unter Umständen − trotz § 139 – unzumutbar sein.333 In diesen Fällen erscheint es angebracht, in Anlehnung an die Grundsätze über die Zulässigkeit unbezifferter Schadensersatzklagen (dazu unten Rdn. 98 ff.), vom Kläger lediglich eine allgemein gehaltene Formulierung derart zu verlangen, dass er die Zustimmung zu einer gemäß § 313 Abs. 1 BGB angemessenen Anpassung des Vertrags fordert und darüber hinaus die für die Vertragsanpassung erforderlichen tatsächlichen Grundlagen vorträgt sowie einen groben Rahmen für die erwartete Anpassung angibt.334 Entscheidend sollte aber die Zumutbarkeit der Konkretisierung im Einzelfall sein. Umso weniger verschiedene Anpassungsmöglichkeiten in Betracht kommen, umso eher ist dem Kläger eine Konkretisierung zumutbar (vgl. auch § 254 Rdn. 26 f.). Besteht Streit über den Inhalt der abzugebenden Willenserklärung, empfiehlt sich die Formulierung eines abweichenden Antrags als Hilfsantrag, wenn es sich nicht nur um eine quantitative Änderung handelt, da ansonsten das Gericht wegen § 308 Abs. 1 an einer abweichenden Entscheidung gehindert wäre.335 Bei Verurteilung zu einer Handlung muss die begehrte Handlung im Antrag so genau bezeichnet sein, dass eine Vollstreckung gem. §§ 887 f. möglich ist.336 Allerdings kann es auch genügen, den erstrebten Erfolg337 anzugeben, wenn dem Beklagten nach materiellem Recht ein Spielraum verbleiben muss, mit welcher konkreten Maßnahme er den Erfolg herbeiführt.338 So ist ein Antrag zur Verurteilung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen tabakfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, bestimmt,339 ebenso der Antrag auf Planung eines Zeitausgleichs, damit ein bestimmtes Gleitzeitguthaben nicht überschritten wird.340 Erstrebt der Kläger die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, kommt es für den Antrag darauf an, ob der Arbeitgeber bereits ein Zeugnis erteilt hat oder nicht. Bei einem Streit über den Inhalt und die sachliche Richtigkeit eines erteilten Zeugnisses, müssen die Streitpunkte in dem Antrag deutlich gemacht und insoweit Berichtigung oder Ergänzung des vorhandenen Zeugnisses verlangt werden. Wird praktisch der gesamte Inhalt des Zeugnisses beanstandet, so hat der Arbeitnehmer das von ihm gewünschte Zeugnis voll in den Kla333 976
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Schmidt-Kessel/Baldus NJW 2002, 2076; Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt/Heß Das neue Schuldrecht in der Praxis (2003), S. 665, 672 hält dieses Risiko wegen der vorher geführten Anpassungsverhandlungen und der Möglichkeit der analogen Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 2 für nicht so dramatisch. 334 977 2 So Dauner-Lieb/Dötsch NJW 2003, 921, 923; Eidenmüller Jura 2001, 824, 830; Schmidt-Kessel/ Baldus NJW 2002, 2076 f.; vgl. auch BGH NJW 1999, 353, 354 (zur Rückgewährforderung der Schwiegereltern bei Scheitern der Ehe entsprechend der Rückabwicklung ehebezogener Zuwendungen); aA MünchKommBGB5/Roth (2007) § 313 Rdn. 94 mit Hinweis auf § 139; Zöller/Greger Rdn. 13c; AnwK-BGB/Krebs (2005) § 313 Rdn. 90; Wieser JZ 2004, 654. 335 978 3 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 150; Michel/v.d. Seipen Der Schriftsatz des Anwalts im Zivilprozess6 (2004), S. 103 f. 336 4 979 BAG MDR 1992, 1063 (Klage auf „Einwirkung“ zur Durchführung eines Tarifvertrags ist bestimmt, Aufgabe der bisherigen Rspr., BAGE 57,
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268, 274, vgl. auch Buchner DB 1992, 572, 573 f.); BAG NJW 1996, 3028 (Durchsetzung eines Rauchverbots); OLG München WM 1985, 368, 369 (Anweisung an die Geschäftsführer, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen). 337 980 5 Dieser muss jedoch konkret angegeben werden, vgl. BGH NJW 1978, 1584 (Die Klage, mit der die Herstellung einer genügenden anderweitigen Befestigung verlangt wird, weil ein Grundstückseigentümer sein Grundstück so abgeschachtet hat, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, muss die Angabe der vor der Abschachtung vorhanden gewesenen Festigkeit des beeinträchtigten Grundstücks enthalten). 338 981 6 Vgl. BGH NJW 1996, 2725, 2726 (Bodensanierung); OLG Düsseldorf MDR 2002, 1394 f.; zur Klage des Mieters gegen den Vermieter bei Verteidigung gegen Lärmentwicklung vgl. Gies NZM 2003, 545, 546 aE. 339 7 982 BAG NJW 1999, 162 f. 340 8 983 BAG NZA 2004, 670, 674 f. = AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972 Durchführung.
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geantrag aufzunehmen.341 Ein Antrag, das Arbeitsverhältnis „ordnungsgemäß abzurechnen“, ist zu unbestimmt.342 Ein im öffentlichen Dienst stehender Angestellter, der die Entfernung von Schriftstücken aus seiner Personalakte begehrt, muss die betreffenden Schriftstücke im Klageantrag genau bezeichnen.343 Der Antrag auf Wiedereinstellung kann dagegen als Antrag auf Annahme eines in der Klage enthaltenen Angebots des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrags verstanden werden.344 Der Antrag, das Haus mit einem funktionsfähigen Fahrstuhl zu versehen345 und der Antrag auf Herausgabe eines Grundstücks „befreit von sämtlichen oberirdischen Aufbauten und unterirdischen Anlagen“ genügen den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2346. Ein Antrag auf angemessene Beheizung einer Wohnung muss die als angemessen angesehenen Temperaturen sowie die jeweilige Tageszeit enthalten.347 Auch die Klage auf Vorlage einer Betriebskostenabrechnung nach Maßgabe des Mietvertrags ist zulässig.348 Verlangt der Kläger Beseitigung einer Störung oder eines Mangels, so braucht er nur diese und den angestrebten Erfolg zu bezeichnen, nicht aber die Beseitigungsmethode.349 Der Antrag einer Klage auf Befreiung von einer Geldschuld ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn die Geldschuld nach Grund und Höhe eindeutig bezeichnet ist.350 Dies hat zur Folge, dass bei einer noch unbestimmten oder nicht fälligen Hauptschuld lediglich eine Feststellungsklage erhoben werden kann.351 Wegen des Erfordernisses eines hinreichend bestimmten Klageantrags ist die gerichtliche Durchsetzung eines kartellrechtlichen Gleichbehandlungsanspruchs gemäß § 20 Abs. 1 GWB im Wege der Leistungsklage (statt wie sonst üblich mit der Feststellungsklage) ausnahmsweise zulässig, „wenn der Kläger unter Verzicht auf jede Verallgemeinerung seinen Anspruch auf einen konkreten Sonderfall beschränkt oder wenn überhaupt nur eine konkrete Leistung des diskriminierenden Unternehmens in Betracht kommt.“352 Wer ein dingliches oder absolutes Recht an einem Gegenstand geltend macht, muss diesen genau beschreiben. Bei Herausgabeansprüchen muss der herauszugebende Gegenstand konkret bezeichnet werden.353 Dasselbe gilt aber auch für schuldrechtli341 984
1 LAG Düsseldorf BB 1973, 1853. 342 2 985 BAG NJW 2001, 3212. 343 3 986 BAG NJW 1972, 2016. 344 4 987 BAG NJW 2001, 1297. 345 5 988 LG Hamburg MDR 1976, 847 f. 346 6 989 OLG Düsseldorf MDR 2002, 1394 f. 347 7 990 Bub/Treier/Fischer Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete3 (1999), VIII Rdn. 26; Gies NZM 2003, 545, 546. 348 8 991 LG Kassel WuM 1991, 358. 349 992 9 OLG München NJW-RR 1988, 22. 350 10993 BGH NJW 1980, 1450 (bei fehlender Angabe ist eventuell Umdeutung in Feststellungsantrag möglich, so schon RGZ 122, 285, 290); BGHZ 79, 76, 77 f. = NJW 1981, 870; BGH NJW 1996, 2725, 2726; OLG Düsseldorf MDR 1982, 942; aA Rimmelspacher JR 1976, 89 ff., 183 ff.; Bischof ZIP 1984, 1444, 1448 ff. Vgl. auch Gerhardt Der Befreiungsanspruch (1966), S. 13, der eine genaue Angabe, von welcher Schuld oder Belastung zu befreien ist, für erforderlich hält. 351 11994 BGH NJW 1996, 2725, 2726 (Freistellung von öffentlichrechtlichen Verpflichtungen); aA Rim-
melspacher JR 1976, 89, der eine Leistungsklage für möglich hält und die verschiedenen Vollstreckungsmöglichkeiten aufzeigt; ihm folgend Bischof ZIP 1984, 1444, 1448 ff. 352995 12 OLG Hamburg NJWE-WettbR 1997, 214, 215; vgl. auch OLG Koblenz GRUR 1980, 752, 753: Antrag auf Verurteilung zur Lieferung von Waren zu den Preisen und Konditionen, die die beklagte Partei anderen Unternehmen einräumt, deren Umsatz denen der klagenden Partei vergleichbar sind, ist hinreichend bestimmt. 353996 13 RGZ 130, 264, 267; BGH NJW 2003, 668, 669 (Herausgabe rechtswidrig hergestellter Vervielfältigungsstücke); OLG Köln NJW-RR 1998, 1682 (Klageantrag „auf Verurteilung zur Herausgabe von 142 Bierfässern – hilfsweise 95 Bierfässern – der Marke ,Früh-Kölsch‘ wahlweise mit einem Fassungsvermögen von 10 bis 20 Litern“ ist hinreichend bestimmt); zur Fassung des Antrags bei einer Klage auf Räumung von Wohnraum Gies NZM 2003, 545, 547; zur Bestimmtheit eines Klageantrags auf Herausgabe von auf Disketten befindlicher Individualsoftware LG
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che Forderungen, die auf Leistung bestimmter einzelner Gegenstände gerichtet sind. Bei Kfz sollte zur Konkretisierung Typ, Fahrgestellnummer und amtliches Kennzeichen angegeben werden. Grundstücke können über die Angabe von Adresse, Gemarkung, Flur und Flurstück, andere Sachen, z.B. Hausrat, über eine genaue Beschreibung, die Angabe des Herstellers, des Typs, des Herstellungsdatums, einer Seriennummer, des Aufbewahrungsorts etc. konkretisiert werden.354 Handelt es sich um einen Inbegriff von unbeweglichen Sachen, beweglichen Sachen und Rechten, so müssen grundsätzlich alle Gegenstände genau bezeichnet werden.355 Ein Antrag auf Rückgabe einer Zahnarztpraxis genügt deshalb nicht,356 ebenso nicht ein Antrag auf Herausgabe einer Erbschaft oder eines Unternehmens oder von Rechten, die zum Betriebsvermögen gehören.357 Außerdem müssen in einem Leistungsantrag die zu liefernden Waren nach Gegenstand und Zahl genau bestimmt sein. Ein Antrag, „auf Bestellung der Klägerin“ zu liefern ohne Konkretisierung der Kaufgegenstände, genügt nicht.358 Belege, die der Auskunftspflichtige vorlegen soll, müssen im Klageantrag konkret bezeichnet werden.359 Es genügt dem Bestimmtheitserfordernis nicht, wenn die „Beifügung derjenigen Belege verlangt wird, aus denen die Richtigkeit des Zahlenmaterials entnommen werden kann“ oder „über die Höhe der Einkünfte Belege vorzulegen“.360 Zur Verbindung der Auskunftsklage mit einem unbestimmten Leistungsantrag siehe § 254. Auch das Auskunftsverlangen muss nach Zeitraum361 und Gegenstand konkretisiert sein,362 z.B. muss bei Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit die Angabe der Zeit, der Arbeitsstelle, der Form und des Inhalts im Antrag gefordert werden.363 Ein Antrag, mit dem dem Arbeitgeber aufgegeben werden soll, den Betriebsrat über künftige „Informations- und Bildungsveranstaltungen“ zu unterrichten, mangelt der Bestimmtheit und ist daher unzulässig.364 Der (fristwahrende) Klageantrag einer Anfechtungsklage muss die bestimmte Angabe enthalten, für welche vollstreckbare Forderung und für welchen Betrag der Rückgewähranspruch geltend gemacht wird.365 Ergänzend ist § 13 AnfG zu beachten,
Düsseldorf BB 1994 Beilage Nr. 14 S. 2 mit Anm. Zahrnt; zur Herausgabe von Programmträgern vgl. Redeker CR 1988, 277 ff. 354 997 1 Vgl. Michel/v.d. Seipen Der Schriftsatz des Anwalts im Zivilprozess6 (2004), S. 98. 355 2 998 K. Schmidt BB 1988, 5, 6. 356 3 999 KG NJW-RR 1998, 424, 425. 357 41000 BGH ZZP 71 (1958), 471, 479. 358 51001 BGH GRUR 1981, 917; BGH NJW 1985, 2135, 2136. 359 61002 BGH NJW 1983, 1056; vgl. auch OLG München FamRZ 1994, 1126 f., das den Antrag auf Auskunft durch Vorlage von Belegen als Antrag auf Vorlage von Belegen auslegt. Ausnahmen bezüglich des gegenständlichen Umfangs des Anspruchs auf Vorlage von Geschäftsunterlagen können im Einzelfall gemacht werden, vgl. BGH NJW 1975, 1774, 1777; OLG Zweibrücken FamRZ 1987, 1197, 1198 für den Fall eines Pflichtteilsanspruchs. 360 71003 BGH NJW 1983, 1056; BGH FamRZ 1988, 495, 496 (Antrag auf Zusammenstellung sämtlicher Beträge unter Vorlage ausreichender geeigneter Belege, ist zu unbestimmt); OLG Karlsruhe
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FamRZ 1983, 631; OLG Frankfurt FamRZ 1991, 1334 (Antrag, Auskunft über die Einkommensund Vermögensverhältnisse durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses zu erteilen, ist zu unbestimmt); OLG Köln VersR 1993, 1504, 1505. 361 1004 8 OLG Frankfurt FamRZ 1991, 1134; AG Besigheim FamRZ 1984, 816 (Auskunft über Vermögensverhältnisse von einem Stichtag an bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu unbestimmt wegen Ungewissheit der Verfahrensdauer). 362 1005 9 Zu den Bestimmtheitsanforderungen bei Auskunftsanträgen vgl. Büttner FamRZ 1992, 629 f. mwN; vgl. auch Kiethe MDR 2003, 781 ff. (insbesondere zum Verhältnis zwischen Auskunftsanspruch und sekundärer Behauptungslast). 363 1006 10 OLG Braunschweig FamRZ 1987, 284 (Verpflichtung der geschiedenen Ehefrau zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit). 364 1007 11 BGH BB 1983, 1984. 365 1008 12 BGHZ 99, 274, 277 f. = NJW 1987, 904; BGH NJW-RR 2001, 1335, 1336 (allerdings mit sehr großzügiger Auslegung). Vgl. aber zur Geltendmachung der Konkursanfechtung im Wege der
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wonach zusätzlich angegeben werden muss, in welchem Umfang und in welcher Weise366 der Anfechtungsgegner das Erlangte zur Verfügung stellen soll. Auch eine Zug-um-Zug-Einschränkung muss so bestimmt sein, dass sie ihrerseits zum Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden könnte.367 Steht dem Kläger hinsichtlich der vom Beklagten geschuldeten Leistung ein Wahlrecht (hierzu § 260 Rdn. 19 f.) zu, muss er dieses mit Klageerhebung ausüben.368 Steht das Wahlrecht dem Schuldner zu, kann der Kläger alternative Leistung „nach Wahl des Schuldners verlangen“, weil der Schuldner sein Wahlrecht noch bis zur Zwangsvollstreckung ausüben kann, § 264 Abs. 1 BGB. Bei Klagen auf Geldleistungen ist in der Regel Bezifferung zu verlangen (zum unbezifferten Zahlungsantrag siehe Rdn. 98 ff.). Es genügt aber auch die Angabe eines objektiv zu bestimmenden Berechnungsfaktors, anhand dessen die Höhe der zu zahlende Geldsumme jederzeit zu berechnen ist.369 Ist eine Bezifferung nicht möglich, weil die Grundlagen erst durch einen Informationsanspruch gegenüber dem Beklagten verschafft werden müssen, so ist eine Stufenklage gem. § 254 zu erheben. Allerdings ist ein Klageantrag unzulässig, wenn die Bezifferung eines Zahlungsanspruchs gegen einen Beklagten von einer Auskunft abhängig gemacht wird, die von einem weiteren Beklagten im Wege einer Stufenklage verlangt wird.370 Auch Schadensersatzforderungen müssen grundsätzlich beziffert sein, die Bezifferung darf in der Regel nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt werden (Rdn. 99 ff.). So ist ein auf Zahlung von Schadensersatz gerichteter Antrag in Höhe des unbezifferten Regelunterhalts abzüglich des Kindergeldes unzulässig.371 Der Antrag auf Schadensersatz wegen einer Erwerbsbeschränkung muss die Art der Entschädigung – Kapitalabfindung oder Rente372 – enthalten.373 Einrede oder der Replik zur Rechtslage nach der KO: OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 576; dazu Gerhardt EWiR 1990, 495. 366 1009 1 Z.B. durch Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, vgl. BGHZ 99, 274, 277 f. = NJW 1987, 904, 905. 367 21010 BGHZ 125, 41, 45 f. = NJW 1994, 3221 (Klage auf Auflassung eines Anerbengutes Zug um Zug gegen Zahlung des durch einen Schiedsgutachter festzusetzenden Ertragswertes ist unzulässig); BGH MDR 1987, 181, 183; BGH NJW 1993, 324, 325 (Antrag auf Auflassung Zug um Zug gegen Zahlung des nach einem vertraglich vorgesehenen Taxwertverfahren festzustellenden Erwerbspreises ist unzulässig); BGH NJW 1994, 586, 587 (Unbestimmtheit eines Antrags auf Auflassung Zug um Zug gegen Vergütung des durch ein Schiedsgutachten erst für den Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung des Grundstücks festzustellenden Verkehrswerts des vom Beklagten errichteten Hauses); OLG Naumburg NJW-RR 1995, 1149 f. (Rückabwicklung des Kaufs einer Computeranlage nebst Software); OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 793, 794 (Zahlung Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung in Form der Herstellung eines lotrechten Mauerwerks in dem Gebäude ist zu unbestimmt); OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 176, 177 (Erbringung einer Leistung Zug um Zug gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts ist zu unbestimmt); LG Hildesheim DGVZ 2000, 93 (Die Gegenleistung ist
unbestimmt, wenn die Anzahl der Zug um Zug gegen Zahlung herauszugebenden Installationsdatenträger nicht im Urteil angegeben ist. Das Urteil hat dann keinen vollstreckungsfähigen Inhalt); aA OLG Nürnberg NJW 1989, 987 unter Hinweis auf Blunck NJW 1967, 1598 f. (Identifizierbarkeit der Gegenleistung genügt; den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 muss ihre Bezeichnung nicht entsprechen); Redeker CR 1988, 277, 279. 368 31011 AA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 97. 369 1012 4 BGH NJW 1995, 1162 (Berechnung mit Hilfe aus dem Grundbuch ersichtlicher Umstände); BAG MDR 1960, 958; KG JW 1929, 1298 mit Anm. Roquette und OLG Dresden JW 1938, 1468, 1469 (im konkreten Fall aber abgelehnt bzgl. eines Bruchteils des Gehalts bei rückständigen Unterhaltsleistungen); OLG Oldenburg NJW 1991, 1187 (Berechnung des Zahlungsbetrags nach dem Kilometerstand des Fahrzeugs bei Rückgabe); vgl. aber LG Köln FamRZ 1995, 238, 239 (Anbindung künftiger Zahlungen an französischen Preisindex ist zu unbestimmt). 370 51013 BGH NJW 1994, 3102, 3103. 371 61014 OLG Düsseldorf VersR 1993, 883. 372 71015 Zur Unzulässigkeit eines Antrags auf dynamische Rente OLG Karlsruhe NJW 1969, 1488. 373 81016 RGZ 141, 304, 305; BGH NJW 1998, 3411; vgl. auch BGH VersR 1962, 93, 94 f.; OLG Schleswig VersR 1992, 462 f.
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Anträge, die auf Zahlung fremder Währung lauten, sind zulässig.374 Auf DM lautende, bereits vor dem 1.1.2002 anhängig gewordene Zahlungsanträge werden nach der Währungsumstellung auf Euro umgestellt, weil auf Grund des feststehenden Umrechnungsfaktors der Klageantrag offenkundig und das Klagebegehren deshalb hinreichend klar und unzweifelhaft ist.375 Ein nach der Währungsumstellung anhängig gewordener, auf DM lautender Zahlungsantrag ist – nur nach vorherigem und folgenlosem Hinweis gem. § 139 – nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abzuweisen.376 Dasselbe gilt für einen auf inländische Währung lautenden Klageantrag, wenn eine andere Währung geschuldet ist, oder umgekehrt377 und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine einfache oder effektive378 Fremdwährungsschuld handelt. Enthält der Klageantrag die Bezeichnung „effektiv“, dann handelt es sich genau genommen um einen Leistungsantrag auf Zahlung in Fremdwährung und einen Feststellungsantrag mit den Inhalt, dass eine Ersetzungsbefugnis des Schuldners gem. § 244 Abs. 1 BGB nicht besteht. Für die Feststellungsklage fehlt es wohl am Feststellungsinteresse.379 Das Problem der Ersetzungsbefugnis gem. § 244 Abs. 1 BGB380 ist dem materiellen Recht zuzuordnen.381 Das Gericht ist an den Antrag gebunden und kann nicht zur Zahlung in einer anderen Währung verurteilen.382 Deshalb empfiehlt sich unter Umständen die Stellung eines auf Fremdwährung lautenden Hilfsantrags.383 Einen Sonderfall stellen Schadensersatzansprüche dar, die nicht von vornherein in einer bestimmten Währung bestehen. Hier kann das Urteil auf Zahlung in der heimischen Währung ergehen, selbst wenn sich der Schaden in fremder Währung auswirkt, jedenfalls für den Fall, dass der Kläger selbst eine solche Zahlung begehrt und der Schuldner keine triftigen Gegengründe hat. Die in der fremden Währung ermittelten Schadensbeträge bilden dann Rechnungsfaktoren für die Feststellung des vom Schuldner in der Währung seines Landes zu leistenden Schadensersatzes.384 Ein Mahnverfahren kann jedoch bei Zahlungsansprüchen in fremder Währung grundsätzlich nicht durchgeführt werden, § 688 Abs. 1 (vgl. dazu § 688 Rdn. 13 mwN). Ausnahmsweise kann jedoch eine einfache Fremdwährungsschuld für das Mahnverfahren in Euro umgerechnet werden (§ 244 BGB).385 374 1017
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BAG NJW 1996, 741; K. Schmidt ZZP 98 (1985), 32, 41; Staudinger/K. Schmidt BGB (1997) § 244 Rdn. 104 mwN zu fremden Rechtsordnungen, die dies nicht zulassen; Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2053. 1018 2375 BGH NJW-RR 2003, 1437, 1438. 376 31019 Wax NJW 2000, 488, 489. 377 41020 RG JW 1924, 1518 mit Anm. Nussbaum; anders aber RGZ 96, 270. 378 51021 Dh nur in Fremdwährung erfüllbare, § 244 Abs. 1 BGB aE. 379 61022 So Arend S. 159 ff. 380 71023 Es handelt sich insoweit um keine Wahlschuld, so dass der Kläger nicht die Zahlung in fremder Währung oder nach Wahl des Schuldners in inländischer Währung beantragen kann, vgl. Arend S. 147 Fn. 6. 381 1024 8 Vgl. auch Staudinger/K. Schmidt BGB (1997) § 244 Rdn. 110, der eine Klärung der Ersetzungsbefugnis im Erkenntnisverfahren für überflüssig hält; kritisch hierzu Maier-Reimer NJW 1985, 2049, 2053 f. 382 91025 BGH WM 1993, 2011. 383 1026 10 Staudinger/K. Schmidt BGB (1997) § 244
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Rdn. 105. Eine konkludente Stellung eines solchen Hilfsantrags kann aber nicht angenommen werden, so zu Recht Arend S. 153. Dieser ist der Ansicht, dass das Gericht gem. § 139 auf die richtige Antragstellung hinwirken muss, wenn die Bestimmung der Schuldwährung Schwierigkeiten bereitet (S. 154 ff.). 384 1027 11 BGHZ 14, 212, 217 = NJW 1954, 1441; BGH WM 1977, 478, 479. Dass grundsätzlich eine Verurteilung in inländischer Währung möglich ist, obwohl die Schuld in ausländischer Währung besteht, sofern der Beklagte hiergegen keine Einwendungen erhebt und ein schutzwürdiges Interesse keine Ausnahme rechtfertigt, geht mE nicht aus diesen Entscheidungen hervor (so aber Arend S. 149 ff.). K. Schmidt ZZP 98 (1985), 32, 37 f., 43 f., geht davon aus, dass die Parteien durch die beiderseits rügelose Führung eines Rechtsstreits als Heimwährungsstreit die Fremdwährungsschuld in eine Heimwährungsschuld umstellen können. Grundlage hierfür sei allerdings ein Vertrag bzw das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. 385 1028 12 BGHZ 104, 268 = NJW 1988, 1964, 1965.
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Bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen müssen die Höhe der Beträge, der Zeitpunkt der Fälligkeit der Beträge sowie der Zeitraum,386 für den die Zahlung verlangt wird, bezeichnet sein. Eine Klage auf Zahlung des genau bezifferten Bruttolohns abzüglich der vom Beklagten abzuführenden öffentlich-rechtlichen Abgaben entspricht den Anforderungen eines bestimmten Antrags, da die Berechnung der abzuführenden Abgaben Sache des beklagten Arbeitgebers ist.387 Eine Nettolohnklage388 ist dagegen bei bestehender Bruttolohnvereinbarung ohne konkrete Bezifferung grundsätzlich zu unbestimmt, da wegen des steuerrechtlichen Zuflussprinzips der konkrete Betrag und damit auch der Umfang der Rechtskraft im Zeitpunkt der Urteilsverkündung ungewiss wären.389 Beziffert der Kläger dagegen die Forderung, indem er sein derzeitiges Nettogehalt als Grundlage nimmt, liegt ein hinreichend bestimmter Antrag ohne Weiteres vor und es handelt sich lediglich um ein Schlüssigkeitsproblem.390 Auch ein Klageantrag auf den Bruttolohn abzüglich geleisteter Nettobeträge wird von der h.M. für zulässig erachtet, wenn die bereits geleisteten Beträge genau beziffert wurden.391 Auch Unterhaltsansprüche müssen grundsätzlich beziffert werden.392 Eine Aufschlüsselung in Elementar- und Vorsorgeunterhalt ist zwar nicht erforderlich,393 aber 386 1029
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Das gilt vor allem für künftige Leistungen (§§ 258, 259), vgl. BGH NJW 1999, 954 (zur Verbindung des Klageantrags mit einer auflösenden Bedingung siehe unten Rdn. 108); RG DR 1944, 290, 292 (Klageantrag auf Rentenzahlung „bis zur Wiedererlangung der vollen Arbeitskraft“ zu unbestimmt). 387 21030 BAGE 15, 220, 228 = NJW 1964, 1823 mit Anm. Putzo = AP Nr. 20 zu § 611 BGB Dienstordnung-Angestellte mit Anm. Immand; LAG München DB 1980, 886, 887; OLG Frankfurt DB 1990, 1291 f.; Lepke DB 1978, 839, 840 mwN; Schaub Arbeitsrechtshandbuch12 (2007) § 71 I 4 a; gegen die Bestimmtheit von Bruttolohnurteilen Stein NJW 1957, 331 vor allem im Hinblick auf Sozialversicherungsbeiträge. 388 1031 3 Z.B. Klage auf Zahlung eines Nettobetrags vom Bruttoarbeitsentgelt (vgl. aber BAG NJW 1985, 646). 389 41032 LAG München DB 1980, 886, 887; Berkowsky BB 1982, 1120, 1121; Berkowsky/Drews DB 1985, 2099 ff.; dies. DB 1994, 1978; wohl auch BAG NZA 2000, 414, 418: Verzinsung des sich aus dem Bruttoentgelt ergebenden Nettobetrags zu unbestimmt (dagegen BAG Großer Senat NJW 2001, 3570 ff.); aA Musielak/Foerste Rdn. 30; Lepke DB 1978, 839, 841; Müller DB 1978, 935, 937; bei laufendem Arbeitsentgelt auch BAG NJW 1985, 646 (wegen § 38a Abs. 1 EStG); offengelassen in BFHE 171, 515, 518 = BStBl II 1994, 182. 390 51033 Zur Schlüssigkeit BAG NZA 2005, 627, 629; BAG NJOZ 2005, 2325, 2327; BAGE 105, 181, 186 = NZA 2003, 923, 924: Darlegung der einzelnen Besteuerungsmerkmale für den Tag des Zuflusses des Arbeitsentgelts durch den Kläger; MünchKommBGB4/Müller-Glöge (2008) § 611 Rdn. 838; Küttner/Griese Personalbuch (2008), Nettolohnvereinbarung A 3 Rdn. 9. Dies verkennen offenbar Berkowsky/Drews DB 1994, 1978.
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BAG NJW 1979, 2634, das allerdings den Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung einer bestimmten Bruttolohnsumme „abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes“ zu verurteilen, für nicht bestimmt genug hält, vgl. aber BAG NZA 2003, 1332, 1335 (Abzug des Nettobetrags des Arbeitslosengeldes). Dasselbe gilt für den Antrag auf Zahlung eines Bruttobetrags mit der Maßgabe, dass der pfändbare Nettobetrag an einen Pfändungsgläubiger zu zahlen ist, LAG Niedersachsen DB 1992, 1148; Lepke DB 1978, 839, 842. Zum Abzug des Krankengeldes vom Bruttolohn vgl. Berkowsky BB 1982, 1120, 1121 f. Bedenken gegen Klageanträge Zahlung von DM ... brutto ./. erhaltener DM ... netto erhebt Müller DB 1978, 935 f. 392 1035 7 OLG Frankfurt FamRZ 1981, 70 (Antrag auf Zahlung von Unterhalt abzüglich der Hälfte des jeweiligen Kindergeldes ist unbestimmt); OLG Frankfurt FamRZ 1982, 1223; OLG Frankfurt FamRZ 1991, 1458 = NJW-RR 1991, 1411 (1/3 der Sätze der Düsseldorfer Tabelle ist zu unbestimmt, hier allerdings bezüglich Bewilligung der Prozesskostenhilfe); OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 134, 135 (Klageantrag auf angemessenen Unterhalt ist unbestimmt); OLG Koblenz FamRZ 1987, 1291 (Unterhalt entsprechend der Düsseldorfer Tabelle zu unbestimmt); OLG Hamm FamRZ 1995, 106; OLG Köln NJW-RR 2003, 1228, 1229 (Bezifferung monatlich überbezahlter Beträge bei Rückforderung durch Unterhaltsschuldner); aA AG Groß-Gerau MDR 1977, 410; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 12; Göppinger/Wax/van Els Unterhaltsrecht8 (2003), Rdn. 2050; Spangenberg MDR 1982, 188 ff.; Wurm JA 1989, 65, 66 bzgl. angemessenen Unterhalts. 393 81036 So aber Baumbach/Lauterbach/Hartmann
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im Hinblick auf den Umfang der Rechtskraft ratsam.394 Eine wichtige Ausnahme vom Bezifferungsgebot enthält § 1612a BGB iVm § 645 ZPO, wonach ein minderjähriges Kind den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts entsprechend dem Alter des Kindes einklagen kann. Eine Aufteilung ist wegen § 308 Abs. 1 und zur Klarstellung des Umfangs der Rechtshängigkeit sowie der Rechtskraft auch dann erforderlich, wenn mehrere Berechtigte, die nicht Gesamtgläubiger sind, einen Gesamtbetrag einklagen.395 Bei den in diesem Zusammenhang praktisch bedeutsamen Unterhaltsklagen zusammenlebender Familienangehöriger, wie z.B. bei gemeinsam eingeklagten Unterhaltsansprüchen von Mutter und Kind, lässt die Rechtsprechung allerdings aus praktischen Erwägungen eine Erleichterung zu, wenn deren Anspruch nicht nur vom eigenen Bedarf, sondern auch von der Leistungsfähigkeit des Schuldners und vom Vorhandensein anderer Unterhaltsgläubiger abhängig ist (vgl. §§ 1360, 1360a BGB). Auch hier ist es zwar erforderlich, dass die Berechtigten die vorgestellte Höhe ihrer Ansprüche bezeichnen und die Klageforderung entsprechend aufgliedern, jedoch können sie sich daneben hilfsweise mit einer anderen Aufteilung durch das Gericht im Rahmen des Gesamtbetrags einverstanden erklären.396 Eine Aufteilung ist auch in dem umgekehrten Fall vorzunehmen, dass ein Kläger von mehreren Beklagten, die nicht Gesamtschuldner sind, einen Gesamtbetrag fordert. Ob bei der Unterhaltsklage des Kindes gegen seine Eltern eine Ausnahme dahingehend zu machen ist, dass das Kind zwar die insgesamt geforderte Summe beziffern, diese aber nicht auf die Elternteile aufteilen muss, ist umstritten.397 Hier wird man ebenso wie bei den Unterhaltsansprüchen von mehreren Berechtigten gegen einen Verpflichteten fordern müssen, dass die Berechtigten die vorgestellte Höhe ihrer Ansprüche bezeichnen, die Klageforderung entsprechend aufgliedern und sich allenfalls daneben mit einer anderen Aufteilung im Rahmen des Gesamtbetrags einverstanden erklären.398 Wegen der Möglichkeit des Auskunftsverlangens gem. § 1605 BGB ist dem Kind die Aufteilung grundsätzlich zumutbar.399 Nimmt der Schuldner den Drittschuldner auf Erfüllung an die Pfändungsgläubiger und an sich in Anspruch,400 sind die Klageanträge auf Zahlung an die einzelnen Gläubiger entsprechend ihrem Rang unter Bezifferung von deren Forderungen (einschließlich der Kosten) und auf Zahlung des verbleibenden Restbetrags der ebenfalls bezifferten Gesamtforderung an den Schuldner zu richten.401 (3) Unbezifferter Zahlungsantrag402. Das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 setzt bei Geldleistungen nicht stets die NotwendigRdn. 88 mit Hinweis auf OLG Karlsruhe FamRZ 1985, 630. 394 1037 1 Zu den Rechtswirkungen bei fehlender Aufschlüsselung BGHZ 94, 145, 147 f. = NJW 1985, 1701 f.; OLG Karlsruhe NJW 1995, 2795. 395 21038 BGHZ 11, 181, 183 f. = NJW 1954, 716; BGH NJW 1972, 1716, 1717; BGH NJW 1981, 2462; BGH NJW-RR 1995, 1217, 1218; OLG Frankfurt FamRZ 1980, 719, 721; OLG München FamRZ 1994, 836. 396 1039 3 BGH NJW 1972, 1716, 1717; vgl. auch BGH NJW 1981, 2462. 397 41040 Bejahend Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 99; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht5 (2006) § 46 Rdn. 52; Göppinger/Wax/van Els Unterhaltsrecht8 (2003) Rdn. 2059; verneinend die
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h.M.: Soergel/Häberle BGB12 (1987) § 1606 Rdn. 18; RGRK/Mutschler BGB12 (1983) § 1606 Rdn. 31. 398 51041 Vgl. BGH NJW 1981, 2462; wie hier MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 116; Staudinger/ Engler BGB (2000) § 1606 Rdn. 64. 399 61042 RGRK/Mutschler BGB12 (1983) § 1606 Rdn. 31. 400 71043 Dies ist zulässig, BGHZ 147, 225, 229 f. = NJW 2001, 2178, 2179 f. = JZ 2002, 44 mit Anm. Berger = JR 2002, 234 mit Anm. Jost; vgl. auch § 259 Rdn. 12. 401 1044 8 BGHZ 147, 225, 231 = NJW 2001, 2178, 2180. 402 91045 Umfassend Kern Die Zulässigkeit des unbezifferten Klageantrags (1970); Menges Die Zulässigkeit des unbezifferten Klageantrags (2004).
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keit einer ziffernmäßigen Angabe des geforderten Geldbetrags voraus.403 Auf eine ziffernmäßige Angabe kann jedoch nur ausnahmsweise verzichtet werden, wenn es dem Kläger unzumutbar oder unmöglich404 ist, eine Bezifferung vorzunehmen,405 das Gericht dies aber vermag.406 Vor allem in Fällen, bei denen die Bestimmung des Betrags von einer Ermittlung der Schadenshöhe durch Beweisaufnahme oder gerichtliche Schätzung gem. § 287 oder vom billigen Ermessen des Gerichts gem. §§ 253 Abs. 2, 651f Abs. 2 BGB407 abhängt, genügt es, wenn die zahlenmäßige Feststellung der Klageforderung dem Gericht überlassen wird, sofern nur dem Richter zugleich möglichst genau die tatsächlichen Grundlagen gegeben werden, die ihm die Feststellung der Höhe des gerechtfertigten Klageanspruchs ermöglichen.408 Der Kläger darf aber nicht das Risiko einer späteren Beweisaufnahme bzgl. der Feststellung der tatsächlichen Umstände, aus denen sich ein eventuelles Mitverschulden ergibt, durch einen unbezifferten Klageantrag auf den Beklagten abwälzen.409 So sind bei der praktisch wichtigen Schmerzensgeldklage insbesondere Art und Schwere der Verletzungen, Dauer, Art und Umfang der medizinischen Behandlung sowie Heilungsaussichten und verbleibende Dauerschäden anzugeben. Die für die Schätzung erforderlichen tatsächlichen Grundlagen dürfen nicht durch einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ersetzt werden, soweit das Gericht die zur Beurteilung der Schadenshöhe erforderlichen Tatsachen auch auf an1046 1403 RGZ 21, 382, 387; RGZ 140, 211, 213; BGHZ 4, 138, 142 = NJW 1952, 382; OLG Düsseldorf BKR 2004, 79, 84 f.; ebenso auch die hL: Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 12; W. Lüke ZPR Rdn. 142; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 39; Born NZV 1999, 205 f.; v. Gerlach VersR 2000, 525 ff.; Röttger NJW 1994, 368 ff.; Schlosser JZ 1996, 1082 f.; aA Bernhardt JR 1968, 212, 213; Bull JR 1958, 95 f.; Kern S. 134 ff.; Menges S. 19 ff.; Röhl ZZP 85 (1972), 52 ff. und Gerstenberg NJW 1988, 1352, 1356 ff., die sich − zumindest grundsätzlich – gegen die Zulässigkeit von unbezifferten Zahlungsanträgen aussprechen und eine Lösung des Problems, einen wirksamen Rechtsschutz bei schwer schätzbaren Forderungen zu gewährleisten, über § 92 Abs. 2 vorschlagen; vgl. auch OLG München NJW 1986, 3089, das die Angabe einer festen Obergrenze fordert; kritisch auch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 128 f. Eine Lösung über § 92 Abs. 2 halten Butzer MDR 1992, 539 und Husmann NJW 1989, 3126, 3129 wegen der Ausgestaltung des § 92 Abs. 2 als Kann-Vorschrift für untauglich. Zu den Problemen bei fehlender Bezifferung des Klageantrags insbesondere hinsichtlich Anerkenntnis-, Grundurteil, Streitwertbestimmung und Beschwer Kern S. 91 ff.; Menges S. 31 ff. 404 1047 2 Nach der Ansicht von Kern S. 121 ff., ist nicht die Bezifferung unmöglich, sondern allenfalls die Angabe des Betrags, der vom Gericht zuerkannt wird. Er erkennt jedoch die erhöhte Gefahr für eine unzutreffende Bewertung durch den Kläger eines anhand von unbestimmten Rechtsbegriffen zu ermittelnden Anspruchs und das damit einhergehende Kostenrisiko an.
1048 3405 Ist der Kläger dagegen zur Bezifferung selbst in der Lage, dann ist ein unbezifferter Leistungsantrag unzulässig, OLG Köln DB 1972, 678. 406 41049 RGZ 140, 211, 213; RG JW 1937, 3183, 3184 (abgelehnt bei Klageantrag auf angemessene Vergütung eines Testamentsvollstreckers); BGH NJW 1967, 1420 f.; BGH NJW 1994, 3221, 3222; BGH DB 1968, 980; kritisch hierzu Röhl ZZP 85 (1972), 52, 59 ff. Für eine restriktive Zulassung unbezifferter Zahlungsanträge sind MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 129; Zöller/ Greger Rdn. 14a; Musielak/Foerste Rdn. 34; Schilken ZPR Rdn. 213; dagegen ausdrücklich Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 81 Fn. 84. 407 1050 5 LG Hannover NJW 1989, 1936 f.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 40; Müller NJW 1987, 882, 884; aA Baumbach/Lauterbach/ Hartmann Rdn. 50; Bendref NJW 1986, 1721, 1722, der sich auf den unterschiedlichen Gesetzeswortlaut („billige Entschädigung“ gem. § 847 a.F. BGB, jetzt § 253 Abs. 2 BGB einerseits und angemessene Entschädigung gem. § 651f Abs. 2 BGB andererseits) stützt. 408 61051 RGZ 140, 211, 213; BGHZ 4, 138, 142 = NJW 1952, 382; BGHZ 132, 341, 350 = NJW 1996, 2425, 2427 mwN; BGH NJW 1970, 281, 282; BGH NJW 1974, 1551; BGH MDR 1964, 831; BGH MDR 1975, 741 = JR 1976, 22 ff. mit Anm. Berg; OLG Bamberg NJW 1960, 1470, 1471. Zur Frage, ob ein unbezifferter Klageantrag als unbestimmter oder bestimmter Antrag zu qualifizieren ist, siehe Pawlowski NJW 1961, 341 ff. 409 71052 BGH NJW 1967, 1420, 1421 = ZZP 82 (1969), 128 mit Anm. Pawlowski.
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dere Weise − etwa durch Vernehmung des Klägers (§ 287 Abs. 1 S. 3) feststellen kann.410 Für die Geltendmachung des merkantilen Minderwerts sind die Zulassungsdaten, Alter und Zustand des Fahrzeugs, etwaige technische Mängel und Vorschäden, die Anzahl der Vorbesitzer sowie die Art der Unfallschäden und die Reparaturkosten anzugeben.411 Ob für die hinreichende Bestimmtheit eines unbezifferten Klageantrags die Angabe einer ungefähren Größenordnung erforderlich ist, ist in der Entwicklung der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet worden.412 Nachdem das RG und anfangs auch der BGH allein die Individualisierung des Anspruchs und die Angabe der tatsächlichen Grundlagen genügen ließen,413 hielten Rechtsprechung und Literatur später die Angabe einer ungefähren Größenordnung im Rahmen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 für erforderlich, um das Gericht und den Gegner über den Umfang des Streitgegenstands zu unterrichten.414 Zwar wird hieran bislang grundsätzlich festgehalten,415 jedoch soll nach der Rechtsprechung des BGH aus der Angabe einer ungefähren Größenordnung keinerlei Bindung des Gerichts gem. § 308 Abs. 1 S. 1 folgen.416 Dies ist allerdings nicht unumstritten. Zum Teil wird nur eine Abweichung von 20 % nach oben oder unten für zulässig gehalten.417 Dem ist zu widersprechen, da ansonsten dem Sinn und Zweck der Zulässigkeit eines unbezifferten Zahlungsantrags nicht Rechnung getragen wird. Lediglich die Angabe einer Obergrenze bindet das Gericht,418 während die Überschreitung eines Mindestbetrags oder einer Größenvorstellung unbegrenzt möglich ist.419 1053 1410 BGH VersR 1975, 856 = JR 1976, 22 mit Anm. Berg = MDR 1975, 741; anders wohl für das Enteignungsentschädigungsverfahren nach Art. 18 ff. BayAGZPO, BayObLG NJW 1966, 1369 (LS). 411 21054 Darkow VersR 1975, 207, 211; vgl. auch BGH NJW 1982, 340 f.; OLG München VersR 1969, 620; vgl. auch Bamberger/Roth/Schubert BGB2 (2007) § 251 Rdn. 28 (§ 287 findet Anwendung). 412 31055 BGH NJW 2002, 3769 unter Hinweis auf v. Gerlach VersR 2000, 525 ff.; Pawlowski NJW 1961, 341, 343 f. 413 1056 4 RGZ 21, 382, 387; RGZ 140, 211, 213; BGHZ 4, 138, 145 = NJW 1952, 382; offengelassen in BGHZ 45, 91, 93 = NJW 1966, 780. 414 51057 BGH VersR 1974, 1182, 1183; BGH VersR 1975, 856, 857; BGH VersR 1977, 861; BGH NJW 1982, 340 = JR 1982, 156 mit Anm. Gossmann; BGH NJW 1983, 332; BGH NJW 1984, 1807, 1809; BGH NJW 1992, 311, 312; OLG München NJW 1988, 1396; noch enger OLG München NJW 1986, 3089, 3090 (Angabe einer Obergrenze erforderlich), dem OLG München zustimmend Röttger NJW 1994, 368, 369 und Gerstenberg NJW 1988, 1352, 1356, der jedoch zutreffend feststellt, dass damit im Ergebnis ein unbezifferter Zahlungsantrag als unzulässig angesehen wird; vgl. auch Rimmelspacher Materiellrechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß (1970), S. 289; gegen die Erforderlichkeit der Angabe einer Größenordnung Allgaier VersR 1987, 31; Husmann VersR 1985, 715, 718 und ders. NJW 1989, 3126, 3128, der den Zwang zur Bezifferung als Eingriff in das Dispositionsrecht ansieht.
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415 1058 6 So ausdrücklich BGH NJW 2002, 3769; einschränkend BGHZ 140, 335, 341 = NJW 1999, 1339: „Es ist daher daran festzuhalten, dass im Rahmen des Bestimmtheitsgebotes gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Angabe einer Betragsvorstellung, nach der sich die Beschwer bestimmt, jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kl. sich die Möglichkeit einer Rechtsmitteleinlegung erhalten will.“ 416 71059 BGHZ 132, 341, 350 f. = NJW 1996, 2425, 2427 = JZ 1996, 1080 mit Anm. Schlosser (Überschreitung der klägerischen Größenordnung um 100 %); BGHZ 140, 335, 340 = NJW 1999, 1339, 1340; BGH NJW 2002, 3769 f.; OLG Köln NJWRR 2002, 962, 963; OLG Hamm NJW 2001, 3417 f. (Ausurteilung des 6-fachen der vom Kläger angegebenen Größenordnung); bzgl. einer Beschränkung nach oben noch offengelassen in BGH VersR 1979, 472. 417 1060 8 OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 955; OLG Koblenz VersR 1990, 402; MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 130; Butzer MDR 1992, 539, 540 ff.; Dunz NJW 1984, 1734, 1736; Pawlowski NJW 1961, 341, 343; Steinle VersR 1992, 425 f.; Wurm JA 1989, 65, 70; offengelassen in BGH NJW 1992, 311, 312. 418 91061 BGH NJW 2002, 3769; BGH NJW 1992, 741, 742; BGH NJW-RR 1989, 1087; LG Stuttgart NJW-RR 2004, 888, 889. 419 1062 10 BGHZ 132, 341, 350 f. = NJW 1996, 2425, 2427 = JZ 1996, 1080 mit Anm. Schlosser (Überschreitung der klägerischen Größenordnung um 100 %); BGHZ 140, 335, 341 = NJW 1999, 1339; BGH NJW 2002, 3769 f.; OLG Köln NJW-RR 2002, 962, 963; OLG Hamm NJW 2001, 3417 f.
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Bei der Unterschreitung eines Mindestbetrags muss jedoch in jedem Fall eine Teilabweisung erfolgen. Dasselbe sollte aber auch bei der bloßen Angabe einer Größenordnung gelten.420 Damit würden sich auch die Probleme bezüglich der Beschwer lösen.421 Um dem Kläger letztendlich nicht doch unbillig mit dem Kostenrisiko zu belasten, muss das Gericht in beiden Fällen (aA § 92 Rdn. 9)422 bei der Kostenverteilung § 92 Abs. 2 Nr. 2 berücksichtigen.423 Hier muss im Einzelfall entschieden werden, ob die Angabe der Größenordnung überzogen war,424 eine starre 20 %-Grenze empfiehlt sich nicht.425 Danach hat die Angabe der ungefähren Größenordnung für den Umfang des Streitgegenstands keine Bedeutung mehr. Der Schmerzensgeldanspruch wird der Höhe nach unbegrenzt rechtshängig.426 Hieraus wird zu Recht der Schluss gezogen, dass die Angabe einer ungefähren Größenordnung für die Bestimmtheit des Klageantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 und damit für die Zulässigkeit der Klage nicht (mehr) erforderlich ist (aA § 511 Rdn. 92).427 Dadurch wird auch der Beklagte nicht unzumutbar in (Ausurteilung des 6-fachen der vom Kläger angegebenen Größenordnung); noch offengelassen in BGH VersR 1979, 472; ebenso Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 94; MünchKomm/Musielak § 308 Rdn. 16; Zöller/Greger Rdn. 14; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann § 308 Rdn. 5, 11; Diehl ZfS 1999, 193 f.; Fenn ZZP 89 (1976), 121, 134; v. Gerlach VersR 2000, 525, 526 f.; Jaeger MDR 1996, 888 f.; Lepa VersR 2001, 265, 268 f.; Probst JR 1997, 158 f.; Schneider MDR 1991, 195, 198. 420 11063 V. Gerlach VersR 2000, 525, 528; Mertins VersR 2006, 47, 48. 421 21064 Ohne (Teil-)abweisung kann grds. nicht von einer Beschwer ausgegangen werden, v. Gerlach VersR 2000, 525, 528; vgl. auch BGH MDR 1979, 748, der allerdings trotz fehlender Teilabweisung, die zu Unrecht unterblieben ist, eine Beschwer annimmt; so auch Röhl ZZP 85 (1972), 52, 66. 422 31065 Umstritten ist die Anwendung des § 92 Abs. 2, wenn der Kläger einen Mindestbetrag genannt hat. Für die Anwendung: OLG München NJW 1986, 3089, 3090; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 955; vgl. auch BGH NJW 1982, 340, 341 (§ 92 Abs. 2 schützt gerade auch bei der Angabe eines bestimmten Betrags der Größenordnung vor dem unbilligen Kostenrisiko); Steinle VersR 1992, 425, 426 (§ 92 Abs. 2 Nr. 1); Weiland JurBüro 1980, 994, 996 (§ 92 Abs. 2 Nr. 1); für die Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 2 in diesem Fall Gerstenberg NJW 1988, 1352, 1356 ff., der aber den unbezifferten Klageantrag generell für unzulässig hält; dagegen: Stein/Jonas/Bork § 92 Rdn. 13 (Kostenverteilung nur nach § 92 Abs. 1); wohl auch BAGE 81, 167, 172 f. = NZA 1996, 1038, 1039 zu einer auf § 16 BetrAVG gestützten Anpassungsklage; generell gegen eine Anwendung des § 92 Abs. 2 bei einem unbezifferten Klageantrag Husmann NJW 1989, 3126, 3129. Bei bestimmt bezifferten Schmerzensgeldanträgen ist § 92 Abs. 2 Nr. 2 anwendbar, vgl. OLG Köln NJW 1989, 720, 721; OLG München VersR 1989, 862; OLG Celle VersR 1977, 59; Wurm JA 1989, 65, 72.
1066 4423 V. Gerlach VersR 2000, 525, 528; Mertins VersR 2006, 47, 50. 424 51067 Bleibt der zuerkannte Betrag dagegen erheblich hinter dem Mindestbetrag zurück, greift § 92 Abs. 1, vgl. OLG Nürnberg VersR 1988, 299, 301 (50.000 DM statt 100.000 DM); OLGR Köln 1994, 284 (1.000 DM statt 5.000 DM); Musielak/ Wolst § 92 Rdn. 7 (vermeidbarer Schätzungsfehler); Baumbach/Lauterbach/Hartmann, § 92 Rdn. 53 (überzogene Zuvielforderung oder vermeidbarer Schätzungsfehler); Mertins VersR 2006, 47, 51. 425 1068 6 Musielak/Wolst § 92 Rdn. 7; Gerstenberg NJW 1988, 1352, 1357; v. Gerlach VersR 2000, 525, 528 (bei nur unwesentlicher Abweichung); Mertins VersR 2006, 47, 50 f. (auch wenn zugesprochener Betrag um mehr als 20 % zurückbleibt); Röttger NJW 1994, 368, 369; für eine starre Grenze OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 955 (höchstens 20 %); Stein/Jonas/Bork § 92 Rdn. 13 mwN (20– 25 %); Thomas/Putzo/Hüßtege § 92 Rdn. 9 (in der Regel 20 %); Butzer MDR 1992, 539, 540 f. (20–25 %); Dunz NJW 1984, 1734, 1737 (etwa 20 %); vgl. auch Röhl ZZP 85 (1972), 52, 75 f. (20 %, bei Schmerzensgeld grds. 33 %); eingehend Menges S. 137 ff. 426 71069 BGH NJW 2002, 3769 f. (Forderung einer höheren Größenordnung im Rechtsmittelverfahren stellt keine Klageänderung dar); Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 39. Zur Möglichkeit der Geltendmachung eines Teilschmerzensgeldes bei noch nicht abgeschlossener und nicht überschaubarer Schadensentwicklung siehe BGH NJW 2004, 1243; Kannowski ZZP 119 (2006), 63 ff.; v. Gerlach VersR 2000, 525, 531. 427 1070 8 Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 12; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 39; v. Gerlach VersR 2000, 525, 527; Probst JR 1997, 158 f.; Schlosser JZ 1996, 1082; für die Erforderlichkeit der Größenangabe weiterhin Diederichsen VersR 2005, 433 ff.; Jauernig ZPR § 39 II 2; Zeiss/ Schreiber ZPR Rdn. 333.
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seiner Verteidigungsmöglichkeit beschränkt,428 weil er sich wegen der fehlenden Bindung des Gerichts an die klägerische Größenvorstellung ohnehin auf die Verteidigung gegen ein in jeder Höhe mögliches Schmerzensgeld einrichten muss, so dass ihm die Angabe einer Größenordnung keine Gewissheit über das Verurteilungsrisiko gibt.429 Besonders im Hinblick auf eine mögliche Beschwer des Klägers ist diesem aber anzuraten, durch die Angabe seiner Größenvorstellung deutlich zu machen, mit welchem Geldbetrag das Gericht jedenfalls sein Klagebegehren hinreichend befriedigen würde. Die zur Einlegung eines Rechtsmittels erforderliche Beschwer ist nämlich nur insoweit gegeben, als das erstinstanzliche Gericht hinter den Vorstellungen des Klägers zurückgeblieben ist (Vor § 511 Rdn. 61 und § 511 Rdn. 92 mwN).430 Gibt der Kläger keine Größenordnung an, stellt er die Festsetzung des Schmerzensgeldes vollständig in das Ermessen des Gerichts und ist daher durch die Ausurteilung eines seiner Ansicht nach zu geringen Betrags nicht beschwert.431 Der Angabe einer Größenvorstellung kommt neben der Beschwer auch noch für die Kosten (oben Rdn. 74) und den Streitwert432 Bedeutung zu.433 Hält man die Angabe einer Größenordnung für erforderlich, so muss sie nicht unbedingt durch einen Mindestbetrag oder einen Ungefährbetrag − der auch außerhalb des Klageantrags angegeben werden kann – gekennzeichnet werden, sondern kann auch einer Streitwertangabe des Klägers entnommen werden.434 Ausreichend ist auch, dass sich der Kläger die gerichtliche Streitwertfestsetzung stillschweigend als Kennzeichnung der Größenordnung seines Begehrens zu Eigen macht.435 Die dargestellten Grundsätze für unbezifferte Schadensersatzansprüche gelten ebenso für Enteignungsentschädigungsansprüche436 und für den Entschädigungsanspruch gem. § 510b.437 Inwieweit unbezifferte Klageanträge über den Bereich des Schadensersatzes und des Schmerzengeldes hinaus in den anderen Fällen des § 287 zugelassen werden können, ist umstritten.438
428 1071
1
Vgl. BGHZ 45, 91, 95 = NJW 1966, 780; Gerstenberg NJW 1988, 1352, 1354. 429 1072 2 Vgl. Menges S. 86 ff. 430 1073 3 Beschwer bei jeder Abweichung von der Betragsvorstellung genauso wie bei Angabe eines Mindestbetrags: BGH NJW 2002, 3769; BGHZ 132, 341, 352 = NJW 1996, 2425 = JZ 1996, 1080 mit Anm. Schlosser; BGH NJW-RR 2004, 863 (Mindestbetrag); BGH NJW-RR 2004, 102, 103 (Mindestbetrag); BGHZ 140, 335, 340 ff. = NJW 1999, 1339 (Mindestbetrag); v. Gerlach VersR 2000, 525, 528; siehe auch Grunsky EWiR 1999, 331, 332 der wegen der fehlenden Bindung des Gerichts an die Größenvorstellung die Beschwer materiellrechtlich bestimmen will nach der Abweichung von dem angemessenen Betrag; anders noch BGH NJW 1992, 311, 312; BGH NJW 1993, 2875, 2876 (Beschwer nur, wenn das Gericht wesentlich hinter der klägerischen Betragsvorstellung zurückbleibt, sofern es sich nicht um einen Mindestbetrag handelt). 431 41074 V. Gerlach VersR 2000, 525, 528; vgl. auch BGH NJW 1999, 1339, 1340. 432 51075 BGHZ 132, 341, 352 = NJW 1996, 2425, 2427; vgl. auch OLG Karlsruhe Justiz 1990, 330, 331.
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Hierzu Diederichsen VersR 2005, 433, 438; Gerstenberg NJW 1988, 1352, 1355; v. Gerlach VersR 2000, 525, 528 f. 434 1077 7 BGH VersR 1977, 916; BGH VersR 1979, 472; BGH NJW 1982, 340, 341 = JR 1982, 156, 158 mit krit. Anm. Gossmann. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Kläger der Streitwertangabe jegliche Verbindlichkeit abspricht. 435 81078 BGH NJW 1982, 340, 341 = JR 1982, 156 mit krit. Anm. Gossmann; BGH NJW 1984, 1807, 1809 f. = JZ 1985, 236, 238 mit Anm. Giesen; krit. hierzu Schneider MDR 1985, 992; BGH VersR 1979, 472; BGH VersR 1984, 739, 740. 436 91079 Vgl. BGHZ 29, 217, 218 f. (zur Anwendbarkeit des § 287 auf Enteignungsentschädigungen); BGH VersR 1975, 856, 857 = JR 1976, 22 mit Anm. Berg = MDR 1975, 741 (Enteignungsentschädigung); BayOblG NJW 1966, 1369. 437 1080 10 Stein/Jonas/Leipold § 510b Rdn. 7. 438 1081 11 Dafür Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 40; dagegen AG Lünen WM 1999, 272, 273; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 128; Zöller/Greger Rdn. 14a.
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Im Arbeitsrecht439 findet sich eine gesetzlich geregelte Ausnahme vom Erfordernis des bestimmten Klageantrags in § 38 Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG), wonach die Klage auch auf Zahlung eines vom Gericht zu bestimmenden angemessenen Betrags gerichtet werden kann.440 Zu einer Eingrenzung des unbestimmten Klageantrags durch einen bestimmten Mindestbetrag oder einen bestimmten Höchstbetrag ist der Arbeitnehmer hier nicht verpflichtet.441 Bei Abfindungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber gem. § 113 BetrVG, bei denen § 10 KSchG zur Anwendung kommt, braucht der Arbeitnehmer die Höhe der von ihm mit der Klage geforderten Abfindung nicht ziffernmäßig anzugeben, sondern kann sie in das Ermessen des Gerichts stellen. Ein solcher Klageantrag wahrt das Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2, wenn die für die Bemessung der Abfindung maßgeblichen Umstände, also insbesondere Lebensalter, Familienstand, die Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder, die Art und Dauer der Beschäftigung sowie das monatliche Bruttogehalt mitgeteilt werden.442 Diese Grundsätze sind auch im Rahmen einer Schadensersatzklage gem. § 628 Abs. 2 BGB, mit der eine Abfindung für den verlorenen Besitzstand geltend gemacht wird, anzuwenden.443 Nicht zulässig ist es, die Bestimmung der Leistung bzw Gegenleistung nach billigem Ermessen gem. §§ 315 Abs. 1, 316 BGB dem Gericht zu überlassen.444 Dem Prozesskostenrisiko kann der Kläger in diesen Fällen nicht durch einen unbestimmten Antrag entgehen.445 Ebenso entbinden die §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2, 653 Abs. 2 BGB nicht von der Pflicht, den geforderten Geldbetrag zu beziffern.446 Dasselbe gilt für vertragliche Wertsicherungsklauseln.447 Dagegen wird man in den Fällen der §§ 536 Abs. 1 S. 2 (Mietminderung),448 642, 1360a (siehe Rdn. 95) und 2221 BGB, bei denen es auf die Angemessenheit ankommt, einen unbezifferten Klageantrag zulassen müssen. Inwieweit es sich bei Klageanträgen, bei denen gem. §§ 315 Abs. 3 S. 2, 319 Abs. 1 S. 2 BGB die Bestimmung der Leistung in das Ermessen des Gerichts gelegt wird, um unbezifferte Klageanträge handelt, ist umstritten. Zum Teil wird dies in der Literatur mit der Begründung verneint, dass eine Rechtsgestaltung begehrt wird, die auf Festsetzung einer Leistung und nicht auf die Leistung einer bestimmten Geldsumme gerichtet sei.449 Unabhängig von diesem Meinungsstreit müssen derartige Klageanträge als zulässig iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 erachtet werden.450 Dies gilt ebenso für Anträge gem. §§ 343 Abs. 1 S. 1,451 660 Abs. 1 S. 2, 2048 S. 3, 2156, 2192 BGB.452 439 11082 Näher hierzu Lepke BB 1990, 273 ff. mwN. 440 21083 Bartenbach/Volz ArbnErfG4 (2002) § 38 Rdn. 3. 441 31084 OLG Düsseldorf WRP 1984, 609. 442 41085 BAGE 42, 1, 6 f. = NJW 1984, 323; BAG NJW 1984, 1650, 1651; Richardi/Richardi BetrVG11 (2008) § 113 Rdn. 49; Fitting BetrVG24 (2008) § 113 Rdn. 36; Galperin/Löwisch BetrVG6 (1982) § 113 Rdn. 34; zu § 10 KSchG vgl. BAG AP Nr. 3 zu § 10 KSchG 1969 = NZA 1987, 139; Ascheid/ Preis/Schmidt/Biebl Kündigungsrecht3 (2007) § 10 Rdn. 32; KR-Spilger8 (2007) § 10 KSchG Rdn. 64. 443 51086 BAG EzA § 628 BGB 2002 Nr. 3. 444 61087 Vgl. aber OLG Karlsruhe WRP 1975, 306 für den Fall, dass die Höhe einer Vertragsstrafe nicht ziffernmäßig festgelegt, sondern von dem angerufenen Gericht zu bestimmen ist. 445 71088 BGH JZ 1973, 61 = ZZP 86 (1973), 322 ff. mit Anm. Röhl. Dasselbe gilt nach dieser Entscheidung, wenn im Vertrag eine Neufestsetzung des Pachtzinses nach billigem Ermessen vereinbart worden ist.
1089 8446 BAG AP Nr. 17 zu § 611 BGB Bergbau = BB 1977, 1356 (LS); aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 40. 447 91090 BGH JZ 1973, 61 = ZZP 86 (1973), 322 ff. mit Anm. Röhl. 448 1091 10 Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht9 (2007) § 536 BGB Rdn. 471; Gies NZM 2003, 545, 549 f.; Börstinghaus NZM 1998, 656, 657 f.; zur Möglichkeit der Feststellungsklage BGH WM 1985, 1213; aA KGR 2002, 122 (Gründe zu I B 1). 449 1092 11 Kisch Beiträge zur Urteilslehre (1903), S. 131, 133; Kern S. 107 f.; dagegen Röhl ZZP 86 (1973), 326, 327 f. 450 1093 12 BGH WM 1969, 62 (§ 319 BGB); BAG ZIP 1996, 1261 = NZA 1996, 1038 (§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB); Schumann FS Larenz (1983), S. 571, 580 f., nach dessen Ansicht eine materiellrechtsfreundliche Auslegung des Prozessgesetzes geboten ist; vgl. auch Witte/Mehrbrey NZG 2006, 241, 243 für Unternehmenskauf bei variabler Kaufpreisregelung.
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(4) Auflösende Bedingungen. Auflösende Bedingungen im Klageantrag sind nicht schlechthin unzulässig, wie etwa ein Antrag auf Zahlung monatlicher Nutzungsentschädigung bis zur Herausgabe einer Sache.453 Die hiermit verbundene Gefahr unberechtigter weiterer Zwangsvollstreckung nimmt das Gesetz zugunsten eines effektiven Rechtsschutzes für den Gläubiger in Kauf.454 Jedoch darf die Bedingung nicht selbst auslegungsbedürftig sein, da andernfalls eine Fortsetzung des Streitverhältnisses im Zwangsvollstreckungsverfahren drohen würde. Zu unbestimmt ist daher das Verlangen einer Rente „bis zur Wiedererlangung der vollen Arbeitskraft“.455 (5) Unterlassungsantrag456. Die Formulierung eines vollstreckungsfähigen, hinreichend bestimmten Klageantrags bei Unterlassungsklagen457 gestaltet sich wesentlich schwieriger als bei positiven Leistungsklagen. Dies hängt damit zusammen, dass nicht nur eine bestimmte Handlung unterlassen werden soll, sondern verschiedene ähnliche Handlungsformen.458 Ziel der Unterlassungsklage wird es − insbesondere im Wettbewerbsrecht − sein, den für den weitgehendsten Schutz des Klägers erforderlichen, aber noch bestimmten Antrag zu stellen. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil sich der Urteilstenor nach dem Antrag richtet und wegen § 308 nicht darüber hinausgehen darf.459 Demnach darf ein Unterlassungsantrag nicht derart undeutlich formuliert sein, dass schon der Streitgegenstand und insoweit der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis unklar ist und der Beklagte nicht ausreichend erkennen kann, wogegen er sich verteidigen soll und die Entscheidung, was dem Beklagten konkret zu verbieten ist, erst im Vollstreckungsverfahren zu treffen wäre.460 Es muss jedoch zwischen der Bestimmtheit des Klageantrags iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 (Bestimmtheitsgebot) und der Begründetheit der Klage (materiellrechtliches Konkretisierungsgebot) unterschieden werden.461 So kann ein nicht an der konkreten Ver-
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1 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 40. 1095 2452 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 123; Wurm JA 1989, 65, 66, der außerdem § 89b HGB nennt, ebenso Butzer MDR 1992, 539. 453 31096 BGH NJW 1999, 954 = JZ 1999, 848 mit Anm. Gottwald/Pfaller. Der Schuldner muss Einwendungen gegen den titulierten Anspruch nach § 767 durch Vollstreckungsgegenklage geltend machen, falls der Gläubiger trotz Eintritts der auflösenden Bedingung weiter vollstrecken sollte. 454 41097 BGH NJW 1999, 954. 455 51098 RG DR 1944, 290, 292; vgl. auch BGH NJW 1999, 954. 456 61099 Zum wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag Ahrens/Jestaedt Der Wettbewerbsprozeß5 (2005) Kap. 22 Rdn. 9 ff.; Melullis Handbuch des Wettbewerbsprozesses3 (2000) Rdn. 309 ff.; Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007) Kap. 51; Backsmeier Das „Minus“ beim unterlassungsrechtlichen Globalantrag (2000); Oppermann Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß (1993), S. 41 ff., 178 ff. 457 1100 7 Vgl. zu diesem Problem Ritter S. 137 ff.; Teplitzky FS Oppenhoff (1985), S. 487 ff.; Formulierungshilfen bei Großkomm/Jakobs UWG Bd. 2 (Stand 2006) Vor § 13 D Rdn. 96–164;
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Nirk/Kurtze Wettbewerbsstreitigkeiten2 (1992) Rdn. 223 ff. 458 1101 8 Vgl. dazu Schubert ZZP 85 (1972), 29 ff. 459 91102 Dies gilt jedenfalls dann, wenn man mit Schubert ZZP 85 (1972), 29, 33 ff. die Kerntheorie ablehnt, nach der sich die Rechtskraftwirkung eines Unterlassungsurteils auch auf solche veränderte Verletzungsformen erstreckt, die den Kern des Verbots unberührt lassen. Vgl. auch BGH NJW 1991, 1114, 1115; Ritter S. 150 ff.; zur Kerntheorie des BGH vgl. BGHZ 5, 189, 193 f. = NJW 1952, 665 (LS); BGH GRUR 1961, 288, 290 − „Zahnbürsten“; vgl. auch Oppermann WRP 1989, 713, 715; ebenfalls ablehnend Melissinos S. 154; Borck WRP 1979, 180, 184 f. 460 1103 10 BGHZ 156, 1, 10 = NJW 2003, 3406, 3408 = GRUR 2003, 958, 960 − „Paperboy“; BGH GRUR 2003, 886, 887 − „Erbenermittler“; BGH GRUR 1991, 254, 256 − „Unbestimmter Unterlassungsantrag I“; BAG NZA 2003, 1221, 1223; vgl. OLGR Köln 2006, 472, 474; Fritzsche Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage (2000), S. 564: die Verlagerung in das Vollstreckungsverfahren ist der wichtigste Aspekt. 461 1104 11 Fritzsche Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage (2000), S. 564: dies wird nicht immer klar gesehen; Oppermann Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß (1993), S. 44 f.
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letzungsform orientierter und unter Umständen zu weit gefasster Klageantrag durchaus dem Bestimmtheitserfordernis genügen und lediglich an der Begründetheit scheitern.462 Ein Unterlassungsantrag ist beispielsweise (teilweise) unbegründet, wenn er durch eine zu weite Verallgemeinerung über den bestehenden Anspruch hinausgeht,463 insbesondere wenn er auch Handlungen einbezieht, die nicht wettbewerbswidrig sind.464 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein zu weit gefasstes − und damit unbegründetes − Unterlassungsbegehren, dem eine konkrete wettbewerbswidrige Werbemaßnahme zugrunde liegt, in der Regel die konkrete Verletzungsform als ein Minus umfasst,465 so dass der Unterlassungsantrag nur insoweit als unbegründet abzuweisen ist, als er über die konkrete Wettbewerbsmaßnahme hinausreicht. Durch einen „insbesondere“ Zusatz466 kann der Kläger im Rahmen eines abstrakt formulierten Unterlassungsantrags zur Konkretisierung − beispielhaft − auf die konkrete Verletzungsform Bezug nehmen,467 um einen verallgemeinernden, unbestimmten Antrag hinsichtlich der konkreten Verletzungshandlung bestimmt zu machen468 oder469 das Charakteristische der konkreten Wettbewerbsverletzung zu verdeutlichen.470 Dadurch kann dem Gericht eine Auslegungshilfe471 gegeben und dem Beklagten die Möglichkeit genommen werden, durch abweichende Formen der Verletzungshandlung den Unterlassungsbefehl des Urteils zu umgehen, ohne dass der Zusatz eine Einschränkung oder Erweiterung des Antrags wäre472 und einen eigenen Streitgegen-
1105 1462 BGH GRUR 1954, 70; BGH GRUR 1957, 561, 564; BGH GRUR 1963, 218; BGH GRUR 1976, 44; BGH LM Nr. 34 zu § 253 ZPO; BGH NJW 1999, 1332, 1334; BGH GRUR 2000, 436, 437 − „Ehemalige Herstellerpreisempfehlung“; BGH GRUR 2000, 907, 908 − „Filialleiterfehler“; BGH GRUR 2001, 255 − „Augenarztanschreiben“; BGH GRUR 2002, 75, 76 − „SOOO ... BILLIG“; BGH GRUR 2002, 187, 188 − „Lieferstörung“; BGH GRUR 2002, 1095 − „Telefonische Vorratsanfrage“; BGH NJW-RR 2002, 1466, 1467 − „Gewinnspiel im Radio“; OLG Karlsruhe WRP 1978, 809, 811; OLG Saarbrücken WRP 1990, 549, 550 − „Sektsonderangebot“; Hefermehl/Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 12 Rdn. 2.36; Doepner WRP 1974, 691; Teplitzky FS Oppenhoff (1985), S. 487, 492 f.; Mellulis Handbuch des Wettbewerbsprozesses3 (2000), S. 326 ff.; Ahrens/Jestaedt Der Wettbewerbsprozeß5 2005, Kap. 22 Rdn. 8; Brandner/ Bergmann WRP 2000, 842, 843; Borck WRP 2000, 824, 825. 463 21106 BAG DB 1994, 887, 888; andererseits ist eine gewisse Verallgemeinerung zur Vermeidung von unnötigen, einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Rechtsstreitigkeiten nach ständiger Rechtsprechung zulässig, wenn das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt und der Kern des Verbots unberührt bleibt, BGH GRUR 1991, 138; BGH GRUR 1996, 800, 802; BGH NJW 1998, 604, 605. 464 31107 BGH NJW-RR 1992, 1318, 1319 − „Clementinen“; BGHZ 126, 287, 295 f. = NJW 1994, 2820, 2822 − „Rotes Kreuz“; BGH NJW 1999, 1332,
1334 − „Vorratslücken“; vgl. auch BGH NJWRR 2001, 329, 330 − „Lieferstörung“. 465 41108 BGH NJW 1999, 2193 − „Auslaufmodelle II“; BGH GRUR 2001, 176, 178 − „Myalgien“; BGH GRUR 2004, 605, 607 − „Dauertiefpreise“; Backsmeier Das „Minus“ beim unterlassungsrechtlichen Globalantrag (2000), S. 99, 105 f., 121. 466 51109 Andere mögliche Formulierungen: BGH GRUR 1996, 793, 796 − „Fertiglesebrillen“ („wenn dies z.B. wie folgt geschieht“); OLG Hamm GRUR 1991, 395, 396 („wie z.B ...“); vgl. dazu Kurtze FS Nirk (1992), S. 571, 575. 467 1110 6 BGH GRUR 1991, 772, 773 − „Anzeigenrubrik I“. 468 71111 BGH GRUR 1996, 793, 796 − „Fertiglesebrillen“; BGH GRUR 1996, 421 − „Effektivzins“. 469 81112 Der „insbesondere“-Zusatz kann somit eine Sachabweisung (weil zu weitgehend) und eine Prozessabweisung (weil unbestimmt) verhindern, vgl. Kurtze FS Nirk (1992), S. 571, 576 f., 582; anders wohl BGH NJW-RR 1993, 936, 937; Hefermehl/Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 12 Rdn. 2.44: nur Konkretisierungsgebot. 470 91113 BGH NJWE-WettbR 1999, 25, 27 − „Handy für 1 DM“; Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007), Kap. 51 Rdn. 37; Kurtze FS Nirk (1992), S. 571, 580 sieht darin die alleinige Funktion des „insbesondere Zusatzes“. 471 1114 10 BGH GRUR 2002, 86, 88; BGH GRUR 1997, 767, 768 = NJW-RR 1997, 1133. 472 1115 11 Hefermehl/Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 12 Rdn. 2.46.
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stand begründen würde.473 Dabei muss der mit „insbesondere“ eingeleitete Teil des Klageantrags ebenfalls bestimmt sein.474 Der Antrag ist auch dann unbestimmt, wenn das im Zusatz gebrachte Beispiel nicht von der allgemeinen Formulierung des Antrags gedeckt ist.475 Der insoweit widersprüchliche Antrag wäre unbestimmt und die Klage damit unzulässig.476 Jedoch kann der Zusatz als Auslegungshilfe auch deutlich machen, dass der Kläger „quasi hilfsweise“ die Unterlassung der konkret beanstandeten Verhaltensweisen begehrt, wenn der abstrakt formulierte Antrag bei Gericht für unzulässig oder unbegründet befunden wird.477 Insoweit wirkt der Zusatz durch seine Erläuterungsfunktion wie ein „Minus“ (vgl. Rdn. 111) auch als „Quasi-Hilfsantrag“.478 Trotz strenger − dogmatischer – Trennung greifen Bestimmtheits- und Konkretisierungsgebot in der Praxis ineinander.479 So muss insbesondere die Zulässigkeit von verallgemeinerungsfähigen Formulierungen im Antrag unter dem Gesichtspunkt „kerngleicher Handlungen“ in der Begründetheit, aber auch − mittelbar − in der Zulässigkeit der Klage berücksichtigt werden.480 Welche Verallgemeinerung das Charakteristische der Verletzungshandlung (Kernbereich) überschreitet (Klage unbegründet) und welche Formulierung so abstrakt ist, dass Inhalt und Umfang des Klagegegenstandes unklar sind (Klage unzulässig), ist eine Frage des Einzelfalls.481 Ist der Unterlassungsantrag auf das Verbot der Handlung gerichtet, so wie diese begangen worden ist, ist die Bestimmtheit iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 idR unproblematisch.482 Ein Unterlassungsantrag muss die zu unterlassende Handlung so genau wie möglich umschreiben.483 Sollen mehrere Handlungen unterlassen werden, genügt eine „oder“- Formulierung.484 Hat das Verbot der Verletzungshandlungen jedoch unterschiedliche tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen, müssen diese in gesonderten Anträgen umschrieben werden.485 Allerdings sind unbestimmte Klageanträge der Auslegung unter Berücksichtigung der Klagebegründung oder des Sachvortrags zugäng1116 1473 BGH GRUR 1996, 793, 796 − „Fertiglesebrillen“; BGH GRUR 1991, 772, 773 − „Anzeigenrubrik I“ (eine Anschlussberufung allein über den Zusatz scheidet insoweit aus); Kurzte FS Nirk (1992), S. 571, 580. 474 1117 2 BGH GRUR 2002, 86, 88 − „Laubhefter“; BGH GRUR 1997, 767, 768 = NJW-RR 1997, 1133. 475 31118 BGH GRUR 1993, 565, 566 − „Faltenglätter“. 476 41119 Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007) Kap. 51 Rdn. 38. 477 51120 BGH GRUR 2003, 886, 887 − „Erbenermittler“; BGH NJWE-WettbR 1999, 25 = WRP 1999, 509, 511. 478 1121 6 Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007) Kap. 51 Rdn. 36; Borck WRP 2000, 824, 827; Hefermehl/Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 12 Rdn. 2.46; Ahrens/Jestaedt Der Wettbewerbsprozeß5 (2005), Kap. 22 Rdn. 28 Fn. 198. 479 71122 Vgl. BGH GRUR 1973, 201, 202 – Trollinger; BGH GRUR 1977, 260, 261 – Friedrich-KarlSprudel; BGH GRUR 1992, 561, 562 Unbestimmter Unterlassungsantrag II; Großkomm/ Jakobs UWG7 (1993) Vor § 13, D Rdn. 102; vgl. auch Brandner/Bergmann WRP 2000, 842, 843; aA Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007) Kap. 51 Rdn. 11 f.; für eine strenge Tren-
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nung nun auch Ahrens/Jestaedt Der Wettbewerbsprozeß5 (2005), Kap. 22 Rdn. 8 Fn. 40. 480 81123 Backsmeier Das „Minus“ beim unterlassungsrechtlichen Globalantrag (2000), S. 81; Fritzsche Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage (2000), S. 563; Borck WRP 2000, 824, 826; Brandner/Bergmann WRP 2000, 842, 843 (verschiedene Stufen der Verallgemeinerung); auch Teplitzki FS Oppenhoff (1985), S. 486, 493 f. spricht von einem mittelbaren Zusammenhang. Vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 12 Rdn. 2.37 (Bestimmtheitsgebot) und 2.44 (Konkretisierungsgebot). 481 91124 Vgl. BGH NJW 1999, 3638, 3639 − „Kontrollnummernbeseitigung“ (hier war der Antrag noch bestimmt genug, aber materiellrechtlich zu weitgehend); BGH GRUR 2002, 177, 179 − „Jubiläumsschnäppchen“ (hier zulässig und begründet). 482 1125 10 BGH GRUR 2001, 453, 454 = NJW-RR 2001, 684 − „TCM-Zentrum“. 483 1126 11 BGHZ 156, 1, 10 = NJW 2003, 3406, 3408 = GRUR 2003, 958, 960 − „Paperboy“; OLGR Frankfurt 2002, 290, 292. 484 1127 12 Ahrens/Jestaedt Der Wettbewerbsprozeß5 (2005), Kap. 22 Rdn. 16. 485 1128 13 BGHZ 156, 1, 10 = NJW 2003, 3406, 3408 = GRUR 2003, 958, 960.
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lich (dazu unten Rdn. 147).486 Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Klageantrag kann jedoch nur ausnahmsweise hingenommen werden, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe oder Bezeichnungen kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite des Antrags feststeht.487 Etwas anderes gilt aber dann, wenn zwischen den Parteien Streit besteht, ob das beanstandete Verhalten unter einen auslegungsbedürftigen Begriff fällt. Bei dieser Sachlage darf der fragliche Begriff in der Urteilsformel nicht verwendet werden, weil sonst der im Erkenntnisverfahren beizulegende Streit in das Vollstreckungsverfahren verlagert würde.488 Zweifel begründende und damit unbestimmte Formulierungen liegen vor, wenn hinreichend bestimmte Merkmale zur Abgrenzung von unzulässigem und noch zulässigem Verhalten des Schuldners fehlen.489 Soll nach Auslegung im Einzelfall mit dem allgemein formulierten Antrag nur darauf hingewiesen werden, dass auch „kerngleiche Handlungen“ von der Unterlassungsverpflichtung erfasst sind, ist der Antrag bestimmt.490 Enthält der Antrag dagegen ein Verbot, mit dem das untersagte Verhalten lediglich beispielhaft umschrieben ist und auch nur ähnliche Handlungen einbezogen sind, ist er nicht hinreichend bestimmt.491 So wurde die Formulierung „Aussagen ähnlich wie“ im Einzelfall für zu unbestimmt gehalten,492 die Formulierung „Aussagen wie ...“ dagegen nicht.493 Bestimmt genug sind Formulierungen wie: „wörtlich und sinngemäß“494, „warenzeichenmäßig“495 und „markenmäßig“496, „im geschäftlichen Verkehr“497 usw498, soweit deren Inhalt und Bedeutung im Einzelfall nicht umstritten sind. Klageanträge, die auslegungsbedürftige Formulierungen enthalten wie „eindeutig und unübersehbar“499, „angemessen“, „in ähnlicher Weise“500, „unüberhörbar“501, „marktübliche Preise“502, genügen nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz.503 Ebenso wenig genügt ein Unterlassungsantrag für Handlungen, die auf einer rechtlich erst vorzunehmenden Beurteilung beruhen, den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 486 1129
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Vgl. BGH NJW 1995, 3187; BGH GRUR 1975, 491; BGH GRUR 1979, 116, 117; BGH GRUR 1981, 827, 828; BGH GRUR 1983, 650, 651; BGH GRUR 1984, 593, 594; OLG Frankfurt MDR 1977, 56; OLGR Frankfurt 2002, 290, 292; OLG Hamburg WRP 1974, 163, 165; vgl. aber Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007), Kap. 51 Rdn. 10. 487 21130 BGH GRUR 1996, 796, 797 − „Setpreis“; BGH NJW-RR 1992, 1068, 1069. 488 31131 BGH NJW 2002, 376, 377; BGH NJW 2000, 2195, 2196; BGH NJWE-WettbR 1998, 169, 170; BGH NJW-RR 1998, 835; BGH NJW-RR 1992, 1068, 1069; BGH NJW 1991, 1114. 489 1132 4 BGH NJW-RR 1993, 936, 937 − „Faltenglätter“. 490 1133 5 BGH GRUR 2002, 177, 179 − „Jubiläumsschnäppchen“; vgl. auch BGH GRUR 2002, 1088, 1089 − „Zugabenbündel“; BGH GRUR 1977, 114, 115 − „VUS“. 491 61134 BGH GRUR 2002, 177, 179 − „Jubiläumsschnäppchen“; BGH NJW 1991, 1114 – „Unbestimmter Unterlassungsantrag I“; BGH NJWRR 1999, 338 – „Wheels Magazine“. 492 1135 7 BGH GRUR 1991, 254, 256 = BGH NJW 1991, 1114, 1115 − „Unbestimmter Klageantrag“. Ist dagegen die Werbeaussage konkret bezeichnet und nur bezüglich des Geltungsbereichs des Verbots auf Zeitungsanzeigen und ähnliche öffentliche Mitteilungen Bezug genommen, ist der An-
trag bestimmt genug, vgl. OLG Hamm GRUR 1990, 383, 384. 1136 8493 BGH GRUR 2002, 177, 178 f. = NJW 2001, 3710, 3711 − „Jubiläumsschnäppchen“. 494 91137 BGH GRUR 1977, 114, 115 − „VUS“. 495 1138 10 BGH GRUR 1988, 776, 777 − „PPC“. 496 1139 11 BGH GRUR 1991, 138 − „Flacon“. 497 1140 12 BGH GRUR 1962, 310, 312 − „Gründerbildnis“. 498 1141 13 Vgl. BGH GRUR 1996, 796, 797 − „Setpreis“ („Geräte der Unterhaltungselektronik“); BGH GRUR 2000, 619, 621 − „Orient-Teppichmuster“; BGH GRUR 1989, 179, 180 − „Patientenwerbung“ (potentielle Patienten); zu weiteren Rechtsprechungsbeispielen vgl. Ahrens/Jestaedt Der Wettbewerbsprozeß5 (2005) Kap. 22 Rdn. 12 ff. 499 1142 14 BGH GRUR 1978, 649, 650 − „Elbe-Markt“; BGH GRUR 1979, 116, 117 − „Der Superhit“. 500 1143 15 LG Bonn WRP 1976, 635, 637. 501 1144 16 BGH MDR 1979, 31; BGH GRUR 1991, 254, 256 mit Anerkennung von Ausnahmen; vgl. auch BGH GRUR 1992, 406; BGH NJW 1999, 3638. 502 1145 17 BGHZ 144, 255, 263 = NJW 2000, 3351, 3352 = GRUR 2000, 1076, 1077 f. − „Abgasemissionen“. 503 1146 18 BGH GRUR 1991, 254, 256 „Unbestimmter Unterlassungsantrag I“; vgl. auch die Beispiele bei Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007) Kap. 51 Rdn. 8b.
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Abs. 2 Nr. 2, wie z.B. die Formulierung „Bestellungen, auf die wie in den mit der Klage beanstandeten Fällen deutsches Recht anwendbar ist“.504 Die Verwendung der Begriffe „Beiträge, die inhaltlich Werbung sind“ ist nicht geeignet, das Charakteristische des begehrten Verbots und dessen Grenzen mit der prozessual hinreichenden Deutlichkeit zu kennzeichnen,505 ebenso wenig der Begriff der „unmissverständlichen506 und unübersehbaren“ Aufklärung507 oder „überwiegend pauschale Anpreisung“,508 „zur Verwechslung mit ... geeignet“,509 „sonst verwechslungsfähige Bezeichnungen“510 sowie ein „deutlicher und auch für den flüchtigen Leser wahrnehmbarer Hinweis“.511 Der Antrag, es zu unterlassen, einen näher beschriebenen „Eindruck zu erwecken“, ist mangels Bestimmtheit unzulässig, wenn nicht zugleich in ihm die konkreten Umstände einbezogen werden, auf denen der Eindruck beruht.512 Der Antrag es zu verbieten, „im Rahmen eines Schlussverkaufs“ näher bezeichnete (nicht schlussverkaufsfähige) Waren „zum Verkauf zu stellen“, ist nicht hinreichend bestimmt iSv § 253 Abs. 2 Nr. 2.513 Dagegen ist ein Unterlassungsantrag, Waren zu bewerben, von denen kein 3-Tages-Vorrat vorhanden ist, bestimmt genug.514 Auch ein Antrag, es dem Schuldner zu verbieten, in Verbindung mit den Kunden des Gläubigers zu treten, ist als hinreichend bestimmt anzusehen, auch wenn die Kunden nicht im Einzelnen namhaft gemacht sind.515 Unbestimmt ist aber der Verbotsantrag, der sich allgemein auf Kunstwerke bezieht, „hinsichtlich deren die Klägerin die Rechte gem. §§ 16 und 17 UrhG wahrnimmt“, weil nicht erkennbar ist, welche Künstler von der Klägerin vertreten werden.516 Kann der Gegenstand, auf den sich eine Verurteilung zur Unterlassung bezieht, nicht mit Worten umschrieben werden,517 genügt eine Aufnahme einer Abbildung des betreffenden Gegenstands in den Klageantrag oder die Bezugnahme auf beigefügte Anlagen wie z.B. Fotos, Zeichnungen, Kino- und Fernsehfilme oder Software.518 Auch ein auf die Verurteilung zur Unterlassung gerichteter Klageantrag, der sich darauf beschränkt, die Tatbestandsmerkmale des Gesetzes, auf das er sich stützt, wiederzugeben,519 ist grundsätzlich unbestimmt,520 es sein denn, das Gesetz selbst be504 1147
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BGH GRUR 1992, 561, 562 = NJW-RR 1992, 1068, 1069 − „Unbestimmter Unterlassungsantrag II“. 505 1148 2 BGH NJW-RR 1993, 936, 937 − „Faltenglätter“. 506 31149 Dagegen ist ein Verbotsantrag mit der Formulierung, „Kennzeichnungen zu verwenden, die nicht unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass der genannte Zinssatz auf der Basis der Kreditkosten eines Jahres berechnet ist“ bestimmt genug, BGH NJW 1996, 1759. 507 1150 4 BGH NJWE-WettbR 1998, 169, 170. 508 1151 5 BGH NJW-RR 1998, 835, 837. 509 61152 BGH GRUR 2002, 86, 88 − „Laubhefter“; BGH NJW 1980, 700, 701 (Körperpflegemittel in Aufmachungen, die mit handelsüblichen Verkaufseinheiten verwechslungsfähig sind); kritisch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 93 aE. 510 1153 7 BGH GRUR 1963, 430, 431 − „Erdener Treppchen“. 511 81154 OLG Koblenz WRP 1993, 343, 344 f. 512 91155 OLG Hamburg NJW-RR 1994, 290; dasselbe gilt für den unbestimmten Begriff der „sinngemäßen Behauptung“, OLG Koblenz GRUR 1988, 142, 143.
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10 OLG Koblenz GRUR 1987, 296. 514 1157 11 BGH GRUR 1987, 52, 53 − „Tomatenmark“. 515 1158 12 OLG Koblenz NJW-RR 1987, 95, 96. 516 1159 13 BGHZ 85, 1, 10 = NJW 1983, 1196, 1198. 517 1160 14 Ist jedoch eine begriffliche Umschreibung ohne Weiteres möglich, so ist die alleinige Konkretisierung des Antrags durch Bezugnahme auf ein vorgelegtes Objekt nicht ausreichend, LG Karlsruhe NJWE-WettbR 1999, 208, 209 („Fotokopie“Unterlassungsanträge). 518 1161 15 BGHZ 142, 388, 391 f. = NJW 2000, 2207, 2208 − „Musical-Gala“ (eine körperliche Verbindung ist nicht erforderlich); BGH GRUR 2003, 786, 787 − „Innungsprogramm“; BGH NJW 1992, 1691, 1692 − „Ortspreis“; allerdings ist eine Bezugnahme auf eine rd. 600 Seiten starke Sammlung von Urkunden, ohne die Bezugnahme im Einzelnen zu spezifizieren, unzulässig, BAG NJW 1989, 3237; zur Bestimmtheit von Software BGH GRUR 1991, 449, 450 − „Betriebssystem“. 519 1162 16 Vgl. dazu Brandner/Bergmann WRP 2000, 842. 520 1163 17 BGH GRUR 2003, 886, 887 − „Erbenermittler“; BGH NJW 2000, 1792, 1794 − „Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge“; BGH NJW
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stimmt schon konkret genug die verbotene Handlung521 und es besteht kein Streit darüber, welche von mehreren Verhaltensweisen dem Verbotstatbestand der Norm unterfällt.522 Dasselbe gilt, wenn durch eine gefestigte Auslegung der Anwendungsbereich der Norm geklärt ist523 oder der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert.524 Im Falle eines zu unbestimmten Antrags ist dem Kläger nach entsprechendem Hinweis gem. § 139 Abs. 1 S. 2 die Möglichkeit zu geben, den Antrag zu konkretisieren.525 Beurteilt erst der BGH − wie oft − den Klageantrag als zu unbestimmt, so weist er unter Berufung auf die Grundsätze des Vertrauensschutzes und des fairen Verfahrens ausnahmsweise nicht die Klage als unzulässig ab, sondern verweist sie zurück an die Vorinstanz, um dem Kläger dort die Möglichkeit zu geben, seinen Antrag hinreichend bestimmt neu zu formulieren.526 Es ist jedoch nicht Sache des Gerichts, einem unbestimmten und damit unzulässigen Antrag im Wege der Hinwirkungs- und Hinweispflicht einen zulässigen Wortlaut und Inhalt zu geben.527 Schließlich verpflichtet § 139 das Gericht auch nicht, den Kläger zu einem Antrag zu veranlassen, der auf einem anderen als dem bisher vorgetragenen Sachverhalt beruht und mit dem deshalb ein neuer Streitgegenstand in den Prozess eingeführt werden würde.528 Auch im Patentrecht ist streng zwischen Bestimmtheits- und Konkretisierungsgebot zu unterscheiden. Ein Klageantrag, der die Patentansprüche des Klagepatents wiedergibt und darauf gerichtet ist, Verletzungen des so angegebenen Gegenstands des Klagepatents zu unterlassen, ist nicht unbestimmt.529 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ein solcher Antrag gegen das Konkretisierungsgebot verstößt und die Klage damit unbegründet ist. Dass der Klageantrag 1995, 3187, 3188 − „Verbraucherservice“; OLG Koblenz GRUR 1985, 60, 61: Der Antrag, es zu unterlassen, Kunden ... außerhalb der Öffnungszeiten des Ladenschlussgesetzes Waren anzubieten und/oder zu verkaufen, sofern es sich nicht um ein Ausbedienen handelt, ist nicht hinreichend bestimmt; OLG Zweibrücken NJW-RR 1987, 1526; OLG Hamm NJWE-WettbR 2000, 63 (§ 38a GWB a.F., § 23 GWB n.F.); kritisch Brandner/Bergmann WRP 2000, 842, 844. 1164 1521 BGH GRUR 1989, 835 − „Rückkehrpflicht III“ zu § 49 Abs. 4 S. 3 PBefG. 522 21165 BGH GRUR 2003, 886, 887 − „Erbenermittler“; BGH NJW 1992, 1691, 1692 − „Ortspreis“. 523 31166 BGH GRUR 2003, 886, 887 − „Erbenermittler“. 524 1167 4 BGH GRUR 2003, 886, 887 − „Erbenermittler“; BGH GRUR 2001, 529, 531 − „Herz-KreislaufStudie“; BGH NJW 1995, 3187, 3188 − „Verbraucherservice“ zu einem Verbot nach § 1 Abs. 1 RabattG, das mit Wirkung vom 25.7.2001 ersatzlos aufgehoben worden ist (Auslegung des Antragsinhalts auch unter Heranziehung des Sachvortrags); OLGR München 1994, 19 (Die konkrete Verletzungshandlung entspricht in ihrer zulässigerweise abstrahierten Form genau dem Gesetzeswortlaut). 525 51168 Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007), Kap. 51, Rdn. 1 mwN, weist darauf hin, dass diese Pflicht im wettbewerbsrechtlichen Un-
terlassungsprozess ernst genommen werden muss; vgl. auch Danelzik WRP 1999, 18 ff. 1169 6526 BGHZ 156, 1, 10 = NJW 2003, 3406, 3408 = GRUR 2003, 958, 960 − „Paperboy“; BGH GRUR 1991, 254, 257 – „Unbestimmter Unterlassungsantrag I“; BGH GRUR 1998, 489, 492 = NJW-RR 1998, 835, 837 − „Unbestimmter Unterlassungsantrag III“. Gleiches gilt bei Unbegründetheit der Klage wegen Verletzung des materiellrechtlichen Konkretisierungsgebots BGH GRUR 2003, 886, 887; BGH GRUR 2002, 187, 188 − „Lieferstörung“. 527 71170 Vgl. nur BGH GRUR 1991, 254, 257 „Unbestimmter Unterlassungsantrag I“. 528 81171 BGH NJW-RR 2001, 1547, 1549 = WRP 2001, 1073, 1076 − „Gewinn-Zertifikat“. 529 91172 BGHZ 162, 365, 367 f. = GRUR 2005, 569, 570 − „Blasfolienherstellung“; OLG Hamburg Urt. v. 4.9.2003 –3 U 67/01– (Gründe zu I 2 bei juris) ließ es ausreichen, dass die als patentverletzend angegriffene Vorrichtung durch Fotos dokumentiert ist und auf die Fotos als Anlage zum Verbotsanspruch Bezug genommen wird. Ein solcher Klageantrag ist auch ohne wörtliche Umschreibung des Verbotsgegenstands hinreichend bestimmt, wenn in der Klagebegründung die angegriffene Vorrichtung in allen technisch charakteristischen Einzelheiten diskutiert wird.
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möglicherweise inhaltlich zu weit geht, ist für die Zulässigkeit (Bestimmtheit) der Klage unbeachtlich.530 Die Schwierigkeit der Antragsfassung bei Unterlassungsklagen im Patentrecht besteht darin, dass sich der Schutzbereich des Patents gem. § 14 PatG nach dem Inhalt der Patentansprüche bestimmt. Wird insoweit auf Unterlassung von Herstellung oder Vertrieb des gegnerischen Produkts geklagt, ist das Charakteristische der Verletzungshandlung durch Wiedergabe des Wortlauts des Patentanspruchs möglich, wenn eine identische − wortlaut- bzw wortsinngemäße – Verletzung des Klagepatents vorliegt,531 wobei die einzelnen Merkmale nur insoweit abgewandelt, konkretisiert oder ersatzlos gestrichen werden müssen, wie es durch die Abweichung der angegriffenen Ausführungsform geboten ist.532 Besteht Streit über die Verwirklichung eines Merkmals im Patentanspruch, müssen dagegen die Umstände, aus denen sich nach dem Klagevorbringen die Benutzung des Patentanspruchs ergeben soll, im Klageantrag konkret bezeichnet werden.533 Liegt eine äquivalente534 Verletzung vor, genügt die bloße Wiedergabe der Patentansprüche nicht, um die Verletzungsform konkret zu bezeichnen.535 Der Kläger muss vielmehr einen die konkrete Verletzungsform umschreibenden Unterlassungsantrag stellen.536 Im Presserecht findet sich dieselbe Unterscheidung. Während ein Antrag mit dem Begehren es zu unterlassen, künftig Bildnisse aus dem privaten Alltag wie geschehen zu veröffentlichen als unbestimmt und mithin unzulässig eingestuft wird, ist ein Antrag es zu unterlassen, dass dem Beklagten über die konkret veröffentlichten Bilder hinaus auch untersagt werden soll, zwar identische, aber im Kern gleichartige Bilder der Klägerin zu veröffentlichen bestimmt genug.537 Ein solcher Antrag kann aber unter dem Aspekt des dem Kläger (nicht) zustehenden materiellrechtlichen Anspruchs unbegründet sein. Die Prüfung der materiellen Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung ohne Einwilligung des Abgebildeten fordert nämlich in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatspähre, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann.538 Das Konkretisierungsgebot erfordert es, dass der materielle Unterlassungsanspruch jeweils an eine konkrete Verletzungsform anknüpft.539 Wegen der Besonderheiten der immissionsrechtlichen Unterlassungsklage sind hier Klageanträge mit dem Gebot zulässig, allgemein Störungen bestimmter Art, wie z.B. Geräusche und Gerüche zu unterlassen.540 Dies ist teilweise deshalb geboten, weil 1173 1530 BGHZ 162, 365, 368 = GRUR 2005, 569, 570 − „Blasfolienherstellung“. 531 21174 BGH GRUR 1986, 803, 806 − „Formstein“; Mes PatG/GebrMG2 (2005) § 139 Rdn. 144. 532 31175 Vgl. Meyer-Beck GRUR 1998, 276, 277. 533 41176 BGHZ 162, 365, 373 = GRUR 2005, 569, 572 − „Blasfolienherstellung“ (Darauf hat das Gericht gem. § 139 Abs. 1 hinzuwirken). 534 51177 Vgl. Mes PatG/GebrMG2 (2005) § 14 PatG Rdn. 51 ff.; Meier-Beck GRUR 2003, 905, 907; Osterloh GRUR 2001, 989 ff. 535 1178 6 Meier-Beck GRUR 1998, 276, 278 (Der Antrag darf nicht dem Wortlaut des Patentanspruchs folgen, sondern es muss auf die geltend gemachten gleichwirkenden Mittel abgestellt werden). 536 71179 BGH GRUR 1986, 803, 806 − „Formstein“. 537 81180 BGH NJW 2008, 1593 f.; KGR Berlin 2007, 195, 196.
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538 91181 BGH NJW 2008, 1593, 1594. 539 1182 10 KG NJW-RR 2007, 109, 110. 540 1183 11 RGZ 40, 182, 184; RGZ 60, 120, 121; RG JW 1900, 501; BGH NJW 1958, 1776 f. = LM Nr. 5 zu § 906 BGB; BGH NJW 1983, 751, 752; BGHZ 121, 248, 251 = NJW 1993, 1656, 1657 = JR 1994, 61 mit Anm. Roth; BGHZ 140, 1, 3 = NJW 1999, 356, 357, wonach sich nicht einmal ein konkreter Maßstab aus den Entscheidungsgründen ergeben muss. Es müsse deshalb hingenommen werden, dass auch der Streit über die Wesentlichkeit von Immissionen gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren erneut entschieden werden muss. Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann er auch auf Vornahme einer konkreten Beseitigungsmaßnahme lauten; BGHZ 29, 314, 317 = NJW 1959, 936, 937 f. (wenn von den Beteiligten nur eine bestimmte Maßnahme zur Verhinderung weiterer
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die Art der Beseitigung der rechtswidrigen Immissionsbeeinträchtigungen im Allgemeinen dem beklagten Störer überlassen bleiben muss,541 teilweise aber auch wegen der Unmöglichkeit, das Maß unzulässiger Einwirkungen in Worte zu fassen.542 Allerdings muss der erstrebte Erfolg konkret bezeichnet sein.543 Bei Lärmbelästigungen muss möglichst genau angegeben werden, zu welcher Zeit, in welcher Form und mit welchen Auswirkungen sie zu unterlassen sind, die Festlegung eines bestimmten Schallpegels ist jedenfalls bei tierischen Lautäußerungen nicht erforderlich.544 Die Beschränkung im Antrag auf „Zimmerlautstärke“ ist bestimmt genug.545 Da Gerüche ebenso nicht messbar sind, genügt ein Antrag auf Unterlassung „wesentlicher Geruchsimmissionen“.546 Ein Antrag, die Störung der ungehinderten Besitzausübung zu unterlassen, ist nicht bestimmt genug.547 Die Störung muss vielmehr konkret bezeichnet werden, die Art der Erfüllungsmaßnahmen ist dagegen dem Schuldner zu überlassen. Auch für den Antrag im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren gilt das Bestimmtheitsgebot gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2.548 Um der gerichtlichen Entscheidung einen vollstreckbaren Inhalt zu geben und die Verteidigung des Antragsgegners zu ermöglichen, muss der Unterlassungsantrag auf einzelne tatbestandlich umschriebene konkrete Handlungen bezogen sein und die betrieblichen Fallgestaltungen eindeutig umschreiben;549 die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner zu unterlassen hat, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden.550 Schließlich muss der Schuldner aus rechtsstaatlichen Gründen Klarheit darüber haben, in welchen Fällen er durch Verhängung eines Ordnungsgeldes bestraft werden kann.551 Eine nähere Konkretisierung von (aktiven) Maßnahmen, die notwendig sind, um der Unterlassungsverpflichtung nachzukommen, kann im Erkenntnisverfahren nicht verlangt werden. Es ist vielmehr Sache des Arbeitgebers, die nach den konkreten Umständen erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zu treffen.552 Ist zwischen den Störungen in Betracht gezogen wird); BGHZ 67, 252, 253 = NJW 1977, 146; BGH NJW 1983, 751 f.; BayObLG NJW-RR 2001, 156, 157; LG Itzehoe NJW-RR 1995, 978, 979. Zur Fassung des Klageantrags bei einer Beseitigungsklage gem. § 1004 BGB Schneider MDR 1987, 639 f.; Scherer DRiZ 1963, 49, 53. 1184 1541 RGZ 37, 172, 174 f.; BGHZ 67, 252, 253 = NJW 1977, 146; BGH NJW 1960, 2335; BGH LM Nr. 25 zu § 906 BGB; BGH NJW 1978, 1584, 1585; BGH NJW 1983, 751, 752; BGHZ 120, 239, 245 = NJW 1993, 925, 926; BGH, Urt. vom 26. November 2004, Az: V ZR 83/04 (Gründe zu II 2 b); OLG Oldenburg NJW-RR 1991, 653. 542 1185 2 BGH NJW 1958, 1776 f.; BGHZ 121, 248, 251 = NJW 1993, 1656, 1657 = JR 1994, 61 mit Anm. Roth; vgl. auch RG JW 1906, 749; Rassow Gruchot Beitr. 43 (1899), 681, 685. 543 31186 BGH WM 1982, 68, 69. 544 1187 4 OLG Köln MDR 1993, 1083 (Hundegebell), dazu Gaisbauer VersR 1994, 434 f.; OLG Saarbrücken WuM 1995, 269, 270 (Lärm durch Mitbewohner). 545 51188 LG Berlin NJW-RR 1988, 909, 910; LG Hamburg NJWE-MietR 1996, 6. 546 61189 BGHZ 140, 1, 3 f. = NJW 1999, 356, 357. 547 71190 OLG Düsseldorf NJW 1986, 2512; Münch-
KommBGB/Joost4 (2004) § 862 Rdn. 12; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 68. 548 81191 BAG NZA 1991, 382; BAGE 44, 226, 232 f. = AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG 1972 – Arbeitszeit; BAG AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 − Arbeitszeit; BAG AP Nr. 28 zu § 80 BetrVG 1972; ErfKomm/Eisemann ArbR8 (2008) § 81 ArbGG Rdn. 3; Germelmann/Matthes/Prütting/MüllerGlöge/Matthes ArbGG6 (2008) § 81 Rdn. 8. 549 91192 BAG NZA 2004, 670, 676 (Die Unterlassungsverpflichtung kann auch bedeuten, dass der Verpflichtete innerhalb seines Organisationsbereichs aktiv auf Dritte einwirken muss, um den Eintritt eines bestimmten Erfolgs zu verhindern); BAG NZA 1991, 382, 383 zu § 23 Abs. 3 BetrVG; BAG NZA 1987, 786, 787 f. 550 1193 10 BAG NZA 2004, 670, 676 (Das Vollstreckungsverfahren hat zu klären, ob der Schuldner einer festgesetzten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin diese besteht). 551 1194 11 BAG NZA 2003, 516, 517; BAG NZA 1991, 382, 383. 552 1195 12 BAG NZA 2004, 670, 676 (Verlangen von zumutbaren und möglichen Maßnahmen, um ein Tätigwerden seiner Arbeitnehmer außerhalb des täglichen Gleitzeitrahmens zu verhindern).
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Parteien gerade streitig, ob eine bestimmte Verfahrensweise eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme darstellt, so genügt eine auf den Wortlaut der Mitbestimmungsnorm abstellende Unterlassungsanordnung dem Bestimmtheitsgebot nicht.553 Mit der Entscheidung über den Antrag muss dann vielmehr feststehen, für welche Maßnahmen oder Vorgänge das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist.554 Ist die Mitbestimmungsverpflichtung im Einzelfall nicht umstritten, sondern verweigert der Arbeitgeber schlechthin das Mitbestimmungsrecht, so genügt ein auf den Gesetzeswortlaut abstellender Unterlassungsantrag.555 Dem Bestimmtheitsgebot wird im Einzelfall bereits ein Antrag gerecht, mit dem für viele denkbare Verfahrensweisen generell ein Mitbestimmungsrecht geltend gemacht wird (Globalantrag).556 Ob für alle von ihm erfassten Fallgestaltungen ein Mitbestimmungsrecht besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags. Erfasst der Antrag auch nur einen Fall, in dem die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht gegeben ist, ist er insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Ihm kann nicht unter Einschränkungen entsprochen werden, da es sich hier um ein „Aliud“ und nicht um ein „Minus“ (vgl. oben Rdn. 111 f. zum Wettbewerbsrecht) handelt.557 Ein Unterlassungsantrag, der auf das Verbot gerichtet ist, „Mehrarbeit“ für „Arbeitnehmer“558 im Betrieb ohne eine „ordnungsgemäße“559 Beteiligung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG anzuordnen, ist bestimmt. Auch die Unterlassungsverpflichtung, keine „Überstunden anzuordnen oder zu dulden“, genügt dem Bestimmtheitsgebot.560 Ohne namentliche Nennung der Arbeitnehmer ist dagegen der Antrag einer Gewerkschaft, den Arbeitgeber zu verurteilen, die Anwendung bestimmter Arbeitsbedingungen bei ihren Mitgliedern zu unterlassen, zu unbestimmt.561 Ist, wie im Rahmen eines Streiks, eine abschließende Aufzählung aller denkbaren Formen von rechtswidrigen Handlungen unmöglich, genügt eine begrenzte, beispielhafte Aufzählung.562 (6) Duldung. Der Antrag auf Duldung muss das zu duldende Ereignis so genau wie möglich bezeichnen. Bisweilen generalisierende Formulierungen sind dennoch nicht zu vermeiden, da andernfalls die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert bzw beseitigt werden würde.563 So muss der Vermieter bei einer Klage auf Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 554 BGB im Klageantrag die zu duldende Maßnahme nach Art und Umfang sowie den voraussichtlichen Zeitraum der Durchführung genau 553 1196
1 BAG NZA 1987, 786, 787 f. 554 21197 BAG NZA 1991, 382 f.; BAG NZA 1987, 786, 787 f.; LAG Köln NZA-RR 1998, 19, 20; ArbG Stuttgart NZA-RR 2002, 305, 307. 555 1198 3 Vgl. ErfKomm/Eisemann ArbR8 (2008) § 81 ArbGG Rdn. 3. 556 41199 BAG NZA 1995, 40, 41 = AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972 mwN zu § 87 BetrVG; BAG AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972 (. . . es zu unterlassen, eine vorübergehende Verlängerung der Arbeitszeit auf Baustellen ohne vorheriges Mitbestimmungsverfahren anzuordnen; LAG Köln NZARR 2002, 140, 141; anders noch BAGE 44, 226 = AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG 1972 – Arbeitszeit mit krit. Anm. Grunsky. 557 51200 BAG NZA 1995, 40, 44; LAG Köln NZA-RR 2002, 140, 142; aA Backsmeier Das „Minus“ beim
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unterlassungsrechtlichen Globalantrag (2000), S. 123 f. 6 Zu einem entspr. Vergleich als Unterlassungstitel im Verfahren über Ordnungsgeld BAG NJOZ 2004, 3776, 3779 f. (Leiharbeitnehmer). 559 1202 7 Zu einem entspr. Vergleich als Unterlassungstitel im Verfahren über Ordnungsgeld BAG NJOZ 2004, 3776, 3778; LAG Düsseldorf NZA-RR 2004, 154, 155. 560 1203 8 BAG AP Nr. 1 zu § 77 BetrVG 1972 – Regelungsabrede mit Anm. Raab SAE 1993, 168. 561 91204 BGH NZA 2003, 1221, 1223 f.; aA (gegen das Erfordernis einer namentlichen Nennung) Kocher NZA 2005, 140, 141 f.; Dieterich FS Wißmann (2005), S. 114, 127 und 129 ff. 562 1205 10 BAG NJW 1989, 1881, 1882. 563 1206 11 BAG NZA 2006, 798, 799. 558 1201
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angeben.564 Bei einer Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück (§ 1147 BGB) empfiehlt sich der Antrag, den Beklagten zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück und in mithaftende Gegenstände, die allerdings nicht konkret benannt werden müssen, zur Befriedigung des Klägers wegen der Hypothek und der Nebenforderung zu dulden.565 (7) Nebenforderungen, Nebenentscheidungen. Auch die Nebenforderungen, insbesondere Zinsen,566 müssen bestimmt bezeichnet sein (vgl. § 308 Abs. 1 S. 2). Bei Zinsen müssen die zu verzinsende Hauptforderung, der Zinsfaktor und die Zinsdauer angegeben werden, so dass im Zwangsvollstreckungsverfahren der zu zahlende Zins zweifelsfrei ausgerechnet werden kann. Hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes genügt die Angabe eines Prozentsatzes. Insbesondere bei den praktisch bedeutsamen Verzugsund Prozesszinsen (§§ 288, 291 BGB) ist auch ein Verweis auf den Basiszinssatz (§ 247 BGB) als variable Bezugsgröße ausreichend. Es genügt insofern die Forderung eines bestimmten Zinssatzes (z.B. 5 Prozentpunkte) über dem jeweils geltenden Basiszinssatz.567 Dies gilt zunächst für Zinsen, die für die Zukunft, also für den Zeitraum nach Klageeinreichung, verlangt werden, weil hier wegen der regelmäßigen unvorhersehbaren Veränderungen des Basiszinssatzes eine genaue Bezifferung überhaupt nicht möglich ist. Aber auch für die Vergangenheit ist die Bezugnahme auf den Basiszinssatz ausreichend. Die Berechnung der konkret angefallenen Zinsen und die Information über den jeweiligen Basiszinssatz sind weder für den Schuldner noch für den Gerichtsvollzieher unzumutbar.568 Werden − wie regelmäßig – auch für die Zukunft Zinsen verlangt, so reicht für die Angabe des Zinszeitraums der Beginn der Zinspflicht, da die Angabe des Endzeitpunkts naturgemäß nicht möglich ist. Da dem Kläger bei Klageeinreichung der Zeitpunkt der Klagezustellung noch unbekannt ist, reicht für die Forderung von Prozesszinsen für den Beginn der Zinspflicht die Bezeichnung „ab Rechtshängigkeit“. Das Gericht ersetzt diese Formulierung dann im Urteil durch den Zustellungstag. Wird kein einheitlicher Zins verlangt, z.B. höherer Zinsschaden wegen eines erforderlichen Bankkredits, muss der Kläger den Zinsantrag bei unterschiedlichen Sollzinsen während der Verzugszeit dementsprechend genau aufteilen.569 Klagt der Arbeitnehmer den Bruttolohn ein (siehe Rdn. 93), so kann er den Antrag auf Zahlung der gesetzlichen Zinsen aus dem Bruttolohn richten.570 Ein Antrag auf Verzinsung „des sich aus dem Bruttoentgelt ergebenden Nettobetrags“ ist hingegen zu unbestimmt.571 Bei Teilzahlungen ist für die Formulierung des Klageantrags § 367 BGB zu beachten, wonach die Zahlung zunächst auf die Zinsen und erst dann auf die Hauptschuld ange564 1207
Bub/Treier/Fischer Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete3 (1999) VIII Rdn. 26; Gies NZM 2003, 545, 546 mit Beispielen. 565 21208 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 100; aA diejenigen, die von einer Leistungspflicht ausgehen, so Staudinger/Wolfsteiner BGB (2002) § 1147 Rdn. 19 („den Beklagten zu verurteilen, auf Grund der Hypothek (genaue Bezeichnung) an den Kläger die Summe von ... aus dem Grundstück (genaue Bezeichnung) zu zahlen)“; so auch MünchKommBGB4/Eickmann (2004) § 1147 BGB Rdn. 23, allerdings ohne die Hypothek zu bezeichnen; vgl. auch Jost Jura 2001, 153, 154. 566 1209 3 Vgl. dazu Michel/von der Seipen Der Schriftsatz des Anwalts im Zivilprozess6 (2004), S. 91 f.; Reichenbach MDR 2001, 13 f.; Zimmermann JuS 1991, 583 ff., 674 ff. 1
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BAG NJW 2003, 2403, 2404; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 28. 1211 5568 BAG NJW 2003, 2403, 2404; Treber NZA 2001, 187, 190 ff. mwN; Reichenbach MDR 2001, 13, 14; vgl. auch zum Diskontsatz: BGH NJW 2000, 3558, 3560; BGH NVwZ 2000, 230 ff.; BGH NJW 1997, 3166, 3167; BayObLG NZM 2000, 298, 299; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 132 (Bezifferung bis zum Tag der Klageeinreichung erforderlich). 569 61212 Michel/von der Seipen Der Schriftsatz des Anwalts im Zivilprozess6 (2004), S. 91. 570 71213 BAG NJW 2001, 3570 ff. 571 81214 Vgl. hierzu BAG NZA 2000, 414, 418; Schaller/ Epplein NZA 2001, 193, 194. 4
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rechnet wird.572 Probleme ergeben sich auch bezüglich sog. Zukunftszinsen ab dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, wenn die Zinsentwicklung ungewiss ist, also insbesondere bei der Geltendmachung eines über den gesetzlichen Zinssatz hinausgehenden Verzugsschadens durch Inanspruchnahme eines laufenden Bankdarlehens.573 Während nach der h.M.574 und der gerichtlichen Praxis575 der Kläger solche Zinsschwankungen bei der Antragstellung nicht zu berücksichtigen braucht und der Beklagte einer Änderung des Zinsniveaus nach Rechtskraft des Urteils nur mit der Abänderungsklage (§ 323) begegnen kann,576 wird teilweise eine Anbindung an den Diskont (jetzt wohl Basiszins)577 oder eine Befristung bzw Bedingung der Titulierung578 gefordert. Für die Geltendmachung des über den gesetzlichen Zins hinausgehenden Zinsschadens wird auch eine Feststellungsklage vorgeschlagen, da die Abänderungsklage keinen ausreichenden Schutz bietet.579 Schließlich wird vertreten, dass die Verpflichtung des Schuldners nur für einen Zeitraum von weiteren fünf Monaten ab Urteilserlass auszusprechen ist.580 Wird Mehrwertsteuer verlangt, reicht für die Bestimmtheit des Klageantrags die Angabe des Steuersatzes. Nebenentscheidungen, namentlich die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit müssen wegen § 308 Abs. 2 nicht beantragt werden. Jedoch kann ein Antrag hinsichtlich der Kosten aus praktischen Erwägungen sinnvoll sein, da der Urteilsstempel eines Versäumnis- oder Anerkenntnisurteils oft nur auf die Klageschrift Bezug nimmt, so dass unter Umständen ein umständliches Ergänzungsverfahren notwendig werden könnte.581 Sofern ein Antrag zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erforderlich ist (vgl. §§ 710, 711 S. 2), empfiehlt sich dessen Stellung, soweit er nicht vom Verhalten des Beklagten abhängig ist, trotz § 714 bereits in der Klageschrift (vgl. auch § 714 Rdn. 2 f.).582 Die Klageschrift kann außerdem einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils enthalten für den Fall, dass der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 seine Verteidigungsbereitschaft nicht rechtzeitig anzeigt (§ 331 Abs. 3 S. 2).583 Ein Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ist seit der ZPO-Reform nicht mehr erforderlich (vgl. § 307). 1215 1572 Formulierungsbeispiel bei Michel/von der Seipen Der Schriftsatz des Anwalts im Zivilprozess6 (2004), S. 93, ebenso Zimmermann JuS 1991, 583, 584 mit Berechnungsbeispielen. 573 1216 2 Vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 308, 310; Michel/von der Seipen6 (2004), S. 92; Frühauf Die Grenzen des Zinsurteils (1998), S. 66 ff., 72; eingehend Braun ZZP 108 (1995), 319 ff.; Herr NJW 1988, 3137. 574 31217 Zöller/Greger Rdn. 16a; Braun ZZP 108 (1995), 319, 340 f., Gottwald JA 1997, 800; einschr. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 132 (über § 259, wenn der Kläger das künftige Entstehen des Verzugsschadens dartun kann und das Gericht von der Prognose über das künftige Zinsniveau überzeugt ist). 575 41218 OLG Karlsruhe NJW 1990, 1738; vgl. AG Siegburg NJW-RR 2002, 1218 f.; vgl. Kahlert NJW 1990, 1715. 576 1219 5 Vgl. BGHZ 100, 211, 213 f. = NJW 1987, 3266, 3267 = WuB VII A. § 323 ZPO 2.87 mit Anm. Braun; OLG Karlsruhe NJW 1990, 1738; Stein/ Jonas/Leipold § 323 Rdn. 7; MünchKomm/
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Gottwald § 323 Rdn. 11; Zöller/Vollkommer § 323 Rdn. 25; Braun ZZP 108 (1995), 319 ff.; Frühauf NJW 1999, 1217, 1218 ff. mwN; Münzberg JuS 1988, 345, 346. 577 61220 Vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 308, 310; Lüke DZWir 1993, 183, 189 f.; Schulze MDR 1989, 510, 511; Zimmermann JuS 1991, 674, 676 f.; dagegen Braun ZZP 108 (1995), 319, 338 f. 578 71221 So Frühauf Die Grenzen des Zinsurteils (1998), S. 76 ff., 194; ders. NJW 1999, 1217, 1221 ff. 579 81222 Frühauf Die Grenzen des Zinsurteils (1998), S. 167; ders. NJW 1999, 1217, 1219 f.; Herr NJW 1988, 3137, 3138; Schopp MDR 1989, 1, 3; vgl. auch KG NJW 1989, 305; aA Kahlert NJW 1990, 1715 ff.; Schulze MDR 1989, 510, 511. 580 91223 Frühauf NJW 1999, 1217, 1221. 581 1224 10 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 73; vgl. Stürner ZZP 91 (1978), 358, 359. 582 1225 11 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 92. 583 1226 12 Putzo AnwBl 1977, 429, 431 hält es für einen „Kunstfehler“ von Anwälten, wenn dieser Antrag nicht in der Klageschrift gestellt wird; auch Hartmann JR 1977, 181, 182 rät dazu.
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(8) Feststellungsantrag. Das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags gilt auch für die Feststellungsklage (siehe § 256 Rdn. 268).584 Allerdings unterliegen Leistungsund Feststellungsklage bezüglich der Bestimmtheit des Klageantrags nicht den gleichen Anforderungen.585 Die Bestimmtheit des Klageantrags bei einer Leistungsklage ist insbesondere im Hinblick darauf zu prüfen, dass die begehrte Entscheidung vollstreckt werden kann. Demgegenüber genügt für die erforderliche Bestimmtheit des Klageantrags bei einer Feststellungsklage die genaue Bezeichnung des festzustellenden Rechtsverhältnisses,586 eine etwa mögliche Bezifferung eines Anspruchs ist nicht erforderlich.587 Das Rechtsverhältnis muss so genau bezeichnet werden, dass dessen Identität und damit der Umfang der Rechtshängigkeit und der Rechtskraftwirkung der begehrten Feststellung klar zu erkennen ist.588 So ist ein Leistungsantrag, der auf die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe gerichtet war, als unbestimmt anzusehen,589 eine entsprechende Feststellungsklage allerdings zulässig, weil das bezeichnete Rechtsverhältnis (Verpflichtung des Beklagten, Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe zu zahlen) ausreichend bestimmt ist.590 Aus diesem Grund kann ein unbestimmter Leistungsantrag eventuell als Feststellungsantrag ausgelegt werden.591 Allerdings müssen dann die Voraussetzungen der Feststellungsklage, insbesondere das Feststellungsinteresse vorliegen. Ausreichend bestimmt ist eine Klage auf Feststellung einer bestimmten Haftungsquote ohne konkrete Bezifferung des Anspruchs (Quotenklage). Die Höhe einer Haftungsquote kann aber nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt werden.592 Unzulässig ist jedoch ein Antrag der Betriebsvertretung auf Feststellung, dass der Vorsitzende von seiner Dienststelle „für die Teilnahme an einem einwöchigen Seminar über Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz gemäß § 46 Abs. 6 BPersVG – Alliierte − freizustellen ist.“593 (9) Gestaltungsantrag. Dagegen sind an den bestimmten Klageantrag bei Gestaltungsklagen (vgl. Vor § 253 Rdn. 14 ff.) ähnliche Anforderungen zu stellen wie bei der Leistungsklage, dh die begehrte Rechtsgestaltung und das Rechtsverhältnis müssen in dem Antrag genau bezeichnet sein. Allerdings ist keine Bezifferung erforderlich,594 wenn eine Entscheidung iSd §§ 315 Abs. 3 S. 2, 319 Abs. 1 S. 2, 343 BGB erstrebt wird. Es genügt vielmehr die Formulierung des Gesetzeswortlauts, wie z.B. das Gericht möge die im Vertrag (...) vorgesehene Leistung des Klägers nach billigem Ermessen bestimmen (§§ 315 Abs. 3 S. 2, 319 Abs. 1 S. 2 BGB) oder das Gericht möge die im Vertrag vereinbarte Strafe auf den angemessenen Betrag herabsetzen (§ 343 BGB). Der Schuldner muss bei § 343 BGB auch nicht die Größenordnung der begehrten Herabsetzung angeben, da das Ermessen des Richters schon durch die vereinbarte Strafhöhe ausreichend beschränkt ist.595 Die Klage muss den Umfang der Anfechtung eindeutig 1227 1584 BGH NJW 1983, 2247, 2250; BGH NJW 2001, 445, 447; BGH VersR 1982, 68, 69. 585 21228 BAG MDR 1992, 1063. 586 31229 BGH NJW 1983, 2247, 2250; OLG Hamburg ZIP 1999, 1628, 1630. 587 41230 RGZ 12, 388, 391; BAG MDR 1992, 1063. 588 1231 5 BGH NJW 1983, 2247, 2250; BGH NJW 2001, 445, 447; BGH NJW 2002, 681 (Klage auf Feststellung einer Gewährleistungspflicht muss die Mängel genau bezeichnen); BGH VersR 1982, 68, 69; OLGR Koblenz 2001, 388 f. 589 61232 BAG AP Nr. 4 zu §§ 22, 23 BAT 1975.
590 71233 BAG MDR 1992, 1063. 591 81234 BGH NJW 1996, 2725, 2726; BGH NJW 1980, 1450; RGZ 58, 57, 59 ff.; RG Gruchot 55 (1911), 1055, 1056 f.; RG JW 1911, 188. 592 1235 9 OLG Bamberg NJW 1960, 1470; aA OLG Nürnberg VersR 1957, 436 f. 593 1236 10 BAG DB 2001, 1424. 594 1237 11 BGH WM 1969, 62; offengelassen in BGH JZ 1973, 61 = ZZP 86 (1973), 322, 325 mit abl. Anm. Röhl. 595 1238 12 Staudinger/Rieble BGB (2004) § 343 Rdn. 62; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 123; Wie-
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formulieren, wenn ein Gesellschaftsbeschluss nur teilweise durch Anfechtung aufgehoben werden soll.596 Soll die Geschäftsführungsbefugnis gem. § 117 HGB nicht vollständig entzogen, sondern lediglich beschränkt werden, so ist dies entsprechend zu beantragen597 und der genaue Umfang der Gestaltung in der Klage zu benennen.598 3. Weitere Anforderungen an die Klageschrift (Abs. 3–5)
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§ 253 Abs. 3–5 enthalten eine Reihe von Sollvorschriften, deren Nichtbeachtung die Wirksamkeit der Klageerhebung unberührt lassen. Gem. § 253 Abs. 3 soll die Klageschrift die Angabe des Werts des Streitgegenstands enthalten, wenn der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht. Dies ist erforderlich zur Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts gem. §§ 23, 71 GVG iVm §§ 2 ff. ZPO und der Höhe des Prozesskostenvorschusses gem. §§ 61, 12 GKG iVm Nr. 1210 KV-GKG. Dem Anwalt kann die fehlende Angabe des Streitwerts in der Klageschrift nicht im Rahmen des § 167 angelastet werden599 – insoweit ist die Verzögerung nicht dem Kläger zuzurechnen (siehe auch § 167 Rdn. 20, 46). Ferner soll sich der Kläger, wenn es sich um ein Verfahren vor dem Landgericht handelt, bereits in der Klageschrift dazu äußern, ob einer Entscheidung durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen. Es ist hier Bezug genommen auf die Voraussetzungen der §§ 348, 348a, die bestimmen, in welchen Fällen der Einzelrichter den Rechtsstreit entscheidet. Weist die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf oder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, empfiehlt es sich für den Kläger, bereits in der Klageschrift darauf hinzuweisen. Macht der Kläger von seinem Äußerungsrecht keinen Gebrauch, so ist davon auszugehen, dass er der Entscheidung durch den Einzelrichter keine Bedenken entgegenbringt. Die (schriftliche) Klage ist auch ein die mündliche Verhandlung vorbereitender Schriftsatz. Es sind deshalb die §§ 130 ff. anzuwenden, vgl. Rdn. 14 ff. (zu §§ 130 Nr. 6, 130a), Rdn. 33 ff. (zu § 130 Nr. 1), Rdn. 62 (zu § 130 Nr. 3). Dies bestimmt § 253 Abs. 4 ausdrücklich. § 130 ist zwar als Sollvorschrift ausgestaltet, bezüglich bestimmter Angaben aber dennoch zwingend (vgl. Rdn. 14 ff.). Die Angabe von Beweismitteln in der Klage gem. § 130 Nr. 5 ist nicht zwingend erforderlich. Gem. § 253 Abs. 5 ist die Klage bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für die Zustellung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen (§ 133). Die eingereichten Abschriften sind durch die Geschäftsstelle zu beglaubigen, wenn sie nicht schon durch den Anwalt beglaubigt worden sind (§ 169 Abs. 2). Trotz der Formulierung des § 253 Abs. 5 („sind“) handelt es sich hierbei nicht um eine zwingende Vorschrift, so dass ein Mangel rückwirkend heilbar ist.600 Wie viele Abschriften einzureichen sind, ergibt sich aus der Zahl der Gegner, einschließlich Streitgehilfen, sofern sie nicht einheitlich vertreten sind. Für das Gericht ist die Urschrift bestimmt. Verstöße ser Prozessrechtskommentar BGB2 (2002), § 343 Rdn. 12. 596 11239 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 153. 597 21240 BGH NJW-RR 2002, 540 f.; Schlegelberger/ Martens HGB5 Band III/1 (1992) § 117 Rdn. 12 f. und Schlegelberger/K. Schmidt HGB5 Band III/1 (1992) § 127 Rdn. 23. 598 31241 MünchKommHGB2/Jickeli Bd. 2 (2006) § 117 Rdn. 23. 599 41242 BGH NJW 1994, 1073, 1074; BGH NJW 1972, 1948, 1949; OLG Düsseldorf MDR 1976, 848;
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OLG Hamburg MDR 1976, 320. Allerdings ist eine wegen Fehlens der Streitwertangabe daraufhin erfolgte Streitwertanfrage in angemessener Frist zu beantworten, da ansonsten die Vorwirkung des § 167 nicht eingreift, BGH NJW 1994, 1073, 1074; vgl. auch OLG Celle VersR 1976, 854 f., das einen Hinweis auf die drohende Verjährung und eine Nachfrage bei fehlender Vorschussanordnung für erforderlich hält, damit eine Vorwirkung eintritt. 600 51243 AG Weilburg NJW-RR 1994, 829.
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gegen § 253 Abs. 5 haben Kostenfolgen, wenn die Geschäftsstelle die erforderlichen Abschriften anfertigen lässt (§ 28 Abs. 1 S. 2 GKG, Nr. 9000 Ziff. 1 KV-GKG).601 Die Geschäftsstelle kann den Kläger aber auch zur Nachreichung der noch fehlenden Abschriften auffordern. Sichert der Kläger die sofortige Nachreichung zu und führt dies zu einer nicht unerheblichen Zustellungsverzögerung, entfällt möglicherweise die Vorwirkung gem. § 167.602 Nach Einfügung des § 253 Abs. 5 S. 2 auf Grund des Justizkommunikationsgesetzes603 bedarf es einer Beifügung von Abschriften nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird. Damit soll sichergestellt werden, dass ein Kläger, der die Klageschrift elektronisch einreicht, nicht gezwungen ist, die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften in Papierform nachzureichen.604 Hat der Gegner keinen elektronischen Zugang, ist die Geschäftsstelle gehalten, das Schriftstück auszudrucken und dem Gegner in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zu übermitteln.605 Mit der Klageschrift kann nicht nur eine Prozesshandlung, sondern auch eine materiellrechtliche Willenserklärung vorgenommen werden, wenn dies aus der Klageschrift hinreichend deutlich wird.606 Da durch die Zustellungsurkunde der Zugang (§ 130 Abs. 1 BGB) leicht nachzuweisen ist, kann dies z.B. bei Kündigungen (vgl. § 568 BGB) von Vorteil sein. Die notwendige Schriftform (§ 568 Abs. 1 BGB) ist gewahrt, wenn der Kündigende oder dessen Bevollmächtigter die Abschrift für den Kündigungsempfänger eigenhändig unterschreibt. Es ist aber bereits ausreichend, dass allein die für das Gericht bestimmte Urschrift vom Kündigenden oder dessen Bevollmächtigten eigenhändig unterschrieben ist und der Kündigungsempfänger eine mit einem Beglaubigungsvermerk versehene Abschrift dieses Schriftsatzes erhält, wobei der Beglaubigungsvermerk vom Verfasser der Urschrift – Kündigender oder dessen Bevollmächtigter – unterzeichnet sein muss.607 Dagegen liegt in der bloßen Erhebung der Klage und der damit verbundenen Zustellung der beglaubigten Abschrift noch keine Kündigung.608 Bei einseitigen Willenserklärungen (insbesondere Kündigungen) ist mit der Abschrift dem Beklagten entgegen § 174 Abs. 1 BGB keine Originalvollmacht zuzustellen, da der Rechtsanwalt die materiellrechtliche Erklärung im Rahmen seiner Prozessvollmacht abgegeben hat. § 174 BGB wird insoweit von den spezielleren §§ 78 ff. verdrängt.609
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4. Auslegung der Klageschrift Ist die Klageschrift nicht eindeutig, so ist das Rechtsschutzbegehren durch Auslegung zu ermitteln. Eingaben Rechtsunkundiger sind auf ihren Zweck zu prüfen und etwaige Zweifel durch Ausübung richterlicher Hinweis- und Fragepflicht zu behe601 11244 Meyer GKG9 (2007) § 28 Rdn. 6. 602 21245 BGH NJW 2005, 291, 292 (hier rechtzeitig); BGH VersR 1974, 1106, 1107. 603 31246 Gesetz v. 22.3.2005, BGBl I S. 837. 604 1247 4 BT-Drucks 15/4067 S. 32. 605 51248 BT-Drucks 15/4067 S. 31. 606 61249 BGH NJW-RR 1997, 203; Baron ZMR 1998, 683 f. 607 71250 BGH NJW-RR 1987, 395 f.; OLG Hamm NJW 1982, 452, 453; OLG Zweibrücken OLGZ 1981, 350, 352; BayOblGZ 1981, 232, 239 = NJW 1981, 2197, 2198; aA LG Karlsruhe MDR 1978, 672;
LG Hamburg WuM 1977, 184, 185; LG Hamburg MDR 1975, 143 (auch die dem Mieter zugehende Abschrift muss eigenhändig unterschrieben sein – ein unterzeichneter Beglaubigungsvermerk genügt nicht). 608 1251 8 Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht9 (2007) § 542 BGB Rdn. 19; aA LG Berlin WuM 1978, 119; LG Wiesbaden ZMR 1972, 81; Spangenberg MDR 1983, 807. 609 91252 BGH NJW 2003, 963, 964 f.; aA Spangenberg MDR 1983, 807.
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ben.610 Auch der Klageantrag ist der Auslegung zugänglich.611 Hierbei ist wie bei materiellrechtlichen Willenserklärungen (§ 133 BGB) der wirkliche Wille des Klägers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften.612 Entscheidend ist aber nicht der innere, sondern der geäußerte Parteiwille, wie er aus Antrag, Begründung,613 Sachvortrag und sonstigen614 Umständen erkennbar wird.615 So kann ein unbestimmter Leistungsantrag eventuell als Feststellungsantrag ausgelegt werden.616 Es kann aber auch auf den Sinn der prozessualen Erklärung aus objektiver Sicht ankommen.617 Außerdem ist zu berücksichtigen, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht.618 Die Auslegung des Klageantrags ist auch noch in der Revisionsinstanz ohne Bindung an die Auslegung der Vorinstanzen möglich.619 Zur Auslegung einer mit dem Prozesskostenhilfeantrag gleichzeitig eingereichten Klageschrift siehe oben Rdn. 9. 5. Weitere Erklärungen und Anträge
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In Scheidungssachen müssen in der Antragsschrift zusätzliche Angaben bezüglich der gemeinschaftlichen Kinder und der anderweitigen Rechtshängigkeit anderer Familiensachen gemacht werden (vgl. § 622 Abs. 2). Bei einer einverständlichen Scheidung müssen außerdem die in § 630 Abs. 1 angeführten Mitteilungen und Erklärungen in die Antragsschrift aufgenommen werden. In Urkunden- bzw Wechselprozessen muss die Klage die Erklärung enthalten, dass es sich um einen Urkunden- bzw Wechselprozess handelt (§§ 593 Abs. 1, 604 Abs. 1). Bei der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG muss der Klageantrag gemäß § 8 Abs. 1 UKlaG den Wortlaut der beanstandeten AGB-Bestimmung enthalten sowie die Bezeichnung der Art der Rechtsgeschäfte, für die die Bestimmungen beanstandet werden. Soll der Rechtsstreit vor der Kammer für Handelssachen verhandelt werden, ist ein dementsprechender Antrag in der Klageschrift zu stellen (§ 96 Abs. 1 GVG). 610 1253
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OLG Stuttgart FamRZ 1973, 385, 386; Anders/ Gehle S. 4. 611 1254 2 RGZ 110, 1, 15; BGH NJW 1996, 1962, 1963; BGH NJW-RR 1998, 1005, 1006; vgl. allerdings BGH GRUR 2002, 86, 88 zu einem Unterlassungsantrag: „Dementsprechend sind Klageanträge, die auslegungsbedürftige Formulierungen enthalten ... in der Regel unbestimmt und damit unzulässig.“ 612 1255 3 BGH GRUR 2001, 1036; BGH NJW-RR 2001, 1335, 1336; BGH NJW-RR 1998, 1005; BAG MDR 1960, 958; BAG NJW 1982, 1174. 613 41256 Zur Berücksichtigung der Klagebegründung vgl. BGH NJW 1995, 3187, 3188; BGH NJW-RR 1993, 550; BGH NJW-RR 1996, 1190, 1193; BGH NJW-RR 1998, 1005; BGH NJW-RR 2001, 1335, 1336; BGH GRUR 2001, 1036; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 250, 251; OLG Köln NJW-RR 2001, 1486, 1487; OLG Düsseldorf ZMR 2003, 349. 614 51257 BGH GRUR 1991, 929, 930 − „Fachliche Empfehlung II“ (wettbewerbsrechtlich erfahrener und anwaltlich vertretener Kläger).
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BGH NJW 1988, 128; BGH NJW 1995, 3187, 3188; BGH NJW 2002, 681 f.; BAG NJW 1982, 1174, das darauf hinweist, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein großzügiger Maßstab anzulegen ist; OLG Nürnberg FamRZ 1982, 1102, 1103; vgl. auch BGH NJW 2001, 445, 447; aA Zöller/Greger Rdn. 13 (Bestimmbarkeit anhand der Klagebegründung oder einer Anlage nicht ausreichend). 616 1259 7 BGH NJW 1996, 2725, 2726; BGH NJW 1980, 1450. 617 81260 So BGH NJW-RR 1997, 1216, 1217 (unrichtige Bezeichnung des Gegenstandes − hier des zu räumenden Grundstücks). 618 91261 BGH NJW 1991, 2630, 2631 f.; BGH NJW 1993, 1925; BGH NJW 1994, 1537, 1538; BGH NJW 2000, 3287, 3289; BGH NJW-RR 1995, 1183; BGH NJW-RR 1995, 1469, 1470; BGH NJW-RR 1997, 1216, 1217; BGH GRUR 2001, 1036. 619 1262 10 BGHZ 4, 328, 334 = NJW 1952, 545; BGH NJWRR 1993, 550; BGH NJW-RR 1995, 1469, 1470; BGH NJW-RR 2001, 620, 623.
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Zum Antrag auf Kostenentscheidung und auf Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit vgl. Rdn. 133. Zum Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils und zur Entbehrlichkeit eines Antrags auf Erlass eines Anerkenntnisurteils vgl. Rdn. 134. Hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle iSd § 278 Abs. 2 S. 1 stattgefunden (z.B. § 15a EGZPO, Schlichtungsstellen von Verbänden etc.), sollte der Kläger darauf hinweisen und die Bescheinigung mit der Klageschrift über den erfolglosen Einigungsversuch einreichen (vgl. § 15a Abs. 1 S. 2 EGZPO), im Fall des § 15a EGZPO auch um die Zulässigkeit der Klage in diesem Punkt (vgl. Vor § 253 Rdn. 109) sicherzustellen. Außerdem kann er in seiner Klageschrift zum Ausdruck bringen, dass eine Güteverhandlung seiner Ansicht nach erkennbar aussichtslos erscheint und deshalb von einer Güteverhandlung und auch von der Anordnung des persönlichen Erscheinens abzusehen sei (vgl. § 278 Rdn. 32). Der Kläger kann bereits in der Klageschrift einen Antrag auf Übernahme des Rechtsstreits durch die Zivilkammer iSd § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 stellen; der etwaige Antrag des Beklagten kann dann in der Klageerwiderung erfolgen, vgl. § 277 Abs. 1 S. 2.620 Gleiches gilt für § 348a Abs. 2 Nr. 2. Die Anträge bedürfen keiner Begründung. In der Klageschrift kann im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 KapMuG auch ein Musterfeststellungsantrag durch den Kläger gestellt werden. Die Wahl, ob ein früher erster Termin zur mündlichen Verhandlung oder ein schriftliches Vorverfahren durchgeführt wird, steht im Ermessen des Vorsitzenden bzw Einzelrichters, § 272 Abs. 2. Der Kläger kann aber in der Klageschrift eine diesbezügliche Anregung geben (vgl. § 272 Rdn. 18).
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6. Bezugnahme in der Klageschrift621 Grundsätzlich muss die Klageschrift selbst den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 genügen, so dass eine Bezugnahme auf andere Schriftstücke unzulässig ist.622 Nur der Inhalt des unterschriebenen Klageschriftsatzes bestimmt den Gegenstand der Klage.623 Schließlich muss es dem Beklagten ermöglicht werden, seine Verteidigung anhand der Klageschrift einzurichten, was bei Bezugnahmen auf andere Schriftstücke unverhältnismäßig erschwert würde. Bezugnahmen sind deshalb nur ausnahmsweise zuzulassen. Dabei können die Grundsätze, die für Berufungsbegründungen im Einzelfall gelten, nicht ohne Weiteres auf die Klageerhebung übertragen werden.624 Jedoch kann zur Individualisierung des Anspruchs und zur Konkretisierung des Antrags auf die der Klageschrift beigefügten Anlagen Bezug genommen werden, wenn diese einen geringen Umfang haben und aus sich heraus verständlich sind.625 Es würde sich um eine nicht zu rechtfertigende Förmelei handeln, würde man den Pro620 11263 Hk/Pukall § 348 Rdn. 9. 621 21264 Vgl. dazu Lange NJW 1989, 438 ff. 622 31265 OLG Hamburg ZMR 1995, 18, 19; Fischer JuS 1995, 623, 624; Lange NJW 1989, 438, 439; aA Vollkommer S. 254 mit der Begründung, dass von dem Verfasser mit der Unterschrift unter dem Schriftsatz auch die Verantwortung für die Schriftstücke übernommen werde, auf die er Bezug nimmt. 623 41266 Lange NJW 1989, 438, 439. 624 51267 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 21; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 34; ebenso OLG Düssel-
dorf MDR 1996, 415, jedoch mit der gegenteiligen Schlussfolgerung, dass die Anforderungen an die Klageschrift weniger streng sind, unter Hinweis auf den Wortlaut des § 519 Abs. 3 a.F. (jetzt § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, der allerdings nicht mehr die bestimmte Bezeichnung fordert und damit die Anforderungen herabsetzt) und § 253 Abs. 2; aA wohl Fischer JuS 1995, 623, 624. 1268 6625 BGH NJW-RR 2004, 639, 640; BGH NJW 2001, 445, 447; Anders/Gehle S. 1 (Zeichnungen oder ein Leistungsverzeichnis).
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zessbevollmächtigten verpflichten, die in der Anlage enthaltenen Informationen noch einmal in der Form einer unterschriebenen Klageschrift wiederzugeben.626 Allerdings darf es nicht an einer geordneten Darstellung des Parteivorbringens fehlen und nicht dem Gericht überlassen werden, sich aus den umfangreichen Unterlagen in dem in Bezug genommenen Anhang das herauszusuchen, was der jeweiligen Partei nützt.627 Vor allem bei der Geltendmachung einer sich aus mehreren Einzelposten zusammensetzenden Saldoforderung (z.B. Mietsaldo) muss die rechnerische Zusammensetzung des Saldos für das Gericht vollständig nachvollziehbar sein.628 Die in Bezug genommenen Anlagen müssen dem Beklagten auch zugestellt werden, da es anderenfalls bereits an einer wirksamen Zustellung der Klage fehlt.629 Ebenfalls zulässig ist die Bezugnahme auf einen beigefügten behördlichen Bescheid, gegen den sich der Kläger wendet,630 ein im selbständigen Beweisverfahren erstattetes Gutachten,631 aber auch die Bezugnahme auf die in dem selbständigen Beweisverfahren eingereichten Schriftsätze.632 Die Bezugnahme macht es jedoch nicht entbehrlich, den in Bezug genommenen Sachverhalt gestrafft in der Klageschrift darzustellen; der Verweis auf das entsprechende Dokument in der Anlage muss hinreichend konkret sein.633 Eine Bezugnahme auf Schriftsätze desselben Verfahrens kann ausnahmsweise zulässig sein. In Anwaltsprozessen ist dies nur dann der Fall, wenn auf Schriftsätze Bezug genommen wird, die von einem postulationsfähigen Anwalt stammen.634 So reicht im Anwaltsprozess die Bezugnahme auf einen von der Partei selbst unterschriebenen und eingereichten Prozesskostenhilfeantrag nicht aus, um den zwingend vorgeschriebenen Inhalt einer Klageschrift zu erfüllen.635 Unzulässig ist auch die Bezugnahme auf ein Informationsschreiben des Klägers an den Anwalt636 oder auf eine beigelegte Anspruchsbegründung oder einen Schriftsatz eines Dritten, es sei denn, dieser ist Streitgenosse.637 Zulässig ist dagegen eine Bezugnahme in der Klageschrift auf Schriftsätze des Anwalts selbst oder eines anderen zugelassenen Anwalts aus (Neben)Verfahren über Prozesskostenhilfe638 und vorläufigen Rechtsschutz639, wenn die Schriftsätze bereits bei dem angerufenen Gericht vorliegen oder als beglaubigte Abschrift beigefügt werden oder durch das angegebene Aktenzeichen beigezogen werden können. Ausnahmsweise ist die Bezugnahme im Hauptsacheverfahren auf eine Antragsschrift im Verfü1269 1626 BGH NJW-RR 2004, 639, 640 (Die Anlage bestand hier nur aus einem Blatt); Zöller/Greger Rdn. 12a. 627 1270 2 OLGR Köln 2004, 390, 391 = NJOZ 2005, 55. 628 1271 3 AG Köln ZMR 1997, 147; näher zur Klage in Mietsachen Gies NZM 2003, 545. 629 41272 BGH NJW 2007, 775, 776 f. 630 51273 BGH VIZ 2003, 387 = MDR 2003, 864 (LS). 631 61274 OLG Köln BauR 1999, 259, 260 f. 632 71275 OLGR Köln 2004, 390, 391 = NJOZ 2005, 55. 633 81276 Jaspersen ProzRB 2005, 57, 58. 634 91277 BGHZ 22, 254, 256 = NJW 1957, 263, 264; BGH NJW 1996, 1351 mit abl. Anm. Vollkommer EWiR 1996, 429. 635 1278 10 BGHZ 22, 254, 256 = NJW 1957, 263, 264. 636 1279 11 OLG Kiel SchlHA 1948, 123 f.; Lange NJW 1989, 438, 439. 637 1280 12 Vgl. RGZ 152, 316, 319 (für den Fall, dass die
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Streitgenossen verschiedene, beim Berufungsgericht zugelassene Anwälte haben). 638 1281 13 BGHZ 22, 254, 255 f. = NJW 1957, 263, 264 = LM Nr. 11 zu § 295 ZPO mit Anm. Pagendarm; BGHZ 111, 339, 345 = NJW 1990, 3085, 3087; BGH NJW 1996, 1351 (alle Entscheidungen noch zu § 78 a.F.); vgl. auch RGZ 145, 266, 268 zur Berufungsbegründung. 639 1282 14 BGH GRUR 1979, 568, 570 = VersR 1979, 764, 765; ebenso kann zur Begründung der Berufung im Hauptprozess auf eine von dem Anwalt der Berufungsinstanz unterzeichnete Berufungsbegründung aus einem denselben Sachverhalt und die gleichen Parteien betreffenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Bezug genommen werden, vorausgesetzt, dass eine beglaubigte Abschrift dieser Berufungsbegründung mitüberreicht wird, BGHZ 13, 244, 248 = NJW 1954, 1566.
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gungsverfahren, die nicht von einem postulationsfähigen Anwalt unterschrieben worden ist, dann zulässig, wenn diese zum Bestandteil der erlassenen einstweiligen Verfügung erklärt und dieser beigefügt worden ist.640 Die Bezugnahme auf Schriftsätze aus einem Parallelverfahren ist im Einzelfall zulässig, wenn es vor dem gleichen Spruchkörper stattfindet und der Schriftsatz in Abschrift beigefügt ist.641 Im Rahmen der Bewältigung von Massenschäden ist eine pauschale Bezugnahme auf eine Klageschrift eines Parallelverfahrens (insbesondere eines vereinbarten „Musterverfahrens“) nicht zulässig.642 Die für die Klageerhebung im Anwaltsprozess geltende Einschränkung der Möglichkeit einer Bezugnahme lässt sich auf die Anspruchsbegründung nach dem Übergang vom Mahnverfahren in das Streitverfahren nicht übertragen. Hier ist die Bezugnahme des Anwalts in der Klageschrift (§ 697) auf Schriftsätze seines Mandanten im Mahnverfahren zulässig, weil dort die Partei die rechtliche Fähigkeit besitzt, derartige eigene Erklärungen in ein Verfahren einzuführen.643 Umstritten ist auch, ob bei dem Übergang in das Streitverfahren eine Bezugnahme auf den Antrag im Mahnbescheid zulässig ist.644 Liegt eine unzulässige Bezugnahme auf andere Schriftstücke vor, handelt es sich eventuell um einen Mangel hinsichtlich des notwendigen Inhalts der Klage iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 (vgl. Rdn. 196 ff.). Ist die Klage aus diesem Grund unwirksam (Rdn. 196), heilen die nachgeholte ordnungsgemäße Einreichung des Schriftsatzes ohne Bezugnahme oder der Vortrag in der mündlichen Verhandlung die Klage nur ex nunc, wodurch der Kläger Gefahr läuft, dass in der Zwischenzeit eine Ausschlussfrist bereits abgelaufen oder der Anspruch verjährt ist. Die ebenso nur ex nunc wirkende645 Heilung durch rügelose Einlassung ist trotz § 295 Abs. 2 (vgl. § 295 Rdn. 65) möglich, wenn das Schriftstück, auf welches Bezug genommen wird, dem Gericht vorliegt, es sich der Kläger zu Eigen gemacht hat, es dem Beklagten bekannt ist und den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entspricht.646 Von Bezugnahmen zu unterscheiden sind solche zulässigen Nachträge, die die Klageschrift ergänzen oder berichtigen, bevor sie zugestellt und damit rechtshängig wird.647 Werden diese als Einheit zu behandelnden Schriftsätze gleichzeitig zugestellt, bilden sie einen Gesamtschriftsatz, wobei es unerheblich ist, welcher der Schriftsätze im Einzelnen die Formvorschriften erfüllt, wenn sie diese zumindest gemeinsam erfüllen.648 Eine andere Frage ist es, inwieweit Bezugnahmen für die Schlüssigkeit des Klagevorbringens berücksichtigt werden müssen.649 Grundsätzlich kann vom Gericht auch im Rahmen des Art. 103 Abs. 1 GG nicht verlangt werden, dass es sich die gel1283 1640 BGH GRUR 1979, 568, 570 = VersR 1979, 764, 765. 641 21284 Zur Berufungsbegründung BGH LM Nr. 52 zu § 519 ZPO; BGH VersR 1977, 1004 und BGH VersR 1985, 67, 68; weiter OLG Düsseldorf MDR 1996, 415 (auch ohne Abschrift); weiter Musielak/Foerste Rdn. 5 (sogar bei Drittbeteiligung); aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 33. 642 31285 Haß Die Gruppenklage: Wege zur prozessualen Bewältigung von Massenschäden (1996), S. 135. 643 41286 BGHZ 84, 136, 138 = NJW 1982, 2002 (Anspruchsbegründung nach Abgabe); OLG Köln NJW 1981, 2265 (vor Abgabe); aA Zinke NJW 1983, 1081, 1087.
1287 5644 Bejahend Eibner NJW 1980, 2296; Mickel MDR 1980, 278; Bank JurBüro 1980, 802; Zink NJW 1983, 1081, 1085; ablehnend Büchel NJW 1979, 945, 951; Schuster MDR 1979, 724. 645 1288 6 BGHZ 22, 254, 257 = NJW 1957, 263, 264; vgl. BGH NJW 1972, 1373, 1374. 646 71289 BGH NJW 1996, 1351, 1352. 647 81290 Vgl. RGZ 96, 201, 202 (Ausdehnung der Klageerhebung auf weiteren Beklagten). 648 91291 RG JW 1921, 1243, 1244 (Nr. 21) mit Anm. Stein. 649 1292 10 Vgl. BVerfG NJW 1994, 2683; OLGR Köln 2003, 124; OLG Köln NJW 1981, 2265; OLG Oldenburg ZIP 1995, 1000.
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tend gemachte Forderung dem Grunde und der Höhe nach aus den eingereichten Schriftsätzen nebst Anlagen zusammensucht.650 Ist ein zu den Akten gereichtes Rechenwerk für das erkennende Gericht schon bei nur flüchtigem Durchlesen nachvollziehbar, so muss sich das Gericht der Mühe unterziehen, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn die Sache übersichtlicher hätte dargestellt werden können.651 7. Zustellung
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Die Zustellung ist keine selbständige Prozesshandlung, sondern ein Mittel zur Vollendung der Klageerhebung.652 Enthält die Klageschrift keine gravierenden Mängel (§ 271 Rdn. 15 ff.), ist sie gem. §§ 270 S. 1, 166 Abs. 2 von Amts wegen unverzüglich zuzustellen, § 271. Zugestellt wird die beglaubigte Abschrift der Klage, die Urschrift bleibt in den Gerichtsakten. Im Verfahren vor den Amtsgerichten wird, wenn die Klageerhebung durch Erklärung zu Protokoll erfolgte, das Protokoll zugestellt (§ 498). Eine Zustellung von Anwalt zu Anwalt ist ausgeschlossen, § 195 Abs. 1 S. 2, da die Klage bei Gericht zur Zustellung eingereicht werden muss (vgl. § 195 Rdn. 6). Ansonsten können nach Rechtshängigkeit der Klage (§ 261) bestimmende Schriftsätze wie Klageerweiterungen653 bzw -änderungen und Widerklagen von Anwalt zu Anwalt (§ 195) zugestellt werden, wenn dem Gegner nicht gleichzeitig eine gerichtliche Anordnung mitzuteilen ist. Liegen schwerwiegende Mängel vor, ist die Klageerhebung unwirksam (vgl. dazu Rdn. 174 ff.). Das Gericht kann in diesem Fall die Zustellung verweigern und dem Kläger unter Hinweis auf die Mängel deren Beseitigung aufgeben (vgl. § 271 Rdn. 15 ff.). Wird die Klage trotzdem zugestellt, ist sie als wirksam zu behandeln und führt zur Rechtshängigkeit. Die Klage muss dann als unzulässig abgewiesen werden, wenn der Mangel nicht geheilt wird (vgl. Rdn. 175). Erst mit Zustellung der Klageschrift an den sich aus der Klageschrift ergebenden Beklagten ist die Klage erhoben mit der Folge, dass ein Prozessrechtsverhältnis entstanden ist. Wird dagegen einem bloßen Zustellungsempfänger eine erkennbar gegen einen anderen gerichtete Klage zugestellt, so ist dieser nur Scheinbeklagter und wird nicht Partei des Verfahrens; es entsteht kein Prozessrechtsverhältnis.654 Mangels Zustellung entsteht ein Prozessrechtsverhältnis auch nicht mit der in der Klageschrift bezeichneten Person (vgl. Vor § 50 Rdn. 15). Wird ein offensichtlicher Klageentwurf, der einem Prozesskostenhilfegesuch beigelegt wird, förmlich zugestellt, kann dies die Rechtshängigkeit der Klage nicht bewirken, da es an einer wirksamen Klageeinreichung fehlt.655 Ebenso wenig erfüllt die formlose Übermittlung einer einfachen Klageabschrift die Voraussetzungen einer die Rechtshängigkeit begründenden Klagezustellung und führt nicht zum Entstehen eines Prozessrechtsverhältnisses.656 Die Zustellung der Klage muss vom Gericht verfügt und 650 1293
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Vgl. BVerfG NJW 1994, 2683; AG München NJW-RR 2003, 301. 2 BVerfG NJW 1994, 2683, 2684. 652 1295 3 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 72 Rdn. 3 mwN. 653 41296 BGHZ 17, 234, 236 = NJW 1955, 1030. 654 51297 BGHZ 127, 157, 163 = NJW 1994, 3232, 3233; BGH NJW-RR 1995, 764, 765; OLG Hamm 651 1294
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NJW-RR 1999, 217, 218; OLG Nürnberg MDR 1977, 320. 6 OLG Dresden NJW-RR 1997, 1424; zur Zustellung eines Antragsentwurfs im einstweiligen Verfügungsverfahren OLG Dresden NJW-RR 1998, 1688. 656 71299 OLG Hamm NJW-RR 1994, 63. 655 1298
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gewollt sein,657 ansonsten ist auch eine Heilung gem. § 189 ausgeschlossen (vgl. § 189 Rdn. 23, auch § 168 Rdn. 5 ff.).658 Sollte die Zustellung nur der Übermittlung des in der Antragsschrift gleichzeitig enthaltenen Gesuchs um Prozesskostenhilfe dienen (vgl. § 118), ist dies in der Zustellung jedoch nicht eindeutig zum Ausdruck gekommen, so ist die Klage als zugestellt und damit rechtshängig anzusehen.659 Die Zustellung soll jedoch erst nach Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses gem. § 12 Abs. 1 GKG iVm Nr. 1210 KV-GKG erfolgen (vgl. § 271 Rdn. 27). Der Kläger darf auf die Zahlungsaufforderung des Gerichts warten, ohne Nachteile bezüglich der Vorwirkung des § 167 befürchten zu müssen.660 Dies gilt auch bei anwaltlicher Vertretung und leichter Berechnung des Vorschusses,661 selbst wenn der Kläger die Höhe des Vorschusses bereits selbst berechnet und im Klageschriftsatz (bzw Mahnantrag) eingetragen hat.662 Wurde die Klage durch das Gericht zugestellt, obwohl die Zahlung gem. § 12 Abs. 1 GKG unterblieben ist, tritt trotzdem Rechtshängigkeit ein (vgl. § 271 Rdn. 30).
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8. Mängel der Klageerhebung und deren Behebung Mängel der Klageerhebung können die Wirksamkeit der Klageeinreichung betreffen, inhaltlicher Art sein oder auch im Zustellungsverfahren liegen. Fehlt es überhaupt an einer Klage oder ist die erhobene Klage Gegenstand eines anderen Rechtsstreits, ist ein trotz fehlender Rechtshängigkeit ergangenes Urteil wirkungslos.663 Eine Behebung von Mängeln kommt durch Nachholung der fehlerhaften Prozesshandlung664 bzw Genehmigung, durch Berichtigung, durch Heilung im Wege des Verzichts oder des rügelosen Verhandelns in Betracht (§ 295). Unter Nachholung wird die fehlerfreie Wiederholung der Prozesshandlung verstanden. Wird diese nicht innerhalb eventuell bestehender Fristen vorgenommen, zeitigt sie keine Wirkung, da der Nachholung oder Berichtigung in der Regel665 nur ex-nunc Wirkung zukommt. Allerdings besteht die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.666 Für die Heilung von Mängeln der Klageerhebung muss man unterscheiden, ob es sich um einen wesentlichen oder unwesentlichen Mangel handelt. Dies hat Bedeutung vor allem für die Frage, ob die Heilung auf den Zeitpunkt der fehlerhaften Klageerhebung zurückwirkt oder erst ex nunc eintritt. Ist ein Prozessrechtsverhältnis zustande gekommen und berührt der Mangel ein öffentliches Interesse (z.B. Bestimmtheit des Klageantrags), so ist eine Heilung durch Verzicht auf das Vorliegen der Voraussetzung oder durch rügelose Einlassung (§ 295 Abs. 2) ausgeschlossen.
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a) Mängel bezüglich der Wirksamkeit der Klageeinreichung. Gravierende Mängel der Klageeinreichung (Klageerhebungsakt) können bereits dazu führen, dass eine
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657 11300 BGH NJW 2001, 3713, 3714 zu § 189. 658 21301 OLG Hamm NJW-RR 1994, 63. 659 31302 BGH FamRZ 1987, 362, 364; KG Rpfleger 1979, 71; OLG Düsseldorf JR 1950, 279. 660 41303 BGH NJW 2005, 291, 292; BGH NJW-RR 1995, 254, 255; OLG Hamburg NVersZ 2002, 133; OLG Köln VersR 1987, 1230, 1231, allerdings nicht für den Fall, dass eine Zahlungsaufforderung des Gerichts nicht binnen angemessener Zeit erfolgt, hier sei der Kläger verpflichtet, das Gericht daran zu erinnern.
1304 5661 BVerfG NJW 2001, 1125, 1126; BGH NJW 1993, 2811, 2812. 662 61305 BGH NJW 1993, 2811, 2812; aA OLG Düsseldorf MDR 1981, 591. 663 71306 BGH NJW-RR 2006, 565 f. 664 1307 8 Eine Unterscheidung zwischen Nachholung und Wiederholung wird nicht getroffen, anders Vollkommer S. 356 Fn. 1. 665 91308 Zur Ausnahme bei der Bestimmtheit des Klageantrags vgl. Rdn. 197. 666 1309 10 BGH NJW 1962, 1248; Vollkommer S. 318 ff.
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Zustellung sowie Terminsbestimmung nicht veranlasst wird und deshalb ein Prozessrechtsverhältnis nicht zustande kommt (vgl. auch § 271 Rdn. 14 ff.). Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Klageschrift nicht in deutscher Sprache abgefasst ist (Rdn. 30 und § 271 Rdn. 16),667 Klageantrag und −begründung völlig fehlen,668 die Klage unter einer Bedingung669 erhoben worden ist oder eine Parteibezeichnung völlig fehlt,670 aber auch bei fehlender Unterschrift671 oder fehlender Postulationsfähigkeit (§ 78 Rdn. 4).672 Der Vorsitzende wird den Kläger auf diesen Mangel hinweisen und ihn auffordern, den Mangel zu beheben. Kommt der Kläger dieser Aufforderung nicht nach und wird keine Zustellung veranlasst, entfaltet die Einreichung der Klage keine Wirkungen. Derartige Mängel haben die Unwirksamkeit der Klage zur Folge.673 Wird die Klage trotz dieses prozessualen Mangels ordnungsgemäß zugestellt, entsteht ein Prozessrechtsverhältnis. Die Rechtshängigkeit tritt dann mit ihren prozessualen Wirkungen (§ 261) ein, so dass z.B. eine Verweisung wegen Unzuständigkeit oder die Abweisung der Klage als unzulässig, wenn der Mangel nicht geheilt wird, möglich wäre.674 Die materiellrechtlichen Wirkungen einer Klageerhebung, zu denen die Wahrung einer Ausschlussfrist oder die Hemmung der Verjährung gehören, treten dagegen nicht ein, da sie eine wirksame Klageeinreichung voraussetzen675 (vgl. Vor § 253 Rdn. 58). aa) Fehlen der Postulationsfähigkeit. Wird in einem Anwaltsprozess die Klage von einer nicht postulationsfähigen Person erhoben, so ist diese Prozesshandlung unwirksam. Bei der Postulationsfähigkeit handelt es sich um eine Prozesshandlungsvoraussetzung.676 Liegt diese nicht vor, fehlt es somit an einer wirksamen Klageeinreichung und nicht lediglich an der Prozessvoraussetzung der ordnungsgemäß erhobenen Klage.677 Allerdings ist eine Heilung dadurch möglich, dass ein postulationsfähiger Rechtsanwalt die Klage genehmigt, eine Neuvornahme der Klage ist nicht erforderlich.678 Die Genehmigung wirkt jedoch nicht auf den Zeitpunkt der unwirk667 1310
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RGZ 162, 282, 288; BGHSt 30, 182, 183 f. = NJW 1982, 532 (Zur Revisionsschrift gem. § 341 StPO); BayObLGZ 1986, 537, 539 = MDR 1987, 416; Reiner S. 61 f.; aA LG Berlin JR 1961, 384; FG Saarbrücken NJW 1989, 3112 für Angelegenheiten des Rechts der europäischen Gemeinschaften und alsbaldiger Nachreichung der Übersetzung; OLG Frankfurt NJW 1980, 1173. 668 1311 2 LAG Baden ARSt VI Nr. 456. 669 31312 Halbach S. 193; Schilken ZPR Rdn. 199; Zeiss/ Schreiber ZPR Rdn. 320. 670 41313 Kleffmann S. 40 f.; Halbach S. 193; Reiner S. 63 f. 671 51314 Jauernig ZPR § 38 II 4b; Reiner S. 65 ff.; aA Schilken ZPR Rdn. 214. 672 61315 Blomeyer ZPR § 43 I 2c; Jauernig ZPR § 38 II 4b; Pukall Der Zivilprozess in der Praxis6 (2006) Rdn. 44;Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 352; aA LG Kassel MDR 1963, 1018 f.; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 8. 673 71316 Vgl. Süß FG Heilborn (1931), S. 125, 126, der zwischen dem Akt der Klageerhebung als solchem und der Ordnungsmäßigkeit dieses Aktes unterscheidet. Während ersteres der Entstehungstatbestand eines Prozessrechtsverhältnisses ist, ist letzteres Prozessvoraussetzung bzw Sachentscheidungsvoraussetzung. 674 81317 BGH NJW-RR 1987, 322, 323 = FamRZ 1987, 365, 366.
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BGHZ 90, 249, 252 f. = NJW 1984, 1559, 1560; BGHZ 100, 203, 208 = NJW 1987, 1766, 1767; BGH NJW-RR 1987, 322, 323 = FamRZ 1987, 365, 366; OLG Köln NJW 1994, 3360, 3361 zu § 209 Abs. 1 BGB a.F. (jetzt § 204 Abs. 1 Nr. 1); OLG Naumburg FamRZ 2001, 1006 mit abl. Anm. Gottwald (allerdings zum alten Recht). 676 1319 10 BVerfG DtZ 1992, 183; BGH NJW 2005, 3773, 3774; BGH NJW-RR 2003, 569; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 45 Rdn. 2. 677 1320 11 BGH NJW-RR 2004, 755; BGHZ 111, 339, 342 = NJW 1990, 3085, 3086; BGHZ 90, 249, 253 = NJW 1984, 1559; vgl. Blomeyer ZPR § 43 I 2c; Halbach S. 105 ff., 109; Pukall ZPR Rdn. 44; aA LG Kassel MDR 1963, 1018 f., falls Kläger trotz Belehrung auf Zustellung besteht; Musielak/ Weth § 78 Rdn. 4; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 8. Davon zu unterscheiden ist die Klage eines Vertreters ohne Vollmacht, die aber ebenfalls Wirksamkeitsvoraussetzung für die Klageerhebung ist, Halbach S. 111; vgl. auch BGHZ 91, 111, 114 = NJW 1984, 2149; Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 352; zur Frage, wann ausnahmsweise die Zustellung verweigert werden kann vgl. § 271 Rdn. 19. 678 1321 12 BGHZ 111, 339, 343 = NJW 1990, 3085, 3086;
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samen Klageerhebung zurück, sondern entfaltet Wirkungen nur ex nunc.679 Dies ist vor allem von Bedeutung für den Ablauf der Verjährungsfrist oder einer Ausschlussfrist. Erfolgt die Genehmigung nach Ablauf der prozessualen Ausschlussfrist, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Eine Heilung durch Rügeverzicht oder rügeloses Handeln ist nicht möglich, da die Postulationsfähigkeit nicht der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegt.680 Etwas anderes gilt bei Fehlen der Partei- oder Prozessfähigkeit, die zugleich Prozesshandlungs- und Prozessvoraussetzungen sind. Beides muss nicht vor der Klagezustellung geprüft werden, da dies zu einem Ausschluss der Prüfung als Prozessvoraussetzung in einer mündlichen Verhandlung führen würde. Trotz Unwirksamkeit der Klageeinreichung wegen der fehlenden Prozesshandlungsvoraussetzungen muss dennoch in der Regel ein Verfahren eingeleitet werden (vgl. § 52 Rdn. 35).681 Werden derartige Mängel nicht geheilt, ist die Klage wegen Fehlens der Prozessvoraussetzung Partei- bzw Prozessfähigkeit als unzulässig abzuweisen. bb) Fehlen der Unterschrift. Auch die eigenhändige Unterschrift unter die Klage (vgl. Rdn. 14 ff.) ist ein Wirksamkeitserfordernis für die Klageeinreichung (Klageerhebungsakt).682 Fehlt eine Unterschrift, bestehen Bedenken, ob überhaupt eine wirksame Klage vorliegt oder ob es sich lediglich um einen Klageentwurf handelt.683 Wird die Klage dennoch zugestellt, kann dieser Mangel unabhängig davon, ob es sich um einen Klageentwurf oder eine mangelhafte Klage handelt, durch Nachholung der Unterschrift oder durch Heilung infolge Rügeverzichts bzw rügelosen Verhandelns684 beseitigt werden (§ 295). Allerdings wirkt die Nachholung685 der Unterschrift wie auch die Heilung infolge Rügeverzichts686 bzw rügelosen Verhandelns687
vgl. zu diesem Problem Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 360 f., der sich für eine Formerleichterung gem. § 261 Abs. 2 ausspricht; dazu abgrenzend BGH NJW-RR 1994, 569; aA OLG Bremen OLGZ 1965, 41 (allerdings Genehmigung erst nach Ablauf der Berufungsfrist); LG Mainz MDR 1980, 406 (Neuvornahme erforderlich). 679 1322 1 BGH NJW-RR 2004, 755; BGH NJW-RR 1987, 322, 323 = FamRZ 1987, 365, 366; BGHZ 90, 249, 253 = NJW 1984, 1559, 1560. 680 21323 BGHZ 111, 339, 341 = NJW 1990, 3085, 3086; Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 358; Halbach S. 108. 681 1324 3 Jauernig ZPR § 38 II 4e; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR§ 94 Rdn. 8; Hager ZZP 97 (1984), 174, 177; Halbach S. 131 ff., 134 bzgl. Parteifähigkeit. Hinsichtlich der Prozessfähigkeit wird dagegen überwiegend gefragt, ob die Prozessunfähigkeit gerichtsbekannt ist und die fehlende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters feststeht, vgl. OLG Schleswig SchlHA 1958, 230; Halbach 134 ff., 138; noch enger KG OLGRspr 25 (1912), 132 f., wonach es genügt, wenn Prozessunfähigkeit gerichtsbekannt ist; Thomas/ Putzo/Reichold Rdn. 19 (offenkundig). 682 41325 BGH NJW-RR 2004, 755 („keine wirksame Prozesshandlung“); dagegen sollen nach Vollkommer S. 393 ff., der Partei Formfehler nicht schaden, wenn trotz des Fehlers der Zweck der
Vorschrift offenbar erreicht ist. So haben seiner Meinung nach selbst wesentliche Formmängel, soweit sie wegen evidenter Zweckerreichung unschädlich sind, nicht die Bedeutung einer „Wirk-“ sondern einer „Zweck-“ form, S. 396. 683 51326 So stellt eine Kündigungsschutzklage, die ohne eigenhändige Unterschrift des mit der Führung des Rechtsstreits bevollmächtigten Rechtsanwalts beim Arbeitsgericht eingeht, grundsätzlich einen prozessual unbeachtlichen Klageentwurf dar, BAG NJW 1976, 1285 = AP Nr. 1 zu § 4 KSchG mit Anm. Vollkommer; der BGH lässt es dahinstehen, ob ein Klageentwurf oder eine mangelhafte Klage vorliegt, BGHZ 65, 46, 47 = NJW 1975, 1704. 684 1327 6 BGHZ 65, 46, 47 f. = NJW 1975, 1704; BGH NJW-RR 1999, 1251, 1252. 685 71328 BGH NJW-RR 2004, 755; BGH VersR 1980, 331 mit abl. Anm. Späth; Stein/Jonas/Leipold § 130 Rdn. 57; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 67 Rdn. 6; Schellhammer ZPR Rdn. 65; aA FG Bremen EFG 1986, 300, 301; Martens NJW 1976, 1991. 686 1329 8 BGHZ 65, 46, 47 f. = NJW 1975, 1704; aA BAGE 52, 263, 269 = NJW 1986, 3224, 3225 Gründe zu B II 3c unter Aufgabe der Rechtsprechung BAGE 1, 272; BAGE 28, 1 = NJW 1976, 1285 = AP Nr. 1 zu § 4 KSchG 1969 mit Anm. Vollkommer, für den Fall, dass innerhalb der Frist des § 4 KSchG beim Arbeitsgericht ein nicht unterzeich-
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nicht zurück, sondern lediglich ex nunc. Dies ist insbesondere von Bedeutung für die Wahrung von Ausschlussfristen (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 115 ff.). Fehlt die Unterschrift nach Ablauf einer prozessualen Frist, besteht allein die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Bestehen Zweifel darüber, dass die „Klageschrift“ mit Wissen und Wollen des Anwalts dem Gericht zugegangen ist, ist dem Unterschriftserfordernis in dem Zeitpunkt Genüge geleistet, in dem diese Zweifel ausgeräumt werden (vgl. Rdn. 24). cc) Bedingte Klageerhebung. Ist die Klageschrift mit einer unzulässigen Bedingung versehen (vgl. Rdn. 8 ff.), ist die Klageeinreichung (Klageerhebungsakt) unwirksam und führt, wenn sie dennoch zugestellt wurde, zur Abweisung durch Prozessurteil.688 Im letzten Fall entsteht zwar ein Prozessrechtsverhältnis, die materiellrechtlichen Folgen der Rechtshängigkeit, wie z.B. die Hemmung der Verjährung, treten jedoch nicht ein. Stellt der Schriftsatz allein einen der Begründung des PKH-Antrags dienenden Entwurf dar, steht also nicht die Klage, sondern der Antrag auf Zustellung unter der Bedingung der Prozesskostenhilfebewilligung (vgl. Rdn. 9), kann eine Antragstellung aus dem Klageentwurf im Termin als ex nunc wirkende Klageeinreichung gelten.689 Es muss keine neue Klageschrift vorgelegt werden, wenn aus dem Entwurf zweifelsfrei hervorgeht, was Gegenstand der Klage ist. Die fehlende Zustellung der Klage bzw des Klageentwurfs kann gem. § 295 durch Rügeverzicht oder rügeloses Verhandeln in der mündlichen Verhandlung, in der der Antrag aus dem Klageentwurf gestellt wird, geheilt werden, vgl. Rdn. 183. Der Zeitpunkt der Klageerhebung wirkt nicht auf die Einreichung des Schriftsatzes zurück, sondern tritt erst mit Heilung und damit zwingend nach der PKH-Bewilligung ein. Zwar ist die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB bereits mit Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Prozesskostenhilfe bzw mit der Einreichung bei baldiger Veranlassung der Bekanntgabe gehemmt, etwaige Ausschlussfristen (z.B. § 4 KSchG) können jedoch bereits abgelaufen sein,690 so dass nur noch die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (z.B. gem. § 5 KSchG) in Betracht kommt. b) Zustellungsmängel. Mängel bezüglich der Zustellung können darin liegen, dass eine Zustellung überhaupt fehlt oder nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Da die Klage erst mit Zustellung rechtshängig wird (§ 261), handelt es sich um eine Voraussetzung für die wirksame Klageerhebung. Solche Mängel können durch Nachholung oder fehlerfreie Wiederholung der Zustellung behoben werden. Ist eine Zustellung nicht erfolgt und das Schriftstück auf andere Weise in die Hände des Beklagten gelangt, z.B. durch formlose Mitteilung im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens, dann kann dieser Mangel durch Rügeverzicht oder rügeloses Verhandeln (§ 295) geheilt werden.691 Allerdings muss dieser Verzicht zweiseitig
neter, jedoch im Übrigen den Erfordernissen einer Klageschrift entsprechender Schriftsatz eingeht. Der Mangel der Nichtunterzeichnung könne rückwirkend und fristwahrend nach § 295 ZPO geheilt werden; ebenso Heinemann S. 59; Martens NJW 1976, 1991; Teske JR 1988, 421, 424 f. 1330 1687 BGH NJW-RR 1999, 1251, 1252; BGH NJW 1996, 317, 318. 688 21331 RGZ 144, 71, 72; BGH NJW 1972, 1373, 1374;
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BVerfGE 68, 132, 142 = NJW 1985, 846 zur bedingten Verfassungsbeschwerde. 3 BGH NJW 1972, 1373, 1374. 690 1333 4 Zu § 4 KSchG vgl. LAG Kiel Urt. v. 9.2.2004 – 2 Ta 1/04; LAG Köln NZA-RR 1996, 453, 454. 691 51334 BGHZ 4, 328, 335 = NJW 1952, 545; BGHZ 25, 66, 72 ff. = NJW 1957, 1517, 1518 f.; BGHZ 7, 268, 270 = NJW 1952, 1375, 1376; BGH NJW 1957, 1517, 1518 f.; BGH NJW 1960, 1947; BGH NJW 1972, 1373, 1374 = JR 1973, 66 mit Anm. 689 1332
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sein, denn es steht allein im Belieben des Klägers, ob er die Klageerhebung vollenden will.692 Die Klage ist in dem Augenblick als zugestellt anzusehen, in dem der Mangel nach § 295 geheilt wird (z.B. durch die vom Beklagten beantragte Klageabweisung)693; die Rechtshängigkeit tritt daher in derartigen Fällen mit dem Rügeverzicht bzw dem Verlust des Rügerechts ex nunc ein,694 auf den Verzichtswillen kommt es nicht an.695 Allerdings ist § 167 zu beachten, der hier entsprechende Anwendung findet.696 Wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt oder die Verjährung gehemmt werden soll und die Zustellung, wäre sie im Augenblick des Verlusts des Rügerechts durchgeführt worden, als „demnächst“ erfolgt anzusehen ist, so ist die Frist gem. § 167 als gewahrt zu betrachten, wenn die Klage vor Ablauf der Frist eingereicht worden ist.697 Dabei empfiehlt sich eine großzügige Anwendung des § 167, da die Terminsbestimmung und damit der Zeitpunkt für die Heilung der fehlenden Klagezustellung dem Einfluss der Parteien entzogen sind.698 Der Scheinbeklagte (vgl. Rdn. 167) wird durch rügelose Einlassung nicht Partei des Rechtsstreits, vielmehr ist auch eine Erklärung des Klägers erforderlich, dass der Scheinbeklagte Beklagter sein soll.699 Insoweit geht es nicht um die Heilung der Zustellung, sondern um die Festlegung des richtigen Beklagten. Diesen zu bestimmen, obliegt jedoch allein dem Kläger. Lässt sich dagegen die Person, der vom Kläger die Beklagtenrolle zugedacht wird, rügelos zur Sache ein, wird der Mangel der fehlenden Zustellung gem. § 295 rückwirkend geheilt (vgl. Vor § 50 Rdn. 18).700 Eine Heilung gem. § 189 kommt in derartigen Fällen nicht in Betracht, da diese voraussetzt, dass eine Zustellung gewollt war.701 Etwas anderes kann im Fall des Scheinbeklagten gelten702 (vgl. Vor § 50 Rdn. 18). Ist die Zustellung bei VertretungsZeiss; BGH NJW 1996, 1351 f.; OLG Hamm FamRZ 1980, 1126, 1127. 1335 1692 Darauf weist Süß FG Heilborn (1931), S. 125, 140, zutreffend hin. Dies ist auch der Grund dafür, dass der Beklagte nicht durch ausdrücklichen Verzicht auf die Zustellung bei Ablehnung der Prozesskostenhilfe die Notwendigkeit einer Klagerücknahme mit der Folge einer Kostenerstattungspflicht des Klägers aus § 269 Abs. 3 S. 2 herleiten kann; vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1453, 1454, das seine Entscheidung allerdings nicht so begründet hat. Zu Recht kam das OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 429 bei Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu einem anderen Ergebnis, da hier von einem dementsprechenden Willen des Klägers ausgegangen werden kann. 693 1336 2 OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 429; vgl. Riemer AnwBl 1983, 93, 94 f. 694 31337 BGHZ 25, 66, 75 = NJW 1957, 1517, 1518; BGH NJW 1961, 1627, 1629; BGH NJW 1984, 926 f.; BGH NJW 1996, 1351, 1352; OLG Jena FamRZ 1998, 1446, 1447; Schellhammer ZPR Rdn. 107; aA wohl Musielak/Foerste Rdn. 16 (ex tunc Wirkung); auch der BGH geht in Fällen der Klageerweiterung im Hinblick auf die Verjährung von einer ex tunc Heilung aus, BGH NJW 1960, 1947, 1948; BGH VersR 1967, 395, 398. 695 41338 BGHZ 25, 66, 70 ff. = NJW 1957, 1517, 1518;
BGH NJW 1960, 1947; BGH JR 1974, 517, 518; OLG Hamm VersR 1983, 63, 64. 1339 5696 BGHZ 25, 66, 76 f. = NJW 1957, 1517, 1518; BGH JR 1974, 517 mit Anm. Lüke; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 172. 697 1340 6 BGH NJW 1974, 1557; BGHZ 25, 66, 70 ff. = NJW 1957, 1517 zu § 35 Abs. 1 EheG a.F. (§ 1317 BGB); BGH NJW 1972, 1373 zu § 1594 Abs. 1 BGB a.F. (§ 1600b BGB). 698 71341 Vgl. auch Lüke JR 1974, 518; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 172, der das Merkmal „demnächst“ hier sogar immer bejahen will. 699 81342 Vgl. BGH NJW 1994, 3232, 3233. 700 1343 9 OLGR Köln 2002, 169; K. Schmidt JuS 1995, 911; vgl. auch BGH NJW 1994, 3232, 3233 (hier keine rückwirkende Heilung, weil Beklagtenrolle eindeutig dem Gemeinschuldner und nicht dem Insolvenzverwalter zugedacht war). 701 1344 10 BGH NJW 2003, 1192, 1193 (formlose Mitteilung); BGHZ 7, 268, 270 = NJW 1952, 1375, 1376 (formlose Übersendung der Klageschrift zur Stellungnahme zum Armenrechtsgesuch); OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1453, 1454 (formlose Mitteilung einer Abschrift des Klageantrags zur Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag); aA (für die generelle Anwendbarkeit des § 189 bei einer fehlenden Zustellung) Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 188. 702 1345 11 OLGR Köln 2002, 169.
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berechtigung nur durch mehrere Organe wie z.B. bei der gemeinsamen Vertretung einer Aktiengesellschaft bei Anfechtungsklagen und bei Nichtigkeitsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse durch den Vorstand und den Aufsichtsrat (§§ 246 Abs. 2, 249 Abs. 1 AktG) nur an eines der Organe erfolgt, dann kann der Mangel der fehlenden Zustellung nur durch rügeloses Verhandeln von dem Prozessbevollmächtigten, der für die beklagte Aktiengesellschaft aufgetreten ist und Prozessvollmacht auch von dem Organ hatte, dem die Klage nicht zugestellt worden ist, geheilt werden.703 Ist die Zustellung zwar erfolgt, aber fehlerhaft (bei Verstoß gegen §§ 166 ff., z.B. Zustellung an die Partei statt an den Prozessvertreter704, bewirkt der Verlust des Rügerechts nach § 295, dass der Anspruch – ex tunc – in dem Augenblick rechtshängig geworden ist, in dem die Klage fehlerhaft zugestellt worden ist.705 Damit treten grundsätzlich die materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit, wie z.B. die Hemmung der Verjährung, in diesem Zeitpunkt ein.706 Dies gilt nicht, wenn Klageausschlussfristen gewahrt werden müssen, die der Parteidisposition entzogen sind.707 Ist ein Scheidungsantrag unter Verstoß gegen zwingende Formvorschriften (hier: § 172) zugestellt worden, so wirkt eine Heilung des Formmangels nach § 295 nicht auf den Zeitpunkt der (fehlerhaften) Zustellung zurück.708 Es ist jedoch bei fehlerhafter Zustellung auch eine Heilung gem. § 189 möglich mit der Folge, dass die Zustellung im Zeitpunkt des Zugangs (ex nunc) als bewirkt angesehen werden kann.709 § 167 ist ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. Rdn. 184). Ist die Zustellung der Klage fehlerhaft und wurde sie nicht geheilt, ist sie zu wiederholen.710 Außerdem ist eine rückwirkende Genehmigung des Zustellungsadressaten möglich, wenn z.B. die Zustellung gem. § 178 an eine dort nicht genannte Person erfolgte.711 Eine Abweisung der Klage als unzulässig hat zu unterbleiben, wenn die unwirksame Zustellung noch wiederholt werden kann.712 Auch im Säumnisverfahren kommt es nicht zur Prozessabweisung, wenn die Klage nicht zugestellt wurde und der Beklagte säumig ist, § 335 Abs. 1 Nr. 2. Ist der Kläger säumig und erscheint der Beklagte, wird der Mangel der fehlerhaften Zustellung gem. § 295 durch Verzicht geheilt, wenn der Beklagte einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils stellt713 und von dem Willen des Klägers zur Klageerhebung auszugehen ist. Wird die fehlerhafte Zustellung vom Beklagten gerügt, ist ein neuer Termin zu bestimmen und die Zustellung nachzuholen. Eine Abweisung der Klage durch Prozessurteil nach Lage der Akten ist wegen §§ 331a S. 2, 251a Abs. 2 S. 1 nicht möglich.714 703 1346
BGHZ 70, 384, 386 = NJW 1978, 1325 mwN; BGH NJW 1974, 1557; BGH NJW 1992, 2099, 2100. 704 21347 BGH NJW 1984, 926. 705 31348 Vgl. RGZ 87, 271, 272 f. (Sonderfall beim Mahnbescheid); RGZ 113, 335, 341 (Sonderfall beim Mahnbescheid); BGH NJW 1984, 926 (allerdings Ausnahme für den durch Rechtshängigkeit bestimmten Zeitpunkt des Endes der Ehezeit); BGH LM Nr. 16 zu § 253 ZPO; OLG Jena FamRZ 1998, 1446, 1447; Johannsen Anm. zu BGH LM Nr. 13 zu § 295 ZPO; Schellhammer ZPR Rdn. 107; Schilken ZPR Rdn. 203. 706 1349 4 RGZ 87, 271; RGZ 113, 335, 341. 707 1350 5 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 189; Hk/Saenger Rdn. 29; MünchKomm/Becker-Eberhard 1
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Rdn. 173; aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 67 Rdn. 18. 708 1351 6 BGH NJW 1984, 926; aA Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 67 Rdn. 18. 709 71352 BGH NJW 1984, 926. 710 1353 8 Thomas/Putzo/Hüßtege Vorbem § 166 Rdn. 23; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 75 Rdn. 13 und § 62 Rdn. 2; auch die Rechtsmittelgerichte müssen die Sache zurückverweisen, BGH NJW 1992, 2099, 2100. 711 91354 Thomas/Putzo/Hüßtege Vorbem § 166 Rdn. 20, vgl. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 75 Rdn. 13. 712 1355 10 Thomas/Putzo/Hüßtege Vorbem § 166 Rdn. 23. 713 1356 11 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 205; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 20. 714 1357 12 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 205.
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c) Mängel bezüglich des Inhalts der Klageschrift. Mängel bezüglich des Inhalts der Klageschrift sind nur insoweit von Bedeutung als es sich um den notwendigen Inhalt der Klageschrift gem. § 253 Abs. 2 handelt. Liegt ein Mangel bzgl. des nicht notwendigen Inhalts der Klageschrift vor, hat dies keine nachteiligen Folgen.715 Die fehlende Bezeichnung des Gerichts wird sich nicht schädlich auswirken, da sich das zur Entscheidung berufene Gericht bereits durch die Einreichung der Klageschrift bei dem bestimmten Gericht bzw der dementsprechenden Adressierung bestimmen lässt (vgl. oben Rdn. 50 f.).716 Stimmen die Bezeichnung des Gerichts und das angegangene Gericht nicht überein, wird der Vorsitzende, wenn er den Fehler bemerkt, beim Kläger nachfragen. Wird der Fehler übersehen und die Klage zugestellt, kann der Kläger im Fall der Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts einen Verweisungsantrag gem. § 281 stellen. Ansonsten ist eine Berichtigung der Bezeichnung des Gerichts zu empfehlen. § 295 braucht insoweit nicht herangezogen werden.717 Bei Mängeln bezüglich der Bezeichnung der Parteien muss unterschieden werden, ob die Parteibezeichnung völlig fehlt oder nur fehlerhaft ist. Im ersten Fall kann eine Zustellung nicht veranlasst werden, eine Beseitigung des Mangels ist nur durch Nachholung der Parteibezeichnung möglich. Ansonsten muss sich die Identität der Parteien aus der Klageschrift ergeben, die der Auslegung zugänglich ist. Allerdings ist es dem Vorsitzenden nicht zuzumuten, eigene Nachforschungen anzustellen.718 Ungenauigkeiten und Unrichtigkeiten in der äußeren Parteibezeichnung sind unschädlich und können, uU nach Klarstellung durch das Gericht,719 im Laufe des Rechtsstreits rückwirkend720 berichtigt werden,721 sofern die tatsächliche Partei aus den objektiven Umständen erkennbar ist und Personenidentität zwischen der tatsächlich gemeinten und der in den Prozess durch Zustellung und Ladung hineingezogenen Partei besteht (vgl. auch oben Rdn. 46 f., Vor § 50 Rdn. 19; § 263 Rdn. 111).722 Die Parteiberichtigung nach Urteilserlass ist eine Rubrumsberichtigung (§ 319). So kann das Rubrum in einem Kündigungsschutzprozess rückwirkend berichtigt werden, wenn der Kläger im Rubrum der Klageschrift irrtümlich nicht seinen Arbeitgeber, sondern dessen Bevollmächtigten als Beklagten benannt hat, sich aber aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben ergibt, wer als beklagte Partei gemeint ist.723 Davon zu trennen sind die Fälle, in denen die falsche Partei verklagt worden ist.724 Hier ist nur ein Parteiwechsel möglich (vgl. § 263 Rdn. 110 ff.), wie z.B. beim Übergang vom Gesellschafts- zum Gesellschafterprozess.725
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1 Dazu Süß FG Heilborn (1931), S. 125, 127 f. 716 21359 Reiner S. 63. 717 31360 AA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 185; MünchKomm/Becker-Eberhard § 253 Rdn. 174. 718 41361 Halbach S. 97; Reiner S. 64 f. 719 51362 Zur Hinweispflicht in diesem Fall RGZ 157, 369, 374 f.; OLG Hamm MDR 1977, 940. 720 61363 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 181. 721 1364 7 BGH NJW 1981, 1453, 1454. 722 81365 BGHZ 22, 240, 245 f. = NJW 1957, 218; BGH NJW 1981, 1453, 1454; BGH NJW 1987, 1946, 1947; BGH NJW-RR 2004, 501; ArbG Hagen BB 1982, 1799, 1800 mwN; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 41 Rdn. 16; Jauernig ZZP 86
(1973), 459; Kleffmann S. 187, 189; Wiesemann Die Berichtigung gerichtlicher Entscheidungen im Zivil-, Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsprozeß (1974), S. 130. Hingegen hält Baumgärtel FS Schnoor von Carolsfeld (1973), S. 19, 23 f., das Merkmal der Identität bei Gesellschaften und juristischen Personen für unbrauchbar. 723 1366 9 BAG NJW 2002, 459, 461. 724 1367 10 Zur Abgrenzung von Parteiberichtigung und Parteiwechsel vgl. Baumgärtel FS Schnorr von Carolsfeld (1973), S. 19 ff.; kritisch dazu Jauernig ZZP 86 (1973), 459 ff. 725 1368 11 KG OLGZ 1978, 476, 477 f.
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§ 253
195 196
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Wurde trotz falscher Beklagtenbezeichnung an den richtigen Beklagten zugestellt, so kann der Mangel durch rügelose Einlassung des Beklagten gem. § 295 ex tunc geheilt werden.726 Hinsichtlich § 253 Abs. 2 Nr. 2 ist zu differenzieren: Enthält der eingereichte Schriftsatz weder einen Klageantrag noch eine Klagebegründung, handelt es sich nicht um eine wirksame Klage, es sei denn, das Klagebegehren kann durch Auslegung ermittelt werden.727 In einem solchen Fall wird eine Zustellung unterbleiben. Enthält die Klageschrift nicht die „bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs“ (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1), besteht insoweit über die Identität des Streitverhältnisses und damit den Umfang der begehrten Rechtskraft Ungewissheit, so dass die Klage ebenfalls als unwirksam anzusehen ist.728 Wird sie dennoch zugestellt, treten lediglich die prozessualen, nicht aber die materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit ein.729 Der Kläger kann die bestimmte Angabe des Gegenstandes oder des Grundes des erhobenen Anspruchs mit ex nunc Wirkung nachholen;730 für die Hemmung der Verjährung und die Einhaltung etwaiger Klagefristen ist deshalb der Zeitpunkt der Nachholung entscheidend.731 Allerdings kann die Vorwirkung des § 167 unter Umständen bewirken, dass die nachgereichte, nunmehr den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechende Klage, fristgerecht erfolgt. Sind diese Anforderungen dagegen erfüllt und fehlt es allein an der Bestimmtheit des Klageantrags, ist die Klage wirksam.732 Fraglich ist in diesem Fall allein die Zulässigkeit der formell und materiell rechtshängig gewordenen Klage, so dass trotz eines solchen Mangels die Verjährung gehemmt733 und eine etwaige Klageausschlussfrist gewahrt ist. Der Mangel der notwendigen Bestimmtheit des Klageantrags führt aber nur zu einer Klageabweisung als unzulässig, wenn er nicht im Laufe des Verfahrens beseitigt wird. Dies kann aus Gründen der Prozessökonomie (Nutzbarmachen des bisherigen, allerdings mit Mängeln behafteten Verfahrens für die materielle Entscheidung des Rechtsstreits nach Behebung der Mängel) durch Erklärungen des Klägers erfolgen.734 Deshalb muss das Gericht dem Kläger – gegebenenfalls nach Hinweis gem. § 139 – Gelegenheit geben, die Klageanträge zu prüfen und gegebenenfalls neu zu fassen sowie sachdienlichen Vortrag dazu vorzubringen.735 Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren gebieten es, insbesondere im Wettbewerbsprozess, von der Möglichkeit der Abweisung der Klage als unzulässig wegen Unbestimmtheit des Klageantrags abzusehen.736
726 1369
1 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 185. 727 21370 LAG Baden ARSt VI Nr. 456; Blomeyer ZPR § 43 I 2a; Halbach S. 98 f. 728 31371 BGH NJW 2001, 305, 307; BGH NJW-RR 1989, 508; BGH NJW 1967, 2210, 2211; BGH NJW 1959, 1819; OLG Hamm VersR 2002, 1361, 1362; Schellhammer ZPR Rdn. 67. 729 1372 4 Zu weitgehend OLG Hamm VersR 2002, 1361, 1362 (keine Rechtshängigkeit); Anders/Gehle S. 1. 730 1373 5 Von Heilung kann man nicht sprechen, da lediglich eine Nachholung in Betracht kommt. 731 61374 Vgl. BGH NJW 2001, 305, 307 (Mahnantrag); BGH NJW-RR 1989, 508, 509; BGHZ 22, 254, 257 = NJW 1957, 263, 264 = LM Nr. 11 zu § 295
136
ZPO mit Anm. Pagendarm; OLG Hamm VersR 2002, 1361; Anders/Gehle S. 2; Schellhammer ZPR Rdn. 67. 732 1375 7 BAG AP Nr. 3 zu § 211 BGB Gründe zu II 2 = NJOZ 2005, 2318, 2321. 733 81376 BAG AP Nr. 3 zu § 211 BGB Gründe zu II 2 = NJOZ 2005, 2318, 2321 (unbezifferter Klageantrag); OLG Köln VersR 1985, 844 f. (unbezifferter Klageantrag). 734 1377 9 BGHZ 11, 181, 184 = NJW 1954, 716, 717; BGH NJW 1981, 2462. 735 1378 10 BGH GRUR 1999, 1017, 1018. 736 1379 11 BGH NJWE-WettbR 1998, 169, 170; BGH GRUR 1998, 489, 492.
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 253
Bei Teilklagen ist Heilung durch − ex tunc wirkende − Nachholung der Zuordnung, auch noch in der Revisionsinstanz,737 möglich.738 Zur fehlenden Aufgliederung der Klagesumme bei einer Teilklage vgl. auch Rdn. 55. Da es sich bei § 253 Abs. 2 Nr. 2 um eine zwingende Verfahrensvorschrift handelt, ist eine Heilung durch Rügeverzicht bzw rügeloses Verhandeln gem. § 295 nicht möglich739 (vgl. aber für die unzulässige Bezugnahme Rdn. 161). Die Einhaltung der Vorschriften über den notwendigen Inhalt einer Klageschrift liegt im öffentlichen Interesse, denn dadurch wird der Streitgegenstand und damit der Entscheidungsumfang gem. § 308 festgelegt.740 Es handelt sich deshalb um einen nicht verzichtbaren Verfahrensmangel iSd § 295 Abs. 2. Dies lässt sich auch damit begründen, dass der erhobene Anspruch erst durch die Beseitigung des Mangels erkennbar wird.741 Eine rügelose Einlassung des Beklagten kann keine Heilung herbeiführen, da sie die Bestimmung des Klagegegenstandes und des Klagegrundes nicht ersetzen kann.742
199 200
V. Verfahrenskosten Gemäß § 6 Abs. 1 GKG wird mit Einreichung der Klageschrift die Verfahrensgebühr im Allgemeinen iHv 3,0 (Nr. 1210 KV-GKG) fällig. Bei Beendigung des gesamten Verfahrens durch eine der in Nr. 1211 KV-GKG genannten Varianten reduziert sich die Gebühr auf 1,0. Gem. § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt entscheidend, in dem der die Instanz einleitende, den jeweiligen Streitgegenstand betreffende Antrag gestellt wird (Anhängigkeit)743. Eine spätere Werterhöhung744 oder Wertminderung745 ist unerheblich. § 40 GKG stellt nun auch klar, dass es für den zusätzlich eingeführten Streitgegenstand, etwa im Wege einer Klageerweiterung, auf den entsprechend zugehörigen ersten Antrag ankommt.746 Gemäß § 12 Abs. 1 GKG soll die Zustellung der Klageschrift erst erfolgen, wenn der betreffende Zahlbetrag bei Gericht eingegangen ist. Die Bezahlung erfolgt mittels Kostenmarken, durch Kostenstempler, bar oder durch Überweisung. Ist der Gegenstand des Verfahrens nicht eine 737 1380
1
BGH NJW 2002, 2182, 2183; BGHZ 11, 192, 195 = NJW 1954, 757. 2 BGH NJW 1993, 1393 (Die Aufgliederung des Klageantrags in der Berufungsinstanz ist kein neues „Angriffs- und Verteidigungsmittel“ iSd § 531); BGH NJW 1959, 1819, 1820. 1382 3739 BGH NJW 1972, 1373, 1374; Musielak/Foerste Rdn. 26; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 67 Rdn. 12; Schellhammer ZPR Rdn. 67; aA BGHZ 22, 254, 257 = NJW 1957, 263, 264; BGH LM Nr. 16 zu § 253 ZPO. Diese Entscheidungen sind jedoch in sich widersprüchlich, wenn sie einerseits § 253 Abs. 2 als zwingende Verfahrensvorschrift einordnen, dann aber eine Heilung gem. § 295 zulassen. Vgl. dazu auch § 295 Rdn. 12. 740 41383 Vgl. dazu auch Süß FG Heilborn (1931), S. 125, 131. Deshalb könne der Beklagte allenfalls auf die Form der Mitteilung, nicht aber auf den obligatorischen Inhalt der Klageschrift verzichten, S. 135. 741 51384 BGH NJW 1972, 1373, 1374. 742 61385 Vgl. dazu BGH NJW 1972, 1973, 1974, obwohl hier nicht explizit der Schluss gezogen wird, dass 738 1381
eine Heilung durch rügelose Einlassung aus diesem Grund nicht möglich sein kann. 7 KG NJW-RR 2000, 215, 216 (Eine teilweise Klagerücknahme nach Anhängigkeit hat deshalb auf die kostenrechtliche Wertfestsetzung keinen Einfluss); OLG Koblenz MDR 1995, 1269; vgl. auch BT-Drucks. 12/6962, S. 62 zum KostRÄndG 1994 vom 24.6.1994 (BGBl I S. 1325) – § 15 GKG a.F.; Hartmann KostG38 (2008) § 40 GKG Rdn. 3; Meyer GKG6 (2004) § 40 Rdn. 2 f. 744 81387 OLG Koblenz FamRZ 2003, 1681, 1682; aA OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 255 (die Entscheidungen ergingen zum § 15 GKG in der Fassung vom 1.7.1994; nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 15 GKG war dagegen noch der höhere Wert zugrunde zu legen, wenn der Wert des Streitgegenstands bei Beendigung der Instanz höher als zu Beginn war). 745 1388 9 OLG Koblenz FamRZ 2003, 1681, 1682; Meyer GKG9 (2007) § 40 Rdn. 3; zur früher streitigen Rechtslage bei § 15 Abs. 1 GKG in der Fassung vor dem 1.7.1994 OLG München FamRZ 1997, 34, 35. 746 1389 10 BT-Drucks. 15/1971 S. 154. 743 1386
Assmann
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201
§ 253
202
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
bestimmte Geldsumme in Euro oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt, wird mit Anhängigkeit der Klage gem. § 63 Abs. 1 GKG der Gebührenstreitwert durch Beschluss von Amts wegen festgesetzt. Keine Vorschusspflicht besteht mehr für Zustellungsauslagen, da sie gem. Nr. 9002 KV-GKG nur noch ausnahmsweise anfallen (mehr als 10 Zustellungen). Die Vorschusspflicht greift gem. § 12 Abs. 2 GKG nicht für die Widerklage, für Scheidungsfolgesachen oder solche in Verbindung mit der Aufhebung einer Lebenspartnerschaft, für Familiensachen nach § 621 Abs. 1 Nr. 9 sowie für Rechtsstreitigkeiten aus dem Bereich der Arbeitnehmererfindungen. § 12 Abs. 1 GKG ist eine Sollvorschrift, der Kläger darf nicht davon ausgehen, dass das Gericht ohne Vorschuss zustellen wird.747 Ausnahmen von der grundsätzlichen Vorschusspflicht bestehen gem. § 14 GKG, soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, dem Antragsteller nach § 2 GKG Gebührenfreiheit zukommt oder die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht aussichtslos und mutwillig ist und zugleich die Zahlung der Kosten entweder zu Schwierigkeiten in der Vermögenslage oder zu einem nur schwer zu ersetzenden Schaden seitens des Antragstellers führen würde. Wird der Kläger bei der Klageerhebung von einem Rechtsanwalt vertreten, so erhält dieser für das Betreiben des Geschäfts in erster Instanz eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV-RVG (vgl. Vorbem. 3 Abs. 2 VV-RVG). Die Gebühr reduziert sich in den Fällen der Nr. 3101 VV-RVG auf 0,8, z.B. wenn der anwaltliche Auftrag bereits vor Klageeinreichung oder Terminswahrnehmung endigt. Die Terminsgebühr (vgl. Vorbem. 3 Abs. 3 VV-RVG) beträgt nach Nr. 3104 VV-RVG 1,2. Erscheint eine Partei nicht zum Termin oder ist sie nicht ordnungsgemäß vertreten und liegt eine der in Nr. 3105 VV-RVG genannten zusätzlichen Voraussetzungen vor748, so beträgt die Terminsgebühr für den anwesenden Rechtsanwalt nur 0,5. Die Einigungsgebühr beträgt nach Nr. 1003 VV-RVG bei einem bereits anhängigen gerichtlichen Verfahren 1,0. Gemäß § 34 Abs. 2 RVG ist eine Beratungsgebühr749 auf die Verfahrensgebühr voll anzurechnen, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Eine zuvor entstandene Geschäftsgebühr (Nr. 2300 ff. VV-RVG) für die außergerichtliche Tätigkeit der Rechtsanwalts750 wird zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet, Vorbem. 3 Abs. 4 VVRVG. Gibt es in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber, erhöht sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für jede weitere Person um 0,3 bis zu einem maximalen Gebührensatz von 2,0 (Nr. 1008 VV-RVG). Entstandene Auslagen erhält der Rechtsanwalt nach Nr. 7000 ff. VV-RVG ersetzt. Für die entstehenden Gebühren und Auslagen kann er vom Kläger gemäß § 9 RVG die Zahlung eines angemessenen Vorschusses verlangen.751
747 1390
1 BGH NJW 2003, 2830, 2831. 748 21391 Vgl. Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke RVG2 (2006), S. 980 f. 749 31392 Nach § 34 Abs. 1 RVG in der ab dem 1.7.2006 geltenden Fassung soll hier grundsätzlich eine Gebührenvereinbarung getroffen werden. Wurde keine Vereinbarung getroffen, gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, wobei bei
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Vereinbarungen mit Verbrauchern gesetzliche Obergrenzen einzuhalten sind. Näheres hierzu bei Gerold/Schmidt/Madert RVG17 (2006) § 34 Rdn. 1 ff. 750 1393 4 Vgl. Gerold/Schmidt/Madert RVG17 (2006) VV 2300, 2301 Rdn. 1 ff. 751 51394 Näheres hierzu bei Maier/Kroiß/Klees RVG2 (2006) § 9 Rdn. 1 ff.
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 254
§ 254 Stufenklage Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist. Schrifttum Assmann Das Verfahren der Stufenklage, 1990; Bartsch Hinweise zur Stufenklage für die Praxis, FAErbR 2005, 3; Bernreuther Die Stufenklage und ihre Erledigung, JA 2001, 490; Fett Die Stufenklage, 1978; Hoßfeld Die Stufenklage des § 254 ZPO, 1932; Kassebohm Die Kostenentscheidung bei der Stufenklage, NJW 1994, 2728; W. Lüke Die Stufenklage, JuS 1995, 143; Peters Die Entscheidungen bei der Stufenklage, ZZP 111 (1998), 67; Reichel Prozessuale Behandlung der Klagen auf Rechnungslegung und Auskunftserteilung, ZZP 37 (1908), 49; Rixecker Die Erledigung im Verfahren der Stufenklage, MDR 1985, 633; Schellhammer Die Stufenklage auf Unterhalt, ZAP 1998, 483; Schneider Die Stufenklage, JurBüro 1968, 497; ders. Verhandlung und Entscheidung bei der Stufenklage, MDR 1969, 624; ders. Streitwert und Gebühren bei der Stufenklage, Rpfleger 1977, 92; Stürner Die Aufklärungspflicht der Parteien im Zivilprozeß, 1976; Winkler von Mohrenfels Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Wesen der Stufenklage . . . . . 1. Normzweck . . . . . . . . . 2. Ausnahme von dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahme zu § 301 Abs. 2 . . . 4. Klagenhäufung . . . . . . .
. .
2 2
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3 4 5
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6 8
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9
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23 25 28 29 30 33
IV. Das Verfahren erster Instanz . . . 1. Die Klageerhebung . . . . . . . a) Antragstellung in Stufenfolge . b) Dreiteilige Stufenklage . . . . c) Rechtshängigkeit des Hauptanspruchs . . . . . . . . . . .
35 35 36 40
III. Anwendungsbereich . . . . . . 1. Arten der Informationsklage . . a) Präparatorische Informationsansprüche . . . . . . . . . b) Information über den Anspruchsinhalt . . . . . . . c) Analoge Anwendung . . . . 2. Arten der Hauptklage . . . . . a) Leistungsklage . . . . . . . b) Feststellungsklage . . . . . c) Gestaltungsklage . . . . . .
Rdn
1
2. Allgemeiner Verlauf des Verfahrens a) Das stufenweise Vorgehen . . . b) Zulässigkeit gebündelter Antragstellung . . . . . . . . . c) Übergang zur nächsten Stufe . . 3. Das Verfahren in den einzelnen Stufen . . . . . . . . . . . . . . a) Die erste Stufe . . . . . . . . b) Die zweite Stufe . . . . . . . c) Die letzte Stufe . . . . . . . 4. Die Beendigung des Verfahrens . . a) Beendigung der ersten Stufe . . b) Beendigung der zweiten Stufe . c) Beendigung der letzten Stufe . . 5. Säumnis bei der Stufenklage . . . 6. Besonderheiten im Scheidungsund Verbundverfahren . . . . . 7. Vollstreckung bei der Stufenklage .
44 45 46 47 49 49 51 53 57 58 61 62 70 73 73
V. Das Rechtsmittelverfahren . . . . 1. Rechtsmittel gegen Stufenurteile . 2. Rechtsmittel gegen ein Vollendurteil . . . . . . . . . . . . . .
74 74
VI. Bindungs- und Rechtskraftwirkung
77
76
42
Assmann
139
§ 254
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rdn
VII. Kosten und Streitwert der Stufenklage . . . . . . . . . . . . . 1. Die Kosten der Stufenklage . . 2. Der Streitwert der Stufenklage . a) Zuständigkeitsstreitwert . .
. . . .
78 78 83 84
Rdn b) Gebührenstreitwert . . . . . c) Rechtsmittelstreitwert . . . .
85 89
VIII. Prozesskostenhilfe . . . . . . . .
90
I. Gesetzesgeschichte
1
§ 254 wurde durch die Novelle von 1898 in die ZPO eingeführt1 und ist seitdem im Grunde unverändert geblieben. Es erfolgte lediglich durch das Gesetz v. 27.6.19702 eine Umbenennung des Offenbarungseids in eidesstattliche Versicherung.
II. Wesen der Stufenklage 1. Normzweck
2
§ 254 sieht für den Fall einer Verbindung der Klage auf Rechnungslegung oder Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung mit der Klage auf Herausgabe der danach geschuldeten Vermögenswerte von der bestimmten Angabe der beanspruchten Leistungen ab, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist. Die Stufenklage ermöglicht es also, eine Informationsklage sogleich mit einer Herausgabeklage zu verbinden, ohne dass ein bestimmter Antrag hinsichtlich des Hauptanspruchs gestellt werden müsste. Dieser wird erst erforderlich, wenn der Informationsanspruch erfüllt bzw die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist. Die Informationsklage ist lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen3 und muss auch diesem Zweck dienen.4 Die Stufenklage verfolgt aus prozesswirtschaftlichen Gründen5 den Zweck, Doppelprozesse und die damit verbundenen Nachteile zu vermeiden.6 Die Erhebung der Stufenklage führt trotz fehlender Bezifferung zur sofortigen Rechtshängigkeit des Hauptanspruchs7 und damit gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Hemmung der Verjährung (siehe Rdn. 43).8 Ohne die Stufenklage würde der Kläger Gefahr laufen, dass der Hauptanspruch verjährt, wenn er diesen erst nach Informationserteilung beziffern könnte. Zwar bestünde für den Kläger die Möglichkeit, seinen Leistungsanspruch zunächst zu schätzen. Damit würde er aber die (Teil-)Abweisung der Klage bezüglich des Haupt1 11395 Im Änderungsgesetz, RGBl 1898 S. 256, 268, noch § 230a; RGBl 1898 S. 410, 458. 2 21396 BGBl I S. 911, 912. 3 31397 BGH NJW 2000, 1645, 1646; OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 493 = NJW-RR 1996, 839; OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 1726, 1727; vgl. aber MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 2, der sich gegen die Bezeichnung des Auskunftsanspruchs als „Hilfsanspruch“ ausspricht. 1398 4 4 BGH NJW 2002, 2952, 2953 = ZIP 2002, 1951, dazu Vogel EWiR 2003, 37; BGH NJW 2000, 1645, 1646; BAG NZA 2005, 289, 290 = AP Nr. 38 zu § 242 BGB Auskunftspflicht (Kocher); LG Arnsberg NJW 2004, 232, 234.
140
5 51399 OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 493 = NJW-RR 1996, 839; OLG Köln FamRZ 1984, 1029. 6 61400 RGZ 58, 57, 59; Hoßfeld S. 9; vgl. Hahn/Mugdan Bd. 8, S. 98 f. 7 71401 BGH NJW-RR 1995, 513; BGH LM Nr. 3 zu § 254 ZPO; OLG Stuttgart NJW-RR 1990, 766; OLG Koblenz FamRZ 1993, 1098. 1402 8 8 Die Rechtshängigkeit einer Stufenklage unterbricht (jetzt: hemmt) die Verjährung des geltend gemachten unbezifferten Leistungsanspruchs vor seiner Bezifferung in jeder Höhe, BGH NJW 1992, 2563; BGH NJW-RR 1995, 770, 771; OLG Hamm NJW-RR 1990, 709; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 865.
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 254
anspruchs und die damit einhergehende Kostenlast riskieren, wenn sich nach der Informationserteilung herausstellt, dass kein bzw ein geringerer Hauptanspruch besteht. Dem Kläger bleibt es jedoch freigestellt, eine gesonderte Klage auf Auskunft bzw eidesstattliche Versicherung und erst nach Informationserteilung bzw Abgabe der eidesstattlichen Versicherung die Hauptklage zu erheben.9 Allerdings handelt es sich dann nicht um eine Stufenklage, da die gesetzliche Sonderform der Leistungsklage als Stufenklage voraussetzt, dass der Hauptanspruch auf der letzten Stufe geltend gemacht wird und lediglich seine Bezifferung vorbehalten bleibt.10 Diese Vorgehensweise ist deshalb nur zu empfehlen, wenn keine Verjährung droht.11 2. Ausnahme von dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 Die Stufenklage stellt eine Ausnahme von dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 dar.12 Nach dem Wortlaut des § 254 kann bei Erhebung der Stufenklage nur auf die bestimmte Angabe der beanspruchten Leistungen verzichtet werden. Dies bedeutet, dass lediglich ein bestimmter Antrag entbehrlich ist, nicht aber die bestimmte Angabe des Grundes des erhobenen Anspruchs.13 Der Kläger muss also den Tatbestand, aus dem er den Hauptanspruch herleitet, zu seiner Individualisierung bereits in der Klageschrift darlegen.14 Der zunächst unbestimmte Hauptantrag kann auch alternativ auf Herausgabe einer Sache oder Zahlung des Erlöses oder Leistung von Schadensersatz lauten, wenn erst die Auskunft Klarheit bringt, was mit den geschuldeten Gegenständen passiert ist.15 Der unbestimmte Antrag ist nur insoweit als zulässig zu erachten, als an eine ordnungsgemäße Klageerhebung Folgen geknüpft werden, insbesondere um die Rechtshängigkeit herbeizuführen. Nach rechtskräftiger Erledigung und Erfüllung des Informationsanspruchs muss der Kläger seinen Hauptanspruch beziffern. Ansonsten wird seine Hauptklage als unzulässig abgewiesen. § 254 befreit also nicht völlig von dem Bestimmtheitserfordernis gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2, sondern verschiebt lediglich den Zeitpunkt, zu dem ein zulässiger Antrag vorliegen muss, nach hinten.16 Erst zu diesem Zeitpunkt, also nach Erledigung der vorhergehenden Stufe, kann das Gericht die Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung bezüglich des Hauptanspruchs vornehmen.
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3. Ausnahme zu § 301 Abs. 2 Da das Gericht die Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung des Hauptanspruchs erst nach dessen Bezifferung vornehmen darf und diese in der Regel erst nach Entscheidung über den Informationsanspruch und Erfüllung durch den Beklagten möglich ist, wird es bei der Stufenklage gezwungen, über den Informationsanspruch zu9 11403 OLG Düsseldorf MDR 1992, 1005; OLG Zweibrücken FamRZ 1969, 230, 231. 1404 210 OLG Celle NJW-RR 1995, 1411; LG Essen NJW 1954, 1289 f. mit abl. Anm. Lent hält eine Stufenklage ohne Geltendmachung des Hauptanspruchs mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig. 11 1405 3 Durch eine Klage wegen vorbereitender Ansprüche wird die Verjährung der sich daraus ergebenden Leistungsansprüche nicht gehemmt, RGZ 115, 27, 29; RG JW 1937, 2101; BGH NJW 1986, 2527; BAG DB 1971, 1776; Henckel JZ 1962, 335, 338. Vgl. zu diesem Problem Arens Verjährungsunterbrechung durch Klageerhebung
FS Schwab (1990), S. 17, 18 f., 30. (alle noch zur alten Rechtslage: Unterbrechung der Verjährung). 1406 412 Vgl. hierzu BGH NJW 2000, 1645, 1646; LAG Düsseldorf DB 2005, 400; OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 493 = NJW-RR 1996, 839; Bernreuther JA 2001, 490; Hoßfeld S. 70. 13 1407 5 Vgl. OLG Düsseldorf NJW 1964, 2164. 14 1408 6 Vgl. auch BGH NJW 2003, 2748, 2749; OLG Düsseldorf NJW 1964, 2164; Assmann S. 8. 1409 715 BGH NJW 2003, 2748, zust. Schultes EWiR 2003, 1109, 1110; Hagemeister WuB VII A. § 254 ZPO 1.04. 1410 816 Vgl. Lappe NJW 1988, 3130, 3131.
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§ 254
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
nächst ein Teilurteil zu erlassen.17 Die Stufenklage ist als Ausnahme zu § 301 Abs. 2 anzusehen, weil dem Gericht insoweit ein Ermessen iSd Vorschrift nicht zusteht. 4. Klagenhäufung
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Bei der Stufenklage handelt es sich um einen Sonderfall der objektiven Klagenhäufung,18 da der Kläger mehrere prozessuale Ansprüche in einer Klage geltend macht. § 254 befreit aber nicht von den Voraussetzungen des § 260 für eine Klagenverbindung. Diese müssen auch bei der Stufenklage vorliegen.19 Deshalb ist es unzulässig, die Bezifferung des Zahlungsanspruchs gegen den Beklagten zu 1) von einer Auskunft abhängig zu machen, die nicht er, sondern der Beklagte zu 2) erteilen soll.20 Lediglich für die örtliche Zuständigkeit lässt sich § 254 eine Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs bezüglich der Hilfsklagen entnehmen.21 Die örtliche Zuständigkeit richtet sich also nach der des Hauptanspruchs. Bezüglich der sachlichen Zuständigkeit bestehen keine Probleme (Rdn. 84). Die Stufenklage ist nicht als kumulative Klagenhäufung anzusehen, weil eine gleichzeitige Entscheidung über alle Ansprüche nicht möglich ist. Sie ist vom Gesetzgeber auch nicht als eventuelle Klagenhäufung konzipiert. Der Kläger hat zwar die Möglichkeit, die Stufenklage in Form einer eventuellen Klagenhäufung zu erheben. Dies muss er aber bereits bei der Klageerhebung klar und deutlich zum Ausdruck bringen. Allerdings kann er den Hauptanspruch nur von der positiven Entscheidung des Gerichts über den Informationsanspruch abhängig machen. Eine Bedingung, dass der Informationsanspruch mit positivem Ergebnis erfüllt wird, ist unzulässig, weil die Hauptklage nicht von einem innerprozessualen Ereignis, sondern von einer außerhalb des Prozesses stehenden Handlung des Beklagten abhängig wäre. Dadurch würde eine untragbare Ungewissheit für das Gericht entstehen, zu welchem Zeitpunkt die Rechtshängigkeit erlischt. Die Stufenklage kann als sukzessive Klagenhäufung bezeichnet werden, weil die einzelnen Ansprüche zwar in einer Klage geltend gemacht werden, das Gericht aber stufenweise vorgehen und eine Stufe nach der anderen erledigen muss.
III. Anwendungsbereich
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Anwendbar ist § 254 auch im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren gem. § 46 Abs. 2 ArbGG, § 495, insbesondere bei Klagen auf Zahlung von Arbeitsentgelt in wechselnder Höhe oder bei Provisionsklagen22, allerdings nicht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. § 254 gilt außerdem entsprechend in den echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.23 1411 117 OLG Hamburg OLGRspr 5, 55; Hoßfeld S. 32, 73 f. 1412 218 BGH NJW 2003, 2748; BGH NJW 1994, 3102, 3103; OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 493 = NJW-RR 1996, 839; OLG Schleswig FamRZ 1991, 95; Göppinger/Wax/Vogel Unterhaltsrecht8 (2003) Rdn. 2494; Bartsch FAErbR 2005, 3, 4; Gehrlein MDR 2004, 541, 542. 1413 319 BGH NJW 1994, 3102, 3103; aA OLG Hamburg MDR 1958, 343; OLG Naumburg NJW-RR 2002, 1704; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 6 (§ 260 neben § 254 nicht anwendbar); Musielak/Foerste Rdn. 3; Hk/Saenger Rdn. 1; Hoßfeld S. 71 ff.; W. Lüke JuS 1995, 143, 144.
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1414 420 BGH NJW 1994, 3102, 3103; vgl. aber OLG Naumburg NJW-RR 2002, 1704, das eine Stufenklage bzgl. der Auskunft gegen den Gemeinschuldner und bzgl. des Hauptanspruchs gegen den Insolvenzverwalter für zulässig hält. 1415 521 So OLG Hamburg MDR 1958, 343; Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 45; Musielak/Foerste Rdn. 3; Lüke JuS 1995, 143, 144. 1416 622 Rambach/Sartorius ZAP Fach 17, 829, 833 (ZAP 2005, 227, 231). 1417 723 BGH WM 1995, 537, 538 zu § 44 LwAnpG; OLGR Brandenburg 1997, 348, 349 zu § 44 LwAnpG; OLG Bamberg FamRZ 1980, 811; OLG Hamm FamRZ 1980, 64, 65; Bassenge/
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§ 254
Ebenso wie der Kläger kann der Beklagte auf die Stufenklage zurückgreifen. Beispielsweise kommt eine Stufenwiderklage dann in Betracht, wenn die Gegenforderung auf jeden Fall höher ist als die (Haupt)Forderung des Klägers.24 Ansonsten genügt eine Widerklage auf Auskunft, wenn der Beklagte aufrechnen möchte, aber die Höhe seiner Gegenforderung nicht kennt.25
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1. Arten der Informationsklage Der Anwendungsbereich der Stufenklage ist nicht auf die in § 254 ausdrücklich genannten Informationsklagen, Klage auf Rechnungslegung, also auf geordnete Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben,26 und Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses sowie auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung beschränkt.27 Im Wege der erweiterten Auslegung ist die Stufenklage auch dann möglich, wenn eine andere Form der geordneten Auskunft über Tatsachen begehrt wird, die für einen Kläger einen gesetzlichen oder vertraglichen Anspruch begründet.28 Es sind Fälle denkbar, in denen eine Stufenklage möglich sein muss, obwohl eine Rechnungslegung bzw die Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses nicht gefordert werden kann. Hat der Geschäftsführer beispielsweise nur eine Sache aus der Geschäftsführung erlangt, die der Geschäftsherr nicht genau bezeichnen kann, dann muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, gem. § 254 seinen Informationsanspruch, der ihm erst Kenntnis über den Inhalt seines Herausgabeanspruchs verschafft, mit der Herausgabeklage zu verbinden. Dies gilt auch für die Information über die Personen, gegenüber denen ehrverletzende Äußerungen gemacht worden sind, zur Vorbereitung der Klage über den Widerruf ehrverletzender Behauptungen,29 für die Information über den Ort der einzelnen Handlungen zur Vorbereitung eines wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruchs30 und für die Verbindung der Klage eines Handelsvertreters auf Vorlegung eines Buchauszugs gem. § 87c HGB mit der Zahlungsklage einer der Höhe nach noch unbestimmten Provision31.
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a) Präparatorische Informationsansprüche. Nach dem Sinn und Zweck des § 254 kommen allerdings nur präparatorische Informationsansprüche32 in Betracht, die die Herausgabeklage vorbereiten, indem sie die Stellung eines bestimmten Antrags erst ermöglichen. Zur Verschaffung sonstiger mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in
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Herbst/Bassenge FGG/RPflG11 (2007) Einleitung FGG Rdn. 7; Keidel/Kuntze/Winkler/ Meyer-Holz FGG15 (2003) Vorb §§ 8–18 Rdn. 4. 1418 124 Hoevelmann JW 1909, 97, 98 f. Vgl. dazu Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 1a Fn. 6, der darauf hinweist, dass für den Fall einer geringeren Gegenforderung von einer Stufenwiderklage abzuraten sei. 1419 225 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 1a Fn. 6; vgl. Hoßfeld S. 14. 1420 326 BGH NJW 1985, 1693, 1694; vgl. auch RGZ 53, 252, 254. Hiernach ist Rechnungslegung jede Auskunftserteilung, die auf entsprechender, durch Gesetz oder Vertrag begründeter Rechtspflicht beruhend, in verständlicher, der Nachprüfung zugänglicher Kundgebung der Tatsachen beruht. 1421 427 Rechtsprechung und Literatur unterscheiden nicht zwischen den einzelnen Informationsklagen, sondern vermengen die Begriffe Rechen-
schaft und Rechnungslegung einerseits bzw Auskunft und Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses andererseits, vgl. z.B. Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 5. 28 1422 5 BAG NJW 2001, 3804 (Allgemeiner Auskunftsanspruch gegen Arbeitgeber); OLG Schleswig FamRZ 1991, 95 f. (Auskunftsanspruch beim Zugewinnausgleich); OLG Zweibrücken FamRZ 1987, 1197, 1198 (Auskunftsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben aus § 2314 BGB); OLG Karlsruhe BB 1977, 1475 (Vorlage einer Abschichtungsbilanz). 29 1423 6 BGH NJW 1962, 731. 30 1424 7 BGH DB 1972, 621, vgl. auch BAG NJW 1967, 1876, 1879. 1425 831 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 10. 1426 932 Deshalb ist die Nennung sämtlicher Auskunftsansprüche in einigen Kommentaren zu weitgehend! Vgl. z.B. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 13.
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Zusammenhang stehender Informationen über die Rechtsverfolgung ist die Stufenklage nicht zulässig.33 Dabei kann es sich um Rechenschafts- und Rechnungslegungspflichten sowie Auskunftspflichten und Pflichten zur Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses handeln.34 Bei den Rechenschaftspflichten sind insbesondere die des § 666, 3. Fall BGB (Rechenschaftspflicht des Beauftragten) und die auf diesen Fall verweisenden Vorschriften (§§ 27 Abs. 3, 86, 675, 681 Abs. 2, 687 Abs. 2, 713, 1978, 2218 Abs. 1 BGB, § 105 Abs. 3 HGB) zu nennen sowie die Rechenschaftspflichten gem. § 740 Abs. 2 Alt. 1 BGB (Rechenschaftspflicht der Gesellschaft), § 1214 Abs. 1 BGB (Rechenschaftspflicht des Pfandgläubigers), § 1698 BGB (Rechenschaftspflicht der Eltern), § 1890 S. 1 BGB (Rechenschaftspflicht des Vormunds gegenüber Mündel), § 2130 Abs. 2 BGB35 (Rechenschaftspflicht des Vorerben), § 235 Abs. 3 Alt. 1 HGB (Rechenschaftspflicht des Inhabers eines Handelsgeschäfts), § 384 Abs. 2 HS 2 HGB (Rechenschaftspflicht des Kommissionärs). Auch die von der Rechtsprechung entwickelte allgemeine Rechenschaftspflicht36 desjenigen, der fremde Angelegenheiten oder solche besorgt, die zugleich eigene und fremde sind, hat präparatorischen Charakter, da der hauptsächliche Grund für die Rechtsfortbildung darin lag, dass der Berechtigte ansonsten seine Ansprüche nicht oder nur schwer feststellen könne. Rechnungslegung ist Rechenschaftslegung über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung (§ 259 BGB).37 Rechnungslegungspflichten begründen § 738 Abs. 1 S. 2 BGB (Bilanzpflicht gegenüber einem ausgeschiedenen Gesellschafter),38 § 2218 Abs. 2 BGB (Rechnungslegungspflicht des Testamentsvollstreckers),39 § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG (Rechnungslegungspflicht des Verletzenden), § 24 VerlagsG (Rechnungslegungspflicht des Verlegers), § 28 Abs. 4 WEG (Rechnungslegungspflicht des Verwalters). Die allgemeine Vorschrift des § 259 Abs. 1 BGB regelt nur den Umfang der Rechenschaftspflicht, begründet selbst aber keine Rechnungslegungspflicht. Zu den Rechnungslegungspflichten ist auch § 556 Abs. 3 S. 1 BGB zu zählen, der den Vermieter zur Betriebskostenabrechnung innerhalb eines Jahres verpflichtet. Hier besteht die Möglichkeit einer Stufenklage des Mieters, wenn dieser mit einem Rückzahlungsanspruch rechnet.40 Der Mieter kann erst nach Rechnungslegung die Höhe des überzahlten Betrags beziffern.41
1427 133 BGH NJW 2002, 2952, 2953, dazu Vogel EWiR 2003, 37; BGH NJW 2000, 1645, 1646; OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 1726, 1727; LG Arnsberg NJW 2004, 232, 234. 34 1428 2 Zu den Arten von Auskunftsansprüchen vgl. Lüke JuS 1986, 2, 3 f. 1429 335 Zu dem Auskunftsanspruch des Nacherben gegen den vom Vorerben Beschenkten vgl. BGHZ 58, 237 = NJW 1972, 907. 1430 436 RGZ 73, 286, 288; RGZ 110, 1, 16; RGZ 164, 348, 350; KG OLGE 19, 390 (Anspruch auf Gewinnbeteiligung); RGZ 127, 243, 244 (Rechenschaftspflicht des Lizenznehmers gegenüber dem Lizenzgeber); LG Mannheim NJW 1969, 1856, 1857 (Rechenschaftspflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter hinsichtlich der Heizkostenabrechnung). 1431 537 Vgl. zum Verhältnis von Rechenschafts- und Rechnungslegungspflichten Assmann S. 27 ff. mwN; Hoßfeld S. 16 f.
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1432 638 OLG Karlsruhe BB 1977, 1475. 1433 739 Hoßfeld S. 17. 1434 840 OLG Düsseldorf WuM 1993, 411; Blank/Börstinghaus/Blank Miete2 (2004) § 556 BGB Rdn. 140; Schmidt-Futterer/Langenberg Mietrecht9 (2007) § 556 BGB Rdn. 459 und 545; Schmid GE 2000, 851; vgl. hierzu auch Klas WuM 1994, 659 ff. Diese Möglichkeit scheint der Gesetzgeber übersehen zu haben, wenn er vorschlägt, dass der Mieter zunächst auf Rechnungslegung klagen und dann die Rückforderung verlangen kann, vgl. BT-Drucks. 14/4553 S. 51. 41 1435 9 Nach Beendigung des Mietverhältnisses kann der Mieter die vollständige Rückforderung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen, wenn der Vermieter nicht fristgerecht über die Betriebskosten eines Abrechnungszeitraums abgerechnet hat, so BGH NJW 2005, 1499, 1500 ff.; vgl. auch OLG Braunschweig NZM 1999, 751 ff.
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Zu den präparatorischen Auskunftsansprüchen42 zählen die § 1361 Abs. 4 iVm § 1605 BGB (Auskunftspflicht des Ehegatten), § 1379 BGB43 (Auskunftspflicht des Ehegatten bei Beendigung des Güterstands), § 1580 BGB (Auskunftspflicht geschiedener Ehegatten), § 1587e Abs. 1 iVm § 1580 BGB (Auskunftspflicht geschiedener Ehegatten in Vorbereitung des Versorgungsausgleichs), § 1587k Abs. 1 iVm § 1580 BGB (Auskunftspflicht im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs), § 1605 Abs. 1 BGB (Auskunftspflicht von Verwandten gerader Linie), § 2011 S. 2 BGB (Auskunftspflicht des Fiskus über Inventar), § 2012 S. 2 BGB (Auskunftspflicht des Nachlasspflegers), § 2027 BGB (Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers oder des Besitzers), § 2028 Abs. 1 BGB (Auskunftspflicht des Hausgenossen), § 2057 BGB (Auskunftspflicht des Miterben), § 2127 BGB (Auskunftspflicht des Vorerben gegenüber Nacherben über den Bestand), § 2314 Abs. 1 BGB (Auskunftspflicht des Erben), § 2362 Abs. 2 BGB (Auskunftspflicht des Scheinerben), § 74c Abs. 2 HGB (Auskunftspflicht des Handlungsgehilfen), § 87c Abs. 3 HGB44 (Auskunftspflicht des Unternehmers), § 26 Abs. 3, 4 UrhG (Auskunftspflicht des Kunsthändlers oder Versteigerers gegenüber Urheber). Auch der von der Rechtsprechung aus § 242 BGB entwickelte allgemeine Auskunftsanspruch, der dann gegeben ist, wenn es sich um ein Rechtsverhältnis handelt, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer Auskunft zu erteilen, hat einen präparatorischen Charakter,45 so unter anderem der Anspruch des Handlungsgehilfen mit Gewinnbeteiligung auf die erforderliche Kenntnis der Geschäfte,46 der Auskunftsanspruch des Arbeitgebers bei Verletzung einer Wettbewerbsabrede,47 der Auskunftsanspruch eines Arbeitnehmers über die für eine Gehaltserhöhung verwendeten Regeln bei unbestimmtem Leistungsantrag auf Gleichbehandlung48 oder sonstige Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche auf Grund vertraglicher Beziehungen, die eine Interessengemeinschaft zum Gegenstand haben.49 Gleichwohl besteht eine allgemeine prozessuale Aufklärungspflicht50 unabhängig vom materiellen Recht ebenso wenig wie eine generelle materielle Auskunftspflicht.51 Dagegen sind die Benachrichtigungs- und Auskunftspflichten des § 666 Alt. 1 und Alt. 2 BGB selbständige Informationsansprüche52 und keine präparatorischen, so dass sie für die Stufenklage nicht in Betracht kommen.53 Gleiches gilt grundsätzlich54 für den Auskunftsanspruch des Zessionars gegen den Zedenten gem. § 402 BGB und 1436 142 Vgl. zum Umfang der Auskunftsansprüche Stürner S. 355 ff.; Lüke JuS 1986, 2, 7. 43 1437 2 Vgl. hierzu Kleffmann FuR 1995, 171 f.; zum Auskunftsanspruch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens OLG Naumburg NJW-RR 2002, 1704 f. 1438 344 Vgl. hierzu OLG Bamberg NJW-RR 2004, 475, 476; Seetzen WM 1985, 213, 219. 1439 445 Vgl. BGH NJW 2002, 2475, 2476; BGHZ 141, 79, 82 = NJW 1999, 1706, 1707; BGH NJW 1995, 386, 387; BGHZ 10, 385, 387 = NJW 1954, 70, 71; RGZ 108, 1, 7; RGZ 158, 377, 379; Palandt/ Heinrichs BGB67 (2008) § 261 Rdn. 8 ff. mwN. 1440 546 Vgl. BAG NJW 2001, 3804 f.; Staub/Konzen/ Weber HGB4 (1995) § 65 Rdn. 15. 1441 647 BAG AP Nr. 1 zu § 268 ZPO = WM 1967, 1223, 1226.
1442 748 BAG NZA 2005, 289, 290 (für außertariflich Angestellte). 49 1443 8 RGZ 108, 20, 25; OLG Koblenz DB 1991, 852 (zum Umfang einer solchen Rechnungslegungsbzw Auskunftspflicht). 1444 950 BGH NJW 1990, 3151; Lüke JuS 1986, 2, 3; Reischl JR 1997, 404; aA Stürner S. 92 ff. 51 1445 10 BGH NJW 1978, 1002; BGH NJW 1981, 1733; BGH NJW 1990, 3151, 3152; Reischl JR 1997, 404; aA Stürner S. 152 ff. 52 1446 11 Stürner S. 310 ff. 53 1447 12 Anders MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 13, der bei § 666 BGB nicht zwischen den einzelnen Alternativen differenziert. 54 1448 13 Ausnahmsweise können sie aber auch der Rechtsdurchsetzung dienen, vgl. Stürner S. 291.
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den Anspruch des Vorkaufsberechtigten gegen den Vorkaufsverpflichteten auf Mitteilung vom Vorkaufsfall gem. § 469 Abs. 1 BGB, die typischerweise lediglich den uneingeschränkten Genuss des erworbenen Rechts sichern wollen,55 ebenso für die Pflichten zur Vorlage eines Bestandsverzeichnisses gem. §§ 1377, 1640, 1667 Abs. 2, 1683 Abs. 1, 1802, 2121, 2215 BGB, die lediglich Beweiszwecken und nicht der Vorbereitung konkreter Ansprüche dienen. Auch § 1034 BGB (Feststellung des Zustands einer Sache im Nießbrauch) und § 1035 BGB (Mitwirkung an einem Verzeichnis beim Nießbrauch an einem Inbegriff von Sachen) haben keinen präparatorischen Charakter. Sie geben lediglich einen Duldungs-56 bzw Mitwirkungsanspruch57 und dienen der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten, die sich später insbesondere bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Rückgabe der Sache ergeben können.58 Gleiches gilt für den auf Duldung gerichteten Anspruch aus § 2122 S. 2 BGB (Recht des Nacherben zur Feststellung des Zustands der Erbschaft), der ebenfalls lediglich Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Umfangs der künftigen Ansprüche des Nacherben gegen den Vorerben vorbeugen will. § 1435 S. 2 BGB (Auskunftspflicht des Verwalters des Gesamtguts) begründet einen Anspruch auf Information über den Stand der Verwaltung des Vermögens.59 Er dient grundsätzlich der Kontrolle des Verwalters und damit letztlich der Erhaltung des Gesamtguts. Ausnahmsweise kann er jedoch einen Anspruch aus § 1435 S. 3 BGB vorbereiten, wenn der nicht verwaltende Ehegatte Kenntnis von einem zum Schadensersatz führenden Verhalten des verwaltenden Ehegatten hat. Dagegen soll der Anspruch aus § 51a Abs. 1 GmbHG (Auskunfts- und Einsichtsrecht des GmbH-Gesellschafters) lediglich die Geschäftsführungskontrolle gewährleisten. Auch § 146 PatG (Auskunftspflicht des Patentberühmenden) ist kein präparatorischer Anspruch. Er dient allein der Vorbereitung wettbewerbsrechtlicher Verteidigung gegen die Patentberühmung insoweit, als der Anspruchsberechtigte aus § 146 PatG vor der Erhebung eines Unterlassungsanspruchs wegen unberechtigter Patentberühmung gem. §§ 5, 8 UWG den Umfang der dem Gegner zustehenden Schutzansprüche klären kann.60 Insoweit wird nicht die Bezifferung eines feststehenden Anspruchs ermöglicht, sondern lediglich die Erfolgsaussicht einer Wettbewerbsklage ermittelt. Gleiches gilt für § 30 GebrMG und § 59 GeschmMG. Der Auskunfts- und Zeugniserteilungsanspruch gem. § 799 Abs. 2 BGB des bisherigen Inhabers einer Inhaberschuldverschreibung gegen den Aussteller bei abhanden gekommener Inhaberschuldverschreibung dient allein dazu, dem Auskunftsberechtigten die für die Antragsbegründung zur Erwirkung eines Aufgebots gem. § 1007 Nr. 1 (vgl. außerdem §§ 1010 Abs. 2, 1011) erforderlichen Angaben zu erhalten,61 nicht jedoch der Vorbereitung eines Anspruchs gegen den Auskunftspflichtigen. Gleiches gilt für § 72 Abs. 1 S. 2 AktG und in Fällen, in denen sich eine solche Nebenpflicht aus dem Begebungsvertrag (§ 1008 Rdn. 3) ergibt. § 809 BGB (Besichtigungsanspruch gegen den Besitzer einer Sache) und § 810 BGB (Einsichtsanspruch gegen den Besitzer einer Urkunde) dienen im Interesse einer er-
1449 155 Stürner S. 291, 311. 1450 256 MünchKommBGB4/Pohlmann (2004) § 1034 Rdn. 4. 1451 357 Winkler von Mohrenfels S. 122 für § 1035 BGB. 1452 458 MünchKommBGB4/Pohlmann (2004) § 1034 Rdn. 1.
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1453 559 MünchKommBGB4/Kanzleiter (2000) § 1435 Rdn. 7. 1454 660 BGHZ 13, 210, 213 f. = NJW 1954, 1238 f. 1455 761 MünchKommBGB4/Hüffer (2004) § 799 Rdn. 11; Staudinger/Marburger BGB (2002) § 799 Rdn. 12.
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leichterten Rechtsverwirklichung der Informationserlangung62 und haben einen präparatorischen Charakter.63 § 31 VVG n.F. regelt lediglich eine Obliegenheit, an deren Verletzung nur unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VVG n.F. die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit geknüpft ist.64 Es handelt sich deshalb um keinen präparatorischen Anspruch. Die in § 260 Abs. 1 BGB begründete Pflicht zur Vorlage eines Bestandsverzeichnisses ist wiederum als präparatorische Informationspflicht anzusehen. Die Möglichkeit der Stufenklage für den Anspruch aus § 558 Abs. 4 S. 2 BGB (Auskunftsrecht des Vermieters gegenüber dem Mieter bezüglich der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung und deren Höhe bei öffentlicher Bindung) ist umstritten.65 b) Information über den Anspruchsinhalt. Neben dem präparatorischen Charakter der für die Stufenklage in Frage kommenden Informationspflichten, müssen diese noch zusätzlich den Normzweck des § 254 – die Vermeidung von Doppelprozessen – erfüllen. Eine solche Einschränkung wird von der Rechtsprechung und Literatur nicht vorgenommen, ist aber vom Normzweck des § 254 geboten. Zwei Prozesse wären nur dann erforderlich geworden, wenn die Informationsansprüche Auskunft über den Umfang des Anspruchs geben, nicht aber, wenn sie dem Kläger Kenntnis über das Bestehen des Anspruchs selbst verschaffen sollen. Hier ergäbe erst das Ergebnis des Informationsprozesses, ob überhaupt ein weiterer Prozess erforderlich wird. Die Stufenklage ist deshalb nur möglich, wenn es sich um präparatorische materielle Informationsansprüche handelt, die Aufschluss über den Anspruchsinhalt oder zugleich über den Anspruchsgrund geben sollen.66 Die Informationen dürfen aber nicht nur den Anspruchsgrund betreffen und das Bestehen des Hauptanspruchs erst darlegen. Insbesondere kommt eine Stufenklage nicht in Betracht, wenn mit der Informationsklage lediglich Auskunft darüber erlangt werden soll, ob ein Hauptanspruch besteht, der Umfang vom Kläger aber selbst dargelegt werden kann.67 Eine Erweiterung der Stufenklage auf Informationsansprüche zur Vorbereitung eines inhaltlich bekannten Hauptanspruchs ist nicht möglich.68 Die Stufenklage stellt nur insoweit ein besonderes Institut des Zivilprozesses dar, als sie von dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 eine Ausnahme macht. Der Kläger ist aber in diesen Fällen in der Lage, seinen Hauptanspruch zu beziffern. Für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs besteht deshalb kein Bedürfnis, weil der Kläger den Hauptanspruch eventualiter neben dem Informationsanspruch geltend machen kann und damit nicht Gefahr läuft, dass sein Hauptanspruch während des Informationsprozesses verjährt. 1456 162 Staudinger/Marburger BGB (2002) Vorbem zu §§ 809–811 Rdn. 1. 63 1457 2 Stürner S. 315 f., der dies für § 810 BGB zumindest wegen dessen Hauptfunktion annimmt; aA für § 810 BGB Winkler von Mohrenfels S. 69 f., der von einer „testatorischen“ Informationspflicht spricht und den präparatorischen Charakter verneint, da § 810 BGB anders als § 809 BGB nicht zwingend an die Feststellung von Ansprüchen gegen den Urkundenbesitzer geknüpft ist und nur eine Beweisfunktion hat. 64 1458 3 BGH LM Nr. 1 zu § 34 VVG a.F. (§ 31 VVG n.F.). 1459 465 Dafür Musielak/Foerste Rdn. 2; Beuermann GE 1994, 1074, 1076; dagegen mit beachtlichen Gründen Börstinghaus WuM 1994, 417, 418;
Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht9 (2007) § 558 BGB Rdn. 192. 1460 566 Assmann S. 46; Lüke JuS 1995, 143, 145. 1461 667 So jetzt auch BGH NJW 2000, 1645, 1646. Die Auskunft diente allein dem Zweck, in Erfahrung zu bringen, ob überhaupt ein Hauptanspruch besteht. Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs war ohne Weiteres möglich. Allerdings hat der BGH die unzulässige Stufenklage in eine − zulässige − Klagenhäufung iSd § 260 umgedeutet. 68 1462 7 Vgl. aber Stürner S. 354 Fn. 120, der erwägt, ob man nicht in solchen Fällen, in denen der Informationsanspruch zur Vorbereitung eines inhaltlich bekannten Hauptanspruchs dient, z.B. bei einem Arzthaftungsprozess, eine Stufenklage zulassen sollte.
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Die Klage auf Auskunft über den Verbleib bestimmter Unterlagen in Verbindung mit einem dementsprechenden Herausgabeantrag kommt nicht als Stufenklage in Betracht. Der Auskunftsantrag dient in diesem Fall nicht der bestimmten Bezeichnung des Hauptantrags. Ihm fehlt wegen § 883 Abs. 2 das Rechtsschutzbedürfnis. Es muss sogleich auf Herausgabe der Unterlagen geklagt werden.69
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c) Analoge Anwendung. Eine analoge Anwendung des § 254 auf § 558b BGB (Zustimmung zur Mieterhöhung und Zahlungsklage) kommt ebenso wenig in Betracht70 wie eine analoge Anwendung des § 254 auf den Fall, dass der Kläger aus einem Vorvertrag die Verurteilung zum Abschluss des Vertrags und die Erfüllung der daraus entstehenden Verpflichtungen begehrt.71 In beiden Fällen fehlt es an einer Regelungslücke und an einer vergleichbaren Rechtslage. Es geht nicht um Informationsklagen, die der Konkretisierung des Hauptanspruchs dienen (zur Vorgehensweise in diesen Fällen vgl. § 259 Rdn. 14). Eine analoge Anwendung des § 254 wird neuerdings auch im Rahmen des § 313 Abs. 1 BGB vorgeschlagen (siehe hierzu auch § 253 Rdn. 81). Der Kläger soll die Ansprüche auf Vertragsanpassung und auf die angepasste Leistung gemeinsam im Wege der Stufenklage geltend machen können.72 Hierfür fehlt es aber an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Fallgestaltungen. Zwar ist dem Kläger meist die Stellung eines bestimmten Antrags bezüglich der Leistungsklage nicht möglich. Dies liegt aber nicht an der zur Konkretisierung des Leistungsanspruchs erforderlichen mangelnden Erfüllung eines Informationsanspruchs durch den Beklagten, sondern an den vielfältigen Möglichkeiten der Vertragsanpassung. Entscheidender Gesichtspunkt gegen die analoge Anwendung des § 254 in diesen Fällen ist aber der Normzweck des § 254. Wegen der drohenden Verjährung des Leistungsanspruchs hat der Gesetzgeber eine Stufenklage und damit einen unbestimmten Hauptantrag zugelassen. Im Fall des § 313 Abs. 1 BGB kann aber der Leistungsanspruch sofort erhoben werden. Im Übrigen hat der Kläger dasselbe Problem bezüglich der Bestimmtheit des Klageantrags in der 1. Stufe. Daran zeigt sich, dass das Problem nicht vergleichbar ist mit den Fällen des § 254, sondern allgemein darin liegt, dass es dem Kläger nicht zuzumuten ist, wegen der vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten das Prozessrisiko einzugehen, die Anpassung also letztendlich dem Gericht überlassen werden soll. Deshalb ist es auf anderer Ebene zu lösen, indem ein unbestimmter Antrag ausnahmsweise zugelassen wird.73 Zudem besteht für eine Analogie schon kein Bedürfnis und somit auch keine Regelungslücke.74 Soweit die Vertragsanpassung die begehrte Leistung selbst betrifft, kann der Kläger, wenn er die Erlangung eines Vollstreckungstitels anstrebt, unmittelbar auf die Leistung klagen.75 In dem Klageantrag ist insoweit der Antrag auf Zustimmung zur
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1463 169 BGH MDR 1963, 204. 1464 270 Bedenken auch bei Eckert/Rau ZMR 1999, 335, 337. 1465 371 So aber Hakenbeck Eventuelle Anspruchskonkurrenz und unechte Eventualklage (1979), S. 128 ff., für präjudizielle Inzidentklagen. 1466 472 Bamberger/Roth/Unberath BGB (Stand Februar 2007) § 313 Rdn. 94; Dauner-Lieb/Dötsch NJW 2003, 921, 926 f.; Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2004, 76, 79; Schmidt-Kessel/Baldus NJW 2002, 2076, 2077; aA Zöller/Greger § 253 Rdn. 13c; Bayreuther Die Durchsetzung des Anspruchs auf Vertragsanpassung beim Wegfall der Geschäftsgrundlage (2004), S. 54 f.; Wieser JZ 2004, 654.
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1467 573 AA Zöller/Greger § 253 Rdn. 13c; Wieser JZ 2004, 654. 74 1468 6 Heinrichs FS Heldrich (2005), S. 183, 200 f.; kritisch auch Erman/Hohloch BGB12 (2008) § 313 Rdn. 41; Zöller/Greger § 253 Rdn. 13c; Muthers in Henssler/v. Westphalen, Praxis der Schuldrechtsreform2 (2003) § 313 Rdn. 30; Heß in Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis (2003), S. 665, 673. 75 1469 7 Eine solche Klage unmittelbar auf die angepasste Leistung ist in Anlehnung an die im Rahmen des § 465 BGB a.F. vertretene Herstellungstheorie nach wie vor möglich, vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 176; Palandt/Grüneberg BGB67 (2008) § 313 Rdn. 41 mwN; Wieser JZ 2004, 654, 655.
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Vertragsanpassung mit enthalten.76 Sofern ein darüber hinausgehender Anpassungsbedarf bezüglich weiterer Vertragsbestandteile, wie z.B. Nebenleistungen, besteht,77 kann der Kläger die weitere Vertragsanpassung neben dem Anspruch auf die angepasste Leistung im Wege der eventuellen Klagenhäufung78 (§ 260) geltend machen. Die Erleichterungen im Hinblick auf die hinreichende Bestimmtheit des Klageantrags (siehe § 253 Rdn. 81) gelten sowohl für den Anspruch auf Vertragsanpassung als auch für den Anspruch auf die angepasste Leistung, so dass unter Umständen auch der Anspruch auf die angepasste Leistung nicht beziffert werden muss, ohne dass es hierfür einer Heranziehung des § 254 bedarf.
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2. Arten der Hauptklage Der Wortlaut des § 254, nach dem eine Informationsklage mit einer Herausgabeklage verbunden und die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden kann, lässt zunächst darauf schließen, dass es sich bei der Hauptklage um eine Leistungsklage handeln muss.
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a) Leistungsklage. Dabei ist es unerheblich, auf welche Art von Leistungen die Hauptklage gerichtet ist, ob auf Zahlung oder Herausgabe von Sachen oder andere Leistungen, wie z.B. die Teillöschung einer Hypothek79. Entscheidend ist, dass Leistungen verlangt werden, die der Kläger erst nach der Information des Beklagten konkretisieren kann.
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b) Feststellungsklage. Eine direkte Anwendung des § 254 auf die Verbindung von Informationsklagen mit einem unbestimmten Feststellungsantrag ist nicht möglich, weil es bei der Feststellung eines Rechtsverhältnisses nicht um die Herausgabe dessen geht, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Es kommt deshalb nur eine analoge Anwendung in Betracht. Eine analoge Anwendung ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn der Kläger erst nach der Information durch den Beklagten seinen Feststellungsantrag bestimmt bezeichnen kann. Grundsätzlich müsste der Kläger bei einer Feststellungsklage als Hauptklage aber in der Lage sein, dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 nachzukommen. Soweit der Streit um ein Rechtsverhältnis geht, bedarf es keiner Bezifferung oder Berechnung der sich aus ihm ergebenden Ansprüche.80 Dagegen ist bei einem Antrag auf Feststellung einer Zahlungspflicht in bestimmter Höhe grundsätzlich eine Bezifferung erforderlich.81 Der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung des sich aus der Abrechnung ergebenden Betrags käme deshalb zwar für eine Stufenklage in Betracht, würde aber in der Regel am fehlenden Feststellungsinteresse scheitern.82 § 254 befreit nur vorübergehend von der Bestimmtheit des Hauptantrags, nicht aber von den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Feststellungsklage, so dass eine Feststellungsklage als Hauptklage unzulässig bleibt, wenn eine Leistungsklage als
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1470 176 Schmidt-Kessel/Baldus NJW 2002, 2076, 2077. 1471 277 Vgl. Dauner-Lieb/Dötsch NJW 2003, 921, 926; Schmidt-Kessel/Baldus NJW 2002, 2076, 2077. 78 1472 3 So Wieser JZ 2004, 654 (Unechte Eventualklage auf den Erfolgsfall). 1473 479 RGZ 56, 116, 119 f. 1474 580 RG JW 1930, 547, 548; RG JR 1926 B Nr. 1872; RGZ 12, 388, 391; BAGE 70, 165, 169 = NZA 1992, 846, 847. 1475 681 BGH NJW-RR 1994, 1272.
1476 782 Assmann S. 48; vgl. OLG Düsseldorf NJW 1965, 2352; vgl. BGH MDR 1961, 751, für eine Feststellungsklage neben der Stufenklage. Erst recht muss dies bei einer Feststellungsklage als letzter Stufe einer Stufenklage gelten; vgl. auch BGH WM 1999, 746, 747, der wegen der Möglichkeit einer Stufenklage mit Leistungsantrag einer Klagenverbindung von Auskunftsanspruch und Feststellungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis abspricht.
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Hauptklage möglich ist (vgl. zum Verhältnis von Leistungs- und Feststellungsklage § 256 Rdn. 189 ff.). Ob eine analoge Anwendung des § 254 auf eine Feststellungsklage als Hauptklage zulässig ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur im konkreten Einzelfall entscheiden. So ist eine Stufenklage zulässig bei Wettbewerbsverstößen, in denen der Kläger nur nach Information durch den Beklagten Kenntnis von allen einzelnen Verletzungshandlungen erlangen kann, und erst nach Erfüllung dieser Informationspflicht das festzustellende Rechtsverhältnis (bestimmte Bezeichnung des zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignisses) bestimmt bezeichnen kann.83 Auch der Schuldner einer Unterhaltsforderung kann eine negative Feststellungsklage im Wege der Stufenklage mit einem Auskunftsbegehren verknüpfen. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn es um die Beseitigung eines Titels nach §§ 620 ff. geht, da ein solcher gem. § 620f bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung, die von Seiten des Unterhaltsverpflichteten mit der negativen Feststellungsklage zu erreichen ist,84 fort gilt.85 In Betracht kommt auch eine Anwendung des § 254 auf die Feststellungsklage bei Leistungsansprüchen gegen die öffentliche Hand86 und auch dann, wenn sie prozesswirtschaftlich zu einem sinnvolleren Ergebnis führt.87 Auch für eine Feststellungsklage neben oder statt einer Stufenklage fehlt es an dem gem. § 256 Abs. 1 erforderlichen Feststellungsinteresse, wenn der Geschädigte im Wege einer Stufenklage sogleich auf Leistung klagen kann (vgl. § 256 Rdn. 213).88 Dies gilt jedoch nicht im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und im Urheberrecht.89 Zulässig ist aber eine Zwischenfeststellungsklage bezüglich des dem Auskunfts- und Hauptanspruch zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses innerhalb der Auskunftsstufe, da diesbezüglich keine innerprozessuale Bindungswirkung für den Hauptanspruch erzeugt wird (siehe Rdn. 77).90 Dies gilt nicht, wenn der Zwischenfeststellungsantrag auf die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten gerichtet ist, den sich aus der Abrechung ergebenden Betrag zu bezahlen, und damit bereits in vollem Umfang den Gegenstand der Hauptentscheidung bildet.91 c) Gestaltungsklage. Für eine Stufenklage kommt als Gestaltungsklage insbesondere die Abänderungsklage gem. § 323 in Betracht.92 Die Abänderungsklage ist zwar als prozessuale Gestaltungsklage insoweit anzusehen, als die Abänderung des rechtskräftigen Urteils begehrt wird (vgl. Vor § 253 Rdn. 17). Daneben wird aber eine Neuentscheidung des Rechtsstreits erstrebt; insoweit entspricht die Rechtsnatur der Klage derjenigen des Vorprozesses. In der Regel handelt es sich also um eine Leistungsklage. Soweit es um die Erhöhung oder Verlängerung der Leistungspflicht geht, ist § 254 direkt anwendbar. Begehrt der Kläger dagegen die Herabsetzung bzw zeitliche Begrenzung seiner Leistungspflicht, dann verlangt er nicht die Herausgabe desjenigen, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, also keine Leistung. Andererseits handelt es sich aber um denselben prozessualen Anspruch des Vorprozesses, um den Leistungsanspruch des Klägers des Vorprozesses bzw des Beklagten des Zweitprozesses, lediglich die Parteirollen sind vertauscht. Der Unter1477 183 Vgl. BGH NJW 1983, 2247, 2250. 1478 284 Vgl. BGH FamRZ 1983, 355, 356. 1479 385 OLG Frankfurt FamRZ 1987, 175. 86 1480 4 Lüke JuS 1995, 143, 144. 87 1481 5 BAG NJW 1967, 1876, 1878 (im konkreten Fall allerdings verneint). 1482 688 BGH NJW 1996, 2097, 2098; BGH MDR 1961, 751; BGH LM Nr. 12 zu § 123 BGB unter IV; RGZ 58, 57, 60.
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1483 789 BGH NJW 2003, 3274, 3275 = WRP 2003, 1238; BGH NJW-RR 2002, 834, 835. 1484 890 BGH WM 1999, 746, 747. 91 1485 9 BGH MDR 1961, 751. 92 1486 10 BGH NJW-RR 1990, 323, 325; BGH NJW 1985, 195, 196; OLG Köln NJW 1990, 2630; OLG München NJW-RR 1988, 1285, 1286.
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schied zu den in § 254 genannten Fällen liegt darin, dass nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner des Anspruchs nicht in der Lage ist, ohne die Information des Gläubigers seinen Abänderungsantrag bestimmt zu bezeichnen. Insoweit ist jedoch eine analoge Anwendung des § 254 geboten. Der Normzweck des § 254, Doppelprozesse zu verhindern, trifft hier in gleicher Weise zu. Dem steht nicht das Wesen der Abänderungsklage als außerordentlicher Rechtsbehelf zur Beseitigung der materiellen Rechtskraft entgegen. Der Gläubiger, der auf die Rechtssicherheit und den Bestand des Titels vertraut, ist hier nicht schutzwürdig, weil er die Umstände, die zu einer Abänderung des Titels führen können, kennt und sich dementsprechend ab Klageerhebung darauf einstellen kann. Den Abänderungskläger stattdessen auf einen Schadensersatzanspruch zu verweisen, würde der Sachlage nicht gerecht werden und außerdem zu erheblichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Feststellung des hypothetischen Zeitpunkts der Klageerhebung bei rechtzeitiger Auskunftserteilung führen.93 Inwieweit ein Gestaltungsantrag zulässig ist, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der betreffenden Klage.94 Die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 kann ebenfalls in der Form der Stufenklage erhoben werden, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, einen bestimmten Antrag zu stellen.95 Dies ist z.B. der Fall, wenn er nicht weiß, inwieweit die titulierte Forderung durch seinen Rechtsvorgänger nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erfüllt worden ist, und deshalb nicht präzisieren kann, ob die Zwangsvollstreckung ganz oder nur teilweise (in einer bestimmten Höhe) für unzulässig zu erklären ist. In der ersten Stufe macht der Vollstreckungsschuldner den Auskunftsanspruch gegen den Vollstreckungsgläubiger geltend, in der zweiten die Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in der sich aus der Auskunft ergebenden Höhe.
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IV. Das Verfahren erster Instanz 1. Die Klageerhebung Besonderheiten ergeben sich bei der Klageerhebung nur im Hinblick auf den Inhalt der Klageschrift.
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a) Antragstellung in Stufenfolge. Es sind zwei Anträge in Stufenfolge zu stellen, wobei der Hauptantrag noch nicht beziffert werden muss. Dies kann der Informationsanspruch oder (siehe unten Rdn. 40) der Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung in Verbindung mit dem Hauptanspruch sein. Dabei empfiehlt es sich, die Klage als Stufenklage zu bezeichnen, damit sie nicht als gesonderte Auskunftsklage angesehen wird. Notwendig ist diese Bezeichnung jedoch nicht. Andererseits genügt die Bezeichnung allein ebenfalls nicht. So wurde eine Klage trotz einleitender Formulierung in der Klageschrift – „wird im Wege der Stufenklage beantragt“ – nicht als Stufenklage angesehen, wenn der Zahlungsantrag lediglich nach Erteilung der Auskunft angekündigt worden ist. Daraus ergebe sich, dass der Zahlungsantrag bis
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1487 193 Vgl. dazu OLG Hamburg FamRZ 1983, 626, 627; OLG Köln FamRZ 1983, 1047, 1050. 94 1488 2 Vgl. zur Zulässigkeit der Stufenklage mit der letzten Stufe als Gestaltungsklage auch OLG Hamburg MDR 1958, 343, das allerdings zu Unrecht davon ausgeht, dass die Rechnungslegung zu dem Zweck, in Erfahrung zu bringen, ob überhaupt
ein Anspruch besteht, genügt. Die Rechnungslegung darf vielmehr nur dem Zweck dienen, den Umfang des Anspruchs in Erfahrung zu bringen. 1489 395 Lüke JuS 1995, 143, 144; Musielak/Foerste Rdn. 3, der allerdings § 254 analog anwendet; vgl. auch OLG Köln InVo 2005, 335, 338 f.
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zum Zeitpunkt nach Auskunftserteilung insgesamt vorbehalten bleiben solle.96 Diese Auslegung ist wohl angesichts der Tatsache, dass die Stellung des Hauptantrags in der mündlichen Verhandlung erst nach Erledigung der vorhergehenden Stufe zulässig ist, zu eng. Es ist dem Kläger jedenfalls anzuraten, in die Klageschrift ausdrücklich den unbezifferten Hauptantrag aufzunehmen. Im Klageantrag der Auskunftsstufe ist der genaue Zeitraum anzugeben, für den die Auskunft oder Rechnungslegung begehrt wird. Anderenfalls besteht die titulierte Auskunftspflicht allein für die Zeit zwischen Klagezustellung und Urteilserlass.97 Hinsichtlich des Hauptanspruchs muss der Kläger zunächst keinen bestimmten Antrag stellen. Von der bestimmten Angabe des Grundes des erhobenen Anspruchs ist er jedoch nicht befreit. Es ist zulässig, bei Erhebung einer Stufenklage einen Teil des Leistungsantrags zu beziffern bzw einen Mindestbetrag anzugeben, wenn dieser von vornherein feststeht und die Auskunftsstufe allein der Aufstockung dieses Betrags dient.98 Hier ist grundsätzlich nur im Hinblick auf den unbezifferten Teil eine Stufenklage anzunehmen.99 Eine Entscheidung durch Teilurteil bezüglich des bezifferten Teils ist nur bei Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen möglich. Die vorläufige Bezifferung des Leistungsantrags mit dem Mindestantrag kann auch rückgängig gemacht werden, um anschließend die Stufenklage (wieder) mit dem unbezifferten Leistungsantrag weiterzuverfolgen.100 Selbst eine vollständige Bezifferung des Leistungsantrags soll nach Ansicht des BGH zulässig sein, sofern der Auskunftsanspruch oder die eidesstattliche Versicherung eine fundiertere Begründung des der Höhe nach bereits feststehenden Hauptanspruchs ermöglichen soll.101 Es besteht ferner die Möglichkeit, während des laufenden Verfahrens – auch in der Berufungsinstanz – von der Leistungsklage zur Stufenklage überzugehen.102 Hierbei handelt es sich um eine nachträgliche objektive Klagenhäufung, die entgegen der h.M. nicht als Klageänderung anzusehen ist, sondern lediglich den Voraussetzungen des § 260 unterliegt (siehe § 263 Rdn. 36). Ist eine Stufenklage unzulässig, kommt eine Umdeutung in eine von der Stufung unabhängige objektive Klagenhäufung in Betracht.103 b) Dreiteilige Stufenklage. Die in der Praxis übliche gleichzeitige Stellung der Anträge auf Rechnungslegung bzw Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses mit dem Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und dem unbestimmten Hauptantrag, sog. dreigliedrige Stufenklage, widerspricht dem Gesetz.104 Bereits der Wortlaut des § 254 deutet darauf hin, dass entweder die Informationsklage oder die Klage auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung mit der Herausgabeklage ver1490 196 OLGR Celle 1999, 286 f.; OLG Celle NJW-RR 1995, 1411; OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 488, anders aber OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 865, 866. 1491 297 OLG Frankfurt FamRZ 1984, 271, 272. 1492 398 BGH NJW-RR 1996, 833, 835 = FamRZ 1996, 1070, 1071; BGH WM 1972, 1121; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1097, 1098. 99 1493 4 Vgl. BGH NJW 2006, 217; BGH NJW-RR 2003, 68 = FamRZ 2003, 32; BGHZ 107, 236, 239 = NJW 1989, 2821; offengelassen OLGR Köln 1996, 88. 100 51494 BGH NJW-RR 1996, 833, 835 = FamRZ 1996, 1070, 1071. 101 61495 BGH NJW-RR 1996, 833, 835 = FamRZ 1996, 1070, 1071; BGH WM 1972, 1121.
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OLG Bamberg NJWE-FER 2000, 296 f.; OLG München FamRZ 1995, 678; OLG Stuttgart MDR 1999, 1342. 103 1497 8 BGH NJW 2002, 2952, 2953; BGH NJW 2000, 1645, 1646; OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 1726, 1727. 104 1498 9 Assmann S. 55 ff.; Fett S. 27 ff.; Hoßfeld S. 21; Reichel ZZP 37 (1908), 49, 56; Rixecker MDR 1985, 633 Fn. 6; Simonssohn ZZP 34 (1905), 481, 485; aA BGH NJW 1991, 1893; BGHZ 10, 385, 386 = NJW 1954, 70; Zöller/Greger Rdn. 4; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 1, 10; Musielak/Foerste Rdn. 1; Lüke JuS 1995, 143, 145.
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bunden werden können. Eine gleichzeitige Geltendmachung ist nicht vorgesehen. Der Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung müsste entweder als unbegründet oder als unzulässig abgewiesen werden. Wird der Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung in der Klageschrift als bereits fälliger Anspruch geltend gemacht, dann ist die Klage insoweit zurzeit unbegründet, weil dieser Anspruch erst nach Rechnungslegung im Fall mangelnder Sorgfalt des Beklagten entsteht.105 Eine Zurückstellung der Entscheidung über diesen Anspruch bis zum Zeitpunkt der Rechnungslegung entsprechend § 254 ist nicht geboten, weil der Kläger ohne Probleme den Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Wege der nachträglichen Klagenhäufung gem. § 260 (vgl. § 260 Rdn. 63 ff.)106 in das laufende Verfahren einbringen kann.107 Dadurch entstehen ihm auch keinerlei Nachteile, eine vergleichbare Situation bezüglich der Probleme bei Erhebung der Hauptklage besteht nicht. Während der Herausgabeanspruch bereits besteht, eine zulässige Klageerhebung aber wegen fehlender Informationen nicht möglich wäre, entsteht der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erst nach Rechnungslegung. Einer zulässigen Klageerhebung stünde nichts im Wege, die Klage würde aber an der Begründetheit scheitern. Die Möglichkeit, den Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung als künftigen Anspruch geltend zu machen, scheitert an den Voraussetzungen des § 259. Auch die eventuelle Geltendmachung dieses Anspruchs ist zum Scheitern verurteilt,108 weil lediglich die Verurteilung zur Rechnungslegung als zulässige innerprozessuale Bedingung in Betracht käme, nicht aber die mangelnde Sorgfalt des Beklagten bei der Informationserteilung. Diese ist aber Voraussetzung für den Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Will der Kläger diesen Anspruch erfolgreich durchsetzen, so darf er ihn nicht gleichzeitig mit dem Rechnungslegungsanspruch und dem Hauptanspruch erheben, sondern muss die Rechnungslegung abwarten und ihn dann gegebenenfalls im Wege der Klageerweiterung geltend machen. Ohne die letzte Stufe, also bei fehlender Geltendmachung des Hauptanspruchs (sog. „verkürzte Stufenklage“), liegt keine Stufenklage vor,109 abgesehen davon, dass eine Verbindung von Auskunftsklage und Klage auf eidesstattliche Versicherung nach der hier vertretenen Ansicht ohnehin nicht zulässig ist. Ein Verzicht auf die letzte Stufe ist nicht möglich.110 Der Zweck der Stufenklage, Doppelprozesse zu vermeiden, wäre dann verfehlt. Soll der Leistungsantrag nicht − auch nicht unbestimmt − gestellt werden, bedarf es keiner Stufenklage. Vielmehr kann der Kläger lediglich Auskunftsklage oder Klage auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erheben und diese Klage eventuell später auf den Leistungsanspruch erweitern. 105 1499
1 So auch Hoßfeld S. 27. 106 21500 Die nachträgliche Klagenhäufung wird entgegen der hier vertretenen Auffassung von der überwiegenden Ansicht als Klageänderung behandelt, BGH NVwZ-RR 2006, 109, 112; BGH NJW 1996, 2869; BGH NJW-RR 1987, 58; BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH WM 1981, 798, 799; BGH NJW 1970, 44, 45; BGH NJW 1957, 543; RG Gruchot 32, 410, 412 f.; RG JW 1911, 373; RG JW 1935, 2896, 2897; RG Warn 1942 Nr. 52; BAG WM 1976, 598, 600. 107 1501 3 Hoßfeld S. 46; vgl. hierzu Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 2, der darüber hinaus anmerkt, dass § 259 Abs. 2 BGB von der nachträglichen Erweiterung als Regelfall ausgeht; Friedrichs JW 1901, 788, 789.
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AA Hoßfeld S. 28, der dies rechtlich für zulässig, praktisch allerdings auch für bedenklich hält. 5 Assmann S. 82; vgl. Hoßfeld S. 25. 110 1504 6 OLG Celle NJW-RR 1995, 1411; LG Essen NJW 1954, 1289 mit abl. Anm. Lent; aA wohl BGHZ 10, 385, 386 = NJW 1954, 70, 71; OLGR Zweibrücken 2005, 132; KG FamRZ 1997, 503; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 10 im Widerspruch zu Rdn. 17; Zöller/Greger Rdn. 1; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 3 Fn. 11, der verkennt, dass die Nichtstellung des Hauptantrags in der mündlichen Verhandlung die richtige Verfahrensweise ist, aber nicht bedeutet, dass die letzte Stufe im Klageantrag fehlen kann. Diese ist vielmehr notwendige Voraussetzung für eine Stufenklage. 109 1503
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c) Rechtshängigkeit des Hauptanspruchs. Mit Erhebung der Stufenklage werden der Informations- und der Hauptanspruch rechtshängig.111 Damit treten sowohl die prozessrechtlichen als auch die materiellrechtlichen Folgen der Rechtshängigkeit auch hinsichtlich des Hauptanspruchs ein.112 Darin liegt die Besonderheit der Stufenklage, indem sie die negativen Folgen einer mangelhaften Klageerhebung dadurch verhindert, dass sie die Stellung eines unbestimmten Antrags gestattet. Die Rechtshängigkeit ergreift den Hauptanspruch rückwirkend in dem – auch reduzierten oder erweiterten – Umfang, in dem der Kläger seinen Hauptantrag später beziffert.113 Eine Beschränkung auf das sich aus der Rechnungslegung Ergebende ist nicht vorgesehen.114 Das bedeutet, dass der Kläger sowohl mehr als auch weniger fordern kann als sich aus der Information ergibt.115 Wird der Leistungsantrag jedoch zunächst auf einen geringeren Betrag beziffert als sich aus der Auskunft ergibt und später auf den vollen Betrag erweitert, so wird der volle Betrag nicht rückwirkend mit der Erhebung der unbezifferten Stufenklage rechtshängig.116 Die Erhebung einer Stufenklage führt mit Klageerhebung trotz fehlender Bezifferung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Hemmung der Verjährung des Hauptanspruchs. Die Hemmung tritt aber nur dann ein, wenn der unbestimmte Zahlungsantrag mit dem Informationsantrag im Rahmen einer Stufenklage verbunden wird.117 Allein durch eine Klage wegen vorbereitender Ansprüche wird die Verjährung der sich daraus ergebenden Leistungsansprüche nicht gehemmt.118 Auch ein Prozesskostenhilfegesuch, das auf einen Schriftsatz Bezug nimmt, in dem allein ein Auskunftsantrag gestellt ist, reicht für die Hemmung der Verjährung des Leistungsanspruchs gem. § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB nicht.119 Ob eine hinreichende Verbindung vorliegt, bedarf im Zweifel der Auslegung, erst recht wenn ein Leistungsbegehren lediglich später in Aussicht gestellt wird.120 Die Rechtshängigkeit einer Stufenklage auf Zugewinnausgleich hemmt die Verjährung des geltend gemachten unbezifferten Leistungsanspruchs in jeder Höhe.121 Die Hemmung erfolgt selbst dann, wenn der Auskunftsantrag von einem falschen Stichtag ausgeht, dies später jedoch nach Ablauf der Verjährungsfrist in der mündlichen Verhandlung entsprechend berichtigt wird.122 Die Hemmung endet, wenn nach Erledigung der Vorstufen der Zahlungsanspruch nicht weiterverfolgt wird (§ 204 Abs. 2 S. 2 BGB).123
1505 1111 BGH NJW-RR 1995, 513; BGH LM Nr. 3 zu § 254 ZPO; OLG Hamburg FamRZ 1983, 602; OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 943; OLG Koblenz FamRZ 1993, 1098 (Stufenklage des Klägers und Auskunftswiderklage des Beklagten bzgl. Unterhaltsbedürftigkeit); OLG Stuttgart NJW-RR 1990, 766; Hoßfeld S. 29. 112 1506 2 Nach OLG Koblenz FamRZ 2004, 1732, 1733 f. kann allerdings bei einer in der Auskunftsstufe „stecken gebliebenen Stufenklage“ das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit für eine negative Feststellungsklage durch Verbindung gem. § 147 überwunden werden. 113 1507 3 BGH NJW 1992, 2563 = FamRZ 1992, 1163, 1164; BGH ZZP 71 (1958), 408; OLG Hamburg FamRZ 1983, 602; Assmann S. 64; Schneider JurBüro 1968, 497, 498. 114 41508 Vgl. hierzu OGHZ 4, 183, 184. 115 51509 Vgl. Meincke ZErb 2004, 1, 2 f. 116 61510 OLG Hamburg FamRZ 1983, 602.
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117 1511 7 OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1097, 1098; KG FamRZ 2001, 105, 106; OLG Celle NJW-RR 1995, 1411; Bartsch ZErb 1999, 72, 73. 118 81512 RGZ 115, 27, 29; RG JW 1937, 2101; BAG NJW 1986, 2527; BAG DB 1971, 1776; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1097, 1098; Bartsch ZErb 1999, 72; Henckel JZ 1962, 335, 338 (alle noch zur Unterbrechung der Verjährung). Vgl. zu diesem Problem Arens FS Schwab (1990), S. 17, 18 f., 30. 119 91513 OLGR Celle 1999, 286, 287. 120 1514 10 OLGR Celle 1999, 286, 287; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1097, 1098, dazu Bartsch ZErb 1999, 72 ff. 121 1515 11 BGH NJW-RR 1995, 770, 771; BGH NJW 1992, 2563; OLG Hamm NJW-RR 1990, 709. 122 1516 12 KG FamRZ 2001, 105, 106; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 865, 866; aA OLG Hamm FamRZ 1996, 864. 123 1517 13 BGH NJW 1975, 1409, 1410; BAG NJW 1986, 2527.
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2. Allgemeiner Verlauf des Verfahrens Die Stufenklage weist einige Besonderheiten bezüglich des Verfahrensablaufs auf. Ansonsten unterscheidet sich das Verfahren nicht von demjenigen anderer Leistungsklagen.
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a) Das stufenweise Vorgehen. Die Stufenklage wird in einem einheitlichen Verfahren, allerdings in prozessual selbständigen Stufen124 durchgeführt, deren innerliche Verbindung darin besteht, dass die vorgeschaltete Informationsstufe als Hilfsmittel der konkreten Bestimmung des Hauptanspruchs dient.125 Eine gemeinsame Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung kann aber nicht stattfinden.126 Vielmehr muss das Gericht stufenweise vorgehen. Das bedeutet, dass es dem Gericht erst nach der Verhandlung und Erledigung der vorhergehenden Stufe möglich ist, über die nachfolgende Stufe zu verhandeln und zu entscheiden.127 Die Stufenklage wird quasi von Anfang an in einzelne Teile gespalten. Im Grunde genommen werden zwei getrennte aufeinander folgende Prozesse geführt mit der Ausnahme, dass dem Kläger dadurch keine Nachteile entstehen, sondern ihm die Vorteile einer gleichzeitigen Geltendmachung dieser Ansprüche, insbesondere die Rechtshängigkeit auch des unbestimmten Hauptantrags mit Klageerhebung, zugute kommen. Entsprechend sind die allgemeinen Prozessvoraussetzungen für jede Stufe getrennt zu prüfen.128
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b) Zulässigkeit gebündelter Antragstellung. Die in der Praxis übliche Bezugnahme auf die in der Klageschrift gestellten Anträge (§ 297 Abs. 2) führt zu einer Stellung des unbestimmten Hauptantrags in der ersten Stufe, die lediglich den Informationsanspruch betrifft.129 Diese Vorgehensweise ist zwar inkorrekt,130 als unzulässig kann die gebündelte Antragstellung aber nicht betrachtet werden.131 Die Stellung des unbestimmten Hauptantrags in der mündlichen Verhandlung über die erste Stufe hat keinerlei Wirkungen, weil eine Verhandlung und Entscheidung über den unbestimmten Antrag vor Erledigung des Informationsantrags nicht möglich ist (siehe oben Rdn. 45). Das Gericht kann aber den unbestimmten Antrag in der ersten Stufe auch nicht als unzulässig abweisen, weil der Zeitpunkt der Zulässigkeitsprüfung für den Hauptanspruch nach hinten verschoben ist (Rdn. 3). Eine Verhandlung und Entscheidung über den unbestimmten Antrag ist auch nicht gewollt. Vielmehr soll der unbestimmte Antrag nach Erfüllung des Informationsanspruchs durch einen bestimmten Antrag ersetzt werden, über den dann verhandelt und entschieden wird. Die Rechtshängigkeit des Hauptanspruchs wird bereits mit der Stellung des unbestimmten Antrags in der Klageschrift erreicht. Die Nichtstellung des unbestimmten Antrags in der
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124 1518
1
BGH NJW 1994, 2895; BGHZ 76, 9, 12 = NJW 1980, 1106, 1107; OLGR Düsseldorf 1993, 234. 125 1519 2 OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 493 = NJW-RR 1996, 839; LAG Bremen MDR 1998, 183. 126 31520 BGH NJW 2001, 833; BGH NJW-RR 1994, 1185, 1186; BGH NJW 1991, 1893; LAG Hamm DB 1991, 556; KG MDR 1975, 1024; OLG Düsseldorf NJW 1973, 2034; OLG Hamburg OLGRspr 5, 55; OLG München Rpfleger 1956, 29; Hoßfeld S. 30; Schneider MDR 1969, 624, 625; aA Fett S. 50 ff., 53. 127 1521 4 BGHZ 10, 385, 386 = NJW 1954, 70; OLG Hamm NJW-RR 1990, 709; Bartsch ZErb 1999, 72, 73. 128 51522 BGHZ 76, 9, 12 = NJW 1980, 1106, 1107; Lüke JuS 1995, 143, 144.
129 1523
6 LAG Hamm DB 1991, 556; Assmann S. 65 ff. 130 71524 Schneider MDR 1969, 624, 625; aA wohl OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 865, 866, das die Nichtverlesung des Hauptantrags in der Informationsstufe als unschädlich bezeichnet. 131 81525 KG MDR 1975, 1024; OLG Düsseldorf NJW 1973, 2034 f. hält die Stellung aller Anträge für ein Versehen und legt dies so aus, als ob eine Verhandlung nur über die erste Stufe gewollt ist, ebenso OLGR Düsseldorf 1998, 23, 24; LAG Hamm DB 1991, 556; zustimmend auch Schneider MDR 1969, 624, 626. Der BGH, NJW 1975, 1409, lässt die Frage der Zulässigkeit gebündelter Antragstellung offen.
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mündlichen Verhandlung über den Informationsanspruch hat auch nicht das Ende der Hemmung der Verjährung zur Folge (§ 204 Abs. 2 BGB), weil ein Stillstand des Prozesses nicht eintritt. Bei einer prozessual korrekten Vorgehensweise sollte der Kläger lediglich die Anträge der jeweiligen Stufe stellen, über die verhandelt werden kann. Eine gebündelte Antragstellung hat keine negativen Folgen, bewirkt aber auch nichts. In der darauf folgenden Stufe muss zu Beginn der mündlichen Verhandlung der entsprechende bestimmte Antrag durch den Kläger gestellt werden. Ein in erster Stufe gestellter Antrag wirkt nicht fort.
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c) Übergang zur nächsten Stufe. Ein Übergang zur nächsten Stufe ist grundsätzlich erst dann möglich, wenn die vorhergehende Stufe erledigt ist. Unter Erledigung ist entweder die Entscheidung über die Informationsstufe durch Teilurteil oder eine anderweitige Beendigung (vgl. Rdn. 60) durch die Parteien zu verstehen. Ob die Rechtskraft der Entscheidung erforderlich ist, ist umstritten.132 Diese Frage wird nur relevant, wenn bereits ein Teilurteil ergangen ist und der Beklagte entweder freiwillig oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung die Auskunft erteilt und gleichzeitig ein Rechtsmittel gegen das Teilurteil einlegt. In einem solchen Fall müsste der Kläger, weil der Auskunftsanspruch erfüllt worden ist, in der Berufungsinstanz die Erledigung erklären, der sich der Beklagte nicht anschließen wird. Letztendlich will der Beklagte nur noch klären lassen, ob der Informationsanspruch ursprünglich bestand. Der Kläger wäre aber bereits in der Lage, den Hauptanspruch zu beziffern und in die nächste Stufe überzugehen. Dies hätte zur Folge, dass – zwar in verschiedenen Instanzen – parallel über beide Stufen verhandelt würde. Dies würde dem Grundsatz der sukzessiven Verhandlung über die einzelnen Stufen widersprechen (Rdn. 5). Andererseits müsste der Kläger, fordert man die Rechtskraft der Entscheidung der vorhergehenden Stufe, die rechtskräftige Entscheidung abwarten, obwohl er zur Bezifferung in der Lage ist. Damit würde ihm durch die Stufenklage gegenüber der getrennten Geltendmachung der Ansprüche ein Nachteil entstehen. Dieser ist nicht zu rechtfertigen, da die Stufenklage dem Kläger nur die Vorteile der Rechtshängigkeit sichern soll. Die sukzessive Vorgehensweise dient lediglich dem Schutz des Klägers vor der Abweisung seines Hauptantrags als unzulässig. Auf diesen Schutz kann der Kläger verzichten. Eine solche zusätzliche Voraussetzung für die Stufenklage, dass der Kläger erst nach Rechtskraft des Teilurteils seinen Hauptantrag beziffern darf, ergibt sich aus § 254 nicht. Beziffert der Kläger jedoch seinen Hauptantrag, ohne das Berufungsverfahren abzuwarten, geht er das Risiko ein, dass das Berufungsgericht den Informationsanspruch als von Anfang an unbegründet ansieht und dies Auswirkungen auf das Hauptsacheverfahren haben könnte. Dieses Risiko geht der Kläger aber freiwillig ein, denn er kann nicht gezwungen werden, den Hauptantrag zu beziffern. Die Rechtskraft der Entscheidung ist daher für den Übergang zur nächsten Stufe nicht erforderlich. Das Verfahren wird jedoch nur auf Antrag, nicht von Amts wegen fortgesetzt.133 Dieser Antrag wird grundsätzlich vom Kläger gestellt, indem dieser seinen Hauptantrag beziffert. Das Verfahren kann aber auch auf Antrag des Beklagten134 fortgesetzt 132 1526
1
Dafür: BGH NJW 2002, 1042, 1044; BGH LM Nr. 3 zu § 254 ZPO; OLGR Düsseldorf 1998, 23, 24; OLG Düsseldorf NJW 1973, 2034 (erst nach Rechtskraft); OLG Köln FamRZ 2001, 423; OLG Köln NJW 1973, 1848 (erst nach Rechtskraft); Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 21; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 23; Zöller/ Greger Rdn. 11; Bartsch ZErb 1999, 72, 73; W.Lüke JuS 1995, 143, 145 mwN; Schneider
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MDR 1969, 624, 625; dagegen: Musielak/Foerste Rdn. 4. OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 1224, 1225 lässt diese Frage dahingestellt. 133 1527 2 OLG Schleswig FamRZ 1991, 95, 96; OLG Karlsruhe NJW 1985, 1349, 1350; Zöller/Greger Rdn. 11; Bartsch FAErbR 2005, 3, 4; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 23. 134 1528 3 OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 1224, 1225; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 21 mit
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werden, wenn der Informationsanspruch erfüllt ist, es sei denn, dass er Berufung gegen das Informationsurteil eingelegt hat, da sein Verhalten dann widersprüchlich wäre. 3. Das Verfahren in den einzelnen Stufen a) Die erste Stufe. Liegt dem Kläger bereits eine Abrechnung vor, ist die Auskunftsklage grundsätzlich unbegründet.135 Erfüllung tritt allerdings nur ein, wenn die Auskunft bzw Rechnungslegung im geschuldeten Umfang den Formalanforderungen genügt. Die inhaltliche Richtigkeit ist keine Erfüllungsvoraussetzung. Ein Anspruch auf Ergänzung der Auskunft oder der Rechnungslegung kommt daher lediglich dann in Betracht, wenn − insbesondere bei der Rechnungslegung − formelle Anforderungen nicht eingehalten werden136 oder die erteilte Auskunft bzw Rechnungslegung nachweisbar oder offensichtlich137 oder unstreitig138 unvollständig ist.139 Bei Streit über die inhaltliche (materielle) Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erfüllung des Auskunfts- oder Rechnungslegungsanspruchs gibt die gefestigte Rspr. dem Auskunftsberechtigten dagegen keinen Nachbesserungsanspruch, sondern beschränkt ihn auf den Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.140 Der Kläger kann aber auch sogleich auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Rahmen der Stufenklage klagen, wenn der Beklagte die Information bereits vor Klageerhebung erteilt hat. b) Die zweite Stufe. Nach Beendigung der ersten Stufe und nach Rechnungslegung hat der Kläger nun die Möglichkeit, durch Klageerweiterung den Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geltend zu machen. § 264 Nr. 2 findet keine Anwendung, da es sich um die Einführung eines neuen prozessualen Anspruchs und damit um eine nachträgliche Klagenhäufung gem. § 260 handelt.141 Vor Auskunftserteilung hat der Kläger jedoch keinen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (siehe Rdn. 40),142 da erst danach der Grund zur Annahme mangelnder Sorgfalt bei der Informationserteilung bestehen kann (vgl. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB). Der Informationsanspruch ist notfalls durch Zwangsvollstreckung gem. § 888 zu erzwingen.143 Die Klage auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist mangels Rechtsschutzinteresses ausnahmsweise unzulässig, wenn der Kläger sich über Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft leichter, schneller und zuverlässiger Gewissheit verschaffen kann.144 Verweis auf AG Korbach FamRZ 2001, 552, 553, wonach allein der Kläger einen Fortsetzungsantrag stellen können soll. Der Beklagte könne lediglich eine negative Feststellungsklage erheben. 135 1529 1 BGH LM Nr. 3 zu § 254 ZPO; vgl. dazu Stürner S. 351 f. 136 21530 Staudinger/Bittner BGB (2004) § 259 Rdn. 32. 137 1531 3 OLG Hamburg NJW-RR 2002, 1292; MünchKommBGB5/Krüger (2007) § 260 Rdn. 44; Staudinger/Bittner BGB (2004) § 260 Rdn. 36. 138 41532 OLG Köln FamRZ 2001, 423, 424. 139 51533 RGZ 84, 41, 44; RGZ 100, 150, 154 f.; OLG Hamburg NJW-RR 2002, 1292 (erst nach Ergänzung kommt ein Anspruch auf eidesstattliche Versicherung in Betracht, wenn der Verdacht mangelnder Sorgfalt besteht). Der BGH (BGHZ 92, 62, 69 = NJW 1984, 2822, 2824) ist bei der Rechungslegung gem. § 259 BGB großzügiger und gewährt wegen der Schwäche des Druckmittels der Abgabe der Versicherung an Eides Statt
bei Rechnungen, die weitgehend auf Schätzungen beruhen, wegen einer formalen Unvollständigkeit einen Ergänzungsanspruch, bis eine auch die Schätzungsgrundlagen umfassende Rechenschaft gelegt worden ist. 140 1534 6 RGZ 167, 328, 338; BGH LM Nr. 3 zu § 254 ZPO; BGH MDR 1961, 751; BGH WM 1980, 318, 319; BGH NJW 1984, 2822, 2823; OLG Köln FamRZ 2001, 423, 424; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 22. 141 71535 AA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 2. Die von ihm hierzu angeführte Entscheidung des OLG Zweibrücken FamRZ 1969, 230 sagt lediglich aus, dass der Kläger nicht zur Stufenklage gezwungen ist, sondern die einzelnen Ansprüche in gesonderten Klagen geltend machen kann. Hoßfeld S. 46 ff. 142 81536 RGZ 73, 238, 243; OLG Köln FamRZ 1990, 1128, 1129. 143 91537 OLG Köln FamRZ 1990, 1128, 1129; Hoßfeld S. 38 ff.
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Da nach der hier vertretenen Ansicht eine dreiteilige Stufenklage von Anfang an nicht zulässig ist (Rdn. 40), ist ein Übergang von der ersten Stufe unmittelbar auf den Hauptantrag ohne zweite Stufe ohne Weiteres möglich.145
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c) Die letzte Stufe. Nach Entscheidung über die vorhergehenden Stufen und Erfüllung des Informationsanspruchs durch den Beklagten muss der Kläger nun seinen Hauptanspruch bestimmt bezeichnen. Für die konkrete Bezeichnung des Hauptanspruchs, die weder eine Klageänderung noch ein Fall von § 264 Nr. 2 darstellt, ist der Kläger nicht an das sich aus der Auskunft Ergebende gebunden. Sobald der Kläger seinen Hauptantrag stellt, hat das Gericht in die Verhandlung darüber einzutreten und zu entscheiden.146 Dies wird in der Regel erst nach Erfüllung des Informationsanspruchs durch den Beklagten der Fall sein.147 Vorher ist der Kläger auch nicht zur bestimmten Bezeichnung des Hauptantrags und zur Fortsetzung des Verfahrens verpflichtet. Andererseits ist der Kläger, wenn der Beklagte nicht freiwillig erfüllt, nicht zur Durchführung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens gezwungen, sondern kann, allerdings auf eigenes Risiko, den Hauptanspruch beziffern.148 Bleibt die Erfüllung des Informationsanspruchs erfolglos oder wird die Erfüllung des Hauptanspruchs unmöglich, so kann der Kläger gem. §§ 264 Nr. 3, 893149 statt des ursprünglich verfolgten Leistungsanspruchs Schadensersatz verlangen.150 Die h.M. hält einen Wechsel von der Auskunfts- zur Leistungsstufe, wenn der Kläger z.B. anderweitig Kenntnis über deren Umfang erhalten hat, für jederzeit zulässig und sieht darin keine Klageänderung nach § 263, sondern eine zulässige Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2.151 Es handelt sich hier jedoch um keine Klageerweiterung, sondern um den Wegfall der objektiven Klagenhäufung (siehe Rdn. 60).152 Auch eine Rückkehr des Klägers von dem Zahlungsantrag in die Informationsstufe, weil das Gericht den Hauptantrag für nicht schlüssig hält, wird durch eine Wechselerklärung nach § 264 Nr. 2 zugelassen, solange das Verfahren über den Hauptantrag noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.153
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4. Die Beendigung des Verfahrens
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Auch die Beendigung des Verfahrens erfolgt stufenweise. Eine gleichzeitige Verurteilung zur Informationserteilung und zur Zahlung des sich daraus ergebenden Betrags ist prozessual nicht zulässig.154 Grundsätzlich muss über die vorhergehende Stufe eine Entscheidung getroffen werden, bevor über die nachfolgende Stufe entschieden
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Für das vertraglich zustehende Bucheinsichtsrecht des Klägers vgl. BGH NJW 1998, 1636, 1637. 145 1539 2 Vgl. aber BGH NJW 2001, 833, der trotz Stellung eines Wertermittlungsantrags als zweite Stufe in der Klageschrift den Übergang zum Leistungsantrag ohne Rücknahme oder Erledigterklärung zulässt. 146 1540 3 Vgl. aber BGHZ 94, 268, 275 = NJW 1985, 2405, 2407, der diese Vorgehensweise nur für möglich hält, wenn der Auskunftsanspruch nicht in einer höheren Instanz schwebt; ebenso Zöller/Greger Rdn. 11, der dann einen Übergang zum Leistungsantrag nur in der 2. Instanz für möglich hält. 147 41541 Vgl. OLG Brandenburg FamRZ 1998, 1247. 148 51542 LAG Bremen MDR 1998, 183.
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AA RGZ 61, 405, 408 und RG JW 1911, 91 f. im Rahmen einer Berufung. 7 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 36; Zöller/Greger Rdn. 11; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 8; Hoevelmann JW 1909, 97, 98; Hoßfeld S. 43 ff. 151 1545 8 BGH NJW 2001, 833; BGH NJW 1991, 1893; LAG Bremen MDR 1998, 183. 152 91546 Vgl. auch OLG München FamRZ 1995, 678. 153 1547 10 LAG Bremen MDR 1998, 183; vgl. auch BGH WM 1972, 1121; Bartsch FAErbR 2005, 3, 5. 154 1548 11 BGH NJW 1979, 17, 18; BGH FamRZ 1975, 35, 38; BGH LM Nr. 8 zu § 254 ZPO; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 1247, 1248; OLG Saarbrücken NJW-RR 2000, 229, 230; Schneider MDR 1969, 624, 625. 150 1544
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werden kann. Nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen kann eine Entscheidung über die gesamte Stufenklage getroffen werden. a) Beendigung der ersten Stufe. Bei Begründetheit des Informationsanspruchs entscheidet das Gericht durch Teilurteil.155 Dieses ist nicht zugleich als ein Zwischenurteil über den Grund des Hauptanspruchs anzusehen, selbst wenn der Hauptanspruch die Basisbeziehung bildet.156 Dagegen spricht, dass der unbezifferte Hauptanspruch nicht Gegenstand des Verfahrens über die erste Stufe ist. Außerdem setzt ein Grundurteil gem. § 304 voraus, dass der Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist. Solange der Hauptanspruch nicht beziffert ist, kann auch über die Höhe des Betrags nicht gestritten werden.157 Auch die Feststellung im Grundurteil, dass etwas geschuldet werde, kann nicht vor der Informationserteilung getroffen werden. Der gleichzeitige Erlass eines Grundurteils über den Hauptanspruch mit einer stattgebenden Entscheidung über den Informationsanspruch ist deshalb als unzulässig anzusehen.158 Ist der Informationsanspruch unbegründet, weist das Gericht lediglich die Informationsklage durch Teilurteil ab.159 Die Abweisung der gesamten Klage ist unzulässig, selbst wenn der Informationsanspruch deshalb verneint worden ist, weil das dem Informations- und dem Hauptanspruch zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht besteht.160 Die überwiegende Rechtsprechung161 und Literatur162 sprechen sich dagegen in diesem Fall für die Abweisung der gesamten Klage aus. Der Hauptanspruch ist hier jedoch nicht Gegenstand der Verhandlung und kann damit auch nicht Gegenstand der Entscheidung sein. Ebenso wie eine positive Entscheidung über den Informationsanspruch keine Entscheidung über den Grund beinhaltet, kann eine negative Entscheidung über den Informationsanspruch keine negative Entscheidung über den Grund des Hauptanspruchs enthalten, die dann als die gesamte Stufenklage abweisendes Endurteil ergehen müsste. Beide Fälle müssen gleich behandelt werden.163 Ansonsten würde dem Kläger die Möglichkeit genommen, in der Leistungsstufe dennoch zu obsiegen. So kann eventuell Vorbringen, das in der Informationsstufe als verspätet zurückgewiesen worden ist (§ 296), nunmehr in der Stufe über den Hauptanspruch zu berücksichtigen sein und eine andere Entscheidung rechtferti155 1549
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BGH NJW 2002, 1042, 1044; BGH NJW 1960, 576; Hoßfeld S. 31 f. 156 1550 2 BGH NJW 1989, 2821, 2822; aA Peters ZZP 111 (1998), 67, 73 ff., der sich wegen der Gefahr widersprüchlicher Teilurteile für die Verbindung des Informationsurteils mit einem Urteil über den Grund des Hauptanspruchs ausspricht; Winkler von Mohrenfels S. 184 f. 157 1551 3 AA Blomeyer ZPR § 89 V 4c Fn. 95. 158 1552 4 BGHZ 107, 236, 242 = NJW 1989, 2821, 2822; Hoßfeld S. 24 f.; aA Peters ZZP 111 (1998), 67, 73 f. Vgl. auch BGHZ 141, 79, 89 f. = NJW 1999, 1706, 1709, der ein Grundurteil für möglich hält, wenn sicher ist, dass ein Hauptanspruch besteht und die Anträge in der Vorinstanz gestellt worden sind. 159 1553 5 OLG Hamm NJW-RR 1990, 709; OLG Oldenburg MDR 1986, 62 schlägt die Ergänzung gem. § 321 vor, wenn das Gericht irrtümlich die Klage im Ganzen abgewiesen hat, ohne über den Hauptanspruch entscheiden zu wollen. Eine Urteilsergänzung kommt jedoch genauso wenig in Betracht wie eine Klageabweisung insgesamt.
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OLG Hamm NJW-RR 1990, 709; Assmann S. 71 ff.; Schneider MDR 1969, 624, 625. 7 BGH NJW 2002, 1042, 1044; BGH NJW-RR 2000, 229, 230; BGH FamRZ 1990, 863, 864; BGHZ 94, 268, 275 = NJW 1985, 2405, 2407; BGH LM Nr. 3 zu § 254 ZPO; RG HRR 1936 Nr. 219; OLGR Zweibrücken 2006, 24 f.; OLG Koblenz NZM 2004, 146, 147; OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 869; OLG Celle NJW-RR 1995, 1021; OLG Düsseldorf NJW 1964, 2164 f.; OLG Düsseldorf NJW 1961, 2021, 2022. 1556 8162 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 30; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 20; Zöller/Greger Rdn. 9; Musielak/Foerste Rdn. 5; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 94 Rdn. 35; Hoßfeld S. 33; Zeuner Die objektiven Grenzen der Rechtskraft im Rahmen rechtlicher Sinnzusammenhänge (1959), S. 157 f.; Lüke JuS 1995, 143, 145; Schellhammer ZAP 1998, 483, 484; Seetzen WM 1985, 213, 220. 163 91557 Ebenso Peters ZZP 111 (1998), 67, 74, allerdings mit dem gegenteiligen Ergebnis, dass dann auch ein Grundurteil bei positiver Entscheidung ergehen müsse. 161 1555
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gen.164 Es muss dem Kläger überlassen bleiben, wie er auf eine abweisende Entscheidung über den Informationsanspruch reagiert. Will er das Verfahren bezüglich des Hauptanspruchs weiterverfolgen, dann muss er nun den Hauptanspruch beziffern. Ansonsten bietet sich eine Klagerücknahme an, wenn er die Abweisung des Hauptanspruchs wegen Unbestimmtheit vermeiden will. Die erste Stufe kann aber auch durch die Parteien beendet werden. Erkennt der Kläger während des Verfahrens über die erste Stufe, dass sein Informationsbegehren unbegründet ist, weil der Beklagte dies bereits vor Klageerhebung oder danach erfüllt hat, so kann er je nach Sachlage die erste Stufe durch Klagerücknahme,165 Erledigungserklärung166 oder Verzicht beenden. Die Entscheidung über einen Verzicht oder eine einseitige Erledigungserklärung erfolgt durch Teilurteil.167 Dagegen kann der Kläger nach Ansicht der Rechtsprechung168 seinen Informationsanspruch ohne prozessuale Erklärung einfach fallen lassen und sofort zum Leistungsanspruch übergehen.169 Die Aufgabe des Informationsanspruchs wird als Umstellung der gesamten Klage angesehen, die gem. § 264 Nr. 2 keine Klageänderung darstelle.170 Dies ist abzulehnen. Auch wenn der Informationsanspruch nur vorbereitenden Charakter hat,171 so ändert dies nichts an seiner prozessualen Selbständigkeit.172 Bei der Stufenklage handelt es sich um eine objektive Klagenhäufung, also um mehrere Streitgegenstände. Das Fallenlassen des Informationsbegehrens stellt keine Klageänderung dar. Der prozessuale Anspruch wird hier völlig aufgegeben und nicht wie bei der Klageänderung ein ursprünglich geltend gemachter Anspruch verändert. Das ursprüngliche unbestimmte Leistungsbegehren wird lediglich konkretisiert, eine Antragsersetzung kann darin nicht gesehen werden. Eine entsprechende Anwendung der Klageänderungsvorschriften auf den Wegfall der objektiven Klagenhäufung ist nicht geboten.
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Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Verfahren der ersten Stufe wirkt nicht für das Verfahren der folgenden Stufen, OLGR Düsseldorf 1998, 23, 24; OLG Karlsruhe NJW 1985, 1349, 1350. 165 1559 2 OLG München FamRZ 1995, 698 sieht im Fallenlassen des Auskunftsanspruchs eine konkludente Teilrücknahme. 166 1560 3 OLG Frankfurt MDR 1989, 1108 (jedenfalls, wenn der Kläger nur zum Auskunftsanspruch und nicht zum Leistungsanspruch verhandelt); OLG Hamm NJW-RR 1995, 959, 960; Göppin(2003) ger/Wax/Vogel Unterhaltsrecht8 Rdn. 2496; ebenso Lüke JuS 1995, 143, 146; Schneider JurBüro 1968, 497, 499. Entgegen der Auffassung von Rixecker, MDR 1985, 633 f., ist auch eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers möglich. Das Rechtsschutzbedürfnis kann dem Kläger insoweit nicht abgesprochen werden. Der Kläger hat schon deshalb ein Interesse daran, dass die Erledigung und damit die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit des Informationsbegehrens festgestellt wird, weil der Rechnungslegungsanspruch präjudizielle Wirkung für den Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hat; aA OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 493, 494 = NJW-RR 1996, 839; OLG Köln MDR 1996, 637; OLG Köln FamRZ 1984, 1029; OLG München FamRZ 1983, 629 f.;
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OLG Koblenz NJW 1963, 912; Zöller/Greger Rdn. 12, der im Hinblick auf die einheitliche Kostenentscheidung für die (Erledigungs-)Feststellungsklage das Rechtschutzbedürfnis verneint. Eine einseitige Erledigungserklärung ist nach Ansicht des BGH, BGHZ 141, 307, 317 = NJW 1999, 2520, 2522, jedenfalls im Rechtsmittelverfahren gegen eine (Teil-)Entscheidung über den prozessual selbständigen Auskunftsanspruch möglich. 167 1561 4 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 31; Schneider MDR 1985, 353, 354; ders. MDR 1988, 807. 168 51562 BGH NJW 2001, 833 (hinsichtlich eines in zweiter Stufe in der Klageschrift geltend gemachten Wertermittlungsantrags); BGH NJW 1991, 1893; BGHZ 94, 268, 275 = NJW 1985, 2405, 2407; OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 493, 494 = NJWRR 1996, 839; OLG Köln MDR 1996, 637; OLG Köln VersR 1994, 113, 114; OLG Köln FamRZ 1984, 1029; OLG München FamRZ 1983, 629 f.; OLG Koblenz NJW 1963, 912. 169 1563 6 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 19, spricht hier ablehnend von „Zauberei“. 170 1564 7 OLG Köln VersR 1997, 601; OLG München FamRZ 1983, 629 f.; LAG Bremen MDR 1998, 183. 171 81565 BGH NJW 2000, 1645, 1646. 172 91566 Ebenso Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 31 Fn. 43.
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b) Beendigung der zweiten Stufe. Hinsichtlich der Beendigung der zweiten Stufe gibt es keine verfahrensrechtlichen Besonderheiten. Sie schließt ab mit einem Teilurteil (§ 301). Ist die Stufenklage auf die zweite Stufe erweitert worden, muss der Kläger, wenn er diese nicht mehr weiterverfolgen will, die Klage diesbezüglich zurücknehmen, auf sie verzichten oder sie für erledigt erklären.
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c) Beendigung der letzten Stufe. Erfolgt nach Übergang zur letzten Stufe (vgl. oben Rdn. 53 ff.) keine ausreichende Präzisierung, so ist der Hauptanspruch durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen. Stellt der Kläger einen bestimmten Hauptantrag, kommt das Gericht aber zu dem Ergebnis, dass ihm der Hauptanspruch nicht zusteht, weist es die Hauptklage als unbegründet ab. Ist der Hauptanspruch begründet, erlässt das Gericht ein positives Schlussurteil, in dem dann die Kostenentscheidung bezüglich der gesamten Stufenklage enthalten ist (vgl. Rdn. 78). Ergibt die Rechnungslegung, dass dem Kläger kein Hauptanspruch zusteht, ist eine Klageabweisung mit negativer Kostenfolge für den Kläger abzulehnen. Dem Kläger darf bei einem negativen Ergebnis des berechtigten Informationsanspruchs nicht das Kostenrisiko bezüglich der Hauptklage aufgebürdet werden. Insbesondere ist eine Ausweichmöglichkeit des Klägers auf eine Stufenklage ohne letzte Stufe nicht möglich.173 Stellt der Kläger den unbestimmten Antrag bezüglich des Hauptanspruchs in der Klageschrift nicht, dann handelt es sich um keine Stufenklage, so dass dem Kläger auch deren Vorteile nicht zugute kommen. Die Parteien können das Verfahren durch eine beiderseitige Erledigungserklärung beenden. Das Gericht hat dann nur noch über die Kosten gem. § 91a zu entscheiden. Obwohl das Gericht dem Beklagten in diesem Fall regelmäßig die Kosten auferlegen wird (vgl. Rdn. 82), ist es dem Beklagten wegen der Rechtsprechung des BGH (vgl. dazu Rdn. 69) unter Umständen zu raten, sich der Erledigungserklärung des Klägers anschließen. Eine einseitige Erledigungserklärung führt nicht zum Erfolg, weil es an einem erledigenden Ereignis fehlt.174 Geht man wie ein Teil der Rechtsprechung175 davon aus, dass der Zahlungsanspruch nur unter der aufschiebenden Bedingung erhoben wird, dass die Information einen Anspruch für den Kläger ergibt, dann würde der Hauptanspruch bei einem negativen Ergebnis des Informationsanspruchs nie rechtshängig werden, so dass für eine Erledigung kein Raum wäre. Abgesehen davon, dass eine derartige Bedingung nicht angenommen werden kann und diese auch unzulässig wäre, würden dem Kläger die Vorteile der Stufenklage bei einer aufschiebenden Bedingung nicht zugute kommen. Aber auch bei der Konstruktion einer auflösenden Bedingung käme eine Erledigung nicht mehr in Betracht. Eine Erledigung der Hauptsache liegt nicht vor, weil sich die Sach- und Rechtslage seit der Klageerhebung nicht durch ein nachträgliches Ereignis verändert hat, das zur Unzulässigkeit oder Unbegründetheit
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173 11567 So aber Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 31 Fn. 45. 174 21568 BGH NJW 1994, 2895 mwN = JZ 1994, 1009 ff. mit abl. Anm. Bork; dazu auch K. Schmidt JuS 1995, 78 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 446; OLG Düsseldorf FamRZ 1988, 1071; OLG Frankfurt MDR 1989, 1108; OLG Hamm NJWRR 1995, 959, 960; OLG Hamm MDR 1989, 461; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 26; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 8; Thomas/ Putzo/Reichold Rdn. 6; aA OLG Bamberg FamRZ 1999, 174, 175; OLG Karlsruhe FamRZ
1989, 1100, 1101 (prozessuale Erledigung durch Auskunftserteilung); OLG Frankfurt NJW-RR 1987, 964, 965 (prozessuale Erledigung durch Auskunftserteilung); Stein/Jonas/Bork § 91a Rdn. 7 mwN; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 58 „Stufenklage“; Kassebohm NJW 1994, 2728, 2731 f.; vgl. auch Bork JZ 1994, 1011. 1569 3175 KG OLGRspr 25, 89, 90; OLG Hamburg MDR 1975, 670; vgl. dazu Kassebohm NJW 1994, 2728, 2730 f. mwN.
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der Klage führt.176 Lediglich die Kenntnis des Klägers von der Gegenstandslosigkeit des prozessualen Anspruchs ist erst ab Informationserteilung gegeben. Der Zeitpunkt dieser Kenntniserlangung ist aber für das Vorliegen eines erledigenden Ereignisses ohne Bedeutung. Eine nachträgliche Unzulässigkeit der Klage ist ebenfalls zu verneinen, weil der unbestimmte Klageantrag von Anfang an unzulässig ist und lediglich die Zulässigkeitsprüfung auf den Zeitpunkt nach Informationserteilung verschoben wird. Der Wegfall der Möglichkeit, die Unzulässigkeit zu beheben, weil die Information ein negatives Ergebnis gebracht hat, stellt kein erledigendes Ereignis dar.177 Eine teilweise Klagerücknahme bezüglich des Hauptanspruchs ist ohne Einwilligung des Beklagten möglich,178 da eine Verhandlung über den Hauptanspruch erst nach Informationserteilung stattfindet. Allerdings würde eine Klagerücknahme grundsätzlich die negative Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 nach sich ziehen,179 so dass der Kläger die Kostenlast tragen müsste.180 Durch die Klagerücknahme bezüglich des Hauptanspruchs entfällt die Rechtshängigkeit rückwirkend. Dennoch kommt eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr (Nr. 1211 KV-GKG) nicht in Betracht, da es sich nicht um die Beendigung des gesamten Verfahrens handelt (vgl. § 269 Rdn. 134) und über die Kosten des gesamten Rechtsstreits durch (Schluss)Urteil entschieden werden muss.181 Die Argumentation des OLG Stuttgart,182 durch die unbezifferte Zahlungsklage würden keine zusätzlichen Kosten entstehen, so dass dem Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen seien, ist abzulehnen.183 Seit der Änderung des § 269 durch die ZPO-Reform wird die Meinung vertreten, dass § 269 Abs. 3 S. 3 hier entsprechend angewendet und deshalb eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten getroffen werden könne.184 § 269 Abs. 3 S. 3 sieht für den Sonderfall, dass der Anlass zur Klage zwischen Klageeinreichung und Zustellung der Klage weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird, eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen vor. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass vor Rechtshängigkeit noch keine Erledigung des Rechtsstreits eintreten kann, obwohl die Klage im Zeitpunkt der Klageeinreichung zulässig und begründet gewesen wäre, und § 91a dementsprechend keine Anwendung findet. Im dem hier vorliegenden Fall ist der Leistungsanspruch aber bereits bei Klageeinreichung unbegründet, was gegen die Vergleichbarkeit spricht. Andererseits geht der BGH (siehe Rdn. 69) hier denselben Weg wie vorher bei Wegfall des Klageanlasses zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit,185 indem er dem Kläger die Möglich176 11570 Vgl. BGH NJW 1994, 2895. 177 21571 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 33 Fn. 45; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 26; aA OLG Frankfurt NJW-RR 1987, 964, 965; OLG Karlsruhe FamRZ 1989, 1100, 1101; Fett S. 70 ff.; Kassebohm NJW 1994, 2728, 2732. 178 1572 3 So auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 36a, der allerdings bei der Kostenfrage dem OLG Stuttgart NJW 1969, 1216, 1217 folgt. 179 41573 OLG München FamRZ 1992, 1449; OLG Hamm NJW-RR 1991, 1407; OLG München MDR 1990, 636; aA OLG Stuttgart FamRZ 1994, 1595; OLG Stuttgart NJW 1969, 1216. 180 1574 5 OLG Hamm NJW-RR 1991, 1407; vgl. auch OLG Koblenz NJW-RR 1998, 70, 71, das eine Kostenteilung vornimmt (1/4 zu Lasten des Beklagten wegen des Unterliegens bzgl. des Auskunftsanspruchs und 3/4 zu Lasten des Klägers bzgl. des Leistungsanspruchs).
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181 61575 OLG Köln JMBlNRW 1984, 33. 182 71576 NJW 1969, 1216; vgl. auch OLG Stuttgart FamRZ 1990, 652; OLG Dresden MDR 1997, 691; OLG Frankfurt MDR 1987, 508; OLG Schleswig MDR 1995, 642, 643. 183 1577 8 Streitwert des unbezifferten Zahlungsanspruchs ist entscheidend (vgl. Rdn. 85): OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 1095 unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht in FamRZ 1986, 286, 287; KGR 2002, 117. 184 91578 Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 58 „Stufenklage“; Musielak Rdn. 7; ähnlich Zimmermann Rdn. 12a (Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 2 „oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind“); zweifelnd Hannich/Meyer-Seitz/ Engers ZPO-Reform 2002 § 269 Rdn. 9. 185 1579 10 BGHZ 83, 12, 16 = NJW 1982, 1598, 1599; BGH NJW 1990, 1905, 1906.
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keit der Umstellung des Klageantrags auf einen Schadensersatzanspruch wegen der Kosten der unbegründeten Klage gestattet,186 was bereits für den Wegfall des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit als umständlich empfunden wurde.187 Der einfachere Weg wäre wohl eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 auch auf diesen Fall. Eine andere Möglichkeit für den Kläger, den Prozess im Fall eines negativen Ergebnisses der Informationserteilung ohne Kostentragungspflicht zu beenden, ist der sofortige Klageverzicht unter Verwahrung gegen die Tragung der Kostenlast. In diesem Fall findet § 93 entsprechend Anwendung.188 Das Argument gegen eine analoge Anwendung des § 93 auf den Kläger,189 dass der Kläger die Erhebung einer unberechtigten Klage immer veranlasst habe, trifft für die Stufenklage gerade nicht zu. Durch die Nichterfüllung seiner Informationspflicht hat der Beklagte nicht nur die Informationsklage, sondern auch die Stufenklage veranlasst, weil er unberechtigt die Information verweigert und den Kläger dadurch zur Erhebung der Stufenklage gezwungen hat. Diese Situation entspricht genau der in § 93 geregelten, allerdings in Umkehrung der Parteirollen. § 93 macht eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, stimmt aber mit dem Grundgedanken des § 91 insoweit überein, als derjenige, der den Prozess veranlasst hat, zur Kostentragung verpflichtet ist. Die Klageerhebung bei der Stufenklage ist allein auf das Verhalten des Beklagten zurückzuführen, weil dieser seiner Informationspflicht nicht nachgekommen ist. Erklärt der Kläger bei einem negativen Ergebnis der Informationserteilung sofort den Klageverzicht, dann ist nicht einzusehen, weshalb der Kläger anders behandelt werden sollte als der Beklagte iSd § 93, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Regeln über die Erledigung in der Hauptsache und auch andere Institute des Zivilprozessrechts dieser besonderen Fallgestaltung nicht gerecht werden. Dieser Weg ist der analogen Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 vorzuziehen. Der BGH befürwortet stattdessen einen Übergang zur Schadensersatzklage wegen der Kosten der unbegründeten Klage gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB im Rahmen der Klageänderung, die gem. § 263 sachdienlich sei.190 Einen Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache legt der BGH als Feststellungsantrag bezüglich der Ersatzpflicht der nutzlos aufgewendeten Kosten aus. Nach dieser Lösung ist regelmäßig vor Klageerhebung eine Mahnung auf Auskunftserteilung bzw Rechnungslegung erforderlich.191 Die Lösung des BGH ist jedoch als umständlich und prozessual auch nicht einwandfrei anzusehen.192
186 11580 BGH NJW 1994, 2895, 2896. 187 21581 Vgl. Bergerfurth NJW 1992, 1655, 1656. 188 31582 Vgl. OLG München MDR 1988, 782; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 26; Assmann S. 92 ff.; Lüke JuS 1995, 143, 147; Rixecker MDR 1985, 633, 635. 189 1583 4 Vgl. Stein/Jonas/Leipold § 93 Rdn. 1. Gegen eine entsprechende Anwendung des § 93 auf den Kläger auch BGH NJW 1994, 2895, 2896 unter Berufung auf BGH LM Nr. 39 zu § 91a ZPO = WM 1979, 1128 f.; BGHZ 79, 275, 279 f. = NJW 1991,
990; BGH WM 1981, 386, 387; OLG Nürnberg FamRZ 1997, 100, 101. 190 51584 BGH NJW 1994, 2895, 2896 = JZ 1994, 1009 mit abl. Anm. Bork = LM Nr. 18 zu § 254 ZPO mit zust. Anm. Wax; dem BGH folgend OLG Koblenz NJW-RR 1997, 7; OLGR Düsseldorf 1996, 162. 191 1585 6 Klas WuM 1994, 659, 660. 192 71586 Kritisch auch Bork JZ 1994, 1011, 1012; Lüke JuS 1995, 143, 147; vgl. dazu auch Mertins DRiZ 1989, 281, 286 ff. zur einseitigen Erledigungserklärung vor Rechtshängigkeit.
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5. Säumnis bei der Stufenklage Bei Säumnis des Klägers kann lediglich in der Stufe ein (Teil)Versäumnisurteil ergehen, in der sich die Stufenklage gerade befindet. Ebenso wenig wie ein die gesamte Stufenklage abweisendes streitiges Urteil ergehen kann (Rdn. 59), darf ein die gesamte Stufenklage abweisendes Versäumnisurteil erlassen werden.193 Es ist nicht einzusehen, weshalb bei Säumnis des Klägers anders verfahren werden soll als bei Säumnis des Beklagten.194 In beiden Fällen ist durch die Stufenklage ein stufenweises Vorgehen geboten. Sind die vorhergehenden Stufen bereits erledigt und hat der Beklagte die zur bestimmten Bezeichnung des Hauptanspruchs erforderlichen Informationen erteilt, besteht für den Beklagten die Möglichkeit, die Fortsetzung des Verfahrens auf der letzten Stufe zu beantragen. Erscheint der Kläger zum Termin nicht und beziffert auch nicht den Hauptantrag, ergeht nach Antrag des Beklagten ein Prozessurteil (kein Versäumnisurteil)195 wegen der Unzulässigkeit des unbestimmten Hauptantrags.196 Eine Entscheidung nach Lage der Akten gem. § 331a ist nicht möglich, wenn nicht bereits vorher zum Hauptanspruch verhandelt worden ist (§§ 331a S. 2, 251a Abs. 2 S. 1).197 Dasselbe gilt im Fall der Säumnis des Beklagten. Auch hier ergeht allein ein Teilversäumnisurteil auf der jeweiligen Stufe.198 Wird dennoch in der Informationsstufe ein Versäumnisurteil auch bezüglich der Hauptsache erlassen, so ist dieses unzulässig, da auch über den Grund des Hauptanspruchs noch nicht entschieden werden darf (oben Rdn. 58).199 6. Besonderheiten im Scheidungs- und Verbundverfahren
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Folgesachen iSd § 623 Abs. 1 S. 1 können im Rahmen des Verbunds mit der Stufenklage geltend gemacht werden.200 Insoweit kommen insbesondere der Zugewinnausgleich mit dem Auskunftsanspruch gem. § 1379 Abs. 2 BGB und der nacheheliche Unterhalt mit dem Auskunftsanspruch gem. § 1580 BGB in Betracht.201 Auf den Versorgungsausgleich, der nach den Vorschriften des FGG durchgeführt wird (§ 621a iVm § 621 Abs. 1 Nr. 6), mit den Auskunftspflichten gem. §§ 1587e und 1587k iVm § 1580 BGB kann § 254 entsprechend angewendet werden.202 Über den Informationsanspruch kann vorab durch Teilurteil entschieden werden.203 Nur die Entscheidung über den Hauptanspruch muss im Rahmen der Verbundentscheidung ergehen. 1587 1193 AA OLG Stuttgart NJW-RR 1990, 766; Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 34; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 23; Hoßfeld S. 36; Lüke JuS 1995, 143, 146, auch bei noch nicht erfolgter Bezifferung der Zahlungsklage. Offengelassen von OLG Hamm NJW-RR 1990, 709. 194 1588 2 So aber Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 34; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 23; Hoßfeld S. 35 f.; Lüke JuS 1995, 143, 146. 195 31589 OLG Zweibrücken FamRZ 1983, 1154, 1155; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 28: echtes Versäumnisurteil. 196 1590 4 OLG Schleswig FamRZ 1991, 95, 96. 197 1591 5 OLG Schleswig FamRZ 1991, 95, 96. 198 61592 RGZ 84, 370, 372 f.; Hoßfeld S. 35 f. 199 71593 Ebenso Zöller/Greger Rdn. 17; Hoßfeld S. 36; aA RGZ 84, 370, 373 (darin liegt ein die Schadensersatzpflicht betreffendes Feststellungsurteil, das innerprozessuale Bindungswirkung und materielle Rechtskraft für die Entscheidung über
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die Höhe schafft); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 29. 200 1594 8 BGH NJW 1982, 1645; BGH NJW 1979, 1603, 1604 f.; OLG München FamRZ 1981, 481, 482; OLG München NJW 1979, 114; Walter FamRZ 1979, 663, 679. 201 1595 9 Vgl. hierzu KG NJW-RR 1992, 450, 451; OLG Hamm FamRZ 1993, 984, wonach die Auskunftsansprüche gem. §§ 1379 Abs. 2 und 1605 BGB im Scheidungsverbund nicht isoliert, sondern nur als Teil einer Stufenklage geltend gemacht werden können. 202 1596 10 OLG Hamm FamRZ 1980, 64, 65; aA Winkler von Mohrenfels S. 197, der aber ein isoliertes Auskunftsverfahren für unzulässig hält und deshalb einen Teilbeschluss im Rahmen des Verbundverfahrens befürwortet, während sich Vogel MDR 1979, 270, 272 f., für ein isoliertes Auskunftsverfahren ausspricht. 203 1597 11 BGH NJW 1979, 1603, 1604; OLG Hamm
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7. Vollstreckung bei der Stufenklage Die Vollstreckung ist nach jeder Stufe möglich, wenn das für die betreffende Stufe ergangene Teilurteil rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist.204 Die Vollstreckung eines zur Auskunft verpflichtenden Teilurteils erfolgt nach § 888,205 die der eidesstattlichen Versicherung nach § 889 Abs. 2 iVm § 888.206 Zuständig für die Vollstreckung des Auskunftsurteils ist das Prozessgericht erster Instanz. Die Vollstreckung eines rechtskräftig gewordenen, auf eine Stufenklage ergangenen Auskunftsurteils ist selbst während des Berufungsverfahrens über ein ohne Auskunft zwischenzeitlich erwirktes Zahlungsurteil möglich, wenn das Berufungsgericht zu erkennen gegeben hat, dass es im Gegensatz zur ersten Instanz den Zahlungsanspruch für nicht schlüssig begründet hält und der Kläger deshalb auf die bisher nicht erteilten Auskünfte angewiesen ist, um seinen Antrag begründen zu können.207
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V. Das Rechtsmittelverfahren 1. Rechtsmittel gegen Stufenurteile Das Stufenurteil ist ein Teilurteil gem. § 301 Abs. 1, das den Rechtsstreit in Bezug auf diese Stufe für die Instanz abschließend erledigt und hinsichtlich der Rechtsmittel selbständig ist. Wird gegen das Stufenurteil Berufung eingelegt, so wird nur der in dem Teilurteil zu- oder aberkannte Anspruch Gegenstand der Berufung. Die Teile des Rechtsstreits, über die keine Entscheidung ergangen ist, verbleiben in der ersten Instanz.208 Bei einem Rechtsmittel des Klägers gegen das nur den Informationsanspruch abweisende Teilurteil bleibt also das Gericht des ersten Rechtszugs zur Entscheidung über den Hauptanspruch zuständig,209 auch im Falle einer Anschlussberufung.210 Bei der Bestätigung eines zur Information verurteilenden Teilurteils durch das Rechtsmittelgericht hat dieses ebenfalls keine Entscheidungsbefugnis über den in der unteren Instanz anhängig gebliebenen Teil. Dies gilt ferner, wenn erst in der Rechtsmittelinstanz bezüglich eines Auskunfts- oder Leistungsurteils auf eine Stufenklage übergegangen wird. Bezüglich des Leistungsanspruchs ist die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.211 Von diesem Grundsatz machen die Rechtsprechung212 und ein Teil der Literatur213 eine Ausnahme, wenn das Rechtsmittelgericht den Informationsanspruch abweist, FamRZ 1993, 984; KG NJW-RR 1992, 450, 451; OLG Stuttgart FamRZ 1987, 1034, 1035; aA OLG Düsseldorf FamRZ 1979, 160, 161, dagegen Walter FamRZ 1979, 663, 679. 204 1598 1 Nach OLG München NJW-RR 1990, 1022 kann ein Auskunftsurteil bezüglich Unterhaltsansprüchen ohne Sicherheitsleistung nur gemäß §§ 708 Nr. 11, 711, nicht gem. § 708 Nr. 8 für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. 205 21599 BayObLG NJW 1975, 740, 741 (zu § 132 AktG); KG NJW 1972, 2093 f.; OLG Frankfurt Rpfleger 1977, 184 (zu § 2314 Abs. 1 BGB); Musielak/ Foerste Rdn. 4; vgl. auch Hoßfeld S. 38 ff. 206 1600 3 Vgl. auch § 261 BGB, §§ 79, 163 FGG. 207 1601 4 LAG Bremen MDR 1998, 183. 208 51602 Um Widersprüchlichkeiten auszuschließen hält Peters ZZP 111 (1998), 67, 74 ein Teilurteil über eine Stufe mit Erwägungen, die auch die nächste Stufe betreffen, für unzulässig und fordert diesbezüglich ein Grundurteil, so dass das Rechts-
mittelgericht auch über den Grund mitentscheiden kann. 1603 6209 BGH NJW 1995, 2229, 2230 (Anhängigkeit des Zahlungsanspruchs in der ersten Instanz bei nur teilweiser Abweisung durch das Berufungsgericht); BGHZ 30, 213, 215 = NJW 1959, 1824 mit Anm. Schwab; BAG AP Nr. 25 zu § 138 BGB (Gründe zu II 1 und 2) mit Anm. Zöller; BAG NJW 1963, 2142; OLG Celle NJW 1961, 786. 210 71604 Vgl. BGH WM 1974, 1162, 1164 (Sonderfall betreffend, dass Leistungsanspruch erstmals im Berufungsverfahren erhoben wird); Heyn NJW 1957, 212 f.; anders noch BGH NJW 1954, 640, 641 mit abl. Anm. Lent. 211 1605 8 BGH WM 1974, 1162, 1164; OLG Karlsruhe JurBüro 1993, 619. 212 91606 BGH FamRZ 1990, 863, 864 = NJW-RR 1990, 390; BGHZ 94, 268, 275 = NJW 1985, 2405, 2407 = MDR 1985, 825; BGHZ 30, 213, 215 = NJW 1959, 1824 f.; BGH NJW 1959, 1827, 1828; RG
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weil das zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht besteht. In diesem Fall wird dem Rechtsmittelgericht die Entscheidungsbefugnis auch für die in der unteren Instanz gebliebenen weiteren Ansprüche zugesprochen, weil diesen notwendigerweise die Grundlage entzogen werde. Eine Ausnahme wäre aber nur gerechtfertigt, wenn bei Abweisung eines solchen Teilanspruchs begrifflich keine Möglichkeit mehr besteht, die restlichen Ansprüche zu bejahen. Eine solche Situation liegt aber bei der Stufenklage nicht vor, da das Urteil über den Informationsanspruch hinsichtlich des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses keine Rechtskraft für den Hauptanspruch entfaltet (Rdn. 77).214 Aus diesem Grund kann das Untergericht z.B. auf Grund neuer Beweismittel zu einem anderen Ergebnis kommen. Es würde eine unzulässige Benachteiligung des Klägers darstellen, wenn ihm für den Hauptanspruch eine Instanz genommen würde und er in der Revisionsinstanz keine neuen Tatsachen mehr vortragen könnte. Außerdem muss es dem Kläger überlassen bleiben, wie er auf das negative Berufungsurteil reagiert. Auch wegen der erhöhten Kosten muss dem Kläger die Möglichkeit gegeben werden, die Klage hinsichtlich der in der unteren Instanz gebliebenen Ansprüche zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten. Könnte das Rechtsmittelgericht die gesamte Klage abweisen, so würde dem Kläger eine höhere Kostenlast treffen, weil der höherwertige Hauptanspruch auch für die Berechnung des Rechtsmittelstreitwerts entscheidend sein müsste (vgl. § 47 GKG). Der BGH215 ist inkonsequent, wenn er bei der Bemessung des Streitwerts für das Rechtsmittelverfahren den beim Untergericht anhängig gebliebenen Hauptanspruch trotz Abweisung der gesamten Klage nicht berücksichtigen will, weil er nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gewesen sei.216 Eine Entscheidung über einen Anspruch kann nur dann ergehen, wenn dieser Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gewesen ist. Eine Miterledigungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts bezüglich des Hauptanspruchs bei Verneinung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses ist deshalb abzulehnen, zumal nach der hier vertretenen Auffassung ein die gesamte Stufenklage abweisendes Vollendurteil unzulässig ist (Rdn. 59).217 Die Parteien können auch nicht durch entsprechende Parteianträge die Entscheidungsbefugnis auf das Rechtsmittelgericht übertragen.218 Es handelt sich weder um eine Änderung des Streitgegenstands noch um die Erhebung eines neuen Anspruchs,219 so dass die Klageänderungsvorschriften keine direkte Anwendung finden. Auch eine analoge Anwendung mit dem Argument, die Ansprüche seien für die Instanz neu,220 kommt nicht in Betracht. Es wird nicht der Beklagte mit neuen Ansprüchen überzogen, so dass seine Interessen durch seine Einwilligung gewahrt werden können, sondern dem Erstgericht die Entscheidungsbefugnis entzogen. Dies unterliegt aber nicht der Parteiherrschaft und verstößt gegen die JW 1926, 1539 f.; BAG AP Nr. 25 zu § 138 BGB; BAG NJW 1969, 678, 679; OLG Celle NJW-RR 1995, 1021 f. 1607 1213 So Zöller/Greger Rdn. 14; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 22; Hoßfeld S. 59; Schellhammer ZAP Fach 11, 483, 484 (ZAP 1998, 737, 738). 214 1608 2 Vgl. auch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 31; Musielak/Foerste Rdn. 8; Assmann S. 101 ff.; Blomeyer ZPR § 99 IV 1c. 215 31609 BGH (I. ZS) NJW 1959, 1827 f. mit krit. Anm. Schwab; einschränkend BGH (VI. ZS) NJW 1959, 1824 ff. 216 41610 Darauf weist Schwab NJW 1959, 1828 hin.
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So auch Bettermann ZZP 88 (1975), 365, 399 f.; noch zweifelnd Baumgärtel JR 1970, 186 f. 6 AA BGHZ 97, 280, 282 = NJW 1986, 2108; BGH NJW 1983, 1311, 1312 f.; vgl. auch BGHZ 8, 383, 385 f. = NJW 1953, 702, 703 (Entscheidungsbefugnis über gesamte Klage, wenn der durch ein Teilurteil verurteilte Beklagte als Berufungskläger beantragt, die Klage voll abzuweisen, und der Kläger sich auf diesen Antrag rügelos einlässt); BGH NJW 1954, 640, 641 mit abl. Anm. Lent und BGH LM Nr. 4 zu § 303 ZPO; VGH Mannheim NJW 1972, 271 f.; OLG Frankfurt JR 1984, 290; Zöller/Gummer/Heßler § 528 Rdn. 16. 219 71613 Vgl. Heyn NJW 1957, 212; Lent NJW 1954, 640. 220 81614 So Mattern JZ 1960, 385, 387. 218 1612
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funktionelle Zuständigkeit.221 Außerdem steht die Rechtshängigkeit der Entscheidungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts über noch in der unteren Instanz anhängige Ansprüche entgegen.222 2. Rechtsmittel gegen ein Vollendurteil Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Erlass eines Vollendurteils wegen Nichtbestehens des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses nicht zulässig. Das positive Urteil über die erste Stufe entfaltet keine Bindungswirkung hinsichtlich des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, so dass auch eine Abweisung der gesamten Stufenklage bei einem negativen Urteil über die erste Stufe nicht gerechtfertigt erscheint (Rdn. 59). Auf der Grundlage der h.M., die ein die gesamte Stufenklage abweisendes Vollendurteil für zulässig erachtet,223 ist es jedoch konsequent, § 538 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend anzuwenden und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuweisen,224 wenn das Berufungsgericht das zugrunde liegende Rechtsverhältnis und damit den Informationsanspruch bejaht oder die Auskunftsklage nur deshalb abgewiesen wird, weil der Auskunftsanspruch bereits erfüllt wurde.225 Dies gilt auch, wenn der Kläger trotz uneingeschränkter Berufungseinlegung nur den Antrag zur Auskunftserteilung gestellt hat.226 Auch in der Berufungsinstanz ist eine Verbindung des Teilurteils über den Informationsanspruch mit einem Grundurteil (§ 304) aus den oben genannten Gründen (Rdn. 58) nicht zulässig.227
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VI. Bindungs- und Rechtskraftwirkung Das Informationsurteil entfaltet keine Bindungs- bzw Rechtskraftwirkung für den Hauptanspruch hinsichtlich des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses.228 Lediglich
221 11615 Bettermann ZZP 88 (1975), 365, 400. 222 21616 Riechert ZZP 80 (1967), 102, 107 ff.; Schwab NJW 1959, 1824; vgl. dazu auch Kleinfeller ZZP 55 (1930), 193, 214 f.; aA BGH NJW 1954, 640, 641. 223 31617 BGH NJW 2002, 1042, 1044; BGH NJW-RR 2000, 229, 230; BGH FamRZ 1990, 863, 864; BGHZ 94, 268, 275 = NJW 1985, 2405, 2407; BGH LM Nr. 3 zu § 254 ZPO; RG HRR 1936, 219; OLG Koblenz NZM 2004, 146, 147; OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 869; OLG Celle NJW-RR 1995, 1021; OLG Düsseldorf NJW 1964, 2164 f.; OLG Düsseldorf NJW 1961, 2021, 2022; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 30; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 35. 224 41618 BGH NJW 2006, 2626, 2627; BGH FamRZ 1988, 156, 158; BGH NJW-RR 1987, 1029, 1030 f.; BGH NJW 1985, 862 f.; BGH NJW 1982, 235, 238; RGZ 169, 127, 128; OLGR Köln 2004, 252, 253; OLG Zweibrücken FamRZ 1987, 1197, 1198 aE; OLG Celle NJW-RR 1996, 430, 431, hält eine ausdrückliche Zurückweisung nicht unbedingt für erforderlich; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 138 Rdn. 40; Seetzen WM 1985, 213, 220. 225 51619 OLG Zweibrücken WM 1998, 1776. 226 61620 BGH NJW-RR 1987, 1029, 1030 f.; BGH NJW 1985, 862 f.; OLG Zweibrücken WM 1998, 1776.
1621 7227 AA BGH NJW 1991, 1893. Ein Grundurteil ist nach der Ansicht des BGH in BGHZ 141, 79, 89 f. = NJW 1999, 1706, 1708 f., gem. § 563 Abs. 3 jedenfalls dann zulässig, wenn in den Tatsacheninstanzen eine Stufenklage wegen Nichtbestehens eines Leistungsanspruchs unabhängig von dem Stufenverhältnis insgesamt abgewiesen worden ist und ein Leistungsanspruch in irgendeiner Höhe bereits zu diesem Zeitpunkt unabhängig von der Rechnungslegung feststeht. Vgl. auch BGH NJW 1979, 926 f., der eine Zurückweisung ohne Grundurteil für den Fall, dass der Kläger in der Berufungsinstanz vom Auskunftszum Leistungsbegehren übergegangen ist, für unzulässig hält. 228 81622 BGH NJW 1999, 3049; BGH NJW 1985, 862; BGH WM 1975, 1086, 1087; BGH WM 1957, 1190; BGH NJW 1969, 880 = JZ 1970, 226 (VII. Senat) mit abl. Anm. Grunsky auch zu BGH JZ 1970, 226 (V. Senat) = JR 1970, 185 mit zust. Anm. Baumgärtel = NJW 1969, 880; OLG Karlsruhe MDR 1992, 804; OLG Karlsruhe NJW 1985, 1349, 1350; OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 869; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 36; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 322 Rdn. 64; Assmann S. 113 ff.; Peters ZZP 111 (1998), 67, 68; aA Zeuner Die objektiven Gren-
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im Hinblick auf die eidesstattliche Versicherung ist das Informationsurteil präjudiziell.229 Aus diesem Grund ist eine Zwischenfeststellungsklage über das dem Hauptanspruch zugrunde liegende Rechtsverhältnis zulässig.230
VII. Kosten und Streitwert der Stufenklage 1. Die Kosten der Stufenklage
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Wird die Stufenklage durch ein Vollendurteil abgewiesen, so enthält dieses auch die Kostenentscheidung. Das die Vorstufe abschließende Teilurteil ergeht ohne Kostenentscheidung. Bereits aus dem Charakter des Teilurteils ergibt sich, dass nach dem Gebot der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung über die Kosten des gesamten Rechtsstreits einheitlich im Schlussurteil entschieden wird.231 Erst dann lässt sich der Umfang des Obsiegens bzw Unterliegens überblicken. Grundsätzlich richtet sich die Kostenpflicht nach dem Verhältnis des Obsiegens bzw Unterliegens mit dem Leistungsanspruch. Das Obsiegen bzw Unterliegen in den vorhergehenden Stufen findet insoweit Berücksichtigung, als durch diese Stufen Mehrkosten verursacht worden sind. Diese sind dem Unterliegenden nach dem Veranlasserprinzip (vgl. §§ 281 Abs. 3 S. 2, 344) aufzuerlegen. Es ist entgegen der h.M.232 keine Kostenteilung vorzunehmen, wonach jede Stufe gesondert nach §§ 91 ff. zu beurteilen ist. Die Stufenklage verursacht in der Regel keine höheren Kosten als eine Leistungsklage nach freiwilliger Erteilung der Information, da gem. § 44 GKG für die Wertberechnung nur der höhere der verbundenen Ansprüche, also der Leistungsanspruch maßgebend ist.233 Es fallen nur dann erhöhte Gebühren an, wenn in einer der vorhergehenden Stufen gebührenauslösende Handlungen vorgenommen werden, die nur diese Stufe und nicht die Leistungsstufe betreffen. Nach dem Wegfall der Beweisgebühr kann es sich hierbei nur um die Terminsgebühr handeln.234 Für diese Mehrkosten muss der in der Informationsstufe Unterlegene aufkommen. zen der Rechtskraft im Rahmen rechtlicher Sinnzusammenhänge (1959), § 12; Grunsky JZ 1970, 226, 227 f., kritisch dazu Assmann S. 118 ff. 229 1623 1 BGH WM 1975, 1086, 1087. 230 1624 2 BGH WM 1999, 746, 747. 231 31625 OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 943, 944; OLGR Düsseldorf 1998, 23, 24; OLG Frankfurt NJWRR 1998, 1536; OLG Koblenz FamRZ 1994, 1607, 1608; OLG Karlsruhe JurBüro 1993, 619; Zöller/Greger Rdn. 5; Hk/Saenger Rdn. 21; Hoßfeld S. 65; Schneider Kostenentscheidung im Zivilprozess, § 22 VII. (S. 93); Winkler von Mohrenfels S. 192; Friedrich JW 1901, 788; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 20 (Kostenentscheidung in jeder Stufe) unter Verweis auf OLG München MDR 1988, 782, das diese Aussage aber nicht trifft. 232 41626 OLG Koblenz NJW-RR 1997, 7; OLG Jena FamRZ 1997, 219; OLG Karlsruhe JurBüro 1994, 682 mit Anm. Mümmler; OLG Koblenz FamRZ 1994, 1607, 1608; OLG Hamm FamRZ 1993, 1343, 1344; OLG München MDR 1988, 782; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 32; Musielak/Foerste Rdn. 6; Hk/Saenger Rdn. 21; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 11; Reichel ZZP 37 (1908), 49, 56; Hoßfeld S. 65 f.; Rixecker MDR 1985, 633 f. will die verschiedenen Ansprüche für
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die Kostenrechnung trennen, die jeweiligen Kostentatbestände der einzelnen Stufen errechnen und die Kostenanteile zu den hypothetischen Gesamtkosten getrennter Prozesse ins Verhältnis setzen. 233 1627 5 Gerichtsgebühren fallen in den jeweiligen Stufen nicht gesondert, sondern nur einmal an. 234 61628 Die anwaltliche Terminsgebühr Nr. 3104 VVRVG richtet sich ungeachtet des § 44 GKG nach dem Streitwert der jeweiligen Stufe. Dieser kann gem. § 33 Abs. 1 RVG gesondert festgesetzt werden, OLG Brandenburg Beschl. v. 23.2.2007 – 11 W 12/07. Ob man bei mehreren Terminen jeweils die Terminsgebühr neu entstehen lässt, so Zöller/ Herget § 3 Rdn. 16 − Stufenklage −, und dabei die Gebührenbegrenzung des § 15 Abs. 2, 3 RVG beachtet oder die Terminsgebühr nur einmal entsteht und sich der Gebührenstreitwert sukzessive erhöht, ist für das Ergebnis ohne Belang, da beide Berechnungsweisen zur selben Gebührenhöhe führen. Die anwaltliche Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV-RVG fällt nur einmal an und berechnet sich nach dem höheren Streitwert des Leistungsanspruchs, Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke RVG2 (2006) Stufenklage 1.5.2, S. 965 f.
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Der obsiegende Kläger hat für die Kosten gem. § 93 nur dann aufzukommen, wenn die Voraussetzungen des § 93 sowohl für den Hilfsanspruch als auch für den Hauptanspruch vorliegen. Erkennt der Beklagte nach der Verurteilung zur Information den bezifferten Hauptanspruch an, findet § 93 keine Anwendung, weil er die Stufenklage und damit auch die Hauptklage veranlasst hat. Erkennt der Beklagte den Informationsanspruch sofort an, nicht aber den Leistungsanspruch, so ist er dennoch mit den Kosten des gesamten Rechtsstreits zu belasten.235 Der Rechtsgedanke des § 93 kommt allenfalls bei eventuellen Mehrkosten der Informationsstufe zur Anwendung. Dem obsiegenden Beklagten sind entsprechend § 93 die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, wenn der Kläger bei einem negativen Ergebnis des Informationsanspruchs sofort auf seinen Hauptanspruch unter Verwahrung gegen die Tragung der Kostenlast verzichtet (Rdn. 68).236 Die Erledigung der Informationsstufe findet lediglich dann Berücksichtigung bei der Kostenentscheidung, wenn dadurch Mehrkosten entstanden sind. Bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung ist der bisherige Sach- und Streitstand für die Frage entscheidend, wer die Mehrkosten zu tragen hat. Ein die Informationsstufe betreffender Beschluss gem. § 91a ergeht wegen der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nicht.237 § 91a findet Anwendung, wenn der Leistungsanspruch übereinstimmend für erledigt erklärt wird (Rdn. 64).238 Hierbei hat das Gericht den Gesichtspunkt der Verzugshaftung des Beklagten zu berücksichtigen und dem Beklagten die gesamte Kostenlast aufzuerlegen, soweit die Auskunft verspätet erteilt wurde.239 Bei Unterhaltsklagen ergibt sich dies aus § 93d, der auch im Rahmen des § 91a gilt.240
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2. Der Streitwert der Stufenklage Bei der Bestimmung des Streitwerts ist zu differenzieren zwischen dem Zuständigkeitsstreitwert, dem Gebührenstreitwert und dem Rechtsmittelstreitwert.
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a) Zuständigkeitsstreitwert. Der Zuständigkeitsstreitwert richtet sich nach dem höheren der verbundenen Ansprüche. Eine Zusammenrechnung der einzelnen Ansprüche der Stufenklage gemäß § 5 erfolgt nicht (vgl. § 5 Rdn. 18),241 weil diese das
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235 11629 So auch Hoßfeld S. 68. 236 21630 OLG München MDR 1990, 636; OLG München MDR 1988, 782; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 26; Assmann S. 92 ff.; Lüke JuS 1995, 143, 147; Rixecker MDR 1985, 633, 635. 237 1631 3 OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 943, 944. 238 41632 OLG Stuttgart Beschl. v. 8.5.2007 − 6 W 35/07, das allerdings zu Unrecht bei vorherigem Anerkenntnis in der Auskunftsstufe bezüglich dieser Stufe § 91 zu Ungunsten des Beklagten anwendet. 239 51633 OLGR Brandenburg 2003, 170; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1719, 1720; OLG Nürnberg MDR 2001, 590; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1216, 1217; OLGR München 1998, 260; OLG Koblenz NJW-RR 1997, 7; OLG Hamm FamRZ 1993, 1343, 1344; OLG Köln FamRZ 1993, 345 f.; OLG Frankfurt FamRZ 1987, 85, 86; OLG Jena FamRZ 1997, 219, 220, das allerdings § 91a nur bzgl. des Leistungsantrags anwendet, bzgl. des
Auskunftsurteils § 91; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 58 „Stufenklage“; Musielak/Foerste Rdn. 7; Kassebohm NJW 1994, 2728, 2729 f.; vgl. auch BGH NJW 1994, 2895, 2896 (zur einseitigen Erledigungserklärung); OLGR Frankfurt 2000, 49, 50 und OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 1454, 1455 (reziproke Anwendung des § 93); aA für getrennte Behandlung der Stufen mit der Folge, dass auf die Erfolgsaussichten der Hauptklage abzustellen ist, OLG Koblenz FamRZ 1994, 1607, 1608; OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 74; OLG Zweibrücken NJW 1986, 939; vgl. auch OLGR Dresden 2001, 85, 88 (Prozessvergleich); OLG München MDR 1990, 636 (Erledigung des Auskunftsanspruchs). 240 1634 6 OLGR Naumburg 2004, 281 f.; OLG Nürnberg MDR 2001, 590, 591; OLG Schleswig FamRZ 2000, 1513, 1514. 241 71635 Stein/Jonas/Roth § 5 Rdn. 20; MünchKomm/ Wöstmann § 5 Rdn. 20; Musielak/Heinrich § 5
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gleiche wirtschaftliche Ziel verfolgen und § 44 GKG einen für die Stufenklage allgemein geltenden Grundsatz enthält242.
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b) Der Gebührenstreitwert. Bei der Stufenklage richtet sich der Gebührenstreitwert243 gem. § 44 GKG244 nur nach dem Wert eines der verbundenen Ansprüche, und zwar nach dem höheren. Dies ist grundsätzlich der Leistungsanspruch, da der Informationsanspruch und der Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung lediglich der Vorbereitung des Leistungsanspruchs dienen und damit geringer zu bewerten sind.245 Der Streitwert richtet sich auch dann nach dem gem. § 3 festgesetzten Streitwert des Leistungsanspruchs, wenn die Informationsstufe ergibt, dass ein solcher nicht besteht.246 Zu Unrecht wird in diesem Fall teilweise allein auf die Bewertung des Auskunftsanspruchs abgestellt.247 Der Streitwert des Leistungsanspruchs wird anhand der Erwartungen des Klägers bei Klageerhebung,248 wie sie sich in der Klageschrift ausdrücken, nach objektiven Anhaltspunkten geschätzt249 und kann nicht im NachRdn. 9; Schneider/Herget Streitwert-Kommentar12 (2007) Rdn. 5107 f.; Assmann S. 132; Hellwig Lehrbuch Bd. 2, § 96 II 3a (S. 196) Fn. 38; Frank Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht (1986) S. 192 f.; aA OLG Bamberg JurBüro 1979, 251, 252; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1642; OLGR Düsseldorf 1998, 23; OLGR Düsseldorf 1992, 294; Meyer GKG9 (2007) § 44 GKG Rdn. 1; Hartmann KostenG38 (2008) § 44 GKG Rdn. 3; Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995) S. 69; Lappe Justizkostenrecht2 (1995) § 8 III 2e, S. 29; Zöller/Herget § 5 Rdn. 7; Musielak/Foerste Rdn. 3; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 5 Rdn. 8; Lüke JuS 1995, 143, 144; Madert AGS 2001, 2; Schneider MDR 1986, 552, 554. 1636 1242 Vgl. RT-Drucks. 9/V/61 (Anlage 1 der stenographischen Berichte über Verhandlungen des Reichstages 1897/98), S. 618; Frank Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht (1986) S. 192 f.: § 18 GKG a.F. (jetzt § 44 GKG) ist die „Ausprägung eines allgemeinen ungeschriebenen streitwertrechtlichen Grundsatzes“. 243 21637 Näher hierzu Madert AGS 2001, 2. 244 31638 Lappe NJW 2004, 2409, 2412, bezeichnet § 44 GKG als überflüssig und sogar irreführend. 245 41639 OLG Brandenburg FamRZ 2003, 240; OLGR Düsseldorf 1998, 23 f.; OLG Nürnberg FamRZ 1997, 100, 101; OLG Hamm JurBüro 1989, 1004; OLG Zweibrücken JurBüro 1987, 255 und 286; OLG Bamberg JurBüro 1986, 1062; OLG Düsseldorf NJW 1961, 2021; Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995) S. 65; Schneider/Herget Streitwert-Kommentar12 (2007) Rdn. 5120; Enders JurBüro 2001, 57, 58; Madert AGS 2001, 2. 246 51640 KG MDR 2008, 45 f.; OLG Dresden (10. Senat) MDR 1998, 64 = OLGR Dresden 1997, 364; OLG Düsseldorf (3. Senat) FamRZ 1992, 1095 = JurBüro 1992, 419 mit Anm. Mümmler unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht in FamRZ 1986, 286, 287; OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 736; OLG Düsseldorf (5. Senat) JurBüro 1984,
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87; KG (18. Senat) OLGR 2002, 117; KG MDR 1993, 696; OLG Karlsruhe (4. Senat) Justiz 1985, 353, 354; OLG München JurBüro 1989, 1164, 1165; OLG Zweibrücken JurBüro 1973, 444, 446; Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995) S. 68; Hk-RVG/Kroiß RVG2 (2006) Anh. II Rdn. 138; Schneider/Herget (2007) Rdn. 5152; Streitwert-Kommentar12 Schneider MDR 1991, 195, 199. 247 1641 6 So aber OLG Bamberg JurBüro 1989, 685 f. mit abl. Anm. Mümmler; OLG Bamberg FamRZ 1986, 371, 372; OLG Dresden (7. Senat) MDR 1997, 691 = NJW-RR 1997, 1430 f.; vgl. auch KG (16. Senat) NJW-RR 1998, 418, 419 = JurBüro 1997, 595 mit zust. Anm. Meyer; OLG Frankfurt MDR 1987, 508 = JurBüro 1987, 878, 879 mit abl. Anm. Mümmler; OLG Stuttgart FamRZ 1990, 652; OLG Schleswig MDR 1995, 642, 643 = FamRZ 1997, 40; Meyer GKG9 (2007) § 44 Rdn. 7. 248 71642 OLG Celle BauR 2006, 2111 (LS); OLGR Köln 2004, 181, 182; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 240; OLGR Düsseldorf 1998, 23; OLG Nürnberg FamRZ 1997, 100, 101; KG MDR 1993, 696; OLG München JurBüro 1989, 1164 f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 736; KG Rpfleger 1962, 120 (allerdings wohl auch für den Fall, dass später beziffert wird); Bartsch FAErbR 2005, 3, 6; aA KG NJW-RR 1998, 418, 419 f. (Gebührenstreitwert richtet sich nach den Erkenntnissen des Gerichts am Ende der Instanz); ebenso Meyer GKG9 (2007) § 44 Rdn. 6, der den zunächst gem. § 63 Abs. 1 GKG nur vorläufig festgesetzten Streitwert am Ende des Rechtsstreits gem. § 63 Abs. 2 GKG endgültig festsetzen lassen will; Lappe NJW 1998, 1112. Vgl. auch OLG Naumburg AUR 2004, 99, 100, das spätere Erkenntnisse berücksichtigt, soweit dadurch das ursprüngliche Klagebegehren konkretisiert wird. 249 81643 KG AnwBl 1984, 612; OLG Celle FamRZ 1997, 99; OLG Dresden MDR 1998, 64; OLG Hamm FamRZ 1998, 1308; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 609; Schneider/Herget Streitwert-Kom-
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hinein mit Null angesetzt werden.250 Der gem. § 3 festgesetzte Streitwert bleibt bestehen, wenn es zu keiner Entscheidung hinsichtlich des Leistungsanspruchs kommt, sei es dass die Stufenklage insgesamt abgewiesen wird251 oder der Kläger, etwa weil die Auskunft/Rechnungslegung ergibt, dass kein Anspruch besteht,252 seinen Leistungsanspruch zurücknimmt oder nicht mehr weiterverfolgt.253 Weicht der bezifferte Leistungsanspruch von der anfänglichen Schätzung gemäß § 3 ab, so ist die Bezifferung für den Gebührenstreitwert maßgebend, unabhängig davon, ob die Bezifferung höher oder niedriger als die Schätzung ausfällt. Genauso wie die Rechtshängigkeit den Hauptanspruch in dem Umfang ergreift, wie er später beziffert wird, richtet sich der Gebührenstreitwert nach der Bezifferung durch den Kläger. Dies gilt ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Bezifferung des Leistungsantrags.254 Der Gebührenstreitwert kann sich nicht nach einem höheren Anspruch richten, wenn ein solcher überhaupt nicht rechtshängig geworden ist. Der Streitwert des Informationsanspruchs richtet sich nach dem Interesse des Klägers an der Auskunft zur Ermöglichung der Bestimmung und Durchsetzung seines Leistungsanspruchs im Zeitpunkt der Klageerhebung.255 Er ist im Verhältnis zum Leistungsanspruch zu sehen und mit einem Bruchteil von dessen Wert zu beziffern.256 Dieser liegt je nach Sachlage zwischen 1/10 und 2/5 des Werts des Hauptanspruchs.257 Auch wenn die Rechnungslegung inhaltlich weiter geht als die bloße Auskunft, ist bei
mentar12 (2007) Rdn. 5154; Enders JurBüro 2001, 57, 59. 250 11644 OLG Celle FamRZ 1997, 99; OLG Celle MDR 2003, 55; OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 736; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 609; aA Gerold/ Schmidt/Müller-Rabe RVG17 (2006) VV 3100 Rdn. 124. 251 21645 OLG Schleswig FamRZ 2001, 240 (Abweisung wegen Unbegründetheit des Auskunftsanspruchs). 252 1646 3 Vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1216, 1217; OLG Dresden MDR 1998, 64 = OLGR Dresden 1997, 364; OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 736. 253 1647 4 OLGR Bremen 1998, 192, 193; OLG Bamberg JurBüro 1982, 1246; OLG Dresden MDR 1998, 64 = OLGR Dresden 1997, 364 (übereinstimmende Erledigungserklärung); OLG Düsseldorf JurBüro 1992, 419 mit zust. Anm. Mümmler; OLG München JurBüro 1989, 1164 f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 736; OLG Frankfurt JurBüro 1973, 766, 767; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1216, 1217 (übereinstimmende Erledigungserklärung); OLG Karlsruhe Justiz 1985, 353, 354; OLG Zweibrücken JurBüro 1984, 736; für den Fall, dass sich die Parteien nach Erledigung der Auskunftsklage vergleichen OLG Zweibrücken JurBüro 1984, 736 mit Anm. Mümmler; OLGR Hamm 1996, 263 (Unterhaltsvereinbarung). 254 1648 5 Assmann S. 133 f.; vgl. auch KG NJW-RR 1998, 418, 419 f. (Gebührenstreitwert richtet sich nach den Erkenntnissen des Gerichts am Ende der Instanz); aA für den Fall, dass der später bezifferte Antrag geringer ist als der eingangs auf Grund
der Erwartungen gem. § 3 geschätzte Betrag OLGR München 2006, 457, 458; OLG Celle MDR 2003, 55; KG MDR 1993, 696 f.; OLG Frankfurt JurBüro 1985, 443 f.; OLG Nürnberg FamRZ 1997, 100, 101 (die nachträgliche Herabsetzung des Streitwerts gem. § 63 Abs. 3 S. 1 GKG (= § 25 Abs. 2 S. 2 GKG a.F.) kann nicht für die zurückliegende Zeit erfolgen). Ist der Streitwert nach Bezifferung höher, soll er von Anfang an maßgebend sein, OLGR München 2006, 457, 458; vgl. Hartmann KostenG38 (2008) § 44 GKG Rdn. 8 mit Verweis auf § 40 GKG; Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995) S. 68; Schneider/Herget Streitwert-Kommentar12 (2007) Rdn. 5162 mit Verweis auf § 63 Abs. 3 S. 1 GKG (= § 25 Abs. 2 GKG a.F.); ebenso Enders JurBüro 2001, 57, 59; vgl. auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe RVG17 (2006) VV 3100 Rdn. 122 ff. 255 61649 BGH JurBüro 1983, 1182, 1183; OLG Bamberg FamRZ 1986, 1144; OLG Köln VersR 1976, 1154; OLG Celle JurBüro 1968, 734, 735; OLG Nürnberg MDR 1960, 507. 256 71650 BGHZ (GSZ) 128, 85, 89 = NJW 1995, 664; BGH FamRZ 1993, 1189 mwN; OLG Celle JurBüro 1987, 585. 257 1651 8 BGH NJW 1997, 1016 (1/10 − 1/4); BGH NJW 1960, 1252; OLG Bamberg JurBüro 1987, 266 und 747; OLG Düsseldorf JurBüro 1983, 1182, 1183; OLG Düsseldorf NJW 1961, 2021, 2022; OLG Nürnberg MDR 1960, 507. Das OLG Köln VersR 1976, 1154, geht grundsätzlich von 1/4 des Leistungsanspruchs aus.
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der Rechnungslegung kein höherer Bruchteil anzusetzen als bei der einfachen Auskunft, da dadurch das Interesse des Klägers an der Auskunft nicht erhöht wird.258 Dies kann allenfalls beim Rechtsmittelstreitwert des Beklagten berücksichtigt werden, bei dem es auf den Aufwand des Beklagten ankommt (Rdn. 89). Der Streitwert des Informationsanspruchs nähert sich dem des Leistungsanspruchs umso mehr an, als der Kläger auf die Information angewiesen ist, um seinen Leistungsanspruch durchsetzen zu können.259 Der Streitwert des Informationsanspruchs erlangt allerdings nur Bedeutung, wenn gebührenauslösende Handlungen lediglich ihn betreffen. Eine Festsetzung dieses Streitwerts ist deshalb nur in diesem Sonderfall erforderlich. Dasselbe gilt für den Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, der seinerseits nur mit einem Bruchteil des Werts des Informationsanspruchs zu bewerten ist.260 Die gerichtlichen (§ 44 GKG) und die anwaltlichen (§ 23 Abs. 1 RVG) Verfahrensgebühren (Nr. 1210 KV-GKG, Nr. 3100 VV-RVG) beziehen sich auf das gesamte Verfahren und richten sich deshalb grundsätzlich nach dem höheren Wert des Leistungsanspruchs.261 Die anwaltliche Terminsgebühr (Nr. 3104 VV-RVG) bestimmt sich nach dem Wert des Antrags, der in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist.262 Deshalb ist hierfür der Wert des Informationsanspruchs maßgebend, wenn der Prozess in der ersten Stufe beendet wird. Dies gilt auch bei Abweisung der gesamten Stufenklage oder bei Verlesung aller Anträge in der ersten Stufe, weil eine gleichzeitige Verhandlung über alle Ansprüche der Stufenklage nicht möglich ist.263 c) Der Rechtsmittelstreitwert. Die Höhe des Rechtsmittelstreitwerts ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Interesse des Rechtsmittelklägers am Erfolg seines Rechtsmittels begrenzt durch den Streitwert des beschiedenen Anspruchs.264 Der Rechtsmittelstreitwert entspricht dem des Urteilsgegenstands, wenn der Kläger gegen ein den Informationsanspruch abweisendes Urteil ein Rechtsmittel einlegt.265 Dagegen bestimmt sich der Wert der Beschwer bei einem Rechtsmittel seitens des Beklagten gegen ein zur Information, zur Rechnungslegung, zur Einsichtsgewährung in bestimmte Unterlagen, zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder dergleichen verurteilendes Stufenurteil nach dem Interesse des Beklagten, die Auskunft nicht erteilen zu müssen.266 Hier ist insbesondere auf die Aufwendungen, Arbeitszeit und allgemeinen Kosten, die durch die Auskunftserteilung entstehen, sowie ein etwaiges Geheimhal1652 1258 AA Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995) S. 137; Enders JurBüro 2001, 57, 59. 259 21653 BGH JurBüro 1983, 1182, 1183; OLG Celle JurBüro 1987, 595; OLG Bamberg FamRZ 1986, 1144. Das OLG Köln FamRZ 1984, 1029, geht sogar davon aus, dass der Informationsanspruch in Einzelfällen mit einem Wert bis zur Höhe des Leistungsbegehrens zu bewerten sei. 260 31654 OLG Köln Rpfleger 1977, 115, 116; Enders JurBüro 2001, 57, 59; Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995) S. 139; aA OLG Neustadt JurBüro 1963, 685; OLG Celle NJW 1954, 1493 bei Berufung nur wegen eidesstattlicher Versicherung. 261 1655 4 OLG Celle AnwBl 1987, 286; OLG Bamberg JurBüro 1986, 1062; OLG Frankfurt JurBüro 1973, 766, 767; OLG Düsseldorf NJW 1964, 2164; OLG Düsseldorf NJW 1961, 2021, 2022; OLG Düsseldorf MDR 1962, 912; Gerold/
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Schmidt/Müller-Rabe RVG17 (2006) VV 3100 Rdn. 121; Schneider MDR 1985, 353, 354. 262 1656 5 KG MDR 1984, 63 (zur Verhandlungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO); Gerold/ Schmidt/Müller-Rabe RVG17 (2006) VV 3100 Rdn. 121; Schneider/Herget Streitwert-Kommentar12 (2007) Rdn. 5136 f. 263 61657 OLG München Rpfleger 1956, 29; Schneider MDR 1969, 624, 625; aA OLGR Frankfurt 1999, 55; OLG Düsseldorf NJW 1964, 2164; Schneider/ Herget Streitwert-Kommentar12 (2007) Rdn. 5159. 264 1658 7 BGH NJW 1973, 654. 265 81659 Vgl. BGH FuR 2001, 236, 237. 266 91660 BGH NJW 2000, 1724, 1725; BGHZ (GSZ) 128, 85, 87 ff. = NJW 1995, 664, 665; BGH NJW-RR 1989, 738 f.; BGH WM 1984, 180; BGH NJW 1970, 1083; OLG Zweibrücken JurBüro 1981, 435; OLG Celle JurBüro 1969, 174.
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tungsinteresse abzustellen, nicht aber auf den Wert des Auskunftsanspruchs oder auf das Interesse des Beklagten an der Vermeidung einer für ihn nachteiligen Kostenentscheidung.267 Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören neben dem Eigenaufwand einschließlich der Ausgaben für Hilfskräfte268 auch die Ausgaben für die Inanspruchnahme fachkundiger Dritter, auf deren Hilfe der Verpflichtete zur Vorbereitung einer nicht ohne Weiteres zu leistenden Auskunft zurückgreifen darf.269 Dasselbe gilt für ein Rechtsmittel des Beklagten gegen ein zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtendes Urteil.270 Entgegen der Ansicht des BGH271 ist für die Bemessung des Streitwerts für die höhere Instanz der abgewiesene Hauptanspruch zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht auf Berufung gegen das Informationsurteil die gesamte Stufenklage abweist.272
VIII. Prozesskostenhilfe Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gem. §§ 114 ff. erstreckt sich auf die gesamte Stufenklage,273 also auf alle anhängig gemachten Ansprüche, auch auf den zunächst noch nicht bezifferten Zahlungsantrag, soweit er von der Auskunft gedeckt ist.274 Eine vorläufige Beschränkung der Bewilligung der PKH auf die Auskunftsstufe würde für eine hilfsbedürftige Klagepartei nicht unerhebliche Nachteile bringen.275 267 1661
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BGH ZIP 1998, 1880, 1881; BGHZ (GSZ) 128, 85, 87 ff. = NJW 1995, 664, 665; aA BGH NJW 1994, 1740 f.: Kostenlast als Mindestbeschwer; Schellhammer ZAP 1998, 483, 485. 1662 2268 BGH MDR 1994, 507 f. 269 31663 BGH NJW-RR 1993, 1154; BGH NJW 2000, 1724, 1725. 270 41664 OLG Zweibrücken JurBüro 1987, 594; OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 172, 173; aA OLG Saarbrücken JurBüro 1985, 1238. 271 1665 5 NJW 1959, 1827 f.; dem BGH zust. Hillach/ Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995), S. 66; abl. Schwab NJW 1959, 1824, 1827. 272 61666 Für die Revisionsinstanz nach Abweisung der gesamten Stufenklage durch das Berufungsgericht ist nach Ansicht des BGH MDR 1992, 1091, 1092 und BGH NJW 1960, 576 der Streitwert der gesamten Stufenklage entscheidend; ebenso Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995), S. 137 f. Zum Wert des Beschwerdegegenstandes vgl. BGHZ (GZS) 128, 85 = NJW 1995, 664 mit Anm. Roth. 273 71667 OLG Brandenburg MDR 2003, 171; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 101; OLG Bamberg FamRZ 1998, 1602; OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 1281; OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 286, 287; OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 417; OLGR Frankfurt 2006, 248; OLG Frankfurt FamRZ 1993, 1241; OLG Frankfurt FamRZ 1991, 1458; OLG Hamm MDR 2006, 520; OLG Hamm FamRZ 2000, 429; OLG Hamm FamRZ 1997, 97; OLG Jena FamRZ 2005, 1186; KG (16. Senat) NJW-RR 1986, 306, 307; OLGR Karlsruhe 2004, 306, 307; OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 501; OLG Koblenz (1. FamS) FamRZ 1985, 953 f.; OLG Köln NJW-RR 1995, 707; OLG Köln JurBüro 1983, 285; OLG München FamRZ 2005, 42; OLG München FamRZ 1994, 1126, 1127; OLG
Nürnberg FamRZ 1997, 100; OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 46; Schneider MDR 1986, 552 ff.; aA auf Auskunftsstufe beschränkt: OLG Bamberg JurBüro 1992, 622; OLG Bamberg FamRZ 1986, 371, 372; KG (3. Senat) FamRZ 2005, 461, 462 (Die unbezifferte Zahlungsklage ist ursprünglich zwar zulässig, nicht aber begründet, so dass die Klage noch nicht erfolgsversprechend iSd § 114 ist. Das Gericht kann sich daher die PKH-Entscheidung für die Zahlungsklage bis zu deren Bezifferung vorbehalten.); OLG Koblenz (2. FamS) FamRZ 1985, 416, 417; OLG Naumburg FamRZ 2001, 1468, 1469; OLG Naumburg FamRZ 2000, 101; OLG Naumburg FamRZ 1994, 1042 f. 274 81668 OLG Brandenburg MDR 2003, 171; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 101; OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 417, 418; OLG Hamm FamRZ 1997, 97; OLGR Karlsruhe 2004, 306, 307; OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 501, 502; OLG Köln FamRZ 1998, 1601 f.; OLG München FamRZ 2005, 42; OLG Nürnberg FamRZ 1997, 100, 101; OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 46; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1984, 501 und OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 501, 502 (Bewilligung für den unbezifferten Antrag nur auf der Grundlage des derzeitigen Sachstands und ggf. Konkretisierung des Bewilligungsumfangs nach Bezifferung der Zahlungsklage); dem zustimmend OLG Köln FamRZ 1985, 623 auch für die Rechtsverteidigung gegen eine Stufenklage (Ausnahme: Zurückstellung der Entscheidung bis zur Bezifferung des Zahlungsanspruchs bei Anerkenntnis bzgl. des Auskunftsanspruchs). 275 1669 9 Zu den Nachteilen ausführlich OLG Köln FamRZ 1998, 1601 f.; OLG Nürnberg FamRZ 1997, 100 f.
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Auch wenn zur Zeit der einheitlichen Prozesskostenbewilligung der Wert des letzten Antrags der Stufenklage noch nicht feststeht, bleibt die Staatskasse vor überhöhten Zahlungsanträgen geschützt, da die PKH-Bewilligung von vornherein auf den sich nach der Auskunft ergebenden Antrag beschränkt ist.276 Eine Mehrforderung, die über die sich aus der Auskunft ergebende Höhe hinausgeht, ist nicht von der PKH-Bewilligung erfasst.277 Soweit erforderlich, kann sich das Gericht zudem eine Konkretisierung des Umfangs der PKH-Bewilligung in der ersten PKH-Bewilligung dergestalt vorbehalten, dass nach der Bezifferung des Klageantrags erneut über den PKH-Antrag zu entscheiden und die Erfolgsaussicht zu prüfen ist.278 Auch wenn ein solcher Vorbehalt fehlt, kann das Gericht nach der Bezifferung in der Zahlungsstufe durch Beschluss den Bewilligungsumfang klarstellen.279 Der Kläger kann auch zur Klarstellung einen diesbezüglichen Antrag stellen,280 der kein neues PKH-Verfahren einleitet.281 Teilweise wird vorgeschlagen, das Gericht solle mit der Bewilligung den Streitwert für die gesamte Stufenklage vorläufig festsetzen, auch damit der beigeordnete Anwalt seinen Gebührenvorschussanspruch geltend machen kann (§ 47 RVG).282 Bei unrichtiger Streitwertfestsetzung erfolgen eine nachträgliche Abänderung und gegebenenfalls eine Erweiterung der Prozesskostenhilfe bei Erhöhung des Streitwerts.283 Da der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erst gestellt (vgl. Rdn. 40) und begründet werden kann, wenn die Auskunftsstufe erledigt ist, kann PKH für einen Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erst nach erteilter Auskunft bewilligt werden.284 Dem Beklagten kann ebenfalls, wenn er den Anspruchsgrund bestreitet, Prozesskostenhilfe für die gesamte Stufenklage gewährt werden. Hat er jedoch den Auskunftsanspruch anerkannt, kann er Prozesskostenhilfe erst verlangen, wenn der Kläger den Leistungsantrag beziffert hat.285
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OLG Brandenburg MDR 2003, 171, 172; OLG Hamm MDR 2006, 520; OLG Hamm FamRZ 1997, 97; OLG München FamRZ 2005, 42; OLG Nürnberg FamRZ 1997, 100, 101. 1671 2277 OLG Hamm MDR 2006, 520; OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 46; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 101. 278 1672 3 OLG Hamm MDR 2006, 520; OLGR Karlsruhe 2004, 306, 307; OLG Brandenburg MDR 2003, 171; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 101; OLG Frankfurt FamRZ 1993, 1241; OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 1281 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 286, 287; OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 417, 418; aA OLG München FamRZ 1994, 1184. 279 41673 OLG Hamm MDR 2006, 520; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 101; OLG Hamm FamRZ 2000, 429, 430; OLG Hamm FamRZ 1997, 97; OLG Hamm FamRZ 1994, 312 f.; OLG Koblenz FamRZ 1985, 953, 954; OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 501, 502; vgl. aber OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 46, wonach eine spätere Beschränkung der PKH, obwohl sich der Zahlungsantrag innerhalb der Auskunft hielt, als eine teilweise
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Rücknahme der Bewilligung anzusehen ist, für die jedoch die Voraussetzungen des § 124 nicht vorliegen; ebenso OLG München FamRZ 1994, 1184. 280 1674 5 OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 101; vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1991, 1458 (Erweiterung des PKH-Antrags); aA OLG Celle FamRZ 1997, 99 (Bewilligung bezieht sich nur auf unbezifferten Antrag, deshalb neuer Antrag bei Bezifferung erforderlich); ebenso OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 98 f. (jedenfalls neue Entscheidung erforderlich); OLG München FamRZ 1993, 340, 341 (ein neuer PKH-Antrag muss gestellt werden); vgl. auch Schellhammer ZAP 1998, 483, 488. 281 61675 OLG Hamm FamRZ 1997, 97 f.; vgl. auch OLG Jena FamRZ 2005, 1186. 282 71676 Vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 101; OLGR Köln 1999, 236 (LS); OLG München FamRZ 1994, 1184; KG NJW-RR 1986, 306, 307 f.; vgl. auch OLGR Karlsruhe 2004, 306, 307. 283 81677 KG NJW-RR 1986, 306, 308. 284 91678 OLGR Hamburg 1995, 43. 285 1679 10 OLG Hamm FamRZ 2000, 429, 430.
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 255
§ 255 Fristbestimmung im Urteil (1) Hat der Kläger für den Fall, dass der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist den erhobenen Anspruch befriedigt, das Recht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder die Aufhebung eines Vertrages herbeizuführen, so kann er verlangen, dass die Frist im Urteil bestimmt wird. (2) Das Gleiche gilt, wenn dem Kläger das Recht, die Anordnung einer Verwaltung zu verlangen, für den Fall zusteht, dass der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist die beanspruchte Sicherheit leistet, sowie im Falle des § 2193 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Bestimmung einer Frist zur Vollziehung der Auflage. Schrifttum Anger § 255 ZPO und verwandte Bestimmungen, SächsArchRpfl 1908, 459; Bunte Verbindung von Herausgabeanspruch und evtl. Schadensersatzanspruch in einer Klage, JuS 1967, 206; Dedek Die Konsumtion des § 283 a.F. BGB durch § 281 BGB in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2002, S. 183; Gsell Rechtskräftiges Leistungsurteil und Klage auf Schadensersatz statt der Leistung, JZ 2004, 110; Kohler § 283 BGB im Prozeß, JuS 1991, 943 und JuS 1992, 58; Menge Urteilsbefristungen in der Zivilprozeßordnung, 1915; Otte Die Fristsetzung im Urteil, 1912; K. Schmidt Zivilprozessuale und materiellrechtliche Aspekte des § 283 BGB, ZZP 87 (1974), 49; Schur Schadensersatz nach rechtskräftiger Verurteilung zur Leistung, NJW 2002, 2518; Wieser Gleichzeitige Klage auf Leistung und auf Schadensersatz aus § 281 BGB, NJW 2003, 2432.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendungsbereich . . . . . . .
3
IV. Fristsetzung . . . . . . . . . . . 1. Sachantrag . . . . . . . . . .
9 11
Rdn 2. 3. 4. 5.
Rechtsnatur des Antrags . . . . Entscheidung . . . . . . . . Rechtsmittel . . . . . . . . . Verbindung mit bedingter Schadensersatzklage . . . . . . .
. . .
12 13 15
.
16
V. Streitwert . . . . . . . . . . . .
19
I. Gesetzesgeschichte Ursprünglich ist die Regelung als § 230b durch die Novelle von 18981 eingefügt worden, der dann durch die Bekanntmachung von 18982 inhaltsgleich zu § 255 wurde. Während § 243 BGB-Entwurf I inhaltlich den § 283 BGB a.F. vorbereitete,3 war in § 239 Abs. 1 S. 2 BGB-Entwurf II4 außerdem eine dem § 255 entsprechende Regelung über die Fristsetzung im Urteil vorgesehen, die aber nicht in § 283 BGB a.F. übernommen,5 sondern als § 255 in die ZPO aufgenommen worden ist. 1 11680 RGBl S. 256, 269. 2 21681 RGBl S. 410, 458. 3 31682 Mugdan Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich (1899), Bd. 2, S. VIII, dazu die Motive S. 29 f.
4 41683 Mugdan Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich (1899), Bd. 2, S. VIII; dazu Protokolle S. 534 f. 5 51684 § 239 Abs. 1 S. 2 E II BGB wurde gestrichen und stattdessen § 230b ZPO geschaffen, vgl. Mugdan
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1
§ 255
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
II. Normzweck
2
Der Gläubiger eines Anspruchs hat nach dem BGB in bestimmten Fällen6 das Recht, dem Schuldner zur Erfüllung des Anspruchs eine angemessene Frist zu setzen und bei erfolglosem Ablauf der Frist, Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten. Außerdem sieht § 1052 BGB vor, dass bei rechtskräftiger Verurteilung des Nießbrauchers zur Sicherheitsleistung vom Gericht ein Verwalter bestellt werden kann, wenn eine dem Nießbraucher auf Antrag des Eigentümers vom Gericht bestimmte Frist zur Sicherheitsleistung verstrichen ist. § 2128 Abs. 2 BGB verweist für die Pflicht des Vorerben gegenüber dem Nacherben zur Sicherheitsleistung auf § 1052 BGB. Ferner kann gem. § 2193 Abs. 2 BGB bei rechtskräftiger Verurteilung des Beschwerten zur Vollziehung der Auflage das Bestimmungsrecht auf den Kläger übergehen, wenn die Vollziehung der Auflage nicht innerhalb einer dem Beschwerten gesetzten Frist erfolgt. Um die Rechtsverwirklichung in diesen Fällen zu beschleunigen, ermöglicht § 255 die Fristsetzung bereits im Urteil. Für den Gläubiger hat dies den Vorteil, dass die vom Gericht gesetzte Frist den Schuldner stets bindet, es also nicht mehr zu Unstimmigkeiten über die „Angemessenheit“ der Frist kommen kann.7 § 255 sieht jedoch lediglich die Fristsetzung im Urteil vor, nicht aber die gleichzeitige Verurteilung für den Fall, dass der Beklagte nach Ablauf der Frist seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Nur wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 259 vorliegen, besteht die Möglichkeit einer Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz.8 Dagegen ermöglicht § 510b, der allerdings einen Fall des § 255 voraussetzt,9 für das amtsgerichtliche Verfahren bei Verurteilungen zur Vornahme einer Handlung die gleichzeitige Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung für den Fall, dass die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen wird. § 510b gilt jedoch nicht für Herausgabeansprüche.10 Eine ähnliche Regelung findet sich in § 61 Abs. 2 ArbGG.11 Hier und im Falle des § 510b bleibt dem Schuldner später nur die Vollstreckungsgegenklage (§ 767).
III. Anwendungsbereich
3
§ 255 Abs. 1 betrifft den Fall, dass der Kläger und nur er das Recht hat, im Fall der Nichterfüllung des erhobenen Anspruchs durch den Beklagten innerhalb einer ihm zu bestimmenden Frist Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder den Vertrag aufzuheben. Die Terminologie „Schadensersatz wegen Nichterfüllung“ in § 255 ist auf Grund des SchuModG12 veraltet; korrekt wäre die Formulierung „Schadensersatz statt der Leistung“. Der Hauptanwendungsfall des § 255 Abs. 1 – § 283 BGB a.F. − ist durch das SchuModG am 1.1.2002 weggefallen,13 ebenso §§ 325 Abs. 2, 326 BGB a.F. An deren Stelle sind die §§ 280, 281 BGB getreten, auf die §§ 346 Abs. 4, 437 Nr. 3, 634 Nr. 4, 651 BGB verweisen. Das Recht zur Vertragsaufhebung ist als
Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich (1899), Bd. 2, S. 535. 1685 6 1 § 283 BGB als häufigster Anwendungsfall des § 255 ist durch das SchuModG v. 26.11.2001 (BGBl I S. 3138, 3142) weggefallen. Zu den neuen Vorschriften der §§ 281, 323 BGB vgl. Rdn. 3 f. 7 21686 Dedek S. 183, 193; K. Schmidt ZZP 87 (1984), 49, 53.
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8 31687 BGH NJW 1999, 954, 955 = WuB VII A § 259 ZPO 1.99 (Münzberg); OLG Köln OLGZ 1976, 477, 478; Ascher DJZ 1929, 1188, 1189. 1688 9 4 Otte S. 9 f. 10 1689 5 OLG Köln OLGZ 1976, 477, 478; Otte S. 18. 1690 611 Vgl. Böhm ArbRB 2006, 93 ff. 1691 712 Vom 26.11.2001, BGBl I S. 3138, 3142. 1692 813 Vgl. Dedek S. 183 ff.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 255
Rücktrittsrecht ausgestaltet und nun in § 323 BGB geregelt, auf den §§ 437 Nr. 2, 634 Nr. 2, 651 BGB verweisen. § 283 BGB a.F. gab dem Gläubiger die Möglichkeit, nach Erlangung eines rechtskräftigen Titels auf Leistung und nach erfolglosem Ablauf einer dem Schuldner gesetzten Frist ohne weitere Voraussetzungen statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Diese Frist konnte gem. § 255 bereits im Urteil festgesetzt werden. Fraglich ist, ob eine solche Fristsetzung im Urteil nach der jetzigen Rechtslage noch erforderlich ist. Zwar setzen die §§ 281, 323 BGB für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung und für den Rücktritt ebenfalls den erfolglosen Ablauf einer dem Schuldner gesetzten Frist voraus. Der Unterschied zur alten Rechtslage besteht aber darin, dass der Gläubiger die Frist nicht erst nach rechtskräftiger Verurteilung des Schuldners zur Leistung setzen kann, sondern in den meisten Fällen bereits vorher im Rahmen einer Mahnung gesetzt hat.14 Dies hat zur Folge, dass der Schadensersatzanspruch in der Regel bereits bei Erhebung der Klage besteht und der Kläger ein Wahlrecht zwischen Erfüllungs- und Schadensersatzanspruch hat. Eine Fristsetzung im Urteil ist hier also überflüssig. Selbst wenn der Gläubiger bei Klageerhebung noch keine Frist gesetzt hat, empfiehlt sich der Weg über § 255 nicht, da dieser eher eine Verzögerung für die Entstehung des Schadensersatzanspruchs herbeiführen würde als die gewünschte Beschleunigung. Die während des Klageverfahrens vom Gläubiger gesetzte Frist würde früher ablaufen als dies bei einer Fristsetzung im Urteil der Fall wäre. Der einzige Vorteil bestünde darin, dass durch den Weg über § 255 ein Streit über die Angemessenheit der Frist vermieden werden könnte.15 Weitere Anwendungsfälle sind §§ 527, 543 Abs. 3, 581 Abs. 2, 637 BGB. § 255 Abs. 2 betrifft zwei Fälle. Im ersten Fall steht dem Kläger das Recht zu, die Anordnung einer Verwaltung zu verlangen, wenn der rechtskräftig zur Sicherheitsleistung verurteilte Beklagte nicht innerhalb einer auf Antrag des Klägers vom Gericht zu bestimmenden Frist Sicherheit leistet (§§ 1052, 1054, 2128 BGB)16. Im zweiten Fall geht das Bestimmungsrecht auf den Kläger gem. § 2193 Abs. 2 BGB über (vgl. § 2194 BGB), wenn der Beklagte zur Vollziehung der Auflage rechtskräftig verurteilt ist und die Vollziehung innerhalb der vom Kläger gesetzten Frist nicht erfolgt. Entsprechende Anwendung findet § 255 auf Fälle, in denen sich bei Nichterfüllung einer Leistungspflicht, die eingeklagt ist, innerhalb einer zu bestimmenden Frist ein weiteres Recht des Klägers ergibt, wie z.B. §§ 25017, 910, 1003 Abs. 218, 974, 1133 BGB19, § 375 Abs. 2 S. 2 und 3 HGB20. Nicht anzuwenden ist § 255 auf Fälle, in denen die Frist nicht zur Erfüllung einer Leistungspflicht, sondern zu anderen Zwecken gesetzt wird,21 wie z.B. zur Ausübung des Rücktrittsrechts gem. § 350 BGB, beim Kauf auf Probe gem. § 455 BGB,22 zur 1693 114 Dedek S. 183, 194; Schur NJW 2002, 2518, 2519. 1694 215 MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 BGB Rdn. 171, 174; für die Anwendbarkeit des § 255 auf § 281 Dedek S. 183, 193 f. und Henssler/Graf v. Westphalen/Dedek Praxis der Schuldrechtsreform2 (2003) § 275 Rdn. 40. 16 1695 3 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 1; aA Menge S. 26. 1696 417 BGHZ 97, 178, 182 = NJW 1986, 1676, 1677 noch unter Hinweis auf die Anwendbarkeit des § 283 BGB a.F. Unabhängig von § 283 BGB a.F. ist § 255 wegen Vergleichbarkeit des in § 250 BGB geregelten Falls mit den in § 255 geregelten Fällen hier entsprechend anwendbar.
1697 518 RGZ 137, 98, 101. 1698 619 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 4; aA Menge S. 23, der § 255 nur in dem Fall für entsprechend anwendbar hält, dass auf „Grundstücksverbesserung oder anderweitige Hypothekenbestellung nach Wahl des Eigentümers“ geklagt wird. 20 1699 7 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 4; Zöller/Greger Rdn. 4 (bedenklich, vgl. Vor § 253 Rdn. 80). 1700 821 Vgl. RGZ 52, 261, 266. 1701 922 So auch Menge S. 26.
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§ 255
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Erklärung einer Genehmigung gem. §§ 415 Abs. 2 S. 2, 416 Abs. 1 S. 2 BGB oder zur Erklärung der Annahme einer Schenkung gem. § 516 Abs. 2 BGB. Keine Anwendung findet § 255 im Fall des § 264 Abs. 2 BGB, weil nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner zur Fristsetzung befugt ist.23 Ebenfalls nicht anwendbar ist § 255 in den Fällen der §§ 643,24 910,25 974, 1056 Abs. 3 und 2307 BGB.26
IV. Fristsetzung
9
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Die Fristsetzung betrifft das materielle Recht, so dass es sich nicht um eine prozessuale Frist handelt.27 Auf sie sind die §§ 187 ff. BGB anzuwenden und nicht §§ 224 Abs. 2, 225, so dass eine nachträgliche Verlängerung oder Verkürzung der Frist durch das Gericht unzulässig ist (§ 318). Die Frist beginnt grundsätzlich mit der Rechtskraft des Urteils,28 wenn kein anderer Zeitpunkt im Urteil genannt ist29 oder eine Zug-umZug-Verurteilung vorliegt. Im letzten Fall beginnt die Frist erst dann zu laufen, wenn der Gläubiger die von ihm geschuldete Leistung erbracht oder den Schuldner in Annahmeverzug gesetzt hat.30 Die Rechtskraft des Urteils wird in den Fällen der §§ 1052, 2128, 2193 Abs. 2 BGB ausdrücklich gefordert.31 Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils betrifft die Frist nicht.32 Die Bestimmung der Frist hindert die Vollstreckung des Erfüllungsanspruchs vor deren Ablauf nicht.33 Obwohl die Bestimmung einer materiellrechtlichen Frist zur Vornahme einer außerprozessualen Handlung häufig ein Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist,34 kann daraus nicht geschlossen werden, dass der Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wenn ein nach § 255 zulässiger Antrag im Prozess nicht gestellt worden ist, außerhalb des § 255 ohne gesetzliche Ermächtigung eine Frist bestimmen kann.35 § 2193 Abs. 2 BGB, der einen ausdrücklichen Anwendungsfall des § 255 darstellt, kann auch Gegenstand eines FGG-Verfahrens sein.36 Das Recht zur Fristsetzung steht im Rahmen eines FGG-Verfahrens dem Gericht nur auf Antrag eines der Beteiligten37 zu, während in
1702 123 So zu Recht MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 4; zust. Musielak/Foerste Rdn. 2; aA Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 8; Zöller/Greger Rdn. 4; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 3; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 3; Menge S. 14. 1703 224 Menge S. 25. 1704 325 Menge S. 26. 1705 426 Menge S. 26. 1706 527 AG Frankfurt DGVZ 1961, 62. 1707 628 AG Frankfurt DGVZ 1961, 62 f.; Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 14; Zöller/Greger Rdn. 5; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 131 Rdn. 21; Hellwig Lehrbuch Bd. 1, § 57 III 4 b (S. 377 Fn. 77); Menge S. 32, unter Hinweis auf § 283 BGB a.F.; Nöldeke ZZP 29 (1901), 262, 263 f.; K. Schmidt ZZP 87 (1974), 49, 53; Wieser NJW 2003, 2432, 2433; aA wegen des Beschleunigungszwecks von § 255 schon mit Verkündung des Urteils MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 10; Musielak/Foerste Rdn. 4; Romeick Zur Technik des Bürgerlichen Gesetzbuches, Heft 1 Fristbestimmung (1901), S. 106. 1708 729 Gegen die Bestimmung eines Fristbeginns im Urteil wendet sich Otte S. 12 ff. Nach seiner Ansicht
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hat sich der Richter mit der Frage, ab wann die Frist läuft, nicht zu beschäftigen. 8 K. Schmidt ZZP 87 (1974), 49, 53 f. und MDR 1973, 973, 978. 1710 931 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 10, der die Frist mit der Verkündung des Urteils beginnen lassen will, erkennt dies zwar an, sieht jedoch keinen Anlass zur Verallgemeinerung. 32 1711 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 16; anders aber MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 10, nach dem sich die vorläufige Vollstreckbarkeit auch auf die Fristsetzung bezieht, ebenso Otte S. 14. 33 1712 11 Otte S. 29; aA Menge S. 32 ff., wonach eine Vollstreckung schon ab Eintritt der Rechtskraft ausgeschlossen ist. 34 1713 12 Vgl. Romeick Zur Technik des Bürgerlichen Gesetzbuches, Heft 1 Fristbestimmung (1901), S. 106; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 3, der darin eine Entscheidung der streitigen Gerichtsbarkeit sieht. 35 1714 13 So aber Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 2. 36 1715 14 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 2; Jansen/MüllerLukoschek FGG3 Bd. 3 (2006) § 80 Rdn. 7. 37 1716 15 Keidel/Kuntze/Winkler FGG15 (2003) § 80 Rdn. 9. 30 1709
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§ 255
den Fällen des § 255 der Kläger zur Fristsetzung berechtigt ist und die Fristsetzung nur zur Verfahrensbeschleunigung bzw wegen der Rechtskraftwirkung bzgl. der Angemessenheit in das Urteil aufgenommen wird. 1. Sachantrag Zu einer Fristsetzung kommt es nur auf Antrag des Klägers.38 Hierbei handelt es sich um einen Sachantrag; er unterliegt den §§ 297, 335 Abs. 1 S. 3 und darf als Erweiterung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 auch noch im Laufe des Verfahrens, selbst im zweiten Rechtszug, nicht aber in der Revisionsinstanz gestellt werden.
11
2. Rechtsnatur des Antrags Es handelt sich um einen Hilfsantrag, jedoch nicht für die Hauptklage,39 sondern zur Vorbereitung einer Zweitklage auf Schadensersatz,40 Bestellung eines Verwalters oder auf Übergang des Bestimmungsrechts. Er führt als bloßer Nebenantrag nicht zur Klagenhäufung. Die Begründetheit des Hilfsantrags hängt von der Begründetheit des Hauptantrags ab. Weder der Antrag auf Fristsetzung noch die Fristsetzung selbst hat die Rechtshängigkeit des Anspruchs auf Schadensersatz zur Folge. Der Fristsetzungsantrag kann insoweit auch nicht als Feststellungsantrag im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch angesehen werden.41
12
3. Entscheidung Der Kläger muss nur den Antrag auf angemessene Fristsetzung stellen; die Entscheidung darüber, was angemessen ist, darf er dem Gericht überlassen.42 Sie steht im richterlichen Ermessen und wirkt rechtsgestaltend.43 Schlägt der Kläger allerdings eine bestimmte Frist als angemessen vor, so darf das Gericht wegen § 308 Abs. 1 keine kürzere44, jedoch unter teilweiser Zurückweisung des Antrags eine längere bemessen − auch dann, wenn der Beklagte die Frist nicht ausdrücklich bemängelt hat.45 Ist allein eine kürzere Frist angemessen, so hat das Gericht dennoch dem Antrag des Klägers zu folgen; immerhin räumt dieser dem Beklagten freiwillig eine längere Frist ein. Dem Kläger steht es jedoch frei, im Verfahren von einer Antragsänderung nach § 264 Nr. 2 Gebrauch zu machen. Wird der Antrag auf Fristsetzung übergangen, ist eine Urteilsergänzung gem. § 321 zulässig. Die Urteilsformulierung bezüglich der Fristsetzung kann zu Unsicherheiten bei der Vollstreckung führen.46 Diesen kann das Gericht durch eine genaue Angabe der Frist vorbeugen. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Fristsetzung nicht vor, weist das Gericht den Antrag zurück.
1717 138 Bezüglich eines Formulierungsbeispiels vgl. K. Schmidt ZZP 87 (1974), 49, 66, wobei die Ablehnungsandrohung nach dem SchuModG überholt ist. Nach Otte S. 11, reicht es aus, wenn der Kläger die ursprüngliche Leistung „binnen einer Frist“ verlangt. 39 1718 2 So aber die Voraufl. A II. 40 1719 3 Kohler JuS 1992, 58, 62. 1720 441 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 3. 1721 542 K. Schmidt ZZP 87 (1974), 49, 53; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 10 wegen § 335 Abs. 1 Nr. 3, der eine Ausnahme nur für den Fall zulas-
sen will, dass die Voraussetzungen für einen unbezifferten Leistungsantrag vorliegen. Der Kläger müsse aber zumindest die tatsächlichen Umstände und die etwaige Zeitspanne nennen, wobei er die Angabe einer Höchstfrist empfiehlt. Vgl. auch Kohler JuS 1992, 58, 60. 43 1722 6 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 91 Rdn. 12. 44 1723 7 Kohler JuS 1992, 58, 60; K. Schmidt ZZP 87 (1974), 49, 66. 1724 845 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 12. 1725 946 Hierauf weist Ascher DJZ 1929, 1188 f. hin.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Die Entscheidung über den Fristsetzungsantrag entfaltet Rechtskraft nur in Bezug auf die Angemessenheit der Frist,47 nicht hinsichtlich eventueller Schadensersatzansprüche.48 Nach dem Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eingetretene Tatsachen gegen die Angemessenheit der Frist können jedoch im darauf folgenden Schadensersatzprozess vorgebracht werden. Allerdings ist den Prozessparteien im später folgenden Schadensersatzprozess die Wiederholung aller im Vorprozess bereits vorgebrachten oder möglichen Einwendungen gegen den Erfüllungsanspruch verwehrt,49 soweit sie in den Erstprozess über den Leistungsanspruch eingeführt werden konnten. Dies gilt z.B. nach der Schuldrechtsreform nicht mehr für das Vertretenmüssen bezüglich der Nichtleistung,50 da das Vertretenmüssen für die Leistungsverurteilung keine Bedeutung hat.51 4. Rechtsmittel
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Rechtsmittel gegen die Fristsetzung wie auch gegen die Bemessung der Frist sind zulässig. Der Kläger ist beschwert, wenn das Gericht über die von ihm im Klageantrag genannte Frist hinausgeht, der Beklagte ist in jedem Fall beschwert. 5. Verbindung mit bedingter Schadensersatzklage
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Nach alter Rechtslage war es umstritten, ob eine Verbindung der Erfüllungsklage mit Fristsetzung und bedingter Schadensersatzklage möglich ist.52 Grundsätzlich war der Zweitprozess erst nach fruchtlosem Ablauf der Frist einzuleiten. Hierfür ist gem. § 893 Abs. 2 das Prozessgericht des ersten Rechtszugs ausschließlich zuständig, das über die Erfüllungsklage entschieden hat. Die ganz überwiegende Meinung53 hielt aber 1726 147 Darin liegt nach Kohler JuS 1992, 58, 60, 62, der allerdings nicht von Rechtskraft spricht, der Vorzug des § 255; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 11: keine rechtskraftfähige Entscheidung. 1727 248 Bunte JuS 1967, 206. 1728 349 K. Schmidt ZZP 87 (1974), 49, 54 f. 1729 450 Unter Geltung des § 283 BGB a.F. wurde (trotz des Verschuldenserfordernisses in § 275 BGB a.F.) vertreten, dass zu einer Leistung, die unstreitig nicht möglich ist, niemand verurteilt werden darf (BGHZ 62, 388, 393 = NJW 1974, 1552, 1554). Für § 283 BGB a.F. war dann kein Raum (BGH NJW 1972, 152), es bestand jedoch die Möglichkeit, zum Antrag auf Schadensersatz überzugehen (§ 264 Nr. 3). War die Unmöglichkeit zwischen den Parteien dagegen − wie in den meisten Prozessen − streitig, wurde der Schuldner (entsprechend dem Wortlaut des § 275 Abs. 1 BGB a.F.) ohne Beweiserhebung über die Unmöglichkeit zur Leistung verurteilt, wenn sich aus seinem Vortrag bereits ergab, dass er die etwaige Unmöglichkeit zu vertreten hat (OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 1761; Palandt/Heinrichs BGB61 (2002) § 275 Rdn. 25). Der Gläubiger hatte die Möglichkeit, gem. § 283 BGB a.F. auf Schadensersatz überzugehen. Hier war der Schuldner mit dem Einwand, dass er die bisherige Nichtleistung nicht zu vertreten hat, präkludiert, da er dies bereits im Leistungsprozess hätte vorbringen können, vgl. RGZ 107, 15, 19.
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1730 551 Dedek S. 183, 193, der darauf hinweist, dass die Präklusion dieser Einwendungen nach Streichung des § 283 BGB a.F. nur noch auf § 767 Abs. 2 gestützt werden kann; Schur NJW 2002, 2518 f.; aA Gsell JZ 2004, 110, 114. 1731 652 Zu den letztendlich unvollendeten Bestrebungen, dies gesetzlich zu regeln, vgl. Bunte JuS 1967, 206, 207. 53 1732 7 BGH NJW 1999, 954, 955 = WuB VII A § 259 ZPO 1.99 (Münzberg) = LM Nr. 7 zu § 283 BGB mit zust. Anm. Becker-Eberhard; RGZ 137, 98, 101; RGZ 85, 391, 395; OLGR Brandenburg 2001, 80; OLG Köln NJW-RR 1998, 1682; OLG Köln OLGZ 1976, 477, 478; OLG Schleswig NJW 1966, 1929, 1930; MünchKommBGB3/ Emmerich (1994) § 283 Rdn. 35; Palandt/Heinrichs BGB61 (2002) § 283 Rdn. 7; Staudinger/ Löwisch BGB (1995) § 283 Rdn. 34; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR15 (1993) § 65 IV 3a, § 92 II 2c; Menge S. 50 ff.; Bunte JuS 1967, 206, 209; Kohler JuS 1992, 58, 62; Mühl JuS 1964, 108, 111; Rütter VersR 1989, 1241, 1244; K. Schmidt ZZP 87 (1974), 49, 69; vgl. auch RGZ 137, 98, 101 zu § 1003 Abs. 2 BGB; einschränkend OLG Koblenz AnwBl 1990, 107, 108; aA OLG München OLGZ 1965, 10, 11; OLG Stuttgart Recht 1912 Nr. 379; Romeick Zur Technik des Bürgerlichen Gesetzbuches − Heft 1 Fristbestimmung (1901), S. 104; Popper Die Verbindung der Leistungs- mit der Schadensersatzklage (1913), S. 45 f.
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auch die Verbindung einer Erfüllungsklage mit einer bedingten Schadensersatzklage für zulässig, wenn für den Schadensersatzanspruch die Voraussetzungen des § 259 vorlagen. Andernfalls war die Klage bezüglich des Entschädigungsbegehrens als unzulässig abzuweisen, es sei denn, es lagen die Voraussetzungen des § 510b vor.54 Das Gericht hatte schließlich vorrangig § 259 − und damit den günstigsten Weg – zu wählen, da die Klage gem. § 259 dem Kläger nicht die Vollstreckungsmöglichkeit bezüglich des Leistungsanspruchs nimmt.55 Begründet wurde dies vor allem mit dem Bedürfnis des Gläubigers, eine doppelte Prozessführung zu vermeiden, was angesichts der Kosten und der Verzögerung für den Kläger erhebliche Nachteile mit sich bringen könnte, und damit zugleich mit dem Gebot der Prozesswirtschaftlichkeit.56 Es handelte sich um eine kumulative Klagenhäufung.57 Meist wurde zwar von einer unechten Eventualklage ausgegangen.58 Eine solche lag aber nur vor, wenn der Kläger die Anträge in ein Eventualverhältnis stellte. Letztendlich wollte der Kläger eine gleichzeitige Verurteilung sowohl zur Herausgabe als auch zur Zahlung von Schadensersatz. Er konnte zwar nicht beides nebeneinander fordern, sondern nur das eine oder das andere. Die Pflicht zur Zahlung von Schadensersatz stand unter der doppelten Bedingung, dass die Herausgabeklage begründet ist und die Herausgabe nicht innerhalb der Frist erfolgte.59 Eine Verbindung war unabhängig davon zulässig, ob die Schadensersatzklage bei der Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe bereits entscheidungsreif war.60 Schutzwürdige Interessen des Schuldners wurden durch eine derartige Verbindung der Schadensersatzklage mit dem Herausgabeanspruch nicht verletzt. Soweit dieser geltend machen wollte, die Herausgabe sei ihm nachträglich wegen eines von ihm nicht zu vertretenden Umstands unmöglich geworden,61 und er dadurch trotz § 287 S. 2 BGB ausnahmsweise gem. § 283 Abs. 1 S. 3 BGB a.F. von seiner Schadensersatzpflicht befreit wurde, stand ihm mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767) hinreichender Rechtsschutz zur Verfügung.62 Nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz stellt sich die Rechtslage anders dar. In der Regel liegen die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch schon zum Zeitpunkt der Erhebung der Leistungsklage vor, da eine Mahnung regelmäßig mit einer Fristsetzung verbunden ist.63 Der Schadensersatzanspruch ist deshalb im Gegensatz zur früheren Rechtslage kein künftiger Anspruch, sondern besteht bereits. Das Gesetz gewährt dem Gläubiger ein Wahlrecht zwischen Erfüllungs- und Scha-
1733 154 Vgl. OLG Köln OLGZ 1976, 477, 478. 1734 255 Vgl. § 888a, der für den Fall des § 510b gilt. 1735 356 BGH NJW 1999, 954, 955; RGZ 137, 98, 101 für den Fall des § 1003 Abs. 2 BGB, auf den § 255 entsprechende Anwendung findet; ebenso OLG Schleswig NJW 1966, 1929, 1930. 57 1736 4 Ebenso MünchKomm2/Lüke (2000) Rdn. 14; Blomeyer ZPR § 42 III 2b; Rütter VersR 1989, 1241, 1242; K. Schmidt ZZP 87 (1974), 49, 67; aA Becker-Eberhard LM Nr. 7 zu § 283 BGB (bedingter, wenn auch nicht hilfsweise gestellter Schadensersatzantrag). 58 1737 5 OLG Schleswig NJW 1966, 1929 (unechter Hilfsantrag); vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR15 (1993) § 65 IV 3a; Kohler JuS 1992, 58, 62. 1738 659 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR15 (1993) § 65 IV 3a; Rütter VersR 1989, 1241, 1242. 1739 760 BGH NJW 1999, 954, 955; OLGR Düsseldorf 1999, 409; aA OLG Koblenz AnwBl 1990, 107,
108 und Pape Anm. zu LG Göttingen EWiR 1991, 237, 238, der den Antrag zwar grundsätzlich für zulässig, aber bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine bedingte Ersatzpflicht zum Zeitpunkt des Herausgabeprozesses den Antrag für unbegründet hält. 61 1740 8 Vgl. hierzu OLG München OLGZ 1965, 10, 11. Wegen einer eventuell eintretenden nicht zu vertretenden Unmöglichkeit hält Wendtland Die Verbindung von Haupt- und Hilfsantrag im Zivilprozeß (2001), S. 55, den Hilfsantrag für unzulässig, weil ihm die für § 259 erforderliche Gewissheit fehle. Der Begriff der Gewissheit ist aber nicht so eng zu sehen, denn ansonsten dürfte eine Verurteilung zu Leistungen, die noch von einer Gegenleistung abhängig sind, nicht erfolgen. 1741 962 BGH NJW 1999, 954, 955. 63 1742 10 Schur NJW 2002, 2518, 2519.
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densersatzanspruch. Eine kumulative Klagenhäufung − also eine Verurteilung zur Erfüllung und gleichzeitig zum Schadensersatz – ist in diesem Fall nicht möglich, da sich eine derartige Antragstellung gem. § 281 Abs. 4 BGB verbietet.64 Danach ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt.65 Das Erlöschen des Leistungsanspruchs ist also allein vom Willen des Gläubigers und nicht vom Willen des Schuldners und dem Ablauf der Frist (wie nach der alten Rechtslage) abhängig. Der Vorschlag von Schur66, der Kläger müsse wegen § 281 Abs. 4 BGB im Prozess beantragen, den Beklagten zum Schadensersatz in bestimmter Höhe zu verurteilen für den Fall, dass der Kläger statt der Leistung Schadensersatz verlangt, also von seinem Wahlrecht Gebrauch macht, ist nicht gangbar.67 Damit hinge letztlich die Zwangsvollstreckung wegen des Schadensersatzanspruchs nur noch vom Schadensersatzverlangen des Klägers ab. Dies scheint selbst Schur zu weitgehend, weshalb er bei einem derartigen Klageantrag das Rechtsschutzbedürfnis verneint.68 Deshalb soll nach seiner Ansicht das bisherige Vorgehen, unter den Voraussetzungen des § 259 neben dem Erfüllungsanspruch auch einen Schadensersatzanspruch für den Fall der nicht rechtzeitigen Leistung einzuklagen, kaum mehr möglich sein. Schur ist insoweit zuzustimmen, als es dem Schuldner nicht zugemutet werden kann, zur Leistung verurteilt zu werden und allein abhängig vom Willen des Gläubigers dennoch Schadensersatz leisten zu müssen. Der Schuldner müsste sich auf Grund des Leistungsurteils um Erfüllung bemühen und dennoch eine Vollstreckung wegen Schadensersatzes dulden, wenn der Gläubiger vor Erfüllung sein Wahlrecht ausübt. Andererseits besteht durchaus ein Interesse des Gläubigers, sein Wahlrecht im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht unbedingt auszuüben, sondern zunächst ein Leistungsurteil zu erwirken und nur für den Fall der erfolglosen Vollstreckung oder der Nichterfüllung nach Ablauf einer bestimmten weiteren Frist eine gleichzeitige Verurteilung des Schuldners zum Schadensersatz statt der Leistung zu erreichen.69 Die Unbilligkeit, dass der Gläubiger zugleich einen Titel auf Leistung und auf Schadensersatz hat und sich aussuchen kann, aus welchem er vollstreckt, lässt sich vermeiden, wenn dieser sein Schadensersatzverlangen bereits vorab im Prozess erklärt, jedoch unter der Bedingung, dass die Vollstreckung des Leistungsurteils keinen Erfolg hat oder der Schuldner innerhalb einer von ihm bestimmten Frist nicht leistet.70 Darin liegt gleichzeitig ein Verzicht auf das Schadensersatzverlangen vor Ablauf der Frist.71 Dann 1743 164 Nach MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 Rdn. 101, wäre ein solches Verhalten perplex. 1744 265 Umgekehrt führt die Erhebung der Leistungsklage nicht zum Untergang des Schadensersatzanspruchs, BGH NJW 2006, 1198, 1199. 66 1745 3 NJW 2002, 2518, 2520. 67 1746 4 AA Dedek S. 183, 194; Gruber/Lösche NJW 2007, 2815, 2819. 1747 568 AA Dedek S. 183, 194; Gsell JZ 2004, 110, 115. 1748 669 So auch Gsell JZ 2004, 110, 115; Kaiser MDR 2004, 311, 314; Wieser NJW 2003, 2432, 2433. 1749 770 Zwar ist eine erneute Fristsetzung zur Entstehung des Schadensersatzanspruchs nicht erforderlich, vgl. MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 Rdn. 75, 102, in diesem Fall aber zum Schutz des Schuldners zu fordern. Dies ist dem Gläubiger auch für den Vorteil der gleichzeitigen Verurteilung zuzumuten. 1750 871 MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 Rdn. 75, 170 geht davon aus, dass der Gläubiger für den Fall der bloßen Leistungsklage und rechtskräfti-
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gen Verurteilung des Schuldners zur Leistung am Verlangen nach Schadensersatz statt der Leistung für die zur Leistungserbringung erforderliche Dauer gehindert sei. Dennoch ist nach der hier vertretenen Meinung für eine gleichzeitige Verurteilung zum Schutz des Schuldners ein derartiger zeitlicher Verzicht erforderlich. Dies entspricht dem Fall, dass der Gläubiger, obwohl ihm ein Recht aus § 281 Abs. 2 BGB zustünde (Interessenwegfall), eine Nachfrist setzt und damit auf ein sofortiges Verlangen von Schadensersatz verzichten kann, vgl. Staudinger/Otto BGB (2004) § 281 Rdn. B 130; Emmerich Das Recht der Leistungsstörungen6 (2005) § 18 Rdn. 41 (S. 290). Allerdings liegt in der Erhebung einer Erfüllungsklage trotz fristlosen Ablaufs der Nachfrist kein Verzicht auf Schadensersatzansprüche statt der Leistung oder auf das Rücktrittsrecht, vgl. BGH NJW 2006, 1198, 1199; auch schon RGZ 102, 262, 265.
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verstößt eine gleichzeitige Verurteilung des Schuldners zum Schadensersatz nicht gegen § 281 Abs. 4 BGB. Auf diese Weise werden die Interessen des Schuldners gewahrt und die Ausübung des Wahlrechts durch den Gläubiger wird von einem ungewissen Ereignis abhängig gemacht, so dass der Schadensersatzanspruch zu einem künftigen Anspruch iSd § 259 wird (siehe dazu § 259 Rdn. 11).72 Einer gleichzeitigen Geltendmachung steht deshalb in diesem Fall nichts im Wege. Eine Fristsetzung durch das Gericht im Wege des § 255 ist hierbei zwar möglich, jedoch nicht erforderlich. Auf die Angemessenheit kann es nicht mehr ankommen, da die Fristsetzung für das Entstehen des Schadensersatzanspruchs bereits abgelaufen ist und es nur um eine freiwillige Bedingung des Gläubigers für die Ausübung seines Wahlrechts geht. In der beschriebenen Weise ist es also möglich, die Klage auf Leistung oder Nacherfüllung mit dem bedingten Schadensersatzanspruch gemäß § 260 zu verbinden.73
V. Streitwert Durch den Antrag auf Fristsetzung tritt keine Streitwerterhöhung ein. Aus diesem Grund entstehen dem Kläger wegen der Zurückweisung des Antrags auf Fristsetzung keine zusätzlichen Kosten. Dem Kläger ist nur dann entsprechend dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 ein Teil der Prozesskosten aufzuerlegen, wenn der Antrag nach § 255 besondere Kosten verursacht.74 Im Fall einer Verbindung der Primärklage mit der Klage auf Schadensersatz scheidet eine Wertaddition wegen wirtschaftlicher Identität der Streitgegenstände aus.75 Entscheidend ist allein der Streitwert des Hauptanspruchs.76 Eine entsprechende Anwendung des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG mit der Folge, dass der Wert des höheren Anspruchs entscheidend ist, ist abzulehnen.77
§ 256 Feststellungsklage (1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. (2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde. 1751 172 Gegen eine Anwendung des § 259 offenbar (2007) § 281 MünchKommBGB5/Ernst Rdn. 180. 73 1752 2 Ebenso Wieser NJW 2003, 2432, 2433 f., mit Hinweisen zur Tenorierung und Vollstreckung. 1753 374 So zu Recht Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 15. 1754 475 OLGR Jena 1999, 100; Zöller/Herget § 3 Rdn. 16 „Schadensersatz“ und § 5 Rdn. 8.
1755 576 Zöller/Herget § 3 Rdn. 16 „Schadensersatz“. 1756 677 Vgl. Schneider abl. Anm. zu LG Köln MDR 1984, 853, 854; Schneider/Herget Streitwert-Kommentar12 (2007) Rdn. 3440; aA OLGR Jena 1999, 100; (für analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG) MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 15; Zöller/Greger Rdn. 6 (Kostenteilung nach § 92 im Fall des § 259).
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Schrifttum Assmann Erbrechtliche Prozesse zu Lebzeiten, ZZP 111 (1998), 357; Bauer Feststellungsklage über Drittrechtsverhältnisse, 1971; Baltzer Die negative Feststellungsklage aus § 256 I ZPO, 1980; Bettermann Rechtshängigkeit und Rechtsschutzform, 1949; Boemke Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) und allgemeine Feststellungsklage (§ 256 ZPO), RdA 1995, 221; Brehm Rechtsschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse, Festgabe 50 Jahre BGH Bd. 3, 2000, S. 89; Chii-Chwei-Chern Die Feststellungsklage im Zivilprozeß, 1997; Dichtl Der Prozess der negativen Feststellungsklage unter Einbeziehung der prozessualen und materiell-rechtlichen Nebenwirkungen, 2004; Graf Feststellungsklage und Verjährungsunterbrechung, 1989; Gruber Das Verhältnis der negativen Feststellungsklage zu den anderen Klagearten im deutschen Zivilprozess − Plädoyer für eine Neubewertung, ZZP 117 (2004), 133; Edgar J. Habscheid Rechtsverhältnisse und Feststellungsinteresse, ZZP 112 (1999), 37; Häsemeyer Drittinteressen im Zivilprozeß, ZZP 101 (1988), 385; Hager Die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage, KTS 1993, 39; Hellwig Anspruch und Klagrecht, 1900; Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß, 1961; Hinz Der Prozeß auf negative Feststellungsklage und seine Wirkungen für das Verjährungsrecht des BGB, Festgabe für Ulrich von Lübtow, 1980, S. 729; Hohmann Die Sicherung des Vertragserben vor lebzeitigen Verfügungen des Erblassers, ZEV 1994, 133; Jacobs Der Gegenstand des Feststellungsverfahrens, 2005; Kadel Zur Geschichte und Dogmengeschichte der Feststellungsklage nach § 256 der Zivilprozeßordnung, 1967; Kisch Das Feststellungsurteil, Deutsche Landesreferate zum Internationalen Kongress für Rechtsvergleichung im Haag 1932, 1932, S. 45; Klass Reformansätze im zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz unter besonderer Berücksichtigung der persönlichkeitsrechtlichen Feststellungsklage, 1998; Kuchinke Zur Sicherung des erbvertraglich oder letztwillig bindend Bedachten durch Feststellungsurteil, Vormerkung und Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, Festschrift für Wolfram Henckel, 1995, S. 475; Künzl Zur Rechtskraft von Urteilen über negative Feststellungsklagen, JR 1987, 57; G. Lüke Zur Klage auf Feststellung von Rechtsverhältnissen mit oder zwischen Dritten, Festschrift für Wolfram Henckel, 1995, S. 563; ders. Die Prozeßführungsbefugnis, ZZP 76 (1963), 1; ders. Zum zivilprozessualen Klagensystem, JuS 1969, 301; Michaelis Der materielle Gehalt des rechtlichen Interesses bei der Feststellungsklage und bei der gewillkürten Prozeßstandschaft, Festschrift für Karl Larenz, 1983, S. 443; Moser Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Feststellungsklage unter besonderer Berücksichtigung erbrechtlicher Streitigkeiten zu Lebzeiten des Erblassers, 1981; Münzberg „Unzulässigkeit wegen Begründetheit?“ − OLG Hamburg, JZ 1970, 355, JuS 1971, 344; Schumann Sachabweisung ohne Prüfung des Feststellungsinteresses, Gedächtnisschrift für Emmanuel Michelakis, 1972, S. 553; ders. Die Zwischenfeststellungsklage als Institut zwischen Prozessrecht und materiellem Recht, Festschrift für Apostolos Georgiades, 2006, S. 543; Stetter/Lingemann Die materielle Rechtskraft eines die negative Feststellungsklage abweisenden Urteils − insbesondere bei unrichtiger Beweislastverteilung –, 1992; Stoll Typen der Feststellungsklage aus der Sicht des Bürgerlichen Rechts, Festschrift für Eduard Bötticher, 1969, S. 341; Tiedtke Rechtskraftwirkungen eines die negative Feststellungsklage abweisenden Urteils, JZ 1986, 1031; ders. Negative Feststellungsklage gegen bezifferte und unbezifferte Ansprüche, DB 1987, 1823; ders. Zur Rechtskraft eines die negative Feststellungsklage abweisenden Urteils, NJW 1990, 1697; Trzaskalik Die Rechtsschutzzone der Feststellungsklage im Zivil- und Verwaltungsprozeß, 1978; Wach Der Feststellungsanspruch, Festgabe für Bernhard Windscheid, 1888, S. 73; Wieser Das Rechtsschutzinteresse des Klägers im Zivilprozeß, 1971; Zeuner Gedanken zur Unterlassungsund negativen Feststellungsklage, Festschrift für Hans Dölle, 1963, S. 295.
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Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Anwendungsbereich . . . . . 1. Ausschluss . . . . . . . . 2. Sondervorschriften . . . . . 3. Entsprechende Anwendbarkeit
. . . .
IV. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsweg . . . . . . . . . 2. Prozessführungsbefugnis . . . 3. Rechtsschutzbedürfnis . . . .
. . . .
f) Vergangenes Rechtsverhältnis . g) Zwangsversteigerung . . . . . h) Feststellungsinteresse trotz vollstreckbaren Titels . . . . . . i) Feststellungsinteresse trotz Gestaltungsurteils . . . . . . . 5. Beseitigung der Unsicherheit durch das Feststellungsurteil . . . . . . 6. Fehlen wegen anderer Rechtsschutzmöglichkeiten . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Herausgabeklage . . . . . . . c) Schadensersatzklage . . . . . d) Unterlassungs- und Beseitigungsklage . . . . . . . . . e) Auseinandersetzungsklage . . . f) Teilleistungsklage . . . . . . g) Stufenklage . . . . . . . . . h) Klage auf künftige Leistung und Abänderungsklage . . . . . . i) Gestaltungsklage . . . . . . . j) Zwangsvollstreckungsrechtliche Rechtsbehelfe . . . . . . k) Einstweilige Verfügung und einstweilige Anordnung . . . . l) Weitere Einzelfälle . . . . . . 7. Wegfall des Feststellungsinteresses a) Positive Feststellungsklage . . b) Negative Feststellungsklage . .
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. . . .
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V. Gegenstand der Feststellungsklage . 1. Rechtsverhältnis . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . b) Feststellungsfähiges Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . c) Konkretes Rechtsverhältnis . . d) Keine bloßen Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . e) Gegenwärtiges Rechtsverhältnis aa) Allgemeines . . . . . . . bb) Bedingung, Befristung, Betagung . . . . . . . . . cc) Abgrenzung zu sich erst künftig ergebenden Ansprüchen . . . . . . . . . . dd) Vergangenes Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . f) Prozessuales Rechtsverhältnis . g) Einzelfälle . . . . . . . . . 2. Parteien des Rechtsverhältnisses . a) Allgemeines − Drittverhältnisse b) Einzelfälle . . . . . . . . . c) Kritik an der Rechtsprechung . 3. Urkundenechtheit . . . . . . .
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VI. Das Feststellungsinteresse . . . . . 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt des Vorliegens . . . . 3. Gefährdung der Rechtsposition des Klägers . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Berühmen . . . . . . . . . c) Bestreiten . . . . . . . . . . d) Widerruf des Bestreitens bzw Berühmens . . . . . . . . . e) Beteiligung Dritter . . . . . . f) Schadensersatzfeststellungsklagen . . . . . . . . . . . . g) Erbrechtliche Feststellungsklagen . . . . . . . . . . . . 4. Interesse an alsbaldiger Feststellung a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Gegenwärtiges Interesse . . . c) Drohende Verjährung . . . . . d) Beweissicherungsinteresse . . . e) Gesellschaftsverbindlichkeit . .
Rdn
30 33 38 40 40 48 51 57 59 63 100 100 102 109 113 117 123 125 131 131 134 143 144 150 155 161 164 164 165 167 170 173
VII. Das Verfahren . . . . . . . . . . 1. Parteien und Gerichtsstand . . . 2. Antrag . . . . . . . . . . . . a) Bestimmtheit . . . . . . . . b) Auslegung . . . . . . . . . c) Im Leistungsantrag enthaltener Feststellungsantrag . . . . . . d) Übergang zur Feststellungsklage e) Übergang zur Leistungsklage . f) Allgemeine Feststellungsklage neben Kündigungsschutzklage . g) Bindung des Gerichts an den Antrag . . . . . . . . . . . 3. Rechtshängigkeit . . . . . . . . a) Prozessuale Wirkungen . . . . aa) Rechtshängigkeitssperre zwischen positiver und negativer Feststellungsklage . bb) Rechtshängigkeitssperre zwischen Leistungs- und Feststellungsklage . . . . b) Materiellrechtliche Wirkungen . 4. Behauptungs- und Beweislast . . a) Allgemeines . . . . . . . . . b) Positive Feststellungsklage . . c) Negative Feststellungsklage . . d) Urkundenechtheit . . . . . . 5. Entscheidung . . . . . . . . .
Assmann
177 178 140 182 183 189 189 197 198 206 208 212 213 214 216 217 221 225 246 246 251 264 265 268 268 277 281 282 284 285 286 287 288 288 291 296 300 300 301 302 306 307
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rdn a) b) c) d) e) f) g)
Abweisung als unzulässig . . Abweisung als unbegründet . Teilabweisung . . . . . . . Stattgebende Entscheidung . Feststellungs- und Grundurteil Teilurteil . . . . . . . . . Anerkenntnisurteil/ Verzichtsurteil . . . . . . . . . . . 6. Rechtsmittel . . . . . . . . . 7. Rechtskraft . . . . . . . . . 8. Streitwert und Gebühren . . .
. . . . . .
307 309 315 317 326 328
. . . .
329 330 331 342
VIII. Zwischenfeststellungsklage . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich . . . . . . 3. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 . . . . . . . . . . 4. Streitiges Rechtsverhältnis . . . .
344 344 346
Rdn 5. Vorgreiflichkeit . . . . . . . . a) Begriff und Zeitpunkt des Vorliegens . . . . . . . . . . . b) Fehlen . . . . . . . . . . . c) Einzelne vorgreifliche Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . 6. Kein besonderes Feststellungsinteresse . . . . . . . . . . . . 7. Rechtsschutzbedürfnis . . . . . 8. Verhältnis zur selbständigen Feststellungsklage . . . . . . . . . 9. Verfahren . . . . . . . . . . . a) Art und Zeitpunkt der Erhebung b) Prozessvoraussetzungen . . . c) Beweislast . . . . . . . . . d) Teilurteil . . . . . . . . . . e) Entscheidung, Rechtsmittel und Rechtskraft . . . . . . . . . f) Streitwert . . . . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte1
1
Die identische Regelung des § 256 Abs. 1 war ursprünglich in der CPO 1877 in § 231 (§ 223 des Entwurfs von 1874), diejenige des § 256 Abs. 2 in § 253 (§ 243 des Entwurfs von 1874) enthalten.2 Durch die Bekanntmachung von 18983 wurde § 231 in unveränderter Fassung zu § 256, § 253 zu § 280. Die Vereinfachungsnovelle 19764 führte dann § 256 und § 280 zum jetzigen Abs. 1 und 2 zusammen.
II. Normzweck
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Die Vorschrift des § 256 dient der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden5 und der Prozesswirtschaftlichkeit.6 Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der Feststellungsklage als selbständige Form des Rechtsschutzes ein Bedürfnis für die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses anerkannt, bevor die materiellen Rechtsfolgen geltend gemacht werden können, weil nur auf Grund einer solchen Feststellung die Beteiligten ihre Handlungsweise ohne die Gefahr wesentlicher Verluste bestimmen könnten.7 So zielt beispielsweise die negative Feststellungsklage auf einen Ausspruch ab, den der Kläger ansonsten nur in der Rolle des Beklagten durch Abweisung der gegnerischen Klage erreichen könnte. Dasselbe praktische Bedürfnis bestehe auch für die Gestattung von Klagen auf Feststellung der Echtheit oder Unechtheit von Urkunden, unabhängig davon, ob die Urkunde nur die Bedeutung eines Beweismittels hat oder das Rechtsverhältnis durch ihre Existenz bedingt ist.8 Außerdem wurde die Zulässigkeit der Feststellungsklage im Hinblick darauf, dass sich die Rechtskraft nicht auf die Entscheidungsgründe erstreckt, als erforderlich angesehen.9 Jedoch wurde der durch die Feststellungsklage gewährte Rechtsschutz auf zwei 1 11757 Zur Geschichte der Feststellungsklage ChiiChwei-Chern S. 82 f. 1758 2 2 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 2 S. 1325 und 1335. 3 31759 RGBl 1898 S. 410, 458, 463. 4 41760 BGBl I S. 3281, 3283. 5 51761 BGH NJW 1996, 453. 6 61762 BGHZ 103, 362, 365 = NJW 1988, 2542.
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7 71763 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 255. Siehe dazu die Beispielsfälle bei Kisch S. 45. 1764 8 8 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 256. 9 91765 Nach Jacobs S. 220 liegt daher die Besonderheit gegenüber Leistungs- und Gestaltungsurteilen in der Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Ebenen begrenzt. Zunächst kommen nur bestimmte Gegenstände für eine Feststellung in Betracht und darüber hinaus wird ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung gefordert.10 Die Feststellungsklage ist neben der Leistungs- und der Gestaltungsklage eine der drei Klagearten des ordentlichen Klageverfahrens (Vor § 253 Rdn. 3 ff., 13).11 Ihr liegt entgegen früher vertretener Auffassung12 kein materiellrechtlicher Anspruch auf Anerkennung zugrunde,13 weshalb auch eine Verjährung des Klagerechts nicht möglich ist.14 Sie stellt vielmehr ein rein prozessuales Rechtsinstitut dar.15 Sie zielt im Gegensatz zur Leistungsklage nicht auf Befriedigung eines materiellen Anspruchs, sondern lediglich auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses durch Urteil. Es fehlt dementsprechend an einem Leistungsbefehl und damit bis auf den Kostenausspruch an einem vollstreckungsfähigen Inhalt, so dass sich ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auch nur auf Letzteren beziehen kann. Wenn später eine Leistung aus dem festgestellten Rechtsverhältnis verlangt wird, bedarf es noch einer Leistungsklage, für die allerdings das Feststellungsurteil bezüglich des Rechtsverhältnisses Rechtskraftwirkung bzw Feststellungswirkung entfaltet. Mit der Gestaltungsklage hat die Feststellungsklage die Nichtvollstreckbarkeit der Urteile gemeinsam. Sie ist jedoch im Unterschied zur Gestaltungsklage nicht auf eine Rechtsänderung, sondern auf eine Feststellung gerichtet.16 In der Sache sind klageabweisende Leistungs- und Gestaltungsurteile als Feststellungsurteile zu qualifizieren,17 dies gilt auch für Zwischenurteile.18 Die Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ist die notwendige Folge davon, dass die Entscheidung nur über den Anspruch, nicht aber über die präjudiziellen Rechtsverhältnisse in Rechtskraft erwächst (§ 322 Abs. 1).19 Sie dient dazu, eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über diese Rechtsverhältnisse herbeizuführen.
1766 110 Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 104. 1767 211 Wissenschaft und Rechtsprechung hatten anfangs Probleme, die Feststellungsklage in das Rechtsschutzsystem einzuordnen, bis sie nach Aufgabe der materiellrechtlichen Sichtweise die Feststellungsklage als eigene Klageart betrachteten. 12 1768 3 So auch die Motive, Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 257: „Denn wenn das Gesetz neben der Klage auf die dem Rechtsverhältnisse entsprechende Leistung eine Klage auf Feststellung einräumt, so erkennt es damit an, daß aus dem Rechtsverhältnisse neben dem Anspruche auf Leistung ein weiterer selbständig verfolgbarer Anspruch auf Feststellung erwächst.“; im Gegensatz dazu die Motive des Bürgerlichen Gesetzbuches, Band 1, S. 291: „Nicht unter den Anspruchsbegriff im Sinne des Entwurfes fällt das Recht auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisses.“; vgl. dazu Kadel S. 54 ff. mwN. 1769 413 Gäbe es einen Anspruch auf Anerkennung, wäre § 256 sinnlos, da dann immer eine Leistungsklage
mit der Vollstreckungsmöglichkeit des § 894 möglich wäre, so Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 2. 1770 514 Verjähren kann freilich der festzustellende materiellrechtliche Anspruch, vgl. hierzu Wach FS Windscheid (1888), S. 73, 105. 1771 615 Dichtl S. 45 f.; Kadel S. 61; Kisch S. 53; Stoll FS Bötticher (1969), S. 341; aA Habscheid ZZP 112 (1999), 37, 50 f.: Klage, mit der ein materielles Recht auf Feststellung geltend gemacht wird; Jacobs S. 177 ff., der sich für eine materiellrechtliche Deutung der Feststellungsklage ausspricht; kritisch auch Picker Die Drittwiderspruchsklage in ihrer geschichtlichen Entwicklung als Beispiel für das Zusammenwirken von materiellem Recht und Prozeßrecht (1981), S. 5 f. und 345 ff. 16 1772 7 RG Gruchot 34, 1161, 1162; Kadel S. 65. 17 1773 8 Vgl. OLG Hamburg FamRZ 1985, 1273; Baltzer S. 105 ff.; Lüke JuS 1969, 301 (zu klageabweisenden Urteilen). 1774 918 Zöller/Greger Rdn. 1; Musielak/Foerste Rdn. 1. 19 1775 10 RGZ 126, 234, 237; RG Warn 1935 Nr. 27; Hahn/ Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 291.
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III. Anwendungsbereich
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Als Gegenstand der Feststellungsklage kommen sowohl zivilrechtliche Rechtsverhältnisse, aber auch Rechtsverhältnisse anderer Art in Betracht, soweit der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben ist. Auch die Feststellung prozessualer Rechtsverhältnisse ist möglich (Rdn. 59). 1. Ausschluss
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Die Feststellungsklage ist in einigen Sonderverfahren ausgeschlossen. Dazu gehören diejenigen Fälle, in denen bestimmte Verfahrensarten nur die Leistungsklage zulassen, wie z.B. der Urkunden- und Wechselprozess (§§ 592, 602) und das Mahnverfahren (§§ 688 ff.). Auch im Arrestverfahren (§§ 916 ff.) ist die Feststellungsklage unzulässig; möglich sind jedoch feststellende einstweilige Verfügungen.20 Außerdem ist die positive Feststellungsklage im Anfechtungsverfahren außerhalb eines Insolvenzverfahrens21 nicht zulässig.22 Dies ist zwar nicht explizit geregelt, ergibt sich aber aus § 13 AnfG, der einen bestimmten Klageantrag fordert.23 Dagegen ist eine negative Feststellungsklage möglich.24 2. Sondervorschriften
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Vorrangige Sondervorschriften finden sich im Rahmen eines Insolvenzverfahrens in den §§ 179 ff. InsO für die Feststellung von streitigen Forderungen.25 Grundsätzlich ist die Klage auf Feststellung (§ 180 InsO) vom Gläubiger gegen den Bestreitenden zu betreiben (§ 179 Abs. 1 InsO), es sei denn, es liegt bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor (§ 179 Abs. 2 InsO). Letztere Vorschrift verlagert zwar die Klagelast auf den Bestreitenden, schließt aber eine Feststellungsklage des Gläubigers (§ 180 InsO) gegen den Verwalter nicht aus, wenn über den Anspruch des Gläubigers eine notarielle Urkunde errichtet ist, in der sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat.26 Die Besonderheit dieser Feststellungsklage liegt in dem insolvenzspezifischen Feststellungsinteresse, das sich aus § 189 InsO ergibt.27 Ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse gem. § 256 ist nicht erforderlich28 bzw auf Grund des Widerspruchs immer vorhanden.29 Es handelt sich bei der Klage gem. §§ 179 ff. um eine echte Feststellungsklage.30 1776 120 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 104; einschränkend OLGR Frankfurt 1997, 23 (nur in Ausnahmefällen); Stein/Jonas/Grunsky vor § 935 Rdn. 60 (nur in eng begrenzten Ausnahmefällen); Zöller/Vollkommer § 935 Rdn. 2 (in engen Grenzen); Vogg NJW 1993, 1357 ff.; aA LAG Mainz LAGE § 935 ZPO Nr. 10; Jacobs S. 501 ff., 511; Berger ZZP 110 (1997), 287, 292 ff. 1777 221 Bei der Anfechtung im Insolvenzverfahren ist die Feststellungsklage dagegen zulässig, RGZ 23, 5, 6; RG LZ 1908, 786, 787; RG JW 1932, 165, 166; BGH ZIP 1996, 184, 185; OLG Düsseldorf ZIP 1990, 1013 und ZIP 1996, 185, 186 f. (alle zum Konkurs); Gottwald/Huber3 InsolvenzrechtsHandbuch (2006) § 51 Rdn. 29. 1778 322 Rosenberg/Gaul/Schilken ZVR § 35 VI 3a. 1779 423 RGZ 133, 46, 49; RGZ 71, 176, 178; RGZ 57, 102, 104 f.; RGZ 23, 5, 6; RG JW 1902, 610; BayObLG SeuffArch 54, 469; Huber AnfG10 (2006) § 13
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Rdn. 5; Zeuner Die Anfechtung in der Insolvenz (1999) Rdn. 496; aA Kübler/Prütting/Paulus InsO Bd. 3 (Stand Jan. 2008) § 13 AnfG Rdn. 3. 24 1780 5 BGH NJW 1991, 1061, 1062; Huber AnfG10 (2006) § 13 Rdn. 7. 1781 625 BAG NJW 1986, 1896 (zu § 146 KO) − Rechtsschutzinteresse für eine Feststellungsklage nach § 256 fehlt, mit der ein Vorrecht für eine Konkursforderung festgestellt werden soll. 1782 726 BGHZ 139, 132, 133 f. = NJW 1998, 3121, 3122. 1783 827 MünchKomm-InsO2/Schumacher (2008) § 179 Rdn. 9. 1784 928 Heidelberger Komm-InsO4/Irschlinger (2006) § 181 Rdn. 3. 29 1785 10 Vgl. MünchKomm-InsO2/Schumacher (2008) § 179 Rdn. 9. 30 1786 11 BGH NJW 1967, 1371; MünchKomm-InsO2/ Schumacher (2008) § 179 Rdn. 5 mwN.
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Zulässig ist eine Feststellungsklage gem. § 256 gegen den Schuldner nach dessen Widerspruch gegen die angemeldete Forderung (§ 184 InsO)31, als Partei eines Feststellungsprozesses gem. §§ 179 ff. InsO kommt der Schuldner jedoch nicht in Betracht.32 Das rechtliche Interesse ergibt sich in diesem Fall aus § 201 Abs. 2 InsO.33 Ebenso können − wegen § 128 HGB – die Gesellschafter einer OHG während des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft gem. § 256 auf Feststellung des Nichtbestehens einer Gesellschaftsverbindlichkeit gegen einen Gesellschaftsgläubiger klagen, dessen im Gesellschaftskonkurs angemeldete Forderung sie bestritten haben.34 Vorrangige Sondervorschriften finden sich ferner in § 249 AktG,35 dessen Grundsätze auch für die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer GmbH oder der Generalversammlung/Vertreterversammlung einer Genossenschaft gelten.36 Allerdings kann die Wirksamkeit eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung einer GmbH über die Abberufung des Geschäftsführers und die Kündigung dessen Anstellungsvertrags Gegenstand einer Feststellungsklage sein, wenn der Versammlungsleiter das Beschlussergebnis nicht festgestellt hat.37 Dasselbe gilt, wenn bei einer GmbH die gesetzlich vorgeschriebene Mehrheit für einen nicht satzungsändernden Gesellschafterbeschluss nicht erreicht wurde, da es, auch wenn der Versammlungsleiter das Zustandekommen des Beschlusses zu Protokoll festgestellt hat, an einem Beschluss fehlt, der mit der Anfechtungsklage angegriffen werden könnte.38 Auch das Zustandekommen eines dem Antrag stattgebenden Beschlusses kann auf Klage des Antragstellers jedenfalls dann festgestellt werden, wenn der Versammlungsleiter mit Rücksicht auf den Widerspruch dieses Gesellschafters von der Verkündung eines bestimmten Beschlussergebnisses abgesehen hat.39 Zu beachten ist schließlich auch, dass der Rechtsschutz einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 nicht weitergehen kann als derjenige, den das Aktiengesetz grundsätzlich für den Aktionär festlegt bzw als Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet.40 Die Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe (§ 632),41 eines Eltern-Kind-Verhältnisses,42 der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft und der elterlichen Sorge gem. §§ 606, 640 sind besondere Formen der Feststellungsklage43 und schließen eine allgemeine Feststellungsklage gem. § 256 aus.44 Für diese Feststellungsklagen ist ein besonderes Feststel1787 131 Vgl. BGH NJW 2006, 2922, 2923. 1788 232 Heidelberger Komm-InsO4/Irschlinger (2006) § 179 Rdn. 6; MünchKomm-InsO2/Schumacher (2008) § 184 Rdn. 3. 1789 333 MünchKomm-InsO2/Schumacher (2008) § 184 Rdn. 3. 1790 434 BGH NJW 1957, 144. 1791 535 BGHZ 70, 384, 388 = NJW 1978, 1325 f.; MünchKomm-AktG2/Hüffer (2001) § 249 AktG Rdn. 7; vgl. auch K. Schmidt JZ 1977, 769, 772. 1792 636 BGHZ 70, 384, 388 = NJW 1978, 1325 f. (Generalversammlung/Vertreterversammlung einer Genossenschaft); OLG Koblenz NZG 2006, 270, 271 (Gesellschafterversammlung einer GmbH); OLG Hamburg NJW-RR 1996, 1065 (Gesellschafterversammlung einer GmbH). 1793 737 BGH NJW 1996, 259 (anders jedoch, wenn vom Versammlungsleiter ein Beschluss festgestellt
worden ist, da dann die Anfechtungsklage möglich ist); BGH NJW 1997, 318, 319. 8 BGHZ 51, 209, 211 = NJW 1969, 841, 842. 39 1795 9 BGHZ 76, 154, 156 f. = NJW 1980, 1527, 1528 als Ergänzung zu BGHZ 51, 209 = NJW 1969, 841. 40 1796 10 LG Frankfurt/M. NJW-RR 2001, 969, 970. 41 1797 11 OLG Hamm FamRZ 1980, 706, 707. 42 1798 12 Eine Feststellungsklage bezüglich des Bestehens der Vaterschaft ist nur möglich, wenn keine Vaterschaft gem. § 1592 Nr. 1 (Ehemann der Mutter) und Nr. 2 (Vaterschaft infolge Anerkennung) sowie gem. § 1593 BGB besteht (§ 1600d Abs. 1 BGB), BGH NJW 1999, 1632, 1633; OLG Köln NJW-RR 2002, 4, 5. 43 1799 13 Kadel S. 101. 44 1800 14 BGH NJW 1973, 51 = ZZP 86 (1973), 312, 313 (Klage eigener Art; noch zum alten Recht) mit Anm. Wieser; OLG Köln NJW-RR 2002, 4; auch 38 1794
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lungsinteresse nicht erforderlich bzw stets gegeben.45 Eine Grenze für solche Klagen ist allerdings im Rechtsmissbrauch zu sehen.46 Einer Feststellungsklage gem. § 256 wegen einer Unterhaltspflicht stehen die §§ 606, 640 jedoch nicht entgegen.47 Die Kündigungsschutzklage gem. § 4 KSchG, die als negative Feststellungsklage ausgestaltet ist, ist ebenfalls eine besondere Feststellungsklage (zum Verhältnis von Kündigungsschutzklage und allgemeiner Feststellungsklage vgl. Rdn. 226). Hängt die Entscheidung bzw die Verfügung von der Beurteilung eines bürgerlichen Rechtsverhältnisses ab, so kann das Strafgericht gem. § 262 Abs. 2 StPO sowie die Staatsanwaltschaft gem. § 154d StPO bzw das Registergericht gem. § 127 FGG (§§ 159, 161 FGG) das Verfahren aussetzen und einem der Beteiligten eine Frist zur Erhebung einer Feststellungsklage setzen. Das Feststellungsinteresse ist in diesen Fällen durch die richterliche Anordnung gegeben.48 Keine besondere Form der Feststellungsklage, sondern eine prozessuale Gestaltungsklage ist die Widerspruchsklage im Verteilungsverfahren gem. §§ 115, 156 ZVG (vgl. § 878 Rdn. 10).49 Dasselbe gilt für die Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 73150 (§ 731 Rdn. 3 mwN) und die Anfechtungsklage gem. §§ 111 f. GenG.51 Dagegen stellt die Widerspruchsklage gem. § 115 Abs. 2 GenG eine Sonderform der Feststellungsklage dar.52 3. Entsprechende Anwendbarkeit
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Im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren gilt § 256 gem. § 46 Abs. 2 ArbGG entsprechend, ebenso im Beschlussverfahren.53 Ebenso kann § 256 im Rahmen des Verfahrens über den Versorgungsausgleich analog angewendet werden.54 Allerdings kommen Feststellungsklagen im Bereich des schuldrechtlichen Ausgleichs nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, weil wegen möglicher Veränderungen in den Voraussetzungen zu Grund und Höhe bis zum Fälligkeitszeitpunkt (§ 1587g Abs. 1 S. 2 BGB) kaum verlässliche Voraussagen getroffen werden können und deshalb das erforderliche Feststellungsinteresse in der Regel fehlt.55
IV. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen
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Ob und unter welchen Voraussetzungen die Feststellungsklage zulässig ist, bestimmt sich nach der lex fori (Gesetz des Gerichtsortes). Die Zulässigkeit der Feststellungsklage richtet sich also auch dann, wenn das streitige Rechtsverhältnis dem bezüglich der Feststellung der genetischen Mutterschaft, Gaul FamRZ 2000, 1461, 1474. 45 1801 1 BGH NJW 1973, 51 = BGH ZZP 86 (1973), 312, 313; Habscheid/Habscheid FamRZ 1999, 480, 482 f. sprechen von einem subjektiven privaten Recht auf Feststellung der Abstammung, dessen Durchsetzung die Feststellungsklage nach § 640 dient. 46 1802 2 Habscheid/Habscheid FamRZ 1999, 480, 483. 47 1803 3 OLG Hamm MDR 1985, 771, 772; OLG Hamm FamRZ 1982, 721; OLG Nürnberg FamRZ 1982, 1102. 1804 448 Vgl. dazu Habscheid ZZP 112 (1999), 37, 52 ff., der das Rechtsschutzbedürfnis deshalb annimmt, weil die Behörde/das Gericht die Entscheidung des Gerichts beachten werde.
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1805 549 BGH NJW 2001, 2477, 2478; Stein/Jonas/Münzberg § 878 Rdn. 40; Stöber ZVG18 (2006) § 115 Anm. 5.7; aA RGZ 65, 62, 66; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 10; Lüke JuS 1969, 301, 303. 1806 650 OLG Posen OLGRpr 35, 61; Stein/Jonas/ Münzberg § 731 Rdn. 8; aA LG Hildesheim NJW 1964, 1232; Lüke JuS 1969, 301, 302. 1807 751 Beuthien GenG14 (2004) § 111 Rdn. 1. 52 1808 8 Beuthien GenG14 (2004) § 115 Rdn. 4. 1809 953 BAG NZA 2007, 285, 286; BAG NZA-RR 2006, 23, 25; BAGE 106, 188, 193. 54 1810 10 Zur Begründung vgl. BGH NJW 1982, 387, 388. 55 1811 11 BGH FamRZ 1996, 1465; BGH NJW 1984, 610, 612; BGH NJW 1982, 387, 388.
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ausländischen Recht angehört, ausschließlich nach deutschem Recht.56 Dies gilt auch für den Fall, dass das in der Sache anwendbare ausländische Recht die Feststellungsklage nicht vorsieht.57 Zunächst müssen für die Zulässigkeit der Feststellungsklage die allgemeinen Prozessvoraussetzungen (Vor § 253 Rdn. 36 ff.) vorliegen. Daneben verlangt das Gesetz aber noch besondere Prozessvoraussetzungen, die den Feststellungsgegenstand und das Rechtsschutzbedürfnis betreffen.58 Sie sind in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen.59 Liegen sie nicht vor, ist die Klage in der Regel als unzulässig abzuweisen.60 Dies gilt ausnahmsweise nicht für das Feststellungsinteresse, wenn die Entscheidung über das Bestehen des Feststellungsinteresses Probleme bereitet, während die Unbegründetheit der Klage eindeutig feststeht (Vor § 253 Rdn. 158).61 Ist die Feststellungsklage unzulässig, besteht eventuell die Möglichkeit, auf die Leistungsklage überzugehen.62
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1. Rechtsweg Beim Rechtsweg ist zu berücksichtigen, dass sich wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände der Leistungs- und der Feststellungsklage für das Vorliegen der einzelnen Prozessvoraussetzungen eine andere Beurteilung ergeben kann. So besteht die Möglichkeit, dass in ein- und demselben Fall der Rechtsweg zu den Zivilgerichten für eine Leistungsklage nicht gegeben, für die Feststellungsklage jedoch zu bejahen ist.63
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2. Prozessführungsbefugnis Fehlt einer Partei die Prozessführungsbefugnis für eine Leistungsklage, dann ist sie auch für eine Feststellungsklage zu verneinen. So ist ein Gesellschafter, der zur Geltendmachung von Gesellschaftsforderungen nicht berechtigt ist, auch nicht befugt, gegen den Gesellschaftsschuldner eine Feststellungsklage zu erheben, um damit die Grundlagen für das Vorliegen einer etwaigen Gesellschaftsforderung zu klären.64 Der einzelne Gesamtschuldner ist zur Klage gegen den Gläubiger auf Feststellung des Umfangs der Schuldnerverpflichtung auch ohne Zustimmung der anderen Gesamtschuldner legitimiert. Besteht Streit bei Miteigentümern über den Umfang einer Verpachtung, so kann der eine Verpächter sowohl gegen den Pächter als auch gegen den anderen Verpächter eine Feststellungsklage erheben.65 Auch bei der Feststellungsklage besteht die Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft.66 Allerdings ist ein Arbeitgeberverband nicht befugt, im Wege gewillkürter Prozessstandschaft Rechtsansprüche seiner Mitglieder auf Unterlassung bestimmter Arbeitskampfmaßnahmen gegen die Gewerkschaft im eigenen Namen als Kläger gerichtlich feststellen zu lassen.67 1812 156 Geimer IZPR5 (2005) Rdn. 2636; Schack IZVR4 (2006) Rdn. 523; anders hingegen Niederländer RabelsZ 20 (1955), 1, 51; Grunsky ZZP 89 (1976), 241 ff. 1813 257 Schack IZVR4 (2006) Rdn. 523. 58 1814 3 BGHZ 18, 98, 106 = NJW 1955, 1513, 1514; BGH NJW 1972, 198. 1815 459 BGH NJW-RR 1990, 130; BAG DB 1998, 1192. 60 1816 5 OLG Nürnberg FamRZ 1982, 1102, 1103 (fehlendes Feststellungsinteresse); Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 33; siehe auch BGH NJW-RR 1987, 1137, 1138. 1817 661 BGH NJW 1978, 2031, 2032; OLG Bremen
MDR 1986, 765 (Vorgreiflichkeit bei der Zwischenfeststellungsklage); Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 90 Rdn. 33. 1818 762 Vgl. OLG Düsseldorf ZMR 1985, 235. 1819 863 Vgl. RGZ 105, 275, 279. 64 1820 9 BGHZ 12, 308, 310 = NJW 1954, 1159; OLG Düsseldorf MDR 1972, 615 (Klage eines von zwei Jagdpächtern, die vom OLG als GbR qualifiziert wurden, auf Feststellung gegen den Jagdverpächter). 65 1821 10 BGH MDR 1961, 219. 66 1822 11 RGZ 73, 306, 308 f.
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Zur Problematik der Zulässigkeit der Klage auf Feststellung von Drittrechtsverhältnisses vgl. Rdn. 100 ff., insbesondere Rdn. 109 ff. 3. Rechtsschutzbedürfnis
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Neben dem besonderen Feststellungsinteresse ist auch für die Feststellungsklage ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis erforderlich, das z.B. in den sog. Missbrauchsfällen oder bei Vorliegen einer einfacheren oder billigeren Rechtsschutzmöglichkeit fehlt.68
V. Gegenstand der Feststellungsklage69
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Mit der Feststellungsklage kann lediglich das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses bzw die Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde festgestellt werden,70 wenn der Kläger ein dementsprechendes Feststellungsinteresse hat. Dadurch werden zugleich Inhalt und Grenzen der Rechtskraftwirkung festgelegt, die mit der Feststellungsklage erzielt werden kann. Mit der Feststellungsklage können nur ein Streit oder rechtliche Zweifel über Rechtsverhältnisse ausgeräumt werden.71 Hierzu stehen sowohl die positive Feststellungsklage, mit der das Bestehen des Rechtsverhältnisses bzw die Echtheit der Urkunde vom Kläger oder Widerkläger behauptet wird, als auch die negative (leugnende, verneinende)72 Feststellungsklage, mit der das Bestehen bzw die Echtheit geleugnet wird, zur Verfügung. 1. Rechtsverhältnis
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a) Begriff. Unter einem Rechtsverhältnis73 ist jedes aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einem Gegenstand zu verstehen.74 Gegenstand der Feststellungsklage können nur Rechtsverhältnisse sein, bei denen der ordentliche Rechtsweg gegeben ist.75 Insoweit kommen nicht nur privatrechtliche, sondern auch öffentlichrechtliche Rechtsverhältnisse in Betracht. Ein Rechtsverhältnis besteht zumindest aus einem subjektiven Recht und der ihm entsprechenden Pflicht oder aus mehreren Rechten, Pflichten und anderen Rechtsbeziehungen.76 Soweit ein Rechtsverhältnis in Streit ist, kann um seine Gesamtheit als komplexes Gebilde, aber auch um ein Teilrechtsverhältnis geklagt werden.77 1823 167 BAGE 41, 209, 225 = NJW 1983, 1750, 1751 f. 1824 268 BGH NJW 1977, 1881, 1882; Zöller/Greger Rdn. 7; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 21; Jacobs S. 429 f., 449; aA Stein/Jonas/ 21 Schumann Rdn. 102. 1825 369 Siehe dazu ausführlich Jacobs. 1826 470 BGH NJW 2000, 2663, 2664. 1827 571 BGHZ 68, 331, 332 = NJW 1977, 1288. 1828 672 Bedenken gegen diesen Begriff erhebt Baltzer S. 1 ff. 73 1829 7 Zur Begriffsbestimmung Kadel S. 66 ff.; vgl. auch Jacobs S. 9 ff., 52, der einen Bedeutungsverlust des Rechtsverhältnisses in Judikatur und Literatur feststellt und eine Rückbesinnung auf das Rechtsverhältnis als materiellrechtliches Band zwischen den Prozessparteien fordert, S. 239. 1830 874 BGH NJW 2001, 3789; BGH NJW 2000, 2663,
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2664; BGH NJW-RR 1992, 252, 253; BGH NJW 1984, 1556; BGH NJW 1982, 1878, 1879; BGHZ 22, 43, 47 = NJW 1957, 21, 22; RGZ 144, 54, 56. Vgl. aber Michaelis FS Larenz (1983), S. 443, 450 und 452, nach dessen Auffassung es auch bei der Feststellung des Eigentums nicht um die Beziehung zu einer Sache, sondern um ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien geht. 1831 975 BGHZ 123, 44, 48 = NJW 1993, 2539, 2540; BGHZ 99, 344, 357 = NJW 1987, 2364, 2366; BGHZ 95, 109, 111 = NJW 1985, 2820; BGH MDR 1960, 485. 76 1832 10 Larenz/Wolf BGB AT9 (2004) § 13 Rdn. 3; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900), § 1 II (S. 3 f.). 77 1833 11 BGH NJW 1996, 452, 453; BGH NJW 1984, 1556; BGH MDR 1967, 828; RGZ 126, 234, 237;
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So können einzelne Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses,78 einzelne von mehreren selbständigen Anspruchsgrundlagen79 oder der Umfang und Inhalt einer Leistungspflicht80 (nicht jedoch einzelne Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder bloße Grundlagen für die Berechnung) durch ein Feststellungsurteil, gegebenenfalls zusätzlich zu dem Gesamtverhältnis,81 festgestellt werden.82 Rechtsprechung und Lehre schränken den Begriff des Rechtsverhältnisses ein, indem sie für die Feststellungsklage ein konkretes und gegenwärtiges Rechtsverhältnis fordern.83 Die Beurteilung einer nur gedachten abstrakten Rechtsfrage oder die Auslegung eines streitigen Rechtsbegriffs84 kann ebenso wenig zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden85 wie die Feststellung einer bestimmten rechtserheblichen Tatsache86. Diese Einschränkung gebietet der Prozesszweck. Der Aufgabe, Rechtsschutz zu gewähren, können die Gerichte nicht durch ein Urteil nachkommen, das über einen rein hypothetischen Sachverhalt gefällt wird und deshalb keinerlei Auswirkungen auf ein bestehendes Rechtsverhältnis hat. Die Erstattung von Rechtsgutachten gehört nicht zu dem Aufgabenbereich der Gerichte.87 Allerdings ist fraglich, ob hier bereits am Rechtsverhältnis anzusetzen ist oder ob diese Zwecke nicht mithilfe des besonderen Feststellungsinteresses durchzusetzen sind.88 Ein Rechtsverhältnis liegt nicht vor, wenn sich die Pflicht lediglich aus einem sittlichen Gebot, aber nicht aus der objektiven Rechtsordnung ergibt.89 b) Feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Als feststellungsfähige Gegenstände kommen demnach die verschiedenartigsten Rechtsbeziehungen in Betracht. Dies können Rechtsverhältnisse als Ganzes wie Schuldverhältnisse aller Art oder auch die dar-
BAG NJW 1969, 680; ArbG Paderborn DB 1975, 1655; vgl. Baltzer S. 90. 1834 178 BGH NJW 1984, 1556; RGZ 126, 234, 237; BAG NZA 2005, 465, 466; BAG NZA 1994, 35, 36; BAG NJW 1969, 680; Schreiber Jura 2004, 385, 387. 79 1835 2 BGHZ 109, 275, 276 = NJW 1990, 834. 80 1836 3 BAG NJW 2006, 2060, 2061; LAG Hamm NZA 2002, 793, 794 (Inhalt des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts). 1837 481 BGH NJW 1999, 3774, 3775 = LM Nr. 31 zu § 211 BGB mit Anm. Foerste. 1838 582 BGH NJW 2000, 2280, 2281; BGHZ 22, 43, 47 f. = NJW 1957, 21; RGZ 158, 164, 166; RGZ 144, 54, 56; BAGE 63, 232, 237 = NZA 1990, 392, 393 f. 83 1839 6 Vgl. z.B. BGH NJW-RR 2001, 957; BGH NJW 1998, 1144, 1148; BGH NJW-RR 1997, 67, 68; BGHZ 120, 239, 253 = NJW 1993, 925, 928; BGH MDR 1983, 836; BGHZ 37, 137, 144 f. = NJW 1962, 1723 f.; BGHZ 28, 225, 233 f. = NJW 1959, 97, 100; RGZ 84, 390 f.; OLG Karlsruhe NJWRR 1989, 969; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 45; Zöller/Greger Rdn. 3a; Musielak/Foerste Rdn. 4; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 8; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 15. 1840 784 LG Mannheim ZMR 1979, 319, 320. 1841 885 BGH NJW 2001, 445, 447; BGH NJW 2001, 3789; RGZ 148, 81, 100; BAGE 46, 129, 137 = NJW 1985, 220, 221.
1842 986 BGHZ 68, 331, 334 = NJW 1977, 1288, 1290 (Feststellung einer Persönlichkeitsverletzung); RGZ 144, 54, 56. 87 1843 10 BVerfGE 2, 79, 86 = NJW 1953, 17; BGH NJW 1995, 1097; BAG NJW 1997, 3396; BAGE 62, 44, 47 = NJW 1985, 220, 221; Jacobs S. 14; Schumann GS für Michelakis (1972), S. 553, 554; vgl. auch LAG Kiel DB 1986, 2334, wonach das Rechtsschutzinteresse des Arbeitnehmers an der Kündigungsschutzklage entfällt, wenn die Kündigung einvernehmlich aufgehoben wird, da dann die gerichtliche Bestätigung der bereits vereinbarten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf ein unzulässiges Rechtsgutachten hinausliefe. 88 1844 11 In diesem Sinne auch Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 105 f., der trotz des Wortlauts des § 256 Rechtsverhältnis und Streitgegenstand gleichsetzen will. Hierfür führt er vor allem an, dass die Parteien so auch einzelne Punkte klären lassen könnten, über die sie sich bei ihren außergerichtlichen Verhandlungen nicht einigen konnten und nicht gezwungen wären, ihren Streit ohne Grund auszuweiten; für eine Ausweitung der feststellungsfähigen Rechtsverhältnisse unter funktionaler Begriffsbestimmung auch Trzaskalik S. 20 ff., 130 ff.; vgl. auch MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 28 (gegenwärtiges Feststellungsinteresse); Klass S. 275 ff., 281 ff. 89 1845 12 OLG Dresden SeuffArch 75, 141 f.
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aus fließenden subjektiven Rechte, Befugnisse und Pflichten sein. Gegenstand einer Feststellungsklage können alle subjektiven Rechte sein. Hier sind zu nennen die absoluten Rechte wie Persönlichkeitsrechte (beachte Rdn. 64), dingliche Rechte (vgl. Rdn. 73) und Immaterialgüterrechte.90 In diesen Fällen hat die Feststellungsklage eine enorm praktische Bedeutung, weil diese Rechte nicht mit der Leistungsklage erfasst werden können, sondern lediglich die sich daraus ergebenden einzelnen Ansprüche.91 Feststellungsfähig sind auch relative Rechte, vor allem Ansprüche (vgl. auch § 204 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BGB),92 Gestaltungsrechte (Rdn. 32) und Gegenrechte. Begehrt werden kann auch die Feststellung nur eines Teils des Gesamtanspruchs.93 Allerdings können nicht klagbare Ansprüche nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Dagegen müsste ein Antrag auf Feststellung eines Anspruchs aus einer Naturalobligation zwar zulässig, aber unbegründet sein.94 Da es sich bei der Naturalobligation aber um einen nicht durchsetzbaren Anspruch handelt, stellt sich die Frage, ob nicht bereits das Feststellungsinteresse zu verneinen ist.95 Dagegen dürfte ein Feststellungsantrag, dass die unvollkommene Verbindlichkeit aus einem konkreten Rechtsverhältnis einen Erwerbsgrund darstellt, begründet sein.96 Das Bestehen oder Nichtbestehen von Gestaltungsrechten kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein.97 Bei einer negativen Feststellungsklage, die auf Verhinderung der Gestaltung zielt, wird der Beklagte wohl gezwungen sein, durch Widerklage die Gestaltung zu begehren, da ihm ansonsten der Verlust seines Gestaltungsrechts droht. Zu den Einzelfällen vgl. unten Rdn. 79. c) Konkretes Rechtsverhältnis. Das Feststellungsbegehren muss sich auf ein konkretes Rechtsverhältnis beziehen. Abstrakte Rechtsfragen,98 die einen in seinen tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen noch nicht überschaubaren Sachverhalt betreffen,99 und erst für ein künftiges Rechtsverhältnis Bedeutung erlangen, können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.100 Um eine abstrakte Rechtsfrage handelt es sich auch bei einer Vorfrage rechtlichen Inhalts,101 insbesondere wenn die Entscheidung auf eine bloße Rechtsbelehrung hinausläuft,102 wenn Bestandteile von Rechtsfragen erörtert werden sollen103 oder wenn der Kläger über die Tragweite der anzuwendenden Rechtsnorm Zweifel hegt104 oder wenn es nur darum geht, die Rechtsnatur eines unstreitig bestehenden Rechtsverhältnisses zu qualifizieren, ohne konkrete Rechtsbeziehungen zu klären.105 Als abstrakte 1846 190 BGH NJW 1981, 2461, 2462 (Gebrauchsmuster). 1847 291 Jauernig ZPR § 34 II; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 II 1c (S. 409 f.). 1848 392 BGHZ 109, 275, 276 = NJW 1990, 834 mit Anm. H. Link = Rpfleger 1990, 246 mit Anm. Münch = JZ 1990, 392 mit Anm. Brehm = ZZP 103 (1990), 355 mit Anm. Smid; Kritik an dieser Entscheidung übt Hager KTS 52 (1991), 1, 2 ff.; BGH NJW 1984, 1556; RGZ 126, 234, 237; BAGE 58, 248, 251 = 59, 1, 4; BAG NJW 1969, 680. 1849 493 RG JW 1930, 547; RG LZ 1928, 258. 94 1850 5 Vgl. Lüke ZZP 76 (1963), 1, 20 zur Leistungsklage; Wach FS Windscheid (1888), S. 73, 93; aA Hellwig Lehrbuch Bd. 1, § 58 III 3 (S. 384). 95 1851 6 Nach Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 4 (S. 405) entsteht in diesen Fällen kein Schuldverhältnis, so dass es bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehlt. 1852 796 Baltzer S. 91.
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1853 897 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 10 III 4 (S. 85), § 55 II 3 (S. 423 ff.). 1854 998 Vgl. zu dem Begriffspaar abstrakt/konkret Trzaskalik S. 20 ff. 99 1855 10 Trzaskalik S. 22. 100 1856 11 RGZ 107, 303, 304 f., selbst wenn für einen Beteiligten Abschlusszwang besteht; RGZ 144, 54, 56; RGZ 164, 196, 198 f. (abstrakte Rechtsfrage verneint); BAG Urt. v. 10.2.2005, Az: 6 AZR 182/ 04 (juris); BAG DB 1960, 210; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I (S. 399); Jacobs S. 256 f. 101 1857 12 RGZ 158, 164, 166. 102 1858 13 RG Warn 1930 Nr. 225. 103 1859 14 RG HRR 1935 Nr. 813. 104 1860 15 RGZ 94, 227, 234. 105 1861 16 RG JW 1930, 755, 756 mit abl. Anm. Fürst JW 1930, 1058, nicht Rechtsverhältnis, sondern Feststellungsinteresse fehlt.
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Rechtsfrage ist auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes anzusehen.106 Schadenteilungsabkommen stellen rechtlich Rahmenverträge zur Regelung erst in Zukunft durch Schadensfälle entstehender Rechtsverhältnisse dar. Daher kann noch nicht von einem einer Feststellungsklage zugänglichen Rechtsverhältnis gesprochen werden, solange für Erstattungsansprüche aus künftigen Schadensfällen noch kein greifbarer Tatbestand vorliegt. Dies würde einer Entscheidung über eine abstrakte Rechtsfrage gleichkommen.107 Über eine abstrakte Rechtsfrage kann jedoch eventuell im Wege der Inzidentfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 entschieden werden, wenn sie sich als vorgreiflich und damit letztlich für den Kläger bedeutsam darstellt.108 Zu beachten ist, dass Anträge auf Feststellung von Rechtsverhältnissen auch im Gewande einer tatsächlichen Behauptung oder bloßen Rechtsfrage erscheinen können.109 Bestehen Zweifel, ob die Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder einer nicht feststellungsfähigen Rechtsfrage begehrt wird, dann hat das Gericht den Antrag auszulegen110 oder nach § 139 aufzuklären.111 Hierbei darf jedoch nicht am reinen Wortlaut des Antrags gehaftet werden.112 Eventuell kann ein abstrakt formulierter Feststellungsantrag so ausgelegt werden, dass er doch ein konkretes Rechtsverhältnis zum Gegenstand hat.113 d) Keine bloßen Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses114. Bloße Vorfragen,115 Elemente eines Rechtsverhältnisses,116 Berechnungsgrundlagen eines Anspruchs117 oder einer Leistungspflicht,118 reine Tatsachen119 (Ausnahme: Feststel106 1862
1 BGH NJW 1998, 1957. 107 21863 BGH LM Nr. 2 zu § 1542 RVO. 108 31864 BAGE 56, 357, 360. 109 41865 Vgl. RGZ 8, 3, 4 f.; RG Gruchot 49, 659, 660 f. 110 51866 BGHZ 109, 306, 308 = NJW 1990, 911, 912; BGH NJW 1982, 1878, 1879; BGH MDR 1967, 828; BGH DB 1965, 1854; BAGE 41, 92, 101 = NJW 1983, 2838. 111 1867 6 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 23. 112 1868 7 BGH NJW 1982, 1878, 1879; BGH DB 1965, 1854; BAGE 41, 92, 101 = NJW 1983, 2838. 113 81869 BGH NJW 2001, 3789 f.; BGH NJW 1993, 470, 471; Zöller/Greger Rdn. 3. 114 91870 Kritisch Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 105 f. 115 1871 10 BGH NJW 2000, 2280, 2281 (Schuldnerverzug) = JZ 2001, 198 mit abl. Anm. Schilken; BGH MDR 1985, 37 f.; BGH NJW 1982, 1878, 1879; BAG MDR 2002, 777; BAGE 63, 232, 237 = NZA 1990, 392, 393; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 283 f.; OLG München NJW-RR 1995, 485; aA Zeuner FS Schumann (2001), S. 595, 597. 116 1872 11 BGH NJW 1982, 1878, 1879; BGH FamRZ 1979, 905, 906; BGH VersR 1979, 1117, 1118 (Feststellung des Nichtvorliegens der von der Beklagten vorgebrachten Ablehnungsgründe); BGHZ 68, 331, 332 = NJW 1977, 1288, 1289; RG JW 1903, 64 ((Un-)Wirksamkeit eines Schiedsspruchs stellt kein Rechtsverhältnis, sondern nur ein Element dar); BAGE 63, 232, 237 = NZA 1990, 392, 393; OLG München WRP 1992, 270, 272 (Unzuläs-
sigkeit der Feststellung des Missbrauchs der Klagebefugnis gem. § 13 Abs. 5 UWG a.F., jetzt § 8 Abs. 4 UWG); OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 969 (Klage auf Feststellung, dass ein etwaiger künftiger Unterhaltsanspruch nach § 1586a BGB – bei Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen – gleichwohl wegen des bisherigen Verhaltens der Antragstellerin gemäß § 1579 Nr. 6 und 7 BGB als grob unbillig zu versagen wäre); OLG Köln FamRZ 1985, 507 (Unzulässigkeit des Antrags, lediglich das Nichtbestehen einer von mehreren denkbaren rechtsvernichtenden Einwendungen festzustellen); Jacobs S. 297 f.; zum Unterschied Teil − Element vgl. auch Sodan/Ziekow VwGO2 (2006) § 43 Rdn. 29; aA BAG DB 1970, 1836, 1837, das die Feststellungsklage über ein Anspruchselement zulässt, wenn damit der Streit insgesamt bereinigt wird. 117 1873 12 RG LZ 1925, 210, 211; BGHZ 22, 43, 48 = NJW 1957, 21, 22; BGH NJW 1979, 2099, 2101; BGH NJW 1982, 1878, 1879; BGH NJW 1995, 1097; BGH NJW-RR 1986, 104, 105; BAG DB 2002, 1561, 1562 (Berechnungsmethode für eine Zulage). 118 1874 13 BGH NJW 1982, 1878, 1879. 119 1875 14 RGZ 85, 440, 441 f.; RG JW 1907, 48; BGH NJW-RR 1992, 252; BAGE 62, 171, 191 = NZA 1989, 969, 974; BAG DB 2001, 2056; BayObLG ZMR 1985, 422, 423; LG Mannheim ZMR 1978, 25 (Eindringen von Rauch in eine Mietwohnung), Helle NJW 1963, 129, 130. Tatsachen kön-
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lung der (Un)Echtheit einer Urkunde), die Wirksamkeit von Willenserklärungen120 oder von anderen Rechtshandlungen121 bzw Realakten (Zustellung, Abmahnung oder Mahnung), die Feststellung eines bloßen Tatbestandsmerkmals, das für die Rechtsbeziehung wesentlich ist,122 die Rechtmäßigkeit123 oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.124 Die Feststellung kann nur auf die Rechtswirkung, nicht aber auf den tatsächlichen Vorgang, der dieser zugrunde liegt, gerichtet sein.125 Eine Entscheidung über eine Vorfrage in einem gesonderten Prozess ist auch grundsätzlich nicht erforderlich, da das Gericht in dem späteren Verfahren über das Rechtsverhältnis bzw den Anspruch diese Vorfrage ohnehin prüfen muss. Sinnvoll wäre eine Vorabentscheidung unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie allenfalls dann, wenn dieselbe Vorfrage für mehrere Prozesse relevant wäre.126 Ansonsten soll der Bezug der begehrten Entscheidung zu einem konkreten Rechtsschutzbegehren sichergestellt und überflüssige Feststellungsprozesse vermieden werden. Sind noch weitere Tatbestandsmerkmale umstritten, ist die Feststellung nur eines Tatbestandsmerkmals ohne Nutzen, da damit der Streit letztendlich nicht ausgeräumt wird. Eine wiederholte Inanspruchnahme der Gerichte mit derselben Rechtssache, indem zunächst über die Rechtsgrundlagen und dann über den Anspruch selbst entschieden wird, soll dem Kläger nicht ermöglicht werden.127 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass einzelne Elemente für sich ebenfalls ein selbständiges (Teil)Rechtsverhältnis darstellen können.128 Diese sind dann als feststellungsfähige Rechtsverhältnisse anzusehen.129 Die Abgrenzung einer zulässigen Feststellungsklage bezüglich eines (Teil) Rechtsverhältnisses zur unzulässigen Klage auf Feststellung von Urteilselementen bereitet deshalb vielfach Schwierigkeiten. e) Gegenwärtiges Rechtsverhältnis. aa) Allgemeines. Mit der Feststellungsklage kann nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses festgestellt werden,130 nicht aber eines künftigen Rechtsverhältnisses, das infolge der gegenwärtigen Ungewissheit über die entscheidungserheblichen Umstände derzeit nicht festgestellt werden kann131. Dies lässt sich mit dem Wesen der Rechtskraft erklären, da sich die Feststellung des Urteils nur auf die Zeit der letzten mündlichen
nen Gegenstand eines Beweissicherungsverfahrens (jetzt: selbständigen Beweisverfahrens gem. §§ 485 ff.) sein, RGZ 86, 374, 376; vgl. auch Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 1 (S. 400). Zum Begriff der Tatsache vgl. Mitsopoulos ZZP 91 (1978), 113, 123 f. 120 1876 1 BGHZ 37, 331, 333 = NJW 1962, 1913, 1914; BGHZ 109, 306, 308 = NJW 1990, 911. 121 21877 BGHZ 37, 331, 333 = NJW 1962, 1913, 1914; LG Berlin NJW-RR 1997, 204; LAG Köln DB 1984, 1630, 1631. 122 31878 BAGE 62, 44, 47 = NJW 1983, 2838. 123 41879 BGH NJW 2001, 3789. 124 51880 BGH NJW 2000, 2280, 2281; BGHZ 68, 331, 332 = NJW 1977, 1288; BGH MDR 1985, 37 f. 125 61881 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 1 (S. 400). 126 71882 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 27; Pohle Anm. AP Nr. 12 zu § 256 ZPO. 127 81883 BGH NJW 1995, 1097. 128 91884 Zum Verhältnis von Teil und Ganzem Trzaskalik
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S. 132 ff., der zu Recht darauf hinweist, dass es auf die Wahl des Standpunkts ankomme, ob etwas als Ganzes oder Element zu betrachten sei; vgl. auch Jacobs S. 34 f., der die Begriffe des Rechtsverhältnisses im engeren und im weiteren Sinne vorzieht. 129 1885 10 BGH NJW-RR 1986, 104, 105. 130 1886 11 BGH NJW-RR 2001, 957; BGH NJW 1998, 1144, 1148; BGH NJW-RR 1997, 67, 68; BGHZ 120, 239, 253 = NJW 1993, 925, 928; BGHZ 99, 344, 356 f. = NJW 1987, 2364, 2366; BGH MDR 1983, 836; BGHZ 37, 137, 144 f. = NJW 1962, 1723 f.; BGH LM Nr. 49 zu § 1004 BGB; BGHZ 28, 225, 233 f. = NJW 1959, 97, 100; RGZ 84, 390 f.; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 969. 131 1887 12 BGH MDR 1960, 371 f.; OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 578 (fehlendes Feststellungsinteresse für negative Feststellung zur nachehelichen Unterhaltspflicht vor der Scheidung); Jacobs S. 292 ff.
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Tatsachenverhandlung bezieht.132 Außerdem soll verhindert werden, dass sich die Gerichte mit Rechtsverhältnissen befassen müssen, deren Grundlagen sich bis zu ihrem Entstehen verändern und sich die diesbezüglichen Fragen von selbst erledigen können.133 Allerdings können nach der Rechtsprechung auch bedingte oder nur mögliche künftige Beziehungen die Grundlage einer Feststellungsklage bilden, wenn eine aktuelle Verbindlichkeit zwar noch nicht entstanden, aber für ihren späteren Eintritt der Grund derart gelegt ist, dass nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Eintritt der Verbindlichkeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist.134 So können sich aus einem bestehenden Unterhaltsrechtsverhältnis feststellungsfähige künftige Ansprüche ergeben.135 Die bloße Hoffnung auf ein künftig entstehendes Rechtsverhältnis oder die Befürchtung eines solchen genügt jedoch nicht.136 Die diesbezügliche Rechtsprechung ist jedoch in sich widersprüchlich.137 So wird ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis in Bezug auf das künftige Erbrecht verneint,138 während ein solches hinsichtlich des künftigen Pflichtteilsrechts von gesetzlichen Erben angenommen wird.139 Dies wird damit begründet, dass das Pflichtteilsrecht bereits zu Lebzeiten des Erblassers rechtliche Wirkungen erzeuge, da es die Testierfreiheit des Erblassers einschränke.140 Insbesondere die zur Begründung angeführten Vorschriften – §§ 2346, 311b Abs. 5, 1822 Nr. 1, 1643 BGB –, die ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzen, auf das verzichtet bzw eine diesbezügliche Verpflichtung eingegangen werden könnte, sprechen für eine Gleichbehandlung von gesetzlichem Erbteil und Pflichtteil. Als entscheidendes Argument gegen das Bestehen eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Erbrechts führt der BGH141 die Testierfreiheit des Erblassers an. Bei Bindung des Erblassers an einen Erbvertrag bzw an ein gemeinschaftliches Testament wird deshalb ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis angenommen.142 Der Grad der Bindung kann jedoch nicht als Kriterium für das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses angesehen werden.143 Ansonsten müsste ein mit einem umfassenden Rücktrittsrecht ausgestattetes Vertragsverhältnis ebenfalls nicht als beurteilungsfähiges Rechtsverhältnis bezeichnet werden. Entgegen der Rechtsprechung sind deshalb gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht, jedenfalls was die Feststellungsfähigkeit angeht, gleich zu behandeln (vgl. Rdn. 76).
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Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 2 (S. 401). 2 Fenge Die verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage (1953), S. 84; Kadel S. 71. 134 31890 RGZ 61, 164, 168; RGZ 86, 374, 376; RGZ 113, 207, 209; RGZ 127, 179, 185; RGZ 170, 358, 374; BGHZ 4, 133, 135 = NJW 1952, 539; BGHZ 28, 225, 234 = NJW 1959, 97, 100; BGH ZZP 67 (1954), 291, 293; BGH ZZP 85 (1972), 245 mit krit. Anm. Schwab; BGH NJW 1984, 2950; BGH NJW 1986, 2507; BGH NJW 1988, 774; BGH NJW 1992, 436, 437; BGH NJW 1996, 1062, 1063; BGH NJW 1998, 160; OLG Düsseldorf VersR 1999, 587; OLG Koblenz MDR 1987, 935, 936. 135 41891 OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 905, 906. 136 51892 BGH NJW 2001, 3789, 3790; RG Gruchot 58, 133 1889
478, 481; vgl. auch BGH NJW 1992, 697, 698; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 969; Werner/ Pastor Der Bauprozess12 (2008) Rdn. 447. 137 1893 6 Vgl. dazu Assmann ZZP 111 (1998), 357, 361 ff. 138 71894 BGHZ 37, 137, 145 = NJW 1962, 1723 f.; RGZ 49, 370, 372; RG JW 1911, 186 Nr. 16; OLG Koblenz FamRZ 2003, 542, 543; OLG Köln JW 1930, 2064 Nr. 5. 139 81895 BGH NJW 1996, 1062, 1063; BGH NJW 1974, 1084, 1085; BGHZ 28, 177, 178 = NJW 1958, 1964; RGZ 92, 1, 3 ff.; aA MünchKommBGB4/ Leipold (2004) § 1922 Rdn. 80. 140 91896 RGZ 92, 1, 3; dagegen überzeugend Moser S. 402 f. 141 1897 10 BGHZ 37, 137, 144 f. = NJW 1962, 1723 f. 142 1898 11 OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 141, 142. 143 1899 12 Siehe Trzaskalik S. 75.
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Ein weiterer Widerspruch liegt darin, dass einerseits die Feststellungsfähigkeit von erst künftig entstehenden Rechtsverhältnissen verneint, andererseits eine solche von erst künftigen Ansprüchen eines bereits bestehenden Rechtsverhältnisses bejaht wird.144 Dies wird damit begründet, dass die künftige Entwicklung eines in der Gegenwart bestehenden Rechtsverhältnisses von dem unsicheren Entstehen eines Rechtsverhältnisses in der Zukunft deshalb zu unterscheiden sei, weil in diesem Fall die Rechtskraftwirkung von einer nicht vorhersehbaren Entwicklung der Lebensverhältnisse abhänge.145 Gegen diese Argumentation ist einzuwenden, dass Feststellungsgegenstand in beiden Fällen ein künftiges Rechtsverhältnis ist, denn auch der künftige Anspruch ist noch nicht entstanden und Unwägbarkeiten ausgesetzt. Auch in den Fällen, in denen die Feststellungsfähigkeit damit begründet wird, dass es sich bereits um ein bedingtes Rechtsverhältnis handelt, kann noch nicht von einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis gesprochen werden. In den meisten Fällen fehlt es an Tatbestandsmerkmalen, über die noch keine gesicherten Feststellungen getroffen werden können, und nicht an Bedingungen. So setzt ein Anspruch auf Unfallpension eines im Dienst befindlichen Beamten die Dienst- oder Erwerbsunfähigkeit auf Grund des Unfalls voraus. Das RG hat dennoch ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis bejaht, obwohl dies noch ungewiss war.146 Auch der Feststellungsantrag, dass eine Ersatzpflicht des Schädigers gem. § 829 BGB besteht, wenn und soweit die Billigkeit dies erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standesgemäßen Unterhalt sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf, wird für zulässig gehalten.147 Der Anspruch aus § 829 BGB wird als bedingtes Rechtsverhältnis angesehen, wenn die Voraussetzungen der tatbestandsmäßigen Handlung iSd §§ 823 −826 BGB und des fehlenden Ersatzanspruchs gegen einen aufsichtspflichtigen Dritten bereits in der Vergangenheit verwirklicht sind. Ungewiss bleibt aber, ob in der Zukunft die Billigkeit die Schadloshaltung erfordert und kein Notbedarf besteht. Dabei handelt es sich um tatsächliche Voraussetzungen, die im Einzelnen von der zukünftigen Entwicklung der Verhältnisse der Beteiligten abhängen und über die keine gesicherten Feststellungen getroffen werden können. Ähnlich wird verfahren, wenn es um Ersatzansprüche Unterhaltsberechtigter gem. § 844 Abs. 2 BGB bei Tötung des Unterhaltspflichtigen geht und noch nicht absehbar ist, ob die Unterhaltsbedürftigkeit eintreten wird (zum Feststellungsinteresse vgl. Rdn. 155 ff., insb. 159).148 Auch die Ersatzpflicht für einen erst künftig zu erwartenden Schaden149 ist bereits als bedingtes Rechtsverhältnis feststellungsfähig.150 144 1900
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Vgl. dazu BGHZ 100, 228, 232 = NJW 1987, 1887, 1888; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 16. 145 1901 2 BGHZ 37, 137, 145 = NJW 1962, 1723 f. 146 31902 RGZ 86, 374, 376. 147 41903 BGH NJW 1962, 2201, 2202; BGH NJW 1958, 1630, 1633; RGZ 169, 394, 395; RG JW 1910, 824 Nr. 48. 148 51904 BGHZ 4, 133 ff. = NJW 1952, 539; BGH NJW 1952, 741; OLG Düsseldorf MDR 1965, 135 f.; aA Greif NJW 1951, 689 f., dagegen Schwoerer NJW 1951, 950. 149 1905 6 Dagegen ist es unproblematisch, wenn der Schaden dem Grunde nach bereits entstanden ist, die Höhe aber noch nicht beziffert werden kann oder eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der Vermögenslage bereits eingetreten ist, ohne
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dass feststeht, ob der Schaden endgültig bestehen bleibt oder der Schaden eingetreten und bei verständiger Würdigung mit der nicht entfernt liegenden Möglichkeit des Auftretens weiterer Schäden zu rechnen ist, vgl. BGHZ 100, 228, 231 = NJW 1987, 1887 mwN und BGH NJW 1993, 648, 653, denn in all diesen Fällen ist bereits ein Schadensersatzanspruch entstanden. 150 71906 RGZ 61, 164, 167 f. (Ersatzpflicht des Schädigers für künftige Aufwendungen der Berufsgenossenschaft aus einem Unfall); anders aber RGZ 84, 390 f. bezüglich der Ersatzpflicht für künftige Aufwendungen des unterhaltsverpflichteten Vaters des Geschädigten, aufgegeben in RGZ 156, 193, 200, bzgl. der Feststellung, dass der Schädiger den Vater des Geschädigten von einem Rückgriffsanspruch des Fürsorgeverbandes freistellen
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In all diesen Fällen wäre es deshalb sinnvoller und ehrlicher, entgegen der oben angeführten h.M. die Feststellung der einzelnen bereits vorliegenden Tatbestandsmerkmale zuzulassen,151 und nicht die Feststellung der Rechtsfolge, die noch von zukünftigen ungewissen Tatsachen abhängt. Die Rechtskraftwirkung wäre in beiden Fällen dieselbe, eine Leistungsklage zur Durchsetzung des Anspruchs wäre auch im letzteren Fall wegen der fehlenden Feststellungen bezüglich der noch ungewissen Tatbestandsmerkmale erforderlich.
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bb) Bedingung, Befristung, Betagung. Ist eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung begangen worden, aber der Umfang der Folgen noch nicht abzusehen, liegt ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis vor.152 Unproblematisch sind auch die Fälle, in denen es sich um eine echte Bedingung oder Befristung iSd §§ 158, 163 BGB handelt.153 Die Feststellung von betagten Rechtsverhältnissen ist ebenfalls zulässig.154 So liegt ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis vor, wenn festgestellt werden soll, dass auf Grund eines bestehenden Vertrags das Recht zur Geschäftsführung im Fall des Ausscheidens des Klägers auf seinen Sohn übergeht.155 Eine subsidiäre Haftung, wenn z.B. der Architekt für den Schaden nur im Unvermögensfall des Unternehmers haftet und dieser noch nicht feststeht, stellt einen feststellungsfähigen Gegenstand dar.156 Auch die Ersatzpflicht eines Haftpflichtversicherers für den Fall, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit über 50 % steigt, ist ein feststellbares bedingtes Rechtsverhältnis.157 Wenn zwischen den Parteien des Rechtsstreits bereits Beziehungen bestehen, die schon zur Zeit der Klageerhebung wenigstens die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden, wie z.B. das Versicherungsverhältnis, kann auf Feststellung geklagt werden, dass der Kläger Versicherungsschutz für eine geplante Maßnahme gewähren müsse.158 Bei einem bestehenden Konkurrenzverbot kann auf Feststellung der einzelnen daraus entstehenden Verpflichtungen geklagt werden, auch wenn diese noch nicht vorliegen.159
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cc) Abgrenzung zu sich erst künftig ergebenden Ansprüchen. Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zu den sich erst künftig ergebenden Ansprüchen. Unzulässig ist die Feststellungsklage überall dort, wo noch keine Anwartschaft besteht. Der Anspruch der Ehefrau gegen den Versorgungsträger auf eine Ausgleichsrente gemäß § 3a VAHRG nach dem Tod des Ehemanns kann zu dessen Lebzeiten wegen der Ungewissheit, ob die Ehefrau ihren Ehemann überleben werde, nicht als gegen-
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müsse; BGH ZZP 85 (1972), 245 mit krit. Anm. Schwab; BGHZ 100, 228, 231 = NJW 1987, 1887, 1888 mwN; BGH NJW 1993, 648, 653; BGH NJW 1996, 1062, 1063 (Klage eines (anderen) gesetzlichen Erben auf Feststellung der Haftung des Notars, der die Unwirksamkeit eines Erbverzichts verschuldet hat). 151 1907 1 Auch Habscheid ZZP 112 (1999), 37, 46 ff. sieht ein Bedürfnis für die Feststellung von bloßen Urteilselementen, wenn nur diese streitig und alle anderen Elemente unstreitig sind, verweist aber auf das selbständige Beweisverfahren und das Schiedsgutachterverfahren, in denen Elemente festgestellt werden können. Die Rechtsschutzlü-
cke könne dadurch jedoch nicht vollständig geschlossen werden. 2 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 3 (S. 403 f.). 1909 3153 Hier geht es um eine bereits entstandene Rechtsbeziehung, Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 3 (S. 403). 154 1910 4 BGH NJW 1992, 436, 437; BGH NJW 1984, 2950; BGHZ 28, 225, 233 f. = NJW 1959, 97, 100; RGZ 61, 164, 168. 155 1911 5 RGZ 170, 358, 374. 156 61912 BGH NJW 1961, 1165 f. 157 71913 OLG Düsseldorf VersR 1999, 587. 158 81914 BGH NJW 1988, 774. 159 91915 RG JW 1909, 497, 498. 152 1908
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wärtiges Rechtsverhältnis angesehen werden. Ein solcher Anspruch kann erst in Zukunft unter Voraussetzungen entstehen, deren Eintritt noch offen ist.160 Solange eine Beitragsnachzahlung zu einer Sozialversicherung möglich ist, ist eine Schadensfeststellung wegen verschuldeter Nichteinzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen unzulässig.161 Eine Klage des Versicherers gegen den Schädiger auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich künftiger Versicherungsleistungen wird als künftiges Rechtsverhältnis angesehen, da der Anspruch des Versicherers gem. § 86 (§ 67 a.F.) VVG erst mit der Ersatzleistung erworben wird. Dagegen wird eine Feststellungsklage des Versicherers, dass der Schädiger im Rahmen der zu erbringenden Versicherungsleistungen dem verletzten Versicherungsnehmer Schadensersatz leisten muss, für zulässig gehalten.162 Als künftiges Rechtsverhältnis ist es anzusehen, wenn die Herleitung der begehrten Rechtsfolge aus einem Sachverhalt nicht möglich ist, weil sich ein für die Entscheidung erheblicher Teil des Sachverhalts erst in Zukunft ereignet.163 Trotzdem wird eine Feststellungsklage bei eventuellen weiteren Einwirkungen von Sprengungen zugelassen, obwohl die zur Ersatzpflicht führenden Handlungen vom Beklagten erst in Zukunft möglicherweise vorgenommen werden.164 Die Begründung des BGH, dass das festzustellende Rechtsverhältnis einem bedingen gleichzustellen sei, weil bereits ein Element – die Unmöglichkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage − in der Gegenwart besteht, überzeugt jedoch nicht. Besteht der Vertrag noch nicht, dann wird auch kein Rechtsverhältnis dadurch begründet, dass auf seinen Abschluss geklagt wird; doch steht der eventuellen Widerklage nichts entgegen, die, falls es zum Abschluss kommt, Modifikationen in der Vertragsgestaltung durchsetzen will, weil insoweit ein bedingtes Rechtsverhältnis Gegenstand der Widerklage ist.165 dd) Vergangenes Rechtsverhältnis. Auch ein vergangenes Rechtsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein.166 Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das in § 256 Abs. 1 geforderte Feststellungsinteresse besteht (Rdn. 174 ff.). Ein solches liegt vor, wenn sich daraus Rechtsfolgen für die Gegenwart oder die Zukunft ergeben.167
160 11916 BGH FamRZ 1996, 1465 f. 161 21917 BGH MDR 1968, 575 f. (Zulässigkeit bei fehlender Möglichkeit der Beitragsnachzahlung); BAG AP Nr. 47 zu § 256 ZPO mit abl. Anm. Grunsky. 162 1918 3 BGH VersR 1966, 875, 876 f. 163 1919 4 BGH LM Nr. 49 zu § 1004 BGB. 164 51920 BGHZ 28, 225, 233 f. = NJW 1959, 97, 100; ebenso LG Tübingen VersR 1964, 665 f., für künftige Schäden, die durch künftige Panzerfahrten hervorgerufen werden. 165 61921 RG Warn 1912 Nr. 44. 166 1922 7 Vgl. dazu Jacobs S. 272 ff., 312, der darauf abstellt, ob das eigentlich vergangene Rechtsverhältnis nicht in Wahrheit ein gegenwärtiges im engeren Sinne ist oder das vergangene Rechtsverhältnis im weiteren Sinn präjudiziell für ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis ist; aA wohl BGH WM 1981, 1050; BAG AP Nr. 19 zu § 256 ZPO − ein vergangenes Rechtsverhältnis kann in der Re-
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gel nicht Feststellungsgegenstand sein. Dies ist aber keine Frage des Feststellungsgegenstands, sondern des Feststellungsinteresses; vgl. auch Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 2 (S. 401 f.), der eine Feststellungsklage nur für denkbar hält, wenn zu dem vergangenen Rechtsverhältnis noch weitere Tatbestandsmerkmale hinzutreten. 167 1923 8 BGH WM 1981, 1050 f.; BGHZ 27, 190, 196 = NJW 1958, 1293, 1294; RG Warn 1930 Nr. 66; RG JW 1929, 847 mit Anm. Heinsheimer; BAG AP Nr. 1 zu § 268 ZPO; BAG NZA 2000, 775, 776; BAG NJW 1997, 3396; BAG NJW 1995, 2941; BAG MDR 1993, 689; OLG Nürnberg FamRZ 1982, 1102; aA Germelmann/Matthes/ Prütting/Germelmann ArbGG6 (2008) § 46 Rdn. 79; Hellwig Lehrbuch Bd. 1, § 58 III 3 (S. 383); ders. Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 2 (S. 401 f.), § 55 II 3a (S. 424).
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Dies gilt auch für eine Feststellungsklage, die ursprünglich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, das während des Prozesses erloschen ist, gerichtet war.168
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f) Prozessuales Rechtsverhältnis. Die Feststellung von prozessualen Rechtsverhältnissen ist grundsätzlich zulässig, soweit nicht ein anderer prozessualer Weg, z.B. ein Rechtsbehelf, in Betracht kommt. Eine derartige Feststellungsklage kann dann am fehlenden allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis oder am fehlenden Feststellungsinteresse scheitern. Zulässig ist die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Urteils (Nichtbestehen eines prozessualen Rechtsverhältnisses)169 oder eines im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangenen Beschlusses170. Der Kläger ist auch bei einem nichtigen Titel nicht auf den Weg der Klauselerinnerung gem. § 732 oder der Klauselgegenklage gem. § 768 verwiesen.171 Ist ein Urteil nicht der materiellen Rechtskraft fähig, weil der Tenor zu unbestimmt ist, kommt hingegen eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 in Betracht mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung aus dem Titel für unzulässig zu erklären.172 Eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines prozessualen Rechtsverhältnisses wäre unbegründet, weil das Urteil nicht völlig wirkungslos, sondern jedenfalls vollstreckungsfähig ist.173 Geklagt werden kann auf Feststellung des Urteilsinhalts, wenn die Urteilsformel zu Zweifeln Anlass gibt und zwischen den Parteien Streit über die Tragweite besteht174 oder eine offenbare Unrichtigkeit im Urteil enthalten ist.175 So ist die Feststellungsklage zulässig bezüglich der Auslegung eines Titels, der mehreren Personen einen ungeteilten Gesamtbetrag an Unterhalt zuspricht.176 Trotz rechtskräftigen Titels kann im Hinblick auf § 850f Abs. 2 die Feststellung begehrt werden, dass der rechtskräftig titulierte Anspruch auch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet sei.177 Beantragt werden kann auch die Feststellung des Inhalts des vollstreckbaren Teils eines Prozessvergleichs178 oder des Inhalts einer vollstreckbaren Urkunde179.
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BAGE 74, 201, 202 = NJW 1994, 1751; vgl. auch BGH NJW 1998, 229, 230. 2 Lüke JuS 1985, 767, 769; ders. ZZP 108 (1995), 427, 440 f. (allerdings Verneinung des Feststellungsinteresses); Pohle FS Rosenberg (1949), S. 145, 177; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 62 Rdn. 21; aA Blomeyer ZPR § 81 III 2a Fn. 55; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 59 I (S. 488, wendet § 256 nur auf Rechtsverhältnisse des materiellen Rechts an); Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil (1958), S. 188 (Rechtsverhältnis fehlt); v. Mettenheim Der Grundsatz der Prozeßökonomie (1970), S. 43 Fn. 90. 1926 3170 BGHZ 29, 223, 230 = NJW 1959, 723, 724 (Bergelohn im Dispacheverfahren). 171 41927 BGHZ 29, 223, 229 = NJW 1959, 723, 724. 172 1928 5 BGHZ 124, 164, 170 f. = NJW 1994, 460, 461 = ZZP 107 (1994), 365, 368 mit Anm. Foerste; vgl. auch OLG München NJW-RR 2001, 130, 131. Gegen diese „neue Vollstreckungsabwehrklage“ Pawlowski AcP 195 (1995), 548, 566 ff. und 578, der keinen Anlass für die Einführung dieser neuen Klage sieht, da der Kläger (Schuldner) die beigetriebenen Leistungen mit einer Klage aus 169 1925
§ 812 BGB wieder zurückfordern könne und ihm somit nach § 767 die (normale) Vollstreckungsabwehrklage zur Verfügung stehe. Er stimmt dem BGH jedoch darin zu, dass die in § 767 angeordnete Präklusion nicht eingreift. Anders Musielak/Foerste Rdn. 32, der bei unanfechtbaren Urteilen, denen nur die materielle Rechtskraft fehlt, eine Feststellungsklage annimmt. 173 1929 6 BGHZ 124, 164, 170 f. = NJW 1994, 460, 462 = ZZP 107 (1994), 365, 368 mit Anm. Foerste. 174 71930 BGH BB 1976, 1433; BGH NJW 1972, 2268 f.; BGHZ 36, 11, 14 = NJW 1962, 109 f.; BGHZ 5, 189, 194 = NJW 1952, 665; RGZ 147, 27, 29; RGZ 82, 161, 164; OLG München Rpfleger 1990, 248; Brehm JZ 1990, 394, 395. 175 81931 OLG München OLGRspr 31, 51 (Klage auf Feststellung, dass ein gegen den Beklagten unter einer anderen unrichtigen Bezeichnung ergangenes Urteil diesen betreffe). 176 1932 9 Musielak/Foerste Rdn. 30. 177 1933 10 BGHZ 109, 275, 276 = NJW 1990, 834. 178 1934 11 BGH NJW 1977, 583, 584; BAG NJW 2002, 3045, 3046; OLG München AnwBl 1986, 542. 179 1935 12 BGH NJW 1997, 2320, 2321.
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Auch auf Feststellung des Inhalts eines Schiedsspruchs kann geklagt werden, nicht aber auf die Feststellung der (Un-)Wirksamkeit eines Schiedsspruchs.180 Unzulässig ist eine Klage auf Feststellung, dass eine Schiedsvereinbarung (nicht) besteht; insoweit stellt § 1032 Abs. 2 eine Sondervorschrift dar, die § 256 verdrängt.181 Dagegen ist eine Feststellungsklage, die die Frage nach der Wirksamkeit eines ausländischen Urteils beantwortet, zulässig.182 g) Einzelfälle. Abmahnung: Die Feststellungsklage eines wegen einer Wettbewerbsverletzung oder wegen Verletzung immaterieller Schutzrechte Abgemahnten, dass die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist und die darin erhobenen Ansprüche nicht bestehen, ist grundsätzlich zulässig.183 Einer Partei kann die Klärung eines Rechtsverhältnisses nicht verweigert werden, wenn dessen tatsächliche Umstände in der Gegenwart und mindestens in der für wirtschaftliche Entscheidungen maßgeblichen näheren Zukunft feststehen.184 Deshalb ist eine Feststellungsklage, dass ein gegen den Kläger wegen eines angeblichen, in der Vergangenheit liegenden Wettbewerbsverstoßes geltend gemachter Unterlassungsanspruch nicht bestehe, zulässig.185 Unzulässig ist jedoch eine Klage auf abstrakte Feststellung, dass die Beklagte ihre Klagebefugnis nach § 8 Abs. 4 UWG (§ 13 Abs. 5 UWG a.F.) missbrauche, da es sich hierbei nur um ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses handelt.186 Allgemeines Persönlichkeitsrecht: Unzulässig sind persönlichkeitsrechtliche Klagen, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Persönlichkeitsverletzung gerichtet sind.187 Zwar sprechen de lege ferenda gute Gründe für die Einführung einer persönlichkeitsrechtlichen Feststellungsklage, da diese Vorteile beim Rechtsschutz und der Prozessökonomie gegenüber einem Widerrufsanspruch aufweist.188 De lege lata ist eine solche Feststellungsklage jedoch nicht mit § 256 Abs. 1 vereinbar. Diese wäre eine „materiellrechtliche Feststellungsklage“,189 die nicht in das rein prozessuale Institut (vgl. dazu Rdn. 3) der allgemeinen Feststellungsklage passt.190 Es fehlt insoweit an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis, da es sich lediglich um die Vorfrage eines Rechtsverhältnisses handelt.191 Das gleiche gilt für die Wahrheit oder Unwahrheit einer ehrverletzenden Tatsachenbehauptung (vgl. dazu „Behauptung“). Festgestellt werden kann jedoch das Nichtbestehen eines presserechtlichen Gegendarstellungsanspruchs.192
1936 1180 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 35; Stein/Jonas/ Schlosser § 1060 Rdn. 17. 181 21937 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 19. 182 1938 3 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 19; Zöller/Greger Rdn. 4; Geimer JZ 1977, 145, 146. 183 41939 BGHZ 99, 340, 341 ff. = NJW 1987, 2680; BGH NJW-RR 1995, 1379, 1380; BGH GRUR 1985, 571, 573. 184 51940 BGH NJW 1986, 1815, 1816. 185 61941 BGH NJW 1986, 1815, 1816. 186 71942 OLG München WRP 1992, 270, 272. 187 81943 BGHZ 68, 331, 334 = NJW 1977, 1288, 1289; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 26; aA OLG Hamburg MDR 1975, 56: das OLG lässt hier die Feststellungsklage zu, da sie in Verbindung mit dem auf Veröffentlichung des Urteils gerichteten Antrag erhoben wurde. Beide Anträge seien als Einheit zu sehen, deshalb handle es sich in Wahrheit um eine verkappte Leistungs-
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klage (Folgenbeseitigung); LG Konstanz NJW 1976, 2353: „Ein Unrechtsverhältnis ist ebenso ein Rechtsverhältnis wie ein Vertragsverhältnis“ unter Verweis auf Pärn Die Beseitigungsklage in Sachen Individuum contra Massenmedium (1974), S. 119, 133 ff.; Stoll FS Bötticher (1969), S. 341, 359 ff.; vgl. auch Stoll Gutachten für den 45. DJT (1964), S. 1, 142, der ebenfalls in einer geschehenen Persönlichkeitsverletzung, die einen Zustand fortwirkenden Unrechts schafft, ein Rechtsverhältnis sieht; eingehend hierzu Klass S. 277 ff. 188 1944 9 Vgl. Klass S. 236 ff. 189 1945 10 Zum Begriff Klass S. 273. 190 1946 11 BGHZ 68, 331, 334 = NJW 1977, 1288, 1289; Hoth GRUR 1977, 678, 679. 191 1947 12 BGHZ 68, 331, 334 = NJW 1977, 1288, 1290. 192 1948 13 OLG Celle NJW-RR 1989, 182, 183.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 256
Der Amtshaftungsanspruch aus einer behaupteten Falschauskunft begründet ein Rechtsverhältnis, das Gegenstand einer Feststellungsklage iSd § 256 sein kann.193 Anfall- und Anwartschaftsrechte zählen auch zu den subjektiven Rechten und sind feststellungsfähig. Anspruchsgrund: Im Rahmen einer negativen Feststellungsklage kann die Feststellung sogar auf einen bestimmten Anspruchsgrund beschränkt werden.194 Auch die Feststellung, dass der titulierte Anspruch aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gerechtfertigt sei, betrifft ein Rechtsverhältnis iSd § 256 Abs. 1 und nicht nur Vorfragen oder (unselbständige) Elemente eines solchen.195 Arbeitsrecht: Zu den feststellungsfähigen Rechtsverhältnissen gehört auch die Arbeitnehmereigenschaft. Zulässig ist ferner die Feststellungsklage, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund Betriebsübergangs mit dem Beklagten fortbesteht (nicht auf Feststellung des Betriebsübergangs).196 Kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis stellt jedoch die fehlende Kündigungsbefugnis des Betriebsveräußerers nach erfolgtem Betriebsübergang dar.197 Ferner können die Pflicht des Arbeitgebers zur Beschäftigung mit einer bestimmten Wochenarbeitszeit und einer entsprechenden Vergütung,198 zur Abführung von den dem Bruttoarbeitsentgelt entsprechenden Sozialversicherungsbeiträgen,199 der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers und sein Umfang,200 die Verpflichtung, im künftigen Versorgungsfall Bezüge nach einer bestimmten Bemessung zu gewähren201 und der Leistungsumfang einer betrieblichen Ruhegeldanwartschaft202 festgestellt werden, da ein betriebsrentenrechtliches Rechtsverhältnis nicht erst mit dem Eintritt des Versorgungsfalls, sondern bereits mit dem Entstehen einer Versorgungsanwartschaft begründet wird.203 Feststellungsfähig ist auch das Recht auf Eingruppierung in eine bestimmte Lohn- oder Gehaltsgruppe,204 oder die Verpflichtung, die Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe zu zahlen,205 auch wenn die Einrede der Verjährung durchgreift. Dies führt zur Abweisung als unbegründet.206 Gegenstand einer Feststellungsklage kann eine gegen einen Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes verhängte förmliche Disziplinarmaßnahme sein.207 Bei der Klage zur Feststellung des Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses ohne Befristung einzelner Vertragsbedingungen handelt es sich nicht um eine Klage nach § 17 TzBfG, sondern um eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1.208 Eine Klage auf Feststellung, dass bestimmte Zeiten als Beschäftigungszeit anzurechnen sind, ist ebenfalls möglich.209 Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit und Wirk193 1949
1
BGH NJW 2002, 1646 (LS) = NVwZ 2002, 373 (Gründe). 194 1950 2 BGH NJW 1984, 1556. 195 1951 3 BGHZ 109, 275, 276 = NJW 1990, 834. 196 41952 BAG NZA 2004, 1383, 1385; BAG NJW 2000, 3226; BAG NJW 1998, 2306, 2307. 197 51953 LAG Hamm NZA-RR 2002, 82, 84. 198 61954 BAGE 49, 125, 127 f. = DB 1986, 132. 199 71955 BAGE 22, 332, 335 = NJW 1970, 1654, 1655. 200 81956 BAG NZA 1994, 35, 36; BAGE 16, 293, 296 f. = NJW 1965, 787. 201 91957 BAG NJW 1998, 2966; vgl. auch BAGE 86, 216, 219 (Witwenrente) = NZA 1998, 817. 202 1958 10 LAG Berlin BB 1979, 940. 203 1959 11 BAGE 86, 216, 219 = NZA 1998, 817; BAGE 82, 193, 196 = NZA 1996, 992; BAGE 79, 236, 239 = NZA 1996, 48.
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12 BAGE 22, 448, 458 = NJW 1971, 480 (LS); LAG Hamm DB 1979, 1560; vgl. auch LAG Mainz BB 2001, 2066 (Unzulässigkeit eines Feststellungsantrags des Betriebsrats, in bestimmten Fällen ein Zustimmungsverweigerungsrecht zu der Eingruppierung eines Arbeitnehmers zu haben, wenn er nicht einen konkreten, wenn auch erledigten Fall betrifft. 205 1961 13 BAGE 1, 85 ff. = NJW 1955, 157 f. = AP Nr. 1 zu § 3 TOA = AP Nr. 13 zu § 256 ZPO. 206 1962 14 BAG NJW 1970, 16 f. 207 1963 15 LAG Berlin BB 1980, 1749 (LS). 208 1964 16 BAGE 100, 211, 212 f. = NJW 2002, 3421 zum alten § 1 Abs. 5 BeschFG. 209 1965 17 BAG NZA 2002, 1052, 1053.
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samkeit der Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen neuen Arbeitsplatz an einen neuen Arbeitsort ist zulässiger Feststellungsgegenstand,210 nicht aber der Feststellungsantrag, ob ein (beliebiger) Arbeiter im Betrieb versetzt und dann lohnmäßig neu eingestuft werden könne.211 Auch die Zulässigkeit einer Nebentätigkeit kann im Wege der Feststellungsklage geklärt werden.212 Unzulässig ist eine Klage auf Feststellung, dass die von einem Angestellten ausgeübte Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe der TO.A entspreche, weil sie sich nicht auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern auf Feststellung bloßer Anspruchselemente erstreckt.213 Gleiches gilt für die Feststellung der Verpflichtung, eine Vergütung nach dem einschlägigen Tarifvertrag zu zahlen.214 Lediglich ein Element eines Rechtsverhältnisses ist die (arbeitsrechtliche) Abmahnung. Daher ist die Klage eines Arbeitnehmers auf Feststellung der Unwirksamkeit der Abmahnung ebenso unzulässig wie die Klage des Arbeitgebers auf Feststellung der Wirksamkeit.215 Die Rechtswidrigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen kann als Vorfrage nicht festgestellt werden.216 Dies gilt auch für die Rechtswidrigkeit einer Aussperrungserklärung.217 Ein Streit der Betriebsparteien darüber, ob der Betriebsrat in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht hat, kann mit einem Feststellungsantrag zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden, wenn entweder ein Konflikt dieses Inhalts aktuell besteht oder aber auf Grund der betrieblichen Verhältnisse zumindest jederzeit entstehen kann.218 Das Feststellungsinteresse an der Klärung einer betriebsverfassungsrechtlichen Streitfrage besteht sogar dann fort, wenn der akute betriebsbezogene Anlass zwar im Laufe des Beschlussverfahrens zunächst durch Zeitablauf entfallen ist, der Antrag stellende Betriebsrat sich aber vorbehält, bei Wiederholung der typischen und jederzeit aktualisierbaren Situation erneut entsprechend zu verfahren.219 Feststellungsfähig ist der Inhalt von Betriebsvereinbarungen.220 Die Rechtswirksamkeit von ungekündigten oder nachwirkenden Betriebsvereinbarungen kann der Betriebsrat damit zum Gegenstand einer Feststellungsklage machen.221 Auch ein An-
210 1966
1 BAG BB 1960, 445. 211 21967 RAGE 5, 208, insoweit handelt es sich um eine abstrakte Rechtsfrage, siehe Rdn. 34. 212 31968 BAG DB 2002, 1560, 1561. 213 41969 BAGE 8, 333, 337; BAG AP Nr. 47 zu § 256 ZPO. 214 51970 BAG EzA § 256 ZPO 2002 Nr. 7 (4 AZR 522/04, Abweisung allerdings wegen fehlenden Feststellungsinteresses, weil es dem Kläger letztendlich um die Berechnung ging und deshalb der Rechtsstreit nicht abschließend geklärt werde). 215 61971 BAGE 63, 169, 173 = NZA 1990, 193, 194 = AP Nr. 12 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße mit Anm. Brox; LAG Köln DB 1984, 1630, 1631; Jurkat DB 1990, 2218 ff.; Schaub NJW 1990, 872, 877; aA Fromm DB 1989, 1409, 1417; Tschöpe NZA 1990, Beil. 2/1990, 10, 19; zu arbeitsrechtlichen Feststellungsklagen zusammenfassend Adam DZWiR 1996, 126 f. 216 71972 BAGE 60, 101, 111 = NJW 1989, 1881, 1882; BAGE 48, 160, 172 = NJW 1985, 2545, 2548;
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BAGE 46, 322, 340 = NJW 1985, 85, 88; Kissel NZA 1989, 81, 87. 217 1973 8 Vgl. LAG Hamm NJW 1983, 783, 784, das letztendlich das Feststellungsinteresse verneint; aA ArbG Paderborn DB 1975, 1655; Musielak/Foerste Rdn. 18. 218 1974 9 St. Rspr. BAG NZA 2004, 941, 942; BAGE 101, 277, 282 = DB 2002, 2727; BAGE 49, 180, 186 f. = NZA 1986, 163; BAGE 61, 283, 287 = NJW 1989, 2771 (LS); BAGE 77, 86, 89 = NZA 1995, 543; BAGE 41, 92, 100 = NJW 1983, 2838: Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat über die Einführung und Anwendung des „Financial Reporting System“ (FRS) umfassend zu unterrichten und mit ihm darüber zu beraten (§ 111 S. 1 BetrVG), mit ihm über einen Interessenausgleich zu verhandeln und einen Sozialplan aufzustellen (§ 112 BetrVG). 219 1975 10 BAGE 29, 281, 285 f. = DB 1977, 2452. 220 1976 11 BAGE 54, 191, 196 = NZA 1987, 639. 221 1977 12 BAG NZA 2004, 941, 942; BAG NZA 2004, 336, 340; BAGE 92, 203, 208 = NZA 2000, 498, 500.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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trag auf Feststellung des Tendenzcharakters eines Unternehmens iSd § 118 Abs. 1 BetrVG ist zulässig.222 Nicht festgestellt werden kann hingegen als bloße Vorfrage das Vorliegen einer Betriebsänderung iSd § 111 BetrVG.223 Eine Klage auf Feststellung der rechtlichen Zulässigkeit einer tariflichen Regelung würde auf die Erstattung eines Gutachtens hinauslaufen und ist deshalb mangels eines konkreten Rechtsverhältnisses nicht zulässig.224 Dagegen können die Gültigkeit, der Inhalt und die Auslegung einer Tarifnorm mit der Feststellungsklage geklärt werden.225 Zwar handelt es sich um eine Norm, die jedoch deshalb der Feststellungsklage zugänglich ist, weil sie zugleich einen Vertragsbestandteil darstellt. Der fachliche Geltungsbereich eines Tarifvertrags stellt ein einzelnes rechtserhebliches Element oder eine Vorfrage dar, nicht aber ein rechtliches Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einem Sachgut. Er sagt nur etwas darüber aus, ob eine Person (Arbeitgeber als Betriebsinhaber) – losgelöst von anderen Personen – hinsichtlich ihres Betriebszwecks vom Geltungsbereich eines Tarifvertrags erfasst wird.226 Eine diesbezügliche Feststellungsklage ist deshalb unzulässig. Die Tarifzuständigkeit ist vielmehr im Beschlussverfahren nach § 97 ArbGG mit der Wirkung der erweiterten Rechtskraft nach § 9 TVG zu klären.227 Soll allerdings klargestellt werden, welcher Tarifvertrag Anwendung auf das Arbeitsverhältnis findet, ist die Feststellungsklage zulässig, wenn hiervon die Entscheidung über mehrere Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis abhängt.228 Behauptungen: Unzulässig ist auch die Feststellung der Wahrheit oder Unwahrheit von inkriminierten Behauptungen.229 Auch eine Feststellung, dass die erteilte Auskunft unrichtig oder unrechtmäßig sei, kann nicht getroffen werden.230 Berechnungsgrundlage: Als bloße Vorfrage und damit nicht feststellungsfähig ist die Berechnungsgrundlage von Ansprüchen zu sehen. Das gilt bei der Bezugsgröße (Nennwert, „wahrer Wert“, Verkehrswert) für die Übernahme eines Kommanditanteils231 oder im Rahmen einer bestimmten Berechnungsart für die Ermittlung des Reingewinns, selbst wenn davon die Höhe eines Kaufpreises abhängt.232 Auch eine Klage mit dem Antrag auf Feststellung, dass für den Zugewinnausgleich ein zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenes Vermögen als Endvermögen anzusetzen sei, ist unzulässig,233 ebenso die Feststellung des Stichtags für das Endvermögen.234 Etwas anderes gilt, wenn es für die Erstattung eines Schiedsgutachtens um die Klärung des Vertragsinhalts geht.235 Bedenklich ist die Entscheidung des OLG Düsseldorf236, das ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung der Hinzurechnung einzelner Ver222 1978
1 BAGE 89, 228, 232 = NZA 1999, 277, 278. 223 21979 BAGE 41, 92, 101 = NJW 1983, 2838. 224 31980 BAGE 30, 189, 203 = NJW 1978, 2114, 2116; BAGE 46, 129, 137 f. = NJW 1985, 220, 221. 225 41981 BAG AP Nr. 8 zu § 256 ZPO; LAG Frankfurt AP 1953 Nr. 78 (Streitigkeiten zwischen den Tarifvertragsparteien). 226 51982 BAGE 62, 44, 47 = NZA 1989, 687; LAG Frankfurt AP 1953 Nr. 78. 227 61983 BAGE 62, 44, 48 = NZA 1989, 687. 228 1984 7 BAGE 67, 330, 332 = NZA 1991, 736, 737; BAG AP Nr. 6 zu § 1 TVG; LAG Berlin BB 1992, 1288; vgl. auch BAGE 56, 357, 360 = NZA 1988, 317 (trotz Einstufung als Rechtsfrage wegen Vorgreiflichkeit im Rahmen des § 256 Abs. 2 für zulässig angesehen). 229 81985 RGZ 85, 440, 441 f.; BGHZ 68, 331, 333 = NJW
1977, 1288, 1290. Mit beachtlichen Argumenten gegen die Feststellung der Wahrheit oder Unwahrheit einer Äußerung Pärn Die Beseitigungsklage in Sachen Individuum contra Massenmedium (1974), S. 120 ff.; aA Leipold ZZP 84 (1971), 150, 160; ders. JZ 1974, 63, 65, der sich für eine analoge Anwendung des § 256 ausspricht; Rötelmann NJW 1971, 1636, 1639 f.; vgl. auch Jauernig ZPR § 34 II; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 11. 230 91986 RG JW 1907, 47, 48. 231 1987 10 BGH NJW 1995, 1097. 232 1988 11 RG LZ 1925, 210. 233 1989 12 BGH NJW 1979, 2099, 2100 f. 234 1990 13 OLG Köln FamRZ 2003, 539, 540. 235 1991 14 BGH NJW 1982, 1878. 236 1992 15 OLG Düsseldorf MDR 1972, 782.
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mögensstücke zum Anfangsvermögen bejaht hat, wenn die Feststellung die Aufstellung der Ausgleichsrechnung verbilligt und erleichtert, ohne auf das feststellungsfähige Rechtsverhältnis einzugehen. Beschlüsse: Auch die Ungültigkeit eines Vereinsbeschlusses, der das Mitglied maßregelt237 oder den Kläger als leitendes Vorstandsmitglied seines Amtes enthebt,238 kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Allerdings fehlt ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Vorstandsbeschlusses, wenn der Beschluss durch spätere ordnungsgemäße Beschlüsse bestätigt worden ist.239 Festgestellt werden kann auch die Nichtigkeit einer Vorstandswahl.240 Die Feststellung der Nichtigkeit eines Mitgliederversammlungsbeschlusses eines eingetragenen Vereins kann nur gegenüber dem Verein, nicht aber auch gegenüber einzelnen Vereinsmitgliedern oder Organen des Vereins verlangt werden; daher ist für eine entsprechende Feststellungsklage nur der Verein, nicht aber der Präsident passiv legitimiert.241 Feststellungsfähig ist auch die Wahl des Ortsverbands einer politischen Partei.242 Dingliche Rechte, wie das Eigentum243, Erbbaurecht und beschränkt dingliche Rechte,244 sowie deren Umfang,245 sind feststellungsfähige Gegenstände, ebenso der Besitz als Grundlage weiterer Rechte.246 Zulässig ist die Feststellungsklage über das Bestehen eines Fischereirechts.247 Drittschuldner: Eine negative Feststellungsklage zwischen dem Drittschuldner und dem Gläubiger, dass der Pfändungsbeschluss unwirksam ist bzw die gepfändete Forderung nicht besteht, ist grundsätzlich zulässig, da hier das Bestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses streitig ist.248 Es fehlt jedoch das allgemeine Rechtsschutzinteresse, wenn dem Drittschuldner ein einfacherer und billigerer Weg zur Verfügung steht, wie z.B. gegen den Pfändungsbeschluss mit der Erinnerung gem. § 766 oder bezüglich des Nichtbestehens der Forderung gem. §§ 840, 843 vorzugehen.249 Dies gilt auch bei Einbeziehung künftiger Ansprüche in den Pfändungsbeschluss.250 Der Pfändungspfandgläubiger kann ferner vor Überweisung der Forderung Feststellung der Forderung beantragen, wenn der Drittschuldner deren Bestehen bestreitet.251 Eigenschaften von Personen und Sachen: Unzulässig ist die reine Feststellung einer rechtlich erheblichen Eigenschaft einer Person, wie z.B. ihrer Geschäftsfähigkeit oder ihrer Unkenntnis,252 ihrer Invalidität253 oder der Repräsentanteneigenschaft eines Zeugen, gegen den ein Strafverfahren anhängig ist.254 Ebenso wenig können Eigenschaften einer Sache, z.B. als Zubehör, Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Auch
237 1993
1
RG JW 1929, 847; OLG Hamm NJW-RR 1997, 989 (gegen Disziplinarmaßnahme des Vereinsgerichts, allerdings innerhalb eines angemessenen Zeitraums). 1994 2238 RG JW 1935, 2632, 2633. 239 31995 RG JW 1928, 706 f. 240 41996 BGH NJW 1975, 2101 (Nichtwahl); BGHZ 59, 369, 372 = NJW 1973, 235 f.; OLG Zweibrücken Rpfleger 1990, 77. 241 1997 5 LG Frankfurt/M. NJW-RR 1998, 396. 242 1998 6 KG NJW 1988, 3159 f. 243 71999 BGHZ 27, 190, 191 = NJW 1958, 1293, 1294; RG JW 1902, 68; RG LZ 1912, 462 Nr. 38. 244 82000 BGH NJW 1995, 2993 ff. (Grunddienstbarkeit); BGH MDR 1962, 469 (künftiger Umfang einer Grunddienstbarkeit und deshalb mangels Inter-
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esses an alsbaldiger Feststellung unzulässig); RGZ 70, 371 (Realberechtigung). 9 RG Gruchot 49, 341, 343 bzgl. einer Hypothek. 246 2002 10 RGZ 54, 133 (Eigenbesitz als Grundlage der Ersitzung); BayObLG WuM 1989, 528, 529 (Recht zum Besitz und zur Nutzung einer Sache). 247 2003 11 BayObLGZ 1992, 308, 311. 248 2004 12 BGHZ 69, 144, 147 = NJW 1977, 1881 f.; OLG München NJW 1958, 68; Lüke ZZP 76 (1963), 1, 25. 249 2005 13 BGHZ 69, 144, 148 = NJW 1977, 1881, 1882. 250 2006 14 OLG München NJW 1958, 68. 251 2007 15 RGZ 27, 345, 346. 252 2008 16 BayObLGZ 1967, 87, 92. 253 2009 17 RG JW 1904, 493. 254 2010 18 OLG Hamm AnwBl 1989, 615 f. 245 2001
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die Feststellungsklage bezüglich des Bestehens einer juristischen Person255 oder ihrer rechtlichen Eigenschaften wie z.B. die Tariffähigkeit256 ist unzulässig. Erbrecht: Das Erbrecht, das Pflichtteilsrecht und das Pflichtteilsentziehungsrecht können Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. § 27).257 So ist die Feststellungsklage des Vorerben zulässig, dass bestimmte Personen nicht Nacherben geworden sind.258 Auch der Nacherbe kann bereits nach Eintritt des Erbfalls auf Feststellung von Rechtsverhältnissen klagen, soweit es um eine Beeinträchtigung seines Anwartschaftsrechts,259 nicht aber, wenn es um die Feststellung einer Ausgleichspflicht (§§ 2050, 2055 BGB) unter mehreren Nacherben geht.260 Inwieweit derartige Feststellungsklagen bereits zu Lebzeiten des Erblassers zulässig sind, ist problematisch (vgl. Rdn. 43 f.). Festgestellt werden kann auch das zwischen dem im gemeinschaftlichen Testament Bedachten und dem überlebenden Ehegatten bestehende Rechtsverhältnis.261 Für erbrechtliche Feststellungsprozesse zu Lebzeiten des Erblassers muss für die Beurteilung, ob ein zulässiger Feststellungsgegenstand vorliegt, zwischen dem künftigen Erbrecht, über das noch keine gesicherte Aussage getroffen werden kann, und der in der Gegenwart bestehenden Erbberechtigung unterschieden werden.262 Verfolgt die Feststellungsklage das Ziel, das künftige Erbrecht nach noch lebenden Personen festzustellen, dann fehlt es an einem gegenwärtigen konkreten Rechtsverhältnis, und zwar auch dann, wenn die Erbaussicht einer Partei der Lebenserfahrung entspricht. Die Unsicherheit, ob die klagende oder beklagte Partei Erbe eines noch lebenden Dritten wird, verbietet es, hierin ein Rechtsverhältnis der in § 256 genannten Art zu erblicken.263 Dasselbe muss aber entgegen der Rechtsprechung auch bezüglich des künftigen Pflichtteilsrechts gelten (vgl. dazu oben Rdn. 44).264 Dagegen kann die bereits durch einen Berufungsgrund − sei es auf Grund familienrechtlicher Beziehung, Testament265 oder Erbvertrag − festgelegte gegenwärtige Erbberechtigung266 ebenso wie die gegenwärtige Pflichtteilsberechtigung als zulässiger Feststellungsgegenstand betrachtet werden. Allerdings muss die Zulässigkeit derartiger Klagen im Hinblick auf das schutzwürdige Interesse des Erblassers, nicht schon zu Lebzeiten mit Rechtsstreitigkeiten bezüglich seines Nachlasses nach seinem Tod überzogen zu werden, auf der Ebene des Feststellungsinteresses eingeschränkt werden (Rdn. 161).267
2011 1255 RG SeuffArch 94 Nr. 59 (Rechtsfähigkeit einer juristischen Person für sich allein nicht feststellungsfähig, wohl aber die Gültigkeit eines Gesellschaftsvertrags). 256 2012 2 RAGE 3, 286, 288. 257 2013 3 RG JW 1903, 384; RGZ 92, 1 ff.; BGHZ 28, 177, 178 = NJW 1958, 1964; BGH NJW 1974, 1084, 1085; BGH NJW 1996, 1062, 1063; BGHZ 109, 306, 309 f. = NJW 1990, 911, 912 = JZ 1990, 697 mit Anm. Leipold; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 6 I (S. 45) sieht das Erbenverhältnis als das Verhältnis des Erben zum Nachlass als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis an, so auch RG JW 1906, 569 (Klage eines Gläubigers auf Feststellung, dass der Beklagte wegen der Unwirksamkeit der Ausschlagung Erbe geworden sei). 258 42014 BGHZ 33, 60 = NJW 1960, 1899.
2015 5259 RG LZ 1928, 893; OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 137. 260 62016 OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 137. 261 2017 7 BGHZ 37, 331, 333 ff. = NJW 1962, 1913, 1914. 262 82018 So Oertmann Die Rechtsbedingung (1924), S. 35. 263 92019 BGHZ 37, 137, 145 = NJW 1962, 1723 f.; OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 581, 582; vgl. H. Lange NJW 1963, 1571, 1573; J. Schneider ZEV 1996, 56, 57. 264 2020 10 Ebenso MünchKommBGB4/Leipold (2004) § 1922 Rdn. 80; aA RGZ 92, 1, 3 ff.; BGHZ 28, 177, 178 = NJW 1958, 1964; BGH NJW 1996, 1062, 1063. 265 2021 11 AA Kuchinke FS Henckel (1995), S. 475, 476. 266 2022 12 Vgl. BGHZ 37, 331, 334 f. = NJW 1962, 1913, 1914. 267 2023 13 Siehe BGH NJW 2004, 1874 f.; dazu Kummer ZEV 2004, 274 ff.
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Die Wirksamkeit eines Testaments wird meist als eine bloße Vorfrage eingestuft und der Feststellungsklage grundsätzlich entzogen.268 Gerade bei der Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Testaments kann es jedoch sinnvoll und der endgültigen Streitbeilegung dienlich sein, diese bereits zu Lebzeiten des Erblassers festzustellen, da für die Gültigkeit des Testaments in der Regel der Zeitpunkt der Testamentserrichtung entscheidend ist. Eine rechtliche Beziehung besteht bereits in dem Berufungsgrund, dessen Wirksamkeit mit der Feststellungsklage beurteilt werden kann.269 Deshalb sollte dieses Rechtsverhältnis nicht als bloße Vorfrage angesehen werden. Bei der Frage, ob das Urteil sich später noch auswirken wird, insbesondere im Hinblick auf die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit des Erblassers, handelt es sich um eine solche des Feststellungsinteresses (Rdn. 161). Außerdem liegt bezüglich der Wirksamkeit des Testaments auch ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis vor, da der Tatbestand, um dessen Beurteilung es geht, in der Vergangenheit verwirklicht ist.270 Dagegen stellt die Rechtsprechung auf das künftige Erbrecht ab und verneint die Gegenwärtigkeit.271 Ebenso ist eine Feststellungsklage der Vertragspartner, aber auch der Bedachten272 bezüglich der Gültigkeit eines Erbvertrags zu Lebzeiten beider Parteien zulässig,273 wenn hierfür ein berechtigter Anlass besteht, wie z.B. bei einem Streit bezüglich der Wirksamkeit einer Rücktrittserklärung.274 Die Zweifel über die Wirksamkeit des Vertrags müssen jedoch stets in äußeren Gründen (Geschäftsunfähigkeit, Formverstoß, Anfechtung) liegen. Allerdings ist bei den Nichtigkeitsgründen der §§ 134, 138 BGB in der Regel dennoch ein Eingehen auf den sachlichen Inhalt erforderlich.275 Eine Feststellungsklage über den sachlichen Inhalt des Erbvertrags kann nämlich nicht erhoben werden − auch dann nicht, wenn es sich um einen entgeltlichen Erbvertrag handelt.276 Auch im Falle des gemeinschaftlichen Testaments können beide Ehegatten und der Bedachte277 auf Feststellung der (Un-)Wirksamkeit klagen. Dagegen sind Klagen zwischen mehreren Erbvertragserben oder nach dem Erbfall des Erstversterbenden zwischen mehreren Schlusserben278 nicht zulässig, da es diesbezüglich um das künftige Erbrecht und damit nicht um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis geht.279
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So z.B. MünchKommBGB4/Leipold (2004) § 1922 Rdn. 79. 2025 2269 BGHZ 37, 331, 334 = NJW 1962, 1913, 1914 (Feststellungsklage des Vermächtnisnehmers betreffend die Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments nach Anfechtung durch den überlebenden Ehegatten). 270 2026 3 Ausführlicher Assmann ZZP 111 (1998), 357, 359. 271 42027 Vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 137 (Ausgleichspflicht des künftigen Nacherben); OLG Köln JW 1930, 2064 Nr. 5. Anders nur RGZ 169, 98, 99 f., allerdings unter Geltung des § 48 des nationalsozialistischen Gesetzes über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen vom 31. Juli 1938. 272 2028 5 BGHZ 37, 331, 333 f. = NJW 1962, 1913, 1914 (für den Fall des gemeinschaftlichen Testaments); Hohmann ZEV 1994, 133, 134; aA Kuchinke FS Henckel (1995), S. 475, 479 f. 273 62029 Hohmann ZEV 1994, 133, 134 f.; Jauernig/Stürner BGB12 (2007) § 2286 Rdn. 1; Mattern 1
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BwNotZ 1962, 229, 240; MünchKommBGB4/ Leipold (2004) § 1922 Rdn. 80; weitergehend Soergel/Wolf BGB13 (2003) § 2286 Rdn. 2 (Feststellungsklage gerichtet auf das Bestehen der Anwartschaft); einschränkend Lange NJW 1963, 1571, 1574, der nur die Feststellungsklage des Erblassers für zulässig hält. 274 2030 7 OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 141, 142. 275 2031 8 Kuchinke FS Henckel (1995), S. 475, 478; vgl. auch RG Warn 1917 Nr. 121. 276 92032 Kuchinke FS Henckel (1995), S. 475, 483; kritisch, aber ohne nähere Ausführungen Musielak/ Foerste Rdn. 21. 277 2033 10 AA Kuchinke FS Henckel (1995), S. 475, 479, weil dieser nicht an der Errichtung der Verfügung mitgewirkt hat. 278 2034 11 AA RG HRR 1928 Nr. 843 (Klage zwischen Schlusserben auf Feststellung der Nichtigkeit des Testaments bezüglich einer bestimmten Verfügung); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 32. 279 2035 12 OLG Karlsruhe FamRZ 1989, 1351, 1352 f.; (2004) § 1922 MünchKommBGB4/Leipold
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Das Recht eines noch lebenden (künftigen) Erblassers, einem seiner pflichtteilsberechtigten Angehörigen den diesem kraft Gesetzes zustehenden Pflichtteil zu entziehen (§§ 2333 ff. BGB), kann Gegenstand einer Feststellungsklage sowohl des Erblassers280 als auch des Pflichtteilsberechtigten281 sein. Dieses Recht besteht nur zu Lebzeiten des Erblassers und muss deshalb auch zu dessen Lebzeiten mit einer Feststellungsklage geklärt werden können. Allerdings entfällt das Feststellungsinteresse für eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Pflichtteilsentziehungsrechts mit dem Tod des Erblassers.282 Dann kommt als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis nur noch das Pflichtteilsrecht selbst in Betracht.283 Der Anspruch eines Pflichtteilsberechtigten aus § 2329 BGB gegen einen früher Beschenkten kann bereits vor Klärung der Haftung des später Beschenkten festgestellt werden, obwohl die Haftung des früher Beschenkten durch die Haftung des später Beschenkten gem. § 2329 Abs. 3 beschränkt ist.284 Ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis wird sogar zwischen dem Vertragserben und dem böswillig Beschenkten gem. § 2287 BGB bereits zu Lebzeiten des Erblassers angenommen.285 Allerdings sind diesbezüglich hohe Anforderungen an das Feststellungsinteresse zu stellen.286 Unzulässig sind hingegen Feststellungsklagen des beeinträchtigten Vertrags- oder Schlussvermächtnisnehmers.287 Um ein bloße Vorfrage und damit kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handelt es sich, wenn ein Pflichtteilsberechtigter nur die Schenkungen des Erblassers288 feststellen lassen will oder der Miterbe, dass Nachlassmasse vorhanden ist. Gegenstand einer Feststellungsklage können dagegen Ausgleichs-, Anrechnungsund Darlehensverpflichtungen zwischen Miterben sein, solange der Nachlass nicht teilungsreif ist.289 Zulässig ist auch die Klage einer Vorerbin auf Feststellung des Rechtsverhältnisses, das dadurch entstanden ist, dass ihr verstorbener Mann eingebrachtes Gut der Klägerin für sich verwandt hat.290 Dagegen kann eine etwaige (Nicht-)Ausgleichspflicht zwischen Nacherben gem. §§ 2050, 2055, 2100 BGB nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.291 Sie ist ihrer Rechtsnatur nach, selbst wenn sie entstanden ist, weder Vermächtnis noch Nachlassverbindlichkeit, sondern nur „Berechnungsregel“, die auch nicht die Erbquote als solche mindert, sondern lediglich das Auseinandersetzungsguthaben im Auseinandersetzungsfall zum Nachteil des Ausgleichspflichtigen verkürzt und das des ausgleichsberechtigten Miterben vermehrt. Familienrecht: Bei den persönlichen Familienrechten sind die Sondervorschriften der §§ 606, 640 zu beachten, wie z.B. bezüglich der Feststellung des (Nicht-)Bestehens Rdn. 80; Kuchinke FS Henckel (1995), S. 475, 485 f. 1 BGH NJW 1974, 1084 f.; RGZ 92, 1, 3 ff.; OLG Hamburg NJW 1988, 977. 2037 2281 BGH NJW 2004, 1874 f.; BGHZ 109, 306, 308 f. = NJW 1990, 911 f.; OLG Saarbrücken NJW 1986, 1182. 282 32038 BGH NJW-RR 1993, 391. 283 2039 4 BGH NJW-RR 1993, 391; BGH NJW-RR 1990, 130, 131. 284 52040 BGHZ 17, 336, 338 = NJW 1955, 1185, der eine Leistungsklage gegen den später Beschenkten verbunden mit einer Feststellungsklage gegen den früher Beschenkten empfiehlt. 285 62041 OLG Koblenz MDR 1987, 935, 936; Eckebrecht Die Rechtsstellung des erbrechtlichen Anwärters 280 2036
vor und nach dem Erbfall (1992), S. 117; Hohmann ZEV 1994, 133, 136; Kuchinke FS Henckel (1995), S. 475, 487; v. Lübtow Erbrecht Bd. II (1971), S. 623 (rechtlich gesicherte Anwartschaft); Palandt/Edenhofer BGB68 (2008) § 2287 Rdn. 17; aA MünchKommBGB4/Musielak (2004) § 2287 Rdn. 20; Lange NJW 1963, 1571, 1573. 286 72042 OLG München NJW-RR 1996, 328 f. 287 2043 8 Kuchinke FS Henckel (2005), S. 475, 491 f. 288 92044 RG JW 1916, 675. 289 2045 10 KG JR 1961, 144; OLG Karlsruhe NJW 1974, 956 f.; OLG Köln NJW-RR 1996, 1352, 1353. 290 2046 11 BGH LM Nr. 5 zu § 2100 BGB. 291 2047 12 OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 137 bzgl. einer Feststellungsklage vor dem Nacherbfall.
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einer Ehe oder des (Nicht-)Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses (vgl. Rdn. 13). Hier sind neben den in den §§ 606, 640 genannten Klagen auch Feststellungsklagen über das Bestehen eines Verlöbnisses292 oder das Recht auf Getrenntleben als negatives Gegenstück zur Herstellungsklage möglich, wobei jedoch im letzten Fall das Feststellungsinteresse häufig fehlen wird.293 Während die Klage auf Feststellung eines Rechts zum Getrenntleben eine Ehesache ist,294 kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Verlöbnisses im normalen Parteiprozess geklagt werden. Festgestellt werden kann auch das Nichtbestehen eines Unterhaltsanspruchs.295 Nach dem Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils kann der Unterhaltsschuldner, da dann eine einstweilige Anordnung über den Ehegattenunterhalt nicht mehr abgeändert werden kann, negative Feststellungsklage erheben, dass dem anderen (vormaligen) Ehegatten ein Unterhaltsanspruch nicht oder nicht in der in der einstweiligen Anordnung zugesprochenen Höhe zusteht.296 Will der Unterhaltsschuldner lediglich nachträglich entstandene Einwendungen gegen den in der einstweiligen Anordnung titulierten Anspruch geltend machen, so steht ihm die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 offen.297 Festgestellt werden kann auch die Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs.298 Auch die Verpflichtung gegenüber dem Kind zur Zahlung von Sonderbedarf für eine kieferorthopädische Behandlung ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.299 Ist ein Verwaltungsakt ergangen, mit dem Sozialleistungen wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gem. § 48 Abs. 1 SGB I abgezweigt werden, und vertritt der Unterhaltsschuldner die Auffassung, dass gar kein Unterhaltsanspruch bestehe, kann er Feststellungsklage erheben. Sie muss sich allerdings gegen den Sozialhilfeträger (Arbeitsamt) richten, wenn die Sozialleistung an diesen ausgezahlt worden ist und dieser auch weiter Sozialhilfe an die Unterhaltsberechtigten leistet.300 Gesellschaften: Zulässig ist die Feststellungsklage auf Bestehen eines faktischen Gesellschaftsverhältnisses,301 ebenso auf Fortbestehen der Gesellschaft.302 Feststellungsfähig ist ferner die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen.303 Deshalb ist die Klage eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf Feststellung, dass sein Ausschluss aus der Gesellschaft nichtig sei, zulässig.304 Gegen mehrere Ausschließungsbeschlüsse kann auch mit mehreren Feststellungsklagen vorgegangen werden.305 Die beschränkte Unwirksamkeit von Generalversammlungsbeschlüssen, die unentziehbare Rechte der Genossen beeinträchtigen, kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein.306 Auch die Nichtigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen kann von den
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1 Zöller/Greger Rdn. 4. 293 22049 RGZ 150, 70, 72 (allerdings fehlt meist das Feststellungsinteresse); OLG Hamm MDR 1951, 682; OLG Hamm FamRZ 1976, 341 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1960, 155; OLG Hamburg JZ 1970, 655, 656 (dazu Münzberg JuS 1971, 344 ff.); OLG Bamberg FamRZ 1979, 804 f. und KG FamRZ 1988, 81, mit dem Hinweis, dass seit Inkrafttreten des 1. EheRG regelmäßig das Feststellungsinteresse fehle, selbst wenn der andere Ehegatte das Recht bestreite; auch OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 1414, 1415 nimmt das Fehlen des Feststellungsinteresses an; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 37. 294 32050 OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 1456.
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4 OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 424. 296 52052 BGH NJW 1983, 1330; OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 86, 87. 297 62053 BGH NJW 1983, 1330. 298 72054 OLG Frankfurt FamRZ 1993, 437. 299 82055 OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 905, 906. 300 92056 OLG Köln NJW-RR 2001, 867, 868. 301 2057 10 KG NJW 1955, 1286 f. 302 2058 11 OLG Düsseldorf BB 1988, 2270. 303 2059 12 BGH NJW 1999, 3113, 3114; OLG Köln NJWRR 1994, 491. 304 2060 13 BGH NJW-RR 1992, 227. 305 2061 14 BGH NJW-RR 1992, 227. 306 2062 15 BGH WM 1955, 259, 260; Beuthien Genossenschaftsgesetz14 (2004) § 68 Rdn. 21.
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Aufsichtsratsmitgliedern im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden, und unterliegt nicht den einschränkenden Vorschriften der §§ 241 ff. AktG.307 Die Feststellung, dass im Fall einer fristlosen Kündigung kein Übernahmerecht des Beklagten besteht, hat das RG308 als reine Rechtsfrage für unzulässig angesehen, dagegen eine Feststellung über die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags zu dieser Frage zugelassen. Für zulässig wird auch eine Feststellungsklage zum Zweck der Klarstellung einzelner für eine Schlussbilanz streitiger Einzelposten erachtet, wie z.B. bezüglich der Frage, ob ein Gesellschafter über eine unstreitige Hafteinlage hinaus in streitiger Höhe weiter haftet.309 Gestaltungsrechte: Es kann auf Feststellung eines noch nicht ausgeübten310 Kündigungsrechts311 oder Ankaufsrechts312 geklagt werden. Allerdings wird es in diesen Fällen meist an einem Feststellungsinteresse fehlen, weil die Möglichkeit zur Ausübung des Gestaltungsrechts besteht.313 Dagegen stellt das Vertretenmüssen des Kündigungsgrunds durch den Beklagten lediglich eine Vorfrage dar, die nicht der Feststellung unterliegt.314 Nur ausnahmsweise kann der Kündigungsgrund allein schon das Rechtsverhältnis darstellen, wenn die Kündigung selbst bereits zu bestimmten Rechtsfolgen führt.315 Die Berechtigung zur Aufrechnung gegen einen Anspruch, dessen sich der Gegner berühmt, kann ebenfalls Feststellungsgegenstand sein.316 Die bloße Möglichkeit der Aufrechnung reicht jedoch nicht, um das Feststellungsinteresse des Gegners an einer negativen Feststellungsklage bejahen zu können.317 Feststellungsfähig ist auch das (Nicht-)Bestehen von Einreden, wie z.B. ein Zahlungsverweigerungsrecht.318 Immaterialgüterrechte, wie das Urheberrecht, Patentrecht, Gebrauchsmusterrecht319 und Warenzeichenrecht sowie die Erfinderschaft sind feststellungsfähige Gegenstände.320 Bei letzterem ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer ein besonderes rechtliches Interesse an der Feststellung seiner Alleinerfinderschaft gegenüber dem Arbeitgeber hat, wenn dieser gegenüber der Schiedsstelle die Miterfinderschaft Dritter anerkannt hat.321 Der Anmelder eines Warenzeichens kann auch feststellen lassen, dass sein Zeichen das Zeichenrecht des Widersprechenden nicht verletzt.322
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BGHZ 135, 244, 247 = NJW 1997, 1926, 1927; BGHZ 124, 111, 115 = NJW 1994, 520; BGHZ 122, 342, 347 ff. = NJW 1993, 2307, 2308. 2064 2308 RG DR 1944, 187, 188. 309 32065 BGHZ 1, 65, 74 = NJW 1951, 311, 312; BGHZ 26, 25, 28 = NJW 1958, 57, 58; BGH WM 1984, 361. 310 2066 4 Nach Ausübung ist die Feststellung des Gestaltungsrechts selbst ausgeschlossen, lediglich die Rechtswirkung des Gestaltungsrechts, also das Nichtbestehen des dadurch aufgehobenen Rechtsverhältnisses bzw das Bestehen des dadurch erzeugten Rechtsverhältnisses, kann festgestellt werden, vgl. Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 II 3 a (S. 426). 311 2067 5 BGH WM 1967, 419; RGZ 92, 1, 7; RG JW 1938, 1188; OLG Kiel OLGRspr 5, 53, 54 und LAG Frankfurt RdA 1948, 118, 119 mit abl. Anm. Sell bei feststehendem Kündigungswillen. Bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Kündigung wirksam wird (vgl. RAG JW 1938, 1290 f.), geht
es um die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses. 2068 6312 OLG München NJW-RR 1987, 925, 926. 313 72069 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 II 3 a (S. 426); so ist wohl auch RG JW 1902, 605 f. zu verstehen. 314 2070 8 BGH WM 1967, 419. 315 2071 9 BGH WM 1967, 419. 316 2072 10 BGHZ 103, 362, 369 = NJW 1988, 2542, 2543. 317 2073 11 LG Hamburg NJW-RR 1998, 1681, 1682. 318 2074 12 RGZ 74, 292, 294 (Zahlungsverweigerungsrecht gem. § 478 BGB a.F.); vgl. auch LG Dortmund NJW 1981, 764, 765 und OLG Hamm NJW 1981, 2473, 2474 (kein Leistungsverweigerungsrecht bei Lieferung von „Atomstrom“). 319 2075 13 BGH MDR 1986, 141; BGH NJW 1981, 2461, 2462. 320 2076 14 BGHZ 72, 236, 245 = NJW 1979, 269, 270 f. mwN. 321 2077 15 OLG München GRUR 1993, 661, 662. 322 2078 16 OLG München MittPat. 1994, 305 f.
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Insolvenz: Das Absonderungsrecht323 und das Aussonderungsrecht stellen feststellungsfähige Rechtsverhältnisse dar.324 Die nähere Bestimmung des Inhalts einer in die Insolvenztabelle eingetragenen Forderung ist ebenfalls feststellungsfähig.325 Auch die Feststellungsklage über das (Nicht-)Bestehen einer angeblichen Masseverbindlichkeit ist zulässig.326 Das Recht, bei einem Liquidationsvergleich (alten Rechts) wegen einer Forderung gegen den Vergleichsschuldner anteilige Befriedigung aus dem Liquidationserlös des Vergleichsverfahrens zu verlangen, ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv § 256.327 Kündigung (außerhalb des Arbeitsrechts): Der Feststellungsantrag, dass eine bestimmte Kündigung unwirksam sei und das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis nicht berühre, ist dahingehend auszulegen, dass das Bestehen des Dienstverhältnisses Feststellungsgegenstand sein soll (siehe dazu, dass die (Un)Wirksamkeit der Kündigung nicht festgestellt werden kann, unter „Mietverhältnis“).328 Mietverhältnis: Das (Nicht)Bestehen eines Mietminderungsrechts kann festgestellt werden.329 Anders als im arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzprozess nach § 4 KSchG330 kann bei einem Streit wegen der Kündigung eines Miet- oder Pachtverhältnisses im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 256 nicht die Wirksamkeit der Kündigung zum Gegenstand der begehrten Feststellung gemacht werden, da es sich hierbei um eine bloße Vorfrage zum (Fort-) Bestand des Rechtsverhältnisses handelt.331 Auch die (Un-)Wirksamkeit einer Abmahnung als (mögliche) Voraussetzung einer fristlosen Kündigung kann nicht festgestellt werden.332 Allerdings stellt das Miet − oder Pachtverhältnis ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar,333 selbst wenn die Parteien nur darüber streiten, ob eine bestimmte Kündigung das Pachtverhältnis beendet hat. Ein Feststellungsantrag, der sich seinem Wortlaut nach auf die Unwirksamkeit einer bestimmten Kündigung beschränkt, ist in diesem Sinne umzudeuten.334
323 12079 BGH NJW 1982, 2074, 2076. 324 22080 BGH NJW-RR 1987, 1439; RGZ 98, 143, 145. 325 32081 BGH NJW 1985, 271; BGH WM 1957, 1225, 1226; Kübler/Prütting/Pape InsO Bd. 2 (Stand: Jan. 2008) § 178 Rdn. 9. 326 2082 4 BGH NJW 2003, 2454, 2455 f.; BAG NZI 2003, 273, 275; OLG Düsseldorf ZIP 1998, 1077, 1078 (negative Feststellungsklage des Konkursverwalters); vgl. auch OLG Stuttgart NJW 1966, 2316 (Klage eines Konkursgläubigers gegen den Konkursverwalter) mit Anm. Grunsky; zur positiven Feststellungsklage auf Bestehen einer Masseforderung auch bei ungewisser Quote vgl. LAG Düsseldorf DB 1976, 538; vgl. MünchKommInsO2/Hefermehl (2008) § 208 Rdn. 65. 327 52083 BGHZ 118, 70, 80 = NJW 1992, 1834, 1836. 328 62084 Diesbezüglich nicht problematisiert vom BGH WM 1981, 1271 f., sondern lediglich im Hinblick auf das rechtliche Interesse. Ebenso BGH BB 1962, 109, 110 (Klage eines Vorstandsmitglieds auf Feststellung der Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung und Bestehen des Anstellungsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist). Auch in der Entscheidung des BGH NJW-RR 1991, 1266, 1267 werden keine Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Feststellungsklage bezüglich der Un-
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wirksamkeit der Kündigung eines Lizenzvertrags erhoben. Vgl. dazu auch Baltzer S. 118, der die diesbezügliche Praxis kritisiert. 329 72085 Vgl. LG Mannheim ZMR 1978, 25, das dennoch von der Unzulässigkeit ausgeht, weil letztendlich die Tatsachen, auf die das Minderungsrecht gestützt wird, festgestellt werden sollten. 330 82086 BAG NJW 1994, 2780, 2781 f. 331 92087 BGH NJW 2000, 354; OLG Düsseldorf NJW 1970, 2027; Bub/Treier/Fischer Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete3 (1999) Kap. VIII Rdn. 35; Sternel Mietrecht aktuell3 (1996) Kap. V Rdn. 31. 332 2088 10 LG Berlin NJW-RR 1997, 204; AG Lübeck ZMR 1994, 370 (verneint allerdings das Feststellungsinteresse). 333 2089 11 BGH NJW 2001, 221, 222 (Abschluss auf unbestimmte Zeit); BGH NJW 1965, 693, 694; OLG Celle BB 1978, 576, 577; OLG Düsseldorf NJW 1970, 2027. 334 2090 12 BGH NJW 2000, 354, 356; BGH DB 1965, 1854; RG HRR 1940 Nr. 24; OLG Düsseldorf NJW 1970, 2027; Bub/Treier/Fischer Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete3 (1999) Kap. VIII Rdn. 35; Sternel Mietrecht aktuell3 (1996) Kap. V Rdn. 31; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 1 (S. 400).
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Festgestellt werden kann auch, dass das zeitlich begrenzte Mietverhältnis ohne die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung fortbesteht, wenn der Gegner eine solche erwägt,335 bzw dass das Mietverhältnis mit vereinbartem Inhalt fortbesteht, wenn der Mieter erklärt, die Geschäftsgrundlage sei weggefallen und er schulde daher nur noch einen geringeren Mietzins.336 Der Vermieter kann nicht darauf verwiesen werden, Leistungsklage auf Mietzins verbunden mit einer Zwischenfeststellungsklage zu erheben.337 Nicht festgestellt werden kann hingegen, dass ein (wichtiger) Grund für eine Kündigung gegeben ist.338 Mitglieds- und Anteilsrechte: Gegenstand von Feststellungsklagen können auch Mitglieds- und Anteilsrechte sein.339 Die Mitgliedschaft bei einem Verein darf bei ungerechtfertigtem Ausschluss, selbst wenn das Mitglied vorher ausgetreten ist,340 mit der Feststellungsklage geklärt werden, allerdings nur, wenn nach dem Ausscheiden des Mitglieds noch irgendwelche Rechte aus der früheren Mitgliedschaft herzuleiten sind, auch wenn es nur darum geht, ob es die Kosten des Ehrengerichtsverfahrens zu tragen hat.341 Entsprechendes gilt für die Mitgliedschaft bei einer Gewerkschaft,342 einer politischen Partei,343 juristischen Personen, einer Genossenschaft344 oder bezüglich ihres Fortbestehens trotz Ausschließung.345 Auch gegen den Ausschluss eines Mitglieds von einer Aufsichtsratssitzung einer Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat kann das Mitglied Feststellungsklage erheben.346 Feststellungsfähig ist auch die Organstellung.347 Namensrecht: Auf Feststellung des Namensrechts kann geklagt werden348 oder nur auf das Recht zur Führung einer Firma.349 Maßgebliche Rechtsordnung: Die Feststellung, welche Rechtsordnung maßgebend ist, ist lediglich Vorfrage dafür, welche Rechtsnormen auf das Rechtsverhältnis anzuwenden sind, und kann deshalb nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.350 Ebenso wenig können relevante rechtliche Vorfragen für ein ausländisches Verfahren Gegenstand einer Feststellungsklage sein.351 Rechtswidriges Verhalten: Eine Feststellung der Rechtswidrigkeit tatsächlichen Verhaltens ist unzulässig, da es sich lediglich um eine Vorfrage handelt (vgl. dazu die ähnliche Problematik beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, Rdn. 64).352 Schadensersatz: Die Feststellungsklage, mit der der Kläger die Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grunde nach begehrt, setzt nicht voraus, dass ein Schaden feststeht. Es reicht aus, dass die Entstehung eines zu ersetzenden Schadens möglich/wahrscheinlich ist (vgl. unten Rdn. 155 ff.).353 Eine Feststellungsklage ist zulässig, wenn 335 2091
1 AG Ibbenbüren WuM 1980, 62. 336 22092 BGH NJW-RR 2002, 1377 f. 337 32093 BGH NJW-RR 2002, 1377, 1378; zweifelnd Zöller/Greger Rdn. 7a. 338 42094 RG DR 1944, 187, 188. 339 52095 RG Gruchot 41, 1164, 1166; BayObLG SeuffArch 62, 305, 306; vgl. RGZ 8, 3, 4; RG JW 1905, 315. 340 2096 6 RGZ 122, 266, 269; dagegen Heinsheimer Mitgliedschaft und Ausschließung (1913), S. 64 ff. 341 72097 RGZ 108, 160. 342 2098 8 OLG Köln WM 1990, 1068, 1069. 343 92099 OLG Hamm NJW 2000, 523, 524. 344 2100 10 OGHZ 1, 370, 378; RGZ 14, 89, 90 f.; OLG Frankfurt DB 1988, 1487 f. (jedenfalls, wenn der Ausschluss nicht durch eine Generalversamm-
lung beschlossen worden ist); Beuthien Genossenschaftsgesetz14 (2004) § 68 Rdn. 21 mwN. 11 RGZ 80, 189, 191 f. 346 2102 12 LG Mühlhausen ZIP 1996, 1660 f. 347 2103 13 BGH NJW 1999, 2268 (Geschäftsführer einer GmbH); BGH NJW 1997, 318, 319 (geschäftsführender Vorstand einer Genossenschaft). 348 2104 14 RGZ 5, 171, 174 f.; RG SeuffArch 94 Nr. 59; Ramdohr Gruchot 43, 1, 78. 349 2105 15 RG JW 1899, 336 Nr. 7; RG SeuffArch 94 Nr. 59. 350 2106 16 OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 283. 351 2107 17 OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 283, 284. 352 2108 18 BAG NJW 1985, 85, 88. 353 2109 19 BGH NJW 1992, 697, 698 (Zulässigkeit); BGH NJW 1978, 544 (Begründetheit). 345 2101
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bereits ein bezifferbarer Teilschaden entstanden ist, die Schadensentwicklung aber noch nicht abgeschlossen ist.354 Allerdings muss der Kläger den haftungsbegründenden Tatbestand, wie z.B. den Mangel, aus dem er Schadensersatzansprüche ableitet, konkret bezeichnen.355 Schuldverhältnisse: Feststellungsfähig sind alle vertraglichen356 und gesetzlichen Schuldverhältnisse.357 Es kann der gegenständliche Umfang eines Kaufvertrags mit der Feststellungsklage geklärt werden,358 ebenso die Wirksamkeit eines Vertrags.359 Dies gilt auch für die Wirksamkeit eines Vorvertrags360 und die Rechtsnatur eines unstreitig bestehenden Vertrags361. Das (Fort-) Bestehen eines Miet − oder Pachtverhältnisses ist ebenfalls feststellungsfähig,362 das (Nicht-)Bestehen eines Dienst-363 oder Arbeitsverhältnisses,364 ebenso eines Werkvertrags,365 eines Verlagsverhältnisses366 und einer Auslobung.367 Die Feststellung eines bestehenden Versicherungsschutzes des Versicherten bzw des Versicherungsnehmers ist zulässig,368 ferner die Feststellungsklage des Haftpflichtversicherers über die Freistellung von Regressansprüchen einer Krankenversicherung.369 Die Feststellung eines Schenkungsverhältnisses betrifft ebenfalls ein Rechtsverhältnis.370 Auch die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar.371 Festgestellt werden können auch die zwischen dem Stromerzeuger und dem Energieversorgungsunternehmen durch das Stromeinspeisungsgesetz und die bisherigen Stromeinspeisungen entstandenen gesetzlichen und vertraglichen Rechtsbeziehungen.372 Sittenverstoß: Um ein bloßes Element handelt es sich bei der Feststellung, ob ein Sittenverstoß vorliegt.373 Treu und Glauben: Verlangt der Beklagte im Wege der Widerklage die Feststellung, dass der Rechtssatz des § 242 BGB auf den Erfüllungsanspruch des Bezugsberechtigten anwendbar ist, so liegt hierin kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.374
2110 1354 BGH ZZP 85 (1971), 245 mit Anm. Schwab; BGH LM Nr. 92 zu § 256 ZPO; BGH VersR 1960, 253. 355 2111 2 BGH NJW 1992, 697, 698. 356 2112 3 Vgl. z.B. RGZ 144, 54, 56 f.; RGZ 124, 81, 84. 357 42113 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 II 1 (S. 414 ff.). 358 52114 BGH MDR 1967, 828. 359 62115 Vgl. aber Schlosser Rdn. 19, der das Rechtsgeschäft lediglich als Quelle von möglichen Rechtsverhältnissen bezeichnet, so dass die Wirksamkeit eines Vertrags streng genommen nicht als Feststellung eines Rechtsverhältnisses anzusehen wäre, siehe auch Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 I 1 (S. 400: Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Vertrags ist die Feststellung des aus dem Vertrag resultierenden Rechtsverhältnisses) und Baltzer S. 118 f. 360 2116 7 RGZ 124, 81, 84. 361 2117 8 RGZ 144, 54, 56 f. (Dienstvertrag oder Gesellschaftsvertrag); RG DR 1939, 1915, 1916 (Schiedsvertrag); LG Berlin MM 1995, 228 (Wohnungs- oder Gewerberaummietverhältnis). Vgl. aber RG JW 1930, 755, 756 mit abl. Anm. Fürst JW 1930, 1058. 362 92118 BGH NJW 1965, 693, 694; BGH DB 1965, 1854;
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OLG Düsseldorf NJWE-MietR 1996, 154; OLG Düsseldorf NJW 1970, 2027; AG Ibbenbüren WM 1980, 62; OLG Celle BB 1978, 576, 577. 363 2119 10 BGH NJW 1990, 2627, 2628; BGH WM 1981, 1271. 364 2120 11 BAG AP Nr. 12 zu § 256 ZPO; BAG BB 1960, 1060; Powietzka Kündigungsschutz im Kleinbetrieb und in der Wartezeit (2003), S. 273. 365 2121 12 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 11. 366 2122 13 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 11. 367 2123 14 BGH NJW 1984, 1118 (Zulässigkeit eines Antrags auf Feststellung der Unverbindlichkeit einer Juryentscheidung). 368 2124 15 BGH NJW-RR 1986, 962; BGHZ 79, 76, 78 = NJW 1981, 870; BGH VersR 1966, 672; BGH VersR 1963, 770. 369 2125 16 OLG Nürnberg VersR 1973, 720, 721. 370 2126 17 BGH MDR 1979, 746, 747. 371 2127 18 BAG NJW 1967, 647, 648; OLG Frankfurt MDR 1975, 584 f.; eine andere Frage ist es, ob das Feststellungsinteresse vorliegt, vgl. Thomas/Putzo/ Hüßtege § 794 Rdn. 38. 372 2128 19 OLG Koblenz NJW 2000, 2031. 373 2129 20 RG HRR 1935 Nr. 813. 374 2130 21 RGZ 148, 81, 100.
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Unterlassung: Die Frage, ob ein bestimmtes geplantes Verhalten von einem bestehenden Unterlassungsvertrag erfasst wird, kann, da sie ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis betrifft, Gegenstand einer Feststellungsklage sein.375 Dagegen begründet die bloße Ankündigung, gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten, − anders als die Behauptung eines Unterlassungsanspruchs in einer Abmahnung − noch kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, das zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden kann.376 Vereine: Zur Zulässigkeit der Feststellungsklage im Rahmen von Vereinsstreitigkeiten vgl. unter „Mitglieds- und Anteilsrechte“ sowie „Beschlüsse“. Versicherungen: Geklagt werden kann grundsätzlich nur auf Feststellung der Pflicht zur Gewährung von Versicherungsschutz.377 Die Feststellung der Verpflichtung des Versicherers, dem Schädiger Deckungsschutz zu gewähren, kann in der Haftpflichtversicherung auch vom Geschädigten begehrt werden, wenn er ein diesbezügliches Feststellungsinteresse hat.378 Auch die Klage gegen die Krankheitskostenversicherung auf Feststellung der Eintrittspflicht des Versicherers für die Kosten einer Behandlung ist zulässig, solange sie auf bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete, bevorstehende Behandlungen gerichtet ist.379 Die Leistungsfreiheit des Versicherers gegenüber einem anderen Versicherungsträger ist jedoch lediglich als Vorfrage anzusehen, nicht aber der Anspruch aus einer selbständigen Verpflichtung, sich nicht auf die Leistungsfreiheit zu berufen.380 Da es sich um bloße Vorfragen handelt, kann nicht darauf geklagt werden, dass einzelne Deckungsverweigerungsgründe nicht bestehen381 oder wie eine versicherungsrechtliche Ausschlussklausel auszulegen ist.382 Das Bestehen einer Steuer- oder Versicherungspflicht kann festgestellt werden.383 Vertrag: Der Feststellungsantrag, dass die in einem Grundstückskaufvertrag enthaltene Auflassungserklärung sich entgegen ihrem Wortlaut noch auf ein weiteres Grundstück beziehe, richtet sich nicht auf eine bloße Tatsache, sondern auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, auch wenn die Wirksamkeit des gesamten Vertrags streitig ist.384 Für zulässig erachtet wird auch die Feststellung der Übereinstimmung der Parteiabreden mit dem Vertragsinhalt.385 Unzulässig ist hingegen die Feststellung der Tatsache des Vertragsschlusses im Gegensatz zum Bestehen und Umfang des Vertrags. Verzug: Ausnahmsweise ist in Fällen, in denen eine Verurteilung zu einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung begehrt wird, der weitere Antrag des Klägers, den Annahmeverzug des Schuldners hinsichtlich der ihm gebührenden Leistung festzustellen, mit Rücksicht auf §§ 756, 765 aus Gründen der Prozessökonomie als zulässig anzusehen.386 Dies gilt nicht für die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens 375 2131
1 BGH NJW 2001, 3789, 3790. 376 22132 BGH NJW 2001, 3789, 3790. 377 32133 BGH NJW-RR 1986, 104, 105; BGH NJW 1981, 870, 871; BGH VersR 1979, 1117, 1118; BGH VersR 1975, 440, 441; BGH VersR 1963, 770; BGH VersR 1962, 749; vgl. auch von Stebut VersR 1982, 105, 108. 378 42134 BGH NJW-RR 2001, 316; BGH VersR 1991, 414, 415; BGH NJW 1975, 1276, 1277; BGH VersR 1964, 156, 157; LG München VersR 1994, 83: Solange dem Dritten nicht der Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers als Befriedigungsobjekt entzogen zu werden droht, besteht kein diesbezügliches Feststellungsinteresse.
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BGH NJW-RR 2006, 678, 679 = VersR 2006, 535, 536. 6 BGH VersR 1970, 945, 946. 381 2137 7 BGH VersR 1979, 1117, 1118; BGH VersR 1975, 440, 441. 382 82138 BGH NJW-RR 1986, 104, 105 (Rechtsschutzversicherung). 383 92139 BAG BB 1974, 1303. 384 2140 10 BGH MDR 1967, 828. 385 2141 11 RGZ 121, 154, 157 f. 386 2142 12 BGH NJW 2000, 2280, 2281; BGH WM 1987, 1496, 1498; RG JW 1909, 463 Nr. 23; KG OLGZ 380 2136
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eines isolierten Annahmeverzugs387 oder eines Schuldnerverzugs388. Schilken389 kritisiert, dass der BGH entgegen seiner sonstigen Rechtsprechung von einem zu engen Verständnis des Rechtsverhältnisses ausgehe. Durch den Verzug erhalte die Rechtsbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner eine neue Qualität. Die Veränderung sei feststellungsfähig. Außerdem sei insofern ein Unterschied zwischen Schuldner- und Annahmeverzug nicht gerechtfertigt. Vollmacht: Gegenstand einer Feststellungsklage kann der Bestand und der Umfang eines Vollmachtverhältnisses sein.390 Jedoch ist eine Klage des Vertreters gegen einen Dritten auf Feststellung, er habe Vertretungsmacht, in der Regel nicht möglich.391 Wettbewerb: Um ein konkretes Rechtsverhältnis geht es bei der Feststellung der Wirksamkeit einer Wettbewerbsklausel, weil diese für das weitere Fortkommen des Angestellten von Bedeutung ist.392 Die Auslegung und die Bestimmung der Tragweite einer Konkurrenzklausel können nur hinsichtlich einer bestimmten von dem Verpflichteten vorgesehenen oder bereits übernommenen Tätigkeit im Wege einer Feststellungsklage erfolgen.393 Dagegen ist die Beurteilung, ob der Kläger mit der Führung des beanstandeten Firmenbestandteils „Unternehmensberatung“ berufswidrig oder wettbewerbswidrig handeln würde, als eine abstrakte Rechtsfrage anzusehen.394 Wohnungseigentum: Der Inhalt des Beschlusses einer Wohnungseigentümerversammlung ist entsprechend § 256 feststellungsfähig.395 Umstritten ist, ob eine solche Feststellungsklage innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 (§ 23 Abs. 4 S. 2 a.F.) WEG erhoben werden muss.396 Zulässig ist die Feststellung, dass ein konkreter, nicht angefochtener Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung auch für einen bestimmten Wohnungseigentümer verbindlich ist, wenn jener Wohnungseigentümer erklärt, dass er den Beschluss wegen angeblicher Verstöße gegen zwingende gesetzliche Vorschriften nicht beachten werde.397 Gegenstand eines Feststellungsantrags kann auch das Zustimmungserfordernis des § 22 Abs. 1 WEG in einem konkreten Fall sein und damit Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, die sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergeben.398 Unzulässig ist hingegen ein Feststellungsantrag mit dem Ziel, einen auslegungsfähigen Rechtsbegriff in der Teilungserklärung in einem bestimmten Sinne abstrakt zu klären.399
1974, 306, 311 f.; KG NJW 1972, 2052, 2053; Doms NJW 1984, 1340; Schibel NJW 1984, 1945; Schilken AcP 181 (1981), 355, 372. 2143 1387 BGH NJW 2000, 2663, 2664; aA Schilken JZ 2001, 199, 200 f. 388 22144 BGH NJW 2000, 2280, 2281 = JZ 2001, 198 mit abl. Anm. Schilken. 389 32145 JZ 2001, 199, 200 f. 390 2146 4 RG Warn 1930 Nr. 66. 391 52147 BGH NJW 1979, 871, 872. 392 62148 LAG Stuttgart BB 1964, 1486. 393 72149 BGH MDR 1958, 408. 394 82150 BGHZ 119, 246, 248 = NJW 1993, 470; zulässig ist dagegen die negative Feststellungsklage bezüglich des Nichtbestehens eines wettbewerbs-
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rechtlichen Unterlassungsanspruchs des Beklagten gegen die Verwendung des Firmenbestandteils „Unternehmensberatung“. 395 2151 9 BayObLG NJW-RR 1990, 210, 211. 396 2152 10 Dies lässt das BayObLG NJW-RR 1990, 210, 211 dahinstehen; dafür: OLG Köln OLGZ 1979, 282, 284 f.; OLG Hamm OLGZ 1985, 147, 148 f.; Augustin WEG12 (1983) § 23 Rdn. 19; dagegen: Jennißer/Suilmann WEG (2008) § 46 Rdn. 80; Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums4 (2004) Rdn. 805. 397 2153 11 LG Mannheim ZMR 1979, 319, 320. 398 2154 12 BayObLG NZM 1999, 1146. 399 2155 13 LG Mannheim ZMR 1979, 319, 320.
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2. Parteien des Rechtsverhältnisses a) Allgemeines − Drittverhältnisse. Nach der Rechtsprechung und Teilen der Literatur muss das festzustellende Rechtsverhältnis nicht zwischen den Parteien bestehen.400 Insbesondere muss das Rechtsverhältnis nicht geeignet sein, einen Leistungsanspruch gegen den Beklagten zu begründen oder auch nur vorzubereiten.401 Mit einer Feststellungsklage kann nach dieser Ansicht auch die Feststellung begehrt werden, dass zwischen der beklagten Partei und einem Dritten402 oder auch nur zwischen am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten403 ein Rechtsverhältnis bestehe oder nicht bestehe, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse404 an der baldigen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses gerade gegenüber der anderen Prozesspartei hat.405 Das sei grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die Feststellung die Rechtsbeziehungen der Prozessparteien berühre.406 Es genüge jedoch, dass der Kläger vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und einem Dritten in seinem Rechtsbereich mittelbar betroffen werde.407 Nicht ausreichend für die Zulässigkeit der Feststellungsklage dürfte die Aussicht sein, dass der Dritte das Urteil freiwillig oder aus „außerjuristischen Gründen“ anerkennt,408 eine Ausnahme kann allenfalls für die öffentliche Hand angenommen werden.409
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b) Einzelfälle. So wird die Feststellung von Drittrechtsverhältnissen von der Rechtsprechung in bestimmten Fällen der Gesellschafterklage für zulässig gehalten,410 so
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BGH NJW 1998, 229; BGH NJW-RR 1992, 252 f.; BGH NJW 1984, 2950; BGHZ 71, 306 = NJW 1978, 1520; RGZ 170, 358, 374; RG LZ 1928, 703; BAG NJW 1983, 1750, 1751; BVerwG NJW 1997, 3257; OLG Köln NJW 1952, 1301; Wach FS Windscheid (1888), S. 73, 121; aA Jacobs S. 362 ff., 405; Trzaskalik S. 156 ff.; Michaelis FS Larenz (1983), S. 443, 461; Häsemeyer ZZP 101 (1988), 385, 396 f.; Zöllner AcP 190 (1990), 471, 490 ff. 401 22157 BGH LM Nr. 5 zu § 2100 BGB; RGZ 74, 292, 294; vgl. Henckel S. 189 und 199. 402 32158 BGH ZIP 2000, 679 (im konkreten Fall allerdings verneint); BGH NJW 1998, 229; BGH NJW 1997, 318, 319; BGH NJW 1994, 459; BGHZ 123, 44, 46 = NJW 1993, 2539, 2540; BGH NJW-RR 1992, 252 f.; BGH NJW-RR 1987, 1522; BGH NJW 1984, 2950; BGHZ 83, 122, 125 f. = NJW 1982, 1703, 1704; BGH NJW 1978, 1520; BGH MDR 1971, 1000, 1001; BGH VersR 1966, 875, 877; RGZ 170, 358, 374; RGZ 142, 223, 226; RGZ 128, 92, 94; RG Gruchot 68, 333, 334; BAG NJW 1983, 1750, 1751; BAGE 2, 142, 144 = AP Nr. 3 zu § 256 ZPO; BVerwG NJW 1997, 3257; OLG Hamm NJW 1993, 3274, 3275; Henckel S. 86 ff., 89, 106; Kisch S. 45, 47; Bauer S. 3 ff. 403 2159 4 BGH NJW 1990, 2627, 2628; BGH WM 1990, 2128, 2130; BGHZ 69, 37, 40 = NJW 1977, 1637 f.; BGH LM Nr. 4 zu § 325 ZPO; BGHZ 12, 308, 310 ff. = NJW 1954, 1159, 1160; RGZ 146, 290, 294; RG HRR 1928 Nr. 1650; KG NZA 1991, 24; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 12; Frank ZZP 92 (1979), 321, 338; vgl. dazu G. Lüke FS Henckel (1995), S. 563 ff.. 404 2160 5 Ein bloß wirtschaftliches Interesse genügt nicht, OLG Düsseldorf NVersZ 2000, 347, 348.
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St. Rspr., vgl. BGHZ 165, 192, 196 = NJW 2006, 510, 511; BGH ZIP 2000, 679 mwN; BGH NJWRR 1996, 869; BGH NJW 1994, 459, 460; BGHZ 123, 44, 46 ff. = NJW 1993, 2539, 2540; BGH NJWRR 1992, 593, 595; BGH WM 1990, 2128, 2130 f.; BGH NJW 1990, 2627, 2628; BGH NJW-RR 1987, 1522; BGHZ 96, 174, 177 = NJW 1986, 931; BGH NJW 1984, 2950; BGHZ 83, 122, 125 f. = NJW 1982, 1703, 1704; BGH MDR 1971, 1000, 1001; BGHZ 34, 159, 165 = NJW 1961, 732; RGZ 142, 223, 226; RG SeuffArch 59 Nr. 65; BAG DB 1992, 275, 278; aA Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 56 I 1 (S. 428 f.), der die Feststellung eines Rechtsverhältnisses des Klägers fordert, auch wenn dieses von Rechtsbeziehungen zwischen Dritten abhängt. Der Beklagte müsse aber nicht der Partner des Rechtsverhältnisses sein. 406 2162 7 BAG NJW 1983, 1750, 1751; OLG Hamm NJW 1993, 3274, 3275. 407 82163 BGH NJW 1997, 318, 319; BGHZ 123, 44, 46 f. = NJW 1993, 2539, 2540; BGH NJW 1969, 136 f.; BGH VersR 1967, 1169 f.; BGH MDR 1960, 485; RGZ 170, 358, 374. 408 92164 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 38; Michaelis FS Larenz (1983), S. 443, 460. 409 2165 10 Michaelis FS Larenz (1983), S. 443, 460. 410 2166 11 BGH NJW 1990, 2627, 2628; BGH WM 1990, 2128, 2130; BGHZ 83, 122, 125 f. = NJW 1982, 1703, 1704; dazu G. Lüke FS Henckel (1995), S. 563, 565 ff., der nachweist, dass es durchweg um die Klärung der eigenen Rechtsposition gegenüber dem Beklagten und nicht um Drittrechtsverhältnisse geht, vgl. dazu auch Zöller/ Greger Rdn. 3b.
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z.B. die Klage des Aktionärs gegen die Gesellschaft wegen pflichtwidrigen Organhandelns des Vorstands und Aufsichtsrats.411 Ebenfalls zugelassen wird im Fall eines Vorkaufsrechts des Beklagten gegen den Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags mit dem Dritten,412 ferner für die Feststellung der Ersatzpflicht eines Krankenhausträgers gegenüber der Mutter des klagenden Unfallopfers, dem ein Arzt die einzige Niere entfernt hatte mit der Folge, dass sich die Mutter veranlasst sah, eine Niere zu spenden413. Anerkannt ist insbesondere die Möglichkeit einer Feststellungsklage für den Prätendentenstreit,414 jedoch auch für den umgekehrten Fall, in dem zwischen zwei möglichen Schuldnern durch eine Feststellungsklage des einen gegen den anderen Schuldner geklärt werden soll, wer von beiden für die betreffende Verbindlichkeit haftet.415 Der Vollstreckungsgläubiger kann, wenn er eine Eintragung gegen seinen Schuldner erreichen will, Klage gegen den eingetragenen dritten (Buch-)Eigentümer auf Feststellung des Eigentums seines Schuldners erheben.416 Die Feststellung der Verpflichtung des Versicherers, dem Schädiger Deckungsschutz zu gewähren, kann in der Haftpflichtversicherung auch vom Geschädigten begehrt werden.417 Das von der Rechtsprechung geforderte mittelbare Betroffensein ist z.B. zu verneinen bei Aktionären oder Genussscheininhabern, die gegen einen Dritten die Feststellung der Nichtigkeit eines von diesem mit der Aktiengesellschaft geschlossenen Vertrags begehren.418 Auch der stille Gesellschafter eines Firmeninhabers kann nicht dessen Rechte (Patente) gegen Dritte geltend machen, ebenso nicht das Mitglied einer juristischen Person (Genossenschaft) deren Rechte419 oder ein Kommanditist einer Publikums-KG die Nichtigkeit der Ausschließung anderer Kommanditisten aus der Gesellschaft420. Der Liquidator hat weder selbst noch als Vertreter einer OHG ein Feststellungsinteresse, wenn streitig ist, ob ein Gegenstand der Gesellschaft oder einem einzelnen Gesellschafter gehört. Darüber können nur die Gesellschafter den Prätendenten verklagen (§ 155 Abs. 3 HGB).421 Die Befugnisse des Nachlaßverwalters erstrecken sich nur auf das Nachlassvermögen, so dass er nicht befugt ist, persönliche Mitgliedschaftsrechte eines Gesellschaftererben geltend zu machen und sich auf die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags zu berufen.422
2167 1411 BGH NJW 2006, 374, 375, dazu Reichert/Senger Der Konzern 2006, 338, 343 ff.; krit. Waclawik ZIP 2006, 397, 402 ff. und Wilsing ZGR 2006, 722, 736 ff. 412 2168 2 BGH NJW 1984, 2950. 413 32169 OLG Schleswig FamRZ 1987, 384, 385; G. Lüke FS Henckel (1995), S. 563, 568, merkt aber auch hier an, dass es in erster Linie um ein Rechtsverhältnis der Prozessparteien, nämlich um die Freistellungspflicht des Krankenhausträgers gegenüber der Klägerin im Hinblick auf Ansprüche der Mutter (§§ 683, 670 BGB) geht. 414 2170 4 BGHZ 123, 44, 47 = NJW 1993, 2539, 2540; BGH NJW-RR 1992, 1151; BGH NJW-RR 1987, 1439, 1440. 415 52171 BGHZ 123, 44, 47 = NJW 1993, 2539, 2540 mit der Einschränkung, dass dies „jedenfalls dann“ gelten soll, wenn der Kläger ein schutzwertes Interesse an
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der Klärung hat, ob er zur Erfüllung Rückstellungen bilden muss; vgl. aber auch die Abgrenzung dazu im Urteil BGH ZIP 2000, 679, 680. 416 2172 6 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 39; Denkschrift zur GBO (1897), S. 49 (zu § 38). 417 72173 BGH NJW-RR 2001, 316; BGH VersR 1991, 414, 415; BGH NJW 1975, 1276, 1277; BGH VersR 1964, 156, 157; einschränkend LG München VersR 1994, 83: Solange dem Dritten nicht der Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers als Befriedigungsobjekt entzogen zu werden droht, besteht kein diesbezügliches Feststellungsinteresse. 418 2174 8 RGZ 142, 223, 227 f. 419 92175 BGH RdL 55, 49. 420 2176 10 BGH NJW 2006, 2854, 2855. 421 2177 11 RG LZ 1931, 1388. 422 2178 12 BGHZ 47, 293, 295 f. = NJW 1967, 196.
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Für eine negative Feststellungsklage gegen den Zedenten einer Forderung fehlt es in der Regel am Feststellungsinteresse, wenn der Kläger von der Abtretung der Forderung bereits vor der Einreichung der negativen Feststellungsklage Kenntnis erlangt hat, weil sich die Rechtskraft des Feststellungsurteils nicht auf den Beklagten im anderen Prozess erstreckt.423 Auch für die negative Feststellungsklage eines Beamten, dass eine Schadensersatzpflicht des Staates wegen Amtspflichtverletzung nicht besteht, fehlt das Feststellungsinteresse.424 Der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft ist das erforderliche Feststellungsinteresse abzusprechen, die Fortgeltung des normativen Teils gegenüber einem Verein i.L. feststellen zu lassen, der durch den normativen Teil des Arbeitsvertrags nicht selbst betroffen werden kann.425 Auch die Feststellungsklage einer Tarifvertragspartei gegen ein Einzelmitglied der anderen Tarifvertragspartei wegen tarifwidrigen Verhaltens ist unzulässig, wenn es sich um den normativen Teil des Tarifvertrags handelt (vgl. auch Rdn. 233).426
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c) Kritik an der Rechtsprechung. Allerdings entfaltet das auf eine solche Feststellungsklage ergehende Urteil nur Rechtskraft zwischen den an dem Prozess Beteiligten. Es bindet aber nicht die am Prozess selbst nicht beteiligten Rechtsträger.427 Daran setzt die Kritik an. Ob die Sachbefugnis durch das Feststellungsinteresse ersetzt werden kann und eine Prozessführungsbefugnis nicht erforderlich ist, ist umstritten.428 So schlägt Zeuner429 vor, dass auf Feststellung nur klagen kann, wer in seinen Rechten beeinträchtigt ist und nur gegen eine Person, die für diese Beeinträchtigung verantwortlich ist und der gegenüber eine durchsetzbare, abwehrfähige Rechtsposition besteht.430 Betrachtet man die Fälle, in denen eine Feststellungsklage über Drittverhältnisse zugelassen worden ist, stellt man fest, dass in den meisten Fällen die Beziehung zwischen den Parteien des Rechtsstreits nicht nur „berührt“ ist, sondern ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien vorliegt.431 So wird zum Beispiel bei den Drittrechtsverhältnissen die Klage des Pfändungsgläubigers gegen den Drittschuldner auf Feststellung der gepfändeten Forderung432 oder des Erben auf Feststellung des Erbrechts gegen den Testamentsvoll-
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RG JW 1902, 420 Nr. 10 (nach Abtretung kein Rechtsverhältnis mehr zu dem Zedenten); RG Gruchot 58, 1077, 1081 (Fehlen der Passivlegitimation und damit auch des Feststellungsinteresses); RG Warn 1920 Nr. 125 (Klage des Zessionars auf Zahlung eines Teilbetrags); BAG NJW 1966, 1771, 1772 (Aufrechnungserklärung des Zessionars in einem anderen Prozess). Siehe aber BGHZ 69, 37 ff. = NJW 1977, 1637 ff. bezüglich einer negativen Zwischenfeststellungsklage gegen den Zedenten und einer dementsprechenden Feststellungsklage gegen den Zessionar. 424 2180 2 RG HRR 1928 Nr. 910. 425 32181 BAG NJW 1971, 822. 426 42182 BAG AP Nr. 7 zu § 256 ZPO; seit BAG NZA 1999, 887, steht den Gewerkschaften jedoch ein Unterlassungsanspruch zu. 427 52183 BGH LM Nr. 4 zu § 325 ZPO; RGZ 128, 92, 94. 428 2184 6 Dafür: Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 14; Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 106 f.; vgl. auch Bauer S. 58 f., der Kläger sei in seiner Rechtssphäre berührt, so dass er ohne Weiteres prozessführungsbefugt und richtige Partei ist; dagegen: MünchKomm/Becker-Eberhard
Rdn. 34; Zöller/Greger Rdn. 3b; Musielak/Foerste Rdn. 5; Trzaskalik S. 156 ff.; Häsemeyer ZZP 101 (1988), 385, 396 f. und ZZP 107 (1994), 231, 232; G. Lüke FS Henckel (1995), S. 563, 576; W. Lüke ZGR 1994, 266, 273; Michaelis FS Larenz (1983), S. 443, 452 ff. 2185 7429 Zeuner AcP 190 (1990), 471, 492. 430 82186 Vgl. auch Häsemeyer ZZP 101 (1988), 385, 396 f. 431 92187 So auch RG SeuffArch 59 Nr. 65; Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 37; MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 34; Michaelis FS Larenz (1983), S. 443, 453 ff.; vgl. auch Häsemeyer ZZP 101 (1988), 385, 396; G. Lüke FS Henckel (1995), S. 563, 576. Bemerkenswert OLG Hamm NJW 1993, 3274: „Fehlt es an einem irgendwie gearteten Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, reicht das allein aus der Gefahr etwaiger Inanspruchnahme im Wege des Rückgriffs hergeleitete Interesse des Klägers regelmäßig nicht aus, um das rechtliche Interesse an der Feststellung eines zwischen dem Beklagten und einem Dritten bestehenden Rechtsverhältnis zu bejahen.“ 432 2188 10 RGZ 27, 345, 346.
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strecker433 oder den Nachlasspfleger434 genannt.435 In diesen Entscheidungen hat das Reichsgericht aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass § 231 CPO (jetzt § 256) das Bestehen eines Rechtsverhältnisses unter den Parteien voraussetze und in dem Bestehen des Rechtsverhältnisses zugleich die Sachlegitimation der Parteien liege. So existiert zwischen dem Pfändungsgläubiger und dem Drittschuldner auch schon vor Überweisung der Forderung auf Grund des durch die Pfändung der Forderung entstandenen Pfändungspfandrechts ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, so dass der Pfändungsgläubiger aktiv legitimiert ist. Dasselbe gilt für die Klage des Erben auf Feststellung des Erbrechts gegen den Nachlasspfleger, da dieser bei Bejahung der Erbenstellung gegen den Nachlasspfleger Ansprüche aus der geführten Pflegschaft hat,436 oder auch gegen den Testamentsvollstrecker.437 Um ein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Erben geht es auch bei der Feststellungsklage des Testamentsvollstreckers, dass er ein Testament vollziehen darf, wenn der Erbe das Testament wegen Geschäftsunfähigkeit des Erblassers für nichtig hält.438 Dasselbe gilt für die Klage des Testamentsvollstreckers, für sich und die von ihm zu verwaltende Vermögensmasse gegen den Begünstigten auf Feststellung seines Mitwirkungsrechts zu klagen.439 So schafft der Prätendentenstreit,440 der bei den Drittrechtsverhältnissen angeführt wird, auch nach der Rechtsprechung zwischen den Forderungsprätendenten ein Rechtsverhältnis, das grundsätzlich eine Feststellungsklage ermöglicht.441 Auch wenn das in einem solchen Rechtsstreit ergehende Urteil nur den Verlierer des Prätendentenstreits gegenüber dem Gewinner,442 nicht aber auch den Schuldner und den Verlierer diesem gegenüber bindet, die Klärung somit nur zwischen den beiden streitenden Gläubigern, nicht aber auch gegenüber dem Schuldner erreicht wird, ist aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit ein Feststellungsinteresse des klagenden Forderungsprätendenten regelmäßig zu bejahen.443 Zieht der Verlierer die Forderung dennoch ein, kann der Gewinner des Rechtsstreits gegen diesen einen Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB geltend machen. Hier wirkt sich die Rechtskraft des Feststellungsurteils aus.444 Die Feststellung, dass der Kläger der Gläubiger einer bestimmten Forderung ist, ist vergleichbar mit der Feststellung, dass er Eigentümer ist.445 Diese Grundsätze sind auch auf den umgekehrten Fall anzuwenden, in dem zwischen zwei möglichen Schuldnern durch eine Feststellungsklage des einen gegen den anderen Schuldner geklärt werden soll, wer von beiden für die betreffende Verbindlichkeit haftet. Dies gilt jeden-
433 12189 RG JW 1909, 52 f.; RG Gruchot 62, 631, 634. 434 22190 RGZ 106, 46, 47 f. 435 32191 So bei Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 39. 436 42192 RGZ 106, 46, 47 f. 437 52193 RG JW 1909, 52, 53; RG Warn 1912 Nr. 174 unter 3; RG Gruchot 62, 631, 634. 438 62194 RG JW 1919, 724 f.; vgl. auch BGH NJW-RR 1987, 1090, 1091. 439 72195 RG Warn 1915 Nr. 253. 440 82196 RGZ 98, 143, 145 (Klage des Zessionars, an den vor Konkurseröffnung eine Forderung vom Gemeinschuldner abgetreten worden ist, gegen den Konkursverwalter auf Feststellung, dass er Inhaber der Forderung sei); RGZ 41, 345, 347 (Klage eines Jagdpächters gegen einen sich ebenfalls dieses Jagdrechts Berühmenden). 441 92197 BGHZ 123, 44, 47 = NJW 1993, 2539, 2540; BGH NJW-RR 1992, 252 und 1151; RGZ 41, 345, 347;
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RG Warn 1910 Nr. 297; vgl. auch Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 II 2c (S. 418 ff.) mit Beispielen. 442 2198 10 BGH NJW 1993, 2539, 2540; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 II 2c (S. 421). 443 2199 11 BGHZ 123, 44, 47 = NJW 1993, 2539, 2540; BGH NJW-RR 1992, 1151; BGH NJW-RR 1987, 1439, 1440 f. 444 2200 12 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 II 2 c (S. 420); G. Lüke FS Henckel (1995), S. 563, 574. 445 2201 13 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 55 II 2 c (S. 419); Picker FS Flume I (1978), S. 649, 658: plastisch formuliert geht es um das Eigentum an dem Forderungsrecht. Somit liegt eine unmittelbare materiellrechtliche Beziehung zwischen den Prätendenten vor.
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falls dann, wenn der Kläger ein schützenswertes Interesse an der Klärung hat.446 Aber auch hier geht es nicht um ein Drittrechtsverhältnis, sondern um die Schuldnerposition. Liegt aber in Wahrheit gar kein Drittrechtsverhältnis vor, so ist der Kläger, weil es um seine Rechte geht, ohne Weiteres prozessführungsbefugt. Geht es aber ausnahmsweise allein um ein Drittrechtsverhältnis, durch das ein Recht des Klägers lediglich mittelbar berührt wird, kann das Feststellungsinteresse bei der Feststellungsklage die Funktion der Prozessführungsbefugnis, Popularklagen abzuwehren, übernehmen.447 Bei der Feststellungsklage werden im Gegensatz zur Leistungs- oder Gestaltungsklage die Dritten, über deren Rechtsverhältnis ein Feststellungsurteil herbeigeführt werden soll, von der Entscheidung nicht berührt.448 Die Rechtskraft ergreift lediglich die Parteien des Rechtsstreits und nicht diejenigen des Rechtsverhältnisses.449 Wird einerseits die Partei des Rechtsverhältnisses von der Entscheidung nicht betroffen, hat aber andererseits der Kläger ein Interesse an der Feststellung des Drittrechtsverhältnisses, so ist dieser Fall nicht mit der Geltendmachung fremder Rechte im eigenen Namen vergleichbar.450 Wenn der Kläger ein eigenes Interesse an der Feststellung fremder Rechtsverhältnisse hat, muss ihm deshalb die Möglichkeit der Feststellungsklage auch ohne Ermächtigung des Rechtsinhabers zugestanden werden. Eine Ermächtigung des Rechtsinhabers wäre nur dann erforderlich, wenn dieser von der Entscheidung berührt würde.
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3. Urkundenechtheit § 256 Abs. 1 lässt eine Feststellung der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde zu. Die Formulierung „Anerkennung einer Urkunde“ erklärt sich aus der früher vertretenen, aber überholten Ansicht, dass es sich um einen materiellrechtlichen Anerkennungsanspruch handle.451 Im Gegensatz zur Feststellung eines Rechtsverhältnisses geht es hier um die Feststellung einer Tatsache, die nur in diesem Ausnahmefall zulässig und keiner ausdehnenden Auslegung zugänglich ist.452 Die Feststellungsklage ergänzt hier das selbständige Beweisverfahren (§§ 485 ff.), unterscheidet sich jedoch von diesem insbesondere durch die Rechtskraft des Urteils.453 Die Urkundenechtheit betrifft lediglich die Frage, ob die mit dem Namen einer Person unterzeichnete Urkunde tatsächlich von dieser Person stammt oder mit deren Willen errichtet worden ist. Bei einem Streit, ob der Bevollmächtigte bei der Urkundenerstellung innerhalb seiner Vollmacht gehandelt hat, geht es nicht nur um die Echtheit der Urkunde, sondern um deren rechtliche Bedeutung.454 Dies kann jedoch nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. 446 2202
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BGHZ 123, 44, 47 = NJW 1993, 2539, 2540 = ZZP 107 (1994), 228, 229 f. mit Anm. Häsemeyer. 2203 2447 Deshalb hält Weber Die Prozeßführungsbefugnis als Sachurteilsvoraussetzung im Zivilprozeß und im Verwaltungsprozeß (1991), S. 19 die Prozeßführungsbefugnis im Bereich der Feststellungsklagen für überflüssig. 448 2204 3 Hierauf weist Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 106 f., zu Recht hin. 449 42205 In der fehlenden Bindung des Dritten an die gerichtliche Entscheidung sieht G. Lüke FS Henckel (1995), S. 563, 572, gerade das Hauptbedenken gegen die Feststellungsklage bezüglich
Drittrechtsverhältnissen, ebenso Michaelis FS Larenz (1983), S. 443, 452. 2206 5450 Vgl. Bauer S. 59, der den Unterschied zwischen dem Feststellungskläger über Drittrechtsverhältnisse und dem Prozessstandschafter darin sieht, dass der Feststellungskläger in seiner Rechtsphäre durch das (Nicht)Bestehen des Rechtsverhältnisses berührt wird, während bei der Prozessstandschaft nur die Rechtsphäre des Rechtsträgers betroffen ist. 451 62207 BGH LM Nr. 5 zu § 263 ZPO a.F. 452 72208 RGZ 158, 164. 453 82209 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 52. 454 92210 RGZ 158, 164, 165 f.
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Die Urkunde muss in irgendeiner Art als Beweismittel verwendbar sein. Dies muss nicht unbedingt zivilprozessualer, sondern kann auch strafrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Art sein, trotz der Erkenntnis, dass das zivilrechtliche Urteil den Strafrichter nicht bindet.455 Unter Urkunden sind nur solche iSd Zivilprozesses zu verstehen, sowohl öffentliche (§§ 415, 417, 418) als auch private Urkunden (§ 416). Unerheblich ist, ob die Urkunde als Beweismittel oder Trägerin eines Rechtsverhältnisses Bedeutung erlangt.456 Zum Feststellungsinteresse vgl. Rdn. 117 ff. Mit rechtskräftiger Feststellung steht die Urkunden(un)echtheit endgültig fest, so dass der Gegenbeweis nicht mehr geführt werden kann.457
VI. Das Feststellungsinteresse
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Weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage458 ist neben dem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis das rechtliche Interesse459 des Klägers, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Es handelt sich hierbei um eine besondere Ausgestaltung des bei jeder Rechtsverfolgung vorausgesetzten Rechtsschutzinteresses,460 um der Gefahr einer nicht zu übersehenden Überflutung der Gerichte mit Feststellungsklagen entgegenzuwirken.461 Außerdem soll der Beklagte davor geschützt werden, sich auf einen langwierigen und kostspieligen Rechtsstreit einlassen zu müssen.462 Das Feststellungsinteresse liegt vor, wenn die Rechtsposition des Klägers dadurch gefährdet ist, dass eine rechtliche Unsicherheit in Bezug auf das festzustellende Rechtsverhältnis besteht und das begehrte Feststellungsurteil diese Unsicherheit beseitigen kann.463 Diese Ungewissheit muss gerade zwischen den Parteien aufgetreten sein.464 Zweifel von anderen Personen an der Rechtslage genügen nicht, wenn sich die Parteien selbst einig sind.465 Im Rahmen der Prüfung des Feststellungsinteresses muss auch das gegenläufige Interesse des Beklagten an der Nichtdurchführung des Prozesses berücksichtigt und eine Interessenabwägung vorgenommen werden.466 Als Kriterien des Feststellungsin2211 1455 RG SeuffArch 75 Nr. 174; RGZ 148, 29, 31 f.; aA jedoch Jonas JW 1935, 2558; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 52, wonach das Recht, das mit der Urkunde verfolgt werden soll, im ordentlichen Rechtsweg durchsetzbar sein muss. 456 2212 2 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 256. 457 2213 3 RGZ 148, 29, 31; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 52; Zöller/Greger Rdn. 19; Musielak/Foerste Rdn. 6. 458 42214 BGH NJW 1991, 2707, 2708 und BGH NJW-RR 1990, 130 (Sachurteilsvoraussetzung); BGH NJW 1956, 1513, 1514 und BGH MDR 1952, 419 (Prozessvoraussetzung); RGZ 71, 68, 70 und OLG München ZZP 53 (1928), 289, 290 (Rechtsschutzvoraussetzung); Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 90 Rdn. 31; Neuner Privatrecht und Prozeßrecht (1925), S. 78. 459 52215 Zur Begriffsbestimmung vgl. Kadel S. 73 ff.; vgl. auch Jacobs S. 54 ff., 91 f., der eine weitgehende Konturlosigkeit des Begriffs durch die Ausle-
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gung in Literatur und Rechtsprechung nachweist und eine Rückbesinnung auf den eigentlichen Zweck und eine Entlastung des rechtlichen Interesses fordert, S. 407. 460 2216 6 BGH NJW 1972, 198; BGHZ 18, 98, 105 f. = NJW 1955, 1513, 1514; einschr. Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 106. 461 2217 7 Vgl. Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 257. 462 82218 Johannsen Anm. zu BGH LM 1958 Nr. 46 zu § 256 ZPO; Olschewski NJW 1971, 551, 552. 463 92219 BGH NJW 1998, 3055, 3056; BGH NJW 1995, 2032, 2033; BGHZ 15, 382, 390; BAG AP Nr. 5 zu § 256 ZPO; vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 20. 464 2220 10 BGH NJW 1984, 2950; OLG Nürnberg FamRZ 1982, 1102, 1103; vgl. auch RGZ 142, 223, 226 f.; RGZ 95, 248 f. 465 2221 11 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 66. 466 2222 12 Vgl. Moser S. 178 ff.
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teresses müssen sowohl die Schutzbedürftigkeit des Klägers, die sich regelmäßig auf Grund eines bestehenden Interessenkonflikts ergibt, und die Schutzwürdigkeit des Klägers, die bei Berührung von rechtlich geschützten Interessen des Klägers zu bejahen ist, sowie die Schutzgeeignetheit des Feststellungsurteils berücksichtigt werden.467 Eine Partei kann das Interesse für eine Feststellungsklage nur mit einem eigenen Feststellungsinteresse gegenüber der Prozesspartei468 begründen, so dass ein persönliches Feststellungsinteresse des Insolvenzverwalters nicht geeignet ist, ein solches Interesse für eine von ihm als Partei kraft Amtes für die Masse erhobene Klage darzutun.469 Das Interesse muss nicht privatrechtlicher, sondern kann auch öffentlichrechtlicher Art sein,470 etwa wenn die Feststellung Bindungswirkung für ein Straf-471 oder Verwaltungsverfahren472 hat. Für das rechtliche Interesse genügt es, dass der Kläger von Seiten des Beklagten in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit beeinträchtigt wird.473 Rein wirtschaftliche Interessen,474 wie das Interesse an der Wertsteigerung oder Vermehrung eigenen Vermögens475 oder das des Aktionärs am Gedeihen der Aktiengesellschaft476 genügen nicht,477 ebenso nicht rein wissenschaftliche, verwandtschaftliche oder sonstige ideelle Interessen.478 Dagegen ist das (auch nur wirtschaftliche) Interesse einer Partei an der Feststellung bestimmter rechtlicher Beziehungen ausreichend, um ihr Verhalten, wie z.B. die Ausübung von Gestaltungsrechten, danach einrichten zu können.479 Unter Umständen kann es auch genügen, wenn das Interesse nur darin besteht, weitere Prozesse abzuschneiden und Kosten zu sparen.480 Auch die Schädigung anderer Rechtsgüter als des Vermögens kann ein rechtliches Interesse begründen,481 beispielsweise die berufliche Stellung eines Rechtsanwalts482 oder die Kreditwürdigkeit.483 Auch die Schädigung der Ehre484 sowie die Rufschädigung485 vermag ein rechtliches Interesse zu begründen.
467 12223 Bauer S. 81 ff.; Moser S. 174 ff. 468 22224 BAGE 98, 42, 44 = NZA 2002, 228, 229 = BB 2002, 155. 469 32225 BGH NJW-RR 1990, 318, 319. 470 2226 4 RGZ 71, 63, 65 f.; Kadel S. 78 f. 471 52227 Vgl. RG SeuffArch 75, 304, 305 ff.; OLG Stuttgart OLGRspr 15, 110, 111; aA Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 71 und 73, der das Interesse trotz fehlender Bindung des Strafrichters bejaht. 472 62228 RGZ 70, 371, 374 ff. 473 2229 7 RG JW 1938, 1728, 1729. 474 82230 Diese reichen im schiedsrichterlichen Verfahren aus, BGH KTS 1977, 42, 45. 475 92231 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 71. 476 2232 10 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 29. 477 2233 11 Zum Unternehmensimage siehe Geilert Das Unternehmensimage als rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO (1998). 478 2234 12 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 37. Vgl. aber RGZ 122, 266, 269 f., das das Feststellungsinteresse damit begründet, dass die Aufrechterhaltung des umstrittenen Vereinsausschlusses zu einer schweren ideellen und möglicherweise auch wirtschaftlichen Schädigung des Klägers führen müsse. 479 2235 13 BGH ZZP 67 (1954), 291, 293; RGZ 128, 92, 94;
RGZ 123, 232, 233; RGZ 94, 227, 234; RG LZ 1932, 309; RG JW 1927, 825, 826; RG Warn 1917 Nr. 64; RG JW 1910, 825, 826; RGZ 49, 370, 373; RGZ 35, 392 f.; RG JW 1906, 569; RG JW 1904, 388 f.; RG Gruchot 48, 1096, 1099; Baltzer S. 140 f.; vgl. auch Langheineken Der Urteilsanspruch (1899), S. 144; Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 56 I 2a (S. 429 ff.); Du Chesne BayrZ 1918, 69, 71 ff. 480 2236 14 RG JW 1900, 390, 391; RG JW 1903, 270, 271; RG JW 1904, 388, 389; RG JW 1906, 569. 481 2237 15 BGH VersR 1985, 39. 482 2238 16 BGH VersR 1985, 39. 483 2239 17 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 37; Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 71. 484 2240 18 RG JW 1905, 315 (Ehre, gesellschaftliche Stellung, Möglichkeit (anderen) studentischen Verbindungen beitreten zu können); RGZ 80, 189, 190; RG JW 1926, 2283; RG JW 1935, 2632, 2634; LG Oldenburg MDR 1993, 384; dagegen Heinsheimer Mitgliedschaft und Ausschließung (1913), S. 70. 485 2241 19 BGH NJW-RR 1988, 445 im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Stellung des Ausgeschlossenen am Markt.
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Hat ein anderes Gericht sein Verfahren nach § 148 ausgesetzt, so spricht dies zwar zunächst für ein Feststellungsinteresse. Das Gericht, bei dem die Feststellungsklage erhoben wurde, kann jedoch das Feststellungsinteresse verneinen, wenn die Entscheidung des Vorprozesses seiner Ansicht nach nicht von dem Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses abhängt.486 1. Rechtsnatur487
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Das in § 256 geforderte rechtliche Interesse ist zwar eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung,488 stellt jedoch keine solche Prozessvoraussetzung dar, ohne deren Vorliegen dem Gericht eine Sachprüfung und ein Sachurteil überhaupt verwehrt ist.489 Es wird deshalb als unqualifizierte, bedingte (Vor § 253 Rdn. 138),490 unechte oder abgeschwächte Prozessvoraussetzung bezeichnet.491 Aus diesem Grund wird es als zulässig angesehen, eine in der Sache abweisungsreife492 Feststellungsklage ohne Prüfung des Feststellungsinteresses als unbegründet abzuweisen, und zwar auch durch das Berufungsgericht, wenn die Vorinstanz die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen hat.493 Dem Berufungs- und Revisionsgericht ist eine Entscheidung in der Sache auch dann nicht verwehrt, wenn diese entgegen den Vorgerichten das Feststellungsinteresse bejahen.494 Eine Abweisung als unbegründet ist auch für den Fall einer gegen mehrere Streitgenossen gerichteten Feststellungsklage zulässig, für die nur gegenüber einigen Streitgenossen ein Feststellungsinteresse besteht, die aber auf Grund der nur einheitlich möglichen Sachprüfung gegenüber allen Streitgenossen zweifelsfrei unbegründet ist.495 Sinn und Zweck von Prozessvoraussetzungen liegen darin, dass das Gericht und der Gegner vor einem Prozess geschützt werden sollen, dem es an einer verfahrensrechtlichen Voraussetzung fehlt. Ist die Prüfung des Feststellungsinteresses aber umfangreicher und schwieriger als die Entscheidung in der Sache selbst, weil das Rechtsschutzbegehren offensichtlich unbegründet ist, so würde dieser Zweck in sein Gegenteil verkehrt. Aus diesem Grund ist das Feststellungsinteresse nur für das stattgebende Sachurteil Voraussetzung,496 also auch im Fall eines die negative Feststellungsklage abweisenden Sachurteils, da mit der Abweisung das Bestehen des Rechts festgestellt wird (Rdn. 310).497 Unzulässig ist jedoch eine Entscheidung, die das Feststellungsinteresse eindeutig verneint, aber gleichwohl in der Sache selbst entscheidet (Rdn. 308).498 Bei Fehlen des 486 12242 OLG Karlsruhe OLGRspr 14, 84, 85. 487 22243 Zum Streit über die rechtliche Natur des Feststellungsinteresses vgl. auch Moon-Hyuck Ho Zum Anspruchsbegriff bei der Feststellungsklage (1987), S. 109 ff. 488 2244 3 BGH NJW-RR 1990, 130; BGHZ 18, 98, 105 f. = NJW 1955, 1513, 1514. 489 42245 BGH NJW 1958, 384 = LM 1958 Nr. 46 zu § 256 ZPO mit Anm. Johannsen; BGHZ 12, 308, 316 = NJW 1954, 1159, 1160; RGZ 158, 145, 152. 490 52246 Gegen diese Bezeichnung MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 36 Fn. 130. 491 62247 Vgl. dazu Weiss NJW 1971, 1596; Kisch S. 52 f. ordnet das rechtliche Interesse zwischen der Zulässigkeit und der Begründetheit der Klage in eine dritte Kategorie − die Notwendigkeit der Klageerhebung − ein, so dass seiner Ansicht nach die Klage nicht als unbegründet abgewiesen werden dürfte, wenn das rechtliche Interesse fehlt.
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492 2248 7 Weiss NJW 1971, 1596 f. plädiert für diese Möglichkeit auch bei einem für den Kläger günstigen Sachurteil. 493 2249 8 OLG Bremen MDR 1986, 765; OLGR Köln 1995, 62; aA Dietz AP 1950 Anm. zu Nr. 103. 494 92250 BGH NJW 1978, 2031, 2032; BGHZ 12, 308, 316 = NJW 1954, 1159, 1160; RGZ 158, 145, 152. 495 2251 10 BGH NJW 1958, 384 = LM 1958 Nr. 46 zu § 256 ZPO mit Anm. Johannsen. 496 2252 11 RGZ 158, 145, 152; BGHZ 12, 308, 316 = NJW 1954, 1159, 1160; BGH NJW 1958, 384; BGH NJW 1987, 2808, 2809; BAG NJW 2003, 1755, 1756; OLG Karlsruhe VersR 1989, 805, 806; Henckel S. 193; kritisch Olschewski NJW 1971, 551, 552. 497 2253 12 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 36. 498 2254 13 RGZ 41, 369, 371; MünchKomm/Becker-Eberhard Vor § 253 Rdn. 19.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Feststellungsinteresses kommt eventuell ein Übergang zur Zwischenfeststellungsklage in Betracht.499 2. Zeitpunkt des Vorliegens Das Feststellungsinteresse ist in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen (vgl. Vor § 253 Rdn. 164 ff.).500 Es muss in der Regel zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen,501 auch wenn es vorher nicht vorlag.502 Selbst wenn es bei Erhebung der Feststellungsklage vorliegt, muss die Klage abgewiesen werden, wenn es später wegfällt,503 weil z.B. der Beklagte sich des Anspruchs nicht mehr berühmt.504 So fehlt nach dem Tod des Erblassers für eine von diesem gegen den Pflichtteilsberechtigten erhobene und von seinem Erben weiterverfolgte Klage auf Feststellung, dass der Erblasser zur Pflichtteilsentziehung berechtigt sei, dem Erben das erforderliche Feststellungsinteresse.505 Einer Klageabweisung kann der Kläger bei Wegfall des Feststellungsinteresses im Laufe des Verfahrens nur dadurch entgehen, dass er die Hauptsache für erledigt erklärt.506 Ein Anerkenntnis oder ein Verzicht oder eine Einigung der Parteien507 bezüglich des Feststellungsinteresses sind unbeachtlich.508 Dagegen unterliegen die das Feststellungsinteresse begründenden Tatsachen der Parteiherrschaft. Sie sind deshalb von den Parteien vorzutragen509 und können zugestanden oder nicht bestritten werden. Die Beweislast für das Bestehen eines Feststellungsinteresses trägt der Kläger.510 Bestreitet der Beklagte das Feststellungsinteresse, braucht er den Anspruch nicht anzuerkennen, selbst wenn er seiner Ansicht nach besteht.511 Der Beklagte kann sich darauf beschränken, nur das Feststellungsinteresse zu bestreiten; bekämpft er aber auch den mit der Feststellungsklage verfolgten Anspruch, liegt darin ein ernsthaftes Bestreiten, das die Annahme eines Feststellungsinteresses begründet.512 499 2255
1 BGH NJW-RR 1990, 318, 320. 500 22256 BGH NJW-RR 1990, 130; BGH LM Nr. 125 zu § 256 ZPO; BGHZ 18, 98, 105 f. = NJW 1955, 1513, 1514; BGHZ 18, 22, 41 = NJW 1955, 1437, 1439; BAGE 98, 42, 44 = NZA 2002, 228, 229 = BB 2002, 155; BAG BB 2000, 1252; BAG BB 1998, 56; RGZ 160, 71, 75; RGZ 151, 65, 66; RGZ 100, 123, 126; RGZ 73, 82, 85; Sauer Grundlagen des Prozeßrechts2 (1929), S. 502. 501 2257 3 BGH NJW 1951, 524 (bei Schluss der letzten Tatsachenverhandlung); BAG NJW 2006, 938, 939 und BAG NJW 2000, 3226 (auch in der Revisionsinstanz!); RG JW 1936, 653, 654 (auch wenn es bei Klageerhebung gegeben war); RGZ 100, 123, 126 (bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht); RGZ 95, 108, 109 f. (für den Umfang des Bestreitens); RG HRR 1928 Nr. 468; vgl. OLG Karlsruhe NJWRR 1990, 137 f. (bei Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung); OLG Karlsruhe FamRZ 1994, 836, 837 (bei Schluss der mündlichen Verhandlung). 502 42258 RG Warn 1909 Nr. 325; RG JW 1909, 223; RG JW 1935, 2494; Musielak/Foerste Rdn. 7.
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BGH NJW 1951, 524; BGHZ 18, 22, 41 = NJW 1955, 1437, 1439; BAG NJW 2006, 938, 939; OLG Colmar SeuffArch 62, 289, 291; OLG Karlsruhe NJW-RR 1990, 137 f.; OLG Kassel OLGRspr 18, 5, 6; OLG Königsberg OLGRspr 15, 111, 112; Habscheid Der Streitgegenstand im Zivilprozeß (1956), S. 273. 504 62260 BGH NJW 1951, 524; BGHZ 18, 98, 106 f. = NJW 1955, 1513, 1514 bei einem erst in der Revisionsinstanz eintretenden Wegfall des Feststellungsinteresses; BGH BB 1968, 1017. 505 2261 7 BGH NJW-RR 1990, 130. 506 82262 BGH NJW-RR 1990, 130, 131. 507 92263 RG Gruchot 48, 1096, 1098. 508 2264 10 RG JW 1931, 3263, 3264. 509 2265 11 BGH NJW-RR 1990, 318, 319; BGH LM Nr. 16 zu § 256 ZPO. 510 2266 12 RGZ 122, 102, 106; BAG AP Nr. 44 zu § 256 ZPO; BAG NJW 1997, 3396. 511 2267 13 BGH BB 1968, 1017; BGH Warn 1968 Nr. 62; RGZ 164, 79, 82; RG Gruchot 63, 341, 342. 512 2268 14 RG JW 1935, 2492 mit abl. Anm. Bartels.
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Im Versäumnisverfahren wird deshalb nur dann, wenn der Kläger den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils stellt, das Feststellungsinteresse geprüft (§ 331 Abs. 2), nicht aber, wenn der Beklagte gegen den Kläger ein Versäumnisurteil beantragt. Die Klage wird sachlich abgewiesen, weil auch ein entsprechendes Verzichtsurteil erlassen werden darf. Legt der Kläger dann Einspruch ein, kann eine sachliche Entscheidung grundsätzlich erst nach Bejahung des Feststellungsinteresses gefällt werden. 3. Gefährdung der Rechtsposition des Klägers
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a) Allgemeines. Eine Gefährdung der Rechtsposition des Klägers liegt bereits dann vor, wenn eine Unsicherheit in Bezug auf die Rechtsstellung des Klägers besteht,513 ein Zweifel herrscht oder vom Gegner aufgeworfen wird514. Diese Unsicherheit muss nicht eine objektive sein. Es genügt, wenn zwischen den Parteien subjektiv Zweifel über die Rechtslage bestehen.515 Herrscht zwischen den Parteien Streit, dann kommt es auf seine rechtliche Begründetheit nicht an, denn darüber soll das Gericht entscheiden. Deshalb ist auch eine Feststellungsklage zulässig, wenn der Jurist ihre Aussichtslosigkeit auf Anhieb erkennt oder wenn die Berühmung völlig grundlos ist.516 Allerdings muss die Ungewissheit ihren Ursprung in dem Rechtsverhältnis selbst haben und nicht darin, dass der Kläger Zweifel über die Tragweite der anzuwendenden Rechtsnorm hat.517 Eine drohende Rechtsverletzung ist nicht erforderlich.518 Eine das Feststellungsinteresse rechtfertigende Gefährdung liegt in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet519 (positive Feststellungsklage) oder sich jemand einer Forderung gegen einen anderen ernstlich berühmt520 (negative Feststellungsklage). Ohne Bedeutung ist hierbei, ob der Anspruch tatsächlich besteht. Allerdings muss die Berühmung auch nach objektiver Würdigung eine Gefahr für den Kläger begründen.521 Dem Kläger muss ein wirklicher Nachteil und nicht nur eine rein gedankliche, in weiter Ferne liegende und somit ganz theoretische Möglichkeit einer Gefährdung drohen.522 So reicht die bloß gedachte Möglichkeit einer Änderung der Benutzungsart durch den Eigentümer des herrschenden Grundstücks in ferner Zukunft nicht aus.523 Auch die bloße Ankündigung, unter bestimmten Voraussetzungen in eine Prüfung einzutreten, ob ein Anspruch gegen den Betroffenen besteht, enthält noch keinen ernsthaften und hinreichend bestimmten Eingriff in dessen Rechtssphäre.524 Bei der negativen Feststellungsklage genügt es für das rechtliche Interesse des Klägers, dass das negierte Recht des Beklagten den Kläger in seiner Rechtssphäre berührt. Die Stellung des Klägers muss jedoch nicht im Sinne eines entgegengesetzten Rechts des Klägers bestehen. Der Kläger muss also nicht seinerseits ein eigenes Recht an der Sache geltend machen.525 513 2269
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RGZ 170, 358, 374; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 20. 2270 2514 RGZ 95, 248. 515 32271 Baltzer S. 139. 516 42272 RG Warn 1909 Nr. 361. 517 52273 RGZ 94, 227, 234. 518 62274 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 56 I 2a (S. 429); Stoll FS Bötticher (1969), S. 341, 352 ff.; aA Picker Die Drittwiderspruchsklage in ihrer geschichtlichen Entwicklung als Beispiel für das Zusammenwirken von materiellem Recht und Prozeßrecht (1981), S. 345 ff., 349 Fn. 30: Rechtsbeeinträchtigung des Klägers, die durch den Zustand im Rechtskreis des Beklagten bedingt ist.
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BGH NJW 1999, 430, 432; BGH NJW 1986, 2507; RG JW 1935, 2494 (Bestreiten erst im Prozess); BAG NJW 2000, 3226. 520 2276 8 BGH NJW 1995, 2032, 2033; BGH NJW 1992, 436, 437; BGH NJW 1986, 129, 130; BGH MDR 1971, 1000, 1001; BAG NZA 1988, 249; OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 578; LG Frankfurt/ M. NJW-RR 1991, 379 f. 521 2277 9 BGH MDR 1962, 469; OLGR Hamburg 1998, 178. 522 2278 10 OLG Karlsruhe FamRZ 1994, 836, 837. 523 2279 11 BGH MDR 1962, 469. 524 2280 12 BGH NJW 1992, 436, 437.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Allerdings fehlt das Feststellungsinteresse, wenn sich die Erhebung der Feststellungsklage als prozessmissbräuchlich darstellt, z.B. wenn die Feststellungsklage als prozesstaktisches Kampfmittel eingesetzt wird, indem nicht klagende Anspruchsgegner in eine einheitliche Parteifront hineingezwungen werden und ihnen dadurch die Zeugenstellung unmöglich gemacht wird526 oder wenn eine Streitverkündung527 oder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts verhindert werden soll.528
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b) Berühmen. Ein ausdrückliches „Berühmen“ ist nicht erforderlich.529 Eine ausreichende außerprozessuale Berühmung oder Rechtsanmaßung liegt z.B. in einer Zahlungsaufforderung530 oder in der Androhung von Regressansprüchen531 oder eines gerichtlichen Vorgehens532 oder in der Aufforderung, den Verkauf von Waren mit einem bestimmten Zeichen zu unterlassen, weil dies das Warenzeichen des Auffordernden verletze533. Erhebt jemand eine Teilklage unter Vorbehalt weiterer Ansprüche, ergibt sich daraus ein Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungswiderklage, dass dem Kläger über den eingeklagten Betrag hinaus keine Ansprüche zustünden.534 Die Gefahr einer künftigen Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit rechtfertigt ein Feststellungsinteresse.535 Andererseits genügt ein bloßes Schweigen oder passives Verhalten im Allgemeinen nicht für das „Berühmen“,536 es sei denn, dass der Kläger auf Grund vorangegangenen Verhaltens des Beklagten nach Treu und Glauben eine ihn endgültig sicherstellende Erklärung erwarten darf.537 Eine solche Pflicht zur Erklärung kann sich insbesondere bei Patent-, Gebrauchs-, Geschmacksmuster-, Warenzeichen- und Wettbewerbsverletzungen ergeben538 oder wenn der Kläger ein Interesse hat zu erfahren, ob die von ihm gelegte Rechnung vom Beklagten anerkannt wird539. In einem derartigen Fall kann sogar ein rein wörtliches Anerkenntnis des Nichtbestehens der Forderung unter Umständen nicht genügen, solange der Kläger befürchten muss, dass ihm der Beklagte auf Grund seines vermeintlichen Rechts ernstliche Hindernisse entgegensetzen werde.540 Für die Bejahung des Interesses auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Gebrauchsmusters ist weder eine Verwarnung des Antragstellers wegen Gebrauchsmusterverletzung noch auch nur eine Berühmung des Bestehens von solchen Ansprüchen
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So Zeuner FS Dölle (1963), S. 295, 316; aA Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 71, der es bei einer negativen Feststellungsklage in Bezug auf ein dingliches Recht in der Regel für erforderlich hält, dass der Kläger ein Recht an derselben Sache hat, es sei denn, es handelt sich um eine Feststellungsklage im Hinblick auf Drittverhältnisse; vgl. auch RG SeuffArch 63, 290, 291 f. 526 2282 2 RG JW 1935, 1982. 527 2283 3 RGZ 82, 170, 172 f.; RG SeuffArch 77 Nr. 103 (S. 167); vgl. aber RG JW 1921, 528 mit abl. Anm. Rosenberg. 528 42284 BGH LM Nr. 16 zu § 256 ZPO; vgl. aber OLG München JW 1928, 1321, das eine Feststellungsklage für zulässig gehalten hat, weil bei Erhebung der Leistungsklage ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden würde, dessen Feststellung zu Komplikationen führen würde. 529 52285 BGHZ 69, 37, 46 = NJW 1977, 1637, 1639; RG JW 1909, 75, 76; RG JW 1907, 482. 530 62286 OLGR Saarbrücken 2005, 553, 554. 531 72287 RG JW 1909, 75, 76.
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8 BayObLGZ 71, 80, 81. 533 92289 RGZ 62, 18, 19. 534 2290 10 RG DR 1942, 904. 535 2291 11 BayObLGZ 70, 226, 227. 536 2292 12 OLGR Naumburg 2006, 666. 537 2293 13 BGH NJW 1995, 2032, 2033; BGHZ 69, 37, 46 = NJW 1977, 1637, 1639; RG JW 1909, 75, 76. 538 2294 14 BGH MDR 1986, 141 (Feststellung der Unwirksamkeit eines durch Zeitablauf erloschenen Gebrauchsmusters bei Verletzung dieses Gebrauchmusters); vgl. OLG Düsseldorf MDR 1988, 783 = GRUR 1988, 789 (keine Antwort des Gläubigers auf Anfrage des Unterlassungsschuldners, ob er eine vom Schuldner geplante und im Einzelnen beschriebene (neue) Werbung als Verstoß gegen die vertragliche Unterlassungsverpflichtung ansehe). 539 2295 15 RG JW 1909, 75, 76. 540 2296 16 BGH NJW-RR 1988, 749, 750; BGHZ 69, 37, 46 = NJW 1977, 1637, 1639; RG DR 1939, 1915, 1916; RG JW 1936, 2546; vgl. auch RG JW 1907, 482 (gerechter Anlass zur Befürchtung genügt).
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erforderlich, solange der Antragsteller Grund zu der Besorgnis hat, er könne aus dem Gebrauchsmuster in Anspruch genommen werden, z.B. wenn der Antragsteller das eingetragene Gebrauchsmuster verletzt hat.541 Es kommt auch nicht darauf an, ob der Gegner behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu besitzen. Es genügt die Behauptung, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt noch ungewiss ist, ein Ersatzanspruch ergeben,542 oder die Androhung einer Klageerhebung543. Ausreichend ist auch, dass sich der Beklagte als Berechtigter ausgegeben hat, auch wenn er die sich daraus ergebenden Rechte bisher noch nicht geltend gemacht hat.544 Demgegenüber vermag die bloße Ankündigung, unter bestimmten Voraussetzungen in eine Prüfung einzutreten, ob ein Anspruch gegen den Betroffenen besteht, noch kein Feststellungsinteresse zu begründen.545 Die bloße rechtliche Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs seitens des Beklagten reicht für sich noch nicht aus.546 Ein Berühmen liegt vor, wenn um Prozesskostenhilfe nachgesucht547 oder ein Recht im Aufgebotsverfahren angemeldet oder ein Arrest bzw eine einstweilige Verfügung erwirkt wird548. Gleiches gilt für eine einstweilige Anordnung in Ehesachen.549 Ferner liegt ein Berühmen vor im Fall der Vorpfändung (§ 845),550 des Erwirkens eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses551 und der förmlichen Anfechtungserklärung nach dem Anfechtungsgesetz, aber auch für den Fall, dass sich der Beklagte einer Berechtigung zur Gläubigeranfechtung berühmt552. Wird auf einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung nach §§ 926, 936 eine Frist zur Klageerhebung gesetzt, so darf, wenn die Voraussetzungen vorliegen, auch auf Feststellung geklagt werden.553 Berühmt sich der Antragsgegner einer einstweiligen Verfügung eines Schadensersatzanspruchs nach § 945, dann besteht nur die Möglichkeit einer negativen Feststellungsklage bezüglich dessen Nichtbestehens. Für eine positive Feststellungsklage, dass dem Antragsteller der Unterlassungsanspruch zugestanden habe, fehlt es in der Regel am Feststellungsinteresse, da auf diesem Weg der Streit nicht stets erschöpfend gelöst werden kann.554 Dies gilt ebenso für den Fall, dass die einstweilige Verfügung wegen Erfüllung oder Wegfalls der Wiederholungsgefahr für erledigt erklärt worden ist.555 Hier kann der Antragsteller auch nicht zu einer Hauptsacheklage auf Feststellung angehalten werden (§ 926 Rdn. 8). Eine solche Klage wäre mangels Feststellungsinteresses unzulässig.556 Ein Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens enthält noch nicht die Berühmung eines Anspruchs.557 Umstritten ist, ob bei verweigerter Entlastung des Vereinsvorstands, des GmbHGeschäftsführers oder des WEG-Verwalters das Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage bereits dann zu bejahen ist, wenn nicht auszuschließen ist, dass Ersatzansprüche geltend gemacht werden. Dann wäre es in diesen Fällen nicht erfor541 12297 BGH MDR 1986, 141. 542 22298 Vgl. RG JW 1909, 75, 76. 543 32299 BayObLGZ 71, 80, 81. 544 42300 RG JW 1910, 825, 826. 545 52301 BGH NJW 1992, 436, 437. 546 62302 BGH NJW 1995, 2032, 2033. 547 72303 OLG München ZZP 53 (1928), 289; vgl. auch OLG Karlsruhe Justiz 1966, 130. 548 82304 RGZ 31, 370, 373. 549 92305 OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 423, 424. 550 2306 10 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 39.
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551 2307 11 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 39; Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 65. 552 2308 12 BGH NJW 1991, 1061, 1062. 553 2309 13 RG Warn 1908 Nr. 690. 554 2310 14 BGHZ 126, 368, 373 = NJW 1994, 2765, 2766; zu einem Ausnahmefall vgl. OLG München MDR 1992, 864. 555 2311 15 BGH NJW 1974, 503; BGH NJW 1973, 1329; OLG Hamburg MDR 1970, 935. 556 2312 16 BGH NJW 1973, 1329; OLG Hamburg MDR 1970, 935. 557 2313 17 OLG Dresden JW 1929, 519.
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derlich, dass sich der Verein, die GmbH oder die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits konkreter Ersatzansprüche gegen den Kläger berühmen.558 Teilt ein Träger der Sozialhilfe (oder eine vergleichbare Institution) einem (vermeintlich) Unterhaltsverpflichteten mit, dass er einem Bürger Sozialleistungen erbringe, dann kann darin in der Regel kein Berühmen des unterstützten Bürgers gegenüber dem (angeblich) Unterhaltsverpflichteten gesehen werden.559 Nach Ansicht des BAG560 berühmt sich eine Gewerkschaft nicht schon eines rechtlichen Anspruchs auf Tarifverhandlungen, wenn sie solche Verhandlungen nachdrücklich fordert und mit Kampfmaßnahmen droht. Daraus gehe vielmehr hervor, dass sie von einem Rechtsanspruch nicht ausgehe, da sie dann auf solche Maßnahmen nicht angewiesen wäre, sondern diesen gerichtlich durchsetzen könnte. Auch das bloße Verlangen des Betriebsrats, eine Angelegenheit in bestimmter Weise zu regeln, besagt für sich allein noch nicht, dass der Betriebsrat sich eines Mitbestimmungsrechts in dieser Angelegenheit ernsthaft berühmt. Dem Betriebsrat ist es nämlich nicht verwehrt, die Regelung einer Angelegenheit anzustreben, für die ihm kein Mitbestimmungsrecht zusteht.561
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c) Bestreiten. Das Bestreiten muss sich auf das Rechtsverhältnis beziehen, ein Bestreiten nur des Feststellungsinteresses genügt nicht.562 Ein Bestreiten liegt auch in der Behauptung des Verpflichteten, der Anspruch sei erloschen563 oder er habe ein eigenes Recht, das mit dem des Klägers nicht vereinbar sei, wie bei Forderungsprätendenten. Das Bestreiten darf sich jedoch nicht als ein bloß theoretisches Verhalten darstellen, vielmehr muss mit dem Bestreiten die Absicht verbunden sein, zu eigenem Nutzen entsprechend zu handeln.564 Es genügt auch, dass sich die gegnerische Partei einen Widerruf der bisherigen Praxis vorbehalten hat.565
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d) Widerruf des Bestreitens bzw Berühmens. Der Widerruf des Bestreitens bzw Berühmens ist von Bedeutung, solange der Prozess nicht anhängig ist, da der Kläger dadurch keine Veranlassung zur Klage mehr hat.566 Dagegen beseitigt der Widerruf des Bestreitens im Prozess − ohne Anerkenntnis gem. § 307567 (vgl. dazu Rdn. 329) oder sonstige Sicherung568 − das Feststellungsinteresse in der Regel nicht.569 Das außergerichtliche Anerkennen allein genügt jedenfalls nicht, wenn das Bestreiten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.570 Das Entsprechende gilt für den
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2314 1558 Für das Erfordernis des Berühmens OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 525 (WEG-Verwalter); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 41 (GmbH-Geschäftsführer); aA OLG Köln NJWRR 1997, 483 (Vereinsvorstand); K. Schmidt ZGR 1978, 425, 443 f. (GmbH-Geschäftsführer); offengelassen von BGHZ 94, 324, 329 f. = NJW 1986, 129, 130 (GmbH-Geschäftsführer). 559 22315 OLG Nürnberg FamRZ 1982, 1102, 1103. 560 32316 BAG NJW 1985, 220, 221; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 57, der eine Feststellungsklage hier für zulässig hält. 561 2317 4 BAG NZA 1988, 249. 562 2318 5 RGZ 164, 79, 82. 563 62319 RG JW 1917, 481, 482. 564 72320 RG JW 1900, 390, 391. 565 82321 BGH NJW 2006, 3803, 3804. 566 92322 Vgl. KG NJW-RR 1996, 846, 847.
567 2323 10 BGH DB 1976, 1009 (hilfsweise Erklärung des Anerkenntnisses); RG Gruchot 63, 341, 343; anders OLG Hamburg JZ 1970, 655, 656, krit. dazu Münzberg JuS 1971, 344, 345 f. 568 2324 11 Münzberg JuS 1971, 344, 346. 569 2325 12 BGH DB 1976, 1009 (hilfsweise Erklärung des Anerkenntnisses); RG Gruchot 63, 341, 343; RGZ 95, 304, 306 f.; vgl. OLG München OLGRspr 42, 9 f. (vertragsgemäß abgegebene und angenommene Verpflichtungserklärung des Beklagten ist erforderlich); OLG Hamburg JZ 1970, 655, 656, dazu kritisch Münzberg JuS 1971, 344, 345 f., wonach das plötzliche Nichtbestreiten des geltend gemachten Anspruchs nur dann zum Wegfall des Feststellungsinteresses führt, wenn der Kläger nicht einem nochmaligen Gesinnungswandel des Beklagten ausgeliefert wäre. 570 2326 13 BGH VersR 1959, 601, 602; vgl. auch OLGR
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Widerruf des Berühmens; im Prozess erklärt ist er grundsätzlich bedeutungslos. Jedoch fällt das Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage dann weg, wenn der Kläger im Lauf des Rechtsstreits auf die Geltendmachung in der Klageschrift vorbehaltener Ansprüche verzichtet, derer er sich bis zu diesem Zeitpunkt berühmt hatte.571 Bei zweifelhafter oder mehrdeutiger Erklärung bleibt das Feststellungsinteresse jedoch bestehen.572 Eine einseitige Bereitschaftserklärung des Klägers im Rahmen einer Teilklage, die Entscheidung über die Klageforderung auch für darüber hinausgehende Ansprüche anzuerkennen, beseitigt das Feststellungsinteresse des Gegners für eine Feststellungswiderklage nicht.573 Auch eine nicht bindende Verzichts- oder Beschränkungserklärung des Forderungsprätendenten bewirkt nicht den Wegfall des Feststellungsinteresses.574 Der Gegner ist auch nicht verpflichtet, auf ein darin liegendes Angebot auf Abschluss eines bedingten Erlassvertrags einzugehen. Er hat einen Anspruch darauf, dass auch über die weitergehende Forderung eine rechtskräftige Entscheidung getroffen wird.575 Für das rechtliche Interesse des Ersatzpflichtigen an einer negativen Feststellungsklage wegen weitergehender Ansprüche für künftig entstehende Schäden genügt es nicht, dass der Geschädigte die Annahme eines ihm angebotenen Abfindungsvertrags abgelehnt hat.576 Das Feststellungsinteresse des Arbeitnehmers entfällt, wenn die Parteien des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich die Folgen der mit der Kündigungsschutzklage angegriffenen Kündigung wirksam aufheben, es also nicht lediglich zu einer einseitigen „Rücknahme der Kündigung“ durch den Arbeitgeber kommt.577 Die Berühmung entfällt nicht, weil der Beklagte im Prozess sein außerprozessuales Verhalten (Berühmen) nicht wiederholt. Dies gilt auch, wenn er im Prozess erklärt, vorläufig nichts geltend zu machen, weil er seine Ansprüche nicht beziffern könne und deshalb die Vorlegung der Handelsbücher verlangt,578 oder wenn er im Prozess den gegnerischen Anspruch nicht leugnet. Das Feststellungsinteresse erlischt auch nicht dadurch, dass der Beklagte das geltend gemachte Recht künftig nicht mehr bestreiten wolle, ihm aber an der Beseitigung der Gefährdung der Rechtslage nicht gelegen ist.579 Gibt der Beklagte dagegen seinen bisherigen Standpunkt auf, weil er diesen als einen Irrtum erkannt hat, führt dies zum Erlöschen des Feststellungsinteresses.580 Dieses bleibt jedoch bestehen, wenn der beklagte Miterbe, der den Erlass der Schuld durch den Erblasser bestritten hatte, den Erlass selbst anbietet, da dieser nur für die Zukunft wirkt.581 Ist jedoch bezüglich eines früheren Berühmens durch Zeitablauf und durch zwischengeschaltete anderweitige Verfahren eine Zäsur eingetreten, hängt es von dem weiteren Verhalten des Beklagten ab, ob der Kläger konkrete Befürchtungen hegen muss, dass der Beklagte sein früher behauptetes Recht doch noch in einem Folgeverfahren durchzusetzen versuchen würde.582 Saarbrücken 2006, 716, 717 und KGR Berlin 2004, 253 f. (Feststellungsinteresse entfällt bei außergerichtlichem Anerkenntnis und gleichzeitigem uneingeschränkten Verzicht auf die Einrede der Verjährung). 571 2327 1 OLG Düsseldorf VersR 2000, 992. 572 2328 2 OLGR Saarbrücken 2006, 716, 717. 573 32329 BGH NJW 2006, 2780, 2782; BGH NJW 1993, 2609, 2610; BGH NJW-RR 1988, 749, der es offen lässt, ob etwas anderes bei einer Vereinbarung der Parteien gilt.
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574 42330 BGH NJW 2006, 2780, 2782. 575 52331 BGH NJW 1993, 2609, 2610. 576 62332 BGH NJW 1969, 238. 577 72333 LAG Kiel DB 1986, 2334. 578 82334 RG Warn 1917 Nr. 64. 579 92335 BGH BB 1968, 1017; BGH Warn 1968 Nr. 62; RGZ 95, 304, 307; RG Gruchot 63, 341, 343. 580 2336 10 BGH Warn 1968 Nr. 62. 581 2337 11 RGZ 95, 260, 261 f. 582 2338 12 BGH NJW 1995, 2032, 2033; LG Hamburg NJW-RR 1998, 1681, 1682.
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e) Beteiligung Dritter. Richtet sich der berühmte Anspruch gegen einen Dritten, kann das Interesse damit begründet werden, dass eine Rückgriffsgefahr von Seiten des Dritten besteht.583 Dagegen kündigt die Streitverkündung die Geltendmachung eines Anspruchs nur an. In diesem Fall ist die negative Feststellungsklage grundsätzlich als unzulässig anzusehen, da sie ansonsten die Streitverkündung und deren gesetzliche Wirkungen verhindern würde oder zumindest einschränken könnte.584 Umgekehrt schließt die Möglichkeit der Streitverkündung die auf denselben Streitgegenstand gerichtete Feststellungsklage aus. Der Anspruchsgegner muss sich des Anspruchs berühmen, weil die Unsicherheit zwischen den Parteien aufgetreten sein muss.585 Das Berühmen eines Dritten genügt dann nicht.586 Allerdings kann die Verbundenheit der Arbeitnehmerschaft das Feststellungsinteresse des Betriebsinhabers an Maßnahmen, die er einheitlich im ganzen Betrieb durchgeführt hat, begründen, selbst wenn nur ein Teil der Arbeitnehmerschaft widersprochen hat.587 Verteidigt sich der Beklagte in einem Prozess damit, dass nicht er, sondern ein Dritter hafte, darf der Dritte gegen den Beklagten auf Feststellung klagen, dass der Beklagte ihm gegenüber zur Freistellung verpflichtet sei.588 Im Rahmen einer Feststellungsklage des Versicherungsnehmers gegen den Haftpflichtversicherer bedarf es in der Regel589 keiner Entscheidung über das Bestehen des von dem Dritten geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, da das Feststellungsinteresse des Versicherungsnehmers von der Begründetheit dieses Anspruchs unabhängig ist.590 Es ergibt sich ohne Weiteres daraus, dass der Geschädigte gegen ihn Schadensersatzansprüche geltend macht.591 Das Bestreiten des Beklagten muss für den Kläger nachteilige Folgen haben. Dies ist nicht der Fall, wenn der Beklagte keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechtsposition des Klägers hat, so z.B. wenn ein Dritter, der nicht zu den Anfechtungsberechtigten zählt, das Bestehen von Gründen für die Anfechtung eines Testaments behauptet, auf dem das Erbrecht des Klägers beruht. Da dem Zedenten die Aktivlegitimation für die Geltendmachung der Forderung fehlt, ist sein Verhalten für den Schuldner ohne jede Wirkung.592
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f) Schadensersatzfeststellungsklagen. Das gemäß § 256 Abs. 1 erforderliche rechtliche Interesse bei Schadensersatzfeststellungsklagen liegt schon dann vor, wenn künftige Schadensfolgen – sei es auch nur entfernt – möglich, ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind.593 Die Möglichkeit des Schadenseintritts ist nur zu verneinen, wenn aus Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein
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1 BGH MDR 1971, 1000, 1001. 584 22340 RGZ 82, 170, 172 f.; RG SeuffArch 77 Nr. 103 (S. 167); vgl. aber RG JW 1921, 528 mit abl. Anm. Rosenberg. 585 32341 OLG Nürnberg FamRZ 1982, 1102, 1103, das eine Berühmung eines Unterhaltsanspruchs gegenüber dem Vater nicht ohne Weiteres darin sieht, dass die Tochter bei der zuständigen Behörde einen Förderungsantrag nach BAföG gestellt und die Behörde angebliche Unterhaltsansprüche auf sich übergeleitet hat. 586 42342 RG JW 1901, 205. 587 52343 RAGE 5, 217, 218 f. 588 62344 RG LZ 1931, 769.
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7 Zur Ausnahme vgl. RGZ 113, 286, 290. 590 82346 RGZ 135, 368, 369. 591 92347 RGZ 141, 185, 192. 592 2348 10 RG Gruchot 58, 1077, 1081. 593 2349 11 BGH NJW-RR 2007, 601; BGH NJW 2001, 3414, 3415; BGH NJW 2001, 1431, 1432; BGH NJW 1991, 2707, 2708; BGH NJW-RR 1988, 445; BGH VersR 1974, 248; OLGR Saarbrücken 2006, 716, 717; KG VersR 2000, 1145, 1146; Jaeger VersR 1991, 790; vgl. auch OLGR München 1993, 265: Feststellungsinteresse gegeben, wenn zukünftiger Schaden zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber doch nicht ausgeschlossen ist.
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Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen.594 Dies gilt auch für immaterielle Schäden.595 Die später gewonnene Erkenntnis, dass Folgeschäden nicht mehr in Betracht kommen, kann die Feststellungsklage nicht rückwirkend unzulässig machen. Sie führt lediglich in diesem Zeitpunkt zum Wegfall des Feststellungsbegehrens, so dass sich die Hauptsache insoweit erledigt hat.596 Eine nur abstrakt bestehende weitere Schadensmöglichkeit rechtfertigt eine Feststellungsklage nicht.597 Die Wahrscheinlichkeit einer Schadensentstehung, dh wenn nach der Lebenserfahrung der Eintritt des Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist,598 stellt keine Sachurteilsvoraussetzung dar, sondern gehört zur materiellen Klagebegründung.599 Zum Teil wird die Wahrscheinlichkeit der Schadensentstehung je nach der Art der Norm, die verletzt worden ist, als eine Frage des Feststellungsinteresses und damit der Zulässigkeit oder als eine Frage der Begründetheit eingeordnet.600 Behauptet der Anspruchsteller die Verletzung einer Norm, die zum Schutz eines absoluten Rechtsguts dient, soll die Wahrscheinlichkeit der Schadensentstehung zur Begründetheit der Klage gehören.601 Geht es demgegenüber um die Verletzung einer Vorschrift, die das Vermögen im Allgemeinen schützt, wird im Interesse des Anspruchsgegners die Wahrscheinlichkeit bereits für die Zulässigkeit der Klage verlangt.602 Für eine Feststellungsklage wegen einer schuldhaften Amtspflichtverletzung eines Beamten gem. § 839 Abs. 1 BGB fehlt das Feststellungsinteresse, solange nicht feststeht, dass und in welcher Höhe der Verletzte einen Ersatz von anderen zum Schadensersatz Verpflichteten erlangen kann.603 Im Falle einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz wegen Tötung eines Unterhaltspflichtigen sind die mutmaßliche Leistungsfähigkeit des Getöteten und die Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten keine Fragen des Feststellungsinteresses, sondern der Begründetheit.604 2350 1594 BGHZ 116, 60, 75 = NJW 1992, 560 mwN; BGH NJW 2001, 3414, 3415; BGH NJW 2001, 1431, 1432; BGH NJW 1993, 1523, 1524; BGH VersR 1972, 459, 460; OLG München NJW 1995, 2422, 2423; OLG Oldenburg NJW-RR 1996, 405. 595 2351 2 BGH NJW 2001, 3414, 3415 (Feststellungsinteresse entfällt selbst dann nicht, wenn bereits umfassendes Schmerzensgeld festgesetzt wurde, da damit nur bisher eingetretene und objektiv vorhersehbare Verletzungsfolgen abgegolten werden); BGH VersR 1967, 256, 257. 596 2352 3 BGH VersR 1972, 459, 460. 597 2353 4 RGZ 99, 39, 41; OLG Düsseldorf VersR 2001, 250 f. (LS). 598 52354 BGH NJW 2001, 73, 75 mwN; BGH NJW-RR 1991, 917, 918; BGH NJW-RR 1989, 1367: es genügt für die Feststellung der Schadensersatzpflicht die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit, dass künftig weitere bisher noch nicht erkennbare und voraussehbare Leiden bzw Schäden auftreten; OLG Oldenburg NJW-RR 1996, 405; vgl. auch BGH ZZP 85 (1972), 245 mit abl. Anm. Schwab. 599 62355 BGH NJW-RR 2002, 834, 835; BGHZ 120, 204, 212 = NJW 1993, 389, 391; BGH NJW 1991, 2707, 2708; BGH NJW 1972, 198; OLG Mün-
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chen FamRZ 1997, 740, 741; vgl. auch BAG AP Nr. 16 zu § 256 ZPO mit Anm. Baumgärtel; BAG BB 1973, 1116; aA jedoch OLG Düsseldorf VersR 1991, 789, 790 mit Anm. Jaeger; v.Gerlach VersR 2000, 525, 532, der sowohl die Möglichkeit als auch die Wahrscheinlichkeit als Zulässigkeitsvoraussetzungen ansieht. Hinreichende Wahrscheinlichkeit sei erforderlich, wenn noch gar kein Schaden entstanden sei, die bloße Möglichkeit der Schadensentstehung reiche dagegen aus, wenn bereits ein Teilschaden vorliegt und Spätfolgen nicht ausgeschlossen sind. 600 2356 7 BGH NJW 1996, 1062, 1063; BGH NJW 1993, 648, 653 f.; vgl. Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit (1978), S. 145. 601 82357 BGH NJW 1993, 648, 653. 602 92358 BGHZ 166, 84 90 = NJW 2006, 830, 832; BGH NJW-RR 2001, 1351, 1352; BGH NJW 1996, 1062, 1063; BGH NJW 1993, 648, 654; BGH NJW 1993, 2181, 2182; BGH NJW 1992, 697, 698. 603 2359 10 RG JW 1935, 3533; aA OLG Frankfurt VersR 1973, 576 für den Fall, dass der Kläger bei der anderen Ersatzmöglichkeit Beweisschwierigkeiten befürchten muss.
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Das Interesse an der Feststellung künftiger Ersatzpflicht für einen entgangenen Unterhaltsanspruch besteht auch dann, wenn der Gesamtumfang der zurzeit gewährten Renten der Sozialversicherungsträger den Unterhaltsanspruch des Geschädigten erheblich übersteigt, da nicht auszuschließen ist, dass die Rentenleistungen in Zukunft einmal unter die nach den voraussichtlichen Einkommensverhältnissen des Getöteten während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens geschuldeten Unterhaltsleistungen absinken.605
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g) Erbrechtliche Feststellungsklagen. Bei erbrechtlichen Feststellungsklagen zu Lebzeiten des Erblassers606 ist zu unterscheiden, in welcher Parteirolle sich der Erblasser bzw der Erbprätendent befindet bzw ob der Erblasser überhaupt an dem Feststellungsstreit beteiligt ist. Bei Prozessen ohne Beteiligung des Erblassers zwischen künftigen Miterben ergibt sich die Schutzbedürftigkeit des Klägers daraus, dass der Beklagte ihm seine Erbberechtigung streitig macht, etwa mit der Behauptung das vom Erblasser errichtete Testament sei ungültig.607 Allerdings ist die Schutzwürdigkeit zu verneinen,608 da der Miterbe keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten auf die Erbberechtigung als solche hat. Die Entstehung des Erbrechts liegt in der alleinigen Macht des Erblassers. Ein berechtigtes Interesse könnte allenfalls darin gesehen werden, dass die Rechtsverfolgung nach dem Tod des Erblassers durch Verlust von Beweismitteln erschwert wird.609 Hierfür ist das selbständige Beweisverfahren gem. §§ 485 ff. vorgesehen.610 Ob diese Möglichkeit allerdings das Feststellungsinteresse entfallen lässt, ist zweifelhaft, insbesondere im Hinblick auf das für das selbständige Beweisverfahren ebenfalls erforderliche besondere Interesse.611 Bei Prozessen gegen den Erblasser ist die Schutzgeeignetheit der Feststellungsklage zu verneinen, da auf die Willensfreiheit des Erblassers durch ein Feststellungsurteil in keiner Weise eingewirkt werden kann. Dasselbe gilt bezüglich eines Erbvertrags oder eines gemeinschaftlichen Testaments, wenn die Vertragsschließenden bzw beide letztwillig Verfügenden noch leben. In diesem Zusammenhang erlangt die Bindung des Erblassers an seine letztwillige Verfügung Bedeutung. Sie ist nicht entscheidend für die Frage, ob bereits ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis vorliegt, sondern maßgebend für die Geeignetheit des Feststellungsurteils, die Unsicherheit auszuräumen. Nur wenn eine Partei des Erbvertrags bzw des gemeinschaftlichen Testaments verstorben ist, ist davon auszugehen, dass die Unsicherheit durch ein Feststellungsurteil endgültig beseitigt werden kann. Bezüglich des Pflichtteilsentziehungsrechts ist ein Feststellungsinteresse des Pflichtteilsberechtigten zu bejahen, wenn der Erblasser von seinem Gestaltungsrecht bereits Gebrauch gemacht und die Pflichtteilsentziehung dem Pflichtteilsberechtigten
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604 2360
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BGH NJW 1952, 741; OLG Freiburg DRZ 1950, 567, 569; aA RGZ 95, 248 f. 2361 2605 OLG Frankfurt NJW 1983, 692 (LS) = ZfS 1984, 33 f. 606 32362 Vgl. dazu Assmann ZZP 111 (1998), 357 ff. 607 42363 Vgl. dazu OLG Köln JW 1930, 2064 Nr. 5. 608 52364 Vgl. dazu Moser S. 283 ff. 609 62365 Nach Ansicht von OLG Karlsruhe FamRZ 1989, 1351, 1353, reicht die Erschwernis der Rechtsverfolgung nicht aus. Moser S. 288, verneint ein dahingehendes Feststellungsinteresse, weil das Gericht den Sachverhalt auch mittels anderer Beweismittel klären könne. Siehe auch Lange NJW 1967, 1571, 1573 Fn. 38.
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Hierauf weist auch das OLG Köln JW 1930, 2064, hin. Nach BAG NJW 1967, 1439 kann der Kläger zumindest dann nicht auf das selbständige Beweisverfahren verwiesen werden, wenn es ihm bei der Feststellungsklage nicht ausschließlich um Beweissicherung geht. 611 2367 8 Das OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 581, 582 hat in Anlehnung an die Argumente gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage zu Lebzeiten des Erblassers auch das gem. § 485 Abs. 2 erforderliche Interesse an einem selbständigen Beweisverfahren zur Untersuchung der Testierfähigkeit des Erblassers verneint.
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offenbart hat. Tritt der Erblasser als Feststellungskläger auf, so ist, wenn ein Konflikt von einem Erbanwärter oder einem Dritten ausgelöst worden ist, ein Feststellungsinteresse zu bejahen, es sei denn, dass der Erblasser die Unsicherheit auf einfacherem Weg beseitigen könnte. Dies ist z.B. der Fall, wenn es um die Einhaltung von Formvorschriften geht. Hier kann der Erblasser die Auskunft eines Notars einholen und gegebenenfalls ein neues formgerechtes Testament errichten.612 4. Interesse an alsbaldiger Feststellung
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a) Allgemeines. Ein die Feststellungsklage rechtfertigendes Interesse kann auch gegeben sein, wenn sich das Feststellungsbegehren auf ein bedingtes oder betagtes Rechtsverhältnis bezieht, sofern nur die Tatsachen, auf denen es beruht, bereits gegeben sind und lediglich das bedingende oder zeitgebundene Ereignis offen bleibt.613 Zur Begründung des rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung von bedingten Rechtsverhältnissen genügt die drohende Verjährung, die Gefahr von Beweisschwierigkeiten614 neben einer nicht entfernten Möglichkeit für den Eintritt der Bedingung.615 Besteht ein bedingtes Rechtsverhältnis, dann darf das Feststellungsinteresse nicht deshalb verneint werden, weil es wegen ungeklärter Verhältnisse an einer sicheren Grundlage für eine billige Entscheidung fehlt.616 Dagegen ist ein Feststellungsinteresse zu verneinen, wenn es erst künftig mögliche Rechtsverhältnisse betrifft,617 insbesondere wenn diese ein schuldhaftes Verhalten voraussetzen und das Verhalten noch nicht vorliegt.618
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b) Gegenwärtiges Interesse. Das Interesse muss ein gegenwärtiges sein. Deshalb können nur bestehende, nicht aber mögliche Gründe, wie z.B. eine eventuelle künftige Rechtsänderung, das Feststellungsinteresse begründen.619 Umgekehrt besteht kein Interesse an alsbaldiger Feststellung, wenn eine gesetzliche Regelung des Rechtsverhältnisses mit Sicherheit kurz bevorsteht.620 Allerdings schließt die Möglichkeit einer baldigen Änderung des Rechtsverhältnisses das Feststellungsinteresse nicht aus.621 Ist dem Kläger schon jetzt an der Feststellung gelegen, kommt es nicht darauf an, ob sich die Entscheidung erst in weiter Zukunft auswirkt.622 So besteht für eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Ehevertrags auch dann ein gegenwärtiges Interesse, wenn die Ehegatten zwar getrennt sind, aber noch offen ist, ob es zu einer Scheidung und somit zur Anwendung des Vertrags kommt.623 Auch ohne das Vorliegen eines konkreten, aktuellen Anlasses besteht für die betriebsverfassungsrechtliche Klärung, ob ein Arbeitnehmer leitender Angestellter ist, in der Regel ein Feststellungsinteresse.624 Zweifelhaft ist das Feststellungsinteresse eines Mieters zwei Jahre vor Beginn der Kündigungsfrist.625
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c) Drohende Verjährung. Ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses besteht regelmäßig dann, wenn der Ablauf der Verjährungsfrist droht 612 12368 Moser S. 308. 613 22369 RGZ 170, 358, 374; BGH ZZP 67 (1954), 291, 293. 614 32370 Zum Schutz vor Beweisnot durch die negative Feststellungsklage vgl. Dichtl S. 92 ff. 615 42371 BGH NJW 1961, 1165, 1166. 616 2372 5 RGZ 150, 246, 253. 617 62373 RG JW 1911, 186, 187. 618 72374 RG Gruchot 58, 478, 481. 619 82375 BGHZ 34, 159, 166; OLG Nürnberg FamRZ 1964, 95, 96.
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620 92376 KG JR 1947, 26. 621 2377 10 RG Gruchot 64, 365, 366. 622 2378 11 RGZ 125, 174, 177. 623 2379 12 Herr FamRZ 2005, 458; aA OLG Frankfurt FamRZ 2005, 457. 624 2380 13 BAG SAE 1978, 7, 9; BAG NJW 1975, 1717, 1718; BAGE 26, 358, 367 f. = NJW 1975, 797; LAG Berlin NZA 1990, 577, 578. 625 2381 14 Offengelassen von LG Stuttgart WuM 1976, 56.
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und kein einfacheres und schnelleres Verfahren zu deren Hemmung zur Verfügung steht.626 Ist die Hemmung der Verjährung bereits eingetreten, besteht in der Regel kein Feststellungsinteresse.627 Wird allerdings der entstandene oder noch entstehende Schaden nicht bereits in vollem Umfang durch den Antrag auf Zahlung erfasst, ist ein rechtliches Interesse für eine neben einer Leistungsklage erhobene Feststellungsklage immer gegeben.628 Deshalb ist eine ergänzende Feststellungsklage des Bestellers, der nicht zu überblicken vermag, ob der von ihm verlangte Vorschuss für die Mängelbeseitigung ausreicht, bezüglich der den Vorschuss übersteigenden Kostentragungspflicht des Unternehmers neben der Vorschussklage zulässig. Selbst wenn eine solche Feststellung für die Hemmung der Verjährung nicht erforderlich ist, ist ein rechtliches Interesse des Bestellers daran zu bejahen.629 Eine wiederholende Feststellungsklage ist jedoch nur dann zulässig, wenn nur durch sie der Eintritt der Verjährung (vgl. § 197 Abs. 2 Alt. 2 BGB) verhindert werden kann.630 Das ist zu verneinen, wenn der Gläubiger eines rechtskräftig festgestellten Anspruchs die Möglichkeit hat, einen Neubeginn der Verjährung nach § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB durch die Vornahme einer Vollstreckungshandlung zu erreichen.631 Ob die Verjährungseinrede Erfolg haben würde, ist unbeachtlich, da bereits die Zweifelhaftigkeit der Verjährung genügt.632 Es braucht auch nicht mit der Erhebung der Feststellungsklage gewartet zu werden, bis die Verjährung unmittelbar bevorsteht.633 Ein Feststellungsinteresse für einen künftigen Anspruch auf Ersatz eines allgemeinen Vermögensschadens ist jedoch zu verneinen, solange der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist und keine Verjährungsfrist läuft.634 Wenn der Beklagte durch sein Verhalten keinen Anlass zur Erhebung der Klage gegeben, den Anspruch sofort anerkannt und zunächst auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat,635 fehlt ebenfalls das Feststellungsinteresse.636 Allerdings beseitigt ein Verjährungsverzicht des Schuldners das Feststellungsinteresse nur dann, wenn er den Geschädigten so stellt, als wenn ein Feststellungsurteil ergangen wäre.637 Mit einer befristeten Verzichtserklärung ist diese Voraussetzung jedoch nicht erfüllt.638 Dagegen führt ein schriftliches Anerkenntnis, mit dem der 626 2382
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BGHZ 134, 190, 192 = NJW 1997, 859 = JZ 1998, 260 mit Anm. Gottwald/Malterer (Verjährungsunterbrechung durch Streitverkündung im Rahmen eines durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens, daher kein Feststellungsinteresse); BGH NJW 1991, 2707, 2708; BGH NJW 1988, 3268; BGHZ 100, 228, 232 = NJW 1987, 1887, 1888; BGH NJW 1952, 741; RG JW 1927, 843. 627 2383 2 OLG Celle NJW-RR 1986, 99; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 40. 628 32384 BGH NJW-RR 1986, 1026, 1027 f.; BGHZ 5, 314, 315 = NJW 1952, 740. 629 42385 BGH NJW 2002, 681; BGH NJW-RR 1986, 1026, 1027 f.; Werner/Pastor Der Bauprozess12 (2008) Rdn. 452; aA OLG Celle NJW-RR 1986, 99. 630 2386 5 BGH NJW-RR 2003, 1076, 1077 = FamRZ 2003, 1092; BGHZ 93, 287, 289 f. = NJW 1985, 1711, 1712; LG Berlin JR 1950, 283; LG Zweibrücken MDR 1950, 170; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 200; aA LG Berlin Rpfleger 1948, 123; AG GroßGerau FamRZ 1989, 1102, 1103. 631 62387 BGH NJW-RR 2003, 1076, 1077 = FamRZ 2003,
1092; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 22. 7 BGH NJW 1952, 741. 2389 8633 OLG Nürnberg VersR 1968, 606, 607. 634 92390 BGH NJW 1993, 648, 654; OLG Köln VersR 1971, 376, 378 (Wiederaufleben einer Witwenrente bei Auflösung der von der Witwe des Getöteten geschlossenen zweiten Ehe). 635 2391 10 Nach bisherigem Recht war ein vor Verjährungseintritt erklärter Verzicht gem. § 225 BGB a.F. nichtig. Dennoch erzeugte ein solcher Verzicht Vertrauensschutz, so dass der Verjährungseinrede der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegengehalten werden konnte. Nach neuem Recht ist ein im Voraus erklärter Verzicht in den Grenzen des § 202 BGB wirksam. Siehe zum alten Recht OLG Nürnberg VersR 1968, 606, 607. 636 2392 11 RGZ 165, 236, 242; OLG München NJW 1968, 2013; LG Heidelberg ZfS 1986, 298. 637 2393 12 OLG Karlsruhe VersR 2002, 729 f.; OLG München VersR 1992, 213. 638 2394 13 OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 973; OLGR 632 2388
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Schuldner zur Vermeidung einer Feststellungsklage den materiellen Zukunftsschaden dem Grunde nach anerkennt, unter Umständen die Wirkungen eines Feststellungsurteils über die Schadensersatzpflicht und damit den Wegfall des Feststellungsinteresses herbei mit der Folge, dass sich die Verjährung der Ersatzansprüche des Geschädigten für den Zukunftsschaden nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB (§ 218 BGB a.F.) richtet.639 Daraus kann aber keine Verpflichtung des Klägers hergeleitet werden, sich um ein derartiges Anerkenntnis zu bemühen mit der Folge, dass das Feststellungsinteresse erst bei Ablehnung des Schuldners zu bejahen wäre.640 Bestehen über den Umfang eines Anerkenntnisses Zweifel, kann das Feststellungsinteresse hingegen wieder zu bejahen sein.641 Die Verjährung wird durch eine Feststellungsklage auch dann gehemmt, wenn diese unzulässig ist.642 Dies gilt ebenso für die Wahrung von Ausschlussfristen.643 Auch die Wahrung von Ausschlussfristen ist als berechtigtes Interesse anerkannt, selbst wenn die Schadensersatzpflicht des Versicherungsnehmers noch nicht sicher ist.644
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d) Beweissicherungsinteresse. Ein Feststellungsinteresse kann nicht allein aus dem Grund der Beweissicherung hergeleitet werden.645 Die Gefahr des Verlusts von Beweismitteln kann zur Begründung eines Feststellungsinteresses nur unterstützend herangezogen werden.646 Der Feststellungskläger ist grundsätzlich auf das selbständige Beweisverfahren gem. §§ 485 ff. zu verweisen.647 Andererseits hindert ein noch nicht abgeschlossenes selbständiges Beweisverfahren, das zur Schadensentwicklung Erkenntnisse erwarten lässt, nicht die Erhebung der Feststellungsklage und lässt das Feststellungsinteresse auch dann bestehen, wenn während des Prozesses die Gutachten erstellt werden.648 Ein rechtliches Interesse ist zu verneinen, wenn sich der Kläger mit der Feststellungsklage ein Beweismittel zur Vorlage für ein Verwaltungsverfahren verschaffen will, für dessen Erzwingung er keine rechtliche Grundlage hat.649 e) Gesellschaftsverbindlichkeit. Eine Feststellungsklage gegen einen einzelnen Gesellschafter über das Bestehen einer Gesellschaftsverbindlichkeit ist grundsätzlich mangels Feststellungsinteresses zu verneinen, wenn eine gleichlautende Feststellungsklage gegen eine OHG bereits erhoben ist.650 Dagegen ist ein Interesse der Gesellschafter auf Feststellung des Nichtbestehens der Gesellschaftsverbindlichkeit gegen einen Gesellschaftsgläubiger während eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft wegen ihrer persönlichen Haftung zu bejahen.651 Für eine Widerklage auf Feststellung, dass die Gesellschaft nach Klageerhebung, mit der ein Gesellschafter die Übernahme des Geschäfts erstrebt, aufgelöst ist, besteht ein rechtliches Interesse nur dann, wenn die Übernahmeklage abgewiesen wird.652 Hamm 2000, 290; OLG Hamm NJW-RR 1998, 751, 752; OLG München VersR 1992, 213; OLG Celle NZV 1988, 183; aA OLG Oldenburg VersR 1980, 271. 639 12395 BGH NJW 1985, 791, 792; OLG Hamm VersR 2001, 1257; OLG Karlsruhe VersR 1992, 375 (Verzicht auf eine gerichtliche Feststellung). 640 2396 2 Zöller/Greger Rdn. 8a; aA OLG Celle NZV 1988, 183. 641 32397 BGH VersR 1984, 542, 544; OLGR Saarbrücken 2006, 716, 717; OLG Karlsruhe MDR 2000, 1014. 642 42398 BGHZ 103, 298, 302 = NJW 1988, 1380, 1381; BGHZ 39, 287, 291 = NJW 1963, 1452 f.; RGZ 100, 149, 150; RGZ 66, 365, 368.
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5 RGZ 102, 339, 340 f. 644 62400 OLG Karlsruhe VersR 1971, 1029. 645 72401 RG SeuffArch 77, 167, 169; RG JW 1901, 205, 206; KG JR 1947, 26, 27; BAG NJW 1967, 1439. 646 82402 BGH NJW 1986, 2507; BGHZ 18, 22, 41 = NJW 1955, 1437, 1439; RG Gruchot 58, 1074, 1076. 647 92403 BGHZ 34, 159, 167; KG JR 1947, 26, 27. 648 2404 10 OLG Koblenz NJW-RR 1988, 532, 533. 649 2405 11 RGZ 119, 356, 359; vgl. aber RGZ 121, 154 ff. 650 2406 12 BGHZ 2, 250, 254 (anders ist bei entsprechenden Leistungsklagen zu entscheiden) = NJW 1951, 887, 888 f. 651 2407 13 BGH NJW 1957, 144.
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§ 256
f) Vergangenes Rechtsverhältnis. Bei vergangenen Rechtsverhältnissen ist das Feststellungsinteresse dann zu bejahen, wenn das frühere Bestehen des Rechtsverhältnisses die Grundlage für einen jetzt verfolgten Anspruch ist,653 sich also aus dem vergangenen Rechtsverhältnis Folgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben,654 wenn beispielsweise nach erloschenem Patent oder Gebrauchsmuster655 Schadensersatzansprüche für die Zeit, in der es bestand, geltend gemacht werden sollen,656 oder dieses Rechtsverhältnis im Verhältnis zwischen den Parteien noch fortwirkt.657 Zulässigerweise darf auch auf Feststellung geklagt werden, dass eine Vollmacht658 noch zur Zeit des Abschlusses eines von dem Bevollmächtigten geschlossenen Vertrags wirksam war. Allein der Wunsch, eine Bestrafung des Beklagten herbeizuführen, begründet jedenfalls kein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Vertrag geschlossen worden ist.659 Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage, die ursprünglich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet war, bleibt bestehen, da aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit die ursprünglich auf die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses aufgewendeten Mühen für die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses verwertbar bleiben müssen, soweit eine für künftige Verfahren erhebliche Frage rechtskräftig geklärt wird.660 Wird nach Erlöschen des Rechtsverhältnisses die Feststellungsklage fortgeführt, muss der Kläger die tatsächlichen Voraussetzungen für die Ableitung konkreter Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft darlegen.661 Die pauschale Behauptung oder bloße Möglichkeit, dass die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses in der Vergangenheit zu einem Anspruch auf eine höhere Erwerbsunfähigkeitsrente662 oder auf eine betriebliche Altersversorgung663 geführt hätte, reicht regelmäßig nicht aus, das Feststellungsinteresse zu bejahen. Einer mit einer Erledigungserklärung verbundenen Feststellungsklage, mit der der Kläger feststellen lassen will, dass sein Zahlungsverlangen bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung zulässig und begründet war, fehlt das Feststellungsinteresse, wenn sich der Beklagte zur Kostenübernahme verpflichtet hat.664
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g) Zwangsversteigerung. Der ein Zwangsversteigerungsverfahren betreibende Gläubiger hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Haftungsumfangs seiner Hypothek, wenn der Schuldner versucht, bestimmte Gegenstände aus der Verbindung zu lösen.665
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h) Feststellungsinteresse trotz vollstreckbaren Titels. Besitzt der Kläger bereits einen vollstreckbaren Titel, fehlt in der Regel für eine neue Klage das Feststellungsinteresse.666 Ausnahmsweise ist dennoch ein berechtigtes Interesse des Klägers an einer
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652 2408
1 BGH BB 1968, 230, 231. 653 22409 RG Warn 1930 Nr. 66; RGZ 27, 204, 205; BAG NZA 2000, 775, 776; BAG NJW 1999, 2918; BAG BB 1998, 56 = NZA 1998, 330, 331; BAG NJW 1997, 3396; BAG NJW 1994, 1751. 654 32410 BAG Urt. v. 10. Februar 2005, Az: 6 AZR 182/ 04; BAG NJW 1999, 2918; BAGE 85, 347, 349 = NJW 1997, 3396; BAGE 74, 201, 202 = NJW 1994, 1751; BAG NJW 1993, 2333, 2334; BAGE 54, 210, 211 = NJW 1987, 2458; BAGE 4, 114, 121 = NJW 1957, 1125, 1126 f. 655 42411 BGH MDR 1986, 141. 656 52412 BGH NJW 1973, 2063, 2064; vgl. auch für das Markenlöschungsverfahren nach Ablauf des Schutzrechts BGH NJW 1995, 2989 f.
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6 BGH VersR 1968, 81, 82. 658 72414 RG Warn 1930 Nr. 66. 659 82415 OLG Frankfurt MDR 1984, 59. 660 92416 BAG NJW 1967, 1876, 1880 = AP Nr. 1 zu § 268 ZPO; BAGE 74, 201 = BB 1994, 290, 291 = AP Nr. 22 zu § 256 ZPO 1977. 661 2417 10 BAG NJW 1999, 2918; BAG NJW 1997, 3396; BAG NJW 1994, 1751. 662 2418 11 BAG NJW 1997, 3396. 663 2419 12 BAG NJW 1999, 2918. 664 2420 13 BGH NJW-RR 2006, 929, 930. 665 2421 14 RG Gruchot 49, 341, 343. 666 2422 15 BGH NJW 1962, 109; BGH NJW 1957, 1111;
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nochmaligen gerichtlichen Entscheidung anzuerkennen, wenn z.B. zwischen den Beteiligten Streit über die Tragweite einer unklaren Urteilsformel besteht667 oder der Gegenstand, um den der Streit der Parteien ging, unrichtig bezeichnet wurde und eine Berichtigung des Urteils nach § 319 nicht mehr möglich ist.668 Soll ein über den Inhalt des Urteils hinausgehender Sachverhalt der Entscheidung des Gerichts unterbreitet werden, so kann das nur durch eine ganz neue Klage geschehen. Dies ist z.B. in Patentstreitigkeiten der Fall, wenn streitig wird, ob sich das auf dem Patent beruhende Verbot auf eine bestimmte Konstruktion bezieht.669 Außerdem ist dem Gläubiger, der einen Schuldtitel besitzt, ein rechtliches Interesse für eine Feststellungsklage, dass die Vollstreckung aus dem Titel noch zulässig ist, dann zuzusprechen, wenn der Schuldner gegenüber Zwangsvollstreckungen einwendet, die titulierte Forderung bestehe nicht mehr und damit Erfolg hatte. Das Feststellungsinteresse entfällt nicht deshalb, weil der Gläubiger sich mit einer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss hätte wenden können.670 Trotz Vorliegens eines Leistungstitels kann dem Kläger ein Feststellungsinteresse auch nicht abgesprochen werden, wenn er mit Einwendungen des Beklagten im Vollstreckungsverfahren und deshalb bei der Einleitung der Zwangsvollstreckung mit einer Vollstreckungsgegenklage rechnen muss.671 Eine Feststellungsklage des Vollstreckungsgläubigers ist auch gegen denjenigen zulässig, der sich als Inhaber einer Forderung geriert, in die der Gläubiger vollstrecken will.672 Der Kläger darf der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils mit der Feststellungsklage zuvorkommen, wobei ein Rückgriff auf das alte Schuldverhältnis, soweit das Urteil nach § 328 anzuerkennen ist, ausgeschlossen ist.673 Bei Vollstreckungstiteln, die keine Rechtskraft begründende Urteile sind, wie z.B. Vergleiche, vollstreckbare Urkunden oder Konkursfeststellungen, kann bei Vorliegen eines besonderen Bedürfnisses eine Feststellungsklage zulässig sein.674 So ist das Feststellungsinteresse des Insolvenzverwalters − und auch des Gemeinschuldners, der sich gegen eine Zwangsvollstreckung gem. § 766 zu Wehr setzen könnte675 – für eine Feststellungsklage über die Zugehörigkeit eines Gegenstands zur Insolvenzmasse zu bejahen, obwohl der Insolvenzverwalter die Herausgabe der Sachen gem. § 148 Abs. 2 InsO im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen könnte.676 i) Feststellungsinteresse trotz Gestaltungsurteils. Trotz Vorliegens eines Gestaltungsurteils wird das Feststellungsinteresse zu bejahen sein, wenn der Kläger keine mit der Rechtskraftbescheinigung versehene Ausfertigung besitzt und eine solche sich auch nicht beschaffen kann.677
RGZ 110, 117, 118; RGZ 16, 427, 435; OLG Hamm FamRZ 1997, 1407 (vollstreckbare Urkunde). 667 2423 1 BGH NJW 1997, 2320, 2321; BGH NJW 1962, 109, 110; BGHZ 5, 189, 194 = NJW 1952, 665; RGZ 147, 27, 29; RGZ 82, 161, 164; RGZ 16, 427, 435; OLG Frankfurt FamRZ 1980, 906, 907. 668 22424 BGH NJW 1972, 2268 f. 669 32425 RGZ 82, 161, 164; RG HRR 1935 Nr. 818. 670 42426 BGH JZ 1966, 575 f.; vgl. RGZ 59, 301, 305 (Feststellungsklage neben oder außer der Vollstre-
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ckungsgegenklage, dass der Anspruch nicht mehr bestehe). 671 52427 BGH NJW 2006, 2922, 2923; OLG Koblenz NJW-RR 1989, 510, 511 mwN. 672 62428 RAGE 26, 326, 329. 673 2429 7 RGZ 167, 373, 380 f. 674 82430 BGH NJW 1962, 1392; BGH NJW 1961, 1116; BGHZ 12, 380, 390 = NJW 1954, 918, 919. 675 92431 BGH NJW 1962, 1392. 676 2432 10 BGH NJW 1962, 1392. 677 2433 11 BGHZ 4, 314, 321 f. = NJW 1952, 705.
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5. Beseitigung der Unsicherheit durch das Feststellungsurteil Die Feststellungsklage muss darüber hinaus geeignet sein, die Unsicherheit für die Rechtsstellung des Klägers zu beseitigen678 und den Streit erschöpfend beizulegen,679 andernfalls ist das Feststellungsinteresse zu verneinen. In den meisten Fällen ist es die Rechtskraftwirkung des erstrebten Urteils, die die Unsicherheit beseitigt und das Feststellungsinteresse begründet. So ist das Feststellungsinteresse zu verneinen, wenn die Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertrags mit einem Dritten zwischen den früheren Gesellschaftern keinerlei Wirkung gegenüber dem Dritten hat.680 Ist jedoch zu erwarten, dass ein Dritter, insbesondere eine − auch ausländische – Behörde, die Entscheidung auch ohne Zwang der Rechtskraft anerkennen wird, scheitert das Feststellungsinteresse nicht an der fehlenden Rechtskraftwirkung gegenüber diesem Dritten.681 Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Behörde eine Auflage erteilt oder zur Feststellungsklage angeregt hat. Das Feststellungsinteresse kann dann nicht mit der Begründung verneint werden, dass die Behörde zur Erteilung der Auflage nicht befugt gewesen sei.682 So genügt es für das Feststellungsinteresse, wenn durch den Richterspruch des ordentlichen Gerichts eine gesicherte Grundlage für die Anerkennung eines vor einer anderen Behörde zu verfolgenden Anspruchs geschaffen wird, insbesondere wenn die Feststellungsklage von der Behörde angeregt worden ist.683 Allerdings ist es nicht ausreichend, wenn die andere Behörde das Feststellungsurteil nur möglicherweise oder wenn sie es nur als eines unter mehreren Erkenntnisquellen verwertet.684 Das rechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung fehlt, wenn der Feststellungskläger das erstrebte Urteil in einem ausländischen Rechtsstreit verwenden will, dort aber mit einer Anerkennung der inländischen Entscheidung nicht gerechnet werden kann.685 Dagegen liegt es vor, wenn das Urteil zumindest für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Klarheit über die Rechtsverhältnisse der Parteien schaffen kann.686 Soll die Feststellung allerdings lediglich dazu dienen, eine Vorfrage für nur ein687 bestimmtes späteres Verfahren rechtskräftig zu entscheiden, ist das rechtliche Interesse zu verneinen. Die Vorfrage kann in dem späteren Verfahren, bei dem es darauf ankommt, zur Entscheidung gestellt werden.688 Eine Aufspaltung in zwei Verfahren würde dem Sinn und Zweck der Feststellungsklage zuwiderlaufen. Dagegen ist das Feststellungsinteresse für eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags durch ein anhängiges landwirtschaftliches Genehmigungsverfahren gem. § 9 GrdstVG nicht ausgeschlossen, weil die Wirksamkeit des Kaufvertrags in diesem Verfahren nicht geprüft wird.689 Fehlt es dem mit der Feststellungsklage begehrten Urteil an der Rechtskraftwirkung für künftige Verfahren, für die es eine Vorfrage klären sollte, so ist das Feststel678 12434 BGH NJW 2006, 3803, 3804. 679 22435 BGHZ 126, 368, 373 = NJW 1994, 2765, 2766; BGH LM Nr. 5 zu § 2100 BGB; RG JW 1909, 75; BAG DB 1980, 503 f. 680 2436 3 RG SeuffArch 74 Nr. 39. 681 2437 4 RGZ 148, 29, 32; RGZ 146, 291, 295. 682 52438 RGZ 160, 71, 77. 683 62439 BGHZ 27, 190, 195 = NJW 1958, 1293, 1294; BAG NJW 1970, 1654, 1655. 684 72440 BGH MDR 1982, 828; BGHZ 32, 173, 178 = NJW 1960, 1297, 1298.
2441 8685 BGH MDR 1982, 828; BGHZ 32, 173, 177 = NJW 1960, 1297, 1298. 686 92442 OLG München IPRax 1983, 120, 122 f. 687 2443 10 Anders bei mehreren Verfahren, da hier Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit für eine einheitliche Vorabentscheidung angeführt werden können, vgl. Pohle Anm. zu BAG AP Nr. 40 zu § 256 ZPO. 688 2444 11 Pohle Anm. zu BAG AP Nr. 40 zu § 256 ZPO. 689 2445 12 BGH NJW 1984, 2950 f.
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lungsinteresse zu verneinen.690 Hat die zivilrechtliche Feststellung zwar Bedeutung für ein Verwaltungs-691 oder Strafverfahren oder ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit692, ist aber das Verwaltungsgericht bzw das Strafgericht bzw der Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht an sie gebunden, fehlt das Feststellungsinteresse. Mit der Feststellungsklage, dass dem Hypothekengläubiger nicht das Recht auf Befriedigung aus einem Gegenstand, der Zubehör darstellt, zusteht, kann das erstrebte Ziel, die Ausschließung des Gegenstands von der Zwangsversteigerung, wegen § 55 Abs. 2 ZVG nicht erreicht werden.693 6. Fehlen wegen anderer Rechtsschutzmöglichkeiten
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a) Allgemeines. Ein rechtliches Interesse iSd § 256 ist regelmäßig zu verneinen, wenn hinsichtlich des positiv festzustellenden Anspruchs die Leistungsklage694 oder eine Unterlassungsklage695 oder ein anderer weitergehender oder speziellerer Rechtsbehelf möglich und zulässig ist, beispielsweise wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien durch ein Grundurteil über einen Leistungsanspruch alsbald geklärt werden können696. Erst recht kann keine Feststellungsklage erhoben werden, wenn der Kläger mit ihr nur eine Leistungsklage, auf die es ihm allein ankommt, vorbereiten will.697 Ist die Leistungsklage vorrangig, hat das Gericht den Kläger nach § 139 darauf hinzuweisen, damit er gemäß § 264 Nr. 2 zumindest auf den Leistungsantrag übergehen kann.698 Allerdings besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Leistungsklage.699 Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage ist trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, dann zu bejahen, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt,700 wenn der Streit so einfacher und schneller behoben werden kann,701 wenn der Streit nur um den Grund, nicht auch um die Höhe des Anspruchs geht,702 oder wenn besondere Umstände ein rechtliches Interesse an der Feststellung begründen.703 Dies ist z.B. der Fall, 690 2446
1 BAG AP Nr. 3 zu § 256 ZPO. 691 22447 BGH NJW 1998, 3055, 3056. 692 32448 OLG Bremen OLGZ 1969, 47, 49 f. 693 42449 RG JW 1904, 413. 694 52450 BGH NJW 1993, 2993; BGH NJW-RR 1987, 1522, 1523; BGH BB 1974, 1184; BGHZ 5, 314, 315 = NJW 1952, 740; RGZ 145, 343, 349 (Klage auf Einwilligung in die Auszahlung der Streitmasse statt Forderungsfeststellungsklage); RGZ 128, 359, 364; BAGE 4, 149, 150 = AP Nr. 6 zu § 256 ZPO; OLG Naumburg NJW-RR 2001, 303 f.; OLG Zweibrücken NJWE-FER 2001, 139, 142; G. Lüke FS Henckel (1995), S. 563, 576; vgl. aber Kadel S. 85 ff. 695 62451 RGZ 101, 135, 138 (vorbeugende Unterlassungsklage in Patentsachen); RGZ 140, 231, 235. 696 72452 BGH BB 1974, 1184. 697 2453 8 BGH JurBüro 1975, 823, 824. 698 92454 BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273. 699 2455 10 BGH NJW 2006, 2548, 2549; BGH NJW 1996, 2725, 2726 = LM Nr. 23 zu § 249 BGB (Fa) mit Anm. Gottwald = EWiR 1996, 815 mit Anm. Grunsky; BGH NJW 1984, 1118, 1119; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 25; Paw-
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lowski MDR 1988, 630; Brehm FG 50 Jahre BGH (2000), S. 89, 102; entschieden gegen die Subsidiarität Wach FG Windscheid (1888), S. 73, 135; vgl. auch Stein Über die Voraussetzungen des Rechtsschutzes, insbesondere bei der Verurteilungsklage (1902), S. 126 f. 700 2456 11 BGH NJW 2006, 2548, 2549; BGH NJW-RR 2002, 834, 835; BGH NJW 1996, 2725, 2726; BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273; BGH NJW-RR 1987, 1522, 1523; BGH NJW 1984, 1118, 1119 mwN; BGH NJW 1978, 1520, 1521; BGH BB 1974, 1184; BGH NJW 1962, 45, 46; BGH VersR 1960, 253, 254; BGH WM 1955, 497, 499; BGH JZ 1954, 121, 122; BGHZ 2, 250, 253 = NJW 1951, 887; BAGE 51, 387, 391 = BB 1986, 1989, 1990; BAG NJW 1962, 270; OLG Koblenz BB 1980, 855. 701 2457 12 Vgl. BGHZ 36, 38, 41 f. = NJW 1962, 45; OLG Hamm NJW-RR 1995, 1317, 1318; OLG München JW 1928, 1321. 702 2458 13 Vgl. BGH LM Nr. 34 zu § 256 ZPO; BGH LM Nr. 3 zu § 209 BEG 1956. 703 2459 14 RG JW 1903, 384.
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wenn die Leistungsklage nicht das gesamte Rechtsverhältnis der Parteien umfassen und damit nicht zum gleichen Ziel führen kann wie die Feststellungsklage704 oder wenn der Kläger bei der negativen Feststellungsklage anders als bei der Leistungsklage seine eigene Sachbefugnis noch nicht zu beweisen braucht, während der Beklagte für die von ihm behauptete Berechtigung beweispflichtig ist.705 Die lediglich abstrakte Möglichkeit eines Vergleichs vermag jedoch ein Feststellungsinteresse nicht zu begründen.706 Ist zweifelhaft, ob eine Leistungsklage zulässig und möglich ist, ist eine Feststellungsklage zulässig.707 Dies gilt erst recht, wenn das Prozessgericht den Kläger deshalb veranlasst hat, seinen Leistungsantrag in einen Feststellungsantrag zu ändern.708 Die Möglichkeit einer Leistungsklage, die nur zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führen würde, lässt das Feststellungsinteresse unter bestimmten Umständen nicht entfallen.709 Andererseits ist ein Feststellungsinteresse zu verneinen, wenn dem Beklagten durch die Feststellungsklage die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts abgeschnitten werden soll.710 Macht ein Kläger Ansprüche für Vergangenheit und Zukunft geltend, ist er nicht genötigt, die in der Vergangenheit fällig gewordenen Ansprüche mit der Leistungsklage zu verfolgen und allein wegen der zukünftig fällig werdenden Ansprüche Feststellungsklage zu erheben.711 Die Feststellungsklage wird nicht dadurch unzulässig, dass der Kläger durch sein Verhalten die Voraussetzungen für eine Leistungsklage hätte herbeiführen können,712 es sei denn, dass er selbst vorbringt, diese demnächst zu schaffen.713 Eine Feststellungsklage kann trotz Möglichkeit einer Leistungsklage zulässig sein, wenn sie zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung bereits auf Grund des rechtskräftigen Feststellungsurteils auszugehen ist.714 Bei der Feststellung der Urkundenechtheit ist das Feststellungsinteresse nicht bereits deshalb zu verneinen, weil die festzustellende Urkundenechtheit Vorfrage für eine Leistungsklage ist, die ohne Weiteres erhoben werden könnte, solange noch die Möglichkeit weiterer Rechtsbeziehungen besteht, für die die Urkundenechtheit von Bedeutung sein kann.715 Zudem wird das Feststellungsinteresse auch deshalb nicht durch die Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage ausgeräumt, weil eine Tatsachenfeststellung Streitgegenstand ist.716 b) Herausgabeklage. Ist bei Nichtigkeit des Vertrags oder bei Rücktritt die Erhebung einer Herausgabeklage möglich, so ist die Feststellungsklage unzulässig, es sei denn, die Leistungsklage kann noch nicht das ganze Rechtsverhältnis erfassen717 oder 704 2460
1 RG LZ 1911, 846 Nr. 32. 705 22461 BGH NJW-RR 1987, 1522, 1523; Bedenken äußert Pawlowski MDR 1988, 630, 631. 706 32462 BGH BB 1974, 1184. 707 42463 BGH JZ 1954, 121, 122; offengelassen von BGHZ 28, 123, 126 f. = NJW 1958, 1681, 1682. 708 52464 BGH NJW-RR 2006, 923. 709 2465 6 BGH WM 1955, 497, 499. 710 72466 BGH LM Nr. 16 zu § 256 ZPO; vgl. aber OLG München JW 1928, 1321, das eine Feststellungsklage für zulässig gehalten hat, weil bei Erhebung der Leistungsklage ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden würde, dessen Feststellung zu Komplikationen führen würde.
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8 BAGE 64, 276, 280 = NZA 1990, 784. 712 92468 RG JW 1917, 481, 482. 713 2469 10 Vgl. RGZ 128, 359, 364; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 87 Fn. 203. 714 2470 11 BGH NJW 2001, 445, 448; BGHZ 130, 115, 119 f. = NJW 1995, 2221, 2222; BGH WM 1994, 1888, 1890; BGH WM 1991, 1115; RG JW 1911, 815 f. Nr. 26; OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 1447. 715 2471 12 RGZ 148, 29, 31 f. 716 2472 13 RGZ 148, 29, 31 f.; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 94; Jonas JW 1935, 2558. 717 2473 14 RG JW 1901, 514; RGZ 65, 399, 402 f.; RGZ 61, 242, 243 f.
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die beiderseitigen Ansprüche können erst durch langwierige Auseinandersetzungen der Parteien ausgeglichen werden und die Frage der Nichtigkeit kann nicht so lange in der Schwebe bleiben.718 Dem Insolvenzverwalter fehlt das Interesse für die Feststellung der Unwirksamkeit eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts, wenn er sogleich die der Anfechtung entsprechende Leistungsklage erheben kann.719
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c) Schadensersatzklage. Für eine Feststellungsklage kann neben der Leistungsklage auf Schadensersatz ein rechtliches Interesse nach § 256 dann anerkannt werden, wenn der entstandene oder noch entstehende Schaden nicht bereits in vollem Umfang durch den Klageantrag auf Zahlung der Unterhaltsrente abgedeckt wird oder abgedeckt werden kann. So kann ein umfassend bezifferter Zahlungsantrag noch nicht gestellt werden, wenn sich die mutmaßliche Weiterentwicklung noch nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit übersehen lässt.720 Ist bereits ein bezifferbarer Teilschaden entstanden, die Schadensentwicklung aber noch nicht abgeschlossen, dann kann der Schadensersatzanspruch einheitlich im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden, weil dies zu einer einfacheren und deshalb sachgerechteren Erledigung des Rechtsstreits führt.721 Bezüglich desselben Schadenspostens kann grundsätzlich nicht eine bezifferte Leistungsklage und hilfsweise in identischem Umfang eine Feststellungsklage erhoben werden.722 Müsste allerdings das Leistungsbegehren deswegen als zurzeit unbegründet abgewiesen werden, weil im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht alle die Zuerkennung dieses Schadenspostens rechtfertigenden Tatsachen vorliegen, kann ein Feststellungsinteresse für einen derartigen Antrag ausnahmsweise bejaht werden, wenn sich diese Voraussetzungen in der Folgezeit noch verwirklichen können und sich die geltend gemachte Forderung auch insoweit nachträglich als begründet erweisen kann.723 Außerdem kann der bei einem Unfall Verletzte, auch wenn er einen allgemein auf die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des beklagten Schädigers gerichteten Klageantrag gestellt und zugesprochen erhalten hat, daneben ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 für einen auf Ersatz einer bestimmten Schadensposition gerichteten speziellen Feststellungsantrag haben.724 Eine Feststellungsklage scheitert nicht an der Möglichkeit einer Leistungsklage, solange der Versicherungsnehmer sich nicht des Rechts begeben hat, ein in den Versicherungsbedingungen vorgesehenes Sachverständigenverfahren zur Schadenshöhe zu beantragen.725
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1 RG HRR 1936 Nr. 388. 719 22475 RG LZ 1908, 786, 787. 720 32476 BGH NJW-RR 1986, 1026, 1028 (Feststellungsklage bezüglich der den Vorschuss übersteigenden Kostentragungspflicht des Unternehmers neben Leistungsklage auf Vorschusszahlung zur Mängelbeseitigung); dazu auch BGH NJW 2002, 681; BGH NJW 1984, 1552, 1554; BGHZ 5, 314, 315 = NJW 1952, 740; OLG Brandenburg VersR 2001, 1241, 1242; zur Verjährungsunterbrechung (jetzt: Hemmung der Verjährung) ist die Feststellungsklage jedoch nicht erforderlich: BGHZ 66, 138, 142 = NJW 1976, 956, 957; Werner/Pastor Der Bauprozess12 (2008) Rdn. 440; Wussow NJW
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1969, 481, 482 ff. zu Feststellungs- und Leistungsklagen in Baumängelprozessen. 721 2477 4 BGH ZZP 85 (1972), 245; BGH LM Nr. 92 zu § 256 ZPO; BGH VersR 1960, 253; vgl. auch OLG Naumburg NJW-RR 2001, 303, 304. 722 52478 BGH NJW 1998, 1633. 723 2479 6 BGH NJW 1998, 1633. 724 72480 BGH NJW 1999, 3774, 3775 = LM Nr. 31 zu § 211 BGB mit Anm. Foerste. 725 82481 BGHZ 137, 319, 320 f. = NJW 1998, 1072 f.; BGH NJW-RR 1986, 962; BGH VersR 1966, 672; OLG Hamm NVersZ 1999, 380; OLG Hamm NJW-RR 1992, 362, 363.
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Eine Feststellungsklage ist zulässig, wenn der für die Leistungsklage erforderliche Sachverhalt noch nicht geklärt ist, weil z.B. der schädigende Zustand noch andauert und erst behoben werden muss726 oder die Grundlagen für die endgültige Bemessung des Schadensersatzes nicht vollständig übersehen werden können.727 Einer Klage auf Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz des sog. merkantilen Minderwerts eines Kfz verpflichtet ist, fehlt nach der Änderung der Rechtsprechung das Feststellungsinteresse, da der dadurch entstehende Schaden der Höhe nach sogleich festgelegt werden kann.728 Dass über die Höhe des Gesamtschadens erst nach einer zeitraubenden Beweisaufnahme entschieden werden könnte, begründet jedoch für sich allein kein Feststellungsinteresse.729 Ist allerdings zur Bezifferung des Schadens voraussichtlich eine Begutachtung erforderlich, kann dem Kläger ein Feststellungsinteresse für die Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht abgesprochen werden.730 Es kann dem Kläger nicht zugemutet werden, eine kostenträchtige Begutachtung vornehmen zu lassen, solange er nicht Klarheit über den Grund der erhobenen Ansprüche hat.731 Bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine Regelung der restlichen Streitpunkte im Wege eines Vergleichs kann das Feststellungsinteresse im Einzelfall begründet sein.732 Beim Übergang zur Feststellungsklage bezüglich der materiellrechtlichen Kostenerstattungspflicht nach Erfüllung der Leistungspflicht zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit733 hängt das Feststellungsinteresse nicht davon ab, ob die Bezifferung der Kosten unmöglich ist.734 Wenn der Antragsteller den Gebrauchsmusterinhaber gemäß § 945 wegen einer bei Unwirksamkeit des Gebrauchsmusters ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung auf Leistung von Schadenersatz in Anspruch nehmen will, ist das erforderliche besondere Interesse auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Gebrauchsmusters gegeben, auch dann, wenn der Antragsteller den etwaigen Schadensersatzanspruch bisher außergerichtlich noch nicht geltend gemacht hat.735
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d) Unterlassungs- und Beseitigungsklage. Die Feststellungsklage ist unzulässig, wenn eine Unterlassungs- oder Beseitigungsklage möglich ist.736 Ist allerdings der Unterlassungsanspruch trotz rechtzeitiger Klage wegen Ablaufs der Gültigkeit der Wettbewerbsabrede auf Grund einer Verzögerung des Verfahrens nicht mehr durchsetzbar, ist das Feststellungsinteresse des Klägers an der Feststellung der früheren Unterlas-
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RG JW 1933, 690, 692; BAG AP Nr. 5 und 16 zu § 256 ZPO. 2483 2727 BGH VersR 1968, 148, 149; RGZ 152, 193, 196 f.; BAG AP Nr. 5 zu § 256 ZPO; vgl. auch BGH NJW 1992, 1035, 1036 (Rabattverlust infolge der Rückstufung in der Kfz-Versicherung). 728 2484 3 BGHZ 35, 396, 399 = NJW 1961, 2253 unter Aufgabe der Einschränkung in BGHZ 27, 181, 189 f. = NJW 1958, 1085 f. 729 42485 BGH BB 1974, 1184; RGZ 152, 193, 195; anders aber Musielak/Foerste Rdn. 12, wonach die Feststellungsklage immer zulässig sein soll, wenn die Klärung der Anspruchshöhe aufwendig wäre. 730 52486 BGH NJW 2000, 1256, 1257; RG JW 1929, 847, 848; OLGR Hamm 1995, 201, 202; aA für den Bauprozess OLG Celle NJW-RR 2007, 676, 678; vgl. auch Wussow NJW 1969, 481, 483. 731 62487 OLGR Hamm 1995, 201, 202. 732 72488 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 52; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 40.
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Dies ist wegen der Neuregelung in § 269 Abs. 3 S. 3 nicht mehr erforderlich. Allerdings besteht diese Möglichkeit nach Ansicht des BGH, NJW 1994, 2895, wenn nach Auskunft bei der Stufenklage kein Leistungsanspruch besteht (vgl. § 254 Rdn. 69). 734 2490 9 OLG Hamburg NJW-RR 1998, 1616; vgl. auch BGH NJW 1994, 2895, 2896; aA Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 85. 735 2491 10 BPatG GRUR 1981, 124, 125 f. 736 2492 11 RG JW 1936, 2911 (Klage auf Beseitigung von Beeinträchtigungen des Namensgebrauchs); vgl. auch RGZ 147, 253, 255; einschränkend Zeuner FS Dölle (1963), S. 295, 327, nach dessen Ansicht das Feststellungsinteresse für den Fall der negativen Feststellungsklage nicht bereits dann in Frage gestellt werden sollte, wenn statt ihrer auch eine Unterlassungsklage in Betracht käme.
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sungspflicht wegen deren Rechtskraftwirkung bezüglich künftiger Schadensersatzansprüche bejaht worden.737 Hier wäre aber allenfalls eine Feststellung der Schadensersatzpflicht zulässig.738 Ist die Unterlassungsklage mit einem Risiko belastet, wie z.B. mit der Unsicherheit, ob nach einer unberechtigten Abmahnung ein Unterlassungsanspruch besteht, kann der Kläger Feststellungsklage erheben.739 So ist eine Feststellungsklage, dass ein gegen den Kläger wegen eines angeblichen, in der Vergangenheit liegenden Wettbewerbsverstoßes geltend gemachter Unterlassungsanspruch nicht bestehe, zulässig, unabhängig davon, ob der Kläger seinerseits auch auf Leistung in Form der Unterlassung weiterer, auf diesen angeblichen Anspruch gestützter Angriffe des Beklagten klagen könnte.740 Neben der Unterlassungsklage kann auf die Feststellung des noch nicht zu beziffernden Schadens geklagt werden.741 Das Feststellungsinteresse fehlt jedoch, wenn die begehrte Feststellung (der Verpflichtung zur Duldung eines bestimmten Zustands) schon inzident in einer einen Beseitigungsanspruch abweisenden Entscheidung getroffen wurde.742 e) Auseinandersetzungsklage. Ist eine Auseinandersetzung einer Gesellschaft noch nicht möglich, so kann für einzelne Rechnungsposten Feststellungsklage erhoben werden.743 Jeder Gesellschafter kann während des Auseinandersetzungsverfahrens auf Feststellung klagen, dass eine bestimmte, derzeit nicht isoliert einklagbare Forderung zu seinen Gunsten in die zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung eingestellt wird.744 Derartige Forderungen können nach Auflösung der Gesellschaft nicht mit der Zahlungsklage geltend gemacht werden, da sie zu unselbständigen Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung werden, wenn nicht bereits ein zu zahlender Mindestbetrag feststeht.745 In einem wegen Fehlens der abschließenden Rechnung verfrühten und deswegen derzeit unbegründeten Leistungsbegehren ist ein solcher Feststellungsantrag sinngemäß enthalten.746 Auch vor Durchführung der Auseinandersetzung zwischen Gesellschaftern kann hinsichtlich eines einzelnen die Auseinandersetzung beeinflussenden Streitpunkts ein negativer Feststellungsantrag dahingehend gestellt werden, dass aus bestimmten Vorfällen Ansprüche bei der Auseinandersetzung nicht erhoben werden dürfen.747 Nach Beendigung einer BGB-Gesellschaft steht bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 256 einer Klage auf Feststellung, dass die Gesellschaft aufgelöst ist, nicht entgegen, dass bereits Leistungsklage auf Vorlage einer Auseinandersetzungsbilanz erhoben ist.748 Trotz Möglichkeit einer Auseinandersetzungsklage ist ein Feststellungsinteresse des Miterben an der Klärung einzelner die Auseinandersetzung betreffender Streitpunkte aus prozesswirtschaftlichen Gründen zu bejahen, da damit die Auseinandersetzungsklage überflüssig werden kann.749 Dies gilt selbst für den Fall, dass der Kläger 737 12493 BAG AP Nr. 1 zu § 268 ZPO. 738 22494 So zu Recht Bötticher in seiner Anm. zu BAG AP Nr. 1 zu § 268 ZPO. 739 32495 BGH NJW 1986, 1815, 1816. 740 2496 4 BGH NJW 1986, 1815, 1816. 741 52497 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 89. 742 62498 OLG Köln NZM 2000, 305. 743 72499 OLG München NJW-RR 1995, 485. 744 82500 BGH NJW 2000, 2586, 2587; BGH NJW 1995, 188, 189 (Stufenklage); BGH WM 1964, 1052. 745 92501 BGH NJW-RR 1988, 1379 f.; BGH NJW 1984,
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1455 f.; BGH WM 1964, 1052; BGHZ 37, 299, 304 f. = NJW 1962, 1863. 746 2502 10 BGH NJW 2000, 2586, 2587; BGH NJW 1995, 188, 189 (Stufenklage); BGH NJW-RR 1993, 1187, 1188; BGH NJW 1992, 2757, 2758; BGH NJW 1984, 1455, 1456. 747 2503 11 BGH NJW 1951, 360; RG JW 1938, 1728, 1729. 748 2504 12 OLG Koblenz NJW-RR 2002, 827, 828. 749 2505 13 BGH NJW-RR 1992, 771, 772; BGH NJW-RR 1990, 1220, 1221; BGH FamRZ 1987, 475; BGHZ 1, 65, 74 = NJW 1951, 311; RG JW 1910,
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seinen Erbanteil selbst berechnen könnte.750 Zulässig ist auch eine Klage auf Feststellung, wer Erbe geworden ist, zum Zweck der Vorbereitung der Auseinandersetzung.751 Wegen der Besonderheiten der gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB gerichteten Ansprüche schließt die Möglichkeit der Leistungsklage gegen den früher Beschenkten das Feststellungsinteresse des Pflichtteilsberechtigten gegen diesen nicht aus.752
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f) Teilleistungsklage. Die Möglichkeit, eine Teilleistungsklage erheben zu können, hindert die Feststellungsklage nicht,753 wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvollerweise erst nach Abschluss seiner Entwicklung beziffert werden kann.754 Der Kläger ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten.755 Allerdings ist neben einer Teilleistungsklage eine auf das Ganze gerichtete Feststellungsklage jedenfalls dann zulässig, wenn die Bezifferung des ganzen Anspruchs unmöglich oder untunlich ist.756
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g) Stufenklage. Es fehlt an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, wenn der Geschädigte im Wege einer Stufenklage sogleich auf zunächst noch unbezifferte Leistung klagen kann.757 Dies gilt allerdings nicht im Wettbewerbsrecht, im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, wenn selbst nach erteilter Auskunft die Begründung des Schadensersatzanspruchs Schwierigkeiten bereitet und noch einer eingehenden tatsächlichen Prüfung bedarf, während die Feststellungsklage den Verletzten vor einer drohenden Verjährung schützt.758
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h) Klage auf künftige Leistung und Abänderungsklage. Aus der bloßen Tatsache, dass eine Klage nach § 259 möglich ist, folgt nicht die Unzulässigkeit der an sich möglichen Feststellungsklage (vgl. Vor §§ 257–259 Rdn. 17).759 Dem Kläger wird ein
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655 (Klarstellung des Nachlassbestands); RG JW 1911, 804 (Feststellungsklage bezüglich der Nichtigkeit des Testaments durch Gläubiger des darin bedachten Schuldners); OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 1338 f.; KG JR 1961, 144 f.; KG OLGZ 1977, 457, 458 f.; OLG Köln NJW-RR 1996, 1352, 1353; OLG Karlsruhe NJW 1974, 956 f. 2506 1750 RG JW 1909, 223. 751 22507 BGH LM Nr. 5 zu § 138 BGB (Cd). 752 32508 BGHZ 17, 336, 338 = NJW 1955, 1185 f. 753 42509 BGH VersR 1964, 1066, 1067; RG JW 1908, 685; BAG AP Nr. 5 und Nr. 16 zu § 256 ZPO. 754 52510 BGH NJW 1996, 2097, 2098; BGH NJW 1984, 1552, 1554; BGH NJW 1978, 210; BGH WM 1978, 470, 471; BGHZ 5, 314, 315 = NJW 1952, 740, 741; vgl. aber BGH VersR 1962, 136, 137 (Feststellungsinteresse fehlt, wenn wegen abgeschlossenen Schadens statt auf Teilleistung auf volle Leistung geklagt werden könnte). 755 2511 6 BGH NJW 2003, 2827 = CR 2004, 132 mit Anm. Grützmacher; BGH VersR 1991, 788; BGH NVwZ 1987, 733; BGH VersR 1964, 1066, 1067; RGZ 108, 201, 202; RG JW 1933, 690, 692; BAG AP Nr. 5 zu § 256 ZPO; BayObLGZ 1971, 63, 66.
2512 7756 BGH NJW-RR 1986, 1026, 1027 f.; BGHZ 5, 314, 317 = NJW 1952, 740, 741. 757 82513 BGH NJW-RR 2002, 834, 835; BGH NJW 1996, 2097, 2098; BGH MDR 1961, 751; BAG AP Nr. 1 zu § 268 ZPO; OLG Hamm OLGZ 1988, 468, 469; vgl. aber BGH NJW 1960, 1950, zur Zulässigkeit einer Klageerweiterung von der Auskunftsklage zur Feststellungsklage. 758 92514 BGH NJW 2003, 3274, 3275; BGH NJW-RR 2002, 834, 835; BGH NJW 1972, 198; BGH GRUR 1960, 193, 196; vgl. auch Hefermehl/ Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 12 UWG Rdn. 2.18; Köhler/Piper UWG4 (2006) § 12 Rdn. 77; Ahrens/Loewenheim Der Wettbewerbsprozeß5 (2005) Kap. 69 Rdn. 2. 759 2515 10 BGH NJW-RR 1990, 1532; BGH NJW 1986, 2507; RG HRR 1928 Nr. 2226; RAG ZZP 59 (1946), 410 f.; LG Dortmund NJW 1981, 764, 765; Heimann ArbuR 2002, 441, 446, der sie allerdings im Hinblick auf die fehlende Vollstreckbarkeit in der Regel für ungeeignet hält; aA MünchKomm/Becker-Eberhard § 259 Rdn. 15 (kein Feststellungsinteresse, wenn Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung eindeutig ist).
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Wahlrecht zugestanden, ob er von dem einen oder dem anderen Rechtsbehelf Gebrauch machen will.760 Dies gilt auch für Klagen gem. § 257761 und § 258 (vgl. dort Rdn. 17).762 Können allerdings alle Umstände, die für die Bemessung einer Unterhaltsrente gem. § 844 Abs. 2 BGB maßgebend sind, nämlich die Leistungsfähigkeit des Verunglückten und die Unterhaltsbedürftigkeit des Dritten, bereits im Urteilszeitpunkt ermittelt werden, ist eine Feststellungsklage unzulässig.763 Ebenso fehlt dem Kläger, der ein Rentenurteil erwirkt hat, das erforderliche Interesse für eine Feststellungsklage zur Sicherung von künftigen Ansprüchen auf Anpassung der Schadensrente an veränderte Lohnverhältnisse und Preisverhältnisse. Es besteht keine Verjährungsgefahr.764 Eine Anpassung ist im Wege der Abänderungsklage gem. § 323 möglich.765 Dies gilt nicht für die Ersatzpflicht des Schädigers bezüglich des Schadens, der sich aus einer gesetzlichen Erhöhung der Hinterbliebenenversorgung ergibt.766
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i) Gestaltungsklage. Die Möglichkeit einer Gestaltungsklage kann das Feststellungsinteresse ausschließen.767 Das Feststellungsinteresse ist jedoch zu bejahen, wenn die Feststellung über die Gestaltung hinausgeht.768 Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass in Fällen, in denen für die Klärung einer Rechtsbeziehung eine Gestaltungsklage zur Verfügung steht, es zumeist an einem für die Feststellungsklage erforderlichen feststellbaren Rechtsverhältnis fehlt, da ein solches entweder noch nicht besteht oder es nur um eine bloße Rechtsfrage geht.769
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j) Zwangsvollstreckungsrechtliche Rechtsbehelfe. Die Möglichkeit einer Vollstreckungsgegenklage hindert nicht die Feststellungsklage, dass der Anspruch nicht bestehe, weil beide Klagearten verschiedene Zwecke verfolgen.770 Soweit nur um die Vollstreckbarkeit eines Titels gestritten wird, ist die Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 vorrangig (vgl. § 767 Rdn. 28).771 Gleiches gilt für den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. §§ 719, 769.772 Geht es nur um die Klärung der Frage, wie und auf welche Weise im Wege der Zwangsvollstreckung Befriedigung erlangt werden kann, fehlt das rechtliche Interesse an der Feststellungsklage, weil dieses Ziel mit den Rechtsbehelfen des Zwangsvollstreckungsrechts gem. §§ 766, 793 schneller und einfacher erreicht werden kann.773 Liegen die Voraussetzungen einer Drittwiderspruchsklage (§ 771) vor, so ist dem Dritten die Erhebung einer Feststellungsklage verwehrt, weil sie nicht die prozessuale
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760 12516 RGZ 113, 410, 411. 761 22517 BGH NJW-RR 1990, 1532; BAGE 64, 276, 280 = NZA 1990, 784; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 26; aA OLG Hamburg OLGRspr 17, 142 f.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 90; Musielak/Foerste Rdn. 15. 762 32518 BGH NJW-RR 1990, 1532; RG Warn 1928 Nr. 121; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 90. 763 42519 BGHZ 5, 314, 315 f. = NJW 1952, 740. 764 52520 BGHZ 33, 112, 116 f. = NJW 1960, 1948: Der Kläger ist zur Unterbrechung (jetzt Hemmung) der Verjährung nicht zur Feststellungsklage gezwungen, weil er befürchtet, dass die geforderte Rente später einmal wegen Steigerung des Lohnniveaus, sinkender Kaufkraft des Geldes oder einer Änderung der Sozialversicherungsgesetzgebung nicht mehr ausreichend sein wird. 765 62521 BGHZ 5, 314, 316 = NJW 1952, 740, 741; BGHZ
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34, 110, 114 ff. = NJW 1961, 871, 873; vgl. auch BGH NJW 1961, 2011. 7 BGH NJW 1956, 1479 (Rechtsbehelf des § 323 reicht nicht aus). 767 82523 BGHZ 70, 384, 388 = NJW 1978, 1325. 768 2524 9 BGHZ 76, 191, 197 f. = NJW 1980, 1465. 769 2525 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 92. 770 2526 11 RG JW 1903, 398 f.; OLG Hamm NJW-RR 1988, 431, 432; OLG Koblenz FamRZ 1994, 1195, 1196. 771 2527 12 Musielak/Foerste Rdn. 17; vgl. aber BGHZ 110, 108, 111 = NJW 1990, 1177, 1178 (Feststellungsklage zulässig, wenn Einwendung mit Vollstreckungsgegenklage nicht geltend gemacht werden könnte). 772 2528 13 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 57. 773 2529 14 BGH NJW 1962, 109, 110. 766 2522
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Rechtsgestaltung – Unzulässigwerden der Zwangsvollstreckung in den bestimmten Gegenstand − herbeiführen kann.774 Dagegen muss sich der Kläger nicht ins Vollstreckungsverfahren verweisen lassen, wenn er im Hinblick auf § 850f Abs. 2 die Feststellung begehrt, dass derselbe Lebenssachverhalt, der dem titulierten Anspruch zugrunde liegt, mit Rücksicht auf nachträglich bekannt gewordene Umstände rechtlich anders qualifiziert werden soll. Der Antrag nach § 850f Abs. 2 ist gegenüber der Feststellungsklage nicht der einfachere, schnellere und kostengünstigere Weg. Außerdem sind die Verfahrensergebnisse im Wesentlichen auch nicht gleichwertig.775 k) Einstweilige Verfügung und einstweilige Anordnung. Der Schuldner einer einstweiligen Verfügung hat nicht nur den Weg über die Fristsetzung nach § 926, um den Hauptprozess zu erzwingen, sondern kann auch mit der negativen Feststellungsklage eine Klärung des der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses herbeiführen.776 Geht es jedoch um ein in einer einstweiligen Verfügung ausgesprochenes Unterlassungsgebot, das wegen zeitlicher Überholung gegenstandslos geworden ist, so fehlt für die Klage auf Feststellung der Unbegründetheit des Unterlassungsbegehrens das Feststellungsinteresse jedenfalls dann, wenn kostenrechtliche Auswirkungen der einstweiligen Verfügung im einfacheren und schnelleren (Kosten-) Widerspruchsverfahren überprüft werden können.777 Dem Kläger, der die Feststellung begehrt, dass eine einstweilige Verfügung bis zum Eintritt des die Erledigung herbeiführenden Ereignisses (strafbewehrte Unterlassungserklärung ohne Verzicht auf die Rechte aus §§ 926, 927) gerechtfertigt war, ist ebenfalls das Feststellungsinteresse abzusprechen.778 Der auf Grund einer einstweiligen Anordnung bezüglich des Ehegattenunterhalts Verpflichtete kann den Bestand des Unterhaltsanspruchs im Wege der negativen Feststellungsklage klären lassen.779 Für diese Klage besteht ein Feststellungsinteresse, weil sich der Unterhaltsgläubiger – gestützt auf die einstweilige Anordnung – eines Unterhaltsanspruchs berühmt und dem Kläger andere Klagemöglichkeiten als die negative Feststellungsklage nicht zur Verfügung stehen. Das Feststellungsinteresse wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass gem. § 769 die Einstellung der Zwangsvollstreckung möglich wäre.780 Für eine negative Feststellungsklage fehlt jedoch das Feststellungsinteresse, wenn bereits Leistungsklage auf Zahlung von Unterhalt erhoben worden ist, auch dann, wenn eine nach § 620 Nr. 6 ergangene einstweilige Anordnung bekämpft werden soll.781
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Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 95; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 35. 2531 2775 BGH NJW 2003, 515, 516; BGHZ 109, 275, 281 = NJW 1990, 834, 835 = ZZP 103 (1990), 355, 358 mit Anm. Smid, der − wie schon in ZZP 102 (1989) 22, 47 ff. − auch hier (S. 362) vorschlägt, das Klauselerteilungsverfahren als Instrument zur Klarstellung solcher Titel zu nutzen, die im Hinblick auf die Privilegierungsvoraussetzungen gem. § 850f Abs. 2 unklar sind, dagegen jedoch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 18 Fn. 61, der diesen Vorschlag de lege lata mangels Rechtsgrundlage für nicht realisierbar hält; BGH NJW 1979, 1508; OLG Oldenburg NJW-RR 1992, 573. 1
Vgl. auch Brehm JZ 1990, 394 ff.; Münch Rpfleger 1990, 248 ff.; kritisch Hager KTS 52 (1991), 1 ff. 2532 3776 BGH NJW 1986, 1815; BGH NJW 1978, 2157, 2158; OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 337; OLG Hamburg MDR 2002, 965 (negative Feststellungsklage und Antrag gem. § 926 gleichzeitig zulässig); aA BGH BB 1960, 495. 777 2533 4 BGH NJW 1986, 1815. 778 2534 5 OLG München GRUR 1982, 321 f. 779 62535 BGH NJW 1983, 1330; vgl. auch de With Erlanger FS Schwab (1990), S. 257 ff. 780 72536 OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 423, 424. 781 82537 OLG Köln FamRZ 2001, 106; OLG Brandenburg FamRZ 1999, 1210, 1211.
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Da bei einer einstweiligen Anordnung nach § 644 im Unterhaltsprozess die Hauptsache notwendig anhängig oder jedenfalls ein Prozesskostenhilfegesuch dafür gestellt ist, bedarf es im Fall des § 644 keiner negativen Feststellungsklage, um eine Überprüfung der Richtigkeit der einstweiligen Anordnung im ordentlichen Verfahren zu erreichen. Daraus ergibt sich, dass auch kein Interesse für eine negative Feststellungsklage besteht.782
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l) Weitere Einzelfälle. Arbeitsrecht: Klagen von Beschäftigten auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, sind zulässig,783 selbst wenn während des Statusprozesses bereits erkennbar wird, dass strittige Einzelfragen aus dem Arbeitsverhältnis ungeklärt bleiben.784 Allein aus diesem Grund kann das Feststellungsinteresse nicht verneint werden. Auch aus dem Grundsatz der Prozessökonomie folgt nicht, dass nur solche Feststellungsanträge dem § 256 Abs. 1 genügen, die (möglichst) alle unter den Parteien strittigen Fragen klären.785 Allerdings ist eine Klage unzulässig, mit der ein Arbeitsverhältnis nur unter der Voraussetzung festgestellt werden soll, dass zugleich über einzelne Arbeitsbedingungen (Höhe der Vergütung) im Sinne des Klägers entschieden wird.786 Soll eine Feststellungsklage klären, ob der Kläger in der Vergangenheit als freier Mitarbeiter oder als Arbeitnehmer tätig war, so entfällt das Feststellungsinteresse nicht dadurch, dass die Arbeitnehmereigenschaft als Vorfrage von Leistungsklagen zur Entscheidung gestellt werden könnte.787 Stellt das Arbeitsverhältnis jedoch lediglich eine Vorfrage für ein künftiges Beschlussverfahren dar, ist das Feststellungsinteresse zu verneinen, weil das eigentliche Endziel durch ein anderes Verfahren erreicht werden und damit eine mögliche Verdoppelung des Verfahrens verhindert werden kann.788 In einer gegen eine (Arbeitgeber-)Kündigung gerichteten Klage kann der Antrag nach § 4 KSchG mit einem allgemeinen Feststellungsantrag bezüglich des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses gem. § 260 verbunden werden (vgl. Rdn. 285) mit der Folge, dass auch weitere Kündigungen, die der Arbeitgeber im streitbefangenen Zeitraum ausspricht, und zwar unabhängig davon, wann sie in den Prozess eingeführt werden, bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung789 erfasst werden.790 Es handelt sich um zwei selbständige Streitgegenstände, wobei der Antrag gem. § 256 einen gegenüber der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG erweiterten Streitgegenstand enthält, da es nicht nur um die Wirksamkeit einer Kündigung, sondern um die unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder um die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im gesamten streitbefangenen Zeitraum geht.791 Der Arbeitnehmer kann nicht auf die Kündigungsschutzklage gem. § 4 KSchG verwiesen werden, selbst wenn nur die Unwirksamkeit einer einzelnen bestimmten Kündigung in Streit steht. Er muss allerdings innerhalb der Frist des § 4 KSchG die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 erheben. Dies reicht aus, um die Heilung der Sozialwidrigkeit nach § 7
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782 12538 OLG Köln FamRZ 2001, 106. 783 22539 BAG NZA 1995, 190, 192; BAG AP Nr. 15, 17, 22 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAGE 30, 163 = DB 1978, 1035; BAGE 41, 247, 251 f. = NJW 1984, 1985, 1986; BAG AP Nr. 61, 66 zu § 611 BGB Abhängigkeit. 784 2540 3 BAG NZA 1995, 190, 192; BAG AP Nr. 22 zu § 611 BGB Abhängigkeit. 785 42541 BAG NZA 1995, 190, 192. 786 52542 BAG BB 1979, 1456. 787 62543 BAG DB 1976, 2359.
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788 72544 BAG AP Nr. 3 zu § 256 ZPO. 789 82545 BAG NJW 2003, 1412, 1413. 790 92546 BAG NJW 2006, 395, 396; BAGE 85, 262, 266 f. = NJW 1998, 698; BAG AP Nr. 33 zu § 4 KSchG = NZA 1996, 334; BAG NZA 1994, 812, 813 f.; BAG NZA 1994, 860, 861; BAG NJW 1991, 518; BAG NJW 1988, 2691, 2692 f.; BAG AP Nr. 19 zu § 4 KSchG 1969; Jaroschek/Lüken JuS 2001, 64, 68 f.; Schwab NZA 1998, 342, 343. 791 2547 10 BAG NJW 1994, 2780, 2782; BAG NJW 1991, 518; BAG NJW 1988, 2691, 2692.
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KSchG zu verhindern.792 Das erforderliche Feststellungsinteresse ist jedoch nur dann zu bejahen, wenn der klagende Arbeitnehmer wenigstens die Möglichkeit weiterer Kündigungen oder Beendigungsgründe glaubhaft macht.793 Ein solcher Sachvortrag kann bei anfänglich fehlendem Feststellungsinteresse im Laufe des Prozesses auch nach Ablauf der Dreiwochenfrist nachgeholt und ergänzt werden.794 Insoweit besteht eine Hinweispflicht der Gerichte gemäß § 139. Allerdings muss die Klarstellung, ob überhaupt ein Antrag gem. § 256 vorliegt, innerhalb der Dreiwochenfrist erfolgen.795 Nach Kenntnis von einer weiteren Kündigung muss der Arbeitnehmer diese in den Prozess einführen und unter teilweiser Einschränkung des Feststellungsantrags eine dem Wortlaut des § 4 KSchG angepasste Antragstellung vornehmen.796 Das rechtliche Interesse für eine früher erhobene allgemeine Feststellungsklage kann aber wegfallen, wenn der Arbeitnehmer die später ausgesprochenen Kündigungen jeweils gesondert mit einem Antrag nach § 4 KSchG und einem damit verbundenen allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 angreift.797 Zur Formulierung der Antragsbegründung einer neben einer Kündigungsschutzklage erhobenen allgemeinen Feststellungsklage vgl. unten Rdn. 285. Ein fristlos entlassener Dienstverpflichteter, gleich ob Arbeitnehmer oder nicht, hat stets ein berechtigtes Interesse daran, auf Feststellung des Weiterbestehens des Vertragsverhältnisses zu klagen, und zwar auch dann, wenn er auf Zahlung klagen könnte.798 Dies gilt auch, wenn die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern nach § 103 Abs. 2 BetrVG bereits rechtskräftig ersetzt worden ist. Die Feststellungsklage kann allerdings wegen der Bindungswirkung des Beschlusses nur dann Erfolg haben, wenn neue Tatsachen vorgetragen werden, die im Beschlussverfahren noch nicht berücksichtigt werden konnten.799 Streiten die Parteien darüber, ob ein bestimmtes Verhalten des Arbeitnehmers eine Eigenkündigung darstellt und erhebt der Arbeitnehmer Feststellungsklage auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses, dann handelt es sich hierbei um eine allgemeine Feststellungsklage iSd § 256.800 Im Fall einer (Arbeitnehmer-)Kündigung kann der Arbeitgeber Feststellungsklage erheben, dass das Arbeitsverhältnis trotz der Kündigung fortbesteht,801 wenn der Kläger aus dem eventuellen Vertragsbruch Rechtsansprüche vielfältiger Art ableiten802 oder wenn der Arbeitgeber in seinem Ansehen durch die fristlose Kündigung betroffen sein kann.803 Letzteres gilt auch, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person ist.804
2548 1792 BAG NJW 1988, 2691, 2693; Löwisch/Spinner KSchG9 (2004) § 4 Rdn. 52. 793 22549 BAG NJW 1994, 2780, 2782; BAGE 85, 262, 268 = NJW 1998, 698, 699; vgl. auch Boemke RdA 1995, 225 ff. mwN; Schwab NZA 1998, 342, 345. 794 2550 3 BAGE 85, 262, 270 = NJW 1998, 698, 699; BAGE 81, 371, 376 f. = NJW 1996, 2179, 2180; vgl. BAGE 57 231, 239 ff. = NJW 1988, 2691, 2693. 795 42551 BAG NZA 1994, 860, 862 = AP Nr. 29 zu § 4 KSchG 1969. 796 52552 BAG NJW 1998, 698, 699.
2553 6797 BAG NJW 1996, 2179, 2180; BAG NJW 1991, 518. 798 72554 BAG FamRZ 1976, 622 (LS); BAGE 9, 361, 362 = NJW 1960, 2041. 799 82555 BAGE 27, 113, 117 ff. = MDR 1975, 876. 800 2556 9 LAGE § 4 KSchG Nr. 42 = LAG Mainz NZA 1999, 336 (LS). 801 2557 10 BAGE 84, 255, 258 f. = NZA 1997, 597 f.; BAG NZA 1986, 714. 802 2558 11 BAGE 84, 255, 258 f. = NZA 1997, 597 f. 803 2559 12 BAG NZA 1986, 714. 804 2560 13 BAG NZA 1986, 714.
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Eine auf die Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage eines Arbeitnehmers ist unzulässig, solange der Arbeitgeber nicht beabsichtigt, das Arbeitsverhältnis in absehbarer Zeit zu beenden.805 Die Arbeitnehmer haben schon vor Eintritt des Versorgungsfalls ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Inhalts ihrer Versorgungsrechte. Auch wenn der Versorgungsfall eingetreten und eine Leistungsklage möglich ist, kann noch ein Feststellungsinteresse bestehen, etwa wenn die Bezifferung aufwendige, schwierige Berechnungen erfordert, die nur von besonders geschulten Personen zuverlässig durchgeführt werden können und dieser Aufwand den Parteien erst bei Feststehen der Versorgungspflicht zuzumuten ist.806 Einem Antrag auf Feststellung, dass dem Betriebsrat ein Mitwirkungsrecht nicht zusteht, fehlt in der Regel das Feststellungsinteresse, wenn die Angelegenheit durch einen Spruch der Einigungsstelle geregelt wurde, dieser in seiner Wirksamkeit nicht umstritten ist und im Betrieb umgesetzt wird.807 Handelt es sich um die Auslegung normativer Bestimmungen eines Tarifvertrags und vertritt der Tarifvertragspartner eine andere Auslegung, kann eine Klärung über § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 9 TVG herbeigeführt werden, der den Tarifparteien abweichend von § 256 Abs. 1 die Möglichkeit einer abstrakten Feststellungsklage über den Inhalt der Tarifnormen gibt.808 Für eine Verbandsklage nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 9 TVG ist das Feststellungsinteresse auch dann zu bejahen, wenn die Parteien lediglich über die Auslegung einer einzelnen Tarifnorm und ihre Bedeutung für einen beschränkten Kreis von Angestellten streiten.809 Eine Feststellungsklage gegen das tarifwidrig handelnde Mitglied des anderen Verbands scheidet aus.810 Bereitschaft des Beklagten zur Leistung: Gegen die Zulässigkeit einer Feststellungsklage trotz Möglichkeit einer Leistungsklage bestehen keine Bedenken, wenn sie zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung bereits auf Grund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils auszugehen ist (vgl. dazu auch Rdn. 195).811 So ist die Klage eines Arbeitnehmers während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses gegen den privaten Arbeitgeber auf Feststellung des Umfangs seines Urlaubs zulässig, wenn davon auszugehen ist, dass der private Arbeitgeber einem für ihn ungünstigen Feststellungsurteil nachkommen wird.812 Dasselbe gilt im Deckungsprozess gegen die Versicherung, die ähnlich wie eine Behörde der Aufsicht unterliegt.813 Hier ist zu erwarten, dass eine Versicherungsgesellschaft ihre Verpflichtung allein auf Grund des Feststellungsurteils erfüllt, insbesondere wenn der Haftpflichtversicherer des beklagten Schädigers den Geschädigten wegen des Streits um dessen Mitverantwortlichkeit zur Erhebung (nur) der Feststellungsklage ausdrücklich aufgefordert hatte.814 Auch bei Banken, die der Aufsicht des Bundesamts für das Kreditwesen unterliegen, ist in der Regel gewährleis805 12561 BAG DB 1980, 503, 504. 806 22562 BAGE 79, 236, 239 f. = NZA 1996, 48, 49. 807 32563 BAG NZA 1988, 249, 250. 808 42564 Vgl. etwa ErfKomm/Franzen ArbR8 (2008) § 9 TVG Rdn. 1 f.; Löwisch/Rieble TVG2 (2004) § 9 Rdn. 2. 809 52565 BAGE 35, 141, 145 = AP Nr. 2 zu § 39 TVAng Bundespost. 810 62566 BAG AP Nr. 7 zu § 256 ZPO. 811 72567 BGH NJW 2001, 445, 448; BGHZ 130, 115, 119 f. = NJW 1995, 2221, 2222; BGH WM 1994, 1888, 1890; BGH WM 1991, 1115; RG JW 1911,
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815 f. Nr. 26; OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 1447. 812 82568 BAGE 16, 293, 296 f. = NJW 1965, 787, 788 unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung (BAGE 11, 312 ff. = NJW 1962, 270 f.); Germelmann/ Matthes/Prütting/Germelmann ArbGG6 (2008) § 46 Rdn. 89. 813 92569 BGH NJW 1999, 3774, 3775; BGH VersR 1963, 770; OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 1447; OLG Hamm VersR 1987, 88, 89; OLG Hamm VersR 1980, 1061. 814 2570 10 OLG Hamm NZV 1999, 418.
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tet, dass sie rechtskräftigen Feststellungsurteilen nachkommen, so z.B. die Versicherungspolicen bereits auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin an die Klägerin herausgeben würden.815 Schuldet ein Vertragsteil die Bestimmung seiner Vertragsleistung nach billigem Ermessen, so braucht der Vertragsgegner nicht auf Leistung dieser Bestimmung zu klagen; er kann auf Feststellung der gegnerischen Verpflichtung klagen, wenn anzunehmen ist, dass der Vertragsgegner diesem Feststellungsurteil nachkommen werde.816 Ebenso ist bei öffentlichen Körperschaften oder Anstalten oder dem Fiskus817 trotz möglicher Leistungsklage in der Regel ein Feststellungsinteresse anzunehmen, weil von ihnen zu erwarten ist, dass sie den gerichtlich festgestellten Anspruch auch ohne Leistungsurteil befriedigen werden.818 Dies gilt nicht, wenn eine Erledigung des gesamten Streitkomplexes nicht zu erwarten ist.819 Auch eine Feststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter kann unter Umständen zugelassen werden, wenn von dessen Bereitschaft zur Leistung kraft seiner Amtspflicht ausgegangen werden kann.820 Bei einer Klage gegen den Deutschen Bühnenverein wurde angenommen, dass sich dessen Mitglieder im Verhältnis zueinander dem Urteil beugen und ihre Beziehungen821 entsprechend gestalten würden. Eine Ausdehnung dieser Behandlung auf alle juristischen Personen des Privatrechts, die wirtschaftlich bedeutend sind oder der öffentlichen Hand gehören, ist jedoch abzulehnen.822 Das Einvernehmen der Parteien, die streitigen Punkte durch eine Feststellungsklage klären zu lassen, lässt – zumindest bei Beteiligung von Banken – ebenfalls eine endgültige Erledigung des Streits durch ein Feststellungsurteil erwarten.823 Freistellung von einer Verbindlichkeit: Ein Feststellungsinteresse kann fehlen, weil das prozessuale Begehren durch eine Leistungsklage in der Form eines Antrags auf Freistellung von einer Verbindlichkeit durchgesetzt werden könnte. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine ausreichend bestimmte Antragsformulierung gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 für eine Freistellungsklage bereits bei Klageerhebung möglich ist.824 Zudem darf dem Kläger das Wahlrecht nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zwischen Schadensbeseitigung durch den Beklagten oder Geldersatz nicht dadurch genommen werden, dass der Kläger prozessrechtlich auf einen Freistellungsantrag verwiesen wird, der im praktischen Ergebnis allein eine Naturalrestitution durch den Beklagten zu bewirken vermag. Es muss dem Kläger vielmehr offen bleiben, zunächst nur die Schadensersatzpflicht des Beklagten als solche zu klären und zu gegebener Zeit den Aufwand darzutun und geltend zu machen, den er selbst zur Schadensbeseitigung hat.825 Solange der Anspruchsteller die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst
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BGH NJW 1997, 2320, 2321; BGH NJW 1995, 2219; OLG Stuttgart WM 1994, 626, 629 f. 2572 2816 BGH NJW 1984, 1118, 1119; BGHZ 28, 123, 126 = NJW 1958, 1681, 1682; RG JW 1936, 2546; vgl. auch RG JW 1938, 892, 893. 817 2573 3 RG JW 1931, 3263, 3264. 818 2574 4 BGH NJW 1984, 1118, 1119; BGHZ 28, 123, 126 = NJW 1958, 1681, 1682; BAG EzA § 242 BGB 2002 Betriebliche Übung Nr. 6; BAG AP Nr. 67 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; OLG Düsseldorf WM 1989, 1371, 1372; siehe aber RGZ 152, 193, 198.
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BAGE 8, 279, 281 f. (Einrede der Verjährung) = AP Nr. 25 zu § 256 ZPO. 2576 6820 RG JW 1938, 892. 821 72577 RGZ 128, 92, 94. 822 82578 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 50. 823 92579 BGHZ 130, 115, 119 f. = NJW 1995, 2221, 2222; OLG Hamm NZV 1999, 418; OLG Stuttgart WM 1994, 626, 629; dies hält Zöller/Greger Rdn. 8 für zu weitgehend. 824 2580 10 BGH NJW 2007, 1809, 1811; BGH NJW 1996, 2725. 825 2581 11 BGH NJW 1996, 2725, 2726; Grunsky EWiR 1996, 815, 816.
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mit einem Rechtsbehelf bekämpft, ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht der richtige Weg.826 Für ein bestehendes Feststellungsinteresse ist die begründete Besorgnis einer Inanspruchnahme des Klägers seitens des Dritten erforderlich.827 Ist eine Inanspruchnahme wegen eingetretener Verjährung etwaiger Ansprüche nicht mehr ernsthaft zu befürchten, ist ein konkretes Interesse an der begehrten Feststellung zu verneinen.828 Eine Klage auf Befreiung von der Haftpflichtverbindlichkeit, also auf Befriedigung des Haftpflichtgläubigers, kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist (vgl. § 156 Abs. 2 VVG a.F.829). Solange dies nicht der Fall ist, muss der Versicherungsnehmer auf Feststellung klagen, dass der Versicherer wegen einer, im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung, Versicherungsschutz zu gewähren habe.830 Enteignung: In den Fällen der Enteignung, bei denen es in der Regel nur um die Höhe der Entschädigung geht, ist lediglich die Leistungsklage zulässig.831 Dies gilt nicht für Entschädigungsansprüche, die nicht von vornherein mit einer gewissen Summe abzudecken sind, sondern für fortlaufend zur Entstehung gelangende Nachteile gewährt werden.832 Soweit bei der Geltendmachung von Masseansprüchen durch den Insolvenzverwalter gegen Insolvenzgläubiger Aufrechnungsfragen deswegen entstehen, weil der Insolvenzgläubiger mit zur Tabelle angemeldeten, aber streitig gebliebenen nicht titulierten Insolvenzforderungen aufrechnet, beschränkt sich das Interesse des Insolvenzverwalters darauf, die Masseforderung durchzusetzen. Für eine auf die Feststellung des Nichtbestehens von zur Aufrechnung gestellten Insolvenzforderungen gerichtete Klage fehlt es in aller Regel an einem Feststellungsinteresse.833 Vom Gericht veranlasster Klageartwechsel: Wird der Kläger wegen Bedenken gegen die Zulässigkeit der erhobenen Leistungsklage vom Gericht veranlasst, auf eine Feststellungsklage überzugehen, dann kann dem Kläger das Feststellungsinteresse nicht abgesprochen werden, wenn sich die Rechtsauffassung des Gerichts nachher als unrichtig herausstellt.834 Mietverhältnis: Der Mieter kann bei Mängeln sein Minderungsrecht feststellen lassen, er muss sich nicht auf eine Instandhaltungsklage verweisen lassen.835 Gleiches gilt auch zugunsten des Vermieters, der auf die Feststellung der Instandhaltungspflicht (Schönheitsreparaturen) im laufenden Mietverhältnis klagen kann.836 Prozessvergleich: Wird die Feststellung der Nichtigkeit eines Prozessvergleichs begehrt, so fehlt das Feststellungsinteresse, wenn diese durch Fortsetzung des Verfahrens geltend gemacht werden kann (vgl. § 794 Rdn. 64).837 Dasselbe gilt bei Vorliegen
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1 BGH NJW 2007, 1809, 1811. 2583 2827 OLG Hamm NJW-RR 1996, 1338; OLG Hamburg VersR 1986, 385. 828 32584 OLG Hamm NJW-RR 1996, 1338. 829 42585 Diese Vorschrift ist durch das Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 (BGBl I S. 2631) zum 1.1.2008 ersatzlos weggefallen. 830 2586 5 BGH NJW 1981, 870, 871. 831 62587 RGZ 82, 433, 434 f.; vgl. auch RGZ 30, 266, 269. 832 72588 RGZ 112, 189, 193 f. (Wohnungsbeschlagnahme).
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BAG NJW 1961, 1885 f. (zur K0); MünchKomm-InsO2/Schumacher (2008) § 179 Rdn. 22. 834 2590 9 BGHZ 28, 123, 126 f. = NJW 1958, 1681, 1682; BAG NZA 1994, 35, 36; BAG NJW 1964, 1043, 1044; aA BAG EzA § 256 ZPO 2002 Nr. 7. 835 2591 10 LG Berlin ZMR 2003, 487, 488. 836 2592 11 LG Berlin ZMR 2003, 487, 488. 837 2593 12 BGH NJW 1983, 2034; OLG Köln NJW-RR 1996, 637; G. Lüke ZZP 108 (1995), 427, 440; Zöller/Stöber § 794 Rdn. 15a. Etwas anderes kann unter Umständen bei einer gerichtlichen Einigung nach dem Recht der ehem. DDR gelten, vgl. BGH MDR 1993, 652, 653.
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eines Nichturteils, bei dem ebenfalls ein Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt werden kann.838 Dagegen ist eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Prozessvergleichs zulässig. Vorvertrag: Für eine Feststellungsklage ist in der Regel kein Raum, wenn eine Leistungsklage aus einem Vorvertrag auf Abschluss des entsprechenden endgültigen Vertrags möglich ist.839 Dies gilt auch, wenn der Anspruch auf einer gesetzlichen Grundlage beruht.840 Wettbewerbsrecht: Für die Klage auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung wegen eines Wettbewerbsverstoßes kann das Feststellungsinteresse fehlen, wenn der Kläger im Wege der Leistungsklage wegen desselben Verstoßes einen Vertragsstrafeanspruch geltend machen kann.841 Der Gläubiger ist auf die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung nicht angewiesen, da ihm die Unterlassungsverpflichtungserklärung im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadensdurchsetzung ohne Einzelnachweis eröffnet.842 Ein Feststellungsinteresse könnte lediglich dann vorliegen, wenn die Schadensersatzansprüche über die Vertragsstrafeansprüche des Gläubigers hinausgehen würden.843 Dagegen besteht nach h.M. kein Vorrang der Unterlassungs- bzw Widerrufsklage eines wegen wettbewerbswidrigen Handelns Abgemahnten vor der negativen Feststellungsklage.844 Zwangsvollstreckung: Eine Feststellungsklage kann statt einer Leistungsklage zulässig sein, wenn sich bei einer Verurteilung zur Leistung für die Zwangsvollstreckung gewisse Schwierigkeiten ergeben können und mit der Feststellungsklage annähernd das gleiche Ergebnis erzielt wird.845
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7. Wegfall des Feststellungsinteresses a) Positive Feststellungsklage. Wird bei einer zulässig erhobenen positiven Feststellungsklage während des Prozesses die Leistungsklage möglich, so braucht der Kläger in der Regel nicht von der Feststellungsklage zur Leistungsklage überzugehen. Deshalb wird eine positive Feststellungsklage, für die das Feststellungsinteresse zur Zeit der Klageerhebung vorgelegen hat, nicht dadurch unzulässig, dass sich im Lauf des Rechtsstreits die Möglichkeit der Leistungsklage ergibt.846 War also bei Klageerhebung ein bestimmter Leistungsantrag nicht möglich, muss der Kläger nicht nachträglich auf einen Leistungsantrag übergehen, wenn der Leistungsantrag erst während des Rechtsstreits den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 gemäß bestimmt formuliert werden könnte.847 Dies gilt sowohl für Schadensersatzansprüche, als auch für den Auf-
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Musielak/Foerste Rdn. 32; G. Lüke ZZP 108 (1995), 427, 440. 2595 2839 BGH LM Nr. 40 zu § 256 ZPO; BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273. 840 32596 BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273. 841 42597 BGH NJW 1993, 2993; vgl. auch BAGE 71, 176, 180 = MDR 1993, 689, 690, wonach daneben auch eine Stufenklage bezüglich des Schadensersatzanspruchs möglich ist. 842 2598 5 BGHZ 63, 256, 259 f. = NJW 1975, 163; BGHZ 85, 305, 313 = NJW 1983, 385; BGHZ 105, 24, 27 = NJW 1988, 2536; BGH ZIP 1993, 703, 705 f. 843 62599 BGH NJW 1993, 2993, 2994. 844 72600 BGH NJW-RR 1990, 303; BGH GRUR 1985,
571, 572; Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche9 (2007) Kap. 52 Rdn. 19 ff. Lindacher FS Gamm (1990), S. 83, 84 sieht den Grund hierfür darin, dass über die Möglichkeit und die Voraussetzungen einer Unterlassungs- bzw Widerrufsklage des Abgemahnten zur Abwehr unbegründeter Abmahnungen keine einheitliche Meinung herrscht. 845 2601 8 RG JR 1926 B 1074. 846 2602 9 Vgl. BGH NJW 1955, 1185; RGZ 108, 201, 202; RGZ 71, 68, 72 f.; RG Warn 1909 Nr. 44; OLG Düsseldorf ZMR 1987, 377. 847 2603 10 BGH NJW 1996, 2725, 2726; BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 4; BGHZ 70, 39, 46
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wendungsersatzanspruch nach § 536a Abs. 2 BGB.848 Ansonsten würde dem Kläger das Risiko eines Instanzverlustes überbürdet.849 Der Kläger kann in diesem Fall nicht darauf verwiesen werden, den Schaden im Wege der eigenen Schätzung zu beziffern oder eine unbezifferte Leistungsklage zu erheben.850 Entschließt er sich jedoch im Lauf des Prozesses, auch Leistungsklage zu erheben, so entfällt das Feststellungsinteresse nicht schon mit der Zustellung der Leistungsklage, sondern erst dann, wenn die Leistungsklage nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann.851 Dies ist im Interesse des Beklagten geboten, um zu verhindern, dass ein Kläger, der die Erfolgsaussichten seiner Feststellungsklage schwinden sieht und sie zurücknehmen möchte, daran aber durch Verweigerung der Zustimmung des Beklagten gehindert wird, auf dem Umweg über eine parallele Leistungsklage einseitig dasselbe Ziel zu erreichen vermag.852 Dasselbe gilt auch dann, wenn mit der parallelen Leistungsklage lediglich ein Teil der von der positiven Feststellungsklage erfassten Ansprüche geltend gemacht wird, soweit Deckungsgleichheit besteht.853 Ausnahmsweise muss der Kläger zur Leistungsklage übergehen, wenn die Schadensentwicklung im ersten Rechtszuge lange vor dessen Beendigung voll abgeschlossen ist, der Beklage deshalb den Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage anregt, der Übergang zur Leistungsklage die Entscheidung über den Grund des Anspruchs nicht verzögern und auch kein Instanzverlust für den Streit über die Höhe des Anspruchs eintreten würde.854 Wird auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt und daraufhin eine Gegenklage wegen eines aus der Behauptung des Nichtbestehens herzuleitenden Kondiktionsanspruchs erhoben, bleibt die Feststellungsklage zulässig.855 Allerdings soll das Interesse für eine Feststellungsklage betreffend der Pflicht zu schon erfolgter Deckung nachträglich entfallen, wenn der Versicherer Widerklage auf Rückerstattung der aufgewendeten Beträge verlangt und das Interesse des Klägers über den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch nicht hinausgeht.856 Das Interesse an der Feststellung einer positiven Befugnis fällt nicht dadurch weg, dass der Beklagte seinerseits auf Unterlassung des mit der Feststellungsklage als berechtigt in Anspruch genommenen Verhaltens klagt.857 b) negative Feststellungsklage. Das Feststellungsinteresse des Klägers an einer negativen Feststellungsklage entfällt nach der Rechtsprechung des BGH858, wenn der Beklagte eine entsprechende (entgegengesetzte) Leistungsklage selbständig oder = NJW 1978, 210; BGH WM 1972, 545; BGH VersR 1964, 1066, 1067; BGH WM 1955, 497, 499; BGH LM Nr. 5 zu § 256 ZPO; RGZ 142, 291, 293; RGZ 124, 371, 378; RGZ 71, 68, 72 f.; BAGE 85, 306, 308 = NZA 1997, 1168, 1169. 2604 1848 BGH NJW 1984, 1552, 1554; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 55. 849 22605 BGHZ 70, 39, 46 = NJW 1978, 210. 850 32606 OLGR Hamm 1995, 201, 202. 851 42607 BGH NJW-RR 1990, 1532, 1533. 852 52608 BGH NJW-RR 1990, 1532, 1533. 853 62609 BGH NJW-RR 1990, 1532, 1533. 854 72610 BGH LM Nr. 5 zu § 256 ZPO = NJW 1952, 546 (LS). 855 82611 RGZ 109, 351, 353. 856 92612 OLG Frankfurt NJW 1970, 2069, 2070. 857 2613 10 RG HRR 1940 Nr. 23.
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11 BGHZ 165, 305, 309 = NJW 2006, 515, 516 = ZZP 119 (2006), 357 mit Anm. Assmann; BGH NJW 1999, 1544, 1546 (Widerklage); BGH NJW 1999, 2516, 2517 (Unterlassungsklage vor einem anderen Gericht); BGHZ 134, 201, 208 f. = NJW 1997, 870, 872 (Leistungsklage vor ausländischem Gericht); BGH NJW 1994, 3107, 3108 (Unterlassungsklage vor einem anderen Gericht); BGH NJW 1991, 1061, 1062; BGH NJW-RR 1990, 1532; BGHZ 99, 340, 341 f. = NJW 1987, 2680, 2681 (Unterlassungsklage vor einem anderen Gericht); BGH NJW 1973, 1500 f.; BGH NJW 1954, 1323 (Widerklage); RGZ 151, 65, 66; RG JW 1936, 3185, 3186; RG Warn 1917 Nr. 34; RGZ 71, 68, 73 ff.; RG Gruchot 58, 478; OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 824; OLG Frankfurt GRUR 1997, 485; OLG München NJW-RR 1994, 1201.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 256
im Wege der Widerklage859 erhoben hat und diese nicht mehr einseitig zurücknehmen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Entscheidung über die Leistungsklage bereits ergangen ist und eine Entscheidung der Instanz über die negative Feststellungsklage noch aussteht860 oder Klage und Widerklage gleichzeitig entscheidungsreif sind.861 Selbst für den Fall, dass in dem Verfahren über eine negative Feststellungsklage bereits ein Versäumnisurteil ergangen ist, gegen das ein zulässiger Einspruch eingelegt wurde, entfällt das Feststellungsinteresse, sofern vor einer Entscheidung nach § 343 eine Entscheidung über die Leistungsklage, und sei es auch nur dem Grunde nach, ergeht.862 Eine später erhobene Unterlassungsklage führt auch dann zum Wegfall des Feststellungsinteresses, wenn der Feststellungskläger gegenüber dem Unterlassungskläger eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unter der auflösenden Bedingung abgegeben hat, dass die Klage auf negative Feststellung rechtskräftig zu seinen Gunsten entschieden werde.863 Auch ein Verzicht auf eine einseitige Rücknahme der Leistungsklage führt zum Wegfall des Feststellungsinteresses.864 Eine spätere Leistungsklage scheitert nicht am Einwand der Rechtshängigkeit, da es an der erforderlichen Identität der Streitgegenstände fehlt. Das durch den Klageantrag bestimmte Rechtsschutzziel der Leistungsklage geht über den Streitgegenstand der Feststellungsklage hinaus (vgl. § 261 Rdn. 93).865 Auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage kann nicht abgesprochen werden.866 Der Grund für den Wegfall des Feststellungsinteresses wird darin gesehen, dass ein negativer Feststellungsanspruch und ein Leistungsanspruch, soweit sie denselben Anspruch betreffen, wegen der Gefahr widerstreitender Entscheidungen der Gerichte nicht gleichzeitig nebeneinander verfolgt werden können.867 Auch im Hinblick auf die Prozessökonomie sollten mehrere parallele Verfahren über denselben Anspruch vermieden werden.868 Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Rechtskraftwirkung der Leistungsklage weiter als diejenige der negativen Feststellungsklage gehe.869 Auch eine von dem Beklagten später erhobene Gestaltungsklage könne das Rechtsschutzbedürfnis für die von dem Kläger zuvor angestrengte Feststellungsklage entfallen lassen, wenn der Gegenstand dieser Klage von der Gestaltungsklage mit umfasst wird.870 2615 1859 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 125 schließt sich dieser Rechtsprechung nur für den Fall der Leistungswiderklage oder der Klage vor demselben Gericht an, dann Prozessverbindung. Für den Fall der Leistungsklage vor einem anderen Gericht, Rdn. 126, spricht er sich für das Weiterbestehen des Feststellungsinteresses und für eine Aussetzung der Leistungsklage aus. Vgl. auch OLG Stuttgart EWiR 1994, 407 mit Anm. Ulrich. 860 22616 BGHZ 165, 305, 309 f. = NJW 2006, 515, 516. 861 32617 BGH NJW 1999, 1544, 1546. 862 42618 BGHZ 165, 305, 310 = NJW 2006, 515, 516. 863 52619 OLG Düsseldorf GRUR 1992, 208. 864 62620 Vgl. dazu Keller WRP 2000, 908, 911 f. 865 72621 BGH NJW 1994, 3107, 3108; ausführlich dazu RGZ 71, 68, 73 f.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 126; Zöller/Greger Rdn. 7d, 16; Graf S. 46 ff.; Dichtl S. 68 f.; Habscheid ZZP 112 (1999), 37, 43 geht umgekehrt davon aus, dass die Rechtshängigkeit zugunsten der Leistungsklage eingreift, obwohl sie später erhoben worden ist; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 62 unter Verweis auf § 261 Rdn. 66 für den Fall der
selbständigen Leistungsklage, nicht aber für den Fall der Leistungswiderklage; Lüke JuS 1969, 301, 302. Auch Baltzer S. 152 f., sieht die Konkurrenz von Feststellungs- und Leistungsklage als Aufgabe des Begriffs der Rechtshängigkeit, nicht des Feststellungsinteresses an; ebenso Bettermann S. 28 ff.; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 141 ff. 2622 8866 So aber für den Fall der selbständigen Leistungsklage Schönke/Kuchinke ZPR § 44 III 1 (S. 203 f.); Blomeyer FS Jur. Fakultät der Freien Universität Berlin (1955), S. 65; Wieser S. 187 (einschränkend auf die Feststellungsklage in erster Instanz); dagegen Graf S. 57 f. mwN. 867 92623 RGZ 71, 68, 74. 868 2624 10 RGZ 151, 68, 69; RG JW 1936, 3185, 3186 (umgekehrt kann aber auch unter Umständen das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage fehlen); RG JW 1932, 3615; RGZ 71, 68, 74; BGHZ 99, 340, 342 f. = NJW 1987, 2680, 2681 = JR 1988, 374 mit abl. Anm. Herrmann. Gegen diese Argumentation auch Baltzer S. 156 ff. 869 2625 11 RGZ 71, 68, 74.
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Die nachträgliche Erhebung einer Leistungsklage führt danach zur nachträglichen Unzulässigkeit der negativen Feststellungsklage und ist als erledigendes Ereignis anzusehen. Deshalb ist der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, wenn dementsprechende Erklärungen der Parteien vorliegen, und über die Kosten gem. § 91a zu entscheiden.871 Diese Rechtsprechung wird von weiten Teilen der Literatur zu Recht kritisiert.872 So ist zu bezweifeln, dass mit der von der Rechtsprechung gewählten Lösung die Gefahr widerstreitender Entscheidungen verhindert werden kann, da für den Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung das Gericht bezüglich der Kosten gem. § 91a und bei der einseitigen Erledigungserklärung bei Unbegründetheit der Klage eine Entscheidung über die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit treffen muss.873 Deshalb sollte man den Grundsatz der Priorität anwenden mit der Folge, dass das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage bestehen bleibt. Das Gericht, das über die später erhobene Leistungsklage zu entscheiden hat, müsste den Prozess bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsklage gem. § 148 aussetzen.874 Die Gefahr widersprechender Entscheidungen würde dann nicht bestehen, da das Gericht an die rechtskräftige Feststellung gebunden wäre.875 Die Prozessökonomie spricht gerade gegen den Wegfall des Feststellungsinteresses, da wegen der Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils der spätere Leistungsprozess entlastet wird und die bisherigen Ergebnisse im Feststellungsprozess nicht verloren gehen.876 Im Übrigen hat sich der Feststellungsrechtsstreit bei nachträglich erhobener Leistungsklage gerade nicht erledigt, sondern die Rechtsberühmung des Beklagten hat sich sogar noch verstärkt.877 Ausnahmsweise soll allerdings nach der Rechtsprechung das Feststellungsinteresse bestehen bleiben, wenn der Feststellungsrechtsstreit – insbesondere in einer Rechtsmittelinstanz – entscheidungsreif oder im Wesentlichen zur Entscheidungsreife fortgeschritten und die Leistungsklage noch nicht entscheidungsreif ist.878 Maßgebend für die Entscheidungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem die Leistungsklage nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann.879 Allerdings hat der BGH880 eine solche Ausnahme in dem Fall verneint, in dem ein Leistungsurteil als Grundurteil in erster Instanz ergangen ist, obwohl bereits ein erstinstanzliches Urteil und ein zweit870 2626
1 BGH LM Nr. 41 zu § 256 ZPO. 2627 2871 Macke NJW 1990, 1651. 872 32628 Als Anhänger der Aussetzungslösung: Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 126; Dichtl S. 68 ff.; Herrmann JR 1988, 375, 377 f.; Lindacher FS Gamm (1990), S. 83, 92 f. (für Unterlassungsklagen); Walker ZZP 111 (1998) 429, 444 ff.; als Anhänger der Rechtshängigkeitslösung: MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 62; Lüke JuS 1969, 301, 302; Baltzer S. 143 ff.; Bettermann S. 28 ff.; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 141 ff. 873 42629 Darauf weist Herrmann JR 1988, 376, 377 hin; ebenso Graf S. 675 ff. für den Fall der einseitigen Erledigungserklärung; vgl. auch Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 126. 874 2630 5 Nur für die selbständige Leistungsklage: Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 126; Graf S. 70 ff.; Lindacher FS Gamm (1990), S. 83, 92 f. (Unterlassungsklage). Gegen die Zulässigkeit einer Aussetzung Bettermann S. 34 f., weil Identität und nicht Präjudizialität vorliege. Eine Aussetzung der ne-
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gativen Feststellungswiderklage, wie das RG sie in RGZ 71, 74 andenkt, komme erst recht nicht in Betracht. 875 2631 6 So Herrmann JR 1988, 375, 377 f. 876 72632 Im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart WRP 1992, 513, 516 (aufgehoben von BGH NJW 1994, 3107); Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 126 mit weiteren Argumenten. 877 82633 Baltzer S.143 f.; vgl. auch Bettermann S. 38; Neumann/Duesberg NJW 1955, 1214, 1216. 878 92634 BGHZ 165, 305, 309 = NJW 2006, 515, 516; BGHZ 134, 201, 209 = NJW 1997, 870, 872; BGH NJW-RR 1990, 1532, 1533; BGHZ 99, 340, 342 = NJW 1987, 2680, 2681; BGH NJW 1973, 1500 f.; BGH NJW 1968, 50; BGHZ 18, 22, 42 = NJW 1955, 1437; RG Warn 1916 Nr. 106; RG JW 1909, 417, 418; OLG München NJW-RR 1994, 1201; OLG Hamm NJW-RR 1986, 923, 924. 879 2635 10 BGHZ 99, 340, 342 = NJW 1987, 2680, 2681. 880 2636 11 BGHZ 165, 305, 309 f. = NJW 2006, 515, 516.
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instanzliches Versäumnisurteil über die Feststellungsklage und Entscheidungsreife in zweiter Instanz nach Einspruch gegen das Versäumnisurteil vorlag. Damit gibt der BGH dem Leistungskläger die Möglichkeit, dass über das streitige Rechtsverhältnis in erster Instanz zweimal entschieden werden kann. Dieser kann abwarten, ob das Feststellungsurteil zu seinen Gunsten ausfällt. Ist das nicht der Fall, kann er die Leistungsklage erheben und das Berufungsverfahren solange herauszögern, bis ein Urteil im Leistungsprozess ergangen ist. Damit bringt er dann das gesamte Feststellungsverfahren mit seinen Ergebnissen zu Fall. Mit dieser Rechtsprechung leistet der BGH Mehrfachprozessen Vorschub und verletzt das Gebot der Waffengleichheit. Dem Grundsatz der Prozessökonomie kann deshalb nur dadurch Rechnung getragen werden, dass das Feststellungsinteresse nicht mehr entfallen kann, wenn in dem Zeitpunkt, in dem die Leistungsklage nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann, Entscheidungsreife bezüglich der Feststellungsklage bestanden hat oder bereits ein erstinstanzliches Feststellungsurteil ergangen ist. Die Leistungsklage ist dann gem. § 148 auszusetzen (vgl. Rdn. 256). Nur so können widersprechende Entscheidungen verhindert werden.881 Steht fest, dass trotz Anhängigkeit einer einseitig nicht mehr zurücknehmbaren Leistungsklage sachlich über diesen Anspruch nicht entschieden werden wird, bleibt das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage ebenfalls bestehen. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich das mit der Leistungsklage befasste Gericht gem. Art. 27 Abs. 1 EuGVVO (Art. 21 EuGVÜ) für unzuständig erklären muss.882 Das Feststellungsinteresse bleibt ebenfalls bestehen, wenn die Parteien den Streit über die Leistungsklage ruhen lassen883 oder wenn über den Streitgegenstand der Feststellungsklage bereits Zwischenentscheidungen vorliegen.884 Ist die Erhebung der Leistungsklage rechtsmissbräuchlich, kann dies zur Folge haben, dass ausnahmsweise das Rechtsschutzinteresse für diese entfällt und das Feststellungsinteresse infolgedessen bestehen bleibt.885 Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Beklagte eines negativen Feststellungsverfahrens für eine gegenläufige Leistungsklage nachträglich einen anderen Gerichtsstand wählt, anstatt diese als Widerklage geltend zu machen.886 Eine andere Gerichtsstandswahl ist allerdings für den Bereich des Wettbewerbsrechts nicht als Rechtsmissbrauch anzusehen, da dies zu einer nicht hinnehmbaren Verkürzung der Rechte des Gläubigers und einer gleichfalls nicht zu rechtfertigenden Besserstellung des (deliktischen) Verletzers führen würde.887 Die Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs des Gegners für eine entgegengesetzte Leistungsklage führt nicht zur Unzulässigkeit der negativen Feststellungsklage.888 Das Interesse an einer negativen Feststellungsklage entfällt auch nicht dadurch, dass der Beklagte Vollstreckungsgegenklage erhebt, da diese ein anderes Ziel verfolgt889 und die Prüfung ihrer Voraussetzungen den Prozess in die Länge ziehen könnte.890 Eine Vollstreckungsgegenklage ist darauf gerichtet, die Vollstreckbarkeit
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1 Assmann ZZP 119 (2006), 361, 363 f. 882 22638 BGHZ 134, 201, 209 = NJW 1997, 870, 872. 883 32639 Vgl. RG Warn 1917 Nr. 34 aE; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 125 Fn. 298. 884 42640 RG JW 1909, 417, 418; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 125 Fn. 298. 885 52641 BGHZ 99, 340, 342 = NJW 1987, 2680, 2681;
BGH NJW 1973, 1500, 1501; RG JW 1936, 3185 f. mit zust. Anm. Roquette. 6 RG JW 1936, 3185 f. mit zust. Anm. Roquette. 2643 7887 BGH NJW 1994, 3107, 3108. 888 82644 OLG Karlsruhe Justiz 1966, 130, 131. 889 92645 RG JW 1903, 398. 890 2646 10 RGZ 100, 123, 126. 886 2642
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eines Titels zu beseitigen. Besteht Streit über die Reichweite eines Vollstreckungstitels steht die Feststellungsklage zur Verfügung.891 Wird nach Erhebung einer negativen Feststellungsklage ein Duldungsbescheid erlassen, so erlischt das Feststellungsinteresse nicht, da der Duldungsbescheid als belastender Verwaltungsakt jederzeit von der Behörde einseitig zurückgenommen werden kann.892 Decken sich die Streitgegenstände der Feststellungs- und Leistungsklage nicht, entfällt das Feststellungsinteresse bei einer vor der Leistungsklage erhobenen negativen Feststellungsklage nicht, wenn die zu erreichende Feststellung nicht ohne die verneinende Feststellungsklage getroffen wird.893 Dies gilt insbesondere, wenn die Leistungsklage nur einen Teil betrifft894 und der Feststellungsanspruch über den Leistungsanspruch hinausgeht.895 Allerdings muss bezüglich des übereinstimmenden Teils die Feststellungsklage für erledigt erklärt werden.896
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Das Verfahren der Feststellungsklage unterscheidet sich grundsätzlich nicht von dem der Leistungsklage. Streitgegenstand ist das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll.897 1. Parteien und Gerichtsstand
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Die Parteirolle ist für die Austragung des sachlichen Streits grundsätzlich ohne Bedeutung. Wenn auch die Frage, wer als Kläger oder Beklagter auftritt, regelmäßig diejenige der Initiative ist, so knüpft das Prozessrecht doch an die Stellung des Klägers bestimmte Folgen, die sich ergeben, unabhängig davon, ob er positiv oder negativ klagt. So hat der Kläger unter mehreren Gerichtsständen die Wahl (§ 35). Soweit der Gerichtsstand sich nach dem Beklagten richtet (§§ 12– 21), entscheidet die Parteirolle; im Übrigen (§§ 23–34) entscheidet das von der Prozessordnung gegebene Merkmal ohne Rücksicht darauf, ob positive oder negative Feststellungsklage erhoben wird.898 Den Streitumfang bestimmt der Kläger (§ 308 Abs. 1). 2. Antrag
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a) Bestimmtheit. Auch eine Feststellungsklage muss den Anforderungen des § 253 genügen. Insbesondere muss der Klageantrag iSv § 253 Abs. 2 Nr. 2 bestimmt sein (vgl. § 253 Rdn. 135 ff.). Dies erfordert eine genaue Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, dessen Feststellung verlangt wird, damit über den Umfang der Rechtskraft einer Entscheidung keine Ungewissheit verbleibt.899 Eine nähere Angabe der rechts-
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BGH NJW 1997, 2320, 2321; BGH NJW 1962, 109, 110; RGZ 82, 161, 164. 892 2648 2 BGH NJW 1991, 1061, 1062; aA Nieuwenhuis BB 1991, 1307, 1308 f. unter Verweis auf das verwaltungsrechtliche Einspruchsverfahren. 893 32649 RG JW 1939, 366; RG LZ 1918, 857, 858. 894 42650 RG JW 1937, 1062; RG LZ 1918, 857, 858. 895 52651 RGZ 91, 27, 29; RG JW 1939, 366 Nr. 38; RG HRR 1931 Nr. 1963.
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6 RG LZ 1930, 179. 897 72653 Vgl. für die negative Feststellungsklage BGH MDR 1991, 546; BGHZ 47, 117, 118 = NJW 1967, 1367; BGH NJW 1954, 1323; RGZ 148, 3, 6; RGZ 71, 68, 74; Baltzer S. 89. 898 82654 RGZ 21, 409, 411; KG OLGE 22, 262, 263; OLG Hamburg SeuffArch 49 Nr. 119; vgl. auch Baltzer S. 123. 899 92655 BGH NJW 2002, 681 (Klage auf Feststellung ei-
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begründenden Tatsachen genügt hierfür.900 Dagegen reicht die Bezugnahme auf eine gesetzliche Bestimmung jedenfalls dann nicht aus, wenn diese Vorschrift mehrere Tatbestände umfasst.901 Soweit der Streit um ein Rechtsverhältnis geht, bedarf es keiner Bezifferung oder Berechnung der sich aus ihm ergebenden Ansprüche.902 Handelt es sich um Schadensersatzansprüche, ist eine bestimmte Bezeichnung des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses erforderlich.903 Geht es um eine Schadensersatzpflicht infolge Sachmangels, müssen die vertraglichen Beziehungen der Parteien und die Mängel, aus denen Ansprüche hergeleitet werden, konkret angegeben werden.904 Wird Ersatz des künftigen Schadens beantragt, werden im Zweifel die ab Klageeinreichung entstehenden Schadensersatzansprüche erfasst.905 Es kann auch die Feststellung nur eines Teils des Gesamtanspruchs begehrt werden.906 Soll festgestellt werden, dass der Beklagte zum Abschluss eines Vertrags verpflichtet ist, muss aus dem Antrag hervorgehen, welchen Inhalt die von dem Beklagten bei Vertragsschluss abzugebende Willenserklärung haben soll.907 Bei einem Antrag auf Feststellung einer Zahlungspflicht in bestimmter Höhe ist ebenso wie bei einer Zahlungsklage (vgl. § 253 Rdn. 74 ff.) grundsätzlich eine Bezifferung erforderlich.908 Bei einer negativen Feststellungsklage genügt nicht der einfache Antrag auf Feststellung, dass der Kläger dem Beklagten nichts schulde, sondern es bedarf der Angabe des konkreten Schuldgrunds und Schuldgegenstands.909 Ist allerdings die Berühmung des Beklagten ihrerseits ungenau und lässt den Schuldgrund nicht erkennen, kann von dem Kläger keine weitergehende Beschreibung des Rechtsverhältnisses gefordert werden.910 Erforderlich ist aber zumindest die Behauptung der Rechtsberühmung durch den Beklagten.911 Eine Bezifferung ist nur erforderlich, wenn sich der Beklagte des Anspruchs in einer bestimmten Höhe berühmt hat.912 Ansonsten ist die Bezifferung nicht zur Individualisierung des Anspruchs notwendig.913 Der Grundsatz, dass der eingeklagte Teilbetrag eines aus mehreren selbständigen Ansprüchen bestehenden Gesamtanspruchs in bestimmter Weise auf die einzelnen Ansprüche verteilt werden muss, gilt sinngemäß auch für den umgekehrten Fall der auf einen Teilbetrag beschränkten negativen Feststellungsklage.914 Begründet der Kläger das Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses mit rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Tatsachen, so hat er diese Tatsachen anzugeben.915 ner Gewährleistungspflicht muss die Mängel genau bezeichnen); BGH NJW 2001, 445, 447; BGH NJW-RR 1994, 1272; BGH NJW 1988, 1202; BGH NJW 1983, 2247, 2250; BGH VersR 1982, 68, 69; BAG AP Nr. 20 zu § 253 ZPO = DB 1992, 1195; BGH JZ 1962, 166; OLGR Koblenz 2001, 388. 900 12656 BGH NJW 1983, 2247, 2250. 901 22657 BAG JZ 1962, 166. 902 32658 RG JW 1930, 547, 548; RG JR 1926 B Nr. 1872; BAGE 70, 165, 169 = NZA 1992, 846, 847; vgl. auch Baltzer S. 112. 903 2659 4 RG JW 1930, 547 f.; BGH NJW 1983, 2247, 2250; siehe aber BGH VersR 1991, 788. 904 52660 OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1400, 1401. 905 62661 BGH NJW 2000, 3287, 3289. 906 72662 RG JW 1930, 547; RG LZ 1928, 258.
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8 BGH NJW-RR 1994, 1272. 908 92664 BGH NJW-RR 1994, 1272. 909 2665 10 BGH NJW 1984, 1556; RG JW 1911, 815 Nr. 25; Baltzer S. 114 ff.; vgl. auch Balzer NJW 1992, 2721, 2725. 910 2666 11 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 64; vgl. auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 106; Balzer NJW 1992, 2721, 2725. 911 2667 12 Wohl auch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 64; aA Baltzer S. 117. 912 2668 13 BGH MDR 1969, 749. 913 2669 14 Baltzer S. 112 ff. 914 2670 15 BGH LM Nr. 45 zu § 256 ZPO = NJW 1958, 343. 915 2671 16 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 106; Baltzer S. 117.
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Unzulässig ist ein Antrag, der die Entscheidung darüber, was festgestellt werden soll, dem Gericht überlässt, wie z.B. festzustellen, welche Rechte dem Kläger aus dem Testament zustehen. Die Nichtübereinstimmung von prozessualem Antrag und materiellem Prozessziel führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags wegen Unbestimmtheit.916 Bei einer Klage auf Feststellung der Unrichtigkeit der Eintragungen in der Lohnnachweiskarte kann von dem Arbeitnehmer nicht zur Bestimmtheit des Feststellungsantrags die Bezifferung dahingehend verlangt werden, die richtige Berechnung vorzunehmen.917 Zu unbestimmt ist jedoch ein Antrag der Betriebsvertretung auf Feststellung, dass der Vorsitzende von seiner Dienststelle „für die Teilnahme an einem einwöchigen Seminar über Arbeitssicherheit/Arbeitsschutz gemäß § 46 Abs. 6 BPersVG – Alliierte − freizustellen ist“, weil weder der Zeitpunkt, der Schulungsträger, die Kosten und der genaue Inhalt des Seminars genannt werden.918 b) Auslegung. Ob eine positive oder negative Feststellungsklage vorliegt, ist im Wege der Auslegung nach ihrem Inhalt zu ermitteln. Die reine Formulierung des Antrags ist als Unterscheidungsmerkmal nicht geeignet. So ist der Antrag, der Kläger sei verpflichtet, lediglich eine bestimmte Summe zu zahlen, trotz positiver Formulierung als negativer Feststellungsantrag auszulegen.919 Wird ein Leistungsanspruch verneint, dann liegt eine negative Feststellungsklage vor, mag auch der Leistungsanspruch selbst negativ sein (also auf Unterlassung oder Duldung gehen). Die Formulierung der Feststellungsanträge ist oft ungenau. Sie können sich im Gewand von Leistungsklagen darbieten, so wenn auf „Anerkennung“ (im Nachklang zu gemeinrechtlichen Vorstellungen)920 geklagt oder wenn beantragt wird, den Beklagten zum Ersatz allen entstandenen und noch entstehenden Schadens zu „verurteilen“.921 In der Schadensersatzklage „unter Vorbehalt der Feststellung des Schadens in einem besonderen Verfahren“ kann eine Feststellungsklage gesehen werden.922 Im Fall einer nicht bezifferten Leistungsklage kann eine Feststellungsklage bei Vorliegen von deren Voraussetzungen angenommen werden, wie z.B. bei der Klage auf Zahlung des Unterschieds zwischen Wartegeld und aktivem Gehalt,923 bei der Klage auf Weiterzahlung von Gehalt,924 bei der Klage auf Befreiung von nicht bezifferten Verbindlichkeiten.925 Allerdings ist dann für eine Prüfung und Entscheidung über die Höhe des festzustellenden Anspruchs kein Raum. In einem Antrag auf Auflassung kann ein Antrag auf Feststellung einer Auflassungsverpflichtung gesehen werden.926 Umgekehrt können aber auch Leistungsklagen in der Form einer Feststellungsklage erscheinen.927 Dies gilt stets dann, wenn diese nur klagebegründende Bedeutung haben, wenn z.B. eine Verpflichtung festgestellt werden soll und in einem weiteren Antrag die Leistung gefordert wird.928 Der Antrag auf Feststellung, dass der Beklagte zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet ist, ist als Leistungsantrag auf Abgabe dieser Erklärung auszulegen.929
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So zu Recht Vollkommer gegen BAG AP Nr. 20 zu § 253 ZPO. 917 2673 2 Vollkommer gegen BAG AP Nr. 20 zu § 253 ZPO. 918 32674 BAG DB 2001, 1424. 919 42675 Vgl. RGZ 126, 18, 19. 920 52676 RG JW 1902, 68; BGH MDR 1961, 37 (Antrag auf Anerkennung dem Grunde nach). 921 62677 RG JW 1904, 296; RG JW 1911, 188.
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7 RG JW 1917, 106; RGZ 21, 382. 923 82679 RGZ 122, 113, 118. 924 92680 RGZ 113, 207, 209. 925 2681 10 RGZ 122, 284, 289 f. 926 2682 11 BayObLGZ 1967, 148, 155. 927 2683 12 Vgl. OLG Köln GRUR 1983, 752, 753. 928 2684 13 RG JW 1909, 663 f.; vgl. RG JW 1927, 825. 929 2685 14 RGZ 87, 375, 377.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 256
Bei allen Schadensersatzklagen ist es eine Frage der Auslegung, ob ein Leistungsoder Feststellungsantrag gemeint ist. Im Zweifel ist nach § 139 aufzuklären. Rechtfertigt ein Antrag nicht die Leistungsklage, so ist zu prüfen, ob er als zulässiger Feststellungsantrag ausgelegt werden kann.
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c) Im Leistungsantrag enthaltener Feststellungsantrag. Die Feststellungsklage ist als ein Weniger gegenüber dem Leistungsbegehren in diesem enthalten. Deshalb ist in dem weitergehenden Leistungsantrag sinngemäß ein Feststellungsantrag inbegriffen.930 Erweist sich die erhobene Leistungsklage als unbegründet, entspricht aber der Erlass eines Feststellungsurteils dem Interesse des Klägers, so kann das Gericht dem in dem Leistungsbegehren enthaltenen Antrag auf Feststellung des Rechtsverhältnisses auch dann stattgeben, wenn dieser Antrag nicht ausdrücklich hilfsweise gestellt worden ist.931 Darin liegt kein Verstoß gegen § 308.932 Deshalb darf eine Klage nicht wegen Unbestimmtheit des Leistungsantrags als unzulässig abgewiesen werden, wenn der Antrag für einen Feststellungsantrag ausreicht.933
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d) Übergang zur Feststellungsklage. Es besteht auch die Möglichkeit, von einer Leistungsklage zur Feststellungsklage überzugehen. Darin ist gem. § 264 Nr. 2 keine Klageänderung zu sehen (vgl. § 264 Rdn. 44).934 Aus diesem Grund kann ein Leistungsantrag auch noch in der Revisionsinstanz auf einen Feststellungsantrag umgestellt werden,935 allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Möglichkeit der Leistungsklage entfallen ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn nach Ablauf des Patents von der Unterlassungs- auf die Feststellungsklage übergegangen wird oder wenn zweifelhaft geworden ist, ob wegen des Zeitablaufs eine Unterlassungsklage noch zulässig ist, die in der Vergangenheit liegende Klage aber begründet war936 oder bei in der Vergangenheit liegenden Wettbewerbsverstößen.937
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e) Übergang zur Leistungsklage. Ein Übergang von der Feststellungsklage auf die Leistungsklage im Wege der Klageerweiterung (§ 264 Rdn. 44) ist auch im Berufungsrechtszug noch möglich, selbst wenn der Feststellungsausspruch nicht angefochten wurde.938 Allerdings muss die Berufung zulässig sein und darf nicht von dem mit der Feststellungsklage in erster Instanz obsiegenden Kläger allein zu dem Zweck eingelegt werden, auf einen Leistungsantrag überzugehen.939 Dagegen kann er, wenn er in erster Instanz obsiegt hat, gegenüber einer sein Feststellungsinteresse leugnenden Berufung der Gegenseite auf einen Leistungsantrag umstellen.940 In der Revisionsinstanz ist der Übergang unzulässig, weil der Leistungsantrag im Verhältnis zum Feststellungsantrag weiter geht und die Klageerweiterung deshalb grundsätzlich ausgeschlossen ist.941
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BGHZ 118, 70, 81 = NJW 1992, 1834, 1837; vgl. auch BGH NJW-RR 1992, 771 f.; BGH NJW 1984, 2295 f. 931 22687 BGHZ 118, 70, 81 = NJW 1992, 1834, 1837; BGH NJW 1984, 2295 f.; BGH MDR 1988, 46. 932 32688 BGHZ 118, 70, 81 = NJW 1992, 1834, 1837; BGH NJW 1984, 2295 f. 933 42689 BGH NJW 1969, 2014, 2015; vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 1999, 1666, das unter Verweis auf Dunz NJW 1984, 2296 eine Befragung gem. § 139 zur Erforschung des subjektiven Antragswillens vorschlägt. 934 52690 BGH NJW 1984, 2295 f.; BGH Warn 1971
Nr. 61; BGH NJW 1960, 1950 (Klageerweiterung durch Übergang von der Auskunftsklage auf eine Feststellungsklage); RGZ 171, 202, 203. 935 62691 BGH WM 1964, 1052; BAG NZA 2006, 220, 221; BAGE 22, 332, 334 = NJW 1970, 1654 mwN; BAG NJW 1970, 2654. 936 2692 7 BGH Warn 1971 Nr. 61. 937 2693 8 BAG RdA 1968, 160 Nr. 84. 938 92694 BGH NJW 1992, 2296; BGH NJW 1985, 1784 mwN; RG JW 1902, 420 Nr. 11. 939 2695 10 BGH NJW 1988, 827 f. 940 2696 11 BGH NJW 1988, 827 f.; BGH NJW 1985, 1784. 941 2697 12 BAGE 4, 149, 152 = AP Nr. 6 zu § 256 ZPO.
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f) Allgemeine Feststellungsklage neben Kündigungsschutzklage. Ein Arbeitnehmer kann die Kündigungsschutzklage gem. § 4 KSchG mit einer allgemeinen Feststellungsklage gem. § 256 verbinden (vgl. Rdn. 226).942 Davon ist aber nicht schon dann auszugehen, wenn die Antragsfassung dem Wortlaut nach auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. Es muss vielmehr aus dem Antrag hervorgehen, dass der Arbeitnehmer einen gegenüber der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG erweiterten Streitgegenstand anhängig machen will. Letzteres ist zu verneinen, wenn sich die Antragsbegründung ausschließlich auf die Wirksamkeit einer ganz bestimmten vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung bezieht.943 Eine solche Klage wahrt nicht die im Hinblick auf andere Kündigungen des Arbeitgebers einzuhaltende Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG. Es müssen sich für eine neben der Kündigungsschutzklage erhobene allgemeine Feststellungsklage vielmehr aus dem Klagevortrag weitere Tatsachen ergeben, auf Grund derer der Bestand des Arbeitsverhältnisses zweifelhaft sein könnte.944
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g) Bindung des Gerichts an den Antrag. Auch bei Feststellungsklagen ist das Gericht an den Antrag des Klägers gebunden (§ 308 Abs. 1). Hat es Zweifel, müssen diese gem. § 139 behoben werden. 3. Rechtshängigkeit
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Mit der Erhebung der Feststellungsklage tritt Rechtshängigkeit bezüglich des streitigen Rechtsverhältnisses mit ihren prozessualen Wirkungen ein (vgl. dazu § 261 Rdn. 70 ff.).
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a) Prozessuale Wirkungen. aa) Rechtshängigkeitssperre zwischen positiver und negativer Feststellungsklage. Da sich die Streitgegenstände der positiven und der entgegengesetzten negativen Feststellungsklage decken, sperrt die positive Feststellungsklage gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 eine später erhobene negative Feststellungsklage bezüglich desselben Rechtsverhältnisses (§ 261 Rdn. 96).945 Die positive Feststellungsklage des Eigentums des Klägers enthält regelmäßig die negative, dass es dem Beklagten nicht zustehe. Eine negative Feststellungsklage, dass der Beklagte nicht Eigentümer ist, als Hilfsantrag für den Fall, dass der Kläger nicht Eigentümer ist, ist jedoch zulässig.946 Zur Frage der Rechtshängigkeit zweier positiver auf die Eigentumsfeststellung gerichteter Klagen vgl. § 261 Rdn. 97. Grundsätzlich steht der Erhebung einer positiven Feststellungsklage die Rechtshängigkeit der früheren negativen Feststellungsklage entgegen, wenn es sich um denselben Streitgegenstand handelt. Ein solcher Fall liegt bei einer Feststellungswiderklage entgegengesetzten Inhalts vor.947 Dies gilt auch, wenn die Höhe der Forderung erst in der positiven Feststellungsklage präzisiert wird.948 Ist die positive Feststellungsklage allerdings zur Hemmung der Verjährung erforderlich, greift der Rechtshängigkeitseinwand nicht durch.949 Der Grund liegt darin, dass weder die Er-
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BAG NZA 1991, 141; LAG Köln MDR 1989, 672; vgl. auch LAG Hamm MDR 1999, 1391; Powietzka Kündigungsschutz im Kleinbetrieb und in der Wartezeit (2003), S. 274 f.; Prütting FS Lüke (1997), S. 617, 627. 2699 2943 BAGE 76, 148, 153 = NZA 1994, 860. 944 32700 BAGE 76, 148, 152 = NZA 1994, 860; BAG NJW 1995, 2310, 2311. Zur Antragsformulierung vgl. Diller NJW 1998, 663, 664, auch zur Entwick-
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lung der Rechtsprechung des BAG zu dieser Frage. 4 Abweichend für die Zwischenfeststellungsklage OLG Köln DB 1972, 1336, 1337. 946 52702 RGZ 156, 122, 123. 947 62703 RG JW 1930, 2704, 2705. 948 72704 Baltzer S. 150 f.; vgl. aber RG JR 1926 B 412. 949 82705 KG NJW 1961, 33; vgl. auch BGH NJW 1972, 1043; Macke NJW 1990, 1651; einschränkend je945 2701
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hebung einer negativen Feststellungsklage noch die Verteidigung des Berechtigten gegen sie die Verjährung des mit dieser Klage geleugneten Anspruchs hemmt.950 Allerdings entfällt dann das Feststellungsinteresse für die vorher erhobene negative Feststellungsklage. Dieser Fall ist vergleichbar mit der nach Erhebung einer negativen Feststellungsklage erhobenen Leistungsklage (Rdn. 251).951 Der Erstkläger kann seine Klage dann für erledigt erklären.952 Decken sich positive und negative Feststellungsklage nicht, so bleiben beide zulässig, insbesondere wenn die positive nur einen Teil der negativen umfasst.953 bb) Rechtshängigkeitssperre zwischen Leistungs- und Feststellungsklage. Bei der Erhebung einer Leistungsklage trotz rechtshängiger positiver Feststellungsklage greift die Rechtshängigkeitssperre nicht, weil der Kläger nur mit der Leistungsklage eine vollstreckbare Verurteilung des Beklagten erlangen kann.954 Allerdings kann in diesem Fall das Feststellungsinteresse für die positive Feststellungsklage nachträglich entfallen. Im umgekehrten Fall, wenn die positive Feststellungsklage einer Leistungsklage nachfolgt, enthält zwar das positive Leistungsurteil zugleich die positive Feststellung des Anspruchs, so dass insoweit von einer Teilidentität ausgegangen werden könnte. Dies gilt jedoch nicht für den Fall der Abweisung der Klage. Aus diesem Grund kann die Teilidentität hier ebenfalls nicht zur Rechtshängigkeitssperre führen.955 Erforderlich ist aber das Feststellungsinteresse, an dem die positive Feststellungsklage abgesehen von dem gerade genannten Fall in der Regel scheitern wird. Dies gilt nicht für das Verhältnis von Leistungs- und negativer Feststellungsklage. Der Streitgegenstand der Leistungsklage umfasst auch den der späteren negativen Feststellungsklage, da der Antrag auf Verurteilung zur Leistung zugleich den engeren Feststellungsantrag enthält, dass der Anspruch besteht.956 Deshalb steht die Rechtshängigkeit eines bereits erhobenen Leistungsanspruchs einer diesen Anspruch leugnenden späteren Feststellungsklage entgegen.957 Im umgekehrten Fall geht der
doch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 170 Fn. 358, der nur die Widerklage zulassen will, ebenso Graf S. 106 ff., der sich für eine teleologische Reduktion der Rechtshängigkeitssperre ausspricht. 950 2706 1 RGZ 60, 387, 391; RGZ 71, 68, 73; RGZ 75, 302, 305; RGZ 90, 290, 292; RGZ 153, 375, 380 f.; BGH LM Nr. 12 zu § 209 BGB; BGH VersR 1963, 955, 957; BGH NJW 1972, 157, 159; BGH NJW 1972, 1043; BGHZ 72, 23, 30 = NJW 1978, 1975; BGHZ 122, 287, 293 = NJW 1993, 1847, 1848; Graf S. 5 ff., 11, 16; Gürich MDR 1980, 359; aA Baltzer S. 162 ff.; Bettermann ZZP 77 (1964), 311, 312 f., der die Ansicht vertritt, dass der Sachabweisungsantrag des Beklagten gegenüber einer negativen Feststellungsklage die Verjährung unterbreche (heute: hemme), ebenso OLG Schleswig NJW 1976, 970 ff.; Salomon LZ 1917, 1157, 1159. 951 2707 2 Macke NJW 1990, 1651; ablehnend auch in diesem Fall Baltzer S.144. Vgl. auch MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 67, nach dessen Ansicht die selbständige negative Feststellungsklage die Rechtshängigkeitssperre für eine korrespondierende Leistungsklage, nicht jedoch für eine Leistungswiderklage auslöst. 952 32708 Macke NJW 1990, 1651.
953 42709 BGH MDR 1959, 635, 636. 954 52710 Stein/Jonas/Schumann21 § 261 Rdn. 60; Musielak/Foerste § 261 Rdn. 11; aA Bettermann S. 26; MünchKomm/Becker-Eberhard § 261 Rdn. 64; Schellhammer ZPR Rdn. 115; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 147 f. 955 62711 AA Bettermann S. 27; MünchKomm/BeckerEberhard § 261 Rdn. 63 unter Hinweis auf BGH NJW 1998, 1633, der die hilfsweise erhobene positive Feststellungsklage am Feststellungsinteresse scheitern ließ, allerdings darauf hinwies, dass ein Schadensposten, der zum Gegenstand einer bezifferten Leistungsklage gemacht worden ist, grundsätzlich nicht in identischem Umfang zugleich, auch nicht hilfsweise, Gegenstand eines Feststellungsantrags sein könne, weil über den Schadensposten abschließend (und mit der Rechtskraftwirkung des § 322) im Rahmen des Leistungsantrags im positiven oder negativen Sinn zu entscheiden sei. 956 2712 7 BGH NJW 1989, 2064 f.; BGH NJW-RR 1987, 683, 684; Habscheid Der Streitgegenstand im Zivilprozeß und im Streitverfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (1956), S. 270. 957 82713 BGH NJW 1989, 2064; OLG Düsseldorf NJWRR 1994, 519 f., das allerdings die Rechtshängig-
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Leistungsanspruch über das Ziel einer bloßen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses hinaus, weil auch die Verurteilung zur Leistung verlangt wird. Deshalb begründet eine negative Feststellungsklage keine Rechtshängigkeitssperre gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 für eine später erhobene Leistungsklage.958 Die Rechtshängigkeitssperre greift auch gem. Art. 27 EuGVVO, wenn eine Partei vor dem Gericht eines Vertragsstaats die Feststellung (negative Feststellungsklage) der Unwirksamkeit oder die Auflösung eines internationalen Kaufvertrags begehrt, während eine Klage der anderen Partei auf Erfüllung desselben Vertrags vor dem Gericht eines anderen Vertragsstaats bereits anhängig ist.959 Im Gegensatz zum nationalen Recht hat auch eine erhobene negative Feststellungsklage wegen des in Art. 27 EuGVVO enthaltenen strengen Prioritätsprinzips Vorrang vor einer später erhobenen Leistungsklage.960 Auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls des Feststellungsinteresses für die Feststellungsklage kann ein Vorrang der später erhobenen Leistungsklage nicht angenommen werden, da die Nichtbeachtung des sich aus Art. 27 EuGVVO ergebenden Grundsatzes der zeitlichen Priorität unter Rückgriff auf die innerstaatliche prozessuale Regel des Vorrangs der Leistungsklage im Widerspruch zum zwingenden Charakter des Übereinkommens und zu dem dadurch begründeten europäischen Justizgewährungsanspruch stünde.961 Dem Gläubiger bleibt die Möglichkeit der Leistungswiderklage am Gericht der Feststellungsklage gem. Art. 6 Nr. 3 EuGVVO.962 Art. 27 Abs. 1 EuGVVO greift unabhängig davon ein, ob die Parteien in den Verfahren jeweils in gleicher oder wechselnder Parteirolle auftreten,963 insbesondere auch dann, wenn dieselbe Partei eine Leistungs- und eine Feststellungsklage mit Anträgen erhebt, die sich formal nicht widersprechen.964
keitssperre durch Verbindung der beiden Verfahren überwinden will; OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 296 (Stufenklage); OLG Karlsruhe MDR 1997, 292, 293; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 140; Lüke JuS 1969, 301; Schwab Der Streitgegenstand im Zivilprozeß (1954), S. 130. Vgl. aber OLG Hamburg FamRZ 1985, 1273 f., das die nachfolgende negative Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs am fehlenden Interesse scheitern lässt, wenn dieser bereits anhängig ist; dagegen KG FamRZ 1985, 951, 952, für den Fall, dass mit der negativen Feststellungsklage eine nach § 620 S. 1 Nr. 6 ergangene einstweilige Anordnung bekämpft wird. 958 2714 1 BGH NJW 1994, 3107, 3108; BGH NJW 1989, 2064; BGH JR 1988, 374, 375 mit abl. Anm. Herrmann; BGH NJW 1983, 2032; BGH GRUR 1962, 360, 361 mit Anm. Falck; RGZ 160, 338, 345; RGZ 71, 68, 73 f.; RGZ 40, 362, 364; RG DR 1939, 1914, 1915; OLG Düsseldorf NJW 1984, 2955; OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 296; OLG Hamm MDR 1991, 546; Nikisch AcP 154 (1955), 269, 276; Schwab Der Streitgegenstand im Zivilprozeß (1954), S. 129 f.; Graf S. 46 ff.; näher hierzu auch Dichtl S. 63 ff.; aA Baltzer S. 152 ff., der die Rechtsschutzform nicht in den Streitgegenstandsbegriff mit einbezieht und deshalb von der Identität der Streitgegenstände einer negativen Feststellungsklage und einer positiven Leistungsklage, die auf derselben Sachauseinander-
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setzung beruhen, ausgeht. Bettermann S. 28 ff.; Blomeyer ZPR § 49 III 2; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 147 f., 154; Haas FS Ishikawa (2001), S. 165, 183 f., 187 f.; Neumann/Duesberg NJW 1955, 1214, 1215 f.; Rüßmann ZZP 111 (1998), 399, 413 f.; letztere lassen lediglich eine Leistungswiderklage zu. Zum Wegfall des Feststellungsinteresses vgl. oben Rdn. 251. 959 2715 2 EuGH NJW 1989, 665, 666; zu den denkbaren Konsequenzen dieser Entscheidung vgl. Leipold GS Arens (1993), S. 227, 231 ff.; vgl. Geimer/ Schütze EuZVR Art. 27 Rdn. 33. 960 32716 Vgl. EuGH JZ 1995, 616, 618; BGHZ 134, 201, 211 = NJW 1997, 870, 872; Kropholler EuZPR Art. 27 Rdn. 10; vgl. auch Dichtl S. 75 ff., 84, der dies vor allem auf die Zuständigkeitsinteressen des Erstklagenden, die Prozessökonomie und die Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen stützt. 961 42717 BGHZ 134, 201, 211 = NJW 1997, 870, 872; BGH NJW 1995, 1758, 1759; kritisch Leipold GS Arens (1993), S. 227, 245 f.; vgl. Huber JZ 1995, 603, 608. 962 52718 BGHZ 134, 201, 212 = NJW 1997, 870, 872; Huber JZ 1995, 603, 608; Schack IPRax 1989, 139, 140; Dichtl S. 85. 963 62719 BGH NJW 1995, 1758, 1759; Kropholler EuZPR Art. 27 Rdn. 4. 964 72720 BGH NJW 1995, 1758, 1759.
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Eine entsprechende Anwendung der zu Art. 27 EuGVVO entwickelten Grundsätze auf Art. 31 Abs. 2 CMR findet allerdings nicht statt, so dass der Leistungsklage eines Frachtführers eine zuvor bei einem ausländischen Gericht erhobene negative Feststellungsklage des Auftraggebers nicht entgegensteht.965 Decken sich die Streitgegenstände der Feststellungs- und Leistungsklage nicht, dann hindert die Rechtshängigkeit ein Nebeneinander dieser Klagen nicht. Fordert z.B. der Kläger eine Anzahlung zurück, weil der Beklagte die Vertragserfüllung verweigert, und erhebt der Beklagte gegen ihn Klage, dass ihm ein Schadensersatzanspruch nicht zustehe, so ist über beides zu entscheiden. Dasselbe gilt bei einer Klage auf Feststellung, dass ein Grundstückskauf nichtig sei, und der Widerklage auf Auflassung, weil aus dem Kaufvertrag regelmäßig noch weitere Ansprüche herzuleiten sind.966
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b) Materiellrechtliche Wirkungen. Mit der Rechtshängigkeit der positiven Feststellungsklage treten auch die materiellrechtlichen Wirkungen iSd § 262 ein. Insbesondere wird die Verjährung für den ganzen Anspruch gehemmt.967 Die negative Feststellungsklage vermag dagegen die Verjährung nicht zu hemmen (vgl. § 262 Rdn. 14 ff.). Eine Haftungssteigerung als Folge der Klageerhebung kommt nur im Fall der Leistungsklage in Betracht (§ 262 Rdn. 10).968 Die Gefahr von Prozesszinsen gem. § 291 BGB969 sowie Haftungsverschärfungen gem. §§ 292, 818 Abs. 4, 988, 989 BGB970 besteht bei der positiven ebenso wie bei der abgewiesenen negativen Feststellungsklage nicht.971 Bei einer auf Feststellung des entstandenen Schadens gerichteten Klage ist Streitgegenstand auch der Ersatz immaterieller Schäden, wenn es sich um einen Gesundheitsschaden handelt und nicht eine besondere Einschränkung getroffen worden ist.972 Dies gilt grundsätzlich ebenso für den Fall, dass sich der Feststellungsantrag auf Zukunftsschäden bezieht.973 Deshalb wird mit einer Klage auf Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz „jeden weiteren Schadens“ verpflichtet ist, auch bezüglich der immateriellen Schäden die Verjährung gehemmt.974 Soweit die Klage nicht ausdrücklich auf einen Teil beschränkt wird, wird die Verjährung des ganzen Anspruchs gehemmt.975 Die Verjährung wird auch durch die Erhebung einer z.B. mangels Feststellungsinteresses unzulässigen Klage gehemmt.976 Dies gilt auch für die Wahrung von Ausschlussfristen.977 Die Klage auf Feststellung, dass der Mieter verpflichtet ist, jeden Schaden zu ersetzen, der dem Vermieter aus der Unterlassung von Schönheitsreparaturen und Rück-
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BGH NJW-RR 2004, 497, 498; BGH NJW-RR 2004, 397, 398. 2 RG JR 1926 B 1075. 967 2723 3 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 67. 968 42724 Vgl. BGHZ 93, 183, 185 ff. = NJW 1985, 1074 (für die negative Feststellungsklage); Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 114; MünchKommBGB4/Lieb (2004) § 818 Rdn. 149; Staudinger/Lorenz BGB (2007) § 818 Rdn. 49; aA OLG München FamRZ 1983, 1043, 1044 und dem folgend OLG Hamm FamRZ 1984, 297, 298. 969 52725 Staudinger/Löwisch BGB (2004) § 291 Rdn. 11. 970 62726 Vgl. BGH NJW 1998, 2433, 2434 (Bereicherungsklage ist erforderlich, Abänderungsklage genügt nicht); BGHZ 118, 383, 385 = NJW 1992, 2415, 2417; BGHZ 93, 183, 186 = NJW 1985, 1074, 966 2722
1075; vgl. OLG Köln NJW-RR 1998, 1701, 1703 (Abänderungsklage); Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 114. 971 72727 Dichtl S. 52 mwN. 972 82728 BGH NJW 1985, 2022; BGH LM Nr. 3 zu § 847 BGB; RG HRR 1932, Nr. 122; RG Recht 1914 Nr. 2452. 973 92729 BGH NJW 1985, 2022. 974 2730 10 BGH NJW 1985, 2022. 975 2731 11 RGZ 75, 302, 306 (noch zur alten Rechtslage, dort Unterbrechung); MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 67; Zöller/Greger Rdn. 8a. 976 2732 12 BGHZ 103, 298, 302 = NJW 1988, 1380; BGHZ 39, 287, 291 = NJW 1963, 1452; RGZ 100, 149, 150; RGZ 66, 365, 368. 977 2733 13 RGZ 102, 339, 340 f.
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baumaßnahmen anlässlich der Beendigung des Mietverhältnisses entsteht oder entstanden ist, hemmt nicht die Verjährung solcher Ansprüche, die in der Klagebegründung nicht ausgeführt worden sind. Eine Bezugnahme auf eine der Klage beigefügte Anlage ist nicht ausreichend.978 Ist die Rechtshängigkeit des Anspruchs Tatbestandsvoraussetzung wie z.B. für den Zugewinnausgleich gem. § 1585b Abs. 2 BGB, für den Unterhaltsanspruch gem. § 1613 Abs. 1, 2 S. 2 BGB, für den Anspruch des Schenkers gem. § 528 BGB oder die Pfändbarkeit des Pflichtteilsanspruchs gem. § 852 genügt auch die Erhebung einer negativen Feststellungsklage.979 Durch die Erhebung einer negativen Feststellungsklage auf Feststellung des Nichtbestehens des Anspruchs wird der Anspruch selbst rechtshängig.980 4. Behauptungs- und Beweislast
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a) Allgemeines. Prozessvoraussetzungen stehen zur Behauptungs- und Beweislast des Klägers; Prozesseinwendungen und- einreden zu der des Beklagten. Dies gilt auch für die besonderen Prozessvoraussetzungen der Feststellungsklage. Durch die Zulassung der Feststellungsklage wird keine Änderung der Beweislast herbeigeführt.981 Vielmehr gilt auch bei der Feststellungsklage für die Beweislast der allgemeine Grundsatz, dass jede Partei diejenigen Tatsachen beweisen muss, aus denen sie ihren Anspruch herleitet.982 Der Anspruchsteller hat daher die Beweislast für alle rechtsbegründenden Tatsachen, unabhängig davon, in welcher Parteirolle er sich befindet.983
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b) Positive Feststellungsklage. Bei einer positiven Feststellungsklage muss deshalb der Kläger die tatsächlichen Voraussetzungen seines Anspruchs beweisen,984 beruft sich der Beklagte auf die Nichtigkeit des Vertrags trägt er hierfür die Beweislast.985 Kommt es auf die Schadensentstehung an, hat der Kläger nur deren Wahrscheinlichkeit nachzuweisen (vgl. Rdn. 88).986 Zu den Einwendungen und Einreden vgl. Rdn. 320.
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c) Negative Feststellungsklage. Für die Schlüssigkeit der negativen Feststellungsklage genügt die bloße Behauptung, dass dem Rechtsverhältnis jegliche Grundlage fehle, nicht. Vielmehr muss der Vortrag ähnlich substantiiert sein wie das Bestreiten gegenüber einer positiven Klage des Gegners.987 Der Kläger muss also entweder darlegen, dass die rechtserzeugenden Tatbestandsmerkmale nicht vorliegen bzw die Tatbestandsmerkmale der Einwendungsnormen erfüllt sind. Der Beklagte muss die rechtsbegründenden Tatsachen vorbringen, ein einfaches Bestreiten ist nicht ausreichend.988
2734 1978 OLG Hamburg ZMR 1995, 18, 19 (damals noch Unterbrechung). 979 22735 Baltzer S. 167, der sich allerdings entgegen der h.M. auch für die Verjährungsunterbrechung (jetzt Hemmung der Verjährung) in diesem Fall ausspricht; vgl. etwa MünchKommBGB5/ Grothe (2006), § 204 Rdn. 4. 980 32736 RGZ 60, 387, 390; RG DR 1939, 1914. 981 42737 RGZ 9, 337, 339 unter Hinweis auf die Motive. 982 52738 RGZ 9, 337, 339; RGZ 148, 3, 6; RGZ 164, 281, 283 (im Grundsatz, nicht aber bei Abstammungsklagen).
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983 2739 6 BGHZ 69, 37, 42 = NJW 1977, 1637, 1638; BGH NJW 1993, 1716, 1717; Hinz FS Lübtow (1980), S. 729; Rosenberg Beweislast5 (1965), S. 174 f.; Tiedtke NJW 1983, 2011, 2012. 984 72740 RG JW 1901, 249 985 2741 8 RG LZ 1919, 319, 320. 986 92742 BGH ZZP 85 (1972), 245, 246 mit abl. Anm. Schwab. 987 2743 10 Dazu ausführlich Baltzer S. 170 ff. 988 2744 11 Baltzer S. 172.
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Die Umkehr der Parteirollen bei der negativen Feststellungsklage wirkt sich auf die Darlegungs- und Beweislastverteilung nicht aus.989 Hier obliegt dem Feststellungskläger lediglich der Beweis, dass sich der Beklagte eines Anspruchs auf Grund eines bestimmten Lebenssachverhalts berühmt.990 Der Anspruchsteller in der Rolle des Feststellungsbeklagten muss diejenigen Tatsachen beweisen, aus denen er seinen Anspruch herleitet.991 Auch bei der negativen Feststellungsklage ist Streitgegenstand der materielle Anspruch, um dessen Bestehen oder Nichtbestehen gestritten wird.992 Eine negative Feststellungsklage darf deshalb nur bei Bestehen des Anspruchs, dessen sich der Feststellungsbeklagte berühmt, abgewiesen werden. Bleibt dies unklar, dann ist die negative Feststellungsklage ebenso begründet, wie wenn das Nichtbestehen des streitigen Anspruchs feststeht.993 Diese Beweislast und damit das Prozessrisiko braucht sich allerdings nicht jeder potentielle Gläubiger aufbürden zu lassen, sondern grundsätzlich nur der, der durch die Anspruchsberühmung bereits in die Angriffsposition gegangen ist.994 Nur dann besteht auch ein Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage. Stützt der Kläger einer negativen Feststellungsklage sich darauf, dass der Anspruch des Beklagten wegen einer Einwendung nicht besteht, hat er diese zu behaupten und zu beweisen.995 Zu den Einwendungen und Einreden auch Rdn. 324 f. Ein Beweis der rechtserzeugenden Tatsachen durch den Beklagten ist nicht erforderlich, wenn der Kläger die Wirksamkeit des rechtserzeugenden Tatbestands nur aus Rechtsgründen leugnet, da in diesem Fall ein vorweggenommenes Geständnis der Tatsachen vorliegt.996 d) Urkundenechtheit. Für die Verteilung der Beweislast ist auch hier entscheidend, wer aus der Urkunde Rechte herleitet. Soll die Urkunde ein Recht des Beklagten stützen und bestreitet der Kläger die Echtheit der Urkunde, so trägt der Beklagte die Beweislast für die Echtheit. Soll die Urkunde hingegen rechtsvernichtende Tatsachen bezüglich des Rechts des Beklagten stützen, so trägt der Kläger die Beweislast für die Echtheit der Urkunde.997
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5. Entscheidung a) Abweisung als unzulässig. Wird die Feststellungsklage mangels Vorliegens der Prozessvoraussetzungen als unzulässig abgewiesen, so darf erneut auf Feststellung geklagt werden, wenn die Voraussetzungen nun vorliegen. Dies ist z.B. der Fall bei Abweisung wegen fehlenden Nachweises der Berühmung und erneuter Berühmung nach Schluss der letzten Tatsachenverhandlung. Ferner darf stets die Leistungsklage erhoben werden.
2745 1989 BGH NJW 1993, 1716, 1717; BGH NJW 1992, 1101, 1103; BGH NJW 1986, 2508, 2509; BGH NJW 1977, 1637, 1638; RG Gruchot 51, 1049, 1050; RG LZ 1919, 319, 320; RG JW 1906, 809; OLG Hamburg FamRZ 1989, 1112; OLG Oldenburg FamRZ 1991, 1071; Baltzer S. 178; Künzl JR 1987, 57; Lepp NJW 1988, 806; Tiedtke JZ 1986, 1031; ders. DB 1987,1823, 1826; Waldner JR 1983, 374. 990 22746 BGH NJW 1993, 1716, 1717; BAG NJW 1985, 220, 221. 991 32747 RG JW 1906, 809.
2748 4992 BGH NJW 1993, 1716, 1717; Baltzer S. 89 mwN, 177 ff. 993 52749 BGH NJW 1993, 1716, 1717; Tiedke NJW 1983, 2011, 2013 f.; ders. JZ 1986, 1031, 1033 ff.; ders. DB 1987,1823, 1826; Arens FS Müller-Freienfels (1986), S. 13, 24. 994 62750 OLG Köln NJW-RR 1997, 483, 484. 995 2751 7 RGZ 148, 3, 6; Tiedtke DB 1987,1823, 1826. 996 82752 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 117; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 47. 997 92753 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 118.
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Die Abweisung einer Feststellungsklage kann nicht auf Unzulässigkeit wegen Fehlens des Feststellungsinteresses und zusätzlich auf Unbegründetheit gestützt werden (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 155).998 Die Rechtskraft einer solchen Klage erstreckt sich nur auf die Abweisung der Klage als unzulässig.999
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b) Abweisung als unbegründet. Allerdings kann die Klage ausnahmsweise als unbegründet abgewiesen werden, wenn die Entscheidung über das Bestehen des Feststellungsinteresses Probleme bereitet, während die Unbegründetheit der Klage eindeutig feststeht (oben Rdn. 123, Vor § 253 Rdn. 158).1000 Wird die Klage als unbegründet abgewiesen, so steht grundsätzlich bei der negativen das Bestehen, bei der positiven das Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses fest.1001 Die negative Feststellungsklage darf deshalb nur dann abgewiesen werden, wenn das Bestehen des Anspruchs positiv festgestellt werden kann1002 oder der Kläger hinsichtlich einer rechtsvernichtenden Tatsache den erforderlichen Beweis nicht erbracht hat.1003 Die rechtskräftige Abweisung einer negativen Feststellungsklage führt jedoch die Wirkung des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB (30-jährige Verjährung) nach überwiegender Meinung nur dann herbei, wenn mit ihr einem größenmäßig bestimmten Anspruch entgegengetreten wurde, nicht wenn das Feststellungsbegehren auf einen in der Höhe unbestimmten Anspruch gerichtet war (vgl. dazu ausführlich Rdn. 335 ff.).1004 Besteht bei einer negativen Feststellungsklage ein anderes als das verneinte Rechtsverhältnis, so darf die Klage nicht mit dem Hinweis auf das andere bestehende abgewiesen werden. Ein abweisendes Feststellungsurteil darf wegen seiner Reichweite anders als bei einem zusprechenden Urteil bei einer positiven Schadensfeststellungsklage (vgl. Rdn. 287) nicht auf Grund einer pauschalen Prüfung ergehen, da die Rechtskraft eines solchen Sachurteils einer erneuten Klage wegen desselben Sachverhalts entgegenstehen würde, selbst wenn der Kläger jetzt den Schaden nachweisen könnte. Aus diesem Grund ist eine Abweisung nur möglich, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass dem Kläger kein Schaden entstanden ist.1005 Steht bei Erlass des Feststellungsurteils bereits fest, dass ein Schaden in Zukunft nicht mehr entstehen kann, weil die Schadensfolgen bereits vollständig abgeschlossen sind, ist die Feststellungsklage allerdings als unbegründet abzuweisen.1006 Die Widerklage des Versicherers auf Feststellung der Erstattungspflicht des Versicherungsnehmers gem. § 158f VVG a.F.1007 ist unbegründet, wenn die Klage des Versicherungsnehmers auf Versicherungsschutz durchdringt. Sie ist aber, da sie über die Abweisung der Klage auf Versicherungsschutz hinausgeht, zulässig.1008
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RGZ 41, 369, 371; RG JW 1908, 339; RG JR 1925 B Nr. 1382; RG JW 1936, 653 f.; aA Grunsky Grundlagen, § 39 I 2. 2755 2999 RG JW 1908, 339; RG JW 1936, 653. 1000 32756 BGH NJW 1978, 2031, 2032; OLG Bremen MDR 1986, 765; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 33. 1001 2757 4 RGZ 74, 121, 122; RG JW 1906, 809; RGZ 126, 18, 19; RG JW 1935, 2814; RG JW 1937, 158, 159; OGHZ 3, 20, 23; OGH NJW 1950, 502 f. 1002 52758 BGH NJW 1993, 1716, 1717. Stetter-Lingemann S. 207 f. fordert deshalb eine Aussage hierzu im Tenor: „Die Klage wird abgewiesen. Es wird fest-
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gestellt, dass dem Beklagten ein Anspruch in Höhe von ... aus dem ... zusteht.“ 1003 2759 6 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 167. 1004 72760 BGH NJW 1972, 1043 f.; MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 67; Gürich MDR 1980, 359, 360; gegen die Einschränkung auf einen größenmäßig bestimmten Anspruch Graf S. 28 f. 1005 2761 8 BGH NJW 1969, 2014, 2015; BGH WM 1972, 545. 1006 92762 RGZ 142, 291, 294. 1007 2763 10 Diese Vorschrift ist durch das Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 (BGBl I S. 2631) zum 1.1.2008 ersatzlos weggefallen.
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c) Teilabweisung. Einer Klage auf Feststellung des Nichtbestehens einer bestimmten Forderung kann jedenfalls dann nicht in beschränktem Umfang − Nichtbestehen nur zu einem bestimmten Teil – stattgegeben werden, wenn es sich um eine unteilbare Forderung handelt.1009 Ist die streitige Verpflichtung teilbar, so darf, wenn dem Interesse des Klägers mit einer solchen teilweisen Feststellung genügt wird, eine Klageabweisung regelmäßig nur insoweit erfolgen, als der geleugnete Anspruch besteht.1010 Dasselbe gilt, wenn mit der Klage die Feststellung begehrt wird, dass dem Beklagten ein zahlenmäßig nicht begrenzter Anspruch nicht zusteht und durch Auslegung die Höhe des in Streit befangenen Anspruchs feststeht. In diesen Fällen sollte im Urteil die Feststellung auf einen bestimmten Betrag begrenzt und der darüber hinausgehende Feststellungsantrag abgewiesen werden.1011 Bei Zweifeln über die Auslegung des Klägerbegehrens, ob dieses den Antrag auf Feststellung der Höhe der bestehenden Forderung mit enthält, hat das Gericht von seinem Fragerecht gem. § 139 Gebrauch zu machen, um einen neuen Prozess über die Höhe zu vermeiden.1012 Stattgegeben werden kann auch einer Feststellungsklage, dass eine Forderung durch Aufrechnung erloschen sei, in geringerem Umfang bezüglich eines Teilbetrags.1013 Dagegen soll eine völlige Klageabweisung erfolgen, wenn eine Bezifferung nicht erfolgt ist.1014 Die Rechtskraftwirkung erstreckt sich in diesen Fällen jedoch nur auf das qualitative Bestehen des Anspruchs, nicht auf die Höhe der Forderung. Insoweit kann ein Vergleich bezüglich der Rechtskraftwirkung von unbezifferten negativen Feststellungsklagen zu derjenigen einer Entscheidung über den Grund gezogen werden.1015
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d) Stattgebende Entscheidung. Wird der positiven Feststellungsklage stattgegeben, wird dadurch bindend festgestellt, dass das Rechtsverhältnis besteht. Die Feststellungsklage entfaltet dann für die spätere Leistungsklage Rechtskraftwirkungen wie ein Grundurteil.1016 Deshalb muss die sachliche Beurteilung das Klage- und Verteidigungsvorbringen wie bei jedem Grundurteil erschöpfen,1017 insbesondere ist auch das bei Abweisung einer negativen Feststellungsklage bejahte Rechtsverhältnis klar zu umreißen.1018 Wird bei der negativen Feststellungsklage durch Urteil das Nichtbestehen eines Rechts festgestellt, so entspricht dieses in seiner Wirkung einem eine Leistungs- oder Gestaltungsklage abweisenden Urteil.1019 Für die Begründetheit einer positiven Schadensfeststellungsklage genügt es, wenn der Eintritt eines weiteren Schadens wahrscheinlich ist.1020 Diese Wahrscheinlichkeit
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1 BGH VersR 1968, 140, 142. 1009 22765 RGZ 77, 132, 137; OLG Schleswig SchlHA 53, 183, 184. 1010 32766 BGH ZMR 1985, 295; BGH MDR 1969, 749; OLG Koblenz FamRZ 1983, 1148, 1150; vgl. aber RG JW 1937, 158 mit Anm. Siegert; RG JW 1931, 1556 f.: vollständige Klageabweisung, weil das Klagebegehren nur auf vollständige Verneinung des Anspruchs gerichtet sei und kein Wille erkennbar sei, dass hilfsweise eine Teilfeststellung begehrt werde. 1011 2767 4 BGHZ 31, 358, 362 = NJW 1960, 669, 670; RG DR 1943 A, 244, 245; RG JW 1936, 511; RG HRR 1933 Nr. 340; RG HRR 1932 Nr. 2199; RG JW 1938, 3255; OLG Koblenz FamRZ 1983, 1148, 1150; OLG Celle NJW 1965, 1722, 1723; vgl.
dazu Baltzer S. 188; siehe aber OLG Schleswig SchlHA 53, 183, 184. 5 BGHZ 31, 358, 362 = NJW 1960, 669, 670; Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 167. 2769 61013 RGZ 77, 132, 136. 1014 72770 RG JW 1939, 3255, unter Hinweis darauf, dass der Beklagte auch nicht gezwungen werden könne, seine Forderung zu beziffern, kritisch dazu Baltzer S. 62 ff. 1015 2771 8 Baltzer S. 192. 1016 2772 9 RGZ 97, 118, 120. 1017 2773 10 BGH NJW 1969, 2014, 2015; BGH ZZP 72, 245 mit Anm. Schwab; BGH WM 1972, 545. 1018 2774 11 RG JW 1906, 809. 1019 2775 12 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 3. 1020 2776 13 BGH ZZP 85 (1972), 245 mit abl. Anm. Schwab; 1012 2768
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braucht in Wettbewerbssachen nicht hoch zu sein.1021 Insofern genügt eine nur summarische Prüfung, weil der Kläger bei einer nachfolgenden Leistungsklage seinen Schaden in vollem Umfang nachweisen muss. Der positiven Feststellungsklage können grundsätzlich alle Einwendungen und persönlichen Einreden entgegengehalten werden, also im Besonderen der Einwand des mitwirkenden Verschuldens.1022 Besteht die Möglichkeit, dass den Kläger am Eintritt des Schadensereignisses, aus dem er Schadensersatzansprüche herleitet, ein Mitverschulden trifft und er deshalb einen Teil des ihm entstandenen Schadens selbst zu tragen hat, muss regelmäßig eine entsprechende Quote festgestellt und ausgesprochen werden, zu welchem Bruchteil die Schadensersatzpflicht besteht.1023 Dasselbe gilt für eine Schadensabwägung bei Mitverschulden des Geschädigten in analoger Anwendung des § 829 BGB.1024 Auch der Aufrechnungseinwand kann erhoben werden, ebenso die Anrechnungen auf den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch.1025 Bei Verjährung des festzustellenden Anspruchs ist die Feststellungsklage unbegründet.1026 Eine negative Feststellungswiderklage gegenüber einem verjährten Anspruch rechtfertigt nicht die Feststellung, dass dem Gläubiger der betreffende Anspruch nicht zustehe, sondern nur die Feststellung, der Schuldner sei berechtigt, die Leistung zu verweigern.1027 Gegenüber der Klage auf Feststellung des Nichtbestehens einer Verbindlichkeit kann der Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, weil ein solches nur einer geforderten Leistung entgegengehalten werden kann.1028 Dies gilt auch, wenn das Nichtbestehen der Schuld darauf beruht, dass der Schuldner gegen den Anspruch des Gläubigers eine Einrede geltend macht.1029 e) Feststellungs- und Grundurteil. Feststellungs- und Grundurteil (§ 304) decken sich regelmäßig, wenn auch formal das Feststellungsurteil die Instanz beendet, während das Grundurteil dies nicht tut. Das Grundurteil erstreckt sich nur auf den Leistungsanspruch, dagegen umfasst das Feststellungsurteil alle möglichen Leistungsansprüche.1030 Ein Grundurteil kommt lediglich bei bezifferten Feststellungsklagen in Betracht.1031 Ist eine Feststellungsklage mit einer Leistungsklage verbunden und die Sache dem Grund nach entscheidungsreif, so ist auf Feststellung zu erkennen und der Leistungsanspruch dem Grund nach für gerechtfertigt zu erklären.1032 Doch sollte man bei nicht BGH NJW 1972, 198; BGH NJW 1991, 2707, 2708; BGH NJW 2000, 1256, 1257; OLG München FamRZ 1997, 740, 741. 2777 11021 BGH GRUR 1961, 241, 243; BGH GRUR 1974, 735, 736; BGH GRUR 1984, 741, 742; BGH GRUR 1992, 61, 63; BGH NJW 1993, 2993, 2994; vgl. auch BGH BB 1954, 699, 670. 1022 2778 2 LG Dortmund NJW-RR 1989, 1299, 1300. 1023 2779 3 BGH NJW 1978, 544; RG JW 1931, 3356 Nr. 24. 1024 42780 BGHZ 37, 102, 106 = NJW 1962, 1199; BGH VersR 1967, 1001, 1002. 1025 52781 RGZ 58, 57, 61. 1026 62782 BAG AP Nr. 47 zu § 256 ZPO unter Aufgabe der Auffassung in BAGE 8, 279, 282, dass in diesem Fall das Feststellungsinteresse fehle. Unrichtig ist
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auch die allgemeine Feststellung des BAG in BAGE 8, 279, 282, dass im Rahmen einer Feststellungsklage über die Einrede der Verjährung nicht zu entscheiden sei; bejahend nur für Sonderfälle BAG AP Nr. 40 zu § 256 ZPO mit Anm. Pohle, der die Verjährung eines Anspruchs ebenfalls als eine Frage der Begründetheit der Feststellungsklage ansieht. 1027 2783 7 BGH MDR 1969, 33; BGH WM 1968, 1253; BGH NJW 1983, 392. 1028 82784 Vgl. OLG München JW 1928, 1321. 1029 92785 BGH MDR 1961, 395. 1030 2786 10 RG JW 1904, 493, 494. 1031 2787 11 RG JW 1904, 493, 494; BAG NJW 1971, 774. 1032 2788 12 RG JW 1904, 493, 494.
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ausdrücklich ausklammernden Entscheidungen das Feststellungsurteil auch als Grundurteil für den Leistungsausspruch auffassen1033 und umgekehrt, wenn in einem solchen Fall über den Grund entschieden wird, zugleich die Feststellung als ausgesprochen ansehen, allerdings nur, wenn unzweifelhaft ist, dass sich das Grundurteil auf das Feststellungsurteil erstreckt.1034 f) Teilurteil. Teilurteile (§ 301) sind auch bei Feststellungsklagen denkbar, soweit es um teilbare Ansprüche geht. Dies gilt auch für negative Feststellungsklagen.1035
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g) Anerkenntnisurteil/Verzichtsurteil. Liegt ein wirksames Anerkenntnis iSd § 307 bezüglich des Feststellungsgegenstands vor, kann ein Anerkenntnisurteil erlassen werden.1036 Zwar fällt mit dem Anerkenntnis gleichzeitig das Feststellungsinteresse weg, weil der Beklagte den Anspruch nicht mehr bestreitet.1037 Der Kläger hat jedoch ein Recht auf ein Anerkenntnisurteil, da der Beklagte es ansonsten in der Hand hätte, ein Sachurteil zu verhindern. § 307 ist insoweit als vorrangige Regelung zu § 256 zu betrachten.1038 Das Feststellungsinteresse muss deshalb in diesem Ausnahmefall nicht geprüft werden,1039 weil der Sinn und Zweck dieser Rechtsschutzvoraussetzung, das Gericht vor überflüssiger Inanspruchnahme zu schützen, hier nicht greift. Dasselbe gilt für den Fall des Verzichts.1040 Im Fall des § 93 sind die Kosten dem Kläger aufzuerlegen.1041 Vgl. dazu auch oben Rdn. 144 f.
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6. Rechtsmittel Werden Rechtsmittel gegen das die Klage wegen Unzulässigkeit abweisende Urteil eingelegt, so ist, wenn die höhere Instanz die Zulässigkeit bejaht, von ihr zugleich in der Sache zu entscheiden (§ 538 Abs. 1) es sei denn, dass eine Partei die Zurückweisung beantragt (§ 538 Abs. 2 Nr. 3).1042 Ebenso kann das Revisionsgericht trotz § 563 die Klage durch Sachurteil abweisen, selbst wenn das Berufungsgericht zu Unrecht das Feststellungsinteresse verneint hat.1043 Wird die Feststellungsklage als unbegründet abgewiesen, so ist der Kläger beschwert, nicht aber der Beklagte. Beide Parteien sind beschwert, wenn sie als unzulässig abgewiesen wird, der Beklagte aber nur, soweit er eine sachliche Abweisung erstrebt. Wird der Klage stattgegeben, so ist nur der Beklagte beschwert. Ist eine Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen und entfällt das Feststellungsinteresse vor Einlegung der Berufung, so ist gegen die Entscheidung mangels Beschwer jedenfalls dann kein Rechtsmittel gegeben, wenn die Berufung nur noch zum Zweck der Erledigungserklärung eingelegt wird.1044 Bei Unzulässigkeit einer Feststellungsklage ist eine Berufung allein zum Zweck des Über-
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1 AA RG JW 1904, 493, 494. 1034 22790 RG LZ 1925, 42, 43. 1035 32791 OGHZ 3, 20, 23. 1036 42792 Ein solches ist in Ehe- und Kindschaftssachen gem. § 617 ausgeschlossen. 1037 52793 So auch Schumann GS Michelakis, S. 553, 563. Darauf geht der BGH MDR 2001, 764, 765, BGH VersR 1974, 601, 602, BGHZ 10, 333, 335 = NJW 1953, 1830 in seinen Entscheidungen jedoch überhaupt nicht ein, sondern prüft das Feststellungsinteresse, ohne das Anerkenntnis dabei zu berücksichtigen. 1038 62794 Baltzer S. 185 f. 1039 72795 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 116; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 69; Blomeyer
ZPR § 37 VI 1; Schumann GS Michelakis, S. 553, 565; aA BGH MDR 2001, 764, 765; BGH VersR 1974, 601, 602; BGHZ 10, 333, 335 = NJW 1953, 1830; Hegler Beiträge zur Lehre vom prozessualen Anerkenntnis und Verzicht (1903), S. 24 ff. 1040 82796 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 69; Blomeyer ZPR § 37 VI 1. 1041 92797 RGZ 118, 261, 264 ff. 1042 2798 10 Noch zur alten Rechtslage: RGZ 158, 145, 152; BGH VersR 1962, 252, 253 f. 1043 2799 11 BGH NJW 1978, 2031, 2032; BGHZ 12, 308, 316 = NJW 1954, 1159; RGZ 158, 145, 152; RG HRR 1940 Nr. 24. 1044 2800 12 RGZ 104, 368 f.
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gangs auf eine bezifferte Leistungsklage unzulässig, da der Kläger hier nicht die Beseitigung der Beschwer erstrebt (vgl. § 263 Rdn. 74).1045 7. Rechtskraft
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Ist eine Feststellung bereits rechtskräftig erfolgt, so scheidet eine nochmalige Feststellung grundsätzlich wegen entgegenstehender Rechtskraft aus. Die Rechtskraftwirkung steht jedoch nicht entgegen, wenn der vollstreckbare Titel verloren gegangen oder vernichtet ist und nicht wiederhergestellt werden kann oder eine erneute Feststellungsklage deshalb nötig ist, um mit ihr die Verjährung zu unterbrechen, insbesondere im Falle der in § 197 Abs. 2 BGB genannten zukünftigen Leistungen, wenn eine Hemmung der Verjährung auf andere Weise nicht in Betracht kommt.1046 Wegen der Rechtskraft eines Feststellungsurteils, in dem die Schadensersatzpflicht des Beklagten festgestellt worden ist oder umgekehrt, eine negative Feststellungsklage aus Sachgründen abgewiesen worden ist können Einwendungen, die das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen und sich auf Tatsachen stützen, die schon zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgelegen haben, in einem späteren Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden.1047 So ist die Geltendmachung eines Mitverschuldens des Klägers im späteren Verfahren über die Höhe des Schadens ausgeschlossen.1048 Die Rechtskraft der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellung einer vollen Ersatzpflicht des Beklagten für die künftigen Schäden des Klägers würde ebenfalls einer Schadensabwägung in analoger Anwendung des § 829 BGB bei etwaigem Eintritt entsprechender tatsächlicher Voraussetzungen entgegenstehen.1049 Auch der Aufrechnungseinwand ist, wenn er schon im Feststellungsstreit hätte vorgebracht werden können, im späteren Leistungsstreit nicht mehr zulässig.1050 Dies setzt allerdings voraus, dass die Aufrechnungslage bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entstanden ist. Fehlt es an einer erfüllbaren Hauptforderung, weil der Schaden erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt eingetreten ist, ist eine Aufrechnung nicht möglich.1051 Es besteht auch kein allgemeiner Grundsatz, wonach sich eine Partei eine ihr erst künftig mögliche und zulässige Ausübung eines (Gestaltungs-)Rechts schon ausdrücklich in einem ersten (Feststellungs-)Rechtsstreit vorbehalten (lassen) müsste.1052 Die Rechtskraft eines Feststellungsurteils über die Ersatzpflicht von Mängel- oder Schadensbeseitigungsaufwand steht, soweit aufwandsmindernde Sowiesokosten (Eigenbeitrag des Bestellers) zu berücksichtigen waren, der späteren Geltendmachung höherer, auf die dann endgültig als erforderlich feststehende Mängel- oder Schadensbehebungsmaßnahme bezogenen sog. Sowiesokosten nicht entgegen.1053 Der Zwang zur Erhebung von Einreden und Einwendungen durch § 767 Abs. 2 besteht ohne Rücksicht auf die Parteirolle. Dies gilt auch, wenn der Kläger eine negative Feststellungsklage erhebt und sich zur Begründung der Klage auf eine Einwendung stützt.1054 Hat er mehrere Einwendungen, so muss er sie bei Vermeidung ihres 1045 2801
1 OLG Köln NJW-RR 1990, 1085, 1086. 1046 22802 BGHZ 93, 287, 289 f. = NJW 1985, 1711, 1712; LG Berlin JR 1950, 283; LG Zweibrücken MDR 1950, 170; Pohle FS Lent (1957), S. 195, 200; aA LG Berlin Rpfleger 1948, 123; AG Groß-Gerau FamRZ 1989, 1102, 1103. 1047 32803 BGH NJW 2003, 3058, 3059; BGH NJW 1995, 1757, 1758. 1048 42804 BGH NJW 1989, 105; BGH NJW 1982, 2257; RG Gruchot 51, 1052, 1058.
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BGHZ 37, 102, 106 = NJW 1962, 1199; BGH VersR 1967, 1001, 1002. 6 BGHZ 103, 362, 365 = NJW 1988, 2542 f.; RG JW 1917, 106. 1051 72807 BGHZ 103, 362, 367 f. = NJW 1988, 2542 f. 1052 2808 8 BGHZ 103, 362, 367 f. = NJW 1988, 2542, 2543. 1053 92809 BGH WM 1988, 1280. 1054 2810 10 RG JW 1935, 2814. 1050 2806
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 256
Verlustes vorbringen. So genügt es z.B. nicht, wenn nur ein Einwand geprüft wird, solange noch andere gegen den Vertrag erhoben werden können.1055 Dasselbe gilt, wenn die Nichtigkeit eines Schiedsgutachtens wegen Irrtumsanfechtung gem. § 318 Abs. 2 BGB und seine Unverbindlichkeit wegen offenbarer Unbilligkeit nach § 319 BGB geltend gemacht wird.1056 Andererseits wird eine erneute Feststellungsklage auf Grund neuer Tatsachen nicht ausgeschlossen (§ 767 Abs. 2), so z.B. wenn nach Feststellung des Bestehens eines Vertrags die spätere Aufhebung behauptet wird.1057 Grundsätzlich hat ein Urteil, das eine negative Feststellungsklage aus sachlichen Gründen abweist, dieselbe Rechtskraftwirkung wie ein Urteil, das das Gegenteil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv feststellt (siehe auch Rdn. 310).1058 Das gilt jedenfalls dann, wenn es Ziel und Inhalt der negativen Feststellungsklage war, einem bestimmten Anspruch entgegenzutreten.1059 Positive und negative Feststellung sind dann in der Sache grundsätzlich als identisch anzusehen.1060 Überwiegend wird eine dementsprechende rechtskräftige Feststelllung verneint, wenn die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines in der Höhe unbestimmten Anspruchs gerichtet ist (vgl. aber Rdn. 336).1061 Inwieweit dies der Fall ist, kann sich nur aus den Entscheidungsgründen ergeben.1062 Diese sind deshalb für den Inhalt und Umfang der in Rechtskraft erwachsenden positiven Feststellung über das Bestehen des streitigen Rechtsverhältnisses bei Abweisung einer negativen Feststellungsklage maßgeblich1063 und zwar diejenigen des im letzten Rechtsmittelzug ergangenen Urteils.1064 Richtet sich die negative Feststellungsklage gegen eine unbestimmte Forderung, dann erwächst nur der Grund in Rechtskraft ähnlich einem Grundurteil.1065 Die Rechtskraft erstreckt sich auch auf die Gegenteilsfeststellung, wenn sich die negative Feststellungsklage gegen eine der Höhe nach noch nicht abschließend bezifferte Schadensersatzforderung richtet.1066 Ein solches Urteil hat die Wirkung gem. § 197 Abs. 1 Nr. 3 (§ 218 BGB a.F.), § 201 BGB zur Folge.1067 1055 2811
1 OGH NJW 1950, 502 f. 1056 22812 RG DR 1943, 296. 1057 32813 RG Warn 1917 Nr. 190; RGZ 74, 121, 124. 1058 42814 BGH NJW 2003, 3058, 3059; BGH NJW 1986, 2508, 2509; BGH NJW 1983, 2032, 2033 = JR 1983, 372, 373 mit Anm. Waldner; BGH NJW 1975, 1320, 1321 = JR 1976, 18, 19 mit Anm. Schubert; BGH NJW 1972, 1043 f.; RGZ 126, 18, 19; RGZ 78, 389, 396; RGZ 74, 121, 122; OGHZ 3, 298, 300 = NJW 1950, 502. Zur Rechtfertigung der Erstreckung der Rechtskraft der abgewiesenen negativen Feststellungsklage auf das Bestehen der geleugneten Forderung vgl. Stetter/Lingemann S. 123 ff.; zum Entscheidungsgegenstand der negativen Feststellungsklage Baltzer S. 95 ff. 1059 52815 RGZ 126, 18, 19; RGZ 90, 290, 292; RG JW 1937, 158, 159; RG SeuffArch 96 Nr. 20; BGH NJW 1972, 1043, 1044; OLG Dresden DR 1941, 393, 394 mit Anm. Schönke; OLG Hamm NJW-RR 1986, 1123, 1124; Lepp NJW 1988, 806, 807 f.; Tiedtke JZ 1986, 1031, 1037; ders. DB 1987, 1823, 1826; ders. NJW 1990, 1697, 1698 ff. 1060 62816 Stetter/Lingemann S. 124 f. mwN. 1061 72817 BGH NJW 1972, 1043, 1044; RGZ 126, 18, 19; RGZ 90, 290, 292.
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BGH NJW 1975, 1320, 1321; RGZ 153, 375, 382; RGZ 90, 290, 292; RGZ 71, 432, 436 f. 9 Vgl. zum Einfluss der Entscheidungsgründe auf die Gegenteilsfeststellung ausführlich Stetter/ Lingemann S. 150 ff., 185 ff.; dagegen lehnen es BGH NJW 1983, 2032, 2033 und NJW 1986, 2508, 2509, Habscheid NJW 1988, 2641, 2642 f. (dagegen Tiedtke, NJW 1990, 1697, 1699 f.) und Kapp MDR 1988, 710, 711 f. ab, die Entscheidungsgründe zur Auslegung der abweisenden Entscheidung heranzuziehen. 1064 2820 10 BGHZ 7, 174, 184. 1065 2821 11 RGZ 90, 290, 292; BGH NJW 1972, 1043, 1044; BGH NJW 1986, 2508 Nr. 9; kritisch und dem BGH nur im Ergebnis zustimmend Tiedtke DB 1987, 1823, 1825 f. 1066 2822 12 BGH NJW 1975, 1320, 1321 = JR 1976, 18, 19 mit Anm. Schubert. 1067 2823 13 BGH NJW 1975, 1320, 1321 = JR 1976, 18, 19 mit Anm. Schubert; aA BGH NJW 1972, 1043 für den Fall, dass es sich um einen der Höhe nach unbestimmten Anspruch handelt. Allerdings hatten sich die Gründe in diesem Fall lediglich da1063 2819
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Zielt die negative Feststellungsklage allgemein auf Verneinung und wird sie abgewiesen, so kann der Gegner in einem späteren Leistungsstreit nicht beliebig viel fordern. War sie z.B. abgewiesen, weil sie sich gegen jede Pachterhöhung wandte, so wurde noch nicht die Angemessenheit des Entgelts festgestellt.1068 Hat das Gericht in inkorrekter Weise die negative Feststellungsklage mit der Begründung abgelehnt, dass eine Forderung des Beklagten möglicherweise besteht, ist das Gegenteil − Bestehen der Forderung − nicht festgestellt und erwächst dementsprechend auch nicht in Rechtskraft. Dasselbe gilt, wenn das Gericht von einer falschen Beweislastverteilung ausgegangen ist und dem Kläger der negativen Feststellungsklage die Beweislast für das Bestehen der Forderung auferlegt hat.1069 Wurde eine positive Feststellungsklage abgewiesen, so ist wegen des unterschiedlichen Streitgegenstands eine später erhobene Leistungsklage zulässig. Allerdings schafft das Urteil Rechtskraft auch für eine später auf dieselbe Forderung gestützte Leistungsklage insoweit, als das mit ihr erstrebte Prozessziel unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt aus dem Lebenssachverhalt hergeleitet werden kann, der der Feststellungsklage zugrunde gelegen hat.1070 Inkorrekte Entscheidungen haben nach Eintritt der Rechtskraft folgende Wirkungen: Handelt es sich um eine Entscheidung über eine Rechtsfrage, tritt keine Bindung des Gerichts ein. Ist über eine bloße Tatsache entschieden, dann gilt diese als festgestellt. Ist das Rechtsverhältnis unklar festgestellt, so ist eine neue Entscheidung zulässig. Die abgewiesene Leistungsklage kann in der Regel auch nicht als Feststellungsklage wiederholt werden. Einer negativen Feststellungsklage steht trotz Berühmung die Rechtskraftwirkung entgegen. Die stattgebende Leistungsklage schließt entgegengesetzte negative wie bestätigende positive Feststellungsklagen aus. Hat der Kläger durch Leistungsklage eine Rechnungslegung erzwungen und sind die Vollstreckungsmittel erschöpft, so darf er nicht mehr auf Feststellung klagen, dass die Rechnung unvollständig gelegt sei. Einer solchen Klage steht die Rechtskraft des Beschlusses gem. § 888 bezüglich der Versagung von Vollstreckungsmaßnahmen entgegen.1071 8. Streitwert und Gebühren
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Die Ermittlung des Streitwerts der Feststellungsklage erfolgt nach § 3.1072 Gleiches gilt für die Bemessung der Beschwer des Rechtsmittelklägers, der sich gegen den Feststellungsausspruch verteidigt.1073 Bei einer positiven Feststellungsklage ist nach der Rechtsprechung gegenüber dem Streitwert einer entsprechenden Leistungsklage – wegen der fehlenden Vollstreckbarkeit − in der Regel ein Abschlag von 20 % zu machen.1074 Der Wert der Feststellungsklage ist auch dann nicht dem einer entsprechenrauf beschränkt, es habe sich nicht feststellen lassen, dass nicht weitere Ansprüche bestehen. 1068 12824 RGZ 126, 18 f. 1069 2825 2 Stetter/Lingemann S. 232 ff. mit überzeugender Begründung; Künzl JR 1987, 57 f.; Waldner JR 1983, 374 f.; aA BGH NJW 1983, 2032, 2033 und NJW 1986, 2508, 2509; Habscheid NJW 1988, 2641, 2642 f.; Kapp MDR 1988, 710, 711. 1070 32826 BGH NJW 1989, 393, 394. 1071 42827 RGZ 167, 328, 333. 1072 52828 BGH NJW-RR 1989, 826.
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1073 62829 BGH NJW-RR 1991, 509. 1074 72830 BGH NJW-RR 1991, 509; BGHZ 1, 43 f. = NJW 1951, 194; RGZ 166, 74 ff.; vgl. aber OLGR Saarbrücken 2005, 603 f. (50 %); Schneider MDR 1989, 300; aA Baltzer S. 130 ff.: der Streitwert dürfe nicht nach dem entscheidungsmäßigen Enderfolg, sondern nach dem Sachvortrag des Klägers bestimmt werden. Ansonsten müsste der Streitwert einer klageabweisenden Leistungsklage ebenfalls reduziert werden, weil die Entscheidung lediglich in einer Feststellung besteht.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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den Leistungsklage gleichzusetzen, wenn von dem Beklagten zu erwarten ist, dass er einem rechtskräftigen Feststellungsurteil ebenso nachkommen wird wie einem auf Leistung lautenden Urteil.1075 Geht es um die Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens, so bemisst sich der Streitwert nicht nur nach der Höhe des drohenden Schadens, sondern auch danach, wie hoch oder wie gering das Risiko eines Schadenseintritts und einer tatsächlichen Inanspruchnahme des Beklagten durch den Feststellungskläger ist.1076 Dagegen entspricht der Streitwert einer negativen Feststellungsklage dem vollen Wert des geleugneten Anspruchs, weil ein stattgebendes Urteil der Leistungsklage des Prozessgegners entgegensteht.1077
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VIII. Zwischenfeststellungsklage 1. Allgemeines Mit der (unselbständigen) Zwischenfeststellungsklage (Inzidentfeststellungsklage1078)1079 soll den Parteien die Möglichkeit gegeben werden, dem Anspruch zugrunde liegende Rechtsverhältnisse, die nicht von der Rechtskraftwirkung erfasst werden, rechtskräftig feststellen zu lassen.1080 Dadurch soll verhindert werden, dass ein späterer Rechtsstreit derselben Parteien über weitere auf das vorgreifliche Rechtsverhältnis gestützte Ansprüche zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte.1081 Die Zwischenfeststellungsklage kann nicht nur − wie im Regelfall − mit einer Leistungsklage, sondern auch mit einer Gestaltungsklage oder einer selbständigen Feststellungsklage verbunden werden.1082 Es handelt sich um einen besonderen Fall der nachträglichen Klagenhäufung.1083 Von der Zwischenfeststellungsklage zu unterscheiden ist die sogenannte „Nebenfeststellungsklage“, bei der eine selbständige Feststellungsklage neben einem anderen (weiteren) Klageantrag erhoben wird. Für sie gelten die Anforderungen des § 256 Abs. 1.1084 Allerdings kann für eine neben der Leistungsklage erhobene zusätzliche Feststellungsklage ein rechtliches Interesse nach § 256 nur dann anerkannt werden, wenn der entstandene oder noch entstehende Schaden nicht bereits in vollem Umfang durch den Klageantrag auf Zahlung erfasst wird oder erfasst werden kann.1085
Der Streitwert wird aber entgegen Baltzer nicht nach dem Klageerfolg, sondern nach dem Klagebegehren − Leistungsurteil mit Vollstreckungsmöglichkeit – entschieden. Der Klageerfolg − stattgebendes oder abweisendes Leistungsurteil – bleibt unberücksichtigt. Zum Wert der Beschwer vgl. auch BGH NJW-RR 1988, 689, 690. 2831 11075 BGH NJW 1965, 2298, 2299. 1076 22832 BGH NJW-RR 1991, 509; OLG Düsseldorf JurBüro 1975, 232. 1077 32833 BGH NJW 1997, 1787; BGH NJW 1970, 2025; BGHZ 2, 276, 277 f. = NJW 1951, 797; RGZ 71, 68, 69; RG JW 1911, 816 Nr. 27; OLGR Köln 2000, 78, 79; einschränkend LAG Hamm MDR 1999, 1203 – ebenfalls zwanzigprozentiger Abschlag für den Fall, dass die Gegenseite nicht Leistungsklage, sondern lediglich positive Feststellungsklage hätte erheben können.
1078 42834 RGZ 126, 234 ff.; vgl. Jauernig ZPR § 35 III 2. 1079 52835 Bedenken bezüglich dieser Bezeichnungen erhebt Enders ZAP Fach 13, 405, 406 (ZAP 1996, 455, 456). Vgl. zur Terminologie auch Schumann FS Georgiades (2006), S. 543, 546. 1080 2836 6 BGH NJW 1992, 1897; BGHZ 42, 340, 350 = NJW 1965, 688; BGH LM Nr. 2 zu § 280 ZPO a.F.; RGZ 144, 54, 59; RGZ 126, 234, 237; BAG NJW 1966, 1140; vgl. Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1, S. 291. 1081 2837 7 BGH MDR 1979, 746; BGH LM Nr. 4 zu § 280 ZPO a.F.; RGZ 144, 54, 59 f.; RGZ 126, 234, 237. 1082 82838 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 75. 1083 2839 9 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 6 1084 2840 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 5; zur Nebenfeststellungsklage auch Wieser S. 215 f. 1085 2841 11 BGHZ 5, 314, 315 = NJW 1952, 740.
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2. Anwendungsbereich
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Im Urkunden- und Wechselprozess ist die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage unzulässig, nicht aber im Nachverfahren, in dem die Beschränkungen der §§ 592, 595 Abs. 1, 597 Abs. 2 entfallen.1086 Im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren ist für die Zwischenfeststellungsklage ebenso wenig Raum wie in den Vorverfahren (Mahn-, selbständiges Beweis- und Aufgebotsverfahren). Die Zwischenfeststellungsklage ist im Betragsverfahren zur Geltendmachung einer Einwendung, die durch das rechtskräftige Grundurteil bereits erledigt ist, unzulässig, da die Vorfrage nicht mehr offen ist, sondern wegen der Bindung des Gerichts an das Grundurteil bereits entschieden ist.1087 Zulässig sind Zwischenfeststellungsanträge hingegen in der freiwilligen Gerichtsbarkeit1088 und im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren (entsprechende Anwendung von § 256 Abs. 2).1089 In Ehe- und Kindschaftssachen sind §§ 610 Abs. 2, 632 Abs. 2 und 640c zu beachten.1090 3. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1
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Der Begriff des festzustellenden Rechtsverhältnisses entspricht demjenigen des § 256 Abs. 1,1091 allerdings mit der Einschränkung, dass das festzustellende Rechtsverhältnis nicht derart Gegenstand der Hauptsacheentscheidung sein darf, dass darüber bereits mit dieser eine rechtskräftige Entscheidung ergeht.1092 So können Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses1093 sowie bloße Tatsachen1094 und Rechtsfragen nicht Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage sein, ebenso nicht ein bestimmter rechtlicher Gesichtspunkt.1095 Mit der Zwischenfeststellungsklage kann nicht die Feststellung begehrt werden, dass das eingeholte Sachverständigengutachten das vertraglich vorgesehene Schiedsgutachten darstellt,1096 dass ein bestimmter Zeitpunkt maßgeblich für die Berechnung des Zugewinns sei,1097 dass eine Presseveröffentlichung rechtswidrig sei1098 oder dass ein bestimmtes Recht anwendbar sei.1099 Bei dem Rechtsverhältnis kann es sich um ein solches zur anderen Partei, aber auch zu einem Dritten handeln, wenn es für das Rechtsverhältnis der streitenden Parteien von Bedeutung ist.1100 Die Urkundenechtheit kann im Gegensatz zur Feststellungsklage nicht Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage sein.1101 Einer anhängigen Urkundenfeststellungsklage steht jedoch die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage über das Rechtsverhältnis nicht entgegen.1102 1086 2842
1 BGHZ 125, 251, 255 = NJW 1994, 1353 f. 1087 22843 RG JW 1939, 366. 1088 32844 BGH WM 1997, 2403, 2404; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 85. 1089 42845 BAGE 61, 66, 74 f. = NZA 1989, 814; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 143; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 85. 1090 52846 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 143; Göppinger JR 1975, 159, 160. 1091 62847 BGH MDR 1985, 37; BGHZ 68, 331, 332 = NJW 1977, 1288, 1289 f.; RGZ 126, 234, 237; RG HRR 1935 Nr. 813. 1092 72848 BGH MDR 1961, 751; RGZ 170, 328, 330; RGZ 144, 54, 59; RGZ 126, 234, 237.
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BGH MDR 1985, 37 f.; BGH NJW 1979, 2099, 2101; BGHZ 68, 331, 332 = NJW 1977, 1288, 1289 f.; RGZ 50, 399, 402; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 283. 1094 92850 RGZ 50, 399, 401 f.; Helle NJW 1963, 129, 130. 1095 2851 10 Schneider MDR 1973, 270. 1096 2852 11 BGH MDR 1985, 37 f. 1097 2853 12 BGH NJW 1979, 2099, 2101. 1098 2854 13 BGHZ 68, 331, 332 = NJW 1977, 1288, 1289 f. 1099 2855 14 OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 283; aA OLGR Frankfurt 2000, 196. 1100 2856 15 BGH WM 1997, 2403, 2404; RG SeuffArch 68, 206, 208. 1101 2857 16 RGZ 148, 29, 31.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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4. Streitiges Rechtsverhältnis § 256 Abs. 2 setzt seinem Wortlaut nach außerdem ein im Lauf des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis voraus.1103 Der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage steht es nicht entgegen, wenn das Rechtsverhältnis bereits vor der Klage streitig war und der Feststellungsantrag schon in die auf teilweise Leistung gerichtete Klage aufgenommen wird.1104
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5. Vorgreiflichkeit a) Begriff und Zeitpunkt des Vorliegens. Voraussetzung für die Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ist, dass die Feststellung des Rechtsverhältnisses ganz oder zum Teil für die Entscheidung des Rechtsstreits vorgreiflich ist.1105 Das ist dann der Fall, wenn ohnehin auch darüber befunden werden müsste, ob das streitige Rechtsverhältnis vorliegt.1106 Wird aber die Klage zur Hauptsache unabhängig davon abgewiesen, ob das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis besteht, etwa wegen Unzulässigkeit durch ein Prozessurteil, dann ist dessen beantragte Feststellung nicht vorgreiflich.1107 Eine Entscheidung hängt bei einer Zwischenfeststellungsklage aber auch dann von einem streitigen Rechtsverhältnis ab, wenn das Gericht sein definitiv begründetes Urteil auch alternativ hätte begründen und damit die Vorgreiflichkeit hätte ausräumen können.1108 Die Abhängigkeit der Hauptsacheentscheidung von dem Rechtsverhältnis schließt eine Identität des festzustellenden Rechtsverhältnisses mit dem Gegenstand der Hauptklage aus.1109 Unerheblich ist, ob das Rechtsverhältnis für Ansprüche des Antragstellers oder des Gegners (z.B. die Einrede der Aufrechnung, vgl. Rdn. 364)1110 maßgeblich ist.1111 Nicht erforderlich ist eine Präjudizialität in dem Sinne, dass das Rechtsverhältnis ein notwendiges Element für den in der Hauptentscheidung enthaltenen Subsumtionsschluss darstellt.1112 Für die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage genügt es vielmehr, dass das Nichtbestehen des Kausalverhältnisses eine Einwendung oder eine Einrede gegenüber dem Hauptanspruch begründet.1113
1102 2858
Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 131, vgl. auch RG JW 1896, 171 f. 2859 21103 Weitergehend Musielak/Foerste Rdn. 41, nach dessen Ansicht idR sogar die Feststellung unstreitiger Rechtsverhältnisse gestattet werden sollte, da andernfalls das Normziel, die Erweiterung der engen Rechtskraftgrenzen den Parteien zu überlassen, kaum erreichbar wäre. 1104 2860 3 BGH NJW-RR 1990, 318, 320; BGH LM Nr. 2 zu § 280 ZPO a.F.; RGZ 170, 328, 329 f.; RGZ 150, 189, 191; RGZ 126, 235, 237; RGZ 113, 410, 413; RGZ 73, 272, 274. 1105 42861 BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273; RG Warn 1912/ 1913 Nr. 28; BayObLG NZM 1999, 33, 34. Die Möglichkeit der Vorgreiflichkeit genügt nicht, allerdings ist die Möglichkeit der künftigen Relevanz der Rechtsfrage ausreichend, Schumann FS Georgiades (2006), S. 543, 574 f. 1106 52862 BGH NJW 1992, 1897; BGH MDR 1979, 746; BGH LM Nr. 2 zu § 280 ZPO a.F.; BGH LM Nr. 16 zu § 280 ZPO a.F. Dies ist auch der Grund 1
für die erleichterte Zulässigkeit, Schneider MDR 1973, 270, ebenso Hager KTS 1993, 39, 51. 2863 61107 BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273 = LM Nr. 181 zu § 256 ZPO mit Anm. Grunsky; BGH LM Nr. 2 zu § 280 ZPO a.F.; Hager KTS 1993, 39, 41. 1108 72864 OLG Köln MDR 1981, 678, 679. 1109 2865 8 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 78; diff. Schumann FS Georgiades (2006), S. 543, 559 ff., der zwischen Urteilsgegenstand und Streitgegenstand des Rechtsverhältnisses unterscheidet. 1110 92866 Vgl. RG SeuffArch 74, 268, 269; OLG Dresden OLGRspr 13, 137; Oertmann Die Aufrechnung im deutschen Zivilprozeß (1916), S. 150 f. mit der Einschränkung, dass die Gegenforderung die Klageforderung übersteigt. 1111 2867 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 132. 1112 2868 11 BGHZ 125, 251, 255 = NJW 1994, 1353 f.; vgl. auch RG Warn 1913 Nr. 28: allerdings muss die Entscheidung jedenfalls in den Gründen erfolgen. 1113 2869 12 BGHZ 125, 251, 255 = NJW 1994, 1353, 1354; vgl. RG SeuffArch 74, 268, 269.
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§ 256
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Bei rechtsvernichtenden Einwendungen ist eine Prüfung des Bestehens des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses nicht erforderlich, wenn die Klage deshalb abgewiesen wird. Aus diesem Grund ist eine Zwischenfeststellungsklage des Klägers unzulässig, während diejenige des Beklagten zulässig ist, da mit dem Erlöschen des Rechtsverhältnisses gleichzeitig dessen Nichtbestehen festgestellt wird.1114 Ist die Entscheidung dagegen vom Vorliegen der Anspruchsgrundlage bzw rechtshindernder Einwendungen abhängig, ist die Zwischenfeststellungsklage sowohl des Klägers als auch des Beklagten zulässig.1115 Fraglich ist, ob eine Zwischenfeststellungsklage zuzulassen ist, wenn diese in jedem Fall entweder unzulässig oder unbegründet ist.1116 Selbst wenn das zugrunde liegende Rechtsverhältnis nur einen Teil des Hauptanspruchs betrifft, ist die Zwischenfeststellungsklage in Bezug auf das gesamte Rechtsverhältnis zulässig.1117 So stellt es einen typischen Anwendungsfall der Zwischenfeststellungsklage dar, dass der Kläger von einer Forderung nur einen Teil einklagt und der Beklagte widerklagend die Feststellung eines sie hindernden Rechtsverhältnisses auch mit Wirkung für den nicht rechtshängigen Teil erstrebt.1118 Dazu gehört auch die Aufrechnung mit Teilforderungen.1119 Die Vorgreiflichkeit muss im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorliegen.1120 Die Zwischenfeststellungsklage ist daher unzulässig, wenn die Hauptklage zurückgenommen wurde.1121
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b) Fehlen. Fehlt die Vorgreiflichkeit, so ist die Zwischenfeststellungsklage unzulässig. Allerdings kann sie als selbständige Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 umgedeutet werden, wenn das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt.1122
360
c) Einzelne vorgreifliche Rechtsverhältnisse. Das Vertragsverhältnis ist das Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen der aus diesem resultierende eingeklagte Leistungsanspruch abhängt. Bei Abweisung einer Räumungsklage erwächst die Frage, ob ein Mietverhältnis durch eine Kündigung aufgelöst worden ist, nicht in Rechtskraft, so dass dieses Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage sein kann.1123 Die Verurteilung auf Herausgabe eines Schuldscheins stellt nicht das Nichtbestehen der Schuld rechtskräftig fest.1124 Neben einer Zahlungsklage aus Wechselansprüchen kann mit der Zwischenfeststellungsklage das wirksame Zustandekommen des der Wechselbegebung zugrunde liegenden Kausalverhältnisses geltend gemacht werden, wenn dieses als Voraussetzung einer persönlichen Einwendung des Beklagten gegen die Wechselansprüche zwischen den Parteien auch noch über den gegenwärtigen Streitstand hinaus Bedeutung hat.1125
361 362
2870 11114 Vgl. BGH WM 1981, 1050 für die Feststellungsklage (Konfusion); Hager KTS 1993, 39, 51. 1115 22871 Hager KTS 1993, 39, 51. 1116 2872 3 Vgl. dazu Hager KTS 1993, 39, 44 f., der ein Bedürfnis für eine solche Feststellungsklage verneint, gegen BGH MDR 1979, 746 f., der die Zulässigkeit bejaht hat. 1117 42873 RGZ 40, 37, 39; RGZ 29, 361, 363; RG SeuffArch 68, 206, 207; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 137. 1118 52874 BGHZ 69, 37, 41 = NJW 1977, 1637; BGH NJW 1970, 425; RGZ 126, 234, 238; RGZ 95, 36, 39.
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1119 62875 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 137. 1120 72876 BGH NJW-RR 1990, 318, 320. 1121 82877 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 133; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 82. 1122 2878 9 Vgl. BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273; BGH LM Nr. 2 zu § 280 a.F.; OLG Dresden OLGRspr 13, 137 f.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 132; Schumann FS Georgiades (2006), S. 543, 545. 1123 2879 10 BGHZ 43, 144, 145 f. = NJW 1965, 693, 694. 1124 2880 11 BGH NJW 1961, 1457. 1125 2881 12 BGHZ 125, 251, 255 f. = NJW 1994, 1353 f.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 256
Als zulässig wurde auch angesehen bei der Klage auf Herausgabe des Nachlasses die Zwischenfeststellung der Nichtigkeit des Testaments, wenn der gesetzliche Erbe gegen den Nachlassverwalter klagt;1126 bei einer Patentstreitigkeit die Feststellung, dass der Antragsteller Erfinder des von dem Dritten erwirkten Patents ist.1127 Allerdings kann eine nur hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung das zur Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage erforderliche Abhängigkeitsverhältnis nicht begründen, solange das Bestehen des mit der Hauptklage verfolgten Anspruchs nicht geklärt ist.1128 Zulässig ist dann jedoch eine Eventualzwischenfeststellungsklage, die innerprozessual dadurch bedingt ist, dass über die Gegenforderung entschieden werden muss.1129 Im Rahmen einer Stufenklage kann der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch mit einer Zwischenfeststellungsklage verbunden werden, da das Informationsurteil keine Bindungs- bzw Rechtskraftwirkung für den Hauptanspruch hinsichtlich des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses entfaltet (vgl. dazu § 254 Rdn. 77).1130 Dies gilt aber nicht für die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, die gleichzeitig Gegenstand des Leistungsantrags ist.1131 Mit dem Urteil über eine Herausgabeklage gem. § 985 BGB wird nicht rechtskräftig über das Eigentum entschieden, deshalb ist eine diesbezügliche Zwischenfeststellungsklage zulässig.1132 Das Pflichtteilsrecht ist Voraussetzung für Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche gem. § 2314 BGB sowie für den Pflichtteilsanspruch gem. § 2303 Abs. 1 BGB und damit vorgreiflich.1133 Auch die Unwirksamkeit eines Prozessvergleichs1134 oder die Unwirksamkeit eines Vertrags1135 kann durch Zwischenfeststellungsklage festgestellt werden. Neben dem Antrag auf Unterlassung der Wohnraumnutzung eines in der Teilungserklärung als Hobbyraum bezeichneten Raumeigentums ist der Antrag festzustellen, dass dieses Raumeigentum nur als Hobbyraum genutzt werden darf, als Zwischenfeststellungsantrag zulässig.1136 Wird die Zwischenfeststellungswiderklage gegen den Kläger und gegen einen bisher am Prozess nicht beteiligten Dritten erhoben,1137 dann handelt es sich bei letzterer um eine Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1, da das Rechtsverhältnis nicht inzidenter festzustellen ist. Dies bedeutet, dass bezüglich des Dritten das Feststellungsinteresse vorliegen muss.1138
1126 2882
1 RGZ 150, 189, 190. 1127 22883 RG JW 1938, 691. 1128 32884 BGH NJW 1961, 75 f.; OLG Dresden OLGRspr 13, 137. 1129 42885 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 88; Zöller/Greger Rdn. 22. 1130 52886 BGH NJW 1999, 3049; Assmann Das Verfahren der Stufenklage (1990), S. 113 ff., 124; aA Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 138 (Zwischenfeststellungsklage nur im Rahmen der letzten Stufe möglich). 1131 2887 6 BGH MDR 1961, 751. 1132 72888 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 152 Rdn. 14; aA Reischl Die objektiven Grenzen der Rechtskraft im Zivilprozeß (2002), S. 194 ff., 202 ff.
1133 2889
8 BGHZ 109, 306, 308 = NJW 1990, 911. 1134 92890 BAG NJW 1967, 647, 648. 1135 2891 10 BGHZ 83, 251, 254 f. = NJW 1983, 1790, 1791. 1136 2892 11 BayObLG NZM 1999, 33, 34. 1137 2893 12 Die Widerklage gegen bisher am Rechtsstreit nicht Beteiligte ist zulässig, wenn sie sich auch gegen den Kläger richtet, BGHZ 40, 185 = NJW 1964, 44 f.; BGH NJW 1971, 466; BGHR ZPO § 33 Drittbeklagter 2; vgl. Uhlmannsiek Die Zulässigkeit der Drittwiderklage (1995); siehe auch Bethge/Schulze ProzRB 2005, 103 f. zur isolierten Drittwiderklage bei Teilzession. 1138 2894 13 BGHZ 69, 37, 46 = NJW 1977, 1637, 1639; anders Rüssmann/Eckstein-Puhl JuS 1998, 441, 444.
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§ 256
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
6. Kein besonderes Feststellungsinteresse
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Im Gegensatz zur Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 erfordert die Zwischenfeststellung eines Rechtsverhältnisses gemäß § 256 Abs. 2 kein besonderes Feststellungsinteresse.1139 Es wird durch die Vorgreiflichkeit des festzustellenden Rechtsverhältnisses für die Hauptentscheidung ersetzt.1140 Es genügt grundsätzlich schon die bloße Möglichkeit, dass das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann.1141 7. Rechtsschutzbedürfnis
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Für eine Zwischenfeststellungsklage ist dann kein Raum, wenn durch die Entscheidung über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen, die sich aus dem streitigen Rechtsverhältnis ergeben können, mit Rechtskraftwirkung erschöpfend klargestellt werden.1142 In solchen Fällen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da der Zweck der Zwischenfeststellungsklage dann nicht erreicht werden kann.1143 Besteht indessen die Möglichkeit, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis noch andere Ansprüche als die mit der Hauptklage verfolgten erwachsen, so kann die Zwischenfeststellungsklage erhoben werden.1144 Gerade in Eingruppierungsstreitigkeiten besteht z.B. erfahrungsgemäß die Möglichkeit einer Bedeutung der erstrebten Feststellung über den gegenwärtigen Streitstand hinaus.1145 Der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage steht jedoch nicht entgegen, dass mit der Hauptklage mehrere selbständige Ansprüche verfolgt werden, die in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus dem Rechtsverhältnis ergeben können.1146 In einem derartigen Fall besteht die Möglichkeit für den Erlass von Teilentscheidungen. Die rechtskräftige Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses kann dann für spätere Teilentscheidungen von Bedeutung sein.1147 Dasselbe gilt, wenn beide Parteien mit Klage und Widerklage mehrere selbständige Ansprüche verfolgen, für die das streitige Rechtsverhältnis vorgreiflich ist.1148 Verzichtet der Kläger auf alle weiteren, aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis ableitbaren Ansprüche, dann besteht für die Zwischenfeststellungsklage allerdings kein Rechtsschutzbedürfnis.1149
1139 2895
1
BGH LM Nr. 2 zu § 280 ZPO a.F.; RGZ 150, 189, 191; RGZ 126, 234, 237; RGZ 113, 410, 413; BAG NZA 2006, 1174, 1176; BAG DB 1996, 2504; BAG NJW 1966, 1140; OLG Hamm NJWRR 1998, 424; Kisch S. 49. 2896 21140 BGH NJW 1992, 1897; BGH NJW 1993, 463; BGH MDR 1979, 746; BGHZ 69, 37, 41 = NJW 1977, 1637; RG HRR 1935 Nr. 813; RGZ 9, 234, 237; BAG NZA 1997, 50, 51. 1141 2897 3 BGH NJW 1992, 1897; BGHZ 69, 37, 42 = NJW 1977, 1637, 1638; RGZ 170, 328, 330; RGZ 144, 54, 59 f. 1142 2898 4 BGH NJW 2007, 82, 83; vgl. Zöller/Greger Rdn. 26. 1143 52899 Anders aber Wieser S. 214, der in Fällen, in denen das mit der Zwischenfeststellungsklage festzustellende Rechtsverhältnis mit demjenigen des
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Streitgegenstands der Klage oder Widerklage identisch ist, die Zwischenfeststellungsklage nicht als unzulässig abweisen, sondern wie die Hauptklage sachlich verbescheiden will. Dagegen zu Recht Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 134 Fn. 330 unter Verweis auf § 261. 1144 2900 6 BGHZ 83, 251, 255 = NJW 1983, 1790, 1791; BGH MDR 1979, 746 f.; BGHZ 69, 37, 42 = NJW 1977, 1637 mwN; BGH LM Nr. 4 zu § 280 ZPO a.F.; RGZ 170, 328, 330; RGZ 144, 54, 60; BAGE 18, 29, 37 = NJW 1966, 1140, 1141. 1145 2901 7 BAG DB 1996, 2504. 1146 2902 8 RGZ 170, 328, 330; RGZ 144, 54, 59. 1147 92903 BGH MDR 1968, 36. 1148 2904 10 BGH MDR 1968, 36. 1149 2905 11 OLG Nürnberg BayJMBl 53, 67, 68; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 88.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 256
Entfaltet das Urteil im Hauptsacheverfahren Rechtskraft für die mit der Zwischenfeststellungsklage begehrte Feststellung, fehlt ebenfalls das Rechtsschutzbedürfnis,1150 wie z.B. bei der Grundbuchberichtigungsklage für das Eigentum,1151 bei einer Räumungsklage bezüglich der Räumungspflicht1152 oder bei einer Unterlassungsklage auf Grund Vertrags bezüglich der vertraglichen Unterlassungspflicht.1153
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8. Verhältnis zur selbständigen Feststellungsklage Der Zulässigkeit einer Zwischenfeststellungsklage steht es nicht entgegen, wenn zunächst eine selbständige Feststellungsklage erhoben und eine Hauptklage im Lauf des Rechtsstreits nachgeschoben wird.1154 Fehlt für eine selbständige Feststellungsklage das erforderliche Feststellungsinteresse, ist von Amts wegen zu prüfen, ob der Feststellungsantrag als Zwischenfeststellungsantrag gem. § 256 Abs. 2 zulässig ist.1155 Allerdings kann der Hauptantrag auf Eigentumsfeststellung nicht als Zwischenfeststellungsantrag zu einem ihm nachgeordneten Hilfsantrag (Leistungsantrag) verstanden werden.1156 Auch ein unzulässiges Zwischenurteil kann eventuell in ein Urteil über eine Zwischenfeststellungsklage umgedeutet werden.1157 Ein Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen im Wege der Zwischenfeststellungsklage hätte geltend gemacht werden können, kann später Gegenstand einer selbständigen Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 sein, wenn das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse gegeben ist.1158 Die Möglichkeit der Zwischenfeststellungsklage schließt eine selbständige Feststellungsklage vor einem anderen Gericht nicht aus.1159 Auch wenn Leistungsklage erhoben wurde und die Frage des Fortbestehens eines Mietverhältnisses durch Zwischenfeststellungsklage geklärt werden kann, besteht ein Feststellungsinteresse iSd § 256 Abs. 1 daran, dass Kündigungen ein langjähriges Mietverhältnis nicht beendet haben.1160
374
9. Verfahren a) Art und Zeitpunkt der Erhebung. Die Zwischenfeststellungsklage1161 setzt als unselbständige Feststellungsklage ein anhängiges Hauptverfahren in der Tatsacheninstanz voraus.1162 Sie kann entweder sogleich bei Klageerhebung mit der Hauptklage gem. § 260 verbunden1163 oder aber − wie in der Regel – erst im Lauf des Rechtsstreits gem. § 261 Abs. 2 erhoben werden. Wird sie später erhoben, so stellt sie auf der Klägerseite eine (jedenfalls in den meisten Fällen) nachträgliche Klagenhäufung gem. § 260, jedoch keine Klageerweiterung iSv § 264 Nr. 2,1164 und auf der Beklagtenseite eine Widerklage (§ 33) dar.
1150 2906
1
BGH MDR 1961, 751; RGZ 170, 328, 330; RGZ 144, 54, 59; RGZ 126, 234, 237. 2907 21151 RG JW 1936, 3047 Nr. 5; vgl. auch Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 153 Rdn. 5. 1152 32908 BGH NJW 1969, 1064, 1065. 1153 42909 BGHZ 42, 340, 349 = NJW 1965, 689, 691. 1154 52910 BGH NJW-RR 1990, 318, 320; OLG Hamm NJW-RR 1998, 424. 1155 62911 RGZ 113, 410, 413; RG HRR 1935 Nr. 813; OGHZ 1, 279, 281. 1156 72912 BGH LM Nr. 16 zu § 256 ZPO. 1157 82913 BGH LM Nr. 3 zu § 275 ZPO; BAG NJW 1967, 647 f. 1158 92914 BGH NJW 1965, 693, 694.
1159 2915
10 RG JW 1930, 1059; RG JW 1919, 573; aA wohl OLG Naumburg NJW-RR 2001, 303, 304. 1160 2916 11 OLG München ZMR 1997, 233, 234. 1161 2917 12 Vgl. dazu Enders ZAP Fach 13, 405 ff. (ZAP 1996, 455 ff.). 1162 2918 13 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 77; Zöller/Greger Rdn. 22; Musielak/Foerste Rdn. 40; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 95 Rdn. 35. 1163 2919 14 BGH NJW-RR 1990, 318, 320; BGH LM Nr. 2 zu § 280 ZPO a.F.; RGZ 150, 189, 191; RGZ 113, 410, 413; RGZ 73, 272, 274; Enders ZAP Fach 13, 405, 410 (ZAP 1996, 455, 460). 1164 2920 15 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 6.
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Sie kann auch nur hilfsweise erhoben werden,1165 selbst wenn sie die Feststellung des Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses zum Ziel hat, auf das der in erster Linie verfolgte Anspruch gestützt wird.1166 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in Fällen, in denen der Hauptantrag unabhängig von dem (Nicht)Bestehen des Rechtsverhältnisses abgewiesen wird (Rdn. 353), die Zwischenfeststellungsklage mangels Vorgreiflichkeit des Rechtsverhältnisses unzulässig ist.1167 Die Erhebung der Zwischenfeststellungsklage ist bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Endurteil über den durch die Vorentscheidung bedingten Anspruch ergeht, möglich.1168 In der Berufungsinstanz bedarf die Zwischenfeststellungs(wider)klage nicht der Einwilligung oder der Sachdienlichkeitserklärung des Gerichts gem. § 533,1169 da § 256 Abs. 2 eine vorrangige Sondervorschrift gegenüber § 5331170 darstellt (vgl. § 533 Rdn. 18).1171 In der Revisionsinstanz kann die Zwischenfeststellungsklage jedenfalls dann nicht mehr erhoben werden, wenn sie schon in der Berufungsinstanz möglich gewesen wäre und dort der dem streitigen Rechtsverhältnis zugrunde liegende Sachverhalt ungeklärt geblieben ist.1172 Der Zwischenfeststellungsantrag kann nur von einer der Parteien gestellt werden, nicht jedoch vom oder gegen den Streitgehilfen (§ 67 Rdn. 20),1173 auch nicht durch den streitgenössischen Nebenintervenienten gem. § 69 (§ 69 Rdn. 46).1174 Gegen einen Dritten kommt allenfalls eine selbständige Feststellungsklage in Betracht (vgl. dazu Rdn. 374). b) Prozessvoraussetzungen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind für die Hauptklage und die Zwischenfeststellungsklage getrennt zu prüfen, da es sich um verschiedene prozessuale Ansprüche handelt. Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Prozessgerichts ist zu berücksichtigen, dass § 256 Abs. 2 davon ausgeht, dass die Zwischenfeststellungsklage grundsätzlich bei demselben Gericht erhoben werden kann. Aus diesem Grund richtet sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit grundsätzlich nach derjenigen der Hauptklage. Für die Zwischenfeststellungswiderklage ergibt sich dies bezüglich der örtlichen Zuständigkeit schon aus § 33, da auf Grund der Vorgreiflichkeit der dort geforderte Zusammenhang immer besteht. Ansonsten wird die örtliche Zuständigkeit wegen der gleichgerichteten Streitgegenstände ebenfalls dieselbe sein oder zumindest auf dem Sachzusammenhang beruhen. Fraglich ist, ob für den Fall eines ausschließlichen Gerichtsstands für die Zwischenfeststellungsklage diese den Parteien versagt werden muss.1175 Dasselbe Problem stellt sich bei der sachlichen Zuständigkeit. Ansonsten 1165 2921
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BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273; BGH NJW 1992, 1897. 1166 2922 2 BGH NJW 1992, 1897; vgl. dazu Hager KTS 1993, 39, 46 ff., der Bedenken erhebt. 1167 32923 BGH NJW-RR 1994, 1272, 1273. 1168 42924 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 158; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 83. 1169 52925 BGHZ 53, 92, 94 = NJW 1970, 425 (zu § 529 Abs. 4 a.F.); aA RG HRR 1932 Nr. 990. 1170 62926 Auch wenn man wie hier, auf die Klageerweiterung nicht § 533 anwendet (vgl. § 260 Rdn. 68), ist die Zustimmung des Beklagten nicht erforderlich, da ihm keine Instanz genommen wird. 1171 72927 BGHZ 53, 92, 94 = NJW 1970, 425 (zu §§ 280,
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529 Abs. 4 a.F.); Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 141. 1172 82928 BGH NJW 1961, 777, 779; BGHZ 28, 131, 136 f. = NJW 1958, 1867, 1868; BAGE 36, 105, 111 = NJW 1982, 790. 1173 92929 LAG Kiel DB 1974, 1629, 1630; OLG Köln JR 1955, 186; Zöller/Greger Rdn. 29. 1174 2930 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 144; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 84; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 50 Rdn. 41. Das BAG DB 1985, 1537, 1538 hat diese Frage offen gelassen. 1175 2931 11 So Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 150, 151; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 86; Hellwig Lehrbuch Bd. 2, § 104 VI 2c (S. 268).
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 256
werden die Ansprüche bei der kumulativen Klagenhäufung zusammengerechnet (§ 5), so dass grundsätzlich dasselbe Gericht sachlich zuständig ist (vgl. § 260 Rdn. 77). Bei der Widerklage ist das Landgericht, das für die Hauptklage zuständig ist, auch für die Zwischenfeststellungsklagen sachlich zuständig, selbst wenn für diese die Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet wäre (§ 33 Rdn. 16).1176 Bei einer Klageerweiterung findet § 506 Anwendung, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen.1177 Zudem kommt eine Zuständigkeit auf Grund einer Vereinbarung nach § 38 oder rügeloser Einlassung (§§ 39, 504) in Betracht. Ist nur die Zwischenfeststellungsklage als unzulässig abzuweisen, so steht dies einer Entscheidung über das zugrunde liegende Rechtsverhältnis in den Gründen des Endurteils über den Hauptanspruch nicht entgegen.1178
384
c) Beweislast. Die Beweislastverteilung bei der Zwischenfeststellungsklage entspricht derjenigen im Hauptprozess.1179
385
d) Teilurteil. Ein Teilurteil über die Hauptklage gem. § 301 ist nur dann zulässig, wenn die Entscheidung über diesen Teil unabhängig von dem Gegenstand der Zwischenfeststellungsklage ist.1180 Dagegen kann über die Zwischenfeststellungsklage durch Teilurteil gem. § 301 entschieden werden.1181
386
e) Entscheidung, Rechtsmittel und Rechtskraft. Die Entscheidung über die Zwischenfeststellungsklage erfolgt zugleich mit dem Haupturteil oder vorab durch Teilurteil, eventuell auch im Schlussurteil.1182 Ist ein Rechtsmittel in der Hauptsache zulässig, so ist das Rechtsmittel auch im Hinblick auf die Feststellungsentscheidung zulässig, da über Hauptsache und Zwischenfeststellung nicht widersprechende Entscheidungen ergehen können.1183 Ist das Rechtsmittel auf die Hauptsache beschränkt, so ist das Rechtsmittelgericht an die Zwischenfeststellung bezüglich des Anspruchsgrunds gebunden, soweit über diesen entschieden ist (§§ 318, 512, 557 Abs. 2).1184 Ein vor Rechtskraft des Feststellungsurteils zur Hauptsache ergangenes Endurteil ist wegen der Vorgreiflichkeit der Feststellung analog § 304 Abs. 2 auflösend bedingt durch die Aufhebung des Feststellungsurteils.1185 Die Rechtskraftwirkung der Zwischenfeststellung reicht nicht weiter, als die Vorgreiflichkeit des festgestellten Rechtsverhältnisses für die Hauptsache geht.1186 Macht der Kläger beispielsweise neben einer Zahlungsklage aus Wechselansprüchen mit der Zwischenfeststellungsklage das wirksame Zustandekommen des der Wechselbegebung zugrunde liegenden Kausalverhältnisses geltend, so schneidet die Rechtskraft-
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1176 2932
1 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 150. 1177 22933 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 150; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 86; Zöller/ Greger Rdn. 29; Musielak/Foerste Rdn. 43. 1178 32934 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 155. 1179 42935 BGHZ 125, 251, 257 = NJW 1994, 1353, 1354. 1180 52936 OLG München MDR 1957, 425. 1181 62937 BGH NJW 1961, 75; BGH NJW 1956, 1755; RGZ 170, 328, 330. Allerdings darf damit nicht der Grundsatz, dass die Zwischenfeststellungsklage unzulässig ist, wenn die Entscheidung nicht vom Bestehen des Rechtsverhältnisses abhängt, umgangen werden, vgl. dazu Hager KTS 1993, 39, 43.
1182 2938
7
Musielak/Foerste Rdn. 43; aA MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 87, der allerdings übersieht, dass ein von dem streitigen Rechtsverhältnis unabhängiger Teil der Hauptklage vorab durch Teilurteil entschieden werden kann. 1183 82939 RGZ 166, 175, 182. 1184 2940 9 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 89; Musielak/Foerste Rdn. 44; Zöller/Greger Rdn. 31. 1185 2941 10 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 89; Musielak/Foerste Rdn. 44; Zöller/Greger Rdn. 31. 1186 2942 11 BGHZ 125, 251, 258 = NJW 1994, 1353, 1354 = JR 1995, 157 mit zust. Anm. Peters; aA Musielak/ Foerste Rdn. 39.
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390
Vor §§ 257–259 Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug wirkung der Zwischenfeststellungsklage dem Beklagten die Berufung auf das Nichtzustandekommen des Kausalverhältnisses nur gegenüber künftigen Wechselklagen des Klägers, nicht aber gegenüber einer Kaufpreisklage aus dem Kausalverhältnis selbst ab.1187
391
f) Streitwert. Der Streitwert der Hauptklage wird durch die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage erhöht, weil dadurch auch das zugrunde liegende Rechtsverhältnis in Rechtskraft erwächst. Die Erhöhung liegt gem. § 3 im Ermessen des Gerichts und ist davon abhängig, welche Bedeutung dieser Feststellung für weitere Rechtsbeziehungen zukommt.1188
Vorbemerkung vor §§ 257–259 Schrifttum Christiansen Forderungsrecht und Leistungszeit, 1998; Kappel Die Klageabweisung „zur Zeit“, 1999; Petzoldt Die Rechtskraft der Rentenurteile des § 258 ZPO und ihre Abänderung nach § 323 ZPO, 1992; Roth Die Klage auf künftige Leistung nach §§ 257–259 ZPO, ZZP 98 (1985), 287; Vossen Die Klage auf Zahlung künftig fälliger Vergütung im gestörten Arbeitsverhältnis, DB 1985, 385 und 439.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck §§ 257–259 . . . . . .
2
III. Anwendbarkeit der §§ 257–259 . . .
9
IV. Klage auf sofortige Leistung . . . . 1. Abweisung als zurzeit unbegründet
12 12
Rdn 2. Übergang zur Klage auf künftige Leistung . . . . . . . . . . .
13
V. Veränderungen im Lauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . 1. Fälligwerden des Anspruchs . . . 2. Wegfall der Fälligkeit . . . . . .
14 15 16
VI. Verhältnis zur Feststellungsklage
.
17
I. Gesetzesgeschichte
1
Vgl. Rdn. 1 zu den jeweiligen Normen
II. Normzweck §§ 257–259
2
Eine Verurteilung zu einer Leistung darf grundsätzlich erst dann erfolgen, wenn Fälligkeit eingetreten ist.1 Zwar ist eine Klage auf Feststellung bedingter Ansprüche möglich (vgl. § 256 Rdn. 41). Diese gibt dem Kläger aber keinen Vollstreckungstitel. §§ 257–259 ermöglichen deshalb in bestimmten Fällen eine Klage auf künftige Leistungen. Der Kläger kann auf diese Weise ein Urteil erwirken, das ihm mit dem Eintritt des Fälligkeitszeitpunkts die Zwangsvollstreckung gestattet, wodurch die Effektivität des Rechtsschutzes gesteigert wird.2 Es handelt sich um abschließende Ausnahmevor1187 12943 BGHZ 125, 251, 258 = NJW 1994, 1353, 1354. 1188 22944 Vgl. Meyer JR 1955, 253, 254; Schneider/Herget Streitwertkommentar12 (2007) Rdn. 6451 f. 1 32945 RGZ 58, 139, 140.
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2 42946 BGH NJW 2003, 1395 = NZM 2003, 231, 232; BGH MDR 1996, 1232, 1233 = LM Nr. 3 zu
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Vor §§ 257–259 schriften für Leistungsklagen.3 Die Voraussetzungen der §§ 257–259 sind rein verfahrensrechtlicher Natur.4 Dabei geht es im eigentlichen Sinne nicht um die Zulässigkeit der Klage, sondern um die Zulässigkeit der Verurteilung vor Fälligkeit.5 §§ 257–259 vermeiden Zeitverluste sowie die Erhebung zahlreicher gleichgerichteter Verfahren6 und dienen damit der Prozesswirtschaftlichkeit.7 Die Vollstreckung aus diesen Urteilen darf jedoch nicht vor dem Fälligkeitszeitpunkt beginnen (§ 751 Abs. 1: Vollstreckung nach Ablauf des Tages der Fälligkeit), die Vollstreckungsklausel kann dagegen schon vor Fälligkeit erteilt werden (§ 726 Abs. 1 bei aufschiebenden Bedingungen).8 Eine frühere Vollstreckung ermöglichen nur der Arrest und die einstweilige Verfügung (§§ 916 ff.) sowie § 850d Abs. 3. Die Möglichkeit, eine Leistung vor deren Fälligkeit einzuklagen und sofort nach Fälligkeit des Anspruchs zu vollstrecken, verbessert die Position des Gläubigers nicht nur gegenüber anderen Gläubigern (Prioritätsprinzip), sondern auch gegenüber dem Schuldner.9 So wird der Schuldner zur Vermeidung der Kostenlast genötigt, bereits vor Fälligkeit anzuerkennen (vgl. zum Anerkenntnis § 257 Rdn. 30). Materielle Einwendungen des Schuldners, die zwischen der letzten mündlichen Verhandlung und Fälligkeit entstehen, können von diesem nur im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 geltend gemacht werden (vgl. dazu § 257 Rdn. 32).10 Da der Beklagte durch eine rein verfahrensrechtliche Regel allerdings materiellrechtlich nicht schlechter gestellt werden soll,11 kann er Gegenrechte, deren Entstehung an den Eintritt eines Kalendertags geknüpft ist und die erst nach Fälligkeit des Klageanspruchs begründet sind, vorzeitig geltend machen (vgl. dazu Rdn. § 257 Rdn. 12).12 Ein praktisches Bedürfnis für die vorzeitige Geltendmachung ist vor allem bei Darlehensklagen, aber auch bei Räumungsklagen gesehen worden.13 Aus diesem Grund gewährt § 257 für die Fälle, in denen die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines Grundstücks oder eines Raumes, der anderen als Wohnzwecken dient, an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft ist, dem Gläubiger die Befugnis, bereits vor diesem Zeitpunkt Klage auf künftige Leistung oder Räumung zu erheben. Außerdem können gem. § 258 bei wiederkehrenden Leistungen, wie z.B. bei Unterhaltsrenten oder anderen Geldrenten, auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klagen auf künftige Entrichtung erhoben werden (vgl. § 258 Rdn. 2 ff.). Ist nach den Umständen die Besorgnis gerechtfertigt, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde, kann ebenfalls Klage auf künftige Leistung erhoben werden (§ 259). § 257 ZPO; vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard § 257 Rdn. 2, der allerdings darauf hinweist, dass dieses Instrumentarium in der Praxis nicht voll ausgeschöpft wird. 3 12947 OLG Koblenz KTS 2000, 637, 639; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Einf. §§ 257–259 Rdn. 1. 2948 4 2 OLG Hamm NJW 1982, 1401, 1402; aA Roth ZZP 98 (1985), 287, 312, der aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB herleitet, dass §§ 257–259 Voraussetzungen der Begründetheit regeln. 5 32949 So auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 1. 6 42950 BGH WM 2004, 193, 194; OLG Hamm NJWRR 1996, 1221, 1222.
7 52951 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Einf. §§ 257– 259 Rdn. 2. 8 62952 BGHZ 5, 342, 344 = NJW 1952, 817, 818; Petzold S. 21. 9 72953 Vgl. BGH NJW 2001, 2178, 2180; Musielak/ Foerste § 257 Rdn. 1; Hk/Saenger § 257 Rdn. 1. 10 2954 8 Vgl. BGH NVwZ 1997, 99 = MDR 1996, 1232; BGHZ 94, 29, 31 ff. = NJW 1985, 2481. 2955 911 Vgl. BGHZ 38, 122, 128 f. = NJW 1963, 244, 246; Hoppenz FamRZ 1987, 1097, 1099; Schumann FS Larenz (1983), S. 571, 595 f. mit weiterer Begründung. 12 2956 10 BGHZ 38, 122, 129 = NJW 1963, 244, 246. 13 2957 11 Hahn/Mugdan Bd. 8, S. 99 f.
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Vor §§ 257–259 Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
8
Die Klage auf künftige Leistung ist nicht als vorbeugender Rechtsschutz zu qualifizieren, sondern als vorsorgender.14 Aus diesem Grund ist die Unterlassungsklage nicht als Klage auf künftige Leistung anzusehen (vgl. § 259 Rdn. 31 ff.).15
III. Anwendbarkeit der §§ 257–259
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11
Die §§ 257–259 kommen bei kalendermäßig bestimmten Geldforderungen oder Ansprüchen auf Räumung von Nichtwohnraum (§ 257), bei wiederkehrenden Leistungen (§ 258) und bei der berechtigten Besorgnis der Nichterfüllung durch den Beklagten (§ 259) in Betracht. §§ 257, 258 und 259 unterscheiden sich darin, dass mit der Klage gem. § 259 auch künftige Leistungen verlangt werden können, die von einer Gegenleistung abhängen, während bei §§ 257 und 258 Einseitigkeit notwendig ist (vgl. § 257 Rdn. 4 ff. und § 258 Rdn. 6 ff.).16 Ferner muss bei § 258 im Gegensatz zu §§ 257 und 25917 eine Prognose bezüglich der künftigen Entwicklung angestellt werden, bei der die erfahrungsmäßig eintretenden Ereignisse Berücksichtigung finden. § 259 stellt einen Auffangtatbestand dar (§ 259 Rdn. 3).18 Anwendbar sind die §§ 257 − 259 im Urkunden- und Wechselprozess.19 Gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG finden die §§ 257–259 auch im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren Anwendung, Klagen auf künftig fällig werdende Vergütungsansprüche können jedoch nur gem. § 259 geltend gemacht werden, da sie von einer Gegenleistung abhängen.20 Nicht anwendbar sind die §§ 257– 259 im Mahnverfahren, da für dieses ein fälliger oder zumindest in der Frist des § 692 Abs. 1 Nr. 3 fällig werdender Anspruch erforderlich ist.21 Ein Antrag auf künftige Leistung aus einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich entsprechend §§ 257 ff. wird ebenfalls für unzulässig erachtet.22
IV. Klage auf sofortige Leistung 1. Abweisung als zurzeit unbegründet
12
Ist ein bestehender Anspruch noch nicht fällig, so ist die auf ihn gerichtete Klage auf sofortige Leistung als zur Zeit23 unbegründet abzuweisen,24 wenn nicht die besonderen Prozessvoraussetzungen der §§ 257–259 vorliegen. Diese Form der Klageabweisung ist zwar in der ZPO nicht vorgesehen, in der Praxis aber allgemein anerkannt. Derartige Urteile bringen zum Ausdruck, dass die Unbegründetheit des Anspruchs vom Gericht als nur vorübergehend angesehen wird, so dass bei Verän2958 114 So zu Recht Henckel AcP 174 (1974), 97, 104 f.; aA Hellwig System Bd. 1, § 104 II 2 (S. 272). 15 2959 2 Zeuner FS Dölle (1963), S. 295, 310 ff. Zu den Unterlassungsklagen vgl. auch Petzoldt S. 33 ff. 2960 316 BAGE 42, 54, 57 = DB 1983, 1263; MünchKomm/Becker-Eberhard § 257 Rdn. 3. 2961 417 Petzoldt S. 20 ff. 18 2962 5 Vgl. BGH NJW 2003, 1395 = NZM 2003, 231; OLG Naumburg SeuffArch 57 Nr. 198. 2963 619 OGHZ 4, 227, 229; OLG Hamburg OLGRspr 5, 57; zur Kündigungsklage im Urkundenprozess vgl. Stern ZZP 32 (1904), 238 ff. 2964 720 BAG AP Nr. 2 zu § 259 ZPO; BAGE 42, 54, 57 = DB 1983, 1263; Christiansen S. 104; Vossen DB 1985, 385. Siehe aber für abgetretene Lohnan-
286
sprüche BAG NJW 2002, 3121, 3122 mit dem unrichtigen Verweis auf BAGE 42, 54 = DB 1983, 1263. 2965 821 MünchKomm/Becker-Eberhard § 257 Rdn. 5; Musielak/Foerste § 257 Rdn. 1. 2966 922 BGH NJW 1984, 610, 611; OLG Schleswig FamRZ 1981, 372, 374. 23 2967 10 Zur Klageabweisung „zur Zeit“ vgl. die gleichnamige Dissertation von Kappel und den dort, S. 12 f., genannten Beispielsfall BGHZ 134, 325 ff. = NJW 1997, 1003. 24 2968 11 Mugdan Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1888), Bd. 1 Allgemeiner Theil, S. 365.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Vor §§ 257–259 derung der Umstände, insbesondere bei Eintritt der Fälligkeit, eine Zweitklage möglich ist, während bei einer definitiven Abweisung einer Zweitklage die Rechtskraft entgegenstehen würde. 2. Übergang zur Klage auf künftige Leistung Der Übergang von der gegenwärtigen Leistung zur zukünftigen ist in jeder Instanz ohne Zustimmung des Beklagten zulässig, da es sich lediglich um eine qualitative Beschränkung des Klageantrags iSd § 264 Nr. 2 handelt.25 Dies gilt auch, wenn neue Tatsachen hinsichtlich der besonderen Prozessvoraussetzungen eingeführt werden müssen. Stellt der Kläger keinen Hilfsantrag auf künftige Leistung, ist zumindest ein Hinweis gem. § 139 vom Gericht zu geben. Stellt der Kläger trotz Hinweises diesen Antrag nicht, kann das Gericht von sich aus auf die Leistung künftiger Zahlungen erkennen, allerdings dann unter Abweisung der Klage im Übrigen.26 Darin liegt kein Verstoß gegen § 308, da die Verurteilung zur zukünftigen Leistung als Minderes im Vergleich zur sofortigen Leistung anzusehen ist.27
13
V. Veränderungen im Lauf des Verfahrens Ist die Klage auf eine künftige Leistung gerichtet, können sich während des Verfahrens Änderungen ergeben. Dasselbe gilt für die Klage auf sofortige Leistung.
14
1. Fälligwerden des Anspruchs Wird der Anspruch nach Rechtshängigkeit bis zum Erlass des Urteils fällig, so entfallen die besonderen Prozessvoraussetzungen der §§ 257–259 von selbst.28 Dies ist auch noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen.29 In diesem Fall ist trotz des abweichenden Wortlauts des Antrags − auch ohne Antragsänderung – auf sofortige Leistung zu erkennen, denn die künftige Leistung ist infolge Zeitablaufs in eine gegenwärtige umgewandelt worden.30 Nur so kann eine unnötige Vervielfältigung der Prozesse vermieden werden.31 Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die ursprüngliche Klage nach §§ 257–259 offensichtlich unzulässig war und dem Beklagten dadurch eine Tatsacheninstanz genommen würde.32
2969 125 OLGR Köln 1996, 36; OLG Darmstadt SeuffArch 59 Nr. 273; Kappel S. 76; aA OLG München SeuffArch 70 Nr. 116. 2970 226 OLGR Köln 1996, 36. 2971 327 OLGR Köln 1996, 36; aA OLG München BayrZ 1909, 304, 305; OLG München SeuffArch 70 Nr. 116; MünchKomm/Becker-Eberhard § 257 Rdn. 12. 28 2972 4 KG OLGZ 1981, 83, 86; aA für den Fall einer unzulässigen Räumungsklage nach Ablauf der Widerspruchsfrist und der Kündigungsfrist LG Heidelberg WuM 1997, 446 mit der Begründung, dass dies zu einer Umgehung der §§ 257, 259 führen und dem Mieter eine Instanz nehmen würde.
Dem Grundsatz des Mieterschutzes und dem der Rechtszuggarantie sei hier der Vorrang vor dem der Prozessökonomie zu gewähren. 2973 529 RGZ 88, 178, 179; RG SeuffArch 63 Nr. 244 (Berufungsinstanz). 2974 630 RGZ 88, 178 f.; BAGE 79, 300, 304 = NZA 1995, 1109, 1110 f.; Hk/Saenger § 257 Rdn. 6; aA Musielak/Foerste Rdn. 6, der für den Fall, dass keine Klageerweiterung vorliegt, einen Verstoß gegen § 308 annimmt. 2975 731 RGZ 88, 178, 179. 2976 832 LG Heidelberg WuM 1997, 446 zu § 259, dagegen Bub/Treier/Fischer3 Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete (1999) VIII Rdn. 34.
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§ 257
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
2. Wegfall der Fälligkeit
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Entfällt umgekehrt die Fälligkeit, so kann der Kläger seinen Antrag ändern, etwa wenn einer fälligen Forderung durch Stundungsbewilligung33 oder Gesetzgebung ihre Fälligkeit genommen wird (Moratorien). Steht die neue Fälligkeit fest, kann unter den Voraussetzungen der §§ 257−259 zu einer Klage auf künftige Leistung übergegangen werden (vgl. oben Rdn. 13). Steht dagegen der künftige Fälligkeitszeitpunkt nicht fest, sondern soll er noch bestimmt werden, dann ist nur eine Feststellungsklage möglich. Eine Klage auf künftige Leistung wäre unzulässig.
VI. Verhältnis zur Feststellungsklage
17
Wegen ihrer Richtung auf die Zukunft stimmen die Klagen auf künftige Leistung mit den entsprechenden Feststellungsklagen überein. Die Möglichkeit der Klage auf künftige Leistung gem. §§ 257−259 schließt das Feststellungsinteresse jedoch nicht aus;34 vielmehr hat der Kläger ein Wahlrecht, welche Klage er erhebt (vgl. § 256 Rdn. 214).35 Wegen der Vollstreckungsmöglichkeit im Fälligkeitszeitpunkt geht die Klage auf künftige Leistung weiter als die entsprechende Feststellungsklage.
§ 257 Klage auf künftige Zahlung oder Räumung Ist die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines Grundstücks oder eines Raumes, der anderen als Wohnzwecken dient, an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft, so kann Klage auf künftige Zahlung oder Räumung erhoben werden. Schrifttum Christiansen Forderungsrecht und Leistungszeit, 1998; Grunsky Veränderungen des Sachverhalts nach Verurteilung zu künftig fällig werdenden Leistungen, Gedächtnisschrift für Michelakis, 1973, S. 377; Henke Die Klage auf künftige Leistung der ZPO, JA 1987, 397; Henssler Die Klage auf künftige Leistung im Wohnraummietrecht, NJW 1989, 138; Kappel Die Klageabweisung „zur Zeit“, 1999; Moos Die Klage auf künftige Leistung, 1902; Roth Die Klage auf künftige Leistung nach §§ 257–259 ZPO, ZZP 98 (1985), 287; Vossen Die Klage auf Zahlung künftig fälliger Vergütung im gestörten Arbeitsverhältnis, DB 1985, 385 und 439.
2977 133 Zu den Folgen der Stundung vgl. MünchKomm/ Becker-Eberhard § 257 Rdn. 14–16. 34 2978 2 BGH NJW-RR 1990, 1532; zu § 257: BAGE 64, 276, 280; Musielak/Foerste § 256 Rdn. 15; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 90 Rdn. 26; aA OLG Hamburg OLGRspr 17 (1908), 142 f.; Stein/Jonas/Schumann21 § 256 Rdn. 90; MünchKomm/Becker-Eberhard § 257 Rdn. 13. Zu § 258: RG Warn 1928 Nr. 121; aA Stein/Jonas/
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Schumann21 § 256 Rdn. 90. Zu § 259: BGH NJW 1986, 2507; RG HRR 1928 Nr. 2226; RAG ZZP 59 (1946), 410 f.; LG Dortmund NJW 1981, 764, 765; offengelassen in BGHZ 2, 250, 252 = NJW 1951, 887 mit Anm. Köster; aA MünchKomm/ Becker-Eberhard § 259 Rdn. 15 (kein Feststellungsinteresse, wenn Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung eindeutig ist). 2979 335 RGZ 113, 410, 411; KG OLGRspr 40, 372, 373.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 257
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Die besonderen Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand . . . . . . . . . . a) Einseitige Geldansprüche . . . b) Räumungsansprüche . . . . . 2. Fälligkeit an einem bestimmten Ka-
Rdn
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lendertag . . . . . . . . . . .
20
III. Verfahren . . . . . . . . . . . . 1. Prüfung . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung . . . . . . . . . 3. Sofortiges Anerkenntnis und Kosten . . . . . . . . . . . . . . 4. Vollstreckung . . . . . . . . . 5. Rechtskraft . . . . . . . . . .
25 25 26 30 31 32
I. Gesetzesgeschichte Die Vorschrift wurde durch die Novelle von 18981 als § 231a in die CPO eingefügt und mit der Bekanntmachung von 18982 inhaltsgleich zu § 257. Sie hat durch das 2. Mietrechtsänderungsgesetz vom 14.7.19643 eine Änderung erfahren, indem Räumungsklagen bezüglich Wohnraums aus sozialen Gesichtspunkten von dieser Vorschrift ausgenommen wurden.4
1
II. Die besonderen Prozessvoraussetzungen Neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen müssen für die Klage auf künftige Leistung noch besondere Voraussetzungen (Vor § 253 Rdn. 108) vorliegen.5
2
1. Gegenstand Für eine Klage auf künftige Leistung kommen nur Geldansprüche, die von keiner Gegenleistung abhängig sind, und Räumungsansprüche, die sich nicht auf Wohnräume beziehen, in Betracht. Diese Ansprüche müssen zu einem kalendermäßig bestimmten oder zumindest bestimmbaren (Rdn. 20) Tag fällig werden.
3
a) Einseitige Geldansprüche. Die von keiner Gegenleistung abhängige Geldforderung kann auf Geld oder Duldung wegen eines Geldanspruchs gerichtet sein. Auf ihren Rechtsgrund − Vertrag oder Gesetz − kommt es dabei nicht an. Auch wiederkehrende Leistungen können, wenn bei Urteilserlass noch keine dieser Leistungen fällig ist − sonst kommt eine Klage gem. § 258 in Betracht – und ihre Fälligkeit an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft ist, Gegenstand einer Klage gem. § 257 sein.6 Unter Geld ist sowohl inländisches als auch ausländisches zu verstehen. Die Forderung auf Geld kann dinglicher (auch auf eine bestimmte Münze oder Schein gehend) oder schuldrechtlicher Art sein.7 Der reinen Geldforderung steht die auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung gerichtete Forderung gleich. Dies ergibt sich bezüglich der Ansprüche aus einer Hypothek, Grund-, Rentenschuld und Schiffshypothek aus § 592 S. 2.
4
1 12980 RGBl S. 256, 269. 2 22981 RGBl S. 410, 458. 3 32982 BGBl I S. 457, 460; vgl. zur Begründung auch BT-Drucks. 4/806 S. 12 zu Nr. 1. 4 42983 Hierfür gilt nunmehr allein § 259 iVm § 721 Abs. 2, vgl. § 259 Rdn. 28.
5 52984 AA Roth ZZP 98 (1985), 287, 312 (materiellrechtliche Voraussetzungen). 6 62985 OLG Hamburg SeuffArch 60 Nr. 177. 7 72986 Moos S. 46.
Assmann
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§ 257
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Diese Geldansprüche dürfen von keiner Gegenleistung abhängen. Für die Zulässigkeit muss der Kläger im Bestreitensfall den Nachweis erbringen, dass eine Gegenleistungspflicht nicht oder nicht mehr besteht, etwa durch Erfüllung erloschen ist8. Es genügt nicht, dass der Gegenanspruch schlüssig ausgeräumt ist.9 Bei der Unabhängigkeit von einer Gegenleistung handelt es sich nicht um eine doppelrelevante Tatsache, sondern allein um eine Frage der Zulässigkeit, nämlich ob eine Verurteilung vor Fälligkeit bereits zulässig ist. Die Unabhängigkeit kann sich bereits aus der Rechtsnatur des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses ergeben, wie z.B. bei einer Schenkung oder bei Unterhaltsansprüchen.10 Dagegen besteht bei gegenseitigen Verträgen in der Regel eine abhängige Gegenleistungspflicht. Dies gilt insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen wie z.B. künftiger Miete11 trotz Vorleistungspflicht des Mieters.12 Allerdings kann der Vermieter auf Zahlung erst künftig fällig werdender Mieten klagen, wenn der Mieter ausgezogen ist und die Wohnung nicht mehr nutzen will.13 Nicht von einer Gegenleistung hängen künftige Nutzungsentschädigungen ab, die der Vermieter gem. § 546a BGB verlangen kann (vgl. zum Streitstand § 258 Rdn. 7). Bei einem Darlehensvertrag stehen Kapitalbelassungspflicht des Darlehensgebers und Rückerstattungspflicht des Darlehensnehmers nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis.14 Daher kann der Rückerstattungsanspruch nach § 257 vorzeitig eingeklagt werden.15 In Bezug auf Tilgungsraten und Darlehenszinsansprüchen findet dagegen § 258 Anwendung.16 Die Abhängigkeit von einer Gegenleistung besteht in der Regel darin, dass der Gläubiger entweder vorzuleisten oder Zug um Zug zu erfüllen hat.17 Hat der Schuldner vorzuleisten, liegt grundsätzlich keine Abhängigkeit vor18 (zur Ausnahme bei Mietverträgen oben Rdn. 7 und bei Erhebung der Einrede gem. § 321 BGB, vgl. unten Rdn. 11). Hat der Gläubiger bereits unstreitig bei Schluss der mündlichen Verhandlung (nicht notwendigerweise bei Klageerhebung)19 vorgeleistet, ist die Forderung nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig.20 Gleiches gilt, wenn der Gegenanspruch durch Gefahrtragung (§ 447 BGB) erloschen ist.21 Die Abhängigkeit von einer Gegenleistung ist auch dann gegeben, wenn dem Schuldner rechtshemmende Einreden zustehen, die dieser allerdings geltend machen muss. Besteht etwa ein vertragliches22 oder ein gesetzliches Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB bzw § 369 HGB), das zu einer Verurteilung Zug um Zug führen könnte (§ 274 BGB), dann ist eine Klage nach § 257 als unzulässig abzuweisen (vgl. Rdn. 26).
8 12987 Vgl. OLG Naumburg SeuffArch 57 Nr. 198. 9 22988 So aber MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 13. 10 2989 3 Vgl. OLG Hamburg SeuffArch 60 Nr. 177. 2990 411 BGH WM 2004, 193, 194; BGH NJW 2003, 1395 = NZM 2003, 231; RG HRR 1932 Nr. 989; RGZ 61, 333, 335; Henssler NJW 1989, 138, 139. Nach MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 9 soll bei einer Verpflichtung zur Vorleistung keine Abhängigkeit bestehen; so auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8. 12 2991 5 Gies NZM 2003, 545, 547; Henssler NJW 1989, 138, 139. 2992 613 LG Berlin GE 2000, 207. 2993 714 Palandt/Weidenkaff BGB67 (2008) Vorb. § 488 Rdn. 3.
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2994 815 Christiansen S. 88. 2995 916 AA Christiansen S. 101 f. (§ 259). 17 2996 10 RG HRR 1932 Nr. 989; RGZ 61, 333, 335. 18 2997 11 Vgl. Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 9. 19 2998 12 Vgl. auch OLG Hamburg SeuffArch 71, 336, 338; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8; Zöller/Greger Rdn. 3; Henssler NJW 1989, 138, 139; aA Christiansen S. 91 ff., nach dessen Ansicht die Geldforderung von Anfang an nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu anderen Ansprüchen stehen dürfe. 20 2999 13 OLG Naumburg SeuffArch 57 Nr. 198. 21 3000 14 Vgl. Musielak/Foerste Rdn. 3. 22 3001 15 RG Warn 1908 Nr. 671 (Unzulässigkeit in diesem Fall gem. § 259)
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Dies gilt auch für den Fall, dass sich der Beklagte im Annahmeverzug befindet,23 da sich § 274 Abs. 2 BGB erst auf die Zwangsvollstreckung auswirkt.24 Allerdings entfällt die Abhängigkeit, wenn das Zurückbehaltungsrecht durch Sicherheitsleistung abgewendet worden ist (§§ 273 Abs. 3, 321 Abs. 1 S. 2 BGB). Handelt es sich um dilatorische (vorübergehende) Einreden, ist zu unterscheiden. Sind diese zeitlich befristet, ist § 257 anwendbar. In diesen Fällen, wie etwa bei der Jahresfrist bezüglich der Einrede der Anfechtbarkeit des Bürgen gem. §§ 770 Abs. 1, 123 BGB, ist das Ende der Frist gewiss, so dass für den Zeitpunkt, in dem die Frist abläuft, eine Verurteilung erfolgen kann. Eine solche dilatorische Einrede ist auch die Stundung, die durch einen festen Termin befristet ist.25 Ist in der Stundungsabrede lediglich ein pactum de non petendo zu sehen, so ist eine Klage gem. § 257 mangels Klagbarkeit unzulässig (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 152).26 Ist das Ende der dilatorischen Einrede, wie z.B. bei §§ 321 (vgl. aber Rdn. 9), 379 Abs. 1, 519, 771 BGB aber ungewiss, ist die Klage gem. § 257 unzulässig.27 Stehen dem Beklagten dagegen rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen zu, wie z.B. die Aufrechnungseinrede, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Diese Einwendungen richten sich gegen das Bestehen des Anspruchs und sind deshalb eine Frage der Begründetheit. Der Beklagte kann auch Gegenrechte geltend machen, die erst zum Zeitpunkt der Fälligkeit des eingeklagten Anspruchs fällig werden.28 So kann er mit Gegenforderungen aufrechnen, die bis zur Fälligkeit der eingeklagten Forderung ihr aufrechenbar gegenüberstehen würden, selbst wenn sie nicht dasselbe Rechtsverhältnis betreffen.29 Besteht die vom Gesetz geforderte Handlung des Klägers nur in der Bestätigung der Leistung, handelt es sich um keine Gegenleistung, so bei dem Anspruch auf Erteilung einer Quittung (§ 368 BGB), der Rückgabe eines Schuldscheins (§ 371 BGB)30, der Aushändigung des Briefes eines dinglichen Rechts (§ 952 BGB) oder einer Urkunde (vgl. § 808 BGB) oder eines Wechsels und sogar eines Inhaberpapiers (vgl. § 797 BGB).31 Ebenfalls keine Pflicht zur Gegenleistung ist in der Pflicht des Gläubigers zur Einwilligung in die Löschung der Hypothek zu sehen.32 b) Räumungsansprüche. Ansprüche auf Räumung und Duldung zur Räumung entsprechen sich ebenfalls. Auch hier ist der Rechtsgrund, aus dem die Räumung verlangt werden kann, unerheblich (vgl. §§ 546, 581, 604, 2130 BGB − bei kalendermäßig beschränkter Vorerbschaft). Räumung ist die Aufgabe des unmittelbaren Besitzes (§ 854 BGB) eines Grundstücks oder eines Raumes, der anderen als Wohnzwecken dient. Sie darf von einem nur mittelbaren Besitzer verlangt werden, der die Besitzaufgabe des unmittelbaren Besitzers dann bewirken muss, und auch von demjenigen, dem der Gebrauch überlassen worden ist (§ 546 Abs. 2 BGB).33 Nicht erfasst ist der Anspruch auf „Einräumung“, worunter die Überlassung zur Benutzung oder zum dauernden Behalten verstanden wird.34 3002 123 So auch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 9. 3003 224 RGZ 51, 367, 368 f.; RGZ 84, 228, 230; Staudinger/Bittner BGB (2004) § 274 Rdn. 5. 25 3004 3 Roth ZZP 98 (1985), 287, 291. 3005 426 So auch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 16. 3006 527 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 7. 3007 628 Vgl. BGHZ 38, 122, 129 = NJW 1963, 244, 246.
3008 729 Vgl. BGHZ 38, 122, 128 f. = NJW 1963, 244, 246; Hellwig System Bd. 1, § 103a I 2 (S. 267). 30 3009 8 Hellwig Anspruch und Klagrecht (1900) § 52 II 1 (S. 369) Fn. 4. 3010 931 KG DR 1901, 558. 32 3011 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8. 33 3012 11 AG Düsseldorf ZMR 1977, 25. 34 3013 12 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 10.
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Der Räumungsanspruch muss sich auf ein Grundstück oder einen Raum beziehen, der keinen (auch nicht teilweisen)35 Wohnzwecken dient (z.B. Büro-, Geschäfts-, Laden- und Lagerräume). Nicht unter § 257 fallen sonstige Ansprüche auf Herausgabe von beweglichen Sachen, wie z.B. Wohnwagen.36 Dass der Räumungsanspruch von einer Gegenleistung unabhängig sein muss, sagt das Gesetz nicht. In der Regel wird er unabhängig sein. Bei Miete und Pacht eines Grundstücks wird das Zurückbehaltungsrecht durch §§ 570, 578, 581 Abs. 2 BGB ausdrücklich ausgeschlossen. Bei der Leihe werden Gegenansprüche in der Regel nicht in Betracht kommen (vgl. aber § 601 Abs. 2 BGB; doch sollte man hier § 570 BGB entsprechend anwenden). Ausgeklammert worden sind seit dem 2. MietRÄndG vom. 14.7.196437 Klagen auf Räumung von Wohnraum. Aus §§ 93b, 721 Abs. 2 ergibt sich jedoch, dass dadurch Klagen auf künftige Räumung von Wohnraum nicht gänzlich ausgeschlossen werden sollten.38 Es besteht deshalb die Möglichkeit einer Klage gem. § 259, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen (vgl. § 259 Rdn. 28).39 2. Fälligkeit an einem bestimmten Kalendertag
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Der künftige Kalendertag muss zur Zeit der Verurteilung durch Vertrag oder Gesetz dem Kalender nach bestimmt (vgl. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder bestimmbar sein,40 dh er muss sich von einem bestimmten Ereignis an nach dem Kalender berechnen lassen (vgl. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB).41 Aus dem Klageantrag muss sich deshalb dieser Kalendertag ergeben oder zumindest bestimmen lassen, da ansonsten ein Verstoß gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 vorliegt.42 Die Berechenbarkeit darf von einem ungewissen Ereignis abhängen, wie z.B. nach Kündigung oder nach Sicht, nicht aber die Forderung selbst. Die Forderung darf also nur betagt, nicht bedingt sein.43 Obwohl § 163 BGB auf die Vorschriften über die Bedingung verweist, können gewiss aufschiebend befristete Ansprüche gem. § 257 geltend gemacht werden, da hier der Zeitpunkt des Entstehens im Gegensatz zu den bedingten Ansprüchen gewiss ist.44 Das Ereignis muss für die Bestimmbarkeit im Urteilszeitpunkt eingetreten sein. Eine Leistungszeit ist auch dann kalendermäßig bestimmt, wenn sie im Lauf eines bestimmten Jahres oder in gleichbleibenden Raten innerhalb mehrerer aufeinanderfolgender bestimmter Jahre zu erfolgen hat.45 Ist die Fälligkeit von einer Kündigung abhängig, dann ist diese, wenn sie nicht schon vorher ausgesprochen wurde oder unwirksam war, ohne weitere ausdrückliche Erklärung in der Klageerhebung zu sehen,46 deren Wirksamkeit allein nach materiel3014 135 Zöller/Greger Rdn. 4. 3015 236 Ebenso MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 11; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 9 mit Hinweis auf §§ 29a, 93b, 308a, 708 Nr. 7, 721, 794a, 885, 940a, bei denen sich die Räumung auf unbewegliche Sachen bezieht. Nur ausnahmsweise sehe die ZPO die Übertragung der Grundsätze auf bewegliche Sachen (Schiffe) vor, so in §§ 266 Abs. 1 S. 2, 787 Abs. 2, 864, 885; nicht aber bei § 257!; aA Voraufl. C I b 2 für Schiffe und an festem Platz befindliche Wohnwägen. 3016 337 BGBl I S. 457, 460. 3017 438 LG Darmstadt MDR 1965, 579; Burckhardt
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NJW 1965, 803; Henssler NJW 1989, 138, 143; Kallfelz NJW 1964, 2288; Karst ZMR 1988, 453. 3018 539 OLG Karlsruhe NJW 1984, 2953; LG Darmstadt MDR 1965, 579; Gies NZM 2003, 545, 547; aA LG Hamburg MDR 1971, 138 und 397. 40 3019 6 OLG Koblenz KTS 2000, 637, 639. 3020 741 OLG Naumburg SeuffArch 57 Nr. 198. 3021 842 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 5. 43 3022 9 Roth ZZP 98 (1985), 287, 295 f. 44 3023 10 Roth ZZP 98 (1985), 287, 296. 45 3024 11 OLG Koblenz KTS 2001, 637, 640. 46 3025 12 RGZ 53, 212; RG Gruchot 48, 817, 818; RG SeuffArch 63 Nr. 244; KG OLGRspr 2, 29; vgl. zur
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lem Recht zu beurteilen ist.47 Ist in der Klageerhebung eine Kündigung enthalten, liegt ein sog. Doppeltatbestand (materielles Rechtsgeschäft und Prozesshandlung) vor.48 Eine Verurteilung zur Leistung nach einer erst noch auszusprechenden Kündigung ist dagegen unzulässig. Ist neben der Erklärung des Klägers noch eine weitere Handlung erforderlich, wie z.B. bei einem Sichtwechsel dessen Vorlegung, so wird diese durch die Klageerhebung nicht ersetzt.49 Im Urteil muss zur Berechnung des Fälligkeitstages für die Bestimmbarkeit zumindest der Kalenderstichtag festgelegt werden, ab dem die Berechnung erfolgt. Als Grenzfall dürfte die Fristbestimmung ab Rechtskraft angesehen werden (z.B. ein Monat nach Rechtskraft). Von sonstigen Bedingungen darf aber der Eintritt des Kalendertages nicht abhängig sein. So ist z.B. die Verurteilung zur Zahlung drei Monate nach Betriebseröffnung unzulässig. Der Anspruch auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen ist kein Anspruch, dessen Fälligkeit an einen Kalendertag anknüpft. Der regelmäßig im Mietvertrag enthaltene Fristenplan dient nur als Richtlinie.50 Bei § 257 ist die Besorgnis künftiger Nichterfüllung, anders als bei § 259 (vgl. § 259 Rdn. 17 ff.), keine besondere Prozessvoraussetzung.51
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III. Verfahren 1. Prüfung Die besonderen Prozessvoraussetzungen werden in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen geprüft.52 Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen ist derjenige der letzten mündlichen Verhandlung (Vor § 253 Rdn. 160 ff.). Es erfolgt wie bei der Feststellungsklage (vgl. § 256 Rdn. 329) keine Prüfung bei Anerkenntnis und Verzicht, wohl aber im streitigen und im Versäumnisverfahren. Das Anerkennen der Prozessvoraussetzungen ist wirkungslos, Zugestehen der sie begründenden Tatsachen aber zulässig (§ 288). In rechtskräftigen Urteilen sind Verstöße nicht mehr behebbar; soweit sie als Leistungsurteile unmöglich sind, wirken sie eventuell als Feststellungsurteil.
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2. Entscheidung Scheitert die Klage an den besonderen Prozessvoraussetzungen, dann ist sie unzulässig.53 Wirken sich Einwendungen des Beklagten auf das Bestehen des Anspruchs aus, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Wird ein früherer Fälligkeitstermin im Antrag genannt, kann das Gericht – ohne entsprechende Antragsänderung – die Verurteilung zu einem späteren Termin aussprechen.54 Dies widerspricht nicht § 308, weil die spätere Verurteilung ein Weniger zu dem beantragten früheren Termin darstellt (vgl. Vor §§ 257–259 Rdn. 13). Die künftige Leistung muss spätestens im Urteilszeitpunkt bestimmbar sein.55 Im Urteil muss zur Berechnung des Fälligkeitstages für die Bestimmbarkeit zumindest Kündigungsklage im Urkundenprozess Stern ZZP 32 (1904), 238 ff. 47 3026 1 RGZ 53, 212, 213 f.; LG Bonn WuM 1993, 464. 48 3027 2 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 2. 3028 349 OLG Hamburg OLGRspr 18, 87, 88. 3029 450 LG Hannover WuM 2001, 444. 3030 551 Zöller/Greger Rdn. 6; aA Bittmann FamRZ 1986, 420, 423.
3031 652 RG HRR 1932 Nr. 989. 3032 753 OLG Karlsruhe HRR 1936 Nr. 699; aA Roth ZZP 98 (1985), 287, der von der Abweisung als unbegründet ausgeht, da es sich um materiellrechtliche Voraussetzungen handle. 3033 854 AA LG Bonn WuM 1993, 464 für die Räumungsklage. 3034 955 OLG Celle DAVorm 1978, 390, 391.
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der Kalenderstichtag festgelegt werden, ab dem die Berechnung erfolgt.56 Nur dann ist es dem Gerichtsvollzieher möglich, den zulässigen Beginn der Zwangsvollstreckung gem. § 751 Abs. 1 zu bestimmen. Das Gericht kann bereits im Urteil eine angemessene Räumungsfrist auf Antrag oder von Amts wegen gem. § 721 Abs. 1 gewähren. Entscheidet das Gericht nicht über die Räumungsfrist, kann dem Schuldner noch eine Räumungsfrist gewährt werden, wenn er spätestens zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach dem Urteil zu räumen ist, einen dementsprechenden Antrag stellt (§ 721 Abs. 2). Außerprozessual hat die Verurteilung zur künftigen Leistung keine weitere Folge. Sie setzt den Verurteilten nicht in Verzug, auch Prozesszinsen dürfen erst ab Fälligkeit zuerkannt werden (§ 291 BGB). 3. Sofortiges Anerkenntnis und Kosten
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Erkennt der Beklagte den Anspruch sofort an, so trägt der Kläger die Kosten gem. § 93, wenn der Beklagte keine Veranlassung zur Klage gegeben hat.57 Dies gilt nicht, wenn der Beklagte bereits − wenn auch nur mit einer Teilleistung − im Rückstand ist und damit zugleich ein Fall des § 259 vorliegt. Allerdings ist der Schuldner nicht verpflichtet, seine Erfüllungsbereitschaft von sich aus zu bekunden. Untätigkeit allein genügt deshalb nicht für eine Klageveranlassung. Vielmehr muss der Schuldner aktiv ein Verhalten zeigen, das an seiner Erfüllungsbereitschaft zweifeln lässt.58 Die Beweislast, dass der Beklagte Veranlassung zur Klage gegeben hat, trägt bei künftigen Klagen anders als bei Leistungsklagen auf fällige Leistung der Kläger (aA § 93 Rdn. 7).59 4. Vollstreckung
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Die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils kann vor Fälligkeit erteilt werden. Der Beklagte ist hinreichend geschützt, da die Vollstreckungsfähigkeit erst zum Fälligkeitstag aus dem Titel erkennbar ist. 5. Rechtskraft
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Bei Verurteilung zu einer künftig fällig werdenden Leistung sind Tatsachen, die nach der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eingetreten sind, mit der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767) geltend zu machen.60 Die Vollstreckungsabwehrklage ist bereits vor Eintritt der Fälligkeit zulässig, wenn nach Schluss der letzten Tatsachenverhandlung Einwendungen gegen den künftigen Anspruch entstanden sind.61
3035 156 Roth ZZP 98 (1985), 287, 296. 3036 257 AG Hamburg-Altona WuM 1993, 460. 3037 358 OLG Hamm ZMR 1996, 499. 3038 459 OLG Celle HRR 1941 Nr. 347.
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3039 560 BGHZ 94, 29, 31 f. = NJW 1985, 2481, 2482 (Ausübung einer Verlängerungsoption); vgl. auch Grunsky GS Michelakis (1973), S. 377, 379. 3040 661 Vgl. BGHZ 94, 29 ff. = NJW 1985, 2481 f.
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§ 258 Klage auf wiederkehrende Leistungen Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden. Schrifttum Bittmann Keine Titulierung zukünftiger Unterhaltsansprüche, wenn der Schuldner bisher freiwillig und vollständig gezahlt hat, FamRZ 1986, 420; Christiansen Forderungsrecht und Leistungszeit, 1998; Henke Die Klage auf künftige Leistung der ZPO, JA 1987, 397; Künkel Die Titulierung des freiwillig gezahlten Unterhalts, NJW 1985, 2665; Petzoldt Die Rechtskraft der Rentenurteile des § 258 ZPO und ihre Abänderung nach § 323 ZPO, 1992; Roth Die Klage auf künftige Leistung nach §§ 257–259 ZPO, ZZP 98 (1985), 287.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Besondere Prozessvoraussetzungen . 1. Wiederkehrende Leistung . . . . 2. Unabhängigkeit von einer Gegenleistung . . . . . . . . . . . . 3. Beispiele . . . . . . . . . . . 4. Bestehen des Anspruchs . . . . . a) Keine aufschiebende Bedingung b) Auflösende Bedingung . . . .
3 4 6 8 11 12 13
Rdn c) Prognose der zukünftigen Entwicklung . . . . . . . . . . 5. Kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . IV. Verfahren . . . . . . . . . . . 1. Prüfung der besonderen Prozessvoraussetzungen . . . . . . . 2. Entscheidung . . . . . . . . 3. Rechtskraft . . . . . . . . . 4. Vollstreckung . . . . . . . . 5. Abänderbarkeit/„Zusatzklage“ .
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. . . . .
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I. Gesetzesgeschichte Statt des § 258 war in den Motiven zum BGB ursprünglich § 190 Abs. 2 BGB vorgesehen, nach dem die Verurteilung auch für erst später fällig werdende, wiederkehrende Leistungen, die nicht auf einem Rechtsgeschäft beruhen, erfolgen konnte. Die betroffene Regelung wurde jedoch nicht in das BGB, sondern − nun auch für rechtsgeschäftlich begründete Leistungspflichten − in die Novelle von 18981 als § 231b eingefügt und mit der Bekanntmachung 18982 inhaltsgleich zu § 258.
1
II. Normzweck Die Klage gem. § 258 dient der Prozessökonomie (vgl. Vor §§ 257–259 Rdn. 2).3 Sie ermöglicht es dem Gläubiger, einen Titel auch über künftig wiederkehrende Leistungen in einem Verfahren zu erlangen und erspart ihm die Erhebung wiederholter, den gleichen Gegenstand betreffender Klagen.4 § 258 setzt nicht voraus, dass mit den künf1 13041 RGBl S. 256, 269. 2 23042 RGBl S. 410, 458. 3 33043 BAGE 79, 300, 303 = NZA 1995, 1109, 1110; vgl. OLG Hamm NJW-RR 1996, 1221, 1222; Bitt-
mann FamRZ 1986, 420, 421; Hofmann MDR 2004, 1391. 4 43044 BGH NJW 2007, 294; BGH NZM 2003, 912, 913; RGZ 61, 333, 336; Hahn/Mugdan Bd. 8, S. 100; Henke JA 1987, 397, 399.
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tigen Leistungen zugleich eine fällige Rate eingeklagt wird.5 Das Wort „auch“ ist nicht darauf zu beziehen.6 Dabei werden Unterhaltsansprüche, die an sich nach materiellem Recht in jedem Zeitpunkt, in dem ihre Voraussetzungen vorliegen, neu entstehen, vom Verfahrensrecht, sobald sie einmal entstanden sind, als einheitliche Rechte auf wiederkehrende Leistungen behandelt.7 Die Festsetzung dieser Ansprüche beruht letztendlich auf einer Prognose der zukünftigen Entwicklung.8
III. Besondere Prozessvoraussetzungen
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Neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen müssen für die Klage auf künftige Leistung noch besondere Voraussetzungen (Vor § 253 Rdn. 108) vorliegen.9 Im Fall des § 258 können Gegenstand der Klage nur wiederkehrende Leistungen sein, die von einer Gegenleistung unabhängig sind. 1. Wiederkehrende Leistung
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Die Klage muss auf künftig wiederkehrende Leistungen gerichtet sein. Wiederkehrende Leistungen iSd § 258 sind einseitige Verpflichtungen, die sich in ihrer Gesamtheit als Folge desselben Rechtsverhältnisses ergeben, so dass die einzelne Leistung nur noch vom Zeitablauf abhängig ist.10 Die Leistung muss nicht auf Geld gerichtet sein. Auch eine Klage auf künftige Urlaubsgewährung ist nach § 258 statthaft, wenn die Möglichkeit eines Anspruchs in künftigen Urlaubsjahren besteht.11 Nicht gefordert wird, dass die Leistung regelmäßig wiederkehrt. Die wiederkehrenden Leistungen müssen jedoch annähernd gleichmäßig sein.12 Die wiederkehrende Leistung muss aber noch nicht fällig sein.13 Das ändert jedoch nichts daran, dass der Anspruch gegenwärtig bestehen muss.14 Zwar entsteht der familienrechtliche Unterhaltsanspruch materiellrechtlich gesehen in jedem Augenblick neu und ist von der Bedürftigkeit des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten abhängig.15 Der Unterhaltsanspruch wird von § 258 aber, wenn er einmal entstanden ist, verfahrensrechtlich als einheitliches, bis zum Wegfall einer der Voraussetzungen andauerndes Recht angesehen und behandelt.16
5 13045 BGHZ 82, 246, 251 = NJW 1982, 578, 579. 6 23046 Christiansen S. 106; Henke JA 1987, 397, 401 Fn. 45; aA OLG Hamburg SeuffArch 60 Nr. 177; OLG Posen OLGRspr 5, 55, 56. 7 33047 BGHZ 82, 246, 250 = NJW 1982, 578, 579; Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 2. 3048 8 4 BGHZ 82, 246, 250 = NJW 1982, 578, 579; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 2, der die prozessuale Bedeutung des § 258 in dem Zusammenspiel zwischen § 258 und § 323 sieht; vgl. auch Petzoldt S. 16 ff.; Rüßmann FS Lüke (1997), S. 675, 695. 3049 9 5 AA Roth ZZP 98 (1985), 287, 312 (materiellrechtliche Voraussetzungen). 3050 610 BGH NJW 2007, 294; BGH MDR 1996, 1232; BGH NJW 1986, 3142. 3051 711 BAGE 79, 300, 302 = NZA 1995, 1109, 1110. 3052 812 OLGR Köln 2000, 78, 79 zu § 9 ZPO; aA RG JW 1900, 48 (gleichbleibende Leistungen).
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3053 913 RGZ 63, 406, 407 f. 14 3054 10 BGHZ 82, 246, 251 = NJW 1982, 578, 579; OLG Kiel OLGRspr 6, 168, 169; OLG Celle Recht 1902, 435; Stein Über die Voraussetzungen des Rechtsschutzes, insbesondere bei der Verurteilungsklage (1902), S. 52. Dies muss für die Zulässigkeit jedenfalls schlüssig behauptet sein, Künkel FamRZ 1985, 2065, 2066; zum Teil anders RGZ 58, 139, 141; Wax FamRZ 1982, 347 f. 15 3055 11 BGHZ 82, 246, 251 = NJW 1982, 578, 579; Künkel NJW 1985, 2065, 2066; Wax FamRZ 1982, 347; zweifelnd MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 7. 16 3056 12 BGH FamRZ 1988, 370, 371; BGHZ 82, 246, 251 = NJW 1982, 578, 579; aA Wax FamRZ 1982, 347, nach dessen Ansicht § 258 nicht voraussetzt, dass der Unterhaltsanspruch bereits entstanden ist.
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2. Unabhängigkeit von einer Gegenleistung Obwohl nicht ausdrücklich in § 258 bestimmt, dürfen die wiederkehrenden Leistungen ebenso wie bei § 257 nicht von einer Gegenleistung abhängig sein.17 Es können deshalb lediglich einseitige Verpflichtungen Gegenstand der Klage gem. § 258 sein, die sich in ihrer Gesamtheit als Folge ein und desselben Rechtsverhältnisses ergeben, so dass die einzelne Leistung nach der Lage zurzeit des Urteils mit einiger Gewissheit nur noch vom Zeitablauf abhängig ist.18 Auf wiederkehrende Leistungen, die nicht nur vom Zeitablauf, sondern auch noch von einer Gegenleistung abhängen, wie z.B. Miete, Pacht19 oder Arbeitslohn20, kann § 258 dagegen nicht angewendet werden. Nicht in einem solchen Gegenseitigkeitsverhältnis stehen die Ansprüche auf Herausgabe der Nutzungen, wenn diese allein auf gesetzlichen Anspruchsgrundlagen, wie z.B. §§ 987 ff., 812 ff. BGB beruhen. Solche Nutzungsentschädigungen sind nicht als Gegenleistung für eine Leistung anzusehen, sondern knüpfen an die rein tatsächliche, unberechtigte Nutzung an. Auf solche Ansprüche bleibt § 258 anwendbar.21 Dasselbe gilt für die Entschädigung des Vermieters gem. § 546a BGB.22
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3. Beispiele Der Rechtsgrund für die wiederkehrenden Leistungen ist unerheblich. In Betracht kommen Renten aller Art,23 wie z.B. Rentenversprechen (vgl. § 520 BGB), Ansprüche aus §§ 759 ff. BGB (Leibrente), §§ 843 ff. BGB (Geldrente wegen unerlaubter Handlung), §§ 912 f. BGB (Überbaurente), §§ 916 f. BGB (Geldrente wegen Beeinträchtigung von Erbbaurechten bzw Dienstbarkeiten und Notwegrente), § 1105 BGB (Reallast), § 1199 BGB (Rentenschuld), §§ 1360 ff. (Familienunterhalt), §§ 1569 ff. BGB (Nachehelicher Unterhalt), §§ 1601 ff. BGB (Verwandtenunterhalt), § 1615l BGB (Unterhalt aus Anlass der Geburt), § 8 HaftPflG (Geldrente auf Grund Gefährdungshaftung eines Betriebsunternehmers), § 13 StVG (Geldrente auf Grund Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters), § 38 LuftVG (Geldrente auf Grund Gefährdungshaftung des Halters eines Luftfahrzeugs), Ratenzahlungen, ferner Darlehens-, Hypotheken-, Grundschuld-,24 Reallast-, Erbbau- und Kapitalzinsen, Ruhegehaltsansprüche25 sowie Versicherungsprämien26. 3057 117 RGZ 61, 333, 335 ff. mit ausführlicher Begründung; RGZ 168, 321, 325; RAG ZZP 59 (1934), 410; OGHZ 4, 227, 229; OLG Karlsruhe HRR 1936 Nr. 699; aA OLG Posen OLGRspr 5, 55, 56; Christiansen S. 98 f., der die Voraussetzung der Unabhängigkeit von einer Gegenleistung ablehnt und stattdessen ein dringendes praktisches Bedürfnis für die vorzeitige Klageerhebung verlangt. 18 3058 2 BGH WM 2004, 193, 194; BGH MDR 1996, 1232 = ZMR 1996, 546 ff. = NVwZ 1997, 99 ff.; BGH NJW 1986, 3142; BAGE 79, 300, 303 = NZA 1995, 1109, 1110; BAGE 24, 63, 66 = NJW 1972, 733, 734. 3059 319 RGZ 61, 333, 335; RG HRR 1932 Nr. 989; RG JW 1923, 600, 601; OLG Hamburg OLGRspr 11, 75, 76; AG Hamburg WuM 1974, 14; Henke JA 1987, 397, 401; aA OLG Posen OLGRspr 5, 55. 3060 420 Vossen DB 1985, 385, dies gelte auch für noch nicht fälliges Arbeitsentgelt bei Annahmeverzug des Arbeitgebers gem. §§ 611 Abs. 1, 615 S. 1 BGB für die Zeit nach einem Kündigungstermin,
da dieser Anspruch das Angebot des Arbeitnehmers voraussetze. 3061 521 BGH NJW 2003, 1395; BGH MDR 1996, 1232 = NVwZ 1997, 99; kritisch Henssler NJW 1989, 138, 140 ff. wegen der Begrenzung auf Geldrentenansprüche in den Gesetzesmaterialien, der eine analoge Anwendung des § 259 wegen der Zahlungsunfähigkeit des Mieters vorschlägt. 22 3062 6 Str., so wie hier MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 9; aA LG Berlin GE 2002, 1064, 1065; Gies NZM 2003, 545, 547 und Henssler NJW 1989, 138, 141, die § 259 analog anwenden; Musielak/ Foerste Rdn. 2; offengelassen von BGH WM 2004, 193, 194 und BGH NJW 2003, 1395, der ebenfalls § 259 anwendet. 23 3063 7 Anders jedoch Petzoldt S. 26, der Renten ohne Prognosebedürfnis aus dem Anwendungsbereich des § 258 herausnehmen und die Gläubiger auf §§ 257 und 259 verweisen möchte. 3064 824 BGHZ 93, 287, 290 = NJW 1985, 1711, 1712; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 9, der hier Abhängigkeit von einer Gegenleistung annimmt; Bauch Rpfleger 1987, 12.
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Die Verzugszinsen für einen fälligen Anspruch, die über die gesetzlichen Zinsen hinausgehen, stellen bezüglich der Zinsen nach Urteilserlass künftige Leistungen dar.27 Nicht in Betracht kommt die Anwendung von § 258 allerdings für die Geltendmachung von etwaigen Verzugszinsen für einen künftigen, noch nicht absehbaren Verzug bei einer wiederkehrenden Leistung.28 4. Bestehen des Anspruchs
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Der Anspruch muss bereits zur Entstehung gelangt und seine Fälligkeit nur vom Zeitablauf abhängig sein.29 Daher kann z.B. vor Rechtskraft eines Scheidungsurteils ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht geltend gemacht werden, da dieser Anspruch erst zu diesem Zeitpunkt entsteht.30 Vor erfolgter Ehescheidung kann der nacheheliche Unterhaltsanspruch nur als Folgesache einer Scheidungssache nach Maßgabe des § 623 Abs. 1 anhängig gemacht werden.31
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a) Keine aufschiebende Bedingung. Ist der Anspruch aufschiebend bedingt, so stehen weder sein Eintritt noch seine Wiederkehr fest, was von § 258 aber vorausgesetzt wird.32 Allerdings ist ein Unterhaltspflichtiger trotz vorübergehender jahreszeitlich bedingter Arbeitslosigkeit (Saisonarbeiter) zu künftigen Unterhaltsleistungen mit der Maßgabe zu verurteilen, dass die Unterhaltspflicht während der Dauer der Arbeitslosigkeit entfällt.33
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b) Auflösende Bedingung. Dagegen hindert der auflösend bedingte Wegfall der Leistungspflicht, wie z.B. der Tod des Unterhaltsberechtigten, nicht die Verurteilung.34 Unterhaltsansprüche werden, sobald sie einmal entstanden sind, vom Verfahrensrecht als einheitliche Rechte auf wiederkehrende Leistungen behandelt und vom Augenblick ihres Entstehens an als durch den Wegfall ihrer Voraussetzungen auflösend bedingt angesehen.35
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c) Prognose der zukünftigen Entwicklung. Voraussetzung für die Verurteilung z.B. zu künftigen Rentenzahlungen ist, dass nicht nur der Grund, sondern auch die für die Höhe der Leistung wesentlichen Umstände mit ausreichender Sicherheit festzustellen sind.36 Deshalb muss im Gegensatz zu §§ 257 und 25937 eine Prognose bezüglich der künftigen Entwicklung angestellt werden, bei der die erfahrungsmäßig eintretenden Ereignisse Berücksichtigung finden.38 Der Richter muss bei einer zeitlich 3065 125 BGH NJW 1986, 3142. 3066 226 LSG Schleswig Urt. v. 31.3.2001 – L3P5/02 –. 27 3067 3 Kahlert NJW 1990, 1715, 1716 gegen Herr NJW 1988, 3137 ff., der sich wegen der Unsicherheit der künftigen Entwicklung gegen eine Verurteilung und für eine Beschränkung auf ein Feststellungsurteil ausspricht. Vgl. auch KG NJW 1989, 305 und OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 308. 3068 428 OLG Koblenz FamRZ 1980, 583, 585 (allenfalls § 259, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 9; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 9. 29 3069 5 BGH MDR 1996, 1232 = ZMR 1996, 546; BGH NJW 1986, 3142; BGHZ 82, 246, 251 = NJW 1982, 578, 579; OGHZ 4, 227, 229; OLG Kiel OLGRspr 6, 168, 169; aA RGZ 58, 139, 141. 3070 630 BGH NJW 1981, 978, 979 = FamRZ 1981, 242
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mit Anm. Mutschler; ebenso im Ergebnis OLG Hamm FamRZ 1978, 815. 7 BGH NJW 1981, 978, 979; Zöller/Philippi § 623 Rdn. 7a ff. 3072 832 Anders Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 4; Roth ZZP 98 (1985), 287, 303. 3073 933 LG Lüneburg NJW 1954, 1330. 34 3074 10 OGHZ 4, 227, 229 (genau genommen handelt es sich bei dem Tod um keine Bedingung, da er kein ungewisses Ereignis darstellt). 35 3075 11 BGHZ 82, 246, 250 = NJW 1982, 578, 579. 36 3076 12 BGH NJW 1983, 2197 = FamRZ 1983, 792; vgl. dazu BGHZ 82, 246, 250 = NJW 1982, 578, 579. 37 3077 13 Petzoldt S. 20 ff. 38 3078 14 BGH NJW 1985, 1345; BGH NJW 1983, 2197 = FamRZ 1983, 792. 31 3071
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unbefristeten Verurteilung zu einer Geldrente davon ausgehen, dass sich bis zum Eintritt der Fälligkeit nichts ändert.39 So muss z.B. bei einer Verurteilung zu einer Geldrente gem. § 843 BGB die Erfahrung, dass die als Richtlinie dienende Erwerbsfähigkeit eines Menschen regelmäßig altersbedingt nachlässt, bedacht werden40 und kann eine Durchschnittsrente festgesetzt werden.41 Bei Schadensersatzrenten nach § 844 Abs. 2 BGB darf eine Verurteilung nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres erfolgen.42 Kindesunterhalt kann unter Umständen nur in Höhe des Regelbedarfs tituliert werden.43 Keine Berücksichtigung kann jedoch die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse finden, für die der Gesetzgeber durch die § 1612a BGB, §§ 645 ff. ZPO ein besonderes Anpassungsverfahren geschaffen hat.44 Auch die Ungewissheit über die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens steht einer Verurteilung zu zukünftiger Leistung von Ruhegehaltszahlungen nicht entgegen.45 Gleiches gilt für die Verurteilung auf Zahlung von künftigem Erbbauzins bei Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel.46 Steht zu einem nahen47 zukünftigen Zeitpunkt48 die Änderung eines Bemessungsfaktors bevor, wie z.B. der Wechsel eines Kindes in die nächste Altersstufe, und lassen sich für diesen Zeitraum auch schon die Einkommensverhältnisse des Verpflichteten absehen, so ist dies vom Gericht grundsätzlich zu berücksichtigen.49 Die Möglichkeit, dass sich in Zukunft auch weitere Bemessungsfaktoren für die Höhe des Anspruchs ändern, steht dem nicht entgegen.50 Eine gewisse Unsicherheit bei der Einschätzung der zukünftigen Entwicklung ist hinzunehmen.51 Ist allerdings eine Einschätzung der künftigen Entwicklung anhand der Lebenserfahrung und der Lage im Urteilszeitpunkt nicht mit ausreichender Sicherheit möglich, kann keine Verurteilung zu künftigen Leistungen erfolgen.52 Eine Verweisung auf den Weg des § 323 in diesen Fällen würde zu einer Benachteiligung des Verurteilten führen.53 Es bleibt dann lediglich die Möglichkeit der Feststellungsklage. Dies gilt insbesondere, wenn die Geldleistung von Bedingungen abhängig ist, deren Eintritt oder Nichteintritt unbestimmbar ist. Das Gericht muss dem Kläger dann die Möglichkeit zur Antragsänderung geben.54 Ansonsten entfällt nicht allein dadurch das besondere Interesse für eine Feststellungsklage, dass die Möglichkeit einer Klage auf wiederkeh-
3079 139 Vgl. dazu das Beispiel bei Grunsky FS Michelakis (1973), S. 377, 378 f. 3080 240 RG JW 1906, 308 f. und 548; RGZ 83, 65, 66 f. 3081 341 RG JW 1935, 2949. 3082 442 BGH NJW 1983, 2197. 43 3083 5 BGH DAVorm 1982, 263, 266. 44 3084 6 BGH DAVorm 1982, 263, 266; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 11. 3085 745 BAG NJW 1972, 733, 734; aA Roth ZZP 98 (1985), 287, 302. 3086 846 BGH NJW 2007, 294 f. 3087 947 Nicht für die gesamte Zeit bis zum 18. Lebensjahr für ein siebenjähriges Kind, OLG Bremen FamRZ 1978, 825 f. (mehrere Jahre bis zum nächsten Sprung). 48 3088 10 Dies war in der Entscheidung des OLG Bremen NJW 1978, 2249, 2250 nicht der Fall. 49 3089 11 OLG Köln FamRZ 1980, 398 (weniger als drei Monate); OLG Köln NJW 1979, 1661 f.; OLG Stuttgart FamRZ 1980, 397 f. (knapp drei Mo-
nate); OLG Frankfurt FamRZ 1978, 721, 723 (21 Tage nach Urteilserlass); KG FamRZ 1990, 1122, 1123 (fünf Monate aber zu lang); aA OLG Bamberg FamRZ 1990, 187 = NJW-RR 1990, 74 (Abänderungsklage noch möglich); OLG Köln NJW 1979, 1661, 1662 (Abänderungsklage noch möglich); KG FamRZ 1979, 447, wonach die Änderung vom Gericht berücksichtigt werden kann, jedoch nicht berücksichtigt werden muss, da andernfalls ein Abänderungsprozess ohne Einwand des § 323 Abs. 2 möglich ist. 50 3090 12 OLG Stuttgart FamRZ 1980, 397. 51 3091 13 BGH VersR 1969, 713, 714 f. 52 3092 14 BGH NJW 2007, 294, wonach die Unzulässigkeit der Verurteilung dem Schutz des Schuldners dient; BGH NJW 1983, 2197; RGZ 145, 196, 198 f.; siehe auch Roth ZZP 98 (1985) 287, 302; vgl. aber BAG NJW 1972, 733, 734 f. 53 3093 15 BGH NJW 1983, 2197; RGZ 145, 196, 199. 54 3094 16 BGH NJW 1983, 2197.
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rende Leistungen gem. § 258 besteht (§ 256 Rdn. 214).55 Können allerdings alle Umstände, die für die Bemessung einer Unterhaltsrente gem. § 844 Abs. 2 BGB maßgebend sind, nämlich die Leistungsfähigkeit des Verunglückten und die Unterhaltsbedürftigkeit des Dritten bereits im Urteilszeitpunkt ermittelt werden, ist eine Feststellungsklage unzulässig.56 Denkbar ist auch die Verbindung beider Klagearten, also Klage auf künftige Leistung für die nächsten fünf Jahre verbunden mit der Feststellung des Rechtsverhältnisses für die spätere Zeit.57 5. Kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis
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Ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis, insbesondere die Besorgnis der Nichterfüllung ist für die Klage gem. § 258 nicht erforderlich.58 Deshalb ist das Rechtsschutzinteresse für eine Unterhaltsklage grundsätzlich auch dann zu bejahen, wenn der Verpflichtete den Unterhalt regelmäßig, pünktlich und in vollem Umfang bezahlt,59 zumal der Schuldner die freiwilligen Zahlungen jederzeit einstellen kann und der Gläubiger für diesen Fall einen Titel über den vollen Unterhalt benötigt.60 Kann allerdings der Kläger in vollem Umfang einen Titel billiger und schneller als im Prozess erlangen61 oder besitzt er bereits einen Vollstreckungstitel,62 fehlt es für eine Klage gem. § 258 am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis.63 Auf einen solchen Titel braucht sich der Kläger allerdings im Hinblick auf die unterschiedlichen Abänderungsmöglichkeiten gem. § 323 bezüglich dieses und eines zusätzlich erforderlichen gerichtlichen Titels nicht einzulassen, wenn nur ein Titel in Höhe der freiwilligen Unterhaltsleistung und nicht über den Gesamtunterhalt angeboten wird, auch wenn es sich nur um einen geringfügigen Unterschiedsbetrag handelt.64 Ein im summarischen Verfahren erlangter Titel hindert das Verfahren gem. § 258 ebenfalls nicht.65 3095 155 BGH NJW-RR 1990, 1532; RG Warn 1928 Nr. 121; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 10; Zöller/Greger Rdn. 2. 3096 256 BGHZ 5, 314, 315 f. = NJW 1952, 740. 3097 357 BGH NJW 1983, 2197. 3098 458 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 10a; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 15; aA Bittmann FamRZ 1986, 420, 421 f., der für die Zulässigkeit der §§ 257 ff. die Besorgnis der Nicht- bzw nicht ordnungsgemäßen Erfüllung fordert. Dies sei aber nicht gleichzusetzen mit der Voraussetzung des § 259, der ein darüber hinausgehendes zielstrebiges Verhalten des Schuldners erfordere. 3099 559 OLG Schleswig SchlHA 1996, 163; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 1207; OLG Köln FamRZ 1986, 827; OLG Hamm FamRZ 1985, 506; OLG Karlsruhe FamRZ 1979, 630; OLG Saarbrücken FamRZ 1985, 1280; OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 584, 585; OLG Hamburg FamRZ 1981, 583; OLG Koblenz FamRZ 1986, 826; OLG Hamm FamRZ 1983, 69; KG DAVorm 1979, 365, 367; aA KG FamRZ 1979, 171 f., soweit der Gläubiger die Festlegung seiner Verpflichtung in einer vollstreckbaren Urkunde angeboten hat; anders aber Köhler FamRZ 1991, 645 f. 60 3100 6 BGH NJW 1998, 3116; OLG Hamm FamRZ 1992, 831; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 1207; OLG Karlsruhe FamRZ 1979, 630; OLG München FamRZ 1990, 778; aA AG Stuttgart FamRZ 1998, 1125 f.; Bittmann FamRZ 1986, 420 ff.
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3101 761 Z.B. wenn der Gläubiger anbietet, eine Urkunde nach §§ 59 Abs. 1 Nr. 3 und 4, 60 Abs. 1 SGB VIII zu errichten, OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 1117 f.; KG FamRZ 1979, 171 f.; Zöller/ Greger Rdn. 1b; vgl. OLG Hamm FamRZ 1983, 69 f., das einen Titulierungsanspruch nur auf Kosten des Unterhaltsberechtigten bejaht; aA wohl OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 1010, 1011; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 15; Musielak/Foerste Rdn. 4. 3102 862 Zu weitgehend OLG Hamm FamRZ 1985, 506, selbst wenn der Gebrauch des Titels von der Zahlung der Notariatskosten durch den Unterhaltsberechtigten abhängig gemacht wird. Zu Recht lässt jedoch das AG Charlottenburg FamRZ 1991, 858, 859 bei einem Titel gem. §§ 59 Abs. 1 Nr. 3 und 4, 60 Abs. 1 SGB VIII die Klage gem. § 258 bezüglich höherer Forderungen zu. Allerdings ist umstritten, ob in diesem Fall nur die Abänderungsklage gem. § 323 möglich ist, vgl. BGH FamRZ 1989, 172, 174 = NJW 1989, 1033, der zu § 258 nicht Stellung nimmt. 63 3103 9 KG FamRZ 1979, 171; Zöller/Greger Rdn. 1a; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 15; Musielak/Foerste Rdn. 4. 64 3104 10 OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 1207, 1208; OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 584, 585; aA KG FamRZ 1979, 171, 172; vgl. auch Wax FamRZ 1982, 347, 348, der wegen § 93 die Aufforderung empfiehlt, wegen des freiwillig gezahlten Betrages eine voll-
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Um eine andere Frage handelt es sich, inwieweit dem Kläger bei sofortigem Anerkenntnis die Kosten auferlegt werden können (§ 93). Dieser trägt bei freiwilliger Zahlung des gesamten Unterhalts die Kosten, wenn er dem Schuldner vor Klageerhebung keine Gelegenheit gegeben hat, einen kostengünstigeren außergerichtlichen Titel zu beschaffen.66 Weigert sich der Unterhaltsschuldner, an der Titulierung seiner Unterhaltsverpflichtung mitzuwirken, hat er dagegen Anlass zur Klage gegeben.67 Auch bei Teilleistungen ist Veranlassung zur gesamten Klage anzunehmen, selbst wenn der Schuldner für den freiwillig geleisteten Teil zur außergerichtlichen Titulierung bereit ist (vgl. § 93 Rdn. 18).68 Die Beweislast für die Klageveranlassung trägt bei Klagen auf künftige Leistung der Kläger (aA § 93 Rdn. 7).69
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IV. Verfahren 1. Prüfung der besonderen Prozessvoraussetzungen Die besonderen Prozessvoraussetzungen werden in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen geprüft.70 Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen ist derjenige der letzten mündlichen Verhandlung (Vor § 253 Rdn. 160 ff.). Es gilt dasselbe wie bei § 257 (vgl. dort Rdn. 25).
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2. Entscheidung Liegen die besonderen Prozessvoraussetzungen nicht vor, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Das Bestehen des Anspruchs ist aber sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage von Bedeutung. Es handelt sich hier um eine sog. doppelrelevante Tatsache, deren Vorliegen für die Zulässigkeit nach der Schlüssigkeitstheorie71 des BGH72 (vgl. Vor § 253 Rdn. 136) nur schlüssig vorgetragen werden muss.73 streckbare Urkunde zu errichten, ebenso Göhlich FamRZ 1988, 560, 561; Künkel NJW 1985, 2665, 2672 f. 65 3105 1 BGH NJW 1979, 1508. 3106 266 OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 1117 f.; OLG Karlsruhe FamRZ 1985, 955, 956; vgl. dazu Künkel NJW 1985, 2665, 2669 ff., der zwischen der Möglichkeit gebührenfreier und gebührenpflichtiger außergerichtlicher Titulierung unterscheidet, zu eng dagegen OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 1010, 1011, das eine Veranlassung zur Klage verneint, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht die Übernahme der Kosten für den außergerichtlichen Titel anbietet. Noch weitergehender OLG Saarbrücken FamRZ 1985, 1280, das unabhängig von der Kostenübernahme selbst bei Verweigerung einer außergerichtlichen Titulierung durch den Unterhaltsschuldner die Veranlassung zur Klage verneint. 67 3107 3 OLG Karlsruhe FamRZ 1979, 630 f.; OLG Koblenz FamRZ 1986, 826; aA OLG Hamburg FamRZ 1981, 583; OLG Saarbrücken FamRZ 1985, 1280. 3108 468 OLG Köln NJW-RR 1998, 1703 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 1207, 1208; OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 584, 585; AG Charlottenburg
FamRZ 1994, 117, 118; OLG Stuttgart NJW 1978, 112; OLG Hamburg FamRZ 1981, 583; OLG Koblenz FamRZ 1986, 826; OLG Köln FamRZ 1986, 827; aA OLG Karlsruhe FamRZ 1985, 955, 956 (bei nur geringfügigem Rest); OLG Bremen NJW-RR 1990, 6, 7 (bei nur geringfügigem Rest); OLG Hamm FamRZ 1993, 712 (bei nur geringfügigem Rest); OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 117 (Verweigerung der außergerichtlichen Titulierung mangels Kostenübernahme durch den Unterhaltsberechtigten); OLG Frankfurt FamRZ 1998, 445 (Verweigerung der außergerichtlichen Titulierung mangels Kostenübernahme durch den Unterhaltsberechtigten); OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 1010, 1011; Musielak/Wolst § 93 Rdn. 29. 3109 569 OLG Celle HRR 1941 Nr. 347. 3110 670 RG HRR 1932 Nr. 989. 71 3111 7 Vgl. Ost Doppelrelevante Tatsachen im internationalen Zivilverfahrensrecht (2002), S. 21 ff. 3112 872 BGHZ 124, 237, 240 = NJW 1994, 1413; BGHZ 7, 184, 186 = NJW 1952, 1336. 3113 973 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 14; Musielak/Foerste Rdn. 3; Wax FamRZ 1982, 347, 348.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Kann die künftige Entwicklung nicht mit ausreichender Sicherheit eingeschätzt werden, hat eine Verurteilung zu künftigen Leistungen zu unterbleiben.74 Der Kläger kann in diesem Fall zu einer Feststellungsklage übergehen (oben Rdn. 17). Der Tenor eines der Klage stattgebenden Urteils muss Angaben dazu enthalten, ab welchem Zeitpunkt, in welchen Zeitabständen, bis zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe die wiederkehrenden Leistungen erbracht werden müssen.75 Sind die wiederkehrenden Leistungen befristet, ist die Verurteilung auf den Zeitraum der Leistungspflicht zu begrenzen.76 Im Urteil kann bei der Verurteilung zu einer Geldrente gem. §§ 843 bis 845 BGB oder §§ 1569 bis 1586b BGB auch auf Sicherheitsleistung erkannt werden (vgl. § 324).77 In der Zukunft liegende ungewisse Ereignisse, deren Eintritt zu einer Beendigung der Leistungspflicht führen würde, sind im Urteilstenor nicht zu berücksichtigen.78 3. Rechtskraft
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Der Umfang der materiellen Rechtskraft ist bei Urteilen bezüglich künftig fällig werdender Leistungen nicht einfach zu bestimmen, da der Richter eine Prognoseentscheidung insoweit trifft, als keine Veränderungen zwischen Urteilserlass und Fälligkeit eintreten werden. Allerdings stellt ein stattgebendes Urteil über die Entrichtung einer Unterhaltsrente nicht nur den Rechtszustand zurzeit der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung fest; vielmehr ergreift die Rechtskraft auch die erst künftig zu entrichtenden Unterhaltsleistungen, deren Festsetzung lediglich auf einer Prognose der zukünftigen Entwicklung beruht.79 In den Fällen einer in die Zukunft greifenden Rechtskraft stellt die Geltendmachung einer von der Prognose des Gerichts abweichenden tatsächlichen Entwicklung der Verhältnisse nicht das Vorbringen einer neuen Tatsachenlage dar, über die das Gericht noch nicht zu entscheiden hatte, sondern einen Angriff gegen die Richtigkeit des (ersten) Urteils. Hier greift § 323 ein, mit dessen Hilfe die Rechtskraftwirkung des Urteils durchbrochen und die Entscheidung den veränderten Urteilsgrundlagen angepasst werden kann.80 Ist der Unterhaltsanspruch für eine bestimmte Zeit zugesprochen und – etwa wegen der Annahme künftigen Wegfalls der Bedürftigkeit – ab einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aberkannt worden, beruht die Aberkennung auf der richterlichen Prognose, dass die zukünftige Entwicklung zu einem Wegfall des Anspruchs führen wird. Aus diesem Grund kommt bei einer von dieser Prognose abweichenden tatsächlichen Entwicklung die Abänderung des Urteils nach § 323 in Betracht.81 § 323 findet auch dann Anwendung, wenn ein Unterhaltsgläubiger, der seinen Unterhalt erfolgreich eingeklagt hatte, dessen Unterhaltsrente jedoch später – etwa wegen Wegfalls der Bedürftigkeit – im Wege der Abänderung aberkannt worden ist, in der Folge erneut Unterhalt verlangt, weil sein Unterhaltsbedarf nicht mehr gedeckt sei.82 3114 174 BGH NJW 1983, 2197; RGZ 145, 196, 198 f.; siehe auch Roth ZZP 98 (1985) 287, 302; vgl. aber BAG NJW 1972, 733, 734 f. 75 3115 2 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 17; Zöller/Greger Rdn. 4. 3116 376 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 5. 3117 477 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 17. 3118 578 OLG Stuttgart FamRZ 1979, 704 f. 3119 679 BGH NJW 1982, 578, 579; Musielak/Foerste
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Rdn. 1; Braun JuS 1986, 364, 369; aA Grunsky FS Michelakis (1973), S. 377, 391 f. 7 BGH NJW 1982, 578, 579; Braun ZZP 97 (1984), 340, 342 ff.; Petzoldt S. 83 ff. Zum Vorrang der Abänderungsklage gegenüber der Vollstreckungsabwehrklage vgl. Hoppenz FamRZ 1987, 1097, 1098. 3121 881 BGH NJW 1985, 1345, 1346; BGH FamRZ 1984, 353, 354 f.; OLG Hamm FamRZ 1982, 920, 921. 3122 982 BGH NJW 1985, 1345, 1346. 80 3120
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Dagegen kann einem Urteil, mit dem eine Unterhaltsklage wegen fehlender Bedürftigkeit des Klägers abgewiesen worden ist, keine in die Zukunft reichende Rechtskraft beigemessen werden.83 Tritt die Unterhaltsbedürftigkeit später ein, so ist der Unterhaltsanspruch erst nach der letzten Tatsachenverhandlung des Vorprozesses entstanden. Damit steht die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils einer neuen Klage ebenso wenig im Wege wie in sonstigen Klageabweisungsfällen, in denen eine neue Tatsache eintritt, die einen anderen, vom rechtskräftigen Urteil nicht erfassten Lebensvorgang schafft.84 Ähnliche Gesichtspunkte gelten für den Fall, dass eine in die Zukunft gerichtete Entscheidung aus tatsächlichen Gründen, nämlich mangels genügender Überschaubarkeit der künftigen, für die Bemessung maßgebenden Umstände, unterbleibt und die Klage auf Zubilligung der Rente als zurzeit unbegründet abgewiesen wird.85 Auch hier steht die Rechtskraft einer erneuten Leistungsklage nicht entgegen, wenn der Kläger nach Klärung der Verhältnisse erneut eine Verurteilung erstrebt.86
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4. Vollstreckung Auch hier darf die Vollstreckung nicht vor dem Fälligkeitszeitpunkt beginnen (§ 751 Abs. 1: Vollstreckung nach Ablauf des Tages der Fälligkeit), die Vollstreckungsklausel kann dagegen gem. § 726 Abs. 1 schon vor Fälligkeit erteilt werden (vgl. dazu die Ausführungen zu § 257 Rdn. 31).
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5. Abänderbarkeit /„Zusatzklage“ Weicht die tatsächliche87 Entwicklung der Verhältnisse von der Prognose des Gerichts ab, kann dies mit der Abänderungsklage gem. § 323 geltend gemacht werden (siehe oben Rdn. 25).88 Grundsätzlich ist deshalb eine Klage auf zusätzliche Leistungen (Zusatz- oder Nachforderungsklage) nur unter den Voraussetzungen und in dem Umfang des § 323 zulässig.89 Die Zusatz- oder Nachforderungsklage ist allerdings auch dann zulässig, wenn in dem Vorprozess die aus dem bestimmten Rechtsverhältnis fließenden wiederkehrenden Leistungen nur teilweise eingeklagt waren. Dies ist jedoch nur anzunehmen, wenn im Vorprozess ausdrücklich erklärt oder aus den Umständen zu entnehmen war, dass die in bestimmter Höhe begehrten wiederkehrenden Leistungen nur einen Teil einer an sich höheren Forderung darstellen.90 So entscheidet ein Urteil, das eine Unterhaltsrente über einen freiwillig bezahlten Betrag hinaus zuspricht, über eine Teilklage und stellt nicht rechtskräftig fest, dass der zugrunde liegende Unterhaltsanspruch im Umfang der freiwilligen Zahlung besteht.91 3123 183 AA Wax FamRZ 1982, 347, 348. 3124 284 BGH NJW 1982, 578, 579; BGH NJW 1982, 1284, 1285 (bei klageabweisendem Urteil bezüglich einer Unterhaltsforderung über den freiwillig gezahlten Betrag hinaus); Nikisch ZPR § 107 II 1 (S. 422); aA OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 1125 f. (Teilabweisung ab einem bestimmten Zeitpunkt, weil dann die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen). 85 3125 3 Nach Petzold S. 98 ff., 101 ist eine Klageabweisung als zurzeit unbegründet bei § 258 nicht möglich. 3126 486 Vgl. BGH NJW 1985, 1345; BGH NJW 1982, 578, 579; BGH NJW 1967, 2403, 2404.
3127 587 Bei Änderung der Rechtslage vgl. Oetker ZZP 115 (2002), 3, 6 f. 3128 688 BGH NJW 1982, 578, 579. 3129 789 BGHZ 34, 110, 114 ff. = NJW 1961, 871, 872 f. = JZ 1961, 546 mit zust. Anm. Pohle; Niklas MDR 1989, 131. 90 3130 8 BGH NJW 1986, 3142; BGHZ 94, 145, 147 = NJW 1985, 1701; BGHZ 93, 330, 334 = NJW 1985, 1340, 1341; BGHZ 34, 110, 118 f. = NJW 1961, 871, 873 = JZ 1961, 546 mit zust. Anm. Pohle; OLG Frankfurt FamRZ 1980, 894, 895; OLG Schleswig SchlHA 1979, 227; Niklas MDR 1989, 131, 134.
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§ 259
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Bei einem einseitigen schuldbestätigenden Anerkenntnis einer Unterhaltspflicht in einer vollstreckbaren Urkunde kann der Gläubiger regelmäßig eine Zusatzklage erheben, und zwar auch für die Vergangenheit und ohne eine wesentliche Veränderung der dem Anerkenntnis zugrunde liegenden Verhältnisse.92 Wurde die vollstreckbare Urkunde allerdings im gegenseitigen Einvernehmen über den gesamten Unterhalt errichtet,93 so fällt diese in den Anwendungsbereich des § 323.94
§ 259 Klage wegen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Schrifttum Burmann Die gleichzeitige Geltendmachung des Herausgabe- und Schadensersatzanspruches für den Fall der Nichtherausgabe unter bes. Berücksichtigung der Klage auf künftige Leistung § 259 Z.P.O., 1922; Hakenbeck Eventuelle Anspruchshäufung und unechte Eventualklage, 1979; Henke Die Klage auf künftige Leistung der ZPO, JA 1987, 397; Henssler Die Klage auf künftige Leistung im Wohnraummietrecht, NJW 1989, 138; Gies Klageanträge in Mietsachen, NZM 2003, 545; Karst Auswirkungen des § 556a BGB auf die Zulässigkeit einer Klage auf künftige Räumung gem. § 259 ZPO, ZMR 1988, 453; Lindacher Gesicherte Unterlassungserklärung, Wiederholungsgefahr und Rechtsschutzbedürfnis, GRUR 1975, 413; Roth Die Klage auf künftige Leistung nach §§ 257–259 ZPO, ZZP 98 (1985), 287.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Die besonderen Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand . . . . . . . . . 2. Künftige Leistung . . . . . . a) Gewissheit . . . . . . . . b) Bedingte Ansprüche . . . . 3. Besorgnis der Entziehung der rechtzeitigen Leistung . . . . . IV. Besonderheiten
. . . . .
3 3 5 6 10
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3131 191 BGHZ 93, 330, 334 = NJW 1985, 1340, 1341. 3132 292 LG München MDR 1968, 930 f.; AG Charlottenburg FamRZ 1991, 858, 859; aA LG Köln NJW 1963, 259; LG Braunschweig NJW 1960, 1956, 1958; BGH NJW 1985, 64, 65 lässt es dahingestellt, ob neben einer Abänderungsklage noch eine Klage gem. § 258 zulässig ist; BGH NJW
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Rdn 1. Einreden . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten bei Klagen . . . a) auf Räumung von Wohnraum b) auf Unterlassung . . . . . .
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V. Verfahren . . . . . . . . . . . 1. Antrag . . . . . . . . . . . 2. Prüfung der besonderen Prozessvoraussetzungen . . . . . . . 3. Entscheidung . . . . . . . . 4. Sofortiges Anerkenntnis . . . . 5. Vollstreckung . . . . . . . .
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2003, 3770, 3771; weitergehend Graba FamRZ 2005, 678, 683, der dem Gläubiger ein Wahlrecht zugestehen will. 3133 393 Davon kann allerdings bei einer Errichtung der Urkunde durch das Jugendamt nicht ausgegangen werden vgl. Graba FamRZ 2005, 678, 679 f. 3134 494 Dazu ausführlich Graba FamRZ 2005, 678, 683.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 259
I. Gesetzesgeschichte Die Regelung wurde durch die Novelle von 18981 als § 231c eingefügt und mit der Bekanntmachung von 18982 inhaltsgleich zu § 259.
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II. Normzweck § 259 verfolgt den Zweck, vorbeugend demjenigen Gläubiger zu helfen, der befürchten muss,3 dass seine künftigen Forderungen von dem Schuldner aus erkennbar gewordener Zahlungsunwilligkeit heraus nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden.4 Der Gläubiger soll seine Rechte so rechtzeitig wahrnehmen können, dass er mit der Zwangsvollstreckung, falls erforderlich, im Zeitpunkt der Fälligkeit beginnen kann.5 Insoweit regelt § 259 lediglich die Zulässigkeit der Klage auf künftige Leistung und verlegt nicht die Fälligkeit des Anspruchs vor.6 Zum Normzweck vgl. auch Vor §§ 257–259 Rdn. 2 ff.
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III. Die besonderen Prozessvoraussetzungen 1. Gegenstand Unter den Anwendungsbereich von §§ 257 und 258 fallen nur Klagen auf künftige Leistungen, die nicht von einer Gegenleistung abhängig sind (§ 257 Rdn. 6 ff.; § 258 Rdn. 6).7 Dagegen lässt § 259 auch die Verurteilung zu künftigen Leistungen zu, die von einer Gegenleistung abhängig sind („außer in den Fällen der §§ 257, 258“).8 § 259 ist deshalb als Auffangtatbestand für Klagen auf künftige Leistung anzusehen,9 weil im Wege dieser Klage noch nicht fällige Leistungen aller Art geltend gemacht werden können. Diese können auf Geld oder sonstige Gegenstände gerichtet sein, wie z.B. auf die Herausgabe einer Sache oder auf eine Auskunftserteilung.10 Auch Miet- und Pachtzahlungen11 oder künftige Lohnzahlungen12 können mit einer Klage gemäß § 259 geltend gemacht werden. Dies gilt auch für künftige Vergütungsansprüche im gekündigten oder sonst gestörten Arbeitsverhältnis, allerdings in der Regel nur bis zur Rechtskraft der Kündigungsschutzklage oder der Feststellungsklage, da danach die Besorgnis der Leistungsentziehung entfällt,13 und für den Fall, dass ein Gläubiger des Arbeitnehmers die gepfändeten Lohnansprüche einzieht14. Einwendungen des Arbeitgebers aus einer künftigen Nichtleistung von Diensten des Arbeitnehmers können durch Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 geltend gemacht werden.15 1 13135 RGBl S. 256, 269. 2 23136 RGBl S. 410, 458. 3137 3 3 Deshalb wird die Klage auch häufig als Besorgnisklage bezeichnet, Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 1. 4 43138 RGZ 132, 338, 340 f.; BAG AP Nr. 2 zu § 259 ZPO. 3139 5 5 RGZ 132, 338, 340 f. 3140 6 6 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 2. 7 73141 RGZ 168, 321, 325; RGZ 61, 333, 335 ff. 8 83142 RGZ 168, 321, 325; RGZ 61, 333, 336; BAGE 42, 54, 57 = DB 1983, 1263 = ZIP 1983, 1247, 1250. 9 93143 Meist wird von einer Generalklausel gesprochen: Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 1; MünchKomm/
Becker-Eberhard Rdn. 1; Henke JA 1987, 397, 403. 10 RG Warn 1912 Nr. 281. 11 3145 11 RGZ 61, 333, 337; RG HRR 1932 Nr. 989; OLG Breslau JW 1928, 1152; OLG Karlsruhe HRR 1936 Nr. 699. 12 3146 12 BAG AP Nr. 1 und 2 zu § 259 ZPO; RAGE 18, 148, 152; Heimann ArbuR 2002, 441 mwN. 13 3147 13 Vossen DB 1985, 385, 386 f.; ebenso Heimann ArbuR 2002, 441, 442. 14 3148 14 BAG AP Nr. 1 und 2 zu § 259 ZPO (Nr. 2 mit zust. Anm. Zeuner); RAGE 18, 148, 152. 15 3149 15 BAG DB 1983, 1263; RAGE 18, 148, 152; vgl. Grunsky FS Michelakis (1973), S. 377, 379; Heimann ArbuR 2002, 441, 448. 10 3144
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§ 259
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Umstritten ist die Anwendbarkeit des § 259 bei Ansprüchen auf Abgabe einer Willenserklärung. Zum Teil wird sie mit Hinweis auf § 894 verneint, da die Wirkung der Willenserklärung bereits mit Rechtskraft des Urteils eintreten würde.16 Die Gegenansicht bejaht die Anwendbarkeit.17 In der Tat besteht auch hier ein Bedürfnis für die Anwendbarkeit des § 259. Da das Urteil auf künftige Leistung gerichtet ist, ist für den Eintritt der Fiktion des § 894 nicht bereits die Rechtskraft des Urteils maßgebend, sondern entsprechend § 894 Abs. 1 S. 2 die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils analog § 726 Abs. 2 mit Nachweis der Fälligkeit. 2. Künftige Leistung
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§ 259 erlaubt die Klage auf künftige Leistungen aller Art und auch solcher, die von einer Gegenleistung oder Bedingung abhängen. Nicht darunter fallen erst in Zukunft entstehende Ansprüche. Auf solche findet § 259 keine Anwendung.18 Deshalb kann z.B. vor der Scheidung nicht auf künftigen Unterhalt geklagt werden, da vor rechtskräftiger Scheidung der Anspruch noch nicht besteht.19
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a) Gewissheit. Die Zulässigkeit der Klage auf künftige Leistung wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass eine bestimmte Gewissheit der künftigen Leistung gefordert wird.20 Eine künftige Leistung iSd § 259 liegt deshalb nur dann vor, wenn sie in ihrem Bestand bereits gewiss ist.21 Dies ist der Fall, wenn Ansprüche auf künftige Leistungen ihre Grundlage in einem Rechtsverhältnis finden, dessen rechtserzeugende Tatsachen schon gegenwärtig eingetreten sind.22 So kann gem. § 259 schon Ersatz künftiger Aufwendungen bei feststehendem Ersatzanspruch gefordert werden.23 Ebenso können Verzugszinsen für erst künftig fällig werdende Unterhaltsansprüche bereits bei Gefahr des Verzugs geltend gemacht werden (vgl. dazu § 258 Rdn. 10).24 Dagegen kann nicht auf künftige Leistung nach § 259 geklagt werden, wenn die Leistung wegen eines gesetzlichen Herstellungsverbots auf ungewisse Zeit unmöglich ist.25 Soweit die zukünftige Leistungspflicht von einer zukünftig zu erbringenden Gegenleistung abhängt, spricht die Rechtsprechung26 neben der Gewissheit von der Bestimmtheit bzw der Bestimmbarkeit der zu erbringenden Leistung. Dies soll sicherstellen, dass die Leistung nur zu erbringen ist, wenn aller Voraussicht nach auch die Gegenleistung erbracht wird. Für die Bestimmbarkeit iSv § 259 ist es nicht erforderlich, dass die Leistung unter allen Umständen mit Sicherheit geschuldet wird, sondern nur, dass sie, falls sich nichts Unerwartetes ereignet, geschuldet bleibt.27 Demnach
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3150 116 OLG Köln FamRZ 1991, 571 (dies lässt § 259 allerdings an der fehlenden Besorgnis wegen § 894 scheitern); Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 3. 3151 217 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 3; Hakenbeck S. 124 ff. 3152 318 BGH NJW-RR 2006, 1485, 1486; OLG Karlsruhe OLGZ 1991, 448, 449; aA Burmann S. 104 f. 3153 419 RG Warn 1914 Nr. 293; OLG Dresden SeuffArch 72 Nr. 107. 20 3154 5 Bei dieser Voraussetzung handelt es sich um eine sog. doppelrelevante Tatsache (vgl. § 258 Rdn. 22), deren Vorliegen für die Zulässigkeit nur schlüssig vorgetragen werden muss; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 4. 3155 621 BGHZ 43, 28, 31 = NJW 1965, 440, 441; RG JW
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1914, 937; RGZ 168, 321, 325 f.; BAG ZUM 1998, 84 f.; Dütz AfP 1980, 17, 21. 7 BGH NJW-RR 2003, 850, 856; OLG Dresden OLG-NL 1999, 114, 115 = WuM 2000, 138 = NZM 1999, 173. 3157 823 BGH LM Nr. 21 zu § 206 BEG 1956 = MDR 1969, 1006. 3158 924 OLG Koblenz FamRZ 1980, 583, 585; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 1a; aA Musielak/Foerste Rdn. 2. 25 3159 10 RGZ 168, 321, 325 f. 26 3160 11 RGZ 168, 321, 325 f.; BAG AP Nr. 1 zu § 259 ZPO. 27 3161 12 RGZ 168, 321, 325 f.; BAG AP Nr. 1 zu § 259 ZPO; BAG DB 1983, 1263. 22 3156
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können künftige Vergütungsansprüche zwar entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird oder wenn die geschuldete Arbeitsleistung ausbleibt und die Vergütung nicht fortzuzahlen ist, z.B. bei längerer Krankheit, unbezahltem Urlaub, unentschuldigten Fehlzeiten usw. Diese sich aus der Natur der von einer Gegenleistung abhängigen Schuld ergebenden Unsicherheitsfaktoren hindern aber nach dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung die Klage auf künftige Leistung gemäß § 259 nicht (vgl. zu den in diesem Zusammenhang erhöhten Anforderungen an den zu stellenden Antrag Rdn. 37).28 Ist der Beklagte wegen des späteren Ausbleibens der Gegenleistung nicht zur Leistung verpflichtet, so bleibt ihm weiterhin die Möglichkeit der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767).29 b) Bedingte Ansprüche. Die Ansprüche auf künftige Leistung können auch bedingt sein.30 Abgesehen vom Eintritt der Bedingung muss aber die Verpflichtung des Schuldners zur Erbringung der zukünftigen Leistung in ihrem Bestande gewiss sein (siehe oben Rdn. 6).31 Als bedingter Anspruch konnte ein Schadensersatzanspruch gem. § 283 BGB a.F. bei Besorgnis der Nichterfüllung nach § 259 im Wege der Klagenhäufung gemeinsam mit der Herausgabeklage geltend gemacht werden (§ 255 Rdn. 16 f.).32 Dasselbe gilt für § 281 BGB n.F., wenn der Kläger sein Schadensersatzverlangen unter der Bedingung erklärt, dass die Vollstreckung des Leistungsurteils keinen Erfolg hat oder der Schuldner innerhalb einer von ihm bestimmten Frist nicht leistet (§ 255 Rdn. 18).33 Bei fehlender Besorgnis der Nichterfüllung gem. § 259 kommt allenfalls eine Klage auf künftige Schadensersatzleistung unter den Voraussetzungen des § 510b in Betracht.34 Ebenso kann die Klage auf künftige Nutzungsentschädigung gem. § 546a BGB mit einer Räumungsklage infolge außerordentlicher Kündigung wegen lang anhaltender Nichtentrichtung des Mietzinses verbunden werden.35 Die Klage des Sozialhilfeträgers auf künftig fällig werdenden übergeleiteten Unterhalt ist zulässig, allerdings nur, wenn in der Urteilsformel die Bedingung zum Ausdruck gebracht wird, dass künftig Sozialhilfeleistungen ohne mehr als zweimonatige Unterbrechung mindestens 3162 128 BAG AP Nr. 1 zu § 259 ZPO; BAG DB 1983, 1263. 3163 229 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 3. 3164 330 BGH NJW-RR 2003, 850, 856; BGHZ 147, 225, 231 = NJW 2001, 2178, 2180 = JZ 2002, 44 mit abl. Anm. Berger = JR 2002, 234 mit abl. Anm. Jost (Klage des Schuldners gegen den Drittschuldner unter der Bedingung, dass die Pfändungsgläubiger befriedigt sind); BGHZ 43, 28, 31 = NJW 1965, 440, 441; BGHZ 5, 342, 344 = NJW 1952, 817, 818; RGZ 94, 227, 228; RGZ 90, 177, 181; RGZ 51, 243, 244; RG JW 1930, 132, 133 (Verurteilung zur Auflassung durch einen Nichteigentümer, sobald er die Rechtsmacht dazu hat); BAG ZUM 1998, 84 f.; vgl. auch OLGR Koblenz 2001, 110, 113 f. (Rückgewähr einer Sicherungsgrundschuld vor Wegfall des Sicherungszwecks); OLG Königsberg OLGRspr 5, 57 f. (bedingte Verurteilung); Burmann S. 98 f.; aA OLG Dresden OLGRspr 17, 143 f. 3165 431 BGHZ 43, 28, 31 = NJW 1965, 440, 441; BAG ZUM 1998, 84 f.
3166 532 BGH NJW 1999, 954, 955 mwN = LM Nr. 7 zu § 283 BGB mit Anm. Becker-Eberhard = EWiR 1999, 143 (Schuschke) = WuB VII A § 259 ZPO 1.99 (Münzberg); OLGR Brandenburg 2001, 80. 3167 633 Zum entscheidenden Zeitpunkt für die Schadensbemessung vgl. Kohler JuS 1992, 58, 62. 3168 734 Wieser NJW 2003, 2432, 2433. MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 Rdn. 180 zieht dagegen in Erwägung, wegen des bereits bestehenden Anspruchs von den Voraussetzungen des § 259 abzusehen. Jedoch würde hierdurch der Beklagte, wenn er nur die Leistungspflicht als solche, nicht aber auch für den Fall ihrer Bejahung durch das Gericht den Schadensersatzanspruch bestreitet, unangemessen benachteiligt. Ein schutzwürdiges Interesse an der gleichzeitigen Geltendmachung beider Ansprüche besteht auch hier nur bei Besorgnis der Entziehung der rechtzeitigen Leistung. 3169 835 BGH NJW 2003, 1395 f.; OLG Dresden NZM 1999, 173.
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in Höhe der Verurteilung erbracht werden.36 Allerdings bleibt die Aktivlegitimation des Unterhaltsberechtigten für künftige Unterhaltsraten davon unberührt.37 Auch das Begehren auf Leistung des nach Befriedigung der Pfändungsgläubiger verbleibenden Rests an den Kläger ist gem. § 259 zulässig, da seine Forderung schon jetzt fällig ist und die Berechtigung auf Zahlung an ihn nur von der Bedingung abhängt, dass die Pfändungsgläubiger befriedigt sind und damit die zu deren Gunsten bestehenden Pfändungspfandrechte wegfallen.38 Unter § 259 fallen auch Ansprüche, die von einer Rechtsbedingung abhängig sind,39 wie z.B. von der Feststellung erstattungsfähiger Verwendungen gemäß § 1003 Abs. 2 BGB40, vom Anspruchsausfall gemäß § 839 Abs. 1 S. 2 BGB41 oder von dem Erfordernis einer behördlichen Genehmigung42. Ob § 259 auch anwendbar ist, wenn der Anspruch noch eine erzwingbare Willenserklärung des Beklagten voraussetzt, wie etwa der Zahlungsanspruch aus der Mieterhöhung die vorhergehende Zustimmung gemäß § 558b BGB, ist umstritten.43 In der Praxis empfiehlt es sich für den Kläger, seinen Zahlungsantrag (gegebenenfalls nach Hinweis des Gerichts gem. § 139) als uneigentlichen Eventualantrag für den Fall des Obsiegens hinsichtlich des Hauptantrags zu stellen.44 Da über den Hilfsantrag erst nach positiver Entscheidung über den Hauptantrag entschieden werden kann, findet § 259 in der Regel keine Anwendung mehr, weil es sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr um einen künftigen, sondern um einen fälligen Anspruch handelt. Zwar ist dieser Anspruch bei Klageerhebung ein künftiger, aber nicht mehr in dem Zeitpunkt, in dem über die Zulässigkeit des Anspruchs zu entscheiden ist. Allenfalls in dem Zeitraum zwischen der Entscheidung über den Hauptantrag und deren Rechtskraft kommt eine Anwendung von § 259 in Betracht, wenn der Beklagte trotz Verurteilung nicht frei3170 136 BGH NJW 1992, 1624, 1625; BGH NJW-RR 1992, 566, 567; OLG Düsseldorf DAVorm 1982, 282, 283 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1979, 1010, 1011; OLG Hamm FamRZ 1980, 890, 891; OLG Schleswig SchlHA 1984, 57; OLG Bremen FamRZ 1984, 1256; Seetzen NJW 1978, 1350, 1352. 37 3171 2 BGH NJW 1982, 232, 233. 3172 338 BGHZ 147, 225, 231 = NJW 2001, 2178, 2180; dagegen Berger JZ 2002, 46, 48, weil die Klage des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner auf den nach der Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers noch verbleibenden Teil der Leistung von der Ungewissheit geprägt sei, inwiefern die gepfändete Forderung vom Pfändungsgläubiger in Anspruch genommen werden muss. Dagegen hält Jost JR 2002, 237, 238, § 259 für unanwendbar, da der Anspruch bereits fällig sei. 3173 439 Baumann AcP 169 (1969), 317, 333; Bunte JuS 1967, 206, 207 mwN; aA OLG Jena OLGRspr 2, 441 f. (zur Geltendmachung des früheren Aussteueranspruchs gem. § 1620 BGB a.F. vor der Heirat). 40 3174 5 RGZ 137, 98, 101. 41 3175 6 Baumann AcP 169 (1969), 317, 333; aA Musielak/Foerste Rdn. 2; offensichtlich auch BGHZ 4, 10, 14 f. 3176 742 BGH NJW 1978, 1262, 1263 (Verurteilung allerdings nur unter Vorbehalt der Genehmigung);
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Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 2; ebenso Musielak/Foerste Rdn. 2; dagegen MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 3; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 1; offengelassen in BGHZ 120, 239, 247 f. = NJW 1993, 925, 927. 3177 843 Dafür Musielak/Foerste Rdn. 2; dagegen LG Duisburg NJW-RR 1999, 12 (fälliger Anspruch); Börstinghaus NZM 1999, 881, 888; Eckert/Rau ZMR 1999, 335, 336: Klage gem. § 259 unzulässig, weil Anspruch frühestens mit Verkündung des Zustimmungsurteils entsteht, allenfalls kommt analoge Anwendung des § 254 in Betracht. Eine analoge Anwendung des § 254 ist jedoch mangels Vergleichbarkeit abzulehnen (vgl. § 254 Rdn. 25). 44 3178 9 Anders dagegen LG Duisburg NJW-RR 1999, 12, das eine kumulative Klagenhäufung ohne Anwendung des § 259 angenommen hat, weil der Zahlungsanspruch rückwirkend entstehe. Allerdings müsse die mit der Zustimmungsklage verbundene Zahlungsklage als unbegründet abgewiesen werden, wenn gegen das Urteil die Berufung zulässig sei, weil der Mieter nicht vor Rechtskraft des Zustimmungsurteils zur Zahlung verurteilt werden kann. Die Unbegründetheit der Zahlungsklage ziehe jedoch nicht ihre Unzulässigkeit nach sich. In der Berufungsinstanz könne sie begründet werden, weil die Zustimmungserklärung mit Verkündung des Berufungsurteils als erteilt gelte (§ 894).
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willig zustimmt und eine Vollstreckung gem. § 894 Abs. 1 S. 1 erforderlich wird. Dies kann der Kläger aber dadurch vermeiden, dass er seinen Eventualantrag von der positiven rechtskräftigen Entscheidung über den Hauptantrag abhängig macht, so dass es der Voraussetzungen des § 259 letztendlich nicht bedarf. Gleiches gilt für den Anspruch aus dem Hauptvertrag, wenn vorher auf dessen Abschluss auf Grund eines Vorvertrags geklagt wird.45 Auch in diesen Fällen bedarf es also in der Regel keiner entsprechenden Anwendung des Rechtsgedankens von § 259.46 Die von der Rechtsprechung geforderte Gewissheit grenzt die Möglichkeit einer Klage gemäß § 259 bei aufschiebend bedingten Ansprüchen ein. Zum Teil wird dieses Abgrenzungskriterium als unklar bezeichnet47 und eine entsprechende Anwendung des § 916 Abs. 2 vorgeschlagen. § 259 solle demnach keine Anwendung finden, wenn der bedingte Anspruch wegen der entfernten Möglichkeit des Eintritts der Bedingung keinen gegenwärtigen Vermögenswert hat.48 Letztendlich unterscheiden sich beide Ansichten nur unwesentlich, da bei einer bloß entfernten Möglichkeit die von der Rechtsprechung geforderte Gewissheit kaum angenommen werden kann.
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3. Besorgnis der Entziehung der rechtzeitigen Leistung Besondere Prozessvoraussetzung für eine Klage gemäß § 259 ist die Besorgnis, dass sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung willentlich49 entziehen werde. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Anspruch vom Schuldner ernstlich bestritten wird.50 Nicht erforderlich ist aber, dass er böswillig oder fahrlässig, also trotz Kenntnis bzw Kennenmüssens seiner Verpflichtung, die Leistung bestreitet; es genügt die Absicht der Nichterfüllung.51 Hängt sein Unvermögen zur Leistung nicht von seinem Willen ab, so ist § 259 unanwendbar. Eine Nichtleistung wegen voraussichtlicher Zahlungsunfähigkeit fällt deshalb grundsätzlich nicht darunter.52 In diesem Fall bestreitet der Schuldner seine Verpflichtung nicht, sondern ist nur eventuell nicht in der Lage, sie zu erfüllen. Hier muss der Gläubiger abwarten, bis er die Klage zu sofortiger Leistung erheben kann. Zum Teil wird in Fällen voraussichtlicher Zahlungsunfähigkeit des Mieters bezüglich der Nutzungsentschädigung wegen nicht rechtzeitiger Räumung § 259 zumindest für entsprechend anwendbar erklärt.53 Der BGH54 hält jedenfalls bei schon
3179 145 Vgl. dazu BGH NJW 2001, 1285, 1286. 3180 246 AA BGH NJW 2001, 1285, 1286. 3181 347 Roth ZZP 98 (1985), 287, 304. 48 3182 4 Roth ZZP 98 (1985), 287, 304 ff.; Hakenbeck S. 90 ff., der wegen des fehlenden gegenwärtigen Vermögenswerts von künftigen Sekundäransprüchen von der mangelnden Rechtsschutzfähigkeit dieser Ansprüche gemäß § 259 ausgeht; dagegen Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 3 Fn. 9. 3183 549 Henke JA 1987, 397, 401, 403; Bittmann FamRZ 1986, 420, 421 fordert ein zielgerichtetes Verhalten des Schuldners. 50 3184 6 BGH NJW 2003, 1395 = NZM 2003, 231, 232; BGHZ 147, 225, 231 = NJW 2001, 2178, 2180; BGH NJW 1999, 954, 955; BGH MDR 1996, 1232 = LM Nr. 3 zu § 257 ZPO; BGH NJW 1992, 1624, 1625; BGH NJW 1978, 1262, 1263; BGHZ 43, 28, 31 = NJW 1965, 440, 441; BGHZ
5, 342, 344 = NJW 1952, 817; RGZ 132, 338, 340; BAG DB 1983, 1263; Seetzen NJW 1978, 1350, 1352; Burmann S. 107; aA RG Gruchot 47, 1083, 1092. 3185 751 RGZ 132, 338, 340; RG JW 1936, 1839; OLG Celle OLGRspr 15, 265; LG Hamburg WuM 1979, 170. 3186 852 OLG Koblenz FamRZ 1980, 583, 585; KG OLGRspr 5, 165; OLG Hamburg OLGRspr 31, 375 (Hinweis des Schuldners auf die etwaigen Folgen einer Zahlungsunfähigkeit); OLG Naumburg OLGRspr 20, 312; MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 13; Zöller/Greger Rdn. 3; Burmann S. 111; Henke JA 1987, 397, 401, 403; aA OLG Bamberg SeuffArch 70, 297; wohl auch OLG Posen OLGRspr 5, 55, 56 f. 3187 953 OLG Dresden NZM 1999, 173; Bub/Treier/Fischer Handbuch der Geschäfts- und Wohnraum-
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eingetretener Zahlungsunfähigkeit des Mieters die Anwendung des § 259 wegen des Schutzbedürfnisses des Gläubigers für gerechtfertigt. Eine Vergleichbarkeit mit dem Merkmal Sich-Entziehen kann darin gesehen werden, dass der Schuldner eine Leistung in Anspruch nimmt, obwohl er genau weiß, dass er sie nicht erfüllen kann.55 Einige unpünktliche Zahlungen rechtfertigen hingegen noch nicht die Klage gemäß § 259.56 Der Schuldner ist nicht zu einer Anerkennung der Verbindlichkeit verpflichtet.57 Erforderlich ist vielmehr ein positives Verhalten, aus dem geschlossen werden kann, dass der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers erschweren oder hintertreiben will.58 Für die Besorgnis der Entziehung bei Sekundäransprüchen reicht nicht schon das Bestreiten des Primäranspruchs.59 Keine Besorgnis der Entziehung begründet die Gefahr der Vollstreckungsvereitelung. Hier steht dem Gläubiger der Arrest zur Verfügung.60 Die Ankündigung des Schuldners, künftig fällig werdende Raten durch Aufrechnung zu tilgen, rechtfertigt nicht die Besorgnis, der Beklagte werde sich der Leistung entziehen, weil er hiermit die Forderung selbst nicht bestreitet.61 Dies gilt nicht für den Fall der Eventualaufrechnung. Ausreichend ist dagegen die Berufung auf ein Minderungsrecht, da im Unterschied zur Ankündigung der Aufrechnung der geltend gemachte Anspruch selbst der Höhe nach bestritten wird.62 Andererseits ist die Klage unzulässig, wenn sich der Schuldner der Erfüllung gar nicht entziehen kann − sofern er nur diese verweigert und die Schuld nicht bestreitet − und der Gläubiger sich durch Aufrechnung befriedigen kann oder doch durch ein Zurückbehaltungsrecht hinreichend gesichert ist. Die Besorgnis ist letztendlich immer dann zu bejahen, wenn bereits im Zeitpunkt der Klage zur künftigen Leistung abzusehen ist, dass der Gläubiger die Leistung bei Fälligkeit nur im Klageweg durchsetzen kann.63
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Einer Klage auf künftige Leistung steht nicht entgegen, dass der Beklagte möglicherweise aufrechenbare Gegenforderungen hat, die allerdings noch ungewiss sind. In einem solchen Fall kann zur künftigen Leistung verurteilt werden, die Gegenforderungen können jedoch wegen ihrer Ungewissheit nicht berücksichtigt werden.64
miete3 (1999) VIII Rdn. 34; Henssler NJW 1989, 138, 140 ff.; zweifelnd Musielak/Foerste Rdn. 5. 3188 154 BGH NJW 2003, 1395 f. 3189 255 So zutreffend Gies NZM 2003, 545, 548. 3190 356 OLG Breslau JW 1928, 1152; anders wohl BAG AP Nr. 2 zu § 259 ZPO: Befürchtung, dass der Schuldner aus erkennbarer Zahlungsunwilligkeit nicht oder nicht pünktlich bezahlt. 57 3191 4 LG Kassel WuM 1971, 30 (Verlangen einer Auszugszusicherung); vgl. auch LG Hannover WuM 1970, 130, 131. 3192 558 OLG Naumburg OLGRspr 20, 312. 3193 659 OLG Köln NJW-RR 1998, 1682, 1683; OLG Koblenz FamRZ 1980, 583, 585; Musielak/Foerste Rdn. 5; Münzberg WuB VII A § 259 ZPO 1.99;
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Schuschke EWiR 1999, 143, 144; insoweit offengelassen in BGH NJW 1999, 954, 955, da im entschiedenen Fall auch die Höhe des Schadens bestritten wurde. 3194 760 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 13; Zöller/Greger Rdn. 3; aA Musielak/Foerste Rdn. 5; Gies NZM 2003, 545, 547 ff. 61 3195 8 OLG Karlsruhe HRR 1936 Nr. 699; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 14; Zöller/ Greger Rdn. 3; aA Musielak/Foerste Rdn. 5. 62 3196 9 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 14; Musielak/Foerste Rdn. 5; aA OLG Karlsruhe HRR 1936 Nr. 699. 63 3197 10 Vgl. auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 21. 64 3198 11 OLG Köln NJW-RR 1994, 1094.
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Auch steht es der Klage nicht entgegen, wenn der Anspruch mit einer dilatorischen Einrede wie z.B. § 770 Abs. 1 BGB behaftet ist, bei der der Zeitpunkt für deren Wegfall gewiss ist.65 Bei unbestimmten dilatorischen Einreden, wie z.B. §§ 379, 526, 660 Abs. 2, 771 BGB, fehlt dem Kläger jedoch das Rechtsschutzbedürfnis, da er deren Wegfall selbst herbeiführen kann.66 Dem Kläger ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gemäß § 259 auch dann abzusprechen, wenn der Anspruch mit Ausübung eines Gestaltungsrechts des Klägers entsteht und der Kläger dieses noch nicht ausgeübt hat. Hier liegt es allein in der Hand des Klägers, die Entstehung des Anspruchs herbeizuführen.67 Die Klage ist zulässig, wenn der Kläger die Forderung gestundet hat, der Schuldner die Forderung nun aber schlechthin bestreitet.68 In diesem Fall ist auch ein Versprechen, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht gerichtlich vorzugehen, unbeachtlich.69 Dies gilt auch dann, wenn nur wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Gläubigers die Forderung erst künftig, anstatt schon gegenwärtig, fällig wird.70 Hat dagegen der Gläubiger die gegenwärtige Fälligkeit hinausgeschoben, um den Schuldner zu sichern, etwa für Gewährleistungsansprüche oder andere Folgen aus dem Vertrag gegen den Gläubiger, so ist die Klage auf künftige Leistung unzulässig.71
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2. Besonderheiten bei Klagen a) auf Räumung von Wohnraum. Nach § 257 ist eine Klage auf künftige Räumung von Wohnraum nicht zulässig. Sie ist jedoch nach § 259 möglich, wenn den Umständen nach zu besorgen ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.72 Der Gesetzgeber hat zwar durch das 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften v. 14.7.196473 § 257 geändert und die dort vorgesehene Möglichkeit einer Klage auf zukünftige Räumung von Wohnraum abgeschafft. Eine generelle Beseitigung der Klage auf künftige Räumung war damit jedoch nicht beabsichtigt.74 Das ergibt sich schon aus dem damals neu geschaffenen § 93b Abs. 3 idF vor der Änderung v. 21.12.1967, in dem eine Klage auf künftige Räumung von Wohnraum ausdrücklich erwähnt war,75 und aus § 721 Abs. 2. Problematisch ist, inwieweit das Widerspruchsrecht des Mieters gemäß §§ 574 ff. BGB Auswirkungen auf die Möglichkeit einer Klage auf künftige Leistung hat. Der Mieter ist nämlich nicht zur vorzeitigen Ausübung des Widerspruchsrechts während des Räumungsprozesses verpflichtet, sondern kann damit bis zum Ablauf der Frist nach § 574b Abs. 2 BGB warten.76 Für die Besorgnis reicht es auch nicht aus, dass der
3199 165 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 4; Roth ZZP 98 (1985), 287, 305. 3200 266 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 4; Roth ZZP 98 (1985), 287, 305. 3201 367 Vgl. Hakenbeck S. 115 ff. 3202 468 RG JW 1917, 481. 69 3203 5 RGZ 90, 177, 180. 70 3204 6 RG JW 1917, 481. 3205 771 RG Warn 1908 Nr. 671. 3206 872 OLG Karlsruhe NJW 1984, 2953; LG Bonn NJW 1971, 433; LG Hannover WuM 1970, 130, 131; AG Düsseldorf ZMR 1977, 25; AG Wuppertal WuM 1969, 205, 206; AG Köln WuM 1970, 119; Gies NZM 2003, 545, 547.
3207 973 BGBl I S. 457, 460. 74 3208 10 LG Bonn NJW 1971, 433; Kallfelz NJW 1964, 2288; Pergande NJW 1964, 1925, 1934. 75 3209 11 LG Bonn NJW 1971, 433. 76 3210 12 Vgl. LG Heidelberg WuM 1997, 446; LG Kempten NJW-RR 1993, 1101; AG Charlottenburg WuM 1989, 427 f.; AG Köln WuM 1986, 94 f.; AG Köln ZMR 1977, 240; AG Köln MDR 1972, 54; AG Münster WuM 1971, 48; weitergehend LG Berlin WuM 1980, 135 (Einwände gegen die Kündigungsgründe); Burkhardt NJW 1965, 803, 804; Bub/Treier/Fischer Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete3 (1999) VIII Rdn. 31; Schumann FS Larenz (1983), S. 571, 597; aA Kallfelz
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Mieter Widerspruch gemäß § 574 BGB erhoben hat.77 Man würde dem Mieter andernfalls auf prozessualem Wege Nachteile nur deshalb zukommen lassen, weil er von einem materiellrechtlichen Schutzrecht Gebrauch macht.78 Solange der Mieter noch Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (§§ 574a ff. BGB), wird teilweise vertreten, dass auch über § 259 eine Verurteilung zur künftigen Räumung nicht möglich ist. Begründet wird diese Ansicht damit, dass wegen der noch möglichen Ausübung des Widerspruchsrechts im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht festgestellt werden könne, wann die rechte Zeit zur Vornahme der Räumung sein wird.79 Dagegen wird von der überwiegenden Meinung eine Klage gemäß § 259 auch vor Ausübung des Widerspruchsrechts zugelassen, wenn die Besorgnis besteht, dass sich der Mieter der Räumung entziehen werde.80 Ansonsten würde der Vermieter ungerechtfertigt benachteiligt, wenn er mit einer Räumungsklage bis zur Fälligkeit seines Anspruchs warten müsste und dem Mieter dadurch neben Räumungsfristen und Vollstreckungsschutzmaßnahmen noch ein weiterer Zeitaufschub gewährt werden würde.81 Aus diesem Grund darf der Prozess auch nicht bis zur Einlegung des Widerspruchs ausgesetzt werden.82 Allerdings wird die Zulässigkeit einer Räumungsklage in den meisten Fällen an der Besorgnis der Entziehung scheitern (vgl. Rdn. 17 ff. und Rdn. 30). Erfolgt der Widerspruch während des Verfahrens gem. § 259, ist auch über die Widerspruchsgründe zu entscheiden.83 Der Widerspruch kann vom Beklagten auch noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung über den Räumungsprozess im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, er ist damit nicht gemäß § 767 Abs. 2 ausgeschlossen.84 Nach Ablauf der Widerspruchsfrist wird die Klage gemäß § 259 allgemein bejaht.85 Kein Anlass zur Klageerhebung mangels Besorgnis kann darin gesehen werden, dass der Beklagte unter Angabe von Gründen die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt hat. Ebenso lässt der Widerspruch gegen eine außerordentliche Kündigung nicht darauf schließen, dass sich der Mieter auch der Beendigung des Mietverhältnisses auf Grund einer ordentlichen Kündigung widersetzen werde.86 Auch eine Zurückweisung der Kündigung aus formalen Gründen lässt eine Besorgnis nicht zu.87 Der NJW 1964, 2288; ders. NJW 1965, 804; verneinend auch Henssler NJW 1989, 138, 143 nach Ablauf der Widerspruchsfrist. Ab diesem Zeitpunkt bestehe eine Mitteilungspflicht des Mieters. 3211 177 LG Köln NJW-RR 1996, 778 (nur vorsorglicher Widerspruch); AG Hamburg-Altona WuM 1993, 460; aA AG Köln MDR 1968, 924; Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 11; Kallfelz NJW 1964, 2288; Karst ZMR 1988, 453 f., allerdings keine Besorgnis bei Einlegung eines vorsorglichen Widerspruchs, der keinen Rückschluss auf die Auszugsbereitschaft des Mieters zuließe; Pergande NJW 1964, 1925, 1934. 3212 278 AG Hamburg-Altona WuM 1993, 460. 3213 379 OLG Celle NJW 1966, 668 (derzeit unbegründet); LG Heidelberg WuM 1997, 446; LG Braunschweig ZMR 1972, 280, 281 = MDR 1972, 695; LG Hamburg MDR 1971, 138 und 397 (auch für den Fall, dass der Mieter bereits widersprochen hat); LG Stade WuM 1968, 168; AG Münster WuM 1971, 48; Roquette NJW 1964, 8, 11. 3214 480 OLG Karlsruhe NJW 1984, 2953; LG Berlin GE 1997, 429; LG Berlin MM 1991, 28; LG Bochum WuM 1983, 56; LG Aachen MDR 1976, 848; LG Bonn NJW 1971, 433; Bub/Treier/Fischer Hand-
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buch der Geschäfts- und Wohnraummiete3 (1999) VIII Rdn. 31; Henssler NJW 1989, 138, 143 f.; Karst ZMR 1988, 453, 454; Schumann FS Larenz (1983), S. 571, 597; wohl auch LG Berlin WuM 1980, 135, das jedoch idR die Besorgnis nicht rechtzeitiger Räumung verneint. 3215 581 So überzeugend LG Bonn NJW 1971, 433; zustimmend Karst ZMR 1988, 453. 3216 682 OLG Celle NJW 1966, 668 (allerdings hier wegen des Rechts des Beklagten auf eine Klageabweisung als zurzeit unbegründet); Kunkel NJW 1965, 799, 802; aA LG Braunschweig NJW 1964, 1028, 1030; Hoffmann ZMR 1964, 97, 100; Roquette NJW 1964, 8, 11. 3217 783 Zöller/Greger Rdn. 2; Musielak/Foerste Rdn. 4. 3218 884 LG Bochum WuM 1983, 56 f.; Pergande NJW 1964, 1925, 1934; vgl. auch BGHZ 94, 29, 32 ff. = NJW 1985, 2481, 2482 (nach Klage auf künftige Räumung ausgeübtes vertragliches Optionsrecht). 3219 985 LG Bochum WuM 1983, 56 f.; Gies NZM 2003, 545, 547. 86 3220 10 AG Wuppertal WuM 1969, 205, 206. 87 3221 11 LG Berlin GE 1997, 429.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 259
Mieter gibt aber dann Anlass zur Klageerhebung, wenn er nicht nur schweigt oder pauschal auf voraussichtliche Schwierigkeiten, eine Ersatzwohnung zu finden, hinweist,88 sondern durch ernstliches Bestreiten des Kündigungsgrundes eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er nicht gewillt ist, fristgerecht zu räumen.89 b) auf Unterlassung. Unproblematisch anwendbar ist § 259 auf künftig fällig werdende Unterlassungsansprüche.90 Umstritten ist, inwieweit die Geltendmachung bereits fälliger Unterlassungsansprüche als künftige Klage gemäß § 259 einzuordnen ist. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, es handle sich bei der bestehenden Unterlassungsverpflichtung um einen fälligen und nicht um einen zukünftigen Anspruch,91 so dass § 259 nicht zur Anwendung komme.92 Dagegen wird vorgebracht, dass ein Unterlassungsanspruch für die Gegenwart nicht klageweise geltend gemacht werden könne, weil er entweder erfüllt sei oder bei Zuwiderhandlung rückwirkend nicht mehr erfüllt werden könne. Gegenstand der Klage könne deshalb nur die künftige Leistung sein.93 Im letzten Fall müssten die besonderen Prozessvoraussetzungen des § 259 vorliegen. Diese Ansicht ist abzulehnen,94 da das Unterlassungsurteil ein bereits bestehendes Handlungsverbot feststellt95. Dennoch wird ein Bedürfnis für die zumindest analoge Anwendung des § 259 anerkannt, weil vergleichbar mit nicht fälligen Leistungen nicht feststehe, ob jeder, der eine bestimmte Handlung zu unterlassen hat, diesem Gebot zuwiderhandelt, wenn ihn nicht ein Urteil davon abhalte.96 Hier wird zwischen vertraglichen und gesetzlichen Unterlassungspflichten unterschieden. Bei den gesetzlichen Unterlassungsansprüchen besteht keine Notwendigkeit zur Anwendung des § 259.97 Diese setzen bereits materiellrechtlich eine Gefährdung voraus,98 worin auch die Besorgnis iSd § 259 gesehen werden kann (vgl. z.B. §§ 12 Abs. 1 S. 2, 541, 862 Abs. 1 S. 2, 1004 Abs. 1 S. 2, 1053, 1134 Abs. 1 BGB), so dass sich die prozessualen und die materiellrechtlichen Voraussetzungen decken würden (sog. doppelrelevante Tatsachen99).100 Dies hätte zur Folge, dass die Gefährdung für die Zulässigkeit schlüssig behauptet und für die Begründetheit nachgewiesen werden müsste. Würde man § 259 anwenden, würde die Klage nur dann als unzulässig abgewiesen 3222 188 LG Köln NJW-RR 1996, 778: dann keine Besorgnis. 3223 289 OLG Karlsruhe NJW 1984, 2953; LG Heidelberg WuM 1997, 446. 3224 390 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 20. 3225 491 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 7 mwN; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 20. 3226 592 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 7; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 89 Rdn. 20; Flad JherJb 70, 336, 351; Köhler AcP 190 (1990), 497, 511 f.; Zeuner FS Dölle (1963), S. 295, 311; Moos Die Klage auf künftige Leistung (1902), S. 47 f.; für gesetzliche Unterlassungsansprüche im Ergebnis auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 4 (an sich künftige Leistung); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 6. 93 3227 6 BGH NJW-RR 1989, 263; BGH LM Nr. 2 zu § 241 BGB = GRUR 1956, 238, 240 für den Fall einer vertraglichen Unterlassungspflicht; BGH LM Nr. 10 zu § 241 BGB; OLG Köln NJW-RR 1987, 360 (vertraglicher Unterlassungsanspruch); offengelassen von BGHZ 42, 340, 346 = NJW
1965, 688, 690 und BGHZ 120, 239, 247 = NJW 1993, 925, 927. 3228 794 Ahrens/Ahrens Der Wettbewerbsprozeß5 (2005) Kap. 14 Rdn. 2 (in der Regel); Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren9 (2007) Kap. 51 Rdn. 59; Zeuner FS Dölle (1963), S. 295, 310 f. 95 3229 8 BGH NJW 1965, 689, 691 f.; Köhler AcP 190 (1990), 497, 511 f.; Lindacher GRUR 1975, 413, 419. 3230 996 Henckel AcP 174 (1974), 97, 104; Lindacher GRUR 1975, 413, 419. 97 3231 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 6; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm UWG26 (2008) § 8 Rdn. 1.14; Schimmelpfennig GRUR 1974, 201, 203; Pastor GRUR 1969, 331, 334. 98 3232 11 RGZ 101, 335, 339 f. 99 3233 12 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8; Pohlmann GRUR 1993, 361, 364. 100 3234 13 Siehe RG SeuffArch 79 Nr. 34; vgl. Köhler JZ 2005, 489.
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§ 259
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
werden, wenn es an einer schlüssigen Darlegung der Gefährdung fehlen würde. Bei Nichtanwendung des § 259 würde dies zur Unbegründetheit der Klage führen. Diese unterschiedliche Folgen wirken sich aber letztendlich nicht aus, da sowohl für den Fall der Unzulässigkeit als auch für denjenigen der Unbegründetheit der Klage der Kläger bei erneuter Klageerhebung neue Tatsachen dartun müsste, aus denen sich die Gefährdung herleiten ließe.101 Aus diesem Grund kann auf eine analoge Anwendung des § 259 bei gesetzlichen Unterlassungsansprüchen verzichtet werden. Dagegen ist für die Entstehung von vertraglichen Unterlassungsansprüchen102 in der Regel keine Wiederholungs- bzw Erstbegehungsgefahr erforderlich. Dies hätte zur Folge, dass der Gläubiger, da der Anspruch mit Vertragsschluss entsteht, die staatlichen Gerichte in Anspruch nehmen könnte, ohne dass die Gefahr einer Zuwiderhandlung besteht. Aus diesem Grund wird die analoge Anwendung des § 259 gefordert.103 Eine solche ist aber nicht erforderlich, da in diesen Fällen die Klage allenfalls wegen des fehlenden allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 97).104 Auf das besondere Rechtsschutzbedürfnis des § 259 braucht hier nicht zurückgegriffen zu werden. Es fehlt insoweit an einer Regelungslücke.105 Zudem passt auch der Normzweck des § 259, dem Gläubiger trotz noch nicht bestehenden Anspruchs bereits eine Verurteilung zu ermöglichen, für den Fall des Unterlassungsanspruchs nicht, im Gegenteil, man will die Unterlassungsklage gerade verhindern. Abzulehnen ist jedenfalls eine zeitliche Aufteilung in eine gegenwärtige und eine künftige Unterlassung.106
V. Verfahren 1. Antrag
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Auch § 259 erfordert einen dem § 253 Abs. 1 Nr. 2 (vgl. § 253 Rdn. 74 ff.) entsprechenden Antrag.107 Deshalb ist es erforderlich, im Falle einer Bedingung den Bedingungseintritt in den Antrag aufzunehmen. Darüber hinaus verlangt das BAG für einen Antrag auf Lohnzahlung wegen der Abhängigkeit des Anspruchs von der Gegenleistung die Aufnahme der maßgeblichen Bedingungen in den Antrag. Nur das Unerwartete könne unberücksichtigt bleiben, wozu jedoch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gehöre.108 Diese Ausweitung der Anforderungen entfernt sich von dem Grundgedanken, nur vorhersehbare Hindernisse der Gegenleistung zu berücksichtigen (vgl. Rdn. 8). Es geht jedenfalls dann zu weit, wenn ohne konkrete Anhaltspunkte verlangt wird, Ereignisse wie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder längere Krankheit in den Antrag aufzunehmen.109 101 3235
1 Pohlmann GRUR 1993, 361, 364. 3236 2102 Dasselbe gilt für vertraglich anerkannte gesetzliche Unterlassungsansprüche, Lindacher GRUR 1975, 413, 419; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 7. 103 33237 Lindacher GRUR 1975, 413, 419. 104 3238 4 Vgl. BGH NJW 1999, 1337, 1338; BGH NJWRR 1989, 263, 264, jeweils mwN; OLG Köln NJW-RR 1987, 360; offen gelassen von BGH NJW-RR 1989, 263, 264 und BGH NJW 1965, 689, 690; aA Köhler AcP 190 (1990), 497, 512 f.; im Ergebnis aber ebenso gegen die Anwendung des § 259, Köhler JZ 2005, 489, 494.
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5 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 9. 106 3240 6 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 7; Zeuner FS Dölle (1963), S. 295, 310 f. 107 73241 RG Warn 1912 Nr. 281. 108 83242 BAG EzBAT SR 2l I Nr. 3 Nr. 17 (Az: 8 AZR 550/02); BAG EzA § 259 ZPO Nr. 1; zu diesen strengen Anforderungen kritisch Berkowsky RdA 2006, 77, 81. 109 3243 9 Zu Recht weist Berkowsky RdA 2006, 77, 81 darauf hin, dass ein solches Urteil wegen des erforderlichen Klauselerteilungsverfahrens praktisch nicht durchsetzbar ist.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 260
2. Prüfung der besonderen Prozessvoraussetzungen Die besonderen Prozessvoraussetzungen für die Klage gem. § 259 sind in jeder Instanz von Amts wegen zu prüfen. Deshalb ist das Revisionsgericht nicht an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden.110
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3. Entscheidung Beim Fehlen der vom Kläger darzulegenden und zu beweisenden111 Besorgnis ist die Klage unzulässig. Ist allerdings die Klage offensichtlich unbegründet, darf ausnahmsweise ohne Prüfung dieser Voraussetzung ein klageabweisendes Sachurteil ergehen. Es handelt sich insoweit um eine bedingte Prozessvoraussetzung (Vor § 253 Rdn. 138). Der Zeitpunkt der Fälligkeit oder die Bedingung, unter der der Anspruch steht, müssen im Urteilstenor genannt werden.112 Unzulässige Klagen auf künftige Leistung aus erst in Zukunft entstehenden Ansprüchen können jedoch gegebenenfalls in eine zulässige Feststellungsklage (§ 256) umgedeutet werden.113
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4. Sofortiges Anerkenntnis Erkennt der Beklagte an, dann ist ein dementsprechendes Urteil auch ohne die Voraussetzung der Besorgnis zu erlassen. Lag diese Voraussetzung zur Zeit der Klageerhebung oder bis zum Anerkenntnis jedoch vor, bestand also eine gerechtfertigte Besorgnis der Entziehung der Leistung durch den Beklagten, hat dieser auch bei sofortigem Anerkenntnis die Kosten zu tragen, da er zur Klage Veranlassung gegeben hat.114 § 93 kommt dann nicht zur Anwendung.115
42
5. Vollstreckung Die Zwangsvollstreckung aus Urteilen nach § 259 richtet sich nach §§ 726 Abs. 1, 751 Abs. 1 (vgl. Vor §§ 257– 259 Rdn. 3). Für Urteile auf künftige Räumung von Wohnraum gilt § 721 Abs. 2.
§ 260 Anspruchshäufung Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.
110 3244
1
Vgl. BGHZ 31, 279, 281 f. = NJW 1960, 523, 524; Henke JA 1987, 397 Fn. 3; aA BAG AP Nr. 2 zu § 259 ZPO mit abl. Anm. Zeuner. 3245 2111 OLG Karlsruhe HRR 1936 Nr. 699; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 12; Zöller/ Greger Rdn. 1.
112 3246
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BGH NJW 1978, 1262, 1263 (Vorbehalt der Erteilung einer behördlichen Genehmigung). 3247 4113 BGH NJW-RR 2006, 1485, 1486. 114 53248 OLG Königsberg OLGRspr 20, 312. 115 63249 OLG Koblenz ZMR 2004, 910.
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§ 260
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Schrifttum Behrends Die Anspruchshäufung im Zivilprozeß, 1935; Brox Zur Problematik von Hauptund Hilfsanspruch, Recht im Wandel, Festschrift 150 Jahre Carl Heymanns Verlag, 1965, S. 121; Dunz Streitgegenstand auf Umtausch, NJW 1962, 1225; Becker-Eberhard Die Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erledigung der Hauptsache im Zivilprozeß, Festgabe 50 Jahre BGH Bd. 3, 2000, S. 274; Frank Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986; Gaul Das Zuständigkeitsverhältnis der Zivilkammer zur Kammer für Handelssachen bei gemischter Klagenhäufung und (handelsrechtlicher) Widerklage, JZ 1984, 57; Georgiades Die Anspruchskonkurrenz im Zivilrecht und Zivilprozeßrecht, 1967; Hakenbeck Eventuelle Anspruchskonkurrenz und unechte Eventualklage, 1979; Hipke Die Zulässigkeit der unechten Eventualklagenhäufung, 2003; Jahr Anspruchsgrundlagenkonkurrenz und Erfüllungskonnexität, Festschrift für Gerhard Lüke, 1997, S. 297; Kion Eventualverhältnisse im Zivilprozeß, 1971; G. Lüke/Kerwer Eine „neuartige“ Klagenhäufung, NJW 1996, 2121; Merle Zur eventuellen Klagenhäufung, ZZP 83 (1970), 436; Piekenbrock Zur Zulässigkeit der hilfsweisen Erledigungserklärung der Hauptsache, ZZP 112 (1999), 353; Saenger Klagenhäufung und alternative Klagenbegründung, MDR 1994, 860; Schumann Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, NJW 1982, 2800; Schwab Noch einmal: Bemerkungen zum Streitgegenstand, Festschrift für Gerhard Lüke, 1997, S. 793; Wendtland Die Verbindung von Haupt- und Hilfsantrag im Zivilprozeß, 2001; Westermeier Die Erledigung der Hauptsache im Deutschen Verfahrensrecht (2005); M. Wolf Die Zulässigkeit unechter Eventualklagen, insbesondere bei Teilklagen, Festschrift für Hans Friedhelm Gaul, 1997, S. 805.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Mehrheit von Ansprüchen (Streitgegenständen) . . . . . . . . . . 1. Mehrheit von Klageanträgen . . . 2. Mehrheit von Lebenssachverhalten IV. Arten objektiver Klagenhäufung . . 1. Kumulative Klagenhäufung . . . 2. Alternative Klagenhäufung . . . a) Alternativanträge . . . . . . b) Alternative Klagegründe . . . aa) Nebeneinander von Ansprüchen . . . . . . . . bb) Erfüllungsgemeinschaft . . 3. Eventuelle Klagenhäufung . . . . a) Zulässigkeit . . . . . . . . . aa) Zulässige Bedingung . . . bb) Rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang . . . cc) Widersprechende Begründungen . . . . . . . . . dd) Eventualwiderklage . . . . ee) Eventuelle Erledigungserklärung . . . . . . . . . b) Eigentliche Eventualklage . . . c) Uneigentliche Eventualklage . . V. Entstehung . . . . . . . . . . . 1. Nachträgliche Klagenhäufung in erster Instanz . . . . . . . . .
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3 4 8 13 14 16 17 21 23 25 33 34 35 37 39 41 42 53 56 61 63
Rdn 2. Nachträgliche Klagenhäufung im Rechtsmittelverfahren . . . . . .
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VI. Beendigung . . . . . . . . . . .
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VII. Die Zulässigkeit der Klagenhäufung 1. Identität der Parteien . . . . . . 2. Zuständigkeit des Gerichts für alle Ansprüche . . . . . . . . . . a) Sachliche Zuständigkeit . . . . b) Kammer für Handelssachen . . c) Örtliche Zuständigkeit . . . . d) Unzuständigkeit für einen Anspruch . . . . . . . . . . . 3. Dieselbe Prozessart . . . . . . . 4. Fehlen eines Verbindungsverbots . 5. Trennung bei Unzulässigkeit . . .
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VIII. Das Verfahren . . . . . . . . . . 1. Kumulative Klagenhäufung . . . 2. Eventuelle Klagenhäufung . . . . a) Rechtshängigkeit . . . . . . . b) Antragstellung . . . . . . . . c) Verhandlung . . . . . . . . d) Entscheidung . . . . . . . . e) Urteilsergänzung . . . . . . f) Gegenstand der Rechtsmittelinstanz . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsmittel des Klägers . . bb) Rechtsmittel des Beklagten . 3. Streitwert . . . . . . . . . . . a) Kumulative Klagenhäufung . . b) Eventuelle Klagenhäufung . . .
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 260
I. Gesetzesgeschichte § 232 Abs. 1 in der Fassung der CPO 18771 entsprach dem heutigen § 260. Das in § 232 Abs. 2 enthaltene Verbindungsverbot von Besitzklage und der Klage, durch welche das Recht selbst geltend gemacht wird, ist durch die Novelle von 18982 aufgehoben worden. Durch die Bekanntmachung 18983 wurde § 232 inhaltsgleich zu § 260.
1
II. Normzweck § 260 enthält eine Regelung der objektiven Klagenhäufung, während die §§ 59 ff. die subjektive Klagenhäufung behandeln. Es wird dem Kläger freigestellt, mehrere prozessuale Ansprüche gegen denselben Beklagten aus Gründen der Prozessökonomie in einem Verfahren geltend zu machen. Prozessökonomisch sinnvoll ist eine Verbindung von mehreren Ansprüchen des Klägers gegen denselben Beklagten insbesondere dann, wenn die unterschiedlichen Ansprüche auf dem im Wesentlichen gleichen Lebenssachverhalt beruhen und sich deshalb eine gemeinsame Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung anbietet. Dies ist jedoch nicht Voraussetzung für eine Klagenhäufung, wie in § 260 ausdrücklich klargestellt wird. Mit der Klagenverbindung kann außerdem die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen verhindert werden. Erzwungen werden kann die Klagenhäufung dagegen nicht,4 so dass durch ihre Unterlassung den Kläger auch keine Mehrkosten treffen können.5 Macht der Kläger von der Möglichkeit der objektiven Klagenhäufung keinen Gebrauch und erhebt er getrennte Klagen, kann das Gericht gem. § 147 eine Prozessverbindung anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 260 vorliegen. Andererseits kann es aber auch die Trennung der Prozesse veranlassen (§ 145).
2
III. Mehrheit von Ansprüchen (Streitgegenständen) Die objektive Klagenhäufung setzt die Geltendmachung mehrerer (mindestens zweier) Ansprüche desselben Klägers gegen denselben Beklagten in einem Klageverfahren (§§ 145 Abs. 1, 260) voraus.6 Anspruch in diesem Sinne ist der prozessuale Anspruch, also der Streitgegenstand. Der Streitgegenstand wird nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die konkret in Anspruch genommene Rechtsfolge, die sich aus dem Antrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die Rechtsfolge hergeleitet wird.7 Eine objektive Klagenhäufung liegt deshalb nur bei einer Mehrheit von Streitgegenständen in einem einheitlichen Verfahren vor.8 Dies ist der Fall, wenn auch eine getrennte Klageerhebung über die einzelnen Ansprüche möglich wäre. Mit der herr-
1 13250 RGBl S. 83, 124. 2 23251 RGBl S. 256, 269. 3 33252 RGBl S. 410, 459. 3253 4 4 Klevemann MDR 1999, 974, 975. 3254 5 5 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 1. 6 63255 Die eigentlich ungenaue Bezeichnung „Klagenhäufung“ hat historische Hintergründe; vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 4. 7 73256 Sog. prozessual zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff, h.M., vgl. BGHZ 154, 342, 347 f. = NJW 2003, 2317, 2318; BGH NJW 2001, 3713; BGH
NJW 1999, 2118; BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172, 1173; zum Streitstand siehe Einl. Rdn. 59 ff., in der Prütting allerdings den relativen Streitgegenstandsbegriff befürwortet (Rdn. 68 f.), bezogen auf die Klagenhäufung den eingliedrigen Streitgegenstandsbegriff (Rdn. 69). 8 83257 Str. ist, ob hierdurch auch mehrere Prozessrechtsverhältnisse entstehen, vgl. MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 5 einerseits und Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 96 Rdn. 1 andererseits.
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§ 260
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
schenden zweigliedrigen Streitgegenstandslehre ist von mehreren Streitgegenständen auszugehen bei mehreren unterschiedlichen Klageanträgen, bei inhaltlich gleichen Klageanträgen, die auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhen, oder bei unterschiedlichen Klageanträgen aus unterschiedlichen Lebenssachverhalten. 1. Mehrheit von Klageanträgen
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Unabhängig von den Streitgegenstandstheorien liegt eine Mehrheit von Streitgegenständen vor, wenn die Klageanträge zwar auf einem im Wesentlichen gleichen Lebenssachverhalt beruhen, aber auf verschiedene Leistungen gerichtet sind.9 Dies ist dann der Fall, wenn der Kläger verschiedene Rechtsfolgen geltend macht, wie z.B. Schadensersatz für die Vergangenheit und Unterlassung für die Zukunft oder aus einem Vertrag auf Schadensersatz und Vertragsstrafe10 oder auf Sachschadensersatz und Unfallrente11 oder auf Unterlassung, Widerruf und Schadensersatz. Auch bei Hauptund Nebenforderungen iSd § 308 Abs. 1 S. 2 handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände.12 Dagegen liegt nur ein Streitgegenstand vor, wenn zwar äußerlich verschiedene Klageanträge gestellt werden, der Kläger letztendlich aber nur ein- und dasselbe Ziel verfolgt, wie bei dem Antrag eines Arbeitnehmers festzustellen, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, ihn in die VergGr. Va TOA einzugruppieren, hilfsweise, dass er ihm den Unterschiedsbetrag zwischen der VergGr. Va und VIa zu vergüten habe.13 Hier wird ein einheitliches Klagebegehren, das lediglich auf verschiedene rechtliche Gesichtspunkte − Tarifvertrag und Dienstvertrag − gestützt wird, in zwei verschiedene Formulierungen gekleidet. Ein Streitgegenstand liegt auch dann vor, wenn der eine Antrag in dem anderen als minus enthalten ist,14 wie z.B. Feststellung statt der Leistung15 oder Leistung Zug um Zug statt unbeschränkter Leistung.16 Mehrere prozessuale Ansprüche sind jedoch anzunehmen, wenn die verschiedenen Rechtsfolgen zwar nicht kumulativ, aber im Eventualverhältnis geltend gemacht werden können, wie z.B. Erfüllung hilfsweise Schadensersatz statt der Leistung (vgl. dazu Rdn. 17)17 oder Schadensersatz als Naturalherstellung hilfsweise als Geldersatz (§§ 249, 251 BGB)18 oder Geldrente hilfsweise eine Kapitalabfindung (§ 843 Abs. 3 BGB)19 oder Rückzahlung einer Fremdwährungsschuld in deutscher, hilfsweise in ausländischer Währung (§ 244 Abs. 1 BGB)20. Zwar handelt es sich hier um verschiedene Ausprägungen ein- und desselben materiellrechtlichen Anspruchs,21 die aber auf 9 13258 Hier liegen auch nach materiellem Recht verschiedene Ansprüche vor, die kumulativ geltend gemacht werden können, vgl. Larenz/Wolf AT9 (2004) § 18 Rdn. 26 f. 3259 210 RG JW 1911, 658. 11 3260 3 RG JW 1931, 1700, 1701. 12 3261 4 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 8. 3262 513 BAGE 9, 192, 195 = AP Nr. 1 zu § 537 ZPO mit Anm. Baumgärtel, der darauf hinweist, dass eventuell die Möglichkeit einer Aufspaltung des einheitlichen Feststellungsbegehrens durch Beschränkung des Streitgegenstands auf einen bestimmten materiellen Rechtsgrund besteht und dies bei einer Auslegung berücksichtigt werden müsse; Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 123; Kion S. 139. 3263 614 RGZ 77, 120, 122. 3264 715 BGH NJW 1984, 2295; OLG Stuttgart ZZP 97 (1984), 487, 488 mit Anm. Münzberg.
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3265 816 BGHZ 117, 1, 3 f. = NJW 1992, 1172, 1173. 3266 917 Vgl. auch MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 Rdn. 180; zur gleichzeitigen Geltendmachung des Erfüllungsverlangens und des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 281 BGB siehe § 255 Rdn. 18. 18 3267 10 Vgl. BGH NJW 1969, 2241. 19 3268 11 BGH VersR 1984, 739, 740 = JR 1984, 501 mit zust. Anm. Lindacher; vgl. Henckel JZ 1962, 335, 337; aA RGZ 77, 213, 216 (zwei verschiedene Formen der Befriedigung desselben Anspruchs, nicht zwei verschiedene Ansprüche, ebenso der BGH, aaO, aber bei einem Eventualverhältnis dennoch von zwei Streitgegenständen ausgehend; dagegen Lindacher aaO, 504, der von zwei materiellen Ansprüchen ausgeht). 20 3269 12 Kion S. 139 f. 21 3270 13 BGH NJW 1991, 2014; BGH NJW 1985, 1152, 1154; RGZ 126, 401, 403 f.
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unterschiedliche Rechtsfolgen gerichtet sind und deshalb unterschiedliche Klageanträge erfordern.22 Auch wenn ein Antrag einheitlich gefasst ist, können sich dahinter mehrere prozessuale Streitgegenstände verbergen, wenn z.B. als Gesamtschaden ein einheitlicher Geldbetrag gefordert wird, der sich aus verschiedenen Beträgen für Sachschaden, Heilungskosten und Schmerzensgeld zusammensetzt23 oder wenn die Klage auf zwei Mieterhöhungsverlangen gestützt wird, die sich auf unterschiedliche Zeitpunkte beziehen.24 Andererseits stellen innerhalb der gleichen Schadensart die verschiedenen Berechnungsgrundlagen lediglich unselbständige Faktoren eines einheitlichen Schadens und Ersatzanspruchs dar.25
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2. Mehrheit von Lebenssachverhalten Ergibt sich die geltend gemachte Rechtsfolge, auch wenn äußerlich in einen Antrag gekleidet, aus verschiedenen Lebenssachverhalten, z.B. aus eigenem und abgetretenem Recht26 oder aus verschiedenen gleichartigen Rechtsgeschäften, liegt eine objektive Klagenhäufung vor. Bei Klagen, die auf die Zahlung eines Geldbetrags, aber auf verschiedene Rechtsfolgen gerichtet sind, können sich hinter einem Antrag mehrere prozessuale Ansprüche verbergen. Hier verfolgt der Kläger dasselbe wirtschaftliche Ziel mit Hilfe mehrerer prozessualer Ansprüche, die in einem alternativen Verhältnis (vgl. dazu auch Rdn. 21) stehen, so dass er die Leistung nur einmal verlangen kann. Dies ist z.B. bei dem Deliktsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB und dem verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB der Fall. Hier handelt es sich um zwei Streitgegenstände27 und damit um eine Klagenhäufung. Die Verschiedenartigkeit der Streitgegenstände liegt darin begründet, dass beide Anspruchsgrundlagen nicht nur nach ihren Voraussetzungen, sondern insbesondere auch in ihren Rechtsfolgen verschieden sind.28 Dasselbe gilt, wenn der Kläger denselben Geldbetrag entweder auf einen Schadensersatzanspruch gem. § 823 BGB oder auf Herausgabe des Erlöses gem. §§ 816 Abs. 1 S. 1, 687 Abs. 2 BGB stützt.29 Denn würde in dem letztgenannten Fall bei der Veräußerung durch den Nichtberechtigten ein Tausch vorliegen, könnte der Kläger entweder Schadensersatz oder Herausgabe der Sache verlangen. Dann lägen ohne Weiteres allein wegen der unterschiedlichen Anträge zwei Streitgegenstände vor. Dies muss daher auch dann gelten, wenn der Klageantrag zufällig auf einen gleich hohen Geldbetrag gerichtet ist. Wenn der Kläger zunächst seinen Anspruch auf Vertrag und später auf denjenigen aus ungerechtfertigter Bereicherung stützt, kommt es für die Frage, ob zwei Streitgegenstände vorliegen darauf an, inwieweit bereits die Tatsachen auch für den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung vorgetragen worden sind30 und lediglich die Rechtsauffassungen be3271 122 BGH VersR 1984, 739, 740 = JR 1984, 501 mit zust. Anm. Lindacher. 3272 223 BGHZ 30, 7, 18 = NJW 1959, 1269, 1272; RGZ 158, 34, 36 (nicht bloße Rechnungsposten, sondern mehrere Ansprüche); vgl. auch KG WuM 2002, 614, 615; Kreft DRiZ 1954, 186 f. 24 3273 3 LG Mannheim ZMR 1974, 339, 340. 25 3274 4 BGH NJW-RR 1991, 1279 mwN. 3275 526 RGZ 144, 71 (zwei verschiedene Abtretungen, allerdings mit der Besonderheit, dass der Betrag nur einmal verlangt wird); ebenso OLG Hamm NJW-RR 1992, 1279.
3276 627 BGH NJW-RR 1997, 1374; BGHZ 120, 239, 249 = NJW 1993, 925, 927; BGHZ 111, 158, 166 f. = NJW 1990, 1910, 1912; BGH NJW 1990, 978, 980; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 27 (Anspruchsgrundlagenkonkurrenz). 28 3277 7 BGHZ 111, 158, 166 = NJW 1990, 1910, 1912. 29 3278 8 Vgl. dazu Georgiades S. 247 f. 3279 930 Vgl. BGH NJW 1990, 1795, 1796, im Ergebnis insoweit deshalb unzutreffend; dazu Musielak NJW 2000, 3593, 3598. OLG Hamburg JW 1934, 2572.
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züglich des Vorliegens eines wirksamen Vertrags unterschiedlich sind. Knüpft der Bereicherungsanspruch an die vermeintlich vertraglich erbrachten Leistungen und rechtfertigt er das gleiche Klageziel, liegt nur ein Streitgegenstand vor (vgl. § 263 Rdn. 27).31 Handelt es sich um zwei Streitgegenstände, ist für die Frage, ob der jeweilige Streitgegenstand rechtshängig gemacht worden ist, der Umstand entscheidend, inwieweit bereits die Tatsachen für den jeweiligen Anspruch vorgetragen worden sind.32 Wird der Geldbetrag nur einmal verlangt, ergibt er sich jedoch aus jedem der genannten Klagegründe vollständig, kommt nur eine eventuelle Klagenhäufung in Betracht (siehe unten Rdn. 23 f.). Denkbar ist die Mehrheit von Lebenssachverhalten aber z.B. auch bei Gestaltungsklagen, etwa wenn sich die Aufhebungsgründe (§ 1314 BGB) für eine Eheaufhebung aus verschiedenen Lebenssachverhalten ergeben.33 Wird dagegen ein einheitliches Klagebegehren lediglich auf eine mehrfache rechtliche Begründung gestützt, wie z.B. das Schadensersatzverlangen auf unerlaubte Handlung und Vertragsverletzung34 oder Klage auf Räumung auf Eigentum und auf Aufhebung des Mietverhältnisses35, handelt es sich nur um einen Streitgegenstand, so dass keine Klagenhäufung vorliegt.36 Hier kann das Gericht alternativ nach seiner Wahl entscheiden, welche Anspruchsgrundlage den Klageantrag rechtfertigt,37 unabhängig davon, ob der Kläger die rechtlichen Begründungen in ein Eventualverhältnis gestellt hat.38 Allerdings darf die Klage nur abgewiesen werden, wenn keine der Anspruchsbegründungen greift. Eine Klagenhäufung liegt auch dann nicht vor, wenn die Rechtsfolge aus ein und demselben Tatsachenkomplex hergeleitet wird, allerdings gestützt auf verschiedene Einzeltatsachen, z.B. Nichtigkeit wegen einer arglistigen Täuschung auf Grund mehrerer verschiedener Erklärungen.39 Besondere Schwierigkeiten bereitet bei der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage die Abgrenzung, ob mit einem auf mehrere Anspruchsnormen gestützten Klagebegehren eine lediglich weitere Anspruchsbegründung oder mehrere verschiedene Ansprüche verfolgt werden sollen. Dies ist dadurch bedingt, dass ihr in der Regel komplexe Lebenssachverhalte zugrunde liegen und eine Subsumtion unter die generalklauselartig gefassten Tatbestände des Wettbewerbsrechts nicht ohne Weiteres allein auf Grund objektiver Kriterien sicher möglich ist.40 Es ist deshalb dem Kläger anzu3280 131 BGH NVwZ 2002, 1535, 1536. 3281 232 Vgl. BGH NJW 1990, 1795, 1796 zur Rechtskraft: Wird etwa in einem Prozess wegen eines Kaufpreisanspruchs vorgetragen, die Ware sei dem Beklagten geliefert und von ihm verbraucht worden, so kann der Kläger nach der Abweisung seiner Klage den Zahlungsanspruch in einem späteren Prozess nicht unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung geltend machen, mag auch das Gericht im ersten Rechtsstreit diese Rechtsgrundlage übersehen haben. Vgl. auch RGZ 27, 385, 387, für einen Anspruch aus Delikt und Bereicherungsrecht. 3282 333 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 9. 34 3283 4 BGHZ 76, 231, 234 = NJW 1980, 1470, 1471. 35 3284 5 BGHZ 8, 47, 50 = NJW 1953, 179 mit abl. Anm. Lauterbach, 170 = JZ 1953, 113 mit Anm. Rosenberg, 116; BGHZ 9, 22, 26 f. = NJW 1953, 663, 664; vgl. dazu Georgiades S. 249; aA Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 1, der eine Anspruchshäufung annimmt; Musielak NJW 2000, 3593, 3596 f.
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3285 636 Im materiellen Recht wird nach der neueren Lehre zwischen Anspruchsnormen(grundlagen)konkurrenz, bei der nur ein einziger materiellrechtlicher Anspruch vorliegt, und Anspruchskonkurrenz, bei der zwar mehrere materiellrechtliche Ansprüche vorliegen, die Leistung aber nur einmal zu erbringen ist, unterschieden, vgl. dazu Larenz/Wolf AT9 (2004) § 18 Rdn. 28 ff. mwN; siehe auch Jahr FS Lüke (1997), S. 297, 299 ff.; Georgiades S. 243, weist darauf hin, dass bei Anspruchsnormenkonkurrenz auch nur ein einheitlicher Streitgegenstand und damit keine Klagenhäufung vorliegt, geht aber im Fall der Herausgabeklage aus Eigentum und wegen Beendigung des Mietvertrags von Anspruchskonkurrenz aus, S. 220 ff. 37 3286 7 Vgl. RGZ 151, 45, 47. 3287 838 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 2. 3288 939 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8. 40 3289 10 Vgl. BGHZ 154, 342, 348 f. = NJW 2003, 2317, 2318 f.
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raten, wenn er einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess einführen und sich nicht nur auf eine weitere Anspruchsnorm berufen will, dies unzweideutig kenntlich zu machen. Die lediglich beiläufige Berufung auf eine weitere Anspruchsgrundlage für das im Wortlaut unveränderte Klagebegehren im Lauf des Rechtsstreits genügt demnach nicht, um die Annahme eines zweiten Streitgegenstands zu rechtfertigen.41
IV. Arten objektiver Klagenhäufung § 260 regelt lediglich den Fall der kumulativen Klagenhäufung (Rdn. 14 f.). Daneben kommen noch die alternative (Rdn. 16 ff.) und die eventuelle Klagenhäufung in Betracht (Rdn. 33 ff. und 100 ff.). Eine Sonderform der Klagenhäufung stellt die Stufenklage dar (dazu § 254 Rdn. 5). Sie kann als sukzessive Klagenhäufung bezeichnet werden, weil die einzelnen Ansprüche zwar in einer Klage geltend gemacht werden, das Gericht aber stufenweise vorgehen und eine Stufe nach der anderen erledigen muss. Ist die Stufenklage unzulässig, weil beispielsweise der begehrte Auskunftsanspruch nicht der Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dient, kann sie in eine zulässige Klagenhäufung nach § 260 umgedeutet werden.42
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1. Kumulative Klagenhäufung Werden mehrere voneinander unabhängige prozessuale Ansprüche zeitlich nebeneinander in einer Klage geltend gemacht, spricht man von kumulativer Klagenhäufung. Der Kläger verfolgt mehrere voneinander zu unterscheidende Klageziele, die er auch nacheinander oder nebeneinander in verschiedenen Klagen geltend machen könnte,43 ohne dass die Rechtskraft oder die Rechtshängigkeit der anderen Klage entgegenstehen würde. Wird etwa von einem Gesamtschaden, der sich aus mehreren Ansprüchen zusammensetzt, nur ein Teilbetrag geltend gemacht, kann es sich um eine kumulative Klagenhäufung in dem Sinn handeln, dass für jeden einzelnen Anspruch ein genau bezifferter Teil (§ 253 Abs. 2 Nr. 2) geltend gemacht wird und alle Teilbeträge zusammen die Klagesumme ausmachen. Es kann aber auch einer der Ansprüche als Hauptanspruch und die übrigen als (auch mehrfach gestaffelte) Hilfsansprüche geltend gemacht werden.44 Auch hier muss wegen des Erfordernisses der Bestimmtheit des Klageantrags jeder Teilbetrag genau beziffert sein (vgl. § 253 Rdn. 55).45 Dagegen liegt keine kumulative Klagenhäufung vor, wenn die Klagesumme nur einmal begehrt, aber auf verschiedene Klagegründe gestützt wird.46 In diesem Fall kommt nur eine eventuelle Klagenhäufung in Betracht (dazu Rdn. 23 f.).
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2. Alternative Klagenhäufung Werden mehrere prozessuale Ansprüche derart geltend gemacht, dass entweder dem einen oder dem anderen stattgegeben werden soll, dann handelt es sich um eine alternative Klagenhäufung. Hier sind zu unterscheiden verschiedene Klageanträge, die in ein Alternativverhältnis gestellt werden (vgl. Rdn. 17), und alternative Klagegründe (Lebenssachverhalte) bei gleichbleibendem Klageantrag (vgl. Rdn. 21). 3290 141 BGH WM 1992, 1169, 1172. 3291 242 BGH NJW 2000, 1645, 1646; OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 1726, 1727. 3292 343 Vgl. BGH NJW 1996, 2569. 3293 444 BGH NJW 1984, 371. 3294 545 BGH JZ 1960, 28 mit Anm. Baumgärtel; BGHZ
11, 192, 194 = NJW 1954, 757; BGH MDR 1953, 164; RGZ 157, 321, 326; vgl. zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten Kreft DRiZ 1954, 186, 187. 3295 646 OLG Hamm NJW-RR 1992, 1279.
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a) Alternativanträge. Hier sind diejenigen Fälle zu nennen, bei denen es sich um verschiedene Klageanträge handelt, also unterschiedliche Rechtsfolgen, die sich gegenseitig ausschließen,47 alternativ begehrt werden, wie z.B. ein Anspruch auf Erfüllung oder auf Schadensersatz statt der Leistung.48 Derartige Alternativanträge sind im Zivilprozess grundsätzlich unzulässig, weil ihnen die nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 erforderliche Bestimmtheit fehlt.49 Es kann nicht dem Richter überlassen werden, welchen Anspruch er dem Kläger zuspricht.50 Rechtlich möglich ist nur, diese als Haupt- und Hilfsantrag im Eventualverhältnis miteinander zu verbinden, also z.B. Klage auf Leistung, hilfsweise für den Fall der Unmöglichkeit oder der Nichterfüllung der Leistung auf Schadensersatz.51 Sofern hierfür Anhaltspunkte bestehen, ist der Antrag in diesem Sinne auszulegen.52 Möglich ist auch eine kumulative Klagenhäufung, wenn der Kläger eine gleichzeitige Verurteilung bezüglich beider Ansprüche anstrebt. Zwar will und kann der Kläger letztendlich nur den einen oder den anderen durchsetzen, weil ein Nebeneinander beider Ansprüche materiellrechtlich ausgeschlossen ist.53 Dennoch wurde dies von der h.M. zur alten Rechtslage für zulässig erachtet, wenn die Voraussetzungen des § 259 für den Schadensersatzanspruch vorlagen (§ 255 Rdn. 16 f.). Aber auch nach der Schuldrechtsreform ist eine kumulative ebenso wie eine uneigentliche eventuelle Klagenhäufung möglich, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Gläubiger sein Schadensersatzverlangen bereits vorab im Prozess unter der Bedingung des erfolglosen Ablaufs einer dem Schuldner gesetzten Frist oder der erfolglosen Vollstreckung des Erfüllungsanspruchs erklärt.54 Ansonsten ist eine gleichzeitige Verurteilung wegen § 281 Abs. 4 BGB nicht möglich (§ 255 Rdn. 18; § 259 Rdn. 11). Die Rechtsordnung gestattet alternative Klagenhäufungen jedoch dann, wenn die Alternative ihren Grund im Gesetz hat, wie z.B. bei der echten Wahlschuld iSd § 262 BGB.55 Hier ist der Schuldner nur zur Erfüllung einer von mehreren Forderungen verpflichtet und hat ein diesbezügliches Wahlrecht, das gemäß § 264 BGB erst in der Zwangsvollstreckung auf den Gläubiger übergeht. Dasselbe gilt für das Wahlvermächtnis gem. § 2154 BGB.56 In diesen Fällen kann wegen des Wahlrechts des Schuldners nur eine Alternativverurteilung ergehen, wobei sich das Gericht nicht für einen Streitgegenstand entscheiden, sondern die Wahlfreiheit des Schuldners erhalten muss. Dagegen ist eine alternative Klagenhäufung bei einem Wahlrecht des Gläubigers (§§ 240 Abs. 1, 843 Abs. 3, 844 Abs. 2, 845 BGB) nicht zulässig. Dieser muss sein Wahlrecht bereits mit der Klageerhebung ausüben und eine konkrete Leistung fordern. Nicht darunter fällt die Ersetzungsbefugnis57, wie z.B. §§ 244 Abs. 1, 251 Abs. 2, 528 Abs. 1 S. 2, 775 Abs. 2, 1973 Abs. 2, 1992 S. 2, 2170 Abs. 2 S. 2, 2329 Abs. 2 BGB. 3296 147 Darauf stellt Musielak NJW 2000, 3593, 3597 ab. Stehen die Klagegründe dagegen in einem echten Alternativverhältnis, so dass sie nicht miteinander kombiniert werden könnten, dann stehe der Zulässigkeit einer alternativen Klagenhäufung nichts im Wege. 3297 248 Vgl. hierzu Hakenbeck S. 100 ff., für den Fall der uneigentlichen eventuellen materiellen Anspruchskonkurrenz (Primäranspruch oder Sekundäranspruch bei Ausübung eines zustehenden Gestaltungsrechts, S. 117). 3298 349 BGH NJW-RR 1990, 122; Saenger MDR 1994, 860, 862 mwN. 3299 450 Arens JuS 1964, 395, 396. 3300 551 BGH NJW-RR 1990, 122.
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3301 652 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 14 („im Zweifel“ Auslegung als Eventualantrag); MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 22; Baumgärtel JZ 1960, 28, 29; wohl zu weitgehend Cahn JW 1920, 1014, 1015. 3302 753 AA Hakenbeck S. 96 ff., 117. Der Ansicht von Hakenbeck, dass auch eine eventuelle Klagenhäufung in diesen Fällen nicht zulässig sein soll, ist nicht zuzustimmen. 54 3303 8 Vgl. Wieser NJW 2003, 2432, 2433. 55 3304 9 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 23; Zöller/Greger Rdn. 5; Musielak/Foerste Rdn. 7. 56 3305 10 Saenger MDR 1994, 860, 862. 57 3306 11 Vgl. RGZ 126, 196, 215.
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Hier kann die Partei anstelle der geschuldeten Leistung eine andere erbringen. Eine Verurteilung kann nur bezüglich der geschuldeten Leistung ergehen, der Schuldner kann aber mit einer anderen erfüllen. Allerdings kann in die Urteilsformel die Formulierung „Der Beklagte darf die Vollstreckung der Leistung A durch die Leistung B abwenden“ aufgenommen werden. b) Alternative Klagegründe. Im Zusammenhang mit der alternativen Klagenhäufung werden auch die Fälle genannt, in denen nur ein Antrag gestellt wird, z.B. eine bestimmte Geldsumme nur einmal begehrt, der Antrag aber auf verschiedene Klagegründe gestützt wird. In diesem Zusammenhang wird häufig von alternativen Klagebegründungen gesprochen.58 Dieser Begriff ist jedoch missverständlich, da darunter eigentlich verschiedene rechtliche Begründungen ein und desselben Lebenssachverhalts zu verstehen sind (vgl. Rdn. 11). Deshalb sollte hier besser von alternativen Klagegründen gesprochen werden. Diese sind auch von den in ein Alternativverhältnis gestellten Klageanträgen (vgl. Rdn. 17) zu unterscheiden.59 Innerhalb dieser Gruppe sind abzugrenzen diejenigen Fälle, in denen beide Ansprüche nebeneinander bestehen, also auch kumulativ geltend gemacht werden könnten (vgl. Rdn. 23), und diejenigen Fälle, in denen die Leistung nur einmal gefordert werden kann, wenn also eine Erfüllungsgemeinschaft (vgl. Rdn. 25) besteht, z.B. der Schadensersatzanspruch gem. § 823 und der Ausgleichsanspruch gem. § 906 Abs. 2 BGB.60
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aa) Nebeneinander von Ansprüchen. Stützt der Kläger seinen Zahlungsantrag auf zwei voneinander vollkommen verschiedene Lebenssachverhalte, z.B. zum einen auf einen eigenen Anspruch aus einem Kaufvertrag, zum anderen auf den abgetretenen Anspruch aus einem vereinbarten Werklieferungsvertrag und begehrt der Kläger die Klagesumme nur einmal, obwohl er sie mehrfach beanspruchen könnte, liegt zwar eine objektive Klagenhäufung vor, die jedoch keine kumulative ist.61 Umstritten ist, ob das Gericht in diesen Fällen gehalten ist, die Klagepartei zu veranlassen, beide Streitgegenstände in ein Eventualverhältnis zu stellen62 oder ob die Klagegründe derart alternativ geltend gemacht werden können, dass der Richter sich für ein der Klage stattgebendes Urteil den Klagegrund aussuchen kann.63 In jedem Fall wird jedoch eine Klarstellung im Urteil gefordert, welcher Streitgegenstand beschieden worden ist, da ansonsten keine rechtskraftfähige Entscheidung vorliegt.64 Eine derartige alternative Geltendmachung von Klagegründen ist jedoch als unzulässig anzusehen. Da die Ansprüche materiellrechtlich nicht in einem Alternativverhältnis stehen, sondern der Kläger sie lediglich prozessual in ein solches stellt, muss er sich entscheiden, welchen dieser Ansprüche er primär und welchen er für den Fall, dass der erste nicht greift, verfolgen will. Diese Entscheidung kann er nicht dem Gericht überlassen. Ansonsten könnte er sich mithilfe einer Alternativantragstellung einer teilweisen Abweisung und der damit verbundenen Kostenlast entziehen.65 Im Üb-
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3307 158 Zu den Begrifflichkeiten Saenger MDR 1994, 860, 862 f. 59 3308 2 Saenger MDR 1994, 860, 862 f. 60 3309 3 BGH NJW-RR 1997, 1374. 3310 461 Vgl. auch BGH LM Nr. 26 zu § 253 ZPO; RGZ 120, 189, 192; RGZ 77, 141, 143. 3311 562 So Schwab Der Streitgegenstand im Zivilprozeß (1954), S. 90; Zöller/Vollkommer Einleitung Rdn. 74; Zöller/Greger Rdn. 5; Musielak/Foerste Rdn. 7.
3312 663 Thomas/Putzo/Reichold 28 (2007) Rdn. 2 im Anschluss an Habscheid Der Streitgegenstand im Zivilprozeß und im Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (1957), S. 257, und Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961), S. 291. 3313 764 Vgl. BGH NJW 1994, 460, 461; OLG Hamm NJW-RR 1992, 1279. 3314 865 Dies scheint MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 55 zu befürworten.
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rigen bedarf es auch hier zur Bestimmung des Streitwerts der genauen Festlegung des Streitgegenstands. Außerdem ist der Beklagte schutzwürdig, da er sich auf beide Klagegründe einlassen müsste, ohne eine Entscheidung über beide zu erlangen.
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bb) Erfüllungsgemeinschaft. Anders werden zum Teil die Fälle der Erfüllungsgemeinschaft beurteilt. Hier besteht die Besonderheit, dass die eingeklagten Streitgegenstände funktionell derart miteinander verbunden sind, dass die Leistung nur einmal gefordert werden kann, die Alternativität also nicht auf dem Willen des Klägers beruht. Die alternative Geltendmachung derartiger Klagegründe wird deshalb teilweise als zulässig angesehen.66 Als Beispiel dienen etwa die Klage aus einem Wechsel und diejenige aus dem Grundverhältnis. Nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff handelt es sich hierbei um zwei verschiedene Streitgegenstände.67 Deshalb hat der BGH den Übergang von der Klage aus der Wechselforderung auch zur Klage aus dem Grundverhältnis als Klageänderung in Form der nachträglichen Klagenhäufung nach § 260 angesehen, da der Kläger den Darlehensanspruch neben der Wechselforderung geltend machen wollte.68 Nach anderer Ansicht69 sind beide Ansprüche nur dann als selbständig zu betrachten, wenn nur einer geltend gemacht wird. Mit der Häufung würden sie aber ihre Selbständigkeit verlieren und zu Klagegründen eines Klageanspruchs auf die Leistung, der sie inhaltlich einschließe. Eine kumulative Häufung käme hier nicht in Betracht, sachgemäß sei hier nur die alternative Klagenhäufung,70 da der Klageantrag auch wegen der Einheit des Begehrens dem Bestimmtheitserfordernis entspreche. Es sei aber auch eine eventuelle Klagenhäufung möglich. Dem ist zu widersprechen, es bleiben zwei Streitgegenstände, die allerdings nicht kumulativ geltend gemacht werden sollten, da sie auf dasselbe wirtschaftliche Ziel gerichtet sind und die Klagesumme nur einmal geltend gemacht werden kann.71 Auch hier gilt das oben Gesagte (Rdn. 23 f.), der Kläger muss beide in ein Eventualverhältnis stellen und kann es nicht dem Gericht überlassen, welchen Anspruch es für begründet hält. Ähnlich ist der Fall des Ausgleichsanspruchs des Bürgen gegen den Hauptschuldner zu beurteilen.72 Dieser lässt sich sowohl aus einem Aufwendungsersatzanspruch gem. § 670 BGB als auch aus dem gesetzlichen Forderungsübergang gem. § 774 BGB herleiten. Es handelt sich um zwei völlig unterschiedliche Ansprüche, die zwar in der Höhe identisch sind, sich aber auf zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte gründen. Beide schließen sich nicht aus und stehen deshalb nicht in dem oben genannten Alternativverhältnis. Aus diesem Grund ist eine alternative Geltendmachung der Klagegründe nicht zulässig, sondern lediglich eine eventuelle Klagenhäufung.73 Der alternativen Geltendmachung von Klagegründen ist also die Anerkennung zu versagen, wenn die Zahlungsklage zwar mit mehreren selbständigen Klagegründen 3315 166 Hk/Saenger Rdn. 15; Pawlowski AcP 195 (1995), 548, 553 mwN; Saenger MDR 1994, 860, 863. 3316 267 BGH NJW-RR 1987, 58; vgl. auch RGZ 160, 338, 347 f.; OLG Hamm WM 1984, 400 (Scheck- und zugrunde liegende Werklohnforderung als zwei Streitgegenstände); OLG Karlsruhe NJW 1960, 1955; OLG Dresden OLGRspr 7, 299; vgl. zu einem ähnlichen Fall (Zahlungsantrag gestützt auf Kaufvertrag und ein konstitutives Anerkenntnis) Lüke FS Schwab (1990), S. 309, 311 ff. 3317 368 BGH NJW-RR 1987, 58; BGH NJW 1982, 2823.
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3318 469 Blomeyer ZPR § 42 IV. 3319 570 Ebenso für alternative Klagenhäufung, Nikisch AcP 154 (1955), 269, 285 ff.; Georgiades S. 250 f., der sowohl eine eventuelle als auch eine alternative Klagenhäufung für zulässig hält; aA Schwab ZZP 71 (1958), 155, 158 f., allerdings auf der Grundlage seines eingliedrigen Streitgegenstandbegriffs. 3320 671 Vgl. Schwab FS Lüke (1997), S. 793, 795 f. 3321 772 Saenger MDR 1994, 860, 863. 3322 873 AA Musielak NJW 2000, 3593, 3597.
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(also mehreren Streitgegenständen) gerechtfertigt wird, die Klagesumme aber nur einmal beansprucht werden kann. Zwar entstehen für den Kläger möglicherweise keine Nachteile wegen des Verbrauchs gleich mehrerer Klagegründe bei Abweisung der Klage, jedoch besteht kein Bedürfnis hierfür, da die Ansprüche nicht in einem echten Alternativverhältnis stehen, sondern einer zweifachen Inanspruchnahme nur mit Einreden begegnet werden kann, auf die sich der Beklagte jedenfalls teilweise berufen muss, wie z.B. bei der Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 821 BGB. Ausnahmsweise ist die alternative Geltendmachung von Klagegründen zulässig, wenn sich beide Klagegründe gegenseitig ausschließen, eine tatsächliche Aufklärung nicht mehr möglich ist und einer der beiden Lebenssachverhalte sich in jedem Fall zugetragen hat. Betrachtet man den vom BGH74 entschiedenen Fall, bei dem der Kläger die Klageforderung entweder aus eigenem Recht als Konkursverwalter der H. & Co. KG oder aus abgetretenem Recht der D.-Bank beanspruchen konnte, so handelt es sich hierbei um zwei unterschiedliche Streitgegenstände mit der Besonderheit, dass wegen der sich einander ausschließenden Lebenssachverhalte nur der eine oder der andere begründet sein kann. Welcher von beiden Ansprüchen gegeben war, hing davon ab, ob es sich um eine Zahlung für Gegenstände handelte, die der Gläubiger unter Eigentumsvorbehalt erworben hat, oder nicht. Im ersten Fall konnte der Anspruch des Gemeinschuldners aus eigenem Recht auf Grund analoger Anwendung des § 342 HGB und aus § 826 BGB hergeleitet werden, im zweiten Fall bestand ein Anspruch aus abgeleitetem Recht der D.-Bank gem. § 823 Abs. 1 BGB. Das Berufungsgericht hielt beide Anspruchsgrundlagen alternativ für gegeben. Eine derartige alternative Geltendmachung von Klagegründen erachtet der BGH für rechtlich unbedenklich, wenn die Haftung des Beklagten auch ohne Klärung des Sachverhalts in dem Punkt, der mit der Alternativbegründung umgangen werden soll, zu bejahen ist.75 Gleiches muss für den Fall gelten, in dem die Klägerin ihren Anspruch ursprünglich auf einen Darlehensvertrag stützte und im Nachhinein zusätzlich aus Gesellschaftsvertrag oder Gemeinschaft herleitete. Darin sah der BGH eine nachträgliche Klagenhäufung in Eventualstellung nach § 260; denn die Klägerin wollte neben dem bisherigen Anspruch hilfsweise einen auf einen anderen Lebenssachverhalt gestützten Anspruch geltend machen.76 Die Klägerin konnte jedoch den Anspruch nur einmal geltend machen – Rückgabe des hingegebenen Geldes – fraglich war nur, welcher Sachverhalt sich zugetragen hat. Lässt sich in solchen Konstellationen der Sachverhalt nicht mehr aufklären, wäre es unbillig, dem Kläger jeglichen Anspruch zu versagen, obwohl dem Kläger eindeutig ein Anspruch zusteht. Für diese Fälle ist dem BGH zuzustimmen und eine alternative Geltendmachung von Klagegründen zuzulassen, sofern feststeht, dass sich einer der Sachverhalte zugetragen hat, und nicht mehr aufklärbar ist, welcher das ist.77
3323 174 BGH NJW 1986, 1174. 3324 275 BGH NJW 1986, 1174, was im konkreten Fall aber zu verneinen war. 76 3325 3 Vgl. BGH NJW 1985, 1841, 1842 (Anspruch aus Darlehensvertrag oder aus Gesellschaftsvertrag/ Gemeinschaft), wo jedoch die vom BGH im Gegensatz zum Berufungsgericht bejahte Sachdienlichkeit der Klageänderung zur Zurückverwei-
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sung führte; vgl. aber RGZ 98, 20, 23 f.: gleichbleibender Klagegrund. Vgl. zu einer ähnlichen Sachlage OLG Köln NJW-RR 1987, 505, 506, das eine Alternativentscheidung bereits aus prozessökonomischen Erwägungen für zulässig hält, um zeitaufwendige und kostenauslösende Beweiserhebungen zu vermeiden.
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3. Eventuelle Klagenhäufung
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Eine Regelung bezüglich der eventuellen Klagenhäufung findet sich im Gesetz nicht.78 § 260 geht allein von der kumulativen Klagenhäufung aus. Die Vorschrift findet daher lediglich entsprechende Anwendung.79 Bei der eventuellen Klagenhäufung macht der Kläger neben dem Hauptanspruch hilfsweise einen weiteren Anspruch für den Fall geltend, dass der Hauptanspruch abgewiesen oder dem Hauptanspruch stattgegeben wird. Im ersten Fall spricht man von einer eigentlichen (Rdn. 53 f.), im zweiten Fall von einer uneigentlichen Eventualhäufung (Rdn. 56 ff.).80 Ein entscheidendes Merkmal der Eventualhäufung liegt darin, dass der Kläger dem Gericht die Reihenfolge der Antragsprüfung vorschreiben kann.81 Der Vorteil einer eventuellen Klagenhäufung besteht zum einen darin, dass auch bezüglich des hilfsweise gestellten Antrags die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) eintritt,82 die sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung endet (§ 204 Abs. 2 BGB), da der Hilfsantrag mit dessen Stellung rechtshängig wird. Dies gilt auch, wenn der Hauptanspruch zuerkannt wird und damit die Rechtshängigkeit des Hilfsanspruchs rückwirkend wegfällt.83 Zum anderen ergeben sich für die Parteien Kostenvorteile aus § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.84 Außerdem können dadurch die Gefahr widersprechender Entscheidungen85 und ein zweiter Prozess vermieden werden.
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a) Zulässigkeit. Neben einem praktischen Bedürfnis86 spricht insbesondere die Prozessökonomie87 für die Zulässigkeit der eventuellen Klagenhäufung, da mit ihr eine umfassende Klärung des im Streit stehenden Sachverhalts gewährleistet ist.
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aa) Zulässige Bedingung. Ein Eventualantrag wird grundsätzlich für zulässig gehalten, wenn er von dem Eintritt eines bestimmten innerprozessualen Vorgangs abhängig gemacht wird.88 Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass gleichzeitig ein anderer Antrag gestellt oder ein gleichgerichteter Sachverhalt vorgetragen wird, der nicht an Bedingungen geknüpft ist und der die sichere Grundlage für die Entscheidung bildet, falls die bedingte Handlung mangels Eintritts der Bedingung nicht Entscheidungsgrundlage sein kann.89 Solche zulässigen innerprozessualen Bedingungen können unterschiedlicher Art sein. Entscheidend ist, dass sie eine bestimmte Gestaltung der Prozesslage zum Gegenstand haben, und für das Gericht gewiss ist, wann die 3327 178 BGHZ 26, 295, 296 = NJW 1958, 631, 632; RGZ 77, 120, 126; Dunz NJW 1962, 1225. 3328 279 RGZ 77, 120, 126; Merle ZZP 83 (1970), 436, 438. 3329 380 BAG AP Nr. 1 zu § 133b GewO; Blomeyer ZPR § 42 III 2b; Merle ZZP 83 (1970), 436. 3330 481 BGH NJW-RR 1992, 290; BGH NJW-RR 1989, 650; RGZ 152, 292, 296; Kion S. 23 ff. hält dies für das wesentliche Abgrenzungskriterium zwischen echten und unechten Eventualverhältnissen. Ist das Gericht bereits unabhängig vom erklärten Willen des Klägers an die Einhaltung einer bestimmten Prüfungsreihenfolge gebunden, handle es sich um ein unechtes Eventualverhältnis. Als Beispiel führt er den hilfsweise gestellten Verweisungsantrag an. 82 3331 5 BGH NJW 1968, 692, 693; BGH NJW 1959, 1819 f.; Henckel JZ 1962, 335. 3332 683 Die von Oehlers NJW 1970, 845 f. behandelte Problematik der entsprechenden Anwendung des § 212 Abs. 1 und 2 a.F. (BGH NJW 1968, 692, 693) ist mit dem Inkrafttreten des Schuldrechts-
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modernisierungsgesetzes überholt, so auch MünchKommBGB5/Grothe (2006) § 204 Rdn. 6. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 204 Abs. 2 BGB, der den Gläubiger auch bei Prozessabweisung und Klagerücknahme vor der Verjährung seines Anspruchs schützen soll, MünchKommBGB5/Grothe (2006) § 204 Rdn. 2. 84 3333 7 BGH NJW 1978, 261, 262; M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805; Merle ZZP 83 (1970), 436, 439. 3334 885 Dieser Gefahr kann aber auch mit einer Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 begegnet werden, Merle ZZP 83 (1970), 436, 438 f. 3335 986 Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121. 87 3336 10 Merle ZZP 83 (1970), 436, 437. 88 3337 11 BGH NJW 1996, 3147, 3150; BGHZ 132, 390, 397 = NJW 1996, 2306, 2307; BGH NJW 1995, 1353; Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 122; vgl. auch RGZ 144, 71, 73. 89 3338 12 BGH NJW 1996, 3147, 3150; BGH NJW 1995, 1353.
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Bedingung eingetreten ist. Eine bedingte Klageerhebung ist dagegen unzulässig (Beispiel unter Rdn. 36; vgl. § 253 Rdn. 8). Ist also ein Anspruch unbedingt erhoben, kann die Entscheidung über weitere Ansprüche von der künftigen positiven oder negativen Entscheidung des Gerichts über den jeweiligen Anspruch abhängig gemacht werden. Selbst wenn auf Grund beidseitiger Erledigungserklärung eine Entscheidung in der Hauptsache unterbleibt, ist trotzdem über den Hilfsantrag zu entscheiden, da das Eventualverhältnis in der Regel nicht auf die Klageabweisung als unbegründet oder unzulässig beschränkt ist.90 Mangels innerprozessualer Bedingung unzulässig ist es dagegen, die Stellung eines Antrags in einem neuen Verfahren von dem Ausgang eines anderen selbständigen Verfahrens91 oder von der Gewährung einer Prozesskostenhilfe (§ 253 Rdn. 9) abhängig zu machen. bb) Rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang. In der Literatur92 ist umstritten, ob zusätzlich ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Hilfsantrag erforderlich ist.93 Dies ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn auch eine kumulative Klagenhäufung möglich wäre, da das Gericht dadurch nicht zusätzlich belastet, sondern eher entlastet wird.94 Die Gegenmeinung stützt sich darauf, dass der Eventualanspruch bei Nichteintritt der Bedingung ohne Sachentscheidung entfallen könne, ohne dass der Beklagte hierauf Einfluss hat. Dies widerspreche dem Recht des Beklagten auf eine Sachentscheidung, zumal sich dieser auf Grund der allgemeinen Prozessförderungspflicht häufig bereits gegenüber dem Hilfsantrag verteidigt habe.95 Dem ist entgegenzuhalten, dass die möglicherweise unnötige Verteidigung gegen Eventualansprüche insgesamt untrennbar mit der Möglichkeit von Haupt- und Hilfsanträgen einhergeht und die Forderung eines rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs kein taugliches Eingrenzungskriterium ist.96 Will der Beklagte dieses Risiko ausschalten, kann er eine Entscheidung durch eine negative Feststellungsklage in Form der Eventualwiderklage herbeiführen.97 Dadurch ist er ausreichend geschützt.98 Weiterhin wird von den Befürwortern eines rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs angeführt, dass die Gefahr einer Manipulation des Zuständigkeitsstreitswerts besteht, wenn der Hauptantrag zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehören würde, aber wegen des höheren Hilfsantrags – nach dem höchsten Antrag richtet sich bei Haupt- und Hilfsantrag der Zuständigkeitsstreitwert (§ 5 Rdn. 22 mwN)99 – die Zuständigkeit des Landgerichts begründet ist. Auch dieses Argument 3339 190 BGH NJW 2003, 3202, 3203. 3340 291 OLG Frankfurt FamRZ 1978, 432, 433. 92 3341 3 In der Rechtssprechung wurde dieses Problem bislang nicht thematisiert und die Verbindung großzügig zugelassen, vgl. Wendtland S. 44. 3342 493 Dafür Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 20 (wobei bei einer Zustimmung durch den Beklagten auch eine solche Häufung zulässig sein soll); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 12; Musielak/ Foerste Rdn. 8; Hk/Saenger Rdn. 11; Jauernig ZPR § 88 III; Schilken ZPR Rdn. 731; Brandhuber Konnexität bei Haupt- und Hilfsantrag (1987), S. 94 f.; Cahn JW 1920, 1014 f.; Dunz NJW 1962, 1225, 1227 f.; bei eigentlicher Eventualklage nur in extremen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis verneinend und für die uneigentliche Eventualklage eine Abhängigkeit des
Hilfs- von dem Hauptantrag fordernd Blomeyer § 42 III 2; dagegen Zöller/Greger Rdn. 4; Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 124 ff.; Kion S. 61 ff., 69; Merle ZZP 83 (1970), 436, 439 ff.; M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805, 812 f.; Wendtland S. 44 ff., dieses Problem im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses behandelnd. 3343 594 So Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 124 ff. 3344 695 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 20. 96 3345 7 Vgl. Wendtland S. 50; Kion S. 68. 3346 897 Hierauf weist Merle ZZP 83 (1970), 436, 440 f. hin. 3347 998 AA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 12. 99 3348 10 Die Gegenansicht von Fleischmann NJW 1993, 506, 507 f., der die sachliche Zuständigkeit von
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vermag nicht zu überzeugen. Die Folgen der Zuständigkeit des Landgerichts statt des Amtsgerichts, insbesondere der Anwaltszwang, treffen Kläger und Beklagten gleichermaßen. Es ist nicht zu erkennen, woraus der Kläger hier einen Vorteil ziehen sollte. Im Übrigen ist das ursprüngliche Hauptargument der Gegenmeinung, dass sich der Kläger ansonsten seinem Kostenrisiko entziehen könne, seit der Regelung in § 19 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG (jetzt § 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG) überholt.100 Der Kläger kann außerdem durchaus ein berechtigtes Interesse daran haben, auch ohne jeglichen Zusammenhang beide Ansprüche im Eventualverhältnis geltend zu machen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Beklagte zur Zahlung nur eines bestimmten Betrags in der Lage ist, der Kläger aber mehrere Ansprüche gegen den Beklagten hat und zumindest in dieser Höhe die Verurteilung des Beklagten erreichen will.101
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cc) Widersprechende Begründungen. Bezüglich des Hilfsanspruchs kann sich der Kläger sogar auf eine den Hauptanspruch stützende widersprechende Begründung berufen.102 So kann der Hauptantrag auf Grundbuchberichtigung wegen Vertragsnichtigkeit, der Hilfsantrag auf Übereignung wegen Ausübung eines Wiederkaufsrechts lauten103 oder der Anspruch auf Nichtigkeit des Vertrags und hilfsweise auf Ausübung eines Rücktrittsrechts104 oder auf Nichtigerklärung einer GmbH, hilfsweise auf ihre Auflösung,105 oder die Klage auf Herausgabe der Erbschaftsgegenstände wegen Nichtigkeit des Testaments, hilfsweise auf Zahlung eines Pflichtteils.106 Darin liegt kein Verstoß gegen § 138 Abs. 1, solange nicht Tatsachen in dem Bewusstsein vorgetragen werden, dass sie unwahr sind.107 Sich widersprechende Anträge im Eventualverhältnis sind deshalb zulässig, selbst wenn der Kläger hierzu einen sich widersprechenden Sachverhalt vortragen muss oder sich für den Fall der Nichterweislichkeit seines Hauptvorbringens das damit unvereinbare Vorbringen des Beklagten hilfsweise zu Eigen macht.108 Der Kläger darf sein Wissen erklären und für den Fall, dass das Gericht dem nicht folgt, sondern das Gegenteil feststellt, daraus die rechtlichen Folgerungen durch einen dementsprechenden − als solchen kenntlich gemachten109 – Hilfsantrag ziehen. Das Gericht kann in einem solchen Fall trotz § 138 Abs. 1 bei Beweisfälligkeit des Klägers der Klage auf Grund des Hilfsvorbringens stattgeben, auch wenn der Kläger von der Unrichtigkeit einer seiner beiden Sachdarstellungen überzeugt sein muss, solange nur für das Gericht die objektive Unrichtigkeit des Hilfsvorbringens nicht feststeht.110 dd) Eventualwiderklage. Unter denselben Voraussetzungen wie die eventuelle Klagenhäufung ist zur Wahrung der Waffengleichheit und aus Gründen der Prozessökonomie auch die Erhebung einer eventuellen Widerklage des Beklagten zulässig (§ 33 Rdn. 41 f.).111 Haupt- und Hilfsantrag gesondert bestimmen und bei einer Entscheidung über den Hilfsantrag gegebenenfalls eine Verweisung an das Landgericht vornehmen will, ist abzulehnen. Diese Ansicht widerspricht § 261 Abs. 3 Nr. 2. 100 13349 Vgl. Wendtland S. 50 f. 101 3350 2 Siehe das Beispiel von Kion S. 66 f. 102 33351 BGH NJW-RR 2004, 1196, 1197; BGHZ 19, 387, 390 = NJW 1956, 631; RGZ 94, 348, 351; RGZ 77, 201, 206; RG Warn 1938 Nr. 19; KG NJW 1966, 2167 f. 103 43352 RGZ 77, 120, 123. 104 53353 RG JW 1936, 1125. 105 63354 RG JW 1917, 929.
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7 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 19. 107 83356 BGH MDR 1959, 834 = LM Nr. 9 zu § 260 ZPO; vgl. auch Hakenbeck S. 22 Fn. 1. 108 93357 BGHZ 19, 387, 390 f. = NJW 1956, 631. 109 3358 10 Der Kläger muss das Verhältnis der Begründungen zueinander klarstellen. 110 3359 11 BGHZ 19, 387, 390 f. = NJW 1956, 631. 111 3360 12 Vgl. BGH NJW 1996, 320; BGH NJW 1996, 2165, 2166 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 65 Rdn. 35, § 95 Rdn. 30; Kion S. 78 ff. Als unzulässig ist es anzusehen, wenn der Beklagte nach dem Klageabweisungsantrag den Klageanspruch hilfsweise anerkennt, Kion S. 127.
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Nachdem das Reichsgericht die Zulässigkeit der Eventualwiderklage in ständiger Rechtsprechung verneint hatte,112 hatte der BGH zunächst die echte Eventualwiderklage für zulässig gehalten, bei der ein wirkliches Eventualverhältnis zwischen dem Hauptantrag des Beklagten auf Abweisung und dem Hilfsantrag auf Verurteilung des Klägers nach der Widerklage besteht, also der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch nur begründet sein kann, sofern auch das Klagebegehren begründet ist.113 So kann der Beklagte in erster Linie die Aufrechnung mit einer Gegenforderung und für den Fall der Unzulässigkeit der Aufrechnung die Gegenforderung mit einer Hilfswiderklage geltend machen.114 Später hat der BGH sich auch für die Zulassung von unechten Eventualwiderklagen ausgesprochen, bei denen das genannte Abhängigkeitsverhältnis nicht besteht, sofern sich nur die Anträge im Rahmen des § 33 halten, also mit den geltend gemachten Klageansprüchen oder mit den gegen sie vorgebrachten Verteidigungsmitteln in rechtlichem Zusammenhang stehen.115 Schließlich wurde in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre auch die Erhebung einer uneigentlichen Eventualwiderklage zugelassen, bei der die Widerklage hilfsweise für den Fall des Obsiegens des Widerklägers mit dem Hauptvortrag erhoben wird.116 Hierauf kann der Kläger seinerseits mit einer bedingten Wider-Widerklage (§ 33 Rdn. 43) reagieren, die von dem Ausgang der Widerklage abhängig gemacht wird.117 Auch bei einer Eventualwiderklage sind jedoch die allgemeinen Prozessvoraussetzungen, insbesondere das Vorliegen eines bestimmten Antrags (§ 253 Abs. 2 Nr. 2) zu beachten.118 ee) Eventuelle Erledigungserklärung. Im Rahmen der eventuellen Erledigungserklärung sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden: die hilfsweise einseitige Erledigungserklärung des Klägers (dazu Rdn. 45 ff.), die hilfsweise einseitige Erledigungserklärung des Beklagten (vgl. Rdn. 51) und die beidseitige hilfsweise Erledigungserklärung (vgl. Rdn. 52). Inwieweit es sich dabei überhaupt um eine Klagenhäufung und wenn ja um eine zulässige Klagenhäufung handelt, ergibt sich aus der jeweiligen Fallkonstellation. Allgemein anerkannt und von der hilfsweisen Erledigung abzugrenzen ist die einseitige Erledigungserklärung im Hauptantrag und die hilfsweise Aufrechterhaltung des ursprünglichen Klageantrags (vgl. § 91a Rdn. 23) für den Fall, dass ein erledigendes Ereignis nach Ansicht des Gerichts nicht vorliegt.119 Ein solches Vorgehen empfiehlt sich, wenn der Kläger von einem erledigenden Ereignis ausgeht, der Beklagte hingegen die Hauptsache nicht für erledigt hält und Klageabweisung beantragt. Der Kläger kann so eine Entscheidung über seinen ursprünglichen Klageantrag herbeiführen. Es handelt sich hier um eine eventuelle objektive Klagenhäufung, da der Feststellungsantrag, den die h.M.120 bei einer einseitig gebliebenen Erledigungserklärung im Wege der Klageänderung annimmt, und der hilfsweise weiterverfolgte ursprüngliche Antrag mehrere Streitgegenstände darstellen. 112 3361
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RGZ 40, 331 f.; RGZ 126, 18, 20; RG JW 1930, 142, 143; vgl. auch BAGE 3, 110, 116. 3362 2113 BGHZ 43, 28, 30 f. = NJW 1965, 440; BGHZ 21, 13, 15 ff. = NJW 1956, 1478 f. = LM Nr. 4 zu § 260 ZPO mit Anm. Johannsen = JZ 1957, 125 mit zust. Anm. A. Blomeyer. 114 33363 BGH LM Nr. 5 zu § 33 ZPO = MDR 1961, 932 = NJW 1961, 1862 (LS). 115 43364 BGH NJW 1958, 1188 = LM Nr. 1 zu § 33 ZPO. 116 3365 5 BGHZ 132, 390, 397 mwN = NJW 1996, 2306, 2308 = EWiR 1996, 743 mit zust. Anm. Gerkan; Stein/Jonas/Roth § 33 Rdn. 37; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 65 Rdn. 35, § 95
Rdn. 30; aA die Voraufl. § 260 Anm. B I b; Lüke/ Kerwer NJW 1996, 2121, 2124. 3366 6117 Vgl. Wendtland S. 15. 118 73367 OLG Köln NJW-RR 2003, 1228, 1229. 119 83368 BGH WM 1982, 1260; BGH NJW 1965, 1597 f.; OLG Nürnberg NJW-RR 1989, 444, 445; vgl. RGZ 156, 372, 375 f.; MünchKomm/Lindacher § 91a Rdn. 80; Bergerfurth NJW 1968, 530 f.; aA Borck WRP 1987, 8, 9 mit Fn. 21; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 333; Westermeier, S. 336 f., der sich für die Zwischenstreitlösung ausspricht. 120 93369 St. Rspr. vgl. nur BGH NJW 2002, 442 mwN (Fn. 122).
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Umstritten ist jedoch die Zulässigkeit einer hilfsweisen Erledigungserklärung des Klägers bei Aufrechterhaltung seines Hauptantrags in erster Linie (für Zulässigkeit § 91a Rdn. 23).121 Eine solche Vorgehensweise wäre für den Kläger vor allem dann von Interesse, wenn er – im Gegensatz zum Beklagten – davon ausgeht, dass kein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Für den Fall, dass das Gericht dennoch ein erledigendes Ereignis annimmt, will er den Rechtsstreit für erledigt erklären. Insoweit ist zu unterscheiden: Bleibt die hilfsweise Erledigungserklärung einseitig, handelt es sich, wenn man der herrschenden Klageänderungstheorie122 folgt, um eine hilfsweise Klageänderung vom ursprünglichen Hauptantrag in einen Antrag auf Feststellung, dass die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und durch ein erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Damit läge keine Klagenhäufung vor, sondern eine bedingte Klageänderung, die als solche unzulässig ist (vgl. § 263 Rdn. 56).123 Hat der Beklagte seinerseits die Erledigung bereits unbedingt erklärt oder nimmt der Kläger an, dass der Beklagte die Erledigung erklären werde124 und bewahrheitet sich dies, handelt es sich nicht um eine eventuelle Klagenhäufung, sondern um eine bedingte Prozesshandlung.125 Eine solche von der Klageabweisung abhängig gemachte 121 3370
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Für Unzulässigkeit: BGH NJW-RR 2006, 1378, 1380; BGH NJW-RR 1998, 1571, 1572; BGHZ 106, 359, 366 ff. = NJW 1989, 2885, 2887; BGH NJW 1967, 564, 565; Stein/Jonas/Bork § 91a Rdn. 19 (anders aber für die einseitige Erledigungserklärung); MünchKomm/Lindacher § 91a Rdn. 80; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 35; Musielak/Wolst § 91a Rdn. 31; Teubner/Prange MDR 1989, 586, 587 f.; für Zulässigkeit: BGH NJW 1975, 539, 540 (einseitige Erledigungserklärung − Streit, ob Klage von Anfang an unzulässig oder unbegründet war); OLG Karlsruhe WRP 1990, 771, 772; OLG Koblenz ZIP 1987, 1413, 1417; OLG Koblenz GRUR 1985, 326 (Feststellung, dass Hauptsache erledigt ist, also ursprünglich zulässig und begründet ist); OLG Schleswig NJW 1973, 1933 (Streit auch um erledigendes Ereignis, Beklagte hat auch Erledigung erklärt); LG Hanau NJW-RR 2000, 1233, 1234 mit abl. Anm. Lange NJW 2001, 2150; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 91a Rdn. 76; Kion S. 96 f.; Becker-Eberhard FG 50 Jahre BGH (2000), S. 274, 300 ff.; Bergerfurth NJW 1968, 530, 531; ders. NJW 1992, 1655, 1660; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 334; Pape/Notthoff JuS 1996, 538, 541; Piekenbrock ZZP 112 (1999), 353, 361 ff.; (einschr.) Wendtland S. 57 f. 3371 2122 St. Rspr. BGH NJW 2002, 442; BGH NJW 1994, 2363, 2364; BGH NJW-RR 1993, 1319, 1320; BGHZ 106, 359, 366 f. = NJW 1989, 2885, 2886; BGHZ 91, 126, 127 = NJW 1984, 1901; Stein/ Jonas/Bork § 91a Rdn. 47; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 34 mwN; Habscheid FS Lent (1957), S. 153, 166 ff.; ders. JZ 1963, 624, 625; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 331 f.; aA MünchKomm/ Lindacher § 91a Rdn. 92 ff. (eigenständiges Institut der Prozessbeendigung und Erwirkungshandlung, auf ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit kommt es aber nicht an); Assmann
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Erlanger FS Schwab (1990), S. 179, 199 ff. (das Ende der Rechtshängigkeit unmittelbar herbeiführende Bewirkungshandlung, deren Zulässigkeitsvoraussetzung die Erledigung der Hauptsache ist); Blomeyer ZPR § 64 I (privilegierte Klagerücknahme); ders. JuS 1962, 212, 213; für eine privilegierte Klagerücknahme wegen § 269 Abs. 3 S. 3 jetzt wohl auch Becker-Eberhard FS Gerhardt (2004), S. 25, 50; Künzl DB 1990, 2370, 2372 (nur Prüfung des erledigenden Ereignisses und der Zulässigkeit der ursprünglichen Klage); Lindacher Juristische Analysen 1970, 687, 705 (kostenmäßig privilegierter Klageverzicht); vgl. auch Piekenbrock ZZP 112 (1999), 353, 360 (Bewirkungshandlung, die Rechtshängigkeit des Hauptantrags beendet und gleichzeitig Erwirkungshandlung, da Feststellung der Erledigung begehrt wird); Pohle FS Maridakis (1963) Bd. 2, S. 427, 452 ff. (Bewirkungshandlung und Erledigungsstreit darüber, ob diese Bewirkungshandlung wirksam ist); Schwab ZZP 72 (1959), 127, 133 (eigenständiges Institut der Prozessbeendigung und Erwirkungshandlung); ebenso Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 130 Rdn. 34. 123 3372 3 AA Stein/Jonas/Bork § 91a Rdn. 19; wohl auch Wendtland S. 58. 124 43373 Zu dem Fall, dass auch der Beklagte die Erledigung nur hilfsweise erklärt BFH BB 1980, 1842; LG Ulm ZZP 68 (1955), 465, 466 mit Anm. Göppinger, das für den Fall, dass die Parteien beide hilfsweise den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, ein Urteil über die Erledigung für erforderlich hält und die Kostenentscheidung auf § 91a stützt. 125 3374 5 Westermeier S. 335, hält die Bedingung, dass die Erklärung nur dann wirksam werden soll, wenn der Beklagte vor der Entscheidung des Gerichts über die Hauptsache zustimmt, für denkbar.
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hilfsweise Erledigungserklärung wird von der h.M.126 ebenfalls als unzulässig angesehen. Eine Erledigung des Rechtsstreits für den Fall der Abweisung des Hauptantrags könne gerade nicht erreicht werden, denn das Gericht sei zunächst zu einer Entscheidung über den Hauptantrag gezwungen.127 Für eine Erledigung sei dann aber kein Raum mehr, weil mit der abweisenden Entscheidung der Rechtsstreit in der Hauptsache beendet ist.128 Die somit erforderliche Entscheidung des Klägers zwischen der Aufrechterhaltung des ursprünglichen Klageantrags und der Erledigungserklärung ist bei Ungewissheit des Erledigungseintritts (z.B. Wegfall der Wiederholungsgefahr bei einer Unterlassungsklage; Aufrechnung mit einer nach Rechtshängigkeit erworbenen Forderung, deren Bestand streitig ist) riskant. Verfolgt er lediglich seinen ursprünglichen Antrag weiter, riskiert er eine Klageabweisung wegen der eingetretenen Erledigung. Dasselbe Risiko trifft ihn, wenn er den Rechtsstreit für erledigt erklärt und sich im Rahmen der Feststellungsklage herausstellt, dass keine Erledigung eingetreten ist. Während der Kläger also bei Gewissheit über den Erledigungseintritt in jedem Fall von der Kostenlast befreit wäre, trifft ihn jetzt ein Kostenrisiko.129 Aus prozessökonomischen Gründen zulassen könnte man daher allenfalls die hilfsweise Erledigungserklärung, soweit sich der Beklagte anschließt, wenn der Kläger sie unter die Bedingung stellt, dass ein erledigendes Ereignis, unabhängig von der ursprünglichen Zulässigkeit und Begründetheit der Klage, eingetreten ist. Bejaht das Gericht das erledigende Ereignis, wird die Erledigungserklärung wirksam. Verneint es das erledigende Ereignis, fällt die Bedingung aus, so dass über den Hauptantrag zu entscheiden ist. Gegen ein solches Vorgehen spricht aber möglicherweise die ratio der beiderseitigen Erledigungserklärung, wonach gerade die Überprüfung des erledigenden Ereignisses dem Gericht entzogen sein soll. Die vollständige Abweisung seiner Klage und das damit verbundene Kostenrisiko kann der Kläger daher zunächst nur dadurch vermeiden, dass er – was nach dem bisher Gesagten zulässig ist – den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und seinen Leistungsantrag hilfsweise weiterverfolgt. Schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung nicht an, trägt der Kläger, wenn ein erledigendes Ereignis nicht eingetreten ist, keine Kosten, da die abgewiesene Feststellungsklage, denselben Gegenstand iSd § 45 Abs. 1 S. 3 GKG betrifft und damit der Kläger im vollen Umfang obsiegt (str. vgl. Rdn. 121). Als nachteilig kann sich jedoch der Fall erweisen, dass sich der Beklagte der Erledigungserklärung anschließt, denn dann verzichtet der Kläger auf ein Urteil über den Hauptantrag und begibt sich der Möglichkeit, die Hauptsache in der Rechtsmittelinstanz weiterzuverfolgen.130 Darüber hinaus bleibt jedoch dem Kläger die Möglichkeit, anstelle der hilfsweisen Erledigungserklärung lediglich hilfsweise für den Fall der Klageabweisung, im Wege der Klagenhäufung zusätzlich die Feststellung zu beantragen, dass die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war.131 Hierdurch kann er zwar die Abweisung des Hauptantrags nicht mehr verhindern, jedoch letztlich eine für 126 3375
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Vgl. nur BGH NJW-RR 2006, 1378, 1379 f.; BGHZ 106, 359, 366 ff. = NJW 1989, 2885, 2887; anderes gilt, wenn die Erledigungserklärung unter sonstigen innerprozessualen Bedingungen wie der Zulässigkeit eines Rechtsmittels, vgl. OLG Hamm NJW 1973, 1376, oder dem Widerruf eines Vergleichs erklärt wird, vgl. OLG Frankfurt MDR 1978, 499.
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2 Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 35. 128 33377 BGHZ 106, 359, 368 ff. = NJW 1989, 2885, 2887; vgl. auch BGH NJW-RR 1998, 1571, 1572. 129 43378 Wendtland S. 57. 130 53379 BGH NJW-RR 1998, 1571, 1573. 131 63380 Habscheid FS Lent (1957), S. 153, 173; Piekenbrock ZZP 112 (1999), 353, 361.
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ihn günstigere Kostenfolge erreichen, da sich der Gebührenstreitwert bei der Feststellung der Erledigung als ein Minus zum Hauptantrag nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nicht erhöht, aber der Wert im Rahmen der Kostenentscheidung zu berücksichtigen ist, woraus sich auch das Feststellungsinteresse ergibt.132 Der BGH hat auch die hilfsweise Erledigungserklärung eines Unterlassungsantrags, bei dem streitig war, ob infolge einer Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr weggefallen ist, in diesem Sinne ausgelegt und den Feststellungsantrag als im Erledigungsantrag mit enthalten angesehen.133 Wird die hilfsweise Erledigungserklärung des Klägers nach dem oben Gesagten als unzulässig angesehen, hat das Gericht den Kläger auf die Unzulässigkeit gem. § 139 hinzuweisen. In Betracht kommt auch die Auslegung der einseitig gebliebenen hilfsweisen Erledigungserklärung des Klägers als hilfsweise gestellter Feststellungsantrag im oben genannten Sinn neben dem Hauptantrag.134 Dadurch kommt es zu einer objektiven eventuellen Klagenhäufung,135 bei der neben den Hauptantrag des Klägers ein Eventualantrag auf Feststellung tritt.136 Eine einseitige Erledigungserklärung des Beklagten ist hingegen unbeachtlich (vgl. § 91a Rdn. 22).137 Die Verfügung über den Streitgegenstand ist allein der betreibenden Partei vorbehalten und damit für den Beklagten nicht möglich.138 Dies gilt erst recht für dahingehende Hilfsanträge, so dass der Beklagte auch nicht hilfsweise eine Erledigungserklärung für den Fall abgeben kann, dass das Gericht dem Antrag auf Feststellung der Erledigung stattgibt.139 Als unzulässig ist es auch anzusehen, wenn der Beklagte einer Erledigungserklärung des Klägers nur hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit seines Klageabweisungsantrags zustimmt.140 Nach den oben dargestellten Grundsätzen (vgl. Rdn. 46 ff.) sind auch hilfsweise übereinstimmende Erledigungserklärungen als bedingte Prozesshandlungen unzulässig. Soweit der Beklagte durch seine Erledigungserklärung einer möglichen Kostentragung im Hinblick auf den Feststellungsantrag entgehen möchte, bleibt ihm nur ein (sofortiges) Anerkenntnis,141 wobei ihm jedoch die mögliche Kostenerleichterung des § 93 nicht zugute kommt, wenn er, was regelmäßig der Fall sein wird, Anlass zur ursprünglichen Klage gegeben hat.142 132 3381
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BGH NJW-RR 1998, 1571, 1573; ebenso LG Hanau NJW-RR 2000, 1233, 1234 f.; aA BGH NJWRR 2006, 1378, 1380. 3382 2133 BGH NJW-RR 1998, 1571, 1573; insoweit zustimmend Piekenbrock ZZP 112 (1999), 353, 361 f.; vgl. aber BGH NJW-RR 2006, 1378, 1380, der zwar gegen eine solche Antragstellung keine verfahrensrechtlichen Bedenken hat, aber das Feststellungsinteresse verneint; Bedenken gegen das Feststellungsinteresse erhebt auch Westermeier S. 332; dagegen Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 35. 134 33383 BGH NJW-RR 1998, 1571, 1572; OLG Karlsruhe WRP 1990, 771, 772; OLG Koblenz ZIP 1987, 1413, 1417; LG Hanau NJW-RR 2000, 1233, 1234 mit abl. Anm. Lange NJW 2001, 2150; Stein/Jonas/Bork § 91a Rdn. 19. 135 3384 4 Habscheid FS Lent (1957), S. 153, 173; dazu Kion S. 97. 136 53385 BGH NJW-RR 1998, 1571, 1572; OLG Karlsruhe WRP 1990, 771, 772; LG Hanau NJW-RR 2000, 1233, 1234; Stein/Jonas/Bork § 91a
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Rdn. 19. vgl. aber BGH NJW-RR 2006, 1378, 1380 (Fn. 133). 137 3386 6 BGH NJW 1994, 2363, 2364; BGH MDR 1961, 125 = ZZP 74 (1961), 210, 212 mit abl. Anm. Schwab; OLG Düsseldorf JR 1989, 379 (mit anderer Begründung: bedingungsfeindliche Prozesshandlung); Stein/Jonas/Bork § 91a Rdn. 59; MünchKomm/Lindacher § 91a Rdn. 115; Zöller/ Vollkommer § 91a Rdn. 52; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 130 Rdn. 28; Hölzer JurBüro 1991, 1, 4. 138 73387 Vgl. Kion S. 94 . 139 83388 Vgl. Stein/Jonas/Bork § 91a Rdn. 20; Kion S. 95; Wendtland S. 67; Westermeier S. 333 f.; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 91a Rdn. 76; Bergerfurth NJW 1992, 1655, 1660; Piekenbrock ZZP 112 (1999), 353, 361. 140 3389 9 BAG AP Nr. 11 zu § 91a ZPO. 141 3390 10 Vgl. LG Hanau NJW-RR 2000, 1233, 1234 f. 142 3391 11 AA Lange NJW 2001, 2150, 2152, der allein auf den Anlass zur Erledigungsfeststellung abstellt.
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b) Eigentliche Eventualklage. Bezüglich der Zulässigkeit der eigentlichen143 Eventualklage, wenn also die Entscheidung über den Hilfsantrag von der negativen Entscheidung des Gerichts über den Hauptantrag abhängig gemacht wird, herrscht Einigkeit. Hier besteht zum einen die Möglichkeit, einen Hilfsantrag aus einem anderen Lebenssachverhalt geltend zu machen. So kann der Kläger den Beklagten aus der ihm abgetretenen Forderung des A, hilfsweise aus der ihm abgetretenen Forderung des B in Anspruch nehmen144 oder aus der Bürgschaft von 1912, hilfsweise aus der von 1910 belangen145 oder ein eigenes, hilfsweise ein ihm abgetretenes Recht geltend machen.146 Die Stellung von Haupt- und Hilfsantrag bietet sich auch an, wenn sich die vorgetragenen Geschehnisse gegenseitig ausschließen, so dass das Nichtbestehen des den Hauptantrag stützenden Vorgangs Bedingung für das Bestehen des Hilfsantrags ist, wie z.B. der Antrag auf Herausgabe aus Eigentum, hilfsweise auf Rückübereignung oder auf Grundbuchberichtigung wegen einer nur zum Schein erfolgten Eigentumsübertragung, hilfsweise Rückübertragung auf Grund eines ausgeübten Wiederkaufsrechts,147 der Antrag auf Bierentnahme, hilfsweise (für den Fall der Nichtigkeit der getroffenen Vereinbarung) Rückauflassung des Grundstücks148. Möglich ist auch die kumulative Geltendmachung zweier prozessualer Ansprüche, die auf verschiedenen Lebenssachverhalten beruhen, im Wege der Teilklage und zusätzlich die eventuelle Häufung derart, dass bei Nichtdurchgreifen des einen Klagegrundes der jeweils andere Klagegrund gelten soll.149 Im Eventualverhältnis können auch Ansprüche geltend gemacht werden, die aus demselben Sachverhalt verschiedene rechtliche Folgen ziehen, wie z.B. Schadensersatz statt der Leistung, eventuell Minderung des Kaufpreises150 oder auf Ersatz der Mietwagenkosten, hilfsweise auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung151 oder auf Ersatzlieferung, hilfsweise auf Geldentschädigung152. Die Erhebung von Haupt- und Hilfsanspruch kann ferner darauf beruhen, dass derselbe Lebenssachverhalt rechtlich unterschiedlich aufgefasst werden kann und je nachdem verschiedene Ansprüche geltend gemacht werden.153 Auch ein neben einem Feststellungsbegehren hilfsweise erhobener, auf Zahlung gerichteter Leistungsantrag begegnet keinen Zulässigkeitsbedenken.154
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c) Uneigentliche Eventualklage. Auch die uneigentliche155 Eventualklage, bei der die Entscheidung über den Hilfsantrag von der positiven Entscheidung des Hauptantrags abhängig gemacht wird, wird grundsätzlich für zulässig erachtet.156 Zum
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3392 1143 Auch echte Eventualklage genannt, so z.B. Hakenbeck S. 2. 144 23393 RGZ 144, 71. 145 3394 3 RG Gruchot 59 Nr. 78. 146 43395 So BGH LM Nr. 26 zu § 253 ZPO im Grundsatz, im konkreten Fall allerdings eine Ausnahme annehmend; vgl. OLG Hamm NJW-RR 1992, 1279 (hier waren die alternativen Begründungen nicht in ein Eventualverhältnis gestellt worden). 147 53396 RGZ 77, 120, 123. 148 3397 6 RGZ 117, 112. 149 73398 BGH NJW 1992, 2080, 2081. 150 83399 Vgl. RGZ 87, 237, 239. 151 93400 KG NJW 1966, 2167 f. 152 3401 10 BGH LM Nr. 1 zu § 300 ZPO. 153 3402 11 RGZ 77, 120, 122. 154 3403 12 OLG Saarbrücken NZM 2000, 923. 155 3404 13 Teilweise wird statt des Begriffs uneigentlich als
Synonym der Begriff unecht verwendet, vgl. BGH NJW 2001, 1285, 1286; Hakenbeck S. 3, versteht unter unechter Eventualklage die Fälle, in denen der Hilfsantrag immer auf eine künftige Leistung iSd § 259 gerichtet ist; vgl. auch Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 25. Kion S. 23 f., 36 ff., unterscheidet zwischen unechten und uneigentlichen Eventualverhältnissen und geht nur dann von einem echten Eventualverhältnis aus, wenn die Bindung des Gerichts an eine bestimmte Prüfungsreihenfolge allein auf dem Willen der Parteien und nicht auf einer logischen Abhängigkeit beruht. In den hier bezeichneten Fällen, in denen der Kläger den Eventualantrag vom Erfolg des Hauptantrags abhängig macht, spricht Kion von den uneigentlichen Eventualverhältnissen. 156 3405 14 BGH NJW 2001, 1285, 1286; BGHZ 132, 390, 398 = NJW 1996, 2306, 2308 (Eventualwider-
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Teil werden allerdings Bedenken erhoben.157 Unbegründet ist der Einwand, es handle sich um eine unzulässige bedingte Hauptklageerhebung.158 Der Hauptantrag wird unbedingt erhoben, lediglich der Hilfsantrag ist auflösend bedingt.159 Hier besteht kein Unterschied zur eigentlichen Eventualklage. Auch das Argument, der Kläger werde von dem Risiko des Prozessverlustes befreit,160 überzeugt nicht. Es sprechen im Gegenteil der Dispositionsgrundsatz und die Prozessökonomie für die Zulässigkeit einer uneigentlichen Eventualklage.161 Der Kläger könnte die verschiedenen Anträge ebenso hintereinander in verschiedenen Prozessen geltend machen. Es ist deshalb nicht einzusehen, warum ihm dieses Hintereinander in einem einheitlichen Verfahren verwehrt sein soll.162 Diese Verfahrensweise bringt den Vorteil, dass sich widersprechende Entscheidungen vermieden werden und die bisherigen Verfahrensergebnisse auch für den weiteren Anspruch verwendet werden können. Dabei handelt es sich um eine rechtlich unbedenkliche Möglichkeit, die Kosten der gerichtlichen Überprüfung eines Anspruchs gering zu halten. Diese Art der Verknüpfung von Haupt- und Hilfsantrag ist mit der Geltendmachung einer Teilforderung zur Klärung der Rechtslage vergleichbar; auch diese als unbedenklich anerkannte Vorgehensweise ist vor allem darauf ausgerichtet, Prozesskosten zu sparen.163 Dies gilt ebenso für Fallgestaltungen, bei denen zunächst eine Forderung in Teilbeträge zerlegt wird, der erste Teilbetrag unbedingt als Hauptanspruch und die weiteren Teilbeträge jeweils bedingt durch die positive Entscheidung über die vorhergehenden Ansprüche als Hilfsansprüche geltend gemacht werden.164 Eine solche Vorgehensweise wird zum Teil als widersprüchlich angesehen, weil der Kläger einen einheitlichen Streitgegenstand in Teilklagen zerlegt, um diese dann wieder miteinander zu verbinden und dadurch seine Risiken, die bei aufeinander folgenden Teilklagen bestehen, minimiert.165 Eine objektive Klagenhäufung bei einer derartigen Staffelung der Teilbeträge eines einheitlichen Streitgegenstands wird deshalb von dieser Ansicht trotz des Zugeständnisses, dass formal mehrere Ansprüche vorliegen, verneint.166 Werden aber Teilklagen für zulässig erachtet, dann ist aus den oben aufgeführten Gründen nicht einzusehen, weshalb diese nur mit Nachteilen für den Kläger in getrennten Prozessen möglich sein sollen und nicht im Rahmen eines einheitlichen Verklage); BGH NJW 1986, 2820, 2821; RGZ 144, 71, 73; BAG NZA 1988, 741 = DB 1988, 1660; BAG NJW 1965, 1042; Hipke S. 299 ff.; Merle ZZP 83 (1970), 436; Rütter VersR 1989, 1241, 1244; Wendtland S. 53 mwN; M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805. 157 13406 Voraufl. B I b; Lüke/Kerwer NJW 1996, 2121, 2124 f.; gegen diese Bedenken M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805, 807 ff. 158 3407 2 So aber die Voraufl. B I b. 159 33408 Lüke/Kerwer NJW 1996, 2121, 2122; M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805, 807. 160 43409 Lüke/Kerwer NJW 1996, 2121, 2124. 161 53410 Hierauf weist M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805, 807 f. zutreffend hin. 162 63411 BGH NJW 1986, 2820, 2821, der die gleichzeitig erhobenen, auf Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags und auf den dinglichen Vollzug des erstrebten Hauptvertrags gerichteten Klageanträge als uneigentliche Eventualklage ausgelegt hat, geht sogar davon aus, dass es dem Kläger in einem solchen Fall nicht zugemutet werden kann, zwei Prozesse hintereinander zu führen.
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7 BGHZ 132, 390, 399 = NJW 1996, 2306, 2308. 164 83413 M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805, 806 ff.; zu den Vor- und Nachteilen einer solchen Eventualklagenhäufung Hipke S. 367 ff. 165 93414 So Lüke/Kerwer NJW 1996, 2121, 2124. 166 3415 10 Lüke/Kerwer NJW 1996, 2121, 2124. Ähnlich Wendtland S. 56, der allerdings nur eine eventuelle Klagenhäufung ablehnt, weil es sich um denselben prozessualen Anspruch handle und mit dem Hilfsantrag zumindest teilweise ein anderer prozessualer Anspruch geltend gemacht werden müsse. Deshalb geht er von einer kumulativen Klagenhäufung aus und hält den einen Teil für eine unzulässige bedingte Klage. Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich bei der Aufteilung in Teilklagen doch um verschiedene prozessuale Ansprüche handelt (verschiedene Klageanträge basierend auf demselben Rechtsgrund). Im Übrigen steht dies im Widerspruch zu seiner Ansicht hinsichtlich der uneigentlichen Eventualwiderklage, S. 63.
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fahrens erhoben werden dürfen. Insbesondere der Hinweis auf den Rechtsgedanken des § 269 überzeugt nicht, da der Beklagte jederzeit eine Entscheidung im Wege der Zwischenfeststellungsklage herbeiführen kann.167 Die Stufenklage kann jedoch nicht als gesetzliche Anerkennung der uneigentlichen Eventualklage angeführt werden.168 Zwar kann der Kläger die Stufenklage in Form einer eventuellen Klagenhäufung erheben und den Hauptanspruch von der positiven Entscheidung des Gerichts über den Informationsanspruch abhängig machen. Sie ist vom Gesetzgeber aber nicht als eventuelle Klagenhäufung konzipiert (vgl. oben Rdn. 13; § 254 Rdn. 5). Auch der Entschädigungsantrag nach § 510b oder § 61 Abs. 2 ArbGG stellt keinen gesetzlich geregelten Fall eines uneigentlichen Eventualantrags dar, da dieser Antrag unbedingt gestellt ist und somit eine kumulative Klagenhäufung vorliegt.169 Nicht berechtigt ist die teilweise begriffliche Einschränkung, dass eine uneigentliche Eventualklage nur dann vorliege, wenn der Hauptanspruch nicht zugleich eine Vorfrage im Hinblick auf den Hilfsanspruch darstellt.170 Zwar wäre das Gericht bei einer kumulativen Häufung der Anträge auch an eine bestimmte Reihenfolge gebunden. Der Kläger will aber den Hilfsantrag nicht in jedem Fall zur Entscheidung stellen.171 So ist ein Weiterbeschäftigungsantrag des Arbeitnehmers im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits, der für den Fall gestellt wird, dass der Kündigungsschutzklage stattgegeben wird, zulässig.172 Ebenso zulässig ist die Klage auf Schadensersatz statt der Leistung für den Fall, dass der Erfüllungsklage stattgegeben wird, sofern das Schadensersatzverlangen bereits vorab im Prozess unter der Bedingung des erfolglosen Ablaufs einer dem Schuldner gesetzten Frist oder der erfolglosen Vollstreckung des Erfüllungsanspruchs erklärt wird (oben Rdn. 17; eingehend § 255 Rdn. 18).
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V. Entstehung Die objektive Klagenhäufung entsteht in der Regel durch die gleichzeitige Geltendmachung mehrerer Ansprüche in einer Klage (§ 260) oder durch nachträgliche Erweiterung der Klage, z.B. durch Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 oder eines sonstigen neuen Anspruchs (vgl. § 261 Abs. 2) oder durch Verbindung mehrerer Prozesse zu einem Verfahren durch das Gericht gem. § 147.173 Der Kläger ist grundsätzlich174 nicht zur gleichzeitigen Geltendmachung verpflichtet, sondern kann bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs auch jeden Anspruch einzeln einklagen, selbst wenn sich dadurch die Kostenlast für den Beklagten erhöht,175 sich 167 3416
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Hierauf weist M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805, 811 zu Recht hin. 3417 2168 So aber M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805, 808. Sie weist zwar Ähnlichkeiten auf, Assmann Das Verfahren der Stufenklage (1990), S. 19, so die Bindung des Gerichts an die Reihenfolge der Anspruchsprüfung. Es fehlt aber an einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen den einzelnen Ansprüchen. 169 3418 3 Zöller/Herget § 510b Rdn. 1; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 18; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 25 mwN, der eine Klagenhäufung gänzlich verneint; wohl auch M. Wolf FS Gaul (1997), S. 805, 808.
170 3419
4 So Kion S. 36 ff., 41. 171 53420 So zutreffend Wendtland S. 13 f. 172 63421 BAG NZA 1988, 741 = DB 1988, 1660; nur im Ergebnis zustimmend MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 17. 173 73422 Das Gericht kann die Verbindung wieder aufheben, vgl. § 150. 174 83423 Ein ausnahmsweiser Verbindungszwang ergibt sich dagegen aus § 145 PatG. 175 93424 Einschränkend OLG München NJW 1965, 2407, das ein erkennbares berechtigtes Interesse an der getrennten Geltendmachung fordert (z.B. rasche Erlangung eines Vollstreckungstitels über einen Anspruch) und andernfalls den Beklagten nur zur
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wegen § 5 die Zuständigkeit ändert oder die Rechtsmittelsumme (nicht mehr) erreicht wird.176 Die Klagenhäufung durch Verbindung gem. § 147 kann jedoch nur zu einer kumulativen Klagenhäufung führen, da eine Eventualstellung allein vom Willen des Klägers abhängig ist.177 1. Nachträgliche Klagenhäufung in erster Instanz
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Eine nachträgliche Klagenhäufung wird von der Rechtsprechung wie eine Klageänderung behandelt (siehe § 263 Rdn. 35).178 Stimmt der Beklagte nicht zu, ist sie nur bei Sachdienlichkeit zuzulassen. Die Sachdienlichkeit einer Klageänderung ist im Allgemeinen zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann.179 Allerdings kann eine Klageänderung sachdienlich sein, wenn der Kläger einen neuen Klagegrund einführt und sich hierbei hilfsweise das Verteidigungsvorbringen des Beklagten zu Eigen macht.180 Für die Frage der Sachdienlichkeit kommt es allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt.181 Maßgebend ist hierbei der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit.182 Entgegen der oben genannten Ansicht unterliegt die nachträgliche Klagenhäufung jedoch nicht den Vorschriften über die Klageänderung, sondern ist der anfänglichen Klagenhäufung gleich zu behandeln.183 Zwar wird der Beklagte gezwungen, seine Verteidigung bezüglich des neuen Anspruchs neu einzurichten. Der Schutz vor einer Umstellung der Verteidigung wird von § 263 auch bezweckt.184 Allerdings ist der Beklagte bei der Klageänderung meist zur Aufgabe seiner ursprünglichen Verteidigung genötigt, während dies bei der nachträglichen Klagenhäufung nicht der Fall ist. Zu einer neuen Verteidigung wäre der Beklagte aber auch bei einer gesonderten Klage gezwungen, die der Kläger jederzeit erheben könnte. Der Zulässigkeit, einen weiteren Anspruch im laufenden Prozess durch den Kläger einzuführen, steht nichts entgegen. Zum einen zwingt § 264 Nr. 2 nicht zu dem Schluss, dass in den Fällen der Klageerweiterung, die nicht unter § 264 Nr. 2 fallen, notwendig eine Klageänderung liegen Erstattung der Kosten verpflichten will, die bei einheitlicher Geltendmachung entstanden wären. 3425 1176 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 28. 177 23426 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 30. 178 33427 BGH NJW 1996, 2869, 2870; BGH NJW-RR 1987, 58 (Anspruch aus Darlehen bzw Wechsel); BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH WM 1983, 1162, 1163; BGH WM 1981, 798, 799; BGH NJW 1970, 44, 45 = WM 1969, 1346, 1347 lässt offen, ob die Vorschriften über die Klageänderung direkt oder entsprechend Anwendung finden; BGH NJW 1957, 543; RG Gruchot 32, 410, 412 f.; RG JW 1911, 373; RG JW 1935, 2896, 2897; RG Warn 1942 Nr. 52; BAG WM 1976, 598, 600; OLG Hamm FamRZ 2000, 1173, 1174; OLG München FamRZ 1995, 678; OLG Nürnberg BayJMBl 1955, 1; Dunz NJW 1962, 1225; Walther NJW 1994, 423, 427; Rosenberg ZZP 53 (1940), 385, 404 f.; Sundermann Die Bedeutung der Berufungsanträge für die Zulässigkeit der Be-
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rufung (1998), S. 42 will zumindest nach Verkündung des die Instanz abschließenden Endurteils die nachträgliche Klagenhäufung nach § 263 beurteilen; aA KG JW 1928, 1314, 1315 mit Anm. Sonnen. 179 3428 4 BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH WM 1983, 604, 605. 180 53429 BGH NJW 1985, 1841, 1842. 181 63430 BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGHZ 1, 65, 71 = NJW 1951, 311, 312. 182 73431 BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH WM 1983, 1162, 1163. 183 83432 Ebenso Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 11; Musielak/Foerste Rdn. 5; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 96 Rdn. 6. 184 3433 9 Auf den Normzweck stützen sich vor allem MünchKomm/Becker-Eberhard § 263 Rdn. 21 und Walther Klageänderung und Klagerücknahme (1969), S. 73 f.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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müsse. Zum anderen geht auch aus § 260 nicht hervor, dass eine Klagenhäufung nur bei Klageerhebung möglich ist.185 Vielmehr sieht das Gesetz in § 261 Abs. 2 gerade vor, dass weitere Ansprüche auch im Laufe des Verfahrens erhoben werden können. Allerdings regelt § 261 Abs. 2 nur die Form, nicht aber die Zulässigkeit der Erhebung eines neuen Anspruchs in einem anhängigen Verfahren.186 Lediglich für einzelne Fälle einer nachträglichen Einführung neuer Ansprüche hat das Gesetz eine Regelung getroffen, so in §§ 302 Abs. 4, 510b, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 3. Außerdem lässt das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen die Widerklage (§ 33), die Zwischenfeststellungsklage (§ 265 Abs. 2) und die Klageänderung (§ 263) zu. Am ehesten vergleichbar mit der nachträglichen objektiven Klagenhäufung ist die Widerklage. Zumindest unter den Voraussetzungen, unter denen der Kläger mit einer Widerklage des Beklagten überzogen werden kann, muss dies auch umgekehrt für eine nachträgliche Klagenhäufung durch den Kläger gelten.187 Hängt der weitere Anspruch mit dem bereits eingeklagten zusammen, ist es prozessökonomisch, diesen in dem bereits bestehenden Verfahren mit zu verhandeln. Nicht überzeugend ist die Begründung der Gegenmeinung, dass die Gefahr der Verzögerung188 oder sogar der Prozessverschleppung durch Nachschieben von neuen Ansprüchen besteht.189 Dem kann mit dem Erlass eines Teilurteils (§ 301) bzw mit der Prozesstrennung (§ 145) entgegengewirkt werden.190 Das einzige Argument, das gegen die hier vertretene Ansicht sprechen könnte, wäre die Verwertung der bisherigen Prozessergebnisse auch für den neuen Anspruch. Die Frage lautet deshalb, ob der Beklagte insoweit eines Schutzes bedarf. Dies ist zu verneinen. Steht der neue Anspruch mit dem bisherigen Anspruch nicht in Zusammenhang, wird eine solche Verwertung nicht möglich sein. Besteht dagegen ein solcher Zusammenhang, so dass die bisherigen Ergebnisse verwertet werden könnten, dann würde, wenn die Vorschriften über die Klageänderung Anwendung fänden, entweder § 264 Nr. 2 eingreifen oder das Gericht die Sachdienlichkeit bejahen mit der Folge, dass es auch zu einer Verwertung der bisherigen Prozessergebnisse kommen würde. Im Übrigen wäre der Beklagte auch gegen eine Prozessverbindung (§ 147) nicht geschützt, wenn der Kläger den Anspruch gesondert geltend machen würde. Es müssen deshalb bei einer nachträglichen Klagenhäufung lediglich die Voraussetzungen des § 260 vorliegen. Die Klageänderungsvorschriften finden entgegen der h.M. keine entsprechende Anwendung.
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2. Nachträgliche Klagenhäufung im Rechtsmittelverfahren Eine nachträgliche Klagenhäufung ist nach h.M. in Rechtsprechung191 und Literatur192 im Wege der Klageänderung grundsätzlich auch im Rechtsmittelverfahren zulässig. So kann ein Hilfsantrag auch erstmals in der Berufungsinstanz gestellt werden. Entgegen der früheren Auffassung des BGH193 besteht jedoch für den unterlegenen 185 3434
Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 11; Rimmelspacher Materiellrechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß (1970), S. 359, allerdings letztendlich die nachträgliche Klagenhäufung als Klageänderung behandelnd. 186 3435 2 So zutreffend Sonnen Anm. zu KG JW 1928, 1314; Rosenberg ZZP 53 (1940), 385, 403. 187 33436 Einen Vergleich zwischen Widerklage und nachträglicher Klagenhäufung, die er allerdings den Klageänderungsvorschriften unterstellt, zieht auch Rimmelspacher FS Lüke (1997), S. 655, 671. 188 43437 MünchKomm/Becker-Eberhard § 263 Rdn. 21. 1
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5 Blomeyer JuS 1970, 123, 125. 3439 6190 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 96 Rdn. 6; Walther Klageänderung und Klagerücknahme (1969), S. 74; aA Blomeyer JuS 1970, 123, 125, der hierin keinen ausreichenden Schutz sieht. 191 3440 7 BGH NJW 1985, 1841, 1842; im Ergebnis auch BGH NJW 1981, 2417, 2418; BGH FamRZ 1979, 573, 575 mit Anm. Baumgärtel FamRZ 1979, 791. 192 3441 8 Vgl. nur MünchKomm/Rimmelspacher § 533 Rdn. 8; Musielak/Ball § 533 Rdn. 6; Hk/Wöstmann § 533 Rdn. 2. 193 93442 BGH NJW 1996, 320.
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Kläger nicht die Möglichkeit, in der Berufung in erster Linie einen neuen Antrag als Hauptantrag zu stellen und seinen ursprünglichen Antrag als Hilfsantrag weiter zu verfolgen (vgl. § 263 Rdn. 74).194 Außerdem ist es nach der Rechtsprechung mangels Beschwer nicht mehr möglich, in der Berufungsinstanz den Klageantrag in erster Linie auf einen neuen Lebenssachverhalt zu stellen und den ursprünglichen Lebenssachverhalt nur hilfsweise weiter zu verfolgen (vgl. § 263 Rdn. 74).195 Ein Eventualantrag im Revisionsverfahren für den Fall, dass nach Auffassung des Revisionsgerichts die Sache bezüglich des Hauptantrags mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, ist als zulässig erachtet worden. Der Zulässigkeit dieses Hilfsantrags steht nicht entgegen, dass über den Hauptantrag insoweit nicht sachlich entschieden wird.196 Auch die erstmalige Klagenhäufung in der Berufungsinstanz ist nach der hier vertretenen Auffassung keine Klageänderung (vgl. Rdn. 64 f.), sondern unter den Voraussetzungen des § 260 zulässig. § 533 findet deshalb keine Anwendung.197 Allerdings muss der Beklagte vor der erstmaligen Geltendmachung von Ansprüchen in der Berufungsinstanz und dem damit einhergehenden Verlust der ersten Instanz geschützt werden. Die von der h.M. zugelassene Klagenhäufung ohne Einwilligung des Gegners, wenn das Gericht diese für sachdienlich hält, wird wegen des objektiven Charakters der Sachdienlichkeit (vgl. § 263 Rdn. 64) dem Schutz des Beklagten nicht gerecht. Ausnahmsweise zuzulassen ist eine Klagenhäufung ähnlich wie die Parteiänderung in der Berufungsinstanz (vgl. § 263 Rdn. 128 f.) deshalb nur dann, wenn sich der Beklagte seines Schutzes begibt und der Klagenhäufung zustimmt oder die Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich wäre. Darüber hinaus ist die Klagenhäufung in der Berufung eingeschränkt, als diese nur auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin gem. § 529 zugrunde zu legen hat. Die instanzielle Unzuständigkeit des Berufungsgerichts ist unschädlich, soweit das Berufungsgericht, wäre der Anspruch in erster Instanz erhoben worden, für die Entscheidung über die Berufung des neuen Antrags zuständig gewesen wäre (vgl. Rdn. 79).198
VI. Beendigung
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Beendet wird die objektive Klagenhäufung durch rechtskräftiges Teilurteil gem. § 301, durch Klagerücknahme (§ 269) bzw Erledigung (§ 91a) der geltend gemachten Ansprüche bis auf einen oder durch Trennungsbeschluss gemäß § 145 (siehe aber Rdn. 97) oder § 150.
3443 1194 BGH NJW 2001, 226; BGH NJW-RR 1998, 390, 391; BGH NJW-RR 1996, 765. 195 23444 BGH NJW-RR 2002, 1435, 1436; BGHZ 140, 335, 338 = NJW 1999, 1339; BGH NJW 1999, 2118, 2120 = JZ 1999, 954 mit kritischer Anm. Greger; BGH ZIP 1999, 1068, 1070 (unter Aufgabe seiner Ansicht in BGH NJW 1996, 320: Berufung gegen einen neuen Beklagten und nur hilfsweise gegen ursprünglichen) mit kritischer Anm. Altmeppen; BGH NJW 1998, 1006; BGH NJW 1996, 527; BGH NJW-RR 1996, 1276;
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BGH NJW 1996, 320; BGH NJW 1988, 2540, 2541; BGH NJW-RR 1987, 124, 125; OLG Hamm MDR 2000, 48; OLG München NJW-RR 1998, 207; vgl. auch Otte ZZP 113 (2000), 225, 233. 196 3445 3 BGH NJW 1996, 3147, 3150. 197 43446 Die Rechtsprechung, die von einer Klageänderung ausgeht (vgl. Rdn. 63), kommt zu einer Anwendung des § 533. 198 53447 BGH FamRZ 1979, 573, 575.
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VII. Die Zulässigkeit der Klagenhäufung Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klagenhäufung regelt § 260. Daneben sind für jeden Anspruch getrennt die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen. Ist für einen Anspruch der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht gegeben, so kann er auch nicht durch Klagenhäufung mit anderen Ansprüchen, die der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterworfen sind, vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden.199 Dadurch wird eine Rechtswegmanipulation im Wege beliebiger Klagenhäufung verhindert. Geschieht dies dennoch, hat eine Prozesstrennung nach § 145 und eine Verweisung an das Gericht des zulässigen Rechtswegs zu erfolgen.200 Dies gilt auch, wenn zwei Ansprüche im Eventualverhältnis geltend gemacht werden und die Zuständigkeit des Zivilgerichts zwar für den Hilfs-, nicht aber für den Hauptanspruch besteht.201 Handelt es sich dagegen nur um einen prozessualen Anspruch, der auf mehrere Klagegründe gestützt ist, kann das Gericht, wenn seine Rechtswegzuständigkeit für einen Klagegrund begründet ist, den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheiden (§ 17 Abs. 2 GVG). Dem steht nicht entgegen, dass diese nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. § 17 Abs. 2 GVG findet jedoch auf die kumulative Klagenhäufung keine Anwendung.202 Die Verbindung von einem nach Landesrecht schlichtungspflichtigen (§ 15a EGZPO) mit einem nicht schlichtungspflichtigen Antrag hat zur Folge, dass auch für den an sich schlichtungspflichtigen Antrag kein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden muss, da der Prozessökonomie der Vorrang einzuräumen ist.203 Das Gericht hat die Voraussetzungen der Klagenhäufung von Amts wegen zu prüfen.204 Bei Unzulässigkeit einer Klagenhäufung ist eine Heilung nach § 295 nicht möglich.205 Welche Rechtsfolge sich aus der fehlenden Voraussetzung für die Klagenverbindung ergibt, hängt von der jeweiligen Voraussetzung ab (siehe dazu im Folgenden).
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1. Identität der Parteien Die mehreren Ansprüche müssen von demselben Kläger gegen denselben Beklagten geltend gemacht werden. Bei mehreren Klägern und/oder Beklagten handelt es sich um eine subjektive Klagenhäufung, deren Zulässigkeit nach den §§ 59 ff. zu beurteilen ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn der gesetzliche Vertreter zum einen namens des Vertretenen und zum anderen im eigenen Namen Ansprüche geltend macht.206 Das gleiche gilt, wenn gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes und gegen ihn persönlich Klage erhoben wird.207 Dagegen liegt Personenidentität vor, wenn jemand kraft Gesetzes oder Vertrags im eigenen Namen fremde und eigene Rechte geltend macht, wie z.B. der Entschädigungsberechtigte, der sich, um Zweifel an seiner Aktivlegitimation auszuräumen, auch auf Abtretung der Ansprüche aller in Betracht kommenden Entschädigungsberechtig199 3448
1
BGH NJW 1998, 826, 828; BGH NJW 1991, 1686 = ZZP 105 (1992), 83 ff. mit Anm. Schilken (90 f.). 3449 2200 BGH NJW 1998, 826, 828. 201 33450 BGH NJW 1956, 1357 f. 202 43451 BGH NJW 1991, 1686 = ZZP 105 (1992), 83, 84.
203 3452
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LG Aachen NJW-RR 2002, 1439; Bitter NJW 2005, 1235, 1238 mwN. 3453 6204 RGZ 5, 165, 167. 205 73454 RGZ 5, 165, 167; KG NJW 1967, 2215. 206 83455 BGH NJW 1972, 2302. 207 93456 Vgl. RGZ 97, 11 f.; Zöller/Greger Rdn. 2.
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ten stützt208 oder der Erbe Ansprüche gem. § 2039 BGB und andere aus eigenem Recht miteinander verbindet. 2. Zuständigkeit des Gerichts für alle Ansprüche
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§ 260 stellt ausdrücklich klar, dass das Prozessgericht für sämtliche Ansprüche zuständig sein muss. Dies ist erforderlich, da ansonsten eventuell eine Zuständigkeit kraft Zusammenhangs hätte angenommen werden können, wenn mehrere Ansprüche in einer Klage geltend gemacht werden. Aus diesem Grund handelt es sich um keine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klagenverbindung. Die Zuständigkeit gehört vielmehr zu den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen.209 Unter dem Begriff der Zuständigkeit sind die örtliche und die sachliche Zuständigkeit zu verstehen. Die Zuständigkeit verschiedener Spruchkörper desselben Gerichts auf Grund des Geschäftsverteilungsplans beeinflusst die Zulässigkeit einer Klagenhäufung nicht.210 Auch die instanzielle Zuständigkeit hat keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Klagenhäufung, so dass die Klagenhäufung, soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen (vgl. Rdn. 68 und Rdn. 79) erstmals vor dem Berufungsgericht vorgenommen werden kann.211 Nach § 88 GWB ist jedoch eine Klagenverbindung selbst dann möglich, wenn für den zusätzlichen Anspruch, der jedoch mit einem Anspruch gem. § 87 GWB im rechtlichen oder unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen muss, ein anderes Gericht ausschließlich zuständig ist.
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a) Sachliche Zuständigkeit. Bei der sachlichen Zuständigkeit kann die Häufung der Ansprüche dazu führen, die landgerichtliche Zuständigkeit zu begründen, da gem. § 5 die mehreren Ansprüche zusammengerechnet werden, wenn sie nicht auf dasselbe wirtschaftliche Ziel gerichtet sind und eine Verbindung zulässig ist (vgl. Rdn. 119 und § 5 Rdn. 7). Bei der eventuellen Klagenhäufung findet § 5 dagegen keine Anwendung, sondern entscheidet der Antrag mit dem höheren Wert (vgl. Rdn. 122 und § 5 Rdn. 22).212 Zum Gebührenstreitwert vgl. Rdn. 120. Außerdem kann auch die land- oder amtsgerichtliche Zuständigkeit vereinbart sein oder werden, wenn die Voraussetzungen der §§ 38, 40 vorliegen. Ist das Landgericht für den einen Anspruch ausschließlich und das Amtsgericht für den anderen Anspruch ausschließlich zuständig, ist die Klagenverbindung unzulässig.213 Ist dagegen nur für einen Anspruch das Landgericht ausschließlich zuständig, so darf der andere auch vor diesem Gericht erhoben werden, selbst wenn für ihn − würde er allein erhoben – die Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet wäre (§ 5 Rdn. 6).214 Im umgekehrten Fall, wenn das Amtsgericht für einen Anspruch ausschließlich zuständig ist und der weitere Anspruch allein die Zuständigkeit des Landgerichts begründen würde, kann der Beklagte die Unzuständigkeit für den vor das Landgericht gehörenden Anspruch rügen.
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3457 1208 BGH LM Nr. 26 zu § 253 ZPO = MDR 1960, 384; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 37; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 33; aA AK/ Wassermann Rdn. 2. 209 3458 2 Ebenso MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 32. 210 3459 3 Zöller/Greger Rdn. 1a. 211 43460 BGH FamRZ 1979, 573, 575. 212 53461 Vgl. Zöller/Herget § 5 Rdn. 4. 213 63462 OLG Hamm NJW-RR 2000, 65, 66 (unzulässige Verbindung mehrerer Vollstreckungsabwehrkla-
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gen, für die unterschiedliche Prozessgerichte erster Instanz ausschließlich zuständig sind, §§ 767 Abs. 1, 802). 214 3463 7 Allerdings erfolgt keine Zusammenrechnung gem. § 5, da beim Zusammentreffen von streitwertrelevanten und streitwertirrelevanten Ansprüchen eine Addition nicht erfolgen kann, Frank S. 153 mwN (aA Stein/Jonas/Schumann21 § 5 Rdn. 17). Nach aA Zuständigkeit des LG nur, wenn der weitere Anspruch ebenfalls zu dessen Zuständigkeit gehört, Frank S. 157 f.
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Wird der Klageanspruch erstmals im Berufungsverfahren erhoben (zu den Einschränkungen vgl. Rdn. 68), bestimmt sich die Zuständigkeit danach, ob das Berufungsgericht auch für die Berufung dieses Anspruchs zuständig gewesen wäre, wenn er erstinstanzlich geltend gemacht worden wäre, so dass ein unterhaltsrechtlicher Abänderungsanspruch, der erstinstanzlich vor dem Amtsgericht erhoben werden müsste, gleichzeitig mit einer Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts aus einer Vollstreckungsabwehrklage vor dem Oberlandesgericht verbunden werden kann.215
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b) Kammer für Handelssachen. Wird eine Klage mit gehäuften Ansprüchen vor die Kammer für Handelssachen des Landgerichts gebracht, obwohl einer der gehäuften Ansprüche nicht vor sie gehört, findet § 97 GVG Anwendung. Die Kammer für Handelssachen kann einen Trennungsbeschluss (§ 145 Abs. 1) erlassen und nur bezüglich des nicht handelsrechtlichen Anspruchs an die Zivilkammer verweisen (§ 97 GVG Rdn. 2 mwN),216 andernfalls ist der gesamte Rechtsstreit zu verweisen.217 Jedoch ist der Beklagte umgekehrt, wenn auch nur einer der Ansprüche vor die Zivilkammer gehört, nicht berechtigt, die Verweisung an die Kammer für Handelssachen durchzusetzen, wenn die Klage vor der Zivilkammer erhoben war. Die Möglichkeit der Prozesstrennung nur zu dem Zweck der Teilverweisung ist unzulässig, da für die Zivilkammer eine generelle Zuständigkeit auch für Handelssachen besteht (§ 98 GVG Rdn. 2).218
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c) Örtliche Zuständigkeit. Auch die örtliche Zuständigkeit muss für jeden der gehäuften Ansprüche bei demselben Gericht gegeben sein.219 Jedoch können gemäß § 25 die persönlichen Klagen mit den dinglichen Haftungsklagen verbunden werden. Für die Zuständigkeit der Widerklage und der Wider-Widerklage gilt § 33 (vgl. § 33 Rdn. 43). Nicht erforderlich ist, dass die sachliche und örtliche Zuständigkeit von Anfang an vorliegt. Sie kann durch Gerichtsstandsvereinbarung gem. § 38, durch rügeloses Verhandeln zur Hauptsache gem. § 39 oder durch Bestimmung des höheren Gerichts gem. § 36, aber auch gem. §§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2 eingetreten sein. Wird der Klageanspruch nur erweitert, z.B. durch Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage, so kann die fehlende örtliche Zuständigkeit nicht mehr entgegengehalten werden, wenn sie in Bezug auf den vorangegangenen Teil bereits bestand. Anders ist dies bei der sachlichen Zuständigkeit gem. § 506, wenn dadurch – wegen der Zusammenrechnung der Ansprüche gem. § 5 – das Landgericht zuständig wird. Hierbei handelt es sich jedoch nicht, wie vielfach angenommen wird, um eine Ausnahme von § 261 Abs. 3 Nr. 2, da sich diese Vorschrift nur auf bereits erhobene rechtshängige Ansprüche bezieht.220
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d) Unzuständigkeit für einen Anspruch. Bei Unzuständigkeit des Gerichts wird der Anspruch, für den das Gericht nicht zuständig ist, nach Trennung (§ 145) wegen mangelnder Zuständigkeit an das zuständige Gericht gem. § 281 (vgl. § 281 Rdn. 69) verwiesen221 oder, wenn die Voraussetzungen für eine Verweisung nicht vorliegen, durch Teilurteil abgewiesen. Ist dieses Gericht auch für die übrigen Ansprüche zu-
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1 BGH FamRZ 1979, 573, 575. 216 23465 Kissel/Mayer GVG5 (2008) § 97 Rdn. 4; vgl. Gaul JZ 1984, 57, 61. 217 33466 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 41. 218 43467 Gaul JZ 1984, 57, 61. 219 53468 RG Gruchot 50, 423; RGZ 52, 54, 56; vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1980, 793, 794.
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6 So zu Recht Frank S. 53 f. 221 73470 Dabei ist in der Verweisung regelmäßig eine konkludente Trennung zu sehen, vgl. OLG München MDR 1996, 642 (zur Trennung bei mehreren Beklagten); Stein/Jonas/Leipold § 145 Rdn. 9.
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ständig, so darf anstatt der Verweisung einzelner Ansprüche auch die Verweisung der gesamten Klageansprüche beantragt werden, dh auch bezüglich derjenigen, für die das verweisende Gericht zuständig ist, soweit der Kläger die Klage zurücknehmen dürfte, ansonsten nur mit Zustimmung des Beklagten. Ist jedoch bei einer vor dem Landgericht erhobenen Klage von ursprünglich mehreren nach § 5 zusammengerechneten Anträgen einer wegen fehlender Voraussetzungen der Klagenhäufung als unzulässig abzuweisen, ist der andere Anspruch ebenfalls zu verweisen (bzw abzuweisen), wenn er nicht zur Zuständigkeit des Landgerichts gehört. § 5 findet dann mangels zulässiger Klagenhäufung keine Anwendung,222 so dass die sachliche Zuständigkeit von Anfang an nicht bestand und § 261 Abs. 3 Nr. 2 deshalb nicht greift.223 § 261 Abs. 3 Nr. 2 ist jedoch anwendbar, wenn die Klagenverbindung zulässig ist und der Anspruch wegen Fehlens einer anderen Prozessvoraussetzung abgewiesen wird.224 Die sachliche Zuständigkeit bleibt dann bezüglich des anderen Anspruchs bestehen. Ist das Gericht zur Entscheidung über den Hauptantrag unzuständig, für den Hilfsantrag aber zuständig, so wird, wenn der Gegner dies rügt und der Kläger keinen Verweisungsantrag stellt, der Hauptantrag als unzulässig abgewiesen und der Weg für eine Entscheidung über den Hilfsantrag frei, es sei denn, dass der Kläger diesen nur für den Fall einer Sachentscheidung über den Hauptantrag gestellt hat. Wird auf Grund eines Antrags des Klägers wegen des Hauptanspruchs verwiesen, so darf der Hilfsanspruch nicht abgetrennt werden, selbst wenn für ihn das verweisende Gericht zuständig ist.225 Ist das Gericht für den Hauptantrag zuständig, nicht aber für den Hilfsantrag, darf eine Verweisung erst ergehen, wenn über den Hauptantrag entschieden worden und die Bedingung eingetreten ist.226 3. Dieselbe Prozessart
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Die mehreren Ansprüche müssen in derselben Prozessart erhoben werden, und diese Prozessart muss für alle zulässig sein. Darunter ist nicht die Klageart (Leistungs-, Feststellungs- oder Gestaltungsklage),227 sondern die Verfahrensart zu verstehen, wie z.B. ordentliches Verfahren, Arrest-, Urkunden- und Wechselprozess, Familien- und Kindschaftsverfahren, besonderes presserechtliches Verfahren zur Durchsetzung von Gegendarstellungsansprüchen228. Von einer besonderen Prozessart kann nur dann gesprochen werden, wenn für bestimmte Klagen wesentliche Ausnahmen von den allgemeinen Vorschriften über das Erkenntnisverfahren bestehen.229
222 3471
1 Hellwig Lehrbuch Bd. 3, § 148 II 2a (S. 67). 3472 2223 Ebenso MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 45; Musielak/Foerste Rdn. 10; vgl. auch Frank S. 93. 224 33473 Missverständlich insoweit die Ausführungen von Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 48 in Fn. 52, die sich auf die Unzuständigkeit beziehen; in diesem Fall liegt aber immer auch eine unzulässige Verbindung gem. § 260 vor, der die Zuständigkeit für alle Ansprüche fordert. 225 43474 BGH NJW 1956, 1357 f. für die Rechtswegzuständigkeit; Kion S. 161.
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226 3475
5
OLG Dresden FamRZ 2000, 34, das allerdings ein Teilurteil für unzulässig hält. 227 3476 6 Kion S. 74. 228 73477 Löffler/Sedelmeier Presserecht5 (2006) § 11 LPG Rdn. 189. Daher ist die Geltendmachung eines Gegendarstellungsanspruchs nach dem BerlinerPresseG (vgl. § 10 Abs. 4 BerlinerPresseG, wonach auf das Gegendarstellungsverfahren die Vorschriften der ZPO über die einstweilige Verfügung entsprechend anwendbar sind) zusammen mit anderen Ansprüchen im ordentlichen Verfahren unzulässig, KG NJW 1967, 2215 f. 229 83478 RG Gruchot 54 (1910), 1059, 1061.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 260
Deshalb ist eine Verbindung der verschiedenen Klagearten (zu den Klagearten vgl. Vor § 253 Rdn. 3) ohne Weiteres möglich.230 Das ordentliche Verfahren findet auch bei den sich aus der Vollstreckung ergebenden ordentlichen Prozessen (§§ 767, 771 usw) statt.231 Dasselbe gilt für die Wiederaufnahmeverfahren (§ 585). Aus diesem Grund ist die Geltendmachung anderer Ansprüche, insbesondere von Schadensersatzansprüchen gem. § 717 Abs. 2 neben der Wiederaufnahmeklage zulässig.232 Zum Verhältnis von Nichtigkeits- und Restitutionsklage siehe § 578 Abs. 2. Auch die Verbindung einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767) mit einer Abänderungsklage im Eventualverhältnis ist zulässig.233 Wegen der Unterschiede im Verfahren ist es unzulässig, neben einem Hauptanspruch im Wechselprozess, gleichzeitig, sei es auch nur hilfsweise, noch andere Ansprüche einzuklagen, die nicht Gegenstand eines solchen Prozesses, sondern nur eines gewöhnlichen Urkundenprozesses sein können.234 Unzulässig ist auch eine hilfsweise Weiterverfolgung des ursprünglich im Wechselprozess erhobenen Anspruchs im Urkundenprozess.235 Zwar ist ein Übergang vom Wechselprozess in einen gewöhnlichen Urkundenprozess möglich. Es ist jedoch unzulässig, in beiden Verfahrensarten nebeneinander zu klagen.236 Zulässig ist dagegen die Verbindung eines Urkundenprozesses mit einer im ordentlichen Verfahren erhobenen Klage, denn dort gibt es keine gravierenden Unterschiede zwischen den beiden Prozessarten, die eine getrennte Verhandlung erfordern würden.237 Dies gilt nicht für den umgekehrten Fall, wenn die ursprüngliche Klage im Urkundenprozess erhoben worden ist (vgl. § 595). Beruht die Unzulässigkeit darauf, dass die Ansprüche in verschiedenen Prozessarten erhoben worden sind, also z.B. der eine im Urkunden- und der andere im Wechselprozess, dann müssen die Verfahren von Amts wegen getrennt werden.238 Zum anderen kann sich die Unzulässigkeit daraus ergeben, dass die Ansprüche zwar in derselben Prozessart erhoben worden sind, aber die Prozessart für den einen Anspruch nicht zulässig ist, z.B. wegen Mangels der Voraussetzungen des § 592 bei einem Urkundenprozess. Dann wird dieser Anspruch von Amts wegen als in der gewählten Prozessart unstatthaft abgewiesen (§ 597 Abs. 2).239 Die Prozessabweisung soll aber nur ausgesprochen werden, wenn der Kläger trotz Hinweises gem. § 139 auf der Entscheidung im Urkundenprozess besteht. Nimmt er vom Urkundenprozess Abstand, geht dieser in das ordentliche Verfahren über (§ 596). Bei einem in der Prozessart unzulässigen Hilfsantrag können die Verfahren nicht getrennt werden, da ansonsten eine vom Kläger nicht gewollte bedingte Klage entstehen würde, die unzulässig wäre, weil die ursprüngliche innerprozessuale Bedingung zu einer außerprozessualen Bedingung werden würde.240 Allerdings kann der Hilfsantrag auch nicht abgewiesen werden, solange die Bedingung nicht eingetreten ist.241 230 3479
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Bettermann Über Klage- und Urteilsarten, FS Fragistas II (1967), S. 47, 56 ff. 3480 2231 RG Gruchot 54 (1910), 1059, 1061 f. (Verbindung einer Widerspruchsklage gem. § 878 mit einer Zahlungsklage). 232 33481 OLG Stettin HRR 1931 Nr. 876; Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 33; aA MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 35; im Grundsatz ablehnend auch RGZ 91, 195, 197 f., weil die Wiederaufnahmeklagen keine gewöhnlichen Klagen im prozessualen Sinne sind (RGZ 57, 231, 232 f.), im konkreten Fall aber zulassend. 233 43482 BGH FamRZ 1979, 573, 575; OLG Düsseldorf FamRZ 1980, 793, 794.
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BGH NJW 1982, 2258; BGHZ 82, 200, 208 = NJW 1982, 523, 524; BGHZ 53, 11, 17 = NJW 1970, 324, 326. 3484 6235 BGHZ 82, 200, 208 = NJW 1982, 523, 524 mwN. 236 73485 BGHZ 53, 11, 17 = NJW 1970, 324, 326; RG SeuffArch 42 Nr. 170. 237 83486 BGHZ 149, 222, 224 = NJW 2002, 751, 752 f. auch den Aspekt des § 260 berücksichtigend. 238 93487 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 96 Rdn. 15. 239 3488 10 RG LZ 1927, 318. 240 3489 11 Vgl. BGHZ 170, 176, 177 f. = NJW 2007, 913, 914; KG NJW 1967, 2215. 241 3490 12 AA KG NJW 1967, 2215.
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§ 260
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Mehrere Ansprüche, die teils Familiensachen, teils Nichtfamiliensachen sind,242 können in einer Klage nicht verbunden werden, auch nicht im Verhältnis von Haupt- und Hilfsanspruch (§ 621 Rdn. 6).243 Hier ist weder dasselbe Prozessgericht zuständig noch dieselbe Prozessart zulässig. Außerdem besteht ein Verbindungsverbot (Rdn. 94).244 4. Fehlen eines Verbindungsverbots
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Es darf auch kein Verbindungsverbot bestehen, wie z.B. gem. §§ 610 Abs. 2,245 640c Abs. 1 (siehe dort). Sind die verschiedenen Ansprüche trotz Verbindungsverbot in einer Klage geltend gemacht worden, erfolgt von Amts wegen (vgl. Rdn. 97) eine Trennung der Verfahren und eine Verhandlung in verschiedenen Prozessen.246 Im Fall eines Eventualverhältnisses ist zunächst das Gericht zuständig, das zur Entscheidung über den Hauptantrag berufen ist. Eine Verweisung des Rechtsstreits wegen des Hilfsanspruchs, über den dieses Gericht nicht sachlich entscheiden kann, ist dann erst möglich, wenn und soweit der Hauptanspruch abgewiesen wird (Rdn. 86).247 Welche Klagenverbindungen zugelassen sind, regeln § 610 Abs. 1 und § 653. Im letzten Fall handelt es sich sogar um die Verbindung einer Kindschaftssache mit einer Unterhaltssache, also mit der Klage einer anderen Prozessart. Es liegt hier eine Ausnahme zu dem Erfordernis derselben gleichen Prozessart gem. § 260 und § 640c Abs. 1 S. 1 vor.248 5. Trennung bei Unzulässigkeit
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Wird bei Unzulässigkeit der Klagenverbindung eine Trennung der Verfahren erforderlich, findet § 145 Anwendung, wobei die Trennung hierbei angeordnet werden muss und das Ermessen des Gerichts gleichsam auf Null reduziert ist.249 Diese Trennung ist hinsichtlich ihrer Wirkungen von der Trennung im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens gem. § 145 (siehe Rdn. 98) zu unterscheiden. § 261 Abs. 3 Nr. 2 findet bei der Zwangstrennung keine Anwendung, weil § 5 nur bei zulässiger Klagenverbindung eingreift und deshalb von Anfang an nicht angewendet werden konnte. Dagegen lässt eine Ermessenstrennung die Zuständigkeit gem. § 5, die bei Klageerhebung bestand, wegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 unberührt.250 3491 1242 Zur Einordnung als Familien- oder Nichtfamiliensache, wenn bei Vorliegen eines prozessualen Anspruchs von mehreren vorgebrachten rechtlichen Begründungen nur eine zur Einordnung als Familiensache führt, siehe § 621 Rdn. 5 mwN. 243 3492 2 BGH NJW 1981, 2417, 2418; BGH NJW 1980, 1283, 1284; BGH NJW 1979, 426, 427; BayObLG FamRZ 2003, 1569. Bei Familien- und Nichtfamiliensachen fehlt es bereits an derselben Prozessart; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 18. 244 3493 3 BayObLG FamRZ 2003, 1569. 245 43494 OLG Düsseldorf FamRZ 1989, 648, 649 (Verbindung einer Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Ehe mit einem Scheidungsantrag); OLG Schleswig FamRZ 1975, 164 (Verbindung einer Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens mit einer Unterhaltsklage zu § 615 Abs. 2 a.F.).
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246 3495 5 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 47 (eingeschränkt auf kumulative Ansprüche, unzulässige Eventualanträge sind sogleich abzuweisen); ebenso Musielak/Foerste Rdn. 10; Thomas/ Putzo/Reichold Rdn. 14; aA RGZ 5, 165, 166; Hellwig Lehrbuch Bd. 3, S. 69 (Abweisung bezüglich der Klage, deren Verbindung unzulässig ist). 247 63496 BGH FamRZ 1980, 554, 555 = NJW 1980, 1283, 1284; aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 96 Rdn. 17 (Abweisung als unzulässig). 248 3497 7 OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1044 f. = NJWE-FER 2000, 229. 249 83498 Stein/Jonas/Leipold § 145 Rdn. 13. 250 93499 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 48, der allerdings davon auszugehen scheint, dass eine Trennung wegen fehlender Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. § 260 nicht auf § 145 beruht.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 260
VIII. Das Verfahren 1. Kumulative Klagenhäufung Bei der kumulativen Klagenhäufung behalten die einzelnen Ansprüche ihre Selbständigkeit. Es findet lediglich eine einheitliche Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung statt. Es besteht jedoch kein Zwang zu einer einheitlichen Entscheidung. Ist einer der Ansprüche zur Endentscheidung reif, kann das Gericht den Anspruch vorweg erledigen und ein Teilurteil (§ 301) erlassen. Dies gilt auch, wenn die Klagenhäufung auf einer gerichtlichen Verbindung gemäß § 147 beruht, da § 300 Abs. 2 bei der objektiven Klagenhäufung keine Anwendung findet.251 Das Gericht kann im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens die Verfahren aber auch nach § 145 Abs. 1 trennen (vgl. § 145 Rdn. 5 f.).252 Die Prozessvoraussetzungen sind ebenso wie die Zulässigkeit von Rechtsmitteln für jeden Anspruch getrennt zu prüfen. Ist die Revision nur für einen der Ansprüche zugelassen, kann die andere Partei den anderen Anspruch auch nicht durch eine (unselbständige) Anschlussrevision zur Nachprüfung durch das Revisionsgericht bringen.253
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2. Eventuelle Klagenhäufung a) Rechtshängigkeit. Bei der eventuellen Klagenhäufung handelt es sich um mehrere selbständige Streitgegenstände, die alle mit der Klageerhebung rechtshängig werden.254 Die Rechtshängigkeit ist jedoch auflösend bedingt und entfällt rückwirkend, wenn die Entscheidung über den Hauptanspruch es zu keiner Entscheidung über den Hilfsanspruch mehr kommen lässt.255 Dies ist erst nach Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung über den Hauptanspruch der Fall.256
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b) Antragstellung. Da beide Ansprüche mit Klageerhebung rechtshängig werden, kann der Kläger, was in der Praxis der Regelfall ist, bereits zu Beginn der mündlichen Verhandlung beide Anträge stellen. Er kann aber auch den Hilfsantrag erst stellen, wenn die Erfolglosigkeit des Hauptantrags absehbar ist. In der Auswechslung von Haupt- und Hilfsvortrag liegt wegen der Verschiedenheit der Streitgegenstände eine Klageänderung gemäß § 263 (§ 263 Rdn. 8).257 Dies gilt auch für den Fall der Zurücknahme des Hauptantrags, weil der Kläger dann die unbedingte Weiterverfolgung seines Hilfsanspruchs im Wege der Klageänderung geltend machen muss.258 Hier liegt sowohl eine Klagerücknahme bezüglich des Hauptanspruchs als auch eine Klageänderung bezüglich des Hilfsanspruchs vor. Die Änderung oder Rücknahme des Hilfsantrags ist ebenfalls nur nach Maßgabe des § 263 bzw § 269 möglich. Wird der ursprüngliche Hauptantrag nur noch als Hilfsantrag neben einem neuen Antrag verfolgt, liegt ebenfalls eine Klageänderung vor, da der ursprüngliche Hauptantrag eventuell nicht mehr zur Entscheidung gelangt.
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MünchKomm/Musielak § 300 Rdn. 7; Zöller/ Greger § 300 Rdn. 6; aA wohl MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 31. 252 23501 Vgl. Zöller/Greger § 145 Rdn. 5. 253 3502 3 BGH NJW 1968, 1476, 1477. 254 43503 Kion S. 59 ff., 157; Merle ZZP 83 (1970), 436, 442. 255 53504 BGHZ 21, 13, 16 = NJW 1956, 1478, 1479; RGZ 117, 112, 114; vgl. auch BGH NJW 2002, 3478, 3479; Baumgärtel Wesen und Begriff der Prozeß-
handlung einer Partei im Zivilprozeß (1957), S. 138; Kion S. 159 (entsprechende Anwendung des § 271 a.F., § 269 n.F.); Merle ZZP 83 (1970), 436, 442. 256 3505 6 Kion S. 157. 257 73506 BGH MDR 1981, 1012 = WM 1981, 798; Kion S. 162. 258 83507 Wendtland S. 78.
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c) Verhandlung. Das Gericht kann eine Trennung gem. § 145 bei einer objektiven eventuellen Klagenhäufung nicht veranlassen, auch wenn zwischen dem Haupt- und dem Hilfsantrag kein unmittelbarer Zusammenhang besteht und deshalb eine getrennte Verhandlung sinnvoll wäre. Dies würde zu einer unzulässigen Aufspaltung des Eventualverhältnisses führen und zudem den vom Ausgang des anderen Prozesses abhängigen Hilfsanspruch zu einer unzulässig bedingten Klage machen.259 Allerdings besteht entsprechend § 146 die Möglichkeit, die Verhandlung zunächst auf den Hauptanspruch zu beschränken. Stellt der Kläger neben dem Hauptantrag auch den Hilfsantrag, kann auch über diesen verhandelt werden, da dieser bereits rechtshängig ist.260 Gegebenenfalls kann daher bereits hinsichtlich des Hilfsantrags vorgetragen und Beweis angeboten werden. Soweit die Anträge in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, bietet sich eine gemeinsame Verhandlung und Beweisaufnahme beider Anträge auch an. Bei fehlendem Zusammenhang sollte das Gericht aus Gründen der Prozessökonomie von einer Verhandlung über den Hilfsantrag bis zur Entscheidung über den Hauptantrag absehen, da die Verwertbarkeit der Verhandlungsergebnisse von der Entscheidung über den Hauptantrag abhängt.261 d) Entscheidung. Das Gericht darf über den nur eventuell gestellten Antrag erst dann entscheiden, wenn es über den vorhergehenden Anspruch entschieden hat und damit die Bedingung eingetreten ist.262 Dies gilt auch für den Erlass eines Grundurteils gem. § 304.263 Ansonsten liegt ein Verstoß gegen § 308 vor.264 Sämtliche Prozesshandlungen bezüglich des Hilfsantrags können deshalb erst nach Eintritt der Bedingung wirksam werden, z.B. ein Anerkenntnis oder eine Erledigungserklärung.265 Ferner darf ein Teilversäumnisurteil nicht ergehen, wenn der Kläger bezüglich des Hilfsantrags vor der Entscheidung über den Hauptantrag nicht verhandelt.266 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, dass zunächst über den Hauptantrag entschieden werden muss, kann auch nicht für den Fall angenommen werden, dass in erster Linie eine Rechtsgestaltung begehrt wird, wie z.B. die Aufhebung eines gesellschaftsrechtlichen Beschlusses, und hilfsweise die Feststellung, dass der durch die Gestaltung zu erreichende Zustand bereits eingetreten sei, wie z.B. die Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses.267 Ausnahmsweise kann dann ein prozessualer Vorrang des Hauptantrags unberücksichtigt bleiben, wenn Haupt- und Hilfsantrag in einem Alternativverhältnis stehen und die Klärung der Frage, welcher Sachverhalt sich tatsächlich zugetragen hat, im Ergebnis keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Entscheidung hat. Dies 259 3508
1 Kion S. 161 f. 260 23509 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 96 Rdn. 21; Merle ZZP 83 (1970), 436, 445. 261 33510 Vgl. OLG Bremen NJW 1967, 400 (die Entscheidung ist kostenrechtlich überholt); Merle ZZP 83 (1970), 436, 446. 262 43511 Ansonsten liegt ein unzulässiges Teilurteil und damit ein von Amts wegen zu beachtender absoluter Verfahrensmangel vor, BGH NJW-RR 1989, 650; vgl. BGHZ 150, 377, 381= NJW-RR 2002, 1617. 263 53512 BGH NJW 1998, 1140; BGH NJW-RR 1992, 290, 292; BGH NJW 1986, 1687; BGH MDR 1975, 1007, 1008; BGH NJW 1969, 2241 (Grundurteil, das gleichzeitig alternativ den Hauptantrag
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und den Hilfsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt); RG JW 1936, 654, 655. Allerdings kann ein Grundurteil über den Hauptantrag ergehen, RGZ 87, 237, 240. 264 3513 6 BGH WM 1978, 194, 195; Cahn JW 1920, 1014, 1015. Nach Merle ZZP 83 (1970), 436, 444 f. fehlt die Entscheidungsreife. 265 3514 7 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 22 Fn. 26. 266 83515 Merle ZZP 83 (1970), 436, 445. 267 93516 Kion S. 74 ff., der allerdings in dem Beispielsfall keine eventuelle Klagenhäufung annimmt, da hier eine Umdeutung der Anträge möglich ist; aA OGHZ 2, 197 ff.; Lang Die Zulässigkeit bedingter Parteihandlungen im Prozeß (1954), S. 51.
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ist z.B. dann der Fall, wenn der Kläger zunächst den Anspruch aus eigenem Recht, hilfsweise aus abgeleitetem Recht geltend macht und dieser Anspruch nach einem der beiden sich gegenseitig ausschließenden Sachverhalte auf jeden Fall vorliegt.268 Es handelt sich hier um eine vergleichbare Interessenlage wie bei den Fällen der alternativen Klagegründe (vgl. dazu Rdn. 30). Die Abweisung des Hauptantrags ist im Urteilstenor durch Abweisung „im Übrigen“ auszusprechen.269 Sie kann auch als Teilurteil ergehen,270 selbst wenn primär nur ein Klageantrag gestützt auf zwei unterschiedliche Tatsachenkomplexe vorliegt. Es ist allerdings erforderlich, dass mit der Entscheidung über den Hauptantrag derjenigen über den Hilfsantrag nicht vorgegriffen wird.271 Der Kläger kann auch die rechtskräftige Abweisung des Hauptantrags zur Bedingung machen, so dass das Gericht gezwungen ist, ein Teilurteil zu erlassen.272 Macht der Kläger von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch und ergeht ein Schlussurteil über den Hilfsanspruch, ist dieses auflösend bedingt durch die Aufhebung der Entscheidung über den Hauptanspruch, da das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Haupt- und Hilfsantrag bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Hauptanspruch bestehen bleibt.273 Die positive Entscheidung über den Hauptantrag (bzw die negative Entscheidung bei uneigentlicher Eventualhäufung)274 ergeht durch Vollendurteil, da die Rechtshängigkeit des Hilfsanspruchs rückwirkend entfällt. Eine Frage der Auslegung ist es, ob über den Hilfsantrag bereits dann zu entscheiden ist, wenn der Hauptantrag als unzulässig275 oder zurzeit unbegründet abzuweisen wäre.276 Dasselbe gilt für den Fall des teilweise begründeten Hauptantrags, wobei hier die Möglichkeit in Betracht zu ziehen sein wird, eine Entscheidung über den Hilfsantrag in Höhe des abgewiesenen Teils (nicht darüber hinaus) zu treffen.277 e) Urteilsergänzung. Weist im Fall der eigentlichen Eventualklage das Gericht erster Instanz den Hauptanspruch als unbegründet ab, trifft aber über den Hilfsanspruch keine Entscheidung, dann kann lediglich eine Ergänzung des Urteils gem. § 321 beantragt werden. Ist die Frist verstrichen, kann der übergangene Anspruch nicht mittels eines Rechtsmittels in der höheren Instanz zur Entscheidung gebracht werden. Dem Kläger ist es allerdings nicht verwehrt, den Anspruch selbständig weiterzuverfolgen.278 Außerdem besteht die Möglichkeit, im Wege der Klageänderung 268 13517 OLG Köln NJW-RR 1987, 505, 506. 269 23518 BGH NJW 1994, 2765, 2766. 270 33519 BGH NJW 1995, 2361; BGHZ 56, 79, 80 f. = NJW 1971, 1316 = JR 1971, 331 mit zust. Anm. Bähr; aA Zöller/Vollkommer § 301 Rdn. 8; Bülow DNotZ 1971, 376, 377; de Lousanoff Zur Zulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO (1979), S. 135 f. 271 43520 BGH NJW 1995, 2361; BGHZ 56, 79, 80 f. = NJW 1971, 1316; RGZ 102, 174, 176; problematisch in dem vom BGH NJW 1992, 2080, 2081 zu entscheidenden Fall, in dem der BGH diese Frage jedoch dahingestellt sein lassen konnte; Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 128; Merle ZZP 83 (1970), 436, 447; Wendtland S. 82 ff.; aA de Lousanoff Zur Zulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO (1979), S. 135 f.; Bülow DNotZ 1971, 376, 377. 272 53521 Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 128 f., der auf den Vorteil hinweist, dass
das Gericht die Rechtskraft dieses Urteils abwarten kann, bevor es über den Hilfsanspruch entscheidet; gegen diese Möglichkeit Kion S. 164, der dies für eine außerprozessuale Bedingung hält, weil hier notwendig der Prozess in zwei Teile getrennt werden würde. 273 3522 6 Vgl. Kion S. 167, der allerdings von der auflösenden Bedingung der Aufrechterhaltung der Entscheidung über den Hauptanspruch spricht. Es muss aber umgekehrt lauten: unter der auflösenden Bedingung der Nichtaufrechterhaltung der Entscheidung über den Hauptanspruch. 274 3523 7 Lent JR 1951, 376. 275 3524 8 RG Gruchot 44 Nr. 30; RG JW 1903, 372. 276 93525 Vgl. dazu Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 126 ff.; Kion S. 163 f.; Wendtland S. 76 ff. 277 3526 10 Siehe Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 127; Wendtland S. 74 ff. 278 3527 11 RG Gruchot 59 Nr. 78.
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(nach h.M.)279 bzw nachträglichen Klagenhäufung (hier vertretene Ansicht, vgl. dazu Rdn. 68) den Hilfsanspruch in das Berufungsverfahren einzuführen, wenn die Frist des § 321 Abs. 2 versäumt worden und damit die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags erloschen ist280. Ist der Hauptantrag übergangen worden, ist ebenfalls ein Antrag auf Urteilsergänzung nach § 321 erforderlich, um zu einer Entscheidung über diesen Antrag zu gelangen. Mit Ablauf der Frist des § 321 Abs. 2 ist der übergangene prozessuale Anspruch nicht mehr rechtshängig. Im Berufungsrechtszug kann über diesen nur entschieden werden, wenn ihn der Kläger im Rahmen eines selbständigen Rechtsmittels oder einer Anschlussberufung durch nachträgliche Klagenhäufung (vgl. Rdn. 68) erneut in den Prozess einführt.281 Ist dagegen über den Hauptantrag abweisend entschieden worden, eine Teilabweisung im Tenor jedoch unterblieben, ist eine Berichtigung gem. § 319 auch durch das Rechtsmittelgericht möglich.282
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f) Gegenstand der Rechtsmittelinstanz. Bei der eventuellen Klagenhäufung stellt sich die Frage, inwieweit bei Rechtsmitteln des Klägers bzw des Beklagten Hauptund Hilfsantrag dem Rechtsmittelgericht anfallen.
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aa) Rechtsmittel des Klägers. Sind im Rahmen einer eigentlichen Eventualhäufung Haupt- und Hilfsanspruch abgewiesen worden, kann lediglich der Kläger Rechtsmittel einlegen. Legt er gegen die gesamte Entscheidung Rechtsmittel ein, fallen dem Rechtsmittelgericht beide Ansprüche an. Probleme ergeben sich jedoch, wenn nur der Hauptantrag durch ein Teilurteil abgewiesen worden ist. Hat der Kläger Berufung eingelegt und kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Hauptantrag begründet ist, ändert es das Teilurteil ab und verurteilt den Beklagten. Der Hilfsanspruch ist dem Berufungsgericht nicht angefallen.283 Ist in der Zwischenzeit ein erstinstanzliches Schlussurteil über den Hilfsanspruch ergangen, wird dieses mit Rechtskraft des Berufungsurteils wirkungslos, weil die auflösende Bedingung eingetreten ist.284 Dies kann deklaratorisch im Tenor ausgesprochen werden. Hat das erstinstanzliche Gericht den Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben, ist der Kläger bezüglich des Hauptanspruchs beschwert.285 Legt er gegen die abweisende Entscheidung Berufung ein, ohne dass sich der Beklagte anschließt, ist der Hilfsanspruch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Allerdings ist die Entscheidung über den Hilfsanspruch auch hier wieder auflösend bedingt durch die positive Entscheidung (im Fall der eigentlichen Eventualhäufung) des Berufungsgerichts.286 Das Revisionsgericht hat, wenn es auf die Revision des Klägers die Abweisung des Hauptanspruchs aufhebt und die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückver-
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3528 1279 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 137 Rdn. 22. 280 23529 BGH NJW-RR 2005, 790, 791; BGH NJW 1991, 1683, 1684; Hk/Saenger § 321 Rdn. 11. 281 33530 BGH GRUR 2001, 755, 757; BGH NJW 1991, 1683, 1684. 282 43531 BGH NJW 1994, 2765, 2766. 283 53532 Vgl. für den Fall der uneigentlichen Klagenhäufung Lent JR 1951, 375, 376, allerdings hier mit der Besonderheit, dass der Kläger die Anträge aus der ersten Instanz auch in der Berufungsinstanz
348
gestellt hat (Klageerweiterung im Wege der Klageänderung). 284 63533 Bähr JR 1971, 332, 333; Kion S. 167; Wendtland S. 84 ff. 285 73534 BGH VersR 1984, 739, 740 f. 286 3535 8 Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 136; Merle ZZP 83 (1970), 436, 456 (rückwirkend wegfallende Rechtshängigkeit des Hilfsantrags); Kion S. 167 f.; Wendtland S. 103 ff. (entsprechend den prozessualen Situationen bei §§ 304, 280, 256 Abs. 2).
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 260
weist, die unangefochten gebliebene Berufungsentscheidung über den Hilfsanspruch bestehen zu lassen. Kommt jedoch das Berufungsgericht bei der erneuten Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Hauptanspruch begründet ist, so hat es in dem Urteil, das diesem Anspruch stattgibt, klarstellend gleichzeitig die frühere Entscheidung über den Hilfsantrag von Amts wegen aufzuheben.287 bb) Rechtsmittel des Beklagten. Hat das Gericht bei der uneigentlichen Eventualhäufung dem Haupt- und Hilfsanspruch stattgegeben, ist allein der Beklagte beschwert. Legt er ein unbeschränktes Rechtsmittel ein, fallen ohne Zweifel beide Ansprüche dem Rechtsmittelgericht an. Legt die beklagte Partei gegen ihre Verurteilung nach dem Hauptantrag ein Rechtsmittel ein, so fällt nach ständiger Rechtsprechung ohne Weiteres auch der auf einem einheitlichen Sachverhalt beruhende nicht beschiedene Hilfsantrag der Rechtsmittelinstanz an, ohne dass es einer Anschlussberufung des Klägers bedürfe.288 Entsprechendes soll gelten, wenn der Kläger sein Klagebegehren auf mehrere Gründe stützt und das Berufungsgericht einen für gegeben erachtet, ohne sich mit den anderen zu befassen.289 Dies widerspricht bei einem alleinigen Rechtsmittel des Beklagten, der lediglich eine Abänderung der Entscheidung bezüglich des Hauptantrags, nicht aber bezüglich des Hilfsantrags beantragt hat, den §§ 528, 557. Würde das Rechtsmittelgericht dennoch eine Verurteilung des Beklagten nach dem Hilfsantrag aussprechen, verstieße dies gegen das Verbot der reformatio in peius.290 Ohne eine Prozesshandlung des Klägers kann der Hilfsantrag nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens werden.291 Der Kläger hat aber auch nicht ohne Weiteres die Möglichkeit, den Hilfsantrag im Wege der Anschlussberufung zum Gegenstand der Rechtsmittelinstanz zu machen, da der Hilfsantrag noch in der unteren Instanz anhängig ist292. Deshalb kann er den Hilfsantrag nur dann in die Berufungsinstanz bringen, wenn er die Klage bezüglich des Hilfsantrags in erster Instanz (was regelmäßig der Einwilligung des Beklagten bedarf, vgl. Rdn. 102) zurücknimmt und der Beklagte der nachträglichen Klagenhäufung in der Berufungsinstanz zustimmt (vgl. Rdn. 68). Richtet sich die Berufung des Beklagten gegen die Verurteilung nach dem Hilfsantrag und legt der Kläger kein Rechtsmittel ein, fällt der Hauptantrag dem Rechtsmittelgericht nicht an,293 auch wenn der Hauptantrag in der ersten Instanz versehentlich übergangen wurde (oben Rdn. 110).294 Der Kläger ist nicht schutzlos, da er selbst ein Rechtsmittel oder ein bedingtes Anschlussrechtsmittel einlegen kann.295 3536 1287 BGH NJW 2001, 1127, 1130; BGHZ 106, 219, 221 = NJW 1989, 1486 f. 288 23537 Für die Berufungsinstanz: BGHZ 41, 38, 39 f. = NJW 1964, 772; BGH LM Nr. 1 zu § 525 ZPO; RGZ 105, 236, 242; RGZ 77, 120, 126 f.; RG JW 1917, 929 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 96 Rdn. 38; für die Revisionsinstanz: BGH VersR 1979, 645, 646 (jedenfalls dann, wenn sich beide Ansprüche aus demselben einheitlichen Sach- und Rechtsverhältnis ableiten und der Hilfsantrag überdies wirtschaftlich betrachtet ein Minus gegenüber dem Hauptantrag darstellt); BGH MDR 1999, 1459 (bzgl. Hilfswiderklageantrag); BGH NJW-RR 1990, 518, 519; OLG Stuttgart ZZP 97 (1987), 487, 488 mit Anm. Münzberg S. 492, für das Beschwerdeverfahren in der Zwangsvollstreckung, jedenfalls wenn der Hilfsantrag das gleiche Ziel verfolgt wie der Hauptantrag; Cahn JW 1920, 1014, 1015.
289 33538 BGH NJW 1992, 117. 290 43539 Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 135; Merle ZZP 83 (1970), 436, 450; Kion S. 186 f.; Wendtland S. 117. 291 53540 Merle ZZP 83 (1970), 436, 449 f. gegen BGHZ 41, 38, 41 = NJW 1964, 772 f. Allerdings besteht nach Merle S. 451 ff. keine Möglichkeit für den Kläger, den Hilfsanspruch in die nächste Instanz zu bringen, da dieser nicht beschwert ist. Eine Beschwer ist aber für die Anschlussberufung nicht erforderlich. 292 63541 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 53; MünchKomm/Rimmelspacher § 528 Rdn. 44; Wendtland S. 106 f.; Bähr JR 1971, 332, 333. 293 73542 BGH NJW 1994, 2765, 2766; BGHZ 41, 38, 40 = NJW 1964, 772; RG HRR 1938 Nr. 1531. 294 83543 BGH GRUR 2001, 755, 757. 295 93544 Brox FS 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965), S. 121, 132.
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§ 260
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
3. Streitwert
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a) Kumulative Klagenhäufung. Unproblematisch sind die Fälle der kumulativen Anspruchshäufung (vgl. § 5 Rdn. 10 ff.). Hier werden die Streitwerte der mehreren Ansprüche grundsätzlich zusammengerechnet. Dies gilt sowohl für den Zuständigkeits- (§ 5) als auch für den Gebührenstreitwert (§ 39 Abs. 1 GKG). Ein Additionsverbot besteht allerdings insoweit, als die mehreren Ansprüche auf dasselbe wirtschaftliche Ziel gerichtet sind.296 Dies ist z.B. bei der Verbindung von einer Leistungsklage mit einer dementsprechenden Feststellungsklage in der Regel der Fall.297
120
b) Eventuelle Klagenhäufung. Bei der eventuellen Klagenhäufung wird für den Gebührenstreitwert gem. § 45 Abs. 1 S. 2 GKG der Hilfsanspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit über ihn eine Entscheidung ergeht. Darunter ist anders als in § 45 Abs. 3 GKG bei der Eventualaufrechnung nicht nur eine der Rechtskraft fähige Sachentscheidung zu verstehen, sondern auch eine Prozessentscheidung, also wenn sich das Gericht zusprechend oder abweisend mit dem Hilfsanspruch befasst hat.298 An einer Entscheidung über den Hilfsantrag fehlt es, wenn die eventuelle Klagenhäufung oder die Klageänderung299, mit der der Hilfsanspruch geltend gemacht wird, als unzulässig angesehen wird. Diese Grundsätze gelten auch für die uneigentliche Eventualklage.300 Betreffen allerdings die Ansprüche denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG). Derselbe Gegenstand ist jedoch nur bei der eigentlichen Eventualklage betroffen, bei der die Ansprüche einander ausschließen und damit notwendigerweise die Zuerkennung des einen Anspruchs mit der Aberkennung des anderen verbunden ist.301 Dies hat Folgen für die Kostenentscheidung. Obsiegt der Kläger mit seinem Hauptanspruch, trägt der Beklagte gem. § 91 die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger sowohl mit seinem Haupt- als auch mit seinem Hilfsanspruch, trifft ihn die gesamte Kostenlast (§ 91). Unterliegt der Kläger mit dem Hauptanspruch, obsiegt er aber mit dem Hilfsanspruch, der sich wirtschaftlich vom Hauptantrag unterscheidet, dann führt dies zum Teilunterliegen des Klägers gem. § 92.302 In den Fällen des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG hat der Beklagte auch dann die Kosten zu tragen, wenn der Kläger durch den Hilfsantrag die volle Klagesumme erreicht, aber im Hauptantrag scheitert (str. vgl. § 92 Rdn. 1).303 Für den Zuständigkeitsstreitwert findet § 5 keine Anwendung, da dieser von der gleichzeitigen Geltendmachung der mehreren Ansprüche ausgeht. Der Streitwert richtet sich nach dem höheren Anspruch (vgl. § 5 Rdn. 22).304 Nicht zuzustimmen ist
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296 3545
1 Hierzu ausführlich Frank S. 164 ff. 297 23546 Schumann NJW 1982, 2800 mwN. 298 33547 OLGR München 1997, 153; Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen9 (1995), S. 64; Frank Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht (1986), S. 251; aA OLGR Brandenburg 1998, 70 f.; Schneider/Herget Streitwertkommentar12 (2007) Rdn. 2843 f.; Hartmann KostG38 (2008) § 45 GKG Rdn. 30. 299 43548 OLGR München 1997, 153; OLG Nürnberg MDR 1980, 238; aA Frank S. 251. 300 53549 Noch zum alten Recht: LAG SchlH AnwBl 2003, 308 f. mwN; LAG Düsseldorf NZA-RR 2000, 613; LAG Hessen NZA-RR 1999, 434, 435;
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Creutzfeldt NZA 1996, 956, 961; aA LAG Sachsen NZA-RR 1997, 150 f. 6 BGH NJW-RR 2003, 713. 302 3551 7 Vgl. dazu Emde MDR 1995, 990, 991; Wendtland S. 95; hierfür schon nach der alten Rechtslage Frank S. 263 ff. 303 83552 BGH NJW 1962, 915 = ZZP 75 (1962), 463; Stein/Jonas/Bork § 92 Rdn. 3; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 92 Rdn. 12; aA Zöller/ Herget § 92 Rdn. 8; Frank S. 263 ff. 304 3553 9 Frank S. 219 ff.; Mattern NJW 1969, 1087, 1089; Schumann NJW 1982, 2800, 2801; aA Kion S. 171; Merle ZZP 83 (1970), 436, 460 ff. (Addition der Streitwerte von Haupt- und Hilfsanspruch). 301 3550
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 261
der Meinung, die die sachliche Zuständigkeit von Haupt- und Hilfsantrag gesondert beurteilt und zunächst allein auf den Hauptantrag abstellt. Tritt die Bedingung für eine Entscheidung über den Hilfsanspruch ein (je nachdem bei positiver oder negativer Entscheidung über den Hauptantrag), dann müsste, falls dieser nicht zur Zuständigkeit des Gerichts gehört, auf Antrag des Klägers eine Verweisung oder eine Abweisung des Hilfsantrags als unzulässig erfolgen.305 Dies führt zu einer Trennung der Verfahren, die durch die Stellung der Anträge in einem Eventualverhältnis gerade vermieden werden sollte.306 Für den Rechtsmittelstreitwert müssen dagegen beide Werte addiert werden, wenn der Kläger mit dem Haupt- und dem Hilfsanspruch unterlegen ist,307 es sei denn, es liegt eine wirtschaftliche Identität vor.308 Grundsätzlich kommt es darauf an, welche Partei das Rechtsmittel einlegt und gegen welche Entscheidung es sich richtet.
§ 261 Rechtshängigkeit (1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet. (2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird. (3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen: 1. während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden; 2. die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Schrifttum Bettermann Rechtshängigkeit und Rechtsschutzform, 1949; Frank Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986; Gruber Das Verhältnis der negativen Feststellungsklage zu den anderen Klagearten im deutschen Zivilprozess − Plädoyer für eine Neubewertung, ZZP 117 (2004), 133; Haas Rechtshängigkeitssperre und Sachzusammenhang, Festschrift für Akira Ishikawa, 2001, S. 165; Herrmann Die Grundstruktur der Rechtshängigkeit, 1988; Kleinfeller Das Wesen der Rechtshängigkeit, ZZP 55 (1930), 193 und ZZP 56 (1931), 129; Leipold Wege zur Konzentration von Zivilprozessen, 1999; Mittenzwei Rechtshängigkeit der im Prozeß zur Aufrechnung gestellten Forderung, ZZP 85 (1972), 466; Otto Die subjektiven Grenzen der Rechtshängigkeitssperre im deutschen und europäischen Zivilprozessrecht (2007); Pant Perpetuatio fori trotz Änderung des Rechtsweges zwischen den Instanzen, VersR 1989, 1006; Schumann Die Relativität des Begriffes der Rechtshängigkeit, Festschrift für Gerhard Lüke, 1997, S. 767; Schwab Die prozeßrechtlichen Probleme des § 407 Abs. 2 BGB, Gedächtnisschrift für Rudolf Bruns, 1980, S. 181; Teubner/Prange Die Rechtshängigkeit einer Aufrechnungsforderung, JR 1988, 401.
3554 1305 Fleischmann NJW 1993, 506, 507; so schon Weismann Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechtes (1903), Bd I, S. 476. 306 23555 Vgl. dazu auch Frank S. 225 ff.
307 33556 BGH NJW-RR 1994, 701. 308 43557 Frank S. 234 ff. mwN; Schumann NJW 1982, 2800, 2801 f.
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§ 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Übersicht Rdn
I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Begriff . . . . . . . . . . . . .
6
IV. Beginn und Ende der Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beginn der Rechtshängigkeit . . . a) Klageerhebung . . . . . . . aa) Klageerhebung in anderen Gerichtszweigen und anderen Verfahren . . . . . . bb) Der Klageerhebung gleichstehende Maßnahmen . . . cc) Mängel bei der Klageerhebung . . . . . . . . . . dd) Rechtshängigkeit beim einstweiligen Rechtsschutz und bei der Geltendmachung von Ansprüchen im Strafverfahren . . . . . . b) Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder Zustellung eines Schriftsatzes . . . . aa) Erhebung neuer Ansprüche bb) Erhebung in der mündlichen Verhandlung . . . . . . . cc) Zustellung eines Schriftsatzes . . . . . . . . . . . 2. Ende der Rechtshängigkeit . . . . a) Keine Beendigungsgründe . . . b) Gerichtlicher Vergleich . . . .
Rdn c) Rechtskräftige Entscheidung . . d) Klagerücknahme . . . . . . . e) Beiderseitige Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . f) Fristversäumung für den Ergänzungsantrag . . . . . . . . . g) Eventualanträge . . . . . . . h) Klageänderung . . . . . . .
53 54
V. Der Umfang der Rechtshängigkeit . 1. Streitsache . . . . . . . . . . 2. Stufenklage . . . . . . . . . . 3. Unbezifferte Leistungsklagen . . 4. Angriffs- und Verteidigungsmittel .
59 59 60 61 62
VI. Vorwirkungen der Rechtshängigkeit 1. Einreichung der Klage . . . . . 2. Vor- und Nebenverfahren . . . . 3. Wirkungen der Anhängigkeit . . 4. Rückbeziehung der Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . .
64 64 65 66
9 9 9 10 15 16
33 35 36 38 41 47 48 52
VII. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtshängigkeitssperre . . a) Identität der Parteien . . . . b) Identität des Streitgegenstands c) Identität der Rechtsschutzziele d) Identität der Verfahrensart . . 2. Perpetuatio fori . . . . . . . a) Bedeutung . . . . . . . . b) Anwendungsbereich . . . . c) Mögliche Veränderungen . .
. . . . . . . . . .
55 56 57 58
67 70 71 75 83 93 99 100 100 101 106
I. Gesetzesgeschichte
1
Die Regelungen des § 261 Abs. 1 und 3 waren bis zur Bekanntmachung von 18981 in § 235 CPO2 enthalten, danach in § 263. Die Regelung des § 261 Abs. 2 war ursprünglich in § 254 CPO, nach der Bekanntmachung von 18983 in § 281 enthalten. Durch die BeschleunigungsVO 19234, die Bekanntmachungen von 19245 und 19336 hat dieser kleinere Änderungen erfahren. Beide Vorschriften sind durch die Vereinfachungsnovelle 19767 zu § 261 zusammengefasst worden, in Abs. 3 Nr. 2 wurde die perpetuatio fori auf die Zulässigkeit des Rechtswegs erweitert. Die Vereinfachungsnovelle stellte mit § 261 Abs. 3 Nr. 1 klar, dass es sich bei der Rechtshängigkeit, die vorher (§ 263 Abs. 2 Nr. 1 a.F.) irreführend als prozessuale Einrede des Beklagten (§ 274 Abs. 1 Nr. 4) bezeichnet wurde, um eine negative Prozessvoraussetzung handelt, die von Amts wegen zu beachten ist.8 § 261 Abs. 3 Nr. 2 wurde neu gefasst durch Art. 3 des 4. VwGO-ÄndG v. 17.12.1990.9 Die Regelung der perpetuatio fori bezüg1 13558 RGBl S. 410, 459. 2 23559 RGBl 1877 S. 83, 125. 3 33560 RGBl S. 410, 463. 4 43561 RGBl I S. 1239. 5 53562 RGBl I S. 437, 464.
352
6 63563 RGBl I S. 821, 845. 7 73564 BGBl I S. 3281, 3283. 8 83565 Begründung zum Gesetzesentwurf BT-Drucks. 7/2729 S. 74. 9 93566 BGBl I S. 2809, 2817.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 261
lich der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs wurde nunmehr inhaltsgleich in § 17 Abs. 1 GVG übernommen.
II. Normzweck § 261 regelt die Wirkungen der Klageerhebung (vgl. § 253 Rdn. 12). Die Vorschrift bestimmt in Abs. 1 und 2 den Eintritt der Rechtshängigkeit und in Abs. 3 zwei ihrer wichtigsten prozessualen Wirkungen, die Einrede10 der Rechtshängigkeit (Nr. 1) und die perpetuatio fori (Nr. 2). Daneben entfaltet die Rechtshängigkeit noch weitere prozessuale Wirkungen, wie z.B. die Einschränkung der Klageänderung gem. § 263, die Auswirkungen bei Veräußerung der Streitsache gem. §§ 265, 266 sowie die Zulässigkeit der Widerklage und der Zwischenfeststellungsklage.11 Für die materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit ist das materielle Recht maßgeblich (vgl. § 262). Die Funktion der Rechtshängigkeit besteht zum einen darin, den Streitgegenstand mit ihrem Eintritt zu fixieren und die Erweiterung des Streitgegenstands um den mit diesem zusammenhängenden nicht rechtshängigen Streitstoff zu fördern.12 Zum anderen bewirkt die Rechtshängigkeit ein Recht beider Parteien auf ein Urteil des angerufenen Gerichts über die schwebende Sache.13 Die Rechtshängigkeitssperre gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 dient der Prozessökonomie, indem zusätzlicher Aufwand an Zeit, Arbeit und Kosten durch identische Prozesse für Gerichte und Beklagte verhindert werden sollen.14 Ein Nebeneinander mehrerer Prozesse mit der Möglichkeit eines sinnlosen Wettlaufs um die frühere rechtskräftige Entscheidung15 sowie die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen16 werden damit vermieden (vgl. auch Rdn. 71). Gem. § 261 Abs. 3 Nr. 2 wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände während des Prozesses nicht berührt (perpetuatio fori). Die perpetuatio fori dient zum einem dem Schutz der Gerichte vor übermäßiger Inanspruchnahme, indem verhindert wird, dass sich mehrere Gerichte mit derselben Sache beschäftigen, wenn sich im Laufe des Prozesses die Zuständigkeitsvoraussetzungen ändern.17 Zum anderen sollen die Parteien davor bewahrt werden, wegen veränderter Umstände die Sache erneut vor einem anderen Gericht verhandeln zu müssen (vgl. auch Rdn. 100).
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III. Begriff Rechtshängigkeit bedeutet das Schweben eines prozessualen Anspruchs in einem Urteilsverfahren ab Klageerhebung bis zum formell rechtskräftigen Urteil18 oder bis zu einem anderen den Prozess beendigenden Ereignis.
3567 110 Diese ist von Amts wegen zu beachten, so dass die Bezeichnung Einrede missverständlich ist, Bettermann S. 9. 11 3568 2 Zu weiteren prozessualen Wirkungen vgl. Herrmann S. 79. 3569 312 Herrmann S. 141 ff. 3570 413 Kleinfeller ZZP 55 (1930), 193, 201 f. 3571 514 RGZ 160, 338, 345; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 142; Haas FS für Ishikawa (2001), S. 165; Leipold
Wege zur Konzentration von Zivilprozessen (1999), S. 17. 6 So auch OLG München NJW 1964, 979, 980. 16 3573 7 BGH NJW 2002, 1503; ausführliche Nachweise in Fn. 133. 3574 817 BGHZ 70, 295, 298 = NJW 1978, 949. 3575 918 Zur Entwicklung des Begriffs der Rechtshängigkeit vgl. Kleinfeller ZZP 55 (1930), 193 ff.; zu den verschiedenen Definitionen Herrmann S. 75 ff. 15 3572
Assmann
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Von der Rechtshängigkeit ist die Anhängigkeit zu unterscheiden,19 die bereits vor Zustellung der Klage eintritt und das Befasstsein des Gerichts mit der Sache zum Ausdruck bringt.20 Sie beginnt mit dem Eingang der Klage bei der Posteingangsstelle des Gerichts21 oder bei erstmaliger Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung22 (hier gleichzeitiger Eintritt der Rechtshängigkeit, Rdn. 35). Der Begriff der Anhängigkeit wird in der ZPO in der Regel in diesem Sinn verwendet. Das Gesetz bedient sich seiner u.a. in §§ 147, 217, 261 Abs. 3 Nr. 1, 281 Abs. 2 S. 1, 486 Abs. 1 S. 2, 620a Abs. 2, 622 Abs. 1, 696 Abs. 1 S. 4, 943 Abs. 1. Auch in §§ 64, 66 ist Anhängigkeit und nicht Rechtshängigkeit gemeint (aA § 64 Rdn. 13).23 Dagegen wird in § 266 der Begriff der Anhängigkeit im Sinn von Rechtshängigkeit gebraucht.
IV. Beginn und Ende der Rechtshängigkeit 1. Beginn der Rechtshängigkeit
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a) Klageerhebung. Die Rechtshängigkeit der Streitsache beginnt gem. § 261 Abs. 1 in der Regel mit der Erhebung der Klage, dh mit Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs. 1), der Antragsschrift im Scheidungsverfahren24 oder des Protokolls über die Klage (§ 498) bzw mit Zugang beim Beklagten (§ 189).
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aa) Klageerhebung in anderen Gerichtszweigen und anderen Verfahren. In anderen Gerichtszweigen richtet sich der Eintritt der Rechtshängigkeit nach den dort geltenden Vorschriften. So tritt die Rechtshängigkeit in der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit bereits mit der Einreichung der Klage bei Gericht ein, vgl. §§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 VwGO, §§ 90, 94 Abs. 1 SGG und §§ 64 Abs. 1 S. 1, 66 Abs. 1 FGO. Der BGH25 bestimmt jedoch in Fällen, in denen das materielle Recht auf die Rechtshängigkeit abstellt, den Begriff der Rechtshängigkeit nach der ZPO (§ 262),26 verlangt also Zustellung der Klage. Allerdings beurteilt sich der Eintritt der Rechtshängigkeit bei einer Klageerhebung in einem unzulässigen Rechtsweg nach der Verfahrensordnung des nach § 17a Abs. 2 GVG verweisenden Gerichts (§ 17b Abs. 1 S. 2 GVG),27 so dass mit der Erhebung der Klage bei einem unzuständigen Gerichtszweig der frühere Eintritt der Rechtshängigkeit erreicht werden kann.28 Von einer Rechtshängigkeit in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nur auszugehen, soweit auch die entsprechenden Entscheidungen in Rechtskraft erwachsen, also nur bei den feststellenden Entscheidungen über streitige Rechtsverhältnisse und in echten Streitsachen.29
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19 3576 10 Kleinfeller ZZP 55 (1930), 193, 198 f., der unter Anhängigkeit das tatsächliche Schweben eines Verfahrens versteht; aA Nikisch ZPR § 46 II 1, der keine Unterscheidung vornimmt. 20 3577 11 Vgl. Schilken JR 1984, 446 mwN. 3578 121 OLG Schleswig SchlHA 1989, 161; BayObLGZ 1979, 288, 290. 3579 222 BGH NJW 1987, 3264, 3266. 23 3580 3 BGHZ 92, 251, 257 = NJW 1985, 328, 329 f.; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 2. 3581 424 BGH NJW 1990, 2382; BGH NJW 1985, 315, 317; OLG Koblenz FamRZ 1983, 201. 3582 525 BGH NJW 1976, 1890 zu § 847 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. 3583 626 Hierauf verweist Jauernig NJW 1986, 34, 35. 3584 727 LG Lüneburg NJW 1985, 2279.
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3585 828 OLG München VersR 1975, 1157, 1158; LG Lüneburg NJW 1985, 2279; Zöller/Greger Rdn. 3a; Jauernig NJW 1986, 34 f.; Heinrichs MDR 1989, 701, 702 f.; aA LG Hildesheim VersR 1989, 53 (Verwaltungsgericht); LG Marburg NJW 1985, 2280 (Sozialgericht). 3586 929 Zur Rechtskraft vgl. Bumiller/Winkler FGG8 (2006) § 31 Anm. 2; vgl. Jansen/v. König FGG3 Bd. 1 (2006) § 31 Rdn. 14; Keidel/Kuntze/Winkler FGG15 (2003) § 31 Rdn. 25; Richter Die Erledigung der Hauptsache im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (1986), S. 50 ff., 161 ff.; Pohle FS Apelt (1958), S. 171, 175; vgl. auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 21, nach dem die Rechtshängigkeit bei Verweisung in das streitige Verfah-
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Die Klageerhebung vor einem Schiedsgericht begründet dagegen keine Rechtshängigkeit, sie kann nur im Rahmen der Einrede des Schiedsvertrags gem. § 1032 Abs. 1 geltend gemacht werden.30 Der Beklagte, der sich darauf beruft, dass er kein Schiedsverfahren vereinbart habe, kann nicht deshalb, weil der Kläger das Schiedsgericht angerufen hat, an einer Klage vor den ordentlichen Gerichten gehindert werden. Ist ein Hauptsacheverfahren oder ein Feststellungsantrag gem. § 1032 Abs. 2 vor Gericht anhängig (§ 1032 Abs. 1), steht dies auch einem schiedsrichterlichen Verfahren nicht entgegen (§ 1032 Abs. 3).31 Die materiellrechtlichen Wirkungen einer Klage beim Schiedsgericht sind aber die gleichen wie bei einem staatlichen Gericht.32 Auch die Anmeldung der Forderungen im Insolvenzverfahren gem. § 174 InsO führt nicht zur Rechtshängigkeit.33 Ebenso tritt keine Rechtshängigkeit durch eine Streitverkündung, eine Nebenintervention, ein selbständiges Beweisverfahren oder eine Einleitung der Zwangsvollstreckung ein.34 Die Antragstellung im Prozesskostenhilfeverfahren führt keine Rechtshängigkeit herbei.35 Auch die formlose Übersendung des Prozesskostenhilfeantrags kann nicht die Wirkung der Rechtshängigkeit der Klage begründen,36 auch dann nicht, wenn der Beklagte auf die förmliche Zustellung verzichtet und keine mündliche Verhandlung stattfindet.37 Dasselbe gilt für die Zustellung des mit dem Prozesskostenhilfeantrag eingereichten Klageentwurfs. Allerdings muss deutlich werden, dass es sich lediglich um einen Klageentwurf handelt (vgl. § 253 Rdn. 9).38 Deshalb tritt die für das Ende der Ehezeit maßgebende Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ein, wenn der Scheidungsantrag ohne Vorbehalt der Durchführung des Scheidungsverfahrens zusammen mit einem Prozesskostenhilfegesuch zugestellt wird.39
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bb) Der Klageerhebung gleichstehende Maßnahmen. Der Klageerhebung stehen gleich: Die Abgabe der Mahnsache an das Streitgericht (§ 696 Abs. 3) und der Erlass des Vollstreckungsbescheids (§ 700 Abs. 2). Die Rechtshängigkeit entsteht in diesen Fällen rückwirkend im Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids, im Fall des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid nur, wenn die Abgabe alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs erfolgt,40 ansonsten im Zeitpunkt des Akteneingangs beim Empfangsgericht (§ 696 Rdn. 24 ff. mwN).41
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ren bereits mit Beginn des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzunehmen ist; aA OLG Koblenz FamRZ 1983, 201 (erst mit förmlicher Zustellung der Antragsschrift). 30 3587 10 BGH NJW 1958, 950; BGHZ 41, 104, 107 = NJW 1964, 1129, 1130; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit7 (2005), Kap. 16 Rdn. 4, die allerdings darauf hinweisen, dass die Einrede der Rechtshängigkeit bei der Einleitung eines weiteren Schiedsverfahrens in derselben Schiedssache in Betracht kommt; vgl. aber Junker KTS 1987, 37, 41, nach dessen Ansicht die materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit herbeigeführt werden; aA RGZ 88, 179, 183; Bosch Rechtskraft und Rechtshängigkeit im Schiedsverfahren (1991), S. 185 ff., der sich für eine analoge Anwendung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ausspricht; Reichel Anm. zu OLG Hamburg ZZP 59 (1934), 188 (Einrede der Schiedshängigkeit). 3588 131 Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit7 (2005), Kap. 7 Rdn. 18 f.
3589 232 Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit7 (2005), Kap. 16 Rdn. 5. 3590 333 RG Gruchot 41, 1200, 1202; RG LZ 1913, 691, 693; OLG Hamburg OLGRspr 15, 115 (nur Verjährungsunterbrechung); Uhlenbruck InsO12 (2003) § 174 Rdn. 28; Häsemeyer InsR4 (2007) Rdn. 22.11 3591 434 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 43; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 16. 3592 535 OLG Köln FamRZ 1999, 29. 3593 636 LG Braunschweig FamRZ 1985, 1075; Jung DRiZ 1953, 38, 39 f.; Weinreich FuR 2004, 393. 3594 737 OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1453, 1454. 38 3595 8 BGH FamRZ 1980, 131; OLG Bamberg FamRZ 2001, 1380 f.; OLG Köln FamRZ 1997, 375 = NJW-RR 1997, 637; KG FamRZ 1979, 327, bejaht Rechtshängigkeit, wenn bei Übersendung des Klageentwurfs die eingeschränkte Funktion nicht deutlich gemacht wurde; LG Saarbrücken FamRZ 2002, 1260, 1261. 3596 939 BGH FamRZ 1987, 362, 364. 40 3597 10 BGH NJW 1988, 1980, 1981 f.; BGH NJW 1979, 1709, 1710; BPatG GRUR 2002, 732, 733 f.
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cc) Mängel bei der Klageerhebung. Die Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 1 wird durch jede Klageerhebung begründet, auch bei Mängeln der Klageerhebung, unabhängig davon, ob es sich um Mängel bezüglich der Wirksamkeit der Klageeinreichung, bezüglich der Zustellung oder bezüglich des Inhalts der Klageschrift handelt (§ 253 Rdn. 170 ff.). Entscheidend ist in der Regel, dass die Klage zugestellt worden ist. Dies gilt selbst bei gravierenden Mängeln der Klageerhebung, solange überhaupt von einer Klageschrift ausgegangen werden kann. Inwieweit die Rechtshängigkeit nur prozessuale Wirkungen oder auch materiellrechtliche Wirkungen entfaltet, hängt von der Art des Mangels ab. Klagen mit Mängeln, die die Wirksamkeit der Klageeinreichung betreffen (§ 253 Rdn. 174 f.), wie z.B. die von einem Postulationsunfähigen oder ohne Unterschrift erhobene Klage, führen zur Rechtshängigkeit mit ihren prozessualen Wirkungen, wenn die Klage dennoch zugestellt worden ist.42 Zur Verweigerung der Zustellung in diesen Fällen siehe § 271 Rdn. 14 ff. Die materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit treten jedoch nicht bzw erst dann (ex nunc) ein, wenn der Mangel geheilt worden ist.43 Dasselbe gilt bei Mängeln bezüglich des notwendigen Inhalts der Klageschrift (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1), wenn diese die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs betreffen und die Klage trotzdem zugestellt worden ist (§ 253 Rdn. 196). Fehlt es dagegen an einem bestimmten Klageantrag, dann ist die Klage wirksam und es mangelt lediglich an einer Prozessvoraussetzung (zu den Folgen siehe unten Rdn. 27). Deshalb treten sämtliche Wirkungen der Rechtshängigkeit ein (§ 253 Rdn. 197). So wird ein Schmerzensgeldanspruch trotz Verstoßes gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 rechtshängig, wenn in der Klageschrift keine Tatsachen vorgetragen worden sind, die es dem Gericht ermöglicht hätten, die Höhe des Schmerzensgeldes festzusetzen; es genügt, wenn dies bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nachgeholt wird.44 Bei Zustellungsmängeln ist zu unterscheiden, ob eine Zustellung erfolgt ist oder nicht (§ 253 Rdn. 182 ff.). Ist die Zustellung zwar erfolgt, aber fehlerhaft, bewirkt der Verlust des Rügerechts nach § 295, dass der Anspruch – ex tunc – in dem Augenblick rechtshängig geworden ist, in dem die Klage fehlerhaft zugestellt worden war.45 Damit treten in diesem Zeit-
41 3598 11 Zöller/Vollkommer § 696 Rdn. 5; Waldner MDR 1981, 460, 461; anders OLG München MDR 1980, 501: mit Zustellung der Abgabeverfügung; anders OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 90, 91 f. und OLG Köln MDR 1985, 680: nach Akteneingang mit nach außen erkennbarer Tätigkeit des Empfangsgerichts, frühestens mit Mitteilung vom Eingang der Akten an die Parteien; anders OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 447, 448, OLG Koblenz OLGZ 1991, 373, 376, Stein/Jonas/ Schlosser § 696 Rdn. 7, MünchKomm/Schüler Vor § 688 Rdn. 17, Schellhammer ZPR Rdn. 1889, Menne NJW 1979, 200 Fn. 7 und Zinke NJW 1983, 1081, 1083 f.: mit Zustellung der Antragsbegründung. 3599 142 BGH NJW-RR 1987, 322, 323. 3600 243 BGHZ 100, 203, 208 = NJW 1987, 1766, 1767;
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BGH NJW-RR 1987, 322, 323 = FamRZ 1987, 365, 366; BGHZ 90, 249, 252 f. = NJW 1984, 1559, 1560; OLG Köln NJW 1994, 3360, 3361 zu § 209 Abs. 1 BGB a.F. (jetzt § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB); OLG Naumburg FamRZ 2001, 1006 mit abl. Anm. Gottwald (allerdings zum alten Recht). 3601 344 LG Hamburg VersR 1979, 64; zum unbezifferten Leistungsantrag vgl. § 253 Rdn. 98 ff.; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 253 Rdn. 56. 45 3602 4 BGH NJW 1984, 926 (allerdings Ausnahme für den durch Rechtshängigkeit bestimmten Zeitpunkt des Endes der Ehezeit); BGH LM Nr. 16 zu § 253 ZPO; vgl. BGH VersR 1967, 395, 398; RGZ 87, 271, 272 f.; RGZ 113, 335, 341; Johannsen Anm. zu BGH LM Nr. 13 zu § 295 ZPO; Schellhammer ZPR Rdn. 107; Schilken ZPR Rdn. 203.
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punkt grundsätzlich auch die materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit ein, wie z.B. die Verjährung.46 Dies gilt nicht, wenn Klageausschlussfristen gewahrt werden müssen, die der Parteidisposition entzogen sind.47 Es ist jedoch bei fehlerhafter Zustellung auch eine Heilung gem. § 189 möglich mit der Folge, dass die Zustellung im Zeitpunkt des Zugangs (ex nunc) als bewirkt angesehen werden kann.48 § 167 ist ebenfalls zu berücksichtigen. Fehlt die Zustellung und ist das Schriftstück auf andere Weise in die Hände des Beklagten gelangt, beginnt die Rechtshängigkeit ex nunc mit Verlust des Rügerechts bzw mit Rügeverzicht gem. § 295 (§ 253 Rdn. 183).49 Die Zustellung einer gegen den „späteren“ Gemeinschuldner gerichteten Klage an den Insolvenzverwalter begründet nach Ansicht des BGH50 keine Rechtshängigkeit. Der Insolvenzverwalter erlangt die Parteistellung nicht vor der Erklärung, dass sich die Klage gegen ihn richte. Wird einem Prozessunfähigen zugestellt, so ist damit die Klage noch nicht erhoben. Dies gilt auch, wenn einem Anwalt ohne Vertretungsmacht zugestellt und seine Prozessführung nicht genehmigt wird bzw wenn er sich nicht bestellt.51 Dagegen tritt Rechtshängigkeit ein, auch wenn der Richter zunächst nur eine Stellungnahme einholen wollte, aber die beglaubigte Klageschrift förmlich zugestellt hat.52 Die formlose Übermittlung einer einfachen Abschrift der Klageschrift nebst Anlagen zur Stellungnahme zur Streitwertfestsetzung erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen einer die Rechtshängigkeit begründenden förmlichen Klagezustellung.53 Wurde durch das Gericht die Klage zugestellt, obwohl die Zahlung gem. § 12 Abs. 1 GKG unterblieben ist, tritt trotzdem Rechtshängigkeit ein.54 Auch das Fehlen von Prozessvoraussetzungen oder vorhandene Prozesshindernisse berühren die Rechtshängigkeit der Klage nicht.55 Es treten sowohl die prozessualen als auch die materiellrechtlichen Wirkungen ein. So schadet die Klageerhebung beim örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht nicht,56 selbst wenn ein anderes Gericht ausschließlich zuständig ist.57 Dies lässt sich auch aus § 281 ersehen, der es im Wege der Verweisung ermöglicht, den Mangel zu beheben (vgl. auch § 281 Rdn. 62).58 Wird kein Verweisungsantrag gestellt, verliert die Klage nicht ihre Rechtshängigkeit, sondern wird als unzulässig abgewiesen. Dasselbe
3603 546 RGZ 113, 335, 341; RGZ 87, 271. 3604 647 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 189; MünchKomm/Becker-Eberhard § 253 Rdn. 173; Hk/ Saenger § 253 Rdn. 29; aA Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 67 Rdn. 18. 48 3605 1 BGH NJW 1984, 926. 49 3606 2 BGH NJW 1996, 1351, 1352; BGH NJW 1984, 926 f.; BGH NJW 1961, 1627, 1629; BGHZ 25, 66, 72 ff. = NJW 1957, 1517, 1518 f. 3607 350 BGHZ 127, 156, 164 = NJW 1994, 3232, 3233; dagegen mit überzeugenden Argumenten Gerhardt ZZP 108 (1995), 391 f.; das Ergebnis des BGH letztlich bejahend doch mit anderer Begründung − Vorwirkung des § 240 – Schmidt NJW 1995, 911 ff. 3608 451 RG JR 1925 B Nr. 1812. 3609 552 KG Rpfleger 1979, 71. 3610 653 OLG Hamm NJW-RR 1994, 63. 3611 754 Vgl. OLG Düsseldorf JR 1950, 279; aA OLG
Frankfurt MDR 1951, 44 f. (keine Rechtshängigkeit wegen fehlender Terminsbestimmung, die erst nach Zahlung der Prozessgebühr erfolgt); beide Entscheidungen noch zum alten Recht. 55 3612 8 BGH NJW 1967, 2304; OLG Frankfurt FamRZ 1980, 710, 711 (allerdings zu Unrecht mit der Einschränkung, sofern die Klageerhebung ordnungsgemäß erfolgt ist); Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 97 Rdn. 11; Schellhammer ZPR Rdn. 112, allerdings mit Einschränkungen. 3613 956 BGH NJW 1983, 1050, 1052; BGH NJW 1978, 1058; BGHZ 86, 314, 322; BGHZ 35, 374, 378 = NJW 1961, 2259, 2260; BGHZ 34, 230, 235 = NJW 1961, 1014, 1015 f.; RGZ 114, 122, 126; RGZ 93, 312, 314; KG NJW 1983, 2709, 2710; OLG Naumburg FamRZ 2001, 831, 832. 57 3614 10 BGHZ 35, 374, 377 = NJW 1961, 2259, 2260; RGZ 151, 233, 238. 58 3615 11 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 19.
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gilt bei instanzieller Unzuständigkeit, allerdings kommt hier eine Verweisung nicht in Betracht (§ 281 Rdn. 8). Ebenso hindert die unzulässige Prozessstandschaft die Rechtshängigkeit jedenfalls dann nicht, wenn der Verfügungsberechtigte in die Prozessführung des Klägers eingewilligt und ihn zur Einziehung ermächtigt hat.59 Auch bei fehlender Partei- oder Prozessfähigkeit des Klägers tritt Rechtshängigkeit ein.60 Einen Sonderfall stellt die Klageerhebung durch einen vollmachtlosen Vertreter dar. Hier fehlt es an einer wirksamen Prozesshandlung und damit an der ordnungsgemäßen Klageerhebung.61 Dennoch tritt mit Zustellung der Klage Rechtshängigkeit mit ihren prozessualen Wirkungen ein. Der insoweit vorliegende verfahrensrechtliche Mangel kann mit rückwirkender Kraft durch Genehmigung geheilt werden mit der Folge, dass die Rechtshängigkeit ihre materiellrechtlichen Wirkungen ex tunc entfaltet (vgl. § 89 Rdn. 8).62 Rechtshängigkeit wird auch bei einem Antrag auf einvernehmliche Scheidung unter Nichteinhaltung der Voraussetzungen des § 630 begründet.63 Das Fehlen richterlicher Anordnungen nach §§ 272 Abs. 2, 275, 276 in der Zustellungs- und Ladungsverfügung steht der Wirksamkeit der Zustellung der Klage als Voraussetzung für die Begründung der Rechtshängigkeit nicht entgegen.64 Erforderlich ist lediglich die richterlich verfügte Zustellung der Klageschrift an den Beklagten. Auch eine Entscheidung über die beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht Voraussetzung für eine ordnungsgemäße, die Rechtshängigkeit des Verfahrens begründende Klagezustellung.65 Im Eventualverhältnis erhobene Ansprüche werden bereits mit Klageerhebung rechtshängig, allerdings auflösend bedingt durch eine bestimmte Entscheidung über den Hauptanspruch (§ 260 Rdn. 100).66 Dasselbe gilt für Eventualwiderklagen.67 dd) Rechtshängigkeit beim einstweiligen Rechtsschutz und bei der Geltendmachung von Ansprüchen im Strafverfahren. Die Rechtshängigkeit eines Arrestverfahrens bzw einstweiligen Verfügungsverfahrens beginnt bereits mit der Einreichung des entsprechenden Antrags, ohne dass es der Zustellung an den Gegner bedarf.68 Dadurch wird aber nicht der zu sichernde Anspruch rechtshängig, da die Streitgegenstände des einstweiligen Rechtsschutzes und des Hauptsacheverfahrens unterschiedlich sind.69 59 3616 12 BGHZ 78, 1, 7 f. = NJW 1980, 2461, 2463 im Anschluss an Baur JZ 1958, 246 f. 3617 160 BGH NJW 1993, 1865; OLG Hamm MDR 1949, 39. 3618 261 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 56 Rdn. 3. 62 3619 3 BGH NJW 1986, 1039, 1040; BGH NJW 1984, 2348, 2349; BGH NJW 1967, 2304 = JZ 1968, 135 f. mit zust. Anm. Böhmer; BGHZ 69, 323, 325 = NJW 1978, 214, 215; allerdings ersetzte nach Ansicht der genannten Rechtsprechung die in der Klageerhebung liegende Prozesserklärung nicht die gem. § 847 S. 2 BGB a.F. für die Herbeiführung der Vererblichkeit des Anspruchs vom materiellen Recht geforderte Erklärung des Verletzten. 63 3620 4 OLG Frankfurt FamRZ 1982, 809, 811 (jedenfalls keine besondere Voraussetzung für die ordnungsgemäße Antragserhebung, deren Fehlen bereits die Rechtshängigkeit des Scheidungsbegehrens hindert). Zur Streitfrage, ob es sich dabei
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um Sachurteils- oder materielle Voraussetzungen handelt vgl. § 630 Rdn. 2 ff. mwN. 3621 564 BGH EzFamR ZPO § 281 Nr. 9. 3622 665 BGHR ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 2 Stufenklage 1; BGH EzFamR ZPO § 281 Nr. 9. 66 3623 7 BGH NJW 1984, 371; vgl. auch BGH NJW 2002, 3478, 3479; RGZ 117, 112, 114. 3624 867 BGH NJW 1965, 440; BGHZ 21, 13, 16 = NJW 1956, 1478; BGH NJW 1954, 640, 641; aA OLG Celle NdsRpfl 1952, 209. 3625 968 RG Gruchot 60, 504, 509; OLG Düsseldorf JZ 1995, 315, 316; OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 961, 962; OLG München NJW 1993, 1604; OLG Hamburg VersR 1989, 1164; KG MDR 1988, 239; OLG Düsseldorf NJW 1981, 2824; LG Hamburg MDR 1966, 931 (Rechtshängigkeit mit Einreichung des Gesuchs); vgl. auch AG Weilheim MDR 1985, 148; Teplitzky DRiZ 1982, 41, 42. 69 3626 10 BGH NJW 1980, 191; OLG Köln FamRZ 1992, 75; OLG Düsseldorf NJW 1981, 2824; vgl. auch
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Gem. § 404 Abs. 2 StPO wird die Rechtshängigkeit eines im Strafverfahren verfolgten Anspruchs des Verletzten bereits mit der Anhängigkeit begründet. Dementsprechend schließt § 403 Abs. 1 StPO die Anhängigmachung dieser Ansprüche im Strafverfahren aus, wenn sie schon bei den Zivilgerichten anhängig (also nicht erst rechtshängig) sind.
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b) Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder Zustellung eines Schriftsatzes. Wird ein Anspruch erst im Lauf des Prozesses erhoben, ist für die Rechtshängigkeit der Zeitpunkt entscheidend, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wird oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird (§ 261 Abs. 2).
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aa) Erhebung neuer Ansprüche. Neue Ansprüche werden erhoben bei der nachträglichen Klagenhäufung (§ 260), der gesetzlich zugelassenen Klageerweiterung (§ 264 Nr. 2) und insbesondere infolge einer Klageänderung (§ 263), der Widerklageerhebung (§ 33) und ihrer Veränderung sowie der Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2) und im Fall des § 510b. Schadensersatzansprüche gem. §§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2 und Bereicherungsansprüche gem. § 717 Abs. 3 können in dem anhängigen Rechtsstreit geltend gemacht werden. Die Rechtshängigkeit wird in den zuletzt genannten Fällen auf die Zeit der Zahlung oder der Leistung, die durch den Ersatzanspruch ausgeglichen werden soll, zurück bezogen. § 261 Abs. 2 findet auch auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Antragsgegners auf Scheidung entsprechende Anwendung, wenn der Antragsteller den Antrag zurückzieht.70 Keine Klageerweiterung liegt vor, wenn der Kläger nur mitteilt, dass inzwischen weitere Schäden eingetreten sind, sofern er von Anfang an den vollen, nach richterlichem Ermessen zu bestimmenden Schadensersatz begehrte. Dies gilt auch für die spätere Aufgliederung geltend gemachter Teilansprüche.71 Nicht geregelt sind die Wirkung der Klagebeschränkung (§ 264 Nr. 2) und auch nicht diejenigen der Veränderung in der Verteidigung, im Bestreiten, bei Einwendungen und Einreden72. § 261 Abs. 2 findet auch keine Anwendung auf Ansprüche, die gegen den Streitgehilfen des Beklagten erhoben werden,73 sondern erfasst nur die Anspruchsänderung des Klage- oder Widerklagebegehrens.
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bb) Erhebung in der mündlichen Verhandlung. Die Klageerhebung in der mündlichen Verhandlung erfolgt durch Verlesen des Klageantrags oder mit Genehmigung des Vorsitzenden durch Antragstellung zu Protokoll sowie durch Inbezugnahme auf einen schriftlichen Antrag (§ 297) und eine zumindest mündliche Begründung, wobei auch die Bezugnahme auf die schriftliche Begründung genügt. Die Erfordernisse des § 253 Abs. 2 Nr. 2 gelten auch für einen erstmals in der mündlichen Verhandlung erhobenen Anspruch. Ein ohne jede Begründung gestellter Klageantrag wird zwar rechtshängig, ist aber als unzulässig abzuweisen.74 Die mündliche Erhebung einer Widerklage gegen oder durch einen Dritten (soweit dies überhaupt zulässig ist, vgl. § 33 Rdn. 45 ff.) erstmals in der mündlichen Verhandlung ist nicht zulässig, wenn der Dritte nicht streitgenössischer Nebenintervenient ist.75
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OLG Koblenz GRUR 1981, 91, 93; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 14. 3627 170 OLG Frankfurt FamRZ 1982, 809, 811; vgl. OLG Naumburg FamRZ 2006, 956. 3628 271 BGH NJW 1967, 2210, 2211. 3629 372 RGZ 18, 408 ff.
3630 473 OLG Köln JR 1955, 186. 3631 574 BGH NJW 1987, 3264, 3266; BAG BB 1981, 1528. 3632 675 Uhlmannsiek JA 1996, 253, 255; Musielak/ Foerste Rdn. 6.
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Der Gegner braucht nicht anwesend zu sein.76 Jedoch darf in Bezug auf den in der Verhandlung gestellten Antrag kein Versäumnisurteil ergehen (§ 335 Abs. 1 Nr. 3). Die Erhebung wirkt auch, wenn der Gegner nicht oder nicht ordnungsgemäß geladen war.77 Mit der Klageerhebung in der mündlichen Verhandlung wird der Anspruch zugleich anhängig und rechtshängig, nicht aber mit der bloßen Ankündigung. Die Klageerhebung in der Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2) führt nicht zur Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 2, da die Güteverhandlung keine mündliche Verhandlung darstellt, sondern dieser vorausgeht (§ 278 Rdn. 53).78 cc) Zustellung eines Schriftsatzes. Rechtshängig wird der neue Anspruch auch mit Zustellung eines den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechenden Schriftsatzes. Die Zustellung erfolgt grundsätzlich von Amts wegen (§§ 270 S. 1, 166 Abs. 2), jedoch genügt Einreichung bei Gericht und Zustellung von Anwalt zu Anwalt ebenso (§ 195).79 § 167 findet Anwendung. Zustellungsmängel können gem. § 189 geheilt werden.80 Anhängigkeit tritt bereits mit Einreichung eines Schriftsatzes, der zur Zustellung gegeben werden soll, ein, nicht aber schon mit der Einreichung eines bloß vorbereitenden Schriftsatzes, der die Erhebung der Widerklage nur ankündigt.81 Als bloße Ankündigung kann ein Schriftsatz angesehen werden, der den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 nicht entspricht.82 Eine Klageerweiterung wird nicht rechtshängig, wenn der sie ankündigende Schriftsatz erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Erlass eines Teilanerkenntnisurteils eingereicht und dem Beklagten zusammen mit einer Teilklagerücknahme zugestellt wird.83 Ebenso kann eine Widerklage nach Schluss der mündlichen Verhandlung über die Klage in zulässiger Weise nicht mehr erhoben werden (vgl. § 296a Rdn. 10).84 Bei der Klageanspruchsauswechslung durch Klageänderung können, obwohl der neue Anspruch den alten ablösen soll, zunächst beide Ansprüche rechtshängig sein, bis die Klageänderung vollzogen ist (§ 263 Rdn. 87). Wird sie zugelassen, erlischt die Rechtshängigkeit des alten Anspruchs ex nunc; wird sie nicht zugelassen, erlischt die des neuen ebenfalls ex nunc mit der Rechtskraft des Zurückweisungsbeschlusses. Eine Einlassungsfrist braucht nicht gewahrt zu werden, da der Anspruch auch ohne schriftliche Ankündigung in der mündlichen Verhandlung hätte erhoben werden können. Ist aber der Schriftsatz nicht rechtzeitig zuvor zugestellt worden (§ 335 Abs. 1 Nr. 3), darf ein Versäumnisurteil über den neuen Anspruch nicht erlassen werden. Mit der Rechtshängigkeit der wirksam und ordnungsgemäß erhobenen Klage treten alle prozessualen und materiellrechtlichen Wirkungen ein. Dies gilt auch für eventuelle Anträge und Eventualwiderklagen. Wird die Klage erweitert, so ist auch die weitere Prozessgebühr gem. § 12 Abs. 1 S. 2 GKG vor der Verhandlung zu fordern.
3633 776 RGZ 28, 407, 409 f.; aA OLG Bamberg BayJMBl 1951, 133. 77 3634 8 AA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 36; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 34. 3635 178 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 22. 3636 279 BGH NJW 1992, 2235, 2236; BGHZ 17, 234, 235 f. = NJW 1955, 1030.
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3637 380 BGH NJW 1992, 2235, 2236 bei Fehlen eines Empfangsbekenntnisses. 81 3638 4 RGZ 29, 407, 410. 3639 582 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 37; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 35. 3640 683 BGH NJW-RR 1997, 1486. 3641 784 BGH NJW-RR 1992, 1085.
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2. Ende der Rechtshängigkeit Die Rechtshängigkeit endet mit Beendigung des Prozesses. Dies bedeutet, dass sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder einer anderen Erledigung des Streits durch alle Instanzen bestehen bleibt.85 Mit dem Ende der Rechtshängigkeit entfallen nur die prozessualen Wirkungen. Das Ende der materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit regelt das materielle Recht (vgl. § 204 Abs. 2 BGB).86
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a) Keine Beendigungsgründe. Die Rechtshängigkeit einer Klage endet nicht dadurch, dass der Rechtsstreit unterbrochen oder von den Parteien nicht betrieben worden ist87 und der Richter das Ruhen des Verfahrens angeordnet hat,88 grundsätzlich auch nicht bei einer Aussetzung.89 Auch die Unterlassung des Vortrags in der mündlichen Verhandlung hebt die Rechtshängigkeit nicht auf.90 Ein Rechtsmittelverzicht beendet die Rechtshängigkeit nicht, solange noch die Möglichkeit besteht, dass die Gegenseite ein Rechtsmittel einlegt, dem sich die verzichtende Partei anschließen kann.91 Dasselbe gilt für die Rechtsmittelrücknahme bis die Rechtsmittelfrist verstrichen ist. Das Vorbehaltsurteil (§§ 302, 599)92 und die Verweisung an ein anderes Gericht (§§ 281, 506)93 lassen die Rechtshängigkeit bestehen. Verzicht und Anerkenntnis für sich allein beenden die Rechtshängigkeit noch nicht, sondern erst das rechtskräftige Anerkenntnis- bzw Verzichtsurteil (§§ 306, 307). Außerprozessuale Vorgänge, wie z.B. die Befriedigung, ändern an der Rechtshängigkeit nichts.94 Die Gegenstandslosigkeit einer einstweiligen Verfügung wegen Versäumung der Vollziehungsfrist führt nicht zum Ende der Rechtshängigkeit, sondern erst die Antragsrücknahme oder Aufhebung der Beschlussverfügung.95
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b) Gerichtlicher Vergleich. Durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs endet die Rechtshängigkeit der Streitsache96 auch dann, wenn der Vergleich unwirksam ist.97 Umstritten ist, ob bei Geltendmachung der Unwirksamkeit im ursprünglichen Prozess die Rechtshängigkeit mit Terminsbestimmung als fortbestehend anzusehen ist (vgl. § 794 Rdn. 56 mwN)98 oder wieder auflebt99 oder für die Austragung des
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3642 885 BGH NJW 1995, 1095, 1096. 3643 186 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 36. 3644 287 BGH NJW-RR 1993, 898. 3645 388 BGH NJW-RR 1995, 513; OLG Saarbrücken FamRZ 1978, 522; OLG Köln FamRZ 2003, 689, 690 (auch nicht bei Aussonderung der Verfahrensakte). 89 3646 4 BGH NJW 1961, 124 (allerdings dann, wenn nicht mit der Fortsetzung des Verfahrens zu rechnen ist); BAGE 96, 352, 356 = NZA 2001, 1082 f.; BayObLGZ 1 Nr. 35. 3647 590 RG JW 1911, 50. 3648 691 RG JW 1903, 178. 3649 792 BGH NJW 1995, 1095, 1096. 93 3650 8 BT-Drucks. 11/7030 S. 38. 94 3651 9 RG JR 1925 B 1572. 95 3652 10 OLG Hamm WRP 1996, 581; OLG Koblenz GRUR 1981, 91, 93; die h.M. lässt in diesen Fällen jedoch trotzdem einen erneuten Antrag zu, weil sie eine Rechtshängigkeitssperre bzw eine entgegenstehende Rechtskraft verneint, vgl. OLG Hamm WM 1993, 2050, 2052; OLG Düsseldorf
MDR 1983, 239 (ohne auf die entgegenstehende Rechtshängigkeit oder Rechtskraft einzugehen); Zöller/Vollkommer § 929 Rdn. 23; Schuschke/ Walker/Schuschke Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz3 Bd. 2 (2005) § 929 ZPO Rdn. 39; Walker Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozeß und im arbeitsrechtlichen Verfahren (1993), Rdn. 164; enger OLG Frankfurt NJW 1968, 2112, 2113 f., das die materielle Rechtskraftwirkung entfallen lässt, wenn die einstweilige Verfügung aufgehoben worden ist oder der Gläubiger ausdrücklich erklärt, dass er aus der einstweiligen Verfügung keine Konsequenzen mehr herleitet. 96 3653 11 BGH WM 1985, 673; BAG NJW 1974, 2151; OLG Kiel JR 1948, 77, 78. 97 3654 12 BGH MDR 1978, 1019; BGH NJW 1959, 532; RG Gruchot 50, 428, 430 (keine Fortsetzung des Verfahrens, wenn Nichtigkeit noch strittig). 98 3655 13 Vgl. BGH WM 1985, 673; BGHZ 41, 310 f. = NJW 1964, 1524, 1525. 99 3656 14 BGH MDR 1978, 1019; Zöller/Greger Rdn. 7.
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Streits über die Unwirksamkeit nachwirkt100. Der außergerichtliche Vergleich führt nicht zur Verfahrensbeendigung (vgl. unten Rdn. 91).101
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c) Rechtskräftige Entscheidung. Die Rechtshängigkeit endet mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung. Ab diesem Zeitpunkt wird der Einwand der Rechtshängigkeit in der Regel in den des rechtskräftig entschiedenen Streits umgewandelt.102 Wird Wiedereinsetzung gewährt oder die Wiederaufnahmeklage betrieben, so lebt die Rechtshängigkeit rückwirkend wieder auf.
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d) Klagerücknahme. Die Rechtshängigkeit entfällt rückwirkend (§ 269 Abs. 3 S. 1) durch die wirksame Zurücknahme der Klage,103 unter Umständen erst mit Einwilligung des Beklagten; im Fall des § 113 durch rechtskräftige Zurücknahmeentscheidung. Der Rechtsstreit bleibt aber bezüglich der Kosten anhängig (vgl. § 269 Abs. 5).104 Die Rücknahme bzw Änderung der Hauptklage hat jedoch keinen Einfluss auf die Rechtshängigkeit der Widerklage.105
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e) Beiderseitige Erledigungserklärung. Die beiderseitige Erledigungserklärung führt ebenfalls zur Beendigung des Prozesses, jedoch nicht bezüglich der Kosten.
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f) Fristversäumung für den Ergänzungsantrag. Auch durch Fristversäumung für den Ergänzungsantrag gem. § 321 endet die Rechtshängigkeit hinsichtlich des im Urteil übergangenen Anspruchs.106
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g) Eventualanträge. Die Rechtshängigkeit von Eventualanträgen und Eventualwiderklagen107 ist auflösend bedingt und entfällt rückwirkend, wenn auf Grund der Entscheidung über den Hauptanspruch keine Entscheidung über den Hilfsanspruch mehr zu treffen ist,108 allerdings erst mit Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung über den Hauptanspruch (vgl. § 260 Rdn. 100).109
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h) Klageänderung. Bei einer Klageänderung scheiden nach ihrer Zulassung die bisher erhobenen Ansprüche aus und sind dementsprechend nicht mehr rechtshängig, die neu eingeführten sind es ab Erhebung (§ 263 Rdn. 84, 86).
V. Der Umfang der Rechtshängigkeit 1. Streitsache
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§ 261 spricht von der Rechtshängigkeit der Streitsache. Darunter ist der prozessuale Anspruch, der Streitgegenstand, zu verstehen. Dieser wird nach dem von der h.M. 100 3657
15 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 38; Lüke JuS 1965, 482, 484. 101 3658 16 BGH NJW 2002, 1503, 1504 = JZ 2002, 721 mit zust. (wenn auch anders begründeter) Anm. Jacoby; BGH JZ 1964, 257; KG OLGRspr 20, 314; Bork Der Vergleich (1988), S. 444 mwN. 102 13659 BGH NJW 1984, 353; RG JW 1914, 772, 773. 103 23660 BGH NJW 2004, 2309, 2310; RGZ 33, 394, 396; RG Warn 1907–1908 Nr. 91; OLG München NJW-RR 2001, 1150, 1151; vgl. auch OLG Brandenburg Rpfleger 1998, 484, 485; OLG Schleswig JurBüro 1991, 588; OLG Düsseldorf JW 1930, 661; OLG Dresden SächsArchiv 15, 118; Walther Klageänderung und Klagerücknahme (1969), S. 34.
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BGH NJW 2004, 2309, 2310; OLG München NJW-RR 2001, 1150, 1151. 4 LG München NJW 1978, 953. 106 3663 5 OLG Braunschweig OLGRspr 17, 19. 107 63664 BGH NJW 1996, 2165, 2167; BGH NJW 1965, 440; BGHZ 21, 13, 16 = NJW 1956, 1478, 1479; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 95 Rdn. 31. 108 73665 BGHZ 21, 13, 16 = NJW 1956, 1478, 1479; RGZ 117, 112, 114; vgl. auch BGH NJW 2002, 3478, 3479; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 95 Rdn. 33; Baumgärtel Wesen und Begriff der Prozeßhandlung einer Partei im Zivilprozeß (1957), S. 138; Kion S. 159 (entsprechende Anwendung des § 271 a.F., § 269 n.F.); Merle ZZP 83 (1970), 436, 442. 109 83666 Kion S. 157. 105 3662
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vertretenen zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge bestimmt, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. Einl. Rdn. 59 ff.).110 2. Stufenklage Durch die Zustellung der Klage wird auch der im Wege der Stufenklage erhobene, noch nicht bezifferte Zahlungsanspruch in dem Umfang rechtshängig111, in dem der Kläger später seinen Hauptantrag beziffert (§ 254 Rdn. 42).112 Verlangt der Kläger zunächst nach Erteilung der Auskunft weniger als ihm danach zusteht, so ist der Anspruch nur in Höhe des geltend gemachten Betrags rechtshängig geworden. Erweitert er die Klage später auf den vollen sich aus der Auskunft ergebenden Betrag, wird der volle Betrag nicht rückwirkend rechtshängig, sondern erst im Zeitpunkt der Klageerweiterung.113 Bei der reinen Auskunftsklage wird nur der Auskunftsanspruch rechtshängig.114
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3. Unbezifferte Leistungsklagen Bei unbezifferten Leistungsklagen, bei denen der Kläger zulässigerweise (§ 253 Rdn. 98 ff.) die Bestimmung des Betrags in das Ermessen des Gerichts stellt, wird der Gesamtanspruch zur Entscheidung des Gerichts gebracht und damit rechtshängig, selbst wenn der Kläger die Größenordnung seiner Vorstellungen in Form eines Mindestbetrags zum Ausdruck bringt.115 Beziffert116 der Kläger den Schmerzensgeldanspruch oder gibt er mit der Angabe einer Obergrenze zu erkennen, dass er die Ausübung des Ermessens nur bis zur Höhe des genannten Betrags begehrt, wird der Anspruch bei Übersteigen dieser Grenze nur bis zu dieser Höhe rechtshängig.117
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4. Angriffs- und Verteidigungsmittel Nicht erfasst von der Rechtshängigkeit werden bloße Angriffs- und Verteidigungsmittel. Soweit prozessuale Einreden selbständige Gegenansprüche sind, die z.B. im Wege der Aufrechnung oder eines Zurückbehaltungsrechts geltend gemacht werden, steht einem zweiten Prozess die Rechtshängigkeit nicht entgegen, da diese als bloße Verteidigungsmittel nicht rechtshängig geworden sind.118 Deshalb hindert die Rechtshängig-
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BGH NJW 2001, 3713 mwN; BGHZ 132, 240, 243 = NJW 1996, 1473; BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172, 1173. 111 3668 1 BGHR ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 2 Stufenklage 1; BGH NJW-RR 1995, 513; BGH NJW 1975, 1409, 1410; OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 296; OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 943; OLG Koblenz FamRZ 1993, 1098; OLG Köln FamRZ 1996, 50, 51; OLG Stuttgart NJW-RR 1990, 766; OLG Hamburg FamRZ 1983, 602. 112 3669 2 BGH ZZP 71 (1958), 408; Assmann Das Verfahren der Stufenklage (1990), S. 64; Schneider JurBüro 1968, 497, 498. 113 33670 OLG Hamburg FamRZ 1983, 602. 114 43671 RGZ 115, 27, 29. 115 53672 BGH NJW 1974, 1551; vgl. auch BGHZ 132, 341,
350 ff. = NJW 1996, 2425, 2427; RG JW 1938, 605. 6 Vgl. Gansen Die Rechtshängigkeit des Schmerzensgeldanspruchs (1989), S. 90 ff. 3674 7117 BGH NJW 2002, 3769; BGH NJW 1992, 741, 742; BGH NJW-RR 1989, 1087; BGH JZ 1962, 59, 60; LG Stuttgart NJW-RR 2004, 888, 889. 118 83675 BGH NJW-RR 2004, 1000; BGH NJW 1999, 1179, 1180; BGH NJW 1986, 2767; BGHZ 57, 242, 243 = NJW 1972, 450, 451; OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 705, 706; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 102 Rdn. 25; Althammer ZZP 117 (2004), 497, 501; Kleinfeller ZZP 55 (1930), 193, 196 f.; Musielak JuS 1994, 817, 825; Kraemer ZZP 64 (1950), 90; aA für Rechtshängigkeit: Bettermann S. 84 ff.; Blomeyer ZPR § 60 I 1a; Dep116 3673
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keit einer Forderung ihren Inhaber nicht, mit dieser Forderung die Aufrechnung gegen eine Forderung zu erklären, die gegen ihn eingeklagt wird.119 Ebenso ist es zulässig, im Prozess hilfsweise die Aufrechnung zu erklären und gleichzeitig die Gegenforderung zum Gegenstand einer Widerklage zu machen.120 Dem steht der Fall gleich, in dem die eingeklagte Forderung nicht von ihrem ursprünglichen Inhaber, sondern auf Grund einer Abtretung von dem Zessionar hilfsweise zur Aufrechnung gestellt wird.121 Das gilt auch für die Aufrechnung mit einer Wechselforderung, die im Nachverfahren eines Wechselprozesses rechtshängig ist.122 Der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen über die Gegenforderung kann durch eine Aussetzung nach § 148 begegnet werden.123 Wird über die Aufrechnung aber entschieden, so entfaltet die Entscheidung Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 2) und ist im anderen Prozess zu beachten. Steht die aufgerechnete Forderung oder stehen Gegenansprüche in einem anderen Prozess zur Entscheidung, so hindert der Prozess, in dem aufgerechnet wird bzw in dem die Einrede (etwa das Zurückbehaltungsrecht) erhoben wird, nicht, über die Ansprüche selbständig zu entscheiden, ebenso wie umgekehrt im Einwands- bzw Einredeprozess entschieden werden darf.124 Auch eine nochmalige Aufrechnung in einem zweiten Prozess ist möglich.125 Ist aber in dem Gegenanspruchsprozess rechtskräftig entschieden, so entfallen auch Einwendung und Einrede,126 während die Entscheidung im Einredeprozess mit Ausnahme der Aufrechnung die des Prozesses des Gegenanspruchs (auf den sie sich gründet) nicht präjudiziert.
VI. Vorwirkungen der Rechtshängigkeit 1. Einreichung der Klage
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Die Vorwirkungen der Rechtshängigkeit beginnen in dem Augenblick, in dem der Kläger sich der Klage begibt, dh sie entsprechend seinem Willen an das Gericht gibt, mit der Post oder per Fax absendet, sie in den Gerichtsbriefkasten wirft oder bei dem Gericht abgibt. Aber auch wenn die vom Kläger ausgehende Klage ohne seinen Willen (also ohne Begebung) an das Gericht gelangt, wird die Klage mit dem Zugang bei dem Gericht anhängig. Allerdings werden bei Gericht nicht nur Klagen anhängig, sondern auch sonstige Anträge, die keine Rechtshängigkeit zur Folge haben. Je nachdem sind auch die Wirkungen der Anhängigkeit verschieden.
pert Probleme der Prozessaufrechnung (1971), S. 172; Mittenzwei ZZP 85 (1972), 466, 474, der in der Aufrechnung eine Inzidentfeststellungsklage sieht (484); nur für Rechtshängigkeitssperre: OLG Stuttgart NJW 1970, 1690 f.; Heckelmann NJW 1972, 1350, 1352 ff.; Häsemeyer FS Weber (1975), S. 215, 232 f.; Schreiber FG 50 Jahre BGH (2000) Bd. 3, S. 227, 248 f., 251; Schmidt ZZP 87 (1974), 29, 38 f. und Teubner/Pranger JR 1988, 401, 405, die sich alle bei der Aufrechnung für die Rechtshängigkeitssperre aussprechen, alle anderen prozessualen und materiellen Wirkungen der Rechtshängigkeit sollen dagegen nicht eingreifen. 119 13676 OLG Köln NJW-RR 1987, 505. 120 23677 BGH NJW 1999, 1179, 1180; BGH NJW-RR
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1994, 379, 380 mwN; BGHZ 57, 242, 243 f. = NJW 1972, 450, 451. 3 BGH NJW 1999, 1179, 1180. 122 3679 4 BGH NJW 1977, 1687. 123 53680 BGH NJW-RR 2004, 1000, 1001; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 28; Mittenzwei ZZP 85 (1972), 466, 483; aA Häsemeyer FS Weber (1975), S. 215, 233. 124 3681 6 RGZ 50, 416, 419. 125 3682 7 BGH NJW-RR 2004, 1000; Gehrlein MDR 2004, 541, 544. 126 83683 RG JW 1925, 1245, 1246 für die abgewiesene Vollstreckungsduldungsklage, der die Klage auf Löschung der Hypothek folgte. 121 3678
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2. Vor- und Nebenverfahren Der Anhängigkeit folgt keine Rechtshängigkeit in den Vor- und Nebenverfahren als solchen, also nicht im Prozesskostenhilfeverfahren (§ 118), bei dem Antrag auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung bezüglich des im Hauptprozess zu verfolgenden Anspruchs.127 Die Anhängigkeit eines Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahrens löst aber in Bezug auf dieses zugleich mit der Anhängigkeit die Folgen der Rechtshängigkeit aus (vgl. oben Rdn. 33).128
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3. Wirkungen der Anhängigkeit Weitergehende Wirkungen erzeugt die Anhängigkeit, wenn die Rechtshängigkeit der Anhängigkeit folgen soll oder kann. So dürfen mit der Anhängigkeit die Hauptintervention ausgebracht (aA § 64 Rdn. 13),129 ein Streitgehilfe beitreten (§ 64 Rdn. 17), der Streit verkündet (§ 72 Rdn. 22), Arreste und einstweilige Verfügungen bei dem Gericht beantragt werden, bei dem die Klage zur Hauptsache anhängig ist (§ 943 Abs. 1).
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4. Rückbeziehung der Rechtshängigkeit Unter der Bedingung späterer demnächstiger Zustellung werden die materiellen Rechtswirkungen der Rechtshängigkeit gem. § 167 auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit zurückbezogen (vgl. § 167 Rdn. 60). Die Rechtshängigkeit wird dagegen selbst zurückbezogen im Mahnverfahren auf die Zustellung des Mahnbescheids, wenn die Streitsache alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird, bzw mit Erlass des Vollstreckungsbescheids130 (§§ 696 Abs. 3, 700 Abs. 2). Allerdings löst das Mahnverfahren nicht von vornherein eine Rechtshängigkeit aus.131 Noch weiter geht die Rückbeziehung der Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zahlung in den Fällen der §§ 302 Abs. 4 S. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 4.
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VII. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit § 261 Abs. 3 nennt die beiden wichtigsten prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit. Daneben sind in den §§ 263, 265, 266 noch weitere Wirkungen der Rechtshängigkeit geregelt.
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1. Die Rechtshängigkeitssperre § 261 Abs. 3 Nr. 1 verbietet, dass während schwebender Rechtshängigkeit ein anderer Prozess132 desselben Inhalts gegen denselben Prozessgegner anhängig (nicht nur rechtshängig) gemacht wird. Dadurch sollen eine mehrfache Verteidigung des Beklagten in derselben Sache in mehreren Verfahren sowie einander widersprechende Urteile 127 3684
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Vgl. BGH NJW 1980, 191 (der Anspruch, der durch den Arrest gesichert werden soll, ist nicht selbst im prozessualen Sinne Streitgegenstand des Arrestverfahrens). 3685 1128 RG Gruchot 60, 504, 509; OLG Düsseldorf JZ 1995, 315; OLG Düsseldorf NJW 1981, 2824; LG Hamburg MDR 1966, 931 (Rechtshängigkeit mit
Einreichung des Gesuchs). 2 BGHZ 92, 251, 257 = NJW 1985, 328, 329 f. 130 3687 3 Fischer MDR 2000, 301, 303. 131 43688 RGZ 135, 121, 122 f. 132 53689 Dies gilt nicht für denselben Prozess zwischen zwei Instanzen desselben Rechtszuges, BGH NJW 1954, 640, 641. 129 3686
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verhindert werden.133 Zudem dient der Rechtshängigkeitseinwand der Prozessökonomie,134 insbesondere soll niemand die Tätigkeit der Gerichte unnütz in Anspruch nehmen und parallele Prozesse über denselben Streitgegenstand führen dürfen.135 Voraussetzung ist, dass beide Verfahren nach Klagegrund und nach der konkreten Art des Rechtsschutzziels denselben Streitgegenstand betreffen.136 Dies gilt auch gem. § 17 Abs. 1 S. 2 GVG für die verschiedenen Gerichtszweige.137 Die Rechtshängigkeitssperre wirkt auch, wenn die Klage in einem unzulässigen Rechtsweg erhoben wurde,138 unabhängig davon, ob eine Verweisung erfolgt.139 Bei der anderweitigen Rechtshängigkeit der Streitsache handelt es sich um eine von Amts wegen140 zu beachtende negative141 Prozessvoraussetzung,142 die in jeder Lage des Verfahrens zu beachten ist und zwar auch noch in der Revisionsinstanz.143 Sie führt zur Klageabweisung der zweiten Klage als unzulässig. Dies gilt auch dann, wenn die zweite Klage schon vorher anhängig, aber noch nicht rechtshängig war.144 Werden zwei Klagen über den gleichen Streitgegenstand gleichzeitig rechtshängig, sind beide unzulässig,145 bis das Verfahren bzgl. eines der Anträge beendet wird. Endet die Rechtshängigkeit der früheren Klage z.B. wegen einer Klagerücknahme, entfällt die Sperre für die zweite Klage. Diese wird zulässig, ohne dass es einer erneuten Klageeinreichung bedarf.146 Ist ein Urteil unter Missachtung der anderweitigen Rechtshängigkeit der Sache ergangen, dann ist die Rechtskraft dieses Urteils auch dann zu beachten, wenn das rechtskräftig gewordene Urteil in einem Verfahren erlassen worden ist, das später rechtshängig geworden ist als das Verfahren, in dem nunmehr zu entscheiden ist.147 Erwachsen beide Urteile in Rechtskraft, kann das spätere nur unter den Voraussetzungen des § 580 Abs. 1 Nr. 7a beseitigt werden.148 Ansonsten hat das früher ergan-
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BGH NJW 2002, 1503; BGH NJW 2001, 3713; BGHZ 4, 314, 322 = NJW 1952, 705, 706; RGZ 160, 338, 344 f.; BAGE 96, 352, 354 = NZA 2001, 1082; BAGE 4, 301, 303 f.; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 142; Haas FS Ishikawa (2001), S. 165; Leipold Wege zur Konzentration von Zivilprozessen (1999), S. 17; aA für den Zweck der Verhütung kollidierender Urteile Herrmann S. 30 ff., 38, da dieser Zweck allein durch die Rechtskraft erfüllt wird; ebenso MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 6, der den Zweck in dem Ausschluss der doppelten Prozessführung sieht. 134 73691 Gruber ZZP 117 (2004), 133, 142; vgl. Herrmann S. 41 f., der allerdings das Ziel des Rechtshängigkeitseinwands letztendlich darin sieht, vor dem nachträglichen Entstehen des Rechtskrafteinwandes gegenüber einem ordnungsgemäß begonnenen Prozess zu schützen (S. 149). Zudem sieht er § 261 Abs. 3 Nr. 1 als gesetzlich geregelten Fall des Fehlens des Rechtsschutzbedürfnisses an. 135 13692 RGZ 160, 338, 345; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 142; Haas FS Ishikawa (2001), S. 165; Leipold Wege zur Konzentration von Zivilprozessen (1999), S. 17. 136 3693 2 BGH NJW 1989, 2064; BGH WM 1987, 367, 368; BGHZ 7, 268, 271 = NJW 1952, 1375, 1376. 137 33694 Vgl. zur Rechtslage vor Einfügung des § 17 Abs. 1 S. 2 GVG BAG NJW 1959, 310 f.; Lüke GS Bruns (1980), S. 129, 137 ff. mwN; Schumann
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FS Lüke (1997), S. 767 f.; Pohle FS Apelt (1958), S. 171, 174 ff. 138 3695 4 BGHZ 35, 374, 377 f. = NJW 1961, 2259, 2260. 139 53696 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 48. 140 63697 BGH NJW-RR 1993, 238, 239; BGH NJW 1989, 2064; BGH NJW 1952, 1375, 1376; RGZ 160, 338, 344; BayObLGZ 1 Nr. 35; OLG Stuttgart NZG 2005, 432, 433; KG JW 1938, 3057, 3058. 141 3698 7 BAGE 96, 352, 354 = NZA 2001, 1082. Die allgemein und auch hier teilweise benutzten Begriffe „Prozesshindernis“ und „Einrede der Rechtshängigkeit“ sind nicht korrekt, da sie darauf schließen lassen, dass die entgegenstehende Rechtshängigkeit nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede geprüft wird. 142 3699 8 BGH NJW 1989, 2064 (Prozesshindernis); BAGE 96, 352, 354 = NZA 2001, 1082; Herrmann S. 22 f. mwN. 143 93700 BGH NJW-RR 1987, 683, 684; BGH NJW 1986, 2195, 2196; RGZ 160, 338, 344. 144 3701 10 OLG Stuttgart MDR 2004, 1017. 145 3702 11 Vgl. BAG NZA 1997, 337, 338; Zöller/Greger Rdn. 8. 146 3703 12 OLG Stuttgart NZG 2005, 432, 433. 147 3704 13 BGH NJW 1983, 514, 515; BGH LM Nr. 2 zu § 21 VAG. 148 3705 14 Gaul FS Weber (1975), S. 155, 170; Zöller/Greger Rdn. 11 und Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 97 Rdn. 29 lassen darüber hinaus noch bei einer
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gene Urteil den Vorrang vor dem späteren,149 das nicht materiell rechtskräftig werden kann. Die Beweislast für die entgegenstehende Rechtshängigkeit trifft den Beklagten,150 sofern Unklarheiten auftreten. Eine Amtsermittlungspflicht besteht nicht,151 allerdings kann sich eine Hinweispflicht des Gerichts gem. § 139 ergeben.152 Die Beweismittel sind insoweit unbeschränkt, also auch im Urkundenprozess nicht etwa auf die für diesen Prozess zum Beweis sachlichen Rechts gegebenen zu beschränken.153 a) Identität der Parteien. Der Wortlaut des § 261 Abs. 3 Nr. 1 geht von der Identität der Parteien aus. Fraglich ist, ob der Rechtshängigkeitseinwand auch gegenüber Dritten greift, auf die sich die Rechtskraft eines Urteils erstrecken würde.154 Dies ist im Fall einer umfassenden Rechtskrafterstreckung zu bejahen, also bezüglich der Rechtsnachfolger gem. §§ 325 ff.155 Tritt z.B. ein Kläger nach Rechtshängigkeit (für den Fall der Abtretung vor Rechtshängigkeit siehe Rdn. 76) die Klageforderung an einen Zessionar ab, so steht der neuen Klage des Zessionars gegen den Beklagten die Einrede der Rechtshängigkeit entgegen, weil ein Urteil im Erstprozess auch für und gegen den Zessionar wirkt (§§ 265, 325 Abs. 1).156 Dies gilt nicht, wenn der Zessionar die dingliche Klage erhebt und sich auf Gutgläubigkeit beruft (z.B. bei der Hypothek).157 Weiterhin begründet bei der gewillkürten Prozessstandschaft die Klage des Ermächtigten den Rechtshängigkeitseinwand auch für und gegen den Ermächtigenden, wenn sich der Ermächtigte im Rechtsstreit auf die Ermächtigung gestützt hat.158 Einer erneuten Klage des Zwangsverwalters steht die Rechtshängigkeit eines Prozesses des Vollstreckungsschuldners gegen den Käufer einer Immobilie auf Herausgabe und Räumung entgegen, wenn dieser bereits bei Anordnung der Zwangsverwaltung anhängig war.159 Bei bloßer inhaltsabhängiger Rechtskrafterstreckung steht die Rechtshängigkeit einem zweiten Prozess jedoch nicht entgegen, wie z.B. bei Rechtskrafterstreckung nur im Fall des Unterliegens oder Obsiegens.160 Zu Beginn des Prozesses ist nicht abzuVollstreckung aus dem späteren Urteil die Klage aus § 767 zu. Dies ist aber auf Grund des § 767 Abs. 2 abzulehnen. 149 3706 15 BGH NJW 1981, 1517, 1518; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 97 Rdn. 29; Gaul FS Weber (1975), S. 155, 159; Musielak/Foerste Rdn. 9; aA RGZ 52, 216, 218 f.; KG HRR 1936 Nr. 1452; Bettermann S. 49. 150 3707 16 BGH WM 1962, 644; RGZ 160, 338, 347. 151 3708 17 BGH NJW 1989, 2064, 2065; BGH WM 1962, 644. 152 3709 1 BGH NJW 1989, 2064, 2065; RGZ 160, 338, 346; vgl. aber BGH WM 1962, 644. 153 23710 RGZ 160, 338, 346. 154 33711 Zu diesem Problem Herrmann S. 151 ff.; Otto S. 105 ff. 155 43712 RGZ 52, 259, 261; OLG Hamm NJW-RR 1995, 510; OLG Koblenz NJW-RR 1990, 1023; Bork ZIP 2005, 66; Herrmann S. 154; Koussoulis Beiträge zur modernen Rechtskraftlehre (1986), S. 124 f. 156 53713 RGZ 46, 320, 321; OLG Koblenz NJW-RR 1990, 1023; Schwab GS Bruns (1980), S. 181, 185. Dies gilt jedoch nicht, wenn im Erstprozess nur auf Feststellung der Leistungspflicht dem Grunde nach und im Folgeprozess auf Leistung geklagt
wird. Dann sind die Streitgegenstände nicht identisch. 6 RGZ 52, 259, 261. 158 3715 7 BGH NJW-RR 1990, 45, 47; BGH NJW-RR 1986, 158; BGH MDR 1972, 842; Otto S. 129; vgl. Bork ZIP 2005, 66. 159 83716 LG Dortmund Rpfleger 2002, 472, 473 mit Anm. Fundis. 160 93717 RG JW 1894, 195 (Klage zweier Erbprätendenten auf Feststellung des Erbrechts); RG Gruchot 48, 122, 123 f. Bei einer Rechtskrafterstreckung nur vom Zweit- auf das Erstverfahren hält Herrmann S. 155 f. wegen § 261 Abs. 3 Nr. 1 eine Aussetzung analog § 148 des Zweitverfahrens für erforderlich, bis über das Erstverfahren rechtskräftig entschieden worden ist, wenn die Rechtskraft des Zweiturteils die erste Klage umfassen würde. Im umgekehrten Fall (Rechtskrafterstreckung vom Erst- auf das Zweitverfahren) hält er dagegen das Eingreifen des Rechtshängigkeitseinwandes nicht für erforderlich (S. 156 f.); aA Bettermann S. 12, Einrede der Rechtshängigkeit auch, wenn nur für den Fall des Erfolgs eine Rechtskrafterstreckung eintritt; ebenso Bork ZIP 1995, 609, 612; Schwab GS Bruns (1980), S. 181, 185; Otto S. 127 157 3714
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sehen, ob eine Rechtskrafterstreckung erfolgt, so dass eine Rechtshängigkeitssperre zu weit gehen würde. So greift der Rechtshängigkeitseinwand in den Fällen der §§ 407 Abs. 2, 408 BGB nicht.161 Dies ergibt sich schon aus § 64, der es dem Zessionar erlaubt, im Wege der Hauptintervention seinen Anspruch gegen Schuldner bzw Zedenten rechtshängig zu machen,162 wobei nach allgemeiner Ansicht Interventionsprozess und Erstprozess verfahrensmäßig voneinander unabhängig sind.163 Die Einrede der Rechtshängigkeit greift auch − im Gegensatz zur Rechtskraft − nicht ein bei nur präjudizieller Bedeutung des Erstprozesses für den Zweitprozess.164 Eine Erweiterung erfährt § 261 Abs. 3 Nr. 1 durch § 640c Abs. 2, wonach während der Dauer der Rechtshängigkeit einer Klage, mit der die Anfechtung der Vaterschaft eines Kindes geltend gemacht wird, keine entsprechende Klage anderweitig anhängig gemacht werden kann. Unter einer entsprechenden Klage ist ein weiteres Abstammungsverfahren zu verstehen, das dasselbe Kind betrifft.165 Durch diese Regelung soll vermieden werden, dass verschiedene Klageberechtigte – gegebenenfalls an unterschiedlichen Gerichtsständen – entsprechende Anfechtungsklagen anhängig machen.166 Hier fehlt es sowohl an der Identität der Parteien167 als auch derjenigen des Streitgegenstands.168 Eine entgegenstehende Rechtshängigkeit ließe sich bereits aus der inter-omnes-Wirkung des § 640h S. 1 herleiten, allerdings nur bei einer Klage desselben Klägers gegen verschiedene Beklagte.169 In Wohnungseigentumssachen steht den Anträgen verschiedener Wohnungseigentümer auf Erklärung oder Feststellung der Ungültigkeit desselben Beschlusses das Verfahrenshindernis der Rechtshängigkeit nicht entgegen170, da § 47 WEG n.F. insoweit die Verbindung dieser Anträge anordnet. Gleiches gilt für die aktienrechtliche Anfechtungsklage gem. § 246 Abs. 3 S. 5 AktG.171 Keine Personenidentität liegt vor, wenn die Partei den einen Prozess für sich selbst, den anderen in der Funktion eines gesetzlichen Vertreters oder einer Partei kraft Amtes führt. Der Rechtsstreit gegen eine OHG wegen einer Gesellschaftsschuld begründet mangels Identität der Parteien und mangels Identität des Streitgegenstands keine Einrede der Rechtshängigkeit für den zweiten Prozess wegen derselben Gesellschaftsschuld gegen einen einzelnen Gesellschafter172 und umgekehrt173. Keine Rechts161 3718 10 Staudinger/Busche BGB (2005) § 407 Rdn. 29; aA Bettermann S. 20 ff.; Schwab GS Bruns (1980), S. 181, 185. 162 3719 11 Zur Zulässigkeit einer eigenen Klage des Zessionars vgl. Staudinger/Busche BGB (2005) § 407 Rdn. 29; RGRK/Weber BGB § 407 Rdn. 14; aA MünchKommBGB5/Roth (2007) § 407 Rdn. 25. 163 3720 1 MünchKomm/Schultes § 64 Rdn. 16; Picker FS Flume (1978) Bd. I, S. 649 mwN; aA Schwab GS Bruns (1980), S. 181, 184, der bei Kenntniserlangung des Schuldners von der Abtretung nach Rechtshängigkeit von einer Prozessstandschaft des Zedenten ausgeht und deshalb die Möglichkeit der Hauptintervention ablehnt. 164 3721 2 BAGE 96, 352, 355 = NZA 2001, 1082; Bettermann S. 10. 165 33722 BGH NJW 2002, 2109, 2110. 166 43723 BT-Drucks. 13/4899 S. 126. 167 53724 Es können sogar sowohl auf der Kläger- als auch auf der Beklagtenseite nicht übereinstimmende
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Parteien auftreten (§ 640e), wie z.B. bei der Klage des Kindes gegen A und der Klage der Mutter gegen B. 168 63725 Wieser NJW 1998, 2023, 2024 spricht von derselben Streitsache, nämlich die Frage, wer Vater des Kindes ist. Bezüglich Abstammungsprozessen verschiedener Personen handelt es sich aber nicht um denselben Streitgegenstand. 169 73726 AA OLG Hamm OLGZ 1985, 95, 96. 170 83727 Jennißen/Suilmann WEG (2008) § 47 Rdn. 5. So schon nach alter Rechtslage LG Frankfurt NJWRR 1987, 1423, 1424; aA Jacoby ZMR 2003, 591. 171 3728 9 Bork ZIP 1995, 609, 612. 172 3729 10 BGHZ 62, 131, 133 = NJW 1974, 750; OLG Hamburg OLGRspr 2, 6, 7; Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Hillmann HGB2 (2008) § 128 Rdn. 60; aA RGZ 49, 340, 344 (Revision gegen vorgenannte Entscheidung des OLG); KG OLGRspr 35, 65 (anders aber für den Fall einer Klage gegen einen ausgeschiedenen Gesellschaf-
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hängigkeitssperre gilt auch für den Fall, dass ein Gesellschafter im Wege der actio pro socio Forderungen der Gesellschaft einklagt174 und später die Gesellschaft selbst wegen desselben Anspruchs Klage erhebt. Mit der Geltendmachung des Anspruchs durch die Gesellschaft entfällt die Notwendigkeit der Gesellschafterklage, so dass diese als unzulässig abzuweisen ist.175 Dagegen fehlt einer gleichlautenden Feststellungsklage wegen des Bestehens einer Gesellschaftsverbindlichkeit gegen den Gesellschafter unabhängig von ihrer Rechtshängigkeit das Feststellungsinteresse, da zum einen das Urteil gegen die Gesellschaft auch den Gesellschafter hinsichtlich der Einwendungen der Gesellschaft bindet (§ 129 Abs. 1 HGB) und zum anderen ein Feststellungsurteil kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel ist (§ 256 Rdn. 173).176 Klagen mehrere Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen nach § 8 Abs. 1 UWG in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten gegen die gleiche Partei wegen desselben Sachverhalts auf Unterlassung, so begründet dies gegenüber der später erhobenen Klage nicht die Einrede der Rechtshängigkeit.177 Eventuell könnte der Zulässigkeit einer solchen Klage das fehlende Rechtsschutzbedürfnis178 oder der Einwand des Rechtsmissbrauchs beim Vorliegen einer Schädigungsabsicht entgegenstehen.179 Wegen der Gefahr einer Mehrfachverurteilung wird nach erstmaliger Verurteilung auch der Wegfall der Wiederholungsgefahr und die Abweisung späterer Klagen als unbegründet angenommen.180 Dasselbe gilt für Klagen gem. § 1 UKlaG. Eine Identität der Parteirolle ist nicht erforderlich.181 Auch einer Klage bezüglich desselben Streitgegenstands zwischen denselben Parteien in umgekehrter Parteirolle steht die Rechtshängigkeit entgegen, wenn damit eine Umkehrung der Anträge einhergeht, dh der zweite Kläger das kontradiktorische Gegenteil des Klägerbegehrens im ersten Prozess verlangt.182 b) Identität des Streitgegenstands. Der Rechtshängigkeitseinwand besteht grundsätzlich nur bei Identität der Streitgegenstände des Erst- und des Zweitprozesses. Der Streitgegenstand wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die konkret in Anspruch genommene Rechtsfolge, die sich aus dem Antrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die Rechtsfolge hergeleitet wird (Einl. Rdn. 59 ff.).183 Auch bei einer unterschiedlichen Fassung der Anträge der Parallelverfahren kann es sich um denselben Streitgegenstand handeln.184 Die Anträge müssen nicht in allen Einzelheiten übereinstimmen.185 Zu weit geht die Ansicht,186 die den ter). 11 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hillmann HGB2 (2008) § 128 Rdn. 59 f. 174 3731 12 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hillmann HGB2 (2008) § 105 Rdn. 154; Staub/Ulmer HGB4 (2004) § 105 Rdn. 269; aA Nieder ZZP 85 (1972), 437, 463. 175 3732 13 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hillmann HGB2 (2008) § 105 Rdn. 151; Staub/Ulmer HGB4 (2004) § 105 Rdn. 269 mwN; aA Hadding Actio pro socio (1966), S. 101 f. 176 13733 BGHZ 2, 250, 254 f. = NJW 1951, 887, 889; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hillmann HGB2 (2008) § 128 Rdn. 60. 177 23734 BGH MDR 1960, 372; KG WRP 1981, 389, 390; OLG Karlsruhe GRUR 1979, 558, 559; OLG Düsseldorf GRUR 1973, 51; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 8 UWG Rdn. 3.25. 178 33735 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 55; Zöller/Greger Rdn. 8a; aA Marotzke ZZP 98 (1985), 160, 186 f.; 173 3730
Hefermehl/Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 8 UWG Rdn. 3.25. 179 43736 BGHZ 144, 165, 170 ff. = NJW 2000, 3566, 3568 f.; OLG Karlsruhe GRUR 1979, 558, 559; aA Hefermehl/Köhler/Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 8 UWG Rdn. 3.25 (unbegründet bei missbräuchlicher Erhebung der Klage). 180 53737 BGH MDR 1960, 372; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm/Köhler UWG26 (2008) § 8 UWG Rdn. 3.25; Greger ZZP 113 (2000), 399, 408. 181 63738 BGH NJW 2001, 3713, 3714. 182 3739 7 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 97 Rdn. 20; Bettermann S. 12 f.; nur scheinbar aA RGZ 54, 49, 51. 183 83740 BGH NJW 2001, 3713; BGH NJW 1999, 2118, 2119; BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172, 1173. 184 93741 Vgl. BGH NJW-RR 1987, 683, 684. 185 3742 10 BGH NJW 2001, 3713, 3714; BGH NJW-RR 1987, 683, 684. 186 3743 11 Armasow MDR 2004, 307, 310, auch die Identität der Parteien bejahend.
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Unterhaltsanspruch des Kindes und den Ausgleichsanspruch des einen Elternteils, die beide gegen den anderen Elternteil gerichtet sind, als identische Ansprüche ansieht. Teilidentität führt zum Rechtshängigkeitseinwand bezüglich dieses Teils. So steht die Rechtshängigkeit des Gesamtanspruchs der Klage bezüglich einzelner Teilansprüche entgegen und umgekehrt. Im letzten Fall führt dies jedoch nur bezüglich des bereits rechtshängigen Teils zur Abweisung der Klage über den Gesamtanspruch.187 Einer Klage bezüglich der Restforderung steht die Rechtshängigkeit einer Klage über einen quantitativ oder sonst individuell bestimmten Teil nicht entgegen,188 selbst wenn ein Zwischenurteil über den Anspruchsgrund ergangen ist.189 Streiten die Parteien über die Frage, ob der Unterhaltsschuldner über den Sockelbetrag hinaus weitere Unterhaltszahlungen schuldet, begründet der bei einem anderen Gericht anhängige Rechtsstreit über den Sockelbetrag keine anderweitige Rechtshängigkeit.190 Fehlt es an der anfänglichen erforderlichen Aufgliederung der Teilansprüche, hat der BGH191 in Bezug auf die Gesamtklagesumme Rechtshängigkeit angenommen. Wird mit der ersten Klage der Nettoverdienst und mit der zweiten der Bruttoverdienst gefordert (vgl. zur Bestimmtheit solcher Anträge § 253 Rdn. 93), so ist die zweite Klage durch die Rechtshängigkeit der ersten gesperrt, wenn mit der Folgeklage nicht klar zum Ausdruck gebracht wird, welcher Mehrbetrag gefordert wird.192 Ist die rechtshängige Streitsache im Zweitprozess nur Vorfrage, liegt keine Identität vor. Über diese kann das Gericht solange frei entscheiden, bis über sie rechtskräftig entschieden ist.193 Hier empfiehlt sich jedoch eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 148. So wird mit der Erhebung der Klage auf Räumung und Herausgabe eines Grundstücks nicht zugleich der Anspruch auf Beseitigung des Bauwerks rechtshängig.194 Die Feststellungsklage bezüglich der Fortdauer einer Testamentsvollstreckung ist nur Vorfrage für den Kostenprozess, so dass ihre Rechtshängigkeit dem Kostenprozess nicht entgegensteht.195 Keine Anspruchsidentität besteht auch zwischen der Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses und auf Feststellung einer Lohnforderung zur Insolvenztabelle.196 Unerheblich ist auch, ob die Entscheidung in mehreren Prozessen von derselben Vorfrage abhängt.197 Stellt der Kläger einen Anspruch zur Entscheidung, dann hat das Gericht über diesen unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Deshalb ist eine Aufteilung der den Streitgegenstand betreffenden Rechtsfragen nicht statthaft.198 Dies gilt auch dann, wenn es sich um rechtswegfremde Gesichtspunkte handelt (§ 17 Abs. 2 S. 1 GVG). Nach jüngster Rechtsprechung des BGH ist eine Spaltung eines einheitlichen Streitgegenstands auch nicht mehr wegen verschiedener Gerichtsstände möglich.199 So muss das Gericht im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32) auch die vertraglichen Anspruchsgrundlagen prüfen mit der Folge, dass einer auf dasselbe Ziel gerichteten Klage im Gerichtsstand des Erfüllungsorts die Rechtshängigkeit entgegensteht. 187 3744 12 So Bettermann S. 15, der hier von „anteiliger“ Rechtshängigkeit spricht. 188 13745 BGH WM 1971, 83, 84; RGZ 47, 405, 407; RG JW 1901, 34 und 651; aA Blomeyer ZPR § 49 III 2, der die Geltendmachung des verbleibenden Anspruchs im Wege der Klageerweiterung verlangt. 189 23746 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 61; Zöller/Greger Rdn. 10. 190 33747 OLG Hamm FamRZ 1996, 631. 191 43748 NJW 1959, 1819, 1820. 192 53749 BAGE 96, 352, 354 = NZA 2001, 1082, 1083 = AP
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Nr. 154 zu § 4 TVG Ausschlussfristen mit abl. Anm. Annuß/Kortstock, die nur eine teilweise Rechtshängigkeitssperre annehmen. 193 63750 BGH NJW 1964, 1316, 1318; Pohle FS Apelt (1958), S. 171, 178 ff. 194 73751 BGHZ 28, 153, 157 = NJW 1958, 1969. 195 3752 8 BGH NJW 1964, 1316, 1318. 196 93753 BGHZ 105, 34, 38 = NJW 1989, 170, 171. 197 3754 10 RG Gruchot 38, 1214, 1215. 198 3755 11 BAGE 83, 288, 290 f. = NZA 1997, 337, 338 = AP Nr. 53 zu § 76 BetrVG 1972. 199 3756 12 BGHZ 153, 173, 176 = NJW 2003, 828, 829.
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Leistungsklagen auf Befreiung von den Verbindlichkeiten, die als Forderungen mit der Widerklage geltend gemacht werden, haben nicht denselben Streitgegenstand im Sinne von § 261 Abs. 3 Nr. 1.200 Die Zahlungsklage reicht im Klageantrag weiter, weil sie einen vollstreckbaren Titel verschafft. Das Verhältnis der Klage auf Befreiung zu der Widerklage auf Zahlung entspricht insofern demjenigen zwischen einer negativen Feststellungsklage, mit welcher das Nichtbestehen eines Zahlungsanspruchs geltend gemacht wird, und einer Zahlungsklage (§ 256 Rdn. 292).201 Die Klage aus dem Grundgeschäft schließt die Klage aus dem Wechsel nicht aus und umgekehrt.202 Dasselbe gilt für die Klage aus dem Scheck im Verhältnis zum Grundgeschäft.203 Es handelt sich um verschiedene Streitgegenstände. An der Identität des Streitgegenstands fehlt es auch bei der Klage auf Erfüllung gegenüber der Klage auf Aufhebung des Vertrags bzw Löschung der Hypothek204 oder auf Herausgabe eines Wechsels gegenüber dem Anspruch aus dem Wechsel205. In diesen Fällen handelt es sich nicht um das kontradiktorische Gegenteil. Keine Identität besteht auch zwischen dem Antrag auf Schuldbefreiung und der späteren Klage auf Erstattung eines zwischenzeitlich bezahlten Betrags der Forderung.206 Identität des Streitgegenstands ist auch zu verneinen bei zwei Räumungsklagen, wenn diese auf zwei unterschiedliche Kündigungen mit unterschiedlichem Kündigungsgrund gestützt werden.207 Um verschiedene Streitgegenstände handelt es sich bei zwei entgegengesetzten positiven Feststellungsklagen bezüglich des Eigentums (vgl. Rdn. 97). Die Rechtshängigkeit der Auseinandersetzungsklage gem. § 738 BGB hindert nicht die Klage auf Beteiligung an schwebenden Geschäften gem. § 740 BGB, da der Anspruch gem. § 740 BGB kein unselbständiger Rechnungsposten des Auseinandersetzungsguthabens ist.208 Dagegen betreffen gegenläufige Unterhaltsabänderungsklagen denselben Streitgegenstand (Abänderung des denselben Gegenstand betreffenden Urteils), so dass insoweit die Rechtshängigkeitssperre greift.209 Ein außergerichtlicher Vergleich beendet den Rechtsstreit nicht unmittelbar. Einer neuen Klage auf Erfüllung des Vergleichs kann daher, wenn er nicht novierend, sondern lediglich schuldabändernd wirken soll, die fortdauernde Rechtshängigkeit der Streitsache entgegenstehen.210 Der außergerichtliche Vergleich gibt dem Beklagten eine Einrede gegen den durch den Vergleich erledigten Anspruch, so dass der Kläger mittelbar gezwungen wird, das Verfahren nicht fortzusetzen.211 Nach anderer Ansicht hat der Vergleich nur dann Bedeutung für das Verfahren, wenn sich die Partei zu einem prozessualen Verhalten verpflichtet hat.212 200 3757
13 BGHZ 149, 222, 225 = NJW 2002, 751, 752. 201 13758 BGHZ 149, 222, 225 = NJW 2002, 751, 752. 202 23759 Vgl. BGH NJW-RR 1987, 58 f.; RGZ 160, 338, 347; OLG Karlsruhe NJW 1960, 1955; OLG Dresden OLGRspr 7, 299; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 64. 203 3760 3 OLG Hamburg WM 1986, 383, 384; OLG Hamm WM 1984, 400; OLG Düsseldorf WM 1973, 403; OLG Karlsruhe NJW 1960, 1955; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 64. 204 43761 RGZ 54, 49, 51, zutreffend dazu Bettermann S. 13; OLG Bamberg SeuffArch 59 Nr. 163; aA BayObLG SeuffArch 49 Nr. 126. 205 53762 RGZ 50, 416, 418 f.
206 3763
6 BGH WM 1974, 1245 f. 207 73764 AA AG Plettenberg WuM 1983, 57; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 19. 208 83765 BGH WM 1965, 765 f. 209 93766 BGH NJW 1998, 161, 162; BGH NJWE-FER 1998, 136; BGH FamRZ 1997, 488; OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 1535, 1536. 210 3767 10 BGH NJW 2002, 1503, 1504 = LM Nr. 19 zu § 261 ZPO mit Anm. Wagner; vgl. RG ZZP 55 (1930), 136, 138 f. mit Anm. Rosenberg. 211 3768 11 BGH NJW 2002, 1504; RGZ 161, 350, 353; RGZ 142, 1, 3 f.; BAGE 36, 112, 117 f. = NZA 1982, 788 f. 212 3769 12 Bork Der Vergleich (1988), S. 447 f.; Wagner Pro-
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Die Unwirksamkeit eines Prozessvergleichs kann nur auf Antrag einer Partei durch Fortsetzung des Rechtsstreits, der durch den Prozessvergleich beendet wurde, geltend gemacht werden (vgl. Rdn. 52),213 es sei denn, es geht um neue vertragliche Verpflichtungen.214
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c) Identität der Rechtsschutzziele215. Feststellungs- und Leistungsklagen liegen bereits wegen ihrer unterschiedlichen Klageanträge verschiedene Streitgegenstände zugrunde, so dass in der Regel die Rechtshängigkeitssperre nicht greift. Beide verfolgen verschiedene Zwecke,216 zum einen die Leistung aus einem Rechtsverhältnis, zum anderen die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses. Sie beruhen auch auf unterschiedlichen Voraussetzungen, die Fälligkeit der geforderten Leistung bei der Leistungsklage und das besondere Interesse an alsbaldiger Feststellung bei der Feststellungsklage.217 Man könnte hier allenfalls von einer Teilidentität sprechen.218 Dies ist aber mangels Teilbarkeit der Leistungsklage in einen Feststellungsteil und einen Leistungsbefehl nicht möglich.219 Eine Rechtshängigkeitssperre bei Erhebung einer Leistungsklage trotz rechtshängiger positiver Feststellungsklage greift nicht, weil der Kläger nur mit der Leistungsklage eine vollstreckbare Verurteilung des Beklagten erlangen kann.220 Allerdings kann in diesem Fall das Feststellungsinteresse für die positive Feststellungsklage nachträglich entfallen (vgl. dazu § 256 Rdn. 291).221 Im umgekehrten Fall, wenn die positive Feststellungsklage einer Leistungsklage nachfolgt, enthält zwar das positive Leistungsurteil zugleich die positive Feststellung des Anspruchs, so dass insoweit von einer Teilidentität ausgegangen werden könnte. Dies gilt jedoch nicht für den Fall der Abweisung der Klage. Hier ist es möglich, dass zwar ein Anspruch besteht, dieser aber nicht durchsetzbar ist, so dass der Feststellungsklage stattgegeben, die Leistungsklage aber abgewiesen werden müsste. Aus diesem Grund kann die Teilidentität hier ebenfalls nicht zur Rechtshängigkeitssperre führen.222 Erforderlich ist aber das Feststellungsinteresse, an dem die positive Feststellungsklage, abgesehen von dem gerade genannten Fall, in der Regel scheitern wird. Anders ist das Verhältnis von Leistungs- und negativer Feststellungsklage zu sehen, da das Leistungsurteil in jedem Fall das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs feststellt. Die Rechtshängigkeit eines Leistungsanspruchs ist ein Prozesshindernis für eine diesen Anspruch leugnende Feststellungsklage, die später in einem
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zeßverträge (1998), S. 513; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 129 Rdn. 67. 213 3770 13 BGH WM 1985, 673; BGHZ 79, 71, 75 = NJW 1981, 823, 824; BGHZ 28, 171, 174 = NJW 1958, 1970, 1971. 214 3771 1 BGHZ 87, 227, 230 f. = NJW 1983, 2034 f. 215 3772 2 Ausführlich Bettermann S. 26 ff. 216 33773 BGHZ 7, 268, 271 = NJW 1952, 1375, 1376; RGZ 158, 145, 147; OLG Koblenz JZ 1989, 1075. 217 43774 RGZ 40, 362, 364; RG JW 1903, 151. 218 53775 So MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 63; Bettermann S. 28 ff.; für die negative Feststellungsklage auch Gruber ZZP 117 (2004), 133, 140. 219 3776 6 Walker ZZP 111 (1998), 429, 445 Fn. 103; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 63 f.; Lüke JuS 1969, 301. 220 73777 BGH NJW 1989, 2064; BGHZ 7, 268, 271 = NJW 1952, 1375, 1376; Stein/Jonas/Schumann21
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Rdn. 60; Musielak/Foerste Rdn. 11; Schellhammer ZPR Rdn. 115; aA MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 64; Bettermann S. 26. 221 3778 8 BGH NJW-RR 1990, 1532, 1533. 222 93779 AA Bettermann S. 27; MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 63 unter Hinweis auf BGH NJW 1998, 1633, der die hilfsweise erhobene positive Feststellungsklage am Feststellungsinteresse scheitern ließ, allerdings darauf hinwies, dass ein Schadensposten, der zum Gegenstand einer bezifferten Leistungsklage gemacht worden ist, grundsätzlich nicht in identischem Umfang zugleich, auch nicht hilfsweise, Gegenstand eines Feststellungsantrags sein könne, weil über den Schadensposten abschließend (und mit der Rechtskraftwirkung des § 322) im Rahmen des Leistungsantrags im positiven oder negativen Sinn zu entscheiden sei.
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anderen Verfahren erhoben wird (vgl. § 256 Rdn. 292).223 Der Leistungsanspruch geht über das Ziel einer bloßen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses hinaus, weil auch die eine Durchsetzung des Anspruchs ermöglichende Verurteilung zur Zahlung verlangt wird. Deshalb begründet eine negative Feststellungsklage keine Rechtshängigkeitssperre für eine später erhobene Leistungsklage (§ 256 Rdn. 292),224 selbst wenn die negative Feststellungsklage gegenüber einer Teilleistungsklage den gesamten Rechtsanspruch rechtshängig macht.225 Dies gilt ebenso für eine Widerklage.226 Zur Frage, ob das Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage wegfällt, siehe § 256 Rdn. 251 ff. Dagegen decken sich die Rechtsschutzziele der positiven und der negativen Feststellungsklage, da die Abweisung der positiven Feststellungsklage zugleich die Verneinung des behaupteten Rechts umfasst, und umgekehrt (vgl. dazu § 256 Rdn. 288 f.).227 Bei der negativen Feststellungsklage wird über den positiven Anspruch entschieden, der somit rechtshängig wird.228 Ist die positive Feststellungsklage allerdings zur Hemmung der Verjährung erforderlich, greift der Rechtshängigkeitseinwand nicht durch.229 Treffen zwei positive Feststellungsklagen aufeinander, tritt die Rechtshängigkeitssperre nicht ein, wenn ein Rechtsverhältnis festgestellt werden soll, das nicht unmittelbar zwischen den Parteien besteht. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Kläger und der Beklagte jeweils das Eigentum an einer Sache festgestellt haben möchten. Das klageabweisende Urteil stellt lediglich die fehlende Berechtigung der einen Partei, nicht jedoch die Berechtigung der anderen Partei fest.230 Zwar tritt für den Fall des Obsiegens des Klägers Rechtskraftwirkung in Form des kontradiktorischen Gegenteils ein (wenn der Kläger Eigentümer ist, steht gleichzeitig fest, dass der Beklagte kein Eigentümer ist). Der Nichteintritt der Rechtshängigkeitssperre lässt sich hier ähnlich wie bei der inhaltsabhängigen Rechtskrafterstreckung (vgl. Rdn. 76) und der Eventualaufrechnung (vgl. Rdn. 62) jedoch damit begründen, dass lediglich die erfolgreiche Klage zur Unzulässigkeit der zweiten Klage führen würde,231 und sich zu Beginn der Klage eine solche Rechtskraftwirkung auf die andere Klage nicht absehen lässt. Die Klage gem. § 722 auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils verfolgt nicht dasselbe Rechtsschutzziel wie die Klage auf Erfüllung des Anspruchs, so dass die Rechtshängigkeit nicht entgegensteht (vgl. § 722 Rdn. 4),232 ebenso nicht die Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruchs gem. § 1059 und die Klage auf Vollstreckbarerklärung gem. § 1060. Dasselbe gilt für die Vollstreckungsabwehrklage, die einen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung bezweckt, im Verhältnis zur Leistungsklage (vgl. § 767 Rdn. 4 ff. mwN)233 und für die Klage auf Feststellung 223 3780
10 BGH NJW 1989, 2064; OLG Karlsruhe MDR 1997, 292, 293; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 140; Schwab Streitgegenstand, S. 130. 224 3781 11 BGH NJW 1989, 2064; BGH NJW 1983, 2032; BGH GRUR 1962, 360, 361 mit Anm. Falck; RGZ 160, 338, 345; RGZ 71, 68, 73 f.; RGZ 40, 362, 364; RG DR 1939, 1914, 1915; vgl. auch OLG Düsseldorf NJW 1984, 2955; Graf Feststellungsklage und Verjährungsunterbrechung (1989), S. 46 ff.; aA Baltzer Die negative Feststellungsklage aus § 256 Abs. 1 ZPO (1980), S. 149 ff.; Bettermann S. 28 ff.; Neumann/Duesberg NJW 1955, 1214, 1215 f.; Gruber ZZP 117 (2004), 133, 147; Blomeyer ZPR § 49 III 2; Rüß-
mann ZZP 111 (1998), 399, 414; letztere lassen lediglich eine Leistungswiderklage zu. 1 RG DR 1939, 1914, 1915. 3783 2226 BGHZ 149, 222, 225 = NJW 2002, 751, 752. 227 33784 KG OLGRspr 37, 123. 228 43785 RG Gruchot 58, 1077, 1082. 229 53786 KG NJW 1961, 33; vgl. auch BGH NJW 1972, 1043; Macke NJW 1990, 1651; einschränkend jedoch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 170 Fn. 358, der nur die Widerklage zulassen will. 230 63787 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 67; Jauernig ZPR § 40 II 2. 231 73788 Vgl. Jauernig ZPR § 40 II 2. 232 83789 RG JW 1903, 178. 233 93790 RG JW 1915, 1031, 1032. 225 3782
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eines Absonderungsrechts (§§ 49 ff. InsO) im Verhältnis zur Leistungsklage des Insolvenzverwalters auf Aufhebung der Pfändung234. Die Widerspruchsklage gem. § 878 ZPO, § 115 ZVG ist auch dann zulässig, wenn zuvor von einem Beklagten eine entgegengesetzte Klage erhoben war.235
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d) Identität der Verfahrensart. Eine Identität der Verfahrensart ist nicht erforderlich. Es besteht die Möglichkeit, den gleichen Streitgegenstand in verschiedenen Verfahrensarten geltend zu machen, wie z.B. sowohl im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess als auch im ordentlichen Verfahren und umgekehrt. Hat der Kläger sich für eine Verfahrensart entschieden, kann er nicht gleichzeitig denselben Anspruch in der anderen Verfahrensart geltend machen, wie z.B. den Wechselanspruch. Dem steht die Einrede der Rechtshängigkeit entgegen.236 Dies gilt nicht für eine Klage aus dem Wechsel und eine aus dem Grundgeschäft, auch wenn sie in der gleichen Verfahrensart erhoben werden, da es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände handelt (vgl. oben Rdn. 87).237 Die Einrede der Rechtshängigkeit steht entgegen, wenn ein bezifferter Unterhaltsanspruch rechtshängig ist und in einem Zweitprozess der Regelunterhalt geltend gemacht wird.238 2. Perpetuatio fori
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a) Bedeutung. Veränderungen während des Prozesses, die sich auf die Zulässigkeit der Klage auswirken, werden in der Regel bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung berücksichtigt. Davon macht § 261 Abs. 3 Nr. 2 eine Ausnahme,239 indem die einmal bestehende Zuständigkeit vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit an fixiert wird, so dass ein späterer Wegfall der sie begründenden Umstände nicht schadet. Da örtliche und sachliche Zuständigkeit häufig Änderungen unterworfen sind, besteht ein Bedürfnis, die Zuständigkeit festzulegen. Andererseits genügt bei anfänglicher Unzuständigkeit des Gerichts der Eintritt der Zuständigkeit240 bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz. Die Fortdauer der Zuständigkeit des einmal in zulässiger Weise angerufenen Gerichts dient der Prozessökonomie.241 Der Streit über die Zuständigkeit soll dadurch möglichst rasch abschließend beendet sein, damit die Parteien alsbald zu einer Sachentscheidung gelangen können.242 Außerdem sollen unrationelle Justiztätigkeit und eine Verteuerung des Rechtsstreits vermieden werden, die durch einen Wechsel des Gerichts eintreten würden.243 Ebenso wird gem. § 17 Abs. 1 GVG die Zulässigkeit des Rechtswegs durch nach der Rechtshängigkeit eintretende Veränderungen der sie begründenden Umstände nicht berührt. 234 3791
10 OLG Darmstadt OLGRspr 3, 57. 235 3792 11 RGZ 72, 49, 51 f.; vgl. Stein/Jonas/Münzberg § 878 Rdn. 41; Zöller/Stöber § 878 Rdn. 2 (als Widerklage). 236 13793 RGZ 160, 338, 345; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 97 Rdn. 27. 237 23794 OLG Hamburg WM 1986, 383, 384; OLG Hamm WM 1984, 400; OLG Düsseldorf WM 1973, 403, 404; OLG Karlsruhe NJW 1960, 1955; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 64. 238 33795 OLG Celle FamRZ 1971, 47. 239 43796 RGZ 151, 103, 107; aA Herrmann S. 87 f., der § 261 Abs. 3 Nr. 2 als allgemeinen Grundsatz ansieht.
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Z.B. Begründung der Zuständigkeit durch teilweise Klagerücknahme oder -erweiterung, vgl. Frank S. 55; RGZ 52, 136, 137 f.; OLG Rostock OLGRspr 5, 112; KG OLGRspr 13, 76; KG OLGRspr 27, 16. 241 63798 Siehe zu den Aufgaben der perpetuatio fori Jacobs Die perpetuatio in fori im internationalen Recht des Zivilprozesses und in der freiwilligen Gerichtsbarkeit (1962), S. 1. 242 3799 7 BGH NJW 2001, 2477, 2478 mwN. 243 83800 BGHZ 70, 295, 298 = NJW 1978, 949; Frank S. 51.
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b) Anwendungsbereich. § 261 Abs. 3 Nr. 2 gilt sowohl für die örtliche als auch für die sachliche Zuständigkeit grundsätzlich umfassend. Deshalb wird die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch nachträgliche Umstände auch dann nicht berührt, wenn diese bei einem Eintritt vor Rechtshängigkeit eine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit begründet hätten.244 Auch bei einer Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 gilt die perpetuatio fori.245 Trotz der Rückwirkung der Rechtshängigkeit im Mahnverfahren auf den Zeitpunkt der Zustellung im Fall der alsbaldigen Abgabe nach Erhebung des Widerspruchs (oben Rdn. 15), findet wegen der Besonderheiten des Mahnverfahrens der Grundsatz der perpetuatio fori keine Anwendung. Der maßgebende Zeitpunkt für den Eintritt der Wirkungen des § 261 Abs. 3 Nr. 2 im Mahnverfahren ist der des Akteneingangs bei dem Gericht, an das die Sache abgegeben wird (§ 696 Abs. 1 S. 4), so dass Veränderungen zwischen Zustellung des Mahnbescheids und der Abgabe zu berücksichtigen sind (vgl. oben Rdn. 15 und § 696 Rdn. 27).246 Der in § 261 Abs. 3 Nr. 2 enthaltene Grundsatz der Fortdauer der Zuständigkeit gilt auch für die Rechtsmittelzuständigkeit,247 so dass die Verlegung des Wohnsitzes während des Verfahrens vom Inland ins Ausland keine Auswirkungen auf die Rechtsmittelzuständigkeit hat. Änderungen der Zuständigkeit im Rechtsmittelzug durch Gesetzesänderungen fallen jedoch nicht unter § 261 Abs. 3 Nr. 2.248 § 261 Abs. 3 Nr. 2 gilt auch nicht für die Abteilungen und Spruchkörper des Gerichts.249 Für die Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache nach § 621 Abs. 2 S. 1 gilt die perpetuatio fori nach § 261 Abs. 3 Nr. 2. Allerdings erlischt die Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache für einen Unterhaltsrechtsstreit der Eheleute (§ 621 Abs. 2 S. 1 iVm § 621 Abs. 1 Nr. 5), wenn die Anhängigkeit der Ehesache endet (bei rechtskräftigem Scheidungsurteil), bevor die Unterhaltsklage dem Beklagten zugestellt worden ist.250 Die Antragstellung im Prozesskostenhilfeverfahren löst die erforderliche Rechtshängigkeit nicht aus.251 Werden auf Grund kartellrechtlicher Einwendungen des Beklagten in einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit die Kartellgerichte gem. § 87 Abs. 1 S. 2 GWB ausschließlich zuständig, findet der Grundsatz der perpetuatio fori keine Anwendung, so dass die Klage ohne Verweisung an das Kartellgericht als unzulässig abgewiesen werden muss.252 3801 9244 BGH NJW 2001, 2477, 2478 mit ausführlicher Begründung. 245 13802 OLG München NJW-RR 2002, 1722 (Klagerücknahme bezüglich desjenigen Beklagten, dessen Wohnsitzgericht als örtlich zuständig gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 bestimmt worden ist). 246 3803 2 BayObLG NJW-RR 1995, 635, 636; Liebheit NJW 2000, 2235; Schäfer NJW 1985, 296, 297; Waldner MDR 1981, 460, 461 mwN; Wilske/Kocher NJW 2000, 3549, 3550; anders LG Itzehoe SchlHA 1982, 41, 42; Menne NJW 1979, 200 Fn. 7 und Zinke NJW 1983, 1081, 1083 f., die auf die Zustellung der Antragsbegründung abstellen. 247 33804 BGH NJW 2006, 2782, 2783; Musielak/Wittschier § 119 GVG Rdn. 19; Brand/Karpenstein NJW 2005, 1319, 1320. 248 43805 BGH FamRZ 1978, 102 = NJW 1978, 427; BGH NJW 1978, 889 f.; BGH NJW 1978, 890; KG FamRZ 1977, 818, 819; Kissel NJW 1977, 1034,
1035; Herrmann S. 81 mwN; aA Jauernig FamRZ 1978, 103; ders. DRiZ 1977, 206, 207; Diederichsen NJW 1977, 649, 661; Pant VersR 1989, 1006, 1007. 249 3806 5 BGH NJW 1981, 2464, 2465; OLG Koblenz NJW 1977, 1736; Herrmann S. 82 f. mwN; aA OLG Hamburg FamRZ 1978, 424, 425; OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 266 f.; OLG Hamm FamRZ 1977, 727, 728 mwN; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 78; Jauernig DRiZ 1977, 206, 207. 250 63807 BGH NJW 1981, 126. 251 73808 OLG Köln FamRZ 1999, 29. 252 83809 Bechtold GWB4 (2006) § 87 Rdn. 3; Langen/ Bunte/Bornkamm Kartellrecht10 (2006) § 87 GWB Rdn. 31; Immenga/Mestmäcker/K. Schmidt GWB4 (2007) § 87 Rdn. 39; Klein NJW 2003, 16, 17; K. Schmidt FS Peltzer (2001), S. 409, 414 f., der darauf hinweist, dass § 261 Abs. 3 Nr. 2 nur Veränderungen der tatsächlichen, nicht
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c) Mögliche Veränderungen. Als Umstände, die sich ändern können, kommt der Wohnsitz- (§ 13)253 oder Aufenthaltswechsel (§§ 16, 20) sowie die Verlegung der Niederlassung (§ 21) oder des Sitzes (§ 17) des Beklagten in Betracht, die Änderung eines Gerichtsbezirks, eine gesetzliche Änderung der Zuständigkeit254 oder die Veränderung des Streitwerts255. So ändert ein Wohnsitzwechsel der Parteien in den Bezirk des Erstgerichts, bei dem die Klage zunächst erhoben worden war, das diese aber an das zuständige Gericht verwiesen hatte, nichts an der Bindungswirkung dieses Verweisungsbeschlusses. Auch ein gegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 verstoßender und damit rechtsfehlerhafter Verweisungsbeschluss bindet das im Beschluss als zuständig bezeichnete Gericht, wenn die Verweisung erkennbar auf einem Rechtsirrtum über die Fortdauer der einmal begründeten Zuständigkeit und nicht auf Willkür beruht (vgl. § 281 Rdn. 120).256 Das Erstgericht wird auch nicht durch eine im Einverständnis mit den Parteien erfolgte Zurückverweisung zuständig. Eine vor Wirksamwerden des Beitritts begründete Zuständigkeit dauert trotz danach erfolgten Wohnsitzwechsels fort.257 Bei einer Rechtsnachfolge nach § 239 führt ein anderer Wohnsitz des Rechtsnachfolgers auf Grund des § 261 Abs. 3 Nr. 2 nicht zur Unzulässigkeit der Klage.258 Veränderungen der Hauptklage wie z.B. deren Rücknahme oder die beiderseitige Erledigungserklärung259 berühren die einmal begründete örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für die Widerklage nicht.260 Eine nach Eintritt der Rechtshängigkeit geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung kann die einmal begründete Zuständigkeit nicht mehr beseitigen.261 Dagegen kann nach Rechtshängigkeit, wenn die Klage bei einem unzuständigen Gericht eingereicht wurde, durch Parteivereinbarung die Zuständigkeit eines sonst unzuständigen Gerichts herbeigeführt werden.262 Insoweit findet § 261 Abs. 3 Nr. 2 keine Anwendung, weil der Grundsatz der perpetuatio fori die Zuständigkeit des angegangenen Gerichts voraussetzt.263 Bezüglich des Streitwerts erfasst § 261 Abs. 3 Nr. 2 die Fälle der Streitwertminderung264 durch teilweise Klagerücknahme, teilweisen Prozessvergleich oder einer Teilerledigung durch beide Parteien. Bei Veränderungen des Streitgegenstands findet § 261 Abs. 3 S. 2 dagegen keine Anwendung (vgl. unten Rdn. 114).265 Dagegen ergreift § 4, der auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung abstellt, die Fälle der Wertveränderung des gleichbleibenden Streitgegenstands.266 Daraus wird gefolgert, dass § 261 der rechtlichen Umstände für die Zuständigkeit erfasst. 253 93810 BGH NJW 2006, 2782, 2783; RGZ 151, 103, 105; OLG Hamburg NJW 1950, 509. 254 3811 10 RGZ 103, 102, 103 f. 255 3812 1 BGH NJW 1962, 1819 f. 256 23813 BGH DAVorm 1992, 71, 72; OLG Schleswig MDR 2005, 233. 257 33814 BGH FamRZ 1993, 50. 258 43815 RGZ 49, 419 f.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 76. 259 53816 OLG Düsseldorf FamRZ 1983, 400, 401. 260 63817 LG München NJW 1978, 953. 261 73818 BGH NJW-RR 1995, 513; BGH NJW-RR 1994, 126; BGH NJW 1963, 585, 586; OLG Zweibrücken MDR 2005, 1187, 1188; OLG Düsseldorf OLGZ 76, 475, 476; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 97 Rdn. 32; kritisch Wilske/Kocher NJW 2000, 3549, 3550 für bestimmte Ausnahmefälle; aA LG Waldshut-Tiengen MDR 1985,
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941; Schneider DRiZ 1962, 411, 412; Traub NJW 1963, 842, 844; zweifelnd auch Musielak/Foerste Rdn. 14. Vgl. auch BayObLG NJW-RR 1995, 635, 636, das eine nach Einreichung des Mahnantrags und vor Eingang der Akten geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung zulässt, da der maßgebende Zeitpunkt für den Eintritt der Wirkungen des § 261 Abs. 3 Nr. 2 der Akteneingang beim Gericht ist, anders Zinke NJW 1983, 1081, 1083 f., der auf die Zustellung der Anspruchsbegründung abstellt (oben Rdn. 102). 262 3819 8 BGH NJW 1976, 626; BGH NJW 1963, 585, 586; OLG Zweibrücken NJW-RR 1989, 716. 263 93820 BGH NJW 1976, 626. 264 3821 10 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 259, hierauf weist Frank S. 48 zutreffend hin. 265 3822 11 Rimmelspacher JZ 1996, 976 f. 266 3823 12 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 147.
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 261
keine Anwendung findet auf die Fälle der bloßen Wertänderung des gleichbleibenden Streitgegenstands, die gem. § 4 unbeachtlich seien, sondern lediglich in den Fällen eingreift, bei denen sich der Streitwert auf Grund einer Umgestaltung des Streitgegenstands selbst durch Minderung des Streitgegenstands oder Umgestaltung der Streitansprüche verändert.267 Die Teilidentität bleibt hier gewahrt. § 261 Abs. 3 Nr. 2 gilt nicht nur für den Fall einer Veränderung tatsächlicher Umstände, sondern auch für den Fall einer Rechtsänderung (Änderung von Gesetzen), die die Zuständigkeitsordnung abändert.268 Einer Rechtsänderung in diesem Sinne steht eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gleich.269 Durch die Änderung eines Gerichtsbezirks wird, sofern das Gericht selbst bestehen bleibt, die bisherige örtliche Zuständigkeit des Gerichts ebenfalls nicht berührt.270 Ist die Hauptsache jedoch noch nicht anhängig, so folgt die Zuständigkeit des Gerichts den Veränderungen der sie begründenden Umstände, auch wenn vorher das Prozesskostenhilfegesuch bei einem anderen Gericht eingereicht wurde, bei dem der Antragsteller das Hauptsacheverfahren zunächst anhängig machen wollte.271 Die prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit beschränken sich auf die erhobenen rechtshängigen Ansprüche. Deshalb findet § 261 Abs. 3 Nr. 2 keine Anwendung im Fall der Klageänderung. Stellt der Kläger einen neuen Streitgegenstand zur Prüfung, ist das angerufene Gericht befugt, seine Zuständigkeit für dieses Begehren zu prüfen.272 Dasselbe gilt für die Erweiterung des Streitgegenstands. Hier findet § 5 Anwendung. Aus diesem Grund ist § 506 auch nicht als Ausnahme zum Grundsatz der perpetuatio fori anzusehen.273
267 3824
13 Frank S. 49 f. 268 13825 BGH NJW 1978, 887; BGH NJW 1978, 1163, 1164; RGZ 103, 102, 103 f.; anders BGH NJW 2000, 2749 in einem Fall, in dem der Rechtsstreit noch im Stadium des Vorabverfahrens nach § 17a Abs. 4 GVG anhängig war, ablehnend zu Recht Piekenbrock NJW 2000, 3476 f. 269 23826 BGHZ 70, 295, 298 = NJW 1978, 949, 950.
270 3827
3
BayObLG JW 1926, 2451; KG OLGRspr 13, 173, 174. 4 BGH NJW-RR 1994, 706. 272 3829 5 BGH NJW 2001, 2477, 2478; BGH FamRZ 1995, 729; BGH FamRZ 1994, 437, 438; BGH NJW 1990, 53, 54; BGH NJW 1962, 1819 f. 273 63830 Vgl. dazu Frank Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht (1986), S. 53 f.; Rimmelspacher JZ 1996, 976, 977; aA BGH JZ 1996, 975. 271 3828
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Anh. zu § 261
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Anhang zu § 261 ZPO Internationale Rechtshängigkeit Schrifttum Bäumer Die ausländische Rechtshängigkeit und ihre Auswirkungen auf das internationale Zivilverfahrensrecht, 1999, Buschmann Rechtshängigkeit im Ausland als Verfahrenshindernis, 1996; Dohm Die Einrede ausländischer Rechtshängigkeit im deutschen internationalen Zivilprozessrecht, 1996; Geimer Beachtung ausländischer Rechtshängigkeit und Justizgewährungsanspruch, NJW 1984, 527 ff.; Habscheid Zur Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, RabelsZ 31 (1967), 254 ff.; ders. Non licet bei ausländischer Rechtshängigkeit, FS Lange, 1970, S. 429 ff.; Kaiser/Prager Rechtshängigkeit im Ausland nach ausländischem Prozessrecht?, RIW 1983, 667 ff.; Linke Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens vor deutschen Gerichten, IPRax 1982, 229 ff.; Luther Die Beachtung einer ausländischen Rechtshängigkeit im Eheprozess, MDR 1970, 724 ff.; Meyer Zur Berücksichtigung eines ausländischen Verfahrens nach §§ 263 II Nr. 1, 274 I, II Nr. 4 ZPO, MDR 1972, 110 ff.; Schneider Wann ist die Rechtshängigkeit ausländischer Verfahren zu beachten?, NJW 1959, 88; Schütze Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, RabelsZ 31 (1967), 233 ff.; ders. Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, NJW 1963, 1486 f.; ders. Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, NJW 1964, 337 f.; ders. Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, MDR 1973, 905 f.; ders., Die Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit in inländischen Verfahren, ZZP 104 (1991), 136 ff.; ders. Internationale Rechtshängigkeit und Verbürgung der Gegenseitigkeit im Verhältnis zu British Columbia, IPRax 2001, 441 ff.; ders., Zur internationalen Rechtshängigkeit im deutschen Recht, FS Beys, 2003, 1501 ff.; Schumann, Internationale Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit), FS Kralik, 1986, S. 301 ff.; ders. Der Einwand internationaler Rechtshängigkeit am Beispiel paralleler deutsch-türkischer Ehescheidungsverfahren, IPRax 1986, 14 f.; Schweickert Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, NJW 1964, 336 f.; Wittibschlager Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1994. Belgien: Yseux La litispendance dans les relations internationales, Journal Clunet 19 (1892), 862 ff. England: McClean Jurisdiction and Judicial Discretion, IQLQ 18 (1969), 931 ff. Frankreich: Gaudemet-Tallon La litispendance internationale dans la jurisprudence franc¸aise, Me´langes Holleaux, 1990, S. 121 ff. Japan: Dogauchi Parallele Verfahren in Japan und in den USA, in: Heldrich/Kono (Herausg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 163 ff.; Sawaki Battle of Lawsuits: Lis Pendens in International Relations, Japanese Annual of International Law 23 (1979/80), S. 17 ff. Österreich: Hoyer Zur Streitanhängigkeit im österreichischen internationalen Zivilprozessrecht, ZfRV 10 (1969), 241 ff.; Köhler Bewirkt gleichzeitiges Vorliegen eines Verfahrens in Ehesachen vor einem ausländischen Gericht Streitanhängigkeit im Sinne von § 232 ZPO?, öJZ 1951, 559 ff.; Schuman, Internationale Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit), FS Kralik, 1986, S. 301 ff. Schweiz: Schauwecker Die Einrede der Litispendenz im eidgenössischen und zürcherischem internationalen Zivilprozessrecht, 1943; Schwander Ausländische Rechtshängigkeit nach IPRG und LugÜ, FS Oscar Vogel, 1991, S. 395 ff.; Wittibschlage Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1994. Spanien: Ma´laga La litispendencia, 1999. USA: Habscheid Bemerkungen zur Rechtshängigkeitsproblematik im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz einerseits und den USA andererseits, FS Zweigert, 1981, S. 109 ff.; Schulte Die anderweitige (ausländische) Rechtshängigkeit im US-amerikanischen Zivilprozessrecht, 2001. Länderübergreifend und rechtsvergleichend: Kerameus Rechtsvergleichende Bemerkungen zur internationalen Rechtshängigkeit, FS Schwab, 1990, S. 257 ff.; Pa˚lsson Institutet Litispendens i den Internationella Civilprocessrätten, Tidsskrift for Rettsvitenskap 80 (1967), 537 ff.; ders. The institute of lis pendens in international civil procedure, Scandinavian Studies of Law
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Schütze
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Anh. zu § 261 1970, 61 ff.; Schütze Die Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit in inländischen Verfahren, ZZP 104 (1991) 136 ff.; ders. Internationale Rechtshängigkeit, FS Areopag, 2007, Bd. I, S. 213 ff.; Sza´szy Recognition of the Legal Effects of Foreign Procedure, FS Guldener, 1973, S. 309 ff.
Übersicht Rdn . . .
1
II. Keine Regelung in der ZPO . . . . 1. Keine Analogie zu § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO . . . . . . . . . . 2. Analoge Anwendung von § 328 ZPO . . . . . . . . . . . . . a) Anerkennungsfähigkeit der zu erwartenden Entscheidung . . b) Verbürgung der Gegenseitigkeit 3. Eintritt der Rechtshängigkeit . . . 4. Identität des Streitgegenstandes . . 5. Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . 6. Überlange Prozessdauer im Ausland . . . . . . . . . . . . .
I. Die Regelung in § 738a HGB
2
Rdn III. Europäisches Recht . . . . . . . 1. EuGVÜ . . . . . . . . . . . 2. VO (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO)
12 12 15
3
IV. Staatsvertragliche Regelungen . . .
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4
V. Internationale Insolvenzrechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . .
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5 6 7 8
VI. Exkurs: Internationale Konnexität . 1. Erfordernisse der Berücksichtigung der Konnexität . . . . . . . . . 2. Verfahren der Berücksichtigung der Konnexität . . . . . . . . . . a) EuGVÜ/LugÜ . . . . . . . b) EuGVVO . . . . . . . . . 3. Kein Gerichtsstand des Sachzusammenhangs . . . . . . . . . . .
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21 22 24 24 25 26
I. Die Regelung in § 738 a HGB Die einzige positiv-gesetzliche Regelung internationaler Rechtshängigkeit im deutschen Recht findet sich in § 738 a HGB, einer Bestimmung, die aus Art. 1 Abs. 3 des Brüsseler Übereinkommens v. 10.5.1952 in das deutsche Recht übernommen worden ist1. Danach ist die ausländische Rechtshängigkeit in einem deutschen Prozess zu beachten, wenn es sich um eine seerechtliche Schadensersatzklage handelt, die Erfordernisse des § 261 ZPO im übrigen erfüllt sind, die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts auf einer dem § 738 a HGB entsprechenden Regelung beruht und die Gegenseitigkeit hinsichtlich der Beachtung der Rechtshängigkeit verbürgt ist, also das ausländische Gericht die deutsche Rechtshängigkeit im gleich gelagerten Fall beachten würde2. Es ist also verbürgte Gegenseitigkeit auch im Hinblick auf die Beachtung deutscher Rechtshängigkeit im Erststaat erforderlich. Damit scheidet die Berücksichtigung von Rechtshängigkeit vor Gerichten aus Staaten, die keine dem deutschen Recht vergleichbare Sperrwirkung der Rechtshängigkeit kennen, wie z.B. die USA3, und Staaten, die ausländische Rechtshängigkeit generell nicht berücksichtigen, wie z.B. Japan4 und Brasilien 5, aus. Schack6 polemisiert dagegen, „dass die Spezialisten des 1 13831 Vgl. Herber Seehandelsrecht, 1999, S. 439. 2 23832 Vgl. dazu Basedow Der internationale Schadensprozess nach Schiffskollisionen − zu den §§ 738 ff. HGB, VersR 1987, 495 ff. 3833 3 3 Vgl. dazu Habscheid Bemerkungen zur Rechtshängigkeitsproblematik im Verhältnis Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz einerseits und den USA andererseits, FS Zweigert, 1981, S. 109 ff. (117 ff.); Krause-Ablass/Bastuck Deutsche Klagen zur Abwehr ausländischer Prozesse, FS Stiefel, 1987, S. 445 ff. (455 ff.); Schulte Die
anderweitige (ausländische) Rechtshängigkeit im US-amerikanischen Zivilprozess, 2001, S. 150 ff. 4 43834 Vgl. für Nachweise Dogauchi Parallele Verfahren in Japan und den USA, in: Heldrich/Kono (Herausg.), Herausforderungen des Internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 163 ff. (177, FN 30). 5 53835 Vgl. Geimer/Schütze (Samtleben) Internationaler Rechtsverkehr, Länderbericht Brasilien, 1023.17 mwN in FN 154. 6 63836 Vgl. Schack IZVR, Rdn. 749.
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Anh. zu § 261
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Seerechts längst überholten Gegenseitigkeitsvorstellungen zum Opfer gefallen“ seien. Es waren aber nicht die „Spezialisten des Seerechts“, sondern der deutsche Gesetzgeber, der § 738 a in das HGB eingefügt hat, und zwar − so kann man unterstellen − in Kenntnis der damals − und heute − h.L. zur Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit. Der Gesetzgeber hat sich also gegen eine Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit ohne verbürgte Gegenseitigkeit entschieden. Rechtsprechung und Schrifttum hat das nicht beeindruckt. Sie negieren die gesetzgeberische Entscheidung.
II. Keine Regelung in der ZPO
2
Die ZPO kennt keine Regelung der internationalen Rechtshängigkeit. Die Praxis der Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit im inländischen Prozess ist im wesentlichen Richterrecht, wobei die Rechtsgrundlagen dunkel bleiben. Der BGH bezeichnet die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit als einen für das internationale Recht gültigen Rechtsgrundsatz7, obwohl eine Vielzahl von Staaten ausländischer Litispendenz auch heute noch keine Bedeutung für den inländischen Prozess beimessen8. Wieczorek9 sieht die Basis in der noch von ihm bearbeiteten 2. Aufl. in „logischen Gründen“. Im übrigen wird die Führung eines inländischen Prozesses bei früher eingeleitetem ausländischen Verfahren als ein „mit dem Gebot ehrlicher Prozessführung unvereinbares schikanöses Verhalten“ gebrandmarkt10. Stimmen in der Literatur, die ausländischer Rechtshängigkeit keine Bedeutung beimessen wollen, sind vereinzelt geblieben11. Sie gehen − zu Recht − davon aus, dass eine Anerkennungsprognose hellseherische Fähigkeiten voraussetzt und der Gesetzgeber bewusst nur die Wirkungserstreckung ausländischer Rechtskraft (§ 328 ZPO) neben der inländischen Rechtskraft (§ 322 ZPO), nicht jedoch die ausländischer Rechtshängigkeit neben der inländischen Rechtshängigkeit (§ 261 ZPO) geregelt hat. Diese Entscheidung ist bestätigt worden durch die Einfügung von § 738 a in das HGB. Wäre die ausländische Rechtshängigkeit unter den von der h.L. angewandten Erfordernissen zu berücksichtigen, so wäre die Einfügung der Rechtshängigkeitsregelung in das HGB völlig sinnlos. Ein solches sinnloses Verhalten kann man dem Gesetzgeber nicht unterstellen. Wenn man mit der h.L. in Rechtsprechung und Schrifttum nach einer Rechtsgrundlage suchen will, so bietet sich eine analoge Anwendung von § 261 Abs. 3 Nr. 1 oder § 328 ZPO an. 1. Keine Analogie zu § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO
3
Eine direkte Anwendung von § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO verbietet sich, da diese Norm nur die parallele Rechtshängigkeit vor inländischen Gerichten betrifft. Nur hier ist es wegen konzeptioneller Gleichwertigkeit gleichgültig, welches Gericht entscheidet. Deshalb verbietet sich auch die analoge Anwendung dieser Norm, die von Teilen der Lehre favorisiert wird12. Denn die Gleichwertigkeit in- und ausländsicher Gerichte ist nicht gegeben. Man kann einen Prozess vor dem District Court in Seattle mit Jury Trial, u.U. ausforschender pre trial discovery und mangelnder Erstattung hoher Kos7 13837 Vgl. BGH NJW 1958, 104. 8 23838 Vgl. für Beispiele Schütze IZPR, Rdn. 394. 3839 9 3 Vgl. 2. Aufl., § 328 Anm. A,V. 3840 410 Vgl. Riezler IZPR, S. 452 f. 3841 511 Vgl. Hellwig Lehrbuch des Deutschen Civilprozessrechts, Bd. I, 1903, S. 178; Schütze NJW 1963, 1486 ff.; ders RabelsZ 31 (1967), 233 ff.
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3842 612 Vgl. Bäumer Die ausländische Rechtshängigkeit und ihre Auswirkungen auf das internationale Zivilverfahrensrecht, 1999, S. 68 mwN; Schack IZVR, Rdn. 747; vgl. im übrigen Ma´laga La litispendencia, 1999, S. 390 f. mwN
Schütze
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Anh. zu § 261 ten auch bei Obsiegen nach der american rule of costs nicht mit einem Prozess vor dem Landgericht Stuttgart vergleichen. 2. Analoge Anwendung von § 328 ZPO Die h.L. scheint eine Analogie zu § 328 ZPO zu favorisieren wenn sie die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit damit begründet, dass diese „eine Vorstufe“ der Rechtskraft und deshalb wie diese zu behandeln sei13. Dem entspricht auch das von der h.L. geforderte Erfordernis der Anerkennungsfähigkeit der ausländischen Entscheidung.
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a) Anerkennungsfähigkeit der zu erwartenden Entscheidung. Die h.L. fordert als einzige Voraussetzung für die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit die Anerkennungsfähigkeit der in dem ausländischen Prozess zu erwartenden Entscheidung14. Es ist also eine positive Anerkennungsprognose erforderlich. Im Rahmen dieser Anerkennungsprognose wird geprüft, ob die Erfordernisse des § 328 Abs. 1 ZPO für die zu erwartende Entscheidung voraussichtlich erfüllt sein werden. Diese Beurteilung ist für das Erfordernis der Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public praktisch unmöglich.
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b) Verbürgung der Gegenseitigkeit. § 738 a HGB erfordert für die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit die Verbürgung der Gegenseitigkeit auch hinsichtlich des Litispendenzeinwandes. Damit hat der Gesetzgeber eine grundsätzliche Entscheidung getroffen. Es ist in der Tat schwer einzusehen, dass deutsche Gerichte die Rechtshängigkeit vor einem Gericht in New York berücksichtigen sollen, während die New Yorker Gericht der deutschen Rechtshängigkeit allenfalls Bedeutung im Rahmen einer forum non conveniens Entscheidung beimessen. Die h.L. sieht das anders. Der BGH hat in der British Columbia Entscheidung15 die Problematik nicht einmal diskutiert, vielleicht auch nicht gesehen. Die h.L. bleibt auf halbem Wege stehen, wenn sie die Gegenseitigkeit nur im Rahmen der Anerkennungsprognose fordert16. Mit einer älteren Entscheidung des schweizerischen Bundesgerichts17 ist Gegenseitigkeit auch im Hinblick auf die Berücksichtigung ausländsicher Rechtshängigkeit zu fordern18.
6
3843 113 Vgl für Nachweise Habscheid RabelsZ 31 (1967), 254 ff. (255). 14 3844 2 Vgl. RGZ 49, 344; BGH NJW 1958, 103 (obiter dictum); BGH NJW 1983, 1269 = IPRax 1984, 152 = Dir.Fam. mit abl. Anm. Tortorici; BGH NJW 1986, 2195; BGH IPRax 2001, 457; OLG Hamburg LZ 1926, 551; OLG München NJW 1972, 110; OLG Frankfurt/Main RIW/AWD 1980, 874; OLG Saarbrücken RIW 1999, 64; Geimer NJW 1984, 527 ff.; ders IZPR, Rdn. 2685 ff.; Habscheid RabelsZ 31 (1967), 254 ff.; ders Non licet bei ausländischer Rechtshängigkeit, FS Lange, 1970, S. 429 ff.; Hausmann IPRax 1982, 51 ff.; Kaiser/Prager RIW 1983, 667 ff.; Linke IZPR, Rdn. 201; Mitzgus Internationale Zuständigkeit im Vormundschafts-, Pflegschafts- und
Sorgerecht, 1982, S. 376; Nagel/Gottwald IZPR, § 5 Rdn. 214; Riezler IZPR, S. 451 f.; Schack IZVR, Rdn. 754; Schneider NJW 1969, 88; Schumann Internationale Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit), FS Kralik, 1986, S. 301 ff.; Zöller/ Greger ZPO, § 261, Rdn. 3. 3845 315 Vgl. BGH IPRax 2001, 457; dazu Schütze IPRax 2001, 441 ff. 16 3846 4 Darauf weist Kerameus FS Schwab, 1990, S. 257 ff. (267 f.) hin. 3847 517 Vgl. BGE 56 II 335. 18 3848 6 Vgl. Schütze FS Beys, 2003, S. 1501 ff.; von den neueren Gesetzen fordert Art 88 des slowenischen IPR Gesetzes 1999 die Verbürgung der Gegenseitigkeit für die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
3. Eintritt der Rechtshängigkeit
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Der BGH stellt auf den Eintritt der Rechtshängigkeit nach der lex fori ab19. Das entspricht der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 21 EuGVÜ20, die zu höchst unerwünschten Ergebnissen führt, da sie ein Windhundrennen zwischen den Parteien erlaubt, wenn eine Rechtsordnung Rechtshängigkeit bereits mit Klageinreichung, die andere − wie die deutsche − erst mit Klagzustellung eintreten lässt. Die EuGVVO hat diesen Misstand beseitigt. Dem muss man auch im deutschen autonomen Recht Rechnung tragen. Es erscheint angemessen und zweckmäßig, die ausländische Rechtshängigkeit erst von dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem die ausländische Klage zugestellt worden ist21. Das entspricht der Ansicht der Oberlandesgerichte Hamm22 und Karlsruhe23, die für den Prioritätstest darauf abstellen, ob beide Verfahren den gleichen Entwicklungsstand erreicht haben24. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Lehre von der Doppelqualifikation25, die hier Anwendung finden kann. 4. Identität des Streitgegenstandes
8
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Für die notwendige Identität des Streitgegenstandes gilt nichts anderes als im inländischen Verfahren (vgl. dazu § 261 Rdn. 82)26. Die Identität des Streitgegenstandes wird nach der lex fori beurteilt27. Die Kernpunkttheorie des EuGH (vgl. dazu Rdn. 14) findet im autonomen deutschen Recht keine Anwendung. Die zum Verhältnis von Leistungsklage zu negativer Feststellungsklage im deutschen Zivilprozess entwickelten Grundsätze können im internationalen Bereich keine Anwendung finden28. Die Rechtsprechung, die der Leistungsklage Vorrang vor der negativen Feststellungsklage gibt und von einem Wegfall des Feststellungsinteresses bei später erhobenen Leistungsklage ausgeht29, basiert auf einer Gleichwertigkeit der deutschen Gerichte und des Prozesses hinsichtlich Verfahrensdauer, Ausgestaltung des Verfahrens und Kosten. Diese Gleichwertigkeit fehlt bei Prozessen in verschiedenen Jurisdiktionen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Verfahrensdauer. Das ausländische Verfahren führt wegen der Notwendigkeit der Wirkungserstreckung des ausländischen Urteils nach §§ 328, 722 f. ZPO konzeptionell immer zu einer langsameren Entscheidung und Beendigung der Ungewissheit der Rechtslage30 Überdies ist der Aspekt des Justizgewährungsanspruchs zu berücksichtigen31. Würde man bei gegensätzlichen Klagen das Feststellungsinteresse für die Fortführung der inländischen negativen Feststellungsklage verneinen32, so hätte es der Beklagte in der Hand, bei erwartetem ungünstigen Ausgang des Verfahrens im Inland dieses durch die Erhebung seiner eigenen Leistungsklage im Ausland − bei konkurrierenden Zuständigkeiten − in einem ihm angenehmen Forum − unzulässig zu machen und so das Wahlrecht des 3849 119 Vgl. BGH NJW 1987, 3083; BGH NJW-RR 1992, 642; zustimmend Thomas/Putzo/Hüsstege ZPO § 261, Rdn. 2; Zöller/Greger ZPO, § 261, Rdn. 3. 3850 220 Vgl. EuGH Rs. 1129/83 − Zelger v. Salinitri − EuGHE 1984, 2397 = NJW 1984, 2759 = RIW 1984, 737 mit Anm. Linke. 21 3851 3 So Geimer IZPR, Rdn. 2701; Linke IZPR, Rdn. 204; Schack IZPR, Rdn. 758. 3852 422 Vgl. OLG Hamm, NJW 1988, 3103. 3853 523 Vgl. OLG Karlsruhe, IPRax 1992, 171. 3854 624 Vgl. auch Geimer IZPR, Rdn. 2702 mwN; Heiderhoff Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit in Ehescheidungsverfahren,
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1998, S. 195; dies IPRax 1999, 393 ff.; Linke IZPR, Rdn. 204 3855 725 Vgl. dazu Schütze DIZPR, Rdn. 60 ff. 3856 826 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 2693 ff. 3857 927 Vgl. Schack IZVR, Rdn. 752. 28 3858 10 Vgl. im Einzelnen Schütze DIZPR, Rdn. 401 ff. 29 3859 11 Vgl. BGHZ 18, 22; BGH NJW 1973, 1500. 30 3860 12 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 401. 31 3861 13 Vgl. Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, 1984, S. 1679. 32 3862 14 So jedoch LG Hamburg IPRspr. 1980 Nr. 2 und Schweizerisches Bundesgericht BGE 105 II 200.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Anh. zu § 261 Klägers zu unterlaufen33. Das wird im deutsch-amerikanischen Verhältnis offenbar. Wollte man das Feststellungsinteresse einer deutschen negativen Feststellungsklage entfallen lassen, so müsste sich der Feststellungskläger bei Erhebung der Leistungsklage in den USA auf einen sehr langwierigen Prozess mit den Unwägbarkeiten eines Jury-trial, u.U. ausforschender pre-trial-discovery und der Nichterstattbarkeit der sehr hohen Kosten auch im Obsiegensfalle einlassen. Trotz Identität des Streitgegenstandes nach der Kernpunkttheorie des EuGH bei Leistungsklage und negativer Feststellungsklage wirkt die ausländische Rechtshängigkeit im deutschen Prozess in diesem Fall nicht34. 5. Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit Ebenso wie bei der Anerkennung ausländischer Urteile nach § 328 ZPO können nur Rechtshängigkeitswirkungen im deutschen Verfahren beachtet werden, die das ausländische Recht kennt35. Bei der Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit handelt es sich um eine Form der Anerkennung. Bei der Anerkennung aber werden nach § 328 ZPO nur solche Rechtskraftwirkungen erstreckt, die nach erststaatlichem Recht bestehen36. Das bedeutet für die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines US-amerikanischen Prozesses, dass diese nicht als Klagsperre wirken kann, da das US-amerikanische Recht ihr nur die Wirkungen eines Beurteilungskriteriums im Rahmen einer forum non conveniens Prüfung beimisst. Da das deutsche Recht die forum non conveniens Lehre jedenfalls im Zivilprozess nicht kennt, bleibt nur eine Adaptation in der Weise, dass die amerikanische Rechtshängigkeit als Element der Prüfung des Rechtsschutzinteresses Berücksichtigung findet. Dasselbe gilt für die Rechtshängigkeit in den meisten common law Rechtsordnungen. Das hat der BGH in der British Columbia Entscheidung37 verkannt und der Rechtshängigkeit vor einem Gericht in British Columbia mehr Wirkung beigemessen, als sie das erststaatliche Recht kennt38. Der BGH will offenbar bei der Rechtshängigkeit die im Bereich der Anerkennung überholte Nostrifizierungslehre zum Leben wiedererwecken.
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6. Überlange Prozessdauer im Ausland Die Rechtsprechung durchbricht ihre selbst aufgestellten Grundsätze für die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit für den Fall überlanger Prozessdauer im ausländischen Verfahren, die den Rechtsschutz in unzumutbarer Weise beeinträchtigt39. Das hat der BGH sogar in einem Fall angenommen, in dem die Klägerin die unzumutbare Dauer englischen Verfahrens durch Nichtbefolgung einer Anordnung des englischen Gerichts selbst herbeigeführt hatte40. Insgesamt stellt sich die Recht3863 133 Vgl. dazu Geimer NJW 1984, 527 ff. (530). 3864 234 Vgl. BGH NJW 1989, 2064; OLG Hamm, MDR 1991, 546; Schlosser Die perpetuatio litis als rechtsstaatlicher Leitgedanke des nationalen und internationalen Zivilprozessrechts, FS Nagel, 1987, S. 352 ff. (371); differenzierned Schack IZVR, Rdn. 753. 35 3865 3 Vgl. Schütze FS Beys, 2003, S. 1501 ff. (1511 ff.); ders DIZPR, Rdn. 400. 3866 436 Vgl. dazu für viele Geimer IZPR, Rdn. 2776 ff.; Müller Zum Begriff der „Anerkennung“ von Urteilen in § 328 ZPO, ZZP 79 (1976), 199 ff. (203 ff.); Riezler IZPR, S. 520 f.; Schütze DIZPR, Rdn. 399.
3867 537 Vgl. BGH IPRax 2001, 457. 3868 638 Vgl. Schütze IPRax 2001, 441 ff. 3869 739 Vgl. BGH NJW 1961, 124 (englische Rechtshängigkeit im Scheidungsprozess nicht beachtet); BGH NJW 1983, 1269 (italienische Rechtshängigkeit im Scheidungsverfahren nicht berücksichtigt); BGH NJW 1986 (unzumutbare Dauer türkischen Verfahrens verneint); OLG Düsseldorf, IPRax 1986 (unzumutbare Verzögerung verneint); zustimmend MünchKomm/Lüke 2. Aufl., § 261, Rdn. 79; Zöller/Greger § 261, Rdn. 3. 3870 840 BGH NJW 1961, 124.
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sprechung des BGH wohl in erster Linie als ehefrauenfreundlich in Scheidungsprozessen dar. Die Lehre von der überlangen Prozessdauer als Hinderungsgrund für die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit soll lediglich grobe Schwächen der h.L. beseitigen. Wenn man aber von der Anerkennungsfähigkeit als Kriterium für die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit ausgeht, dann muss man konsequent sein. Denn durch das Unzumutbarkeitskriterium bringt man ein weiteres Unsicherheitsmoment. Schumann ist deshalb zu Recht kritisch gegenüber der Rechtsprechung41
III. Europäisches Recht 1. EuGVÜ
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Schrifttum: EuGVÜ (zugleich LugÜ) Albrecht Artikel 21 EuGVÜ und die Entwicklung des einstweiligen Rechtsschutzes in England seit 1988, IPRax 1992, 184 ff.; Bernheim Rechtshängigkeit und in Zusammenhang stehende Verfahren nach dem LugÜ, schweizJZ 1994, 133 ff.; Berti Gedanken zur Klageerhebung vor schweizerischen Gerichten nach Artikel 21 − 23 des Lugano-Übereinkommens, FS Walder, 1994, S. 307 ff.; Blackburn Lis alibi pendens and forum non conveniens in collision actions after the Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982, Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly 1988, 91 ff.; Gaedke Konkurrenz inländischere und ausländischer Verfahren − Tatbestand und Rechtsfolgen der internationalen Streitanhängigkeit nach dem LGVÜ, öJZ 1997, 286 ff.; Geimer Beachtung ausländischer Verfahren und Justizgewährungsanspruch, NJW 1984, 527 ff.; Isenburg-Epple Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit nach dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen vom 27.9.1968, Diss. Heidelberg, 1991; Leipold Internationale Rechtshängigkeit, Streitgegenstand und Rechtsschutzinteresse − Europäisches und Deutsches Zivilprozessrecht im Vergleich, GS Arens, 1993, S. 227 ff.; Otte Zur Einrede der Rechtshängigkeit bei negativer Feststellungsklage (Art. 31 CIM, Art. 21 EuGVÜ bzw Art. 27 EuGVVO), zugleich Anm. zu zwei Entscheidungen des BGH vom 20.11.2004 (I ZR 294/02, TranspR 2004, 77 und I ZR 102/02, TranspR 2004, 79), TranspR 2004, 347 ff.; Pa˚lsson Lis pendens under the Brussels and Lugano Convention, FS Strömholm, 1997, S. 709 ff.; Prütting Die Rechtshängigkeit im internationalen Zivilprozessrecht und der Begriff des Streitgegenstandes nach Art. 21 EuGVÜ, GS Lüderitz, 2000, S. 623 ff.; Rauscher Rechtshängigkeit nach dem EuGVÜ, IPRax 1985, 317 ff.; Rauscher/Gutknecht Teleologische Grenzen des Art. 21 EuGVÜ, IPRax 1993, 21 ff.; Schütze Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens nach dem EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, RIW/AWD 1975, 78 ff.; Schwander Ausländische Rechtshängigkeit nach IPR-Gesetz und Lugano-Übereinkommen, FS Vogel, 1991, S. 395 ff.; Stafyla Die Rechtshängigkeit des EuGVÜ nach der Rechtsprechung des EuGH und der englischen, französischen und deutschen Gerichte, 1998; Tiefenthaler Die Streitanhängigkeit nach Art. 21 Lugano-Übereinkommen, ZfRV 1997, 67 ff.; Walter Ausländische Rechtshängigkeit und Konnexität nach altem und neuen Lugano-Übereinkommen, in: Spühler (Herausg.), Internationales Zivilprozessund Verfahrensrecht II, 2003, S. 127 ff.; Wittibschlager Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1994; Wolf Rechtshängigkeit und Verfahrenskonnexität nach 3871 141 Vgl. Schumann IPRax 1986, 14 f.; ders FS Kralik,
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1986, 3101 ff. (310).
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Anh. zu § 261 EuGVÜ, EuZW 1995, 365 ff.; Zeuner Zum Verhältnis zwischen internationaler Rechtshängigkeit nach Art. 21 EuGVÜ und Rechtshängigkeit nach den Regeln der ZPO, FS Lüke, 1997, S. 1003 ff. Das EuGVÜ hat zwar − neben immer seltener werden Altfällen − heute keine Bedeutung mehr seitdem es auch Verhältnis zu Dänemark mit Wirkung vom 1.7.2007 durch ein Abkommen Dänemarks mit der EU über die Anwendung der EUGVVO ersetzt worden ist42. Die inhaltsgleiche Regelung internationaler Rechtshängigkeit im LugÜ belässt dem EuGVÜ aber auch weiterhin seine praktische Wichtigkeit. Überdies können Rechtsprechung und Schrifttum zu Art. 21 EuGVÜ/LugÜ zur Auslegung von Art. 27 EuGVVO dienen. Nach Art. 21 EuGVÜ43 hat sich bei gleichzeitiger Rechtshängigkeit vor Gerichten der Mitgliedstaaten das später angerufene Gericht für unzuständig zu erklären, zumindest aber die Entscheidung in der Sache auszusetzen. Der für die Bestimmung der Priorität maßgebliche Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit bestimmt sich − dieses ist der Schwachpunkt der Regelung − nach dem nationalen Recht des jeweils angerufenen Gerichts44. Die Verpflichtung zur Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit entfällt − mangels Priorität eines Verfahrens – bei gleichzeitig eintretretender Rechtshängigkeit vor Gerichten der Mitgliedstaaten45. Eine positive Anerkennungsprognose ist −anders als nach autonomem deutschen Recht − weder notwendig noch zulässig46 Bei der Bestimmung der Identität des Streitgegenstandes legt der EuGH einen weiten Verfahrensgegenstandsbegriff zu Grunde47. Nach der „Kernpunkttheorie“ des EuGH kommt es nicht auf den Klagantrag an, sondern darauf, ob der „Kernpunkt“ beider Verfahren der Gleiche ist. In der Tatry-Entscheidung48 hat der EuGH den Streitgegenstand der Leistungsklage und der negativen Feststellungsklage (wegen Nichtbestehens eben dieser Leistungsverpflichtung) als identisch angesehen, ohne das Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage bei konkurrierender Leistungsklage zu verneinen. 3872 142 Dänemark beteiligt sich nicht an den Maßnahmen nach Artt. 61 ff. EGV. Die EU-Regelung ist aber mittels eines völkerrechtlichen Vertrages auf Dänemark ausgedehnt worden (ABl. EU 2005, L 299/62). Vgl. zur Problematik der Anwendung des EuGVVO in Dänemark Jayme/Kohler Hegemonialgesten auf dem Weg zu einer Gesamtvereinheitlichung, IPRax 2005, 481 ff. (485 f.). Das Dänemark-Abkommen erfordert kleinere Änderungen am AVAG. Diese sind am 1.7.2007 zeitgleich mit dem Dänemark-Abkommen in Kraft getreten. 3873 243 Vgl. für den Text Bd. VI sub 3 c aa, S. 759. 3874 344 Vgl EuGH Rs. 129/83 − Zelger v. Salinitri II − EuGHE 1984, 2397 = RIW 737 mit Anm. Linke = IPRax 1084, 336 mit Besprechungsaufsatz Rauscher ebenda 317 ff. 3875 445 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 27, Rdn. 25; Otte Umfassende Streitentscheidung durch Beachtung von Sachzusanmmenhängen − Gerechtigkeit durch Verfahrensabstimmung?, 1998, S. 377. 3876 546 Vgl. EuGH Rs. C-351/89 − Overseas Union Insurance Ltd. v. New Hampshire Insurance Co. −
EuGHE 1991, 3317 = NJW 1992, 3221 = IPRax 1993, 34 mit Besprechungsaufsatz Rauscher/ Gutknecht ebenda, 21 ff. = EuZW 1992, 734; BGH NJW 1995, 1758 = EuZW 1995, 375 mit Anm. Geimer = IPRax 1996, 192 mit Besprechungsaufsatz Hau ebenda, 177 ff.; OLG Frankfurt/Main, IPRax 2002, 515; Geimer/Schütze EuZVR, A1. Art. 27, Rdn. 16. 3877 647 Vgl. EuGH Rs. 144/86 − Gubisch v. Palumbo − EuGHE 1987, 4861 = NJW 1989, 665 = RIW 1988, 818; Rs. C-406/92 − The owner of the cargo lately laden on board the ship Tatry v. The owners of the ship Maciej rataj − EuGHE 1994 I, 5439 =EuZW 1995, 309 mit Anm. Wolf ebenda 365 ff. = JZ 1995, 616 mit Anm. Huber ebenda 603 ff. = EWS 1995, 413 mit Anm. Lenenbach ebenda 361 ff.; weiter BGH NJW 1995, 1758 = RIW 1995, 413; weitere Nachweise bei Geimer/ Schütze EuZVR, Art. 27, Rdn. 30, FN 48. 48 3878 7 Vgl. EuGH Rs C-406/92 − The owner of the cargo lately laden on board the ship Tatry v. The owners of the ship Maciej rataj − EuGHE 1994 I, 5439.
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2. VO (EG) Nr. 44/2001(EuGVVO)
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Schrifttum: Hess Lis Pendens and Related Actions, European Journal of Law Reform, 4 ((2002), 57 ff.; Goebel Europäische Rechtshängigkeit und zivilprozessuales Rechtsmittelrecht nach der ZPO-Reform 2002, ZZPInt 7 (2002), 39 ff.; Lupoi The New Lis Pendens Provisions in the Brussels I and II Regulations, ZZPInt 7 (2002), 149 ff.; Makridou The institutions of Lis Pendens and Related Actions according to Regulation 44/2001 (Brussels I), FS Beys 2003, S. 941 ff.; Nieroba Die europäische Rechtshängigkeit nach der EuGVVO an der Schnittstelle zum nationalen Zivilprozessrecht, 2006; Schilling Internationale Rechtshängigkeit vs. Entscheidung binnen angemessener Frist − Zum Zusammenhang von Art. 6 I EMRK, Art. 307 EGV und Art. 27 EuGVV, IPRax 2004, 294 ff.; Schütze Lis Pendens and Related Actions, European Journal of Law Reform 4 (2002), 57 ff.; Walter Lis Alibi Pendens and Forum non Conveniens: From Confrontation via Coordination to Collaboration, European Journal of Law Reform 4 (2002), 69 ff. Nach Art. 27 EuGVVO49 hat das später angerufene Gericht das Verfahren auszusetzen, bis die Zuständigkeit oder Unzuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Bejaht das zuerst angerufene Gericht seine Zuständigkeit, dann erklärt sich das später angerufene Gericht für unzuständig. Eine positive Anerkennungsprognose ist weder erforderlich noch zulässig. Die Rechtslage entspricht insoweit der nach Art. 21 EuGVÜ/LugÜ. Den Fehler der Qualifizierung des Eintritts der Rechtshängigkeit nach den jeweiligen nationalen Rechten, der zu einem Windhundrennen führte, hat das EuGVVO nicht übernommen. Es wird nicht mehr auf die Rechtshängigkeit im eigentlichen Sinne, sondern die Anhängigkeit abgestellt. Um Interpretationsschwierigkeiten auszuschließen, definiert Art. 30 EuGVVO den Begriff der Anhängigkeit. Danach tritt Anhängigkeit ein durch Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks oder eines gleichwertigen Schriftstücks bei Gericht. Die Wirkung der Anhängigkeit endet jedoch, wenn der Kläger ihm obliegende Maßnahmen nicht rechtzeitig trifft, um die Zustellung des Schriftstücks an den Beklagten zu bewirken. Nach deutschem Recht muss der Kläger binnen zwei Wochen den Gerichtskostenvorschuss einzahlen50, da die Zustellung davon abhängig ist, § 12 GKG. Der Kläger kann jedoch die Aufforderung des Gerichts abwarten51. Die zweite Alternative des Art. 30 EuGVVO betrifft die Klageerhebung nach französischem Recht und dem anderer romanischer Rechtsordnungen. Hier erfolgt − zumindest für einige Formen der Klageerhebung − die Zustellung (assignation) vor Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei Gericht52. In diesen Fällen muss der Kläger unmittelbar nach Zustellung die Klageeinreichung bewirken. Auch im Bereich der EuGVVO ist die „Kernpunkttheorie“ des EuGH53 anwendbar54. Die überlange Verfahrensdauer bei dem zuerst angerufenen Gericht rechtfertigt − jedenfalls nach der Ansicht des EuGH55 – nicht eine Nichtberücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit56. 3879 149 Vgl. für den Text, Bd. VI, sub 2,a,aa, S. 138 ff. 3880 250 Vgl. BGH NJW 1986, 1347; KG VersR 1994, 922. 3881 351 Vgl. auch BGH NJW 1986, 1347; 1993, 2811. 3882 452 Vgl. hierzu Buschmann Rechthängigkeit im Ausland als Verfahrenshindernis unter besonderer Berücksichtigung der Klageerhebung im französischen Zivilprozess, 1996, S. 111 ff. 53 3883 5 Vgl. dazu auch Wernecke Die Einheitlichkeit des
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europäischen und des nationalen Begriffs vom Streitgegenstand, 2003. 3884 654 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 27, Rdn. 30 ff.; Kropholler EuZPR., Art. 27 Rdn. 6 ff.; Rauscher/Leible EuZPR Art. 27 Brüssel I-VO, Rdn. 8 ff. 3885 755 Vgl. EuGH Rs. C-116/03 −Gasser v. MISAT, RIW 2004, 289 = IPRax 2004, 243.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Anh. zu § 261 Ungeregelt ist der Fall der gleichzeitig eintretenden Rechtshängigkeit (Anhängigkeit).In diesem Fall besteht keine Verpflichtung, das eigene Verfahren auszusetzen57
IV. Staatsvertragliche Regelungen Die Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands sehen die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit regelmäßig bei positiver Anerkennungsprognose vor. LugÜ58: Die Regelung in Art. 21 ist mit der in Art. 21 EuGVÜ identisch (vgl. Rdn. 15 ff.) Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge: Nach Art. 11 deutschitalienisches Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen (durch EuGVÜ und EuGVVO weitgehend obsolet)59, Art. 17 deutsch-österreichischer Anerkennungsund Vollstreckungsvertrag (durch LugÜ, EuGVÜ und EuGVVO weitgehend obsolet)60, Art. 15 deutsch-belgisches Vollstreckungsabkommen (durch EuGVÜ und EuGVVO weitgehend obsolet)61, Art. 18 deutsch-griechischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag (durch EuGVÜ und EuGVVO weitgehend obsolet)62, Art. 18 deutsch-niederländischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag (durch EuGVÜ und EuGVVO weitgehend obsolet)63, Art. 44 deutsch-tunesischer Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag64, Art. 21 deutsch-norwegischer Anerkennungsund Vollstreckungsvertrag (durch LugÜ weitgehend obsolet)65, Art. 22 deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag66 und Art. 21 deutsch-spanischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag (durch EuGVÜ und EuGVVO weitgehend obsolet)67 ist die ausländische Rechtshängigkeit bei positiver Anerkennungsprognose zu berücksichtigen. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Erfordernisse und Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit dieselben Grundsätze wie im autonomen deutschen Recht.
3886 156 Vgl. dazu Schilling IPRax 2004, 294 ff. 3887 257 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 27, Rdn. 25; Otte Umfassende Streitentscheidung durch Beachtung von Sachzusammenhängen − Gerechtigkeit durch Verfahrensabstimmung?, 1998, S. 388. 58 3888 3 Vgl. Bd. VI sub 3, c, bb, S. 1049. 59 3889 4 Vgl. dazu Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I,2, 1984, S. 1658 ff. 3890 560 Vgl. Deutsche Denkschrift zu dem Vertrag, BTDrucks. III Nr. 1419, S. 15; Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. II, 1971, S. 171 f. 61 3891 6 Vgl. dazu Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. II, 1971, S. 321 3892 762 Vgl. dazu Pouliades Die Bedeutung des deutschgriechischen Vertrages vom 4.11.1961 für die Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in der griechischen Praxis, IPRax 1985, 356 ff.
3893 863 Vgl. dazu Ganske Der deutsch-niederländische Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag in Zivil- und Handelssachen vom 30.8.1962, AWD 1964, 248 ff. 64 3894 9 Vgl. Bd. VI sub3, d, aa, S. 1335 ; dazu Ganske Der deutsch-tunesische Rechtshilfe- und Vollstreckungsvertrag in Zivil- und Handelssachen vom 19.7.1966, AWD 1970, 145 ff. (154). 65 3895 10 Vgl. dazu Pirrung Zu den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen der Bundesrepublik Deutschland mit Israel und Norwegen, IPRax 1982, 130 ff. 66 3896 11 Vgl. Bd. VI sub 3, d, bb, S. S. 1392; dazu Pirrung Zu den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen der Bundesrepublik Deutschland mit Israel und Norwegen, IPRax 1982, 130 ff. 67 3897 12 Vgl. dazu Geimer/Schütze (Karl) Internationaler Rechtsverkehr, 663.20.
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V. Internationale Insolvenzrechtshängigkeit
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Auch im europäischen internationalen Insolvenzrecht kommt es zu positiven Kompetenzkonflikten, wenn die Gerichte mehrerer Staaten eine internationale Zuständigkeit für die Eröffnung des Hauptverfahrens annehmen, weil sie den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners i.S. von Art. 3 EuInsVO in ihrem Sprengel als belegen ansehen68. Im Gegensatz zu EuGVÜ, LugÜ (Art. 21) und EuGVVO (Art. 27) enthält die EuInsVO keine Regelung derartige positiver Kompetenzkonflikte über eine Bestimmung der Anerkennung ausländischer Insolvenzhängigkeit69. Das deutsche Recht hat sich auch hier für den Prioritätsgrundsatz entschieden. Nach Art. 102 § 3 S. 2 und § 4 EGInsO ist bei konkurrierenden Hauptverfahren das später eröffnete inländische Verfahren von Amts wegen einzustellen70.
VI. Exkurs: Internationale Konnexität
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Schrifttum: Banniza von Bazan Der Gerichtsstand des Sachzusammenhangs im EuGVÜ, dem LugÜ und dem deutschen Recht, 1995; di Blase Connessione e litispendenza nella Convenzione di Bruxelles, 1993; Geimer Fora connexitatis. Der Sachzusammenhang als Grundlage der internationalen Zuständigkeit, WM 1979, 350 ff.; ders. Entscheidungsharmonie in Europa per Entscheidungsstopp, IPRax 2001, 191 ff.; Hackspiel Berichtigende Auslegung von Art. 22 EuGVÜ durch die französische Cour de Cassation − ein nachahmenswertes Beispiel?, IPRax 1996, 214 ff.; Hau Zum Verhältnis von Art. 21 zu Art. 22 EuGVÜ, IPRax 1996, 177 ff.; Lüpfert Konnexität im EuGVÜ, 1997; Otte Umfassende Streitentscheidung durch Beachtung von Sachzusammenhängen − Gerechtigkeit durch Verfahrensabstimmung?, 1998; Roth Schranken der Aussetzung nach § 148 ZPO und Art. 28 EuGVO, FS Gerhardt, 2004, S. 747 ff.; Schütze Die Berücksichtigung der Konnexität nach dem EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, RIW/AWD 1975, 543 ff.; ders. Lis Pendens and Related Actions, European Journal of Law Reform 4 (2002), 57 ff.; Schütze/Kratzsch Aussetzung des Verfahrens wegen konnexer Verfahren nach Art. 22 EuGVÜ, RIW 2000, 939 ff.; Walter Lis Alibi Pendens und forum non conveniens: Von der Konfrontation über die Koordination zur Kooperation, FS Schumann, 2001, S. 559 ff.; Wolf Rechtshängigkeit und Verfahrenskonnexität nach EuGVÜ, EuZW 1995, 365 ff. Konnexe Verfahren sind nach der Legaldefinition des Art. 28 Abs. 3 EuGVVO Verfahren, die in eine Weise im Zusammenhang stehen, dass „zwischen ihnen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen können.“ Das Rechtsschutzziel der Berücksichtigung von Litispendenz und Konnexität ist das gleiche: Es sollen widersprechende Entscheidungen verhindert werden. Das deutsche autonome Recht kennt die Möglichkeit der Verbindung oder Aussetzung von im Zusammenhang stehenden Verfahren − anders als die romanischen Rechtsordnungen 3898 168 Vgl. für Nachweise Haubold Europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO), in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, S. 1427 ff., Art. 3 EuInsVO, Rdn. 46, Fn 120.
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3899 269 Vgl. jedoch Nr. 22 der Erwägungen zur EuInsVO, abgedruckt Bd. VI, S. 322 f. 3900 370 Vgl. im Einzelnen Haubold aaO. Art. 3 EuInsVO, Rdn. 76.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Anh. zu § 261 − nicht. Jedoch ist die Konnexität im Rahmen von EuGVÜ, LugÜ und EuGVVO zu berücksichtigen. 1. Erfordernisse der Berücksichtigung der Konnexität Erfordernis der Berücksichtigung ausländischer Konnexität nach Art. 22 EuGVÜ/ LugÜ und Art. 28 EuGVVO sind71: – Beide Verfahren müssen in den sachlichen Geltungsbereich der EuGVVO oder des jeweiligen Übereinkommens fallen. Ein Verfahren nach der EuInsVO begründet deshalb kein nach diesen Regelungen zu beachtende Konnexität72. – Die tatsächliche Grundlage beider Verfahren muss dieselbe sein. Ausreichend ist die Übereinstimmung beider Klageziele oder die Abhängigkeit beider Prozesse von derselben tatsächlichen Frage. Notwendig ist Identität des Lebenssachverhalts73. Kein Erfordernis der Berücksichtigung der Konnexität ist es, dass – der Wohnsitz des Beklagten im Anwendungsbereich der Konvention liegt74. – die Entscheidung des zuerst angerufenen Gerichts im Staat des später angerufenen Gerichts anerkennungsfähig sein wird75. Eine Anerkennungsprognose ist – ebenso wie bei der Berücksichtigung der Rechtshängigkeit nach europäischem Recht − weder erforderlich noch zulässig. Auch kann sie bei der Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt werden76. – das zuerst angerufene Gericht zuständig ist. Eine Zuständigkeitsprüfung ist hier − wie auch bei der Rechtshängigkeit und Anerkennung – nicht zulässig. Das gilt auch für sonst allenthalben im europäischen Recht für Verbraucher und andere angeblich schwächere Parteien enthaltene Privilegien bei der Zuständigkeitsprüfung. Im Rahmen der Konnexität haben Verbraucherprivilegien nicht zu suchen.
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2. Verfahren der Berücksichtigung der Konnexität a) EuGVÜ/LugÜ. Art. 22 EuGVÜ/LugÜ lässt bei konnexen Verfahren die Aussetzung bei dem später angerufenen Gericht zu. Dabei ist es nach dem Wortlaut der Bestimmung notwendig, dass beide Klagen im ersten Rechtszug anhängig sind. Diese Beschränkung beruht auf einem Redaktionsversehen77. Da Ansprüche auch in zweiter Instanz geltend gemacht werden können, wäre bei einer Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs von Art. 22 EuGVÜ/LugÜ Missbräuchen Tür und Tor geöffnet. Die Parteien könnten, um Art. 22 EuGVÜ/LugÜ zu umgehen, Ansprüche klagend oder widerklagend erst in zweiter Instanz geltend machen. Nachdem die französische Rechtsprechung78 und Literatur79 schon früh eine berichtigende Auslegung 3901 171 Vgl. im Einzelnen Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 28, Rdn. 5 ff. 3902 272 Vgl. OLG München, RIW 2002, 66. 3903 373 Vgl. EuGH Rs. C-406/92 − The owner of the cargo lately laden on board of the ship Tatry v. The owners of the ship Maciej rataj − EuGHE 1994 I 5439 = EWS 1995, 90: „...alle Fälle...in denen die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht, selbst wenn die Entscheidungen getrennt vollstreckt werden können und sich ihre Rechtsfolgen nicht gegenseitig ausschließen.“. Vgl. auch Schack IZVR, Rdn. 766; Schütze/Kratzsch RIW 2000, 939 ff. (940) mwN in FN 4.
3904 474 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 28, Rdn. 5. 3905 575 Vgl. Schack IZVR, Rdn. 766; Schütze/Kratzsch RIW 2000, 939 ff. (941 f.). 3906 676 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 409; aA OLG Frankfurt/Main, IPRax 2001, 227; Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 28, Rdn. 16; Lüpfert Konnexität im EUGVÜ, 1997, S. 142; Schack IZVR, Rdn. 766. 3907 777 Vgl. Schütze/Kratzsch RIW 2000, 939 ff. 3908 878 Vgl. Cour de Cassation, Bulletin des arreˆts de la Cour de Cassation − Chambres civiles − 1992 I
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§ 262
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
favorisiert hatten, hat sich dem dann schließlich auch das OLG Stuttgart80 in einer mutigen Entscheidung angeschlossen81.
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b) EuGVVO. Art. 28 EuGVVO hat das Redaktionsversehen der Konnexitätsregelung in EuGVÜ und LugÜ beseitigt und fordert keine Anhängigkeit im ersten Rechtszug mehr82. Hinsichtlich des Verfahrens ist zu differenzieren: – Sind die konnexen Verfahren in erster Instanz anhängig, so kann sich das später angerufene Gericht für unzuständig erklären, wenn das zuerst angerufene Gericht für alle Klagen zuständig (vgl. Rdn. 24) und eine Klagenverbindung nach der lex fori dieses Gerichts zulässig ist. Eine derartige Verbindungsmöglichkeit kennen u.a. das französische, belgische und luxemburgische Recht83, nicht jedoch das deutsche Recht. Deshalb kann der deutsche Richter sich zwar bei Schweben konnexer Verfahren vor einem französischen, belgischen oder luxemburgischen Gericht für unzuständig erklären, nicht jedoch umgekehrt. – In allen anderen Fällen kann das später angerufene Gericht das Verfahren aussetzen oder fortführen. Welche der Möglichkeiten es wählt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen84. Die Ermessenausübung ist vom Beschwerdegericht nachprüfbar85. 3. Kein Gerichtsstand des Sachzusammenhangs
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Die Berücksichtigung der Konnexität, die Artt. 22 EuGVÜ/LugÜ und Art. 28 EuGVVO vorschreiben, begründet keinen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs86. Die internationale Zuständigkeit muss für jede der konnexen Klagen gegeben sein, um zu einer Beachtung der Konnexität zu kommen. Hier kommt allerdings häufig Art. 6 Nr. 1 EuGVVO zur Anwendung.
§ 262 Sonstige Wirkungen der Rechtshängigkeit Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die sonstigen Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben unberührt. Diese Wirkungen sowie alle Wirkungen, die durch die Vorschriften des bürgerlichen Rechts an die Anstellung, Mitteilung oder gerichtliche Anmeldung der Klage, an die Ladung oder Einlassung des Beklagten geknüpft werden, treten unbeschadet der Vorschrift des § 167 mit der Erhebung der Klage ein. no. 263; dazu Hackspiel IPRax 1996, 214. 3909 179 Vgl. Gothot/Holleaux La convention de Bruxelles du 27 septembre 1968, 1985, Rdn. 225; Gaudemet-Tallon Les Conventions de Bruxelles et de Lugano, 1993, Rdn. 300; Huet Chronique de jurisprudence franc¸aise, Journal Clunet 1994, 167 ff. (171 f.). 3910 280 Vgl. OLG Stuttgart, RIW 2000, 954; dazu Schütze/Kratzsch RIW 2000, 939 ff. 81 3911 3 Gegen eine berichtigende Auslegung OLG Hamburg RIW 1998, 889. 3912 482 Vgl. dazu Schütze Lis Pendens and Related Actions, European Journal of law Reform 4 (2002), 57 ff.
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3913 583 Vgl. dazu Lüpfert Konnexität im EuGVÜ, 1997, S. 160. 84 3914 6 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A1, Art. 28, Rdn. 18; Lenenbach EWS 1995, 361 ff. (367); Schütze RIW/AWD 1975, 543 ff. (545). 3915 785 Vgl. Geimer IPRax 2001, 191 ff. (192). 3916 886 Vgl. EuGH Rs. 158/80 − Elefanten Schuh v. Jaqmain − EuGHE 1981, 1671 = RIW 1981, 709; EuGH Rs. C-106/95 − Re´union europe´enne v. Spliethoff’s Bevrachtingskantoor − EuGHE 1998 I 6511 = EuZW 199, 59; EuGH Rs. Rs. C- 420/97 − Leathertex Divisione Sintetici SpA. v. Bodetex BVBA − EuGHE 1999 I 6747 = RIW 1999, 953; Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 28 Rdn. 4 mwN in FN 7; Schack IZVR, Rdn. 768.
Schütze/Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 262
Schrifttum Arens Zur Verjährungsunterbrechung durch Klageerhebung, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 1990, S. 17; Henckel Die Grenzen der Verjährungsunterbrechung, JZ 1962, 335; Kussi Die privatrechtlichen Wirkungen des Prozeßbeginns, 1925; Merschformann Der Umfang der Verjährungsunterbrechung durch Klageerhebung, 1992; Schumann Die Relativität des Begriffes der Rechtshängigkeit, Festschrift für Gerhard Lüke, 1997, S. 767.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Materiellrechtliche Wirkungen . . 1. Eintritt der Wirkungen . . . . a) Anknüpfungspunkte . . . . b) Vorwirkung . . . . . . . . c) Wirksamkeit der Klage . . . 2. Wegfall der Wirkungen . . . . 3. Arten der Wirkungen . . . . . a) Rechtserhaltende Wirkung . b) Rechtsvermehrende Wirkung c) Rechtsstärkende Wirkung . .
. . . . . . . . . .
Rdn
1 2 3 3 4 5 7 8 9 10 11
d) Rechtsmindernde Wirkung . . e) Zeitpunktbestimmende Wirkung . . . . . . . . . . . . III. Einzelne Anwendungsfälle . . . 1. Hemmung der Verjährung . . . a) Voraussetzungen . . . . . . b) Umfang . . . . . . . . . 2. Prozesszinsen und Haftungsverschärfung . . . . . . . . . . a) Prozesszinsen . . . . . . . b) Haftungsverschärfung . . .
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. . . .
14 14 14 19
. . .
26 27 28
I. Gesetzesgeschichte Die Regelung des § 262 war ursprünglich in § 239 CPO von 18771 enthalten und wurde durch die Bekanntmachung 18982 inhaltsgleich zu § 267. Durch die Vereinfachungsnovelle 19763 wurde § 267 schließlich zu § 262.
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II. Materiellrechtliche Wirkungen Für die materiellrechtlichen Wirkungen, die insbesondere das BGB und das HGB an Vorgänge des Prozessrechts knüpfen, ist das materielle Recht maßgebend.4 Nach dem materiellen Recht ist zu beurteilen, inwieweit nur an den inländischen Prozess oder auch an Akte im Ausland anzuknüpfen ist.5 § 262 S. 2 erklärt einheitlich für die materiellrechtlichen Folgen den Zeitpunkt der Klageerhebung für maßgebend, auch wenn ältere Gesetze auf andere Zeitpunkte abstellen (vgl. Art. 55 ff. EGBGB).
2
1. Eintritt der Wirkungen a) Anknüpfungspunkte. Die materiellrechtlichen Folgen knüpfen in der Regel an die Erhebung der Klage (§§ 204, 939 Abs. 1 BGB) bzw die Stellung des Scheidungsantrags (§§ 1379 Abs. 2, 1384,6 1408 Abs. 2 S. 2, 19337, 2077 Abs. 1 BGB), an die Rechts1 13917 RGBl S. 83, 126. 2 23918 RGBl S. 410, 460. 3919 3 3 BGBl I S. 3281, 3283. 4 43920 Vgl. Kohler ZZP 29 (1901), 1, 3 f. 5 53921 RGZ 61, 390, 393 (Streitverkündung im Ausland); OLG Breslau OLGRspr 17, 324, 326 f.; OLG Hamburg OLGRspr 13, 45, 46 f.
6 63922 Für das Endvermögen bei der Berechnung des Zugewinns kommt es allein auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Verfahrens an, das schließlich zur Scheidung der Ehe geführt hat, BGH NJW 1979, 2099, 2100; bei Ruhen des Verfahrens und dessen Fortsetzung nach Jahren bleibt maßgeblicher Zeitpunkt die Zustellung des
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
hängigkeit (§§ 291 S. 1, 292, 528 Abs. 1 S. 3, 818 Abs. 4, 987, 989, 991 Abs. 1, 994 Abs. 2, 996, 1613 Abs. 2 Nr. 1, 2023 BGB) oder die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs (§§ 562b Abs. 2 S. 2, 801 Abs. 1 S. 3, 804 Abs. 1 S. 2, 864 Abs. 1, 977 S. 2, 1002 Abs. 1, 1188 Abs. 2 S. 2 BGB) an. Letztendlich handelt es sich grundsätzlich in allen Fällen um denselben Zeitpunkt – die Zustellung der Klage bzw der Antragsschrift8 –, da die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs in der Regel durch Erhebung einer Klage erfolgt und letztere die Rechtshängigkeit zur Folge hat (§ 261).9
4
b) Vorwirkung. Zu beachten ist aber in gewissen Fällen die Vorwirkung gem. §§ 167, 691 Abs. 2, 696 Abs. 3, 700 Abs. 2. Wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, wie z.B. gem. § 1408 Abs. 210 oder die Verjährung neu beginnen oder gem. § 204 BGB gehemmt werden soll,11 tritt die Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung unter der Voraussetzung ein, dass die Zustellung demnächst erfolgt (§ 167) bzw wenn innerhalb eines Monats seit der Zustellung der Zurückweisung des Antrags Klage eingereicht und diese demnächst zugestellt wird (§ 691 Abs. 2). Eine entsprechende Anwendung des § 167 auf andere materiellrechtliche Wirkungen der Klageerhebung lehnt der BGH ab.12 Im Mahnverfahren wird die Rechtshängigkeit auf die Zustellung des Mahnbescheids zurückbezogen, wenn die Streitsache alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben (§ 696 Abs. 3) bzw ein Vollstreckungsbescheid erlassen wird (§ 700 Abs. 2).
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c) Wirksamkeit der Klage. Die Zulässigkeit der Klage ist keine Voraussetzung für den Eintritt der materiellrechtlichen Wirkungen, sondern allein die Wirksamkeit der Klageerhebung13 oder des Mahnantrags.14 Demzufolge treten die materiellrechtlichen Wirkungen einer Klageerhebung, zu denen die Wahrung einer Ausschlussfrist oder die Hemmung eines Fristablaufs gehören, bei Klagen mit Mängeln, die die Wirksamkeit der Klageerhebung betreffen (vgl. § 253 Rdn. 174 ff.), wie z.B. die von einem Postulationsunfähigen oder ohne Unterschrift erhobene Klage, nicht bzw erst dann ein, wenn der Mangel geheilt worden ist.15 Sie führen lediglich zur Rechtshängigkeit mit ihren prozessualen Wirkungen, wenn die Klage dennoch zugestellt worden ist.
ursprünglichen Scheidungsantrags, BGH FamRZ 1983, 350. 3923 7 7 BGHZ 111, 329, 333 = NJW 1990, 2382 f. 8 13924 BGH NJW 1985, 315, 316 f. in Bezug auf § 1408 Abs. 2 BGB; BGHZ 111, 329, 331 ff. = NJW 1990, 2382 = JZ 1990, 1134 mit Anm. Battes/ Thofern in Bezug auf § 1933 BGB und § 2077 BGB; zu letzterem aA Schumann FS Lüke (1997), S. 767, 783 ff. (Lösung über § 270 Abs. 3 a.F. = § 167 n.F.). 9 23925 Schumann FS Lüke (1997), S. 767, 790 setzt die Begriffe Rechtshängigkeit und Klageerhebung gleich. 3926 310 BGH NJW 2005, 1194, 1195. 3927 411 Schumann FS Lüke (1997), S. 767, 777 bezeichnet dies als eine Korrektur der Rechtshängigkeitsfolgen durch Rückwirkung der Zustellung. 12 3928 5 BGHZ 111, 329, 333 = NJW 1990, 2382 f. = JZ 1990, 1134 mit Anm. Battes/Thofern in Bezug auf § 1933 BGB und § 2077 BGB; BayObLG NJWRR 1990, 517; aA Schumann FS Lüke (1997), S. 767, 786.
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3929 613 BGH NJW 1996, 2152, 2153; BGH MDR 1974, 388, 389. 14 3930 7 BGHZ 86, 313, 322 ff. (unzuständiges Mahngericht, fehlende Unterschrift des Mahnantrags). Dies folgt zwar nicht mehr, wie der BGH NJW 1996, 2152, 2153 argumentierte, aus § 212 Abs. 1 BGB a.F., dem zufolge die Verjährung auch dann unterbrochen worden ist, wenn die Klage unzulässig war, da diese Vorschrift durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl I S. 3138) zum 1.1.2002 aufgehoben worden ist. Es gilt § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, OLGR Koblenz 2005, 349, 350 f. (Verstoß gegen § 688 Abs. 2 Nr. 2); vgl. Bamberger/Roth/ Henrich BGB (1.10.2007) § 204 Rdn. 22; Erman/ Schmidt-Räntsch BGB12 (2008) § 204 Rdn. 13. Dagegen unterbricht (hemmt) der Mahnbescheid bei fehlender Individualisierung des Anspruchs gem. § 690 Abs. 1 Nr. 3 die Verjährung nicht, vgl. BGH NJW 2002, 520, 521; BGH NJW 2001, 305, 306 f.; BGH NJW 2000, 1420 f. 3931 815 BGH NJW-RR 1987, 322; BGHZ 90, 249, 252 f. = NJW 1984, 1559.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 262
Die Zustellung einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozessbevollmächtigten nicht unterschrieben worden ist, genügt den Erfordernissen für den Eintritt der materiellrechtlichen Wirkungen nicht.16 Ausschlussfristen werden jedoch grundsätzlich auch dann gewahrt, wenn die Klage beim unzuständigen Gericht17 oder beim Gericht des falschen Rechtswegs (vgl. § 17b Abs. 1 S. 2 GVG)18 erhoben wird (vgl. Vor § 253 Rdn. 120 und § 17b GVG Rdn. 4 f.). Bedenklich erscheint deshalb die Entscheidung des BGH, nach der im Anwaltsprozess die rechtzeitige Einreichung der ordnungsgemäßen Klage19 die Ausschlussfrist nicht wahrt, wenn das angegangene Gericht, anstatt die Klage zuzustellen und sie erst auf Verweisungsantrag des Klägers gem. § 281 an das zuständige Gericht abzugeben, diese sogleich an ein anderes Landgericht abgibt und die Klageschrift deshalb bei der erst von diesem veranlassten Zustellung nicht von einem bei ihm zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet ist.20 Ebenso reicht schon die Teilklage, um die Ausschlussfrist für den gesamten Leistungsanspruch zu wahren, wenn die eingeklagte Forderung ausdrücklich als Teilforderung bezeichnet wird21 oder sich dies aus den Gesamtumständen ergibt (anders bei Verjährungshemmung vgl. Rdn. 21).22
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2. Wegfall der Wirkungen Für den Wegfall der materiellrechtlichen Folgen der Klageerhebung findet sich lediglich eine Regelung bei der Verjährung. Gem. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB endet die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung unabhängig davon, ob ein Prozess- oder Sachurteil vorliegt. Dasselbe gilt für die anderweitige Beendigung des Verfahrens, etwa durch Klagerücknahme23, beiderseitige Erledigungserklärung oder Prozessvergleich.24 Betreiben die Parteien das Verfahren nicht weiter und gerät dieses in Stillstand, dann tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle (§ 204 Abs. 2 S. 2 BGB). Inwieweit diese Vorschriften auch in anderen Fällen anwendbar sind, ist von Einzelfall zu Einzelfall nach dem materiellen Recht zu entscheiden.25
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3. Arten der Wirkungen Die privatrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit sind entweder rechtserhaltende, rechtsvermehrende, rechtsverstärkende, rechtsmindernde oder einen Zeitpunkt bestimmende. All diese Wirkungen treten nur in Bezug auf den Streitgegenstand ein. 3932 116 BGHZ 76, 223, 227 = NJW 1980, 1460, 1461 (für die Verjährung); vgl. BGH NJW 1952, 934. 17 3933 2 BGHZ 34, 230, 235 = NJW 1961, 1014, 1016; BGH NJW 1978, 1583, 1584. 3934 318 OLG Dresden VersR 2003, 93; MünchKomm/ Zimmermann § 17b GVG Rdn. 7; Staudinger/ Peters BGB (2004) § 204 Rdn. 27 (Eintritt der Verjährungshemmung). 19 3935 4 Es ging um die Ausschlussfrist des § 41 Abs. 1 S. 1 KO bei einer Anfechtungsklage (nach der InsO nicht mehr Ausschlussfrist, sondern Anfechtungsanspruch, der der Verjährung unterliegt, § 146 Abs. 1 InsO). 3936 520 BGHZ 90, 249, 252 ff. = NJW 1984, 1559, 1560 noch zu § 41 Abs. 1 S. 1 KO.
3937 621 BGH NJW-RR 2001, 1244, 1245; BGH NJW-RR 2001, 525, 526; BGH NJW 1969, 696. 22 3938 7 BGH NJW-RR 2001, 1244 (obwohl die Entscheidung die materielle Ausschlussfrist betrifft, kann für prozessuale Ausschlussfristen nichts Abweichendes gelten); BGH NJW-RR 1991, 736. 3939 823 BT-Drucks. 14/6040, S. 118. 3940 924 Staudinger/Peters BGB (2004) § 204 Rdn. 146; Erman/Schmidt-Räntsch BGB12 (2008) § 204 Rdn. 40; Palandt/Heinrichs BGB67 (2008) § 204 Rdn. 34; Bamberger/Roth/Henrich BGB (1.10.2007) § 204 Rdn. 49. 25 3941 10 Gegen eine entsprechende Anwendung auf Ausschlussfristen RG JW 1910, 244, 245 (Versicherungsforderung); RGZ 88, 294, 295 f. (§ 41 KO) noch zu § 212 BGB a.F.
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a) Rechtserhaltende Wirkung. Rechtserhaltende Wirkung haben die Hemmung der Verjährung (§§ 204, 209 BGB), der Ersitzung (§ 939 BGB) und vielfältige Ausschlussfristen (§§ 562b Abs. 2 S. 2, 581 Abs. 2, 801 Abs. 1 S. 3, 804 Abs. 1 S. 2, 864 Abs. 1, 977 S. 2, 1002 Abs. 1, 1188 Abs. 2 S. 2, 1317 Abs. 1 S. 1, 1965 Abs. 2 BGB, §§ 441 Abs. 3, 612 Abs. 2, 623 Abs. 2 HGB, § 12 Abs. 3 S. 1 VVG a.F.).
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b) Rechtsvermehrende Wirkung. Zu einer Rechtsvermehrung führen die Entstehung des Anspruchs auf die Prozesszinsen (§ 291 BGB) und die Haftungsverschärfung auf Seiten des Schuldners (§§ 292, 818 Abs. 4, 987, 989, 991, 994 Abs. 2, 996, 2023 BGB). Allerdings kommt es zu einer Haftungssteigerung als Folge der Klageerhebung nur im Fall der Leistungsklage.26
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c) Rechtsstärkende Wirkung. Rechtsstärkend wirkt die Möglichkeit, Unterhalt für die Vergangenheit zu fordern (§§ 1613, 528 BGB). Die Übertragbarkeit und Vererblichkeit von Ansprüchen ist durch die Aufhebung von § 1300 Abs. 2 und § 847 Abs. 1 S. 2 BGB obsolet.
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d) Rechtsmindernde Wirkung. Die rechtsmindernde Wirkung besteht im Ausschluss und der Beschränkung von Rechten (§§ 1408 Abs. 2 S. 2, 1587 Abs. 2, 1933, 2077 Abs. 1 S. 3 BGB) sowie der Pfändbarkeit des Anspruchs des Schenkers gem. § 528 BGB und des Pflichtteilsanspruchs gem. § 2303 BGB (§ 852).
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e) Zeitpunktbestimmende Wirkung. Eine weitere Wirkung der Rechtshängigkeit liegt darin, dass sie bestimmte Zeitpunkte festlegt, z.B. für die Berechnung des Zugewinns (§ 1384 BGB), für das Ende der Ehezeit (§ 1587 Abs. 2 BGB) oder für die Vermögenslage der Gesellschaft (§ 140 Abs. 2 HGB).27
III. Einzelne Anwendungsfälle 1. Hemmung der Verjährung
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a) Voraussetzungen. Die Hemmung der Verjährung ist Folge der Erhebung einer Klage auf Leistung, auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Eine Hemmung der Verjährung wird jedoch nur durch eine positive Feststellungsklage herbeigeführt. Dagegen hemmt weder die Erhebung einer negativen Feststellungsklage noch die Verteidigung des Berechtigten gegen sie bzw der Klageabweisungsantrag die Verjährung des mit dieser Klage geleugneten Anspruchs, da § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (§ 209 BGB a.F.) ein aktives Betreiben der Ansprüche durch den Berechtigten erfordert.28 Aus diesem Grund steht der Erhebung einer positiven Feststellungsklage zur 3942 126 BGH NJW 1998, 2433, 2434; BGHZ 118, 383, 390 = NJW 1992, 2415, 2417; vgl. BGHZ 93, 183, 185 ff. = NJW 1985, 1074 ff. (für die negative Feststellungsklage); Stein/Jonas/Schumann21 § 256 Rdn. 114; MünchKommBGB4/Lieb (2004) § 818 Rdn. 149; Staudinger/Lorenz BGB (2007) § 818 Rdn. 49; Staudinger/Gursky BGB (2005) § 987 Rdn. 2; vgl. Hellwig Lehrbuch Bd. 3, § 172 III 1 (S. 288); aA OLG München FamRZ 1983, 1043 (Rechtshängigkeit einer Feststellungsklage reicht) und dem folgend OLG Hamm FamRZ 1984, 297, 298. 3943 227 Musielak/Foerste Rdn. 1.
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3944 328 BGHZ 122, 287, 293 = NJW 1993, 1847, 1848; BGHZ 72, 23, 28 ff. = NJW 1978, 1975, 1976; BGH NJW 1972, 157, 159; BGH NJW 1972, 1043; BGH VersR 1963, 955, 957; BGH LM Nr. 12 zu § 209 BGB; RGZ 153, 375, 380 f.; RGZ 90, 290, 292; RGZ 75, 302, 305; RGZ 71, 68, 73; RGZ 60, 387, 391; Graf Feststellungsklage und Verjährungsunterbrechung (1989), S. 5 ff., 11; aA OLG Schleswig NJW 1976, 970 ff. (analoge Anwendung des § 209 BGB a.F.); Baltzer S. 162 ff.; Bettermann ZZP 77 (1964), 311, 312 f., nach dessen Ansicht der Sachabweisungsantrag des Beklagten gegenüber einer negativen Feststellungs-
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Hemmung der Verjährung die Rechtshängigkeit einer zuvor erhobenen negativen Feststellungsklage nicht entgegen.29 Allerdings entfällt dann das Feststellungsinteresse für die vorher erhobene negative Feststellungsklage (vgl. § 256 Rdn. 289).30 Die Verjährung wird auch durch die hilfsweise Geltendmachung eines Anspruchs, der auflösend bedingt rechtshängig wird, gehemmt.31 Tritt die auflösende Bedingung ein, kommt § 204 Abs. 2 BGB zur Anwendung mit der Folge, dass die Hemmung sechs Monate nach Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet.32 Besonderheiten ergeben sich für die Klage auf künftige Leistung. Die Klageerhebung erfolgt vor Beginn der Verjährungsfrist, die erst mit Entstehung des Anspruchs und deshalb erst mit Fälligkeit des Anspruchs (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) zu laufen beginnt.33 Dies gilt selbst dann, wenn der Anspruch rechtskräftig festgestellt wird (vgl. §§ 197 Abs. 1 Nr. 3, 201 S. 1 BGB). Dementsprechend kann im Zeitpunkt der Klageerhebung auch noch keine Hemmung eintreten.34 Die Verjährung wird deshalb erst in dem Zeitpunkt gehemmt, in dem sie zu laufen beginnt, also mit Fälligkeit des Anspruchs.35 Erledigt sich eine Klage vor Fälligkeit, besteht somit auch für eine sechsmonatige Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 2 BGB kein Raum.36 Die Hemmung der Verjährung durch Klagen vor ausländischen Gerichten wird weitgehend anerkannt, wenn das ausländische Urteil die Voraussetzungen des § 328 erfüllt.37 Zwar ist die Klageerhebung Voraussetzung der Rechtshängigkeit. Dennoch ist der Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruchs ohne gleichzeitige Hemmung der Verjährung ebenso möglich wie umgekehrt die Hemmung der Verjährung ohne gleichzeitigen Eintritt der Rechtshängigkeit.38 Ersteres ist vor allem dann der Fall, wenn die Mängel der Klageerhebung die Wirksamkeit der Klage betreffen, denn nur eine wirkklage nicht eine bloße Rechtsverteidigung, sondern das Begehren enthält, ein eigenes Recht zuzuerkennen; Hinz FG Lübtow (1980), S. 729, 735 ff.; Gürich MDR 1980, 359, 360; Salomon LZ 1917 Sp. 1157. 29 3945 1 KG NJW 1961, 33; vgl. auch BGH NJW 1972, 1043; Macke NJW 1990, 1651; zum Ganzen auch Graf Feststellungsklage und Verjährungsunterbrechung (1989), S. 79 ff. 3946 230 Macke NJW 1990, 1651. 3947 331 BGH NJW 1968, 692, 693. 3948 432 Die von Oehlers NJW 1970, 845 f. behandelte Problematik der entsprechenden Anwendung des § 212 Abs. 1 und 2 BGB a.F. (BGH NJW 1968, 692, 693) ist mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 (BGBl I S. 3138) überholt, so auch MünchKommBGB5/Grothe (2007), Bd. 1, § 204 Rdn. 6. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 204 Abs. 2 BGB, der den Gläubiger auch bei Prozessabweisung und Klagerücknahme vor der Verjährung seines Anspruchs schützen soll, MünchKommBGB5/Grothe (2007), Bd. 1, § 204 Rdn. 2. 3949 533 BGHZ 113, 188, 193 = NJW 1991, 836; Palandt/ Heinrichs BGB67 (2008) § 199 Rdn. 3. 3950 634 AA Staudinger/Peters BGB (2004) § 204 Rdn. 38. 3951 735 BGH NJW 1969, 1164 (Zur Unterbrechung durch Zahlungsbefehl, § 201 BGB a.F.); vgl. auch
BGH NJW 1995, 3380, 3381; Bamberger/Roth/ Henrich BGB (1.10.2007) § 204 Rdn. 2. 3952 836 AA Staudinger/Peters BGB (2004) § 204 Rdn. 38 (Eintritt der Hemmung mit Klageerhebung). 3953 937 So bereits RGZ 129, 385, 389 f.; RG JW 1926, 374 f.; weitergehend OLG Breslau JW 1932, 3826 (auch wenn Anerkennung zu versagen ist); LG Deggendorf IPrax 1983, 125 (Urkundenprozess) mwN. 38 3954 10 RG DR 1939, 1914, 1915; Addicks MDR 1992, 331. Zudem enthält § 204 Abs. 1 BGB in Nr. 2 bis 14 zahlreiche Fälle von Prozesshandlungen, an die die Hemmung der Verjährung geknüpft ist, die die Rechtshängigkeit aber nicht herbeiführen. Auch historisch war es nicht gewollt, den Eintritt der Hemmung (früher: Unterbrechung) mit dem Eintritt der Rechtshängigkeit zu identifizieren; vgl. hierzu Begründung zum Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches bei Schubert Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches, BGB AT, Bd. 2, S. 360, 364; vgl. auch Merschformann S. 118, der die durch Klageerhebung herbeigeführte Verjährungsunterbrechung (heute Hemmung) nicht als unmittelbare Wirkung der Rechtshängigkeit, sondern als materielle Nebenwirkung eines prozessualen Tatbestands ansieht.
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sam erhobene Klage hemmt die Verjährung.39 Eine erhobene Klage ist wirksam, wenn sie den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 entspricht.40 Bei inhaltlichen Mängeln der Klageerhebung (§ 253 Abs. 2) unterscheidet der BGH dahingehend, ob die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, Alt. 1) fehlt,41 dann treten die materiellen Wirkungen der Rechtshängigkeit nicht und die Heilung erst ex nunc ein (vgl. § 253 Rdn. 196),42 oder ob es an der genügenden Bestimmtheit des Klageantrags43 mangelt, dann Heilung ex tunc (vgl. § 253 Rdn. 197 ff.), z.B. bei erst späterer Aufgliederung des Klageantrags auf die Einzelforderungen im Rahmen einer Teilklage.44 Eine nur unsubstantiierte Klage führt zur Verjährungshemmung.45 Auch eine unbezifferte Schmerzensgeldklage hat verjährungshemmende Wirkung, selbst wenn in der Klageschrift keine Tatsachen vorgetragen worden sind, die es dem Gericht ermöglicht hätten, die Höhe des Schmerzensgeldes festzusetzen; es genügt, wenn dies bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nachgeholt wird (vgl. § 261 Rdn. 19).46 Insoweit fehlt es nur an der Bestimmtheit des Klageantrags, nicht an der erforderlichen Individualisierung des Anspruchs. Nur die Klage des Berechtigten ist geeignet, die Verjährung zu hemmen.47 Berechtigt in diesem Sinn ist nicht nur der Rechtsträger, sondern auch der materiellrechtlich Verfügungsbefugte.48 Die mit Ermächtigung des Rechtsinhabers49 in Prozessstandschaft erhobene Klage eines Dritten hemmt ebenfalls die Verjährung,50 auch wenn die Prozessstandschaft mangels eigenen Rechtsschutzinteresses unzulässig ist.51 Während bei der Klage eines vollmachtlosen Vertreters bzw der Zustellung einer Klage des Berechtigten an einen vollmachtlosen Vertreter des Verpflichteten wegen der Rückwirkung gem. § 89 Abs. 2 die Verjährung gehemmt wird, wenn diesem Vertreter erst nach Ablauf der Verjährungsfrist Vollmacht erteilt wird,52 verneint der BGH eine solche Rückwirkung bei nachträglicher Ermächtigung jedenfalls dann, wenn der Kläger bei Klageerhebung nicht offen gelegt hat, dass er ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht.53 Daran ändert auch eine nach Eintritt der Verjährung erfolgte Abtre39 3955 11 BGH ZZP 82 (1969), 141; BGH NJW 1959, 1819; Vollkommer FS Lüke (1997), S. 865, 882. 40 3956 12 BGH NJW-RR 1989, 508. 3957 141 BGH NJW 2001, 305, 307; BGH NJW-RR 1989, 508; BGH NJW 1967, 2210, 2211; BGH NJW 1959, 1819; OLG Hamm VersR 2002, 1361, 1362. 42 3958 2 BGHZ 22, 254, 257 = NJW 1957, 263, 264; BGH LM Nr. 16 zu § 253 ZPO. 3959 343 Nicht das für den Streitgegenstand und den Vollstreckungstitel geltende Bestimmtheitserfordernis ist für die Frage der Verjährung entscheidend, sondern es ist darauf abzustellen, inwieweit der Schuldner erkennen konnte, welche Ansprüche der Gläubiger geltend gemacht hat, so Wolf FS Schumann (2001), S. 579, 585 f. entgegen BGH NJW 2001, 305. 3960 444 BGH NJW 1967, 2210, 2211; BGH NJW 1959, 1819 f., abl. Arens JuS 1964, 395 ff. (Verjährungsunterbrechung nur für die Zukunft) später aufgegeben in ZZP 82 (1969), 143, 149. Dies gilt allerdings nicht, wenn eine Klarstellung nicht mehr erfolgt, weil der Rechtsstreit rechtskräftig durch ein Urteil abgeschlossen ist, dessen materielle Reichweite aus den angegebenen Gründen nicht festgestellt werden kann, BGH NJW 1984, 2346, 2347 f.
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3961 545 BGH ZZP 82 (1969), 141, 142 mit Anm. Arens. 3962 646 LG Hamburg VersR 1979, 64; aA wohl BGH NJW 1974, 1551. 3963 747 BGHZ 78, 1, 4 = NJW 1980, 2461, 2462; BGH JZ 1958, 245, 246; BGHZ 25, 250, 259 f. = NJW 1957, 1838, 1839; RGZ 85, 424, 429. 48 3964 8 BGHZ 78, 1, 4 = NJW 1980, 2461, 2462; BGHZ 46, 221, 229 = NJW 1967, 568. 3965 949 Diese kann auch stillschweigend erteilt werden, BGHZ 25, 250, 259 f. = NJW 1957, 1838, 1839; bei einer offenen Sicherungszession ist der Zedent konkludent ermächtigt, auf Leistung an den Zessionar oder Feststellung der Leistungspflicht diesem gegenüber zu klagen, BGH NJW 1981, 678, 679; BGHZ 32, 67, 71 = NJW 1960, 958, 959; vgl. KG MDR 1975, 756. 50 3966 10 BGH NJW 1999, 2110, 2111 (auch bei stiller Zession); BGH JZ 1958, 245 mit Anm. Baur; BGH NJW 1957, 1838, 1839. 51 3967 11 BGHZ 78, 1, 5 = NJW 1980, 2461, 2462 im Anschluss an Baur JZ 1958, 246 f. 52 3968 12 RGZ 86, 245, 246. 53 3969 13 BGH JZ 1958, 245, 246 mit abl. Anm. Baur; BGH NJW 1972, 1580; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 8.
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tung der eingeklagten Forderung an den Kläger nichts mehr. Hemmung der Verjährung tritt ferner durch die Klageerhebung des Treugebers ein, auch wenn dieser Zahlung an sich selbst verlangt.54 b) Umfang. Eine Klage hemmt die Verjährung nur für die in der Klage geltend gemachten Ansprüche, für die der Streitgegenstand, bestimmt aus Klageantrag und Lebenssachverhalt, maßgebend ist.55 Die Klageerhebung hemmt die Verjährung nur insoweit, als der Anspruch durch die Klage der richterlichen Entscheidung unterstellt ist.56 Dabei werden grundsätzlich alle materiellrechtlichen Ansprüche, die den Klageantrag zu begründen vermögen, umfasst.57 Auf die rechtliche Begründung, die der Kläger vorträgt, kommt es nicht an. Kann die von ihm behauptete Rechtsfolge aus mehreren Anspruchsnormen hergeleitet werden, wird mit der Rechtshängigkeit der Klage auch die Verjährung der Ansprüche gehemmt, deren materiellrechtliche Anspruchsgrundlagen nicht ausdrücklich genannt worden sind.58 Bei einer auf Feststellung des entstandenen Schadens gerichteten Klage ist Streitgegenstand auch der Ersatz immaterieller Schäden, wenn es sich um einen Gesundheitsschaden handelt und nicht eine besondere Einschränkung getroffen worden ist.59 Deshalb wird mit einer Klage auf Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz „jeden weiteren Schadens“ verpflichtet ist, auch bezüglich der immateriellen Schäden die Verjährung gehemmt.60 Dagegen wird bei nachträglich auftretenden Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Kenntnis vom Gesamtschaden voraussehbar, aber nicht Gegenstand einer Feststellungsklage waren, die Verjährung der Schadensersatzansprüche nicht durch eine vorausgegangene, andere Schadensfolgen betreffende Leistungsklage gehemmt.61 Anders ist der Fall einer ziffern- und betragsmäßigen Anpassung des Klageantrags an die fortschreitende Schadensentwicklung bzw die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse zu beurteilen, da hier keine Veränderung des Streitgegenstands erfolgt.62 Bei einer Teilklage wird die Verjährung nur in Höhe des eingeklagten Teils gehemmt, selbst wenn sich der Kläger die Geltendmachung weiterer Ansprüche vorbehalten und den Anspruch in seinem gesamten Umfang begründet hat.63 Wird die Klage bezüglich der restlichen Teile nicht innerhalb der Verjährungsfrist erweitert, greift die Verjährungseinrede durch.64 Für die Verjährungshemmung ist bei einer Klageerweiterung der in § 261 Abs. 2 genannte Zeitpunkt maßgebend (§ 261 Rdn. 35 ff.).65 Werden Teilbeträge von selbständigen Einzelforderungen geltend gemacht, die erforderliche Aufgliederung aber erst später vorgenommen, so werden alle Einzelforderungen 54 3970 14 Vgl. BGH NJW 1999, 2110, 2111 (stille fiduziarische Zession); OLG Celle DB 1956, 592. 55 3971 1 BGH NJW-RR 1997, 1216; BGHZ 104, 6, 12 = NJW 1988, 1778, 1779; BGH NJW 1983, 388 f.; BGHZ 39, 287, 293 = NJW 1963, 1452; so im Grundsatz auch Merschformann S. 118; vgl. dazu auch Arens FS Schwab (1990), S. 17, 27 ff., der sich weiterhin für eine Bindung der Verjährungsunterbrechung (jetzt Hemmung) an den prozessualen Anspruch ausspricht. 56 3972 2 So schon in den Motiven zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1888), Bd. 1 Allgemeiner Theil S. 327. 3973 357 BGH NJW 1996, 117, 118; BGH NJW 1983, 2813. 3974 458 BGH NJW-RR 1996, 1409; BGH NJW 1983, 2813.
3975 559 BGH NJW 1985, 2022; BGH LM Nr. 3 zu § 847 BGB; RG HRR 1932 Nr. 122; RG Recht 1914 Nr. 2452. 60 3976 6 BGH NJW 1985, 2022. 61 3977 7 BGH NJW 1988, 965, 966; vgl. auch BGH VersR 1979, 1106, 1107. 3978 862 BGH NJW 1988, 965, 966; BGH MDR 1985, 132, 133; BGH NJW 1982, 1809, 1810; BGH NJW 1970, 1682; BGH LM Nr. 24 zu § 558 BGB; vgl. dazu Arens FS Schwab (1990), S. 17, 29, 31. 63 3979 9 BGH NJW 2002, 2167 f. (verdeckte Teilklage); BGH NJW-RR 1988, 692, 693; RGZ 93, 158, 160; RGZ 57, 372, 373, 375; RG JW 1912, 860 f. 64 3980 10 RGZ 65, 398, 399. 65 3981 11 RG SeuffArch 65, 376, 377.
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bis zur Höhe der Klagesumme mit der Folge der Hemmung der Verjährung rechtshängig.66 Die Klage gegen den Bürgen hemmt die Verjährung der Hauptforderung nicht.67 Dies gilt auch mangels Identität der Streitgegenstände bei erheblichen Unterschieden in der Rechtsträgerschaft und der rechtlichen Zuordnung der Ansprüche, wenn zunächst aus abgetretenem Recht von Miteigentümern an der Sache, später aus abgetretenem Recht des Alleineigentümers an den Erzeugnissen geklagt wird.68 Ausnahmsweise tritt trotz verschiedener Streitgegenstände eine Verjährungshemmung auch bezüglich derjenigen Ansprüche ein, die aus demselben Anspruchsgrund hergeleitet werden können und dem Gläubiger alternativ zur Wahl stehen69 oder an seiner Stelle gegeben sind. Dies folgt jetzt aus § 213 BGB n.F., der die früheren Regelungen im Kaufund Werkvertragsrecht (§§ 477 Abs. 3, 639 Abs. 1 BGB a.F.) zu einem allgemeinen Grundsatz erhoben hat.70 Bereits die ältere Literatur und Rechtsprechung haben sich hierfür ausgesprochen.71 So hemmt die Rechtshängigkeit des Anspruchs auf Kapitalabfindung auch die Verjährung des Anspruchs auf die Geldrente,72 ebenso hemmt die Zahlungsklage die Verjährung des Freistellungsanspruchs.73 Die Klage auf Herausgabe einer Sache führt ebenfalls zur Hemmung der Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen Unmöglichkeit der Herausgabe.74 Die Verjährung eines Anspruchs auf Mängelbeseitigung wird durch die Klage des Bestellers gegen den Unternehmer auf schlüsselfertige Fertigstellung des Gebäudes gehemmt.75 Dasselbe gilt für eine Klage auf Schadensersatz in Form der Naturalrestitution bezüglich des Schadensersatzes in Form eines Geldanspruchs.76 Auch einer wegen der Geldentwertung geltend gemachten Erhöhung der ursprünglich eingeklagten Rentenansprüche steht die Einrede der Verjährung nicht entgegen.77 Ebenso bewirkt die Erhebung der Wechselklage regelmäßig die Hemmung der Verjährung des Anspruchs aus dem Grundgeschäft.78 Dasselbe gilt bei Erhebung einer Klage, wenn der damit geltend gemachte Anspruch die Zahlung einer Geldschuld in ausländischer Währung zum Gegenstand hat und später lediglich in inländische Wäh66 3982 12 BGH NJW-RR 1988, 692, 693; BGH ZZP 82 (1969), 141, 142 mit Anm. Arens; BGH NJW 1959, 1819 f.; BGHZ 11, 192, 195 = NJW 1954, 757. 67 3983 1 BGHZ 76, 222, 225 = NJW 1980, 1460 f. 3984 268 BGH NJW 1996, 117, 118 f. 3985 369 Henckel JZ 1962, 335, 337; dagegen Arens FS Schwab (1990), S. 17, 27 ff., 31, da die Möglichkeit von Eventualanträgen besteht, wenn nicht sowieso von einem Streitgegenstand auszugehen ist; vgl. dazu Wolf FS Schumann (2001), S. 579, 586 ff., der eine Ausdehnung der Verjährungshemmung und Unterbrechung auf weitere Ansprüche für unbedenklich hält, solange sie sich gegen denselben Schuldner richten und dessen Vertrauensschutz nicht unterlaufen wird. 3986 470 MünchKommBGB5/Grothe (2006) Bd. 1a § 213 Rdn. 1. 3987 571 RGZ 77, 213, 215 f.; Henckel JZ 1962, 335, 337; vgl. dazu Merschformann S. 52, der darauf hinweist, dass es sich unabhängig davon, wie Geldrente und Kapitalabfindung materiellrechtlich zueinander stehen, grundsätzlich verfahrensrechtlich wegen der unterschiedlichen Anträge
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um zwei prozessuale Ansprüche handelt, vgl. auch BGH JR 1984, 501, 503 und § 260 Rdn. 6. 6 Vgl. BGH NJW 1985, 1152, 1154; RGZ 77, 213, 215 f. mit der Begründung, dass es sich hier nur um zwei verschiedene Formen der Befriedigung desselben Anspruchs handle; Henckel JZ 1962, 335, 337. 3989 773 BGH NJW 1985, 1152, 1154; vgl. aber Merschformann S. 54, der zu Recht (siehe § 263 Rdn. 23) beim Übergang vom Zahlungs- auf den Freistellungsanspruch von einer Änderung des Streitgegenstands ausgeht. 74 3990 8 RGZ 109, 234, 237 (Schadensersatz wegen Nichterfüllung ist derselbe Anspruch nur in veränderter Gestalt); Henckel JZ 1962, 335, 337. 3991 975 RG SeuffArch 79, 241; Henckel JZ 1962, 335, 337 f. 76 3992 10 Henckel JZ 1962, 335, 338. 77 3993 11 RGZ 108, 38, 40 (andere Art der ziffernmäßigen Berechnung desselben Anspruchs); RGZ 106, 184; RGZ 102, 143. 78 3994 12 OLG Köln VersR 2002, 627; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 11; Zöller/Greger Rdn. 3; Schaaff NJW 1986, 1029, 1030 f.; aA Henckel JZ 1962, 335, 338. 72 3988
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rung umgerechnet worden ist.79 Außerdem hemmt nach Auffassung des BGH eine auf § 2325 BGB gestützte Zahlungsklage die Verjährung des auf § 2329 BGB gegründeten Duldungsanspruchs.80 Die Verjährung von Amtshaftungsansprüchen, die sich aus dem amtspflichtwidrigen Erlass oder dem amtspflichtwidrigen Vollzug eines Verwaltungsakts herleiten, wird durch eine dagegen erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO), (Fortsetzungs-) Feststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO), Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO), die Einleitung eines Vorverfahrens, wie z.B. eines Widerspruchsverfahrens oder der klageweise Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gehemmt.81 Dagegen tritt durch Erhebung der Auskunftsklage keine Hemmung der Verjährung bezüglich des Hauptanspruchs ein. Dies kann nur durch eine Stufenklage erreicht werden (vgl. § 254 Rdn. 43).82 Allerdings hemmt diese die Verjährung des zunächst noch unbestimmten Leistungsanspruchs nur in der Höhe, in der dieser Anspruch nach Erfüllung der seiner Vorbereitung dienenden Hilfsansprüche beziffert wird.83 Ebenso wenig hemmt die Kündigungsschutzklage oder die Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses die Verjährung für die Lohn- und Gehaltsansprüche.84 2. Prozesszinsen und Haftungsverschärfung Die materiellrechtliche Folge der Haftungsverschärfung und der Anspruch auf Prozesszinsen knüpfen an die Rechtshängigkeit an. Da es in diesen Fällen auf die Kenntnis des Beklagten von der Klage ankommt, ist die Zustellung der Klage unumgänglich. Eine Vorwirkung, wie sie § 167 statuiert, ist hier mangels vorheriger Kenntnis nicht möglich.85 Die Rückbeziehung der Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids gem. §§ 696 Abs. 3, 700 greift dagegen, weil der Schuldner ab diesem Zeitpunkt Kenntnis besitzt. Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit kann auch kraft Fiktion gem. §§ 302 Abs. 4 S. 4 (Vorbehaltsurteil), 600 Abs. 2 (Nachverfahren), 717 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 4 (Wirkungen eines aufhebenden oder abändernden Urteils) vorverlegt werden. 79 3995 13 BGHZ 104, 268, 274 f. = NJW 1988, 1964; BGH NJW-RR 1990, 183, 184 (für die Verjährungsunterbrechung durch Klage auf Zahlung in DM bei einer Geldschuld in ausländischer Währung). Dies gilt nicht für die Geldsortenschuld, so Hanisch IPRax 1989, 276, 278. 80 3996 1 BGH NJW 1974, 1327 f. (noch zur Unterbrechung) mit der Begründung, dass ein Unterschied zwischen diesen Ansprüchen zwar hinsichtlich der Art und Umfang der Haftung, nicht aber dem Grunde und der Natur nach bestehe und es sich in beiden Fällen um Ergänzungsansprüche handle; BGH NJW 1989, 2887, 2888; ebenso Staudinger/Olshausen BGB (2006) § 2329 Rdn. 41; MünchKommBGB4/Lange (2004) § 2329 Rdn. 5. 3997 281 BGHZ 103, 242, 247 = NJW 1988, 1776, 1777 f.; BGHZ 97, 97, 110 = NJW 1986, 2309, 2312; BGHZ 95, 238, 240 = NJW 1985, 2324 f. unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung. 3998 382 BGH NJW 1986, 2527; BAG DB 1971, 1776 = AP Nr. 15 zu § 9 ArbGG 1953; BGH NJW 1996, 1693; RGZ 115, 27, 29; Arens FS Schwab (1990), S. 17, 18 f., 30.
3999 483 BGH NJW 1992, 2563 f. 4000 584 BGH NZA 1992, 1025 ff. (ausführliche Auseinandersetzung mit anderen Lösungsvorschlägen); BAG NJW 1961, 1787, 1788; BAG NJW 1960, 838 f.; Henckel JZ 1962, 335, 338; Lüke NJW 1960, 1333, 1334, schlägt eine analoge Anwendung des § 202 BGB a.F. (§ 205 BGB n.F.) vor, zustimmend Arens FS Schwab (1990), S. 17, 30; Becker/Bader BB 1981, 1709, 1714 ff. verneinen eine analoge Anwendung des § 202 BGB a.F. und sprechen sich für eine analoge Anwendung des § 209 BGB a.F. (§ 204 Abs. 1 BGB n.F.) aus, so dass durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder einer auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichteten allgemeinen Feststellungsklage die Verjährung bezüglich solcher Ansprüche gehemmt wird, die in ihrem Bestand oder der Höhe nach von dem Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängen. 4001 685 Vgl. dazu Schumann FS Lüke (1997), S. 767, 775, der hier eine Übereinstimmung des Rechtshängigkeitsbegriffs in BGB und ZPO feststellt.
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a) Prozesszinsen. Da mit Rechtshängigkeit auch Verzug eintritt und der Gläubiger gem. § 288 BGB Anspruch auf Verzinsung hat, hat § 291 BGB lediglich in den Fällen, in denen kein vom Schuldner zu vertretender Umstand vorliegt, praktische Bedeutung.86 Der Anspruch muss durch Leistungsklage geltend gemacht werden. Während eine negative Feststellungsklage nicht genügt, ist diese Frage für die positive Feststellungsklage umstritten. Dies wird bejaht werden müssen, wenn die Feststellung des fälligen Anspruchs begehrt wird, allerdings wird es hier meist am Feststellungsinteresse mangeln, da insofern bereits eine Leistungsklage möglich ist.87 Hat der Kläger eine Klage auf künftige Leistung erhoben, besteht eine Verzinsungspflicht erst ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit.88
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b) Haftungsverschärfung. Die Haftungsverschärfung nach § 292 BGB gilt nur, wenn der Anspruch auf die Herausgabe eines bestimmten Gegenstands gerichtet ist. Deshalb kann eine Rückbeziehung der Rechtshängigkeit bei Vorbehaltsurteilen gem. § 302 Abs. 4 S. 3 und 4 und § 600 Abs. 2 nicht zur Haftungsverschärfung führen, da die Ersatzpflicht in einer Geldsumme besteht, so dass die Herausgabe eines bestimmten Gegenstands nicht denkbar ist.89 Für den Bereicherungsanspruch gem. § 717 Abs. 3 kommt dagegen eine Haftungsverschärfung in Betracht. Bei einer Klage auf künftige Leistung entsteht der Nutzungsherausgabeanspruch erst mit Fälligkeit des Herausgabeanspruchs. Dagegen ist für die Haftungsverschärfung und die Ersatzpflicht bezüglich der Verwendungen der Zeitpunkt der Klageerhebung entscheidend.90
§ 263 Klageänderung Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Schrifttum Baumgärtel Die Kriterien zur Abgrenzung von Parteiberichtigung und Parteiwechsel, Festschrift für Ludwig Schnorr v. Carolsfeld, 1973, S. 19; Bernreuther Die Klageänderung, JuS 1999, 478; J. Blomeyer Die Klageänderung und ihre prozessuale Behandlung, JuS 1970, 123 und 229; Bücking Kurzübersicht zur Parteiänderung, MDR 1973, 908; de Boor Zur Lehre vom Parteiwechsel und vom Parteibegriff, 1941; Burbulla Parteiberichtigung, Parteiwechsel und Verjährung, MDR 2007, 439; Festl Die Übernahme von Prozeßergebnissen bei Klageänderung und Parteiwechsel, 1969; Franz Der gewillkürte Parteiwechsel und seine Auswirkungen, 1968; ders. Zur Behandlung des gewillkürten Parteiwechsels im Prozeß, NJW 1972, 1743; ders. Zur Entscheidung über die Wirksamkeit des gewillkürten Parteiwechsels, MDR 1981, 977; Gaier Klageänderung bei Berufungseinlegung, NJW 2001, 3289; Gethmann Der Begriff der Sachdienlichkeit im Rahmen des § 264 ZPO, 1974; Gofferje´ Die gewillkürte Parteiänderung im Zivilprozeß, 1970; Groß Klageänderung und Klagerücknahme, 1959; ders. Zur Anwendung der Klageänderungs- und Klagerücknahmevorschriften auf den Parteiwechsel, ZZP 76 (1963), 200; ders. Klageänderung und Klagerücknahme, JR 1996, 357; Grunsky Die Veräußerung der streitbefangenen Sache, 1968; Heinrich Der gewillkürte Parteiwechsel, 1990; Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß, 1961; ders. Die Klagerücknahme als gestaltende Verfahrenshandlung, Festschrift für Eduard Bötticher, 1969, S. 173; Kisch Parteiänderung im Zivilprozeß, 1912; Kohler Die 4002 186 Kussi S. 19. 4003 287 So auch Kussi S. 20. 4004 388 Kussi S. 20.
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4005 489 Kussi S. 27. 4006 590 Kussi S. 27 f.
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§ 263
gewillkürte Parteiänderung, JuS 1993, 315; von Loeper Gewillkürte Parteiänderung und Umdeutung der Parteibezeichnung im Zivilprozeß, 1970 ; Nagel Der nicht (ausdrücklich) geregelte gewillkürte Parteiwechsel im Zivilprozess, 2005; Pawlowski Klageänderung und Klagerücknahme, Festschrift für Heinz Rowedder, 1994, S. 309; Pohle Gedanken zum gesetzlich nicht geregelten, gewillkürten Parteiwechsel, Festschrift für Charalambos N. Fragistas, 1967, S. 133; Putzo Die gewillkürte Parteiänderung, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band 3, S. 149; Rimmelspacher Materiellrechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß, 1970; Rosenberg Die gewillkürte Parteiänderung im Zivilprozeß, ZZP 70 (1957), 1; H. Roth Gewillkürter Parteiwechsel und Bindung an Prozeßlagen, NJW 1988, 2977; Schiller Die Klageänderung in der Revisionsinstanz in Zivilsachen, 1997; Wahl Die Bindung an Prozeßlagen als Hauptproblem des gewillkürten Parteiwechsels, 1990; Walther Klageänderung und Klagerücknahme, 1969; ders. Klageänderung und Klagerücknahme, NJW 1994, 423.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
3
III. Anwendungsbereich . . . . . . .
4
IV. Begriff der Klageänderung . . . . 1. Änderung des Streitgegenstands . a) Änderung des Klageantrags . . b) Änderung des Klagegrundes . . 2. Nachträgliche Klagenhäufung . . 3. Keine Klageänderung . . . . . . a) Wechsel der Verfahrensart . . . b) Änderung von Nebenentscheidungsanträgen . . . . . . . . c) Änderung der Verteidigung . . d) Änderung der Rechtsausführungen . . . . . . . . . . . . e) Klagerücknahme . . . . . . .
6 6 8 25 35 38 38
V. Zulässigkeit der Klageänderung . . 1. Einwilligung des Beklagten . . . 2. Sachdienlichkeit . . . . . . . . a) Keine Hinderungsgründe . . . b) Keine Sachdienlichkeit . . . . 3. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 4. Klageänderung in den Rechtsmittelinstanzen . . . . . . . . . . a) Berufungsinstanz . . . . . . b) Revisionsinstanz . . . . . . . 5. Rechtsmissbrauch . . . . . . . 6. Klageänderungsverbote . . . . .
56 59 64 67 69
VI. Verfahren . . . . . . . . . . . 1. bei zulässiger Klageänderung . . a) Ursprünglicher Klageanspruch b) Neuer Klageanspruch . . . . 2. bei unzulässiger Klageänderung a) Ursprünglicher Klageanspruch
. . . . . .
40 41 42 54
70 73 73 76 77 78 81 82 83 86 93 93
Rdn b) Neuer Klageanspruch . . . . 3. Verwertung bisheriger Prozessergebnisse . . . . . . . . . . 4. Entscheidung . . . . . . . . a) in der ersten Instanz . . . . b) in der Berufungsinstanz . . . c) in der Revisionsinstanz . . . 5. Kosten . . . . . . . . . . .
.
94
. . . . . .
96 97 97 103 106 107
VII. Parteiwechsel . . . . . . . . . . 1. Begriff . . . . . . . . . . . . a) Kein Parteiwechsel . . . . . . aa) Berichtigung der Parteibezeichnung . . . . . . . . bb) Parteierweiterung . . . . b) Austausch der Parteien . . . . c) Gesetzlich geregelte Fälle . . . 2. Rechtsnatur des gewillkürten Parteiwechsels . . . . . . . . . . a) Klageänderungstheorie . . . . b) Klagerücknahmetheorie . . . . c) Institut eigener Art . . . . . . 3. Voraussetzungen des gewillkürten Parteiwechsels . . . . . . . . . a) Klägerwechsel . . . . . . . . b) Beklagtenwechsel . . . . . . c) Weitere Erfordernisse . . . . . 4. Verfahren . . . . . . . . . . . a) bei zulässigem Parteiwechsel . . b) bei unzulässigem Parteiwechsel . c) Bindung an die bisherigen Prozessergebnisse . . . . . . . . d) Gleichzeitige Klageänderung . . e) Entscheidung . . . . . . . . f) Kosten und Gebühren . . . . g) Rechtsmittel . . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte1
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2
Ursprünglich war das Verbot der Klageänderung neben den anderen prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit als Nr. 3 in § 235 Abs. 2 CPO2 (§ 227 des Entwurfs) enthalten. Der Kläger war lediglich mit Einwilligung des Beklagten zur Klageänderung berechtigt. Der Beklagte sollte nicht gezwungen sein, sich auf Ansprüche einzulassen und sich gegen sie zu verteidigen, mit denen er nach dem Inhalt der Klageschrift nicht zu rechnen brauchte. Allerdings wurde die Berichtigung, Ergänzung und Änderung der Klage soweit zugelassen, als dies ohne Schädigung der Interessen des Beklagten ging. Deshalb wurden die in § 240 Nr. 1 bis 3 CPO (§ 232 des Entwurfs) aufgeführten Tatbestände nicht als Klageänderung angesehen, wenn durch sie der Klagegrund nicht geändert worden ist.3 Da die Einrede der Klageänderung in der Praxis vielfach zur Schikane und Verschleppung missbraucht wurde, wurde § 235 Abs. 2 Nr. 3 durch die Novelle von 18984 gestrichen und in § 235a übernommen, der um die Bestimmung ergänzt wurde, dass die Klageänderung auch dann zuzulassen sei, wenn nach dem Ermessen des Gerichts durch die Klageänderung die Verteidigung des Beklagten nicht wesentlich erschwert werde.5 § 235a wurde durch die Bekanntmachung von 18986 inhaltsgleich zu § 264. Für die Berufungsinstanz wurde das ursprüngliche, in § 489 enthaltene völlige Verbot dahin eingeschränkt, dass die Änderung der Klage nur mit Einwilligung des Beklagten statthaft sei (§ 527). Durch die Novelle vom 13.2.19247 wurde die Ermessensgrundlage des Gerichts dadurch erweitert, dass die Sachdienlichkeit für die Zulassung der Klageänderung entscheidend sein sollte (§ 264). Bezüglich der Berufungsinstanz wurde § 527 durch das Änderungsgesetz vom 27.10.19338 beseitigt, so dass die für den ersten Rechtszug geltenden Bestimmungen anwendbar wurden. Durch die 4. Vereinfachungsnovelle vom 12.1.19439 wurde die Klageänderung in der Berufungsinstanz durch § 532 erneut für unzulässig erklärt. Die Novelle 195010 übernahm wieder die Regelung von 1933. Durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.197611 wurde § 264 zu § 263. Die beschriebene Gesetzesgeschichte lässt jedenfalls erkennen, dass die Grenzen unzulässiger Klageänderung möglichst eng zu ziehen sind.12 Der Gesetzgeber hat mehrmals den Versuch unternommen, Regelungen über den gewillkürten Parteiwechsel zu erlassen. Der Entwurf einer Zivilprozeßordnung von 193113, der jedoch nie Gesetz geworden ist, wollte den Parteiwechsel im Grundsatz nach den Regeln der Klageänderung behandeln (vgl. § 22214). Weitere Änderungen waren in dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozeßordnung15 und in dem Bericht der Kommission für das Zivilprozeßrecht aus dem Jahr 197716 vorgesehen, sind aber nie umgesetzt worden. 1 14007 Zur Gesetzesgeschichte vgl. Altmeppen ZIP 1992, 449, 450 f. 2 14008 RGBl 1877 S. 83, 125; vgl. Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 2 S. 1327. 3 24009 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 259. 4 34010 RGBl S. 256, 269. 4011 5 4 RGBl 1898 S. 256, 269; Hahn/Mugdan Bd. 8, S. 100 f., 326. 6 54012 RGBl S. 410, 459. 4013 7 6 RGBl I S. 135, 137. 8 74014 RGBl I S. 780. 9 84015 RGBl I S. 7, 9. 4016 910 BGBl I S. 455, 580. 11 4017 10 BGBl I S. 3281, 3283.
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12 4018 11 BGHZ 17, 31, 34 = NJW 1955, 790, 791; RG JW 1937, 3155, 3156; Groß S. 21. 13 4019 12 Veröffentlichung durch das Reichsjustizministerium, Entwurf einer Zivilprozeßordnung, Berlin 1931. 14 4020 13 S. 52 des Entwurfs; Begründung S. 313. 15 4021 14 Veröffentlichung durch das Bundesjustizministerium (1967); vgl. dazu Gofferje´ Die gewillkürte Parteiänderung im Zivilprozeß (1970), der in den einzelnen Abschnitten jeweils zu dem Entwurf Stellung nimmt. 16 4022 15 Bericht der Kommission für das Zivilprozeßrecht (1977), S. 323 ff.
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II. Normzweck § 263 bringt zum Ausdruck, dass eine Klageänderung nach Rechtshängigkeit nur beschränkt möglich ist.17 Die Beschränkung der Klageänderung dient18 dem Schutz des Verteidigungs-19 und des Deliberationsinteresses20 des Beklagten21 sowie seinem Recht auf ein Urteil über den erhobenen prozessualen Anspruch,22 also auch als Mittel zur Sicherung des Klagerücknahmeverbots23. Doch lässt § 264 in einer Reihe von Fällen die Klageänderung gesetzlich zu. Darüber hinaus ist die Klageänderung gem. § 263 zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet, wobei eine Einwilligung des Beklagten schon bei unterlassenem Widerspruch (§ 267) anzunehmen ist. Die nur beschränkte Zulassung der Klageänderung dient schließlich auch der Prozesswirtschaftlichkeit, da damit verhindert werden soll, dass der Kläger seinen Klageantrag ändert oder den Klagegrund auswechselt und dadurch das bisherige Verfahren gegenstandslos wird.24
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III. Anwendungsbereich § 263 findet in allen Verfahren nach der ZPO, von Ehesachen abgesehen, Anwendung. Das gilt sowohl für besondere Klageformen (vgl. Vor § 253 Rdn. 29) wie die Widerklage25 oder die Stufenklage als auch für besondere Verfahrensarten wie Baulandsachen (§§ 217 ff., 221 BauGB)26 und echte Streitverfahren in der freiwilligen Gerichtsbarkeit.27 § 263 ist jedoch nicht auf diejenigen Klageänderungen anwendbar, die gem. § 264 Nr. 2 und 3 kraft einer Fiktion nicht als Klageänderungen anzusehen sind (vgl. § 264 Rdn. 2).
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IV. Begriff der Klageänderung 1. Änderung des Streitgegenstands Unter Klageänderung ist die Änderung des Streitgegenstands durch den Kläger während eines rechtshängigen Rechtsstreits zu verstehen28, also nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff (vgl. dazu Einl. Rdn. 59 ff.) die Änderung des Klageantrags oder des Klagegrundes oder die Änderung von beiden.29 4023 117 Nach Gethmann S. 138, enthält § 263 kein Verbot, sondern eine allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung dafür, wann weitere Ansprüche während eines laufenden Verfahrens geltend gemacht werden dürfen. Zweck sei es, eine Zersplitterung und Vervielfältigung zu vermeiden. 18 4024 2 Zu den einzelnen geschützten Belangen vgl. Herrmann Die Grundstruktur der Rechtshängigkeit (1988), S. 98 ff. 4025 319 Hahn/Mugdan Bd. 2. Abt. 1 S. 260; für Rimmelspacher S. 349 ff., 354 ff. ist der entscheidende Gesichtspunkt, ob und inwieweit durch die Änderung die Verteidigung des Beklagten erschwert wird; Walther S. 64 ff.; Grunsky S. 141 ff. 20 4026 4 Die Entscheidungsfreiheit darüber, ob er sich auf den Prozess einlassen wolle oder nicht, vgl. dazu Rümelin AcP 88 (1898), 87, 119 f. 4027 521 Dies sieht Groß S. 39 ff., 42 als alleinigen Zweck des Klageänderungsverbots an; ders. JR 1996, 357, 358.
4028 622 BGH NJW 1996, 2869 f.; LG Nürnberg-Fürth ZZP 91 (1978), 490, 491; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 98 Rdn. 28; Kleinfeller ZZP 55 (1930), 193, 200 f.; Wach Gruchot Beitr. 1886, 774; Walther S. 62 ff., 69 f.; aA Groß S. 39 ff. 4029 723 Walther NJW 1994, 423, 425 f. 24 4030 8 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 2. 25 4031 9 So auch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 56 26 4032 10 BGHZ 61, 128, 132 f. = NJW 1973, 1750, 1751. 27 4033 11 Bassenge/Roth FGG11 (2007) Einl. Rdn. 15; aA Jansen/v.König/v.Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) Vor §§ 8–18 Rdn. 13. 28 4034 12 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 1; Bernreuther JuS 1999, 478; Schiller S. 7; kritisch Rimmelspacher S. 349 ff., 368, der zur Ermittlung der Kriterien für die Klageänderung nicht auf den Streitgegenstand zurückgreifen will; differenzierend J. Blomeyer JuS 1970, 123, 127 f. nach Individual- und Gattungs- bzw Geldforderungen.
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Die typische Klageänderung erfolgt durch Austausch verschiedener prozessualer Ansprüche.30 Der zuerst verfolgte prozessuale Anspruch wird fallengelassen und an dessen Stelle tritt ein neuer Anspruch. Eine solche Klageänderung erfolgt also in zwei Teilakten, der Rücknahme des ursprünglichen Anspruchs und der Erhebung eines neuen Klageanspruchs.31
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a) Änderung des Klageantrags. Eine Klageänderung liegt vor, wenn der Klageantrag umgestellt wird. Dies ist dann der Fall, wenn der Kläger mit dem geänderten Antrag ein anderes Rechtsschutzbegehren verfolgt, entweder durch eine Änderung des Rechtsschutzziels (Feststellung statt Leistung oder Gestaltung und umgekehrt), aber auch durch eine Änderung der konkret in Anspruch genommenen Rechtsfolge, also jede Änderung des Klagegegenstands32, z.B. wenn statt Herausgabe einer Sache Wertersatz oder eine andere Handlung begehrt wird bzw der bisherige Hauptantrag mit dem als Hilfsantrag verfolgten Antrag ausgetauscht wird33 oder der ursprüngliche Hauptantrag nur noch als Hilfsantrag neben einem neuen Antrag verfolgt wird. Im letzteren Fall handelt es sich, obwohl eine nachträgliche Klagenhäufung vorliegt, auch um eine Klageänderung, da der ursprüngliche Hauptantrag eventuell nicht mehr zur Entscheidung gelangt, wenn er nur noch als Hilfsantrag gestellt wird (vgl. § 260 Rdn. 102). Eine Klageänderung auf Grund der Änderung des Klageantrags ist in den nachfolgenden Einzelfällen gegeben: Bürgschaft: bei dem Übergang zur Herausgabe von weiteren im Klageantrag nicht genannten Bürgschaftsurkunden.34 Ehescheidung: bei dem Übergang von einem Ehescheidungs- in ein Eheaufhebungsbegehren bzw zur Feststellung des Nichtbestehens der Ehe.35 Erben: bei dem Übergang von der Realteilung zur Klage auf Abschluss eines Erbauseinandersetzungsvertrags.36 Feststellungsklage: Beim Wechsel von der Feststellungs- zur Leistungsklage und umgekehrt37 liegt eine Klageänderung vor,38 die allerdings unter § 264 Nr. 2 fällt,39 wenn der neue Antrag sich auf dasselbe Rechtsverhältnis bezieht, dh bei gleichbleibendem Klagegrund nur weitergehende oder eingeschränkte Rechtsfolgen aus diesem hergeleitet werden. Der Leistungsantrag stellt lediglich eine Erweiterung des Feststellungsantrags um den Leistungsbefehl dar und umgekehrt der Feststellungsantrag eine Einschränkung des Leistungsantrags. Eine Änderung des Klagegrundes und damit kein Fall des § 264 Nr. 2 liegt jedoch beim Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage dann vor, wenn es um
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4035 129 BGH NJW 1997, 588; BGH NJW 1993, 2052 f.; BGH NJW 1993, 3135, 3136; BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172; RGZ 143, 57, 64 f.; RGZ 47, 390, 393; OLG Nürnberg BayJMBl 1955, 148. 4036 230 BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH NJW 1970, 44, 45. 31 4037 3 Schwab ZZP 91 (1978), 493; Walther NJW 1994, 423. 4038 432 BGHZ 1, 65, 71 ff. = NJW 1951, 311, 312. 33 4039 5 BGH WM 1981, 798, 799 = MDR 1981, 1012, allerdings nicht wegen der Änderung der Klageanträge – diese sind nach Ansicht des BGH unverändert – sondern wegen der unterschiedlichen Sachverhalte, auf denen Haupt- und Hilfsantrag
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beruhen. Es handelt sich aber bereits um eine Antragsänderung. 4040 634 OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1028, 1029. 4041 735 OLG Bremen NJW 1956, 515; vgl. Dieckmann Das Standesamt 1976, 33, 41 f. (Übergang von der Aufhebungs- zur Feststellungsklage). 36 4042 8 OLG Oldenburg NJWE-FER 1997, 15. 37 4043 9 BGH NJW 1984, 2295; BGH NJW 1960, 1950; RGZ 171, 202, 203; RGZ 105, 275, 279. 38 4044 10 AA Nikisch ZPR § 48 I 3b. 39 4045 11 BGH NJW 1985, 1784; BGH WM 1975, 827, 828; RG JW 1937, 3155, 3156; OLG Celle VersR 1967, 866, 867.
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die Feststellung eines absoluten Rechts geht, da bezüglich der Leistungsklage noch Rechtsverletzungen dargelegt werden müssen.40 Es handelt sich um eine Klageänderung, wenn die Feststellung eines anderen Rechtsverhältnisses begehrt wird, z.B. zunächst die Feststellung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und dann die Feststellung einer erbrechtlichen Beteiligung beantragt wird.41 Eine Klageänderung liegt auch vor, wenn der Kläger von einer unbegründeten Zahlungsklage auf Feststellung der Haftung des Drittschuldners nach § 840 Abs. 2 übergeht42 oder von einer Anfechtung eines Negativbeschlusses einer Mehrheit von Wohnungseigentümern zur Feststellung, dass die Baumaßnahme keiner Zustimmung bedarf.43 Fremdwährung/Sachleistung: bei Umstellung von einer Fremdwährungsklage in eine Heimwährungsklage44 und umgekehrt, ebenso bei Umstellung von Sach- auf Geldleistung.45 Gesamtgläubigerschaft: bei dem Übergang von Ansprüchen aus Gesamtgläubigerschaft zu Einzelansprüchen eines jeden beteiligten Klägers.46 Gewährleistungsansprüche: bei dem Übergang von einem der in §§ 437, 634 BGB geregelten Gewährleistungsansprüche zu einem anderen,47 wie z.B. bei dem Übergang von einer Variante der Nacherfüllung zur anderen, von der Minderung zum Schadensersatz statt der Leistung und umgekehrt, bei dem Übergang von der Wandelungsklage zur Minderungsklage oder umgekehrt (nach altem Recht),48 nach neuem Recht von der Rückforderungsklage nach Rücktritt zur Minderungsklage oder von der Erfüllungsklage zur Schadensersatzklage49 bzw Rückforderungsklage oder von der Forderung auf Ersatz der Nachbesserungskosten zum Anspruch auf Wertminderung.50 Ausnahmsweise keine Klageänderung, sondern nur eine andere Form der Schadensberechnung ist der Übergang vom großen zum kleinen Schadensersatz, wenn der Antrag wegen der Wertlosigkeit der zurückzugewährenden Sache gleich bleibt.51 Grundbuchberichtigung: bei dem Übergang von Grundbuchberichtigung und Rückgabe des Grundstücks wegen Nichtigkeit der Auflassung zur Rückauflassung und Herausgabe des Grundstücks wegen Nichtigkeit des Kaufvertrags gem. § 812 BGB.52 4046 140 OLG Bamberg OLGRspr 13, 138 für den Übergang einer Abhängigkeitsklage im Patentrecht zu einer Untersagungsklage. 4047 241 BGHZ 1, 65, 71 ff. = NJW 1951, 311, 312. 42 4048 3 BGH NJW 1981, 990, 991. 43 4049 4 OLG Zweibrücken ZMR 1999, 429. 4050 544 Vgl. BGH WM 1993, 2011; BGH NJW 1980, 2017, 2018; vgl. dazu Staudinger/K. Schmidt BGB (1997) § 244 Rdn. 106 mwN; Schmidt ZZP 98 (1985), 32, 44; nicht aber diejenige von DM auf Euro und umgekehrt in der Übergangszeit vgl. Schefold WM 1996, Beilage 4, S. 12; aA Ritter NJW 1999, 1213, 1215. 45 4051 6 Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 28; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 10. 4052 746 BGH NJW 1972, 1716, 1717. 4053 847 BGH NJW 1990, 2682 (Übergang von Minderung zur Wandelung und umgekehrt); RG JW 1907, 46; vgl. auch RGZ 66, 332, 335; RG Warn 1911 Nr. 322; OLG Dresden NJW-RR 2000,
1337, 1338 (Übergang von Schadensersatz wegen Nichterfüllung zum Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung); LG Mönchengladbach NJW-RR 1992, 1524 f. (Übergang von Minderung zur Wandelung). 48 4054 9 BGH NJW 1990, 2682; RG JW 1907, 46; vgl. auch Anm. Buzengeier zu RG JW 1920, 647; LG Mönchengladbach NJW-RR 1992, 1524, 1525; vgl. aber Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 77, der darin keine Auswechslung des Streitgegenstands sieht, sondern des Objekts, das gefordert wird und § 264 Nr. 3 anwendet. 49 4055 10 Vgl. BGH NJW 2006, 1198 ff. 50 4056 11 Bernreuther JuS 1999, 478, 479 Fn. 15; aA Stein/ Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 34; OLG München NJW 1972, 62, 63. 51 4057 12 BGHZ 115, 286, 292 = NJW 1992, 566, 568. 52 4058 13 RG SeuffArch 89 (1935) Nr. 105; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 18 (keine Änderung des Klagegrundes); Rosenberg Anm. zu RG
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Grundschuld/Hypothek: bei dem Übergang von der Zahlung und Duldung der Zwangsvollstreckung auf Auswechslung einer Hypothekenforderung,53 bei dem Übergang von der Abwehr der Zwangsvollstreckung aus einer sicherungshalber abgetretenen Grundschuld zu einem Anspruch auf Rückabtretung der Grundschuld, weil der Kläger nicht Eigentümer des Grundstücks ist.54 Miete: bei dem Übergang von Zahlung der erhöhten Miete auf Zustimmung zur Mieterhöhung.55 Räumung: bei dem Übergang von Räumung auf Unterlassen des vertragswidrigen Gebrauchs.56 Unterlassungsanspruch: bei dem Übergang vom Unterlassungsanspruch zum Ausgleichsanspruch57 sowie bei dem Übergang von einem Schadensersatz- zu einem Unterlassungsanspruch bzw von einem Widerrufs- zu einem Unterlassungsanspruch und umgekehrt.58 Schadensersatz: bei dem Übergang von Schadensersatz wegen Nichterfüllung auf Erfüllung59 sowie bei dem Übergang vom Schmerzensgeldanspruch auf Schadensersatz und umgekehrt.60 Schuldbefreiung: bei der Umstellung von der Zahlungs- auf die Schuldbefreiungsklage.61 Vollstreckung: bei der Umstellung von einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767) auf eine Abänderungsklage nach § 32362 bzw auf eine Klauselgegenklage (§ 768),63 bei dem Übergang von einer Klage auf Verzicht auf die Rechte aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf Grund einer Anfechtung zu einer Drittwiderspruchsklage nach § 771,64 bei dem Wechsel von der Eigentumsfeststellungsklage zur Drittwiderspruchsklage,65 bei dem Übergang von einer Zahlungs- bzw Freistellungsklage in eine Vollstreckungsabwehrklage,66 bei der Umstellung von einer Abänderungsklage in eine Leistungsklage67 bzw umgekehrt68. Der Übergang von der Leistungsklage auf Grund eines Schiedsgutachtens zu der Klage auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs stellt eine Klageänderung dar.69 b) Änderung des Klagegrundes. Unter Klagegrund ist die Summe der den Klageantrag begründenden Tatsachen zu verstehen (Lebenssachverhalt),70 die sich aus
ZZP 57 (1933), 144, 145 (Klageantrag bleibt rechtlich bzw wirtschaftlich derselbe, auch wenn er anders formuliert wird). 4059 153 RG LZ 1929, 1474, 1475. 54 4060 2 BGH NJW 1958, 184. 55 4061 3 Hummel WuM 1986, 78. 4062 456 LG Gießen WuM 1976, 12, 13. 4063 557 BGH MDR 1969, 648 (allerdings als Änderung des Klagegrundes angesehen). 4064 658 BGH NJW-RR 1994, 1404 f.; RGZ 88, 129, 132 f.; RG Gruchot 64, 731, 734; OLG Hamm OLGRspr 7, 187. 59 4065 7 OLG München NJW-RR 1998, 207 (zum alten Recht). Obwohl nach neuem Recht der Leistungsanspruch mit Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gem. § 281 Abs. 4 BGB erlischt, kann der Gläubiger, wenn die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht vorliegen, wieder zum Erfüllungsanspruch
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übergehen, vgl. MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 Rdn. 105. 4066 860 So wohl auch BGH NJW-RR 1996, 1210, 1211; RGZ 170, 37, 39; RGZ 149, 157, 166 f.; Spickhoff MDR 1997, 10, 11. 61 4067 9 BGHZ 29, 337, 342 = NJW 1959, 886, 887; Bischof ZIP 1984, 1444, 1448. 62 4068 10 Vgl. BGH FamRZ 1979, 573 (nachträgliche eventuelle Klagenhäufung). 63 4069 11 OLG Köln NJW 1997, 1450, 1451. 64 4070 12 LG Berlin KTS 1989, 205, 207. 65 4071 13 RG SeuffArch 70 (1917), 378, 379. 66 4072 14 OLG Frankfurt NJW 1976, 1982, 1983. 67 4073 15 OLG Hamm FamRZ 1987, 1302, 1303. 68 4074 16 OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 837, 838. 69 4075 17 RGZ 144, 369, 373 f., hier liegt zugleich eine Änderung des Klagegrundes vor. 70 4076 18 BGH NJW 1996, 2869; BGH NJW 1994, 460; BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172, 1173 f.; RG JW 1913, 500.
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dem Inhalt der Klageschrift ergeben.71 Zum Klagegrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise aus der Sicht der Parteien zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören.72 Dazu gehören auch Tatsachen, die darlegen sollen, dass der geltend gemachte Anspruch auch in der Person des Klägers entstanden ist.73 Werden neue Tatsachen vorgetragen, die eine andere Norm des materiellen Rechts erfüllen, dann ist damit nicht notwendig die Einbeziehung eines neuen Streitgegenstands verbunden. Solange der Gesamttatbestand derselbe bleibt, können neue Tatsachen, auch solche, die sich erst im Lauf des Prozesses ereignet haben, vorgebracht werden.74 Andererseits können zum Klagegrund nicht alle Tatsachen gerechnet werden, die geeignet sind, das konkrete Rechtsschutzbegehren objektiv zu stützen, aber im Vortrag des Klägers nicht einmal ansatzweise angedeutet sind und von seinem Standpunkt aus auch nicht vorgetragen werden mussten.75 Die Identität des Klagegrundes ist zu verneinen, wenn durch neue Tatsachen der Kern des in der Klage angeführten Lebenssachverhalts wesentlich verändert wird.76 Die bloße Ergänzung oder Berichtigung der tatsächlichen Angaben fällt unter § 264 Nr. 1 und stellt daher keine Änderung des Klagegrundes dar (vgl. dazu § 264 Rdn. 15).77 Für schuldrechtliche Ansprüche kommt es auf den Entstehungsgrund an. Der Wechsel der Behauptung des Entstehungsgrundes stellt in der Regel eine Klageänderung dar. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Anspruch zunächst auf ein Darlehen und später auf eine Werklohnforderung gegründet wird sowie beim Wechsel des Bestimmungsorts der Fracht und des Gegenstands des Transportguts hinsichtlich einer Forderung wegen Beförderung von Gütern.78 Eine Klageänderung liegt vor, wenn der Kläger seinen Anspruch auf Rechnungslegung zunächst auf Ablieferung der Einnahmen und später auf vertragswidriges Unterlassen von deren Einziehung stützt.79 Wird ein Anspruch auf Rückgabe zunächst auf Nichtigkeit infolge Anfechtung des Vertrags, dann aber auf sein Nichtzustandekommen gestützt, liegt eine Änderung des Klagegrundes vor.80 Dasselbe gilt, wenn die Forderung statt auf einen Wechsel auf das Grundverhältnis gestützt wird.81 Als Änderung des Klagegrundes wurde es auch angesehen, wenn der Kläger vom Anspruch aus Vertrag auf denjenigen aus ungerechtfertigter Bereicherung übergeht (vgl. dazu auch § 260 Rdn. 9).82 Entscheidend ist hierbei jedoch, inwieweit bereits die Tatsachen auch für den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung vorgetragen worden sind83 und lediglich die Rechtsauffassungen bezüglich des Vorliegens eines wirksamen Vertrags unterschiedlich sind. Knüpft der Bereicherungsanspruch an die vermeintlich vertraglich erbrachten Leistungen an und rechtfertigt er das gleiche Klageziel, liegt keine Klageänderung vor.84
4077 171 RGZ 85, 424, 426; RG Warn 1914 Nr. 285. 4078 272 BGH NJW 2000, 1958; BGH NJW 1992, 1172, 1173 f. 73 4079 3 RG Warn 1926 Nr. 219. 74 4080 4 RGZ 99, 172, 176. 4081 575 BGH NJW 1992, 1172, 1173 f. 4082 676 BGH NJW 2007, 83, 84; vgl. BGHZ 154, 342, 348 f. = NJW 2003, 2317, 2318. 4083 777 BGH NJW 1997, 588. 4084 878 OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1149, 1150. 4085 979 RG LZ 1916, 307, 308.
80 4086 10 RG Warn 1918 Nr. 194. 81 4087 11 BGH NJW-RR 1987, 58; BGH NJW 1982, 2823; vgl. RGZ 160, 338, 347. 82 4088 12 RG JW 1905, 208 f.; RG Warn 1917 Nr. 124; vgl. auch BGH NJW 1990, 1795, 1796 bzgl. der Rechtskraft. 83 4089 13 Vgl. BGH NJW 1990, 1795, 1796; OLG Hamburg JW 1934, 2572; Musielak NJW 2000, 3593, 3594. 84 4090 14 BGH NVwZ 2002, 1535, 1536.
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Eine Änderung des Klagegrundes stellt bei einem unwirksamen Mieterhöhungsverlangen die Einführung eines neuen wirksamen Erhöhungsverlangens85 sowie die Umstellung von Miete aus einem Mietvertrag auf Schadensersatz aus einem Mietvorvertrag86 und bei einer unwirksamen Kündigung die Einführung einer neuen wirksamen Kündigung87 dar. Der Übergang von der Erfüllungsklage zur Schadensersatzklage88 und umgekehrt stellt eine Klageänderung dar.89 In den Fällen des § 264 Nr. 3 ist diese ohne Weiteres zulässig.90 Die Umstellung von Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung auf Schadensersatz91 und umgekehrt92 ist eine Änderung des Klagegrundes genauso wie das Auswechseln einer Pflichtverletzung bei einer Schadensersatzklage93. Der Klagegrund wird auch geändert, wenn von dem Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten auf den Ersatz von Nutzungsausfall übergegangen wird.94 Der Übergang von einer Zahlungsklage wegen Forderungen auf eine Wertersatzklage nach dem Anfechtungsgesetz stellt ebenfalls eine Klageänderung dar.95 Um eine Änderung des Klagegrundes handelt es sich, wenn Zahlung statt aus einer Urheberrechtsverletzung nunmehr aus einem Architektenvertrag verlangt wird.96 Eine Klageänderung liegt vor, wenn der Kläger den Anspruch zunächst aus eigenem Recht und später aus abgetretenem Recht oder umgekehrt97 geltend macht.98 Anders ist dies, wenn aus einer Abtretung geklagt wird, diese aber erst im Laufe des Prozesses erfolgt, bzw die fehlende Prozessführungsbefugnis während des Prozesses herbeigeführt wird99. Eine Änderung des Klagegrundes liegt darin, dass der Kläger den Anspruch zunächst gegen den Beklagten unmittelbar und dann gegen ihn als Erben richtet.100 Stützt der Kläger seine Klage zunächst auf die Pfändung und Überweisung der Klageforderung und nach Feststellung der Unwirksamkeit dieser Pfändung auf einen neuen Pfändungsbeschluss, so ist das eine Klageänderung.101 4091 185 LG Berlin NJW-RR 1999, 91, 92; LG München WuM 1994, 336, 337; LG Mannheim ZMR 1974, 339, 340; AG Bad Homburg WuM 1985, 323. 4092 286 RG Warn 1920 Nr. 58. 4093 387 OLG Brandenburg ZMR 2000, 373, 374; OLG München ZMR 1996, 496, 498; OLG Zweibrücken MDR 1981, 585, 586; BezG Erfurt WuM 1992, 357, 358; AG Freiburg WuM 1989, 572, 573, alle zu Kündigungen eines Wohnraummietverhältnisses; BAG NJW 1971, 1380 zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses; vgl. aber OLG Stuttgart BB 1982, 864, 865, das bei einer erneuten Kündigung zu demselben Termin § 264 Nr. 2 anwendet. 88 4094 4 OLG München NJW-RR 1998, 207 (zum alten Recht). Obwohl nach neuem Recht der Leistungsanspruch bei Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gem. § 281 Abs. 4 BGB erlischt, kann der Gläubiger, wenn die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht vorliegen, wieder zum Erfüllungsanspruch übergehen, vgl. MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 Rdn. 105. 4095 589 RG JW 1913, 500; vgl. auch BGH NJW 2006, 1198 ff. 4096 690 RG JW 1913, 47 (allerdings für einen Fall der nachträglichen eventuellen Klagenhäufung, die nach der hier vertretenen Ansicht nur nach den Voraussetzungen des § 260 zu beurteilen ist).
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4097 791 BGH NJW-RR 1998, 1006, 1007; Grunsky NJW 1984, 2545 ff.; vgl. aber OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 386, 387 f. (Fall des § 264 Nr. 2 oder 3). 4098 892 OLG Dresden NJW-RR 2000, 1337, 1338. 93 4099 9 BGH NJW 1999, 2118, 2119 f.; BGH NJW 1993, 3323, 3326; BGH NJW 1992, 3243, 3244; OLG Hamm VersR 2002, 366, 367. 94 4100 10 KG NJW 1966, 2167. 95 4101 11 BGH WM 1976, 1229, 1230. 96 4102 12 BGH ZZP 95 (1982), 66, 67, dazu Spellenberg ZZP 95 (1982), 17, 18 ff. 97 4103 13 BVerfGE 54, 117, 127 = NJW 1980, 1737, 1738; BGH NJW 1999, 1407; BGH NJW-RR 1994, 1143 f.; RG Warn 1937 Nr. 7; RG JW 1937, 544; RG JW 1907, 87; RG Gruchot 54 (1910), 972, 973 f.; RGZ 77, 141, 143; OLG Zweibrücken OLGZ 1970, 174, 178. 98 4104 14 BGH NJW 1990, 53, 54; RGZ 120, 189, 192; RGZ 103, 111 f.; RGZ 42, 245, 248; RG Gruchot 54, 972, 973; SächsOLG GRUR 1934, 760, 761; LG Nürnberg-Fürth VersR 1974, 814, 817; aA J. Blomeyer JuS 1970, 123, 127 Fn. 55. 99 4105 15 Dann wird die Klage im Laufe des Prozesses begründet bzw zulässig; RGZ 105, 313, 314 f.; aA RGZ 90, 431, 433; RG SeuffArch 54 (1920), 100, 101. 100 4106 16 RG HRR 1928 Nr. 469.
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Bei einer dinglichen Klage liegt eine Klageänderung vor, wenn auf einen anderen Erwerbsgrund übergegangen wird, weil dieser zum Klagegrund gehört.102 Dies ist z.B. der Fall, wenn zunächst der Erwerb durch Verfügung und dann durch Ersitzung behauptet wird.103 Der Übergang vom schuldrechtlichen auf den dinglichen Anspruch und umgekehrt stellt in der Regel eine Klageänderung dar, so z.B. wenn der Kläger die Herausgabeklage zunächst auf Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, sodann auf Rücktritt104 oder auf das Nichtzustandekommen des Vertrags105 stützt. Eine Klageänderung ist auch dann anzunehmen, wenn zunächst formale Gründe und später materielle Gründe – Tilgung der hypothekarisch gesicherten Forderung – für die Löschung einer Hypothek angeführt werden.106 Eine Klageänderung wurde angenommen, wenn ein Vereinsmitglied seinen Ausschluss aus sachlichen Gründen bekämpfte, sich aber dann auf das Fehlen eines förmlichen Ausschlussverfahrens berief.107 Bei Unterhaltsklagen liegt eine Klageänderung ebenfalls vor, wenn der Kläger den zugrunde liegenden Zeitraum für die Zahlung von Unterhalt auswechselt108 oder vom Kindesunterhaltsanspruch zum familienrechtlichen Ausgleichsanspruch nach Volljährigkeit des Kindes übergeht.109 Umstritten ist, ob die Auswechslung und das Nachschieben von Einwendungen bei einer Vollstreckungsabwehrklage, die den titulierten Anspruch selbst betreffen bzw die Auswechslung des der Drittwiderspruchsklage zugrunde liegenden Rechts eine Klageänderung darstellen (vgl. § 767 Rdn. 6 f.). Während die Rechtsprechung110 dies bejaht, wird dies von der herrschenden Literaturmeinung111 verneint. Zwar finden die Vorschriften der Klageänderung auch auf die Vollstreckungsabwehrklage Anwendung. Ob allerdings in der Auswechslung der Einwendung eine Klageänderung – in Betracht kommt nur die Änderung des Klagegrundes – zu sehen ist, richtet sich nach dem Einzelfall.
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2. Nachträgliche Klagenhäufung Wird der ursprüngliche Antrag aufrechterhalten und kommt ein weiterer hinzu, liegt eine nachträgliche kumulative Klagenhäufung gem. § 260 vor.112 Dasselbe gilt, wenn der gleichbleibende Klageantrag durch einen weiteren Klagegrund ergänzt wird.113 Hier handelt es sich um eine nachträgliche Klagenhäufung in Eventualstellung.114 Solche nachträglichen Klagenhäufungen sind grundsätzlich keine Klageänderungen, da der ursprüngliche Antrag bestehen bleibt.115 Sie sind nach h.M. aber wie Klageänderungen zu behandeln.116 101 4107
1 OLG Hamburg JW 1934, 374. 102 24108 RGZ 10, 434 f.; RG JW 1902, 165; RG SeuffArch 78 Nr. 211; RG Warn 1913 Nr. 258; aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 8; Lent ZZP 65 (1952), 315, 328. 103 34109 RG Warn 1913 Nr. 258. 104 44110 RG JW 1903, 124, 125; OLG Braunschweig SeuffArch 70 (1915), 43; OLG Rostock SeuffArch 69 (1914), 333, 334. 105 4111 5 RG Warn 1909 Nr. 246. 106 4112 6 RG Gruchot 36, 702, 703. 107 74113 KG JW 1920, 1039. 108 84114 OLG Bamberg FamRZ 1989, 519, 520. 109 94115 OLG Koblenz NJW-RR 1997, 1230. 110 4116 10 BGH NJW 1967, 107, 108 f. mit Anm. Schlechtriem; BGHZ 45, 231, 232 = NJW 1966, 1362,
1363 mit Anm. Jerusalem; RGZ 55, 101, 103 f.; OLG Celle MDR 1963, 932 mit abl. Anm. Bötticher zur Vollstreckungsabwehrklage; RGZ 29, 361, 364 f. zu einer Widerklage gegen eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung; OLG Köln NJW-RR 1999, 1509, 1510; vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 2000, 548, 549. 111 4117 11 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 34; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 17; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 98 Rdn. 5; Rimmelspacher S. 360; Schwab ZZP 79 (1966), 463 f.; Schlinker JURA 2007, 1, 2. 112 4118 12 BGH NJW 1970, 44, 45. 113 4119 13 AA RG SeuffArch 77 (1923), 246, 247 f. 114 4120 14 Vgl. J. Blomeyer JuS 1970, 123, 128 und 229 Fn. 1. 115 4121 15 Walther S. 25 f.
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Entgegen dieser Ansicht unterliegt die nachträgliche Klagenhäufung nicht den Vorschriften über die Klageänderung, sondern ist der anfänglichen Klagenhäufung gleich zu behandeln (siehe § 260 Rdn. 64).117 Die Interessen des Beklagten, sich vor einer neuen Verteidigung zu schützen und eine Prozessverschleppung zu vermeiden, erfordern nicht die Anwendung der Regeln zur Klageänderung, da der Beklagte nicht vor der Erhebung einer neuen Klage geschützt werden soll und mit dem Erlass eines Teilurteils (§ 301) bzw mit der Prozesstrennung (§ 145) einer Verzögerung entgegengewirkt werden kann.118 Die Verwertung der bisherigen Prozessergebnisse auch für die neuen Ansprüche erfordert ebenfalls nicht die Annahme einer Klageänderung. Steht der neue Anspruch mit dem bisherigen Anspruch nicht in Zusammenhang, wird eine solche Verwertung nicht möglich sein. Besteht dagegen ein solcher Zusammenhang, so dass die bisherigen Ergebnisse verwertet werden könnten, dann würde, wenn die Vorschriften über die Klageänderung Anwendung fänden, entweder § 264 Nr. 2 eingreifen oder das Gericht die Sachdienlichkeit bejahen mit der Folge, dass es auch zu einer Verwertung der bisherigen Prozessergebnisse kommen würde. Im Übrigen wäre der Beklagte auch gegen eine Prozessverbindung (§ 147) nicht geschützt, wenn der Kläger den Anspruch gesondert geltend machen würde. Es müssen deshalb bei einer nachträglichen Klagenhäufung lediglich die Voraussetzungen des § 260 vorliegen. Die Klageänderungsvorschriften finden entgegen der h.M. keine entsprechende Anwendung. Noch deutlicher wird dies beim Wegfall der Klagenhäufung, wenn also einer der zusammen in einer Klage geltend gemachten prozessualen Ansprüche zurückgenommen wird. In diesem Fall findet allein § 269 Anwendung.119 3. Keine Klageänderung
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a) Wechsel der Verfahrensart. Keine Klageänderung stellt der Wechsel von einer Verfahrensart in eine andere in erster Instanz dar. So ist ein Übergang vom Wechselin den Urkundenprozess keine Klageänderung.120 Eine entsprechende Anwendung der Klageänderungsvorschriften ist bei einem Wechsel in erster Instanz zu verneinen,121 soweit das Gesetz hierfür Regelungen enthält. Die Zulässigkeit einer Verfahrensänderung richtet sich nach den entsprechenden Regelungen. So ist der Übergang vom Urkunden- (Wechsel-, Scheck-)prozess in das ordentliche Verfahren in erster Instanz gesetzlich zugelassen (§ 596). Ändert sich allerdings gleichzeitig der Klagegrund, wenn z.B. vom Anspruch aus dem Wechsel auf denjenigen aus dem Grundgeschäft übergegangen wird, liegt jedoch zugleich eine Klageänderung vor.122 Allerdings ist der umgekehrte Fall, der Übergang vom ordentlichen Prozess zum Urkundenprozess, nicht gesetzlich geregelt und wird deshalb nach den Vorschriften über die 116 4122
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Ständige Rspr. vgl. zuletzt BGH NVwZ-RR 2006, 109, 112; BGHZ 158, 295, 305 = NJW 2004, 2152, 2154; BGH NJW-RR 1987, 58; BGHZ 1, 65, 71 ff. = NJW 1951, 311, 312 (nachträgliche Stellung von Hilfsanträgen neben dem ursprünglichen Hauptantrag); RG Gruchot 32, 410, 412 f.; RG JW 1911, 373; RG JW 1935, 2896, 2897; RG Warn 1942 Nr. 52; RG ZZP 59 (1934), 411; BAG NJW 2006, 2716, 2717; OLG Nürnberg BayJMBl 1955, 148; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 21; Zöller/Greger Rdn. 2; Rimmelspacher FS Lüke (1997), S. 655, 658; aA KG JW 1928, 1314, 1315 mit Anm. Sonnen. 117 24123 Ebenso Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 11;
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Musielak/Foerste Rdn. 4; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 96 Rdn. 6; Schlinker JURA 2007, 1, 2. 118 4124 3 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 96 Rdn. 6; Walther S. 74; aA J. Blomeyer JuS 1970, 123, 125, der hierin keinen ausreichenden Schutz sieht. 119 4125 4 Vgl. aber Groß S. 35, der hierin auch eine Klageänderung sieht; dagegen ausführlich Walther S. 54 ff., 73 ff. 120 4126 5 BGH NJW 1993, 3135, 3136. 121 64127 BGH NJW 1993, 3135, 3136; aA Steckler/Künzl WM 1984, 861, 862. 122 74128 BGH NJW-RR 1987, 58 f.; BGH NJW 1982, 2823; RGZ 160, 338, 347.
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Klageänderung behandelt.123 Auch bei einem Wechsel vom Urkundenprozess in den ordentlichen Prozess in der Berufungsinstanz (vgl. dazu § 596 Rdn. 9) wurden von der h.M. die Vorschriften der Klageänderung entsprechend angewendet.124 Mit der Änderung des § 533 im Rahmen der ZPO-Reform125 dürfte der bisherigen h.M. nunmehr der Boden entzogen sein, da die Einführung neuer Tatsachen gem. § 533 Nr. 2 beschränkt ist und damit eine Abstandnahme in der Berufung praktisch kaum mehr möglich ist. Beweismittel, die wegen der Einschränkung im Urkundenprozess dort nicht eingeführt wurden, wären dann im Rahmen einer Klageänderung gem. § 533 auch in der Berufungsinstanz ausgeschlossen.126 Deshalb ist die entsprechende Anwendung der Klageänderungsvorschriften hier abzulehnen. Entsprechendes gilt für die Revisionsinstanz. Der Übergang vom Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahren auf den Hauptsacheprozess ist verfahrensrechtlich nicht möglich. § 263 kann auch nicht entsprechend angewendet werden.127
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b) Änderung von Nebenentscheidungsanträgen. Die Änderung von Nebenentscheidungsanträgen, wie z.B. hinsichtlich der Prozesskosten oder der vorläufigen Vollstreckbarkeit, ist ebenfalls keine Klageänderung. Diesbezügliche Entscheidungen ergehen von Amts wegen (§§ 308 Abs. 2, 708 f.). Die Zulässigkeit von Anträgen über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 710, 711 S. 2, 712, 714. Auch wenn die Kostenentscheidung − nach Wegfall des sonstigen Streitgegenstands − selbständig verfolgt wird, liegt keine Klageänderung vor.
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c) Änderung der Verteidigung. Der Klage steht die Verteidigung, der Verteidigung die Gegenverteidigung gegenüber. Die geänderte Verteidigung stellt keine Klageänderung dar und unterliegt deshalb nicht den Regeln der Klageänderung.
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d) Änderung der Rechtsausführungen. Änderungen, die weder den Klagegrund noch den Klageantrag betreffen, stellen keine Klageänderung dar. So ist es unerheblich, wenn die Rechtsausführungen geändert werden (vgl. auch § 264 Rdn. 22). Da grundsätzlich bei dem vorgetragenen Sachverhalt jeder rechtliche Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist (iura novit curia), ist die rechtliche Charakterisierung durch die Partei ohne Bedeutung.128 Es genügt, dass die Behauptungen aufgestellt worden sind, auch wenn der Rechtsgrund erst später vorgebracht wird.129 Es kommt deshalb auf die Ausführungen über den rechtlichen Charakter eines Vertrags
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BGHZ 69, 66, 67 = NJW 1977, 1883, wobei es in der Regel an der Sachdienlichkeit fehlen wird; die Sachdienlichkeit wird von LG Flensburg NJW 2003, 3425 für den Fall bejaht, dass der Übergang zum frühest möglichen Zeitpunkt erfolgt (nach Widerspruch im Mahnverfahren im Antrag auf Überleitung in das streitige Verfahren); aA RGZ 79, 69, 71 ff. (Übergang nicht möglich). 124 24130 BGH NJW 2000, 143, 145; BGH NJW 1965, 1599; BGHZ 29, 337, 340 = NJW 1959, 886; OLG Frankfurt NZG 2000, 603, 604; OLGR Celle 1996, 32, 33; OLG Hamburg WM 1985, 1506. 125 4131 3 BGBl I 2001 S. 1887, 1898. 126 44132 OLGR Celle 2005, 514, 515; OLG Düsseldorf ZIP 2003, 542, 543; Zöller/Greger § 596 Rdn. 4; Musielak/Voit § 596 Rdn. 7; Stickelbrock EWiR 2003, 665, 666.
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OLG Karlsruhe OLGZ 1977, 484, 485 f.; OLG Hamm NJW 1971, 387; OLG Karlsruhe WRP 1968, 456 f.; aA bei Einverständnis beider Parteien OLG Frankfurt FamRZ 1989, 296, 297; OLG Braunschweig MDR 1971, 1017. 4134 6128 Vgl. RG JW 1912, 873; RG DR 1939 A 803 (Begründung des Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266 StGB und später § 826 BGB); RGZ 126, 245, 248, das allerdings in dem Fall, dass der Kläger statt der ursprünglich als angemessen bezeichneten Vergütung später eine vereinbarte Vergütung fordert, zu Unrecht von einer Änderung des Klagegrundes ausging, anders aber RGZ 165, 289, 298; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 18. 129 74135 RGZ 27, 385, 387; RG JW 1912, 873 f.
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nicht an. Entscheidend ist, dass die bereits vorgetragenen Tatsachen den Schluss auch auf die geänderten rechtlichen Gesichtspunkte zulassen.130 Dabei ist es nicht erforderlich, dass bereits sämtliche Tatsachen dargelegt worden sind, die für die Subsumtion notwendig sind. Unerheblich ist es ferner, wenn die Rechtsfolgen verschieden wirken, sofern nur der Klagevortrag derselbe bleibt, so wenn der Anspruch zunächst über § 123 BGB, dann über §§ 826, 249 BGB begründet wird.131 Bei den nachfolgenden Einzelfällen wurde eine Änderung der Rechtsausführungen angenommen und eine Klageänderung verneint: Anfechtungsklage: Bei der Auswechslung der Anfechtungsgründe für eine Anfechtungsklage gem. §§ 130 ff. InsO, wenn es sich um dieselbe Rechtshandlung handelt.132 Feststellungsklage: wenn die negative Feststellungsklage zunächst darauf gestützt wird, dass der abzuwehrende Anspruch des Beklagten wegen eines Scheingeschäfts überhaupt nicht entstanden sei, und später behauptet wird, dass der Anspruch zwar wirksam entstanden, jedoch durch Erfüllung erloschen sei.133 Gesellschaftsvertrag: wenn der ausgeschiedene Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft den zunächst auf eine Aufhebungsvereinbarung gestützten Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens, in zweiter Instanz unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag zur Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens gründet.134 Räumungsklage: wenn die Räumungsklage zunächst auf Nichtigkeit des Mietvertrags, später auf Kündigung oder Ablauf der Mietzeit gestützt wird.135 Schadensersatz: Bei einer auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gestützten Klage hat das RG136 wegen Nichtigkeit des Vertrags den geltend gemachten Betrag aus ungerechtfertigter Bereicherung zugesprochen. Auch wenn der Anspruch zunächst auf vertragliche und später auf gesetzliche Haftungsgründe gestützt wird, wie z.B. auf Schadensersatz aus Vertrag, auf ungerechtfertigte Bereicherung, sodann auf unerlaubte Handlung, ist eine Klageänderung verneint worden.137 Dasselbe gilt bei einer auf §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB gestützten Klage, die auch unter dem Gesichtspunkt des § 826 BGB zu prüfen ist,138 oder wenn vom Anspruch aus § 845 BGB auf denjenigen aus § 844 BGB übergegangen wird139 oder der Anspruch zunächst auf ungerechtfertigte Bereicherung (wegen Eigentumsverlustes) und dann auf unerlaubte Handlung140 bzw auf Vertragserfüllung141 oder erst auf unerlaubte Handlung und dann auf ungerechtfertigte Bereicherung gem. § 852 Abs. 1 (§ 852 Abs. 2 a.F.)142 bzw auf Verschulden bei Vertragsschluss143 gestützt wird, ebenso der Übergang von einer auf das HaftpflG gestützten, auf die aus unerlaubter Handlung144 oder die auf Vertragsverletzung gestützte Klage.145 130 4136
1 Vgl. OLG Hamburg JW 1934, 2572. 131 24137 RGZ 63, 268, 269. 132 34138 OLG Köln NZI 2004, 217, 218 f.; MünchKommInsO2/Kirchhof (2008) § 146 Rdn. 15c; vgl. auch Kübler/Prütting/Paulus InsO Bd. 2 (Stand: Jan. 2008) § 146 Rdn. 2. 133 4139 4 RGZ 72, 143. 134 4140 5 BGH NJW 2000, 1958. 135 64141 RG HRR 1931 Nr. 981; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 98 Rdn. 3. 136 74142 RGZ 105, 349, 351. 137 84143 RG Gruchot 54, 972, 974. 138 94144 RG Warn 1939 Nr. 69. 139 4145 10 RG Warn 1911 Nr. 291.
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11 RG JW 1911, 941, 943. 141 4147 12 OLG Hamburg JW 1934, 2572; aA RG JW 1899, 741 für den Übergang von ungerechtfertigter Bereicherung zum Schadensersatz wegen mangelhafter Erfüllung. 142 4148 13 RGZ 71, 359, 360; OLG Karlsruhe GRUR 1979, 473. 143 4149 14 BGHZ 76, 231, 234 f. = NJW 1980, 1470, 1471; vgl. aber BGH NJW 2001, 1210, 1211 (Klageänderung bei unterschiedlichen Lebenssachverhalten). 144 4150 15 BGH NJW 1954, 640, 641. 145 4151 16 RG JW 1912, 873 f. (anders noch RG JW 1912, 384 f.). Entgegen RG JW 1912, 873, 874 kann es
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Wechselt der Kläger lediglich die Art der Schadensberechnung, ohne seinen Antrag zu erweitern (vgl. oben Rdn. 16)146 bzw ohne diese auf einen abgewandelten Lebenssachverhalt zu stützen,147 oder ändert er den Sachvortrag zur haftungsausfüllenden Kausalität bei gleichbleibenden Schadensposten,148 liegt keine Änderung des Klagegrundes vor. Unterlassungsklage: Bei einer Unterlassungsklage wegen Urheberrechtsverletzung ist die Konkretisierung der Software durch Bezugnahme auf eine eingereichte CD-ROM keine Klageänderung, wenn vorher die Dateien nur durch ihre Größe, die Daten der letzten Änderung, des letzten Zugriffs und der Erstellung sowie ein Zuordnungskriterium beschrieben wurden.149 Dasselbe gilt bei einer Unterlassungsklage gem. § 1 UKlaG (früher: § 13 AGBG), wenn sie zunächst auf § 309 BGB (früher: § 11 AGBG) und später auf § 307 BGB (früher: § 9 AGBG) gestützt wird.150 Vertragliche Ansprüche: Der Übergang von einem Vertragsanspruch zu einem öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch ist keine Klageänderung, soweit die vorgetragenen Tatsachen an die vermeintlich vertraglich erbrachten Leistungen anknüpfen und dasselbe Klageziel rechtfertigen.151 Werkvertrag: Keine Klageänderung liegt vor, wenn der Kläger von der Abschlagszahlung zum (Teil-)Anspruch auf Schlusszahlung übergeht152 oder auf Grund derselben Werklohnforderung eine neue Schlussrechnung vorlegt153 oder beim Übergang vom vereinbarten zum gesetzlichen Honorar und umgekehrt,154 wenn z.B. der Architekt seine Honorarklage zunächst auf eine unwirksame Pauschalpreisvereinbarung und später auf das nach der HOAI zulässige Mindesthonorar stützt155 oder der Steuerberater eine Vergütung für die Neuerstellung der Buchführung des Mandanten zunächst „als Vorarbeiten zur Erstellung des Jahresabschlusses“ gem. § 35 Abs. 3 StBGebV und später „als Vorarbeiten zur Erstellung der Überschussrechnung“ nach § 25 Abs. 2 StBGebV verlangt156. Zession: Die Umstellung des Antrags auf Zahlung an den Zessionar statt an den Zedenten ist bei Offenlegung einer stillen Zession im Verfahren keine Klageänderung.157 Gleiches gilt, wenn der Zedent bei stiller Sicherungszession die abgetretene Forderung zunächst auf Grund einer Einziehungsermächtigung und sodann auf Grund einer Rückabtretung oder der Kläger zunächst die Forderung auf Grund eines durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlangten Einziehungsrechts und später auf Grund einer Abtretung geltend macht.158
jedoch keinen Unterschied machen, ob der Kläger in der Klageschrift bereits eine rechtliche Bewertung vornimmt wie in RG JW 1912, 384 f. oder nicht. 4152 1146 BGHZ 115, 286, 292 = NJW 1992, 566, 568. 147 24153 BGHZ 115, 286, 292 = NJW 1992, 566, 568 (Übergang vom großen zum kleinen Schadensersatzanspruch); RG SeuffArch 78 Nr. 97 (Übergang von der konkreten zur abstrakten Schadensberechnung); OLG Dresden SeuffArch 74 (1919), 110, 111; vgl. auch BGH NJW-RR 1996, 891, 892; BGH NJW-RR 1991, 1279; BGH NJW 1990, 2683. 148 34154 BGH NJW-RR 2006, 253, 254. 149 44155 BGH GRUR 2003, 786, 787. 150 54156 BGH NJW 1993, 2052, 2053.
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6 BGH NVwZ 2002, 1535, 1536. 152 74158 BGH NJW 1985, 1840, 1841; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 163; aA BGH NJW 1999, 713. 153 84159 BGH NJW-RR 2004, 167; BGH NJW-RR 2002, 1596, 1597; aA OLG Naumburg NJW-RR 2000, 391, 392. 154 94160 RGZ 165, 289, 298; Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 34; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 18; Schellhammer ZPR Rdn. 1660; aA RGZ 126, 245, 247; OLG Frankfurt MDR 1984, 238. 155 4161 10 BGH NJW-RR 2001, 310. 156 4162 11 BGH NJW-RR 2000, 1521, 1522. 157 4163 12 BGH NJW 2007, 2560, 2561; BGH NJW 1999, 2110, 2111 f. 158 4164 13 BGH NJW 2007, 2560, 2561; aA OLG Hamm NJW-RR 2002, 72.
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e) Klagerücknahme. Keine Klageänderung stellt die Klagerücknahme dar (§ 269). Hier kann die Einwilligung des Beklagten nicht bei Sachdienlichkeit durch das Gericht ersetzt werden. Dasselbe gilt für die Rechtsmittelrücknahme. Wird in der Klageschrift ein Anspruch erhoben, der in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen und über den auch in erster Instanz nicht entschieden wird,159 so liegt in der zweiten Instanz, falls er dort erneut geltend gemacht wird, keine Klageänderung vor, solange er noch rechtshängig ist.160
V. Zulässigkeit der Klageänderung
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Vor Klageerhebung, also vor Zustellung der Klageschrift, darf die Klageschrift beliebig geändert werden. Dasselbe gilt für eine nur angekündigte Widerklage. Nach Rechtshängigkeit ist eine Klage- bzw Widerklageänderung161, die nicht unter § 264 zu subsumieren ist (siehe dort Rdn. 12 ff.), nur zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Auch vor Einlassung des Beklagten zur Hauptsache ist die Klageänderung nur gemäß § 263 zulässig.162 Die Klageänderung kann jedoch nicht unter einer Bedingung erklärt werden, so dass eine hilfsweise Klageänderung unzulässig ist. Andernfalls bliebe es ungewiss, ob ein neuer Streitgegenstand rechtshängig geworden bzw die Rechtshängigkeit des alten Anspruchs entfallen ist (vgl. zur eventuellen einseitigen Erledigungserklärung § 260 Rdn. 45). Eine Klageänderung ist auch im Nachverfahren zulässig (vgl. § 600 Rdn. 17).163 Ausnahmsweise sind Klageänderungen ohne die Voraussetzungen der §§ 263, 264 gem. § 611 Abs. 1 in Ehesachen zulässig (vgl. § 611 Rdn. 1).164 1. Einwilligung des Beklagten
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Die Einwilligung des Beklagten ist eine empfangsbedürftige, dem Gericht gegenüber abzugebende einseitige prozessuale Willenserklärung, die unwiderruflich und bedingungsfeindlich165 ist. Die Erklärung bedarf keiner besonderen Form. In der mündlichen Verhandlung wird sie mündlich abgegeben, ansonsten schriftlich.166 Der Schriftsatz ist dann bestimmender Art. Eine ausdrückliche Einwilligung ist nicht erforderlich, sie kann unter Umständen auch aus dem schlüssigen Verhalten des Beklagten entnommen werden.167 Hat der Beklagte die Tatsachen zu seiner Verteidigung angeführt, die den Kläger dann zur Klageänderung veranlassen, kann darin eine vorweggenommene Einwilli159 4165
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Das Gericht darf über einen in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragenen Klagegrund nicht entscheiden, RG JW 1911, 50. 4166 2160 Allein auf Grund des fehlenden Vortrags in erster Instanz kann nicht von einer diesbezüglichen Klagerücknahme ausgegangen werden, RG JW 1911, 50. Vgl. aber RG JW 1899, 432 f., das eine Klageänderung annimmt, weil der Kläger seine ursprünglich in der Klageschrift aufgestellte Behauptung in der ersten Instanz ausdrücklich zurückgenommen hatte, und RG JW 1911, 447, das nur bei einem klaren Verzicht und späterer neuer Behauptung eine Klageänderung angenommen hat. 161 34167 Auch die Widerklageänderung unterfällt den
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§§ 263 ff., OLG Düsseldorf MDR 1990, 728; aA Hellwig System Bd. 1, § 135 (S. 386 f.); Heinsheimer ZZP 38 (1909), 1, 10 ff.; Lippmann AcP 65 (1882), 359, 363. 162 4168 4 BGH NJW 1960, 1950. 163 54169 BGHZ 17, 31, 32 ff. = NJW 1955, 790, 791; siehe auch Gethmann S. 121 ff.; Moller NJW 1966, 1397, 1399 will dann das Vorbehaltsurteil gem. § 269 Abs. 3 S. 1 analog zum Schutz des Beklagten hinfällig werden lassen. 164 4170 6 MünchKomm/Bernreuther § 611 Rdn. 8; Zöller/ Philippi § 611 Rdn. 2. 165 74171 Vgl. Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 9. 166 84172 BGH NJW 1992, 2235, 2236. 167 94173 RG Gruchot 65, 111, 113.
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gung oder treuwidrige Verweigerung der Einwilligung gesehen werden (vgl. § 267 Rdn. 9).168 Dieser Fall wurde in der Gesetzesbegründung als Beispiel dafür genannt, dass das Gericht nach seinem Ermessen die Klageänderung auch ohne Einwilligung des Beklagten für zulässig erachten kann, wenn die Verteidigung des Beklagten nicht wesentlich erschwert wird (vgl. § 264 a.F.).169 Die vorbehaltlose Einlassung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung führt zum Verlust seines Rechts, die Einwilligung zu verweigern (§ 267). Bei mehreren Beklagten muss derjenige in die Klageänderung einwilligen, der betroffen ist. Tritt eine neue Partei ein, so muss auch diese einwilligen. Bei notwendiger Streitgenossenschaft (§ 62) scheitert bei Widerspruch nur eines Streitgenossen die Einwilligung, ebenso bei der streitgenössischen Nebenintervention (§ 69) bei Widerspruch des Nebenintervenienten. Dagegen bleibt bei der gewöhnlichen Nebenintervention (§ 67) die positive Einwilligung des Beklagten trotz Widerspruchs des Nebenintervenienten beachtlich, allerdings lässt sich ein Schweigen des Beklagten dann nicht als Einwilligung gem. § 267 deuten. Hat der Beklagte eingewilligt, kann das Gericht die Klageänderung nicht wegen fehlender Sachdienlichkeit zurückweisen. Widerspricht der Beklagte der Klageänderung, kann das Gericht diese jedoch bei Sachdienlichkeit zulassen. 2. Sachdienlichkeit170 Sachdienlich ist die Befriedung des Streits, mit anderen Worten sachdienlich ist, was den Streit beendet. Für die Frage der Sachdienlichkeit ist nicht auf die subjektiven Interessen einer Partei abzustellen, sondern allein auf die objektive Beurteilung,171 ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt.172 Entscheidender Gesichtspunkt für die Sachdienlichkeit ist die Prozessökonomie.173 Sachdienlichkeit liegt vor, wenn sich das ursprüngliche Klagebegehren als „Missgriff“ darstellt, also als untaugliches Mittel zum fortbestehenden Zweck.174 Eine Klageänderung darf jedoch nicht als sachdienlich anerkannt werden, wenn der Kläger nur das sinkende Schiff verlassen will.175 Sachdienlichkeit ist zu bejahen, wenn der bisherige Prozessstoff für die geänderte Klage wenigstens teilweise verwertbar ist.176 Dies ist immer dann der Fall, wenn zwischen der ursprünglichen und 168 4174
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Vgl. BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGHZ 19, 387, 391 = NJW 1956, 631; RGZ 103, 419, 422; RG JW 1913, 337, 338 = SeuffArch 68 (1913), 246; RG JR 1925 Nr. 1276; RG LZ 1927, 1023 Nr. 16; RG HRR 1932, Nr. 789; aA RG Warn 1918 Nr. 194; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 29. 169 4175 2 Hahn/Mugdan Bd. 8, S. 101. 170 34176 Siehe dazu Gethmann Der Begriff der Sachdienlichkeit im Rahmen des § 264 ZPO (1974). 171 44177 BGH MDR 1983, 1017; BGH WM 1983, 604, 605; RG JW 1935, 2896, 2897; aA Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 189. 172 54178 BGH NJW 2000, 800, 803; BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGH NJW-RR 1994, 1143; BGH NJWRR 1987, 58; BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH WM 1983, 604, 605; BGH NJW 1958, 184; BGHZ 1, 65, 71 = NJW 1951, 311, 312; RG JW 1937, 811; RG JW 1936, 385; RG JW 1935, 2635; RG JW 1935, 2896, 2897; OLG Hamm FamRZ
1981, 1200, 1201; KG VersR 1978, 766, 767; LG Saarbrücken WuM 1985, 294, 295. 4179 6173 BGH NJW 2000, 800, 803; BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGH NJW-RR 1987, 58; BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH NJW 1977, 49; BGH NJW 1975, 1228, 1229; BGH NJW 1958, 184; BGHZ 1, 65, 71 ff. = NJW 1951, 311, 312; OLG Brandenburg NJOZ 2004, 565, 568; OLG Hamm FamRZ 2000, 1173, 1174; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 353; den Gesichtspunkt der Prozessökonomie hält Gethmann S. 138 zur Bestimmung der Sachdienlichkeit für ungeeignet. 174 74180 Vgl. dazu auch Gethmann S. 57, der dies aus dem Prozesszweck folgert. 175 84181 So Dunz NJW 1962, 1225, 1226; vgl. OLG Celle NdsRpfl 1962, 9 (Einführung von neuen Ansprüchen, die dem Kläger nur zur Vermeidung einer Klageabweisung abgetreten worden sind). 176 94182 BGH NJW 2000, 800, 803; BGH NJW-RR 1994, 1143; BGH NJW 1985, 1841, 1842; OLG Düsseldorf VersR 1976, 151.
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der geänderten Klage ein nicht unwesentlicher tatsächlicher Zusammenhang besteht.177 Sachdienlichkeit kann auch dann vorliegen, wenn die Aussetzung des alten Verfahrens durch die Klageänderung vermieden werden kann.178 Abzulehnen ist die Ansicht, dass eine Klageänderung vor Beginn der mündlichen Verhandlung stets sachdienlich sei, um den Kläger nicht in eine Klagerücknahme zu drängen.179 Es liegen zwar in einem solchen Fall regelmäßig keine für den neuen Anspruch verwertbaren Prozessergebnisse vor. Allein der bisherige geringe Verfahrensaufwand rechtfertigt es aber nicht, auf die Feststellung der Sachdienlichkeit anhand der genannten Kriterien zu verzichten. Bei der Zulassung einer Klageänderung durch das Gericht wegen Sachdienlichkeit handelt es sich um eine Ermessensfrage.180 Eine Nachprüfung in der Berufungs- und der Revisionsinstanz hat sich darauf zu beschränken, ob der Tatsachenrichter den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt oder die Grenzen des Ermessens bei der Verneinung der Sachdienlichkeit überschritten hat.181 Das Berufungsgericht soll gem. § 538 Abs. 1 sachlich über die neue Klage entscheiden, wenn es die Klageänderung zulässt. Hat das erstinstanzliche Gericht zu Unrecht die Sachdienlichkeit abgelehnt, so kommt auch eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 (vgl. § 538 Rdn. 32)182 bzw Nr. 3 in Betracht,183 wenn eine Partei dies beantragt. Hat sich der Tatrichter zur Sachdienlichkeit nicht geäußert, so kann das Revisionsgericht darüber entscheiden.184 Das Ermessen des Gerichts kann durch andere Vorschriften, wie z.B. § 558b Abs. 3 BGB,185 eingeschränkt oder auf Null reduziert sein.186 a) Keine Hinderungsgründe. Der Sachdienlichkeit einer Klageänderung steht im Berufungsrechtszug regelmäßig nicht entgegen, dass der Beklagte im Fall ihrer Zulassung eine Tatsacheninstanz verliert.187 Ebenso wenig berührt es die Zulässigkeit einer Klageänderung, dass auf Grund ihrer Zulassung neue Parteierklärungen und Beweiserhebungen nötig werden und dadurch die Erledigung des Prozesses verzögert wird.188 Ein entgegenstehendes subjektives Interesse des Beklagten ist kein Grund, 177 4183
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So Gethmann S. 113, der die Sachdienlichkeit hauptsächlich nach diesem Kriterium bestimmen will (S. 138); vgl. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 20. 178 4184 2 Vgl. OLG Celle VersR 1975, 264. 179 34185 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 37; v. Mettenheim Der Grundsatz der Prozeßökonomie (1968), S. 107 f. 180 44186 BGH NJW 1996, 2869, 2870; BGHZ 123, 132, 136 = NJW 1993, 3072, 3073; BGH NJW 1985, 1841, 1842 (Berufungsinstanz); BGH NJW 1975, 1228, 1229; BGH NJW 1958, 184; BGHZ 16, 317, 322 = NJW 1955, 667; BGHZ 1, 65, 71 = NJW 1951, 311, 312; RGZ 155, 227, 229; RGZ 103, 111, 112; OLG Hamm FamRZ 2000, 1173, 1174. 181 54187 BGH NJW 1996, 2869, 2870; BGHZ 123, 132, 136 = NJW 1993, 3072, 3073; BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH MDR 1981, 1012; BGH NJW 1958, 184; BGHZ 16, 317, 322 = NJW 1955, 667; BGHZ 1, 65, 71 = NJW 1951, 311, 312; RG Warn 1942 Nr. 52; RG JW 1936, 385; RG JW 1935, 2635; RG SeuffArch 92 Nr. 104; BAG WM 1976, 598, 600. 182 64188 BGH ZZP 68 (1955), 385, 386; RGZ 103, 111, 112 noch zum alten Recht.
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7 OLGR Oldenburg 2002, 63 zu § 538 Nr. 2 a.F. 184 84190 BGH NJW 1993, 3072, 3073; BGH NJW-RR 1989, 66, 68; BGH FamRZ 1979, 573. 185 94191 AG Bad Homburg WuM 1985, 323; Emmerich FS Lüke (1997), S. 65, 79. 186 4192 10 Vgl. Baumgärtel FamRZ 1979, 791, 792. 187 4193 11 BGH NJW 1984, 1552, 1555; BGH WM 1981, 657, 658; BGH DB 1951, 760; BGHZ 1, 65, 72 = NJW 1951, 311, 312; RG Warn 1942 Nr. 52; OLG Brandenburg NJOZ 2004, 565, 569; ausführlich zur Sachdienlichkeit in der Berufungsinstanz BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH MDR 1983, 1017; BGH WM 1983, 604, 605; BGH MDR 1983, 1017; aA OGHZ 1, 59, 61; OLG Köln NJW 1951, 158, 160; LG Düsseldorf WuM 1990, 505; LG Mannheim ZMR 1974, 339, 340. 188 4194 12 BGH NJW-RR 1994, 1143, 1144; BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGH NJW-RR 1987, 58; BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH MDR 1983, 1017; siehe aber BGH MDR 1964, 28 (LS); vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 2002, 72 (hier stand eine umfangreiche Beweisaufnahme der Sachdienlichkeit entgegen); aA OLG Dresden GRUR 1934, 760, 761.
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die Sachdienlichkeit zu verneinen.189 Auch die wesentliche Erschwerung der Verteidigung des Beklagten stellt keinen Grund für die Ablehnung der Sachdienlichkeit dar.190 Eine Berücksichtigung der Interessen des Beklagten wird jedoch von einem Teil der Literatur verlangt.191 Die Sachdienlichkeit ist sogar dann zu bejahen, wenn die Klage bereits in erster Instanz hätte geändert werden können, durch die Zulassung der Klageänderung in der Berufungsinstanz aber ein neuer Prozess vermieden wird.192 Der Gesichtspunkt des Verschuldens vermag die Verneinung der Sachdienlichkeit nicht zu rechtfertigen.193 Die Sachdienlichkeit erfordert nicht, dass die geänderte Klage Aussicht auf Erfolg hat. Die Klageänderung kann auch sachdienlich sein, wenn die geänderte Klage wegen Unzulässigkeit abgewiesen werden muss, vorausgesetzt, dass durch die Klageänderung der Streitstoff dennoch endgültig beseitigt werden kann.194 Bei Unzuständigkeit des Gerichts für den geänderten Antrag kann die Sachdienlichkeit bejaht werden, wenn gleichzeitig ein Verweisungsantrag gestellt wird.195 Auch die fehlende Schlüssigkeit oder Unbegründetheit des geänderten Antrags sind bei der Frage der Sachdienlichkeit grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.196 b) keine Sachdienlichkeit. Dagegen ist die Sachdienlichkeit einer Klageänderung im Allgemeinen zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann.197 Sachdienlichkeit ist auch dann abzulehnen, wenn das Berufungsgericht über das in der Berufungsinstanz geänderte Begehren nicht entscheiden kann, weil z.B. über einen Aufrechnungseinwand befunden werden müsste, über den die vorhergehende Instanz infolge zulässiger Zurückverweisung entscheiden müsste.198
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3. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen Umstritten ist, ob neben den Voraussetzungen der Klageänderung auch diejenigen der Klagerücknahme vorliegen müssen, wenn der Beklagte seine bisherige Verteidigung fallen lassen muss.199 Zum Teil wird eine kumulative Anwendung der Klageän189 4195
1 BGH DB 1951, 760. 190 24196 AA OLG München JW 1938, 2149, 2150. 191 34197 Henckel Prozeßrecht und materielles Recht (1970), S. 133; ders. FS Bötticher (1969), S. 173, 189, der insbesondere wegen § 269 (§ 271 a.F.), der neben § 264 keine Anwendung findet, Berücksichtigung des Interesses des Beklagten fordert, dass der Kläger den ursprünglichen Antrag nicht weiterverfolgt; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 22; Walther S. 133 ff. Für die Berücksichtigung der Interessen beider Parteien Herrmann Die Grundstruktur der Rechtshängigkeit (1988), S. 95 ff.; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1983, 400, 401. 192 44198 BGH NJW-RR 1994, 1143, 1144; BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGH MDR 1983, 1017; BGH NJW 1977, 49; BGHZ 53, 24, 29 = WM 1970, 72, 73; RG SeuffArch 92 Nr. 104. 193 4199 5 RG HRR 1937, Nr. 1254; RG HRR 1935 Nr. 1536. 194 64200 BGH (DienstG des Bundes) NJW-RR 2002, 929, 930; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 36; Zöller/Greger Rdn. 13.
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Schikora MDR 2003, 1160, 1161; vgl. aber BGH ZZP 95 (1982), 66 f. (keine Sachdienlichkeit im Berufungsverfahren, wenn das erstinstanzliche Gericht unzuständig wäre); MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 36; Zöller/Greger Rdn. 13; aA OLG Düsseldorf FamRZ 1983, 400, 401. 196 84202 Vgl. aber OLG Zweibrücken JurBüro 1981, 765, 766, das die Sachdienlichkeit verneint, da bei einem nicht bestehenden Anspruch kein weiterer Rechtsstreit zwischen den Parteien droht. Dem ist beizupflichten, wenn auf Grund der Ausführungen des Klägers bereits bei der Klageänderung klar ist, dass dieser Anspruch nicht besteht. 197 94203 BGH NJW 2000, 800, 803; BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH WM 1983, 604, 605; BGH MDR 1964, 28; BGH LM Nr. 1 zu § 523 ZPO; J. Blomeyer JuS 1970, 123, 124 f. 198 4204 10 BGH NJW 1984, 1552, 1555; vgl. auch OLG Bamberg NJW-RR 1994, 454, 456. 199 4205 11 Bejahend BGH NJW 1990, 2682; Grunsky S. 152;
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derungs- und der Klagerücknahmevorschriften gefordert (sog. Kumulationstheorie).200 Nach der gegenteiligen Ansicht schließen die Klageänderungsvorschriften die Anwendung des § 269 aus (sog. Isolationstheorie).201 Die vermittelnde Ansicht verlangt bei einer Beschränkung der Klage lediglich, dass der Beklagte nicht gem. § 267 widerspricht, nicht aber eine Zustimmung gem. § 269 (sog. gemischte Theorie).202 Zum Teil wird dieses Problem lediglich bei der Klagebeschränkung gem. § 264 Nr. 2 diskutiert (siehe § 264 Rdn. 36 ff.). Die Kumulationstheorie ist abzulehnen, da ansonsten die Erleichterung der Klageänderung, die durch die Novellen von 1898 und 1924 beabsichtigt war, zunichte gemacht werden würde.203 Die Vereinfachungen würden sich dann lediglich auf die Klageerweiterung beziehen.204 Soweit die Streitgegenstände ausgetauscht werden, ist dies als einheitlicher Vorgang lediglich den Regeln der Klageänderung zu unterstellen. Erachtet das Gericht die Klageänderung für sachdienlich, ist also daneben keine Zustimmung des Beklagten gem. § 269 erforderlich. Das Interesse des Beklagten an einer Entscheidung über den ursprünglichen Streitgegenstand tritt insoweit hinter das Interesse der endgültigen Beendigung des sachlichen Streitstoffs zurück.205 Abzulehnen ist insbesondere auch die Ansicht von Groß,206 der zwar die Kumulationstheorie vertritt, aber eine Anwendung des § 269 im Rahmen des § 263 für überflüssig hält, da die Entziehung eines Streitgegenstands aus dem Prozess im Weg einer einwilligungsbedürftigen Zurücknahme nie sachdienlich sei. Dagegen sei § 269 neben § 264 Nr. 2 und 3 anzuwenden. 4. Klageänderung in den Rechtsmittelinstanzen
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a) Berufungsinstanz. Eine Klageänderung in der Berufungsinstanz ist gem. § 533 Nr. 1 unter denselben Voraussetzungen zulässig wie in erster Instanz, wenn also der Beklagte einwilligt oder das Gericht diese für sachdienlich hält.207 Allerdings kann die Klageänderung nach der ZPO-Reform208 nur noch auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2).209 Es darf also über die Klageänderung nicht ein ansonsten unzulässiger Tatsachenstoff in die Berufungsinstanz einverneinend Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 60; J. Blomeyer JuS 1970, 123, 124; Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 189, allerdings fordert er Berücksichtigung des Interesses des Beklagten, dass der Kläger den ursprünglichen Antrag nicht weiterverfolgt, im Rahmen der Sachdienlichkeit; ebenso Lüke FS Weber (1975), S. 323, 331; Walther S. 118 ff. 200 4206 1 BGH NJW 1990, 2682; RG Gruchot 41, 699, 702; Grunsky S. 149 ff.; vgl. auch Pawlowski FS Rowedder (1994), S. 309 mwN und Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 60. Die in diesem Zusammenhang genannten letzteren Autoren vertreten die Kumulationstheorie lediglich im Rahmen des § 264 Nr. 2 und nicht bei § 263. 201 4207 2 Vgl. auch Pawlowski FS Rowedder (1994), S. 309 f. mwN und Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 60; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 331; Prütting/Wesser ZZP 116 (2003), 267, 290 f. 202 34208 Vgl. auch Pawlowski FS Rowedder (1994), S. 310 mwN und Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 60.
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Herrmann Die Grundstruktur der Rechtshängigkeit (1988), 100; Walther NJW 1994, 423, 426. Dies sieht auch Pawlowski FS Rowedder (1994), S. 314, will aber die weiteren in § 269 enthaltenen Regelungen neben den Klageänderungsvorschriften anwenden, insbesondere § 269 Abs. 3 S. 2. 204 4210 5 Vgl. auch Gethmann S. 101 f., 138: Klagerücknahme als Teil der Klageänderung unterliegt, soweit das Gericht im Rahmen des § 139 auf die Stellung eines sachdienlichen Antrags hingewiesen hat, nicht der Sperre des § 269; siehe auch Prütting/Wesser ZZP 116 (2003), 267, 291. 205 64211 Ausführlich J. Blomeyer JuS 1970, 123, 124; Prütting/Wesser ZZP 116 (2003), 267, 290. 206 74212 S. 72; ebenso ablehnend J. Blomeyer JuS 1970, 123, 125. 207 84213 BGH NJW 1994, 61. 208 94214 BGBl I 2001 S. 1887, 1898. 209 4215 10 Gaier NJW 2001, 3289, 3291 f.; Fellner MDR 2004, 241, 243; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 371 zum Parteiwechsel.
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geführt werden (vgl. § 533 Rdn. 12).210 Der Instanzverlust bleibt bei der Frage der Sachdienlichkeit unberücksichtigt,211 ebenso der Umstand, dass die Klageänderung bereits in erster Instanz hätte vorgenommen werden können (vgl. Rdn. 67). Sachdienlichkeit scheidet aus, wenn in der Berufungsinstanz über das neue Begehren nicht abschließend entschieden werden kann, weil z.B. an die erste Instanz zurückverwiesen werden muss.212 Allerdings setzt eine Klageänderung in der Berufungsinstanz voraus, dass mit der Berufung zunächst zumindest ein Teil213 des in der ersten Instanz geltend gemachten Anspruchs – nicht aber nur hilfsweise214 – weiterverfolgt wird, denn eine Berufung ist nur zulässig, wenn mit ihr die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer verfolgt wird.215 Die Erweiterung oder Änderung der Klage in zweiter Instanz kann deshalb nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein; vielmehr setzt ein derartiges Prozessziel eine zulässige Berufung voraus.216 Eine Berufung, die die Richtigkeit der vorinstanzlichen Klageabweisung nicht in Frage stellt und ausschließlich einen neuen – bisher noch nicht geltend gemachten – Anspruch zum Gegenstand hat, ist somit unzulässig.217 Dem nicht beschwerten Kläger verbleibt in diesen Fällen allein die Möglichkeit der Anschlussberufung.218 Der mit seiner Feststellungsklage in erster Instanz obsiegende Kläger kann nicht allein zum Zweck des Übergangs auf die Leistungsklage Berufung einlegen (vgl. § 256 Rdn. 283).219 Ist eine Feststellungsklage in erster Instanz durch Prozessurteil wegen fehlenden Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen worden, soll eine Berufung unzulässig sein, wenn mit ihr lediglich ein bezifferter Zahlungsantrag gestellt wird, da der Kläger dann auch nicht teilweise die Beseitigung der durch das erstinstanzliche Urteil gegebenen Beschwer erstrebt.220 Außerdem ist es unzulässig, wenn bei einem unbezifferten Schmerzensgeldanspruch der Kläger mit seiner genannten Betragsvorstellung in erster Instanz obsiegt hat, und mit der Berufung ein höheres Schmerzensgeld anstrebt (vgl. dazu § 253 Rdn. 102).221 Ist der Kläger dagegen beschwert, weil das erstinstanzliche Gericht hinter seiner Betragsvorstellung zurückgeblieben ist, so liegt in der Korrektur der Betragsvorstellung 210 4216
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Begründung des RegE BT-Drucks. 14/4722 S. 102; OLG Brandenburg NJOZ 2004, 565, 569; Musielak/Ball § 533 Rdn. 22; MünchKomm/ Rimmelspacher § 533 Rdn. 14; Zöller/Gummer/ Heßler § 533 Rdn. 34; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 23. 4217 2211 OLG Brandenburg NJOZ 2004, 565, 569. 212 34218 OLG Bamberg NJW-RR 1994, 454, 456. 213 44219 BGH NJW-RR 2002, 1073, 1074 = BB 2002, 804; BGH NJW 2001, 435; BGH NJW 2001, 2548, 2549; BGH NJW-RR 2000, 1521; BGH NJW 1998, 2058; BGH NJW 1994, 3358, 3359; BGH NJW 1994, 944, 945; BGHZ 85, 140, 143 = NJW 1983, 172, 173; OLG Hamm VersR 2002, 366, 367; Gaier NJW 2001, 3289, 3290; Spickhoff MDR 1997, 10, 12; aA Semmelmayer Der Berufungsgegenstand (1996), S. 137 f.; Schneider EWiR 1993, 99, 100; Oellers EWiR 1992, 407, 408; Altmeppen ZIP 1992, 449, 452 ff. 214 4220 5 BGH NJW 2001, 226; BGH NJW 1999, 2118, 2120 = JZ 1999, 954 mit kritischer Anm. Greger; BGH ZIP 1999, 1068, 1070 (unter Aufgabe seiner Ansicht in BGH NJW 1996, 320: Berufung gegen einen neuen Beklagten und nur hilfsweise gegen ursprünglichen) mit kritischer Anm. Altmeppen;
BGH NJW-RR 1998, 390, 391; BGH NJW-RR 1996, 765. 6 BGH NJW-RR 2002, 1435, 1436; BGHZ 140, 335, 338 = NJW 1999, 1339; BGH NJW 1998, 1006; BGH NJW 1996, 527; BGH NJW-RR 1996, 1276; BGH NJW 1996, 320; BGH NJW 1988, 2540, 2541; BGH NJW-RR 1987, 124, 125; OLG Hamm MDR 2000, 48; OLG München NJW-RR 1998, 207; vgl. auch Otte ZZP 113 (2000), 225, 233. 216 4222 7 BGH NJW 2001, 2548, 2549; BGH NJW 2000, 1958; BGH NJW 1999, 1407, 1408; BGH NJW 1996, 527; BGH NJW-RR 1996, 1276. 217 84223 BGH NJW-RR 1991, 1279; BGH NJW 1990, 2683; BGH NJW-RR 1989, 254; RGZ 130, 100, 101; Spickhoff JR 1998, 227, 230; aA Stein/Jonas/ Grunsky21 vor § 511 Rdn. 73; Baumgärtel SAE 1961, 164; Altmeppen ZIP 1992, 449, 453 ff. 218 94224 Hierfür ist keine Beschwer erforderlich, § 524 Rdn. 22 mwN. 219 4225 10 BGH NJW 1988, 827 f. 220 4226 11 OLG Köln NJW-RR 1990, 1085, 1086. 221 4227 12 BGH MDR 2004, 1077; BGHZ 140, 335, 340 f. = NJW 1999, 1339, 1340; BGH VersR 1983, 1160, 1161 mwN; BGH NZV 1996, 194. 215 4221
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in der Berufungsinstanz keine Klageänderung, weil das Gericht an die Angabe einer ungefähren Größenordnung222 durch den Kläger nicht gebunden ist, sondern der Schmerzensgeldanspruch in diesem Fall in vollem Umfang rechtshängig wird (§ 261 Rdn. 61).223 Nach der h.M., die die nachträgliche Klagenhäufung entsprechend der Klageänderung behandelt (anders die hier vertretene Ansicht, vgl. Rdn. 36), ist es dagegen zulässig, von einer Zahlungsklage in erster Instanz auf eine Stufenklage in der Berufung überzugehen, da die Entscheidung über den Zahlungsantrag in der dritten Stufe angegriffen wird.224 b) Revisionsinstanz225 Klageänderungen in der Revisionsinstanz sind wegen § 559 grundsätzlich nicht zulässig.226 Deshalb kann der Klageanspruch nicht erweitert werden (vgl. § 559 Rdn. 34).227 Ausnahmen sind jedoch in den Fällen des § 264 Nr. 2 gerechtfertigt, in denen die Änderung nur eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Anspruchs darstellt und sich auf einen Sachverhalt stützt, der vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (vgl. § 264 Rdn. 9 ff.).228 Die Erhebung des bisherigen Hilfsantrags zum Hauptantrag ist nur zulässig, soweit in den Tatsacheninstanzen über beide entschieden wurde.229 5. Rechtsmissbrauch
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Eine Klageänderung kann sich dann als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig erweisen, wenn sie eine Umgehung der obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung gem. § 15a EGZPO darstellt.230 Ist dagegen ein Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung durchgeführt worden, ist eine Klageänderung im weiteren Rechtsstreit unter den Voraussetzungen der §§ 263 ff. zulässig, ohne dass ein neues Schlichtungsverfahren durchgeführt werden müsste.231 6. Klageänderungsverbote
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Es gibt auch Klageänderungen, die selbst mit Einwilligung des Beklagten oder Sachdienlicherklärung des Gerichts nicht möglich sind. So ist bei der Anfechtungsklage nach § 246 Abs. 1 AktG bzw § 51 GenG die Geltendmachung neuer Klagegründe im Weg der Klageänderung nach Ablauf der Monatsfrist nicht mehr zulässig.232 4228 1222 Anders bei Angabe einer Ober- oder Untergrenze. 223 24229 BGH NJW 2002, 3769 f. 224 4230 3 OLG Bamberg NJW-FER 2000, 296 f.; OLG München FamRZ 1995, 678; OLG Stuttgart MDR 1999, 1342. 225 44231 Siehe dazu Schiller Die Klageänderung in der Revisionsinstanz in Zivilsachen (1997). 226 54232 BGH NJW 1998, 1857, 1860; BGH NJW 1989, 170, 171; BGH NJW 1980, 2017, 2018; BGH NJW 1961, 1467; vgl. auch Altmeppen ZIP 1992, 449, 458 f. 227 4233 6 BGH MDR 1962, 562. 228 4234 7 BGH NJW 2002, 442 f.; BGH NJW 1999, 1407, 1408 (verneint im Ergebnis eine zulässige Klageänderung); BGH NJW-RR 1991, 1136 (Beschränkung); BGH MDR 1975, 126 (Beschränkung, nur noch hilfsweise Geltendmachung);
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BGH WM 1957, 1335, 1338; BGH NJW 1961, 1467 (Klageänderung hier aber unzulässig); BGHZ 26, 31, 37 f. = NJW 1958, 98, 99 (wegen Gesetzesänderung); BAGE 4, 149, 152 = AP Nr. 6 zu § 256 ZPO (Übergang Feststellungszur Leistungsklage); vgl. auch Groß S. 58; Schiller S. 178 f. 229 4235 8 Musielak/Ball § 559 Rdn. 4. 230 94236 LG Kassel NJW 2002, 2256; vgl. AG Brakel NJW 2002, 2724 (verneint die Sachdienlichkeit, kritisch dazu Deckenbrock/Jordans JA 2004, 913, 915); Bitter NJW 2005, 1235, 1237; Kimmelmann/ Winter JuS 2003, 951, 954; vgl. auch Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2004, 306, 309 f. 231 4237 10 BGH NJW-RR 2005, 501, 503. 232 4238 11 BGHZ 15, 177, 180 = NJW 1955, 178, 179; RGZ 170, 94 f.; RGZ 91, 316, 323; Hüffer AktG8 (2008) § 246 Rdn. 26.
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Dagegen ist bei der Feststellungsklage gem. § 180 InsO eine Klageänderung möglich.233 Zwar muss bei dieser Feststellungsklage der Klagegrund mit dem Anmeldungsgrund übereinstimmen (§ 181 InsO)234 und der Klagende mit dem Anmeldenden.235 Hierbei handelt es sich aber um besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen dieser Feststellungsklage.236 Dies hat lediglich zur Folge, dass Änderungen bezüglich des Klagegrundes, wenn sie die Voraussetzungen des § 181 InsO nicht erfüllen, zur Unzulässigkeit der geänderten Klage, nicht aber notwendigerweise zur Unzulässigkeit der Klageänderung führen.237 Da die Anmeldung und Prüfung nach § 181 InsO bis zur letzten mündlichen Verhandlung nachgeholt werden kann,238 kann die Zulässigkeit des neuen Klageantrags sogar noch hergestellt werden. Gerade in dem Fall, dass der Kläger eine zunächst nicht dem § 181 InsO entsprechende Klage erhoben hat und diese deshalb ändert, damit sie mit der angemeldeten Forderung übereinstimmt, wird deutlich, dass eine Klageänderung für zulässig erachtet werden muss.239 Dem Kläger ist es nicht zuzumuten, die unzulässige Klage zurückzunehmen und eine neue Klage zu erheben, wenn das Institut der Klageänderung eigentlich zur Verfügung steht. Ohne Weiteres ergänzt werden können die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen solange damit keine Änderung des Klagegrundes einhergeht. § 264 Nr. 1 findet insoweit Anwendung (§ 4 InsO).240 Dasselbe gilt in den Verteilungsverfahren (§ 878, § 115 ZVG).241 Ein Übergang von der Widerspruchsklage zur Bereicherungsklage ist gem. § 264 Nr. 3 möglich.242
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VI. Verfahren Die Zulässigkeit der Klageänderung ist als eine besondere Prozessvoraussetzung grundsätzlich vorab zu prüfen,243 bevor die Prüfung der Prozessvoraussetzungen und der Begründetheit des geänderten Anspruchs erfolgt. Dies gilt nicht, wenn das Fehlen von Prozessvoraussetzungen nur in Bezug auf die Änderung gerügt wird, da diese dann selbst nicht wirksam geworden ist,244 z.B. weil sie von einem nicht legitimierten gesetzlichen Vertreter oder von einem Prozessunfähigen vorgenommen worden ist. Die Zulässigkeit und die Begründetheit der neuen Klage sind grundsätzlich für die Frage der Zulässigkeit der Klageänderung von Bedeutung (vgl. aber für die Sachdienlichkeit Rdn. 68).
233 4239
1
MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 58 ff.; MünchKomm-InsO2/Schumacher (2008) § 181 21 Rdn. 7; Stein/Jonas/Schumann Rdn. 35; siehe auch BGH NJW 1962, 153, 154; aA Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 3; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 18. 234 24240 RGZ 86, 394, 396; RGZ 64, 204, 207; RG HRR 1931, 533 zu § 146 Abs. 4 KO. 235 34241 RG Gruchot 56, 353 f. 236 4242 4 MünchKomm-InsO2/Schumacher (2008) § 181 Rdn. 3. 237 54243 Vgl. aber MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 59 mwN, der die Klageänderung nur für statthaft hält, wenn sie nicht gegen § 181 InsO verstößt.
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MünchKomm-InsO2/Schumacher (2008) § 181 Rdn. 3; Uhlenbruck InsO12 (2003) § 181 Rdn. 6; Wimmer/Kießner InsO4 (2006) § 181 Rdn. 3. 4245 7239 Vgl. BGH ZZP 75 (1962), 347, 349 f. mit zust. Anm. Henckel S. 351, 353. 240 84246 RG JW 1911, 226 f.; RG JW 1911, 371, 372. 241 94247 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 62. 242 4248 10 BGH NJW 2001, 2477, 2478; RGZ 99, 202, 207. 243 4249 11 BGH LM Nr. 1 zu § 268 ZPO; RGZ 137, 324, 333; RG JW 1908, 153; aA AG Hamburg ZZP 68 (1955), 74, 76 bezüglich der sachlichen Zuständigkeit. Zur Prüfungsreihenfolge vgl. Bernreuther JuS 1999, 478, 479. 244 4250 12 So auch Gethmann S.117 f. bei fehlender Parteiund Prozessfähigkeit, vgl. auch de Boor S. 104. 6
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Das Gericht darf die zulässige Klageänderung nicht wegen Verspätung zurückweisen, da es sich bei der Klageänderung um einen Angriff und nicht um ein Angriffsmittel handelt.245 Dies gilt auch für die Berufungsinstanz.246 Allerdings ist nach der ZPO-Reform247 § 533 Nr. 2 zu beachten.
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a) Ursprünglicher Klageanspruch. Wie bei zulässiger Klageänderung zu verfahren ist, hängt davon ab, ob der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag hilfsweise248 aufrechterhält oder nicht. Wird der alte Klageanspruch fallen gelassen, scheidet er aus dem Prozess aus und der neue tritt an seine Stelle.249 Die Rechtshängigkeit (§ 261) erlischt.250 Da es sich bei dem Austausch der Streitgegenstände um einen einheitlichen Akt handelt, der allein nach den Vorschriften der §§ 263 f. zu beurteilen ist, findet § 269 keine Anwendung (vgl. oben Rdn. 70 ff.).251 Doch kann der Beklagte eine negative Widerklage erheben, um eine Entscheidung über den alten Klageanspruch zu erzwingen, allerdings nur, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Abgesehen von diesem Fall darf aber über den alten Klageanspruch nicht mehr entschieden werden, es sei denn, er wird hilfsweise aufrechterhalten.252 Es ergeht auch keine gesonderte Kostenentscheidung. Ein auf den früheren Antrag ergangenes Urteil ist analog § 269 Abs. 3 S. 1 aufzuheben.253 Dies gilt nicht bei einem Teilurteil, da dieses den Prozess in zwei voneinander unabhängige Teile gespalten hat.254 Zwischenurteile entfalten nur dann Bindungswirkung gem. § 318, wenn durch die Klageänderung kein wesentlich neuer Gesichtspunkt eingeführt wird.255
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b) Neuer Klageanspruch. Der neue Anspruch wird mit seiner Erhebung rechtshängig, also mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder mit Zustellung eines den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechenden Schriftsatzes256 (§ 261 Abs. 2). Für eine Klageänderung bedarf es keiner förmlichen Amtszustellung, es genügt auch die Zustellung gem. § 195 von Anwalt zu Anwalt.257 Die Rechtshängigkeit des neuen Anspruchs bewirkt noch nicht die Ersetzung des ursprünglichen Streitgegenstands.258 Dessen Rechtshängigkeit erlischt erst mit Zuläs4251 1245 BGH NJW 1986, 2257, 2258; BGH NJW 1955, 707; RG JW 1937, 544; OLG Karlsruhe NJW 1979, 879, 880 mit Anm. Deubner. 246 4252 2 BGH NJW 1986, 2257, 2258; BGH NJW 1955, 707; RG JW 1937, 2223. 247 34253 BGBl I 2001 S. 1887, 1898. 248 4254 4 Wird der ursprüngliche Antrag als Hauptantrag aufrechterhalten, handelt es sich um eine nachträgliche Klagenhäufung, auf die die Vorschriften der Klageänderung nach der hier vertretenen Ansicht keine Anwendung finden, vgl. Rdn. 36. 249 4255 5 OLG Frankfurt FamRZ 1981, 978, 979; Prütting/ Wesser ZZP 116 (2003), 267, 287. 250 64256 BGH NJW 1990, 2682; J. Blomeyer JuS 1970, 229, 234; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 331; Prütting/ Wesser ZZP 116 (2003), 267, 287. 251 74257 Bernreuther JuS 1999, 478, 480; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 331; Walther NJW 1994, 423, 426. 252 84258 OLG Frankfurt FamRZ 1981, 978, 979.
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253 94259 Moller NJW 1966, 1397, 1399. 254 4260 10 Festl S. 22. 255 4261 11 Festl S. 21 f.; Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 41. 256 4262 12 BGH NJW 1990, 2682. 257 4263 13 BGH NJW 1992, 2235, 2236; BGHZ 17, 234, 235 f. = NJW 1955, 1030. 258 4264 14 AA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 37, der gleichzeitig mit Rechtshängigkeit des neuen Anspruchs vom Ende der Rechtshängigkeit des ursprünglichen Anspruchs bei zulässiger Klageänderung ausgeht. In diesem Zeitpunkt ist aber noch nicht klar, ob die Klageänderung zulässig ist. Würde die Rechtshängigkeit des alten Anspruchs bereits in diesem Zeitpunkt entfallen, könnte bei unzulässiger Klageänderung über den alten Klageanspruch nicht mehr entschieden werden. Dies widerspricht aber dem Zweck des Klageänderungsverbots, dass eine Sachentscheidung über
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sigkeit der Klageänderung.259 Hat der Beklagte der Klageänderung zugestimmt, wird die Klageänderung im Zeitpunkt der Zustimmung wirksam260 und damit der ursprüngliche Streitgegenstand durch den neuen ersetzt.261 Ist dagegen eine gerichtliche Entscheidung über die Sachdienlichkeit der Klageänderung erforderlich, endet die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Streitgegenstands erst mit Zulassung der Klageänderung. Eine rechtskräftige Entscheidung kann jedoch nicht zur Voraussetzung gemacht werden, da eine Zulassung auch in einem Zwischenurteil gem. § 303 erfolgen kann, das nicht in Rechtskraft erwächst.262 Hierzu bedarf es einer Antragstellung in der mündlichen Verhandlung, weil sie Voraussetzung einer gerichtlichen Entscheidung über die Wirksamkeit der Klageänderung ist.263 Bis zur Vollziehung des Wechsels sind demnach beide Ansprüche rechtshängig. Die wiederholte Klageänderung ist möglich und zwar – abgesehen vom Verzicht bezüglich des ursprünglichen prozessualen Anspruchs – auch dahingehend, dass die erste Klageänderung wieder rückgängig gemacht wird und der ursprüngliche Antrag wieder erhoben wird.264 Ist die Klageänderung zulässig, müssen die Prozessvoraussetzungen für den neuen Anspruch geprüft werden, so die Zulässigkeit des Rechtswegs265 und die Zuständigkeit266 des Gerichts. Die Zuständigkeit ist auf Rüge, soweit ein ausschließlicher Gerichtsstand besteht von Amts wegen zu prüfen.267 Ist das angerufene Gericht zur Entscheidung über die geänderte Klage nicht mehr zuständig, so ist der Rechtsstreit unter den allgemeinen Voraussetzungen zu verweisen (§§ 281, 506).268 Prozesshindernisse, wie z.B. die Einrede einer Schiedsvereinbarung gem. § 1032, können gegen den neuen Anspruch erhoben werden, selbst wenn sie bereits gegen den ursprünglichen Anspruch hätten erhoben werden können, und die Einrede dort versäumt worden ist. Über die geänderte Klage soll, wenn sie erweitert wurde, erst verhandelt werden, nachdem die Verfahrensgebühr (§ 12 Abs. 1 S. 2 GKG = § 65 GKG a.F.) bezahlt worden ist. Eine für den ursprünglichen Anspruch gesetzte Erwiderungsfrist verliert ihre Wirkung und muss neu bestimmt werden.269
den ursprünglichen Streitgegenstand erfordert, wenn die Antragsersetzung nicht zulässig ist, so zutreffend LG Nürnberg-Fürth ZZP 91 (1978), 490, 491. 259 4265 1 BGH NJW 1988, 128; MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 48; Zöller/Greger Rdn. 16 (mit Zulassung); differenzierend BGH NJW 1990, 2682 bei Zustimmung des Beklagten mit Rechtshängigwerden des neuen Antrags, bei Widerspruch mit rechtskräftiger Zulassung der Klageänderung. 260 24266 Dies kann schon vor Antragstellung in der mündlichen Verhandlung der Fall sein, wenn der Schriftsatz vorher dem Beklagten zugestellt worden ist und der Beklagte schriftlich seine Zustimmung erklärt, BGH NJW 1992, 2235, 2236. 261 34267 BGH NJW 1992, 2235, 2236; vgl. BGH NJW 1990, 2682 mit Rechtshängigkeit des neuen Anspruchs. 262 44268 So zu Recht MünchKomm/Becker-Eberhard
Rdn. 48; aA BGH NJW 1990, 2682; Bernreuther JuS 1999, 478, 480. 4269 5263 BGH NJW 1992, 2235, 2236. 264 64270 BGH NJW 1990, 2682; OLG Stettin OLGRspr 41, 268. 265 74271 RG Warn 1908 Nr. 674. 266 4272 8 OLG Frankfurt FamRZ 1981, 978, 980; OLG Hamburg OLGRspr 21, 67; OLG Braunschweig OLGRspr 11, 47, 48; aA wohl de Boor S. 105, der von der perpetuatio fori gem. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ausgeht. 267 94273 RGZ 88, 55, 61. 268 4274 10 OLG Frankfurt FamRZ 1981, 978, 980; Zöller/ Greger Rdn. 16a; Musielak/Foerste Rdn. 10; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 26, wonach über die Zulässigkeit der Klageänderung erst das nach der Verweisung zuständige Gericht entscheidet. 269 4275 11 OLG Düsseldorf MDR 1980, 943.
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2. bei unzulässiger Klageänderung
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a) Ursprünglicher Klageanspruch. Willigt der Beklagte nicht in die Klageänderung ein und lässt das Gericht diese auch nicht als sachdienlich zu, so hat das Gericht, wenn der Kläger nicht von Anfang an seinen ursprünglichen Antrag als Hilfsantrag für den Fall der Nichtzulassung der Klageänderung aufrechterhalten hat, gem. § 139 aufzuklären, ob der Kläger den alten Anspruch noch weiterverfolgen will.270 Die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Antrags kann in diesem Fall nicht automatisch entfallen.271 Vielmehr kann der Kläger das Ende der Rechtshängigkeit nur im Wege des Klageverzichts (§ 306), der Rücknahme der Klage mit Einwilligung des Beklagten (§ 269 Abs. 1) oder der übereinstimmenden Erledigungserklärung herbeiführen. Für den Fall, dass der Kläger über den ursprünglichen Anspruch lediglich nicht mehr verhandelt, kann der Beklagte ein Versäumnisurteil beantragen.272 Ansonsten könnten die Klagerücknahmevorschriften mit einer unzulässigen Klageänderung umgangen werden.273
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b) Neuer Klageanspruch. In Bezug auf den neuen Antrag ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Kläger den neuen Antrag nur für den Fall der Zulassung der Klageänderung geltend machen will. Insoweit handelt es sich um eine zulässige innerprozessuale Bedingung. Dem steht auch nicht entgegen, dass eine bedingte Klageerhebung unzulässig ist, da das Klageverfahren bereits eingeleitet und ein Klageantrag unbedingt erhoben ist. Die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Anspruchs besteht noch bis zur Wirksamkeit der Klageänderung fort. Dies hat zur Folge, dass die Rechtshängigkeit des neuen Anspruchs spätestens mit der rechtskräftigen Nichtzulassung der Klageänderung rückwirkend entfällt.274 Aus diesem Grund ist über den neuen Klageanspruch nicht zu entscheiden,275 insbesondere keine Abweisung als unzulässig erforderlich.276 Eine ursprüngliche Klageänderung kann bei ausdrücklicher Zurücknahme der Klage nach Widerspruch des Beklagten gegen die Klageänderung in ihre zwei Teilakte zerlegt werden, so dass die ursprüngliche Klage bei Zustimmung des Beklagten als zurückgenommen und die geänderte als neue Klage behandelt werden kann.277
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3. Verwertung bisheriger Prozessergebnisse
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Inwieweit die bisherigen Prozessergebnisse auch für die geänderte Klage bindend sind, ist umstritten.278 Da bei der Sachdienlichkeit der Klageänderung auf die Prozess270 4276
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LG Nürnberg-Fürth ZZP 91 (1978), 490; J. Blomeyer JuS 1970, 229, 232 f. unterstellt, dass der Kläger den alten Anspruch weiterverfolgen will. 271 4277 2 BGH NJW 1988, 128. 272 4278 3 AA J. Blomeyer JuS 1970, 229, 232. 273 44279 So auch Walther NJW 1994, 423, 427. 274 54280 So auch Zöller/Greger Rdn. 16. 275 64281 LG Nürnberg-Fürth ZZP 91 (1978), 491, 492 f. mit abl. Anm. Schwab; J. Blomeyer JuS 1970, 229, 233. 276 4282 7 So aber die h.M. OLG Frankfurt FamRZ 1981, 978, 979; Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 42; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 54; Zöller/Greger Rdn. 17; Musielak/Foerste Rdn. 11; Nikisch ZPR § 48 III; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 32; Bernreuther JuS 1999, 478, 480.
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8 OLG Karlsruhe Justiz 1968, 125 f. 278 94284 Bejahend BGH NJW 1987, 1946, 1947; BGH NJW-RR 1986, 356; BGH NJW 1962, 347; vgl. BGH NJW 1962, 633, 635 für den Parteiwechsel bzw −erweiterung; BGH MDR 1983, 1017; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 50; Zöller/Greger Rdn. 16; J. Blomeyer JuS 1970, 123, 125 Fn. 18; Franz S. 107, 109; Rosenberg ZZP 70 (1957), 1, 2; verneinend: Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 39; Festl S. 18; Rimmelspacher S. 355, 359; einschränkend Gethmann S. 108 f.: Möglichkeit des Beklagten, die Prozesshandlungen zu widerrufen oder unterlassene Handlungen wiederholen zu können, wenn mit der Klageänderung die Beweggründe für die bisherige Pro-
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ökonomie abgestellt wird, spielt es insoweit auch eine Rolle, dass die bisherigen Prozessergebnisse für die geänderte Klage verwertbar sind.279 Könnten die bisherigen Prozessergebnisse allerdings unbeschränkt für die Entscheidung über einen neuen Streitgegenstand ausgenutzt werden, wäre mit einer rechtzeitigen Klageänderung eine Umgehung der objektiven Grenzen der Rechtskraft möglich.280 Es ist aber auch zu beachten, dass bestimmte Prozesshandlungen, tatsächliche Behauptungen, das Unterlassen eines Beweisantritts, der Verzicht auf Beweismittel oder auch auf die Vereidigung eines Zeugen im Hinblick auf den Streitgegenstand vorgenommen worden sind, die bei dem geänderten Streitgegenstand so nicht erfolgt wären. Aus diesem Grund muss den Parteien die Möglichkeit gegeben werden, Prozesshandlungen, die sie im Hinblick auf den ursprünglichen Streitgegenstand vorgenommen haben, im Fall der Klageänderung zu widerrufen oder nachzuholen.281 Auch eine Einwilligung des Beklagten zu der Klageänderung ändert daran nichts.282 4. Entscheidung a) in der ersten Instanz. Einer Entscheidung des Gerichts über die Zulassung der Klageänderung bedarf es nur, wenn der Beklagte widersprochen hat. Diese kann durch Zwischenurteil (§ 303) ergehen, aber auch in den Gründen des Endurteils.283 Wird die Klageänderung zugelassen, bedarf dies keiner besonderen Erörterung in den Urteilsgründen, wenn darüber stillschweigend, nämlich sachlich über die geänderte Klage entschieden worden ist.284 Wird die Klageänderung nicht zugelassen, so ist nur über den ursprünglichen Klageantrag zu entscheiden und in den Gründen die Nichtzulassung der Änderung zu bescheiden. Die Frage, ob die Klageänderung zuzulassen ist, darf nicht dahingestellt bleiben, weil ein klageabweisendes Urteil im Hinblick auf die Rechtskraftwirkung nicht erkennen lässt, ob die Klage aus prozessualen oder aus sachlichen Gründen abgewiesen worden ist.285 Allerdings kann die Frage, ob eine Klageänderung vorliegt, offengelassen werden, wenn das Gericht eine unterstellte Klageänderung als sachdienlich ansehen würde.286 Im Fall der Nichtzulassung der Klageänderung erfolgt weder eine Zulässigkeits-287 noch eine Sachprüfung288 bezüglich der geänderten Klage. Es darf nicht in der zessführung wegfallen. Uneingeschränkte Verwertbarkeit nur insoweit, als die diese Ergebnisse der bisherigen Prozessführung hervorgerufenen Faktoren sich nicht auf den Streitgegenstand stützen. Vgl. auch Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 185, der die Bindung an die bisherigen Prozessergebnisse nicht als Folge, sondern als Voraussetzung für die Klageänderung ansieht, ebenso ders. S. 237. 4285 1279 So Gethmann S. 112 f.; vgl. auch J. Blomeyer JuS 1970, 123, 124; Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 185. 280 24286 Grunsky S. 141 Fn. 140, S. 142 Fn. 141; zustimmend bzgl dieses Überraschungseffekts Rimmelspacher S. 354 f., der allerdings seiner Ansicht nach nicht die Voraussetzungen, sondern die Folgen der Klageänderung beeinflusst (schönes Beispiel: Teilklage, Beklagter findet Vereinbarung über Stundung nicht und gesteht wegen des geringen Betrags Fälligkeit zu, daraufhin erweitert der Kläger die Klage auf die gesamte Summe).
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So zutreffend Festl S. 15 ff., 18; vgl. auch Gethmann, S. 108 f.; Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 39 gibt den Parteien ein Widerspruchsrecht. 4288 4282 Vgl. Festl S. 19. 283 54289 J. Blomeyer JuS 1970, 229, 233. 284 64290 RGZ 155, 227, 229; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 35. 285 74291 RGZ 75, 259, 265; RG JW 1934, 974, 975; vgl. auch BGH LM Nr. 1 zu § 268 ZPO a.F.; RGZ 53, 35, 36. 286 84292 BGH NJW 1992, 2099; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 12; Blomeyer ZPR § 48 II 2, S. 272; Lent JbAkDR 1939/40, 208 f. 287 4293 9 RG Gruchot 67, 556, 558; RGZ 102, 391, 393 f.; RG JR 1926 Nr. 727; vgl. RG Warn 1908 Nr. 674 (Prüfung nur bei Zulässigkeit der Klageänderung). 288 4294 10 BGH LM Nr. 1 zu § 268 ZPO a.F.; RGZ 53, 35, 36.
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Sache entschieden werden. Wird dennoch sachlich entschieden, obwohl die Klageänderung nicht zugelassen wird, dann gilt die sachliche Entscheidung. Zwar steht die Unzulässigkeit der Klageänderung einer Entscheidung in der Sache grundsätzlich entgegen. Im Fall der Klageänderung liegt es aber im Ermessen des Gerichts, über die Zulässigkeit der Klageänderung zu befinden. Letztendlich handelt es sich um ein widersprüchliches Verhalten des Gerichts, bei dem die sachliche Entscheidung Vorrang hat. Bei Zulassung ist diese Entscheidung unanfechtbar (§ 268). Die ältere Rechtsprechung289 behandelte eine solche Abweisung dagegen grundsätzlich als Abweisung als unzulässig und lässt eine Entscheidung des Revisionsgerichts über die Begründetheit nicht zu. Auch ein nur eventuelles Eingehen des Gerichts auf das neue Vorbringen wird als unzulässig und nicht vorhanden betrachtet.290 Dies steht jedoch der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen, jedenfalls solange es sich um eine Klageänderung in der Berufungsinstanz zur Zeit der Rechtslage vor 1935 handelt, da hier die Klage nur mit Einwilligung des Beklagten geändert werden konnte, das Gericht also keine Möglichkeit hatte, von sich aus die Klage zuzulassen. Hat die erste Instanz hilfsweise sachlich entschieden, gilt nach der hier vertretenen Meinung die Klageänderung als zugelassen. Die Rechtsprechung gestattet dem Berufungsgericht dagegen nur dann, auf den neuen Antrag einzugehen, wenn es die Klageänderung für zugelassen hält oder selbst zulässt.291 Dasselbe gilt, wenn die Frage der Klageänderung offengelassen und sachlich entschieden, insbesondere abgewiesen worden ist.292 Die Zulässigkeit der Klageänderung darf nicht allein deshalb verneint werden, weil für den geänderten Klageantrag eine Prozessvoraussetzung fehlt (vgl. oben Rdn. 81).293 Dies muss zumindest dann gelten, wenn der Mangel geheilt werden kann, weil dann eine Entscheidung in der Sache möglich ist. So kann der Kläger bei Unzuständigkeit des Gerichts einen Verweisungsantrag stellen.294 Dass die Zuständigkeit eines anderen Gerichts der Sachdienlichkeit nicht entgegenstehen kann, ergibt sich bereits aus § 264 Nr. 2, der Erweiterungen des Klageantrags unabhängig davon zulässt, ob dadurch ein anderes Gericht zuständig wird oder nicht. Entscheidet die erste Instanz anstatt über den neuen Klageantrag trotz vollzogener Klageänderung über den alten Antrag, dann findet § 321 Anwendung, wenn der neue Antrag zusätzlich gestellt war.295 Handelt es sich dagegen um eine Anspruchsersetzung, ist Berufung einzulegen. Das letztere gilt auch, wenn der neue Antrag als Hauptantrag und der alte als Hilfsantrag weiterverfolgt wird, denn dann durfte über den Hilfsantrag entweder nicht mehr oder nicht vor der Entscheidung über den neuen Hauptantrag entschieden werden. Wurde aber der alte Antrag als Hauptantrag, der neue als Hilfsantrag gestellt und wird dann der Hauptantrag abgewiesen und über den Hilfsantrag nicht entschieden, dann ist wieder eine Urteilsergänzung gem. § 321 zu beantragen (vgl. dazu § 260 Rdn. 109).
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RGZ 53, 35, 36 (sachliche Abweisung der Klage trotz Unzulässigerklärung der Klageänderung); RGZ 75, 259, 265; RG HRR 1933 Nr. 341; RGZ 149, 157, 167. 290 4296 2 RG Gruchot 67, 556, 558. 291 4297 3 RG Warn 1911 Nr. 20. 292 44298 BGH LM Nr. 1 zu § 268 ZPO a.F. und RGZ 137, 324, 333 lassen dies auch hier nicht gelten. 293 54299 RGZ 102, 391, 393 f.; aA BGH ZZP 95 (1982), 66, 67; OLG Düsseldorf FamRZ 1983, 400, 401;
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Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 12; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 36 (Unzulässigkeit des neuen Klageantrags schließt die Sachdienlichkeit aus); Zöller/Greger Rdn. 13. 294 4300 6 Ebenso Gethmann S. 116 ff.; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 36. 295 74301 Dies gilt auch nach der hier vertretenen Ansicht, die eine nachträgliche Klagenhäufung entgegen der h.M. nicht als Klageänderung behandelt. Vgl. auch Rdn. 36 und § 260 Rdn. 64 f.
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b) in der Berufungsinstanz. Hat die erste Instanz die Klageänderung nicht zugelassen − bei Zulassung erfolgt keine Nachprüfung (§ 268) −, so überprüft die zweite Instanz, ob überhaupt eine Klageänderung vorliegt und bei Bejahung einer Klageänderung deren Zulässigkeit. Dagegen kann das Revisionsgericht nicht in der Sache selbst entscheiden.296 Wurde in erster Instanz über einen Hilfsantrag nicht entschieden und hatte der Beklagte zulässigerweise Klageänderung gerügt, so bestand für das Gericht noch keine Veranlassung, die Klageänderung zuzulassen. Nach der h.M. kommt die Sache, auch der auf einem einheitlichen Sachverhalt beruhende nicht beschiedene Hilfsantrag, in die zweite Instanz, ohne dass es einer Anschlussberufung des Klägers bedarf (vgl. § 260 Rdn. 117), in der dann über die Frage der Sachdienlichkeit, wenn eine Entscheidung über den Hilfsantrag erforderlich wird, zu entscheiden ist.297 Nach der hier vertretenen Ansicht hat der Kläger dagegen nicht die Möglichkeit, auch nicht im Wege der Anschlussberufung, den Hilfsantrag in die Rechtsmittelinstanz zu bringen, da der Hilfsantrag noch in der unteren Instanz anhängig ist (vgl. § 260 Rdn. 117).298 Wird über den Hauptantrag in der Berufungsinstanz abweichend entschieden, muss das Ausgangsgericht nunmehr über die Zulässigkeit der Klageänderung und den Hilfsantrag entscheiden, es sei denn, der Kläger nimmt seinen Hilfsantrag in der ersten Instanz zurück und erweitert mit Zustimmung des Beklagten die Klage um den Hilfsantrag in der Berufungsinstanz. Hat das erstinstanzliche Gericht über § 308 hinaus etwas zugesprochen und beantragt der Rechtsmittelbeklagte Zurückweisung des Rechtsmittels, so kann unter dem Gesichtspunkt einer zulässigen Klageänderung gem. § 264 Nr. 2 eine Heilung des Verstoßes gegen § 308 eintreten.299
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c) in der Revisionsinstanz. Hat sich der Tatrichter zur Sachdienlichkeit nicht geäußert, weil er nicht von einer Klageänderung ausgegangen ist, kann das Revisionsgericht über die Sachdienlichkeit entscheiden.300 Dagegen kann das Revisionsgericht nicht in der Sache selbst entscheiden.301
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5. Kosten Bei der zulässigen Klageänderung wird die Anhängigkeit des neuen Anspruchs kostenrechtlich als von Anfang an bestehend fingiert.302 Damit fallen Gerichtskosten nur einmal an, bezogen auf den neuen Anspruch.303 Soweit dieser niedriger oder gleich ist, ändert sich an der Höhe der Verfahrensgebühr (KV-GKG 1210) nichts. Kommt es zu einer wertmäßigen Erhöhung durch den neuen Klageanspruch, so sind die Gebühren danach zu berechnen.304 Bei einer Erhöhung des Streitwerts soll das Gericht gem. 296 4302
1 BGH LM Nr. 3 zu § 264 ZPO a.F. 297 24303 Vgl. BGH WM 1983, 604, 605 (Hilfsantrag erstmals in Berufungsinstanz gestellt, Berufungsgericht hat nur über Hauptantrag entschieden und kam so nicht zur Frage der Zulässigkeit der Klageänderung). 298 4304 3 MünchKomm/Becker-Eberhard § 260 Rdn. 53; MünchKomm/Rimmelspacher § 528 Rdn. 44; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 137 Rdn. 22; Wendtland Die Verbindung von Hauptund Hilfsantrag im Zivilprozeß (2001), S. 106 f.; Bähr JR 1971, 332, 333. 299 44305 BGH MDR 1964, 312. 300 54306 BGHZ 123, 132, 137 = NJW 1993, 3072, 3073;
vgl. auch BGH WM 1983, 604, 605 (oben zum Hilfsantrag, über den noch nicht entschieden worden ist). 4307 6301 BGH LM Nr. 3 zu § 264 ZPO a.F. 302 74308 Zöller/Greger Rdn. 32; Hk/Saenger Rdn. 32; aA Schneider/Herget Streitwertkommentar12 (2007) Rdn. 3118 f. (Addition der Streitgegenstände bei Austausch wirtschaftlich nicht identischer Streitgegenstände); ebenso Liebheit JuS 2001, 687, 691. 303 4309 8 Zöller/Greger Rdn. 32; Hk/Saenger Rdn. 32; aA Schneider/Herget Streitwertkommentar12 (2007) Rdn. 3120 ff. 304 94310 Zöller/Greger Rdn. 32; aA Schneider/Herget Streitwertkommentar12 (2007) Rdn. 3123 f., nach
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§ 12 Abs. 1 GKG vor Zahlung der Gebührendifferenz keine Handlungen vornehmen. Sind allerdings durch Maßnahmen bezüglich des ursprünglichen Anspruchs Mehrkosten entstanden, die für den neuen Klageanspruch nicht verwertbar sind, sind diese entsprechend § 96 dem Kläger aufzuerlegen.305 Die Streitwertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren erfolgt für die einzelnen Verfahrensabschnitte, dh für die Terminsgebühr ist der Anspruch entscheidend, der zum Zeitpunkt des ersten Termins zur mündlichen Verhandlung rechtshängig ist.306 Soweit über beide verhandelt wurde, fällt die Terminsgebühr nur einmal und zwar nach dem höheren Streitwert an, da es sich für den Rechtsanwalt um dieselbe Angelegenheit handelt.307 Bei der Verfahrensgebühr wird dagegen der höhere Anspruch bei der Streitwertfestsetzung zugrunde gelegt. Ist die Klageänderung unzulässig, bleibt es bei den Gebühren bezüglich des ursprünglichen Klageanspruchs. Mehrkosten werden dadurch nicht verursacht.308
VII. Parteiwechsel 1. Begriff
110
Der Parteiwechsel ist neben der Parteierweiterung (Parteibeitritt) ein Fall der Parteiänderung.309
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a) Kein Parteiwechsel. aa) Berichtigung der Parteibezeichnung. Die bloße Berichtigung der Parteibezeichnung stellt keinen Parteiwechsel dar (Vor § 50 Rdn. 19).310 Die reine Parteiberichtigung verändert weder das Prozessrechtsverhältnis noch ist sie Klageänderung.311 Bei der Abgrenzung zwischen einer Parteiberichtigung und einem gewillkürten Parteiwechsel ist die Bezeichnung der Partei in der Klageschrift allein für die Parteistellung im Prozess nicht ausschlaggebend. Vielmehr ist entscheidend, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist.312 Bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Parteibezeichnung ist auf die Person abzustellen, die erkennbar durch die Bezeichnung betroffen sein soll.313 So handelt es sich z.B. um eine zulässige Parteiberichtigung, wenn in einem anhängigen Verfahren, in dem die Gesellschafter einer GbR entsprechend der bisherigen Rechtsprechung als notwendige Streitgenossen eine Gesamthandsforderung eingeklagt haben, nach der Rechtsprechungsänderung zur Rechts- und Parteifähigkeit der GbR die GbR an deren dessen Ansicht der Stichtag für die Wertänderung der Eingang des geänderten Antrags bei Gericht ist. 305 4311 1 Vgl. LG Köln NJW-RR 1990, 419, 420; Zimmermann Rdn. 17; J. Blomeyer JuS 1970, 229, 234; aA OLG Bremen VRS 35, 329, 333, Pawlowski FS Rowedder (1994), S. 309, 317, 321 und Liebheit JuS 2001, 687, 691, die sich für die entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 aussprechen. 306 4312 2 Vgl. Riedel/Sußbauer/Keller RVG9 (2005) Vorb. VV 3 Rdn. 51. 307 34313 Vgl. Zöller/Greger Rdn. 32. 308 4314 4 J. Blomeyer JuS 1970, 229, 233 Fn. 49. 309 54315 Thomas/Putzo/Hüßtege Vorbem § 50 Rdn. 11; Roth NJW 1988, 2977, 2978; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 42 Rdn. 1. 310 64316 BGH NJW 1983, 2448, 2449; BGH NJW 1981,
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1453, 1454; OLG Hamm NJW-RR 1991, 188; OLG Köln OLGZ 1970, 349; zur Abgrenzung von gewillkürtem Parteiwechsel und bloßer Parteiberichtigung OLG München OLGZ 1981, 89 ff.; OLG Celle OLGZ 1967, 310 f.; Jauernig ZZP 86 (1973), 459 ff. 311 4317 7 RG JW 1938, 1730. 312 84318 BGH NJW 1983, 2448, 2449; BGH NJW 1981, 1453, 1454; BGHZ 4, 328, 334 = NJW 1952, 545; OLG Hamm NJW-RR 1991, 188; OLG Celle VersR 1986, 131, 132; OLG München OLGZ 1981, 89, 90; OLG Frankfurt MDR 1977, 410; OLG Saarbrücken VersR 1997, 435, 436; vgl. Burbulla MDR 2007, 439, 440 ff. 313 94319 BGH NJW 1983, 2448, 2449; BGH NJW 1981, 1453, 1454; OLG Celle VersR 1986, 131, 132; OLG Saarbrücken VersR 1997, 435, 436.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Stelle tritt.314 Dies gilt ebenso nach der Rechtsprechungsänderung315 für den nichtrechtsfähigen Verein, wenn dieser an die Stelle der klagenden Mitglieder tritt oder der inzwischen rechtsfähig gewordene Verein den Prozess anstelle der für den nichtrechtsfähigen Verein klagenden Mitglieder weiterführt.316 Auch die Benennung des hinter der zunächst verklagten Einzelfirma stehenden Inhabers ist eine Berichtigung.317 Dagegen handelt es sich bei einer Auflösung von Gesamtparteien in Einzelparteien um einen Parteiwechsel, so beim Übergang vom Gesellschaftsprozess auf den Gesellschafterprozess.318 bb) Parteierweiterung. Der Parteiwechsel ist auch zu unterscheiden von der Parteierweiterung (Parteibeitritt).319 Bei letzterer handelt es sich um eine nachträgliche subjektive Klagenhäufung, die entsprechend den Regelungen über die anfängliche Streitgenossenschaft zu behandeln ist (§§ 59 ff.).320 Die Vorschriften über die Klageänderung finden entgegen der h.M.321 keine Anwendung.322 Liegen die Voraussetzungen der §§ 59, 60 vor, so bedarf es keiner Zustimmung des Gerichts im Hinblick auf § 147.323 Das Gericht kann jedoch ebenso wie bei der anfänglichen subjektiven Klagenhäufung eine Trennung gem. § 145 herbeiführen. Ein gesetzlich geregelter Fall des Parteibeitritts findet sich in § 856 Abs. 2. Da die Gegenmeinung die Parteierweiterung bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 59, 60 in der Regel für sachdienlich halten wird, kommt diese jedenfalls in erster Instanz zu den praktisch gleichen Ergebnissen wie die hier vertretene Ansicht. Gleiches gilt zumindest im Ergebnis für den Beklagtenbeitritt in der Berufungsinstanz, da die Rechtsprechung324 ebenso wie die hier vertretene Auffassung diesen nur bei Zustimmung des neuen Beklagten oder dessen missbräuchlicher Verweigerung zulässt.325 Die teilweise noch daneben geforderte Sachdienlichkeit zum Schutz des Be314 4320
1
BGH NJW-RR 2004, 275, 276; BGH NJW 2003, 1043; OLG Köln NJW-RR 2003, 431, 432; Nagel S. 25 f.; Kraemer NZM 2002, 465, 473; verneinend für den Fall, dass sowohl die Gesellschafter als auch die Gesellschaft Anspruchsgegner sein können, OLG Brandenburg NZG 2002, 778, 779; Jacoby NJW 2003, 1644, 1645 geht im Aktivprozess und im Passivprozess, wenn die Gesellschafter lediglich hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens verklagt worden sind, von einer formwechselnden Umwandlung und dementsprechend von einer Anwendung der § 239 analog, §§ 325, 727 aus; kritisch Eckert EWiR 2003, 357, 358. 315 4321 2 BGH NJW 2008, 69, 74, der dem nichtrechtsfähigen Verein auch die aktive Parteifähigkeit zuspricht. 316 34322 RGZ 85, 256, 259; OLG Jena JW 1937, 1659. 317 44323 Vgl. etwa BGH ZfBR 2004, 158; RG JW 1902, 128; OLG Bamberg JW 1931, 1107, 1108; KG OLGRspr 13, 111, 112; OLG Dresden OLGRspr 4, 202, 203; OLG Hamburg OLGRspr 3, 274, 275. 318 4324 5 BGHZ 62, 131, 133 = NJW 1974, 750; OLG Köln BB 1972, 1114. 319 64325 Siehe auch Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 134. Nagel S. 27 bevorzugt den Begriff Parteierweiterung oder nachträgliche subjektive Klagenhäufung.
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Vgl. RGZ 96, 201 f.; RGZ 58, 248, 252; RG JW 1907, 712, 713; Baumgärtel/Halbach JZ 1975, 670. 4327 8321 RGZ 108, 351; BGHZ 40, 185, 189 = NJW 1964, 44, 45; BGH NJW 1961, 1066, 1067; BGHZ 65, 264, 267 = NJW 1976, 239, 240; BGH NJW 1988, 2298, 2299; BGH NJW 1989, 3225; BGHZ 131, 76, 79 = NJW 1996, 196 (parteierweiternde Widerklage) dazu Putzo FG 50 Jahre BGH (2000), S. 149, 158 ff. und Luckey JuS 1998, 499 ff.; BAGE 46, 322, 343 = NJW 1985, 85, 89; OLG Düsseldorf FamRZ 1980, 156, 157; OLG Schleswig SchlHA 1985, 154, 155; LG Heidelberg VersR 1989, 200; LG Konstanz VersR 1975, 94; Grunsky ZZP 102 (1989), 473, 476; Schütze DIZPR2 (2005) § 59 Rdn. 22, der die Parteierweiterung als Klageerweiterung gem. § 263 ansieht. 322 94328 RGZ 96, 201 f.; OLG München MDR 1958, 849: Klagenverbindung gem. § 147; Putzo NJW 1964, 500, 501; Rosenberg ZZP 70 (1957), 1, 2. 323 4329 10 So aber die Voraufl. § 264 E III b 1. 324 4330 11 St. Rspr. zuletzt BGHZ 144, 192, 196 = NJW 2000, 1950, 1951; BGH NJW 1999, 62; BGH NJW 1997, 2885; BGH NJW 1988, 2298, 2299; BGH WM 1967, 1275; BGHZ 21, 285, 289 = NJW 1956, 1598; vgl. dazu auch BGH NJW 1957, 543; Putzo FG 50 Jahre BGH (2000), S. 149, 156 ff. 325 4331 12 AA OLG Karlsruhe Justiz 1968, 46, 47 (Verwei-
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rufungsgerichts vor unzulässiger Inanspruchnahme wegen der instanziellen Unzuständigkeit326 ist wegen der nunmehr engen Voraussetzungen des § 529 entbehrlich geworden. Dagegen ist die Parteierweiterung auf der Klägerseite nach der Rechtsprechung in der Berufungsinstanz unter den Voraussetzungen einer Klageänderung zulässig,327 nach der hier vertretenen Ansicht jedoch zum Schutz des Beklagten vor einem Instanzverlust (vgl. § 260 Rdn. 68) nur mit dessen Einwilligung. Ein Parteiwechsel liegt auch im umgekehrten Fall nicht vor, wenn eine von mehreren Parteien auf einer Parteiseite aus dem Prozess ausscheidet. Hier handelt es sich um eine Klagerücknahme bezüglich der ausscheidenden Partei, auf die § 269 Anwendung findet (§ 269 Rdn. 42).328 b) Austausch der Parteien. Ein Parteiwechsel liegt dementsprechend nur dann vor, wenn in einem anhängigen Rechtsstreit ein Austausch der Parteien entweder auf der Kläger- oder auf der Beklagtenseite stattfindet.329 In der Regel stellt sich während des Verfahrens heraus, dass die nicht sachlich legitimierte Partei klagt oder verklagt ist, und der Fehler durch eine Auswechslung beseitigt werden soll.330 Ein Parteiwechsel liegt z.B. vor, wenn eine Partei nunmehr als Vertreter der Partei auftritt331 oder umgekehrt332 oder wenn eine Partei zunächst kraft Amtes und später persönlich in Anspruch genommen wird,333 z.B. wenn zunächst gegen den Testamentsvollstrecker, sodann gegen ihn in Person geklagt wird,334 oder beim Eintritt des Erwerbers in den vom Zwangsverwalter anhängig gemachten Rechtsstreit335. Dasselbe gilt, wenn zuerst von oder gegen den Geschäftsführer einer GmbH, sodann von oder bzw gegen die GmbH vorgegangen wird336 oder zunächst die Klage von einer oder gegen eine OHG erhoben und dann durch oder gegen einzelne oder alle Gesellschafter fortgeführt wird337 sowie beim Übergang vom Gesellschaftsprozess auf den Gesellschafterprozess,338 und von der Klage gegen die KG auf die Klage gegen die Kommanditistengesamtheit339. Ein Parteiwechsel liegt vor, wenn ein Elternteil bisher als gesetzlicher Vertreter Unterhaltsansprüche einklagt, nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags diese gem. § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB aber in Prozessstandschaft weiterverfolgt340 bzw bei einem Verfahren sung ist nicht möglich); Jauernig ZPR § 86 III; Baumgärtel/Halbach JZ 1975, 670 f., die eine Parteierweiterung in der Berufungsinstanz wegen fehlender instanzieller Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts ablehnen. 4332 1326 So noch Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 117; Bötticher MDR 1958, 330. 327 24333 BGH NJW 1989, 3225, 3236; BGHZ 65, 264, 267 = NJW 1976, 239, 240; OLG München WM 1991, 100, 105 f. verneint Sachdienlichkeit, wenn gleichzeitig ein allein auf den neuen Kläger bezogener neuer Streitgegenstand eingeführt wird; LG Wiesbaden JZ 1975, 668, 669 mit abl. Anm. Baumgärtel. 328 34334 BGHZ 17, 340, 343 = NJW 1955, 1393. 329 44335 Vgl. Pohle FS Fragistas (1967), S. 133. 330 54336 Gofferje´ S. 33; Franz NJW 1972, 1743; Jauernig ZPR § 86 II. 331 64337 RG JR 1925 B 821; OLG Jena FamRZ 2001, 1619. 332 4338 7 BGH NJW 1983, 684, 685; OLGR Jena 2001, 390. 333 84339 BGHZ 144, 192, 196 = NJW 2000, 1950, 1951 (Parteierweiterung); BGH NJW-RR 1990, 318, 319; BGHZ 21, 285, 287 = NJW 1956, 1598, 1599;
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OLGR Düsseldorf 2001, 544, 546; Franz S. 175 f.; vgl. aber Henckel S. 245 ff. 9 RG LZ 1919, 1017 f.; anders aber, wenn Testamentsvollstreckung wegfällt, dann findet § 239 Anwendung, BGH NJW 1964, 2301; RGZ 155, 350, 354. 335 4341 10 BGHZ 71, 216, 219 = NJW 1978, 1529; OLG Düsseldorf MDR 1991, 542; für den durch den Insolvenzverwalter anhängig gemachten Rechtsstreit bei Freigabe des Gegenstands BGHZ 46, 249, 251 = NJW 1967, 781. 336 4342 11 BGHZ 16, 317, 321 = NJW 1955, 667; RG JW 1929, 1373, 1374; OLG Köln GmbH-Rundschau 1986, 47. 337 4343 12 BGHZ 17, 340, 342 = NJW 1955, 1393; RGZ 36, 139, 141; OLG Hamburg OLGRspr 9, 253, 254. 338 4344 13 BGHZ 91, 132, 134 (Widerklage) = NJW 1984, 2104; BGHZ 62, 131, 133 = NJW 1974, 750; OLG Jena NJW-RR 2002, 970; KG OLGZ 1978, 476, 477 f.; OLG Frankfurt NJW 1977, 908; OLG Köln BB 1972, 1114; OLG Braunschweig OLGRspr 17, 145 f. 339 4345 14 RGZ 66, 240, 245; OLG Frankfurt NJW 1977, 908. 340 4346 15 OLG Zweibrücken FamRZ 1986, 289. 334 4340
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 263
nach § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB das zwischenzeitlich volljährig gewordene Kind die Klage weiterführt341. Der letzte Fall wird mit der Konkursbeendigung verglichen (vgl. § 265 Rdn. 10 f.). Endet die gewillkürte Prozessstandschaft während des Prozesses, liegt ein Parteiwechsel vor, wenn der Rechtsinhaber in den Prozess eintritt (siehe aber unten Rdn. 116).342 Ebenso ist der Fall zu beurteilen, wenn der Rechtsinhaber infolge der begründeten gewillkürten Prozessstandschaft aus dem Prozess ausscheidet.343 Dagegen liegt kein Parteiwechsel vor, wenn die Partei dieselbe bleibt, den prozessualen Anspruch jedoch zunächst in gewillkürter Prozessstandschaft und dann aus eigenem Recht geltend macht.344 Hier bleibt die Partei dieselbe. Zwar ist auch bei der Partei kraft Amtes (siehe Rdn. 115) die Partei eigentlich dieselbe, wenn sich nun die Klage gegen sie selbst richtet, allerdings mit dem Unterschied, dass es sich um verschiedene Vermögensmassen handelt, während es bei der gewillkürten Prozessstandschaft um denselben Anspruch geht. Beim Parteiwechsel unterscheidet man den Parteiwechsel kraft Gesetzes (§ 239), den Parteiwechsel auf gesetzlicher Grundlage durch Parteiakt (§§ 265, 266) sowie den gewillkürten Parteiwechsel. c) Gesetzlich geregelte Fälle. Gesetzlich geregelte Fälle des Parteiwechsels finden sich bei der Gesamtrechtsnachfolge in den §§ 239 ff. (Parteiwechsel kraft Gesetzes), der Einzelrechtsnachfolge in § 265 Abs. 2 S. 2,345 § 266 und in den §§ 75 ff. (Parteiwechsel auf gesetzlicher Grundlage durch Parteiakt)346. Bei dem Ende der gewillkürten Prozessstandschaft durch Tod des Prozessstandschafters handelt es sich nicht um einen gewillkürten, sondern um einen gesetzlichen Parteiwechsel, auf den §§ 239 ff. Anwendung finden.347 Ein gesetzlicher Parteiwechsel liegt auch vor, wenn die Zuständigkeit der beklagten Behörde im Verfahren auf eine andere übergeht.348
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2. Rechtsnatur des gewillkürten Parteiwechsels Der gewillkürte Parteiwechsel in den gesetzlich nicht geregelten Fällen ist gewohnheitsrechtlich anerkannt. Unbestritten ist auch, dass aus prozessökonomischen Gründen ein praktisches Bedürfnis für den gewillkürten Parteiwechsel besteht.349 Bezüglich der rechtlichen Einordnung dieses Instituts gehen die Meinungen jedoch auseinander350.
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a) Klageänderungstheorie. Die nicht gesetzlich geregelten Fälle des Parteiwechsels werden nach ständiger Rechtsprechung des BGH351 und von der h.M.352 als Kla-
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341 4347
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BGH NJW-RR 1990, 323, 324; BGH NJW 1983, 2084, 2085. 342 4348 2 BGHZ 123, 132, 136 = NJW 1993, 3072, 3073 (keine entsprechende Anwendung der §§ 239 ff.). 343 34349 OLG Naumburg NJW-RR 2003, 212. 344 44350 Vgl. BGH NJW-RR 1990, 505; vgl. zum umgekehrten Fall RG JW 1929, 1373, 1374; RG JW 1896, 327. 345 4351 5 RGZ 141, 277, 283; RGZ 108, 350, 351. 346 4352 6 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 7. 347 74353 Schilken ZZP 107 (1994), 527, 530 ff. entgegen BGH ZZP 107 (1994), 524, 525 f. = BGHZ 123, 132 = NJW 1993, 3072. 348 84354 BVerwG DÖV 1974, 241; VGH Mannheim JuS 1976, 58; OVG Saarlouis JuS 1976, 58.
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9 Bücking MDR 1973, 908, 909; Gofferje´ S. 24 ff. 350 4356 10 Ausführlich zur Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur von Loeper S.10 ff.; Fenger Die Genehmigung unwirksamer Prozesshandlungen (1985), S.106 ff. 351 4357 11 Vorher schon das RG anfangs noch ausgehend vom materiellen Parteibegriff in RG JW 1887, 271; RGZ 49, 376, 377, 379 f.; RGZ 141, 277, 283; RGZ 157, 369, 377; BGHZ 16, 317, 321 f. = NJW 1955, 667 f.; BGHZ 17, 340, 342 = NJW 1955, 1393; BGHZ 65, 264, 267 f. = NJW 1976, 239, 240; BGH NJW 1988, 128; BGHZ 123, 132, 134 f. = NJW 1993, 3072, 3073. 352 4358 12 Für direkte Anwendung: Groß S. 64, so ders. auch in ZZP 76 (1963), 200, 205 f., allerdings mit
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
geänderung behandelt. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit macht der BGH davon abhängig, ob es sich um eine Parteiänderung im ersten oder im zweiten Rechtszug und um eine solche auf der Klägerseite oder auf der Beklagtenseite handelt. Im ersten Rechtszug werden der Klägerwechsel,353 der Beklagtenwechsel,354 und die Erweiterung der Klage auf weitere Beklagte355 ohne Weiteres als Klageänderung behandelt, so dass sich die Zulässigkeit nach § 263 richtet. Dasselbe gilt für den Klägerwechsel356 und den Beitritt weiterer Kläger357 im zweiten Rechtszug. Beim Beklagtenwechsel358 und der Erstreckung der Klage auf weitere Beklagte359 im zweiten Rechtszug ist die Rechtsprechung jedoch von der Klageänderungstheorie abgewichen und erachtet diese nur dann für zulässig, wenn der neue Beklagte zustimmt oder die Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich wäre.360 Zur Begründung wird angeführt, dass dies ansonsten, weil der Begriff der Sachdienlichkeit nach objektiven Maßstäben zu bestimmen ist, zu einer unangebrachten Benachteiligung des an dem Prozess bisher nicht beteiligten Dritten führen würde. Er würde in einen laufenden Prozess gegen seinen Willen hineingezogen, auf dessen bisherigen Verlauf er keinen Einfluss hatte, und müsste ihn in dem Stadium weiterführen, in dem er sich nun befindet.361 Ein Rechtsmissbrauch ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der neue Beklagte an dem Rechtsstreit bereits in anderer Funktion, z.B. als gesetzlicher Vertreter, beteiligt war und darauf Einfluss hatte. Die Verweigerung einer Zustimmung kann zudem miss-
der Einschränkung, dass die Entziehung einer Partei aus dem Prozess nicht sachdienlich sei, so dass seiner Ansicht nach eine Einwilligung immer erforderlich ist, die allerdings unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 162 BGB oder von Treu und Glauben ersetzt werden könnte (S. 66 ff.; ZZP 76 (1963), 200, 207); Nagel S. 125 ff., 188; Rosenberg ZZP 68 (1955), 1, 3; Schönke JurBl 1951, 528, 530; für analoge Anwendung: Gofferje´ S. 156 ff.; Roth NJW 1988, 2977, 2984 mit Einschränkungen; Schlosser ZPR, Rdn. 267; Schwab ZZP 73 (1960), 477, 478 (Institut sui generis, aber analoge Anwendung der Klageänderungsvorschriften); aA Blomeyer ZPR § 114 III 3; Jauernig ZPR § 86 II; Lüke Rdn. 109; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 16 ff.; Franz S. 34 ff., 43; Heinrich S. 30 ff., 37; Pohle FS Fragistas (1967), S. 133; Wahl S. 84 ff.; Kisch S. 65 ff., 70, 182 ff. geht von einer Klagerücknahme und gleichzeitiger Erhebung einer neuen Klage aus. De Boor S. 100 ff. bestimmt die Voraussetzungen des Parteiwechsels entsprechend dem § 265 Abs. 2 S. 2 und die Folgen des Parteiwechsels nach allgemeinen Wertungen. 353 14359 BGHZ 65, 264, 267 f. = NJW 1976, 239, 240; BGHZ 17, 340, 342 = NJW 1955, 1393; BGH LM Nr. 8 zu § 264 ZPO; OLG Koblenz FamRZ 1983, 939; OLG München MDR 1971, 673. 354 4360 2 BGH NJW 1962, 347; BGHZ 65, 264, 267 f. = NJW 1976, 239, 240; OLG Celle NdsRpfl 1990, 225, 226; OLGR Koblenz 2002, 415, 416. 355 34361 BGH NJW 1975, 1228, 1229; BGHZ 65, 264, 268 = NJW 1976, 239, 240; BGH NJW 1966, 1028 (Widerklage gegen nicht beteiligten Dritten);
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BGHZ 40, 185, 189 = NJW 1964, 44, 45; RGZ 108, 350, 351; OLG Hamburg OLGRspr 33, 59. 356 44362 BGH NJW 1996, 2799; BGHZ 71, 216, 219 = NJW 1978, 1529; BGHZ 65, 264, 267 f. = NJW 1976, 239, 240; BGHZ 16, 317, 321 = NJW 1955, 667 f.; BayObLG 1986, 128, 130; aA OLG Köln VersR 1975, 144. 357 54363 BGHZ 65, 264, 268 = NJW 1976, 239, 240. 358 64364 BGH NJW 1998, 1497; BGH NJW 1987, 1946, 1947; BGH FamRZ 1986, 254, 255; BGHZ 91, 132, 134 = NJW 1984, 2104, 2105; BGHZ 90, 17, 19; BGH NJW 1981, 989, 990; BGHZ 65, 264, 268 = NJW 1976, 239, 240; BGHZ 62, 131, 132 f. = NJW 1974, 750; BGHZ 21, 285, 287 = NJW 1956, 1598. 359 74365 BGHZ 144, 192, 196 = NJW 2000, 1950, 1951; BGH NJW-RR 1986, 356; BGHZ 65, 264, 268 = NJW 1976, 239, 240; BGH NJW 1962, 633, 635; BGHZ 21, 285, 287 = NJW 1956, 1598; BAG AP Nr. 1 zu § 264 ZPO a.F.; OLG Düsseldorf GRUR 1979, 53, 54. 360 4366 8 BGH NJW 1997, 2885, 2886 f.; BGH NJW 1987, 1946, 1947; BGH NJW-RR 1986, 356; BGHZ 91, 132, 134 = NJW 1984, 2104; BGHZ 90, 17, 19; BGH NJW 1983, 684, 685; BGH NJW 1981, 989, 990; BGH NJW 1974, 750 f.; BGH NJW 1962, 633, 635; BGHZ 21, 285, 289 = NJW 1956, 1598; vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1971, 55, 56. Das Gericht hat dies in den Urteilsgründen ausführlich darzulegen, BVerfG WuM 1989, 279, 281. 361 94367 BGH NJW 1987, 1946, 1947; BGHZ 91, 132, 134 = NJW 1984, 2104; BGH NJW 1981, 989, 990; BGH NJW 1962, 633, 635.
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bräuchlich sein, wenn ihm ersichtlich keinerlei prozessuale Nachteile entstehen können.362 Diese Ansicht stößt in der Literatur auf folgende Kritik. Die Anwendung der Klageänderungsvorschriften führt jedenfalls in erster Instanz dazu, dass ohne Zustimmung des alten Beklagten ein Parteiwechsel möglich ist, wenn das Gericht diesen für sachdienlich erachtet. Diese Entscheidung des Gerichts wäre gem. § 268 nicht anfechtbar.363 Darin liege ein Verstoß gegen § 269, der es dem Willen des Beklagten überlässt, ob er nach mündlicher Verhandlung auf sein Recht auf eine Entscheidung verzichtet.364 Zudem bringt die unterschiedliche Behandlung des Parteiwechsels in erster und zweiter Instanz und nach der jeweiligen Parteirolle nur Verwirrungen.365 b) Klagerücknahmetheorie. Es wird auch die Auffassung vertreten, dass ein gewillkürter Parteiwechsel nur durch Zurücknahme der Klage und gleichzeitige Erhebung einer neuen Klage erfolgen könne.366 Hier wird der einheitliche Vorgang des Parteiwechsels jedoch in seine Einzelteile zerlegt.367 Ein Parteiwechsel in zweiter Instanz wäre nicht möglich.368 Außerdem hätte dies zur Folge, dass die bisherigen Prozessergebnisse selbst bei Zustimmung des Beklagten nicht übernommen werden könnten369 und ist aus diesem Grund abzulehnen.370
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c) Institut eigener Art. Die Parteiänderung ist entgegen der Rechtsprechung nicht als Klageänderung, sondern als Institut eigener Art anzusehen.371 Die Regelungen über die Klageänderung betreffen die Änderung des Streitgegenstands bezüglich derselben Parteien.372 Auf den Parteiwechsel sind sie nicht zugeschnitten. Zwar handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand, wenn derselbe Anspruch von einem oder gegen ein anderes Subjekt373 geltend gemacht wird, weil zur Individualisierung auch die Personen gehören, zwischen denen der Anspruch streitig ist.374 Jedoch kann nicht bei der Änderung jedes für die Individualisierung des prozessualen Anspruchs wesentlichen Merkmals zugleich eine Klageänderung angenommen werden,375 sondern nur dann, wenn es sich um eine Änderung der in § 253 Abs. 2 Nr. 2 genannten Merkmale handelt. Es bietet sich für die Zulässigkeit der gewillkürten Parteiänderung eher an, auf die gesetzlich geregelten Fälle der Parteiänderung, die ebenfalls nicht den Vorschriften
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4368 1362 BGH NJW-RR 1986, 356, allerdings zur Parteierweiterung; BGH NJW 1997, 2885, 2887. 363 24369 BGH MDR 1987, 668; BGH ZZP 68 (1955), 385, 386; OLGR Jena 2000, 205; Rosenberg ZZP 70 (1957), 1, 3. 364 4370 3 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 17. 365 4371 4 Nach Franz NJW 1972, 1743, 1744, ein jeder Rechtssystematik widersprechendes Resultat. 366 54372 OLG Celle SeuffArch 53 (1898), 227, 228; vgl. LG Lübeck SchlHA 1958, 46, 47; Kisch S. 65 ff., 70, 182 ff.; dazu Schwab ZZP 73 (1960), 477, 478, der von der Beendigung des alten und dem Beginn eines neuen Prozessrechtsverhältnisses ausgeht; ebenso Hofmann NJW 1964, 1026, 1027. 367 4373 6 Franz S. 46; Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 137; Rosenberg ZZP 70 (1957), 1, 4. 368 74374 Blomeyer ZPR § 144 III 3; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 42 Rdn. 19; Bücking MDR 1973, 908, 909.
4375 8369 Kisch S. 130 ff. (ansonsten Verstoß gegen fundamentale Grundsätze des Prozessrechts). 370 94376 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 19; de Boor S. 24 f.; Franz S. 46; Lent JZ 1956, 762 f. 371 4377 10 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 20; de Boor S. 89 ff.; Franz S. 46 f.; Wahl S. 88, 189; Rosenberg ZZP 70 (1957), 1, 4; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 60; Sundermann Die Bedeutung der Berufungsanträge für die Berufung (1998), S. 47. 372 4378 11 Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 264 (heute § 263), Henckel S. 236. 373 4379 12 Zu Recht weist Henckel S. 217 darauf hin, dass nicht die Parteien, sondern die Subjekte des geltend gemachten Anspruchs den Streitgegenstand individualisieren. 374 4380 13 OLG Koblenz AnwBl 1985, 44. 375 4381 14 Kisch S. 15 ff., 23, der darauf hinweist, dass auch die Bezeichnung des Gerichts Teil der Klage ist und seine Veränderung dennoch keine Klageänderung; ebenso Rosenberg ZZP 70 (1957), 1, 2.
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über die Klageänderung unterstellt werden,376 und bezüglich der ausscheidenden Partei auf § 269 zurückzugreifen.377 3. Voraussetzungen des gewillkürten Parteiwechsels
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Welche Voraussetzungen für den gewillkürten Parteiwechsel vorliegen müssen, hängt davon ab, ob es sich um einen Wechsel auf der Kläger- oder der Beklagtenseite handelt. Er ist grundsätzlich in erster Instanz möglich, in der Berufungsinstanz allerdings entsprechend dem Rechtsgedanken des § 533 Nr. 2 nur eingeschränkt, als dieser auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin gem. § 529 zugrunde zu legen hat. Anders als bei der Klageänderung sind hier wohl kaum Fälle denkbar, in denen keine neuen Tatsachen vorgetragen werden müssten.378 Voraussetzung für einen Parteiwechsel in der Berufungsinstanz ist zudem, dass eine zulässige Berufung von bzw gegen die bisherige Partei eingelegt worden ist.379 Wird der Parteiwechsel vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erklärt, kann die Berufungsbegründung auch durch den neuen Berufungskläger erfolgen.380 Grundsätzlich unzulässig ist der Parteiwechsel in der Revisionsinstanz381 und ein Wechsel des Rechtsmittelführers zwischen den Instanzen, da der neue Rechtsmittelkläger durch das Urteil nicht beschwert ist. Unzulässig ist es, einen Parteiwechsel unter die Bedingung zu stellen, dass die Zulässigkeit der Klage des ursprünglichen Klägers als Prozessstandschafter verneint wird,382 denn bei einem Parteiwechsel geht es um die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses mit einer anderen Partei, bei dem zum Schutz des Beklagten Rechtsklarheit herrschen muss. Ebenfalls aus diesem Grund unzulässig ist es, den Eintritt des neuen Klägers (Beklagten) unter die Bedingung des Ausscheidens des alten Klägers (Beklagten) bzw das Ausscheiden des alten Klägers (Beklagten) unter die Bedingung des wirksamen Eintritts des neuen Klägers (Beklagten) zu stellen,383 zumal der Eintritt dieser Bedingungen zum Teil von den Zustimmungserklärungen der ausscheidenden bzw eintretenden Partei abhängt. a) Klägerwechsel. Für den Klägerwechsel sind übereinstimmende Wechselerklärungen des neuen und des alten Klägers384 sowie die Zustimmung des Beklagten erforderlich, wenn bereits zur Hauptsache verhandelt worden ist.385 Entgegen der Rechtsprechung, die bei fehlender Zustimmung des Beklagten Sachdienlichkeit aus4382 1376 BGH NJW 1996, 2799; BGH NJW 1994, 3358, 3359; BGH NJW 1988, 3209; de Boor S. 100 ff., der die Voraussetzungen des Parteiwechsels in Anlehnung an § 265 Abs. 2 S. 2 und die Wirkungen nach den allgemeinen Grundsätzen und Wertungen bestimmt. 377 24383 Heinrich S. 30 ff., 37 will daneben noch die Klageänderungsvorschriften heranziehen sowie eine Gesamtanalogie zu allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen bilden. 378 4384 3 Zöller/Greger Rdn. 19; Burbulla MDR 2007, 439, 444; aA Jauernig ZPR § 86 II. 379 44385 BGH BauR 2003, 1884, 1885 (Klägerwechsel); BGH NJW 1998, 1496, 1497 (Beklagtenwechsel); BGH NJW 1994, 3358, 3359 (Klägerwechsel). 380 54386 BGH NJW 2003, 2172, 2173. 381 64387 BGH NJW-RR 1990, 1213; BGH WM 1982, 1170; RGZ 160, 204, 212; BAG NJW 1967, 1437,
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1438; Gofferje´ S. 159; Kirchstein-Freund KTS 2002, 655, 665. 7 BGH NJW-RR 2004, 640, 641 mit Anm. Keltsch JA 2004, 511 ff. 383 84389 So aber Franz S. 72 ff. 384 4390 9 BGH GRUR 1996, 865, 866; OLG München NJW-RR 1998, 788; einer Zustimmung des bisherigen Klägers oder seiner Erben bedarf es nicht, wenn der Rechtsinhaber den Prozess fortführen will, nachdem die Prozessstandschaft des von ihm ermächtigten Klägers erloschen ist, da ihnen die Prozessführungsbefugnis fehlt, BGHZ 123, 132, 136 = NJW 1993, 3072, 3073. 385 4391 10 Für ein solches Zustimmungserfordernis auch Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 23; Burbulla MDR 2007, 439, 444; de Boor S. 103; Gofferje´ S. 57 f.; Franz S. 85; ders. NJW 1972, 1743, 1744; Heinrich S. 89 ff., 97; Henckel S. 233. 382 4388
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reichen lässt (vgl. zur Rspr. Rdn. 121),386 ergibt sich das Zustimmungserfordernis aus § 269 Abs. 1, nach dem der Beklagte von Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache an einen Anspruch auf eine Sachentscheidung hat, der ihm ohne seine Zustimmung nicht mehr entzogen werden kann. Die Zustimmung des Beklagten dürfte jedoch dann wegen Rechtsmissbrauchs entbehrlich sein, wenn eine erneute Klage gegen ihn ausgeschlossen ist.387 Die Zustimmung des alten Klägers ist erforderlich, weil er nicht ohne seinen Willen um den Erlass einer Entscheidung gebracht werden kann.388 Der neue Kläger kann nicht gezwungen werden, ohne seinen Willen in einen bestehenden Prozess einzutreten.389 Dies ergibt sich aus der Dispositionsmaxime.390 Er muss durch einen der Klageerhebung entsprechenden Akt die Übernahme des Prozesses zum Ausdruck bringen.391 Dies kann durch die Zustellung eines den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechenden Schriftsatzes, in dem auf die ursprüngliche Klage Bezug genommen wird, oder durch die Geltendmachung des Anspruchs des neuen Klägers in der mündlichen Verhandlung392 erfolgen. Eine Mitteilung des bisherigen Verfahrensablaufs ist nicht erforderlich, da dieser dem Beklagten bekannt ist.393 Die Erklärung, dass er aus dem Prozess ausscheide, kann der alte Kläger in der mündlichen Verhandlung oder durch einen zuzustellenden Schriftsatz abgeben.394 In der Berufungsinstanz ist ein Klägerwechsel ebenfalls nur mit Zustimmung aller Parteien möglich (anders die Rspr. vgl. Rdn. 121). Einer Zulassung durch das Gericht als sachdienlich395 bedarf es wegen der Erfordernisse der §§ 59, 60 (vgl. unten Rdn. 130 ff.) und der Schutzwirkung des § 529 nicht (vgl. Rdn. 113). b) Beklagtenwechsel. Im Fall des Beklagtenwechsels ist eine Erklärung des Klägers gegenüber beiden Parteien erforderlich, dass er die Rechtsverfolgung gegenüber dem alten Beklagten aufgebe und an dessen Stelle den neuen Beklagten in Anspruch nehme, sowie wieder die Zustimmung des alten Beklagten gem. § 269 Abs. 1,396 wenn bereits mündlich verhandelt worden ist. Vor mündlicher Verhandlung ist die Zustimmung nicht erforderlich.397 Die Zustimmung des alten Beklagten dürfte jedoch wieder wegen Rechtsmissbrauchs entbehrlich sein, wenn eine erneute Klage gegen ihn ausgeschlossen ist.398 Der neue Beklagte muss nur zustimmen, wenn der Parteiwechsel in der Berufungsinstanz stattfindet, da ihm keine Instanz genommen werden kann.399 Sie ist 386 14392 BGH GRUR 1996, 865, 866. 387 24393 So zutreffend Heinrich S. 94; weitergehend Gofferje´ S. 63, wenn eine neue Klage aller Voraussicht nach nicht zu erwarten ist; vgl. auch Wahl S. 172 f. 388 4394 3 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 109, ansonsten Verstoß gegen den Justizgewährungsanspruch; Bücking MDR 1973, 908, 910; Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 148 (der Sache nach eine Klagerücknahmeerklärung). 389 44395 Henckel S. 233; Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 149. 390 54396 Bücking MDR 1973, 908, 910. 391 4397 6 Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 149. 392 74398 OLGR Jena 2001, 390; aA Zöller/Greger Rdn. 26, 29, der den Klägerwechsel in der mündlichen Verhandlung nicht zulässt. 393 84399 OLG Jena FamRZ 2001, 1619, 1620. 394 94400 De Boor S. 94; Gofferje´ S. 77; Franz S. 84; Rosenberg ZZP 70 (1957), 1, 5.
395 4401 10 So noch Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 117; Bötticher MDR 1958, 330; vgl. auch Wilckens MDR 1957, 207, 208. 396 4402 11 BGH NJW 1981, 989; OLG Hamm NJW-RR 1991, 60, 61; vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 1471; Blomeyer ZPR § 114 V 1a; de Boor S. 108 ff.; Franz S. 53 f.; Henckel S. 233 f. 397 4403 12 OLG Bremen JB 1984, 622, 623. 398 4404 13 So zutreffend Heinrich S. 99; Gofferje´ S. 131 f. mit der zusätzlichen Anforderung, dass die Personen, die den Rechtsstreit führen, tatsächlich dieselben bleiben und auch der Anspruch mit Ausnahme der subjektiven Seite derselbe ist; vgl. Wahl S. 170 ff.; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 77. 399 4405 14 Henckel DRiZ 1962, 226, 228; KirschsteinFreund KTS 2002, 655, 660. Auch die herrschende Klageänderungstheorie fordert für die Berufungsinstanz die Zustimmung des neuen Beklagten, oben Rdn. 121.
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entbehrlich, wenn der neue Beklagte bereits Einfluss auf das bisherige Verfahren hatte, er sich zur Sache nicht anders verteidigt hätte400 und eine Verweigerung deshalb rechtsmissbräuchlich wäre.401 Dagegen könnte in der ersten Instanz ihm gegenüber jederzeit eine neue Klage erhoben werden, so dass hier keine Zustimmung des neuen Beklagten erforderlich ist.402 Dem neuen Beklagten gegenüber muss ein den Voraussetzungen der Klageschrift entsprechender Schriftsatz zugestellt werden. Es empfiehlt sich daher, die Klageschrift gegen den früheren Beklagten beizulegen und die wesentlichen Prozessergebnisse mitzuteilen. Eine Sachdienlicherklärung des Gerichts ist weder in der ersten, aber auch nicht in der zweiten Instanz zusätzlich erforderlich.403
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c) Weitere Erfordernisse. Zum Teil wird die Zulässigkeit des Parteiwechsels zusätzlich davon abhängig gemacht, ob die Ergebnisse des bisherigen Prozesses für den Fortgang des Prozesses mit der neuen Partei übernommen werden können.404 Deshalb sei als objektives Kriterium die Zulässigkeit eines gemeinschaftlichen Prozesses mit der alten und der neuen Partei analog §§ 59, 60 erforderlich, denn dann sei gesichert, dass der Streitgegenstand des alten und des neuen Verfahrens Gemeinsamkeiten derart aufweist, dass zumindest Teile der bisherigen Prozessführung für die neue verwertet werden können. Dasselbe soll für die Berufungsinstanz gelten. In eine ähnliche Richtung gehen die Vorschläge, die als Voraussetzung für einen Parteiwechsel eine Teilidentität des Streitstoffes fordern.405 Zu weit geht jedoch die Forderung, dass das Einverständnis der Parteien mit der Übernahme der gesamten Prozessergebnisse – Einzelergebnisse können nicht ausgenommen werden – Voraussetzung für den gewillkürten Parteiwechsel sei.406 Es muss als ausreichend angesehen werden, wenn Teilergebnisse verwertet werden können, da es ansonsten kaum zu einem Parteiwechsel kommen würde.407 Ein Parteiwechsel macht grundsätzlich nur dann Sinn, wenn die bisherigen Prozessergebnisse übernommen werden können.408 Die daneben bestehenden Vorteile gegenüber einer neuen Klage, wie z.B. die Zuständigkeit des gleichen Spruchkörpers und 400 4406
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BGH NJW 1987, 1946, 1947; BGH NJW 1984, 2104. 2 Hierfür kann die Rechtsprechung, die die Klageänderungstheorie beim Beklagtenwechsel in der Berufungsinstanz ebenfalls nicht anwendet und grundsätzlich die Zustimmung des Beklagten verlangt, angeführt werden (Rdn. 121): BGH NJW 1997, 2885, 2886 f.; BGH NJW 1987, 1946, 1947; BGH NJW-RR 1986, 356; BGHZ 91, 132, 134 = NJW 1984, 2104; BGHZ 90, 17, 19; BGH NJW 1983, 684, 685; BGH NJW 1981, 989, 990; BGHZ 65, 264, 268 = NJW 1976, 239, 240; BGH NJW 1974, 750; BGHZ 21, 285, 289 = NJW 1956, 1598; OLG Celle NdsRpfl 1990, 225, 226; OLG München OLGZ 1977, 483; OLG Köln MDR 1966, 1009; OLG Oldenburg NdsRpfl 1993, 68, 69; LG Koblenz MDR 1980, 407, 408. Siehe zu den von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen Wahl S. 158 ff.; aA Hofmann NJW 1964, 1026, 1027. 402 4408 3 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 24; Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 371; Bücking MDR 1973, 908, 910; Franz S. 55 f.; ders. NJW 1972, 1743, 1744; Henckel S. 234, 239. 403 44409 Stein/Jonas/Schumann21 § 264 Rdn. 114 nur für 401 4407
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erste Instanz; Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 152 f. nur für die erste Instanz; aA Stein/Jonas/ Schumann21 § 264 Rdn. 117 für die zweite Instanz; Bötticher MDR 1958, 330; Gofferje´ S. 116 (bei missbräuchlicher Verweigerung der Zustimmung des Beklagten); Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 153 bei Änderung des Streitgegenstands wegen der funktionellen Unzuständigkeit des Berufungsgerichts. 404 4410 5 Heinrich S. 39 ff., 77 ff.; dagegen Stein/Jonas/ Schumann21 § 264 Rdn. 104. 405 64411 BAG NJW 1971, 723 f.; Bötticher MDR 1958, 330; Franz S. 58 f., 86; ders. NJW 1972, 1743, 1744; Henckel S. 242 f.; Lent JZ 1956, 762, 763; Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 145; Roth NJW 1988, 2977, 2983; Wahl S. 187; aA Gofferje´ S. 69 f. 406 74412 So aber Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 149 f., 151; Wahl S. 81, 82. 407 84413 De Boor S. 104; Festl S. 65. 408 4414 9 Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 141, 146; Henckel S. 232, 234, 240; ders. DRiZ 1962, 226, 228; vgl. auch Gofferje´ S. 32; Bötticher MDR 1958, 330; Lent JZ 1956, 762, 763; von Loeper S. 78 f.
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die damit einhergehende Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen sowie eine Kostenersparnis, können den gewillkürten Parteiwechsel allein nicht begründen.409 Die Rechtfertigung für den Parteiwechsel ergibt sich vielmehr aus der Prozessökonomie.410 Um ein möglichst greifbares Erfordernis aufzustellen, ist es am sinnvollsten, nicht eine wie auch immer geartete Teilidentität zu verlangen, sondern die Kriterien der §§ 59, 60 heranzuziehen.411 Würde demnach eine zulässige Streitgenossenschaft vorliegen, wenn die Klage von bzw gegen die neuen und alten Parteien geführt worden wäre, dann ist auch der gewillkürte Parteiwechsel als zulässig anzusehen.412 In diesen Fällen erscheint die Übernahme von Teilergebnissen höchst wahrscheinlich. Die Voraussetzungen der §§ 59, 60 passen besser als das zusätzliche Erfordernis der Sachdienlichkeit, die letztendlich dann vorliegen soll, wenn der neue Streitgegenstand mit dem alten insoweit übereinstimmt, dass sich aus dem Parteiwechsel zumindest für eine Partei Vorteile gegenüber einer Klagerücknahme und erneuter Klageerhebung ergeben.413
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4. Verfahren a) bei zulässigem Parteiwechsel. Ist der Parteiwechsel zulässig, ist der Rechtsstreit mit der ausscheidenden Partei beendet. Die Rechtshängigkeit der ursprünglichen Klage erlischt ex nunc.414 Der Rechtsstreit mit der neu eintretenden Partei wird in dem Zeitpunkt rechtshängig, in dem ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird415 oder der Anspruch von oder gegen die neue Partei in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wird (§ 261 Abs. 2).416 Letzteres setzt allerdings voraus, dass die neue Partei oder ihr Vertreter in dem Termin anwesend ist. Ist eine Zustimmung der neuen Partei erforderlich, kann die Rechtshängigkeit erst im Zeitpunkt der Zustimmung eintreten.417 Wird der Parteiwechsel in der mündlichen Verhandlung erklärt, ist der anderen Partei eine Äußerungsfrist zu gewähren und die Verhandlung erforderlichenfalls zu vertagen.418 Bei Zustellung der Wechselerklärung ist dem neuen Beklagten eine Einlassungsfrist einzuräumen (§ 274 Abs. 3).419 Soll allerdings durch die Wechselerklärung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen bzw gem. § 204 BGB gehemmt werden, ist entsprechend § 167 bereits der Zeitpunkt der Wechselerklärung entscheidend.420
409 14415 Hierauf weist Wahl S. 61 ff. hin. 410 24416 AK/Koch Vorb. zu § 50 Rdn. 24; Bücking MDR 1973, 908, 909; Wahl S. 67 f. 411 34417 Blomeyer ZPR § 114 V 1a (Erstreckung auf den Beklagten unter den Voraussetzungen der einfachen Streitgenossenschaft, allerdings keine Bindung an Prozessergebnisse); Kohler JuS 1993, 315, 317; Pohle FS Fragistas (1967), S. 145; Roth NJW 1988, 2977, 2983 verneint die Teilidentität, wenn die Voraussetzungen der §§ 59, 60 nicht gegeben sind. 412 4418 4 AA Gofferje´ S. 69. 413 4419 5 So Bötticher MDR 1958, 330; Henckel S. 242. 414 64420 OLG Jena FamRZ 2001, 1619, 1620; aA Franz S. 112 (ex tunc). 415 74421 OLG Frankfurt JurBüro 1980, 142; Weimann/ Terheggen NJW 2003, 1298, 1299. 416 84422 OLG Jena FamRZ 2001, 1619, 1620; vgl. auch Franz S. 50 f.
4423 9417 AA Gofferje´ S. 91: Rechtshängigkeit im Zeitpunkt der Wechselerklärung des Klägers, also der Tag der Zustellung oder der Tag des Verhandlungstermins. Diese Ansicht kommt in Schwierigkeiten, wenn der Parteiwechsel mangels Zustimmung des Beklagten nicht wirksam ist. Dass der Kläger nicht in das bestehende Prozessrechtsverhältnis eingetreten ist, sei offensichtlich (so Gofferje´ S. 91). Trotz Rechtshängigkeit davon auszugehen, dass der Kläger nie einen Anspruch anhängig gemacht habe, ist aber nicht nachvollziehbar. 418 4424 10 OLG Hamm EWiR 1997, 667 mit zust. Anm. Greger; Bücking MDR 1973, 908, 910. 419 4425 11 Vgl. OLG Hamm EWiR 1997, 667 mit zust. Anm. Greger. 420 4426 12 Die ursprünglich begründete Rechtshängigkeit besteht nicht fort, ebenso wenig wirkt der Parteiwechsel ex tunc, Franz S. 127.
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Die Prozessvoraussetzungen sind für das neue Prozessrechtsverhältnis erneut zu prüfen.421 Dies gilt uneingeschränkt für die Voraussetzungen, die die neue Partei betreffen. Diese sind bereits für die Wirksamkeit des Parteiwechsels von Bedeutung, wenn dieser eine Erklärung der Partei erfordert.422 Die Voraussetzungen, die sich auf den Streitgegenstand beziehen, werden sich in der Regel nicht verändern, wenn mit dem Parteiwechsel nicht gleichzeitig eine Klageänderung einhergeht. Ansonsten müssen sie erneut geprüft werden, weil ihre Feststellung für einen anderen Streitgegenstand irrelevant ist.423 Bezüglich der gerichtsbezogenen Prozessvoraussetzungen dürfte sich grundsätzlich ebenfalls keine Veränderung ergeben. Beim Klägerwechsel wird sich auch die örtliche Zuständigkeit nicht verändern, es sei denn, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen dem neuen Kläger und dem Beklagten geschlossen worden ist oder die Zuständigkeit sich ausnahmsweise nach der Person des Klägers richtet.424 Dem Beklagten muss jedoch die Möglichkeit gegeben werden, die Unzuständigkeit zu rügen. Dagegen ist es dem Kläger verwehrt, die Unzuständigkeit geltend zu machen, da er durch seine Eintrittserklärung die Zuständigkeit des Gerichts anerkennt.425 Auch die Prozesshindernisse, wie z.B. die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit, können vom Beklagten vorgebracht werden.426 Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob zumindest die prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit für den neuen Kläger bestehen bleiben.427 Eine Anwendung des § 261 Abs. 3 Nr. 2,428 nach dem eine durch den Parteiwechsel erfolgte Veränderung der die Zuständigkeit des Gerichts begründenden Umstände die Zuständigkeit nicht berühren würde, käme allenfalls dann in Betracht, wenn der neue Kläger in das alte Prozessrechtsverhältnis eintritt. Während man dies für den Kläger, der die Wahl hat, den alten Prozess fortzuführen oder ein neues Verfahren einzuleiten, noch bejahen könnte, ist dies für den Beklagten zweifelhaft. Dieser kann sich zwar gegen das Ausscheiden des alten Klägers, nicht aber gegen den Neueintritt des neuen Klägers wehren. Andererseits käme dann, wenn der alte Kläger mangels Zustimmung des Beklagten nicht ausscheiden könnte, allenfalls ein neues Prozessrechtsverhältnis mit dem neuen Kläger in Betracht. Insoweit hätte es der Beklagte doch in der Hand, einen Eintritt des neuen Klägers in das alte Prozessrechtsverhältnis zu verhindern. Es ginge aber zu weit, der Zustimmung des Beklagten eine derartige Wirkung beizulegen, zumal der Beklagte durchaus mit der in der Wechselerklärung enthaltenen Klagerücknahme einverstanden sein kann, nicht aber mit der Zuständigkeit. Beim Beklagtenwechsel kann § 261 Abs. 3 Nr. 2 keinesfalls Anwendung finden, da ansonsten die Zuständigkeitsordnung, insbesondere auch ausschließliche Gerichtsstände, umgangen werden könnten.429 Letztendlich entsteht die Rechtshängigkeit zwischen den neuen Parteien erst mit Eintritt der neuen Partei, so dass auch deren prozessuale Folgen erst ab diesem Zeitpunkt eintreten. Dasselbe gilt für die materiellrechtlichen Folgen der Rechtshängigkeit.430
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OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 359, 360; Gofferje´ S. 86. 422 4428 2 De Boor S. 104; Henckel S. 237. 423 4429 3 De Boor S. 104 f.; Henckel S. 237. 424 44430 Franz S. 166; Gofferje´ S. 86 f. 425 54431 Franz S. 166; Gofferje´ S. 87; Henckel S. 237. 426 64432 Franz S. 132. 427 74433 Bejahend Roth NJW 1988, 2977, 2982 für die von ihm angeführten Fallgruppen.
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8 Dafür de Boor S. 105 beim Klägerwechsel. 429 94435 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 94; Franz S. 123 f.; Wahl S. 176; vgl. auch Henckel S. 237; aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 97 Rdn. 33. 430 4436 10 BGH NJW 1972, 1714; RGZ 135, 104, 109 (zur Parteierweiterung); vgl. auch BGH NJW-RR 1989, 1269 f.; de Boor S. 106; Franz S. 134 f.; Wahl S. 177.
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b) bei unzulässigem Parteiwechsel. Fehlt eine der oben beschriebenen Voraussetzungen für den gewillkürten Parteiwechsel, sind die jeweiligen Wechselerklärungen unwirksam. Ist der Parteiwechsel unzulässig, ist für den weiteren Fortgang des Verfahrens danach zu unterscheiden, welche der oben genannten Voraussetzungen fehlt. Verweigert der ursprüngliche Kläger seine Zustimmung, dann ist der ursprüngliche Prozess fortzusetzen.431 Verweigert der ursprüngliche Beklagte seine gem. § 269 erforderliche Zustimmung, dann bleibt die Klage zwischen den ursprünglichen Parteien weiterhin rechtshängig.432 Bezüglich der neuen Partei ist zwischen dem Kläger- und dem Beklagtenwechsel zu trennen. Beim Klägerwechsel hat das Gericht gegebenenfalls gem. § 139 zu klären, ob die Eintrittserklärung des neuen Klägers als selbständige Klageerhebung auszulegen ist und eine Verbindung der beiden Verfahren gem. § 147 in Betracht kommt.433 Ist dies der Fall, entsteht auch das neue Prozessrechtsverhältnis. Ist dies jedoch zu verneinen,434 entsteht das neue Prozessrechtsverhältnis von Anfang an nicht. Eine diesbezügliche Abweisung der Klage ist nicht erforderlich.435 Auch beim Beklagtenwechsel ist gegebenenfalls gem. § 139 zu klären, ob der Kläger dennoch die Klage gegenüber dem neuen Beklagten erheben will.436 Das ursprüngliche Verfahren wird in jedem Fall mangels wirksamer Klagerücknahme fortgesetzt.437 Eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Parteiwechsels kann entweder in einem Zwischenurteil gem. § 303 oder in den Gründen des Endurteils ergehen.438 Weder der neue Kläger noch der neue Beklagte können diese Entscheidung anfechten, da mangels wirksamen Parteiwechsels mit ihnen kein Prozessrechtsverhältnis entstanden ist.439 Verweigert im Fall des Beklagtenwechsels nur der neue Beklagte die Zustimmung (was nur in der Berufungsinstanz beachtlich ist), ist gegebenenfalls gem. § 139 zu klären, ob der Kläger seine in der Wechselerklärung enthaltene Klagerücknahme gegenüber dem alten Beklagten trotz Unzulässigkeit des Parteiwechsels weiter aufrechterhalten will. Dies hätte zur Folge, dass die Rechtshängigkeit der ursprünglichen Klage enden würde. Auf Antrag ergeht ein entsprechender Beschluss gem. § 269 Abs. 4. Gegenüber dem neuen Beklagten muss die Klage, wenn der Kläger sie aufrecht erhält, durch Urteil als unzulässig abgewiesen werden, da eine Klageerhebung in der Berufungsinstanz unzulässig ist. Auch hier kann die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Parteiwechsels im Rahmen des alten Rechtsstreits in einem Zwischenurteil gem. § 303 oder in den Gründen des Endurteils ergehen. 431 4437
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OLG München NJW-RR 1998, 788, 789. Dagegen wird meist davon ausgegangen, dass auf der Klägerseite keine Unstimmigkeiten entstehen könnten, da beim Klägerwechsel beide nur einverständlich handeln könnten, Bücking MDR 1973, 908, 911; Kohler JuS 1993, 315, 319. 432 24438 BGH NJW 1988, 128 f.; Luckey ProzRB 2004, 220, 223; vgl. dazu auch Bücking MDR 1973, 908, 911, der allerdings eine sachliche Entscheidung über den Antrag wegen der in der Wechselerklärung enthaltenen Klagerücknahme ablehnt. 433 34439 Diese Möglichkeit erwägt Gofferje´ S. 162 als Fallgruppe des Parteibeitritts. 434 44440 Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 149 geht im Zweifel von einer Einheit zwischen dem Klage-
erhebungsakt des neuen und dem Klagerücknahmeakt bezüglich des alten Klägers aus mit der Folge, dass der Eintritt des neuen Klägers von der Wirksamkeit des Klagerücknahmeakts des alten Klägers abhängt. 435 54441 AA Kohler JuS 1993, 315, 318. 436 64442 Henckel DRiZ 1962, 226, 229 scheint in diesem Fall immer von einer Parteienhäufung auszugehen; ebenso Blomeyer ZPR § 114 V 1a. 437 4443 7 BGH NJW 1998, 1497; Franz MDR 1981, 977, 979. 438 84444 AA Nagel S. 194 ff., der wegen Ermessensreduktion allein ein Zwischenurteil für möglich erachtet. 439 94445 Franz MDR 1981, 977, 979.
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Rechtsprechung440 und Literatur441 folgen der oben dargestellten dogmatischen Aufteilung nicht, sondern vernachlässigen aus praktischen Erwägungen die Frage nach dem Bestehen von Prozessrechtsverhältnissen und gehen, zT nur in der Berufungsinstanz, von einem Zwischenstreit zu Dritt aus, der nach § 280 Abs. 2 durch Zwischenurteil gegen alle Beteiligten zu entscheiden sei und selbständig angefochten werden könne.442
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c) Bindung an die bisherigen Prozessergebnisse. Beim Parteiwechsel scheint die Rechtsprechung davon auszugehen, dass die Parteien, wenn der Parteiwechsel zulässig ist, auch an das bisherige Ergebnis gebunden sind.443 Ist die Bindung wegen schutzwürdiger Belange der Parteien nicht möglich, dann sei auch der Parteiwechsel nicht zulässig.444 Jedenfalls hat es den Anschein, dass die Rechtsprechung in erster Instanz grundsätzlich eine Bindung der Parteien an die bisherigen Prozessergebnisse annimmt.445 Dagegen werden in der zweiten Instanz die Interessen des Beklagten berücksichtigt. Wird die hier erforderliche Zustimmung vom Beklagten verweigert, ist bezüglich eines eventuellen Rechtsmissbrauchs zu berücksichtigen, ob ein schutzwürdiges Interesse des neuen Beklagten an der Weigerung nicht anzuerkennen und ihm nach der gesamten Sachlage zuzumuten ist, in den bereits im Berufungsrechtszug schwebenden Rechtsstreit einzutreten bzw er eine irgendwie geartete Schlechterstellung nicht zu befürchten hat.446 Mögliches neues Verteidigungsvorbringen wird jedenfalls nicht ausgeschlossen, wenn der Beklagte ansonsten in seiner Rechtsverteidigung eingeschränkt wäre.447 Roth448 nimmt diese von der Rechtsprechung gefundenen Ergebnisse zum Anlass, die Bindung anhand von Fallgruppen zu bestimmen. Er geht von einer Bindung an die vorgefundene Prozesslage aus bei einer Bindungswirkung durch Rechtskraft, bei willentlicher Übernahme, bei Prozessbeeinflussung sowie bei nicht verböserungsfähiger Prozesssituation. Nach der hier vertretenen Ansicht tritt die neue Partei zwar in ein laufendes Verfahren ein, nicht aber in das ursprüngliche Prozessrechtsverhältnis.449 Vielmehr endet das Prozessrechtsverhältnis zur alten Partei mit Wirksamwerden der erforderlichen Erklärungen und es beginnt ein neues zur neuen Partei.450 Dies hat zur Folge,
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BGH NJW 1981, 989 f.; OLG München NJW 1967, 1812. 4447 2441 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 91; Musielak/Foerste Rdn. 17; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 43 Rdn. 28; de Boor S. 142. 442 34448 BGH NJW 1981, 989 f.; vgl. MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 91 f.; anders Nagel S. 197 ff., der sich gegen § 280 und für eine sofortige Beschwerde analog § 71 Abs. 2 ausspricht. 443 4449 4 Vgl. OLGR Saarbrücken 2002, 331, 333, das die Gewährung rechtlichen Gehörs des neuen Beklagten fordert, wenn ein Verweisungsbeschluss ergehen soll, bevor über die Wirksamkeit des Parteiwechsels entschieden worden ist, da der neue Beklagte an die bestehende Prozesslage zum Zeitpunkt des Parteiwechsels gebunden sei; vgl. BGH NJW 1996, 196, 197 zur Parteierweiterung; Luckey JuS 1998, 499, 502. 444 54450 Heinrich S. 42 f. Fn. 11; anders aber Wahl S. 39 ff. bezüglich BGH NJW 1962, 347. 445 64451 BGH NJW 1962, 347; vgl. auch Roth NJW 1988, 2977, 2979.
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BGH NJW 1987, 1946, 1947; BGH NJW-RR 1986, 356 (allerdings zur Parteierweiterung); Roth NJW 1988, 2977, 2979 schließt hieraus, dass keine Bindung besteht. 447 4453 8 BGH NJW 1996, 196, 197; BGH NJW 1987, 1946, 1947. 448 94454 NJW 1988, 2977, 2980 ff. 449 4455 10 AA Heinrich S. 75 ff., nach dessen Ansicht die Wirkungen des ursprünglichen Prozessrechtsverhältnisses gegenüber der neuen Partei anstelle der ausgeschiedenen nur dann fortbestehen können, wenn eine Rechtsnachfolge stattgefunden hat. Diese Rechtsnachfolge sei grundsätzlich nur bei Zustimmung dieser beiden Beteiligten, ansonsten bei rechtsmissbräuchlicher Verweigerung der Zustimmung zu bejahen, allerdings wegen des Dispositionsgrundsatzes nicht auf Klägerseite. Auch Bücking MDR 1973, 908, 911 geht von einer Rechtsnachfolge aus. 450 4456 11 AA OLG Frankfurt MDR 1964, 330 (LS).
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dass zunächst grundsätzlich, jedenfalls bezüglich der neuen Partei, die bisher nicht am Prozess beteiligt war, nicht von einer Bindungswirkung ausgegangen werden kann.451 Andererseits würde es Sinn und Zweck des Parteiwechsels zuwiderlaufen, wenn das Verfahren noch einmal vollständig aufgerollt werden müsste. Die Vorteile gegenüber einer erneuten Klage bestehen jedoch zunächst darin, dass der bisherige Tatsachenstoff weiterhin Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung bleibt.452 Dies bedeutet, dass Beweisaufnahmen Geltung behalten, allerdings nicht uneingeschränkt. Werden sie zur Entscheidungsgrundlage, dann gebietet es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass die neue Partei sich zu den bisherigen Beweisergebnissen äußern kann. Sie muss noch einmal wiederholt werden, wenn die Möglichkeit besteht, dass durch die Einflussnahme der neuen Partei, wie z.B. der Ausübung des Fragerechts, ein anderes Ergebnis erzielt werden kann.453 Im Übrigen ist die Bindung an die bisherigen Prozessergebnisse abhängig von der jeweiligen Parteirolle. Auch hier ist wieder zwischen Kläger- und Beklagtenwechsel zu unterscheiden. Auf die Zumutbarkeit im Einzelfall kommt es hier nicht an.454 Die grundsätzliche Bindung der jeweils im Prozess verbleibenden Partei an die bisherigen Prozessergebnisse,455 ist ebenfalls abzulehnen.456 Beim Klägerwechsel ist in der Regel eine Bindung des neuen Klägers an die bisherigen Prozessergebnisse angebracht, da er den Wechsel durch seine Erklärung herbeigeführt hat und die Fortführung des Rechtsstreits gegenüber einer neuen Klageerhebung auch nur dann Sinn macht. Deshalb ist in der Übernahmeerklärung des neuen Klägers zugleich eine Einwilligung in die Übernahme der Prozessergebnisse zu sehen.457 Der neue Kläger hat es in der Hand, das Verfahren fortzuführen oder ein neues anzustrengen. Entscheidet er sich für ersteres, ist er an Geständnisse und Präklusionen des früheren Klägers gebunden,458 allerdings nur soweit sie denselben Streitgegenstand betreffen.459 Dies gilt jedoch nicht gleichermaßen für die Zustimmung des Beklagten. Diese dient nur dem Zweck, den alten Kläger aus dem Prozess zu entlassen, für den Eintritt des neuen Klägers ist sie jedoch irrelevant.460 Gegen dessen Klage kann sich der Beklagte nicht wehren, eine Zustimmung ist insoweit nicht erforderlich. Die Bindung an die bisherigen Prozessergebnisse kann deshalb nur mit einer gesonderten Einwilligung des Beklagten erreicht werden.461 Beim Beklagtenwechsel ist der Beklagte, der bisher nicht am Prozess beteiligt war, nicht an vorherige Beweisergebnisse gebunden, wenn er ohne seine Zustimmung in den Prozess hineingezogen worden ist.462 Dies gebietet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 ff. Abs. 1 GG).463 Allerdings können die Prozessergebnisse auf die 451 4457
AA Bücking MDR 1973, 908, 911; Nagel S. 188 ff.; Roth NJW 1988, 2977, 2982 f.; Wahl S. 175 ff., 183. 452 24458 Vgl. auch de Boor S. 106, allerdings mit der nötigen Ergänzungs- und Berichtigungsfreiheit. 453 34459 De Boor S. 106; Franz S. 141 ff.; aA Roth NJW 1988, 2977, 2982; Wahl S. 179. 454 44460 AA Lent JZ 1956, 762, 763, der die Bindung von einem objektiven Kriterium, dem engen tatsächlichen Zusammenhang im Streitgegenstand, und einem subjektiven Kriterium, der Zumutbarkeit, abhängig macht. Letztere ist nur für die Frage von Bedeutung, ob der Parteiwechsel auch ohne Zustimmung zulässig ist, vgl. Henckel S. 238 Fn. 168. 455 4461 5 So Henckel S. 240 ff., dagegen mit überzeugenden Argumenten Franz S. 173. 1
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6 Festl S. 62. 4463 7457 Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 149 f.; Kohler JuS 1993, 315, 318. 458 84464 Franz S. 168 f. 459 94465 Vgl. Henckel S. 238. 460 4466 10 AA Henckel S. 243, der die Zustimmung auch deshalb fordert, weil der Beklagte gegenüber der neuen Partei an seine Prozessführung gebunden bleibt; Kohler JuS 1993, 315, 318. 461 4467 11 Vgl. auch Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 150, der auch auf den Willen des Beklagten abstellt, wenn zur Hauptsache noch nicht verhandelt worden ist; aA Henckel S. 235, 237, dem zustimmend Franz S. 151 f., ablehnend Wahl S. 107 ff. 462 4468 12 BGH NJW-RR 1986, 356. 463 4469 13 Vgl. dazu Festl S. 32 f.
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neue Partei dann übertragen werden, wenn das ohne den Parteiwechsel ergangene Urteil zwischen der alten Partei und dem alten Beklagten auch die neue Partei gebunden hätte.464 Bei fehlender Zustimmung des Beklagten können die vorherigen Ergebnisse nur insoweit weiterhin Geltung beanspruchen als sie nicht im Widerspruch zum Verhalten des neuen Beklagten stehen465 ähnlich wie bei den Handlungen des Nebenintervenienten. Nichts anderes kann gelten, wenn der Beklagte dem Parteiwechsel zustimmt, da ansonsten kaum eine Zustimmung des Beklagten zu dem Parteiwechsel erreicht werden könnte, wenn diese automatisch die Bindung an die Ergebnisse des bisherigen Prozesses zur Folge hätte.466 Im Einzelnen bedeutet dies, dass die Prozesshandlungen des ausscheidenden Beklagten den neuen Beklagten grundsätzlich nicht binden. Anerkenntnis, Vergleich usw können keine Wirkung für die neue Partei entfalten, da sich diese Prozesshandlungen der bisherigen Partei auf einen anderen Streitgegenstand beziehen.467 Dasselbe muss für das Geständnis des alten Beklagten gelten, auch wenn es sich diesbezüglich um Wissenserklärungen handelt.468 Der neue Beklagte würde aber in seiner Rechtsverteidigung unzumutbar beschwert, wenn nicht er über die Beweisbedürftigkeit von relevanten Tatsachen entscheiden könnte. Auch Präklusionen wirken nicht für die neue Partei, denn diese hatte bisher nicht die Möglichkeit, auf das Verfahren einzuwirken.469 Dagegen wird man eine Bindung des Klägers an die bisherige Prozessführung grundsätzlich bejahen müssen.470 Gerade dadurch ist der Parteiwechsel gerechtfertigt. Will er dies nicht, muss er den Prozess mit der alten Partei mit deren Zustimmung beenden oder weiterführen und eine neue Klage gegen den neuen Beklagten erheben.471 Eine Bindung an Prozesshandlungen, die sich auf den Streitgegenstand bezogen haben, wie Teilverzicht oder -vergleich, ist jedoch zu verneinen.472 Geständnisse wirken jedoch fort, ebenso Präklusionen.
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d) Gleichzeitige Klageänderung. Geht mit dem Parteiwechsel eine Klageänderung einher, sei es eine Änderung des Klageantrags oder des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts, die nicht allein auf den Parteiwechsel zurückzuführen ist, dann müssen zusätzlich die Voraussetzungen der Klageänderung vorliegen. Grundsätzlich wird man aber in der Zustimmung zum Parteiwechsel, wenn eine solche erforderlich ist, gleichzeitig diejenige für die Klageänderung sehen können.473
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e) Entscheidung. Sind sich die Parteien einig und liegen die Voraussetzungen für einen Parteiwechsel vor, so wird das Gericht die Zulässigkeit des gewillkürten Partei464 4470
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De Boor S. 95, 104 für den gesetzlich geregelten Fall des Parteiwechsels gem. § 265 Abs. 2; vgl. auch Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 149 und Henckel S. 234 f., der auf die materiellrechtliche Abhängigkeit der Rechtsstellung der neuen Partei von den Rechtshandlungen der alten Partei abstellt; ebenso Franz S. 177 ff. Ähnlich Festl S. 39 f., der sich für die Bindung an die Prozessergebnisse ausspricht, wenn die neue Partei ihre Rechtsstellung von der alten Partei ableitet. Dies ist eine der Fallgruppen von Roth NJW 1988, 2977, 2980, bei denen Bindung eintreten soll; siehe auch Wahl S. 95 ff. 4471 2465 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 27; aA Nagel S. 188 ff., der sich für eine vollumfängliche Bindungswirkung ausspricht, mit Aus-
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nahme von unmittelbar streitgegenstandsbezogenen Prozesshandlungen wie Verzicht oder Anerkenntnis. 466 4472 3 AA Bücking MDR 1973, 908, 910; Wahl S. 149, der in der Zustimmung zum Parteiwechsel notwendig die Genehmigung der bisherigen Prozessführung sieht. 467 44473 Franz S. 143 f. 468 4474 5 Franz S. 145 f. 469 64475 Franz S. 148. 470 74476 Henckel S. 240; Kohler JuS 1993, 315, 318. 471 84477 Henckel DRiZ 1962, 226, 228. 472 94478 Franz S. 154 f. 473 4479 10 Gofferje´ S. 70; Pohle FS Fragistas (1967), S. 133, 152.
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wechsels in den Gründen des Endurteils feststellen, es kann dies aber auch durch ein Zwischenurteil gem. § 303 tun. Auf Antrag ergeht ein Beschluss gem. § 269 Abs. 4 bezüglich der ausgeschiedenen Partei.474 Ist die Frage zwischen den Beteiligten umstritten, muss bei Unzulässigkeit des Parteiwechsels dieser Streit durch Zwischenurteil gem. § 303 oder in den Gründen des Endurteils zwischen den ursprünglichen Parteien entschieden werden (vgl. Rdn. 143). Erachtet das Gericht den Beklagtenwechsel für zulässig und behauptet der alte Beklagte die Unwirksamkeit, dann ist ihm gegenüber entsprechend § 269 Abs. 4 (vgl. § 269 Rdn. 103 ff.) ein Beschluss zu erlassen. Behauptet dagegen der neue Beklagte die Unzulässigkeit, ist die Entscheidung ihm gegenüber durch Zwischenurteil gem. § 303 oder im Endurteil zu treffen. Ein Zwischenurteil gem. § 280 Abs. 2 gegenüber allen Beteiligten kommt wegen des Zweiparteiensystems nicht in Betracht (vgl. Rdn. 145).475 Die Rechtsprechung476 geht in erster Instanz von einem Zwischenurteil gem. § 303 aus, das wegen der Anwendung von § 268 auch nicht zusammen mit dem Endurteil angefochten werden kann.477 In der Berufungsinstanz wird ein Zwischenstreit zu Dritt angenommen (vgl. dazu Rdn. 145). f) Kosten und Gebühren. Die Gerichtsgebühren entstehen unabhängig von der Art des Parteiwechsels nur einmal.478 Bei einem Klägerwechsel hat der ausscheidende Kläger lediglich die Mehrkosten zu übernehmen, die durch seine Klage entstanden sind (§ 269 Abs. 3 S. 2),479 denn sein Ausscheiden kommt einer Klagerücknahme gleich. Verpflichtet sich der Beklagte im Prozessvergleich zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits, so bezieht sich dies nur auf die Kosten des neuen Klägers, nicht aber auf die Mehrkosten durch den gewillkürten Parteiwechsel.480 Bei einem Beklagtenwechsel hat der Kläger die Kosten der ausscheidenden Partei entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 zu tragen.481 Auf Antrag ist ein entsprechender Beschluss zu erlassen.482 Die Verfahrensgebühr für den Anwalt fällt beim Beklagtenwechsel, wenn der Anwalt beide zeitlich überschneidend vertritt, nur einmal an.483 Dasselbe gilt, wenn er 474 4480
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Vgl. OLG München OLGZ 1981, 89 und OLG Frankfurt MDR 1977, 410, die mit der h.M. von einer Klageänderung ausgehen und § 269 Abs. 4 (§ 271 Abs. 3 a.F.) entsprechend anwenden. 4481 2475 Franz MDR 1981, 977, 978; ders. NJW 1982, 15 ff.; aA BGH NJW 1981, 989; OLG München NJW 1967, 1812: Zwischenstreit zu dritt ähnlich dem Prätendentenstreit gem. § 75; Gofferje´ S. 83 f. 476 4482 3 BGH MDR 1987, 668. 477 44483 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 92. 478 54484 Vgl. OLG Celle NJW-RR 2000, 1093 (Klägerwechsel); Franz S. 158 f., 174; Nagel S. 200; aA Tschischgale NJW 1962, 2134, 2135. 479 64485 OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 359, 360; OLG Düsseldorf MDR 1974, 147; OLG Stuttgart NJW 1973, 1756; OLG München MDR 1971, 673; LG Frankenthal AnwBl 1978, 465; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 42 Rdn. 29; aA OLG Celle MDR 2004, 410; LG Frankfurt/ M. MDR 1987, 591, das dem ausscheidenden Kläger die Hälfte der Gerichts- und außergerichtlichen Kosten des Beklagten auferlegt.
480 4486
7 OLG Hamburg MDR 1990, 1019. 481 84487 BGH NJW 2006, 1351, 1353 f.; OLGR Koblenz 2006, 939; OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 1214; OLG Hamburg AnwBl 1978, 143; KG OLGZ 1978, 476, 478 f.; OLG Schleswig SchlHA 1975, 66; OLG Düsseldorf MDR 1957, 238; Bücking MDR 1973, 908, 911; Weimann/ Terheggen NJW 2003, 1298, 1299; i.E. auch Nagel S. 200 ff., der dabei jedoch § 96 anwenden will; anders OLG Köln OLGZ 1965, 46, 47 für den Fall eines durch die im Prozess genehmigte Schuldübernahme bedingten Beklagtenwechsels. 482 94488 BGH NJW 2006, 1351, 1353 f.; Franz S. 116; Tschischgale NJW 1962, 2134, 2135; in diesem Fall auch MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 110. 483 4489 10 OLG Hamburg MDR 2002, 1339; OLGR Hamm 2002, 245; OLG Köln JurBüro 1998, 589, 590; OLG Schleswig JurBüro 1997, 584; OLG München Rpfleger 1996, 261, 262; aA OLG Stuttgart Justiz 1972, 204.
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nacheinander zunächst den ausscheidenden und dann den neu eintretenden Beklagten vertritt, da es sich um dieselbe Angelegenheit iSd §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 S. 1 RVG handelt.484 Deshalb erhält der Anwalt des alten und des neuen Klägers auch beim Klägerwechsel nur eine Verfahrensgebühr.485 Auch der Anwalt der im Verfahren verbleibenden Partei bekommt keine erhöhten Gebühren.486
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g) Rechtsmittel. Die in einem Zwischenurteil gem. § 303 oder in den Gründen des Endurteils ergangene Entscheidung kann lediglich mit dem Endurteil angefochten werden. Als Rechtsmittel gegen den Beschluss gem. § 269 Abs. 4 kommt die sofortige Beschwerde (vgl. § 269 Rdn. 123) in Betracht.
§ 264 Keine Klageänderung Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes 1. die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; 2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; 3. statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird. Schrifttum Gollhofer Die Ermäßigung des Klageantrages, 1986; Groß Klageänderung und Klagerücknahme, 1959; ders. Klageänderung und Klagerücknahme, JR 1996, 357; Hahn Beschränkung des Klageantrags, Gruchot 30 (1886), 517; Schiller Die Klageänderung in der Revisionsinstanz in Zivilsachen, 1997.
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BGH NJW 2007, 769, 770 ff.; Gofferje´ S. 151; Nagel S. 203 ff.; anders OLG Koblenz AGS 1995, 73 und OLG Koblenz MDR 1985, 942 (nur eine Prozessgebühr für den Anwalt, aber Erhöhung um 3/10) mit abl. Anm. Mümmler JurBüro 1985, 1823; aA OLG Köln JurBüro 2006, 249; OLG Koblenz JurBüro 2002, 191; OLG München Rpfleger 1996, 261, 262; OLG München JurBüro 1994, 490; OLG Karlsruhe JurBüro 1993, 287; OLG Hamm JurBüro 1975, 1504; KG NJW 1972, 959; OLG München NJW 1966, 112; OLG Saarbrücken MDR 1966, 855; OLG Köln Rpfleger 1963, 361; Franz S. 162 ff.; Hansens JurBüro 1997, 568; Luckey ProzRB 2004, 220, 224.
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2 Gofferje´ S. 110. 486 34492 OLG Celle MDR 1999, 1348; OLG Karlsruhe Justiz 1999, 102, 103; OLG Schleswig AnwBl 1987, 337; OLG Koblenz AnwBl 1985, 44; OLG Köln JurBüro 1983, 80; KG NJW 1972, 960; OLG Düsseldorf MDR 1982, 590 f.; OLG Stuttgart ZZP 71 (1958), 273, 274; einschränkend OLG München AGS 1997, 113: zumindest bei vorübergehender gleichzeitiger Vertretung – anders noch in MDR 1994, 950; Hansens JurBüro 1997, 568, aA OLG München NJW 1968, 848; Tschischgale NJW 1962, 2134, 2136.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 264
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Anwendbarkeit des § 264 in den Rechtsmittelinstanzen . . . . . . 1. Berufungsinstanz . . . . . . . . 2. Revisionsinstanz . . . . . . . .
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IV. Die Fälle des § 264 . . . . . . . . 1. § 264 Nr. 1 (Ergänzung oder Berichtigung der tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen) . . . .
Rdn a) Berichtigung rechtlicher oder tatsächlicher Ausführungen . . b) Ergänzung rechtlicher oder tatsächlicher Ausführungen . . . 2. § 264 Nr. 2 . . . . . . . . . . a) Umgestaltung des Klageantrags b) Beschränkung und Erweiterung des Klageantrags . . . . . . . aa) Klageerweiterung . . . . . bb) Klagebeschränkung . . . . cc) Einzelfälle . . . . . . . . 3. § 264 Nr. 3 . . . . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte Die Regelungen des § 264 waren zunächst in § 240 CPO (Entwurf § 232) enthalten, durch die Bekanntmachung von 18981 wurden sie in § 268 und nach der Vereinfachungsnovelle 19762 in § 264 unverändert übernommen (zur Gesetzesgeschichte siehe auch § 263 Rdn. 1 f.).
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II. Normzweck Es ist umstritten, ob § 264 eine Einschränkung des Klageänderungsbegriffs darstellt oder eine Fiktion enthält, wonach eine echte Klageänderung nicht als Klageänderung anzusehen ist.3 Die Gesetzesmaterialien und auch der Wortlaut der Vorschrift sprechen eher für eine Fiktion.4 Diese kann sich jedoch nur auf § 264 Nr. 2 und Nr. 3 beziehen, da die Fälle des § 264 Nr. 1 keine Klageänderung darstellen (vgl. Rdn. 12). Die Berichtigungen, Ergänzungen und Änderungen der Klage sollten insoweit zugelassen werden, als dies ohne Schädigung der Interessen des Beklagten geschehen konnte.5 Diese Fälle sind in § 264 aufgeführt. § 264 ist aus Zweckmäßigkeitsgründen zur Verminderung von Prozessen geschaffen worden.6 So ist der Kläger, wenn der ursprüngliche Anspruch wegen einer während des Rechtsstreits eintretenden Veränderung nicht mehr weiterverfolgt werden kann, nicht auf die Erledigungserklärung beschränkt, sondern kann in demselben Prozess seinen Anspruch auf einen anderen Gegenstand oder auf das Interesse richten (§ 264 Nr. 3).7 § 264 hat auch Bedeutung für den Umfang der Rechtskraftwirkung. Diese erstreckt sich auf die unter § 264 Nr. 1 fallenden Veränderungsmöglichkeiten der Klagegründe, dh alle Tatsachen, die ohne Veränderung des Klagegrundes iSd § 264 Nr. 1 1 14493 RGBl S. 410, 460. 2 24494 BGBl I S. 3281, 3283. 4495 3 3 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 3; J. Blomeyer JuS 1970, 123, 124 Fn. 2. 4 44496 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 259; überzeugend Walther Klageänderung und Klagerücknahme (1969), S. 30; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 4, der sich gegen eine Fiktion ausspricht und stattdessen von einer kraft Gesetzes zugelassenen Klageänderung ausgeht.
5 54497 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 259. Daraus schließt Groß JR 1996, 357, 358, dass die Vermeidung von Überraschungen der Zweck der Klageänderungsvorschriften sei. 4498 6 6 RGZ 88, 55, 58; BAG NJW 1967, 1876, 1877 (Vermeidung unnötiger Vervielfältigung von Prozessen); Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 259; Altmeppen ZIP 1992, 449, 451. 7 74499 RGZ 88, 55, 58.
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vorgebracht werden könnten, werden von der Rechtskraft des Urteils erfasst. Davon ausgenommen sind neue Ereignisse, die zwar im Rahmen des § 264 Nr. 1 hätten eingeführt werden können (siehe Rdn. 20), der Rechtskraftwirkung aber nicht unterliegen würden, wenn sie nicht eingeführt werden.8 Im übrigen erstreckt sich die Rechtskraftwirkung nicht auf andere als die geltend gemachten Ansprüche, auch wenn sie gem. § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 oder gem. § 263 hätten geltend gemacht werden können, da kein Zwang zur Klageänderung besteht. Umgekehrt muss in den Fällen, in denen sich die Rechtskraft auf nicht eingeführtes, aber vor Ende der mündlichen Verhandlung bereits mögliches Vorbringen erstrecken würde (vgl. § 767 Abs. 2), davon ausgegangen werden, dass in diesem Vorbringen keine unzulässige Klageänderung liegen kann. Dies ist z.B. der Fall bei einer negativen Feststellungsklage, wenn der Kläger seine tatsächlichen Behauptungen bezüglich des Nichtbestehens des Anspruchs ändert und von seiner ursprünglichen Behauptung, das der Forderung zugrunde liegende Rechtsverhältnis sei als Scheingeschäft nichtig, auf die Behauptung übergeht, die Forderung sei durch Tilgung erloschen.9 § 264 fingiert, dass die dort genannten Fälle keine Klageänderungen sind und somit nicht den Voraussetzungen des § 263 unterliegen. § 264 gibt dem Kläger nur die Möglichkeit einer Antragsänderung innerhalb eines rechtshängigen Verfahrens.10 Der Kläger kann deshalb anstatt der Klageänderung auch eine neue Klage erheben.11
III. Anwendbarkeit des § 264 in den Rechtsmittelinstanzen 1. Berufungsinstanz
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§ 264 findet über § 525 auch im Berufungsverfahren Anwendung mit der Folge, dass § 533, der die Zulässigkeit der Klageänderung betrifft, in den Fällen des § 264 Nr. 2 und 3 nicht anwendbar ist.12 Auch § 533 Nr. 2 gebietet es nicht, diese Fälle als Klageänderungen anzusehen. Eine unzulässige Einführung von neuem Tatsachenstoff, die § 533 Nr. 2 verhindern will, ist nicht zu befürchten, da § 264 einen gleichbleibenden Klagegrund voraussetzt und der Vortrag neuer Tatsachen zu dessen Ergänzung nur in den Grenzen des § 531 Abs. 2 zulässig ist.13 Dies bedeutet, dass neues Vorbringen nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der § 529 Abs. 1 Nr. 1 und § 531 Abs. 2 Berücksichtigung finden kann. Vor allem im Fall des § 264 Nr. 3 wird neues Vorbringen meist gem. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 zulässig sein.14 Kann die Klageänderung gem. § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 auf bereits im ersten Rechtszug festgestellte Tatsachen gestützt werden, ist sie ohne Weiteres zulässig,15 selbst wenn sie schon im ersten Rechtszug möglich gewesen wäre.16 Zudem kann das Berufungsgericht bei der Beurteilung des modifizierten Klageantrags auf den gesamten in erster Instanz ange8 14500 RG SeuffArch 41 Nr. 306 für den Fall, dass zunächst behauptet wurde, dass der Vertrag persönlich, später aber, dass er durch einen Vertreter geschlossen wurde, die Einrede der Rechtskraft verneinend. Im Rahmen des § 264 Nr. 1 wäre dieses Vorbringen zulässig. 4501 9 2 RGZ 72, 143, 145 f.; vgl. auch RG Warn 1912 Nr. 225. 4502 310 RG SeuffArch 77 Nr. 156. 4503 411 OLG Dresden SächsAnn 32, 130, 132. 4504 512 BGH NJW-RR 2006, 390; BGH MDR 2006, 565; BGH NJW 2004, 2152, 2154 f. mit abl. Anm. Rimmelspacher/Bolkart WuB VII A. § 533 ZPO
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1.05 = BGHR 2004, 1110 mit Anm. Kramer (S. 1113); Thomas/Putzo/Reichold § 533 Rdn. 11; aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 24; 4505 613 BGH NJW 2004, 2152, 2155 unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/4722 S. 102. 14 4506 7 Zöller/Gummer/Heßler § 533 Rdn. 3; vgl. auch MünchKomm/Rimmelspacher § 533 Rdn. 14; Schneider MDR 1982, 626, 627. 4507 815 Vgl. noch zur alten Rechtslage BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGHZ 85, 140, 143 = NJW 1983, 172, 173. 4508 916 RG JW 1935, 777.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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fallenen Prozessstoff zurückgreifen17 und ist nicht gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 HS 1 an die von dem erstinstanzlichen Gericht zu dem ursprünglichen Klageantrag getroffenen Feststellungen gebunden.18 Unter den genannten Voraussetzungen ist auch eine Klageerweiterung im Fall der Berufung gegen ein Teilurteil zulässig.19 Allerdings setzen Klageerweiterungen und andere Klageänderungen eine zulässige Berufung voraus.20 Eine Berufungseinlegung nur zum Zweck einer Ergänzung des Klageantrags ist nicht zulässig.21 Der nicht beschwerte Kläger kann sich jedoch der Berufung des Beklagten zum Zweck der Klageerweiterung anschließen.22 Legt der mit einem Teil seiner Ansprüche abgewiesene Kläger Berufung ein und erweitert sodann die Klage, brauchen die zur Begründung der Klageerweiterung vorgetragenen Tatsachen und Beweismittel nicht bereits in die Berufungsbegründung aufgenommen zu werden, sondern können noch nach deren Ablauf eingeführt werden.23 Soweit die Klageerweiterung in zweiter Instanz bisher dem Gericht nicht unterbreitete Ansprüche enthält, findet keine Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils statt, so dass die Vorschrift des § 520 Abs. 3 nicht anzuwenden ist.24 Wird in der zweiten Instanz der Klageantrag in der Art erweitert, dass das erstinstanzliche Amtsgericht nicht zuständig gewesen wäre, bleibt trotz übereinstimmender Verweisungsanträge der Parteien an ein erstinstanzliches Landgericht das Landgericht zur Entscheidung über die Berufung zulässig.25
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2. Revisionsinstanz In der Revisionsinstanz ist eine Klageänderung grundsätzlich nicht zulässig, da der Beurteilung des Revisionsgerichts nur das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ersichtliche Parteivorbringen unterliegt (§ 559). Innerhalb dieser Begrenzung des der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegenden Parteivorbringens ist jedoch eine Änderung des Klageantrags iSd § 264 Nr. 2 möglich (vgl. § 263 Rdn. 76).26 Zulässig sind deshalb Änderungen, die lediglich eine Modifikation oder eine Beschränkung des früheren Antrags darstellen,27 wie z.B. die Umstellung des Antrags auf Verurteilung zur Leistung an den Abtretungsempfänger28 oder den Pfändungsgläubiger29, wenn die Tatsache der Abtretung bzw der Überweisung zur Einziehung bereits in dem Berufungsurteil festgestellt ist. Die Umstellung vom Zahlungsantrag auf Hinterlegung ist ebenfalls als zulässig anzusehen. Auch das teilweise und näher umschriebene Wie4509 117 BGH NJW 2004, 1876, 1878. 4510 218 BGH NJW 2004, 2152, 2155 f. 4511 319 RGZ 148, 131, 135. 4512 420 BGH NJW 1994, 944, 945; BGH NJW 1993, 597, 598; BGH NJW 1992, 2296 f. (Klageerweiterung bezüglich des nicht angefochtenen Teils bei zulässiger Berufung bezüglich des anderen Teils); BGH NJW-RR 1991, 1279, 1280; BGH NJW 1990, 2683 = LM Nr. 5 zu § 462 BGB; BGH NJW-RR 1989, 254 = LM Nr. 45 zu § 511 ZPO; BGH NJW 1988, 2540; BGHZ 85, 140, 142 = NJW 1983, 172; vgl. auch Schneider MDR 1987, 811, 812. 21 4513 5 RG JW 1902, 19; vgl. OLG Hamm VersR 2002, 366, 367. 4514 622 BGH NJW 1994, 944, 945; BGHZ 4, 229, 234 = NJW 1952, 384; RGZ 61, 254, 257; RG JW 1902, 19; Altmeppen ZIP 1992, 449, 457. 4515 723 BGH NJW 1994, 944, 945; BGH NJW-RR 1988,
1465, 1466; vgl. auch MünchKomm/Rimmelspacher § 520 Rdn. 40. 4516 824 BGH NJW 1994, 944, 945. 25 4517 9 RGZ 119, 379, 385; aA die Voraufl. Anm. C IV b 1, allerdings Verweisung an das OLG. 26 4518 10 BGH NJW 2002, 442 f.; BGH NJW 1999, 1407, 1408 (verneint im Ergebnis zulässige Klageänderung); BGH NJW-RR 1991, 1136 (Beschränkung); BGH MDR 1975, 126 (Beschränkung, nur noch hilfsweise Geltendmachung); BGH WM 1957, 1335, 1338; BGH NJW 1961, 1467 (Klageänderung hier aber unzulässig); BGHZ 26, 31, 37 f. = NJW 1958, 98 f. (wegen Gesetzesänderung); vgl. auch Groß S. 58; Schiller S. 178 f. 27 4519 11 Vgl. etwa BGH NJW-RR 1991, 1136 mwN; BGH NJW-RR 1990, 122. 28 4520 12 BGHZ 26, 31, 37 f. = NJW 1958, 98 f. 29 4521 13 RG Gruchot 49, 1061, 1065.
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deraufgreifen eines bereits in den Tatsacheninstanzen verfolgten Anspruchs auf Rechnungslegung durch den Antrag auf Vorlage von Abrechnungen ist in der Revisionsinstanz zulässig.30 Dasselbe gilt für die Rückkehr zum ursprünglichen Klageantrag nach zulässiger Abstandnahme von der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung.31 Ansonsten ist eine Erweiterung vom Feststellungsantrag auf den Leistungsantrag in der Revisionsinstanz unzulässig, selbst wenn ein Fall des § 264 Nr. 2 vorliegt.32 Dagegen ist die Klageänderung im umgekehrten Fall, die Umstellung eines Leistungs- auf einen Feststellungsantrag auch in der Revisionsinstanz zulässig,33 da der Feststellungsantrag in dem Leistungsantrag als weniger enthalten ist.34 Bei Aufnahme des durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Beklagten unterbrochenen Verfahrens ist es auch zulässig, anstelle eines als Schadensersatzforderung geltend gemachten Sachleistungsanspruchs oder anstelle einer unbezifferten eine bezifferte Insolvenzforderung geltend zu machen.35 Unzulässig ist dagegen die Umstellung eines bisherigen Hilfsantrags auf einen Hauptantrag.36 Dagegen ist der umgekehrte Fall, Geltendmachung des bisherigen zweiten Hauptantrags als Hilfsantrag, wiederum zulässig.37 Bei letzterem handelt es sich nicht um eine Erweiterung, sondern um eine modifizierte Einschränkung der bisherigen Klage. Während eine Klagebeschränkung ohne neuen Tatsachenvortrag38 in der Regel auch in der Revisionsinstanz zulässig ist, gilt dies für eine Klageerweiterung iSd § 264 Nr. 2 grundsätzlich nicht.39 Nur im Fall des § 717 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 (vgl. § 717 Rdn. 31) sind Erweiterungen und neue Behauptungen auch in der Revisionsinstanz möglich.40 Eine Veränderung des Klagegegenstands iSd § 264 Nr. 3 kann nur eine Antragsänderung, wird aber meist zugleich eine Tatsachenergänzung beinhalten, so dass § 264 Nr. 3 in der Revisionsinstanz in der Regel unanwendbar ist.41
IV. Die Fälle des § 264
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In § 264 sind drei Fälle genannt, die nicht als Klageänderung anzusehen sind. Während § 264 Nr. 1 überflüssig ist, weil in diesem Fall keine Änderung des Streitgegenstands vorliegt, betreffen § 264 Nr. 2 und 3 echte Klageänderungen in der Form der Änderung des Klageantrags.42 Allen Fällen ist gemeinsam, dass der Klagegrund (siehe § 253 Rdn. 62 ff.) unverändert bleibt. Werden die Tatsachen durch neues Vorbringen in einem wesentlichen Punkt derart verändert, dass der die zu entscheidende Rechtsfolge begründende Gesamttatbestand ein anderer wird, dann liegt eine Änderung des Klagegrundes vor.43 Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsverhältnis als solches unberührt bleibt.44 Von einer Änderung ist 4522 130 BGH MDR 1962, 562. 4523 231 BGH NJW 2002, 442 f. 4524 332 BGH NJW 1961, 1467, 1468; aA Schiller S. 181. 4525 433 BAG NJW 2006, 2060, 2061; BAG NZA 2006, 423, 424; BAG NZA 2006, 220, 221. 34 4526 5 BGH WM 1957, 1335, 1338. 35 4527 6 BGH ZZP 67 (1954), 300 f. 4528 736 BGHZ 28, 131, 136 f. = NJW 1958, 1867, 1868; BFH Urt. v. 11.11.1987 – I R 383/83 –; BFH DB 1983, 1471; aA BAG AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel; Schiller S. 180 f. 4529 837 BGH NJW-RR 1990, 122; BGH MDR 1975, 126.
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4530 938 RGZ 118, 209, 210. 39 4531 10 BGH NJW-RR 1991, 1346, 1347; BGH NJW 1961, 1467 f. 40 4532 11 BGH NJW 1994, 2095, 2096. 41 4533 12 Vgl. RGZ 118, 209, 210, wo allerdings die Voraussetzungen des § 268 Nr. 3 a.F. – Veränderung der Verhältnisse nach Klageerhebung – nicht vorlagen. 42 4534 13 Groß S. 12; Nikisch ZPR § 48 II 2. 43 4535 14 RG Warn 1912 Nr. 15; RGZ 99, 172, 176. 44 4536 15 RG HRR 1934 Nr. 911 (Kläger hat zunächst mit der Vollstreckungsabwehrklage das Gläubiger-
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insbesondere dann auszugehen, wenn die Klage nach den zuerst aufgestellten Behauptungen unbegründet erscheint und nun Behauptungen nachgeschoben werden, die einer abweichenden rechtlichen Beurteilung unterliegen.45 Eine Änderung des Klageantrags ist gem. § 264 nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 vorliegen.46 Ansonsten unterliegt die Klageänderung den Erfordernissen des § 263.
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1. § 264 Nr. 1 (Ergänzung oder Berichtigung der tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen) Wenn ohne Änderung des Klagegrundes lediglich tatsächliche oder rechtliche Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden, liegt keine Änderung des Streitgegenstands vor. Dabei ist davon auszugehen, dass der Klageantrag gleich bleibt. Eine Klageänderung ist deshalb in diesen Fällen zu verneinen.47
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a) Berichtigung rechtlicher oder tatsächlicher Ausführungen. Keine Klageänderung ist die bloße Berichtigung des Vorgetragenen. So kann das tatsächliche Vorbringen zur Klarstellung von Rechenfehlern oder falschem Parteivortrag berichtigt werden. Die Parteibezeichnung einer unzweifelhaft, für die Beteiligten erkennbar im Streit befindlichen Person kann berichtigt werden (siehe § 263 Rdn. 111).48 Auch die nähere Substantiierung des Sachvortrags zur Streitumgrenzung sollte man wie eine Berichtigung behandeln, so z.B. bei einer Klage auf Herausgabe von einer bestimmten Anzahl von Wechseln, bei der die substantiierte Bezeichnung der Wechsel nachgeholt wird49 oder wenn Tilgung behauptet wird, die nachfolgende Klärung, dass aufgerechnet wurde50. Ebenso ist es als Berichtigung anzusehen, wenn die Klagegründe nachträglich erstmals einem bestimmten Antrag zugeordnet werden.51 Wird das Datum für ein und dieselbe Handlung berichtigt, so liegt darin keine Klageänderung, wenn es nur auf die Handlung und nicht auf die Zeit ankommt.52 Wird im Lauf des Verfahrens eine geänderte Abschichtungsbilanz vorgelegt, so handelt es sich lediglich um eine Berichtigung der tatsächlichen Ausführungen.53 Dasselbe gilt, wenn während des Prozesses behauptet wird, dass die Vermögensverschiebung nicht unmittelbar vom Insolvenzschuldner auf den Anfechtungsgegner, sondern durch Einschaltung einer Mittelsperson vorgenommen wurde.54
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b) Ergänzung rechtlicher oder tatsächlicher Ausführungen. Ergänzbar sind ohne Weiteres diejenigen Tatsachen, die die Durchsetzbarkeit des Anspruchs betreffen wie z.B. Kündigung, Fälligkeit, Bedingungseintritt oder der Titel im Gläubigeranfechtungsprozess.55 Macht der Kläger Rechte aus § 281 BGB oder §§ 346, 323 BGB gel-
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recht bestritten und dann Erlöschen der Forderung durch Aufrechnung geltend gemacht). 4537 145 RGZ 60, 418, 419; RG JW 1926, 2683, 2684. 4538 246 BGH NJW 1951, 311, 312; RGZ 118, 209, 210. 4539 347 RG JW 1892, 271; Bernreuther JuS 1999, 478, 479. 48 4540 4 RGZ 105, 422, 425; RGZ 64, 400, 401; RG JW 1903, 4, 5 (Namhaftmachung der Gesellschaftsmitglieder); BAG AP Nr. 2 zu § 268 ZPO a.F.; OLG Frankfurt MDR 1977, 410; OLG Celle OLGZ 1967, 310 ff. (zur Abgrenzung zwischen Berichtigung der Parteibezeichnung und Parteiwechsel). 4541 549 Vgl. den Fall von RG JW 1909, 498 f., in dem zu-
gleich eine Klageerweiterung gem. § 264 Nr. 2 (§ 268 Nr. 2 a.F.) vorlag, weil sich die Zahl der Wechsel bei gleicher Gesamtsumme erhöht hatte. 4542 650 RG Warn 1908 Nr. 672. 4543 751 Wie in den Fällen BGH NJW 1959, 1819, 1820; BGHZ 11, 192, 195. 52 4544 8 RG JW 1908, 490 f.; RG JW 1912, 644 (Zeitpunkt des Auftretens des Mangels innerhalb der Garantiefrist); RGZ 22, 219, 221. 4545 953 OLG Karlsruhe BB 1971, 289, 290. 54 4546 10 BGH NJW 1985, 1560. 55 4547 11 RG JW 1912, 644, 645; RGZ 41, 87, 88 ff.; RG JW 1894, 240.
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tend, kann er die hierfür erforderliche Fristsetzung später behaupten.56 Auch der Nachweis der Wechsellegitimation durch nachträgliches Wegstreichen von Nachindossamenten ist gem. § 264 Nr. 1 zulässig.57 Eine bloße Ergänzung von Tatsachen liegt immer dann vor, wenn die Anspruchsbehauptungen nicht schlüssig sind und noch mit Tatsachen belegt werden müssen. Auch das Nachschieben neuer Ereignisse ist im Rahmen desselben Klagegrundes für zulässig erachtet worden,58 so bei einer negatorischen Klage das Vorbringen weiterer gleichwertiger Störungen im Lauf des Prozesses.59 Dies gilt nicht, wenn die neuen Tatsachen aus dem Rahmen des ursprünglichen Klagevortrags herausfallen, weil die Störungen anderer Art sind.60 So kann die Vertragsstrafe, die an eine bestimmte Handlung geknüpft wird, später nicht aus einer anderen nach Klageerhebung erfolgten Handlung, die den mit dem Klageantrag verfolgten Anspruch für sich allein zur Entstehung bringt, hergeleitet werden.61 Keine Klageänderung liegt vor, wenn die Räumungsklage zunächst auf Nichtigkeit des Mietvertrags, später auf Kündigung oder Ablauf der Mietzeit gestützt wird (vgl. auch § 263 Rdn. 48).62 Etwas anderes gilt jedoch für die Einführung einer neuen Kündigung nach Einreichung der Räumungsklage auf Grund einer unwirksamen Kündigung (vgl. § 263 Rdn. 28).63 Ferner fällt unter § 264 Nr. 1 im Patentnichtigkeitsverfahren die Anführung weiterer Veröffentlichungen zur Widerlegung der Neuheit.64 Darüber hinaus sind Ergänzungen zuzulassen, die zur Begründung der nach § 264 Nr. 2 oder 3 veränderten Anträge erforderlich sind. Dass im Fall des § 264 Nr. 1 keine Klageänderung vorliegt, wird besonders deutlich in Bezug auf die Änderung der rechtlichen Ausführungen (vgl. dazu § 263 Rdn. 43 f.), denn der Kläger ist nicht gezwungen, überhaupt rechtliche Ausführungen zu machen. Vielmehr ist es die Aufgabe des Gerichts, den vorgebrachten Tatsachenstoff rechtlich zu bewerten. Darunter fallen sowohl Erweiterungen als auch Beschränkungen, so wenn der Anspruch zunächst auf § 7 StVG, dann auf § 823 Abs. 1 BGB bzw erst auf § 1 HaftPflichtG, dann auf § 823 Abs. 1 BGB gestützt wird65 oder umgekehrt. Dies gilt auch, wenn anstelle des Anspruchs aus unerlaubter Handlung der Bereicherungsanspruch gem. § 852 BGB geltend gemacht wird.66 Eine bloße Berichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen liegt auch vor, wenn der Kläger zuerst aus einem Darlehen klagt und später angibt, die Darlehensforderung sei durch eine Novation einer Deliktsforderung entstanden,67 bzw Ansprüche aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis geltend macht, das sich unter der allgemein lautenden Bezeichnung „Dar4548 156 Vgl. RG SeuffArch 78 Nr. 97; RGZ 88, 405, 406 zu § 326 BGB a.F. 57 4549 2 RGZ 114, 365, 367 ff.; aA RG JW 1926, 2683, 2684, das im Gegensatz zur vorgenannten Entscheidung hier nicht von einem bloßen Nachweis der Legitimation, sondern von einer bei Klageerhebung fehlenden Legitimation ausgeht. 58 4550 3 Vgl. BGH NJW 1978, 262, 263; RG JW 1896, 31 f. 59 4551 4 RGZ 99, 172, 176 f.; anders aber RGZ 60, 418, 419: Klageänderung, wenn bei einem Wettbewerbsverstoß der Kläger das betreffende Gewerbe nicht ausgeübt und erst in der Berufungsinstanz die Behauptung nachgeschoben hat, dass auch nach der Gründung die wettbewerbswidrigen Handlungen vorgenommen worden seien.
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Hier liege eine neue Klage vor, weil die zuerst aufgestellten Behauptungen rechtlich unbegründet waren und nun Behauptungen substituiert werden sollen, die einer abweichenden rechtlichen Beurteilung unterliegen. 4552 560 RGZ 108, 167, 169. 4553 661 RGZ 48, 372, 374; RG JW 1901, 750; aA die Voraufl. § 268 a.F. B III a 2. 62 4554 7 RG HRR 1931, 981. 4555 863 OLG Zweibrücken MDR 1981, 585, 586. 4556 964 BGHZ 17, 305, 307 = NJW 1955, 1150. 65 4557 10 BGH NJW 1954, 640, 641. 66 4558 11 RGZ 71, 358, 360 f., das allerdings neben § 268 Nr. 1 a.F. auch § 268 Nr. 2 a.F. angenommen hat. 67 4559 12 RGZ 10, 395, 396 f.
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lehen“ verbirgt68. Dasselbe gilt, wenn der gesetzliche Unterhaltsanspruch anstelle eines vertraglichen gleichen Inhalts geltend gemacht wird.69 Eine bloße Ergänzung oder Berichtigung liegt auch darin, wenn zunächst die vereinbarte und dann eine angemessene Vergütung gefordert wird.70 Bei einer gleichzeitigen Antragsänderung kommt daneben § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 in Betracht. Fraglich ist, ob bei einer zulässigen Beschränkung des Klagegrundes auf einen rechtlichen Gesichtspunkt wie z.B. nur auf Ansprüche aus Vertrag, nicht aus unerlaubter Handlung, die die Partei wegen der ihr nachteiligen Rechtsfolgen ausdrücklich erklären muss (vgl. § 253 Rdn. 69 ff.), die Erweiterung auf einen bisher ausgenommenen rechtlichen Gesichtspunkt unter § 264 Nr. 1 fällt. Dies ist wohl zu bejahen, solange der Sachverhalt nicht geändert wird.71 Wird von einem Klageanspruch aus einem Kontokorrent zu einem solchen aus einem Beteiligungsverhältnis übergegangen, handelt es sich um eine Änderung des Klagegrundes und damit um keinen Fall des § 264 Nr. 1.72 Dasselbe muss gelten, wenn bei unverändertem Klageantrag anstatt des zunächst eingeklagten einzelnen Rechnungspostens der Saldo aus einem erweiterten Rechnungsauszug zur Klagebegründung herangezogen wird.73 Die gesetzliche Zulassung der Ergänzung und Berichtigung des Parteivorbringens besagt aber nichts über die verfahrensrechtliche Behandlung. Deshalb kann das Vorbringen gem. § 296 wegen Verspätung zurückgewiesen werden74 oder in der Berufungsinstanz bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen der §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 531 Abs. 2 keine Berücksichtigung finden.
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2. § 264 Nr. 2 § 264 Nr. 2 gestattet es, bei gleichbleibendem Klagegrund den Klageantrag zu erweitern, zu beschränken und umzugestalten.
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a) Umgestaltung des Klageantrags. Die Umgestaltung (Modifikation) des Klageantrags ist weder Beschränkung noch Erweiterung. Sie lässt den Klagegegenstand unverändert, ändert den Klageantrag aber derart, dass der Beklagte nicht in größerem Umfang beschwert wird. Wenn der Kläger statt auf Leistung an sich auf eine Leistung an einen Dritten75 oder an mehrere, z.B. gem. § 2039 BGB klagt,76 ist die vom Beklagten zu erbringende Leistung dieselbe geblieben. Auch der Übergang von einer Gesamtschuldklage gem. § 2058 BGB auf eine Gesamthandsklage gem. § 2059 Abs. 2 BGB77 oder von der Klage des Kommanditisten auf Leistung an sich auf Leistung an die Gesellschaft78 ist keine Klageänderung. Die Umstellung des Klageantrags, in dem der Kläger zunächst Leistung an sich und später Leistung an den Zessionar79 oder an
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4560 168 RG JW 1910, 621, 622. 4561 269 RG SeuffArch 79 (1925) Nr. 226. 4562 370 RGZ 165, 289, 298; aA RGZ 126, 245, 248 (Klageänderung). 4563 471 Vgl. BGH NJW 1954, 640, 641, wo allerdings keine ausdrückliche Beschränkung vorlag; aA die Voraufl. Anm. B I a. 72 4564 5 RG Warn 1938 Nr. 94. 73 4565 6 AA die Voraufl. § 268 a.F. B I a 1 unter Verweis auf RG Warn 1912 Nr. 15. 4566 774 So auch Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 59; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 8. 4567 875 Vgl. BGH NJW-RR 1990, 505 und BGH NJW-
RR 1987, 1534, die diese Antragsänderung allerdings als qualitative Klagebeschränkung bezeichnen; RGZ 158, 302, 314; OLG Breslau SeuffArch 58 (1903) Nr. 101; Grunsky S. 139. 4568 976 RG DRiZ 1924, 259; OLG Breslau SeuffArch 58 (1908) Nr. 101. 77 4569 10 RGZ 93, 196, 198. 78 4570 11 RGZ 158, 302, 314; aA RGZ 91, 162, 163 (Zahlung an Kläger, später Zahlung an die vom Kläger und einem Dritten gebildete GbR, weil die Forderung zum Gesellschaftsvermögen gehöre). 79 4571 12 BGH ZZP 91 (1978), 315, 316 mit krit. Anm. Grunsky.
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den Pfändungsgläubiger nach Überweisung der Forderung an diesen geltend macht, stellt bei gleichbleibendem Klagegrund (dieselbe Forderung) lediglich eine Modifikation des Antrags gem. § 264 Nr. 2 dar. Allerdings muss der Kläger weiter prozessführungsbefugt bleiben.80 Dasselbe muss gelten, wenn der ursprüngliche Inhaber einer sicherungshalber abgetretenen Forderung diese zulässig in gewillkürter Prozessstandschaft einklagt, danach sein Vermögensverfall zutage tritt, deshalb im Lauf des Verfahrens die Forderung rückabgetreten wird und der Kläger seinen Antrag umstellt.81 Von der Rechtsprechung werden diese Fälle als Beschränkung des Klageantrags angesehen,82 was allenfalls vom Standpunkt des Klägers so gesehen werden kann, nicht jedoch in Bezug auf den Streitgegenstand. Eine Umgestaltung des Antrags liegt auch vor, wenn von der Klage auf Zahlung an den Kläger auf Hinterlegung an ihn und andere übergegangen wird (vgl. auch Rdn. 46).83 Als Beschränkung ist es jedoch anzusehen, wenn der Antrag von Leistung bzw Schuldbefreiung auf Sicherheitsleistung umgestellt wird.84 Der Übergang von einem Zahlungs- auf einen Freistellungsanspruch und umgekehrt wird von der h.M.85 unter § 264 Nr. 2 als Beschränkung bzw Erweiterung subsumiert. Zwar ist der Freistellungsanspruch grundsätzlich nicht auf Zahlung gerichtet, Freistellungs- wie Zahlungsanspruch sind aber nur unterschiedliche Ausprägungen ein und desselben Anspruchs. Auch der erste beruht auf der Verpflichtung des Schuldners zum Schadensersatz.86 Aus diesem Grund ist wohl eher von einer Modifikation auszugehen. Dasselbe gilt bei dem Übergang von einem Antrag auf Berichtigung der hypothekarisch gesicherten Forderung gem. § 894 BGB auf eine Verzichtsklage gem. § 1169 BGB und umgekehrt.87 Beim Übergang vom Wiederherstellungsanspruch zum Geldersatz88 oder vom Kapitalverlangen gem. §§ 843, 844 BGB auf das Rentenverlangen89 handelt es sich ebenfalls um eine Modifikation. Die Modifikation ist im Verhältnis zur Klagebeschränkung niemals Klagerücknahme; sie ist auch noch in der Revisionsinstanz möglich, da sie den Klagegegenstand nicht erweitert. Allerdings liegt eine Umwandlung unter Erweiterung vor, wenn ein Miterbe zunächst Zahlung des ihm zustehenden Anteils einer Forderung an sich und später Zahlung der gesamten Forderung an alle Erben fordert.90
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b) Beschränkung und Erweiterung des Klageantrags. § 264 Nr. 2 erfasst sowohl die quantitative wie die qualitative Erweiterung oder Beschränkung des Klageantrags.91 Allerdings muss sich bei einer solchen Erweiterung oder Einschränkung der Klageantrag immer auf dasselbe Rechtsverhältnis beziehen.92
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aa) Klageerweiterung. Der erweiterte Klageantrag wird gem. § 261 Abs. 2 mit der Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder mit Zustellung eines den 4572 180 RG Gruchot 49, 1061, 1065 f. 4573 281 BGH NJW-RR 1990, 505, 506, der die Klageänderung zumindest für sachdienlich hält. 4574 382 BGH NJW-RR 1990, 505; RGZ 158, 302, 314; RG JW 1928, 107, 108; RGZ 93, 196, 198. 4575 483 RG DR 1943, 942. 4576 584 RG JW 1933, 1114, 1115; RG JW 1902, 127; RG Gruchot 61, 291, 293; aA die Voraufl. C III a 2. 85 4577 6 BGH NJW 1994, 944, 945; RGZ 139, 315, 322 (Modifizierung des Klagebegehrens im Sinne einer Einschränkung des Klageantrags, zwei verschiedene Formen des Anspruchs); vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 1990, 49, 50 (Freistellung als minus im Zahlungsantrag enthalten); aA
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Görmer MDR 1995, 240; Kimmelmann/Winter JuS 2003, 951, 952. 7 BGH NJW 1994, 944, 945; BGH NJW 1985, 1152, 1154. 4579 887 RG Warn 1934 Nr. 96. 4580 988 RG JW 1919, 505. 89 4581 10 RG JW 1933, 1114, 1115. 90 4582 11 RG JW 1928, 107 (allerdings von einer Beschränkung ausgehend). 91 4583 12 BGH NJW-RR 1990, 505; BGH NJW 1951, 311, 312; RG JW 1928, 107, 108; RG Gruchot 54 (1910), 1134, 1137; RG Gruchot 51 (1907), 189, 192; RGZ 23, 416, 419; RGZ 14, 427, 429. 92 4584 13 BGH NJW 1951, 311, 312 bezüglich der Ergänzung um einen Hilfsantrag. 86 4578
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Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechenden Schriftsatzes rechtshängig. Ist die Klage innerhalb einer Ausschlussfrist erhoben, ist eine Klageerweiterung nach Ablauf dieser Frist ohne Weiteres möglich.93 Bei einer Klageerweiterung sollen erst nach Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gerichtliche Handlungen vorgenommen werden (§ 12 Abs. 1 S. 2 GKG). Bei der Erweiterung des Klageanspruchs kommt bei eintretender sachlicher Unzuständigkeit des Amtsgerichts eine Verweisung an das Landgericht nach § 506 in Betracht.94 Die Klageerweiterung setzt die Rechtshängigkeit eines Anspruchs voraus. Diese erlischt nicht schon mit der Bezahlung der in der Klage geforderten Beträge.95 Solange ein Anspruch nur anhängig ist, wird der erweiterte Anspruch von vornherein rechtshängig. Eine Klageerweiterung ist auch im Nachverfahren zulässig,96 ebenso im Betragsverfahren bis zum Erlass des Schlussurteils97. Der Rechtsstreit darf jedoch noch nicht beendet sein.98 bb) Klagebeschränkung. Unter § 264 Nr. 2 fällt auch die Beschränkung des Klageantrags. Während der Gesetzgeber der CPO die Antragsermäßigung ursprünglich nur als Verbesserung des Klageantrags angesehen und lediglich geringfügige Beschränkungen (iSd § 92 Abs. 2) gemeint hat,99 werden heute sämtliche Klagebeschränkungen ohne Änderung des Klagegrundes unter § 264 Nr. 2 subsumiert. Eine solche liegt vor, wenn die vorzunehmende Handlung ihrer Art nach beschränkt wird.100 Fraglich ist, ob als Beschränkung nur solche Fälle angesehen werden können, bei denen der geänderte Antrag gegenüber dem ursprünglichen Antrag ein Minus darstellt dergestalt, dass der Richter dieses Minus zusprechen könnte, ohne gegen § 308 zu verstoßen.101 Umstritten ist auch hier, ob bei einer Beschränkung des Klagegrundes gem. § 264 Nr. 2, die weder der Einwilligung des Beklagten noch der Sachdienlicherklärung des Gerichts bedarf, die Voraussetzung des § 269, also die Zustimmung des Beklagten, erforderlich ist.102 Da im Rahmen der Klagebeschränkung kein Austausch der prozessualen Ansprüche erfolgt, sondern lediglich eine Reduzierung des bisherigen Antrags, stellt sich diese Klageänderung lediglich als eine teilweise Klagerücknahme dar. Eine solche teilweise Klagerücknahme könnte zu einer Umgehung der Klagerücknahmevorschriften führen, da im Rahmen des § 264 Nr. 2 deren Zulässigkeit keinerlei Mitwirkung des Beklagten oder des Gerichts erfordert. Aus diesem Grund wird von der wohl h.M. für die im Rahmen des § 264 Nr. 2 erfolgte teilweise Klagerücknahme gefordert, dass der Beklagte gem. § 269 zustimmt103 oder zumindest entsprechend § 267 nicht wider4585 193 BGH VersR 1973, 53, 54; BGH LM Nr. 3 zu § 268 ZPO a.F.; RGZ 129, 293, 296; RGZ 102, 380, 382 f.; RGZ 93, 312, 315; RGZ 72, 355, 358 f.; RG JW 1908, 24; RGZ 12, 298, 301. 4586 294 Vgl. OLGR Karlsruhe 2005, 851, 853. 4587 395 RG JR 1925 Nr. 1572; aA RG SeuffArch 76 Nr. 148. 96 4588 4 BGHZ 37, 131, 135 = NJW 1962, 1249, 1250; BGHZ 17, 31, 32 ff. = NJW 1955, 790 f. 4589 597 RGZ 101, 418, 420. 4590 698 BGH MDR 1964, 831. 4591 799 Dazu Gollhofer S. 45 ff., 72 f. 100 84592 RGZ 14, 200, 209; RGZ 14, 427, 429. 101 94593 So MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 17;
Hahn Gruchot 30 (1886), 517, 520. 10 Dagegen Schellhammer ZPR Rdn. 1667; Schultzenstein Gruchot 27 (1883), 229, 288 f. Nach Nikisch ZPR § 48 II 2a ist die quantitative Beschränkung keine Klageänderung und unterfällt nur den Regeln über Klagerücknahme, Verzicht usw. 103 4595 11 RGZ 75, 286, 290; RGZ 66, 12, 14 (Möglichkeit des Verzichts oder der Klagerücknahme, hier allerdings Stillstand in der prozessualen Verfolgung des Anspruchs angenommen); BAG NZA 2007, 279, 281; OLG Celle SeuffArch 48 (1893) Nr. 141 (allerdings hier zu Recht, da es sich um 102 4594
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spricht104. Nach der Ansicht von Walther105 müssen die subjektiven Vorstellungen berücksichtigt werden. Diene die Klagebeschränkung der Umgehung des § 269, z.B. bei Beschränkung der Klage von 1000 Euro auf 1 Euro, dann handle es sich in Wahrheit nicht um eine gem. § 264 Nr. 2 zulässige Antragsbeschränkung, sondern um eine vollständige Klagerücknahme, auf die allein § 269 Anwendung finde. Groß106 sieht in den Fällen des § 264 Nr. 2 in einer quantitativen Beschränkung eine teilweise Klagerücknahme, in einer qualitativen Beschränkung eine vollständige Klagerücknahme des ursprünglichen Streitgegenstands, weil dieser Antrag durch einen völlig anderen Streitgegenstand ersetzt werde. Dasselbe gelte für eine qualitative Erweiterung.107 In diesen Fällen sei deshalb grundsätzlich die Einwilligung des Beklagten erforderlich. Lediglich für den Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage verneint er die Einwilligungsbedürftigkeit.108 In der Antragsermäßigung muss aber nicht notwendig eine teilweise Klagerücknahme liegen. Es kann sich ebenso um einen Teilverzicht mit der Folge der teilweisen Abweisung109 der Klage gem. § 306 oder um eine Teilerledigung handeln. Eine Erhöhung des Klageanspruchs wird jedoch nicht den Voraussetzungen des § 260 unterstellt, da kein weiterer Streitgegenstand geltend gemacht wird.110 Bei einer Klageerweiterung ist § 506 zu beachten, während bei einer Klageermäßigung § 261 Abs. 3 Nr. 2 eingreift.111 Wird die Beschränkung der Klage als teilweise Klagerücknahme von den Voraussetzungen des § 269 abhängig gemacht, hat dies auch Auswirkungen auf die Kostentragung. Stellt der Beklagte diesbezüglich einen Antrag gem. § 269 Abs. 4, werden die entsprechenden Kosten dem Kläger auferlegt.112 Nach anderer Ansicht113 ist eine Kostenentscheidung erst im Endurteil möglich. Den Richter treffe eine Aufklärungspflicht bezüglich des hinter der Antragsermäßigung stehenden Instituts − Verzicht, Rücknahme, Erledigung.
die Rücknahme eines von mehreren Streitgegenständen handelte, die nicht den Vorschriften über die Klageänderung, sondern denjenigen über die Klagerücknahme zu unterstellen ist, vgl. § 263 Rdn. 37); J. Blomeyer JuS 1970, 123, 124; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 331; Groß JR 1996, 357, 359; Grunsky S. 149 ff.; ders. Anm. zu AP Nr. 5 zu § 9 KSchG, jedoch einschränkend, wenn kein neues Verfahren droht; Hahn Gruchot 30 (1886), 517, 519, 526; Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 182; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 28, wenn die Klage wirtschaftlich gesehen ganz oder teilweise zurückgenommen wird; aA BAG NJW 1980, 1484, 1485. 4596 1104 BGH NJW 1990, 2682; OLG Celle SeuffArch 48 (1893), 224, 225; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 67; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 60; Gollhofer S. 89 ff., der darauf hinweist, dass der Gesetzgeber bei der erforderlichen Zustimmung in § 269 die völlige Klagerücknahme im Auge gehabt hat, bei der eine rügelose Einlassung keinen Sinn gemacht hätte, während dies bei der teilweisen Klagerücknahme durchaus genüge (S. 88); Pawlowski FS Rowedder (1994), S. 309, 318 f. 105 24597 S. 84 und NJW 1994, 423, 426 f.
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Klageänderung und Klagerücknahme (1959), S. 48 f. und ZZP 75 (1962), 93, 97. 4 Groß Klageänderung und Klagerücknahme (1959), S. 53. Allerdings sind die von ihm genannten Beispielsfälle nach der hier vertretenen Ansicht lediglich Modifikationen des Antrags, wie der Übergang von der Leistungsklage zur Feststellungsklage (anders aber auf S. 52, Einwilligung in diesem Fall nicht erforderlich) oder von der Klage auf Leistung an sich selbst auf Hinterlegung. Jedenfalls kann darin keine Erweiterung, sondern allenfalls eine Beschränkung, wie Groß die Fälle auf S. 48 auch einstuft, gesehen werden. 108 4600 5 Groß Klageänderung und Klagerücknahme (1959), S. 52. 109 64601 Hahn Gruchot 30 (1886), 517, 524 ff. 110 74602 Bernreuther JuS 1999, 478, 479. 111 84603 Bernreuther JuS 1999, 478, 479. 112 94604 Gollhofer S. 77, 101 ff., der allerdings darauf hinweist, dass den Richter keine diesbezügliche Aufklärungspflicht trifft. Dies gilt auch, wenn das der Antragsermäßigung zugrunde liegende Institut nicht klar zum Ausdruck kommt. 113 4605 10 Zöller/Greger Rdn. 4a. 107 4599
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cc) Einzelfälle. In den nachfolgenden Einzelfällen geht die Rechtsprechung von einer Erweiterung oder Beschränkung der Klageanträge iSd § 264 Nr. 2 aus. Darunter fallen bei: Darlehen: Ein Darlehensanspruch, der durch nachträglich auftretende Verzugsschäden infolge einer nicht rechtzeitigen Zahlung erweitert wurde.114 Feststellungsklagen: Die Erweiterung des Klageantrags im Rahmen einer negativen Feststellungsklage bezüglich einer Pflicht des Klägers um die Rechte des Klägers aus demselben Rechtsverhältnis;115 der Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage116 und umgekehrt117, wenn sich der neue Antrag auf dasselbe Rechtsverhältnis bezieht, dh bei gleichbleibendem Klagegrund nur weitergehende oder weniger weitgehende Rechtsfolgen aus diesem hergeleitet werden, wie z.B. beim Übergang von der Erledigungsfeststellungsklage zum ursprünglichen Klageantrag;118 dem Übergang von dem Verlangen auf Einleitung des Entschädigungsverfahrens zu der Zahlung einer bestimmten Entschädigungssumme119 und umgekehrt120; bei der einseitigen Erledigungserklärung der Übergang von der Leistungsklage zur Feststellungsklage (qualitative Antragsbeschränkung)121. Informationsansprüchen: Der Übergang von der Auskunfts- bzw Rechnungslegungs- zur Leistungsklage bzw Feststellungsklage außerhalb einer Stufenklage122 und umgekehrt123; die Erweiterung des Auskunftsbegehrens nach § 1605 BGB auf einen späteren Zeitraum;124 nicht aber der Übergang vom Auskunftsanspruch zum Anspruch auf die dazugehörige eidesstattliche Versicherung im Rahmen einer Stufenklage, hier handelt es sich um eine nachträgliche Klagenhäufung (vgl. § 254 Rdn. 51).125 Leistungsklagen: Der Übergang vom Leistungsantrag zum Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung ohne Änderung des Klagegrundes als Beschränkung,126 und vom Antrag auf Schuldbefreiung oder Zahlung auf Sicherheitsleistung als Beschränkung;127 der Wechsel von der Kompensation einer Forderung zur Zahlung als Klageerweiterung;128 der Übergang von der sofortigen zur künftigen Leistung (vgl. Vor §§ 257– 259 Rdn. 13).129 Dagegen wurden die Errichtung einer Mauer und das spätere Verlangen der Errichtung eines Eisenzauns auf untermauerter Grundlage zu Unrecht nicht als Beschränkung des Klageantrags gesehen.130 114 4606
1 RG SeuffArch 76 Nr. 148. 4607 2115 RG JW 1902, 271 (Nr. 12). 116 34608 BGH NJW-RR 2002, 283, 284; BGH NJW 1994, 2896, 2897; BGH NJW 1992, 2296; BGH NJWRR 1987, 249, 250; BGH NJW 1985, 1784; BGH WM 1975, 827, 828; BGH NJW 1951, 311, 312; RGZ 171, 202, 203; RG JW 1937, 3155, 3156; RG JW 1911, 371; RGZ 23, 346, 349; RGZ 23, 416, 420; BAG NJW 2004, 2848, 2850; OLG Frankfurt NJW-RR 1987, 1536; OLG Hamm VersR 2000, 992, 993; aA Nikisch ZPR § 48 I 3b, II 2a, nach dessen Ansicht hier schon keine Klageänderung vorliegt. 117 44609 BAG NJW 2006, 2060, 2061; BAG NZA 2006, 423, 424; BAG NZA 2006, 220, 221; vgl. BGH NJW 1984, 2295; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1245, 1246; OLG Celle VersR 1975, 264; für den Übergang von der Unterlassungsklage zum Feststellungsantrag BAGE 71, 176, 178 f. = MDR 1993, 689. 118 54610 BGH NJW 2002, 442.
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6 RGZ 72, 354, 359. 4612 7120 RG JW 1911, 406 f. 121 84613 OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 961; OLG München NJW 1975, 2021; OLG Celle NJW 1970, 2113; LG Nürnberg-Fürth NJW 1981, 2586, 2587; aA Lüke FS Weber (1975), S. 323, 332. Es handelt sich seiner Meinung nach um einen Fall des § 263, bei dem allerdings die Sachdienlichkeit immer gegeben sei. Mössner NJW 1970, 175, 176 lässt die Umstellung gewohnheitsrechtlich, nicht aber nach § 264 Nr. 2 zu. 122 94614 BGH NJW 1979, 925, 926; BGH NJW 1969, 1486; BGH NJW 1960, 1950; RGZ 144, 71, 74; RG HRR 1931 Nr. 1188; RGZ 40, 7, 9. 123 4615 10 RG Warn 1918 Nr. 139. 124 4616 11 OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 1477 f. 125 4617 12 AA KG OLGRspr 19, 390. 126 4618 13 BGH NJW-RR 1998, 1377. 127 4619 14 RG Gruchot 61 (1917), 290, 293. 128 4620 15 RGZ 14, 346, 347. 129 4621 16 OGH RdL 50, 198, 199; OLGR Köln 1996, 36.
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Nebenforderungen: Die Erweiterung auf alle Nebenforderungen, selbst wenn sie schon vor Klageerhebung entstanden sind.131 Wird der zunächst geltend gemachte Leistungsanspruch um einen Rechnungslegungsanspruch ergänzt,132 handelt es sich nach der Rspr. um eine bloße Geltendmachung einer Nebenforderung iSd § 264 Nr. 2.133 Insolvenzforderungen: Die Änderung der Insolvenzforderung in eine Masseforderung fällt unter § 264 Nr. 2 als Erweiterung,134 ebenso die Erhöhung des Rückgewähranspruchs nach § 143 InsO auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist135 als Erweiterung. Schadensersatzansprüchen: Die Änderung der Schadensberechnung durch Auswechslung eines Schadenspostens;136 der zusätzliche Antrag auf Zuerkennung eines Heilverfahrens neben dem anfangs gestellten Antrag auf Rente als Erweiterung,137 die im Betragsverfahren erfolgte Einbeziehung von Erwerbsausfällen aus einer früheren Zeit138 und die Erweiterung der Schadensersatzklage auf einen weiteren Zeitraum.139 Stufenklage: Im Rahmen einer Stufenklage nach h.M. (anders § 254 Rdn. 60) der Übergang zur Leistungsklage nach übereinstimmender Erledigungserklärung bezüglich des Auskunftsanspruchs.140 Teilklagen: Das Hinausgehen über den eingeklagten Teil,141 so wenn bei Ansprüchen aus demselben Werkvertrag weitere Leistungsvergütungen verlangt werden oder bei zunächst teilweiser Anfechtung eines Patents zur umfassenden Anfechtung übergegangen wird.142 Darauf, wann die Teilansprüche entstanden sind, kommt es nicht an (auch nach der Klageerhebung).143 Sie können sogar in demselben Rechtsstreit schon erhoben gewesen, dann aber fallen gelassen worden sein.144 Die Erhöhung des geforderten Schmerzensgelds fällt ebenfalls unter § 264 Nr. 2.145 Unterlassungsansprüchen: Die Erweiterung des Antrags von der Unterlassung widriger Geräusche auf die Unterlassung von Erschütterungen, wenn es um dieselbe Handlung geht.146 Dagegen liegt kein Fall des § 264 Nr. 2 vor, wenn von einem Schadensersatz- zu einem Unterlassungsanspruch bzw von einem schadensrechtlich begründeten Widerrufs- zu einem Unterlassungsanspruch und umgekehrt übergegangen wird. Es handelt sich ihrem rechtlichen Wesen nach um anders geartete Ansprüche (zwei Streitgegenstände vgl. § 263 Rdn. 21).147 Das Reichsgericht ließ es nicht zu, den Antrag auf Unterlassung von Beleidigungen um denjenigen auf ihren Widerruf zu ergänzen.148 130 14622 RG HRR 1930 Nr. 1658. 131 24623 BayObLG SeuffArch 41 (1886) Nr. 234. 132 34624 Insoweit handelt es sich um eine nachträgliche Klagenhäufung, auf die die Vorschriften der §§ 263 ff. nach der hier vertretenen Ansicht keine Anwendung finden, sondern lediglich § 260, vgl. § 263 Rdn. 36. 133 44625 RGZ 144, 71, 74 f.; vgl. dazu auch RG Gruchot 32 (1888), 410, 413; RG JW 1911, 50, 51 sieht in der eventuellen Stellung des Rechnungslegungsanspruchs eine Beschränkung; aA OLG Köln NJW-RR 1989, 567. 134 4626 5 RGZ 32, 1, 3; RG JW 1903, 178; vgl. auch BGHZ 105, 34, 35 f. = NJW 1989, 170, 171. 135 64627 OLG München NJW-RR 1997, 1327, 1328. 136 74628 Vgl. BGH NJW 1992, 566, 568 (Übergang vom großen zum kleinen Schadensersatz); BGH NJW 1990, 2683, 2684; RG JW 1912, 471, 472. 137 84629 BGH LM Nr. 13 zu § 268 ZPO a.F.
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138 94630 OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 1085. 139 4631 10 BAGE 19, 130, 138 = NJW 1967, 1876, 1878. 140 4632 11 BGH NJW 2001, 833; BGH NJW 1991, 1893; anders aber OLG München FamRZ 1995, 678 (Wird einer von mehreren Ansprüchen nicht weiterverfolgt, findet § 264 Nr. 2 keine Anwendung). 141 4633 12 RG JW 1899, 278; RG JW 1887, 460, 461. 142 4634 13 RGZ 61, 205, 207. 143 4635 14 RGZ 101, 418, 420. 144 4636 15 RGZ 152, 37, 45 f. 145 4637 16 OLG Stuttgart VersR 1994, 106. 146 4638 17 RGZ 59, 128, 132. 147 4639 18 BGH NJW-RR 1994, 1404, 1405; RG JW 1933, 1658; RG Gruchot 64, 731, 734; RGZ 88, 129, 133; aA RGZ 61, 254, 258 bei Erweiterung eines Unterlassungsantrags um das Verlangen von Schadensersatz bei Verbotswiderhandlungen; ebenso Voraufl. C IV b 3.
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Vollstreckung: Der Übergang von der Drittwiderspruchsklage gem. § 771 zur Klage auf vorzugsweise Befriedigung stellt eine Beschränkung des Klageantrags dar.149 Werkvertrag: Der Übergang vom Anspruch auf Neuherstellung eines mangelfreien Werks auf den Mangelbeseitigungsanspruch, weil dieser ein Weniger zur Neuherstellung darstellt;150 die Auswechslung einzelner Rechnungsposten in der Schlussrechnung als Erweitung bzw Reduzierung151. Zug-um-Zug-Leistung: Der Übergang von einem Antrag auf Zug-um-Zug-Leistung zur Leistung nach einer vorherigen Befriedigung des Beklagten als Erweiterung.
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3. § 264 Nr. 3 Gem. § 264 Nr. 3 kann eine Partei ohne die Voraussetzungen des § 263 statt des ursprünglich geforderten Gegenstands wegen einer später eingetretenen Veränderung einen anderen Gegenstand oder das Interesse fordern. In diesem Fall werden in der Regel der Klageantrag, aber auch zum Teil der Klagegrund geändert.152 Im Gegensatz zu § 264 Nr. 2 wird es zugelassen, dass das Klageereignis durch weitere Ereignisse ergänzt wird. Der neue Anspruch muss nicht aus dem ursprünglichen erwachsen sein. Vielmehr müssen nur beide Ansprüche aus demselben Klagegrund entstanden sein.153 Dies ist dann der Fall, wenn aus demselben Lebenssachverhalt auf Grund der Veränderung eine andere Rechtsfolge geltend gemacht wird.154 In diesem Sinn ist derselbe Klagegrund zu verstehen. Deshalb finden bei der Prüfung, ob sich der Klagegrund geändert hat, diejenigen Tatsachen keine Berücksichtigung, die die den Übergang zum neuen Anspruch begründende später eingetretene Veränderung ergeben.155 Ohne Änderung des Klagegrundes bedeutet also nicht, dass der Kläger nicht diejenigen Tatsachen nachschieben könnte, die für den geänderten Klageantrag erforderlich sind.156 Umstritten ist, wann eine später eintretende Veränderung vorliegt. Nach einer Ansicht muss die Veränderung nach Klageerhebung eingetreten sein.157 Zum Teil wird die Meinung vertreten, dass auch eine Veränderung vor Klageerhebung ausreichend sei, wenn sie dem Kläger erst nach Klageerhebung bekannt wird, es sei denn, dass ihm die Veränderung bereits vor Klageerhebung hätte bekannt sein müssen.158 Ein Verschulden kann nicht darin gesehen werden, dass der Kläger schon früher das Ereignis der Veränderung hätte herbeiführen können.159 Die Veränderung kann auch in der Änderung von tatsächlichen Verhältnissen liegen. Es ist nicht erforderlich, dass der neue Anspruch von Rechts wegen den alten Anspruch ablöst oder ersetzt. Es genügt die rechtlich begründete Wahl des neuen Anspruchs durch den Berechtigten.160 Die nachträgliche Erkenntnis eines Prozessbeteiligten über die wahre Rechtslage anstelle 148 14640 RG JW 1933, 1658. 149 24641 AA RG Warn 1912 Nr. 214. 150 34642 RGZ 107, 339, 345. 151 44643 BGH NJW 2002, 3019, 3020. 152 54644 RG JW 1927, 843, 844. 153 64645 RGZ 100, 95, 96. 154 74646 RG LZ 1928, 630, 631. 155 84647 RGZ 100, 95, 97; RG Warn 1916–1918 Nr. 25; RGZ 88, 55, 60. 156 94648 BAG NJW 1967, 1876, 1877. 157 4649 10 RGZ 118, 209, 210; RG Warn 1916–1918 Nr. 25. 158 4650 11 RGZ 70, 337, 338; RG Gruchot 45 (1901), 87, 88;
RGZ 39, 428, 429; RGZ 26, 385, 387; OLG Frankfurt FamRZ 1981, 978, 979; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 16; aA Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 75, der auch eine verschuldete Unkenntnis genügen lässt. 159 4651 12 RGZ 88, 55, 59 f. (spätere Aufrechnungserklärung); RGZ 88, 405 f. (spätere Nachfristsetzung gem. § 326 BGB a.F.); RG JW 1927, 843, 844 (spätere Anfechtung); RGZ 109, 134, 137 gegen RGZ 70, 337, 338; OLG Naumburg OLGRspr 27, 71. 160 4652 13 RG ZZP 60 (1936), 133, 135.
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einer zunächst irrtümlichen Rechtsauffassung ist jedoch nicht als eine später eintretende Veränderung iSd § 264 Nr. 3 anzusehen.161 Ob der Eintritt der Veränderung iSd § 264 Nr. 3 auf dem Verhalten des Klägers oder des Beklagten oder auf einem zufälligen Ereignis beruht, ist unerheblich.162 Der Kläger muss auch nicht sofort nach Kenntniserlangung von der Veränderung den Antrag ändern, sondern kann dies auch erst in der Berufungsinstanz tun, wenn die Veränderung bereits in erster Instanz eingetreten ist und eine Antragsänderung früher möglich gewesen wäre.163 Dies gilt jedoch nicht, wenn er vor Klageerhebung von der Veränderung Kenntnis erlangt hat.164 Ist über den Anspruch durch Teilurteil bereits rechtskräftig entschieden, kann eine Auswechslung gem. § 264 Nr. 3 nicht mehr stattfinden. Nur wenn der Anspruch noch rechtshängig ist, kann „statt“ des ursprünglichen Anspruchs ein neuer Anspruch erhoben werden. Eine Veränderung nach Rechtskraft kann nicht im Wege des § 264 Nr. 3 geltend gemacht werden.165 Umstritten ist, ob im Fall des § 264 Nr. 3 die Rechtshängigkeit des alten Anspruchs ohne weitere Prozesshandlung untergeht oder der Kläger die Erledigung, den Verzicht oder die Klagerücknahme erklären muss. Da hier ein Austausch der Streitgegenstände vollzogen wird, ist keine andere Behandlung wie bei § 263 (vgl. § 263 Rdn. 84) geboten, so dass die Rechtshängigkeit des alten Anspruchs mit der zulässigen Klageänderung endet.166 Nach anderer Ansicht von Groß167 könne in den Fällen des § 264 Nr. 3 eine Klagerücknahme liegen, wenn es sich nicht um eine Erledigung handelt. Dann sei eine Einwilligung des Beklagten gem. § 269 erforderlich. Liegen die Voraussetzungen des § 264 Nr. 3 nicht vor, ist die Klageänderung gem. § 263 zu beurteilen, insbesondere wenn die Veränderung bereits vor der Klageerhebung eingetreten ist.168 Bei einer Änderung des Anspruchs nach § 264 Nr. 3, z.B. auf Zahlung statt Herausgabe, und einer gleichzeitigen Einführung eines weiteren neuen Anspruchs, z.B. auf Schadensersatz, ist nach der Klageänderungstheorie169 nur letzterer nach § 263 zu beurteilen.170 Einzelfälle: § 264 Nr. 3 findet nach der Rechtsprechung auf die nachfolgenden Fälle Anwendung: Bürgschaft: Bei dem Übergang vom Antrag auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde zum Antrag auf Rückzahlung der Bürgschaftssumme.171 Dingliche Ansprüche: Gem. § 264 Nr. 3 kann von dem dinglichen Anspruch, z.B. der Herausgabeklage oder der Hypothekenklage, auf einen schuldrechtlichen Anspruch, z.B. die Schadensersatzklage172 oder umgekehrt (z.B. Löschungsklage)173 übergegangen werden.
4653 1161 BGH WM 1958, 47; BGHZ 28, 153, 158 = NJW 1958, 1969; BGH LM Nr. 11 zu § 264 ZPO. 162 24654 RGZ 88, 55, 59 f.; RG JW 1927, 843, 844. 163 4655 3 RGZ 39, 428, 429 f.; vgl. aber OLG Hamm NJWRR 2001, 142, 143 = MDR 2000, 48, das zunächst eine zulässige Berufung fordert. 164 4656 4 RGZ 70, 337, 338; aA Blomeyer ZPR § 48 I 2c. 165 54657 BGH NJW 1970, 44, 45 (allerdings war hier die Einführung eines neuen Anspruchs in der Berufungsinstanz möglich, da noch andere Ansprüche rechtshängig waren).
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166 64658 Ebenso Bernreuther JuS 1999, 478, 479. 167 74659 Groß Klageänderung und Klagerücknahme, S. 54. 168 84660 RG LZ 1925, 211. 169 4661 9 Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich um eine nachträgliche Klagenhäufung, die gem. § 260 zu beurteilen ist, vgl. § 260 Rdn. 64. 170 4662 10 BGH NJW 1996, 2869, 2870. 171 4663 11 BGH NJW 1996, 2869. 172 4664 12 RG JW 1911, 330. 173 4665 13 RGZ 88, 55, 60.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Erfüllungsklagen: Bei dem Übergang von einer ursprünglichen Klage auf Erfüllung zu einer anderen Form der Befriedigung, z.B. von dem Antrag auf Übereignung zur Freigabe des Erlöses,174 von der Erfüllungs- zur Schadensersatzklage, wenn die Erfüllungsmöglichkeit wegfällt oder die Erfüllung ernsthaft und endgültig vom Schuldner verweigert wird175 (§ 281 Abs. 2 BGB) oder die Frist zur Nacherfüllung fruchtlos abgelaufen ist (§ 281 Abs. 1 BGB) und der Kläger statt der Leistung während des Rechtsstreits Schadensersatz verlangt (vgl. § 281 Abs. 4 BGB),176 sowie bei dem Übergang von der Klage auf Kostenvorschuss zur Klage auf Kostenerstattung177 bzw von der Abschlagszahlung auf Schlusszahlung.178 Dasselbe gilt beim Übergang von der Erfüllungsklage auf die Rückforderung des Geleisteten auf Grund des wegen der Nichterfüllung ausgeübten Rücktritts (§§ 346, 323 BGB)179 oder auf Schadensersatz wegen der Anfechtung des Rechtsgeschäfts180 oder wenn statt der Sache das Surrogat (§ 285 BGB) oder Schadensersatz181 (§§ 989, 990 BGB) oder statt des zurückbehaltenen Gegenstands die Befriedigung aus dem ersatzweise hinterlegten Geldbetrag182 oder statt des Schadensersatzes aus Vertrag die Bereicherung verlangt wird.183 Dagegen stellte der umgekehrte Fall, also der Übergang vom Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zum Erfüllungsanspruch nach altem Recht eine Klageänderung iSd § 263 dar,184 der nunmehr nach § 281 Abs. 4 BGB materiellrechtlich ausgeschlossen ist. Feststellungsklagen: Die Umstellung eines Antrags auf Verurteilung zum Abdruck eines Widerrufs auf einen Feststellungsantrag bezüglich der Kostentragungspflicht, weil der Widerruf ohne Wissen des Antragstellers schon abgedruckt wurde, ist gem. § 264 Nr. 3 zulässig.185 Gleiches gilt für die Änderung des Antrags auf Feststellung der fehlenden Geschäftsführungsbefugnis eines Gesellschafters auf einen zurückliegenden Zeitraum, weil der Beklagte seine Geschäftsführertätigkeit in der Gesellschaft niedergelegt hat und sich nicht mehr dieser Befugnis berühmt.186 Hypothek: Ist der ursprünglich eingeklagte Schadensersatzanspruch durch Aufrechnung seitens des Klägers gegen eine Hypothekenforderung erloschen und steht ihm dafür ein Anspruch auf Löschung der Hypothek zu, so findet § 264 Nr. 3 Anwendung.187 Mietrecht: § 264 Nr. 1 und 3 finden entsprechende Anwendung, wenn der zunächst auf den Wirtschaftsplan gestützte Antrag auf Wohngeld nach dem Jahresabschluss aus diesem hergeleitet wird.188 Insolvenzforderungen: Der Übergang vom Erfüllungsanspruch zum Anspruch wegen Nichterfüllung bei Erfüllungsablehnung durch den Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO,189 es sei denn, dass die Erfüllungsablehnung vor Klageerhebung erfolgt; 174 4666
1 BGH NJW 2001, 3713. 175 24667 RGZ 109, 134, 137; RGZ 88, 405, 406; OLG Jena JW 1921, 764; aA RGZ 52, 92, 94; alle Entscheidungen zur alten Rechtslage. 176 34668 MünchKommBGB5/Ernst (2007) § 281 Rdn. 172. 177 4669 4 BGH NJW-RR 2006, 669, 670. 178 54670 BGH NZBau 2005, 158, 160 f., anders noch BGH NJW 1999, 713 (Klageänderung); vgl. aber BGH NJW 1985, 1840, 1841; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 163 (Fall des § 264 Nr. 1). 179 64671 Vgl. RG Gruchot 48 (1904), 1105, 1108 ff.; aA OLG Düsseldorf NJW 1989, 3163, 3164 nach ausgeübtem Widerruf.
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RG JW 1935, 777; RG JW 1927, 843, 844; RG Gruchot 62 (1918), 252 f. = RG Warn 1916–1918 Nr. 25; aA RG JW 1913, 337 f. 4673 8181 RG ZZP 60 (1936), 133, 134. 182 94674 RG DJZ 1925, 666 f. 183 4675 10 RG HRR 1935 Nr. 688. 184 4676 11 RG SeuffArch 84 (1930) Nr. 35; RG LZ 1914, 931; OLG München NJW-RR 1998, 207. 185 4677 12 LG Berlin NJW-RR 1998, 749. 186 4678 13 BGH NJW 1960, 964, 965. 187 4679 14 RGZ 88, 55, 58. 188 4680 15 OLG Köln WuM 1990, 46, 47. 189 4681 16 BGH NJW 1962, 153, 155; RGZ 64, 204, 207.
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der Übergang von der Anfechtungsklage zur Bereicherungsklage;190 der Übergang von der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhobenen Leistungsklage auf die Feststellungsklage gem. § 180 Abs. 2 InsO.191 Testamentsvollstreckung: § 264 Nr. 3 findet auch Anwendung, wenn statt der vom Testamentsvollstrecker verlangten Bewirkung der Auseinandersetzung nach Niederlegung des Amts auf Rechenschaft und Herausgabe des Nachlasses an die Erben und Feststellung der Ersatzpflicht geklagt wird.192 Unterlassungsklage: § 264 Nr. 3 ist auch einschlägig, wenn ein Arbeitgeber aus einer Wettbewerbsabrede gegen den Arbeitnehmer zunächst auf Unterlassung des verbotenen Wettbewerbs klagt, dann aber zu einer Klage auf Leistung von Schadensersatz wegen Verletzung des Unterlassungsanspruchs deshalb übergeht, weil er den Unterlassungsanspruch wegen Ablaufs der Frist für die Gültigkeit des Wettbewerbsverbots nicht mehr durchsetzen kann.193 Vollsteckungsklagen: Ein Fall des § 264 Nr. 3 liegt ebenfalls vor, wenn in einer gem. § 771 erhobenen Drittwiderspruchsklage der geforderte Gegenstand versteigert wird und der Gläubiger nun Freigabe des hinterlegten Erlöses verlangt194 oder bei einer Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 auf Schadensersatz bzw Rückgewähr des Geleisteten („verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“) übergeht, wenn die Vollstreckung im Lauf des Verfahrens beendet wird195 oder statt anderweitiger Verteilung im Verteilungsverfahren auf Herausgabe der Bereicherung geklagt wird196 oder statt der Löschungsbewilligung der Hypothek nunmehr die Einwilligung in die Auszahlung des Erlöses der Zwangsversteigerung verlangt wird197.
§ 265 Veräußerung oder Abtretung der Streitsache (1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten. (2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.
190 14682 BGH NJW 2001, 2477, 2478. 191 24683 BGH NJW 1962, 153, 154 f.; BGH LM Nr. 4 zu § 146 KO; BGH LM Nr. 5 zu § 146 KO; OLG Hamm ZIP 1993, 444, 445 f.; vgl. MünchKommInsO2/Schumacher (2008) § 180 Rdn. 23. 192 4684 3 RGZ 100, 95, 97 f. 193 44685 BAG NJW 1967, 1876, 1878; anders dagegen, wenn keine Unmöglichkeit wegen Zeitablaufs eingetreten ist, RGZ 88, 129, 132. 194 54686 RG SeuffArch 74 Nr. 195; OLG Hamm NJWRR 2001, 1575.
460
195 4687 6 BGHZ 99, 292, 294 = NJW 1987, 1026, 1027; BAG NJW 1980, 141, 142; BAGE 31, 288, 292 = NJW 1980, 141 f.; BayObLG KTS 2003, 511, 513; OLG Schleswig MDR 1991, 699 = NJW-RR 1992, 192; OLG Frankfurt FamRZ 1981, 978, 979; OLG Stuttgart MDR 1989, 463; KG FamRZ 1988, 84, 85. 196 74688 RGZ 99, 202, 207. 197 84689 RGZ 52, 82, 86, das dies allerdings als Ermäßigung angesehen hat.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 265
(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei. Schrifttum Baur Rechtsnachfolge in Verfahren und Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, Festschrift für Gerhard Schiedermair, 1976, S. 19; de Boor Zur Lehre vom Parteiwechsel und vom Parteibegriff, 1941; Calavros Urteilswirkungen zu Lasten Dritter, 1978; Dinstühler Die prozessuale Wirkungsweise des § 265 ZPO, ZZP 112 (1999), 61; Festl Die Übernahme von Prozessergebnissen bei Klageänderung und Parteiwechsel, 1969; Grunsky Die Veräußerung der streitbefangenen Sache, 1968; Haußmann Die Veräußerung der streitbefangenen Sache während des Prozesses auf der Aktiv- und der Passivseite, Gruchot 57 (1913), 660; Heilenbeck Zur Sondernachfolge nach der Zivilprozeßordnung in den Fällen der Veräußerung und Abtretung, 1907; Henckel Zur Auslegung des § 265 ZPO, ZZP 82 (1969), 333; Jacobi Ein Beitrag zur Lehre von der Veräußerung in Streit befangener Sachen, ZZP 43 (1915), 441; Jänsch Prozessuale Auswirkungen der Übertragung der Mitgliedschaft (1996); Meister Die Veräußerung in Streit befangener Sachen und Abtretung rechtshängiger Ansprüche nach § 265 ZPO, 1911; Merle Die Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes, JA 1983, 626; Nutzhorn Will die Vorschrift des § 265 ZPO: „Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluß“ die materielle Rechtslage beeinträchtigen?, 1910; Pawlowski Probleme des rechtlichen Gehörs bei der Veräußerung einer Streitsache, JZ 1975, 681; Schilken Veränderungen der Passivlegitimation im Zivilprozeß, 1987; Schink Rechtsnachfolge und Zivilprozeß – Die §§ 239 ff., 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Überblick –, Jura 1985, 291; Schumann Streitbefangenheit und Rechtsnachfolge als Voraussetzungen der §§ 265 und 266 der Zivilprozeßordnung, 1910; Schwartz Gewährung und Gewährleistung des rechtlichen Gehörs durch einzelne Vorschriften der Zivilprozeßordnung, 1977; Spierling Der Rechtsnachfolger und seine zivilprozessuale Stellung bei einer nach § 265 ZPO erfolgten Rechtsänderung, 1928; Tempel Die Wirkungen einer Rechtsnachfolge während der Rechtshängigkeit auf Verfahren, Urteil und Vollstreckung, 1953; Wagemeyer Der gesetzliche Parteiwechsel und die Prozeßstandschaft des § 265 ZPO, 1954; Waldner Aktuelle Probleme des rechtlichen Gehörs im Zivilprozeß, 1983; Zeuner Verfahrensrechtliche Folgen des Betriebsübergangs nach § 613a BGB, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 1990, S. 575.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendungsbereich . . . . . . .
4
IV. Voraussetzungen des § 265 . . . . 1. Änderungen in der Rechtszuständigkeit . . . . . . . . . . . . 2. Veräußerung, Abtretung und Rechtsnachfolge . . . . . . . . a) Rechtsnachfolge durch Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . b) Rechtsnachfolge kraft Gesetzes . c) Rechtsnachfolge kraft Hoheitsaktes . . . . . . . . . . . . d) Schuldübernahme . . . . . . 3. In Streit befangene Sache und geltend gemachter Anspruch . . . . 4. Rechtsnachfolge nach Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . .
9 10 13 16 29 30 33 35
Rdn a) Einzelrechtsnachfolge b) nach Rechtshängigkeit
. . . . . . . .
49 53
V. Prozessuale Wirkungen . . . . . . 1. Rechtsstellung des Veräußerers . . a) Prozessuale Befugnisse . . . . b) Rechte des Gegners . . . . . c) Materielle Befugnisse . . . . . d) Vollstreckung . . . . . . . . 2. Umstellung des Klageantrags . . . a) Rechtsnachfolge auf der Klägerseite . . . . . . . . . . . . b) Rechtsnachfolge auf der Beklagtenseite . . . . . . . . . . . 3. Stellung des Rechtsnachfolgers . . a) Übernahme des Prozesses . . . b) Hauptintervention (§ 64) . . . c) Nebenintervention (§ 66) . . . d) Schutz bei Gutgläubigkeit . . .
54 56 57 72 78 80 83 85 93 97 99 110 111 113
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§ 265
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
I. Gesetzesgeschichte
1
Die ursprünglich in § 236 Abs. 1 und 2 CPO1 (Entwurf: § 228) enthaltene Regelung wurde durch die Novelle von 18982 nur sprachlich geändert und dann durch die Bekanntmachung 18983 inhaltsgleich zu § 265. § 236 Abs. 3 CPO findet sich in § 293c in der Fassung der Novelle von 18984 und inhaltsgleich als § 325 in der Bekanntmachung von 18985 wieder.
II. Normzweck
2
3
§ 265 Abs. 1 stellt klar, dass ein laufender Prozess keinen Einfluss auf die materiellrechtliche Verfügungsbefugnis hat. Die Stellung dieser Vorschrift bei den Regelungen über die Wirkungen der Rechtshängigkeit ist nur vor dem historischen Hintergrund des gemeinrechtlichen Veräußerungsverbots bezüglich der in Streit befangenen Sache oder des geltend gemachten Anspruchs nach Rechtshängigkeit zu verstehen.6 Dieses Veräußerungsverbot sollte beseitigt werden.7 Vor Inkrafttreten des BGB, das ein solches Veräußerungsverbot nicht kennt, war eine diesbezügliche Klarstellung erforderlich. Deshalb wird in § 265 Abs. 1 ausdrücklich klargestellt, dass die Rechtshängigkeit nicht die materielle Berechtigung ausschließt, über die in Streit befangene Sache oder den geltend gemachten Anspruch zu verfügen. Insoweit dient § 265 Abs. 1 dem Schutz des Veräußerers, materiellrechtlich durch schwebende Prozesse keine Nachteile hinnehmen zu müssen. Dagegen regelt § 265 Abs. 2 die prozessualen Folgen einer außerhalb des Prozesses eingetretenen Veränderung der Aktiv- bzw Passivlegitimation, die automatisch mit einer Veräußerung der in Streit befangenen Sache bzw mit einer Abtretung des geltend gemachten Anspruchs einhergeht. Dadurch könnte sich die Partei dem Streit entziehen, die Gegenpartei müsste einen neuen Prozess mit dem Rechtsnachfolger führen, was zur Folge hätte, dass die bisherigen Prozessergebnisse nicht verwertet werden könnten.8 § 265 Abs. 2 sollte verhindern, dass durch die Veräußerung während des Prozesses dem Gegner ein Nachteil entsteht.9 Deshalb sollte dessen Lage im Prozess unverändert und zudem das Prozessergebnis wirksam bleiben.10 Aus diesem Grund wird gem. § 265 Abs. 2 das Verfahren grundsätzlich zwischen den ursprünglichen Parteien fortgeführt, es sei denn, dass der Gegner der Übernahme des Prozesses durch den Rechtsnachfolger zustimmt. Damit bleibt der Rechtsvorgänger Kostenschuldner, erlangt nicht die Zeugenfähigkeit und kann keine Verfahrensverzögerungen herbeiführen,11 alles Nachteile, die ein gesetzlicher Parteiwechsel nach sich ziehen würde, gegen 1 14690 RGBl 1877 S. 83, 125. 2 24691 RGBl S. 256, 270. 3 34692 RGBl S. 410, 459 f. 4 44693 RGBl S. 256, 273. 5 54694 RGBl S. 410, 471. 6 64695 Vgl. auch Henckel FS Beys (2003), S. 545, 551 ff., (gemeinrechtliche Tradition sowie vormals herrschende materielle Parteilehre). 4696 7 7 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 261. 4697 8 8 RGZ 102, 177, 179; nach Bötticher FS Laun (1948), S. 295, 301 soll § 265 eine Störung des Prozessablaufs infolge der Veränderung der Sachlegitimation verhindern. 9 94698 RGZ 102, 177, 179; OLG Dresden DR 1940 A,
462
1692, 1693; Haußmann Gruchot 57 (1913), 660, 663; Jacobi ZZP 43 (1915), 441, 442. 10 4699 10 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 261; BGHZ 29, 329, 331 = NJW 1959, 939, 940; RGZ 20, 420, 422; Grunsky S. 15 f., der die Erhaltung der bisherigen Prozessergebnisse für den Gegner als Hauptzweck ansieht. 11 4700 11 Vgl. BGH NJW 1998, 156, 158; Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 62 f.; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 334 (Bewahrung vor dem Wechsel der Gegenpartei); Merle JA 1983, 626, 627 (Schutz vor Aufdrängung einer zahlungsschwachen Partei); Bork/Jacoby ZHR 167 (2003), 440, 447.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 265
den sich der Gesetzgeber mit der Lösung des § 265 Abs. 2 entschieden hat.12 Seine Ergänzung findet § 265 in § 325, wonach das rechtskräftige Urteil auch gegenüber denjenigen Personen wirkt, die nach Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind, und § 727, wonach eine vollstreckbare Ausfertigung der Entscheidung auch für und gegen die Rechtsnachfolger, gegen die das Urteil nach § 325 wirksam ist, erteilt werden kann. Insoweit bezweckt § 265 Abs. 2 den Schutz des Gegners der veräußernden Partei.13 Außerdem dient die Vorschrift der Prozessökonomie, da Doppelprozesse vermieden werden.14
III. Anwendungsbereich Die Prozess− bzw Klageart, in der der Anspruch geltend gemacht wird, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. So findet § 265 auf Feststellungsklagen (auch bei der negativen)15 und auch auf Drittwiderspruchsklagen gem. § 771 Anwendung. Hier ist der Gegenstand, bezüglich dessen die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt werden soll, streitbefangen.16 Dasselbe gilt bei Klagen auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils gem. § 72217 oder Klagen auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 73118. Keine Anwendung findet § 265 jedoch auf die Abtretung von Forderungen aus Urteilen und Kostenfestsetzungsbeschlüssen.19 Auch wenn nach Abschluss des Schiedsverfahrens alle Ansprüche aus dem Schiedsvertrag abgetreten worden sind, darf das gerichtliche Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nur von dem neuen Gläubiger betrieben werden. § 265 findet insoweit keine Anwendung.20 Die Wiederaufnahmeklage (§ 578) kann der Schuldner einer Forderung gegen den Kläger des Vorprozesses erheben, auch wenn dieser die Forderung an einen Dritten abgetreten oder aus anderen Gründen eine Sonderrechtsnachfolge stattgefunden hat, unabhängig davon, ob die Rechtsnachfolge während des Vorprozesses oder nach Rechtskraft eingetreten ist.21 Im Arrestverfahren und im einstweiligen Verfügungsverfahren findet § 265 ebenfalls Anwendung.22 Allerdings ist für die Erhebung der Hauptklage lediglich der Rechtsnachfolger legitimiert, da es sich insofern um ein neues Verfahren handelt, das § 265 nicht mehr unterfällt.23 Auch im markenrechtlichen Anmeldeverfahren (§§ 31, 28 Abs. 2 MarkenG)24 sowie im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren (§§ 42, 43
4701 112 Vgl. BGHZ 72, 236, 241 f. = NJW 1979, 269, 270, wonach § 265 der Gedanke zu entnehmen sei, dass allgemein die Durchführung eines Rechtsstreits nicht mit einem Parteiwechsel belastet werden soll. 4702 213 RG JW 1927, 3006; Grunsky S. 15 f.; Herrmann Die Grundstruktur der Rechtshängigkeit (1988), S. 106. 4703 314 BGH NJW-RR 2001, 181; BGH NJW-RR 1998, 1504, 1505; BGH NJW 1963, 2067; BGHZ 28, 153, 157 = NJW 1958, 1969; Calavros S. 64; de Boor S. 32; Grunsky S. 22 ff., 26; Loritz ZZP 106 (1993), 3, 15; von Olshausen JZ 1976, 85, 87; Schink Jura 1985, 291, 292. 4704 415 OLG Dresden SächsAnn 1932, 342 f.; LG München, Urt. v. 26.9.1979 – 4 O 338/79 –; Jonas JW
1937, 1669; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 434. 5 OLG Hamburg MDR 1969, 673; OLG Dresden DR 1940 A, 1692, 1693. 4706 617 BGHZ 118, 312, 315 = NJW 1992, 3096, 3097. 4707 718 Spierling S. 28. 4708 819 BGHZ 92, 347, 349 f. = NJW 1985, 809, 810; OLG Hamburg OLGRspr 31, 42. 4709 920 RG JW 1911, 644. 21 4710 10 BGHZ 29, 329, 331 f. = NJW 1959, 939; RGZ 168, 225, 227 f.; RGZ 168, 257, 260 f.; aA RGZ 57, 285, 287 f. für den Fall der Abtretung nach Rechtskraft. 22 4711 11 Baur FS Schiedermair (1976), S. 19, 22 ff.; Loritz ZZP 106 (1993), 3, 6 ff. 23 4712 12 LG Frankfurt NJW 1972, 955 f. 24 4713 13 BGH NJW-RR 2001, 181 f. 16 4705
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
MarkenG)25 bzw Widerspruchsbeschwerdeverfahren (§§ 66, 82 Abs. 1 MarkenG)26 und im Rechtsbeschwerdeverfahren (§ 83 MarkenG)27 ist § 265 anwendbar. § 265 Abs. 2 S. 2 wird jedoch sowohl im Anmelde- als auch im Widerspruchsverfahren,28 im Widerspruchsbeschwerdeverfahren29 und im Rechtsbeschwerdeverfahren durch die speziellere Regelung des § 28 Abs. 2 S. 3 MarkenG verdrängt.30 Im Verletzungsprozess (§§ 14 ff. und §§ 140–142 MarkenG) sowie in den zugehörigen Rechtsmittelverfahren ist § 265 Abs. 2 S. 2 dagegen anzuwenden.31 Ebenso ist § 265 im Patentgerichtsverfahren (§§ 81 Abs. 1 S. 2, 99 Abs. 1 PatG) entsprechend anwendbar,32 nicht dagegen im Beschwerdeverfahren (§§ 73 ff. PatG)33. In Wohnungseigentumssachen findet § 265 Abs. 2 gem. § 48 Abs. 2 S. 3 WEG n.F. bei einer Rechtsnachfolge auf Seiten eines gem. § 48 Abs. 1 S. 1 WEG n.F. beigeladenen Wohnungseigentümers entsprechende,34 ansonsten nach neuem Recht direkte Anwendung, 35 es sei denn, der Verlust des Eigentums lässt die Sachlegitimation und damit auch das Rechtsschutzinteresse des Beteiligten nicht entfallen. Sind dagegen sowohl der Veräußerer als auch sein Rechtsnachfolger materiell betroffen, führt der bisherige Wohnungseigentümer das Verfahren einerseits für sich selbst, zum anderen aber auch für den Erwerber als dessen Prozessstandschafter.36 § 265 findet entsprechende Anwendung für die Fortsetzung eines selbständigen Beweisverfahrens.37 § 265 ist auch entsprechend anwendbar im landwirtschaftsgerichtlichen Pachtschutzverfahren,38 im Verfahren nach § 7 Abs. 2 ErbbauVO,39 in den echten Streitsachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit40 sowie gem. § 173 VwGO im Verwaltungsprozess,41 jedoch nicht im Baulandverfahren nach dem Baugesetzbuch42.
IV. Voraussetzungen des § 265
9
§ 265 setzt die Veräußerung der in Streit befangenen Sache oder die Abtretung des geltend gemachten Anspruchs nach Rechtshängigkeit voraus. 1. Änderungen in der Rechtszuständigkeit
10
§ 265 ist auf Änderungen in der Rechtszuständigkeit, nicht aber auf Änderungen in der Zuständigkeit zur Geltendmachung von Rechten zugeschnitten.43 Ein Ver4714 125 BPatGE 48, 264, 267 = MittdtschPatAnw 2005, 277, 278. 4715 226 BGH NJW-RR 1998, 1504, 1505; BPatG Beschl. v. 9. März 2005, Az: 27 W (pat) 192/02 = MittdtschPatAnw 2006, 131 (LS); BPatGE 48, 264, 267 = MittdtschPatAnw 2005, 277, 278; BPatG GRUR 2000, 815, 816. 27 4716 3 BGH GRUR 2000, 892, 893. 28 4717 4 Ingerl/Rohnke MarkenG2 (2003) § 42 Rdn. 59 und § 28 Rdn. 13; anders noch BGH GRUR 1998, 940, 941. 4718 529 Ingerl/Rohnke MarkenG2 (2003) § 66 Rdn. 32. 4719 630 Vgl. dazu BT-Drucks. 14/6203 S. 66. 4720 731 Ingerl/Rohnke MarkenG2 (2003) § 28 Rdn. 12. 32 4721 8 BGH NJW 1993, 203, 204; vgl. BPatG GRUR 2006, 524, 527; BPatG GRUR 2002, 234. 4722 933 BPatG GRUR 2002, 371, 374 f.; BPatG GRUR 2006, 524, 527 (Beschwerdebefugnis keine Frage der Verfahrensbefugnis). 34 4723 10 Vgl. dazu Jennißen/Suilmann WEG (2008) § 48 Rdn. 21.
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35 4724 11 Nach altem Recht (FGG-Verfahren) kam nur eine analoge Anwendung in Betracht, vgl. BGHZ 148, 335, 338 = NJW 2001, 3339, 3340; BayObLG NZM 2000, 289, 290; BayOblG NJW-RR 1991, 531, 532; BayObLGZ 1983, 73, 76 f.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.3.2006 – 3 Wx 115/05 (Gründe zu II 1); vgl. KG NJW 1970, 330, 332. 36 4725 12 BGHZ 148, 335, 340 = NJW 2001, 3339, 3340. 37 4726 13 KG MDR 1981, 940 (zu §§ 485 ff. a.F.). 38 4727 14 BGH RdL 1952, 321, 322; OLG Freiburg RdL 1950, 168, 169. 39 4728 15 OLG Hamm NJW-RR 1991, 20, 21. 40 4729 16 OLG Oldenburg NdsRpfl 1980, 107. 41 4730 17 BVerwG NJW 1984, 2427, 2428; OVG Münster NJW 1981, 598; OVG Münster DVBl 1973, 226, 227. 42 4731 18 OLG München MDR 1972, 787. 43 4732 19 BGHZ 1, 65, 67 = NJW 1951, 311; aA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 20; Grunsky S. 98.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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lust lediglich der Prozessführungsbefugnis genügt nicht.44 Deshalb findet § 265 keine Anwendung auf die Fortführung des Verfahrens durch den Rechtsinhaber nach Ende der gewillkürten oder der gesetzlichen Prozessstandschaft. In diesem Fall findet keine materiellrechtliche Rechtsveränderung durch Übertragung statt. Das materielle Recht steht schon während der Dauer der Prozessstandschaft ebenso wie nach deren Ende unverändert dem Rechtsinhaber zu. Der Prozessgegner ist vor der Gefahr, wegen desselben Streitgegenstands sowohl von dem Rechtsinhaber als auch von seinem gewillkürten Prozessstandschafter mit einem Prozess überzogen zu werden, durch die Einrede der Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1) und – nach rechtskräftigem Abschluss des einen Prozesses – durch die Einrede der Rechtskraft geschützt.45 Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Beendigung der Prozessstandschaft durch eine freie Vereinbarung oder kraft Gesetzes herbeigeführt wird. Denn nicht die Art der Beendigung, sondern nur der Übergang des Streitgegenstands selbst ist für die Anwendung des § 265 maßgebend.46 So findet bei der Amtsbeendigung des Insolvenzverwalters,47 aber auch bei Freigabe des Streitgegenstands durch den Insolvenzverwalter,48 bei Aufhebung der Zwangsverwaltung49 oder der Beendigung des Amts bzw dem Wegfall des Verwaltungsrechts50 des Testamentsvollstreckers51 § 265 keine Anwendung,52 denn mit der Beendigung des Amts geht seine Rechtsstellung unter, ohne dass eine Rechtsnachfolge stattfindet. Der bisherige Gemeinschuldner bzw die Erben erlangen nunmehr auf Grund der Amtsbeendigung lediglich wieder ihre volle Rechtsstellung.53 Hier ist vielmehr § 239 entsprechend anzuwenden, da der Wegfall des Amts oder des maßgeblichen Verwaltungsrechts dem Tod einer natürlichen Person im Sinne des § 239 eher gleichstellt werden kann.54 Auch der Ersteher eines Grundstücks, das nach vorangegangener Zwangsverwaltung versteigert worden ist, und der Grundschuldgläubiger sind keine Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters iSd § 265.55 Die Prozessstandschaft eines Elternteils gem. § 1629 Abs. 3 BGB endet mit der Volljährigkeit des Kindes, so dass dieses in den Prozess eintreten kann.56 4733 144 BGHZ 155, 38, 40 f. = NJW-RR 2003, 1419 mit krit. Anm. Brehm WuB VII A. § 265 ZPO 1.03; BGHZ 1, 65, 67 = NJW 1951, 311; Schink Jura 1985, 291, 294. 4734 245 BGHZ 123, 132, 135 f. = NJW 1993, 3072 = ZZP 107 (1994), 524, 526 mit Anm. Schilken; BGH NJW-RR 1988, 126, 127. 4735 346 BGHZ 46, 249, 252 = NJW 1967, 781 = ZZP 80 (1967), 469, 470 mit Anm. Weber; BGHZ 1, 65, 69 = NJW 1951, 311; aA OLG Nürnberg ZIP 1994, 144, 147 f. 4736 447 BGHZ 46, 249, 252 = NJW 1967, 781 = ZZP 80 (1967), 469, 471 mit Anm. Weber; vgl. Jonas JW 1937, 3249; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 346; aA Grunsky S. 95 f. und für den Fall des Wechsels des Insolvenzverwalters (S. 97 f.), es sei denn, der Wechsel beruhe auf einer Pflichtverletzung des Verwalters. 48 4737 5 RGZ 79, 27, 30 f.; vgl. auch BGHZ 46, 249, 251 f. = NJW 1967, 781 = ZZP 80 (1967), 469, 470 mit abl. Anm. Weber; RGZ 94, 55, 57; BVerwG NJW 1984, 2427, 2428; OLG Stuttgart NJW 1973, 1756. Zu Unrecht geht RGZ 53, 8, 10 davon aus, dass der Konkursverwalter (jetzt: Insolvenzverwalter) Rechtsnachfolger des Gemeinschuldners
sei; aA bei Passivprozessen (für die Anwendbarkeit) OLG Nürnberg ZIP 1994, 144, 147 f.; LG Hamburg EWiR 2002, 727 (Wessel); LG Chemnitz ZIP 1995, 2007, 2008; de Boor S. 65 f.; Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961), S. 164; Grunsky S. 96 f.; ders. JZ 1967, 366 f.; Bötticher JZ 1963, 582, 585; Jonas JW 1937, 3249; Weber KTS 1955, 102, 110. 4738 649 BGHZ 155, 38, 40 f. = NJW-RR 2003, 1419, 1420. 50 4739 7 RGZ 155, 350, 354 (Anwendung des § 239). 51 4740 8 RGZ 155, 350, 353. 4741 952 Wagemeyer S. 61 f.; Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961), S. 169 f., 173; Jonas JW 1937, 3249; Schink Jura 1985, 291, 294; Weber KTS 1955, 102, 111; aA Grunsky S. 95 ff. 53 4742 10 BGHZ 1, 65, 67 = NJW 1951, 311 = ZZP 65 (1952), 147 mit zust. Anm. Rosenberg (entschieden für den Fortfall des Prozessführungsrechts des Ehemanns gem. § 1380 BGB a.F.). 54 4743 11 RGZ 155, 350, 353. 55 4744 12 BGH DB 1954, 326 (bei einem Räumungsprozess gegen den Mieter). 56 4745 13 BGH FamRZ 1985, 471, 473; BGH NJW-RR 1990, 323, 324, der allerdings auf Grund des
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Tritt der Kläger seinen Anspruch nicht ab, sondern überträgt er lediglich die Prozessführung einem anderen und liegen die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft vor, dann handelt es sich um einen gewillkürten Parteiwechsel (vgl. dazu § 263 Rdn. 115).57 2. Veräußerung, Abtretung und Rechtsnachfolge
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Während die Begriffe der Veräußerung bzw der Abtretung darauf hindeuten, dass es sich um eine rechtsgeschäftliche Einzelrechtsnachfolge handeln muss, geht der Begriff der Rechtsnachfolge weiter, indem dieser auch Fälle ohne rechtsgeschäftliche Akte erfasst.58 Da aber der Anwendungsbereich von § 265 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 mit demjenigen des § 265 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 übereinstimmen muss, sind die Begriffe der Veräußerung und der Abtretung extensiv auszulegen.59 Dies kann auch noch mit dem engen Zusammenhang von § 265 und § 325 begründet werden, da eine Fortführung des Prozesses zwischen den ursprünglichen Parteien nur insoweit erfolgen soll, als der Rechtsnachfolger an das Urteil gebunden ist. Deshalb entspricht der Anwendungsbereich von § 265 Abs. 2 grundsätzlich demjenigen des § 325, der allerdings darüber hinaus auch die Fälle erfasst, in denen eine Rechtsnachfolge nach Rechtskraft eintritt. § 325 setzt aber nur eine Rechtsnachfolge voraus, auf die Art des Übertragungsakts kommt es nicht an.60 Unter Rechtsnachfolge ist demnach jede Nachfolge zu verstehen unabhängig davon, ob sie unmittelbare oder mittelbare Folge eines Rechtsgeschäfts oder eines anderen rechtserheblichen Vorgangs ist, ob sie sich durch Vermittlung des Rechtsvorgängers oder ohne sie kraft Gesetzes oder Hoheitsaktes originär vollzieht, ob es sich um einen vollen Rechtsübergang oder um eine Übertragung oder einen Erwerb minderen Rechts handelt.61 Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 265 ist, dass diese Rechtsnachfolge zum Verlust der Sachlegitimation zugunsten oder zu Lasten des Rechtsnachfolgers führt.62 Die Begriffe der Veräußerung bzw der Abtretung sind also nicht im technischen Sinn einer derivativen Rechtsübertragung zu sehen, sondern weit zu fassen. Erforderlich ist jedoch stets ein Übergang eines materiellen Rechts im weitesten Sinn. Deshalb genügt die bloße Änderung der Zuständigkeit zur Geltendmachung von Rechten grundsätzlich nicht (vgl. Rdn. 10 f.).63 a) Rechtsnachfolge durch Rechtsgeschäft. Hierunter fällt insbesondere die rechtsgeschäftliche Übertragung von Rechten an einem Gegenstand, auch Sicherungsgeschäfte. Sie kann sich auf das Vollrecht (Eigentum), aber auch auf mindere Rechte beziehen. Der Besitzer oder der Bucheigentümer als Erwerber minderen Rechts sind ebenfalls Rechtsnachfolger des Veräußerers, der wegen der Unwirksamkeit der Übereignung kein Eigentum verschaffen konnte.64 Rechtsgedankens des § 265 von der Fortdauer der Prozessstandschaft nach Scheidung der Ehe ausgeht. § 265 findet jedoch keine entsprechende Anwendung, wie MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 58 meint. § 265 passt hier nicht. 57 4746 1 OLG Naumburg NJW-RR 2003, 212; nach MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 60 ist die Zustimmung des Gegners nicht erforderlich. Das halte ich für bedenklich, denn immerhin liegt hier ein Parteiwechsel vor, so dass eine Zustimmung des Beklagten erforderlich ist, wenn bereits mündlich verhandelt wurde.
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4747 258 OLG Dresden DR 1940 A, 1692, 1693; vgl. zum Begriff auch Schink Jura 1985, 291; v. Thur Der Allgemeine Teil des Bürgerlichen Rechts (1914) Bd. 2, S. 34 ff.; Wagemeyer S. 14 ff. 59 4748 3 Grunsky S. 32; vgl. auch Spierling S. 16. 60 4749 4 Grunsky S. 31 ff. 4750 561 BGH MDR 2002, 1185; RGZ 121, 379, 381; RGZ 102, 177, 179; RGZ 82, 35, 38; RGZ 40, 333, 340; OLG Dresden DR 1940 A, 1692, 1693; Bötticher FS Laun (1948), S. 295, 296. 4751 662 Merle JA 1983, 626, 627. 4752 763 BGHZ 1, 65, 67 = NJW 1951, 311.
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Nachfolge nur im Besitz65 ist zwar keine „Rechts“nachfolge im eigentlichen Sinn, sondern lediglich eine Nachfolge in der tatsächlichen Sachherrschaft. Allerdings erstreckt § 325 Abs. 1 die Rechtskraft auch auf die Personen, die den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, dass eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist. Dementsprechend muss der Anwendungsbereich des § 265 erweitert werden, allerdings nur insoweit, als die Übertragung des unmittelbaren Besitzes mit dem Verlust der Sachlegitimation einhergeht. Bleibt der mittelbare Besitzer weiterhin legitimiert, wie bei einem Anspruch aus § 985 BGB, dann findet § 265 keine Anwendung.66 § 325 und ebenso § 265 sind auch auf die Nachfolge im Eigenbesitz an der streitbefangenen Sache anzuwenden.67 Die Einräumung eines minderen Rechts als des Vollrechts, wie z.B. die Begründung eines dinglichen Rechts, eines Nießbrauchs oder eines Pfandrechts wird von § 265 erfasst, wenn der streitbefangene Anspruch dadurch hinsichtlich der Sachlegitimation verändert wird.68 Der Eigentümer ist als Rechtsnachfolger eines dinglichen Rechtsinhabers zu sehen, wenn dieses Recht aufgehoben wird und an den Eigentümer zurückfällt.69 Problematisch ist dies allerdings im Fall der Eigentumsaufgabe gem. § 928 BGB für die Zeit der Herrenlosigkeit, da hier an die Stelle des alten kein neuer Grundstückseigentümer tritt. Allerdings kann diese Zeit mit einem Prozesspfleger gem. § 58 überbrückt werden.70 Der Aneignende ist als Rechtsnachfolger des Eigentümers anzusehen.71 Keine Anwendung findet § 265 jedoch auf die bloße Besitzaufgabe.72 Mit dem letzten Akt, der nach materiellem Recht zum Erwerb erforderlich ist, ist die Veräußerung vollendet.73 So kommt es bei dinglichen Rechten auf die Einigung und die Eintragung74 bzw bei einer Briefhypothek auf die Übergabe des Hypothekenbriefs oder bei einer bedingten Verfügung auf den Eintritt der Bedingung an. Bei der Klage auf Grundbuchberichtigung ist entscheidend, dass der Rechtsnachfolger nach Rechtshängigkeit Buchnachfolger geworden ist.75 Eine Abtretung liegt nicht nur dann vor, wenn die Übertragung der Forderung auf einen neuen Gläubiger der unmittelbare Gegenstand des Vertrags (§§ 398 ff. BGB) ist, sondern auch dann, wenn der Übergang des Anspruchs auf den anderen die notwendige Rechtsfolge eines anderen vom Gläubiger abgeschlossenen Vertrags ist. So schließt die Veräußerung eines Mietgrundstücks,76 aber auch die Übernahme einer Handelsgesellschaft durch einen bisherigen Gesellschafter77 die Abtretung der Miet4753 164 RGZ 82, 35, 38. 4754 265 Vgl. dazu Schilken Passivlegitimation, S. 69 ff. 4755 366 Schilken Passivlegitimation S. 73; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 434 Fn. 25; aA Spierling S. 22 f. 67 4756 4 BGH NJW 1981, 1517, 1518 unter Hinweis auf RGZ 121, 379, 381 f.; RGZ 82, 35, 38; RG Warn 1925 Nr. 74; OLG Schleswig SchlHA 1975, 47, 48; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 99 Rdn. 11; Schilken Passivlegitimation, S. 72 ff. 68 4757 5 LAG Frankfurt LAGE § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 16 (Pfandrecht); Pohle FS Lehmann, Bd. 2 (1956), S. 738, 756 f.; Schilken Passivlegitimation, S. 68 f.; den Sachlegitimationswechsel in diesen Fällen grundsätzlich verneinend Wagemeyer S. 97. 4758 669 RG JW 1929, 774; vgl. aber BGH MDR 1975, 300, 301, der § 265 dann nicht für anwendbar
hält, wenn eine Schuld des Eigentümers wiederauflebt, weil der Nießbraucher, der diese Schuld übernommen hatte, den Nießbrauch aufgehoben hat. 70 4759 7 KG OLGRspr 31, 69 f.; aA Spierling S. 17, der § 265 bei einer Eigentumsaufgabe für unanwendbar hält, weil es an einem Erwerber fehlt. 4760 871 Vgl. RGZ 103, 166, 167 für § 571 BGB a.F.; Spierling S. 18 versteht die Entscheidung des RG (entgegen anderen) nicht in diesem Sinn. 72 4761 9 Schilken Passivlegitimation, S. 73. 73 4762 10 BGH NJW 1998, 156, 158. 74 4763 11 RGZ 121, 379, 381. 75 4764 12 BGH MDR 2002, 1185; RGZ 121, 379, 381; RG Warn 1922 Nr. 15. 76 4765 13 RGZ 55, 293, 294. 77 4766 14 RGZ 141, 277, 281 f.; RGZ 46, 39, 42; RG SeuffArch 70 (1915) Nr. 115 = JW 1915, 147 f.
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forderung78 in sich ein. Dasselbe gilt bei der Abtretung der Hauptforderung bezüglich des Anfechtungsrechts wegen Benachteiligung des Gläubigers.79 § 265 findet ferner bei einer Veränderung des Gesellschafterbestands Anwendung,80 z.B. im Fall der Abtretung eines Gesellschaftsanteils.81 Eine Besonderheit ergibt sich bei der actio pro socio, da der Gesellschafter hier Ansprüche der Gesellschaft in Prozessstandschaft geltend macht.82 Hier entfällt bei Ausscheiden des Gesellschafters wegen Abtretung des Gesellschaftsanteils zwar die Prozessführungsbefugnis, so dass § 265 direkt keine Anwendung findet. Es kommt jedoch eine entsprechende Anwendung des § 265 in Betracht,83 da die Prozessführungsbefugnis sich aus dem Mitgliedschaftsrecht ergibt und dieses übertragen wird. Der BGH wendet dagegen § 265 direkt an, weil er den im Wege der actio pro socio geltend gemachten Anspruch als eigenen materiellen Anspruch des Gesellschafters einordnet.84 Entgegen der wohl h.M.85 ist § 265 nicht bei einem ersatzlosen Ausscheiden eines Gesellschafters anzuwenden, da es an einem Wechsel in der Sachlegitimation und damit an einer Rechtsnachfolge iSd § 265 fehlt.86 Zwar führt das Ausscheiden zur Anwachsung des Anteils der übrigen Gesellschafter gem. § 738 Abs. 1 S. 1 BGB. Damit ist aber nicht die Erlangung der Sachlegitimation verbunden, die die übrigen Gesellschafter bereits vorher hatten.87 Die Klage ist bei der actio pro socio als unzulässig,88 in anderen Fällen als unbegründet abzuweisen.89 Bei der aktienrechtlichen Anfechtungsbefugnis als Teil des einheitlichen Mitgliedschaftsrechts findet bei dessen freiwilliger (rechtsgeschäftlicher) Veräußerung § 265 Abs. 2 Anwendung.90 Dies gilt auch beim Verlust der Aktionärsstellung gem. § 327e 4767 178 Zwar gehen auch die Pflichten aus dem Mietvertrag mit über, vgl. RGZ 103, 349, 350 f., fraglich ist nur die Anwendbarkeit des § 265 in diesem Fall, siehe zur Schuldübernahme Rdn. 33. 4768 279 RGZ 39, 12, 15 f. 4769 380 BGH NJW 2000, 291, 292. 4770 481 BGHZ 43, 261, 267 f. = NJW 1965, 1378, 1379 (Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage eines GmbH-Gesellschafters gegen einen Gesellschafterbeschluss); Jänsch S. 30 ff., 34. 4771 582 Baumbach/Hopt HGB3 (2008) § 109 Rdn. 32; Erman/Westermann BGB12 (2008) § 705 Rdn. 57; Hadding Actio pro socio (1966), S. 101; MünchKommBGB4/Ulmer (2004) § 705 Rdn. 208; Bork/Oepen ZGR 2001, 515, 520 ff., 529; aA Eigener Anspruch des Gesellschafters gegen einen anderen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvertrag: BGH NJW 1960, 964 = LM Nr. 7 zu § 265 ZPO (gesellschaftsvertraglicher Anspruch eines Kommanditisten gegen einen Mitgesellschafter). 4772 683 So auch Bork/Oepen ZGR 2001, 515, 529; für eine Anwendung des § 265 auch Baumbach/ Hopt HGB33 (2008) § 109 Rdn. 35; Hadding Actio pro socio (1966), S. 102; aA Erman/Westermann BGB12 (2008) § 705 Rdn. 59; MünchKommBGB4/Ulmer (2004) § 705 Rdn. 210; Jasper WiB 1994, 195, 196. 4773 784 BGH NJW 1960, 964, 965 = LM Nr. 7 zu § 265 ZPO. 4774 885 RGZ 78, 101, 105; BGH NJW 2000, 291, 292;
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BGH WM 1963, 728, 730; OLG Frankfurt NZG 1999, 990, 991 (Feststellungsklage eines GbRGesellschafters zur Geltendmachung von Beschlussmängeln); Jänsch S. 32; wohl auch Schumann S. 51, auch für den Eintritt oder Austritt von Mitgliedern eines nichtrechtsfähigen Vereins, S. 53; Höfler JuS 1992, 388, 392 (für die actio pro socio); vgl. auch Hörstel NJW 1995, 1271, 1272, der allerdings nicht § 265 anwendet, sondern weiterhin vom Rechtsschutzbedürfnis und der Aktivlegitimation des Gesellschafters ausgeht. 4775 986 OLG Karlsruhe NJW 1995, 1296; MünchKommBGB4/Ulmer (2004) § 718 Rdn. 60; Bork/ Oepen ZGR 2001, 515, 529 f.; Jasper WiB 1994, 195, 196; Früchtl NJW 1996, 1327, 1328. 87 4776 10 Früchtl NJW 1996, 1327, 1328. 88 4777 11 OLG Karlsruhe NJW 1995, 1296; MünchKommBGB4/Ulmer (2004) § 705 Rdn. 210; Bork/Oepen ZGR 2001, 515, 529; Früchtl NJW 1996, 1327 f.; Jasper WiB 1994, 195, 196. 89 4778 12 Eckardt Anm. zu OLG Frankfurt NZG 1999, 990, 992. 90 4779 13 OLG Koblenz BB 2005, 1352; OLG Schleswig NZG 2003, 176, 177; Hüffer AktG8 (2008) § 245 Rdn. 8 (entsprechend § 265); GroßkommAktG/ K. Schmidt AktG4 (1995) § 245 Rdn. 17 (Rechtsgedanke des § 265); Jänsch S. 149 (entsprechend § 265); Bungert BB 2005, 1345.
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Abs. 3 AktG durch Squeeze out, bei dem von Gesetzes wegen ein Übergang der Aktien auf den Hauptaktionär stattfindet (§ 327a AktG), soweit ein berechtigtes Interesse des Aktionärs an einer Verfahrensfortsetzung besteht.91 Für § 265 ist kein Raum, wenn eine GmbH ihre letzte Forderung abtritt und anschließend von Amts wegen im Handelsregister gelöscht wird, da sie dadurch ihre Rechts- und Parteifähigkeit verliert. Der Zessionar kann bei Vorliegen der Voraussetzungen eines gewillkürten Parteiwechsels als neuer Kläger in den Rechtsstreit eintreten.92 Bei einer liquidationslosen Verschmelzung von Unternehmen findet § 265 keine Anwendung, sondern §§ 239, 246 (gesetzlicher Parteiwechsel).93 Gleiches gilt für die Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG),94 die Vollübertragung gem. § 174 Abs. 1 UmwG und die aufspaltende Teilübertragung gem. § 174 Abs. 2 Nr. 1 UmwG, wenn der übertragende Rechtsträger erlischt95. Auch beim Übergang des Vermögens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft ohne Liquidation auf den letzten verbleibenden Gesellschafter96 und bei insolvenzbedingtem Ausscheiden der Komplementärin aus einer GmbH & Co KG mit nur noch einem verbleibenden Kommanditisten97 findet § 265 keine Anwendung, sondern §§ 239 ff. Dagegen ist § 265 bei einer Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG), einer Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) und den entsprechenden Vermögensübertragungen (§ 174 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UmwG) nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG im Aktivprozess der übertragenden Gesellschaft anwendbar.98 Im Passivprozess der übertragenden Gesellschaft findet § 265 bei Abspaltung, Ausgliederung und den entsprechenden Vermögensübertragungen (§ 174 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UmwG)99 dagegen keine Anwendung, da sie ihre Passivlegitimation nicht verliert und eine prozessuale Rechtsnachfolge nicht vorliegt;100 ein gesetzlicher Parteiwechsel findet ebenfalls nicht statt.101 4780 191 BGHZ 169, 221, 225 = NJW 2007, 300, 301, dazu Waclawik ZIP 2007, 1, 2 ff.; OLGR Stuttgart 2006, 144, 146 = ZIP 2006, 27, 28 bejaht § 265 Abs. 2 in dem Fall, dass der Aktionär mit der Anfechtungsklage gegen einen nach dem SqueezeOut-Beschluss ergangenen Hauptversammlungsbeschluss unabhängig von der im Spruchverfahren zu ermittelnden Barabfindung einen (seiner Auffassung nach höheren) Anspruch auf Zahlung einer Dividende für den Zeitraum zwischen Ergehen und Wirksamwerden des Squeeze-Out-Beschlusses geltend macht; Heise/Dreier BB 2004, 1126, 1127 (Erst-rechtSchluss zu freiwilligem Verlust; das wirtschaftliche Interesse des Aktionärs kann auch nicht schon deshalb verneint werden, weil er seine Aktien nur gegen Barabfindung verliert.); aA OLG Koblenz BB 2005, 1352 für den Sonderfall, dass Rechtsnachfolgerin die Alleinaktionärin der Beklagten geworden ist (aufgehoben durch den BGH, BGHZ 169, 221); ebenso LG Mainz BB 2004, 1132, 1133 (§ 327f AktG regelt abschließend und ausschließlich die Rechte des ausgeschlossenen Minderheitsaktionärs); Hüffer AktG8 (2008) § 245 Rdn. 8; Buchta/Ott DB 2005, 990, 993; Bungert BB 2005, 1345, 1346 ff. 4781 292 OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 318, 319. 4782 393 BGHZ 157, 151, 154 f. = NJW 2004, 1528. 4783 494 Stöber NZG 2006, 574; ebenso, jedoch das Erfordernis der Unterbrechung verneinend Schmitt/ Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl UmwG4 (2006) § 131
Rdn. 83 f.; Lutter/Teichmann UmwG3 (2004) § 132 Rdn. 57 f.; Lutter/Hommelhoff/Schwab UmwG3 (2004) § 133 Rdn. 165; zur Umschreibung bereits erworbener Titel gem. § 727 vgl. OLG Frankfurt BB 2000, 1000. 4784 595 Stöber NZG 2006, 574, 576. 4785 696 BGH NJW 2002, 1207; Fischer FS Hedemann (1958), S. 75, 92 f. (noch zu § 142 HGB a.F.); aA RGZ 141, 277, 282; RG Warn 1915 Nr. 35. 97 4786 7 BGH NZG 2004, 611. 98 4787 8 Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl UmwG4 (2006) § 131 Rdn. 83; Lutter/Teichmann UmwG3 (2004) § 132 Rdn. 57; Bork/Jacoby ZHR 167 (2003), 440, 450; Stöber NZG 2006, 574, 576; vgl. aber BFH NJW 2003, 1479, 1480 (hier kam es jedoch letztendlich darauf an, wer Steuerschuldner ist, dies war die klagende GmbH geblieben). 99 4788 9 Vgl. Stöber NZG 2006, 574, 576. 100 4789 10 Bork/Jacoby ZHR 167 (2003), 440, 453 (gewillkürte Parteierweiterung bzw -wechsel möglich); Stöber NZG 2006, 574, 575 f.; vgl. auch BGH NJW 2001, 1217, 1218; aA Lutter/Teichmann3 (2004) § 132 UmwG Rdn. 58; Lutter/Hommelhoff/Schwab UmwG3 (2004) § 133 Rdn. 164; Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl UmwG4 (2006) § 131 Rdn. 84 (entsprechende Anwendung des § 265); vgl. auch LAG Chemnitz NZA-RR 2000, 496 (keine entsprechende Anwendung des § 239). 101 4790 11 BGH NJW 2001, 1217, 1218.
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Eine Einzelrechtsnachfolge liegt auch bei der Fortführung eines Handelsgeschäfts oder bei einem Eintritt in dieses102 oder bei der Übertragung einer Erbschaft vor. Hier findet § 265 jedoch nur bei der Rechtsnachfolge in die Gläubigerstellung Anwendung, nicht aber bezüglich der Haftung gem. § 2382 BGB und § 25 HGB,103 da in diesen Fällen der ursprüngliche Schuldner weiterhin passiv legitimiert ist (siehe Rdn. 33 zum gesetzlichen Schuldbeitritt). Bei der Ausschlagung einer Erbschaft findet keine Rechtsnachfolge iSd § 265 vom vorläufigen auf den endgültigen Erben statt.104 Unter den Begriff der Veräußerung fällt auch die Übertragung durch Indossament.105
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b) Rechtsnachfolge kraft Gesetzes. § 265 findet nicht nur bei rechtsgeschäftlicher Abtretung,106 sondern auch bei gesetzlichem Forderungsübergang Anwendung,107 wie z.B. bei dem Forderungsübergang gem. §§ 268 Abs. 3, 426 Abs. 2,108 774,109 1143 Abs. 1, 1225, 1249 S. 2, 1607 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 BGB, § 86 VVG n.F.110 oder gem. § 91 BSHG a.F.111, jetzt § 33 Abs. 1 SGB II112 auf den Träger der Sozialhilfe. Der Forderungsübergang des Schadensersatzanspruchs auf den Sozialversicherungsträger tritt bereits mit dem Versicherungsfall ein.113 Ein Forderungsübergang findet allerdings nicht bei Wechselverpflichtungen statt.114 Zum Rechtsübergang kraft Gesetzes gehört auch die Begründung eines der gesetzlichen Pfandrechte.115
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c) Rechtsnachfolge kraft Hoheitsaktes. Auch der originäre Rechtserwerber ist Rechtsnachfolger iSd § 265.116 Hierunter fällt der Rechtsübergang kraft Hoheitsakt, z.B. die Enteignung,117 die Überleitung von Ansprüchen118 gem. § 90 BSHG a.F. (jetzt 102 4791
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RG SeuffArch 70 (1915) Nr. 115; RGZ 86, 252, 254 f. (Klage des früheren Inhabers gegen den Beklagten auf Unterlassung von geschäftsschädigenden Behauptungen). 4792 2103 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 99 Rdn. 8; Zeuner FS Schwab (1990), S. 575, 580. 104 34793 BGHZ 106, 359, 364 = NJW 1989, 2885, 2886. 105 4794 4 RGZ 113, 335, 338 zu § 445 ZPO a.F.; RGZ 47, 66, 70. 106 54795 Z.B. einer Schlusssaldoforderung BGH NJW 1979, 924. 107 64796 BGH NJW 1963, 2067; RGZ 85, 424, 430; RGZ 76, 215, 217. 108 74797 BGH NJW 1963, 2067. 109 84798 Vgl. OLG Hamburg OLGE 18, 44, 45 zu § 727. 110 94799 Peters ZZP 118 (2005), 47, 49 f.; Sieg VersR 1997, 159, 160. 111 4800 10 OLG Hamm FamRZ 1997, 1405, 1406; OLG Schleswig FamRZ 1996, 40; OLG Karlsruhe FamRZ 1995, 1504; OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 1285, 1286; OLG Nürnberg FamRZ 1995, 236, 237; OLG Bamberg NJW-RR 1995, 580, 581; Ott FamRZ 1995, 456, 457; Brüggemann DAVorm 1995, 137; zu den Problemen bei Übergang vor Rechtshängigkeit vgl. Brudermüller FuR 1995, 17 ff.; aA AG Bergheim FamRZ 1995, 1499 f. 112 4801 11 Die zwischenzeitliche Regelung des § 33 Abs. 2 SGB II in der Fassung vom 1.1.2005, wonach der Übergang der Ansprüche nicht durch Legalzession erfolgte, sondern eine Überleitungsanzeige
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(Verwaltungsakt) voraussetzte (vgl. Rudnik FamRZ 2005, 1941; Klinkhammer FamRZ 2004, 1909), wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (BGBl I 2006 S. 1706, 1711) mit Wirkung vom 1.8.2006 wieder dahingehend geändert, dass wie schon in § 91 BSHG eine Legalzession erfolgt, da sich die in die Systemänderung gesetzten Erwartungen nicht erfüllt haben (vgl. BT-Drucks. 16/ 1410, S. 26). 113 4802 12 BGH MDR 1959, 205. 114 4803 13 OLG Hamburg MDR 1968, 248 und 1014 f.; OLG Karlsruhe JW 1930, 3780; OLG Königsberg SeuffArch 64 (1909) Nr. 186; KG OLGRspr 25, 152, 153; OLG Marienwerder OLGRspr 11, 420; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 50; Baumbach/Hefermehl/Casper WechselG und ScheckG23 (2008) Art. 14 WG Rdn. 5, Art. 49 WG Rdn. 1. 115 4804 14 KG KGBl 1902, 73, 74. 116 4805 15 RGZ 82, 35, 38; Grunsky S. 37 ff., 66, hält für jeden Fall eines originären Rechtserwerbs eine gesonderte Prüfung für erforderlich, ob es dem Rechtsnachfolger zugemutet werden kann, die vom Rechtsvorgänger entwickelte Prozessführung gegen sich gelten zu lassen; Nam Rechtskrafterstreckung und gutgläubiger Erwerb im Rahmen des § 325 ZPO (1998), S. 49 f., 119 ff.; aA OLG Erfurt Neue Justiz 1952, 186; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 336 ff., 341. 117 4806 16 Grunsky S. 61 ff.; aA Henckel ZZP 82 (1969),
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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§ 33 Abs. 1 SGB II Übergang kraft Gesetzes, vgl. Rdn. 29) bzw §§ 95, 96 SGB VIII oder bei der Zwangsversteigerung119. Eine Zwangsversteigerung der streitbefangenen Sache nach § 817 Abs. 2 oder gem. §§ 90, 55 Abs. 2 ZVG, gegen die der Herausgabekläger als (angeblich) Berechtigter nicht gem. § 771 bzw nach § 37 Nr. 5 ZVG interveniert hat, ist in der Regel als Veräußerung durch ihn anzusehen und eröffnet dem Beklagten den Einwand des § 265 Abs. 3.120 Unter § 265 Abs. 2 ist aber auch der mindere Fall zu subsumieren, nämlich die Überweisung zur Einziehung im Wege der Zwangsvollstreckung gem. § 835 Abs. 1 Alt. 1, da dem Vollstreckungsgläubiger mit dem geringeren Recht keine günstigere prozessuale Stellung als dem Zessionar eingeräumt werden kann.121 Dasselbe muss für den Fall einer Beschlagnahme von Forderungen im Weg der Zwangsverwaltung gelten.122 Die zusätzliche Beteiligung eines Zwangsverwalters als Partei kraft Amtes begründet keinen Unterschied, denn sein Einziehungsrecht gemäß § 152 Abs. 1 ZVG entspricht dem des Vollstreckungsgläubigers gemäß § 836. So wie dieser wird der Zwangsverwalter Rechtsnachfolger des Vollstreckungsschuldners. Der Vollstreckungsschuldner kann einen bei Anordnung der Zwangsverwaltung anhängigen und die Zwangsverwaltungsmasse betreffenden Rechtsstreit weiter betreiben, muss aber den Antrag auf Leistung an den Zwangsverwalter umstellen.123 Das Missbrauchsrisiko, dass bei mutwilliger Verweigerung der Antragsumstellung auf Leistung an den Zwangsverwalter die Klage des Vollstreckungsschuldners wegen fehlender Aktivlegitimation als unbegründet abgewiesen wird, ist im Anwaltsprozess und wegen der richterlichen Hinweispflicht gering und im Übrigen hinzunehmen.124 d) Schuldübernahme. Eine Schuldübernahme stellt grundsätzlich keine Rechtsnachfolge dar, da nach dem Wortsinn der Bezeichnungen „Veräußerung“, „Abtretung“ und „Rechtsnachfolge“ des § 265 lediglich der Übergang der Berechtigung und nicht derjenige der Verpflichtung in Betracht kommt.125 So fällt der vertragliche und der gesetzliche Schuldbeitritt126 nach Rechtshängigkeit nicht unter 265 Abs. 2, ebenso nicht die befreiende Schuldübernahme127. Auch eine analoge Anwendung des § 265 333, 337 ff., 341. BGH NJW 1997, 735, 736; BGH FamRZ 1995, 1131, 1133; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 697, 698; OLG Schleswig FamRZ 1996, 40; OLG Nürnberg NJW-RR 1995, 262, 264; KG FamRZ 1982, 427, 428; SchlHOLG SchLHA 1979, 126; OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 256, 257. 119 24808 BGH NJW 2002, 2101, 2102 (dazu Löhnig JA 2002, 833, 835); vgl. RGZ 89, 77, 80; RGZ 82, 35, 38; RGZ 56, 243, 244; RG Warn 1914 Nr. 98; OLG Stettin OLGRspr 11, 122, 123; KG OLGRspr 20, 314. 120 34809 BGH NJW 2002, 2101, 2102 (dazu Löhnig JA 2002, 833, 835). 121 44810 Vgl. BGHZ 86, 337, 339 = NJW 1983, 886, 887 zu § 325; RGZ 20, 420, 422 f.; vgl. LG Berlin MDR 1986, 327 (Umstellung des Klageantrags auf Zahlung an den Pfändungsgläubiger); Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 435. 122 4811 5 BGH NJW 1986, 3206, 3207; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 344 f.; aA Grunsky S. 91 ff. 123 64812 BGH NJW 1986, 3206, 3207 f.; vgl. LG Dortmund Rpfleger 2002, 472, 473 mit Anm. Fundis; aA Böttcher ZVG4 (2005) § 152 Rdn. 57 (Klage118 4807
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änderung gem. § 263 mit unrichtigem Hinweis auf den BGH Rpfleger 1986, 274 = NJW 1986, 3206). 124 4813 7 Vgl. Fundis in Rpfleger 2002, 472, 473. 125 84814 BGH MDR 1975, 300, 301; BGHZ 61, 140, 142 f. = NJW 1973, 1700 f. = ZZP 87 (1974), 95 mit abl. Anm. Schwab = JR 1974, 156, 157 mit Anm. Zeiss; BGH NJW 1957, 420 (zu § 419 BGB a.F.); Schumann S. 81; Spierling S. 30 f.; vgl. auch Schilken Passivlegitimation, S. 20 ff., der eine Subsumtion unter den Begriff der Veräußerung und der Abtretung, aber auch der Rechtsnachfolge ablehnt. 126 94815 RG SeuffArch 93 (1939) Nr. 47; RG HRR 1930 Nr. 2021; OLG Stuttgart NJW 1969, 1493, 1494 (in diesem Fall jedoch eine Ausnahme annehmend, weil die ursprüngliche Beklagte ihre Rechtsfähigkeit verloren hat); Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 99 Rdn. 8; Schilken Passivlegitimation, S. 41 f. 127 4816 10 BGH NJW 2001, 1217, 1218 (zur kumulativen Schuldübernahme); BGH MDR 1975, 300, 301; BGHZ 61, 140, 142 f. = NJW 1973, 1700 f. = ZZP 87 (1974), 95 mit abl. Anm. Schwab = JR 1974, 156, 157 mit Anm. Zeiss; Henckel S. 166 f.; Meis-
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Abs. 2 kommt nicht in Betracht.128 Bei dem Schuldbeitritt bleibt die Passivlegitimation des Schuldners weiter bestehen. Im Fall der Schuldübernahme wirkt der Gläubiger selbst durch Vereinbarung mit dem neuen Schuldner oder durch Genehmigung der zwischen den beiden Schuldnern vereinbarten Schuldübernahme mit und ermöglicht so den Schuldnerwechsel (§§ 414, 415 BGB). Er bedarf deshalb keines Schutzes und kann entweder mit einer Klagerücknahme, der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache oder mit einem gewillkürten Parteiwechsel reagieren.129 Auch im Fall einer Durchgriffshaftung auf den persönlich nicht haftenden Gesellschafter liegt keine Rechtsnachfolge vor.130 Dies gilt jedoch nicht für einen gesetzlichen Schuldübergang, wie z.B. gem. § 566 BGB131 oder bei Betriebsinhaberwechsel gem. § 613a BGB132 während des Rechtsstreits, jedoch nur soweit der ursprüngliche Arbeitgeber nicht gem. § 613a Abs. 2 BGB weiterhaftet, da er ansonsten seine Passivlegitimation durch den Betriebsübergang nicht verliert.133 Anders entscheidet aber der BGH im Fall der Ausschlagung der Erbschaft, die zur Folge hat, dass kraft Gesetzes an die Stelle des zunächst in Anspruch genommenen ein anderer Schuldner tritt (vgl. Rdn. 27).134 3. In Streit befangene Sache und geltend gemachter Anspruch
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In Streit befangen ist eine Sache insbesondere dann, wenn ihr Besitz oder Eigentum streitig ist oder wenn hinsichtlich ihrer ein dingliches oder ein sich gegen den jeweiligen Eigentümer oder Besitzer als solchen gerichtetes persönliches Recht geltend gemacht wird.135 Streitbefangen ist daher jeder Gegenstand, dessen Übertragung die Sachlegitimation beseitigt.136 Bei Klagen aus dinglichen Rechten ist der Gegenstand des Rechts streitbefangen, also bei Klagen aus dem Eigentum (§ 985 BGB) gegen den Besitzer,137 aber auch bei ter S. 64; Ahrens GRUR 1996, 518, 521; Bork/Jacoby ZHR 167 (2003), 440, 443; aA KG JW 1938, 1916; Bettermann Die Vollstreckung des Zivilurteils in den Grenzen seiner Rechtskraft (1948), S. 72 f., 128 ff., 134 ff.; Calavros S. 62 ff.; differenzierend Schink Jura 1985, 291, 294. 4817 1128 Vgl. Schilken Passivlegitimation, S. 24 ff., der sich allerdings für den Fall der Vertragsübernahme nach Rechtshängigkeit für die entsprechende Anwendung des § 265 ausspricht, S. 40. 129 4818 2 BGHZ 61, 140, 142 f. = NJW 1973, 1700 f. = ZZP 87 (1974), 95 mit abl. Anm. Schwab = JR 1974, 156 mit Anm. Zeiss; Merle JA 1983, 626, 629 f.; Schilken Passivlegitimation, S. 36. 130 34819 BAG NJW 1987, 2606. 131 44820 RGZ 103, 349, 350 f.; RGZ 102, 177, 179 ff.; Schilken Passivlegitimation, S. 44 f. 132 54821 Vgl. BAG DB 2005, 2082, 2083 (Passivlegitimation des Betriebsveräußerers für Kündigungsschutzprozess, wenn Kündigung vor Betriebsübergang); BAG NZA 1994, 260, 261; BAG NJW 1977, 1119 (LS) = DB 1977, 680, 681 ohne Einschränkung, zustimmend Grunsky SAE 1977, 224, 225 = AP Nr. 1 zu § 325 ZPO mit krit. Anm. Leipold, der einen gewillkürten Parteiwechsel mit Zustimmungspflicht des Betriebsvorgängers
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gem. § 613a BGB vorschlägt; LAG Düsseldorf DB 2005, 2696, 2697; MünchKommBGB4/Müller-Glöge (2005) § 613a Rdn. 215; vgl. auch Löwisch/Neumann DB 1996, 474, 475, allerdings nur, wenn die Kündigungsschutzklage vor dem Betriebsübergang erhoben war, nicht aber bezogen auf den Streit über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG. Eine differenzierende Lösung vertritt Zeuner FS Schwab (1990), S. 575, 578 ff. 133 4822 6 Schilken Passivlegitimation, S. 44; Zeuner FS Schwab (1990), S. 575, 580. 134 74823 BGHZ 106, 359, 364 = NJW 1989, 2885, 2886. 135 4824 8 RGZ 102, 177, 179 f. 136 94825 BGH MDR 2002, 1185; OLG Hamm NJW-RR 1991, 20, 21; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 99 Rdn. 3; Spierling S. 25; Schink Jura 1985, 291, 293. 137 4826 10 RGZ 88, 267, 268 ff., das den Kläger bei Rechtsnachfolge nach Rechtshängigkeit auf die Klage nach § 731 verweist, wenn diese erst nach rechtskräftigem Urteil bekannt wird. Nach der Ansicht von Schumann S. 24 ist das dingliche Rechtsverhältnis, also das Eigentum statt der im Eigentum stehenden Sache streitbefangen.
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denen aus Nachbarrecht oder auf Beseitigung der Störung, wenn die Rechtsänderung auf Seiten des Klägers erfolgt (§§ 904 ff., 1004 BGB), das Grundstück.138 Richtet sich die Unterlassungsklage gegen den Eigentümer des beeinträchtigenden Grundstücks, kommt es darauf an, ob eine Handlungs- oder Zustandsstörung vorliegt. Nur im letzten Fall ist das störende Grundstück streitbefangen iSd § 265.139 Die Klage auf Duldung eines Notwegs nach § 917 Abs. 1 BGB macht das Grundstück streitbefangen iSd § 265 Abs. 1.140 Wird ein Auseinandersetzungsanspruch gegen einen Miteigentümer geltend gemacht, so ist das Bruchteilseigentum streitbefangen.141 Bei der Drittwiderspruchsklage ist der Gegenstand streitbefangen, bezüglich dessen die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt werden soll.142 Bei Geltendmachung des Erbschaftsanspruchs gem. § 2018 BGB sind die einzelnen Erbschaftsgegenstände nicht streitbefangen.143 Allerdings findet § 265 Anwendung, wenn die Erbschaft als solche veräußert worden ist (§ 2030 BGB).144 Ob positiv ein Anspruch aus dinglichem Recht oder negativ die Befreiung eines solchen geltend gemacht wird, ist unerheblich. Bei einem dinglichen Anspruch auf Löschung einer Hypothek ist ebenso wie bei einer Klage auf Feststellung des Nichtbestehens einer Hypothek der Anspruch des Hypothekengläubigers aus der Hypothek in Streit.145 Bei einer Grundbuchberichtigungsklage gem. § 894 BGB findet § 265 Abs. 2 Anwendung, wenn die Buchstellung übertragen wird.146 Eine Abtretung des Berichtigungsanspruchs ist allerdings getrennt vom Eigentum nicht möglich; darin kann nur eine Ermächtigung zur Geltendmachung eines fremden Rechts gesehen werden.147 Bei Klagen von dinglich Berechtigten gegen Dritte ist § 265 Abs. 2 in Bezug auf das dingliche Recht einschlägig, soweit diese den Klagen des Eigentümers entsprechen (vgl. für die Grunddienstbarkeit § 1027 BGB, für den Nießbrauch § 1065 BGB, für die beschränkt persönliche Dienstbarkeit §§ 1090 Abs. 2, 1027 BGB, für das Pfandrecht § 1227 BGB, für das Erbbaurecht § 11 ErbbauVO).148 Bei Klagen in Bezug auf eine Vormerkung ist zu unterscheiden. Die gerichtliche Geltendmachung des durch eine Vormerkung gesicherten schuldrechtlichen An138 4827
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BGHZ 18, 223, 225 f. = NJW 1955, 1719; Schilken Passivlegitimation S. 58 ff. 4828 2139 KGR 2000, 56 (Errichtung und Aufrechterhaltung eines Bauwerks); Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 99 Rdn. 5; Baur FS Schiedermair (1976), S. 19, 23 f.; Brehm JZ 1972, 225, 229 f.; Heinze Rechtsnachfolge im Unterlassen (1978), S. 25 ff.; Schilken Passivlegitimation, S. 61 ff., der zu Recht die Anwendung des § 265 auf die Fälle der reinen Zustandshaftung beschränkt; Schink Jura 1985, 291, 293 Fn. 26; Stadler/Bensching Jura 2001, 433; aA SchlHOLG SchlHA 1962, 130, das die Anwendbarkeit des § 265 ohne Einschränkung verneint, wenn das Grundstück, von dem die Störung ausgeht, veräußert wird; OLG Düsseldorf NJW 1990, 1000 für den Fall, dass eine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten Einfluss auf Art und Ausmaß der Störung und der Beeinträchtigung haben kann, z.B. bei Nachwachsen von Baumwurzeln; OLG Hamm
OLGRspr 15, 274, 275 (Beseitigung eines Dachüberhangs). 4829 3140 BGH MDR 1976, 917. 141 44830 OLG Nürnberg MDR 1969, 672, 673. 142 54831 OLG Hamburg MDR 1969, 673; vgl. auch OLG Dresden DR 1940 A, 1692, 1693. 143 64832 Vgl. auch Spierling S. 29; aA Schilken Passivlegitimation, S. 88 Fn. 131 und 134. 144 74833 Meister S. 42. 145 84834 RGZ 60, 247, 250; RG Gruchot 60 (1916), 504, 508 (hier ging es allerdings um einen Löschungsanspruch aus unerlaubter Handlung, den das RG wegen § 1157 BGB einem dinglichen Anspruch gleichgestellt hat). 146 4835 9 BGH MDR 2002, 1185; RGZ 121, 379, 381; RG Gruchot 65, 723, 725; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 434. 147 4836 10 BGH NJW-RR 1988, 126, 127; BGH WM 1972, 384, 385 f.; BGH WM 1966, 1224, 1225; RG Gruchot 65, 723, 724 f. 148 4837 11 RG JW 1929, 774.
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spruchs macht das Grundstück nicht streitbefangen, da die Passivlegitimation des Beklagten auf dem schuldrechtlichen Anspruch beruht.149 Anderes gilt, wenn die Vormerkung selbst Gegenstand des Rechtsstreits ist,150 wie z.B. bei der Geltendmachung des Anspruchs aus §§ 888, 883 Abs. 2 BGB gegenüber einem Dritten151 oder bei einer gegen die Eintragung einer Vormerkung gerichteten Grundbuchberichtigungsklage nach § 894 BGB analog die Buchstellung des Vormerkungsberechtigten152. Obwohl Ansprüche aus dem Mietvertrag stets schuldrechtlicher Natur sind, müssen diese Ansprüche jedenfalls dann als streitbefangen gelten, wenn der Eigentümer des Mietgrundstücks dieses veräußert.153 Entscheidend ist, dass die Veräußerung einer Sache infolge der rechtlichen Beziehungen der einen oder der anderen Partei zu ihr das Schuldverhältnis so beeinflusst, dass sie die materielle Verpflichtung, deren Erfüllung verlangt wird, in der Person des Veräußerers zum Erlöschen und in der Person des Erwerbers zum Entstehen bringt und somit die bisherige Partei nicht mehr als die richtige Partei erscheinen lässt.154 In Streit befangen ist immer nur der konkret geltend gemachte Anspruch, womit der Anspruch im materiellen, nicht im prozessualen Sinn gemeint ist.155 Den dinglichen Rechten stehen die absoluten gleich. § 265 gilt nicht nur für „Sachen“, sondern auch für Rechte und rechtsähnliche Positionen.156 Ein Patentrecht ist streitbefangen, wenn es um die Nichtigkeit oder die Zurücknahme des Patents oder um einen Vindikationsrechtsstreit geht.157 Das gleiche gilt für ein Markenrecht.158 Bei Löschungsklagen für Warenzeichen ist § 55 Abs. 4 MarkenG anzuwenden. Geht es dagegen um eine Patentrechtsverletzung ist derjenige, der wegen der Veräußerung des Gewerbebetriebs durch den Verletzer dieselbe Verletzung begeht, nicht Rechtsnachfolger.159 Bei einer Unterlassungsklage nach § 13 Abs. 4 UWG ist der Betrieb streitbefangen,160 unabhängig von einer Zustandsstörung.161 Bei der Durchsetzung eines mitgliedschaftlichen Anspruchs durch einen Gesellschafter ist der Gesellschaftsanteil die in Streit befangene Sache,162 auch wenn nicht das Mitgliedschaftsrecht selbst, sondern ein die Mitgliedschaft voraussetzender Anspruch geltend gemacht wird.163
4838 1149 BGHZ 39, 21, 25 f. = NJW 1963, 813; KG OLGRspr 15, 268; Spierling S. 26 f.; vgl. aber Link NJW 1965, 1464, 1467, der die Vormerkung auch bei einer Klage aus dem schuldrechtlichen Anspruch insoweit für streitbefangen hält, als in diesem die Sicherungswirkung des § 883 Abs. 2 BGB enthalten ist, wie z.B. bei einer vormerkungswidrigen Verfügung des Schuldners an sich selbst (Bestellung einer Eigentümergrundschuld); aA Schumann S. 32. 150 24839 So in dem vom KG OLGE 23, 143, 144 entschiedenen Fall; nicht klar bei RGZ 27, 237, 239. 151 34840 BGHZ 39, 21, 25 f. = NJW 1963, 813; BGH NJW 2006, 1351, 1353; Spierling S. 27. 152 44841 BGH MDR 2002, 1185. 153 54842 RGZ 102, 177, 180; Zeuner FS Schwab (1990), S. 575, 583 f.; zur Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung vgl. LG Köln NZM 2002, 288. 154 64843 RGZ 102, 177, 180.
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155 74844 Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 434. 156 84845 OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 724, 725. 157 94846 BGH GRUR 2001, 774, 775; BGHZ 117, 144, 146 = NJW 1993, 203, 204; BGHZ 72, 236, 242 = NJW 1979, 269, 270 = GRUR 1979, 145 mit Anm. Falck; in Abweichung von RGZ 72, 242, 243 f., das allerdings auf Grund einer anderen Gesetzeslage § 266 entsprechend angewendet hat, und RG GRUR 1938, 581, 582. 158 4847 10 BGH NJW-RR 1998, 1504, 1505. 159 4848 11 RGZ 153, 210, 214. 160 4849 12 Ahrens GRUR 1996, 518 ff.; Foerste GRUR 1998, 450, 453 ff. 161 4850 13 Foerste GRUR 1998, 450, 454. 162 4851 14 BGH NJW 1965, 1378 (Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 28; Zöller/Greger Rdn. 3; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 6. 163 4852 15 Jänsch S. 30, 161; vgl. auch Schumann S. 51.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Schuldrechtliche Ansprüche machen den Gegenstand, auf den sie sich beziehen grundsätzlich nicht streitbefangen,164 insbesondere nicht diejenigen auf Auflassung165 oder Herausgabe,166 selbst wenn sie geeignet wären, die Drittwiderspruchsklage gem. § 771 oder die Aussonderung in der Insolvenz zu begründen.167 Auch die Erhebung einer Anfechtungsklage begründet nicht die Streitbefangenheit des Rückgewährgegenstands, da es sich hierbei nur um einen schuldrechtlichen Anspruch handelt.168
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4. Rechtsnachfolge nach Rechtshängigkeit a) Einzelrechtsnachfolge. § 265 betrifft nur die Einzelrechtsnachfolge, nicht die Gesamtrechtsnachfolge, die einen gesetzlichen Parteiwechsel zur Folge hat und in §§ 239 ff. geregelt ist.169 Als Rechtsnachfolger iSd § 239 und dementsprechend nicht gem. § 265 sind nicht nur Gesamtrechtsnachfolger, sondern auch Sonderrechtsnachfolger anzusehen, die infolge des Todes der Partei in deren Rechte oder Pflichten eintreten.170 In den Fällen der §§ 844, 845 BGB sind die Berechtigten jedoch nicht Rechtsnachfolger des Getöteten.171 Vollrechtsnachfolge tritt auch ein, wenn die Rechtsform einer Gesellschaft in eine andere umgewandelt wird.172 Die Übertragung eines Handelsgeschäfts mit Aktiva und Passiva an einen Dritten begründet jedoch keine Gesamtrechtsnachfolge, sondern führt zu einem Anwendungsfall des § 265.173 Keine Rechtsnachfolge tritt ein bei Änderungen der Prozessfähigkeit oder der gesetzlichen Vertretung (siehe Rdn. 10 f.).
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b) nach Rechtshängigkeit. Die Veräußerung muss nach Rechtshängigkeit erfolgen.174 Andernfalls ist die Klage wegen ursprünglich fehlender Sachlegitimation abzuweisen. Der Zeitpunkt, wann die Rechtshängigkeit eingetreten ist, richtet sich nach dem Prozessrecht. Eine Vorverlegung des Zeitpunkts der Rechtshängigkeit gem.
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OLG Schleswig FamRZ 1996, 175, 176; Stadler/ Bensching Jura 2001, 433, 434; aA Grunsky S. 255 für den Fall der Veräußerung durch den Beklagten; dagegen Henckel ZZP 82 (1969), 333, 357 ff. 4854 2165 RG JR 1927 Nr. 416; OLG Königsberg SeuffArch 58 Nr. 90. 166 34855 AA Schilken Passivlegitimation, S. 87 ff., der § 265 auch bei Ansprüchen auf Herausgabe von bestimmten Sachen bei Weitergabe durch den Beklagten nach Rechtshängigkeit anwenden will, es sei denn, dass das Gesetz gegen den ursprünglichen Besitzer und den Dritten Herausgabeansprüche gewährt. Im letzteren Fall entfällt durch die Weitergabe nicht die Sachlegitimation des ursprünglich Beklagten. Er weist auch auf die Konkurrenz zwischen dinglichen und schuldrechtlichen Ansprüchen hin und spricht sich für eine einheitliche Behandlung der konkurrierenden Ansprüche aus (S. 88 f.). 167 4856 4 OLG Rostock OLGRspr 2, 350, 351. 168 54857 RGZ 103, 113, 121; OLG Köln ZIP 1991, 1369, 1371. 169 64858 Zur Abgrenzung zwischen gesetzlichem Parteiwechsel und § 265 vgl. auch Grunsky S. 67 ff., 98,
der nicht Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge als entscheidendes Kriterium ansieht, sondern einen gesetzlichen Parteiwechsel nur dann annimmt, wenn das Interesse der Gegenpartei, den Prozess gegen die bisherige Partei durchzuführen, von einem überwiegenden öffentlichen Interesse Dritter überlagert wird. In den anderen Fällen komme § 265 zur Anwendung. Ähnlich MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 7, der die Abgrenzung zwischen §§ 239 ff. und § 265 nicht nach Gesamt- und Einzelrechtsnachfolge vornehmen will, sondern auf den Schutz des Gegners abstellt. 4859 7170 RGZ 109, 47, 49 (Übergang des Verwaltungsrechts gem. § 1380 BGB a.F. mit dem Tod des Ehemannes). 171 4860 8 RGZ 69, 186, 187. 172 4861 9 Vgl. Jacoby NJW 2003, 1644, 1645, der die Anerkennung der GbR als rechts- und parteifähig als formwechselnde Umwandlung ansieht und diese den §§ 239 ff. analog unterstellt. 173 4862 10 BGH NJW 1988, 3209; RGZ 35, 388, 389; Fischer FS Hedemann (1958), S. 75, 91 f. 174 4863 11 OLGR Düsseldorf 2006, 289, 290.
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§§ 696 Abs. 3, 700 Abs. 2 ist zu beachten,175 nicht jedoch eine Rückwirkung der Zustellung gem. § 167, da diese nur für eine Fristwahrung oder den Verjährungsbeginn Bedeutung hat. § 265 findet deshalb auch Anwendung, wenn die Rechtsnachfolge nach der Zustellung des Mahnbescheids und vor der Abgabe erfolgt, wenn die Sache alsbald abgegeben worden ist (§ 696 Abs. 3) oder vor Erlass des Vollstreckungsbescheids eingetreten und der Vollstreckungsbescheid erlassen worden ist (§ 700 Abs. 2; vgl. Vor §§ 688–703d Rdn. 62), da dann der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit auf die Zustellung des Mahnbescheids vorverlegt wird.176 Wenn keine rückwirkende Rechtshängigkeit eintritt, ist die Anwendung des § 265 für das Mahnverfahren allerdings abzulehnen.177
V. Prozessuale Wirkungen
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Gem. § 265 Abs. 2 S. 1 hat die Veräußerung oder Abtretung auf den Prozess keinen Einfluss. Damit kann nur die formelle Prozessführung gemeint sein.178 Der Prozess soll also trotz der inzwischen erfolgten materiellen Rechtsänderung und ohne Rücksicht auf diese zwischen den Parteien weitergeführt werden, die ihn begonnen haben.179 Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Rechtsnachfolge aufgedeckt wird oder nicht. Wenn das Gericht keine Kenntnis von der Rechtsnachfolge hat, ergeht das Urteil gegenüber dem Veräußerer. Es wirkt gem. § 325 für und gegen den Rechtsnachfolger. Der Titel muss dann für oder gegen den Rechtsnachfolger gem. § 727 umgeschrieben werden.180 Allerdings kann der Rechtsvorgänger ebenfalls eine vollstreckbare Ausfertigung erlangen, auch wenn die Rechtsnachfolge offenkundig ist.181 Der Beklagte ist jedoch im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767) mit der Einwendung, dass dem Kläger die materielle Befugnis nicht mehr zusteht, gem. § 767 Abs. 2 präkludiert, wenn dieser Einwand bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung bestand. Ihm bleibt nur die Möglichkeit, seine Verbindlichkeit im Wege der Hinterlegung (§§ 372 S. 2, 378 BGB) zu erfüllen und die Erfüllung mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen.182 Vollstreckt der Rechtsvorgänger und ist er zur Einziehung ermächtigt, ist eine Vollstreckungsgegenklage unbegründet.183
4864 1175 BGH NJW-RR 1986, 1182; BGH NJW 1975, 929; zweifelnd OLG Celle NJW-RR 1998, 206, 207; noch weitergehend Bork/Jacoby JZ 2000, 135, 138, die § 265 bereits ab Zustellung des Mahnbescheides für anwendbar halten bis eine rückwirkende Rechtshängigkeitsfiktion ausgeschlossen ist, z.B. wenn es nach Einlegung eines Widerspruchs wegen eines fehlenden Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens nicht zu einer alsbaldigen Abgabe der Streitsache und somit zu einem Ruhen des Verfahrens kommt. 176 24865 RGZ 58, 98, 100 f.; OLG Celle NJW-RR 1998, 206; LG Göttingen Rpfleger 1954, 377 (Vollstreckungsbescheid); Stein/Jonas/Schlosser § 699 Rdn. 7 (Vollstreckungsbescheid); Bork/Jacoby JZ 2000, 135, 137 ff. (Rechtshängigkeit bereits mit Zustellung des Mahnbescheids, „auflösend bedingt durch den Ausschluss einer rückwirkenden Rechtshängigkeitsfiktion“); aA MünchKomm/ Schüler Vor § 688 Rdn. 19; Rosenberg/Schwab/
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Gottwald ZPR § 163 Rdn. 52 (Vollstreckungsbescheid). 177 4866 3 Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 11; vgl. auch BGH NJW 1975, 929 (Sinn und Zweck des § 265 Abs. 2 erfordert keine Anwendung im Mahnverfahren). 178 4867 4 RGZ 40, 340, 343. 179 4868 5 RGZ 102, 177, 179; Heilenbeck S. 39; vgl. auch Nutzhorn S. 41 f. 180 64869 RGZ 40, 340, 345; aA Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 72. 181 74870 RG HRR 1930 Nr. 1163; vgl. dazu Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 72 f.; Münzberg NJW 1992, 1867 ff. 182 4871 8 BGHZ 145, 352, 353 ff. = NJW 2001, 231, 232 f. 183 94872 BGH NJW 1993, 1396, 1398; BGH NJW 1980, 2527, 2528; Brehm JZ 1985, 342, 343; Münzberg NJW 1992, 1867; vgl. aber BGH NJW-RR 1992, 61, der die Abrede zwischen Zedent und Zessionar nicht als Einzugsermächtigung, sondern als
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Einer erneuten Klage gegen den Rechtsnachfolger (auf der Beklagtenseite) fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da der Kläger die Vollstreckung über §§ 727, 731 durchführen kann.184 Dies gilt auch für den Rechtsnachfolger, wenn er vollstrecken will. 1. Rechtsstellung des Veräußerers Hier ist zwischen der materiellen und der prozessualen Rechtslage zu unterscheiden.
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a) Prozessuale Befugnisse. Der Veräußerer führt jetzt nicht mehr einen Prozess über sein eigenes Recht, sondern über ein fremdes Recht. Dazu wird er kraft Gesetzes ermächtigt. Es handelt sich deshalb um eine gesetzliche Prozessstandschaft.185 Zur Fortsetzung des Prozesses durch ihn bedarf es keines besonderen Rechtsschutzinteresses.186 Er führt den Prozess im eigenen Namen und für eigene Rechnung fort. Er bleibt Partei187 und darf allein alle Prozesshandlungen vornehmen und entgegennehmen.188 Obwohl er nicht mehr zu materiellrechtlichen Verfügungen befugt ist, gilt dies auch, wenn diese Prozesshandlungen mittelbar eine privatrechtliche Wirkung entfalten.189 Problematisch ist dies beim Prozessvergleich190 auf Grund seiner Doppelnatur, ebenso beim Anerkenntnis und Verzicht, die zwar reine Prozesshandlungen darstellen, aber letztendlich Auswirkungen auf das materielle Recht haben, da dieses nicht mehr durchsetzbar ist. Während letztere für zulässig gehalten werden, wird für den Prozessvergleich gefordert, dass der Vergleich den Rechtsnachfolger nicht weitergehend binden dürfe als ein mögliches Urteil.191 Durch nachlässige oder vorsätzlich falsche Führung des Prozesses kann sich der Veräußerer gegenüber dem Rechtsnachfolger aus deren Rechtsbeziehung gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen.192 Auch wenn der Kläger auf Grund gewillkürter Prozessstandschaft, also unabhängig von § 265, trotz Veräußerung des in Streit befangenen Gegenstands zur Prozessführung befugt ist, weil er sich z.B. gegenüber dem Erwerber verpflichtet hat, die Mietaufhebungsklage durchzuführen,193 muss wegen der Schutzwirkung zugunsten des Gegners, dem keine neue Partei vorgesetzt werden kann, auf § 265 zurückgegriffen werden. Fraglich ist, ob es für die Anwendung des § 265 Abs. 2 genügt, dass die Veräußerung nur behauptet wird oder ob im Fall des Bestreitens bereits bei der Zulässigkeitsprüfung der Beweis gefordert werden muss.194
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isolierte Vollstreckungsermächtigung angesehen hat. 184 14873 RGZ 88, 267, 268 f. 185 4874 2 BGH MDR 2002, 1185; BGH NJW 2001, 3339, 3340; BGH NJW 1997, 735, 736; BGH NJW-RR 1988, 288, 289; Merle JA 1983, 626, 627; Lüke ZZP 76 (1963), 1, 26; vgl. auch v. Olshausen JZ 1988, 584, 587; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 435. 186 34875 BGH NJW 1986, 850. 187 44876 BGHZ 148, 335, 338 = NJW 2001, 3339, 3340; RGZ 166, 218, 237; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 435. 188 4877 5 BGH NJW-RR 1987, 307; vgl. Heilenbeck S. 40 ff.; Nutzhorn S. 67; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 435. 189 64878 RG Warn 1914 Nr. 98; v. Olshausen JZ 1976, 85, 88; Schink Jura 1985, 291, 295. 190 74879 Dafür: BGH NJW-RR 1987, 307 für einen auf
den Prozess bezogenen, ihn beendenden Vergleich, sei er gerichtlich oder außergerichtlich; OLG Kiel OLGRspr 17, 318 f.; Heilenbeck S. 42 ff., 51 ff.; Schiedermair Vereinbarungen im Zivilprozeß (1935), S. 159; dagegen: RG Warn 1913 Nr. 259; Jauernig ZPR § 87 III 3. 191 4880 8 LAG Düsseldorf DB 2005, 2696, 2697; Merle JA 1983, 626, 631; Zeuner FS Schwab (1990), S. 575, 592; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 435 wollen einen Vergleich nur zulassen, wenn dies der materiellrechtlichen Vereinbarung zwischen Rechtsnachfolger und −vorgänger entspricht; Nutzhorn S. 73 hält den Abschluss eines Vergleichs ohne Weiteres für zulässig. 192 4881 9 Nutzhorn S. 68, 78 f.; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 435. 193 4882 10 Vgl. den Fall des LG Aachen MDR 1952, 747. 194 4883 11 Für letzteres MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 35; Lüke ZZP 76 (1963), 1, 31; aA Calavros
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Da bei der Rechtsnachfolge auf der Klägerseite nach der Relevanztheorie eine Umstellung des Klageantrags erforderlich ist (vgl. Rdn. 85), ist die Prozessführungsbefugnis für die Zulässigkeit der geänderten Klage von Bedeutung. Für die Zulässigkeit der Klageänderung ist sie irrelevant,195 da es sich um einen Fall des § 264 Nr. 2 handelt (vgl. Rdn. 89).196 Führt der Kläger die Veräußerung in den Prozess ein und stellt den Klageantrag auf den Rechtsnachfolger um, bringt er damit zum Ausdruck, dass er nicht mehr ein eigenes Recht, sondern ein fremdes Recht geltend macht. Für die hierfür erforderliche Prozessführungsbefugnis genügt im Bestreitensfall der Nachweis, dass eine Veräußerung tatsächlich, unabhängig von ihrer materiellrechtlichen Wirksamkeit, stattgefunden hat. Das ist Mindestvoraussetzung für die Anwendung des § 265. Soweit es um die Wirksamkeit des Übertragungsaktes und um das Bestehen des Anspruchs geht, handelt es sich um doppelrelevante Tatsachen (vgl. Vor § 253 Rdn. 136), so dass diesbezüglich ein schlüssiger Vortrag genügt. Damit ist die Wirksamkeit der Rechtsnachfolge im Rahmen der Begründetheit zu prüfen. Wird die Veräußerung von dem Beklagten eingeführt und bestreitet der Kläger dies, handelt es sich allein um eine Frage der Aktivlegitimation. Dagegen ist bei der Rechtsnachfolge auf der Beklagtenseite wegen der Irrelevanztheorie (vgl. Rdn. 93) die Veräußerung für die Zulässigkeit ohne Bedeutung. Die Prozessvoraussetzungen sind wie bisher zu beurteilen. Unterbrechungs- und Aussetzungsgründe können deshalb nur in der Person der Partei, nicht bei dem Rechtsnachfolger eintreten. Ein bis zur Veräußerung bestehendes Feststellungsinteresse geht durch die Veräußerung nicht unter.197 Kostenschuldner bezüglich der Prozesskosten bleibt allein der Prozessstandschafter. Der Gesetzgeber hat keine Mithaftung des Rechtsnachfolgers für die Prozesskosten vorgesehen. Die bloße Abtretung einer bereits eingeklagten Forderung verändert aber auch in der Regel nicht die Aussichten des Beklagten, im Falle des Obsiegens seine Kosten erstattet zu bekommen. Es bleibt lediglich der bei Prozessbeginn sachbefugte Kläger weiter Verfahrenspartei.198 Der Insolvenzverwalter des klagenden Zedenten, der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klageforderung abgetreten hat, ist zur Aufnahme des Prozesses berechtigt,199 er darf aber auch freigeben und es dem Gemeinschuldner überlassen, den Prozess fortzuführen. Dies kann durch Erklärung gegenüber dem Gemeinschuldner geschehen.200 Auch einem klagenden Insolvenzverwalter verbleibt nach Übertragung der streitbefangenen Forderung die Prozessführungsbefugnis gem. § 265 jedenfalls insoweit, als durch die Einziehung zugunsten des Rechtsnachfolgers die Insolvenzmasse entlastet wird.201 Der Insolvenzverwalter führt den Rechtsstreit bei derartiger Fallgestaltung in doppelter Prozessstandschaft weiter, nämlich einerseits als Partei kraft Amtes, andererseits nach § 265 Abs. 2 S. 1.202
S. 60 f. (hypothetische Rechtsnachfolge genügt für die Anwendung des § 265, so dass die bloße Behauptung der Rechtsnachfolge genügt). 195 4884 1 Sie hätte allenfalls Bedeutung für die Sachdienlichkeit, die unter bestimmten Umständen bei Unzulässigkeit der geänderten Klage verneint werden müsste (vgl. § 263 Rdn. 68). 196 24885 AA Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 68; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 351 f. 197 34886 RG DR 1939 A, 666; Herrmann Die Grund-
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struktur der Rechtshängigkeit (1988), S. 103 f.; anders aber BGH NJW 1965, 1378, der das Feststellungsinteresse nach Veräußerung prüft. 198 4887 4 BGH NJW 1986, 850. 199 4888 5 BGH NJW 1986, 3206, 3207; BGH WM 1982, 1313 (Sicherungsabtretung); BGHZ 50, 397, 398 f. = NJW 1969, 48, 49; RGZ 66, 181, 183. 200 64889 RGZ 79, 27, 29. 201 74890 AA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 61. 202 84891 BGH NJW 1986, 3206, 3207.
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Hat jedoch der Insolvenzverwalter die Forderung abgetreten, so wird nach Ansicht des BGH mit Beendigung des Insolvenzverfahrens der neue Forderungsinhaber und nicht der Gemeinschuldner verwaltungs- und prozessführungsbefugt. Zwar falle mit Aufhebung der Insolvenz die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters grundsätzlich insgesamt fort und die eigene Verwaltungsbefugnis des Gemeinschuldners lebe wieder auf. Diese erstrecke sich aber nicht auf Gegenstände, die dem Gemeinschuldner nicht mehr gehören, weil sie während der Insolvenz durch wirksame Verfügung des Insolvenzverwalters aus seinem Vermögen ausgeschieden sind.203 Entgegen der Ansicht des BGH lässt sich jedoch eine Prozessführungsbefugnis des Gemeinschuldners begründen. Ursprünglich stand die Forderung dem Gemeinschuldner zu. Trotz Abtretung der Forderung durch den Insolvenzverwalter ist der Zessionar Rechtsnachfolger des Gemeinschuldners, dem allerdings mangels Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht die Prozessführungsbefugnis zusteht. Fällt diese jedoch wieder an ihn zurück, lebt die Prozessführungsbefugnis wieder auf. Allerdings ist der Entscheidung des BGH im konkreten Fall vom Ergebnis her zuzustimmen, da der Gemeinschuldner, eine GmbH, bereits gelöscht war. Die Prozessführungsbefugnis gem. § 265 kann naturgemäß nur solange bestehen, als der Prozessführungsbefugte weiter existiert. Auch die während eines laufenden Rechtsstreits angeordnete Zwangsverwaltung berührt nicht die Prozessführungsbefugnis bzw das Recht des klagenden Insolvenzverwalters, den begonnenen Prozess als Partei kraft Amtes weiterzubetreiben.204 Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zessionars eröffnet, der nicht als Partei im Verfahren beteiligt ist, und dem es nach § 265 Abs. 2 S. 2 grundsätzlich verwehrt ist, den Prozess ohne Zustimmung des Gegners als Hauptpartei anstelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen, kann der Insolvenzverwalter das Verfahren nicht gem. § 85 InsO aufnehmen und weiterführen.205 Die Prozessführungsbefugnis schließt auch die Befugnis zur Klageänderung gem. § 264 Nr. 3 ein, wenn eine Veränderung im Laufe des Prozesses eintritt.206 Ebenso besteht die Befugnis zur Verhandlung über einen neuen Widerklageantrag.207 Der Kläger ist befugt, einen Zinsanspruch als Nebenanspruch geltend zu machen, auch wenn er sich nach einem nicht bei ihm selbst, sondern bei dem Zessionar eingetretenen Schaden bemisst.208 Der klagende Zedent darf Arreste sowie einstweilige Verfügungen zur Sicherung des Klagegegenstands erwirken. Der Rechtsvorgänger bleibt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für das Aufhebungsverfahren prozessführungsbefugt, da es sich nicht um ein neues Verfahren, sondern nur um einen Annex zum Eilverfahren handelt.209 Das Hauptsacheverfahren kann dagegen nur der Rechtsnachfolger führen.210
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b) Rechte des Gegners. Der Gegner hat alle Rechte, die er sonst als Partei hat, insbesondere kann er Widerklage erheben.211 Richtet sich der Anspruch, der mit der
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1 BGH NJW 1992, 2894, 2895. 204 24893 BGH NJW 1986, 3206, 3207. 205 34894 BGH NJW 1998, 156, 158. 206 44895 BGH NJW 1960, 964, 965 (entgegen der Voraufl. D I a 2, handelt es sich nicht um die Umstellung des Antrags wegen der Rechtsnachfolge, sondern wegen einer Veränderung anderer Umstände). 207 54896 RGZ 90, 350, 354 f.
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6 BGH NJW 1994, 3288, 3291. 209 74898 LG Frankfurt NJW 1972, 955. 210 84899 LG Frankfurt NJW 1972, 955 f. 211 94900 Vgl. aber Nieder NJW 1975, 1000, 1004, nach dessen Ansicht die auf § 717 Abs. 2 und Abs. 3 gestützte Widerklage, wenn der Rechtsnachfolger vollstreckt hat, gegen den Rechtsnachfolger zu richten ist.
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Widerklage geltend gemacht wird, gegen den Prozessstandschafter, kann der Gegner gegen diesen die Widerklage erheben.212 Problematisch ist der Fall, dass der Anspruch, der ursprünglich gegen den Veräußerer bestand, sich nun gegen den Rechtsnachfolger richtet. Hier kann Widerklage gegen den Rechtsnachfolger erhoben werden213, selbst wenn ein Gerichtsstand für den Rechtsnachfolger nicht am Gerichtsstand der Klage begründet ist.214 Widerklage müsste in diesem Fall aber auch gegenüber dem Prozessstandschafter möglich sein, selbst wenn § 265 nicht direkt greift, weil der Anspruch nach Rechtsnachfolge rechtshängig wird. Dem Gegner dürfen durch die Veräußerung aber keine Nachteile entstehen, so dass er die Rechte geltend machen kann, die er ohne Veräußerung gegen den Veräußerer hätte geltend machen können. Dieser Fall muss genauso behandelt werden wie die Möglichkeit der Klageerweiterung (vgl. Rdn. 74). Hatte der Kläger einen Teil des Anspruchs geltend gemacht, so darf gegen ihn nach der Abtretung der gesamten Forderung die Widerklage wegen des Rests im Wege einer negativen Feststellungsklage und auch die Zwischenfeststellungsklage erhoben werden. War dagegen die Widerklage bereits anhängig, so ist ihre Veränderung im Rahmen des § 264 zulässig.215 Fraglich ist, ob eine Klageerweiterung gem. § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 nach Rechtsnachfolge auf Seiten des Beklagten möglich ist. Der BGH216 verneint dies, weil der neue Anspruch erst nach Rechtsnachfolge rechtshängig wird und § 265 deshalb keine Anwendung findet. In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Rechtsnachfolge auf Seiten des Beklagten, gegen den ursprünglich ein Räumungs- und Herausgabeanspruch geltend gemacht worden ist, und erst nach der Rechtsnachfolge ein Beseitigungsanspruch, weil die auf dem Grundstück erbaute Halle nicht im Eigentum des Grundstückseigentümers stand. Dem ist nicht zuzustimmen. Dem Gegner sollen nach dem Sinn und Zweck des § 265 durch die Rechtsnachfolge keine prozessualen Nachteile entstehen (Rdn. 3). Aus diesem Grund muss dem Kläger bei einer Rechtsnachfolge auf der Beklagtenseite die Möglichkeit gegeben werden, auf die jeweilige Prozesssituation weiterhin so reagieren zu können wie ohne Rechtsnachfolge. Nachdem im Lauf des Prozesses durch Teilurteil festgestellt wurde, dass die Halle nicht im Eigentum des Klägers steht, musste er die Klage um den Beseitigungsanspruch erweitern. Dieses Recht muss dem Kläger auch nach der Rechtsnachfolge zugestanden werden, da er ansonsten durch die Rechtsnachfolge in seiner ordnungsgemäßen Prozessführung eingeschränkt werden würde. Zu überlegen ist deshalb, ob nicht in den gerade genannten problematischen Fällen (Widerklage gegen den Prozessstandschafter und Klageerweiterung) das Rechtsverhältnis, der gesamte Anspruch und das Grundstück als streitbefangen anzusehen sind. Inwieweit der Gegner gegen den Kläger (Zedenten) noch Rechte aus dessen Person vorbringen kann, richtet sich nach materiellem Recht (§§ 404, 406, 407 BGB).217 Erwirbt er nach Kenntnis von der Abtretung bzw nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses gegen den Zedenten eine Forderung, so kann er damit gem. § 406 bzw 212 4901
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Vgl. OLG Köln FamRZ 1995, 1497 für den Fall des § 1629 Abs. 3 BGB. 213 4902 2 Allgemein für die isolierte Drittwiderklage des Beklagten gegen den Rechtsinhaber bei Klage des Prozessstandschafters Stein/Jonas/Roth § 33 Rdn. 44; Rüßmann AcP 172 (1972), 520, 548 ff.; Rüßmann/Eckstein-Puhl JuS 1998, 441, 443; aA Frank ZZP 92 (1979), 321, 326 f., der diese Ansicht allerdings für vertretbar hält.
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Anders für die isolierte Drittwiderklage gegen den Rechtsinhaber bei Klage des Prozessstandschafters BGHZ 147, 220 = NJW 2001, 2094, 2095; Stein/Jonas/Roth § 33 Rdn. 44, weil § 33 nicht einschlägig ist. 215 4904 4 RGZ 90, 350, 354. 216 54905 BGHZ 28, 153, 158 = NJW 1958, 1969. 217 64906 BGHZ 86, 337, 339 = NJW 1983, 886, 887; RG JW 1912, 870, 871.
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§ 392 BGB nicht mehr aufrechnen.218 Das Entsprechende gilt für neue Einwendungen, die nicht unter § 404 BGB fallen. Der Gegner darf sich aber auf Mängel des Rechtsübergangs nach Antragsumstellung berufen. Bei einem zweifelhaften Rechtsübergang wird der Kläger seinen ursprünglichen Antrag hilfsweise aufrechterhalten oder umgekehrt die Antragsumstellung nur hilfsweise erklären.
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c) Materielle Befugnisse. Materiellrechtlich gesehen ist der Veräußerer nicht mehr Inhaber des Rechts. Dementsprechend ist er nicht zu materiellrechtlichen Verfügungen berechtigt. Nach Umstellung des Klageantrags auf Leistung an den Rechtsnachfolger kann der Gegner auch Einreden aus seinem Rechtsverhältnis zum Rechtsnachfolger vorbringen.219
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d) Vollstreckung220. Die einfache Vollstreckungsklausel gemäß §§ 724, 725 kann grundsätzlich die Partei beanspruchen, die das zu vollstreckende Urteil erstritten hat. Dies gilt auch im Fall des § 265 Abs. 2 bei einer Rechtsnachfolge auf der Klägerseite für die Partei, die nicht mehr Rechtsinhaber ist, selbst wenn die Verurteilung auf Leistung an den Rechtsnachfolger lautet.221 Da das Urteil gemäß § 325 für und gegen den Rechtsnachfolger wirkt, muss auch diesem zur Durchsetzung seines bereits titulierten Rechts ein Recht auf die Vollstreckungsklausel gemäß § 727222 oder, wenn dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, gemäß § 731 zugebilligt werden,223 jedenfalls dann, wenn der alte Gläubiger nicht auch seinerseits eine vollstreckbare Ausfertigung beansprucht und der Schuldner der Gefahr der Doppelvollstreckung daher nicht ausgesetzt ist.224 Bei einer Rechtsnachfolge auf der Beklagtenseite ist der Rechtsvorgänger zur Leistung verurteilt, so dass aus diesem Urteil auch ihm gegenüber vollstreckt werden kann. Der Beklagte kann dann nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767) die Rechtsnachfolge geltend machen.225 Zur Vollstreckung gegen den Rechtsnachfolger ist die Erteilung einer titelübertragenden Vollstreckungsklausel erforderlich.226 Hat der Beklagte gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfüllt und macht er dann den Anspruch aus §§ 302 Abs. 4 S. 3, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945 geltend, so haften ihm der Prozessgegner sowie der Ein-
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218 14907 RG JW 1912, 870, 871. 219 24908 Heilenbeck S. 39; Dinstühler ZZP 112 (1999) 61, 65. 220 34909 Vgl. § 727 Rdn. 6 ff. 221 4910 4 BGH NJW 1984, 806; KG JR 1956, 303, 304; KG JW 1933, 1779, 1780; RGZ 167, 321, 323; Baur/ Stürner/Bruns ZVR13 (2006) Rdn. 17.7; BeckerEberhard ZZP 104 (1991), 413, 424 ff., 428; Gerhardt JZ 1969, 691, 692; Merle JA 1983, 626, 630 f.; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 437; vgl. dazu Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 73 ff.; aA OLG Kiel HRR 1928 Nr. 686; Bley Anm. zu KG JW 1933, 1779, 1780 f.; Kion JZ 1965, 56; ders. NJW 1984, 1601 f.; Grunsky ZZP 81 (1968), 291, 293. 222 54911 RGZ 57, 326, 329; Merle JA 1983, 626, 630. 223 64912 Vgl. RGZ 167, 321, 323. 224 74913 BGH NJW 1984, 806; KG JW 1933, 1779, 1780;
für den Fall, dass der Rechtsvorgänger eine vollstreckbare Ausfertigung besitzt, der Rechtsnachfolger aber seinerseits eine solche für sich beansprucht, lehnt RG JW 1936, 1126, 1127 mit abl. Anm. Jonas die Erinnerung gem. § 732 ab und verweist diesen auf eine Klage auf Herausgabe der Ausfertigung gegen den Rechtsvorgänger, um seinen Anspruch gem. § 402 BGB durchzusetzen. 225 84914 Einschränkend Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 85 und 86 f. dahingehend, dass dies nur möglich ist, wenn der Beklagte die Rechtsnachfolge bereits im Erkenntnisverfahren geltend gemacht hat, ansonsten sei er mit diesem Einwand präkludiert gem. § 767 Abs. 2. 226 94915 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 85 f. mwN und 87 f., allerdings wieder einschränkend für den Fall der verschwiegenen Rechtsnachfolge; Merle JA 1983, 626, 628.
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zelrechtsnachfolger.227 Der Rechtsnachfolger haftet auch nach durchgeführter Vollstreckung.228 2. Umstellung des Klageantrags
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Die Veräußerung hat zwar keinen Einfluss auf den Prozess, verändert aber die materielle Rechtslage. Umstritten ist,229 ob die Veränderung der materiellen Rechtslage im Prozess berücksichtigt (Relevanztheorie) oder unberücksichtigt (Irrelevanztheorie) bleiben muss. Im ersten Fall wird über das Recht des Nachfolgers entschieden, im zweiten Fall über dasjenige des Rechtsvorgängers. Die h.M. entscheidet sich je nachdem, ob die Rechtsnachfolge auf der Kläger- oder auf der Beklagtenseite stattgefunden hat, für die Relevanztheorie bzw Irrelevanztheorie. Voraussetzung hierfür ist naturgemäß, dass das Gericht Kenntnis von der Rechtsnachfolge erlangt. Wer von den Parteien die Übertragung des Anspruchs behauptet, ist gleichgültig. Auch wenn es der Kläger ist, muss er den Antrag umstellen.230 Sind Tatsachen, die die Rechtsübertragung ergeben, überhaupt nicht behauptet, werden sie nicht beachtet. a) Rechtsnachfolge auf der Klägerseite. Bei der Rechtsnachfolge auf der Klägerseite ist der Relevanztheorie zu folgen.231 Danach muss der Veränderung der materiellen Rechtslage bei einer Veräußerung auf der Klägerseite mit der Änderung des Klageantrags Rechnung getragen werden, indem dieser nach der Veräußerung auf Leistung an den Rechtsnachfolger umgestellt werden muss.232 So wird die Entscheidung auf der Grundlage der materiellen Sachlage am Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung getroffen.233 Dies gilt bei rechtsgeschäftlichen Verfügungen, bei einer Sicherungsabtretung,234 bei einer Forderungsüberleitung,235 bei einer Pfändung und Überweisung (Umstellung des Antrags auf Zahlung an den Pfändungsgläubiger)236 sowie bei Verpfändung (Umstellung auf Zahlung an sich und den Pfandgläubiger vor Pfandreife, vgl. § 1281 BGB). Eine Umstellung des Klageantrags ist dann nicht erforderlich, wenn der ursprüngliche Kläger vom Rechtsnachfolger zur Einziehung ermächtigt wird.237 In diesem Fall 227 4916
1 BGH NJW 1967, 1966 f.; RGZ 148, 166, 169. 228 24917 BGH NJW 1967, 1966 f. = BGH ZZP 81 (1968), 289, 290 mit Anm. Grunsky S. 291 f., der dem nur zustimmt, wenn der Rechtsnachfolger selbst, nicht wenn der Rechtsvorgänger vollstreckt hat, was er entgegen der h.M. außerdem für unzulässig hält (S. 292 f.). 229 4918 3 Vgl. dazu Grunsky S. 99 ff. 230 4919 4 RG JW 1916, 847. 231 54920 BGH NJW-RR 1986, 1182; RGZ 56, 301, 308; BayObLG NZM 2000, 1024; Haußmann Gruchot 57 (1913), 660, 665; Schink Jura 1985, 291, 295; Schumann FS Larenz (1983), S. 571, 598; Reinicke/Tiedke JZ 1985, 890, 892; Jacobi ZZP 43 (1915), 441, 446; Henckel ZZP 70 (1957), 448, 456; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 436; aA Schwab ZZP 87 (1974), 97 f.; Ebbecke ZZP 47 (1918), 207, 220. Gegen die Lösung über die hergebrachten Theorien Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 65 f. 232 64921 BGH NJW 2004, 2152, 2154; BGH NJW 1997, 735, 736; BGH FamRZ 1995, 1131, 1133; BGH NJW-RR 1986, 1182; BGH NJW 1979, 924;
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BGHZ 26, 31, 37 = NJW 1958, 98, 99; RGZ 167, 321, 322 f.; RGZ 155, 50, 52; RG JW 1916, 847 (Tatsache der Abtretung wurde vom Kläger selbst vorgebracht); RG JW 1912, 870, 871; RGZ 76, 215, 217 (wenn der Beklagte ihm die Abtretung entgegenhält); RGZ 56, 301, 308; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 697, 698; LAG Frankfurt LAGE § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 16; Peters ZZP 118 (2005), 47, 52; Nutzhorn S. 68; Spierling S. 48 f.; aA SchlHOLG SchlHA 1979, 126 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 99 Rdn. 31; Jauernig ZPR § 87 III 3; Wahl Die Tragweite der Bestimmung des ersten Satzes von § 265 Absatz 2 Z.P.O. (1909), S. 43. 233 74922 Dinstühler ZZP 112 (1999) 61, 66 mwN; Jänsch S. 33. 234 84923 RGZ 155, 50, 52. 235 4924 9 Vgl. OLG Celle NJW 2006, 1356, 1357. 236 4925 10 BGHZ 86, 337, 338 f. = NJW 1983, 886, 887; LAG Frankfurt LAGE § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 16. 237 4926 11 RGZ 166, 218, 237 f.
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kann der bisherige Klageantrag aufrechterhalten werden und der Veräußerer weiterhin Leistung an sich verlangen.238 Dies ist ein entscheidendes Argument gegen die Gegenansicht, die sich darauf stützt, dass auch in anderen Fällen eines Rechtsstreits einer Partei über ein fremdes Recht diese Leistung an sich verlangen kann.239 Dies kann sie im Fall der gewillkürten Prozessstandschaft aber nur dann, wenn sie auch materiellrechtlich zur Einziehung ermächtigt ist. Auch in den anderen Fällen der Prozessstandschaft hat der Prozessstandschafter materiellrechtlich die Verfügungsbefugnis, wie z.B. der Insolvenzverwalter. Wird der Klageantrag umgestellt, hat dies eine Änderung des Streitgegenstands zur Folge. Streitgegenstand ist nun nicht mehr die Rechtsposition des Rechtsvorgängers, sondern diejenige des Rechtsnachfolgers.240 Die bisherigen Prozessergebnisse können zu Lasten des Erwerbers verwertet werden, wenn der Veräußerer den Prozess als Prozessstandschafter fortführt, da der Erwerber auf Grund seiner materiellrechtlichen Abhängigkeit auch Verfügungen des Veräußerers gegen sich gelten lassen muss, die dieser vor der Veräußerung der streitbefangenen Sache vorgenommen hat.241 Eine Bindung des Erwerbers an bisherige Prozessergebnisse im Fall eines durch staatlichen Hoheitsakt bewirkten Erwerbs ist nur möglich, wenn der übertragene Gegenstand der bisherigen Partei zustand.242 Der Gegner des Veräußerers ist grundsätzlich an seine eigene Prozessführung gebunden, da kein schützenswertes Interesse dagegen spricht.243 Die Umstellung des Klageantrags auf Leistung an den Rechtsnachfolger stellt eine bloße Modifikation des ursprünglichen Klageantrags iSd § 264 Nr. 2 dar (§ 264 Rdn. 28).244 Sie ist auch noch in der Revisionsinstanz zulässig, wenn die Tatsache der Veräußerung bereits in dem Berufungsurteil festgestellt ist.245 Bei einer Berufung des Beklagten bedarf es zur Umstellung des Klageantrags keiner Anschlussberufung durch den Kläger.246 Die Tatsache der Veräußerung ist Voraussetzung für die Prozessführungsbefugnis und damit für die Zulässigkeit der geänderten Klage (vgl. Rdn. 60). Verneint das Gericht die Veräußerung, ist die geänderte Klage als unzulässig abzuweisen. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Veräußerung aus anderen Gründen als dem Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruchs unwirksam ist, weist es die Klage als unbegründet ab, wenn der Kläger nicht den Klageantrag wieder auf Leistung an sich umstellt. Kommt der Kläger einem dementsprechenden Hinweis des Gerichts gem. § 139 nicht nach, kann der Beklagte die Feststellung begehren, dass der Anspruch des Klägers nicht mehr besteht. Ist die Veräußerung wegen des Nichtbestehens des An-
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BGH NJW 1992, 3096, 3097; BGH WM 1982, 1313; RGZ 166, 218, 238; OLG Schleswig FamRZ 1996, 40. 4928 2239 Vgl. z.B. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 99 Rdn. 31. 240 34929 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 67; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 436. 241 44930 Festl S. 41 ff., 44. 242 4931 5 Festl S. 45 ff., 47; siehe aber Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß (1961), S. 160 ff., der § 265 auf den Erwerb durch staatlichen Hoheitsakt nur dann für anwendbar hält, wenn der Erwerb von der Rechtsstellung abhängt, gegen die sich der Akt richtet. 243 64932 Festl S. 47 f.
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BGHZ 26, 31, 38 = NJW 1958, 98, 99; die hier immer wieder angeführte Entscheidung des BGH NJW 1960, 964, 965 für § 264 Nr. 3 betrifft nicht die Umstellung des Antrags wegen der Rechtsnachfolge, sondern wegen einer Veränderung anderer Umstände; aA Grunsky S. 138 f., der die Zulässigkeit der Klageänderung aus § 265 Abs. 2 S. 1 herleitet (S. 143 ff.), jedoch gem. § 269 die Einwilligung des Beklagten zum Fallenlassen des ursprünglichen Antrags fordert (S. 186). 245 4934 8 BGH NJW-RR 2006, 275, 278; BGHZ 26, 31, 37 f. = NJW 1958, 98, 99. 246 94935 BGH ZZP 91 (1978), 314, 316 (allerdings zu einem Fall der gewillkürten Prozessstandschaft) mit abl. Anm. Grunsky.
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spruchs unwirksam, ist die Klage ebenfalls als unbegründet abzuweisen. In diesem Fall ist der Rechtsvorgänger an diese Entscheidung gebunden.247 Wird der Klageantrag nicht umgestellt, hat das Gericht auf diesen Umstand gem. § 139 hinzuweisen. Wird der Antrag trotz des Hinweises nicht geändert, ist die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation als unbegründet abzuweisen.248 Dieses Urteil muss allerdings der Rechtsnachfolger nicht gegen sich gelten lassen.249 Wird allerdings die Klage trotz fehlender Umstellung nicht aus diesem Grunde abgewiesen, sondern weil der Klageanspruch nicht besteht, entfaltet dieses Urteil Rechtskraft gegenüber dem Rechtsnachfolger.250 Dies gilt auch für den Fall eines Versäumnisurteils.251 Einer Klageerhebung des Rechtsnachfolgers würde die Rechtshängigkeit mangels Identität des Streitgegenstands nicht entgegenstehen, wenn der Klageantrag nicht umgestellt worden ist.252 b) Rechtsnachfolge auf der Beklagtenseite. Bei einer Rechtsnachfolge auf der Beklagtenseite muss keine Anpassung des Klageantrags an die veränderte materielle Rechtslage erfolgen (Irrelevanztheorie).253 Die Veräußerung des Beklagten bleibt deshalb unberücksichtigt.254 Dies gebietet bereits der allgemeine Grundsatz, dass ein nicht am Verfahren beteiligter Dritter nicht verurteilt werden kann.255 Zudem dient dies dem
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Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 69; aA Grunsky S. 181, nach dessen Ansicht als Partei iSd § 325 nicht die formelle Partei – so aber die h.M. –, sondern die materielle Partei anzusehen ist, und deshalb entweder die Erledigung des Rechtsstreits oder die Rücknahme der ursprünglichen Klage mit Zustimmung des Beklagten fordert, da ansonsten die ursprüngliche Klage abgewiesen werden müsste (S. 186). Auch Henckel ZZP 70 (1957), 448 ff., 457 und ZZP 82 (1969), 333, 348, 351 f. geht davon aus, dass § 325 den materiellen Parteibegriff meint, hält aber auch die formelle Partei durch das Urteil gebunden (352), ebenso in Parteilehre und Streitgegenstand, S. 139. 248 4937 2 BGH NJW 2004, 2152, 2154; BGH NJW 1986, 3206, 3207; RG JW 1916, 1273, 1274; BayObLG NZM 2000, 1024; OLG Nürnberg FamRZ 1995, 236, 237; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 697, 698; LAG Frankfurt LAGE § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 16; Haußmann Gruchot 57 (1913), 660, 666; Jacobi ZZP 43 (1915), 441, 454; Merle JA 1983, 626, 630; aA Grunsky S. 126 ff., 136, der dem Beklagten ein Recht auf einen bestimmten Abweisungsgrund zubilligt; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 347, der eine Abweisung mangels Sachlegitimation nur dann befürwortet, wenn das Gericht zur Überzeugung gekommen ist, dass die Forderung im Übrigen besteht. Ansonsten müsste die Klage wegen Nichtbestehens der Forderung abgewiesen werden. 249 4938 3 AA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 90, die Rechtskraft wirkt auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, allerdings stehe sie einer neuen Klage mangels identischen Streitgegenstands nicht entgegen.
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RG Warn 1914 Nr. 98; Haußmann Gruchot 57 (1913), 660, 670. 251 4940 5 RG Warn 1914 Nr. 98; OLG Hamm OLGRspr 29, 110, 111. 252 64941 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 70; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 436. 253 74942 BGH ZZP 88 (1975), 324, 328; OLG Hamburg NZM 2002, 521, 523; OLG Brandenburg NJWRR 1996, 724, 725; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 355 f.; Merle JA 1983, 626, 628; Haußmann Gruchot 57 (1913), 660, 668; Spierling S. 52; Stadler/ Bensching Jura 2001, 433, 440; aA Grunsky S. 188 ff., 210, der bei Klagen auf künftige Leistung und Feststellung die Verurteilung des Erwerbers nach Antragsumstellung für möglich hält, dagegen Henckel ZZP 82 (1969), 333, 352 ff. 254 4943 8 RGZ 121, 379, 382; RG Gruchot 65 (1907), 723, 725; RGZ 60, 247, 250; RGZ 56, 243, 244; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 355. Noch weiter geht Grunsky S. 250, der § 265 Abs. 2 S. 1 im Fall der Veräußerung durch den Beklagten einen materiellrechtlichen Inhalt dahingehend gibt, dass die Veräußerung dem Kläger gegenüber insoweit unwirksam ist, als die Durchsetzung des von ihm erhobenen Anspruchs gegenüber dem Beklagten nicht mehr möglich ist. Der Kläger sei so zu stellen, als ob er die ihm gebührende Leistung spätestens bei Eintritt der Rechtshängigkeit erhalten hätte. Deshalb müsse der Erwerber die Vollstreckung in die dem Kläger vom Beklagten geschuldete Sache dulden, unabhängig davon, ob die Leistungspflicht nach materiellem Recht übergegangen ist oder nicht. 255 94944 BGH ZZP 88 (1975), 324, 328 mit Anm. Henckel; Haußmann Gruchot 57 (1913), 660, 669; Stadler/ Bensching Jura 2001, 433, 440; aA Grunsky S. 195 ff.
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Schutz des Klägers vor Verfahrensverzögerungen.256 Allerdings bleibt maßgebender Zeitpunkt für die Entscheidung derjenige der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Dieser wird nicht auf denjenigen des Eintritts der Rechtsnachfolge verschoben.257 Vielmehr handelt es sich um einen punktuell wirkenden Einwendungsausschluss, der sich auf alle Einwendungen bezieht, die durch die Veräußerung entstanden sind. Insbesondere darf weder die auf Grund der Veräußerung fehlenden Passivlegitimation des Beklagten noch die durch einen eventuellen gutgläubigen Erwerb des Rechtsnachfolgers fehlende Aktivlegitimation des Klägers258 berücksichtigt werden. Deshalb ist der Grundbuchberichtigungsanspruch weiterhin gegen den ursprünglichen Bucheigentümer geltend zu machen, auch wenn dieser das Grundstück nach Rechtshängigkeit veräußert hat.259 Der Kläger kann aber auch die Hauptsache für erledigt erklären,260 die Klage zurücknehmen oder den Klageantrag auf das Interesse gem. § 264 Nr. 3 umstellen.261 Ein solches Urteil entfaltet keine Rechtskraft gegenüber dem Rechtsnachfolger. Wenn § 325 Abs. 2 eingreift, sollte der Kläger so vorgehen. Fraglich ist, ob einer neuen Klage gegen den Rechtsnachfolger während des laufenden Prozesses die Rechtshängigkeit entgegensteht.262 Nach Erlass einer zusprechenden Entscheidung ist der Kläger auf den Weg der Titelumschreibung gem. §§ 727, 731 zu verweisen (oben Rdn. 55).263 Handelt es sich um eine Feststellungs- oder Gestaltungsklage, kann die Rechtsnachfolge dann nicht unbeachtlich bleiben, wenn die Feststellungs- bzw die Gestaltungswirkung nicht den Rechtsnachfolger ergreift.264 Als Lösung kommt die Umstellung des Klageantrags auf den Rechtsnachfolger265 oder eine Zusatzentscheidung in Betracht.266
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3. Stellung des Rechtsnachfolgers Der Rechtsnachfolger hat grundsätzlich weder das Recht noch die Pflicht, den Prozess zu übernehmen.267 Er kann aber auch wegen der Rechtshängigkeit des Prozesses nicht neu klagen und deshalb auch nicht die Hauptintervention erheben, wenn der Klageantrag auf Leistung an ihn umgestellt worden ist.268 Dem Zessionar, der die Rechtskraft des Urteils gegen sich gelten lassen muss, steht die Rechtshängigkeit des Prozesses entgegen, wenn er einen neuen Prozess bezüglich desselben Gegenstands gegen den Prozessgegner des Zedenten beginnt (§ 261 Rdn. 75). Entfaltet das Urteil gem. § 325 Abs. 2 keine Rechtskraft gegenüber dem Rechtsnachfolger, steht auch die Rechtshängigkeit nicht entgegen (vgl. § 261 Rdn. 75).269 256 4945
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Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 83; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 353 ff. 257 4946 2 So aber Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 84; Haußmann Gruchot 57 (1913), 660, 668; Sieg ZZP 66 (1953), 23, 33; Tempel S. 156. 258 34947 Merle JA 1983, 626, 629. 259 44948 RG Warn 1922 Nr. 15. 260 54949 AA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 92, da die Veräußerung nach der Irrelevanztheorie gerade nicht zur Unbegründetheit der Klage führt. § 265 Abs. 2 soll den Gegner schützen. Dann muss es diesem aber auch überlassen bleiben, ob er auf den Rechtswechsel reagieren will oder nicht. 261 64950 OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 724, 725; Merle JA 1983, 626, 628.
262 4951
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Verneinend wegen der fehlenden Identität des Streitgegenstands, Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 88 f.; aA Blomeyer § 47 II 1; Schink Jura 1985, 291, 294. 4952 8263 Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 440; vgl. auch Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 89 ff., der sich für eine Durchbrechung der Rechtskraft ausspricht. 264 94953 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 93 ff.; Tempel S. 43. 265 4954 10 So Tempel S. 43 für Gestaltungsklagen. 266 4955 11 So Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 96 f. 267 4956 12 AA Roth NJW 1988, 2977, 2980, der es für möglich hält, dass der Gegner den Rechtsnachfolger gegen dessen Willen in den Prozess zwingt. 268 4957 13 Jacobi ZZP 43 (1915), 441, 457.
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Wird der Klageantrag nicht umgestellt, erwächst das Urteil bei Abweisung der Klage mangels Aktivlegitimation des Veräußerers gegenüber dem Rechtsnachfolger nicht in Rechtskraft (Rdn. 91).270 Dementsprechend steht auch einer Klage des Rechtsnachfolgers die Rechtshängigkeit nicht entgegen. Fraglich ist dies, wenn das Gericht keine Kenntnis von der Rechtsnachfolge hat, denn dann wird über das Recht des Veräußerers entschieden. Dieses ist nur präjudiziell für das Recht des Rechtsnachfolgers, so dass die Rechtshängigkeit der Klage des Veräußerers einer Klage des Rechtsnachfolgers nicht entgegenstehen würde, da es sich um einen anderen Streitgegenstand handelt (§ 261 Rdn. 77).271 Allerdings fordert der Zweck des § 265, dass eine Klage des Rechtsnachfolgers nicht möglich ist.272
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a) Übernahme des Prozesses. Will der Rechtsnachfolger in den Prozess als Hauptpartei eintreten, geschieht dies durch Erklärung in der mündlichen Verhandlung oder durch einen zuzustellenden Schriftsatz (§ 261 Abs. 2). Dies gilt auch, wenn er nur neben seinem Rechtsvorgänger als Mitpartei auftreten will. Die Erklärung ist eine einseitige, prozessuale und vor der Zustimmung des Gegners und des Rechtsvorgängers widerrufliche Willenserklärung, die gegenüber dem Gericht abzugeben ist. Die Übernahme kann auch durch Berufungseinlegung des Rechtsnachfolgers erfolgen, wenn die Abtretung nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung stattfindet.273 Die Übernahme bedarf jedoch − abgesehen von den Ausnahmefällen (§ 266) – der Zustimmung des Prozessgegners.274 Diese kann ausdrücklich oder konkludent in der mündlichen Verhandlung oder durch Schriftsatz erklärt werden.275 Allerdings kann nicht allein daraus, dass ein ausdrücklicher Widerspruch unterlassen worden ist, eine Zustimmung angenommen werden.276 Lässt der Gegner sich jedoch auf die mündliche Verhandlung mit dem Rechtsnachfolger ein, kann entsprechend §§ 39, 267 von einer Zustimmung ausgegangen werden.277 Sie kann nicht durch eine Sachdienlicherklärung des Gerichts ersetzt werden.278 § 265 Abs. 2 enthält keinen dem hier nicht anwendbaren § 263 entsprechenden Zusatz. Die Zustimmung ist eine empfangsbedürftige, prozessuale und als zuletzt erforderliche unwiderrufliche Willenserklärung. Die Zustimmung des Gegners ist auch notwendig, wenn von einer Gegenpartei (OHG) die Forderung auf einen einzelnen Gesellschafter (uU unter Auflösung der OHG und Übertragung des gesamten Vermögens der OHG) übertragen wird oder wenn ein ausscheidender Gesellschafter seinen Anteil einem anderen Mitgesellschafter der OHG übertragen hat und als Beklagter ausscheiden will.279
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4958 1269 Nach RGZ 52, 259, 261 steht die Rechtshängigkeit jedenfalls nicht entgegen, wenn eine Rechtskrafterstreckung am gutgläubigen Erwerb scheitern würde. Vgl. auch MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 109. 270 4959 2 AA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 90, die Rechtskraft wirkt auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, allerdings stehe sie einer neuen Klage mangels identischen Streitgegenstands nicht entgegen. Vgl. auch Jacobi ZZP 43 (1915), 441, 457. 271 4960 3 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 71; Bettermann Rechtshängigkeit und Rechtsschutzform (1949), S. 10; Jacobi ZZP 43 (1915), 441, 462; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 18. 272 44961 Siehe dazu Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 76 ff. 273 54962 BGH NJW 1996, 2799; OLG Koblenz NJOZ 2004, 1706, 1708; K. Schmidt JuS 1997, 107, 108.
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274 4963 6 BGH NJW 1996, 2799; BGH NJW 1988, 3209; OLG München OLGZ 1994, 87, 90; K. Schmidt JuS 1997, 107, 109. 275 4964 7 RGZ 35, 388, 391. 276 4965 8 RGZ 35, 388, 391. 277 94966 OLG Koblenz NJOZ 2004, 1706, 1708; de Boor S. 94. 278 4967 10 BGH NJW 1996, 2799; BGH NJW 1994, 3358, 3359; BGH NJW 1988, 3209; vgl. aber bei Wegfall der ursprünglichen Partei OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 318 f., das § 265 Abs. 2 in diesem Fall nicht mehr für anwendbar hält, wenn der Zedent nicht mehr parteifähig existiert, und statt dessen § 263 analog anwendet, dagegen OLG München OLGZ 1994, 87, 90. 279 4968 11 RG Warn 1915 Nr. 35; Wagemeyer S. 83.
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Stimmt der Prozessgegner zu, begibt er sich damit nicht des Einwands, dass der Rechtsnachfolger nicht legitimiert sei, weil die Veräußerung unwirksam sei, denn die Zustimmung führt nur zum verfahrensrechtlichen Übernahmerecht und ist von der materiellrechtlichen Berechtigung zu trennen.280 Zudem ist die Zustimmung des Rechtsvorgängers erforderlich, da niemand ohne seinen Willen aus einem Prozess gedrängt werden darf.281 Hat der Rechtsvorgänger seinen Antrag umgestellt, ist von seiner Zustimmung auszugehen. Hält der Rechtsvorgänger jedoch seinen ursprünglichen Antrag aufrecht, bringt er damit zum Ausdruck, dass er eigenen Rechtsschutz begehrt. Hier ist zum Eintritt des Rechtsnachfolgers die ausdrückliche Zustimmung erforderlich.282 Die Zustimmung kann der Erwerber nicht erzwingen. Allerdings kann die Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB sein, wenn der Rechtsvorgänger auf Grund der materiellrechtlichen Vereinbarungen zur Zustimmung verpflichtet wäre.283 Fehlt die Zustimmung des Gegners oder des Rechtsvorgängers, wird der Rechtsnachfolger durch abweisendes Prozessurteil aus dem Prozess gewiesen.284 Es handelt sich um ein Endurteil über den innerhalb eines anhängigen Rechtsstreits von einem neuen Kläger erhobenen neuen Klageanspruch.285 Gegen dieses Urteil kann der Rechtsnachfolger Rechtsmittel nur mit dem Ziel einlegen, seine Befugnis, den Rechtsstreit zu übernehmen, durchzusetzen.286 Der ursprüngliche Prozess bleibt davon unberührt und wird unter den bisherigen Parteien sachlich entschieden.287 Liegen die erforderlichen Zustimmungen vor, handelt es sich um einen Parteiwechsel auf gesetzlicher Grundlage durch Parteiakt. Der Rechtsnachfolger ist an die bisherigen Prozessergebnisse gebunden, wenn er als Folge der materiellrechtlichen Abhängigkeit seiner Rechtsstellung von der des Veräußerers Verfügungen gegen sich gelten lassen muss, die dieser vor der Veräußerung getroffen hat.288 Während der Eintritt des Rechtsnachfolgers in den Rechtsstreit an Stelle289 des Veräußerers die Zustimmung von Rechtsvorgänger und Prozessgegner voraussetzt, ist für die Hauptintervention lediglich die Zustimmung des Prozessgegners erforderlich.290 Tritt der Rechtsnachfolger an die Stelle des Rechtsvorgängers, scheidet der Rechtsvorgänger ohne besondere gerichtliche Entscheidung aus dem Streit völlig aus,291 auch bezüglich der Kosten derart, dass der Rechtsnachfolger, wenn er unterliegt, diese zu tragen hat.292 Obsiegt er, kann er auch die Kosten seines Rechtsvorgängers mit liquidieren. Dann ist er nach materiellem Recht verpflichtet, dem Rechtsvorgänger diese zu ersetzen,293 sofern nicht Abweichendes vereinbart worden ist, etwa
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1 RG JW 1937, 2982, 2983. 281 24970 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 99 Rdn. 20; de Boor S. 92; Sieg ZZP 66 (1953), 23, 27; Siegel Die Abtretung rechtshängiger Ansprüche nach der deutschen Zivilprozeßordnung (1910), S. 65; aA Heilenbeck S. 18; Hellwig System Bd. 1, § 129 IV 2a (S. 369); Henckel ZZP 82 (1969), 333, 335. 282 34971 Vgl. dazu Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 78 f. 283 44972 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 95. 284 54973 BGH NJW 1988, 3209; RGZ 58, 98, 101; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 97: durch Zwischenurteil, das analog § 280 Abs. 2 S. 1 mit Berufung und Revision anfechtbar ist. 285 64974 RGZ 46, 320, 322 (auch hinsichtlich der Kosten, abgesehen von denen des Zwischenstreits). 286 74975 BGH NJW 1988, 3209 f.
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8 RGZ 46, 320, 322. 288 94977 Festl S. 44. 289 4978 10 Nicht neben dem Rechtsvorgänger, vgl. BayObLG NJW-RR 1995, 467; Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 56. 290 4979 11 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 94. 291 4980 12 RGZ 21, 395, 396 f.; OLG Köln JurBüro 1992, 817; OLG Köln Rpfleger 1993, 171, 172. 292 4981 13 OLG Nürnberg MDR 1969, 672, 673; OLG Köln OLGZ 1965, 46, 48; OLG Köln Rpfleger 1993, 171, 172; Zöller/Greger Rdn. 8; aA analog § 91a beim Beklagtenwechsel: BGH NJW 2006, 1351, 1354; Musielak/Foerste Rdn. 14. 293 4982 14 OLG Köln OLGZ 1965, 46, 48; OLG Köln Rpfleger 1993, 171, 172.
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derart, dass der Rechtsvorgänger alle Kosten ersetzen soll. § 94 ist nicht anwendbar. Die Kostenentscheidung umfasst auch ein selbständiges Beweisverfahren (§§ 485 ff.), das unter Beteiligung des Rechtsvorgängers vor Veräußerung der Streitsache durchgeführt wurde.294 Führt der Kläger seine Klage trotz Erweiterung auf den Rechtsnachfolger295 mit dem Rechtsvorgänger fort, so fehlt für die Klage gegen den Rechtsvorgänger ab Rechtsübergang das Rechtsschutzbedürfnis, da der Kläger durch die Umschreibung des Vollstreckungstitels auf den Rechtsnachfolger (§§ 325, 727) nicht mehr erlangt, als er durch das unmittelbare Vorgehen gegen den Rechtsnachfolger erlangt.296 Bleiben Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger im Streit, richtet sich die Kostenlast nach § 100, während im Innenverhältnis zwischen beiden die materielle Vereinbarung entscheidet. Hält das Gericht die Zulässigkeit der Prozessübernahme trotz erforderlicher Zustimmungen mit der Begründung für unzulässig, dass keine Rechtsnachfolge vorliegt, wird man die Parteiübernahme wohl nach den Grundsätzen über den gewillkürten Parteiwechsel zulassen müssen.297 Allerdings hat das Gericht die Parteien auf seine Rechtsansicht gem. § 139 hinzuweisen.
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b) Hauptintervention (§ 64). Der Rechtsnachfolger kann auch eine Hauptintervention nur mit Zustimmung des Prozessgegners erheben (§ 265 Abs. 2 S. 2). Eine Zustimmung des Rechtsvorgängers ist in diesem Fall nicht erforderlich, da § 64 gerade voraussetzt, dass sein Rechtsschutzbegehren mit demjenigen des Rechtsvorgängers in Widerspruch steht.298
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c) Nebenintervention (§ 66). Scheitert die Übernahme des Prozesses durch den Rechtsnachfolger, kann er dem Rechtsstreit als Nebenintervenient (§§ 66, 70) beitreten (§ 265 Abs. 2 S. 3).299 Obwohl die Voraussetzungen der notwendigen Streitgenossenschaft vorliegen, verbietet § 265 Abs. 2 S. 3 die Anwendung des § 69, weil ansonsten die Wirkungen eintreten würden, die gerade verhindert werden sollen.300 Seine Rechte bestimmen sich deshalb ausschließlich nach § 67, auch wenn er schon früher unselbständiger Streitgehilfe war.301 Gegen den Widerspruch des Rechtsvorgängers kann er allerdings den Antrag nicht auf Leistung an sich umstellen.302 Widerspricht der Rechtsvorgänger nicht, insbesondere wenn er sich nicht mehr am Verfahren beteiligt, ist die Antragsumstellung durch den Rechtsnachfolger zulässig.303 Die Versagung der streitgenössischen Nebenintervention widerspricht nicht dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).304 Bei § 265 Abs. 2 handelt es sich um das prozessuale Korrelat zur materiellrechtlichen Regelung der Rechtsnachfolge.305 Da die gegnerischen Rechtsschutzinteressen höher zu bewerten sind als die
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KG MDR 1981, 940 zu § 485 a.F. (selbständiges Beweissicherungsverfahren). 4984 2295 Vgl. aber BayObLG NJW-RR 1995, 467, nach dessen Ansicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Erstreckung des Antrags auf den Erwerber fehlt. 296 4985 3 BayObLGZ 1983, 73, 76 f. 297 4986 4 So MünchKomm/Becker-Eberhard Fn. 156. 298 54987 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 79; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 440. 299 64988 RGZ 20, 420, 422. 300 74989 Dagegen aber Lüke Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß (1993), S. 233; Pawlowski JZ 1975, 681, 684 f.
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RG JW 1900, 48 f.; Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 440 f. 302 4991 9 RG Warn 1914 Nr. 98. 303 4992 10 Zweifelnd RG Warn 1914 Nr. 98; OLG München MDR 1972, 616 für den Fall, dass der Nebenintervenient allein Berufung eingelegt hat. 304 4993 11 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 79; Jauernig ZZP 101 (1988), 361, 373 f.; Waldner S. 237 ff.; Wolf AcP 180 (1980), 430, 431; Schwartz S. 77 ff.; Zeuner Rechtliches Gehör, materielles Recht und Urteilswirkungen (1974), S. 27 f.; aA Calavros S. 69 f.; Pawlowski JZ 1975, 681, 684. 305 4994 12 Waldner S. 238.
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nachteiligen Wirkungen einer Gehörsbeschränkung,306 hat der Interessenausgleich deshalb nur auf materiellrechtlicher Ebene zu erfolgen.307 Es kann auch keinen Unterschied machen, wenn die Rechtsnachfolge erst nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils erfolgt.308 In diesem Fall wirkt das Urteil nach § 325 Abs. 1 auch gegen den Rechtsnachfolger, ohne dass ihm rechtliches Gehör gewährt wurde. Der Rechtsnachfolger darf, wenn er das Risiko nicht eingehen will, eine streitbefangene Sache letztlich nicht erwerben.309 Hat er keine Kenntnis von der Rechtshängigkeit, ist er nach § 265 Abs. 2 geschützt.310 Er wird im Fall der Verleitung zum Vertragsbruch seitens des Prozessgegners durch § 826 BGB,311 bei einem gutgläubigen Erwerb durch §§ 325 Abs. 2, 265 Abs. 3 und durch die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens hinreichend geschützt.312 d) Schutz bei Gutgläubigkeit. Erwirbt der Rechtsnachfolger gutgläubig, erwächst die Entscheidung gem. § 325 Abs. 2 diesem gegenüber nicht in Rechtskraft.313 Eine günstige Entscheidung würde dem Prozessgegner deshalb nichts nützen.314 Aus diesem Grund kann der Prozessgegner gem. § 265 Abs. 3 dem Kläger den Einwand entgegensetzen, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei. Dieses Einwands geht der Beklagte nicht verlustig, wenn er ihn nicht in der ersten Instanz, sondern erst in der zweiten Instanz erhebt.315 Hat der Kläger den Streitgegenstand veräußert und beruft sich der Beklagte auf den gutgläubigen Erwerb des Dritten, so muss der Kläger nachweisen, dass der Dritte in Kenntnis der streitigen Rechtslage oder der Rechtshängigkeit erworben hat,316 selbst wenn die bisherigen Streitpunkte, wie z.B. die Fälligkeit der Hypothek nicht von dem guten Glauben beim Rechtserwerb ergriffen werden317 und ohne Rücksicht darauf, ob sich der Erwerber ansonsten auf seinen guten Glauben berufen kann.318 Tut er dies nicht, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen.319 Hat er allerdings den Klageantrag bereits auf den Rechtsnachfolger umgestellt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen, da ihm in diesem Fall die Prozessführungsbefugnis für die Klage über ein fremdes Recht fehlt, soweit er von dem Rechtsnachfolger nicht zur Weiterverfolgung als gewillkürter Prozessstandschafter ermächtigt wurde. Es besteht auch die Möglichkeit einer beiderseitigen Erledigungserklärung. Die Kosten gem. § 91a sind dann dem Kläger nicht in jedem Fall aufzuerlegen, z.B. nicht, wenn seine Klage ursprünglich zulässig und begründet war.320 Darin liegt kein Widerspruch zu § 265 Abs. 3. Der Beklagte soll nur nicht gezwungen werden, den Prozess mit dem ursprünglichen Kläger zu Ende zu führen. War aber die Klage begründet, kommt es auf den gutgläubigen Erwerb durch den Rechtsnachfolger nicht mehr an.
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1 Schwartz S. 78 f. 307 2 307 Waldner S. 238. 308 3 308 Jauernig ZZP 101 (1988), 361, 374. 309 4 309 Waldner S. 239. 310 5 310 Vgl. Schwartz S. 78. 311 6 311 Pawlowski JZ 1975, 681, 683; Wolf AcP 180 (1980), 430, 431. 312 7 312 Vgl. Jauernig ZZP 101 (1988), 361, 374. Für die Anwendung des Wiederaufnahmeverfahrens bei § 265 auch Nam Rechtskrafterstreckung und gutgläubiger Erwerb im Rahmen des § 325 ZPO (1998), S. 97. 313 8 313 Auf das ihm günstige Urteil darf sich der Rechtsnachfolger stets berufen, RGZ 122, 156, 157; Paw-
lowski JZ 1975, 681, 685; vgl. Stadler/Bensching Jura 2001, 433, 437; ausführlich v. Olshausen JZ 1988, 584 ff. 9314314 RGZ 56, 301, 309; v. Olshausen JZ 1988, 584, 593. 315315 10 RGZ 49, 363, 365. 316316 11 Hellwig Wesen und subjektive Begrenzung der Rechtskraft (1901), S. 169. 317317 12 RGZ 49, 363, 366, das darauf hinweist, dass dies allerdings nur für die dingliche Klage gilt. 318318 13 RG JW 1911, 327. 319319 14 RGZ 49, 363, 366 f.; Ebbecke ZZP 47 (1918), 207, 220; Merle JA 1983, 626, 632. 320320 15 AA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 52.
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Hat dagegen der Beklagte den Streitgegenstand veräußert, ist § 265 Abs. 3 nicht anzuwenden. Der Kläger darf den Prozess mit dem gem. § 265 Abs. 2 S. 1 prozessführungsbefugten Beklagten unverändert fortsetzen.321 Er kann aber auch gem. § 264 Nr. 3 seinen Antrag umstellen und das Interesse fordern oder sich auf den Prozesskostenantrag beschränken. Außerdem kann er gegen den Rechtsnachfolger klagen.322 Hat der Kläger ein Urteil gegen den Beklagten erwirkt und will er aus diesem gegen den Rechtsnachfolger vollstrecken, kann dieser den gutgläubigen Erwerb erst im Klauselerteilungsverfahren im Weg einer Klage gem. § 768 geltend machen.323 In diesem Fall ist eine Klauselerteilung gegen ihn nicht möglich, da die Voraussetzungen gem. § 727 für eine titelumschreibende Klausel mangels Rechtskrafterstreckung gem. § 325 Abs. 2 nicht vorliegen.324 Da dem Beklagten die Leistung wegen des gutgläubigen Erwerbs des Rechtsnachfolgers unmöglich ist, nützt dem Kläger das Urteil nichts. Er müsste erneut auf Schadensersatz klagen. Aus diesem Grund ist ihm zu raten, bereits im laufenden Verfahren seinen Antrag umzustellen (vgl. oben Rdn. 94).
§ 266 Veräußerung eines Grundstücks (1) Ist über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechts, das für ein Grundstück in Anspruch genommen wird, oder einer Verpflichtung, die auf einem Grundstück ruhen soll, zwischen dem Besitzer und einem Dritten ein Rechtsstreit anhängig, so ist im Falle der Veräußerung des Grundstücks der Rechtsnachfolger berechtigt und auf Antrag des Gegners verpflichtet, den Rechtsstreit in der Lage, in der er sich befindet, als Hauptpartei zu übernehmen. Entsprechendes gilt für einen Rechtsstreit über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Verpflichtung, die auf einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk ruhen soll. (2) Diese Bestimmung ist insoweit nicht anzuwenden, als ihr Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entgegenstehen. In einem solchen Fall gilt, wenn der Kläger veräußert hat, die Vorschrift des § 265 Abs. 3. Schrifttum Grunsky Die Veräußerung der streitbefangenen Sache, 1968; Schilken Veränderungen der Passivlegitimation im Zivilprozeß, 1987.
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RGZ 121, 379, 381 f.; Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 53 (wegen der Prozesskosten); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 112 (Kläger ist zur Antragsumstellung nicht gezwungen, da § 281 BGB möglich); Merle JA 1983, 626, 629; Schink Jura 1985, 291, 294; aA Blomeyer ZPR § 47 II 2b, S. 266 (Wenn der gutgläubige Erwerb des Dritten feststeht, fehlt der unveränderten Klage das Rechtsschutzbedürfnis. Der Nutzen
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durch § 283 BGB a.F. genügt nicht); noch enger Wagemeyer S. 39 (die Prozessstandschaft des Beklagten ist ausgeschlossen, § 265 Abs. 2 ist auch in diesem Fall nicht anwendbar). 322 322 2 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 53. 323 3 323 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 92; Henckel ZZP 82 (1969), 333, 355. 324 4 324 Schilken Passivlegitimation, S. 54.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendungsbereich . . . . 1. Parteien des Rechtsstreits . 2. Gegenstand des Rechtsstreits 3. Rechtsnachfolge . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
3 5 7 18
IV. Übernahmerecht des Rechtsnachfolgers . . . . . . . . . . . . . . 1. Übernahmeerklärung . . . . . . 2. Folgen der Übernahme . . . . . 3. Widerspruch . . . . . . . . . a) des Rechtsvorgängers . . . . . b) des Gegners . . . . . . . . . c) Kosten . . . . . . . . . . . 4. Weiteres Verfahren . . . . . . .
19 21 23 25 26 32 33 35
Rdn a) Säumnis beider ursprünglicher Parteien . . . . . . . . . . b) Säumnis nur einer der ursprünglichen Parteien . . . . . . . . c) Säumnis des Rechtsnachfolgers . V. Übernahmepflicht des Rechtsnachfolgers . . . . . . . . . . . . . 1. Antrag des Prozessgegners . . . . 2. Übernahme durch den Rechtsnachfolger ohne Widerspruch . . . . 3. Widerspruch gegen die Übernahme a) des Rechtsvorgängers . . . . . b) des Rechtsnachfolgers . . . . c) des Rechtsvorgängers und des Rechtsnachfolgers . . . . . .
36 39 40 44 45 47 48 49 53 62
I. Gesetzesgeschichte Die ursprünglich in § 237 und § 238 CPO1 enthaltenen Regelungen wurden durch die Novelle von 18982 im neuen § 237 ohne sachliche Änderung als Abs. 1 und Abs. 2 zusammengeführt. Die Vorschrift des § 266 ist durch die Bekanntmachung von 18983 inhaltsgleich an die Stelle des § 237 getreten. Ergänzt wurde § 266 Abs. 1 durch Satz 2 im Zuge der DurchführungsVO zum Gesetz über eingetragene Schiffe vom 21.12.1940.4
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II. Normzweck § 266 Abs. 1 modifiziert § 265 Abs. 2 dahingehend, dass bei Veräußerung eines Grundstücks dem Rechtsnachfolger ein Recht zur Übernahme des Rechtsstreits zuerkannt und auf Verlangen des Gegners eine Pflicht zur Übernahme des Rechtsstreits auferlegt wird. Hier bevorzugt der Gesetzgeber den Parteiwechsel gegenüber der Fortführung des Rechtsstreits zwischen den ursprünglichen Parteien.5 Diese Vorschrift wurde auf Grund des Bedürfnisses des Rechtsverkehrs an einer Regelung der Sukzession des Rechtsnachfolgers in das Prozessrechtsverhältnis für erforderlich gehalten, weil es zweifelhaft sei, ob ohne eine solche Vorschrift der anhängige Rechtsstreit zu Ende geführt werden bzw zu einem den Veräußerer bindenden Ergebnis gelangen kann.6
1 1325 RGBl 1877 S. 83, 125 f. 2 2326 RGBl S. 256, 270. 3 3327 RGBl S. 410, 460. 4 4328 RGBl I S. 1609, 1612. 5 5329 Dinstühler ZZP 112 (1999), 61, 80. 6 6330 RGZ 108, 350, 353 f.; Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1
S. 262; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 3 und Zöller/Greger Rdn. 1 sehen den Grund für die unterschiedliche Behandlung zu § 265 Abs. 2 unter anderem in der Formbedürftigkeit der von § 266 erfassten Geschäfte und der damit leichteren Erkennbarkeit der Veräußerung.
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§ 266
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
III. Anwendungsbereich
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§ 266 Abs. 1 setzt einen rechtshängigen Rechtsstreit voraus, auch wenn § 266 von einem anhängigen Rechtsstreit spricht. Der Anwendungsbereich von § 265 und § 266 ist jedoch in dieser Hinsicht gleich zu setzen. Er bezieht sich auf Rechtsstreitigkeiten, die das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechts an einem Grundstück oder eine Verpflichtung eines Grundstücks7 bzw eines Schiffes oder Schiffbauwerks (§ 266 Abs. 1 S. 2) zum Gegenstand haben. 1. Parteien des Rechtsstreits
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Auf der einen Parteiseite steht der Eigentümer bzw der Bucheigentümer – das Gesetz spricht noch von Besitzer in Anlehnung an das materielle Recht vor 1900 – oder der Schiffseigner oder derjenige des Schiffsbauwerks, bei dem ein Wechsel nach Rechtshängigkeit eingetreten ist. Auf der anderen Parteiseite steht jemand, der gegen den oben Genannten Rechte geltend macht, die sich gegen ihn als Eigentümer richten, oder gegen den der oben Genannte Rechte geltend macht, die er als Eigentümer innehat. 2. Gegenstand des Rechtsstreits
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Gegenstand des Rechtsstreits muss ein Recht an einem Grundstück bzw eine Last auf einem Grundstück oder auf einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk oder einem Luftfahrzeug (vgl. Rdn. 14 f.) sein. Von § 266 werden auch die grundstücksgleichen Rechte erfasst; allerdings müssen an ihnen dingliche Rechte bestehen. Dies gilt in erster Linie für das Erbbaurecht und das Wohnungserbbaurecht (§ 30 WEG). Auch die Veräußerung des Erbbaurechts, wozu die Auflösung gehört, führt also z.B. für den Hypothekengläubiger am Erbbaurecht zu einer Konstellation, die in § 266 geregelt ist. Eine Anwendung des § 266 auf andere Rechte an eingetragenen Rechten, wie z.B. ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch an einer Hypothek, kommt nicht in Betracht, da die Grundstücksveräußerung in diesem Fall den Streit über diese Rechte nicht betrifft. § 266 kommt vor allem für die sich aus dem dinglichen Recht ergebenden Ansprüche in Betracht. Die Gegenpartei muss ein dingliches Recht an einem Grundstück gegen den Eigentümer in Anspruch nehmen oder der Eigentümer muss gegen sie das Nichtbestehen eines solchen Rechts geltend machen. Eine Verpflichtung, die auf dem Grundstück ruht, liegt vor, wenn eine dingliche Belastung oder eine gesetzliche Eigentumsbeschränkung oder eine aus dem Nachbarrecht sich ergebende Verpflichtung zur Duldung von Immissionen geltend gemacht wird.8 Einzelfälle: Hierzu zählen Ansprüche aus Grunddienstbarkeiten (§§ 1018 ff. BGB), dinglichen Vorkaufsrechten (§§ 1094 ff. BGB),9 Reallasten (§§ 1105 ff. BGB), Hypotheken (§§ 1113 ff. BGB), Grund – (§§ 1191 ff. BGB) und Rentenschulden (§§ 1199 ff. BGB), Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB), beschränkt persönlichen Dienst1 7331 BGH NJW 2006, 1351, 1353. 2 8332 OLG Rostock OLGRspr 31 (1915), 42, 43.
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3 9333 RGZ 108, 350, 352.
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barkeiten (§§ 1090 ff. BGB), dem Erbbaurecht (§§ 1 ff. ErbbauVO),10 dem Wohnungserbbaurecht (§ 30 WEG) und dem Dauerwohnrecht (§§ 31 ff. WEG). Hierher gehören auch die sich aus dem Nachbarrecht ergebenden Ansprüche (§§ 906 ff., 917,11 1004 BGB,12 Art. 124 EGBGB), auch der Anspruch aus einer Vormerkung gem. §§ 888, 883 Abs. 2 BGB für eines der genannten Rechte,13 allerdings nur soweit die Vormerkung selbst Gegenstand des Rechtsstreits ist, nicht soweit es um den gesicherten persönlichen Anspruch geht (siehe § 265 Rdn. 41), und der Widerspruch, soweit er sich auf eines der genannten Rechtsverhältnisse bezieht. Ferner findet § 266 auf die beim Inkrafttreten des BGB bestehenden älteren Rechte nach § 184 EGBGB und die dem Wasser-, Deich-, Siel- und Bergrecht zugehörigen dinglichen Belastungen auf Grund der Vorbehalte in Art. 65 ff., 196 EGBGB Anwendung (vgl. § 24 Rdn. 23). Dagegen fallen nicht unter § 266 die Klagen aus dem dinglichen Recht des Eigentümers gegen einen nicht (wenigstens angeblich) dinglich Berechtigten, also Herausgabeansprüche gem. § 985 BGB gegen den Besitzer, auch nicht Klagen auf Grundbuchberichtigung des Grundstückseigentümers gegen den Bucheigentümer (§ 265 Rdn. 39),14 ebenso nicht die Klagen des Besitzers gegen den Eigentümer, wenn er sich nur auf einen schuldrechtlichen Anspruch beruft, auch nicht diejenigen gem. § 566 BGB15 und nicht die Störungsklagen gem. § 1004 BGB,16 soweit sie sich nicht gegen einen dinglich Berechtigten richten, auch nicht persönliche Ersatzansprüche gem. § 823 BGB17 oder für eine persönliche Brandentschädigung, selbst wenn sie dem jeweiligen Eigentümer zusteht.18 Leistungs-, Duldungs- und Unterlassungsansprüche, die nur persönlicher Natur sind, werden von § 266 nicht erfasst.19 Gem. § 266 Abs. 1 S. 2 findet diese Regelung auch für eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke Anwendung. Hier kommen als dingliche Rechte vor allem die Schiffshypothek am Schiff und Schiffsbauwerk (§§ 8, 76 SchiffsRG), der Nießbrauch am Schiff (§ 9 SchiffsRG) und die ungebuchten Rechte der Schiffsgläubiger (§§ 754 ff. HGB, §§ 102 ff. BinnenschiffahrtG) in Betracht. Für Luftfahrzeuge gilt § 266 entsprechend gem. § 99 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen.20 Hier sind insbesondere das Registerpfandrecht (§ 1 LuftfzgG) und Rechte aus Bergungs- und Erhaltungsmaßnahmen (§§ 75 ff. LuftfzgG) zu nennen. Bei Klagenverbindungen von dinglichen und persönlichen Ansprüchen, die also einerseits unter § 266, andererseits unter § 265 fallen, sollte § 266 ausschließlich angewendet werden (§ 25), wenn der Erwerber auch bezüglich der persönlichen Schuld an die Stelle des alten Schuldners getreten ist (vgl. § 416 BGB). Bleibt allerdings die Haftung des alten Schuldners bestehen, dann liegt keine befreiende Schuldübernahme vor. Wird jedoch der Erwerber zugleich persönlicher Schuldner, kann die Klage wegen der persönlichen Schuld ihm gegenüber nach seinem Eintritt im Wege der Klageerweiterung erhoben werden. Hat der Veräußerer gegen den Beklagten mehrere prozessuale Ansprüche verfolgt, die teils persönlicher, teils dinglicher Natur waren, und veräußert er nur das Grund110334 OLG Hamm NJW-RR 1991, 20, 21. 211335 OLG Karlsruhe MDR 1995, 745. 312336 RGZ 40, 333, 337; bezüglich § 1004 jedoch beschränkt, vgl. Rdn. 13. 413337 KG OLGRspr 33, 58; KG OLGRspr 23, 143, 144; offengelassen von BGH NJW 2006, 1351, 1353 (jedenfalls kein Recht, das für ein Grundstück in Anspruch genommen wird, sondern allenfalls eine Verpflichtung, die auf dem Grundstück ruht).
514338 BGH MDR 2002, 1185; RGZ 121, 379, 381; Schilken Passivlegitimation, S. 57. 615339 Schilken Passivlegitimation, S. 46. 716340 RG JW 1912, 471. 817341 RG JW 1912, 471. 918342 RG Gruchot 49 (1905), 662, 663 f. 19343 10 OLG Rostock OLGRspr 31 (1915), 42, 43. 20344 11 Gesetz v. 26.2.1959 BGBl I S. 57.
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stück, tritt neben den Veräußerer, der seine persönlichen Ansprüche weiterverfolgt, der Erwerber bezüglich der dinglichen Ansprüche,21 der dann aber seine Klage wegen eigener persönlicher Ansprüche gegen den Beklagten erweitern kann. Es handelt sich insoweit auch um eine subjektive Klagenhäufung. Tritt der Veräußerer dagegen auch seine persönlichen Ansprüche an den Erwerber ab, dann sollte wieder ausschließlich § 266 Anwendung finden. 3. Rechtsnachfolge
18
Der Begriff der Rechtsnachfolge in § 266 ist derselbe wie in § 265 (siehe dort Rdn. 13 ff.).22
IV. Übernahmerecht des Rechtsnachfolgers
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Der Einzelrechtsnachfolger des Grundstücks- oder Schiffs- oder Luftfahrzeugeigentümers ist berechtigt, den Streit als Hauptpartei anstelle des früheren Eigentümers zu übernehmen. Erfolgt keine Prozessübernahme durch den Erwerber, so ist das Verfahren mit den bisherigen Prozessbeteiligten fortzuführen. Bis zum Eintritt des Rechtsnachfolgers in den Rechtsstreit führt der Rechtsvorgänger den Rechtsstreit als Prozessstandschafter gem. § 265 Abs. 2 weiter. Das Eintrittsrecht besteht aber nicht, wenn sich der Rechtsnachfolger auf gutgläubigen Erwerb beruft (§ 266 Abs. 2).23 Er darf deshalb nur eintreten, wenn er diesen Einwand nicht geltend macht. Beruft er sich mit der Übernahmeerklärung dennoch darauf, dann liegt kein Fall des § 266 Abs. 1 vor. Der Parteiwechsel kann sich dann jedoch nach allgemeinen Grundsätzen mit Zustimmung der Beteiligten vollziehen. 1. Übernahmeerklärung
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Die Übernahme ist eine prozessuale, gegenüber dem Gericht und dem Gegner zu erklärende Willenserklärung, die auch stillschweigend durch schlüssiges Handeln, durch Zustellung eines bestimmenden Schriftsatzes24 oder in der mündlichen Verhandlung abgegeben werden kann. Ob der Eintritt als Nebenintervenient, der mangels rechtlichen Interesses − er hat die Möglichkeit, den Rechtsstreit als Hauptpartei zu übernehmen − unzulässig ist,25 als eine Übernahmeerklärung anzusehen ist, hat das Gericht gem. § 139 zu klären. Die Übernahme kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache, also auch noch in der Revisionsinstanz erklärt werden, unabhängig davon, wann die Rechtsnachfolge bekannt geworden ist. 2. Folgen der Übernahme
23
Im Fall der selbständigen Übernahme scheidet der frühere Eigentümer völlig aus dem Streit aus,26 aber nur soweit § 266 Abs. 1 reicht, also nicht soweit der frühere Kläger noch als Mitberechtigter oder bezüglich der persönlichen Ansprüche im Streit bleibt27 (zu Klagenverbindungen siehe oben Rdn. 16). Bei bloßem Beitritt des Einzelrechtsnachfolgers finden die §§ 59 ff. Anwendung. 121345 Vgl. den Fall RGZ 40, 333 ff. 222346 RGZ 40, 333, 340. 323347 RGZ 108, 350, 354 f. 424348 Parensen NJW 1960, 231. 525349 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 21.
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626350 RGZ 21, 395, 396. 727351 RGZ 40, 333, 338 (hier wurde neben der Beseitigung einer Störung auf Grund des Nachbarrechts noch Schadensersatz verlangt).
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Der Streit wird in der Lage fortgesetzt, in der er sich befindet; eine Unterbrechung des Verfahrens findet durch den Eintritt nicht statt. Der Rechtsnachfolger ist somit an die bisherige Prozesslage gebunden.28 Abgegebene Geständnisse bleiben wirksam, eine stattgefundene Beweisaufnahme muss nicht wiederholt werden. Der Rechtsnachfolger haftet im Fall des Unterliegens für alle Prozesskosten, auch für die vor der Übernahme entstandenen (vgl. § 265 Rdn. 106).
24
3. Widerspruch Liegen die Voraussetzungen des § 266 Abs. 1 vor, haben weder der Rechtsvorgänger noch der Gegner ein Widerspruchsrecht gegen die Übernahme des Rechtsstreits durch den Einzelrechtsnachfolger.29
25
a) des Rechtsvorgängers. Der Rechtsvorgänger kann aber mit der Begründung widersprechen, dass eine Rechtsnachfolge iSd § 266 Abs. 1 nicht eingetreten ist mit der Folge, dass er noch als Partei legitimiert ist. Ist der Rechtsnachfolger als Eigentümer registriert worden, so führt die Behauptung des Rechtsvorgängers nur dazu, dass er nicht aus dem Prozess ausscheidet, nicht aber dazu, dass der Rechtsnachfolger nicht eintreten darf. Der Rechtsvorgänger kann sich jedoch nicht auf den gutgläubigen Erwerb des Rechtsnachfolgers berufen mit der Folge, dass dieser deshalb nicht vom Rechtsstreit betroffen wird. Dieser Einwand steht nur dem Rechtsnachfolger zu und auch nur, wenn er den Streit nicht übernimmt (vgl. Rdn. 20). Widerspricht der Rechtsvorgänger wegen nicht erfolgter Rechtsnachfolge, hat der Übernehmer für die Rechtsnachfolge die Behauptungs- und Beweislast,30 Glaubhaftmachung ist nicht ausreichend. Scheitert der Nachweis, ist der Rechtsnachfolger durch Urteil aus dem Streit zu weisen. Dieses Urteil ist im Verhältnis zum Rechtsnachfolger ein Endurteil (vgl. § 265 Rdn. 104).31 § 268 findet keine Anwendung.32 Gegen dieses Urteil sind die Rechtsmittel der Berufung und Revision zulässig.33 Wird die Rechtsnachfolge als erwiesen angesehen, wird darüber auch durch Urteil zu entscheiden sein, das wieder im Verhältnis des Rechtsnachfolgers wie der Gegenpartei zum Rechtsvorgänger ein Endurteil darstellt, da dieser durch das Urteil aus dem Rechtsstreit ausscheidet.34 Es handelt sich dann um ein Prozessurteil, weil dem Rechtsvorgänger die Prozessführungsbefugnis abgesprochen wird. Werden die oben genannten Urteile angefochten, kann eine Entscheidung über den Hauptprozess nur unter Vorbehalt der Rechtskraft dieser Urteile ergehen.35 Widerspricht der Rechtsvorgänger nicht und scheidet er aus, kann er sich später nicht darauf berufen, dass die Rechtsnachfolge nicht eingetreten ist.
26
b) des Gegners. Auch der Gegner darf der Übernahme des Rechtsstreits durch den Rechtsnachfolger mit der Begründung widersprechen, dass die Rechtsnachfolge nicht eingetreten sei. Er kann sich jedoch nicht darauf berufen, dass der Rechtsnachfolger
32
128352 BGH NJW 1992, 2894, 2895. 229353 RGZ 108, 350, 352 f. 330354 RGZ 21, 395, 398. 431355 OLG Rostock OLGRspr 31 (1915), 42, 43; Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 4; ähnlich MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 19 (anfechtbares Zwischenurteil entsprechend § 280). 532356 RGZ 108, 350, 351 f.
633357 RG Gruchot 49 (1905), 662, 663. 734358 AA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 4; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 19: Entscheidung durch nicht selbständig anfechtbares Zwischenurteil oder in den Gründen des Endurteils. 835359 Vgl. Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 4: nur für den Fall, dass der Rechtsnachfolger aus dem Streit gewiesen wird.
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gutgläubig erworben hat, denn dieses Einwands hat sich der Rechtsnachfolger mit dem Eintritt in den Prozess begeben. Der Streit wird im Verhältnis des Gegners zum Rechtsnachfolger durch Endurteil entschieden, wenn dieser aus dem Streit gewiesen wird.36 Im weiteren Rechtsstreit darf sich der Gegner nicht mehr darauf berufen, dass der Ausgewiesene doch Rechtsnachfolger geworden sei. Er darf aber anstatt sich gegen die Übernahme zu wehren mit dem Eintritt einverstanden sein und dennoch die Sachlegitimation des Rechtsnachfolgers bekämpfen.
33
34
c) Kosten. Soweit der Prätendent aus dem Rechtsstreit gewiesen wird, sind ihm die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen. Unterliegt der Rechtsvorgänger, so treffen ihn die Kosten dieses Streits mit dem Prätendenten; unterliegt der Gegner, werden sie Teil der Kosten des Hauptstreits, weil insoweit das Urteil zum Zwischenurteil wird (§ 303). Wird von keiner Seite der Übernahme widersprochen, bedarf es keiner gerichtlichen Entscheidung. 4. Weiteres Verfahren
35
Für das weitere Verfahren kommt es darauf an, welche der Parteien zum Termin erscheint und ob eine oder beide Parteien der Übernahme widersprochen haben.
36
a) Säumnis beider ursprünglicher Parteien. Erscheint im Termin zur mündlichen Verhandlung der Rechtsnachfolger und keine der Parteien, ist zu unterscheiden: Hat keine der Parteien der Übernahme widersprochen, kann zugunsten des Rechtsnachfolgers auf Antrag ein Versäumnisurteil gegen den Prozessgegner ergehen, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Der Rechtsnachfolger kann aber auch eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen, wenn der Rechtsvorgänger bereits einmal verhandelt hat (vgl. §§ 331a, 251a Abs. 2). Hatten dagegen beide Parteien der Übernahme widersprochen, so ist der Widerspruch auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen und auch sachlich gegen die Gegenpartei durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Hat nur eine der Parteien widersprochen, so wird dieser gegenüber der Widerspruch zurückgewiesen, zugleich wird die sachliche Entscheidung durch Versäumnisurteil getroffen.
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b) Säumnis nur einer der ursprünglichen Parteien. Erscheint der Rechtsnachfolger und eine der Parteien, wird, wenn der Nichterschienene der Übernahme widersprochen hat, über den Widerspruch und uU auch sachlich durch Versäumnisurteil entschieden. Verhandelt der Widersprechende, ist über den Widerspruch sachlich und wenn es sich um den Prozessgegner handelt, auch sachlich in der Hauptsache zu entscheiden; handelt es sich um den Rechtsvorgänger, ist zur Hauptsache durch Versäumnisurteil zu entscheiden, allerdings entweder nur für den Rechtsvorgänger oder für den Rechtsnachfolger. Deshalb muss vorher oder zugleich die Entscheidung zwischen Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger ergehen. Hatte keiner widersprochen, wird nur zur Hauptsache entschieden.
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c) Säumnis des Rechtsnachfolgers. Bleibt der Rechtsnachfolger aus, nachdem er den Rechtsstreit übernommen hat, erscheinen aber die Parteien, so ist zu unterscheiden:
136360 RG Gruchot 49 (1905), 662, 663.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 266
Wenden sich beide gegen die Übernahme mit der Begründung, eine Rechtsnachfolge habe nicht stattgefunden, so ist gegen den Rechtsnachfolger auf Antrag bei Vorliegen von dessen Voraussetzungen ein Versäumnisurteil dahingehend zu erlassen, dass die Übernahme des Rechtsstreits nicht zulässig ist. Das Entsprechende gilt, wenn sich nur eine Partei gegen die Rechtsnachfolge wendet und die andere sich nicht dazu erklärt. Widerspricht der Übernahme nur der Rechtsvorgänger, so darf der Gegner für den nicht erschienenen Rechtsnachfolger verhandeln, da ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft gem. § 62 vorliegt. Dann muss streitig entschieden werden. Verhandelt aber auch der Prozessgegner nicht für den Rechtsnachfolger, dann darf dieser durch Versäumnisurteil aus dem Streit gewiesen werden und zwischen Rechtsvorgänger und Prozessgegner über den Streit entschieden werden. Widerspricht nur der Gegner der Übernahme und tritt der Rechtsvorgänger für sie ein, so liegt insoweit wieder ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft gem. § 62 vor, so dass nur streitig über die Übernahme entschieden werden kann. Wird die Übernahme bejaht, kann gegen den Rechtsnachfolger zugleich durch Versäumnisurteil entschieden werden, wenn dieser Antrag schon vorsorglich gestellt war. Bezüglich der Sachentscheidung ist der Rechtsvorgänger nur noch legitimiert, wenn die Rechtsnachfolge verneint wird. Widerspricht keine Partei, ist die Übernahme vollzogen. Deshalb darf sogleich auf Antrag ein Versäumnisurteil zur Sache oder Entscheidung nach Aktenlage ergehen, wobei hier auch die frühere Verhandlung durch den Rechtsvorgänger ausreicht.
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V. Übernahmepflicht des Rechtsnachfolgers Unter den Voraussetzungen des § 266 Abs. 1 ist der Rechtsnachfolger auf Antrag des Prozessgegners verpflichtet, den Rechtsstreit als Hauptpartei zu übernehmen.
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1. Antrag des Prozessgegners Der Antrag ist eine prozessuale und bis zum Eintritt frei widerrufliche, dem Gericht und dem Rechtsvorgänger sowie dem Rechtsnachfolger durch Zustellung eines Schriftsatzes abzugebende Willenserklärung. In der mündlichen Verhandlung kann der Antrag nur gestellt werden, wenn der Rechtsnachfolger vertreten ist. Der Antrag kann solange gestellt werden, wie die Übernahme erklärt werden kann.
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2. Übernahme durch den Rechtsnachfolger ohne Widerspruch Übernimmt der Rechtsnachfolger, ohne dass der Rechtsvorgänger widerspricht, ist die Übernahme vollzogen. Bei Säumnis des Rechtsnachfolgers oder des Prozessgegners können Versäumnisurteile ergehen; die Abwesenheit des Rechtsvorgängers ist ohne Bedeutung. Der Rechtsvorgänger scheidet aus dem Rechtsstreit aus. Zu den Kosten vgl. § 265 Rn. 106.
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3. Widerspruch gegen die Übernahme
48 a) des Rechtsvorgängers. Widerspricht nur der Rechtsvorgänger, ist dieser Streit 49
Widerspricht ein Beteiligter, gestaltet sich die Rechtslage unterschiedlich.
zwischen ihm auf der einen und dem Rechtsnachfolger, wenn dieser eintreten will, Assmann
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sowie dem Prozessgegner auf der anderen Seite auszutragen. Letztere sind insoweit notwendige Streitgenossen gem. § 62. Wird die Rechtsnachfolge bejaht, wird der Rechtsvorgänger aus dem Rechtsstreit gewiesen. Die Entscheidung ist im Verhältnis zu ihm ein Endurteil. Wird die Rechtsnachfolge verneint, wird der Antrag des Prozessgegners zurückgewiesen und der Rechtsnachfolger aus dem Streit gewiesen. Diese Entscheidung ist im Verhältnis zu dem Prätendenten Endurteil, im Verhältnis zwischen den Parteien Zwischenurteil. Auf diese Rechtsnachfolge kann sich der Gegner nach Rechtskraft des Urteils auch nicht mehr gegenüber dem Rechtsvorgänger berufen. Bleibt der widersprechende Rechtsvorgänger aus, so kann gegen ihn Versäumnisurteil ergehen und anschließend sachlich zwischen Rechtsnachfolger und Prozessgegner verhandelt und entschieden werden. Bleibt der Rechtsnachfolger oder der Gegner aus, ist streitig zu entscheiden (§ 62). Eine Entscheidung gegen den Säumigen wäre zugleich zulässig, wenn die entsprechenden Anträge gestellt sind, jedoch nicht vor der Entscheidung darüber, ob der Rechtsvorgänger oder der Rechtsnachfolger Partei sind. b) des Rechtsnachfolgers. Weigert sich nur der Rechtsnachfolger, den Streit zu übernehmen, so kann dies aus zwei Gründen erfolgen: entweder er bestreitet die Rechtsnachfolge oder er behauptet gutgläubigen, prozesslastenfreien Erwerb (§§ 265 Abs. 3, 266 Abs. 2, 325 Abs. 2). Beruft er sich auf gutgläubigen Erwerb, muss der Prozessgegner die Bösgläubigkeit behaupten und beweisen, da die Gutgläubigkeit vermutet wird. Die Übernahmepflicht entfällt bei gutgläubigem Erwerb. Die Übernahme ist in diesem Fall unzulässig.37 Liegt ein gutgläubiger Erwerb vor, so gilt auch im Fall des § 266 der § 265 Abs. 3 (§ 266 Abs. 2), dh dem Kläger darf die fehlende Aktivlegitimation entgegengehalten werden. Bei gutgläubigem Erwerb durch den Rechtsnachfolger des Beklagten greift nicht § 265 Abs. 3, sondern § 265 Abs. 2 ein. Zu beachten ist aber § 325 Abs. 3, wonach trotz Gutgläubigkeit des Rechtsnachfolgers bezüglich der Rechtshängigkeit bei eingetragenen Reallasten, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden in Bezug auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte das Urteil dennoch gegenüber dem Rechtsnachfolger wirkt, so dass § 266 Abs. 2 keine Anwendung findet. Das Entsprechende gilt auch für die eingetragenen Schiffs- und Schiffsbauwerkhypotheken (§ 325 Abs. 4) sowie für Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen. Für andere dingliche Rechte gilt dies nicht, unabhängig davon, ob sie eingetragen sind oder nicht. Darüber hinaus ist der böse Glaube des Erstehers in der Zwangsversteigerung unschädlich, soweit die Rechtshängigkeit nicht vor Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist (§ 325 Abs. 3 S. 2).38 Gelingt ansonsten der Nachweis der Bösgläubigkeit, dann ist der Widerspruch des Rechtsnachfolgers zurückzuweisen und eine Entscheidung in der Sache zu treffen. Misslingt der Beweis, ist der Antrag des Prozessgegners auf Übernahme zurückzuweisen. Die Entscheidung ist in dem Verhältnis von Prozessgegner zum Rechtsnachfolger Endurteil, in dem zum Rechtsvorgänger Zwischenurteil. 137361 RGZ 123, 79, 80; RGZ 108, 350, 355.
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238362 RGZ 122, 156, 158; vgl. OLG Hamburg OLGRspr 19, 192.
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Erscheint der Rechtsnachfolger nicht, so darf gegen ihn Versäumnisurteil über die Bejahung seiner Eintrittspflicht und zugleich Versäumnisurteil zur Sache erlassen werden. Da sich der Rechtsvorgänger auf den gutgläubigen Erwerb des Rechtsnachfolgers nicht berufen darf, gibt es insoweit keine notwendige Streitgenossenschaft. Der Rechtsvorgänger kann deshalb nicht mit diesem Argument die Versäumnisentscheidung gegen den Rechtsnachfolger abwenden, sondern er ist streitig aus dem Rechtsstreit zu weisen. Ist der Prozessgegner ausgeblieben, darf der angebliche Rechtsnachfolger gegen ihn nur dahingehend ein Versäumnisurteil erwirken, dass der Antrag auf Übernahme zurückgewiesen wird. Nur der zugleich erschienene Rechtsvorgänger kann dann eine Versäumnisentscheidung zur Hauptsache gegen den Gegner beantragen, nicht aber der ausscheidende Rechtsnachfolger. Beruft sich der Rechtsnachfolger darauf, dass er nicht Rechtsnachfolger geworden ist, muss die Rechtsnachfolge vom Prozessgegner bewiesen werden, soweit nicht ein Versäumnisurteil gegen ihn ergehen kann.
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c) des Rechtsvorgängers und des Rechtsnachfolgers. Widersprechen angeblicher Rechtsnachfolger und Rechtsvorgänger gemeinsam dem Antrag des Prozessgegners auf Übernahme, hat dieser gegenüber beiden die Beweislast der Rechtsnachfolge. Genügt er ihr nicht, ergeht Endurteil, in dem der Antrag des Gegners auf Übernahme des Rechtsstreits durch den angeblichen Rechtsnachfolger zurückgewiesen wird; andernfalls wird der Rechtsnachfolger zur Übernahme verpflichtet und der Rechtsvorgänger aus dem Streit gewiesen. Diese Entscheidungen dürfen zusammen mit dem Endurteil in der Hauptsache ergehen.39 Sie sind im Verhältnis zwischen den im Rechtsstreit verbleibenden Parteien Zwischenurteile (§ 303).40 Der angebliche Rechtsnachfolger kann sich gegenüber dem Gegner nicht auf eine Rechtsnachfolge berufen, wenn er der Übernahme wegen fehlender Rechtsnachfolge widersprochen hat und ihm das Gericht beipflichtet. Allerdings muss er die Rechtsnachfolge gegen sich gelten lassen, wenn sie nach dem Erkenntnis des Gerichts vorliegt. Erscheint einer von beiden − der Rechtsvorgänger bzw der angebliche Rechtsnachfolger − nicht, ist bei Verhandlung mit dem anderen wegen § 62 durch streitiges Urteil zu entscheiden. Nur wenn beide ausbleiben, kann ein Versäumnisurteil ergehen und zugleich gegen die Partei, welche nach der Säumnisentscheidung Partei ist, über den übrigen Streit entschieden werden.
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§ 267 Vermutete Einwilligung in die Klageänderung Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Änderung zu widersprechen, sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.
139363 RGZ 21, 395, 397 f.; RGZ 11, 312, 318.
240364 OLG Hamburg OLGRspr 19, 192, 193; OLG Karlsruhe BadRPr 1916, 179, 180.
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§ 267
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Übersicht Rdn
I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendungsbereich . . . . . . .
3
Rdn IV. Voraussetzungen . . . . . . . . . 1. Rügelose Einlassung . . . . . . 2. Widerspruch . . . . . . . . . 3. Unwiderruflichkeit der Einlassung
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I. Gesetzesgeschichte
1
Der ursprüngliche § 241 (§ 233 des Entwurfs) der CPO von 18771 wurde durch die Bekanntmachung von 18982 unverändert zu § 269 und nach der Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19763 wiederum unverändert zu § 267.
II. Normzweck
2
§ 267 bestimmt, dass der Beklagte sein Recht, die Klageänderung zu rügen verliert, sobald er sich auf die abgeänderte Klage eingelassen hat. Es wird unwiderlegbar vermutet, dass er in die Klageänderung eingewilligt hat. Dabei ist es unerheblich, ob der Beklagte einwilligen wollte oder ihm überhaupt bewusst war, dass es sich um eine Klageänderung handelte.4 Die Vorschrift entspricht in ihrer Rechtswirkung § 39 S. 1. Bei einer rügelosen Einlassung kann demnach dahingestellt bleiben, ob eine Klageänderung überhaupt vorliegt.5
III. Anwendungsbereich
3
§ 267 findet Anwendung bei der Klageänderung gem. § 263 und überall dort, wo § 263 direkt oder entsprechend angewendet wird, z.B. entgegen der hier vertretenen Meinung beim gewillkürten Parteiwechsel, soweit dieser entsprechend der Klageänderung behandelt wird (vgl. § 263 Rdn. 121),6 sowie bei Klageänderung, Aufrechnungserklärung7 und Widerklage in der Berufungsinstanz (§ 533 Nr. 1)8 und im Fall des § 265 Abs. 2 S. 2 (siehe § 265 Rdn. 100).
IV. Voraussetzungen
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Die vermutete Einwilligung ist Folge der rügelosen Einlassung des Beklagten auf die geänderte Klage. Sie ist von der ausdrücklichen oder konkludent erklärten Einwilligung abzugrenzen, die eine Prozesshandlung darstellt.
1 1365 RGBl S. 83, 126. 2 2366 RGBl S. 410, 460. 3 3367 BGBl I S. 3281, 3283. 4 4368 BayObLGZ 4 (1904), 707, 712; Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 1; Musielak/Foerste Rdn. 1; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 10. 5 5369 BGH NJW-RR 1988, 915, 916.
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6 6370 Roth NJW 1988, 2977, 2984 spricht sich trotz entsprechender Anwendung des § 263 im Hinblick auf die neue Partei gegen die Anwendung des § 267 aus. 7 7371 RGZ 119, 64, 69; RGZ 77, 29, 32 zu § 529 a.F.; Schneider MDR 1975, 979. 8 8372 RG JW 1902, 215 zu § 529 ZPO a.F.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 267
1. Rügelose Einlassung Eine Einlassung des Beklagten iSd § 267 liegt vor, wenn sich dieser sachlich zur geänderten Klage in der mündlichen Verhandlung erklärt, ohne vorher die Unzulässigkeit der Klageänderung zu rügen.9 So kann bereits in der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung ein ausreichendes Verhandeln zur Sache mit der Folge liegen, dass die Vermutung des § 267 eingreift.10 Eine erst danach vorgebrachte Rüge bleibt dann unberücksichtigt.11 Als Einlassung kann es bereits angesehen werden, wenn die Prozessvoraussetzungen der geänderten Klage in Zweifel gezogen werden;12 die erschöpfende Sachbehandlung ist jedenfalls nicht erforderlich, etwa bei Vertagung wegen mangelnder Vorbereitung.13 Dagegen ist ein hilfsweises Vorbringen gegen die Zulässigkeit der neuen Klage oder zur Hauptsache kein rügeloses Einlassen.14 Im schriftlichen Verfahren (§ 128 Abs. 2) und bei der Entscheidung nach Lage der Akten (§§ 251a, 331a) muss eine Einlassung in dem nächsten Schriftsatz erfolgen, der sich mit der Änderung befasst. Dagegen genügt die Einlassung in nur vorbereitenden Schriftsätzen regelmäßig nicht zur Annahme einer Einwilligung durch Rügeverlust. Im Verfahren erster Instanz tritt ein Rügeverlust erst mit streitiger Verhandlung nach Beendigung der Güteverhandlung ein. Dasselbe gilt im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Unterbleibt die Einlassung, etwa bei Säumnis, wird die Rüge nicht verloren. Das Versäumen der Einlassung steht der Einlassung nicht gleich.15 Erklärt der Beklagte, dass ihm das neue Vorbringen unverständlich sei und er sich deshalb darauf nicht einlasse, kann daraus nicht auf eine Einwilligung geschlossen werden. Dasselbe gilt, wenn sich der Gegner überhaupt nicht zur geänderten Klage äußert.16 Eine vorweggenommene Einlassung iSd § 267 ist im Gegensatz zu einer vorweggenommenen Einwilligung nicht möglich, da die Einlassung der Klageänderung nachfolgen muss.17 Darin, dass der Kläger seine Klage nunmehr auf den abweichenden Sachvortrag des Beklagten stützt, kann allenfalls eine vorweggenommene konkludente Einwilligung gesehen werden, nicht aber eine rügelose Einlassung iSd § 267 (§ 263 Rdn. 60).18 Eine Verweigerung der Einwilligung bzw ein Widerspruch könnte sich zumindest als treuwidrig erweisen.19
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2. Widerspruch Für den Widerspruch ist ein positives Handeln erforderlich, in dem der Widerspruchswille zumindest schlüssig zum Ausdruck kommt.20 Lediglich die fehlende Einwilligung in die Klageänderung genügt nicht, den Eintritt der Wirkung des § 267 zu 1 9373 RG Warn 1915–1916 Nr. 4. 210374 BGH NJW 1990, 505; vgl. aber BGH NJW 1975, 1228, 1229. 311375 BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGH NJW-RR 1989, 1207, 1208 (allerdings hier neben dem Antrag auf Klageabweisung noch eine mit nachgelassenem Schriftsatz zur Sache ergehende Erklärung). 12376 4 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 98 Rdn. 19; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 4. 513377 RG JW 1907, 391, 392. 614378 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 5. 715379 RG JW 1912, 200.
816380 RG JW 1931, 1800, 1802. 917381 Musielak/Foerste Rdn. 2; aA Jauernig FS Schwab (1990), S. 247, 254; Wach Gruchot 30 (1886), 768, 778 f. 18382 10 Vgl. RGZ 103, 419, 422; RG Warn 1918 Nr. 194; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 7; aA RG HRR 1932 Nr. 789 (keine Änderung des Klagegrundes); RG HRR 1929 Nr. 850; RG LZ 1927, 1023 Nr. 16; RG JR 1925 Nr. 1276; Zöller/ Greger Rdn. 2. 19383 11 BGH NJW-RR 1990, 505, 506. 20384 12 BGH NJW 1990, 2682.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
verhindern, wenn sich der Gegner auf die geänderte Klage sachlich einlässt.21 Dagegen kann der Widerspruch auch dadurch erfolgen, dass der Beklagte auf einen die Klageänderung als unzulässig bezeichnenden Schriftsatz stillschweigend Bezug nimmt.22 3. Unwiderruflichkeit der Einlassung
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Der Rügeverlust ist für das Verfahren endgültig.23 Er kann auch noch in der Berufungsinstanz eintreten, wenn die Klageänderung erstmals in dieser Instanz erfolgt.24
§ 268 Unanfechtbarkeit der Entscheidung Eine Anfechtung der Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege oder dass die Änderung zuzulassen sei, findet nicht statt.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendbarkeit
. . . . . . . . .
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IV. Entscheidung über die Klageänderung . . . . . . . . . . . . . .
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Rdn 1. Zulassung der Klageänderung . . a) Stillschweigende Zulassung . . b) Unanfechtbarkeit . . . . . . c) Erneute Klageänderung . . . . 2. Nichtzulassung der Klageänderung
8 10 14 17 18
V. Materiellrechtliche Folgen . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
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Der ursprüngliche § 242 (§ 233a des Entwurfs) der CPO von 18771 wurde durch die Novelle von 18982 dahingehend ergänzt3, dass auch die Entscheidung, die die Klageänderung zulässt, nicht anfechtbar ist. Durch die Bekanntmachung von 18984 wurde § 242 inhaltsgleich zu § 270 und nach der Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19765 unverändert zu § 268.
II. Normzweck
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Diese Regelung dient der Prozessbeschleunigung.6 In den Fällen des § 263 soll die Entscheidung, dass der neu eingeführte Anspruch gegenüber dem bisherigen keine Klageänderung darstelle oder die Klageänderung zuzulassen sei, einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht entzogen werden,7 damit nicht im Nachhinein bereits ergangene sachliche Entscheidungen wieder hinfällig werden.8 121385 BGH NJW 1990, 2682. 222386 BGH NJW 1975, 1228, 1229. 323387 RG JR 1927 Nr. 1251. 424388 RG Warn 1937 Nr. 13; RGZ 51, 110, 112. 5 1389 RGBl S. 83, 126. 6 2390 RGBl S. 256, 270. 7 3391 Veranlasst durch die Änderung des § 264, nach dem eine Klageänderung nicht nur mit Einwilligung des Beklagten, sondern auch dann zulässig
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ist, wenn dadurch nach dem Ermessen des Gerichts die Verteidigung des Beklagten nicht wesentlich erschwert wird. 4392 8 RGBl S. 410, 461. 5393 9 BGBl I S. 3281, 3283. 106394 RGZ 53, 359, 361. 117395 BGH NJW 1970, 44, 45; RG SeuffArch 66, 118, 119; RGZ 53, 359, 361.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 268
III. Anwendbarkeit Diese Vorschrift findet nur Anwendung auf Entscheidungen, die den Einwand der unzulässigen Klageänderung auf Grund der allgemeinen Vorschriften der §§ 263 f. für unbegründet erklären, nicht dagegen, wenn es sich um die Zulässigkeit eines Eintritts einer Partei in den gesetzlich geregelten Fällen handelt, wie z.B. §§ 76, 239, 240, 265, 266, 856.9 Dasselbe gilt für den gewillkürten Parteiwechsel, der nach der hier vertretenen Ansicht keine Klageänderung darstellt (§ 263 Rdn. 123 f.).10 Dagegen findet nach h.M. in den Fällen, in denen diese den gewillkürten Parteiwechsel entsprechend den Vorschriften über die Klageänderung behandelt, auch § 268 Anwendung, so beim gewillkürten Parteiwechsel in erster Instanz und beim Klägerwechsel in zweiter Instanz,11 nicht aber, wenn über die Zulässigkeit des gewillkürten Beklagtenwechsels in der Berufungsinstanz durch Zwischenurteil gem. § 280 Abs. 2 entschieden worden ist.12 Ist die Klageänderung gesetzlich verboten (vgl. § 263 Rdn. 78), so ist die Zulassung der Klageänderung durch das Gericht trotz § 268 anfechtbar.13
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IV. Entscheidung über die Klageänderung Zu einer Entscheidung über die Klageänderung kommt es nur auf Rüge des Beklagten. Beugt sich der Beklagte der Entscheidung nicht, sondern greift nur die fallen gelassene Klage mit einem Rechtsmittel an, ist das Rechtsmittel unzulässig.14 Andererseits kann dem Beklagten in den Tatsacheninstanzen nicht verwehrt werden, fallen gelassene Ansprüche durch Widerklage zu verfolgen, sofern nicht auf sie gem. § 306 verzichtet worden ist. Umgekehrt zwingt eine nicht erhobene Rüge das Gericht sachlich über den geänderten Klageantrag zu entscheiden, wenn der Beklagte sich auf die geänderte Klage eingelassen hat, da dann eine Einwilligung des Beklagten gem. § 267 anzunehmen ist.
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1. Zulassung der Klageänderung Über die Klageänderung kann durch Zwischenurteil gem. § 303 oder im Endurteil entschieden werden.15 Lässt das Gericht die Klageänderung gem. § 263 zu16 oder nimmt es zu Unrecht an, dass sie gesetzlich gem. § 264 zugelassen sei17 oder dass der Beklagte eingewilligt habe bzw die Einwilligung gem. § 267 anzunehmen sei,18 dann ist die Entscheidung unanfechtbar. 1 8396 RGZ 4, 391. 2 9397 RGZ 141, 277, 283; RGZ 108, 350, 351 f. 310398 Für die Unanwendbarkeit des § 268 bei einem gewillkürten Parteiwechsel auch Roth NJW 1988, 2977, 2984. 11399 4 BGH NJW-RR 1987, 1084, 1085 (Parteiwechsel auf der Klägerseite in erster Instanz); OLGR Jena 2000, 205 (Parteierweiterung in erster Instanz); BGH NJW 1976, 239, 240 (Beitritt weiterer Kläger in der Berufungsinstanz). 512400 BGH NJW 1981, 989; BGH NJW 1974, 750; anders für den Parteibeitritt auf der Beklagtenseite OLG Hamburg MDR 1954, 554.
613401 Musielak/Foerste Rdn. 2 allerdings unter Verweis auf § 181 InsO, der kein Klageänderungsverbot enthält (vgl. § 263 Rdn. 79), so auch Stein/Jonas/ Schumann21 § 263 Rdn. 35, auf den Foerste jedoch verweist. 714402 RG JW 1900, 522. 815403 RGZ 53, 359, 361; RG JW 1902, 418, 419; RGZ 3, 371, 372. 916404 BGHZ 165, 223, 227 = NJW 2006, 695, 696. 17405 10 RG JW 1902, 215 und 418, 419. 18406 11 RG JW 1910, 944; RG JW 1907, 518; RG SeuffArch 66, 118, 119.
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a) Stillschweigende Zulassung. Bereits in der stillschweigenden Entscheidung über den geänderten Klageantrag liegt die Zulassung.19 Ein solcher Fall liegt vor, wenn über den geänderten Klageantrag sachlich entschieden wird,20 aber auch, wenn über ihn formal erkannt, also z.B. die Klage als unzulässig abgewiesen oder verwiesen wird (§ 281). Darauf, ob dem Antrag letztendlich entsprochen oder ob er abgewiesen wird, kommt es nicht an.21 Es genügt, wenn sich die Entscheidung aus dem Prozessverlauf und dem Gesamtinhalt des Urteils ergibt.22 Damit steht gem. § 268 bindend fest, dass entweder keine Klageänderung vorliegt (§ 264) oder eine solche sachdienlich ist (§ 263).23 Wenn das Gericht jedoch überhaupt keine Entscheidung fällt, von der die Sache selbst auch nur mittelbar betroffen wird, und auch die Klageänderung nicht zulässt, findet § 268 keine Anwendung.24 Dies ist z.B. der Fall, wenn der Beklagte gegenüber einem Hilfsantrag die Klageänderung zulässigerweise und rechtzeitig gerügt hat, das Gericht aber nicht über den Hilfsantrag entschieden hat und dieser rügebehaftete Hilfsantrag in die nächste Instanz kommt (vgl. § 263 Rdn. 104). § 268 ist bezüglich des Hilfsantrags nur anzuwenden, wenn eine Instanz über ihn sachlich entscheidet. b) Unanfechtbarkeit. Die zulassende Entscheidung ist in allen Fällen unanfechtbar,25 auch wenn sie erst in der Berufungs-26 oder in der Revisionsinstanz27 ergeht. Sie bleibt auch für das gesamte weitere Verfahren maßgebend. Dies gilt auch nach Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.28 Dies gilt selbst dann, wenn das Berufungsgericht eine vom Gericht erster Instanz überhaupt nicht ausgesprochene Zulassung billigt.29 Wenn das Gericht die Frage, ob eine Klageänderung vorliegt, offengelassen und für den Fall, dass eine Klageänderung vorliegen sollte, diese jedenfalls als sachdienlich angesehen hat, ist das Rechtsmittelgericht an diese Entscheidung gebunden.30 c) Erneute Klageänderung. Wird allerdings die Klage erneut geändert und auf eine schon einmal zugelassene geänderte Klage zurückgegriffen, liegt eine neue Klageänderung vor, über die trotz Vorentscheidung erneut zu befinden ist.31 2. Nichtzulassung der Klageänderung
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Lässt das Gericht die Klageänderung nicht zu, muss es dies begründen.32 In diesem Fall ist, wenn die Entscheidung über die Nichtzulassung in einem Zwischenurteil getroffen ist, dieses zugleich mit dem Endurteil und wenn die Entscheidung im Endurteil enthalten ist, diese in ihm anfechtbar gem. §§ 512, 557 Abs. 2 mit dem Ziel, die Klageänderung zuzulassen, obwohl das Endurteil nur über den ursprünglichen Kla119407 RGZ 155, 227, 229; RG Warn 1915–1917 Nr. 125; RG JW 1907, 712, 713. 220408 BGH NJW 1990, 2682; BAG BB 2005, 829, 830 zur Klageänderung in der Berufungsinstanz; vgl. RGZ 53, 35, 37; aA BGH LM Nr. 1 zu § 268 ZPO. 21409 3 RGZ 53, 359, 361; RGZ 4, 412, 413. 22410 4 RGZ 155, 227, 229. 523411 BAG BB 2005, 829, 830 zur Klageänderung in der Berufungsinstanz. 624412 RGZ 66, 415, 419; RG JW 1902, 165. 725413 BGH NJW 1965, 1599 (Abstandnahme vom Urkundenprozess mit Einwilligung des Beklagten
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und bei Sachdienlichkeit in der Berufungsinstanz, vgl. aber § 263 Rdn. 38); RGZ 128, 359, 363; RG Gruchot 60, 693, 694; vgl. auch OLG Hamburg NJW-RR 1998, 1616. 826414 BGH NJW 1970, 44, 45; RGZ 128, 359, 363; RGZ 53, 359, 361. 927415 BGHZ 123, 132, 137 = NJW 1993, 3072, 3073; vgl. BGH MDR 1979, 829. 28416 10 RGZ 53, 359, 362. 29417 11 RGZ 137, 324, 333. 30418 12 BGH NJW 1992, 2099; BGH NJW 1970, 44, 45. 31419 13 BGH NJW 1990, 2682. 32420 14 RAGE 16, 226, 231.
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§ 269
geantrag befindet. Der Kläger ist in jedem Fall allein durch die Nichtzulassung beschwert, auch wenn seinem ursprünglichen Antrag stattgegeben wird.33 Hat das Berufungsgericht zu Unrecht eine Klageänderung nicht zugelassen, kann das Revisionsgericht nicht in der Sache selbst entscheiden, sondern muss die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.34 Haben die vorhergehenden Instanzen die Vorschriften über die Klageänderung nicht angewendet, weil sie zu Unrecht von einem gesetzlichen Parteiwechsel ausgegangen sind, oder den neuen Antrag aus anderen Gründen für unzulässig hielten, kann das Revisionsgericht über die Zulässigkeit der Klageänderung entscheiden.35 Ist die sachliche Entscheidung offen geblieben, dann hat das Revisionsgericht die Sache aufzuheben und zurückzuverweisen, wenn die Zulassung sachdienlich ist (vgl. § 263 Rdn. 106).36 Die Zulässigkeit der Klageänderung kann das Revisionsgericht, da es sich um eine Prozessvoraussetzung handelt, selbst prüfen.37 Allerdings hat sich, wenn die Sachdienlichkeit verneint wurde, die Nachprüfung in der Revisionsinstanz darauf zu beschränken, ob der Tatsachenrichter den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt oder die Grenzen des Ermessens bei der Verneinung der Sachdienlichkeit überschritten hat (§ 263 Rdn. 66).38 Lässt das Gericht die Klageänderung zwar nicht zu, entscheidet es aber hilfsweise sachlich, dann sollte man Zulassung der Klageänderung annehmen (siehe § 263 Rdn. 99)
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V. Materiellrechtliche Folgen Die Verneinung der Klageänderung durch das Untergericht hat keine Auswirkungen auf die Entscheidung über die Einrede der Verjährung. Hinsichtlich der Verjährung ist jedoch § 213 BGB zu berücksichtigen.39
§ 269 Klagerücknahme (1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der 133421 AA Zöller/Greger Rdn. 3. 234422 BGH LM Nr. 1 zu § 75 AktG (2. LS). 335423 BGHZ 123, 132, 137 = NJW 1993, 3072, 3073; BGH NJW-RR 1989, 66, 68; BGH NJW 1979, 1306 (LS) = FamRZ 1979, 573, 575. 36424 4 BGH LM Nr. 3 zu § 264 a.F. (LS); MünchKomm/Becker-Eberhard § 263 Rdn. 46. 537425 Für den Fall, dass die Sachdienlichkeit in den Tatsacheninstanzen nicht geprüft worden ist, vgl. BGH NJW 2003, 1043, 1044; BGH NJW 1989, 3225 f.; BGH NJW-RR 1989, 66, 68. 638426 BGH NJW 1996, 2869, 2870; BGHZ 123, 132,
136 = NJW 1993, 3072, 3073; BGH NJW-RR 1990, 505, 506; BGH NJW 1985, 1841, 1842; BGH NJW 1975, 1228, 1229; BGH NJW 1958, 184; BGHZ 16, 317, 322 = NJW 1955, 667; BGHZ 1, 65, 71 = NJW 1951, 311, 312; RG Warn 1942 Nr. 52; RG JW 1936, 385; RG JW 1935, 2896, 2897; RG SeuffArch 92 Nr. 104; BAG WM 1976, 598, 600. 739427 Vgl. auch RGZ 54, 219, 221 f., das in diesen Fällen eine Nachprüfung der rechtzeitigen Verjährungsunterbrechung wegen § 268 verneint hat; MünchKommBGB5/Grothe (2006) § 213 Rdn. 5.
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mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist. (3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde. (4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. (5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist. (6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind. Schrifttum Baumgärtel Wesen und Begriff der Prozeßhandlung einer Partei im Zivilprozeß, 1957; Becker-Eberhard § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO − Die Neueröffnung der Debatte um die richtige Behandlung der einseitigen Erledigungserklärung, Festschrift für Walter Gerhardt, 2004, S. 25; Bonifacio Klagerücknahme und Erledigungserklärung nach der Zivilprozessreform, MDR 2002, 499; Brammsen/Leible Die Klagerücknahme, JuS 1997, 54; Breitkopf Die Klageerhebung und −rücknahme bei vollmachtloser Prozessvertretung und ihre kostenrechtliche Beurteilung, 2004; Dalibor Verfassungswidrige Risikoverteilung im Kostenverfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, ZZP 119 (2006), 331; Deckenbrock/Dötsch JuMoG − Aktuelle Änderungen bei der Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, MDR 2004, 1214; Elzer Einseitige Erledigterklärung vor Rechtshängigkeit nach dem ZPO-Reformgesetz, NJW 2002, 2006; Fischer Antragsrücknahmen im Mahnverfahren und ihre Folgen MDR 1994, 124; Groß Klageänderung und Klagerücknahme, 1959; Henckel Die Klagerücknahme als gestaltende Verfahrenshandlung, Festschrift für Eduard Bötticher, 1969, S. 173; Mayer Nochmals: Urteil bei Fehlen der nach § 269 Abs. 1 ZPO erforderlichen Einwilligung, MDR 1985, 373; Mende Die in den Prozeßvergleich aufgenommene Klagerücknahme, 1976; Monschau Die Einrede mangelnder Kostenerstattung gem. § 269 Abs. 6 ZPO, ProzRB 2003, 26; Piehler Der Antragsverzicht im Grundbuchrecht, Gedächtnisschrift für Arens, 1993, S. 323; Schneider Über die analoge Anwendung des § 271 Abs. 3 ZPO vor Rechtshängigkeit, ZZP 76 (1963), 32; ders. Kostenrechtliche Probleme bei der Klagerücknahme, MDR 1961, 545; ders. Die Kostenregelung der Klagerücknahme nach neuem Recht, JurBüro 2002, 509; Schultzenstein Ueber den Zeitpunkt, bis zu welchem im Civilprozeß die Zurücknahmen der Klage, der Berufung, der Revision und des Einspruchs zulässig sind, Gruchot 27 (1883), 229; Schur Klagerücknahme bei Erledigung vor Rechtshängigkeit und materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch, KTS 2004, 373; Vollkommer Steht das gerichtliche Präjudiz zur Disposition der Parteien, MDR 1998, 820; Walther Klageänderung und Klagerücknahme, 1969.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Anwendungsbereich . . . . . . .
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IV. Vollziehung der Klagerücknahme . 1. Wesen der Erklärungen . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . b) Prozesshandlung . . . . . . . 2. Widerruflichkeit . . . . . . . . a) der Klagerücknahme . . . . . b) der Einwilligung . . . . . . . c) der Weigerung . . . . . . . . 3. Zeitpunkt der Erklärungen . . . a) Klagerücknahme . . . . . . . b) Einwilligung . . . . . . . . c) Verhandeln zur Hauptsache . . d) Stadium zwischen Klagerücknahme und Einwilligung . . . e) Verweigerung der Einwilligung . 4. Inhalt der Erklärungen . . . . . a) Klagerücknahme . . . . . . . b) Einwilligung . . . . . . . . 5. Teilweise Klagerücknahme . . . . 6. Form der Erklärungen . . . . . a) Postulationsfähigkeit . . . . . b) Zuständiges Gericht . . . . .
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V. Wirkungen der Klagerücknahme . . 1. Prozessuale Wirkungen . . . . . 2. Materiellrechtliche Wirkungen . . 3. Abgrenzung zu sonstigen Wirkun-
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Rdn gen . . . . . . . . . . . . . a) Prozessuale Erklärungen . . . b) Materiellrechtliche Erklärungen VI. Kostentragungspflicht . . 1. Umfang der Kostenpflicht 2. § 269 Abs. 3 S. 2 . . . . 3. § 269 Abs. 3 S. 3 . . . .
. . . .
. . . .
79 80 92 95
VII. Das Verfahren . . . . . . . . . . 1. Beschluss gem. § 269 Abs. 4 . . . a) Antragserfordernis . . . . . . b) Inhalt der Entscheidung . . . . c) Keine Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 4 . . . . . . . . . 2. Unterschiedliche Auffassungen von Gericht und Parteien bezüglich der Klagerücknahme . . . . . . 3. Streit zwischen den Parteien über die Wirksamkeit der Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsmittel . . . . . . . . . .
102 103 106 108
119 123
VIII. Prozesshindernis mangelnder Kostenerstattung . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen . . . . . . . . 2. Folgen . . . . . . . . . . . .
125 126 133
IX. Gebühren und Streitwert . 1. Gebühren . . . . . . . a) Gerichtsgebühren . . b) Rechtsanwaltsgebühren 2. Streitwert . . . . . . .
134 134 134 136 142
. . . . .
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65 66 73
. . . . .
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112 117
I. Gesetzesgeschichte Der ursprüngliche § 243 (§ 234 des Entwurfs) der CPO von 18771 wurde nach der Bekanntmachung von 18982 inhaltsgleich zu § 271 und durch die 4. Vereinfachungsverordnung vom 12.1.19433 in Abs. 2 und 3 verändert. Die Bestimmung erfuhr weitere kleinere Änderungen durch das VereinhG vom 12.9.19504 und wurde nach der Vereinfachungsnovelle vom. 3.12.19765 unverändert zu § 269. Durch das KindUG vom. 6.4.19986 wurde § 269 in Abs. 3 S. 2 und 3 geändert und durch das ZPO-RG vom 27.7.20017 in § 269 Abs. 2 ergänzt durch S. 3 und 4, Abs. 3 ergänzt durch S. 3, der frühere Abs. 3 S. 3 wurde zu Abs. 4, der frühere Abs. 3 S. 5 zu Abs. 5 mit Ergänzungen, der frühere Abs. 4 wurde zu Abs. 6. § 269 Abs. 3 S. 3 wurde geändert durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004,8 indem das Wort unverzüglich gestrichen und klargestellt wurde, dass S. 3 auch gilt, wenn die Klage nicht zugestellt wird.
1 1428 RGBl S. 83, 126 f. 2 2429 RGBl S. 410, 461. 3 3430 RGBl I S. 7, 8. 4 4431 BGBl I S. 455, 472; BGBl I S. 535, 558 (Bekanntmachung).
5 5432 BGBl I S. 3281, 3283. 6 6433 BGBl I S. 666, 668. 7 7434 BGBl I S. 1887, 1891. 8 8435 BGBl I S. 2198.
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§ 269
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
II. Normzweck
2
Eine Zurücknahme der Klage im beiderseitigen Einvernehmen ist unproblematisch. Einer Regelung bedarf jedoch die einseitige Zurücknahme der Klage durch den Kläger.9 Diese ist dem Kläger nur bis zur mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache gestattet. Die Vorschrift dient dem Schutz des Beklagten, der sich auf die Klage eingelassen hat. Dieser hat ein Recht auf Entscheidung der Streitsache, das mit Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache entsteht.10
III. Anwendungsbereich
3
§ 269 gilt sowohl für die Klage als auch für die Widerklage11 sowie für alle Klageund Prozessarten, entsprechend in den Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit,12 in Baulandsachen13. Die Vorschrift gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren (§ 46 Abs. 2 ArbGG). Entsprechende Anwendung findet § 269 Abs. 3, nicht aber § 269 Abs. 1 und 2, bei Arresten,14 einstweiligen Verfügungen (vgl. dazu Rdn. 93),15 bei Rücknahme eines Aufhebungsantrags gem. § 927,16 im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens gem. § 888,17 im Insolvenzverfahren (vgl. § 4 InsO),18 im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen gem. §§ 1060 ff.19 sowie im Kostenfestsetzungsverfahren,20 und bei Rücknahme des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens21. § 269 Abs. 3 S. 3 findet dagegen keine entsprechende Anwendung, wenn sich das selbständige Beweisverfahren durch Mängelbeseitigung nach Einholung des Sachverständigengutachtens „erledigt“ hat.22 § 269 Abs. 6 gilt entsprechend, wenn die Klage infolge des Verhaltens des Klägers für zurückgenommen erklärt wird (§§ 113, 632 Abs. 4). Diese Entscheidung löst die Folgen des § 269 aus. Für das patentgerichtliche Verfahren ist § 269 ebenfalls anzuwenden. Allerdings kann die Patentnichtigkeitsklage in jeder Lage des Verfahrens ohne Ein1 9436 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 263. 210437 OLG Karlsruhe OLGZ 1968, 37, 38; Mende S. 22; Walther S. 39 ff. 311438 Vgl. RGZ 58, 259 f.; OLGR Stuttgart 2004, 181, 183 = NJOZ 2004, 29, 31 f. 412439 BayOblG ZMR 2001, 989 (offengelassen für § 269 Abs. 1); OLG Düsseldorf NJW 1980, 349; KG NJW 1971, 2270 f.; AG Neustadt FamRZ 2004, 1392 (offengelassen für § 269 Abs. 1); aA OLG Hamm NJW 1973, 2300, 2301 (jederzeitige Antragsrücknahme). 13440 5 OLG Zweibrücken NJW 1973, 363. 14441 6 KG MDR 1988, 239; OLG Düsseldorf NJW 1982, 2452 f.; OLG Düsseldorf NJW 1981, 2824 f.; OLG Hamburg WRP 1977, 495; OLG Koblenz MDR 1974, 316 f.; OLG Köln NJW 1973, 2071. 715442 Vgl. BGH NJW-RR 1995, 495; OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 527, 528; OLG Frankfurt GRUR-RR 2002, 44, 45; OLG Hamm MDR 1993, 909; KG GRUR 1985, 325; OLG Düsseldorf NJW 1981, 2824 f.; OLG Köln MDR 1965, 303; OLG Stuttgart NJW 1956, 426; OLG Frankfurt NJW 1955, 1194, 1195 f.; OLG München JW 1935, 809; aA Schneider JurBüro 1964, 845, 846; Ahrens/Jestaedt Der Wettbewerbsprozeß5 (2005)
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Kap. 49 Rdn. 13 (Anwendung auch des § 269 Abs. 1 und 2 im Urteilsverfahren). 8 OLGR Frankfurt 2006, 266 = NJOZ 2005, 2556, 2557 (Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3). 917444 OLGR Köln 2004, 79, 80. 18445 10 OLG Köln ZIP 1993, 936; OLG Hamm NJW 1976, 758, 759; LG Freiburg Rpfleger 2004, 373, 374 = NZI 2004, 98, 99 (Anwendung des § 269 Abs. 1 auf Rücknahme des Restschuldbefreiungsantrags); LG Münster MDR 1990, 453; vgl. dazu Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 61 mwN. 19446 11 OLG München MDR 2006, 226. 20447 12 OLG Koblenz Rpfleger 1976, 324. 21448 13 BGH NJW-RR 2005, 1015 f.; BGH MDR 2005, 227 = BGHR 2005, 265, 266; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 864; OLG Celle NJW-RR 1998, 1079; OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 1150; OLG Köln MDR 1994, 315; OLG München BauR 1994, 276; OLG München MDR 1993, 1131; KG NJW-RR 1992, 1023, 1024; OLG Karlsruhe MDR 1992, 911; OLG Karlsruhe NJW-RR 1992, 125; aA OLG Koblenz NJW-RR 1996, 384. 22449 14 LG Mönchengladbach MDR 2006, 229, 230. 16443
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 269
willigung des Nichtigkeitsbeklagten zurückgenommen werden, weil man den Nichtigkeitskläger nicht zwingen kann, gegen seinen Willen als Anwalt der öffentlichen Belange aufzutreten.23 Im Mahnverfahren findet § 269 Abs. 3 bei Rücknahme des Antrags auf Erlass des Mahnbescheids vor Abgabe an das Streitgericht entsprechende Anwendung,24 nicht aber bei Rücknahme des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens gem. § 696 Abs. 4 (aA § 696 Rdn. 41).25 Zwar ist im letzten Fall die Streitsache gem. § 696 Abs. 4 S. 3 nicht als rechtshängig geworden anzusehen, sie bleibt aber weiter anhängig, so dass sowohl der Kläger als auch der Beklagte den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens stellen können. Nach Abgabe des Rechtsstreits an das Streitgericht gilt der Rechtsstreit als dort anhängig, so dass ab diesem Zeitpunkt nicht mehr der Mahnantrag, sondern nur noch die Klage zurückgenommen werden kann.26 In Ehesachen findet § 269 gem. § 608 Anwendung.27 Für die Wirkung der Zurücknahme eines Scheidungsantrags besteht im Hinblick auf Folgesachen die Sonderregelung des § 626 (vgl. § 626 Rdn. 2 ff.). Haben beide Ehegatten einen Scheidungsantrag gestellt, findet § 269 Abs. 1 keine Anwendung. Der Gegenantragsteller kann seinen Antrag ohne Zustimmung des anderen wegen entsprechender Anwendung des § 630 Abs. 2 S. 1 rechtswirksam zurücknehmen.28 In Verfahren über einstweilige Anordnungen ist § 269 Abs. 3 wegen § 620g nur dann entsprechend anwendbar, wenn aus prozessrechtlichen Gründen keine Hauptsacheentscheidung ergehen kann.29 Auf den Prozesskostenhilfeantrag ist § 269 Abs. 3 nicht entsprechend anzuwenden, da dies zumindest die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung voraussetzt, die aber für das Prozesskostenhilfeverfahren nicht vorgesehen ist.30
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IV. Vollziehung der Klagerücknahme 1. Wesen der Erklärungen a) Begriff. Die Klagerücknahme bedeutet im Gegensatz zum Verzicht nicht eine Aufgabe des Rechts selbst, sondern eine Aufgabe der Rechtsverfolgung durch den anhängigen Prozess,31 also einen Widerruf des in der Klage enthaltenen Rechtsschutzgesuchs.32 Sie ist als Gegenstück zur Klageerhebung (§§ 261, 253) anzusehen.33 Auf den materiellen Anspruch hat die Klagerücknahme keinerlei Auswirkung. Sie führt zu einer Beendigung des Prozesses ex tunc ohne gerichtliche Entscheidung.34 Ein end123450 BGH NJW-RR 1993, 1470; BGH LM Nr. 20 zu § 13 PatG = MDR 1963, 912; RG GRUR 1943, 211; krit. Henckel FS Bötticher, S. 173, 179 f. 24451 2 BGH NJW 2005, 512 f.; BGH NJW 2005, 513, 514; Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2005, 274, 279; Ruess NJW 2006, 1915, 1918; Wolff NJW 2003, 553; Fischer MDR 1994, 124. 325452 BGH NJW-RR 2006, 201 f.; OLGR Koblenz 2005, 646; KG MDR 2005, 1246 f.; OLG Stuttgart MDR 2000, 791; LG Kaiserslautern MDR 1994, 417; Fischer MDR 1994, 124, 125; Schneider JurBüro 2002, 509, 511; aA KG NJW-RR 1993, 1472; LG Dortmund NJW-RR 2001, 1438; LG Frankfurt NJW-RR 1988, 1021 f.; Stein/Jonas/ Schlosser21 § 696 Rdn. 13; Musielak/Voit § 696 Rdn. 5; diff. Wolff NJW 2003, 553, 558, wonach § 269 Abs. 3 S. 2 auf diejenigen Kosten entspre-
chend anzuwenden ist, die durch den Streitantrag entstanden sind, nicht jedoch auf diejenigen des Mahnverfahrens. 26453 4 Fischer MDR 1994, 124. 27454 5 BGH NJW-RR 2004, 1297. 628455 AG Charlottenburg FamRZ 1986, 704 f.; Stein/ Jonas/Schlosser21 § 630 Rdn. 9. 729456 OLG Naumburg FamRZ 2006, 1217; dazu auch Thomas/Putzo/Hüßtege § 620g Rdn. 5. 830457 OLG Braunschweig FamRZ 2005, 1263. 31458 9 RGZ 66, 12, 14. 32459 10 BGH ZZP 68 (1955), 192, 193; Blomeyer ZPR § 63 I; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 128 Rdn. 2; Mende S. 200. 33460 11 Walther S. 34; Mende S. 19. 34461 12 Baumgärtel S. 194 spricht von der Funktion der „Urteilsverdrängung“.
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gültiger Verzicht auf gerichtliche Entscheidung liegt darin nicht. Vielmehr kann der Kläger die Klage erneut erheben.
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b) Prozesshandlung. Klagerücknahme und Einwilligung sind Prozesshandlungen, die zu den Bewirkungshandlungen gehören.35 Die Klagerücknahme kann als Gestaltungsrecht bezeichnet werden, das entweder vom Kläger allein oder nur gemeinsam mit dem Beklagten ausgeübt werden kann. Die Klagerücknahme wird gem. § 269 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 mit dem Zugang der Erklärung des Klägers bei dem Prozessgericht, bei dem der Rechtsstreit anhängig ist,36 vollzogen, wenn noch nicht zur Hauptsache verhandelt worden ist; ansonsten erst mit Einwilligung des Beklagten, die ebenfalls eine gegenüber dem Gericht abzugebende,37 einseitige, prozessuale Willenserklärung darstellt und die vor ihr abgegebene Klagerücknahmeerklärung vollzieht. Wird sie abgegeben, bevor sich der Kläger erklärt hatte, erfolgt die Klagerücknahme durch die nachfolgende Erklärung des Klägers. Als Prozesshandlungen sind Klagerücknahme und Einwilligung bedingungsfeindlich,38 befristungsfeindlich und nicht anfechtbar.39 Allerdings steht es der Wirksamkeit der Einwilligung nicht entgegen, wenn der Beklagte die Wirkung dieser Prozesshandlung von einer Maßnahme des Gerichts abhängig macht, zu der dieses ohnehin verpflichtet ist (Entscheidung über die in allen Instanzen entstandenen Kosten), da es dann an dem für eine Bedingung begriffswesentlichen Erfordernis der Ungewissheit fehlt.40 Ausnahmsweise ist die Erklärung der Klagerücknahme nach Treu und Glauben als unwirksam zu behandeln, wenn sie sich für das Gericht und den Beklagten offenbar als Versehen darstellt.41 Hat der Kläger vor Klagerücknahme einen Verzicht auf eine einseitige Rücknahme der Klage vor dem Gericht oder gegenüber dem Gegner erklärt, etwa um den Vorrang der nachträglich erhobenen Leistungsklage vor der negativen Feststellungsklage sofort zu erreichen, so ist die Klagerücknahme wirkungslos.42 2. Widerruflichkeit
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Die Widerrufsmöglichkeit hängt von der Vollziehung der Klagerücknahme ab. a) der Klagerücknahme. Nach vollzogener Klagerücknahme ist weder ein Widerruf noch eine Anfechtung43 möglich.44 Wegen der materiellrechtlichen und auch prozessualen (vgl. Rdn. 55 ff.) Folgen gilt dies selbst bei übereinstimmenden Parteierklärungen.45 So kann eine Ausschlussfrist, die nach Klagerücknahme abgelaufen ist, nicht 135462 Henckel FS Bötticher (1969), S. 173; Mende S. 19. 236463 OLG Braunschweig NdsRpfl 1970, 207 mwN. 337464 Nach OLG Karlsruhe OLGZ 1968, 37, 39 f. genügt die Mitteilung an das Gericht durch den Kläger. 438465 RG JW 1928, 1136 (für die Berufungsrücknahme); RG Gruchot 41 (1897), 704, 705; OLGR Stuttgart 1998, 440, 441; KG OLGRspr 39, 53, 54; LAG Düsseldorf DB 1977, 1708; Baumgärtel S. 199. 39466 5 OLG Kiel JR 1948, 77, 78. 40467 6 BGHR ZPO § 269 Abs. 1 Einwilligung 1. 741468 BVerwG NVwZ-RR 2005, 739. 842469 Keller WRP 2000, 908, 912. 943470 AA Arens Willensmängel bei Parteihandlungen im Zivilprozeß (1968), S. 134 f.
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44471 10 BGH NJW 2007, 1460, 1461 (keine Anfechtung und kein Widerruf wegen Irrtums analog § 290); OLG Stuttgart ZZP 67 (1954), 381, 382; OLG Nürnberg BayJMBl 1953, 272; für Zulassung eines Widerrufs in Ausnahmefällen OLGR Stuttgart 1998, 440, 441; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 128 Rdn. 18; Möglichkeit des Widerrufs bei Bestreiten der Wirksamkeit der Klagerücknahme durch Beklagten, Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 191; Möglichkeit zum Widerruf in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 4 BGH GRUR 1977, 485, 486 mit Anm. Nieder. 45472 11 OLGR Saarbrücken 2000, 176, 177 = MDR 2000, 722; Zöller/Greger Rdn. 12 (allerdings bereits mit Eingang bei Gericht); aA Rosenberg/Schwab/
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durch den Widerruf der Klagerücknahme als gewahrt angesehen werden. Eine Fortsetzung des Rechtsstreits in einer späteren Verhandlung mit Einverständnis des Beklagten durch Stellung des Klageantrags kann die Wirkungen der Klagerücknahme nicht beseitigen, jedenfalls wenn die Klagerücknahme vor der mündlichen Verhandlung erfolgt ist.46 Der Widerruf der Rücknahme des Scheidungsantrags ist ebenso grundsätzlich nicht zulässig, auch nicht mit Zustimmung des Gegners.47 Eine Aussage darüber, inwieweit die Klage erneut erhoben werden kann, ist damit nicht getroffen. Ist die Klage nur zum Teil zurückgenommen worden, so steht ihrer Erneuerung in demselben Verfahren nichts entgegen,48 soweit es §§ 263, 264 zulassen und kein Klageverzicht49 vorliegt. Bleibt eine Widerklage anhängig, dann kann durch eine Widerwiderklage die zurückgenommene Klage erneut erhoben werden.50 Wenn zur Klagerücknahme die Einwilligung des Beklagten erforderlich ist, ist ein Widerruf der Klagerücknahme bis zur Einwilligung51 nur mit Einverständnis des Beklagten möglich,52 da dieser bereits eine ihm günstige Position erlangt hat.
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b) der Einwilligung. Dementsprechend ist die Einwilligung unwiderruflich, wenn sie die Klagerücknahme vollzieht. Wird sie jedoch vor Klagerücknahme erklärt, was zulässig ist,53 dann ist sie bis zur Abgabe der Klagerücknahmeerklärung frei widerruflich.54
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c) der Weigerung. Der Beklagte kann die Einwilligung auch ausdrücklich verweigern. Dabei handelt es sich um eine einseitige, prozessuale, dem Gericht gegenüber abzugebende, unwiderrufliche Willenserklärung. Jedenfalls mit der Versagung der Einwilligung ist der Kläger nicht mehr an seine Klagerücknahmeerklärung gebunden, der Kläger kann seinen ursprünglichen Antrag wieder stellen.55 Ein Widerruf der Klagerücknahmeerklärung ist überflüssig, da diese dann wirkungslos ist.56 Der Beklagte kann bei einmal ausdrücklich erklärter Weigerung die Einwilligung nicht mehr nachholen.57
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3. Zeitpunkt der Erklärungen Der Zeitpunkt, zu dem Klagerücknahme und Einwilligung erklärt werden können, ist unterschiedlich geregelt.
Gottwald ZPR § 128 Rdn. 18 (mit formlosem Einverständnis des Beklagten); Eisenführ GRUR 1985, 921, 922; einschränkend Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 57 und Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 191 f., aus prozessökonomischen Erwägungen Beseitigung nur innerhalb derjenigen mündlichen Verhandlung, in der die Klagerücknahme vollzogen worden ist. 146473 OLGR Saarbrücken 2000, 176, 177 f. = MDR 2000, 722. 247474 OLG München FamRZ 1982, 510 f. 48475 3 RGZ 152, 37, 46. 449476 Vgl. RGZ 66, 12, 14. 550477 BGH LM Nr. 9 zu § 616; BGH ZZP 68 (1955), 192; RGZ 108, 135, 137; RG Warn 1924 Nr. 190. 651478 Henckel FS Bötticher S. 173, 191 f., solange das Verfahren noch nicht zum völligen Stillstand ge-
kommen ist, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, in der die Klagerücknahme erklärt worden ist. 52479 7 Groß S. 18; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 56; Mayer MDR 1985, 373, 374. 853480 Vgl. BGH NJW 1980, 838, 839; OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 83, 84 für § 516. 954481 Vgl. RGZ 159, 293, 295 f. 55482 10 RGZ 108, 135, 137; OLG Koblenz VersR 1981, 1135, 1136; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 56. Für Bindung an die Klagerücknahmeerklärung bis zur Versagung der Einwilligung OLG Hamm NJW-RR 1991, 60, 61; Mayer MDR 1985, 373, 374. 56483 11 Mayer MDR 1985, 373, 374. 57484 12 Vgl. OLG Koblenz VersR 1981, 1135, 1136; Groß S. 18.
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a) Klagerücknahme. Die Klagerücknahme ist zwischen dem Beginn und dem Ende der Rechtshängigkeit zulässig. Vor Zustellung der Klage bzw Geltendmachung des Anspruchs in der mündlichen Verhandlung (§ 261 Abs. 2) ist eine Rücknahme der Klage nicht möglich, da zu diesem Zeitpunkt die Klage noch nicht erhoben (§ 253 Abs. 1) und gem. § 261 Abs. 1, Abs. 2 noch nicht rechtshängig ist.58 Demgemäß ist ein Prozessrechtsverhältnis in diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden. Dies gilt auch, wenn dem Beklagten die Klage im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens oder eines anderen Verfahrens formlos mitgeteilt wurde59 und dieser auf die Zustellung verzichtet hat.60 Ist allerdings eine fehlerhafte Zustellung erfolgt, besteht ein Prozessrechtsverhältnis, unabhängig davon, ob dieser Fehler noch vor der Kenntnisnahme von der Klagerücknahme gem. § 189 geheilt worden ist oder nicht.61 Die Erklärung vor Entstehung eines Prozessrechtsverhältnisses kann als Verzicht auf die Zustellung und die Terminsbestimmung ausgelegt werden.62 Zum Teil wird sie auch als Rücknahme des in der Klageschrift enthaltenen Gesuchs auf Gewährung von Rechtsschutz verstanden.63 Ausnahmsweise ist eine Klagerücknahme trotz fehlenden Prozessrechtsverhältnisses möglich, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird (§ 269 Abs. 3 S. 3 HS 2).64 Nach einem Mahnverfahren tritt Rechtshängigkeit zwar rückwirkend mit Zustellung des Mahnbescheids ein, wenn die Streitsache alsbald nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird (§ 696 Abs. 3). Trotzdem ist eine Klagerücknahme erst nach Abgabe des Rechtsstreits an das Streitgericht möglich, da erst ab diesem Zeitpunkt der Rechtsstreit dort als anhängig anzusehen ist und die Abgabe das fiktionsauslösende Ereignis darstellt. Vorher kann nur der Mahnantrag zurückgenommen werden. Nach Abgabe kann der Mahnantrag nicht mehr zurückgenommen werden, die Rücknahme des Mahnantrags kann aber als Klagerücknahme ausgelegt werden.65 Auch der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden (§ 696 Abs. 4 S. 1), § 269 Abs. 3 findet aber in diesem Fall keine entsprechende Anwendung (vgl. Rdn. 4).
158485 OLG Brandenburg FamRZ 2001, 1384; OLG Nürnberg MDR 2001, 535; OLG Stuttgart NJWRR 1999, 216, 217; OLG München NJW-RR 1998, 205; OLG Karlsruhe MDR 1997, 689; OLG Hamm NJW-RR 1994, 63; OLG Celle AnwBl 1983, 92; OLG Frankfurt JurBüro 1982, 1571; OLG Köln NJW 1973, 2071; KG NJW 1972, 1053, 1054 f.; KG MDR 1969, 230; LG Wuppertal NJW 1957, 1884, 1885 mit krit. Anm. Lent; Hansens JurBüro 1984, 496 f.; aA OLG Bamberg NJW 1967, 2270; LG Heilbronn NJWRR 1996, 382, 383 (jedenfalls entsprechende Anwendung); Voraufl. Anm. B I b 1; Monschau ProzRB 2003, 26. 59486 2 BGH FamRZ 1993, 309 (formlose Mitteilung zur Stellungnahme zu einem Einstellungsantrag der Zwangsvollstreckung); OLG Hamm NJW-RR 1994, 63 (formlose Mitteilung zur Stellungnahme zur Streitwertfestsetzung); OLG Celle AnwBl 1983, 92, 93; OLG Düsseldorf MDR 1981, 764.
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360487 OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1453, 1454; aA OLG Köln MDR 1966, 848. 461488 OLG München JW 1938, 1465 f. und 2560, 2561, beiden Entscheidungen zustimmend Schneider ZZP 76 (1963), 32, 36 f., allerdings für analoge Anwendung; OLG Bremen NJW 1969, 2243 mit krit. Anm. Kubisch NJW 1970, 433 f.; OLG Karlsruhe NJW-RR 1997, 1290. 62489 5 KG MDR 1969, 230 mwN: Widerruf des Antrags auf Terminsbestimmung oder des in der Klageschrift enthaltenen Gesuchs auf Gewährung von Rechtsschutz; OLG Zweibrücken JurBüro 1965, 757; LG Wuppertal NJW 1957, 1884, 1885 mit krit. Anm. Lent; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 55; Hansens JurBüro 1984, 496, 497. 63490 6 OLG Düsseldorf JurBüro 1965, 756 (Widerruf); LG Wuppertal NJW 1957, 1884, 1885 mit krit. Anm. Lent; KG JurBüro 1969, 446. 764491 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1015. 865492 Vgl. OLGR Frankfurt 2006, 699; Fischer MDR 1994, 124.
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Haben die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, ist eine Klagerücknahme nicht mehr möglich, da mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung die Rechtshängigkeit in der Hauptsache beendet wird.66 Die Klage kann nach Rechtshängigkeit während des gesamten Verfahrens grundsätzlich bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden,67 also auch in der Berufungs-68 und in der Revisionsinstanz69 sowie zwischen den Instanzen.70 Im letzteren Fall ist sie gegenüber dem unteren Gericht zu erklären,71 erst nach Rechtsmitteleinlegung gegenüber dem Rechtsmittelgericht.72 Ist in der höheren Instanz die Klagerücknahme von der Zustimmung des Gegners abhängig (vgl. Rdn. 28), bedarf es bei Einwilligung des Gegners keiner Rechtsmitteleinlegung. Dies gilt nur, wenn die Einwilligung noch während der laufenden Rechtsmittelfrist erteilt wird.73 Wird die Zustimmung nicht rechtzeitig erteilt, bleibt nur noch der Klageverzicht, der allerdings zwischen den Instanzen nicht erklärt werden kann.74 Eine nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erklärte Klagerücknahme entfaltet keine Wirkungen, da zu diesem Zeitpunkt das Urteil bereits rechtskräftig geworden ist. Ist die Rechtskraft aber noch nicht eingetreten, obwohl die Berufungsfrist für den Kläger, nicht aber für den Beklagten abgelaufen war, kann die Klage dennoch wirksam zurückgenommen werden.75 Entscheidend ist die Statthaftigkeit des Rechtsmittels, auf die Zulässigkeit kommt es nicht an.76 Durch die Einlegung des Rechtsmittels wird der Eintritt der Rechtskraft gehemmt, wenn das Rechtsmittel an sich statthaft ist. Deshalb ist bis zur Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig die Klagerücknahme möglich.77 Im Fall des beiderseitigen Rechtsmittelverzichts (§§ 515, 565) tritt die Rechtskraft sofort ein, so dass eine danach erklärte Klagerücknahme wirkungslos ist. Ausnahmsweise kann auch noch nach Eintritt der formellen Rechtskraft eine Klagerücknahme wirksam sein, wenn z.B. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird oder im Rahmen einer zulässigen Wiederaufnahmeklage. Ist die Klagerücknahme wegen der Rechtskraft des Urteils nicht mehr zulässig, bleibt den Parteien noch die Möglichkeit, die Entscheidung außerprozessual zu beseitigen,78 bei Gestaltungsurteilen allerdings nur durch Neuvornahme, wie z.B. bei der Ehescheidung durch eine erneute Eheschließung.
166493 OLG Bamberg NJW-RR 1997, 1365, 1366. 267494 RG DR 1943, 619; OLG Hamm NJW-RR 1991, 60, 61, OLG Düsseldorf FamRZ 1979, 445, 446; Schultzenstein Gruchot 27, 229, 242. 68495 3 RG JW 1911, 51; RG JW 1903, 289; OLG Düsseldorf NJW 1957, 1365, 1366, das allerdings das Rechtsschutzbedürfnis für eine Berufung verneint, weil die Klagerücknahmeerklärung auch wirksam nach Erlass eines Urteils abgegeben werden kann. 469496 BGHZ 41, 3, 5 = NJW 1964, 549, 550; RGZ 91, 365, 366; RG JW 1912, 802; RG JW 1911, 769. 570497 RG HRR 1931 Nr. 1965; KG NJW 1971, 2270, 2271 (dies gilt auch für Antragsverfahren der fG ohne Beschränkung auf die echten Streitverfahren); OLG Braunschweig NdsRpfl 1970, 207; OLG Stuttgart VersR 1961, 1097; OLG Nürnberg BayJMBl 1953, 272; KG ZZP 55 (1930), 284, 286 mit Anm. Levis. 671498 BGH NJW 1995, 1095, 1096; KG NJW 1971,
2270, 2271 (für Angelegenheiten der fG); OLG Braunschweig NdsRpfl 1970, 207; OLG Stuttgart VersR 1961, 1097; OLG Frankfurt MDR 1957, 46. 72499 7 OLG Braunschweig NdsRpfl 1970, 207. 73500 8 OLG Stuttgart VersR 1961, 1097; OLG Stuttgart ZZP 67 (1954), 381, 382; OLG Frankfurt MDR 1957, 46, das bei Unsicherheit bezüglich der rechtzeitigen Einwilligung den Weg über die Einlegung des Rechtsmittels empfiehlt. 974501 RG JW 1935, 1024; RGZ 157, 141, 143, das deshalb ein Rechtsmittel für zulässig hält. 75502 10 OLG Braunschweig NdsRpfl 1970, 207. 76503 11 BGH LM Nr. 5 zu § 5 WZG; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 128 Rdn. 11; Gilles ZZP 91 (1978), 128, 163 f. 77504 12 OLG Stuttgart FamRZ 1969, 104, 105; vgl. Gilles ZZP 91 (1978), 128, 163 f. 78505 13 Z.B. durch materiellrechtlichen Verzicht, Brammsen/Leible S. 54, 55.
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b) Einwilligung. Die Einwilligung kann grundsätzlich in demselben Zeitraum erklärt werden wie die Klagerücknahme selbst. Sie muss spätestens innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung des Klagerücknahmeschriftsatzes erfolgen; ansonsten wird sie gem. § 269 Abs. 2 S. 4 fingiert.79 Erfolgt die Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung selbst, muss auch die Einwilligung in derselben Verhandlung erklärt werden. Das Gericht hat auf eine Äußerung des Beklagten hinzuwirken, gegebenenfalls eine Frist zur Äußerung zu setzen mit der Folge, dass nach Ablauf der Frist die Einwilligung fingiert wird.80 Dies ist im Gesetz zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, entspricht aber dem Gesetzeszweck des § 269 Abs. 2 S. 4, wonach eine Fortsetzung des Verfahrens aus prozessökonomischen Gründen nicht vertretbar ist.81 Erforderlich ist die Erklärung der Einwilligung jedoch erst ab dem Beginn der mündlichen Verhandlung durch den Beklagten; im schriftlichen Verfahren ab der Einreichung einer sich auf die Hauptsache beziehenden Erklärung nach Klageerhebung. Wird die Klage später erweitert oder Widerklage erhoben, so gilt das Gesagte im mündlichen Verfahren für die Hauptsacheverhandlung im ersten Termin auf die Klageerweiterung bzw auf die Widerklageerhebung; im schriftlichen Verfahren sowie in den Verfahren mit freigestellter mündlicher Verhandlung mit der ersten, bei Gericht eingereichten sachlichen Erwiderung zu dem geltend gemachten Anspruch. Die Voraussetzungen dafür, dass der Beklagte einwilligen muss, können erst im zweiten oder dritten Rechtszug eintreten, etwa wenn die Klage trotz Säumnis des Beklagten kontradiktorisch abgewiesen wird oder wenn ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen wurde und dieser Einspruch einlegt und der Kläger daraufhin die Klage zurücknimmt.82 Hat der Beklagte ein Versäumnisurteil gegen den Kläger erwirkt und der Kläger Einspruch eingelegt, dann ist die Einwilligung des Beklagten trotz des Verhandelns in dem Säumnistermin nicht erforderlich, weil der Prozess gem. § 342 in die Lage zurückversetzt wird, in welchem er sich vor dem Eintritt der Säumnis befand.83 c) Verhandeln zur Hauptsache. Unter dem Begriff Verhandeln zur Hauptsache wird jede aktive Beteiligung einer Partei an der Erörterung des Rechtsstreits verstanden. Dabei ist auf die erste mündliche Verhandlung des Prozesses (auch früher erster Termin) und nicht auf den jeweiligen einzelnen Termin abzustellen.84 Zweiseitiges Verhandeln ist immer ausreichend, einseitiges Verhandeln dagegen nur dann, wenn der Kläger tatsächlich erschienen war und die Möglichkeit hatte, davor die Klage zurückzunehmen.85 Unter Hauptsache wird hier die Verhandlung zur Sache, also über den materiellen Anspruch, im Gegensatz zu den Prozessvoraussetzungen und über sonstige rein verfahrensrechtliche Fragen verstanden.86 Es genügt jedoch, wenn der Be179506 Schifferdecker NVwZ 2003, 925, 926. 280507 Zur Hinweispflicht siehe KGR 2005, 605; vgl. auch OLG Dresden NJW-RR 1997, 765 (noch zur Rechtslage vor Einfügung des § 269 Abs. 2 S. 4), das erst dann von einer Verweigerung der Einwilligung ausgeht, wenn der Beklagte die Einwilligung nicht zu einem vom Kläger gesetzten Endtermin oder einer sonst, auch vom Gericht vorgegebenen Befristung erklärt. 81508 3 BT-Drucks. 14/4722 S. 80. 482509 OLG Hamburg SeuffArch 52, 120. 583510 BGH ZZP 94 (1981), 328, 330 = NJW 1980, 2313, 2314; BGHZ 4, 328, 339 f.; OLGR Saarbrücken 2000, 176, 177; LAG Frankfurt AP Nr. 5 zu § 271
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ZPO; aA OLG Hamburg OLGRspr 31, 62; Göppinger ZZP 66 (1953), 284, 294 ff. 684511 BGH NJW 1998, 3784, 3785. 785512 So Münzberg ZZP 94 (1981), 330, 335 gegen die weitergehende Auffassung des BGH ZZP 94 (1981), 328, 330, dass einseitiges Verhandeln in der Regel genüge unter Hinweis auf BGH MDR 1967, 32 f. 86513 8 Vgl. Gesetzesbegründung Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 263; Hinz JZ 1968, 11, 14; vgl. Schultzenstein Gruchot 27 (1883), 229, 254 ff.; Walther S. 36; Münzberg ZZP 94 (1981), 330, 332; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 22; Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 177 f.;
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klagte neben verfahrensrechtlichen Einwänden hilfsweise zur Hauptsache verhandelt.87 Mit dem Verlesen der Anträge wird gem. § 137 die mündliche Verhandlung zwar eingeleitet,88 ob allein darin ein Verhandeln iSd § 269 Abs. 1 liegt, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen,89 insbesondere danach, ob der Beklagte dadurch bereits eine vorteilhafte Prozesslage erlangt hat.90 Andererseits erfordert das Verhandeln zur Sache nicht unbedingt die Stellung von Anträgen.91 Allein in der Stellung des Klageabweisungsantrags wurde vom RG noch keine Verhandlung zur Hauptsache gesehen, weil dieser Antrag auch die prozessuale Abweisung enthalte.92 Die Verhandlung durch Erhebung einer Widerklage reicht aus.93 Die Vernehmung oder Anhörung der anwaltlich nicht vertretenen Partei gem. §§ 613, 640 ist jedoch keine Verhandlung mit ihr.94 Eine Verhandlung im Güteverfahren gem. § 278 Abs. 2 S. 1 genügt noch nicht,95 ebenso nicht im arbeitsgerichtlichen Güteverfahren. In Verfahren, in denen es nicht zur Verhandlung kommt, sind die Schriftsätze entscheidend, dh die Erklärung wird bereits wirksam mit Eingang bei Gericht, so im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2. d) Stadium zwischen Klagerücknahme und Einwilligung. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Einwilligung des Beklagten noch erfolgen kann, ist der Kläger an seine Erklärung gebunden,96 es sei denn, der Widerruf der Klagerücknahme wird im Einverständnis mit dem Beklagten erklärt (vgl. oben Rdn. 14). Die Klagerücknahmeerklärung ist bis zur Einwilligung des Beklagten schwebend unwirksam. Der Prozess wird deshalb ohne Berücksichtigung der Klagerücknahme weitergeführt.97 Verweigert der Beklagte zulässigerweise die Einwilligung in die Klagerücknahme wird das Gericht gem. § 139 den Kläger darauf hinweisen, dass er die Möglichkeit des Klageverzichts gem. § 306 hat, der eine Kostenersparnis gegenüber einem Sachurteil zur Folge hat (Nr. 1211 Nr. 2 KV-GKG). In den meisten Fällen wird der Kläger einen Klageverzicht erklären, da er ansonsten eine Klageabweisung mit erhöhten Kosten
Grunsky Die Veräußerung der streitbefangenen Sache (1968), S. 157 Fn. 167. 187514 RGZ 151, 65, 67 f.; Groß S. 17. 88515 2 OLG Hamburg SeuffArch 52, 217; OLG Breslau OLGRspr 29, 131, 132; OLG Nürnberg NJWRR 1994, 1343 und OLG Dresden NJW-RR 1997, 765 halten die Stellung der Anträge für den entscheidenden Zeitpunkt des Verhandlungsbeginns. Die vorherige Erörterung des Sach- und Streitstands mit den Parteien soll noch kein Verhandeln darstellen. Vgl. auch BGHZ 100, 383, 389 = NJW 1987, 3263, 3264, der ebenfalls auf die Stellung der sachlichen Anträge abstellt, die vorherige Erörterung des Sach- und Streitstands jedoch nur deshalb als nicht genügend für ein Verhandeln ansieht, weil er einen Güteversuch des Gerichts angenommen hat. 389516 RGZ 85, 83, 87; RGZ 10, 386, 390 f.; RG JW 1894, 573 Nr. 4; OLG Hamburg SeuffArch 52, 217, 218. Die Aussage des OLG Stuttgart ZZP 67 (1954), 381, 383, dass die Stellung der Anträge für sich allein nicht genügend und auch nicht erforderlich sei, ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig. 490517 Vgl. RGZ 85, 83, 86, das ein Verhandeln iSd § 515 a.F. bereits in der Stellung des Abweisungsan-
trags und der Erklärung der Anschließung sieht, da dem Beklagten das Recht, das er durch die Anschließung erlangt hat, nicht mehr durch einseitige Klagerücknahme des Klägers genommen werden könne. 91518 5 BGH NJW 1972, 1373, 1374; OLG Frankfurt FamRZ 1982, 809, 811. 692519 RGZ 132, 330, 337; RGZ 85, 83, 87. 793520 RGZ 85, 83, 88. 894521 OLG Stuttgart FamRZ 2005, 286, 287; OLG Stuttgart FamRZ 2004, 957, 958; OLG Zweibrücken NJW-RR 1997, 833; OLG Köln FamRZ 1985, 1060, 1061 mwN; OLG Koblenz FamRZ 1981, 260, 261; OLG Düsseldorf FamRZ 1977, 130, 131; KG FamRZ 1974, 447, 448; OLG Karlsruhe Justiz 1979, 102 unter Aufgabe der gegenteiligen Auffassung in OLGZ 1968, 37, 38 f. und Justiz 1968, 124, 125; OLG Nürnberg BayJMBl 1953, 272; aA OLG München NJW-RR 1994, 201; OLG Stuttgart ZZP 67 (1954), 381, 383 f. 95522 9 BGHZ 100, 383, 389 = NJW 1987, 3263, 3264. 96523 10 OLG Hamm NJW-RR 1991, 60, 61; Brammsen/ Leible JuS 1997, 54, 56; Mayer MDR 1985, 373, 374. 97524 11 RGZ 75, 286, 290; RGZ 15, 424, 426.
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befürchten muss. Einer Klageerneuerung steht in beiden Fällen die Rechtskraft entgegen, so dass er aus dem Klageverzicht keine weiteren Nachteile zu befürchten hat. Verzichtet der Kläger nicht, verhandelt er aber auch nicht zur Sache, kann in der Regel kein Versäumnisurteil gegen ihn ergehen.98 Da eine Einwilligung des Beklagten erst nach mündlicher Verhandlung des Beklagten zur Sache erforderlich ist, hat sich auch der Kläger in den meisten Fällen zur Sache geäußert, so dass bei späterem Nichtverhandeln eine Säumnis nicht mehr angenommen werden kann.99 Vielmehr bleibt der einmal gestellte Antrag bestehen und es ist ein Sachurteil zu erlassen.100 Nur wenn sich der Kläger seinerseits vor der Klagerücknahmeerklärung in keiner Hinsicht geäußert hat, kann ausnahmsweise ein Versäumnisurteil ergehen.101 4. Inhalt der Erklärungen
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Klagerücknahme und Einwilligung müssen nicht ausdrücklich erklärt werden. Sie können auch schlüssig vollzogen werden.102 Insbesondere ist zu ihrer Wirksamkeit nicht der Gebrauch der Begriffe „Klagerücknahme“ bzw „Einverständnis“ zu fordern.103 Da in einem schlüssigen Verhalten sowohl eine Klagerücknahme als auch ein Klageverzicht liegen kann, aber nicht unbedingt zu liegen braucht, selbst wenn nicht verhandelt wird, ist im Zweifel gem. § 139 aufzuklären; andernfalls sind weder Klagerücknahme noch Verzicht, sondern bei Nichtverlesen des Antrags ein Stillstand des Verfahrens anzunehmen.104
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a) Klagerücknahme. Wenn die Klagerücknahme nicht wörtlich erklärt wird, muss die Willenskundgebung jedoch völlig eindeutig und unzweifelhaft auf eine Klagerücknahme schließen lassen.105 In einer ausdrücklichen Klagebeschränkung kann eine Klagerücknahme gesehen werden (vgl. § 264 Rdn. 37).106 Allerdings wird die Klagerücknahme dann erst mit Stellung des ermäßigten Antrags in der mündlichen Verhandlung wirksam und nicht schon mit der bloßen Ankündigung.107 Keine Klagerücknahme ist grundsätzlich bloßes Nichtverhandeln iSd § 333,108 teilweises Nichtverlesen des Antrags109 oder das Nichtweiterbetreiben des Verfahrens110. Wird der Anspruch gegen einen von mehreren Streitgenossen fallen gelassen, kann darin eine Klagerücknahme liegen (vgl. Rdn. 42).111
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198525 So überzeugend Fleischmann/Rupp MDR 1985, 17, 18; aA OLG Stuttgart OLGZ 68, 287, 288 f.: nur Versäumnisurteil möglich. 299526 AA RGZ 75, 286, 291, das das Nichtverlesen der Anträge, soweit sie ohne die Einwilligung des Beklagten zurückgenommen worden sind, ebenso behandelt wie ein Nichtverfolgen der Anträge. 100 527 3 BGHZ 141, 184, 193 = WM 1999, 1131, 1135; RGZ 65, 35, 36. 101 4 528 Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 57. 102 5 529 BGH NJW-RR 1989, 1276, 1277; RGZ 75, 286, 290; RG Gruchot 41 (1897), 699, 703; BAG NJW 1961, 2371 (LS) = JZ 1962, 357, 359; OLG Düsseldorf MDR 1957, 238. 103 530 6 BAG NJW 1961, 2371 (LS) = JZ 1962, 357, 359. 104 531 7 RGZ 168, 56, 58 f.; RGZ 66, 12, 14 f. 105 8 532 BGH NJW-RR 1996, 885, 886; BGH NJW-RR 1989, 1276, 1277; RG JW 1935, 2281, 2282 für die Berufungsrücknahme; RGZ 66, 365, 367 f.; OLG Kiel JR 1948, 77, 78; LAG Düsseldorf DB 1977, 1708. 106 9 533 RGZ 152, 37, 44; RGZ 75, 286, 289 f.; OLG Bre-
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men VRS Bd. 35, 329, 333: entsprechende Anwendung des § 271 Abs. 3 a.F. (§ 269 Abs. 3 S. 2) bei Ermäßigung des Klageantrags; nicht aber bei der in der Berufungsbegründung vorgenommenen Beschränkung des Klageantrags, BGH NJWRR 1989, 1276, 1277. 107 534 10 OLG Hamm NJW 1969, 243 f. 108 535 11 BGHZ 4, 328, 339; RG ZZP 55 (1930), 120, 122. 109 12536 RGZ 75, 286, 291; RGZ 66, 12, 14 f.; RGZ 168, 56, 58 f.: Stellung nur noch des Leistungsantrags, nicht mehr des Feststellungsantrags; aA RGZ 65, 35, 36; bei keinem Antrag zur Hauptsache und bloßem Kostenantrag zu Lasten des Beklagten RG JW 1911, 769; Lappe MDR 1959, 355, 356; vgl. aber BGH VersR 1965, 1153, 1154 f., der in dem entschiedenen Einzelfall eine Klagerücknahme annahm. 110 537 13 Vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 864 (Nichteinzahlung des Vorschusses für die Beauftragung eines Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren).
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In der Rechtsmittelrücknahme liegt keine Klagerücknahme, selbst wenn sie vom Kläger erklärt wird. Allerdings kann er die Klagerücknahme anstelle der Rechtsmittelrücknahme mit von ihr zu unterscheidender Wirkung erklären.112 Eine Klagerücknahme wurde darin gesehen, dass der Kläger nur noch den Kostenantrag ohne Erledigungserklärung in der Hauptsache gestellt hat.113 Bei bloßer Stellung des Kostenantrags ist jedoch in den Fällen, in denen ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, aufzuklären, ob eine Erledigungserklärung gewollt ist. Hierin wird grundsätzlich keine Klagerücknahme gesehen werden können.114 Wenn bei einer Stufenklage die Auskunft ergibt, dass kein Anspruch besteht, könnte der Kläger ohne Einwilligung des Beklagten die Klage zurücknehmen, da zur Hauptsache noch nicht verhandelt worden ist (vgl. § 254 Rdn. 66).115 Dies ist dem Kläger allerdings nicht zu empfehlen, da er dann die Kosten des Verfahrens zu tragen hätte.116
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b) Einwilligung. Auch für die Einwilligungserklärung des Beklagten genügt schlüssiges Handeln, wie z.B. die Stellung des Kostenantrags gem. § 269 Abs. 4.117 Ein Einverständnis kann jedoch nicht schon in einem bloßen Untätigbleiben des Beklagten gesehen werden.118 In dem Widerspruch des Beklagten gegen eine vermeintliche Klageänderung liegt in der Regel auch die Versagung einer Einwilligung zu einer Klagerücknahme,119 ebenso in dem Antrag auf Klageabweisung120 bzw in der Aufrechterhaltung des Berufungsantrags121.
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5. Teilweise Klagerücknahme122 Die Klagerücknahme kann sich auf die gesamte Klage, aber auch nur auf einen Teil beziehen.123 Eine teilweise Klagerücknahme liegt z.B. vor, wenn einer von mehreren prozessualen Ansprüchen zurückgenommen wird (Wegfall der Klagenhäufung, vgl. § 263 Rdn. 37), aber auch wenn ein prozessualer Anspruch beschränkt wird (vgl. § 264 Rdn. 37). Nicht erforderlich ist, dass über diesen Teil ein Teilurteil ergehen könnte, denn der Kläger hätte von Anfang an nur einen Teil einklagen können. Eine teilweise Klagerücknahme ist auch in der erheblich reduzierten Bezifferung eines zuvor unbestimmten Schmerzensgeldbetrags zu sehen,124 nicht aber in der Konkretisierung eines Unterlassungsantrags auf eine bestimmte Verletzungshandlung, wenn der Hauptantrag nur eine zulässige Verallgemeinerung der Verletzungsform ent111 1 538 OLG Neustadt NJW 1965, 206. 112 2 539 RGZ 152, 37, 44. 113 3 540 RGZ 65, 35, 36. 114 4 541 RGZ 168, 56, 58; anders RGZ 15, 424, 426, das Klagerücknahme annahm; allerdings war in diesem Fall die Klage von Anfang an wegen Erfüllung unbegründet, der Kläger hatte lediglich keine Kenntnis davon. 115 5 542 OLG Stuttgart NJW 1969, 1216 f.; aA Voraufl. Anm. B I c 1. 116 6 543 Vgl. OLG Hamm NJW-RR 1991, 1407; aA OLG Stuttgart FamRZ 1994, 1595. Zu den Möglichkeiten, die Kostenlast auf den Beklagten abzuwälzen, vgl. § 254 Rdn. 67 ff. 117 7 544 RGZ 152, 37, 45; RGZ 108, 135, 137; BAG NJW 1961, 2371; OLG Bamberg FamRZ 1997, 91, 92; OLG Koblenz VersR 1981, 1135, 1136. 118 8 545 RGZ 75, 286, 290 mwN; RG Warn 1914 Nr. 5;
BAG NJW 1961, 2371 (LS) = JZ 1962, 357, 359; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 864 (Nichtzahlung des Kostenvorschusses für ein Sachverständigengutachten); OLG Koblenz VersR 1981, 1135. 119546 9 BAG NJW 1961, 2371 (LS) = JZ 1962, 357, 359. 120547 10 Vgl. RGZ 75, 286, 291 f.; OLG Koblenz VersR 1981, 1135, 1136. 121548 11 BGH NJW 1990, 3194, 3195; RG JW 1903, 289; RGZ 15, 424, 426. 122549 12 Zum Verhältnis Klagerücknahme und Klageänderung vgl. § 263 Rdn. 70 ff. und § 264 Rdn. 36 ff. 123550 13 RG Warn 1914 Nr. 5; RGZ 75, 286, 291; vgl. Schneider NJW 1964, 1055, 1056, der von einer analogen Anwendung spricht; ders. MDR 1961, 545, 546. 124551 14 OLGR Braunschweig 2000, 165 (LS).
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hält125. Bei teilweiser Klagerücknahme kann kein Kostenbeschluss gem. § 269 Abs. 4 erlassen werden,126 da die auf den Kläger entfallenden Kosten auf die Gesamtkosten bezogen werden müssen, die erforderliche Quotelung aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht ermittelt werden kann. Aus diesem Grund wird über die Kosten im Endurteil entschieden.127 Im Rahmen des Endurteils muss dann über die Kosten der teilweise zurückgenommenen Klage auch ohne entsprechenden Kostenantrag des Beklagten nach § 269 Abs. 4 im Kostenausspruch des Urteils einheitlich und von Amts wegen entschieden werden (§ 308 Abs. 2).128 Gemischte Kostenentscheidungen, z.B. Klagerücknahme nach Teilanerkenntnis (§§ 92, 269 Abs. 4) können einheitlich durch Schlussurteil getroffen werden.129 Auch die Kostenentscheidung bei einer teilweisen Klagerücknahme im Rahmen einer Stufenklage bezüglich des Leistungsanspruchs nach Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung muss durch Urteil ergehen (§ 254 Rdn. 66 und 78 ff.).130 Die Klagerücknahme kann auch nur gegenüber einem von mehreren Beklagten erklärt werden,131 auch wenn sie notwendige Streitgenossen iSd § 62 sind. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine teilweise Klagerücknahme im oben genannten Sinn, sondern um eine vollständige Klagerücknahme bezüglich dieses Prozessrechtsverhältnisses. Hier kann über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des ausscheidenden Streitgenossen durch Beschluss entschieden werden.132 Über die anderen Kosten ist im Endurteil zu entscheiden.133 Die Klagerücknahme kann auch von einem von mehreren Klägern erklärt werden, die als Streitgenossen klagen. Ein Streitgehilfe, auch der streitgenössische (§ 69), kann die Klage nicht zurücknehmen bzw in ihre Rücknahme einwilligen.134 Bei einem gewillkürten Parteiwechsel findet nach der hier vertretenen Ansicht § 269 bezüglich der ausscheidenden Partei Anwendung (vgl. § 263 Rdn. 127).135 Der Ausscheidende hat das Recht auf einen Kostenbeschluss entsprechend § 269 Abs. 4, durch den die ihm entstandenen (außergerichtlichen) Kosten entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 dem Kläger aufzuerlegen sind.136 Dies gilt nicht bei einem gesetzlichen Parteiwechsel gem. § 265 Abs. 2 und § 266 Abs. 1.137 Gegenüber den gesetzlichen Vertretern des Beklagten kann die Klage nicht zurückgenommen werden, wenn sie gegen den Beklagten aufrechterhalten wird.138 Bei einer teilweisen Klagerücknahme kann der zurückgenommene Anspruch noch im anhängigen Verfahren im Wege der Klageerweiterung neu eingeklagt werden.139 Ist 125 552
1 OLG München MDR 1995, 174. 126 2 553 AA OLG Stettin OLGRspr 40, 460, 461; LG Mainz NJW 1964, 114. 127 3 554 OLG Stuttgart NJW 1984, 2538; OLG Hamm JurBüro 1973, 994, 995; OLG Karlsruhe Justiz 1968, 125, 126; OLG Nürnberg JurBüro 1963, 489 mit Anm. Schmidt; OLG Kiel JW 1933, 2471; LG Mönchengladbach MDR 1955, 116; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 58; Lappe MDR 1959, 355, 356; Schneider NJW 1964, 1055, 1057; ders. MDR 1961, 545, 547. Die Kosten sind nach Quoten zu verteilen (§ 92 analog). 128 4 555 OLG Stuttgart NJW 1984, 2538. 129 5 556 BGH NJW-RR 1999, 1741; OLG Brandenburg OLG-NL 1998, 18, 19; aA OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 827 f.; MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 73. 130 557 6 OLG Köln JMBlNRW 1984, 33. 131 7 558 OLG Neustadt NJW 1965, 206.
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OLG Köln MDR 1976, 496 f.; OLG Neustadt NJW 1965, 206 f.; OLG München NJW 1964, 1079, 1080; vgl. auch OLG Hamm GRUR 1983, 608; Musielak/Wolst § 100 Rdn. 11; aA Zöller/ Herget § 100 Rdn. 2. 133 9 560 OLG Köln MDR 1976, 496 f. 134 10561 OLG Köln NZG 2004, 46, 47. 135 11562 OLG Köln JMBlNRW 1970, 246 f. (Klagerücknahme gegenüber einem von mehreren Beklagten); OLG Düsseldorf MDR 1957, 238; LG Lübeck SchlHA 1958, 46, 47; Franz S. 116; Tschischgale NJW 1962, 2134, 2135. 136 12563 OLGR Koblenz 2006, 939. 137 13564 BGH NJW 2006, 1351, 1353, der § 91a entsprechend anwendet (aA § 265 Rdn. 106); OLG Nürnberg MDR 1969, 672, 673. 138 565 14 RGZ 41, 387, 389. 139 566 15 BGH NJW 1984, 658; RGZ 152, 37, 46; Monschau ProzRB 2003, 26.
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die Einwilligung des Beklagten erforderlich, wird diese aber nicht erteilt und stellt der Kläger daraufhin nur den Antrag über den nicht zurückgenommen Teil, so ergeht auf Antrag nur dann ein Teil-Versäumnisurteil gegen den Kläger,140 wenn dieser vorher noch nicht zu diesem Teil verhandelt hat (vgl. Rdn. 32). 6. Form der Erklärungen Die Erklärungen müssen von einem Postulationsfähigen gegenüber dem Gericht, nicht gegenüber dem Gegner, abgegeben werden.141 Die Klagerücknahme ist entweder in der mündlichen Verhandlung über die anhängige und zurückzunehmende Klage – nicht in einem anderen Verfahren142 – oder in einem Schriftsatz zu dem anhängigen und zu beendenden Rechtsstreit abzugeben. Dieser ist dem Beklagten nur dann zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Klagerücknahme erforderlich ist (§ 269 Abs. 2 S. 3).143 Die Zustellung setzt eine Notfrist von zwei Wochen in Gang, innerhalb derer sich der Beklagte zur Zurücknahme äußern muss. Widerspricht er der Klagerücknahme innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Einwilligung als erteilt (§ 269 Abs. 2 S. 4). Dies gilt allerdings nur, wenn er zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist. Im Übrigen besteht bei Versäumung der Frist die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233, da die Frist als Notfrist ausgestaltet ist. Die Zustellung an den Beklagten ist bei der zulässigen einseitigen Klagerücknahmeerklärung keine Voraussetzung für den Eintritt der materiellen und prozessualen Wirkungen der Klagerücknahme. Es genügt der Eingang der Klagerücknahme bei Gericht.144 Die Aufnahme eines Protokolls über einen Vergleich, der die Klagerücknahme enthält, genügt nicht.145 Ansonsten können die Einwilligung und auch ihre Versagung formlos erfolgen.146 Zwar ist die Klagerücknahme gem. § 160 Abs. 3 Nr. 8 zu protokollieren. Die Wirksamkeit der Klagerücknahme ist jedoch nicht von der Beachtung der Protokollierungsvorschriften abhängig.147
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a) Postulationsfähigkeit. Die Klagerücknahme unterliegt in Anwaltsprozessen dem Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1).148 Das Gesetz sieht hier keine Ausnahme vor. Allerdings gebietet es die Prozessökonomie, diesen Grundsatz in bestimmten Fällen einzuschränken. So unterliegt die Klagerücknahme bei einer durch Klageerweiterung erfolgten Verweisung vom Amts- zum Landgericht, wenn der Kläger noch nicht anwaltlich vertreten war,149 und nach vorangegangenem Mahnverfahren auch vor dem LG bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung, nicht dem Anwaltszwang (vgl. §§ 696 Abs. 4 S. 2, 78 Abs. 5, die zwar direkt nur die Rücknahme des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens betreffen, auf die § 269 keine Anwendung findet, Rdn. 4. Für die Klagerücknahme kann aber nichts anderes gelten).150 Dies gilt nicht, wenn bereits ein Vollstreckungsbescheid erlassen worden ist, da § 700 Abs. 3
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1140567 Weitergehend wohl LG Freiburg MDR 1969, 850. 141 2 568 Mende S. 19. 142 569 3 BGH MDR 1981, 1002; OLG Köln FamRZ 1998, 1523. 143 4 570 Vor der ZPO-Reform mussten gem. § 270 Abs. 2 S. 1 a.F. Klagerücknahmeschriftsätze immer zugestellt werden. 144 5 571 BT-Drucks. 14/4722 S. 80. 145 6 572 RG JW 1910, 28. 146 7 573 RGZ 108, 135, 137; RG Warn 1930 Nr. 80.
8147574 BVerwG Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 7; BSG MDR 1981, 612; OVG Münster JMBlNRW 1990, 191; Stein/Jonas/Roth § 160 Rdn. 27. 148575 9 RG JW 1912, 802. 149576 10 OLG Koblenz NJW-RR 2000, 1370, 1371 (Rücknahme des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens); LG Bonn NJW-RR 1986, 223 f. 150577 11 OLG Koblenz MDR 1984, 322; LG Essen JZ 1980, 237; vgl. auch LG Kiel NJW 1957, 756.
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nicht auf § 696 Abs. 4 verweist.151 Zwischen den Instanzen (§ 525 Rdn. 9), also bevor eine der Parteien ein Rechtsmittel eingelegt hat, kann der Prozessbevollmächtigte der Vorinstanz die Klage zurücknehmen, da der Rechtsstreit noch bis zur Rechtsmitteleinlegung bei der unteren Instanz anhängig ist (§ 78 Rdn. 11).152 Der Wirksamkeit einer Klagerücknahme in der Revisionsinstanz steht es auch nicht entgegen, wenn sie nicht von einem beim BGH zugelassenen Anwalt, sondern noch vom Prozessbevollmächtigten der unteren Instanz unterzeichnet ist, weil der Kläger und Rechtsmittelbeklagte noch keinen Bevollmächtigten für den BGH bestellt hatte (§ 555 Rdn. 9).153 Hier würde es der Prozessökonomie widersprechen und eine Überspitzung des Anwaltszwangs bedeuten, wenn der Kläger ausschließlich zum Zweck der Klagerücknahme einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt bestellen müsste.154 Dementsprechend muss auch der Partei selbst die Klagerücknahme vor dem Rechtsmittelgericht ohne Anwalt zugestanden werden, wenn in der Vorinstanz kein Anwaltszwang herrschte und das Rechtsmittel vom Beklagten eingelegt wurde. Legt dagegen der Kläger die Revision ein, kann nur ein bei dem BGH zugelassener Anwalt die Klagerücknahme erklären, auch wenn das Rechtsmittel unzulässig ist (§ 78 Rdn. 11). Da die Erklärung mündlich abgegeben werden kann, genügt nach Zustellung des Urteils155 die mündliche Verhandlung vor dem Prozessgericht über eine Tatbestandsberichtigung (§ 320) oder die Ergänzung gem. § 716 oder eine Berichtigung (§ 319)156 oder eine Ergänzung des Urteils (§ 321). Dies gilt nur solange kein Rechtsmittel eingelegt worden ist. b) Zuständiges Gericht. Die Erklärung ist nicht gegenüber dem Gegner, sondern gegenüber dem Prozessgericht abzugeben (§ 269 Abs. 2 S. 1),157 bei dem die Sache anhängig ist. Deshalb ist bis zur Einlegung des Rechtsmittels die Klagerücknahme gegenüber dem unteren Gericht zu erklären.158 Mit der Einlegung des Rechtsmittels wird die Sache bei dem Rechtsmittelgericht anhängig, so dass die Klage gegenüber dem Rechtsmittelgericht, auch wenn das Rechtsmittel unzulässig ist, zurückzunehmen ist.159 Die Rücknahmeerklärung kann auch gegenüber dem Einzelrichter abgegeben werden, nicht aber gegenüber dem beauftragten oder ersuchten Richter.160 Der Begriff der mündlichen Verhandlung gem. § 261 Abs. 2 kann nicht anders ausgelegt werden als derjenige gem. § 269 Abs. 1. Das bedeutet, dass die Klagerücknahme im Güte- oder Beweistermin oder auch im Bewilligungsverfahren gem. § 118 Abs. 1 S. 3 nur der Form entspricht, wenn sie schriftsätzlich erfolgt.161 151 578
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OLG Koblenz MDR 1984, 322; vgl. auch BGH MDR 1979, 931. 2 BGH NJW 1995, 1095, 1096; RG HRR 1931 Nr. 1965; OLG Koblenz Rpfleger 1974, 117 f.; KG ZZP 55 (1930), 284, 285 mit Anm. Levis. 3153580 BGHR ZPO § 269 Abs. 1 Einwilligung 1; BGHZ 14, 210, 211 = NJW 1954, 1405; OLG Koblenz Rpfleger 1974, 117 f. 154 581 4 BGHZ 14, 210, 212 = NJW 1954, 1405; OLG Koblenz Rpfleger 1974, 117 f.; aA wohl RG JW 1911, 51. 155 582 5 Vgl. BGH NJW 1995, 1095, 1096, wonach der Rechtszug erst mit der Einlegung des Rechtsmittels oder dem Eintritt der formellen Rechtskraft endet. 156 6 583 AA OLG Hamburg OLGRspr 19, 104, 105 (kein 152 579
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Termin zur Hauptsache, sondern zur Berichtigung des Passivrubrums); Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 25. 157 584 7 Nach OLG Karlsruhe OLGZ 1968, 37, 39 f. genügt bezüglich der Einwilligung die Mitteilung an das Gericht durch den Kläger, wenn der Beklagte dies bestätigt. 158 8 585 BGH NJW 1995, 1095, 1096; OLG Braunschweig NdsRpfl 1970, 207; OLG Stuttgart VersR 1961, 1097; OLG Frankfurt MDR 1957, 46; Gilles ZZP 91 (1978), 129, 164. 159 586 9 BGHZ 14, 210, 211 = NJW 1954, 1405; RG JW 1911, 51; OLG Braunschweig NdsRpfl 1970, 207. 160 10587 AA Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 26. 161 11588 Vgl. RGZ 157, 141, 143, das allerdings die Klagerücknahme, die im Rahmen eines Vergleichs er-
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In der höheren Instanz kann die Klage nur soweit zurückgenommen werden, als sie in diese Instanz gekommen ist, es sei denn, es kann in der höheren Instanz auch über die in der unteren Instanz verbliebenen Ansprüche entschieden werden. Im getrennten Grund- und Betragsverfahren (§ 304), in formal und materiell getrennten Verfahren (vgl. auch § 280 Rdn. 20), im Urkundenprozess und in seinem Nachverfahren ist die Klagerücknahme bei jedem Gericht zulässig, bei dem über eines der genannten Verfahren entschieden werden soll. Bei einer Vorabentscheidung gem. § 302 kann die Klage dagegen nur in dem Vorabverfahren zurückgenommen werden.
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V. Wirkungen der Klagerücknahme Die Klagerücknahme entfaltet sowohl prozessuale als auch materielle Wirkungen.
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1. Prozessuale Wirkungen Die wirksame Klagerücknahme bewirkt, dass die Anhängigkeit und dementsprechend auch die Rechtshängigkeit mit rückwirkender Kraft entfallen (§ 269 Abs. 3 S. 1). Sie beendet das Prozessrechtsverhältnis.162 Das bereits ergangene, noch nicht rechtskräftige Urteil wird damit von selbst wirkungslos.163 Dagegen beseitigt die Klagerücknahme die ergangene Entscheidung über einen Zwischenstreit nicht, wie z.B. über die Zulässigkeit des Rechtswegs, oder eine Verweisungsentscheidung oder eine erfolgreiche Richterablehnung,164 sondern macht sie nur für den Rechtsstreit folgenlos.165 Gegenstandslos werden in der Regel auch Nebenverfahren, wie z.B. ein den Prozess betreffendes Beschwerdeverfahren166 oder ein Verfahren über die Richterablehnung167. Es bedarf daher nicht mehr einer Erledigungserklärung. Dagegen bleibt ein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig.168 Auf Antrag kann ein deklaratorischer Kostenbeschluss bzw Aufhebungsbeschluss (§ 269 Abs. 4) ergehen. Der Rechtsstreit bleibt deshalb bezüglich der Kostenentscheidung anhängig (vgl. § 261 Rdn. 54).169 Ein trotz Klagerücknahme und ohne deren Berücksichtigung ergangenes Urteil ist wegen der verfahrensbeendigenden Wirkung der Klagerücknahme wirkungslos.170 Die den Rechtsstreit beendigende Wirkung können die Parteien auch nicht einvernehmlich rückgängig machen (vgl. Rdn. 12). Auf einen gleichzeitig mit der Klagerücknahme erklärten Verzicht kann kein Urteil nach § 306 ergehen.171 folgte, daran scheitern ließ, dass die Parteien in Ehesachen zu einem Vergleich nicht befugt sind; Bergerfurth NJW 1961, 1237. 162 589 1 RG Warn 1907–1908 Nr. 91; RGZ 33, 394, 396; vgl. OLG Düsseldorf JW 1930, 661; Walther S. 34. 163 2 590 OLG Nürnberg BayJMBl 1953, 272; Jauernig Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 153. 164 3 591 Nach Vollkommer MDR 1998, 820, 821 behalten verfahrensgestaltende Akte auch nach Klagerücknahme ihre Wirksamkeit. 165 592 4 BAG NJW 1997, 2973, dazu Vollkommer MDR 1998, 820 f. Aus dieser Entscheidung ist jedoch nicht der Schluss zu ziehen, dass Nebenverfahren anhängig bleiben, so aber Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 128 Rdn. 26 Fn. 23. 166 5 593 OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 956.
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6 Vollkommer MDR 1998, 820, 821. 168595 7 Vgl. OLG Rostock FamRZ 2001, 1468; aA Stein/ Jonas/Schumann21 Rdn. 54. 169596 8 BGHZ 159, 153, 158 = NJW 2004, 2309, 2310; OLG München NJW-RR 2001, 1150, 1151; nach RG Warn 1907–1908 Nr. 91 jedoch nicht bei Klagerücknahme in der Rechtsmittelinstanz und darauf erfolgter Rücknahme des Rechtsmittels durch den Beklagten. 170597 9 LAG Frankfurt AP Nr. 5 zu § 271 ZPO; LG Itzehoe NJW-RR 1994, 1216; LG Tübingen JZ 1982, 474, 475; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 57 (nichtig); Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 128 Rdn. 26. 171598 10 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 51; aA wohl KG OLGRspr 31 (1915), 43, 44.
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Die Rechtskraft der Entscheidung kann nicht mehr eintreten.172 Ein Rechtsmittel kann nicht mehr eingelegt werden, auch nicht zu dem Zweck, die wirkungslose Entscheidung zu vernichten. Besteht allerdings Streit über die Wirksamkeit der Klagerücknahme kann der Beklagte neben dem Verfahren gem. § 269 Abs. 4 Berufung einlegen, da ansonsten der Verlust des Rechtsmittels droht.173 Die entgegenstehende Rechtshängigkeit der Streitsache gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 kann nicht mehr in einem anderen Verfahren geltend gemacht werden. Die Beseitigung der Rechtshängigkeit hat aber nicht zu Lasten des Beklagten die Folge, dass die Anknüpfung, die sich ihm bot, noch beseitigt werden könnte. So bleiben der Gerichtsstand der Hauptintervention (§ 64) und der Widerklage (§ 33)174 bestehen (§ 261 Abs. 3 Nr. 2). Nach der Klagerücknahme können diese Gerichtsstände jedoch nicht neu begründet werden.175 Die Zuständigkeit kann sich aber aus § 39 ergeben, wenn der Kläger rügelos zur Hauptsache mündlich verhandelt. Nebenintervention und Streitverkündung werden allerdings wirkungslos. Ein Streitbeitritt ist nicht mehr zulässig, da es einen solchen nur in Bezug auf die Kostenentscheidung nicht gibt. Dagegen bleibt eine Hauptintervention bestehen (§ 64). Rechtskräftige Entscheidungen berührt die Klagerücknahme nicht, und auch nicht die Kostenentscheidung, die rechtskräftig geworden ist. 2. Materielle Wirkungen
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Die Klagerücknahme ändert grundsätzlich nichts an den Wirkungen materiellrechtlicher Erklärungen.176 Doch können solche Wirkungen jederzeit durch Parteivereinbarung wieder rückgängig gemacht werden. Soweit allerdings in der Klage ein Angebot zum Vertragsschluss enthalten war, kann in der Klagerücknahme zugleich die Rücknahme des Angebots gesehen werden. Werden an die Anhängigkeit bzw Rechtshängigkeit materiellrechtliche Wirkungen geknüpft, entfallen diese nur insoweit, als keine besonderen gesetzlichen Regelungen getroffen worden sind,177 und insbesondere, soweit sie in der Form des Prozesses geltend gemacht werden müssen, wie z.B. die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes (§ 1599 BGB) oder die Aufhebung der Ehe (§ 1313 BGB). Ein durch Ehevertrag vereinbarter Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist wirksam, wenn der innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss gestellte Scheidungsantrag wieder zurückgenommen wird. Die in § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB geregelte Wirkung bleibt nicht bestehen.178 Gem. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB endet die Hemmung der Verjährung und der Ersitzung ( § 939 Abs. 1 BGB) sechs Monate nach Rücknahme des eingeleiteten Verfahrens.
172 1 599 OLG Nürnberg BayJMBl 1953, 272. 173 2 600 BGH NJW 1998, 2453, 2454. 174 3 601 BGHZ 40, 185, 189 = NJW 1964, 44, 45; RG LZ 1924, 554; RG JW 1917, 295, 297 aE; LG München NJW 1978, 953 f. 175 602 4 RGZ 34, 366, 368 für die Widerklage. 176 603 5 Vgl. für die in der Klage enthaltene außerprozessuale Erklärung der Mängelanzeige RGZ 59, 150, 154. 177 6 604 Vgl. RG JW 1926, 374, 375; RGZ 75, 280, 289; RGZ 66, 12, 14.
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178 605 7 BGH NJW 1986, 2318; AG Charlottenburg FamRZ 1979, 44; Palandt/Brudermüller BGB67 (2008) § 1408 Rdn. 30; Bergerfurth FamRZ 1977, 440, 442; Gaul FamRZ 1981, 1134, 1137 ff.; Reinartz NJW 1977, 81, 83 und DNotZ 1978, 267, 283; aA OLG Zweibrücken FamRZ 1985, 72, 73; MünchKommBGB4/Kanzleiter (2000) § 1408 Rdn. 30; Erman/Gamillscheg BGB12 (2008) § 1408 Rdn. 12.
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3. Abgrenzung zu sonstigen Wirkungen Die Wirkungen der Klagerücknahme sind von denjenigen des Stillstands des Verfahrens, des prozessualen wie des materiellen Verzichts, der prozessualen Erledigungserklärung und des materiellen Vergleichs sowie der Rechtsmittelrücknahme und des -verzichts zu unterscheiden. Bei Zweifeln über die Art der Erklärung, hat das Gericht gem. § 139 eine Aufklärung zu versuchen.
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a) Prozessuale Erklärungen. Die Unterbrechung (§§ 239 ff., 249),179 die Aussetzung (§§ 246 ff.) und das Ruhen des Verfahrens (§ 251) beenden den Prozess nicht, sie lassen den weiteren Betrieb (§ 250) durch die Parteien im Gegensatz zur Klagerücknahme zu. Vom prozessualen Verzicht unterscheidet sich die Klagerücknahme dadurch, dass der Verzicht auf Antrag des Beklagten zu einer abweisenden Entscheidung über den prozessualen Anspruch führt (§ 306) und deshalb wegen der entgegenstehenden Rechtskraft keine erneute Klageerhebung zulässig ist, während nach Klagerücknahme eine solche möglich ist. Mit der Klagerücknahme wird der eingeschlagene Prozessweg, mit dem Verzicht der verfolgte prozessuale Anspruch aufgegeben.180 Der Verzicht beendet nicht die Rechtshängigkeit, lässt eine Klagerücknahme jedoch nur mit Einwilligung des Beklagten zu.181 Zum Klageverzicht bedarf es keiner Einwilligung des Beklagten, selbst wenn schon zur Hauptsache verhandelt worden ist.182 Deshalb ändert auch der Widerspruch des Beklagten an der Zulässigkeit des Verzichts nichts.183 Die Erledigungserklärung184 unterscheidet sich von der Klagerücknahme dadurch, dass eine Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache nur durch übereinstimmende Erledigungserklärungen erreicht werden kann (§ 91a).185 Der Rechtsstreit bleibt bezüglich der Kosten rechtshängig. In der einseitigen Erledigungserklärung des Klägers sieht die h.M.186 eine Klageänderung derart, dass der Kläger nun die Feststel-
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1179606 Zu den Voraussetzungen und Wirkungen vgl. die Kommentierung zu §§ 239 ff. 180 2 607 RGZ 100, 123, 125; RGZ 66, 12, 13. 181 3 608 Schultzenstein Gruchot 27 (1883), 229, 237. 182 4 609 BGHZ 49, 213, 217 = NJW 1968, 503, 504. 183 5 610 RGZ 115, 374, 375. 184 6 611 Vgl. zur Auslegung der Erklärung RG JW 1911, 591: Wird der Anspruch „fallen gelassen“, aber ausdrücklich eine Klagerücknahme verneint, kann nur Erledigungserklärung angenommen werden. Vgl. aber RGZ 100, 123, 125: Der Antrag, die Hauptsache für erledigt zu erklären, sei zumeist als Verzicht oder als Klagerücknahme aufzufassen. 185 612 7 Vgl. zum Unterschied OLG Brandenburg Rpfleger 1998, 484, 485. 186 8 613 St. Rspr. BGH NJW 2002, 442 (Eine unmittelbar prozessgestaltende Wirkung geht von der Erledigungserklärung, solange sie einseitig bleibt, nicht aus.); BGH NJW 1994, 2363, 2364; BGH NJW-RR 1993, 1319, 1320; BGHZ 106, 359, 366 f. = NJW 1989, 2885, 2886; BGHZ 91, 126, 127 = NJW 1984, 1901; Stein/Jonas/Bork § 91a Rdn. 47; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 34 mwN; Habscheid FS Lent (1957), S. 153, 166 ff.; ders. JZ 1963, 624, 625; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 331 f.; aA MünchKomm/Lindacher § 91a Rdn. 92 ff. (eigenständiges Institut der Prozess-
beendigung und Erwirkungshandlung, auf ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit kommt es aber nicht an); Assmann Erlanger FS Schwab (1990), S. 179, 199 ff. (das Ende der Rechtshängigkeit unmittelbar herbeiführende Bewirkungshandlung, deren Zulässigkeitsvoraussetzung die Erledigung der Hauptsache ist); Blomeyer ZPR § 64 I (privilegierte Klagerücknahme); ders. JuS 1962, 212, 213; für eine privilegierte Klagerücknahme wegen § 269 Abs. 3 S. 3 jetzt wohl auch wieder Becker-Eberhard FS Gerhardt (2004), S. 25, 50; Künzl DB 1990, 2370, 2372 (nur Prüfung des erledigenden Ereignisses und der Zulässigkeit der ursprünglichen Klage); Lindacher Juristische Analysen 1970, 687, 705 (kostenmäßig privilegierter Klageverzicht); vgl. auch Piekenbrock ZZP 112 (1999), 353, 360 (Bewirkungshandlung, die Rechtshängigkeit des Hauptantrags beendet und gleichzeitig Erwirkungshandlung, da Feststellung der Erledigung begehrt wird); Pohle FS Maridakis (1963) Bd. 2, S. 427, 452 ff. (Bewirkungshandlung und Erledigungsstreit darüber, ob diese Bewirkungshandlung wirksam ist); Schwab ZZP 72 (1959), 127, 133 (eigenständiges Institut der Prozessbeendigung und Erwirkungshandlung); ebenso Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 130 Rdn. 34.
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lung der Erledigung begehrt. Eine Klagerücknahme ist in der Erledigungserklärung in der Regel187 nicht zu sehen, da dies mit Kostennachteilen verbunden wäre. Umgekehrt ist auch die Umdeutung einer Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung ausgeschlossen, wenn die Klagerücknahme wirksam und lediglich der Antrag des Klägers, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 aufzuerlegen, unbegründet war.188 Obsiegt der Kläger mit der Feststellungsklage, trägt der Beklagte gem. § 91 die Kosten des Rechtsstreits. Bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung entscheidet das Gericht über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen (§ 91a). Die Klagerücknahme führt dagegen grundsätzlich zur Kostenlast für den Kläger (§ 269 Abs. 3 S. 2). Dies gilt auch dann, wenn der Kläger die Klage zunächst für erledigt erklärt und sie anschließend zurücknimmt, ohne dass sich vorher der Beklagte der Erledigungserklärung angeschlossen hat.189 Der Prozessvergleich (§ 794 Nr. 1) beendet ebenfalls den Rechtsstreit, allerdings nicht rückwirkend wie die Klagerücknahme, sondern ex nunc. Deshalb ist eine in dem Prozessvergleich erklärte Klagerücknahme nicht nur überflüssig, sondern bringt wegen der unterschiedlichen Kostenfolgen nur Probleme.190 Sie geht ins Leere, da der Rechtsstreit bereits durch den Prozessvergleich beendet worden ist. Es empfiehlt sich deshalb für das Gericht gem. § 139 zu klären, ob der Prozess durch Klagerücknahme oder Prozessvergleich sein Ende finden soll. Von der Rechtsmittelrücknahme (§§ 516, 565) bzw der Rücknahme des Einspruchs (§ 346) unterscheidet sich die Klagerücknahme dadurch, dass jene die ergangene Entscheidung bestehen lassen. Dies führt bei einer Abweisung der Klage als unbegründet zum Eintritt der Rechtskraft mit der Folge, dass eine erneute Klageerhebung unzulässig ist. In der beschränkten Berufungseinlegung ist keine Klagerücknahme zu sehen.191 Dasselbe gilt bei Rechtsmittelverzichten (§§ 515, 565) mit der weiteren Wirkung, dass das Rechtsmittel im Gegensatz zur Rechtsmittelrücknahme nicht mehr erneuerbar ist. Die Klagerücknahme unterscheidet sich von der Klageänderung durch den Wegfall des Rechtsschutzbegehrens und nicht nur dem Austausch des Streitgegenstands (§ 263 Rdn. 54). In der Beschränkung des Klageantrags gem. § 264 Nr. 2 kann aller1187614 OLG Bamberg JurBüro 1977, 1620. Ist allerdings offenkundig, dass der Kläger nur im Hinblick auf das Kostenrisiko die Klage nicht weiterverfolgt und ein erledigendes Ereignis nicht eingetreten ist, kann nach VGH Mannheim NJW 1974, 964 die Erledigungserklärung als Klagerücknahme ausgelegt werden. Bedenklich ist diese Annahme, wenn auch der Beklagte eine Erledigungserklärung abgibt. Vgl. auch OLG Celle NdsRpfl 1955, 213 f.; OLG Frankfurt BB 1978, 331 lehnt zu Recht die Umdeutung der Erledigungserklärung des Klägers bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen ab. 188 615 2 BGH NJW 2007, 1460, 1461. 189 616 3 BGH NJW 2004, 223. 190 4 617 Vgl. OLG Nürnberg NJW 1966, 1666. Dagegen hält Mende S. 34 ff. eine Klagerücknahme in einem abstrakten Prozessvertrag für sinnvoll und zweckmäßig, die Beendigung des Prozesses er-
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folgt in diesen Fällen durch die Klagerücknahme. Bezüglich der Kosten spricht er sich dennoch für einen Vorrang des § 98 vor § 269 Abs. 3 S. 2 wegen der dokumentierten Vergleichsbereitschaft aus, wenn keine individuelle Kostenregelung im Vergleich getroffen worden ist (S. 90 f.). Anders OLGR Stuttgart 2004, 90, wo im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen wurde und die Parteien im Vergleich lediglich eine Regelung über die Kosten desselben getroffen haben. Nach dessen Ansicht gilt für die übrigen Kosten § 269 Abs. 3 S. 2. Auch Bork Der Vergleich (1988), S. 263 ff. nimmt den Vorrang des § 269 an. 191 618 5 Zum Verhältnis von Rechtsmittelbeschränkung und Klagerücknahme siehe Batsch NJW 1974, 299 und Karmasin NJW 1974, 982.
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dings eine teilweise Klagerücknahme gesehen werden (§ 264 Rdn. 37 und 41 mwN). Dies gilt nicht für die Klageänderung gem. § 263, wenn der Beklagte wegen der Klageänderung seine ursprüngliche Verteidigung fallen lassen muss (vgl. § 263 Rdn. 70 ff.).192 b) Materiellrechtliche Erklärungen. Der außergerichtliche Vergleich erledigt den materiellrechtlichen Anspruch, beendet aber im Gegensatz zum Prozessvergleich das Prozessrechtsverhältnis nicht, doch kann sein Abschluss mit einer Verpflichtung zur Klagerücknahme verbunden werden (vgl. dazu unten Rdn. 75). Wird die Klagerücknahme auf Grund eines solchen Vergleichs dem Gericht gegenüber erklärt, teilt sie nicht das Schicksal des Vergleichs,193 sondern bleibt bestehen ohne Rücksicht darauf, ob der Vergleich unwirksam ist oder durch Anfechtung vernichtet wird.194 Das Entsprechende gilt für einen materiellen Verzicht sowohl für einen einseitigen (bei dinglichen Rechten gem. §§ 875, 928, 1064, 1168 Abs. 2, 1255 Abs. 1 BGB) als auch für einen zweiseitigen (bei obligatorischen Rechten gem. § 397 BGB).195 Diese Erklärungen führen bei einem bestehenden Rechtsstreit zur Klageabweisung als unbegründet. Sie werden in der Praxis bisweilen mit der Klagerücknahme verbunden, unterliegen jedoch dem materiellen Recht. Die Klagerücknahme ist dagegen selbständig nach dem Prozessrecht zu beurteilen und ist auch wirksam, wenn die materiellen Erklärungen unwirksam oder anfechtbar sein sollten. Der Kläger kann sich auch außergerichtlich gegenüber dem Beklagten verpflichten, die Klage zurückzunehmen.196 Die Verpflichtung kann auch in Anwaltsprozessen wirksam von der Partei vorgenommen werden.197 Sie bedarf keiner Form.198 Allerdings ersetzt diese Verpflichtung nicht die Klagerücknahme, die in der Form des § 269 Abs. 2 erklärt werden muss.199 Einer Klage bzw Widerklage des Beklagten auf Abgabe der Rücknahmeerklärung gegen den Kläger mit der Vollstreckungsmöglichkeit gem. § 894 mangelt es jedoch am Rechtsschutzbedürfnis, da der Beklagte die oben genannte Einrede geltend machen kann.200 Umstritten ist, ob es sich bei dem Klagerücknahmeversprechen um einen materiellen oder um einen Prozessvertrag handelt.201 Vorzugswürdiger erscheint die Ansicht, die einen Prozessvertrag (prozessualer Verpflichtungsvertrag)202 annimmt, da es sich 192 619
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Pawlowski FS Rowedder (1994), S. 309 f. mwN; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 60; Lüke FS Weber (1975), S. 323, 331; Prütting/Wesser ZZP 116 (2003), 267, 290 f.; aA (Kumulationstheorie) BGH NJW 1990, 2682; RG Gruchot 41, 699, 702; Grunsky Die Veräußerung der streitbefangenen Sache (1968), S. 149 ff. 193 620 2 AA RG JW 1911, 398. 194 621 3 RGZ 152, 324 f. zur Rechtsmittelrücknahme. 195 4 622 An die Feststellung des Verzichtswillens und die Annahme eines stillschweigend geschlossenen Erlassvertrags sind strenge Anforderungen zu stellen, vgl. BGH NJW 1997, 3019, 3021; BGH NJW-RR 1990, 390, 391. 196 5 623 RGZ 159, 186, 189; RGZ 102, 217, 221 f.; OLG Zweibrücken OLGZ 1965, 421, 422; Brammsen/ Leible JuS 1997, 54, 57;Wagner Prozeßverträge (1998), S. 504 ff.; Piehler GS Arens (1993), S. 323, 329 f.; aA die Voraufl. Anm. B V mit der Begründung, dass niemandem verboten werden könne, eine Klage zu erheben, folglich könne er sich
nicht verpflichten, nicht zu klagen und auch nicht, die Klage zurückzunehmen. 6197624 BGH NJW 1989, 39; BGH NJW-RR 1989, 802; BGH NJW 1984, 805; Wagner Prozeßverträge (1998), S. 284 f. 198625 7 BGH VersR 1993, 714; BGH NJW 1985, 189. 199626 8 RGZ 159, 186, 190; RGZ 102, 217, 221; Baumgärtel S. 263; Piehler GS Arens (1993), S. 323, 329 f.; aA Schlosser Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß (1968), S. 71 f.: Die Klage gilt mit Bekanntwerden des Klagerücknahmeversprechens als zurückgenommen; nach Schiedermair Vereinbarungen im Zivilprozeß (1935), S. 118 wird die Klage dagegen unzulässig. 200627 9 Zöller/Greger Rdn. 3; Baumgärtel S. 263; Wagner Prozeßverträge (1998), S. 266 f. 201628 10 Vgl. zu diesem Streit Rosenberg/Schwab/Gottwald § 128 Rdn. 8; Wagner Prozeßverträge (1998), S. 504 ff. 202629 11 Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 304; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 66 Rdn. 3;
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um eine Regelung auf prozessualem Gebiet handelt. Letztendlich kommen beide Ansichten zu demselben Ergebnis, nämlich zur Abweisung der Klage als unzulässig, erstere Ansicht über die Arglisteinrede,203 letztere Ansicht über die prozessuale Einrede204. Besteht die Verpflichtung auf Grund eines Vergleichs, weitere Ansprüche nur in dem anhängigen Prozess geltend zu machen, kann eine dennoch erklärte Klagerücknahme arglistig sein.205
VI. Kostentragungspflicht
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Gem. § 269 Abs. 3 S. 2 hat der Kläger grundsätzlich die Kosten des Verfahrens zu tragen, soweit über sie noch nicht rechtkräftig erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. 1. Umfang der Kostenpflicht
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Dem Zurücknehmenden fallen die gesamten Prozesskosten zur Last, unabhängig davon, ob die Klage begründet war.206 Diese Regel ist eine Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 zugrunde liegenden Prinzips, dass der unterlegenen Partei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen sind. Der Kläger, der die Klage zurücknimmt, begibt sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen.207 §§ 95, 96 sind jedoch auch bei der Klagerücknahme zu berücksichtigen.208 Dagegen findet § 93 im Rahmen des § 269 Abs. 3 S. 2 keine („reziproke“) Anwendung,209 so dass dem Beklagten, wenn dieser Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, nicht die Kosten auferlegt werden können. Im Rahmen des § 269 Abs. 3 S. 3 ist bei der Billigkeitsentscheidung § 93 dagegen zu berücksichtigen.210 Eine reziproke Anwendung ist jedoch auch hier abzulehnen (vgl. § 91a Rdn. 11 Fn. 37 und § 93 Rdn. 3).211 Schwab FS Baumgärtel (1990), S. 503, 513; dazu Wagner Prozeßverträge (1998), S. 47. 203 1 630 BGH NJW-RR 1989, 802; BGH NJW-RR 1987, 307; BGH NJW 1984, 805; BGHZ 41, 3, 5 = NJW 1964, 549, 550; RGZ 159, 186, 190; RGZ 102, 217, 222 f.; OLG Zweibrücken OLGZ 1965, 141, 143; Baumgärtel S. 266; ders. FS Schima (1969), S. 41, 49 f., allerdings auch für die Möglichkeit, die Klage durch Urteil als zurückgenommen zu erklären. 204 2 631 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 128 Rdn. 8 (prozessuale Einrede); Schwab FS Baumgärtel (1990), S. 503, 513 (prozessuale Einrede); Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 57 (prozessuale Einrede); Zeiss Die arglistige Prozeßpartei (1957), S. 105 f. (prozessuale Einrede); abweichend Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 315 (Annahme eines Prozessvertrags, trotzdem Arglisteinrede); aA unmittelbar verfahrensgestaltende Wirkung der Vereinbarung, Konzen Rechtsverhältnisse zwischen Prozeßparteien (1976), S. 195 f.; Einführung in Prozess durch entsprechenden Vortrag erforderlich, nicht jedoch die Erhebung einer Einrede, Schlosser Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß (1968), S. 57; Wagner Prozeßverträge (1998), S. 254; offengelassen von Blomeyer ZPR § 63 IV.
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205 3 632 BGH WM 1973, 144. 206 4 633 BGH NJW 2004, 223; RG Warn 1928 Nr. 168 aE; RGZ 114, 246, 251 f.; Schneider MDR 1961, 545, 546. 207 634 5 BGH NJW 2004, 223. 208 6 635 OLGR Stuttgart 2006, 603, 604 (jedenfalls dann, wenn Klagerücknahme und Rücknahme der Widerklage zusammenfallen); MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 46; Musielak/Foerste Rdn. 12; Coester-Waltjen DRiZ 1976, 240, 241; aA OLG Celle NJW 1961, 1363; OLG Bremen NJW 1976, 632. 209 636 7 LAG Mainz Urt. v. 21.6.2005 – 11 Sa 805/04 – (Gründe zu III); OLG Dresden MDR 2003, 1079; OLG Schleswig MDR 2001, 1078; OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 955 = MDR 1994, 1245; OLG Düsseldorf JMBlNRW 1955, 209; OLG Nürnberg OLGRspr 25, 93; aA AG Iserlohn NJW-RR 1995, 1022; LAG Hamm LAGE § 98 ZPO Nr. 7 (Gründe zu 1.2). 210 637 8 Vgl. AG Darmstadt Beschl. v. 28.4.2005 – 309 C 513/04 –. Im Übrigen ergibt sich dies bereits daraus, dass bei der Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 3 nach „billigem Ermessen“ auf die Billigkeitsentscheidung in § 91a zurückgegriffen werden kann, bei der die Anwendung des Rechtsgedankens des § 93 gängig ist, vgl. § 91a Rdn. 11.
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Nimmt der Kläger im einstweiligen Anordnungsverfahren gem. § 620 seinen Antrag zurück, ist § 620g anzuwenden, so dass ihm nicht entsprechend § 269 Abs. 3 die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens aufzuerlegen sind, es sei denn, dass § 96 eingreift212 oder ein Hauptsacheverfahren nicht durchgeführt wird (vgl. Rdn. 5). Die Kostenregelung ist auch gegenüber einem materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch abschließend, wenn der Sachverhalt unverändert bleibt und keine selbständigen Umstände hinzutreten.213 Nimmt der Kläger die Klage zurück, nachdem er ein Versäumnisurteil bzw einen Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten erwirkt und dieser Einspruch eingelegt hatte, so umfasst die Kostenpflicht des Klägers nicht die Kosten der Säumnis des Beklagten.214 Da der Rechtsstreit wegen der Kosten anhängig bleibt, können die Kosten verursachenden Kriterien so berücksichtigt werden, wie sie im Verlauf des Rechtsstreits auch tatsächlich eingetreten sind.215 §§ 344, 700 finden deshalb auch bei einer Klagerücknahme Anwendung. Ansonsten würde die kostenmäßige Begünstigung der Klagerücknahme vollständig entfallen und der Klagerücknahme in der Praxis die Grundlage entzogen.216 Außerdem ordnet § 269 Abs. 3 S. 2 ausdrücklich an, dass der Kläger die Kosten nur insoweit zu tragen hat, als sie nicht dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Einen solchen anderen Grund stellt die Kostenlast des Beklagten gem. § 344 dar.217 Andererseits ist in einigen Sondervorschriften eine Abweichung von § 269 Abs. 3 S. 2 ausdrücklich bestimmt, so für die Kosten der Folgesachen bei Rücknahme eines Scheidungsantrags in § 626 Abs. 1 S. 2 und bei Unterhaltsklagen in § 93d. Dies war auch der Anlass für die Ergänzung des § 269 Abs. 3 S. 2 durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6.4.1998218, dass die Kosten dem Beklagten aus einem anderen Grund auferlegt werden können.219 Dadurch sollte klargestellt werden, dass der Kläger die Kosten nicht zu tragen hat, wenn einer der schon bisher von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle vorliegt.220 Ausnahmefälle sind die Verpflichtung des Be-
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AA OLGR München 2005, 57, 58 („reziproke“ Anwendung des Grundgedankens des § 93 im Rahmen des § 269 Abs. 3 S. 3); Deckenbrock/ Dötsch MDR 2004, 1214, 1216; schon zum alten Recht LG München NZV 1996, 35; vgl. auch OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 571. 2212639 OLG Karlsruhe NJWE-FER 1996, 21; OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 1187 (Aufgabe von OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 910); OLG Frankfurt FamRZ 1984, 720, 721; OLG Frankfurt FamRZ 1980, 337; OLG Saarbrücken JurBüro 1985, 1888 f. mit Anm. Mümmler; aA OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 910. 213 3 640 BGH NJW-RR 1995, 495 mwN; OLG Hamm MDR 1993, 909: beide Entscheidungen zur Klagerücknahme im einstweiligen Verfügungsverfahren; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 77; Becker-Eberhard JZ 1995, 814, 816 ff. (das Auseinanderfallen der Sachverhalte und das Hinzutreten zusätzlicher Umstände ist der Regelfall). 214 4 641 BGHZ 159, 153, 157 = NJW 2004, 2309, 2310 mwN; OLG Schleswig MDR 2002, 1274, 1275; OLG München NJW-RR 2001, 1150; OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 383; OLG Köln MDR
1993, 1023; OLG Köln AnwBl 1992, 332; OLG Köln MDR 1990, 256; OLG Hamm OLGZ 1989, 464; OLG Düsseldorf NJW 1975, 1569, 1570; OLG Düsseldorf MDR 1972, 1043; LG Aachen MDR 1991, 451; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 58; Coester-Waltjen DRiZ 1976, 240 f.; Habel NJW 1997, 2357, 2359 f.; Schneider MDR 1977, 234 f.; Schubert JR 2005, 73; Timme JuS 2005, 705, 707; aA OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 871; OLG Rostock NJW-RR 1996, 832; OLG Düsseldorf MDR 1983, 64; OLG Hamm MDR 1977, 233 f.; OLG Oldenburg NdsRpfl 1977, 276; OLG Bremen NJW 1976, 632; OLG Stuttgart MDR 1976, 51; KG NJW 1970, 1799. 5215642 BGHZ 159, 153, 158 = NJW 2004, 2309, 2310; OLG München NJW-RR 2001, 1150, 1151. 216643 6 BGHZ 159, 153, 160 = NJW 2004, 2309, 2311; OLGR Bremen 2001, 34; aA OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 871. 217644 7 OLG Schleswig MDR 2002, 1274, 1275; Bonifacio MDR 2002, 499; Schneider JurBüro 2002, 509. 218645 8 BGBl I S. 666, 668. 219646 9 BT-Drucks. 13/7338 S. 33. 220647 10 BT-Drucks. 14/4722 S. 80.
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klagten zur Kostentragung durch außergerichtlichen Vergleich, sein vorheriger wirksamer Verzicht auf die Kostenerstattung und der berechtigte Einwand des Klägers, dass eine wirksame Klagerücknahme nicht erklärt worden ist.221 Daraus kann aber nicht auf den Vorrang des § 269 Abs. 3 S. 2 und darauf geschlossen werden, dass bei Fehlen einer ausdrücklichen Abweichungsmöglichkeit eine solche nicht zulässig ist.222 Der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch kommt nicht als „anderer Grund“ iSd § 269 Abs. 3 S. 2 HS 2 in Betracht.223 Aus denselben Gründen fallen dem Kläger auch die Kosten eines Wiedereinsetzungsgesuchs nicht zur Last, § 238 Abs. 4 findet Anwendung.224 Die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Gerichtskosten stellen gerichtliche Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens dar, wenn Parteien und Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptprozesses zumindest teilweise identisch sind.225 Daran ändert auch die Rücknahme der Hauptsacheklage nichts. Die Kosten des selbständigen abgeschlossenen Beweisverfahrens werden daher auch von der Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 2 im Hauptsacheverfahren umfasst, wenn die Parteien und der Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens zumindest teilidentisch sind.226 § 494a Abs. 2 S. 1 iVm § 269 Abs. 3 S. 2 findet weder direkt noch entsprechend Anwendung.227 Wird der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zurückgenommen, sind dem Antragsteller die Kosten entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 aufzuerlegen, bei Anhängigkeit eines Hauptsacheverfahrens ist im Rahmen des Hauptsacherechtsstreits über die Kosten entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 zu entscheiden.228 Die Kostenlast umfasst die Kosten der Streitgehilfen des Beklagten,229 nicht aber diejenigen der Streitgehilfen des Klägers, die der Kläger aber eventuell nach materiellem Recht zu ersetzen hat. Bei Vereinbarung einer Kostenteilung im Rahmen eines Vergleichs sind auch nicht die Kosten des Streithelfers des Gegners zu tragen.230 Er1221648 BT-Drucks. 14/4722 S. 80; ebenso BGH NJWRR 2005, 1662, 1663. 222 2 649 Vgl. Timme JA 2000, 224, 226, der sogar die Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit unter diese Fallgruppe fallen lassen will. Dem widerspricht aber jetzt die Einführung des § 269 Abs. 3 S. 3. 223 3 650 BGH NJW-RR 2005, 1662, 1663; BGH NJW 2004, 223, 224; aA Schneider JurBüro 2002, 509. 224 4 651 AA Stein/Jonas/Roth § 238 Rdn. 14 (Vorrang des § 269 Abs. 3 S. 2); MünchKomm/Gehrlein § 238 Rdn. 17; Musielak/Grandel § 238 Rdn. 8; Hk/ Wöstmann § 238 Rdn. 11; Thomas/Putzo/Hüßtege § 238 Rdn. 21. 225 652 5 St. Rspr., vgl. BGH NJW-RR 2006, 810 f. 226 6 653 BGH NJW 2007, 1282; BGH NJW 2007, 1279, 1281(ausführlich zum Streitstand S. 1280); offengelassen von BGH ZfBR 2005, 790 f. (jedenfalls dann nicht von § 269 Abs. 3 S. 2 erfasst, wenn das Beweisverfahren zum Zeitpunkt der Klagerücknahme noch nicht abgeschlossen war); OLGR Jena 2006, 775, 776 f.; OLGR Karlsruhe 2005, 562 (insoweit aufgehoben von BGH ZfBR 2005, 790 f.); OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.3.2004 – 12 W 160/03; OLG Celle JurBüro 1984, 1581; Altenmüller NJW 1976, 92, 94 f.; differenzierend OLG Düsseldorf BauR 1997, 349, 350 ff. (Bei
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Rücknahme der Klage nach Aufforderung zur Klageerhebung gem. § 494a sind dem Kläger die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gem. §§ 269 Abs. 3 S. 2, 494a Abs. 2 aufzuerlegen, sowie entsprechend bei Rücknahme ohne Aufforderung, wenn Identität der Parteien und des Streitgegenstands besteht); aA OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 1028; OLG Köln BauR 2003, 290 f.; OLG Koblenz NJW 2003, 3281, 3282; OLG München NJW-RR 1998, 1078; OLG Schleswig JurBüro 1995, 36; OLG Koblenz VersR 1990, 1135; OLG München MDR 1987, 151; OLG Koblenz JurBüro 1984, 924 f.; OLG Stuttgart JurBüro 1980, 1890; KG MDR 1979, 406 f. 227 654 7 BGH NJW 2007, 1279, 1281 gegen OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 1028 f. 228 8 655 BGH NZBau 2005, 42, 43; BGH NJW-RR 2005, 1015 f. 229 9 656 RG JW 1904, 492; KG NJW-RR 2004, 719, 720; Schneider MDR 1961, 545, 546. Die dem Beklagten durch die Streitverkündung entstandenen Auslagen können jedoch nicht gegen den Kläger festgesetzt werden, KG MDR 2006, 236, 237. 230 10657 BGH NJW-RR 2004, 1506, 1507; BGH NJW 2003, 3354 f.; BGHZ 154, 351, 354 ff. = NJW 2003, 1948 f. unter Aufgabe seiner Ansicht in
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klärt der Nebenintervenient sein Ausscheiden aus dem Rechtsstreit, hat er entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 seine Kosten zu tragen.231 Nimmt nur ein Kläger bei einer einfachen Streitgenossenschaft die Klage zurück, so muss der ausgeschiedene Kläger in der Kostenentscheidung im Urteil des anderen Klägers so behandelt werden, wie wenn seine Klage durch Urteil abgewiesen worden wäre,232 es sei denn, dass er die Klage vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat (vgl. dazu Rdn. 134). Im Einzelnen hängt die Quotelung davon ab, wer im Rechtsstreit obsiegt.233 Die Einwilligung des Beklagten berührt die Kostenpflicht des Klägers nicht.234 Ist der Beklagte Widerkläger, rückt er in die Stellung des Klägers ein. Werden Klage und Widerklage zurückgenommen, können die Kosten gegeneinander aufgehoben oder nach dem Verhältnis der Streitwerte von Klage und Widerklage verteilt werden.235 Bei teilweiser Klagerücknahme ist für den Fall, dass der Kläger obsiegt, im Rahmen der Kostentragungspflicht die Regelung des § 92 entsprechend heranzuziehen. Danach erfolgt regelmäßig eine Verteilung nach Quoten, wobei unter den Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 das Gericht jedoch einer Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen kann.236 Bei einer Rücknahme der Klage, die durch einen vollmachtlosen Vertreter erhoben worden ist, sind die Kosten des Rechtsstreits entgegen § 269 Abs. 3 S. 2 demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, der das Auftreten des Vertreters ohne Vollmacht veranlasst hat,237 gegebenenfalls dem Vertreter selbst.238 Die Klage kann sowohl von dem in der Klageschrift bezeichneten Kläger als auch von dem vollmachtlosen Vertreter, jedenfalls wenn ihm die Kostenlast droht, zurückgenommen werden.239
BGH NJW 1961, 460 f. (Nebenintervenient des Klägers), wonach die Hälfte der Kosten des Streithelfers des Gegners zu tragen sind; letzterer Ansicht auch OLGR Oldenburg 2000, 13 (Nebenintervenient des Beklagten). 231 658 1 KG MDR 1959, 401. 232 2 659 Vgl. zur Klagerücknahme eines von mehreren Streitgenossen im Berufungsverfahren OLGR München 1993, 228. 233 3 660 Schneider NJW 1959, 1168 f. 234 661 4 RGZ 20, 414, 416 f. 235 5 662 OLGR Stuttgart MDR 2006, 1317 f., das § 96 anwendet, wenn allein die Klage Beweisaufnahmekosten verursacht hat; OLGR Stuttgart 2004, 316 f.; LG Meiningen MDR 2004, 171; OLG Nürnberg BayJMBl 1964, 53, 54. 236 6 663 BGH NJW-RR 1996, 256; OLGR Celle 1998, 236; vgl. auch OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 598, 599, das in einem Ausnahmefall nicht den Gebührenstreitwert, sondern die gesetzliche Wertung des Zuständigkeitsstreitwerts heranzieht; aA AG Kenzingen TranspR 1999, 245, 246. 237 7 664 OLGR Bamberg 2005, 683; OLG Hamm NJWRR 1990, 767; Emde MDR 1997, 1003; differenzierend Vollkommer MDR 1997, 1004 f. (Unzulässigkeit der Klage auf Grund der
Vollmachtsrüge; Kosten trägt die Klagepartei, soweit nicht die Voraussetzungen für eine Kostenbelastung des Vertreters nach dem Veranlassungsprinzip bestehen); gegen das Veranlassungsprinzip Breitkopf S. 165 f., der die Kosten auch bei der Rücknahme der vollmachtlos erhobenen Klage durch die Partei dem vollmachtlosen Vertreter analog § 89 Abs. 1 S. 3 auferlegen will, S. 192 ff., 199. 238665 8 Der vollmachtlose Vertreter kommt als Veranlasser in der Regel dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt, vgl. BGHZ 121, 397, 400 = NJW 1993, 1865; BGH NJW-RR 2000, 1499, 1500; BGH NJW-RR 1998, 63; OLGR Bamberg 2005, 683, 684; anders Breitkopf S. 182 ff., 191, der im Ergebnis gem. § 89 Abs. 1 S. 3 analog fast ausschließlich den Prozessvertreter zur Kostentragung verpflichtet sieht (Kostenlast des Prozessvertreters bei Abweisung der Klage wegen Mangels der Vertretungsmacht gem. § 89 Abs. 1 S. 3; Kostenlast des zurücknehmenden Prozessvertreters gem. § 89 Abs. 1 S. 3 analog). 239666 9 Breitkopf S. 76 ff., 85 (Rücknahme durch Kläger), S. 85 ff., 96 (Rücknahme durch vollmachtlosen Vertreter).
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Die Kostenerstattungspflicht gem. § 269 Abs. 3 S. 2 setzt ein Prozessrechtsverhältnis voraus.240 Deshalb findet § 269 Abs. 3 S. 2 grundsätzlich bei einer Rücknahme des Rechtsschutzgesuchs nach Einreichung und vor Zustellung der Klage keine Anwendung.241 Ein Kostenbeschluss vor Zustellung der Klage ist auch grundsätzlich nicht notwendig, da der Kläger gem. § 22 Abs. 1 GKG selbst Kostenschuldner für die Gerichtskosten ist. Wird dennoch ein Kostenbeschluss erlassen, entfaltet dieser keine Wirkungen.242 Zwar ist der zu Unrecht ergangene Kostenbeschluss als Kostengrundentscheidung für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend. Ob und welche Kosten dem Beklagten entstanden sind, ist jedoch unabhängig von dem Beschluss zu prüfen, so dass Kosten des Rechtsstreits bei Nichtbestehen eines Prozessrechtsverhältnisses noch nicht entstanden sind.243 Dies gilt auch, wenn der Beklagte in anderer Weise als durch Zustellung von der Klage Kenntnis erlangt hat (oben Rdn. 19). Eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ist in diesen Fällen zu verneinen.244 Ist jedoch die Zustellung nach der Klagerücknahme erfolgt oder eine im Zeitpunkt der Klagerücknahme fehlerhafte Zustellung geheilt worden (§ 189), sind dem Kläger entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 die Kosten aufzuerlegen, wenn der Beklagte in Unkenntnis der Klagerücknahme einen Rechtsanwalt beauftragt hat.245 § 269 Abs. 3 S. 2 ist in den auf Erlass eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung gerichteten Verfahren auch dann entsprechend anzuwenden, wenn der Antragsgegner noch nicht durch eine gerichtliche Maßnahme in das Verfahren einbezogen worden ist,246 sondern vor Antragsrücknahme eine Schutzschrift eingereicht hat,247 da im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Rechtshängigkeit bereits mit der Einreichung des Verfügungsantrags bei Gericht eintritt (§ 261 Rdn. 33). Im Mahnverfahren entsteht das für den Kostenbeschluss erforderliche Prozessrechtsverhältnis entweder mit Zustellung des Mahnbescheids, wenn die Streitsache 1240667 OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1453, 1454; OLG Karlsruhe NJW-RR 1997, 1290; OLG Hamm NJW-RR 1994, 63; aA LG Heilbronn NJW-RR 1996, 382 f., das aus § 269 Abs. 3 S. 1, wonach nach der Klagerücknahme der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist, als Anknüpfungspunkt für die Kostentragung die Anhängigkeit und nicht die Rechtshängigkeit herleitet. 241 2 668 KG NJW 1973, 909; vgl. Hansens JurBüro 1984, 495 mwN. 242 3 669 OLG Schleswig JurBüro 1984, 604; OLG Hamburg MDR 1983, 411; OLG Düsseldorf MDR 1981, 764; KG NJW 1973, 909; OLG Hamm NJW 1972, 1903, 1904; Hansens JurBüro 1986, 495, 498 f.; aA OLG Düsseldorf NJW 1965, 766, das dennoch eine Kostenpflicht des Klägers bejaht, wenn irrtümlich ein Beschluss gem. § 269 Abs. 4 ergangen und rechtskräftig geworden ist, ebenso OLGR Nürnberg 2001, 138. 243 670 4 OLG Schleswig JurBüro 1984, 604; OLG Hamburg MDR 1983, 411; OLG Schleswig SchlHA 1983, 173; KG NJW 1973, 909; OLG Hamm NJW 1972, 1903, 1904; Hansens JurBüro 1986, 495, 498; Schneider NJW 1965, 1185. 244 5 671 OLG Schleswig SchlHA 1983, 173; Schneider
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ZZP 76 (1963), 32, 42 ff. mwN; vgl. dazu Hansens JurBüro 1984, 495, 496 f. mwN. 6 OLG Köln MDR 1994, 618; OLG Schleswig NJW-RR 1987, 951 f.; OLG Frankfurt NJW 1954, 275; OLG Hamm JMBlNRW 1952, 228, 229; Schneider ZZP 76 (1963), 32, 39 ff.; LG Heilbronn NJW-RR 96, 382 f. will für den Fall, dass der Beklagte von der Klage vor der Klageerhebung Kenntnis erlangt und deshalb vorsorglich einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Rechte betraut, wohl auch ohne Zustellung § 269 Abs. 3 S. 2 zumindest entsprechend anwenden. 246 673 7 OLG München NJW 1993, 1604; KG MDR 1988, 239; KG GRUR 1985, 325; OLG Düsseldorf NJW 1981, 2824, 2825; OLG Hamburg WRP 1977, 495; OLG Köln NJW 1973, 2071; OLG München JurBüro 1964, 664, 665; OLG Frankfurt NJW 1955, 1194, 1195 f.; aA OLG München NJW 1955, 1803, 1804; Lent NJW 1955, 1194, 1195: Hineinziehen der Partei durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung oder durch Aufforderung zu schriftlicher Erklärung ist erforderlich, zufällige Kenntnis genügt entgegen OLG Frankfurt nicht. 247 8 674 OLG München NJW 1993, 1604; OLG Düsseldorf NJW 1981, 2824, 2825. 245 672
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alsbald nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben worden ist (§ 696 Abs. 3) oder erst mit Abgabe der Mahnsache an das Streitgericht (§ 696 Rdn. 24 ff.), wenn die Voraussetzungen des § 696 Abs. 3 nicht vorliegen (vgl. Rdn. 20). Keine entsprechende Anwendung findet § 269 Abs. 3 S. 2 auf die Rücknahme des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens gem. § 696 Abs. 4 (oben Rdn. 4).248 3. § 269 Abs. 3 S. 3 Nach der alten Rechtslage bestand für den Kläger in den Fällen einer Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit lediglich die Möglichkeit, die Klage auf eine Schadensersatzklage umzustellen oder sie mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 zurückzunehmen und sodann einen etwaigen materiellen Kostenerstattungsanspruch gesondert im Wege eines neuen Prozesses geltend zu machen.249 Durch die Einfügung des § 269 Abs. 3 S. 3 sollte aus Gründen der Prozessökonomie einem materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch Rechnung getragen und die bisherige Kostenautomatik vermieden werden, ohne dass ein neues Verfahren erforderlich wird.250 § 269 Abs. 3 S. 3 findet also Anwendung, wenn der Anlass zur Klageerhebung vor Rechtshängigkeit weggefallen ist.251 Allerdings ändert auch die ZPO-Reform durch Einführung des § 269 Abs. 3 S. 3 an der grundsätzlichen Voraussetzung eines Prozessrechtsverhältnisses für die Klagerücknahme nichts.252 § 269 Abs. 3 S. 3 stellt jedoch eine Ausnahme von dem Erfordernis der Rechtshängigkeit dar.253 Dies wird durch die Ergänzung des § 269 Abs. 3 S. 3 „dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde“ auf Grund des 1. Justizmodernisierungsgesetzes v. 24.8.2004254 ausdrücklich klargestellt.255 Hätte man dies vor der Änderung durch das Justizmodernisierungsgesetz anders gesehen, wäre der Kläger nach dieser Vorschrift einerseits gezwungen gewesen, die Klage unverzüglich256 (vgl. Rdn. 99) zurückzunehmen, wenn der Anlass zur Einreichung vor Rechtshängigkeit
1248675 BGH NJW-RR 2006, 201 f.; OLGR Koblenz 2005, 646; KG MDR 2005, 1246 f.; OLG Stuttgart MDR 2000, 791; LG Kaiserslautern MDR 1994, 417; Fischer MDR 1994, 124, 125; aA KG NJW-RR 1993, 1472; LG Dortmund NJW-RR 2001, 1438; LG Frankfurt NJW-RR 1988, 1021 f.; Stein/Jonas/Schlosser21 § 696 Rdn. 2; Musielak/ Voit § 696 Rdn. 5; differenzierend Wolff NJW 2003, 553, 558, wonach § 269 Abs. 3 S. 2 auf diejenigen Kosten entsprechend anzuwenden ist, die durch den Streitantrag entstanden sind, nicht jedoch auf diejenigen des Mahnverfahrens. 249 676 2 BGH NJW 1990, 1905, 1906; BGHZ 83, 12, 16 = NJW 1982, 1598, 1599; Bergerfurth NJW 1992, 1655, 1656. 250 3 677 BT-Drucks. 14/4722, S. 81; gegen diese Regelung der Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit bei der Klagerücknahme Bonifacio MDR 2002, 499; Becker-Eberhard FS Gerhardt (2004), S. 25 ff.; vgl. auch Elzer NJW 2002, 2006 ff. Nach Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2005, 274, 277 f. stellt die Regelung einen dogmatischen Bruch dar. 251 4 678 Dasselbe soll nach Wolff NJW 2003, 553 gelten, wenn der Anlass zur Einreichung eines Mahnantrags vor Zustellung weggefallen ist.
5252679 OLG Hamm MDR 2004, 50; OLG Nürnberg NJW-RR 2003, 646 f.; aA Hartmann NJW 2002, 2577, 2584 f., der von einer Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit spricht. 253680 6 BGH NJW 2004, 1530 f.; OLG Dresden OLGNL 2003, 164, 165; OLG Köln FamRZ 2003, 1571, 1572; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213; vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 58; Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2858; aA OLGR Brandenburg 2005, 559, 560; OLG Hamm MDR 2004, 50; OLG Nürnberg NJW-RR 2003, 646; Deckenbrock/Dötsch MDR 2004, 526, 527 nehmen eine Klagerücknahme unter der Bedingung der Zustellung an; kritisch auch Schumann FG Vollkommer (2006), S. 155, 184 („verunglückt“). 254681 7 BGBl I S. 2198, in Kraft getreten am 1.9.2004. 255682 8 BT-Drucks. 15/3482 S. 16; vgl. hinsichtlich des Wortlauts Schumann FG Vollkommer (2006), S. 155, 180 f., der bei fehlender Klagezustellung den § 269 Abs. 3 S. 3 HS 1 („und wird die Klage daraufhin zurückgenommen“) nur entsprechend anwenden will. 256683 9 Das Wort „unverzüglich“ wurde in § 269 Abs. 3 S. 3 durch das Justizmodernisierungsgesetz gestrichen.
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weggefallen ist, andererseits wäre jedoch eine Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit nicht möglich gewesen, so dass § 269 Abs. 3 S. 3 dann nicht zur Anwendung gekommen wäre, wenn der Kläger die Zustellung erst hätte abwarten müssen.257 Die Klarstellung erfolgte, da zu § 269 Abs. 3 S. 3 die Ansicht vertreten wurde, dass ein Kostenbeschluss bei Rücknahme vor Zustellung nur dann zulässig sei, wenn die Zustellung noch erfolge.258 Dies hätte dazu geführt, dass aus reinem Formalismus unnötige Kosten verursacht worden wären. Außerdem hätte dies der vom Gesetzgeber angestrebten Prozessökonomie und dem Anliegen widersprochen, die Erledigung vor Rechtshängigkeit umfassend und abschließend zu regeln.259 Die Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 setzt deshalb die Rechtshängigkeit der Klage nicht voraus.260 Die Voraussetzungen für die Kostenentscheidung sind in § 269 Abs. 3 S. 3 abschließend geregelt.261 Dies fand bereits seine Bestätigung in der Regierungsbegründung zum Entwurf des Gesetzes zur Reform262, wonach die gesetzlich nicht ausdrücklich erfassten Fälle der Kostenerstattung bei Wegfall des Klagegrunds vor Rechtshängigkeit einer Regelung in Gestalt eines Ausnahmetatbestands zugeführt werden sollten. Unter den Kosten des „Rechtsstreits“ sind hier diejenigen Kosten zu verstehen, die im Fall der Klagerücknahme nach deren Zustellung erstattungsfähig gewesen wären.263 Allerdings muss dem Beklagten die Rücknahmeerklärung und die bevorstehende Entscheidung über die Kosten gem. § 269 Abs. 3 S. 3 mitgeteilt werden, um ihm rechtliches Gehör zu gewähren.264 Entgegen der Ansicht des OLG Brandenburg265 ist die Vorschrift nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG verfassungswidrig.266 Es liegt im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, als Ausnahme zu den Grundsätzen Sondertatbestände zu schaffen.267 257 684
1 OLG Dresden OLG-NL 2003, 164, 165. 258 2 685 KG MDR 2003, 712; OLG Nürnberg NJW-RR 2003, 646 f.; LG Bad Kreuznach NJW-RR 2003, 790. So auch LG Münster NJW-RR 2002, 1221, das bei einer Zustellung nach Klagerücknahmeerklärung den Rechtsstreit lediglich hinsichtlich der Kosten rechtshängig werden lässt; zustimmend Gehrlein MDR 2003, 421; vgl. auch Greger NJW 2002, 3049, 3050; aA OLG Schleswig SchlHA 2004, 31; OLG Dresden OLG-NL 2003, 164, 165; OLG Köln NJW-RR 2003, 1151; OLGR Köln 2003, 195; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213. 259 3 686 So auch die Begründung zum Justizmodernisierungsgesetz BT-Drucks. 15/3482 S. 16; BGH NJW 2004, 1530 f.; OLG Köln FamRZ 2003, 1571, 1572; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213; OLGR Brandenburg 2005, 559, 560 hält eine Kostenentscheidung selbst bei gleichzeitiger Zustellung der Klageschrift mit Klagerücknahme für unzulässig, da dadurch ein Prozessrechtsverhältnis und damit auch Kosten des Rechtsstreits nicht mehr entstehen könnten. 260 687 4 BGH NJW 2004, 1530 f.; aA OLG Nürnberg NJW-RR 2003, 646 f. 261 5 688 LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213; nach Deubner JuS 2002, 899, 900 findet das Erfordernis eines Prozessrechtsverhältnisses im Gesetz keine Stütze. 262 6 689 BT-Drucks. 14/4722 S. 81. 263 7 690 BGH NJW 2006, 775.
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BGH NJW 2006, 775 f. (Beklagter hat Anspruch auf rechtliches Gehör); OLG Dresden OLG-NL 2003, 164, 166; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213; vgl. auch OLG Köln NJW-RR 2003, 1509 (Zustellung der Klageschrift, der Klagerücknahme und des Kostenantrags zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich); Zöller/Greger Rdn. 18e (förmliche Zustellung des Kostenantrags gem. § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 zur Gewährung rechtlichen Gehörs mit der Klageschrift und der Klagerücknahmeerklärung als Anlagen erforderlich, außerdem Aufforderung zur Bestellung eines Anwalts beim LG – Anwaltszwang); ebenso Schumann FG Vollkommer (2006), S. 155, 182 f., 193; Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2858; eine derartige Ausweitung des Verfahrens − Stellungnahme des Beklagten uU mit Einschaltung eines Rechtsanwalts – nur zur Klärung der Kostenfrage hält das OLG Nürnberg NJW-RR 2003, 646 für einen zu hohen Preis zur Vermeidung eines gesonderten Prozesses zur Durchsetzung eines eventuell bestehenden materiellen Kostenerstattungsanspruchs. 265 692 9 OLGR Brandenburg 2005, 559, 560 = NJOZ 2005, 2248, aufgehoben durch BGH NJW 2006, 775 f. mit krit. Anm. Dalibor ZZP 119 (2006), 331 ff. 266 10693 BGH NJW 2006, 775 f.; Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2005, 274, 277. 267 11694 Ebenso Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2005, 274, 277; aA Dalibor ZZP 119 (2006), 331, 337 ff.,
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§ 269 Abs. 3 S. 3 findet auch Anwendung, wenn der Anlass zur Klage bereits vor Anhängigkeit weggefallen ist und der Kläger unverschuldet davon keine Kenntnis hatte.268 Eine entsprechende Anwendung auf den Wegfall nach Rechtshängigkeit ist zu verneinen.269 So liegt nach der neuen Rechtsprechung des BGH270 eine Erledigung nach Rechtshängigkeit vor, wenn der Beklagte im Lauf des Prozesses die Aufrechnung erklärt. Deshalb kommt hier nur noch eine Erledigungserklärung in Betracht.271 Vor dem 1. Justizmodernisierungsgesetz musste der Kläger die erledigte Klage gem. § 269 Abs. 3 S. 3 unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern, vgl. § 121 Abs. 1 BGB) zurücknehmen. Tat er dies nicht, musste er die gesamte Kostenlast gem. § 263 Abs. 3 S. 2 tragen.272 Die Frist begann in dem Zeitpunkt, in dem der Anlass zur Klageerhebung weggefallen war und der Kläger hiervon Kenntnis erlangte. Danach war ihm eine angemessene Überlegungs- und Prüfungsfrist von höchstens zwei Wochen einzuräumen.273 Das Wort unverzüglich wurde durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 gestrichen,274 so dass die damit verbundenen Probleme obsolet sind. Ansonsten bestimmt sich die Kostentragungslast in Anlehnung an § 91a unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands275 nach billigem Ermessen.276 Dies erfordert eine sachliche Prüfung der geltend gemachten Forderung und des behaupteten erledigenden Ereignisses,277 die fehlende Erkennbarkeit des erledigenden Ereignisses für den Kläger bei Klageerhebung sowie die Frage, ob das Ereignis seinen Ursprung in der Sphäre des Klägers oder des Beklagten hat,278 gegebenenfalls die Berücksichtigung eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs.279 Die Kosten sind somit in der Regel dem Beklagten aufzuerlegen, wenn die bei Einreichung der Klage noch bestehende Erfolgsaussicht vor Zustellung weggefallen ist und die Klageerhebung durch den Beklagten provoziert wurde.280 Dies ist insbesondere dann der nach dem bei punktuellen Änderungen des prozessualen Regelungssystems die Systemgerechtigkeit beachtet werden muss. 1268695 OLGR München 2004, 218 f.; OLGR Köln 2004, 79, 81; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213, 214; LG Bonn NJOZ 2005, 1567, 1568; AG Spandau ZMR 2003, 584, 585; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 128 Rdn. 38 (analoge Anwendung); Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2005, 274, 278; Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2858; Schneider JurBüro 2002, 509, 510; Schröcker NJW 2004, 2203, 2204; Schur KTS 2004, 373, 389; Elzer NJW 2002, 2006, 2008; Musielak JuS 2002, 1203, 1205; aA OLG Frankfurt NJOZ 2004, 3454, 3455 f.; Bonifacio MDR 2002, 499. 269 696 2 BGH NJW 2004, 223, 224; AG Neukölln MDR 2003, 112; Becker-Eberhard FS Gerhardt (2004), S. 25, 49 f.; Gehrlein MDR 2003, 421; Musielak JuS 2002, 1203, 1205; Prütting/Wesser ZZP 116 (2003), 267, 297; Tegeder NJW 2003, 3327 f.; aA Bonifacio MDR 2002, 499 f.; Schneider JurBüro 2002, 509, 510. 270 697 3 BGHZ 155, 392, 398 = NJW 2003, 3134, 3135. 271 698 4 So zu Recht Schröcker NJW 2004, 2203, 2204. 272 5 699 Vgl. aber Elzer NJW 2002, 2006, 2008, der lediglich die Kosten, die durch die Verzögerung eingetreten sind, dem Kläger auferlegen will; die Kosten, die der Kläger nicht verursacht hat, soll seiner Meinung nach der Beklagte tragen. 273 6 700 OLG Brandenburg MDR 2003, 951 f.
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7 BGBl I S. 2198, in Kraft getreten am 1.9.2004. 275702 8 Ein Sach- und Streitstand, an dem sich die Kostenentscheidung orientieren könnte, besteht nach Ansicht des OLG Brandenburg OLGR Brandenburg 2005, 559, 561 nicht. 276703 9 Becker-Eberhard FS Gerhardt (2004), S. 25, 38 ff., 44 sieht in der Billigkeitsentscheidung einen Wertungswiderspruch zu den Regeln der einseitigen Erledigungserklärung, da das Verfahren stark verkürzt ist, der Beklagte aber nicht mit der Rücknahme einverstanden sein muss und trotzdem keine rechtkräftige Sachentscheidung ergeht. 277704 10 AA Deckenbrock/Dötsch MDR 2004, 1214, 1216, die das erledigende Ereignis unterstellen. Dieses kann nur bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung gem. § 91a unterstellt werden, nicht jedoch bei § 269 Abs. 3 S. 3, weil eine solche Entscheidung den Wegfall des Klageanlasses voraussetzt. 278705 11 Vgl. OLG Frankfurt NZM 2007, 340, 341; Deckenbrock/Dötsch MDR 2004, 1214, 1216. 279706 12 BGH NJW 2005, 512, 513; vgl. auch die Begründung des RegE, BT-Drucks. 14/4722 S. 81. 280707 13 OLG Karlsruhe JurBüro 2007, 41; OLGR München 2005, 57, 58 (reziproke Anwendung des § 93 gegen die hier vertretene Meinung, vgl. Rdn. 78); Schumann FG Vollkommer (2006), S. 155, 194 (Orientierung an der Auslegung des § 93).
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Fall, wenn sich der Beklagte mit der Leistung im Verzug befand.281 Lässt sich allerdings zu diesem Zeitpunkt die Berechtigung des Klagebegehrens nicht sicher beurteilen, bleibt es bei der Kostenpflicht des Klägers.282 Der Vortrag neuer Tatsachen sowie eine diesbezügliche Beweisaufnahme kommen nicht in Betracht. Der Kläger hat dann nur die Möglichkeit, einen eventuellen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen.283 Der Kläger hat die Wahl zwischen dem Antrag gem. § 269 Abs. 3 S. 3 und der Geltendmachung des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Klageweg (vgl. aber Rdn. 82).284 Für diese Klage fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil eine Billigkeitsentscheidung, wie sie gem. § 269 Abs. 3 S. 3 getroffen wird, mit der gerichtlichen Feststellung eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht vergleichbar ist.285
VII. Das Verfahren
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Die Wirkungen der Klagerücknahme treten kraft Gesetzes ein, so dass es hierzu keiner Entscheidung bedarf.286 1. Beschluss gem. § 269 Abs. 4
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Ein Beschluss gem. § 269 Abs. 4 hat bezüglich des Kostenausspruchs gem. § 269 Abs. 3 S. 2 in der Regel nur deklaratorische, keine konstitutive Wirkung.287 Deshalb können Einwendungen gegen die Kostenerstattungspflicht im Rahmen dieses Verfahrens nicht vorgebracht werden,288 sondern nur im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767, wobei § 767 Abs. 2 keine Anwendung findet.289 Der Kostenbeschluss dient als Grundlage für die Kostenfestsetzung. Bei dem Kostenausspruch gem. § 269 Abs. 3 S. 3 handelt es sich jedoch um eine echte Entscheidung, weil eine Billigkeitsentscheidung getroffen werden muss.290 281 708
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OLG Karlsruhe JurBüro 2007, 41; OLGR München 2005, 57, 58. 2 Elzer NJW 2002, 2006, 2007 möchte mittels des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 1 zu einer Kostenteilung kommen. 3283710 OLGR Frankfurt 2003, 127, 128 f.; LG Berlin NJW-RR 2004, 647, 648; vgl. AG Spandau ZMR 2003, 584, 585. 284 4 711 AG Spandau ZMR 2003, 584, 585 (kein abschließender Charakter des § 269 Abs. 3 S. 3); Bonifacio MDR 2002, 499; Deckenbrock/Dötsch ProzRB 2004, 236; dies. MDR 2004, 1214, 1217; Schneider JurBüro 2002, 509, 510; Schur KTS 2004, 373, 376 ff.; enger Elzer NJW 2002, 2006 ff., der sich jedenfalls für den Fall, dass der Prozessausgang ungewiss ist, weiterhin für die Zulässigkeit der Feststellungsklage ausspricht; vgl. aber Goerbel ProzRB 2004, 252, 254, nach dessen Ansicht der Kläger bei einer Klage auf Kostenerstattung selbst bei Obsiegen seine Kosten nicht verlangen könnte und gem. § 254 BGB die Kosten des Gegners im neuen Verfahren erstatten müsste; aA LG Berlin NJOZ 2004, 440, 441; Tegeder NJW 2003, 3327, 3328 (Rechtsschutzbedürfnis fehlt grundsätzlich, aber wenn Kosten 282 709
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wegen eines „unechten non-liquet“ gegeneinander aufgehoben werden, soll in einem Hauptverfahren insbesondere gem. § 767 ein Vorgehen gegen den Kostenfeststellungsbeschluss möglich sein). 285 712 5 Vgl. Deckenbrock/Dötsch MDR 2004, 1214, 1216; Schneider JurBüro 2002, 509, 510. 286 6 713 RGZ 20, 414, 416; OLG Frankfurt MDR 1983, 675; OLG Nürnberg BayJMBl 1953, 272; OLG Stettin OLGRspr 40, 460 f. 287 714 7 KG VersR 1994, 1491; OLG Frankfurt MDR 1983, 675; vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 1999, 132, 133 (Kostentragungspflicht ergibt sich nicht zwingend aus dem Gesetz bei einem Vergleich); aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 41 im Widerspruch zu Rdn. 36 aE; Coester-Waltjen DRiZ 1976, 240; Schneider MDR 1977, 234. 288 715 8 LG Frankfurt AnwBl 1985, 270. 289 716 9 BPatGE 35, 247, 249; OLG Frankfurt MDR 1983, 675 (streitiger Verzicht des Beklagten auf Erstattung); OLG Schleswig SchlHA 1981, 55 (streitige Vereinbarung über die gegenseitige Aufhebung der Prozesskosten); KG JurBüro 1972, 523, 525 f.; LG Freiburg MDR 1967, 503 f. 290 10717 Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2858.
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Ist die Klage nur teilweise zurückgenommen worden, ist eine getrennte Entscheidung durch Beschluss und Urteil dann zulässig, wenn die Klagerücknahme sich auf einzelne mehrerer beklagter Streitgenossen bezieht (Rdn. 42).291 Zuständig für die Entscheidung ist das Instanzgericht, vor welchem die Klagerücknahme erklärt wurde.292 Nimmt der Antragsteller seinen Mahnantrag zurück, weil der Anlass zur Einreichung des Mahnantrags vor Rechtshängigkeit entfallen sei, so hat über die Kosten des Mahnverfahrens gem. § 269 Abs. 3 S. 3 nicht das Mahngericht, sondern das für das streitige Verfahren zuständige Gericht zu entscheiden, an das die Streitsache auf Antrag einer Partei zur Entscheidung über die Kosten abzugeben ist.293
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a) Antragserfordernis. Gem. § 269 Abs. 4 entscheidet das Gericht nur auf Antrag einer der Parteien über die Wirkungen des Abs. 3, unabhängig davon, ob darüber Streit besteht oder nicht. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen294 oder der Kläger sich bereit erklärt hat, die Kosten zu tragen.295 Steht allerdings unstreitig fest, dass dem Beklagten keine Kosten erwachsen sind, oder alle ihm erwachsenen Kosten bereits bezahlt sind, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für einen Beschluss gem. § 269 Abs. 4. Der Antrag ist deshalb unzulässig.296 Dies gilt nicht, wenn über die Notwendigkeit der Kosten Streit besteht, der nur im Festsetzungsverfahren ausgetragen werden kann und einen Kostenbeschluss voraussetzt.297 Der Antrag unterliegt im Umfang des § 78 dem Anwaltszwang. Eine Entscheidung über die Wirkungslosigkeit einer bereits ergangenen Entscheidung kann ausnahmsweise von Amts wegen ergehen, wenn im öffentlichen Interesse eine Klarstellung von Amts wegen unerlässlich ist, wenn z.B. in Eheverfahren Zweifel hinsichtlich der Klagerücknahme bestehen können.298 Dies gilt für alle Statusverfahren, bei denen die Urteile Wirkung gegenüber Dritten entfalten.299
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b) Inhalt der Entscheidung. Die Wirkungslosigkeit einer bereits ergangenen Entscheidung und die Kostentragungspflicht kann durch Beschluss, der gem. § 128 Abs. 4 ohne mündliche Verhandlung ergehen kann, ausgesprochen werden. Der Ausspruch, dass die Entscheidung wirkungslos ist, bezieht sich auf alle Entscheidungen bezüglich des Streitgegenstands, auch wenn die Entscheidung nach Klagerücknahme300 oder nicht durch Urteil – nur davon spricht § 269 Abs. 3 S. 1 –, sondern durch Beschluss ergangen ist, wie z.B. bei Arresten und einstweiligen Verfügungen oder wenn ein Schiedsspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist, für die Rücknahme dieses Antrags, die allerdings den Schiedsspruch selbst nicht beseitigt.
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1 OLG Karlsruhe AnwBl 1989, 346, 347. 292 2 719 OLG Düsseldorf Rpfleger 1999, 132, 133; OLG Hamm NJW-RR 1991, 60 f. 293 3 720 BGH NJW 2005, 512, 513 und BGH NJW 2005, 513, 514; vgl. auch Wolff NJW 2003, 553 f., der die Weiterverfolgung eines Kostenerstattungsanspruchs im Mahnverfahren vorschlägt. 294 4 721 OLG Karlsruhe FamRZ 1977, 563 bei Prozessunfähigkeit des Beklagten. 295 5 722 RGZ 20, 414, 416. 296 723 6 BGH MDR 1972, 945, 946; OLG München MDR 1975, 585; OLG Schleswig SchlHA 1960, 60; OLG München OLGRspr 25, 93; OLG Nürnberg OLGRspr 25, 93; OLG Dresden SeuffArch 68 Nr. 221; OLG Hamburg OLGRspr 23, 155; OLG Naumburg OLGRspr
20, 316; KG OLGRspr 17, 149; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 71 danach ist der Antrag unbegründet. 297724 7 Siehe vorherige Fn.; OLG Düsseldorf JW 1920, 717. 298725 8 OLG Karlsruhe Justiz 1976, 513, 514; OLG Koblenz Rpfleger 1974, 117; OLG Braunschweig NdsRpfl 1970, 207; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1977, 130, 131 und KG NJW 1972, 545, die in diesem Fall eine Entscheidung auf Antrag des Klägers (nach alter Rechtslage hatte nur der Beklagte ein Antragsrecht) befürworteten. 299726 9 OLG Koblenz Rpfleger 1974, 117 (für Kindschaftssachen). 300727 10 LG Tübingen JZ 1982, 474, 475 = MDR 1982, 676.
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Der Aufhebungsbeschluss betrifft nicht prozessabweisende oder sonstige innerprozessuale Entscheidungen, die nur ihre Wirkung im Prozess haben und auf ein sonstiges Verfahren oder auf das materielle Recht nicht übergreifen. Wird nur der Antrag auf Erlass einer Kostenfestsetzung gestellt, so ist über die Wirkungslosigkeit bereits ergangener Entscheidungen nicht zu entscheiden. Eine besondere Kostenentscheidung enthält der reine Kostenbeschluss nicht. Zu den Kosten, die er ergreift, gehören aber auch die des Beschlussverfahrens (vgl. aber Rdn. 135). Der Beschluss ist Grundlage für den Kostenfestsetzungsbeschluss, der einen Vollstreckungstitel gem. § 794 Abs. 1 Nr. 2 darstellt. Damit wird jedoch nicht bindend festgestellt, ob und welche Kosten entstanden sind (vgl. Rdn. 92).301 c) Keine Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 4. Eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 darf nicht ergehen, wenn über die Kosten bereits rechtskräftig erkannt ist. Darunter fällt auch der Prozessvergleich,302 da dieser einen vollstreckbaren Titel gem. § 794 Nr. 1 darstellt und damit einen Kostenbeschluss gem. § 269 Abs. 4 überflüssig macht.303 Eine im Vergleich getroffene Kostenregelung geht § 269 Abs. 3 S. 2 vor.304 Enthält der Prozessvergleich keine Kostenregelung, gilt § 98, so dass bereits rechtskräftig iSd § 269 Abs. 3 S. 2 über die Kosten erkannt ist.305 In diesem Fall ist ein auf Erlass eines Kostenbeschlusses gerichteter Antrag unzulässig, weil das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Beklagte hat bereits einen Titel. Ist über den Rechtsstreit ein außergerichtlicher Vergleich abgeschlossen worden und kommt der Kläger mit der Rücknahme der Klage lediglich einer im Vergleich übernommenen Verpflichtung nach,306 geht die im Vergleich getroffene Kostenregelung § 269 Abs. 3 S. 2 vor.307 Fehlt eine Kostenregelung, findet § 98 entsprechende Anwendung,308 der § 269 Abs. 3 S. 2 ebenfalls verdrängt. In diesen Fällen ist der Antrag gem. § 269 Abs. 4 nicht unzulässig, sondern unbegründet.309
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1 OLG Schleswig SchlHA 1983, 173. 302 2 729 Neben einem Prozessvergleich ist eine Klagerücknahme überflüssig, da dieser den Rechtsstreit beendet, vgl. dazu oben Rdn. 69. 303 3 730 Vgl. OLG Bremen MDR 2003, 1142 (Gegenstandslosigkeit eines vorher ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses); OLG Düsseldorf Rpfleger 1999, 132, 133. Dies gilt auch, wenn die Kosten des Rechtsstreits Gegenstand eines Prozessvergleichs in einem anderen Verfahren sind, RGZ 96, 203, 203. 304 731 4 BGH NJW-RR 2004, 1506, 1507. 305 5 732 OLG Frankfurt MDR 1971, 936; Zöller/Greger Rdn. 18a; Bergerfurth NJW 1961, 1237; i. Erg. auch Mende S. 91. 306 6 733 BGH MDR 1972, 945, 946; BGH NJW 1961, 460 f.; OLG Bremen MDR 2003, 1142; OLG Düsseldorf Rpfleger 1999, 132, 133; OLG Hamm VersR 1994, 834; KG VersR 1994, 1491; OLG Schleswig JurBüro 1984, 626; OLG Bamberg VersR 1983, 563; OLG München VersR 1976, 395; KG VersR 1974, 979; OLG Bremen NJW 1969, 2208; aA OLG Düsseldorf JW 1930, 661 und OLG Dresden JW 1934, 2347, 2348 (evtl.
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aber Arglisteinrede gegen Kostenbeschluss bei unstreitiger Vereinbarung). 7 BGH NJW-RR 2004, 1506, 1507; BGH NJW 1961, 460 f.; OLG Köln VersR 1999, 1122; KG VersR 1994, 1491; OLG Köln MDR 1986, 503; OLG Stuttgart ZZP 76 (1963), 318, 320; OLG München VersR 1976, 395; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 44. 308 735 8 OLG Celle OLGR Celle 2007, 453 f. (jedenfalls dann, wenn die Parteien erkennbar nichts Abweichendes gewollt haben und die entsprechende Anwendung von § 98 nicht zu einem unbilligen Ergebnis führt); vgl. OLG München VersR 1976, 395; OLG Frankfurt MDR 1971, 936; OLG Naumburg OLGRspr 27, 74; Musielak/Foerste Rdn. 12; aA (keine Anwendung des § 98) OLG Köln MDR 1986, 503; OLG Dresden JW 1934, 2347, 2348 mit abl. Anm. Alberti; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 44; Zöller/Greger Rdn. 18a. 309 9 736 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 71; Zöller/Greger Rdn. 19; aA OLG München MDR 1975, 585; OLG Bremen NJW 1969, 2208; LG Bielefeld VersR 1972, 261, 262. 307 734
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Herrscht allerdings Streit über die Kostenvereinbarung, soll eine Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ergehen und zwar ohne Berücksichtigung des Streits, der erst im Wege der Vollstreckungsabwehrklage auszutragen ist.310 War dem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und ist dessen Prozessbevollmächtigter aus der Landeskasse bereits entschädigt worden, ist die Landeskasse nicht befugt, nach erfolgter Klagerücknahme Kostenantrag nach § 269 Abs. 4 zu stellen, wenn die Parteien in einem außergerichtlichen Vergleich vereinbart haben, dass Kostenanträge nicht gestellt werden.311 Ist die Klagerücknahme durch Urteil für wirksam erklärt worden, gilt die Kostenentscheidung dieses Urteils. Ein Kostenbeschluss gem. § 269 Abs. 4 ist dann unzulässig.312
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2. Unterschiedliche Auffassungen von Gericht und Parteien bezüglich der Klagerücknahme Nimmt das Gericht im Gegensatz zu den Parteien an, dass die Klage zurückgenommen ist, verhandeln die Parteien aber sachlich weiter, dann hat das Gericht zur Sache zu entscheiden, wenn über eine neu erhobene Klage auch entschieden werden müsste. Stimmt eine der Parteien der Auffassung des Gerichts zu, kann auf Antrag ein Beschluss gem. § 269 Abs. 4 ergehen. Ist nach Auffassung des Gerichts die Klage nicht wirksam zurückgenommen, bekennen sich die Parteien aber ausdrücklich zur Klagerücknahme, liegt darin die Erklärung der Rücknahme und die Einwilligung zur Rücknahme. Schweigen die Parteien, sollte nur das Ruhen des Verfahrens angeordnet werden.
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3. Streit zwischen den Parteien über die Wirksamkeit der Klagerücknahme Ist unter den Parteien streitig, ob eine wirksame Klagerücknahme vorliegt, wird darüber bei Wirksamkeit der Klagerücknahme durch Beschluss entschieden.313 Behauptet der Kläger die Klage zurückgenommen zu haben, liegt darin in jedem Fall eine Neuvornahme, wenn die bisherige Klagerücknahme nicht in Ordnung war. Die Klagerücknahme kann jetzt nur an der erforderlichen Einwilligung des Beklagten scheitern. Darauf kann sich dieser berufen. Die Beweislast für die Frage, dass zur Hauptsache verhandelt wurde, trägt der Beklagte, während der Kläger die Einwilligung des Beklagten nachweisen muss. Wird festgestellt, dass der Beklagte noch nicht zur Hauptsache verhandelt oder eingewilligt hatte, so ist der Antrag des Beklagten auf eine andere Entscheidung zu310 737
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OLG Frankfurt MDR 1983, 675; OLG Schleswig SchlHA 1981, 55; KG JurBüro 1972, 523, 525 f.; LG Freiburg MDR 1967, 503 f. 2311738 OLG Oldenburg NdsRpfl 1994, 366; vgl. auch OLG Düsseldorf Rpfleger 1999, 132, 133. 312 3 739 LAG Frankfurt AP Nr. 5 zu § 271 ZPO. 313 740 4 BGH NJW-RR 1993, 1470; BGH NJW 1978, 1585; OLGR Stuttgart 1998, 440, 441; Brammsen/Leible JuS 1997, 54, 59; Budach SchlHA 1977, 35, 37; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 128 Rdn. 40; aA OLG Hamm NJW 1976, 758, 759; OLG Celle NdsRpfl 1955, 213; LAG Hessen Beschl. v. 14.8.2006 – 9 Ta 25/06 (durch Feststellungsurteil); LAG Berlin MDR 1978, 82, 83
(wenn Kläger seinen Klageantrag weiterverfolgt); LAG Frankfurt AP Nr. 5 zu § 271 ZPO (durch Endurteil); Zöller/Greger Rdn. 19b; Stein/Jonas/ Schumann21 Rdn. 42; Gaul ZZP 81 (1968), 273, 276; Henckel FS Bötticher (1969), S. 173, 190: Rechtshängigkeit wird in diesen Fällen erst durch das Urteil beseitigt, vor allem wegen der ansonsten bestehenden Unsicherheit bezüglich der materiellrechtlichen Folgen. Bei Streit wegen Rücknahme einer Berufung: BGH NJW 1995, 2229; BGHZ 46, 112, 114 = NJW 1967, 109, 110 = ZZP 81 (1968), 271 mit Anm. Gaul; Zeihe NJW 1974, 373.
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rückzuweisen und auf Antrag des Klägers durch Beschluss festzustellen, dass die Klage zurückgenommen ist. Zugleich kann der Kläger auf Antrag zur Kostentragung gem. § 269 Abs. 3 S. 2 verurteilt werden. Ist bei Streit über die Klagerücknahme zuvor ein Versäumnisurteil ergangen, so ist die Wirksamkeit der Klagerücknahme ausnahmsweise in einem Urteil festzustellen.314 Wird dagegen festgestellt, dass der Beklagte zur Hauptsache bereits verhandelt und nicht in die Rücknahme eingewilligt hat, so wird entweder durch Zwischenurteil (§ 303) der Antrag des Klägers auf Feststellung der Klagerücknahme zurückgewiesen oder es wird sogleich zur Hauptsache entschieden. Behauptet der Beklagte, die Klage sei zurückgenommen worden, stellt er den Antrag gem. § 269 Abs. 4. Er hat die Beweislast für die Rücknahme der Klage durch den Kläger. In dem Antrag des Beklagten liegt zugleich die Einwilligung in die Rücknahme, falls sie erforderlich ist und bis dahin noch nicht erklärt worden sein sollte. Wird nach dem Antrag des Beklagten erkannt, so ergeht Beschluss auf Grund freigestellter mündlicher Verhandlung (§ 128 Abs. 4). Wird dem Antrag des Beklagten nicht gefolgt, kann er durch Zwischenurteil (§ 303) oder in den Gründen des Endurteils zurückgewiesen werden. Kommt es zwischen den Instanzen zu einem Streit der Parteien über die Rücknahme, muss die beschwerte Partei, die die Rücknahme nicht gelten lassen will, den Rechtsbehelf einlegen. Stützt sich die beschwerte Partei aber auf die Rücknahme, steht ihr die Möglichkeit eines Antrags auf Beschlussfassung gem. § 269 Abs. 4 zur Verfügung. 4. Rechtsmittel
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Gegen den Kosten- und Aufhebungsbeschluss der ersten Instanz ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 567) gegeben, wenn der Streitwert der Hauptsache sechshundert Euro (§§ 269 Abs. 5, 511 Abs. 2 Nr. 1) übersteigt und der Beschwerdegegenstand mindestens zweihundert Euro beträgt (§ 567 Abs. 2). Die Beschwerde wird grundsätzlich der Kläger, aber auch der Beklagte, wenn er die Klagerücknahme in Abrede stellt, einlegen. Die Beschwer des Klägers liegt im Kostenpunkt. Inwieweit eine Rechtsbeschwerde gegen die Beschwerdeentscheidung statthaft ist, richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen (§ 574). Dasselbe gilt für Beschlüsse des Berufungsgerichts. Die sofortige Beschwerde ist auch statthaft gegen die Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Beschlusses gem. § 269 Abs. 4 (§ 567 Abs. 1 Nr. 2). Gegen eine Kostenentscheidung bei teilweiser Klagerücknahme im Endurteil ist ebenfalls die sofortige Beschwerde statthaft.315 Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, der auf Grund einer Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 4 ergeht, ein Rechtsmittel gem. § 104 Abs. 3 wegen des Ablaufs der Beschwerdefrist nicht mehr zulässig wäre (§ 269 Abs. 5 S. 2). Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör ist gewährleistet, da der Kostenfestsetzungsbeschluss zugestellt wird, so dass er rechtzeitig von dem gegen ihn ergangenen Kostenbeschluss Kenntnis erlangt.316
314 1 741 BGHZ 4, 328, 341. 315 2 742 BGH FamRZ 2007, 894, 895 f.; OLG Düsseldorf
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FamRZ 1982, 723; LG Freiburg NJW 1977, 2217, 2218 mwN. 316 3 743 BT-Drucks. 14/4722 S. 81.
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VIII. Prozesshindernis mangelnder Kostenerstattung Die Klagerücknahme steht einer erneuten Geltendmachung des prozessualen Anspruchs nicht entgegen. § 269 Abs. 6 gibt jedoch dem Beklagten die prozesshindernde Einrede der nicht bezahlten Kosten, falls die zurückgenommene Klage in einem neuen Verfahren über denselben Streitgegenstand317 erhoben wird und der Kläger die Kosten des früheren Verfahrens noch nicht erstattet hat. Sie ist auch in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 6 im selbständigen Beweisverfahren zulässig.318 Der Beklagte soll dadurch vor Belästigungen geschützt werden, die sich aus der Wiederholung der Klage ergeben. Sinn der Vorschrift ist es nicht, ihm Befriedigung für die Kosten des früheren Prozesses zu verschaffen.319 Die Einrede stellt ein Prozesshindernis dar, das auf Rüge des Beklagten, nicht aber von Amts wegen vom Gericht beachtet werden muss.320 Der Beklagte kann deshalb auf sie verzichten (§ 295 Abs. 2). Sie muss vom Beklagten gem. § 282 Abs. 3 vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorgebracht werden321 bzw nach Erlass eines Versäumnisurteils in der Einspruchsfrist, wenn vorher noch keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat (§ 340 Abs. 3).322 Ist eine Frist zur Klageerwiderung gestellt, muss die Rüge innerhalb dieser Frist vorgebracht werden.323
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1. Voraussetzungen Die Einrede setzt grundsätzlich die Identität der Parteien voraus, also diejenige des Kostenschuldners mit dem Kläger sowie diejenige des Erstattungsberechtigten des Vorprozesses mit dem die Einrede geltend machenden Beklagten.324 Macht eine KG Ansprüche geltend, wegen derer im Vorprozess die Komplementärin der KG im Wege zulässiger gewillkürter Prozessstandschaft Klage erhoben und diese zurückgenommen hatte, steht dem Beklagten die Einrede aus § 269 Abs. 6 zu.325 Ist die Klage von einem Nichtlegitimierten (angeblicher gesetzlicher Vertreter) erhoben worden, greift die Einrede bei Erhebung einer neuen Klage durch den richtigen gesetzlichen Vertreter nicht.326 Die Einrede kann auch gegenüber dem Rechtsnachfolger des Klägers geltend gemacht werden.327 In welcher Parteirolle sich die Partei des neuen Verfahrens befindet, ist unerheblich, sie kann also auch Widerkläger sein.328 Die Verweigerung der Einlassung nach Klageabweisung als zurzeit unbegründet im Folgeprozess ist nicht zulässig. § 269 Abs. 6 findet keine entsprechende Anwendung.329 Die Anwendung des § 269 Abs. 6 kann aber nicht von einer belästigenden Absicht als zusätzlichem subjektiven Element abhängig gemacht werden.330 So lässt der 317 744
1
Der Begriff des Streitgegenstands ist hier weit auszulegen. Entscheidend ist, dass der Kläger den früher geltend gemachten Anspruch in irgendeiner Weise weiterverfolgt, Schubert JR 1987, 333, 334; vgl. BGH NJW-RR 1987, 61; OLG Düsseldorf FamRZ 2003, 42, 43; Monschau ProzRB 2003, 26, 27 ff. 318 745 2 LG Mönchengladbach JurBüro 2006, 153. 319 746 3 Vgl. auch BGH NJW-RR 1987, 61; BGH VersR 1961, 860, 861 mwN; RG JW 1915, 249; OLG München SeuffArch 80 Nr. 22. 320 4 747 Monschau ProzRB 2003, 26. 321 5 748 Leible JuS 1997, 54, 58; Monschau ProzRB 2003, 26.
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6 Monschau ProzRB 2003, 26, 27. 323750 7 Monschau ProzRB 2003, 26. 324751 8 Vgl. RGZ 6, 359. 325752 9 OLGR Karlsruhe 2005, 677, 678. 326753 10 RG JW 1904, 556. 327754 11 RGZ 58, 259, 260 f.; RGZ 33, 359, 361; OLG München SeuffArch 80 Nr. 22; Monschau ProzRB 2003, 26, 29. 328755 12 RGZ 28, 404, 405. 329756 13 OLG Oldenburg MDR 1998, 61. 330757 14 BGH NJW 1992, 2034 f.; OLG Bremen NJWRR 1992, 765, 766; Schubert JR 1987, 333, 334; aA RG JW 1915, 249 f.; offengelassen von BGH NJW-RR 1987, 61. Das RG (RGZ 24, 421, 422 f.)
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Nachweis, dass die Klagerücknahme sachgerecht und zweckmäßig war, etwa wegen örtlicher Unzuständigkeit bei der ursprünglichen Klage, die Einrede nicht entfallen.331 § 269 Abs. 6 findet keine Anwendung, wenn derselbe Streitgegenstand in demselben Verfahren durch Klageänderung wieder aufgenommen wird.332 Diese Möglichkeit besteht bei teilweiser Klagerücknahme.333 Ohne Bedeutung ist es, wenn der Beklagte die Klagerücknahme veranlasst hat oder ob der Kläger die Klage freiwillig zurückgenommen hat bzw sie gem. § 113 für zurückgenommen erklärt worden ist.334 Für die Erhebung der Einrede ist ein Kostenbeschluss gem. § 269 Abs. 4 oder eine sich darauf stützende Kostenfestsetzung nicht erforderlich.335 Allerdings muss die Höhe der Kosten bei Erhebung der Einrede substantiiert werden.336 Die Einrede besteht auch, wenn dem Kläger Prozesskostenhilfe gewährt worden ist.337 Die Einrede entfällt, wenn die Kosten bezahlt wurden. Dies muss vom Kläger bewiesen werden.338 Die Aufrechnung der Kosten des früheren Verfahrens durch den Kläger mit der Klageforderung ist nicht als Erstattung gem. § 269 Abs. 6 anzusehen,339 wohl aber die Aufrechnung mit anderen unstreitigen Gegenforderungen.340 Einer auf die Aufrechnung mit der im Vorprozess eingeklagten Forderung gestützten Vollstreckungsabwehrklage gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss steht die Einrede des § 269 Abs. 6 ebenfalls entgegen.341 Allerdings hat dies nicht die Unzulässigkeit, sondern die Unbegründetheit der Vollstreckungsgegenklage zur Folge. Die Einrede hat den Sinn, dass der Beklagte sich nicht auf eine weitere Verhandlung zur Streitsache einlassen muss, bevor der Kläger die Kosten erstattet hat. Dieser Einrede kann der Kläger nur entgehen, wenn er die Kosten erstattet, dann ist aber der Vollstreckungsgegenklage der Boden entzogen. Die Klage kann nie begründet sein, weil die Aufrechnung mit der Klageforderung nicht zulässig ist.342 Rechnet der Beklagte dagegen mit der Klageforderung auf, so ist die Erstattungsforderung erloschen, so dass die Einrede nicht mehr besteht.343 Eine Umgehung des § 269 Abs. 6 liegt auch nicht in der Aufrechnung des Klägers des Vorprozesses als Beklagter in einem späteren Prozess.344
hat aber die Einrede verneint, wenn der Kläger nachweist, dass eine Belästigung nicht vorliegt, weil der Beklagte die Kosten des Vorprozesses übernommen hat. 331 758 1 AA RG Gruchot 59 (1915), 929 = JW 1915, 249 f.; RG Gruchot 45 (1901), 88, 89 f. 332 2 759 Dies ist nach RG Gruchot 41 (1897), 699, 703 mittels Klageerweiterung im Wege der Anschlussberufung möglich; BGH VersR 1961, 860, 861; offengelassen von OLG Düsseldorf FamRZ 2003, 42, 43; Monschau ProzRB 2003, 26, 28; aA BGH NJW 1984, 658. 333 760 3 BGH NJW 1984, 658; RGZ 152, 37, 46; OLG München OLGZ 1977, 483 f. 334 4 761 RGZ 58, 259, 260; Monschau ProzRB 2003, 26. 335 5 762 Monschau ProzRB 2003, 26, 27. 336 6 763 RGZ 6, 359, 360 f.
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RGZ 24, 421, 422; RG Gruchot 45 (1901), 88, 91; Monschau ProzRB 2003, 26, 27. 8 Monschau ProzRB 2003, 26, 27. 339 766 9 BGH NJW-RR 1987, 61; OLG München MDR 1984, 501; OLG Dresden JW 1928, 2157; LG Gera MDR 2002, 54; Monschau ProzRB 2003, 26, 28. 340 10767 OLG Hamburg HRR 1933 Nr. 1617; Monschau ProzRB 2003, 26, 28. 341 11768 BGH NJW 1992, 2034; BGH NJW-RR 1987, 61; OLG Bremen NJW-RR 1992, 765, 766; OLG München MDR 1984, 501; Schubert JR 1987, 333, 334. 342 12769 Im Ergebnis ebenso MünchKomm/BeckerEberhard Rdn. 85. 343 13770 Monschau ProzRB 2003, 26, 28. 344 14771 Monschau ProzRB 2003, 26, 28. 338 765
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2. Folgen Solange die Kosten der zurückgenommenen Klage vom Kläger nicht erstattet sind, kann der Beklagte die Einlassung verweigern. Soweit die Einrede zu berücksichtigen ist, setzt das Gericht dem Kläger eine Frist zum Zahlungsnachweis. Wird er nicht geführt, ist die Klage durch Prozessurteil abzuweisen.
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IX. Gebühren und Streitwert 1. Gebühren a) Gerichtsgebühren. Gemäß § 6 GKG entstehen die Gerichtsgebühren für das gerichtliche Verfahren in vollem Umfang bereits mit Klageeinreichung, nicht erst mit Zustellung.345 Durch die Klagerücknahme vor den in Nr. 1211 Nr. 1 KV-GKG genannten Zeitpunkten ermäßigt sich die allgemeine Verfahrensgebühr (Nr. 1210 KVGKG) auf 1,0 (Nr. 1211 KV-GKG).346 Anders als bei 1210 KV-GKG a.F. setzt die Ermäßigung jedoch voraus, dass keine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 über die Kosten ergeht347 oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt (Nr. 1211 Nr. 1 KV-GKG). Eine Ermäßigung nach Nr. 1211 KV-GKG soll nur eintreten, wenn ein der Abfassung eines Urteils vergleichbarer richterlicher Arbeitsaufwand bei der abschließenden Verfahrensentscheidung entbehrlich wird.348 Voraussetzung ist, dass das gesamte Verfahren endet (Nr. 1211 KV-GKG). Wird die Klage nur von einem Streitgenossen zurückgenommen, greift der Ermäßigungstatbestand deshalb nicht.349 Allerdings ist die Rücknahme bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Derjenige Streitgenosse, der die Klage zurückgenommen hat, ist so zu stellen, als ob der Ermäßigungstatbestand für ihn vorliegen würde, so dass 2/3 der Gebühren auf die anderen Streitgenossen vorab verteilt werden und nur das restliche 1/3 auf alle Streitgenossen verteilt wird.350 Auch die Rücknahme der Widerklage führt nicht zu einer Ermäßigung der Gerichtskosten, da es an einer Beendigung des gesamten Verfahrens iSd Nr. 1211 KV-GKG fehlt.351 Eine Zurücknahme einer noch nicht zugestellten Klage352 kann nur zur Ermäßigung auf 1,0, nicht zum gänzlichen Entfallen führen.353 Bei einer teilweisen Klagerücknahme bleibt es bei der Gebühr von 3,0 (vgl. 1345772 OLG München NJW-RR 1997, 1159; OLG Koblenz MDR 1995, 1269. 346 2 773 Nr. 1211 Nr. 1 KV-GKG ist als Ausnahmevorschrift zwar eng auszulegen, OLG Koblenz MDR 2005, 119; jedoch einer Auslegung zugänglich, die sich am Sinn der Ausnahmevorschrift − der Prozesswirtschaftlichkeit − orientiert, OLG München FamRZ 2003, 1765. Zur fehlenden Verfassungswidrigkeit der Erhebung einer Gebühr vor Zustellung vgl. KG Berlin NJW-RR 1998, 1375 zum alten Recht. 347 3 774 OLG Karlsruhe JurBüro 2007, 41 (Gründe zu III); Schumann FG Vollkommer (2006), S. 155, 192 f. (daher sollte auf einen Antrag gem. § 269 Abs. 3 S. 2 verzichtet und eine Einigung über die Kosten gesucht werden). 348 4 775 BT-Drucks. 15/1971 S. 159 f. 349 5 776 OLG Stuttgart MDR 2002, 298, 299; die Verfassungsmäßigkeit bezweifelnd Lappe NJW 2004, 2409, 2411 (zum Anerkenntnis).
6350777 Vgl. KG MDR 2002, 722 f. zum Anerkenntnis; Zöller/Greger Rdn. 24 mit Verweis auf Zöller/ Vollkommer 307 Rdn. 12. 351778 7 OLG Stuttgart MDR 2002, 298, 299; aA Hk/ Saenger Rdn. 47. 352779 8 Unter „Klagerücknahme“ im Sinne des GKG ist nicht nur eine solche gemäß § 269 zu verstehen, nämlich die Rücknahme einer bereits erhobenen, dh einer dem Prozessgegner zugestellten Klage. Hierunter fällt vielmehr jedes Verhalten der das Verfahren betreibenden Partei, das den Prozess erledigt, ohne dass sich das Gericht noch mit der Sache zu befassen hat, OLG Hamm MDR 1997, 206; Hartmann KostenG38 (2008) KV 1211 Rdn. 4. 353780 9 KG NJW-RR 2000, 215, 216 (keine Ermäßigung bei Teilrücknahme); KG NJW-RR 1998, 1375; OLG Hamm MDR 1997, 206; OLG München MDR 1996, 1075; OLG Koblenz MDR 1995, 1269; OLG Oldenburg JurBüro 1995, 317 f.
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Nr. 1211 KV-GKG „Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Klage“).354 Ebenso wenig tritt eine Gebührenermäßigung ein, wenn die Klage nach einem Teilurteil bezüglich des Restes zurückgenommen wird.355 Eine Ermäßigung gem. Nr. 1211 Nr. 1 KV-GKG entfällt auch, wenn der Klagerücknahme ein Zwischenurteil vorausgegangen ist.356 Eine zur Gebührenermäßigung führende Klagerücknahme ist grundsätzlich bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung möglich, auf die die Endentscheidung ergeht.357 Sie entfällt, wenn die Rücknahme nach der mündlichen Verhandlung und vor Verkündungstermin erfolgt,358 es sei denn, dass nach Aktenlage eine weitere mündliche Verhandlung hätte folgen müssen.359 Diese Ausnahme gilt auch, wenn nach dem Stand des Verfahrens ein neuer Verhandlungstermin erforderlich war.360 Der Zurücknahme der Klage stehen die Zurücknahme des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens, des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid oder des Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid gleich (Nr. 1211 KV-GKG aE). Bei Rücknahme der Klage in der Berufungsinstanz (Nr. 1221 KV-GKG) gelten die Ermäßigungen in Nr. 1221, 1222 KV-GKG: 1,0 facher Satz bei Rücknahme der Klage vor dem Eingang der Rechtsmittelbegründungsschrift bei Gericht, 2,0 facher Satz bei Rücknahme der Klage vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung. Für die Revision gelten Nr. 1231, 1232 KV-GKG. Für den nach § 269 Abs. 4 erlassenen Beschluss fallen keine zusätzlichen Gerichtsgebühren an.361 b) Rechtsanwaltsgebühren. Bereits die Klageeinreichung löst die volle Verfahrensgebühr aus, vgl. Nr. 3101 Nr. 1 VV-RVG. Die Terminsgebühr entsteht unter den Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG mit Erscheinen des Anwalts zum gerichtlich anberaumten Termin oder bei einer auf Erledigung des Verfahrens gerichteten außergerichtlichen Besprechung362. Durch eine Klagerücknahme ermäßigen sich die Rechtsanwaltsgebühren daher nicht. Eine Ermäßigung der Terminsgebühr bei Klagerücknahme in einer der Nr. 3105 VV-RVG entsprechenden Situation kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Reduzierung nur dann gilt, wenn der Anwalt im Termin tatsächlich keine weiteren Tätigkeiten als die in Nr. 3105 VV-RVG genannten vornimmt,363 wozu die Klagerücknahme gerade nicht zählt. 354 781
1
OLG Koblenz AnwBl 2003, 187; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 704; OLG München NJWRR 1997, 1159 f. bei der Klagerücknahme einer Klageerweiterung. 2355782 OLGR Hamburg 1999, 408. 3356783 OLG Koblenz MDR 2005, 119, allerdings zu streng, wenn es eine Differenzierung nach Gegenstand, Art und Inhalt des Urteils ebenso für entbehrlich hält, wie die Prüfung, ob es formal zu Recht erlassen wurde; aA zu Recht OLG München FamRZ 2003, 1765, das eine Ermäßigung gem. 1211 KV-GKG bei einem Zwischenurteil über die Leistung von Prozesskostensicherheit bejaht. 357 4 784 LG Karlsruhe NJW-RR 1996, 1407; vgl. BTDrucks. 12/6962 S. 70 zum 1202 KV-GKG nach dem KostRÄndG1994: „Dabei soll in Kauf genommen werden, daß der Zeitpunkt [Schluß der mündlichen Verhandlung] im Einzelfall sehr spät liegen kann und das Gericht einen wesentlichen Teil der Arbeit bereits erledigt hat“. 358 5 785 OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 216; OLG München FamRZ 2001, 243 f. (auch dann, wenn das
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Gericht dem Kläger in der mündlichen Verhandlung eine Überlegungsfrist zur Klagerücknahme eingeräumt hatte). 359 786 6 OLG München FamRZ 2001, 243 f. und NJWRR 1997, 639 (auch nach mündlicher Verhandlung, wenn nach Aktenlage ein weiterer Termin erforderlich ist); OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 362 (bei Aufhebung des Verkündungstermins). 360 787 7 OLG München NJW-RR 1997, 639 (In Zweifelsfällen ist es Sache des sich auf den Ermäßigungstatbestand berufenden Kostenschuldners, darzulegen, „...dass hier nach dem Stand des Verfahrens eine Endentscheidung nicht in Frage kam...“); kritisch OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 216. 361 8 788 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 78; Hartmann KostenG38 (2008) KV 1211 Rdn. 4 aE. 362 9 789 OLG Koblenz NJW 2005, 2162, 2163 (Telefonische Anregung des Beklagtenanwalts zur Klagerücknahme und anschließende Besprechung des Klägeranwalts mit seinem Mandanten). 363 10790 Vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 212.
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Auch in der Klagerücknahmeerklärung selbst liegt ein Betreiben des Geschäfts, das die Verfahrensgebühr auslöst.364 Für den Anwalt des Beklagten entsteht die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV-RVG in der Regel nur, wenn er vor der Klagerücknahme tätig wird, vgl. § 2 Abs. 1 RVG.365 Reicht der Rechtsanwalt des Beklagten einen Klageerwiderungsschriftsatz bei Gericht ein, obwohl die Klage bereits zurückgenommen war, verdient er trotzdem die 1,3 Verfahrensgebühr, wenn er die Klagerücknahme weder kannte noch kennen musste.366 Liegt hingegen der Grund für die Unkenntnis in der Sphäre des Beklagten, erhält der Rechtsanwalt nach Nr. 3101 VV-RVG nur eine Gebühr in Höhe von 0,8.367 Der Kostenantrag iSd § 269 Abs. 4 gehört gem. § 19 RVG zum Rechtszug und ist bereits durch die allgemeine Verfahrensgebühr oder die Terminsgebühr abgegolten (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG).368 Ist also einmal eine Verfahrensgebühr verdient, wird davon der schriftsätzliche Kostenantrag mit erfasst. Dasselbe gilt, wenn eine Terminsgebühr bereits angefallen ist, für den in der mündlichen Verhandlung gestellten Kostenantrag. Wird der Kostenantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt, ohne dass schon eine Terminsgebühr angefallen ist, kann diese nur aus dem Kostenstreitwert berechnet werden. Ist eine verminderte Verfahrensgebühr entstanden, wie z.B. gem. Nr. 3101 VVRVG in Höhe von 0, 8, kann bei einem schriftsätzlichen Kostenantrag in den Grenzen des § 15 Abs. 3 RVG eine nach dem Kostenwert bemessene zusätzliche Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV-RVG in Höhe von 1,3 anfallen.369
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2. Streitwert Gem. § 40 GKG (iVm § 23 Abs. 1 RVG) kommt es für die Wertberechnung nur noch auf den Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung an. Deshalb hat eine teilweise Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit auf die Wertfestsetzung für die Verfahrensgebühren keinen Einfluss.370 Anderes gilt nur für die anwaltlichen Verfahrensgebühren des Beklagten, denn dieser musste nur in dem Umfang tätig werden, den die Klage nach Rücknahme noch hatte (vgl. oben Rdn. 138).371
§ 270 Zustellung; formlose Mitteilung Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten 364 791
1 OLG Koblenz JurBüro 1996, 370, 371. 365 2 792 Hartmann KostenG38 (2008) VV 3100 Rdn. 50. 366 3 793 VGH Mannheim NVwZ-RR 1998, 342 f.; OLG Koblenz JurBüro 1998, 537; OLG Hamburg MDR 1998, 561; OLGR Köln 1993, 359; Riedel/ Sußbauer/Keller RVG9 (2005) VV-RVG Teil 3 Vorbem. 3 Rdn. 30. 367 4 794 OLG Hamburg MDR 1998, 561. 368 5 795 Zöller/Greger Rdn. 24; Hk/Saenger Rdn. 50;
Hk-RVG/Ebert § 19 RVG Rdn. 74; Hartmann KostenG38 (2008) § 19 RVG Rdn. 36. 6 Für den Fall der Klagerücknahme nach beantragter Abgabe des Mahnverfahrens und vor Anspruchsbegründung KG Rpfleger 2007, 432; OLG Hamburg MDR 1998, 561 f. 7370797 OLG Koblenz Rpfleger 2001, 457; KG NJW-RR 2000, 215, 216. 371798 8 OLG Koblenz Rpfleger 2001, 457. 369796
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§ 270
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Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Schrifttum Scheld Art. 103 Abs. 1 GG und das Verfahrensrecht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs, Rpfleger 1974, 212; Schlicht Antrag auf Klageabweisung oder Rechtsmittelzurückweisung als Sachantrag, NJW 1970, 1630.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendungsbereich . . . . . . .
4
IV. Förmliche Zustellung . . . . . . . 1. Sachanträge des Klägers . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . .
5 9 9
Rdn b) Beispiele . . . . . . . . . . Prozessanträge . . . . . . . . . Sachanträge des Beklagten . . . . Zwischenstreit mit Dritten . . . . Rechtsfolgen fehlender Zustellung
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V. Formlose Mitteilung . . . . . . .
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2. 3. 4. 5.
I. Gesetzesgeschichte
1
Der ursprüngliche § 261b, der durch die Novelle vom 12.9.19501 eingefügt worden ist, wurde unverändert zu § 270 durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1976.2 Die Abs. 1 und 3 sind durch das ZustellungsreformG vom 25.6.20013 aufgehoben worden. Die frühere Regelung in Abs. 1 findet sich jetzt sinngemäß in § 166 Abs. 2 wieder; Abs. 3 ist aus Gründen der Gesetzessystematik als § 167 in das Verfahren der Zustellungen von Amts wegen eingefügt worden.
II. Normzweck
2
Nach dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs muss der Partei die Möglichkeit zur Äußerung zu Erklärungen des Gegners gegeben werden. Dies setzt voraus, dass diese Erklärungen dem Berechtigten zur Kenntnis gelangt sind. In welcher Form dies geschieht, regelt § 270. Die Vorschrift bestimmt, in welchen Fällen Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien an die Gegenpartei und deren Streithelfer förmlich gem. §§ 166 ff. zugestellt oder nur formlos mitgeteilt werden müssen. Ist das rechtliche Gehör nur bei Bekanntgabe im Wege der Zustellung gewährleistet oder kommt wegen der Beweiskraft der Zustellungsurkunde keine andere Mitteilungsform in Betracht, muss eine Zustellung erfolgen. Dies gilt auch, wenn bei einer formlosen Mitteilung ein zeitlicher Mehraufwand dadurch zu befürchten ist, dass der Empfänger unwiderleglich behaupten könnte, er habe die Mitteilung nicht erhalten.4
1 1799 BGBl I S. 455, 471. 2 2800 BGBl I S. 3281, 3283. 3 3801 BGBl I S. 1206, 1210.
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4 4802 So die Begründung zum Entwurf des ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 81.
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§ 270
Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird auch dann verletzt, wenn der Prozesspartei gegnerische Schriftsätze, die zu den Akten gereicht worden sind, nicht vollständig mitgeteilt werden, wobei ein etwaiges Geheimhaltungsinteresse des Gegners zurücktreten muss.5 Eine effektive Rechtsverfolgung bzw -verteidigung ist nur dann gewährleistet, wenn der Prozesspartei der gesamte Sachvortrag der Gegenpartei zugeleitet wird. Eine gleichzeitig gestattete Akteneinsicht stellt kein geeignetes Äquivalent dar.6
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III. Anwendungsbereich § 270 bezieht sich nur auf Schriftsätze und Erklärungen der Parteien, der am Zwischenstreit Beteiligten, des Streitverkünders gem. § 72 Abs. 3 n.F. bzw auf diejenigen ihrer Vertreter. Er findet deshalb keine Anwendung auf die vom Gericht ausgehenden Erklärungen, wie Entscheidungen und Verfügungen. Hier gelten die §§ 317 Abs. 1, 329 Abs. 2 und 3. Zustellungen können aber auch von Anwalt zu Anwalt gem. § 195 Abs. 1 vorgenommen werden, selbst wenn die Schriftstücke von Amts wegen zugestellt werden müssten.
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IV. Förmliche Zustellung Förmliche Zustellung ist erforderlich bei der Klageschrift und solchen Schriftsätzen, die Sachanträge enthalten, sowie bei Anordnung durch das Gericht. Der Zugang lässt sich in diesem Fall aus der Zustellungsurkunde bzw aus dem Gesetz ersehen. Der Zustellung bedürfen alle Schriftsätze, deren Zustellung den Lauf einer Notfrist in Gang setzt. Das Erfordernis einer förmlichen Zustellung ergibt sich für die Klageschrift bereits aus § 253 Abs. 1, für den klageerweiternden Schriftsatz aus § 261 Abs. 2, für die Einspruchsschrift aus § 340a S. 1, für die Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsschriften aus §§ 521 Abs. 1, 550 Abs. 2, 551 Abs. 4, 575 Abs. 4 S. 2, für die Klagerücknahme aus § 269 Abs. 2 S. 3, wenn die Einwilligung des Beklagten erforderlich ist, für den Beitritt des Nebenintervenienten aus § 70 Abs. 1 S. 2 und für die Streitverkündung aus § 73 S. 2. Beim Übergang vom Mahnverfahren in das streitige Verfahren ist wie nach Eingang einer Klage zu verfahren, § 697 Abs. 2 S. 1. Daher muss auch die Anspruchsbegründung, die der Klageschrift entspricht, zugestellt werden (§ 697 Rdn. 16). Das Gericht kann auch bei Schriftsätzen, die nicht zugestellt werden müssen, eine Zustellung anordnen. Ein Verstoß dagegen bleibt jedoch ohne Wirkung. Die Anordnung steht im Ermessen des Gerichts, von ihr wird selten Gebrauch gemacht. Die Erhebung von Auslagen für die Zustellung richtet sich nach Nr. 9002 KVGKG. Danach werden Auslagen nur erhoben, soweit in einem Rechtszug Auslagen für mehr als 10 Zustellungen anfallen.
1 5803 OLG München NJW 2005, 1130 f.
2 6804 OLG München NJW 2005, 1130, 1131.
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1. Sachanträge des Klägers
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a) Begriff. Der Begriff des Sachantrags knüpft ersichtlich an § 297 (§ 297 Rdn. 4) an und ist grundsätzlich entsprechend dieser Vorschrift auszulegen. Er hat auch Bedeutung für § 308 und für die Entstehung der Verfahrensgebühr für den Rechtsanwalt (Nr. 3101 Nr. 1 VV-RVG). Ein Sachantrag ist ein Antrag, der der Feststellung des Inhalts der erbetenen Entscheidung dient,7 also die erstrebte Entscheidung über den prozessualen Anspruch enthält.
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b) Beispiele. Sachanträge sind alle Anträge, die das Verfahren oder einen anderen Abschnitt einleiten, wie z.B. der Klageantrag, der Rechtsmittelantrag sowie die Einspruchsschrift, oder den Rechtsstreit beenden, wie z.B. die Klagerücknahme.8 Sachanträge sind daher auch Scheidungsanträge und Zwischenfeststellungsanträge sowie der Musterfeststellungsantrag gem. § 1 KapMuG.9 Anträge auf Erlass eines Arrestes (§ 920) oder einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 936) sind ebenfalls Sachanträge, allerdings mit der Besonderheit, dass eine Zustellung des Gesuchs an den Gegner, wenn keine mündliche Verhandlung anberaumt wird, erst nach der Entscheidung oder deren Vollziehung erfolgen muss (vgl. § 920 Rdn. 6) und unter Umständen überhaupt nicht erforderlich ist10 (vgl. § 922 Abs. 3).11 Zu den Sachanträgen gehören aber auch die Anträge auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen (§ 1060) sowie alle Anträge in sonstigen Verfahren, die auf eine sachliche Entscheidung des Gerichts zielen. Die Klage- bzw Parteiänderung während des Streits erfordert stets die Zustellung der Schriftsätze. Darunter fallen alle Schriftsätze, die auf einen Wechsel der Partei zielen (§§ 75, 239, 242, 265, 266), erst recht bei einem gewillkürten Parteiwechsel. Dies gilt auch für die Fälle der gesetzlich zugelassenen Klageänderung gem. § 264 Nr. 2 und 3. Dagegen sind Schriftsätze, die nur unwesentliche Änderungen eines Sachantrags enthalten, wie z.B. bloße Berichtigungen des Antrags, nicht zuzustellen.12 Eine einseitige Erledigungserklärung enthält einen solchen Sachantrag,13 nicht aber übereinstimmende Erledigungserklärungen, da die Parteien dann keinen Urteilsspruch mehr begehren.
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1 7805 Vgl. BGH NJW 1965, 397; OLG Hamm MDR 1992, 308. 2 8806 Vgl. Blomeyer ZPR § 30 II 1a (sachbestimmende Schriftsätze). 3 9807 Assmann FG Vollkommer (2006), S. 119, 124; Reuschle NZG 2004, 590, 591; vgl. auch Bergdolt/ Hell BKR 2007, 145, 146 f. (verfahrensbestimmender Antrag). 10808 4 Stein/Jonas/Grunsky vor § 916 Rdn. 11. 11809 5 Die Zustellung ist hier für den Eintritt der Rechtshängigkeit keine Voraussetzung, das Arrest- bzw einstweilige Verfügungsverfahren (nicht aber das Hauptsacheverfahren) wird bereits mit Einreichung des Antrags rechtshängig, OLG Hamburg MDR 2000, 786; OLG München
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NJW 1993, 1604; OLG Düsseldorf NJW 1981, 2824, siehe auch § 261 Rdn. 33. 6 RG JW 1928, 1491 zu § 297 a.F. Diese Entscheidung stützt sich zwar maßgeblich auf § 297 Abs. 3 a.F., der durch Gesetz vom 20.12.1974 (BGBl I S. 3651) aufgehoben wurde. Gleichwohl ist diese Entscheidung noch heute gültig, weil der Gesetzgeber den Regelungsgehalt des alten § 297 Abs. 3 in den neuen § 297 Abs. 1 S. 2 übernommen hat. Mit der Abschaffung des nunmehr überflüssig gewordenen alten § 297 Abs. 3 waren somit keine inhaltlichen Änderungen verbunden. Zur Gesetzesbegründung vgl. BT-Drucks. 7/ 2729 S. 76. 713811 Schwab ZZP 72 (1959), 127, 133 f. 12810
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Anträge auf Aufnahme bzw zur Erzwingung der Aufnahme eines ausgesetzten oder unterbrochenen Verfahrens gem. §§ 239 ff. sind Sachanträge (vgl. § 250 Rdn. 5).14 Dagegen ist die dem Gericht gegenüber zu erklärende Anzeige des neuen Prozessbevollmächtigten bei einer Unterbrechung durch Anwaltsverlust gem. § 244 nur formlos mitzuteilen. Auch die Erklärung des Klägers von der Prozessart des Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozesses abgehen zu wollen (§ 596), stellt einen Sachantrag dar, da sie die Sachentscheidungsbefugnis des Gerichts abgrenzt bzw beeinflusst (§ 596 Rdn. 16 Fn. 86).15 Anträge auf Urteilsergänzung (§§ 321, 726) sind stets als Sachanträge zu behandeln, da selbst bei zu Unrecht unterlassenen Kosten- und Vollstreckbarkeitsentscheidungen das Gericht nur noch auf Antrag entscheiden darf. Eine Berichtigung von Amts wegen ist unzulässig. Die Rechtsmittel(Rechtsbehelfs-)rücknahme und der Rechtsmittel(Rechtsbehelfs-)verzicht sind ebenfalls zuzustellen.
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2. Prozessanträge Nicht zu den Sachanträgen gehören die Prozessanträge, die nur auf die Gestaltung des Verfahrens gerichtet sind, wie z.B. auf Verlängerung oder Verkürzung von Fristen (§§ 224 ff.), auf Aussetzung eines Verfahrens (§ 246), auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens (§ 251), auf Verweisung des Rechtsstreits (§ 281), auf Tatbestandsberichtigung (§ 320) und alle Beweisanträge, auch der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens16. Prozessanträge sind auch der Antrag auf Erlass eines Verzichts- oder Versäumnisurteils17 (§§ 306, 330 f.) sowie der Antrag auf Entscheidung nach Aktenlage (§ 331a)18, obwohl sie nur in Verbindung mit einem Sachantrag Bedeutung haben. Keine Sachanträge sind auch die mit der Hauptsache verbundenen Kostenanträge, soweit über sie gem. § 308 Abs. 2 auch ohne Antrag zu entscheiden ist. Dies gilt nicht, wenn der Streit allein noch über die Kosten geht und das Gericht nur auf besonderen Antrag über die Kosten zu entscheiden hat. Anträge über die vorläufige Vollstreckbarkeit betreffen das Vollstreckungsverfahren. Soweit sie von der Anordnung, die das Gericht von Amts wegen zu treffen hätte, nicht abweichen, sind sie keine Sachanträge. Anders ist dies, wenn die Anträge eine abweichende Regelung etwa gem. §§ 712 ff. erstreben.19
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3. Sachanträge des Beklagten Auch der Beklagte stellt Sachanträge. Allerdings ist in diesem Zusammenhang fraglich, ob im Rahmen des § 270 wie für § 297 ein sachbestimmender Antrag erforderlich ist oder ob ein sachbezogener Antrag genügt.20 Während ein sachbezogener Antrag dann vorliegt, wenn sich der Antrag auf den Inhalt einer die Beendigung des Hauptstreits oder eines Zwischenstreits begehrenden sachlichen Entscheidung bezieht,21 ist 814812 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 32; MünchKomm/ Gehrlein § 239 Rdn. 30. 115813 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 32; Zöller/Greger § 596 Rdn. 3. 216814 LG Marburg Urt. v. 30.1.2006 – 1 O 231/03 (juris Rdn. 175). 317815 KG NJW-RR 1994, 1344, 1345.
418816 RGZ 159, 357, 360. 519817 BGH FamRZ 2003, 598. 620818 Gegen diese Unterscheidung in sachbezogene und sachbestimmende Anträge MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 6. 721819 KG NJW 1970, 616, 617; Fitting ZZP 7 (1884), 229, 240.
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ein sachbestimmender Antrag nur in den Anträgen zu sehen, die den Gegenstand des Prozesses bestimmen und an die das Gericht gebunden ist.22 Bei den rein negativen Abweisungsanträgen des Beklagten, also bei den Anträgen auf Klageabweisung oder auf Zurückweisung bzw Verwerfung von Rechtsbehelfen handelt es sich in der Regel um sachbezogene, nicht aber um sachbestimmende Anträge.23 Sachbestimmend sind nur Teilabweisungsanträge.24 Die sachbezogenen Anträge werden nicht als Sachanträge iSd § 297 behandelt, weil sie sich eindeutig aus der Prozesslage ergeben.25 Für die Frage des Zustellungserfordernisses ist jedoch nicht auf die Sachbestimmtheit, sondern auf die Sachbezogenheit im Gegensatz zu den reinen Prozessanträgen abzustellen. Anträge auf Klageabweisung sowie auf Zurückweisung oder Verwerfung eines Rechtsmittels sind deshalb ebenfalls zuzustellen.26 Dies gilt auch für einen Antrag nach § 269 Abs. 4. Eine Zustellung ist erst recht erforderlich, wenn der Beklagte in die Rolle des Klägers rückt, so bei Stellung eines Widerklage- bzw Inzidentfeststellungsantrags oder als Rechtsmittelkläger. Aber auch bei Wiederaufnahmeklagen kommt er in die Stellung des Klägers. Der Anschließungsantrag des Rechtsmittelbeklagten ist ebenfalls ein Sachantrag.27 Dies gilt ebenso, wenn der Beklagte Anträge stellt, um nach §§ 925, 926 Abs. 2, 927, 936 Arreste und einstweilige Verfügungen zur Aufhebung zu bringen. Auch bei dem Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs (§ 1059) wird der Beklagte zum Angreifer. Ein Widerspruch des Beklagten im Rahmen des Mahnverfahrens ist jedoch nicht zuzustellen (vgl. § 695). Bei Veränderungen durch Eintritt eines Dritten in den Streit oder eines neuen gesetzlichen Vertreters nach unterbrochenem oder ausgesetztem Rechtsstreit ist der Aufnahmeantrag zuzustellen, unabhängig davon, wer die Aufnahme begehrt. 4. Zwischenstreit mit Dritten
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Im Zwischenstreit mit Dritten kommt es darauf an, ob Sachanträge erforderlich sind, um das Gericht zu einer Entscheidung zu veranlassen. Ist dies der Fall, sind die Anträge aller Beteiligten Sachanträge, auch wenn es nur um die Zulassung eines Beteiligten geht. Da schon der Beitritt des Streitgehilfen den
822820 Vgl. KG NJW 1970, 616, 617 (dagegen Schlicht NJW 1970, 1630, 1632 f.); Blomeyer ZPR § 30 II 1a. 23821 1 KG NJW 1970, 616, 617 f.; Blomeyer ZPR § 30 II 1a; Schwab ZZP 72 (1959), 127, 133 f.; nach Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 64 Rdn. 3 sind Abweisungsanträge nur dann nicht erforderlich, wenn die Klage oder das Rechtsmittel wegen unheilbarer Mängel unzulässig ist (§§ 522 Abs. 1, 552 Abs. 1, 572 Abs. 2, 589 Abs. 1, 597 Abs. 2) oder das Klagevorbringen den Klageantrag nicht rechtfertigt (§ 331 Abs. 2). Vgl. auch BGHZ 52, 385, 390 ff. = NJW 1970, 99, 100 f., der den Klageabweisungsantrag als Sachantrag im weiteren Sinne ansieht und § 32 BRAGO (ab 1.7.2004 Nr. 3101 Nr. 1 ) anwendet (dagegen Schlicht NJW 1970, 1630 ff.); OLG München MDR 1991, 165, nach dessen Ansicht es für § 32 BRAGO (ab 1.7.2004 Nr. 3101 Nr. 1 VV-RVG) genügt, wenn
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sich auch ohne Stellung eines förmlichen Sachantrags das Klageabweisungsbegehren des Beklagten zweifelsfrei erkennen lässt. Auch nach Ansicht des BAG AP Nr. 1 zu § 239 ZPO ist ein förmlicher Klageabweisungs- oder Rechtsmittelzurückweisungsantrag des Beklagten im Hinblick auf §§ 297, 308 nicht erforderlich. Es bezeichnet aber die Klageabweisungs- und Zurückweisungsanträge zu Unrecht als Prozessanträge, ebenso Schlicht NJW 1970, 1630, 1631 f. 224822 RG JW 1885, 6; Blomeyer FS Fragistas (1966), S. 462, 468 f. 325823 BGH NJW 1972, 1373, 1374; BGH NJW 1965, 397; BAG AP Nr. 1 zu § 239 ZPO. 426824 KG NJW 1970, 616, 617; aA Voraufl. Anm. B III c 1; BGHZ 52, 385, 388 f. = NJW 1970, 99, 100; Musielak/Foerste Rdn. 2; Blomeyer ZPR § 30 II 1a; Schlicht NJW 1970, 1630, 1631. 527825 BGH NJW 1993, 269, 270.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Streit erweitert, ist die Streitschrift zuzustellen (§ 70 Abs. 1 S. 2). Der Antrag des Streitgehilfen ist in demselben Umfang Sachantrag wie es derjenige der von ihm unterstützten Partei wäre, wenn diese ihn selbst gestellt hätte, ohne Rücksicht darauf, ob der Streitgehilfe damit gehört werden kann oder nicht. Dies gilt nicht, soweit der Zwischenstreit ohne Parteiantrag auszutragen ist (§§ 387, 402).
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5. Rechtsfolgen fehlender Zustellung Wird ein Schriftsatz vom Gericht nur mitgeteilt, anstatt zugestellt, obwohl eine Zustellung erforderlich gewesen wäre, liegt ein Zustellungsmangel vor. Dieser kann unter den Voraussetzungen des § 189 geheilt werden. Eine Heilung gem. § 189 ist jedoch nur möglich, wenn das Gericht eine förmliche Zustellung vornehmen wollte.28 Dazu muss die Zustellung vom Gericht zumindest angeordnet oder sonst versucht und in die Wege geleitet worden sein.29 Die bloße formlose Mitteilung kann daher nur unter diesen Voraussetzungen eine Heilung gem. § 189 herbeiführen,30 ansonsten nicht.31 Im Übrigen kommt eine Heilung ex nunc durch Rügeverzicht gem. § 295 in Betracht.32
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V. Formlose Mitteilung Gem. § 270 sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien der Gegenpartei formlos mitzuteilen, wenn nicht die zwingende förmliche Zustellung geboten ist. Dies ist nur in den gesetzlich geregelten Fällen und bei Sachanträgen der Fall. Aber auch, wenn eine Zustellung nicht erforderlich ist, kann das Gericht die Zustellung anordnen. Hierbei ist zu beachten, dass Zustellungen von Amts wegen gegenüber formlosen Mitteilungen erheblich arbeitsaufwendiger und auch teurer sind. Sie sind deshalb auf das notwendige Maß reduziert worden.33 Dabei darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass die Zustellung besser als die formlose Mitteilung geeignet ist, den verfassungsrechtlich in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör zu gewährleisten.34 Trotz der Mehrkosten sollte das Gericht daher in Zweifelsfällen die Zustellung anordnen oder zumindest durch Beifügen einer rückgabepflichtigen Empfangsbescheinigung die Gewährung rechtlichen Gehörs überwachen.35 Bedient sich die Geschäftsstelle der Post, gilt die Mitteilung im Bereich des Ortsbestellverkehrs an dem folgenden Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt (§ 270 S. 2). Im Übrigen wird vermutet, dass die Mitteilung am zweiten Werktag nach Aufgabe zur Post den Empfänger erreicht hat. Diese Regelung bezieht sich nur auf die 128826 BGH NJW 2003, 1192, 1193; BayObLGZ 2004, 151, 153 = NJW 2004, 3722; zu § 187 a.F.: BGH NJW 2001, 3713, 3714; BGH FamRZ 1993, 309; BGH NJW 1956, 1878, 1879; BGHZ 7, 268, 270 = NJW 1952, 1375, 1376; BayObLGZ 1995, 61, 72; OLG Rostock FamRZ 1999, 1075, 1076; OLG Jena FamRZ 1998, 1446, 1447. 29827 2 BGH NJW 1956, 1878, 1879; OLG Rostock FamRZ 1999, 1075, 1076; OLG Jena FamRZ 1998, 1446, 1447. 330828 BGH NJW 1956, 1878, 1879. 431829 BGH NJW 2001, 3713, 3714; BGH FamRZ 1993,
309; OLG Rostock FamRZ 1999, 1075, 1076; OLG Jena FamRZ 1998, 1446, 1447; OLG Köln FamRZ 1986, 278, 279 mit Anm. Becker-Eberhard (insb. S. 281). 32830 5 OLG Rostock FamRZ 1999, 1075, 1076; OLG Jena FamRZ 1998, 1446, 1447. 633831 Begründung zum Entwurf des ZPO-RG, BTDrucks. 14/4722 S. 81. 734832 BVerfGE 36, 85, 88 = NJW 1974, 133; kritisch Scheld Rpfleger 1974, 212, 214. 835833 Vgl. BVerfGE 36, 85, 88 = NJW 1974, 133.
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postalische Übermittlung im Gerichtsinland. Eine allgemeine Zugangsfiktion, dass mit dem Zugang am folgenden Werktag gerechnet werden muss, besteht bei Übermittlung in anderer Weise jedoch nicht, wenn etwa das Schriftstück durch einen Boten überbracht, dem Anwalt in sein Fach gelegt wird usw.36 Die Vermutung des § 270 S. 2 gilt in Verfahren vor den Amtsgerichten für die Ladung des Klägers zu dem auf die Klage bestimmten Termin gemäß § 497 Abs. 1 S. 2 entsprechend. Die Vermutung kann dadurch widerlegt werden, dass die Partei den fehlenden bzw einen späteren Zugang glaubhaft macht (§ 294). Daher verstößt die Zugangsvermutung des § 270 S. 2 nicht gegen das verfassungsrechtlich in Art. 103 Abs. 1 GG verankerte Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs. Verfassungsrechtlich bedenklich ist es aber, wenn dem Gericht bei Erlass der Entscheidung nicht bekannt war, dass der Partei das Schriftstück nicht zugegangen war. In einem solchen Fall nimmt das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG an.37 Der Partei muss daher die Möglichkeit gegeben werden, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in der höheren Instanz durch Verfahrensrüge geltend zu machen und die Glaubhaftmachung nachzuholen. Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich, wenn die Mitteilung an das Gericht zurückkommt. Damit ist bewiesen, dass sie den Adressaten nicht erreicht hat. Dies gilt auch, wenn der Empfänger die Annahme verweigert hat, weil § 179 bei formlosen Mitteilungen keine Anwendung findet. In solchen Fällen wird sich die Zustellung nicht umgehen lassen. Kann die Partei keinen ordentlichen Rechtsbehelf mehr einlegen, besteht die Möglichkeit der Gehörsrüge gem. § 321a.
§ 271 Zustellung der Klageschrift (1) Die Klageschrift ist unverzüglich zuzustellen. (2) Mit der Zustellung ist der Beklagte aufzufordern, einen Rechtsanwalt zu bestellen, wenn er eine Verteidigung gegen die Klage beabsichtigt. Schrifttum Halbach Die Verweigerung der Terminsbestimmung und der Klagezustellung im Zivilprozeß, 1980; Reiner Die Zurückweisung einer beabsichtigten Klage durch Beschluß, 1959.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . . 1. Gründe für die Einfügung des § 271 2. Bedeutung des § 271 im Zivilprozess . . . . . . . . . . . . .
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936834 Vgl. aber Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 33, wonach keine Vermutung für den Zugang einer formlosen Mitteilung bestehe, da Postsendungen verloren gehen könnten. Der Wortlaut des § 270
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Rdn III. Unverzügliche Zustellung . . . . . 1. Zustellung der Klageschrift oder diese ersetzende Schriftstücke . . 2. Unverzüglich . . . . . . . . .
S. 2 spricht aber eindeutig für eine Vermutung nicht nur für den Zeitpunkt, sondern auch für den Zugang selbst. 137835 BVerfGE 36, 85, 88 f. = NJW 1974, 133.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Rdn IV. Verweigerung der Zustellung . . 1. Unwirksamkeit der Klageeinreichung . . . . . . . . . . . 2. Weitere Hinderungsgründe . . 3. Keine Hinderungsgründe . . . 4. Hinweis des Gerichts . . . . . 5. Entscheidung und Rechtsbehelf 6. Bedingte Zustellung auf Ersuchen des Klägers . . . . . . . . .
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Rdn V. Aufforderung zur Bestellung eines Rechtsanwalts (§ 271 Abs. 2) . . . . 1. Verfahren mit Anwaltszwang . . . 2. Erforderlichkeit der Aufforderung 3. Funktionelle Zuständigkeit . . . 4. Folgen des Fehlens . . . . . . . VI. Sonstige Pflichten des Gerichts . . . 1. Sonstige Aufforderungen, Belehrungen und Ladungen bei Klagezustellung . . . . . . . . . . . 2. Mitteilungspflichten . . . . . .
40 40 43 44 45 47 47 54
I. Gesetzesgeschichte Die Vorschrift ist durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19761 eingefügt worden. § 271 Abs. 3, der eine Aufforderung an den Beklagten vorschrieb, sich zur Übertragung der Sache auf den Einzelrichter zu äußern, wurde durch das RechtspflegeVereinfachungsgesetz vom 17.12.19902 aufgehoben und in geänderter Form in § 277 Abs. 1 als S. 2 angefügt, der gem. § 275 Abs. 1 S. 2 entsprechend gilt. § 271 Abs. 2 wurde geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2.9.1994,3 indem die Worte „bei dem Prozessgericht zugelassenen“ wegen der Aufgabe des Lokalisationsprinzips gestrichen wurden, allerdings erst mit Wirkung ab 1.1.2000 für die alten und ab 1.1.2005 für die neuen Bundesländer (Art. 22). Das Inkrafttreten des § 271 Abs. 2 wurde auf Grund einer Entscheidung des BVerfG4 einheitlich für das gesamte Bundesgebiet auf den 1.1.2000 festgesetzt durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 17.12.19995.
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II. Normzweck 1. Gründe für die Einfügung des § 271 Die Einfügung des § 271 Abs. 1 ist auf Grund der mit der Vereinfachungsnovelle einhergehenden Änderungen erforderlich geworden. Nach früherem Recht war die entscheidende Maßnahme zur Ingangsetzung des Verfahrens die Terminsbestimmung durch den Vorsitzenden gem. § 216 Abs. 2. Die Ladung der Parteien und die Zustellung der Klage waren der Terminsbestimmung als weitere verfahrenseinleitende Maßnahmen nachgeordnet. Mit der Einführung des schriftlichen Vorverfahrens gem. § 276 konnte die Terminsbestimmung mit folgender Ladung nicht mehr Anknüpfungspunkt für die Zustellung sein. Deshalb wurde die unverzügliche Zustellung der Klage unabhängig von der Terminsbestimmung einheitlich für alle vorbereitenden Verfahren bestimmt. § 271 Abs. 1 stellt im Interesse der Parteien sicher, dass die Zustellung nicht später als nach früherem Recht ausgeführt wird.6
1 1836 BGBl I S. 3281, 3283 f. 2 2837 BGBl I S. 2847, 2848. 3 3838 BGBl I S. 2278, 2291.
4 4839 BVerfGE 93, 362, 369 ff. = NJW 1996, 1882, 1883 f. 5 5840 BGBl I S. 2448. 6 6841 So die Begründung in BT-Drucks. 7/2729 S. 67.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Dasselbe gilt für § 271 Abs. 2, der dem Grundgedanken des früheren § 261a Abs. 2 S. 2 entspricht, und wegen der Möglichkeit des schriftlichen Vorverfahrens eingefügt worden ist. § 215 sieht eine entsprechende Aufforderung, einen Rechtsanwalt zu bestellen, im Zusammenhang mit der Terminsladung vor, der aber im Fall eines schriftlichen Vorverfahrens nicht greift. § 271 Abs. 2 gilt allgemein für beide vorbereitenden Verfahren und geht in seinem Anwendungsbereich § 215 vor.7 Die Aufforderung soll dafür Sorge tragen, dass der Beklagte im landgerichtlichen Verfahren ordnungsgemäß vertreten wird. 2. Bedeutung des § 271 im Zivilprozess
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Die rasche Zustellung nach § 271 Abs. 1 soll den Beginn des Prozesses effizient gestalten, was der Prozessbeschleunigung und Prozesswirtschaftlichkeit dient. Die damit eintretende Rechtshängigkeit (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1) und deren Wirkungen (§§ 167, 262) bezwecken außerdem den Schutz der materiellen Rechtspositionen des Klägers. Die Aufforderung nach § 271 Abs. 2 soll im Anwaltsprozess Verzögerungen vermeiden helfen, die sich aus der fehlenden Postulationsfähigkeit einer ohne Anwalt erschienenen Partei ergeben, und dient somit ebenso wie § 271 Abs. 1 der Prozessbeschleunigung und der Prozesswirtschaftlichkeit. Weiterhin ermöglicht § 271 Abs. 2 dem Beklagten eine möglichst frühzeitige sachgerechte Verteidigung.
III. Unverzügliche Zustellung
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§ 271 Abs. 1 ordnet die unverzügliche Zustellung der Klageschrift nach deren Einreichung an. 1. Zustellung der Klageschrift oder diese ersetzende Schriftstücke
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Bei Einleitung des Verfahrens durch Einreichung einer Klageschrift (§ 253 Abs. 5) wird diese zugestellt. Nur die Zustellung und nicht etwa eine formlose Mitteilung führt die Rechtshängigkeit (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1) und deren Folgen herbei (vgl. § 253 Rdn. 167 f.) Im amtsgerichtlichen Verfahren ist an Stelle der Klageschrift das Protokoll zuzustellen, wenn die Klage gem. § 496 zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht worden ist (§ 498). Gem. § 697 Abs. 2 S. 1 ist bei der Überleitung vom Mahnverfahren in das Streitverfahren wie nach Eingang einer Klage zu verfahren. Deshalb muss die der Klageschrift entsprechende Anspruchsbegründung (vgl. § 697 Abs. 1 S. 2) dem Beklagten unverzüglich zugestellt werden. Verfügt das Gericht die Zustellung, wird dem Gegner eine vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder vom Rechtsanwalt beglaubigte Abschrift der Klageschrift oder der oben genannten Schriftstücke von Amts wegen zugestellt (§§ 166 ff.). Die Urschriften bleiben bei dem Gericht. Die Zustellung hat aber zu unterbleiben, wenn der Kläger dies ausdrücklich wünscht. Allerdings hat er grundsätzlich8 nicht das Recht, die Zustellung zu befristen 7 7842 BT-Drucks. 7/2729 S. 67. 1 8843 Die Zustellung kann aber nach h.M. unter die Be-
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dingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt werden (vgl. Rdn. 38)
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oder von Bedingungen abhängig zu machen. Die Klage wird in einem solchen Fall erst dann zugestellt, wenn der Kläger dies ausdrücklich erklärt, worauf er vom Gericht hinzuweisen ist.9 2. Unverzüglich Um einen nur scheinbaren Streit handelt es sich bei der Frage, wie der Begriff „unverzüglich“ zu verstehen ist. „Unverzüglich“ bedeutet nach der gesetzlichen Definition des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB, die hier entsprechende Anwendung findet, ohne schuldhaftes Zögern.10 Ob schuldhaftes Zögern vorliegt, richtet sich naturgemäß danach, inwieweit das Gericht sich dem Prozessrecht gemäß verhalten hat oder nicht. So soll die Zustellung grundsätzlich − sieht man von den Ausnahmen der §§ 12 Abs. 2, 14 GKG (§ 65 Abs. 2, Abs. 7 GKG a.F.) ab − erst nach Zahlung des Gerichtskostenvorschusses gemäß § 12 Abs. 1 GKG erfolgen. Nur bei prozesswidriger Verzögerung, liegt keine unverzügliche Zustellung vor. „Unverzüglich“ ist nicht zu verwechseln mit „sofort“. Deshalb ist eine Verzögerung von mehreren Tagen durchaus zulässig, insbesondere wenn man bedenkt, dass das Gericht die Klageschrift nicht unbesehen zustellen darf, sondern vorher zu prüfen hat, ob der Zustellung ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen. Der Kläger wird durch § 167 geschützt. Eine Zustellungsverzögerung von mehreren Wochen wegen Abwesenheit des Kammervorsitzenden verstößt in jedem Fall gegen § 271 Abs. 1 und führt zu einer Nichterhebung der Gebühren gem. § 21 GKG, wenn dem Kläger dadurch Kosten entstehen, die bei unverzüglicher Zustellung nicht entstanden wären.11 Ebenso ist es unzulässig, wenn das Gericht einfache Fälle bevorzugt bearbeitet.12
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IV. Verweigerung der Zustellung Vgl. zur Verweigerung der Terminierung § 216 Rdn. 18 ff. Die unverzügliche Zustellung setzt voraus, dass bestimmte Mindestvoraussetzungen für die Entstehung eines Prozessrechtsverhältnisses vorliegen. Diese werden als Prozessbedingungen (Vor § 253 Rdn. 128) und, wenn es sich um Prozessvoraussetzungen handelt, als echte Prozessvoraussetzungen (Vor § 253 Rdn. 127) bezeichnet. Fehlt es an diesen Prozessbedingungen, kann das Gericht die Zustellung verweigern.
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1. Unwirksamkeit der Klageeinreichung So ist das Gericht zur Verweigerung der Zustellung berechtigt, wenn keine wirksame Klage erhoben worden ist (vgl. § 253 Rdn. 174 ff.). Dies ist abzugrenzen von der Ordnungsgemäßheit der Klage, die nur eine Sachurteilsvoraussetzung darstellt. Eine in fremder und entgegen § 184 GVG nicht in deutscher Sprache abgefasste Klageschrift ist nicht als Klage anzusehen und damit unbeachtlich (vgl. § 253 Rdn. 30, 174 und § 184 GVG Rdn. 7).13 Das Gericht wird dem Kläger in diesem Fall aufgeben, eine Übersetzung nachzureichen.14 2 9844 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4. 310845 Vgl. MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 7, der auf eine aA von Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5 hinweist. 111846 OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 828. 212847 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 7. 313848 BGHSt 30, 182, 183 f. = NJW 1982, 532 f.; RGZ
162, 282, 288; BayObLGZ 1986, 537, 539 = MDR 1987, 416; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 14; Reiner S. 61 f.; aA LG Berlin JR 1961, 384; FG Saarbrücken NJW 1989, 3112 für Angelegenheiten des Rechts der europäischen Gemeinschaften und alsbaldiger Nachreichung der Übersetzung; vgl. OLG Frankfurt NJW 1980,
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Eine wirksame Klageschrift ist auch bei Rechtsmissbrauch zu verneinen, wenn also ein Rechtsschutzersuchen erkennbar ausschließlich verfahrensfremden Zwecken dient und es ihm eindeutig an der Ernstlichkeit mangelt15 oder es sich um einen offensichtlichen16 Fall schikanöser Rechtsverfolgung handelt17 (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 102, § 253 Rdn. 25). Werden neben sachbezogenen noch irgendwelche verfahrensfremden Zwecke verfolgt, muss die Klage zugestellt werden. Allein wegen eines beleidigenden Inhalts der Klageschrift kann die Zustellung nicht verweigert werden.18 Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts,19 in der es um eine Petition ging, kann nicht auf das gerichtliche Verfahren übertragen werden.20 Für Klagen muss wegen des Justizgewährungsanspruchs (Art. 20 Abs. 3 GG) die Nichtzustellung der absolute Ausnahmefall sein.21 Dies gilt gerade für beleidigende Klageschriften, da es oft von subjektiven Werturteilen abhängt, ob eine Äußerung als Beleidigung einzustufen ist.22 Die Zustellung kann daher nur verweigert werden, wenn der Kläger mit seiner Klage ausschließlich oder zumindest überwiegend verfahrensfremde Zwecke verfolgt. Die fehlende Postulationsfähigkeit führt ebenfalls zur Unwirksamkeit der Klage und zur Verweigerung der Zustellung (vgl. § 78 Rdn. 4),23 jedenfalls wenn sie offensichtlich ist, so bei Einreichung einer Klage beim Landgericht durch einen nicht anwaltlich Vertretenen. Zweifel an der Postulationsfähigkeit wird es nach der Neuordnung des Berufsrechts der Anwälte kaum mehr geben. Es wird auch vertreten,24 dass die vom offenkundig unbefugten Vertreter erhobene Klage nicht zugestellt werden muss.25 Dies ist jedoch auf den Fall zu beschränken, 1173; ebenso VGH München NJW 1976, 1048 für ein Asylverfahren. 414849 Vgl. dazu OLG Frankfurt NJW 1980, 1173, das allerdings für den Sonderfall eines inhaftierten Ausländers eine fristgerechte Rechtsmitteleinlegung auch in englischer Sprache annahm. 15850 1 Nichtzustellung bei ausschließlich verfahrensfremden Zwecken BayVGH NJW 1990, 2403 (der Kläger hielt sich für den Reichspräsidenten); offengelassen von BFHE 169, 100, 101 f. = NJW 1993, 1352; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 6 (nahezu ausschließlich); Fortenbach ZZP 8 (1885), 153, 161 ff. und Klag Die Querulantenklage in der Sozialgerichtsbarkeit (1980), S. 67 ff., besonders 69 ff.; Walchshöfer MDR 1975, 11, 12 (vorwiegend Beleidigungen); van Els FamRZ 2001, 529, 531 (ausschließlich oder überwiegend); weitergehend OLG Koblenz MDR 1973, 157 − der Angeklagte hatte seine Beschwerdeschrift „mit dem freundlichen Zitat von Götz von Berlichingen“ geschlossen −; LG Stuttgart NJW 1994, 1077 (unzulässiger Briefkopf auf Klageschrift); grobe Verunglimpfungen der mit der Sache befassten Justizorgane: OLG Hamm NJW 1976, 978 und OLG Karlsruhe NJW 1974, 915; aA Halbach S. 152 ff. (mit umfassenden Ausführungen zum Rechtsmissbrauch), nach dem verfahrensfremde Zwecke wegen des Justizgewährungsanspruchs nie zur Verweigerung der Zustellung berechtigen, so dass allenfalls eine Abweisung der Klage durch Prozessurteil in Betracht kommen soll (vgl. dazu S. 164 f.). 216851 So auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 30; Nikisch ZPR § 43 I 3.
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317852 ArbG Hamm MDR 1966, 272 mit zust. Anm. Schneider (Einreichung derselben Klage bei 74 Arbeitsgerichten), das sich auf § 226 BGB stützt; ebenso für wiederholte Einreichung einer bereits rechtskräftig abgewiesenen Klage LAG Nürnberg JW 1935, 1363 mit zust. Anm. Roquette und ArbG Hindenburg JW 1935, 1363 f.; aA für den Zivilprozess Halbach S. 163 ff. 418853 So aber OLG Koblenz MDR 1973, 157 für eine strafprozessuale Beschwerde; für grobe Verunglimpfungen OLG Hamm NJW 1976, 978 und OLG Karlsruhe NJW 1974, 915. 519854 BVerfGE 2, 225, 229 ff. = NJW 1953, 817. 20855 6 BFHE 169, 100, 102 = NJW 1993, 1352; OLG Stuttgart NJW 1977, 112 f. 721856 Vgl. Walchshöfer MDR 1975, 11, 12. 22857 8 OLG Stuttgart NJW 1977, 112 f. 923858 Blomeyer ZPR § 43 I 2c; Jauernig ZPR § 38 II 4 b; Halbach S. 105 ff., 109, 193; Pukall ZPR Rdn. 44; Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 352; aA LG Kassel MDR 1963, 1018 f., falls Kläger trotz Belehrung auf Zustellung besteht; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 94 Rdn. 8. 24859 10 Hier ist wegen § 88 Abs. 1 (Rüge) und § 88 Abs. 2 (von Amts wegen) zwischen der nichtanwaltlichen und der anwaltlichen Vertretung zu unterscheiden. Bei anwaltlicher Vertretung ist wegen § 88 Abs. 1 (Rüge, die vor Zustellung nicht möglich ist) stets zuzustellen. Insoweit beschränkt sich der Streit auf die nichtanwaltliche Vertretung, vgl. dazu Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 56 Rdn. 4; Halbach S. 111 ff.; gegen die
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wenn bereits vor Beginn des Rechtsstreits feststeht, dass eine Beseitigung des Mangels ausgeschlossen ist (§ 88 Rdn. 4).26 Das Gericht kann außerdem die Zustellung einer bedingten Klage (vgl. dazu § 253 Rdn. 8 f. und 180) verweigern.27 Lässt eine entgegen §§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 6 nicht unterzeichnete Klageschrift nicht erkennen, ob es sich um eine endgültige Klage oder nur um einen Klageentwurf handelt, ist sie als unwirksam anzusehen und die Zustellung nicht zu veranlassen (vgl. § 253 Rdn. 14 ff. und 178).28 Ist erkennbar, dass es sich um eine endgültige Klage handelt, so hat das Gericht dem Kläger die Gelegenheit zu geben, die Klage zu unterzeichnen.29
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2. Weitere Hinderungsgründe Fehlt die Parteibezeichnung30 oder eine ladungsfähige Anschrift, ist bereits aus technischen Gründen eine Zustellung nicht möglich. Existieren die in der Klageschrift genannten Parteien nicht,31 besteht ebenfalls ein Hinderungsgrund für die Zustellung. Zwar ist eine Klage bei fehlender sachlicher oder örtlicher Zuständigkeit − auch wenn sie offensichtlich ist – zuzustellen. Dagegen berechtigt die funktionelle in der Form der instanziellen Unzuständigkeit des Gerichts (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 43 f. und § 281 Rdn. 8), wie z.B. bei Einreichung einer Klage beim OLG oder BGH, zur Zustellungsverweigerung.32 Dies gilt nicht, wenn das falsche Rechtspflegeorgan innerhalb desselben Gerichts angegangen wird. Dieses hat die Klage an das zuständige Organ abzugeben (§ 281 Rdn. 7). Angesichts der Probleme (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 109 ff.), die entstehen, wenn entgegen Art. 15a EGZPO ein Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt worden ist, kann das Gericht die Zustellung der Klage verweigern bis dieses durchgeführt worden ist. Nur so kann der Zweck des Schlichtungsverfahrens, die Gerichte zu entlasten, erreicht werden. Ist die Klage einmal zugestellt, ist streitig, ob eine Nachholung überhaupt möglich ist. Verneint man dies mit der überwiegenden Meinung,33 ist eine solche Klage von Anfang an zu einer Abweisung als unzulässig verurteilt.34 Hält man eine Unterscheidung Breitkopf Die Klageerhebung und −rücknahme bei vollmachtloser Prozessvertretung und ihre kostenrechtliche Beurteilung (2004), S. 56 f. 25860 11 Blomeyer ZPR § 9 V 2 (ersichtlich unbefugter Vertreter); aA Christmann Der vollmachtlose Vertreter (1971), S. 31 f. (zur Versagung der Terminsbestimmung nach altem Recht). 26861 1 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 56 Rdn. 4; Breitkopf Die Klageerhebung und −rücknahme bei vollmachtloser Prozessvertretung und ihre kostenrechtliche Beurteilung (2004), S. 57; Halbach S. 113. 227862 Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 320; Halbach S. 149 f., 193; aA MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 15; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4. 28863 3 Reiner S. 65 ff.; vgl. auch Pukall ZPR Rdn. 44. 429864 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 10. 530865 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 94 Rdn. 6; Kleffmann Unbekannt als Parteibezeichnung (1983), S. 40 f.; Halbach S. 193; Reiner S. 63 f.
631866 OLG Frankfurt FamRZ 1982, 316; Halbach S. 193; Reiner S. 52 ff. 732867 Zeiss/Schreiber ZPR Rdn. 321; aA Musielak/ Foerste Rdn. 3. 833868 BT-Drucks. 14/980 S. 6: „Dagegen kann − wie sich aus dem Wortlaut [des § 15a Abs. 1 S. 2 EGZPO] eindeutig ergibt – der Einigungsversuch selbst nicht nachgeholt werden“; BGHZ 161, 145, 147 = NJW 2005, 437, 438; OLG Brandenburg NJOZ 2004, 3353, 3355 (Ausnahmen aber zulassend); LG Karlsruhe Justiz 2003, 265, 266; LG Ellwangen NJW-RR 2002, 936; AG München NJW-RR 2003, 515; AG Itzehoe NJWRR 2003, 352; AG Wuppertal ZInsO 2002, 91, 92; AG Nürnberg NJW 2001, 3489; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 15a EGZPO Rdn. 24; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 15a EGZPO Rdn. 2; Kimmelmann/Winter JuS 2003, 951, 953; Schläger ZMR 2002, 401. 934869 Bei Aufhebung des Schlichtungsgesetzes nach Rechtshängigkeit entfällt jedoch diese Sanktion, BGH NJW 2007, 519, 520.
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Nachholung für zulässig, dann wird das Schlichtungsverfahren höchstwahrscheinlich scheitern. Aus diesem Grund hat das Gericht vor Zustellung der Klage zu prüfen, ob ein Schlichtungsverfahren erforderlich und durchgeführt worden ist. Gem. § 12 Abs. 1 GKG (§ 65 Abs. 1 GKG a.F.) soll die Klage erst nach Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses - regelmäßig in Höhe von 3,0 Gebühren gemäß Nr. 1210 KV-GKG35- zugestellt werden, es sei denn, der Kläger ist von der Zahlung gem. §§ 12 Abs. 2, 14 GKG befreit. Kommt einer der Befreiungstatbestände in Betracht, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Sache dem Richter vorzulegen (§ 22 Abs. 2 S. 2 KostVfg). Wenn der Gegenstand des Verfahrens nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, muss das Gericht nach Eingang der Klage den Streitwert, nach dem sich die Verfahrensgebühr richtet, gem. § 63 Abs. 1 GKG (§ 25 Abs. 1 GKG a.F.) erst durch Beschluss festsetzen und den Gebührenvorschuss anfordern. Ansonsten wird die Geschäftsstelle die Klageschrift dem Richter erst nach Entrichtung des Gebührenvorschusses vorlegen.36 Kommt der Kläger dieser Zahlungsaufforderung nicht nach, kann die Zustellung verweigert werden.37 Gegen den Beschluss38, der die Tätigkeit des Gerichts von der Einzahlung eines Prozesskostenvorschusses abhängig macht, kann der Kläger mit der Beschwerde vorgehen, § 67 GKG. Die Zustellung hat allerdings zu erfolgen, wenn der Beklagte den Gerichtskostenvorschuss bezahlt.39 Zahlt der Kläger den Vorschuss nicht ein, sind die Akten wegen Nichtbetreibens des Verfahrens wegzulegen.40 Eine Abweisung der Klage erfolgt nicht. Dies gilt auch für den Fall, dass der Kläger die gem. § 253 Abs. 5 erforderlichen Abschriften nicht beigelegt hat. Hier kann das Gericht den Kläger zur Nachreichung auffordern oder die Abschriften auf Kosten des Klägers anfertigen lassen (§ 253 Rdn. 142). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren besteht keine Vorschusspflicht, § 6 Abs. 4 iVm § 9 Abs. 1 GKG (§ 12 Abs. 4 S. 1 ArbGG a.F.). Wird die Klage auf Grund des Vorliegens eines der oben genannten Ausnahmetatbestände nicht zugestellt, darf das Gericht keinen Kostenvorschuss verlangen. Fordert das Gericht den Kläger gleichwohl zur Zahlung des Vorschusses auf, so begründet die Zahlung kein Recht des Klägers auf Zustellung.41 Wird die Klage hingegen zugestellt, obwohl der Kostenvorschuss nicht gezahlt wurde, so ist die Zustellung wirksam und führt daher zum Eintritt der Rechtshängigkeit und ihrer Folgen (vgl. § 261 Rdn. 26). Wird die Klage zugestellt und ein Termin anberaumt, obwohl der Vorschuss nicht eingezahlt wurde, kann das Gericht die Abhaltung des Termins oder eine andere gerichtliche Handlung nicht von der vorhergehenden Zahlung abhängig machen.42 Es kann lediglich davon unabhängig die Vorschusszahlung nachfordern.43 135870 Gebühren „für das Verfahren im Allgemeinen“ iSv § 12 Abs. 1 GKG sind nur die Gebühren nach Nr. 1210 KV-GKG, nicht aber die Auslagen der Zustellung nach Nr. 9002 Kostenverzeichnis. Diese werden ohnehin nur erhoben, wenn in einem Rechtszug Auslagen für mehr als 10 Zustellungen anfallen. 36871 2 Pukall ZPR Rdn. 35. 37872 3 OLG Frankfurt FamRZ 1982, 316; Halbach S. 193. 438873 Der Begriff des Beschlusses in § 6 GKG ist jedoch nicht im Sinne eines förmlichen Beschlusses zu verstehen. Es genügt auch eine Verfügung, wenn die Tätigkeit des Gerichts, die abgelehnt wird, wie hier bei der Zustellung in Form einer
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Verfügung des Vorsitzenden zu erfolgen hat, vgl. OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 291 (hier lediglich Aktenvermerk und fernmündliche Mitteilung an den Kläger). 539874 OLG Düsseldorf OLGZ 1983, 117, 118; Stein/ Jonas/Leipold21 Rdn. 35 (Fn. 37) mit der Einschränkung, dass die Zahlung des Beklagten für den Kläger erfolgen muss. 40875 6 LG Frankenthal Rpfleger 1984, 288. 41876 7 Ebenso Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 32. 842877 Hartmann KostenG38 (2008) § 12 GKG Rdn. 10; vgl. auch BGHZ 62, 174, 177 f. = NJW 1974, 1287, 1288; OLG München NJW-RR 1989, 64. 943878 LG Bremen MDR 1997, 893.
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3. Keine Hinderungsgründe Unterliegt der Beklagte offenkundig nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, sollte das Gericht in der Regel dennoch die Klage zustellen,44 obwohl die Zustellung der Klageschrift mit der Ladung zum frühen ersten Termin (§§ 271 Abs. 1, 274 Abs. 2, 275) bzw die Zustellung der Klageschrift mit der Aufforderung zur Verteidigungsanzeige ohne Terminsbestimmung (§§ 271 Abs. 1, 276 Abs. 1 S. 1) bereits eine Ausübung der Gerichtsbarkeit darstellt.45 Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich die gerichtsbefreite Partei freiwillig – sie kann auf die Gerichtsbefreiung verzichten46 – der deutschen Gerichtsbarkeit unterwirft. Da sich die Wahrscheinlichkeit für den Verzicht des Gerichtsbefreiten auf seine Immunität, der in seinem Ermessen steht, nicht abschätzen lässt,47 sollte das Gericht die Zustellung veranlassen (siehe Vor § 253 Rdn. 37; aA § 216 Rdn. 19, wenn nicht zu erwarten ist, dass sich der Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit unterwirft). Fehlt keine echte Prozessvoraussetzung (Vor § 253 Rdn. 127), sondern lediglich eine andere Sachurteilsvoraussetzung, ist das Gericht nicht befugt, die Zustellung zu verweigern, da diese Voraussetzungen nur die Verhandlung zur Sache hindern, nicht aber die Entstehung des Prozessrechtsverhältnisses.48 Keine Hinderungsgründe sind deshalb die weiteren Prozess(Sachurteils)voraussetzungen, insbesondere die fehlende Partei- oder Prozessfähigkeit.49 Mängel im notwendigen Inhalt einer Klageschrift führen wegen der Möglichkeit einer späteren Beseitigung des Mangels nicht zu einer Ablehnung der Terminsbestimmung.50 Auch bei Bedenken gegen die internationale Zuständigkeit kann das Gericht die Zustellung nicht verweigern.51 Dasselbe gilt bei Unschlüssigkeit der Klage. Die Parteien haben ein Recht auf eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung. Dies gilt auch, wenn die Unzulässigkeit oder Unschlüssigkeit offensichtlich ist.52 Auch die Überlastung des Gerichts rechtfertigt keine vorübergehende Zustellungsverweigerung.53 Gleiches gilt bei Zweifeln hinsichtlich der gerichtsinternen Zuständigkeit nach dem Geschäftsverteilungsplan.54 144879 KG ZZP 51 (1926), 280 mit zust. Anm. Wertheimer; vgl. OLG Braunschweig JR 1954, 263, 264; LG Hamburg NJW 1986, 3034 (jedenfalls dann, wenn das Gericht nach Lage der Akten nicht über die Immunität entscheiden kann); Geimer IZPR Rdn. 479 f., 486; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 19 Rdn. 14, 20; Mann NJW 1990, 618; aA OLG Frankfurt FamRZ 1982, 316; OLG München NJW 1975, 2144, 2145 mwN; OLG Hamburg MDR 1953, 109; LG Kiel NJW 1953, 1718 f.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 216 Rdn. 4; Jauernig ZPR § 38 II 4d; Halbach S. 121 ff., 193 (formlose Abgabe zweckmäßig); vgl. auch Pukall ZPR Rdn. 44; Dahlhoff BB 1997, 321. 45880 2 OLG München NJW 1975, 2144, 2145; OLG Hamburg MDR 1953, 109 (zum alten Recht: noch auf die Terminsbestimmung abstellend); vgl. auch Mann NJW 1990, 618. 346881 OLG Braunschweig JR 1954, 263, 264; LG Hamburg NJW 1986, 3034, 3035; Geimer IZPR Rdn. 486 (mit Hinweis auf den Justizgewähranspruch des Klägers); v. Schönfeld NJW 1986, 2980, 2983. 47882 4 Mann NJW 1990, 618; aA OLG München NJW 1975, 2144, 2145 („große“ Wahrscheinlichkeit).
548883 Vgl. dazu Reiner S. 33 f. 649884 Jauernig ZPR § 38 II 4e; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 94 Rdn. 8; Hager ZZP 97 (1984), 174, 177; für eine Ablehnung der Zustellung, wenn die Prozessunfähigkeit gerichtsbekannt ist und die fehlende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters feststeht OLG Schleswig SchlHA 1958, 230 (zur Terminsanberaumung), Blomeyer ZPR § 43 I 2c, Halbach S. 138. Dem KG OLGRspr 25 (1912), 132 f. genügt es sogar schon, wenn nur die Prozessunfähigkeit gerichtsbekannt ist, da eine Zustellung schon dann „ein unerträglicher Formalismus“ sei; vgl. auch § 52 Rdn. 35; dagegen Halbach S. 137, weil der Kläger sonst die Möglichkeit einer Heilung des Mangels durch Genehmigung des gesetzlichen Vertreters verlöre. 50885 7 BayObLGZ 1974, 459, 460 = MDR 1975, 407, 408. 851886 OLG Frankfurt FamRZ 1982, 316. 952887 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 8. 53888 10 OLG Schleswig NJW 1982, 246; OLG Hamm DRiZ 1974, 28, jeweils zur Verweigerung der Terminsanberaumung.
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4. Hinweis des Gerichts
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Besteht ein Hinderungsgrund für die Zustellung, wird das Gericht den Kläger auf diesen Mangel hinweisen und ihn auffordern, den Mangel zu beheben.55 Kommt der Kläger dieser Aufforderung nicht nach, kann es die Zustellung verweigern. Da die Zustellung für die Rechtshängigkeit und deren Folgen erforderlich ist, können diese erst mit der Zustellung eintreten. Allerdings kann unter den Voraussetzungen des § 167 für die Fristwahrung und zur Hemmung der Verjährung die Einreichung der Klage maßgebend sein. Dies ist jedoch fraglich, da die Hinderungsgründe meist auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen sind und es deshalb bei einer längeren Verzögerung an einer demnächstigen Zustellung fehlen wird (vgl. aber § 167 Rdn. 46). Veranlasst das Gericht trotz dieser Mängel die Zustellung, entsteht ein Prozessrechtsverhältnis.56 Inwieweit neben den prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit auch die materiellrechtlichen Wirkungen eintreten, hängt jedoch von dem jeweiligen Mangel ab (vgl. dazu § 261 Rdn. 16 ff.; § 262 Rdn. 5). 5. Entscheidung und Rechtsbehelf
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Das Gericht hat die Entscheidung über die Ablehnung der Zustellung durch Beschluss zu treffen.57 Gegen die Verweigerung der Zustellung oder bei Untätigkeit steht dem Kläger die sofortige Beschwerde zu, da dadurch ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 2, vgl. § 216 Rdn. 39). Das Gesuch zur Zustellung ist konkludent in der Einreichung der Klageschrift enthalten. Einer entsprechenden Anwendung des § 252, die bei Verweigerung der Terminsanberaumung befürwortet wird,58 weil dies einer Aussetzung gleichkomme, bedarf es nicht.59 Dagegen ist gegen die Anordnung der Zustellung kein Rechtsbehelf gegeben. 6. Bedingte Zustellung auf Ersuchen des Klägers
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Da eine Klageerhebung unter der Bedingung, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird, unzulässig ist (vgl. § 253 Rdn. 9),60 wird es zumindest als zulässig angesehen, die Klage mit der Maßgabe einzureichen, dass das Gericht die Klageschrift erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe als Klage behandeln, dh erst dann zustellen soll.61 In diesem Fall ist nicht die erhobene Klage, sondern der Antrag auf Zustellung bedingt, was im Interesse der Verfahrensbeschleunigung als zulässig angesehen wird (siehe auch § 117 Rdn. 10).62 Dies gilt selbst dann, wenn das Gericht dem Prozesskostenhilfege154889 LG Berlin ZMR 2005, 955. 255890 Pukall ZPR Rdn. 44. 356891 OLG Köln NJW 1994, 3360, 3361 (unwirksame Klageschrift); OLG Düsseldorf JR 1950, 279 für den Fall der Zustellung ohne Zahlung des Gebührenvorschusses, wobei es sich bei § 12 Abs. 1 GKG nur um eine „Soll-Vorschrift“ handelt. 457892 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 18; Reiner S. 103; Halbach S. 185; aA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 33 (Ablehnung durch Vorsitzenden). 58893 5 So zur Ablehnung einer Terminierung OLG Frankfurt FamRZ 1982, 316; OLG Schleswig NJW 1981, 691, 692; Halbach S. 189; vgl. auch OLG Rostock MDR 2005, 108; OLG Hamburg NJW-RR 1989, 1022; OLG Saarbrücken NJWRR 1998, 1531, 1532; OLG Schleswig NJW 1982,
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246 und Schneider MDR 1966, 272, 273; Peters FS Schütze (1999), S. 661, 665. 6 MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 19. 760895 BGH NJW 1972, 1373, 1374; BGHZ 4, 54, 55 = NJW 1952, 102; BAG NJW 1969, 446; OLG Bamberg FamRZ 2001, 1380 f.; OLG Dresden NJW-RR 1997, 1424; aA OLG München MDR 1988, 972 f.; Becht NJW 1993, 1055 f. 61896 8 OLG Naumburg OLG-NL 2000, 91, 93; OLG Koblenz FamRZ 1998, 312; OLG Dresden NJWRR 1997, 1424; OLG Düsseldorf AnwBl 1989, 62; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 512. 962897 OLG Naumburg OLG-NL 2000, 91, 93; Stein/ Jonas/Bork § 117 Rdn. 26; MünchKomm/ Motzer § 117 Rdn. 8; Zöller/Philippi § 117 Rdn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann 59894
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 271
such nur zu einem Teil stattgibt, und der Kläger deutlich gemacht hat, dass die Zustellung der Klage nur im Umfang der Prozesskostenhilfe erfolgen solle. Die Gebote der Prozessklarheit und der Bestimmtheit werden insofern nicht beeinträchtigt; schließlich kann das Gericht nach der teilweisen Stattgabe die Klage mit einem Hinweis verbinden, aus dem sich der Umfang der Zustellung ergibt. Geschieht dies nicht, kann das dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen.63 Ansonsten sind Bedingungen und Befristungen unzulässig mit der Folge, dass eine Zustellung nach Hinweis an den Kläger erst veranlasst wird, wenn der Kläger eine unbedingte bzw unbefristete Erklärung abgibt.
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V. Aufforderung zur Bestellung eines Rechtsanwalts (§ 271 Abs. 2) 1. Verfahren mit Anwaltszwang Da im landgerichtlichen Verfahren (§ 78 Abs. 1) und in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 78 Abs. 2) Anwaltszwang herrscht und der Beklagte deshalb nicht postulationsfähig ist, ist er gem. § 271 Abs. 2 mit der Zustellung zugleich aufzufordern, einen Rechtsanwalt zu bestellen. Dasselbe gilt bei Zustellung der Anspruchsbegründung gem. § 697 Abs. 2 S. 1 beim Übergang vom Mahnverfahren in das Streitverfahren, nicht aber im Verfahren vor den Amtsgerichten. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist in erster Instanz § 271 Abs. 2 nicht anzuwenden, da es dort keinen Anwaltszwang gibt, §§ 11 Abs. 1 S. 1, 80 Abs. 2 ArbGG. § 271 Abs. 2 gilt für beide vorbereitende Verfahren (§§ 275, 276) und verdrängt § 215 Abs. 2, der für die Ladung zur mündlichen Verhandlung eine gleiche Regelung enthält, bei gleichzeitiger Anberaumung eines frühen ersten Termins (§ 274 Abs. 2). Da allerdings § 271 Abs. 2 nur für die Klage gilt, kommt die Anwendung von § 215 für Ladungen zu späteren Terminen in Betracht.64 Im Verfahren vor den Amtsgerichten ist der Beklagte hingegen darüber zu belehren, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist (§ 499 Abs. 165).
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2. Erforderlichkeit der Aufforderung Die Aufforderung ist in den oben genannten Fällen immer erforderlich. Auf die Verteidigungsabsicht kommt es lediglich für die Frage an, ob der Beklagte dieser Aufforderung nachkommen und einen Anwalt bestellen sollte.66 Selbst wenn der Beklagte vor der Klageeinreichung seine Verteidigungsabsicht verneint hat, was dem Gericht in der Regel sowieso nicht bekannt sein wird, hat die Aufforderung zu ergehen, da seine Erklärung nicht bindend ist und somit eine spätere Verteidigung nicht ausgeschlossen
§ 117 Rdn. 9; vgl. auch BGH NJW-RR 1995, 770 = FamRZ 1995, 797; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 512. 63898 1 So OLG Naumburg OLG-NL 2000, 91, 93 − hier wurde dem PKH-Antrag zu einem überwiegenden Teil stattgegeben –; vgl. auch OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 512 − hier wurde dem PKHAntrag nur zu einem geringen Teil stattgegeben –; für die Stufenklage siehe auch BGH NJW-RR 1995, 770 = FamRZ 1995, 797; aA Baumbach/ Lauterbach/Hartmann § 117 Rdn. 11; OLG
München MDR 1988, 972 f., das allerdings von einer bedingten Klageerhebung ausgeht. 264899 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7; vgl. Thomas/ Putzo/Hüßtege § 215 Rdn. 3. 365900 Eingefügt durch EG-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetz (BGBl I S. 2477) mit Wirkung zum 21.10.2005. 466901 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7; aA wohl MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 24; Mümmler JurBüro 1977, 754 Fn. 6.
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§ 271
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
ist.67 Einer Aufforderung zur Anwaltsbestellung bedarf es nicht, wenn bereits ein Anwalt der gegnerischen Partei in der Klageschrift benannt ist und diesem die Klage zugestellt wird (§ 172). 3. Funktionelle Zuständigkeit
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Zwar kann die Aufforderung zur Bestellung eines Rechtsanwalts nach § 271 Abs. 2 isoliert betrachtet von der Geschäftsstelle vorgenommen werden.68 Da jedoch der originäre Einzelrichter (vgl. § 272 Rdn. 15) bzw der Vorsitzende für die Belehrungen nach §§ 275 Abs. 1 S. 1, 276 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 grundsätzlich zuständig ist, ist es zweckmäßig, wenn er auch gleich die Aufforderung nach § 271 Abs. 2 vornimmt.69 4. Folgen des Fehlens
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Ergeht eine Aufforderung zur Anwaltsbestellung mit der Zustellung der Klage nicht, kann diese jederzeit nachgeholt werden. Die Wirkungen der Zustellung treten auch ohne die Aufforderung ein. Allerdings kann ohne die Aufforderung kein Versäumnisurteil ergehen, wenn nicht diese zumindest mit der Ladung mitgeteilt worden ist. Es fehlt dann an einer ordnungsgemäßen Ladung gem. § 335 Abs. 1 Nr. 2. Im schriftlichen Vorverfahren ist der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils bei fehlender Aufforderung gem. § 335 Nr. 4 zurückzuweisen.
VI. Sonstige Pflichten des Gerichts 1. Sonstige Aufforderungen, Belehrungen und Ladungen bei Klagezustellung
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Auch Ladungen, Aufforderungen, Fristsetzungen und Belehrungen gem. §§ 274, 275, 276, 277 sind mit der Zustellung der Klage zu verknüpfen. Für den Fall, dass das Gericht einen frühen ersten Termin bestimmt, hat es gem. § 274 Abs. 2 die Ladung mit der Klageschrift zuzustellen (zu den Ausnahmen vgl. § 274 Rdn. 17). Auch die Zustellung ohne Terminsbestimmung bewirkt die Rechtshängigkeit.70 Das Gericht kann sogleich zur Vorbereitung des frühen ersten Termins dem Beklagten eine Frist zur Klageerwiderung setzen bzw diesen zur unverzüglichen Mitteilung etwa vorzubringender Verteidigungsmittel auffordern (§ 275 Abs. 1). Im schriftlichen Vorverfahren ergeht mit der Zustellung die Aufforderung an den Beklagten zur fristgerechten Anzeige der Verteidigungsbereitschaft binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift sowie zur schriftlichen Klageerwiderung innerhalb einer Frist von mindestens weiteren zwei Wochen (§ 276 Abs. 1, S. 1 und 2). Mit dieser Aufforderung ist der Beklagte zugleich über die Folgen der Fristversäumnis (§ 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2) und darüber zu belehren, dass die Ver167902 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7; MünchKomm/ Becker-Eberhard Rdn. 24; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 5; Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3 bei Mitteilung des Beklagten, er wolle sich nicht verteidigen. 268903 Bestehen allerdings Zweifel, ob es sich um einen Anwaltsprozess handelt, muss der Vorsitzende entscheiden, Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 9.
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369904 So auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 9; vom Ergebnis her wohl auch Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3 f. 70905 4 BGHZ 11, 175, 176 f. = NJW 1954, 640, 641; MünchKomm/Becker-Eberhard Rdn. 5. Die ohne Klagezustellung ergehende Ladung begründet dagegen kein Prozessrechtsverhältnis, KG NJW 1963, 1408.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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teidigungsanzeige nur von einem zu bestellenden Rechtsanwalt abgegeben werden kann. Insoweit werden ihm also die Folgen eines Unterlassens der Anwaltsbestellung vor Augen geführt. Ansonsten wird der Beklagte spätestens mit der Aufforderung zur Klageerwiderung darüber belehrt, dass diese nur von einem zu bestellenden Anwalt einzureichen ist (§§ 275 Abs. 1 S. 1, 276 Abs. 1 S. 2, 277 Abs. 2) sowie über die Folgen der Versäumung der Klageerwiderungsfrist gem. § 275 Abs. 1 S. 1 bzw § 276 Abs. 1 S. 2. Nach § 277 Abs. 1 S. 2 soll der Beklagte in seiner Klageerwiderung weiterhin erklären, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Bedenken entgegenstehen. Soweit dies schon möglich ist, hat das Gericht die Klagezustellung mit Hinweisen und Fragen gemäß § 139 sowie vorbereitenden Anordnungen gemäß § 273 zu verknüpfen. Sinnvoll wäre es auch, die Parteien auf die Möglichkeit hinzuweisen, den Prozess zum Zweck einer gütlichen Einigung ruhen zu lassen (§ 278 Abs. 5 S. 2, 3).71
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2. Mitteilungspflichten Nach den MiZi (Mitteilungen in Zivilsachen) bestehen zahlreiche Mitteilungspflichten, denen das Gericht unter anderem auch durch die Mitteilung der Klageschrift nachkommen kann. Es ergeht Mitteilung an – das Vormundschafts- oder Familiengericht, falls sich infolge des Verfahrens dessen Tätigkeit als erforderlich herausstellt, § 35a FGG − MiZi I/1, – an das Registergericht bei unrichtigen, unvollständigen oder unterlassenen Anmeldungen zum Handels-, Genossenschafts- oder Partnerschaftsregister, §§ 125a Abs. 1, 147, 160b FGG − MiZi I/2, – das Bundeskartellamt über alle kartellrechtlichen Verfahren, § 90 Abs. 1, 4 GWB – MiZi I/11, – den zuständigen örtlichen Sozialhilfeträger oder die von diesem beauftragte Stelle bei Klagen auf Räumung von Wohnraum im Falle einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs des Mieters nach §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 BGB (§ 34 Abs. 2 SGB XII), es sei denn, dass nach dem Inhalt der Klageschrift die Nichtzahlung der Miete offensichtlich nicht auf der Zahlungsunfähigkeit des Mieters beruht, – MiZi IV/1, – die zuständige Verwaltungsbehörde bei Eheaufhebungs- oder Feststellungsklagen bezüglich des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe, §§ 631 Abs. 4, 632 Abs. 3 – MiZi VII/1.
171906 Greger FG Vollkommer (2006), S. 3, 9.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 272 Bestimmung der Verfahrensweise (1) Der Rechtsstreit ist in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung (Haupttermin) zu erledigen. (2) Der Vorsitzende bestimmt entweder einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 275) oder veranlasst ein schriftliches Vorverfahren (§ 276). (3) Die Güteverhandlung und die mündliche Verhandlung sollen so früh wie möglich stattfinden. Schrifttum Baur Richterliche Verstöße gegen die Prozeßförderungspflicht, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 1990, S. 53; Bender/Belz/Wax Das Verfahren nach der Vereinfachungsnovelle und vor dem Familiengericht, 1977; Bischof Der Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle, 1980; ders. Streitfragen der Vereinfachungsnovelle, NJW 1977, 1897; Deubner Das Ende der Zurückweisung verspäteten Vorbringens im frühen ersten Termin, NJW 1985, 1140; Franzki Das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren (Vereinfachungsnovelle), DRiZ 1977, 161; ders. Die Vereinfachungsnovelle und ihre bisherige Bewährung in der Verfahrenswirklichkeit, NJW 1979, 9; Greger Rechtstatsächliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Vereinfachungsnovelle in der Praxis, ZZP 100 (1987), 377; Grunsky Die Straffung des Verfahrens durch die Vereinfachungsnovelle, JZ 1977, 201; Hartmann Die ZPO-Vereinfachungsnovelle, Rpfleger 1977, 1; Walchshöfer Die Auswirkungen der Vereinfachungsnovelle in der gerichtlichen Praxis, ZZP 94 (1981), 179.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Umfassend vorbereiteter Haupttermin . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Wahl des vorbereitenden Verfahrens 1. Kriterien für die Wahl . . . . . .
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Rdn 2. Übergang von dem einen Vorverfahren zum anderen . . . . . . 3. Unanfechtbarkeit der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . V. Frühest mögliche Verhandlung . . 1. Zeitpunkt des Termins . . . . . 2. Rechtsbehelf bei Verstoß gegen § 272 Abs. 3 . . . . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
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§ 272 ist durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19761 eingefügt und in Abs. 3 durch Art. 2 ZPO-RG vom 27.7.20012 ergänzt worden.
1 1907 BGBl I S. 3281, 3284; Gesetzesentwurf: BTDrucks. 7/2729.
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2 2908 BGBl I S. 1887, 1891.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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II. Normzweck § 272 Abs. 1 enthält das Grundprinzip der Verfahrenskonzentration, die das vorrangige Ziel der Vereinfachungsnovelle3 darstellt. Das Verfahren soll auf die tatsächlich erforderlichen Verhandlungstermine konzentriert werden und deshalb regelmäßig in einem, aber umfassend vorbereitenden Haupttermin erledigt werden. Das Gericht wird zur umfassenden Terminsvorbereitung ausdrücklich verpflichtet,4 während der vorher geltende § 272b den gleichen Gedanken lediglich in abgeschwächter Form enthielt.5 Welche Möglichkeiten dem Gericht zur Vorbereitung dieses Haupttermins zur Verfügung stehen, regelt § 272 Abs. 2. Der Vorsitzende hat die Wahl zwischen einem frühen ersten Termin (§ 275) und einem schriftlichen Vorverfahren (§ 276). § 272 Abs. 3, der den früheren § 261 ersetzt, dient der Verfahrensbeschleunigung. Die mündliche Verhandlung – früher erster Termin und auch Haupttermin – soll so früh, wie es nach der jeweiligen Verfahrenslage möglich erscheint, stattfinden.6 Dasselbe gilt für die Güteverhandlung, die nach der ZPO-Reform vom 27.7.20017 der mündlichen Verhandlung gem. § 278 Abs. 2 vorgeschaltet ist. Die Verletzung der Prozessförderungspflicht des Gerichts, die ihm in den §§ 271 bis 273 auferlegt ist, wird jedoch in der Regel nicht sanktioniert.8 Da es sich meist um ein Unterlassen des Richters handelt und nicht um Entscheidungen, kommen Rechtsmittel grundsätzlich nicht in Betracht. Mittelbare Sanktionen, wie Dienstaufsichtsbeschwerde (§ 26 Abs. 2 DRiG) oder § 21 GKG (§ 8 GKG a.F.) oder Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung sind stumpfe Schwerter.9 Allerdings wird das Recht auf angemessene Verfahrensdauer, dem die Prozessförderungspflicht dient, sowohl durch die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 6 Abs. 1 EMRK) als auch durch die Verfassung (Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG10 und Rechtsstaatsprinzip gem. Art. 20 Abs. 3 GG11, aus dem ein Anspruch auf eine funktionierende Rechtspflege folgt) gewährleistet. Als geeigneter Rechtsbehelf zur Umsetzung der menschen- und verfassungsrechtlichen Vorgaben muss daher bei gravierenden Verletzungen der richterlichen Prozessförderungspflicht, die einer willkürlichen Rechtsverweigerung gleichkommen, in analoger Anwendung von § 56712 oder § 25213 eine allgemeine Untätigkeits- und Verzögerungsbeschwerde14 anerkannt werden.15 1 3909 Inwieweit die Vereinfachungsnovelle rechtstatsächlich einen Verkürzungseffekt hatte, vgl. die Untersuchung von Rottleuthner/RottleuthnerLutter Die Dauer der Gerichtsverfahren (1990), S. 204 ff. Vgl. auch Bender FS Wassermann (1985), S. 629, 639, der zur Verfahrensvereinfachung eine drastische Vereinfachung von Bagatellsachen und Alltagsstreitigkeiten vorschlägt. Für existenzwichtige Verfahren soll hingegen ein besonders gründliches Verfahren durchgeführt werden. 4910 2 Mümmler JurBüro 1977, 754 Fn. 5. 5911 3 Zur ratio legis des § 272b vgl. Bathe Verhandlungsmaxime und Verfahrensbeschleunigung bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung (1976), S. 73 ff. 4 6912 BT-Drucks. 7/2729 S. 68. 5 7913 BGBl I S. 1887, 1891. 6 8914 Vgl. dazu Baur FS Schwab (1990), S. 53, 55 f.
7 9915 Vgl. dazu Baur FS Schwab (1990), S. 53, 56 ff. 810916 BVerfG NJW 2005, 3488 f. (Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit). 911917 BVerfG NJW 2004, 3320. 12918 10 So KG NJW-RR 2005, 374 (Untätigkeitsbeschwerde im Sorgerechtsverfahren); OLGR Karlsruhe 2004, 31 (Umgangssache); OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1290; OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 1531, 1532; OLG Karlsruhe NJW 1984, 985 (zum Einholen eines Gutachtens); OLG Schleswig NJW 1982, 246; OLG Köln NJW 1981, 2263; LAG Stuttgart LAGE ZPO § 216 Nr. 1; vgl. OLGR Naumburg 2006, 631; offengelassen von OLG Celle NJW 1975, 1230 f.; Halbach S. 190. 13919 11 So OLG Rostock MDR 2005, 108; OLG Schleswig NJW 1981, 691, 692; vgl. Stein/Jonas/Leipold vor § 128 Rdn. 131, 197.
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§ 272
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Eine solche Beschwerde hat etwa Erfolg, wenn der Vorsitzende entgegen §§ 272 Abs. 3, 216 Abs. 2 den Verhandlungstermin erst auf einen Zeitpunkt von 8 Monaten nach der Zustellung der Klage festsetzt16 oder aber das Verfahren auf eine Warteliste setzt,17 ohne dass es hierfür triftige Gründe gibt.
III. Umfassend vorbereiteter Haupttermin
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§ 272 Abs. 1 statuiert die Pflicht des Gerichts, den Haupttermin umfassend vorzubereiten, so dass das Verfahren möglichst in diesem Termin – also möglichst schnell und damit prozessökonomisch – abgeschlossen werden kann. Dazu stehen dem Gericht neben der Wahlmöglichkeit zwischen dem frühen ersten Termin und dem schriftlichen Vorverfahren nach § 272 Abs. 2 unter anderem die Instrumente der §§ 129 Abs. 2, 273, 275 Abs. 1, 2 und 4, 276 Abs. 1 und 3, 358a zur Verfügung. Mit der Vorbereitungspflicht des Gerichts korreliert die der Parteien gemäß §§ 129, 277 Abs. 1, 282 Abs. 2 und 3, deren Verletzung − anders als ein Verstoß des Gerichts gegen seine Prozessförderungspflicht – nach § 296 (im Berufungsverfahren iVm § 530) sanktioniert wird. Da bei einfach gelagerten Fällen eine Beendigung des Rechtsstreits bereits im frühen ersten Termin möglich erscheint, bei schwierigen Sachverhalten jedoch mehrere Verhandlungstermine erforderlich werden können, schreibt § 272 Abs. 1 die Erledigung des Rechtsstreits in einem Haupttermin lediglich in der Regel vor.18 Das soll aber nicht heißen, dass die Bestimmung eines Haupttermins zur mündlichen Verhandlung ausnahmsweise ohne umfassende Vorbereitung möglich ist,19 sondern nur, dass trotz umfassender Vorbereitung mehrere Termine erforderlich werden können. Die Anberaumung mehrerer Haupttermine kann dem Beschleunigungsgrundsatz in Ausnahmefällen sogar besser gerecht werden, wenn z.B. ein auf Grund umfangreichen Tatsachenmaterials erforderlicher, zeitlich weit hinausgeschobener, langer Haupttermin mit einer umfänglichen Beweisaufnahme in mehrere kleinere und zeitlich nähere Termine aufgeteilt werden kann oder aber die Parteien noch etwas Zeit für Vergleichsverhandlungen benötigen.20 Das Bestreben, einen Rechtsstreit tunlichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen, darf nicht dazu führen, eine Partei mit nicht einfach zu beschaffenden Beweismitteln auszuschließen, wenn deren Beibringung in einem weiteren Verhandlungstermin möglich erscheint.21 Auch die Aussicht auf ein Versäumnisurteil bzw auf den Erlass eines Zwischenoder Vorbehaltsurteils nach §§ 280, 302 ff., 599, eine Klagerücknahme, eine vergleichsweise Erledigung oder eine Prozesstrennung berechtigt nicht zur Abweichung von der umfassenden Vorbereitung des Haupttermins.22
114920 So bezeichnet von Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 2a. 215921 OLG Frankfurt NJW 1974, 1715 f.; OLG Stuttgart ZZP 78 (1965), 237. 316922 Vgl. OLG Köln NJW 1981, 2263; LAG Stuttgart LAGE ZPO § 216 Nr. 1; OLG Karlsruhe NJW 1984, 985 − ein Jahr − (zum Einholen eines Gutachtens); nicht ausreichen sollen sechs Monate OLG Köln OLGZ 1985, 122 f.; 4 Monate OLG Schleswig NJW 1981, 691, 692 (Warteliste). Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes können hingegen schon wenige Wochen ausreichen, OLG Frankfurt NJW 1974, 1715 f.
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417923 OLG Schleswig NJW 1982, 246. 518924 BT-Drucks. 7/2729 S. 68. 619925 So aber Putzo NJW 1977, 1 f.; differenzierend MünchKomm/Prütting Rdn. 25 und Musielak/ Foerste Rdn. 2. 20926 7 MünchKomm/Prütting Rdn. 26. 21927 8 BGH NJW 1976, 1742, 1743 noch zu § 272b a.F. 922928 AA MünchKomm/Prütting Rdn. 25 und Musielak/Foerste Rdn. 2, die in diesen Fällen die umfassende Vorbereitung des Haupttermins prozessökonomisch für nicht sinnvoll halten und daher von ihr absehen wollen.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 272
Der frühe erste Termin ist kein Haupttermin (vgl. § 275 Abs. 2),23 aber echter Verhandlungstermin, in dem ein streitiges Urteil ergehen kann (§ 275 Rdn. 3).24 Da nach § 275 Abs. 1 und 4 mit Klageerwiderung und Replik eine schriftliche Vorbereitung möglich ist, muss ein früher erster Termin nicht unbedingt nur vorbereitenden Charakter haben, sondern kann durchaus wie ein Haupttermin ausgestaltet werden.25 Auch wenn die Grenzen zwischen dem frühen ersten Termin und dem umfassend vorbereiteten Haupttermin in solchen Fällen verschwimmen, ist eine Unterscheidung beider Termine wegen der Möglichkeit der Übertragung der Sache auf den Einzelrichter (§ 348a Abs. 1 Nr. 3) und den Auswirkungen auf die Präklusion (§ 296) notwendig (vgl. dazu auch § 275 Rdn. 5 und 26 ff.).26 Rechtstatsächlich wird der frühe erste Termin häufig – in einfach gelagerten Fällen – als vollwertiger Haupttermin vorbereitet und durchgeführt.27 Er soll keinesfalls als bloßer Durchruftermin (vgl. § 275 Rdn. 4) ausgestaltet sein, also als reine Formalität, wie z.B. der Sammeltermin, in dem − weil etwa das Gericht von vornherein keine Streitentscheidung beabsichtigt – lediglich die Sache aufgerufen wird, die Anträge gestellt werden und ohne weitere Erörterung neu terminiert wird.28 Im Verfahren vor den Arbeitsgerichten wird § 272 Abs. 1 von den §§ 56 Abs. 1 S. 1, 57 Abs. 1 S. 1, 80 Abs. 2 ArbGG verdrängt.
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IV. Wahl des vorbereitenden Verfahrens Der Vorsitzende oder der Einzelrichter im Fall einer originären Zuständigkeit (§ 348)29, im amtsgerichtlichen Verfahren (§ 495) der Amtsrichter, hat die Wahl zwischen dem frühen ersten Termin oder dem schriftlichen Vorverfahren (§ 272 Abs. 2). Zwar ist in § 272 Abs. 2 nur der Vorsitzende genannt. Es ist jedoch eine durch die Einführung der originären Einzelrichterzuständigkeit gem. § 34830 erforderliche Folgeänderung der §§ 272 Abs. 2, 273 Abs. 2, 275 Abs. 1, 276 Abs. 1 und 3 übersehen worden.31 Da der originäre Einzelrichter vollständig an die Stelle des Kollegiums als Prozessgericht tritt32 und nach Eingang der Sache die Zuteilung des Verfahrens durch die Geschäftsstelle unmittelbar an den zuständigen Einzelrichter erfolgt33, sind die §§ 272 Abs. 2, 273 Abs. 2, 275 Abs. 1, 276 Abs. 1 und 3 teleologisch auf den gem. 348 zuständigen originären Einzelrichter zu erweitern. 123929 Grunsky JZ 1977, 201 Fn. 4; Putzo AnwBl 1977, 429, 433; vgl. aber Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 3 („empfiehlt sich als Haupttermin“); Hk/ Saenger Rdn. 4 („wird zum Haupttermin“). 24930 2 BT-Drucks. 7/2729 S. 35 und 69 f.; BGHZ 98, 368, 371 = NJW 1987, 500; BGHZ 86, 31, 36 f. = NJW 1983, 575, 576 f.; OLG Hamm NJW 2003, 2543, 2544; OLG Karlsruhe OLGZ 1983, 92, 93; Franzki DRiZ 1977, 161, 163; vgl. aber OLG Düsseldorf NJW 1995, 2173, das einen frühen ersten Termin wohl immer als Durchlauftermin ansieht; ebenso OLG München NJW 1983, 402. 25931 3 Vgl. auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7, der auf Grund der Annäherung des frühen ersten Termins an den Haupttermin die sofortige Anberaumung eines Haupttermins zulassen will, der allerdings im Sinne des Gesetzes als früher erster Termin gelten soll. 426932 MünchKomm/Prütting Rdn. 22. 527933 Franzki NJW 1979, 9, 10; Walchshöfer ZZP 94
(1981), 179, 183; anders Rudolph Justiz und Recht, FS aus Anlass des 10-jährigen Bestehens der Deutschen Richterakademie (1983), S. 151, 154 f. 28934 6 So auch MünchKomm/Prütting Rdn. 8; Zöller/ Greger Rdn. 1; Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3; vgl. auch BGHZ 86, 31, 39 = NJW 1983, 575, 577. 29935 7 Pukall ZPR Rdn. 36. 830936 Durch das ZPO-RG v. 27.7.2001, BGBl I S. 1887, 1893. 931937 In diesem Zusammenhang erfolgte lediglich in § 277 folgende redaktionelle Änderung auf Grund der Einführung des originären Einzelrichters: „Übertragung auf den Einzelrichter“ wurde durch „Entscheidung durch den Einzelrichter“ ersetzt, vgl. BR-Drucks. 536/00 S. 211 f. 32938 10 Zöller/Greger § 348 Rdn. 2. 33939 11 Zöller/Greger § 348 Rdn. 5; Greger JZ 2004, 805, 815.
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§ 272 Abs. 2 gilt auch für die Einleitung eines Streitverfahrens nach Übergang vom Mahnverfahren und nach Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid. §§ 697 Abs. 2 S. 1, 700 Abs. 4 S. 1 bestimmen, dass ebenso wie nach Eingang einer Klage weiter zu verfahren ist.In Ehe- und Kindschaftssachen ist ein schriftliches Vorverfahren ausgeschlossen, für den frühen ersten Termin ist zu beachten, dass § 275 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 und 4 keine Anwendung findet (§§ 611 Abs. 2, 640). Im Arbeitsgerichtsverfahren gelten die Vorschriften über die Vorverfahren (§§ 275–277) nicht (§§ 46 Abs. 2, 80 Abs. 2 ArbGG).34 Eine ausdrückliche Verfügung über die Wahl des vorbereitenden Verfahrens sollte aus Klarstellungsgründen zwar erfolgen, ist aber rechtlich nicht geboten.35 Daher muss ein früher erster Termin auch nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden, vielmehr genügt die Anberaumung eines Verhandlungstermins.36 Im schriftlichen Vorverfahren genügen die Anordnungen nach § 276. Die im Verfahren vor den Amtsgerichten erforderliche Anordnung nach § 129 Abs. 2 gilt mit der Entscheidung für das schriftliche Vorverfahren konkludent als erteilt.37 Eines von beiden Vorverfahren muss der Vorsitzende bestimmen, er kann nicht sogleich einen Haupttermin anberaumen.38 Welchen Weg er wählt, liegt in seinem freien, nicht nachprüfbaren Ermessen.39 Der Kläger kann die Wahl des Richters nicht durch Antragstellung beeinflussen,40 sondern ihm lediglich Hinweise auf den Umfang des Streitstoffs und ein mögliches Verhalten des Beklagten geben.41 Der Vorsitzende muss vor seiner Entscheidung die Parteien auch nicht anhören.42 Sinnvollerweise sollte sich der Vorsitzende bereits vor der Zustellung im klaren sein, welchen Vorbereitungsweg er wählt, da bei der Entscheidung für einen frühen ersten Termin die Ladung dem Beklagten grundsätzlich sogleich mit der Klageschrift zuzustellen ist (§ 274 Abs. 2).43 Im Übrigen ist der frühe erste Termin gem. § 216 Abs. 2 unverzüglich zu bestimmen44, allerdings nicht mehr innerhalb von 24 Stunden, wie es § 216 Abs. 2 a.F. vorschrieb. Ausnahmsweise kann die Wahl auch nach der Zustellung getroffen werden,45 falls unter Berücksichtigung der Erwiderung des Beklagten eine Übertragung auf den Einzelrichter oder bei einer originären Einzelrichterzuständigkeit auf die Kammer erwogen wird (vgl. dazu § 274 Rdn. 17). Dasselbe gilt, wenn sich die Zustellung zu lange verzögern würde, weil etwa Maßnahmen gem. § 273 erforderlich sind (vgl. § 274 Rdn. 17). Deshalb ist nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass der Vorsitzende bei bloßer Klagezustellung ohne Terminsbestimmung und Ladung das schriftliche Vorverfahren angeordnet hat.46 Der Vorsitzende wird jedoch bei Wahl des schriftlichen 134940 Zu den Auswirkungen der Vereinfachungsnovelle im arbeitsgerichtlichen Verfahren Grunsky JZ 1978, 81 ff. 35941 2 Brühl FamRZ 1978, 551 Fn. 6, empfiehlt daher, einen frühen ersten Termin in der Ladung als solchen zu bezeichnen. 336942 Bischof Rdn. 59. 437943 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 12. 538944 Vgl. Brühl FamRZ 1978, 551; aA Stein/Jonas/ Leipold21 Rdn. 7, der allerdings iSd Gesetzes früher erster Termin sei. Vgl. auch Franzki NJW 1979, 9, 10 und Leipold ZZP 97 (1984), 395, 404, die von einem „späten frühen ersten Haupttermin“ sprechen. 639945 BGHZ 86, 31, 35 = NJW 1983, 575, 576; BGHZ 98, 6, 11 = NJW 1986, 2252, 2253; OLG Frankfurt MDR 1983, 411; Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3; Hornung Rpfleger 1978, 322, 324. 40946 7 Ein diesbezüglicher Antrag ist lediglich als bloße
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Anregung zu verstehen, OLG Frankfurt MDR 1977, 411; Grunsky JZ 1977, 201, 202; rechtstatsächlich sind solche Anregungen wohl eher selten, Franzki NJW 1979, 9, 10, und ohne Bedeutung für die Wahl, Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 181. 841947 Franzki DRiZ 1977, 161, 162 942948 MünchKomm/Prütting Rdn. 10. 43949 10 Bischof NJW 1977, 1897, 1899; Pukall ZPR Rdn. 34. 44950 11 Dies folgt wegen § 274 Abs. 2 auch aus § 271 Abs. 1. 45951 12 Auch ohne die Anordnungen gem. §§ 272 Abs. 2, 275, 276 tritt Rechtshängigkeit ein, BGHR ZPO § 281 Abs. 2 S. 5 Bindungswirkung. 46952 13 So aber MünchKomm/Prütting Rdn. 9; Bischof NJW 1977, 1897, 1899; Hartmann NJW 1978, 1457, 1460.
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Vorverfahrens nicht sogleich den Haupttermin bestimmen können.47 Der gleichwohl anzuwendende § 216 Abs. 2 ist dahingehend zu verstehen, dass die unverzügliche Terminierung unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Abschlusses des Vorverfahrens zu erfolgen hat.48 Wird jedoch mit der Klageschrift sogleich die Ladung zu einem Termin zugestellt, kann dies als Anordnung eines frühen ersten Termins angesehen werden (vgl. § 274 Abs. 2).49 Zur weiteren Verfahrensweise bei den verschiedenen Vorverfahren siehe die Anmerkungen zu §§ 275, 276, 277.
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1. Kriterien für die Wahl Allgemeine Kriterien für ein bestimmtes Verfahren enthält das Gesetz nicht und lassen sich auch nicht aufstellen.50 Vielmehr sollte nach dem jeweiligen Einzelfall und dem persönlichen Arbeitsstil des einzelnen Richters51 entschieden werden,52 jedoch unabhängig von der üblichen Praxis des einzelnen Gerichts.53 Der Vorsitzende sollte sich von dem Gedanken leiten lassen, durch welche Verfahrensart im konkreten Fall der entscheidungserhebliche Streitstoff am besten gesammelt werden kann, damit der Haupttermin dem gesetzlichen Auftrag gemäß möglichst umfassend vorbereitet werden kann.54 So kann ein einfacher Fall sowohl für das schriftliche Vorverfahren sprechen, weil mit einem Anerkenntnis- (§ 307 S. 2) oder Versäumnisurteil (§ 331 Abs. 3) zu rechnen ist, aber auch für einen frühen ersten Termin, wenn der Erlass eines Zwischen- oder Vorbehaltsurteils nach §§ 280, 302 ff., 59955, eine Klagerücknahme, eine Erledigungserklärung oder ein Prozessvergleich in Betracht kommen oder um sogleich die Beweisaufnahme vornehmen zu können. Handelt es sich umgekehrt um einen schwierigen Sachverhalt, kann dem schriftlichen Vorverfahren der Vorzug gegeben werden, weil eine Vielzahl von Punkten abzuarbeiten ist. Andererseits kann dies zu einer Flut von Schriftsätzen führen, was in einem frühen ersten Termin vermieden werden kann, in dem Nebensächliches ausgesondert und der Streit auf das Wesentliche konzentriert werden kann.56 Besteht die Aussicht auf eine teilweise Erledigung, kann sich aber auch bei derartigen „Punktesachen“ ein früher erster Termin anbieten.57 Kann allerdings ein früher erster Termin aus gerichtsinternen Gründen erst später durchgeführt werden, empfiehlt sich ein schriftliches Vorverfahren, um die bis dahin vergehende Zeit überhaupt zu nutzen.58 Im Parteiprozess ohne Anwaltsbeteiligung 147953 Bischof NJW 1977, 1897; Grunsky JZ 1977, 201, 203, der allerdings in der Regel auch eine Terminsbestimmung nach Klageerwiderung empfiehlt. Eine Bestimmung ist aber nicht ausgeschlossen, vgl. MünchKomm/Prütting § 276 Rdn. 39. 48954 2 Musielak/Foerste Rdn. 6. Nach MünchKomm/ Prütting Rdn. 11 kann der Vorsitzende mit der Terminsbestimmung immer bis zum Abschluss des schriftlichen Vorverfahrens warten. 349955 Bischof Rdn. 59. 50956 4 Vgl. dazu Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3; Schellhammer ZPR Rdn. 274 hält das schriftliche Vorverfahren für die Regel, den frühen ersten Termin für die Ausnahme. 551957 BT-Drucks. 7/2729 S. 35. 652958 Pukall ZPR Rdn. 48. 753959 Jedenfalls nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, anders sieht allerdings die Rechtspraxis aus,
vgl. Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 181; die übernommene Übung spielte jedoch 1986 kaum mehr eine Rolle, Greger ZZP 100 (1987), 377, 379. 54960 8 Vgl. Pukall ZPR Rdn. 47 f. und dort die Übersicht, wann sich welche Verfahrensart empfiehlt, Rdn. 49. 955961 MünchKomm/Prütting Rdn. 6. 56962 10 BT-Drucks. 7/2729 S. 35; Grunsky JZ 1977, 201, 202; Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3; nach Dittmar AnwBl 1979, 166, ist in schwierigen Fällen das Verfahren mit frühem ersten Termin vorgesehen; ebenso Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 5. 57963 11 Pukall ZPR Rdn. 49. 58964 12 OLG Schleswig NJW 1982, 246; Bender/Belz/ Wax/Bender Rdn. 89; Franzki DRiZ 1977, 161, 162; Grunsky JZ 1977, 201 und 202 (später als 5 Wochen nach Klagezustellung = Mindestfristen für die Durchführung des schriftlichen Vorver-
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wird der frühe erste Termin das geeignete Vorverfahren darstellen.59 Eine umfassende schriftliche Vorbereitung ist auch dann nicht erforderlich, wenn es im Verfahren im Wesentlichen um Rechtsfragen geht, weil etwa der Kläger bereits in seiner Klageschrift auf Einwendungen des Beklagten eingegangen ist oder schon in einem vorgeschalteten PKH-Verfahren eine umfassende Tatsachenermittlung stattgefunden hat.60 In diesen Fällen dürfte meistens schon im frühen ersten Termin eine streitige Entscheidung ergehen. In Eilverfahren, Arrest und einstweilige Verfügung, aber auch im Scheck- und Wechselprozess sollte kein schriftliches Vorverfahren stattfinden, da dies dem Zweck dieser Verfahren widersprechen würde.61 Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Güteverfahrens ist das schriftliche Vorverfahren besser geeignet, da der Richter die Klageerwiderung und eine eventuelle Replik in seine Überlegungen mit einbeziehen kann.62 Rechtstatsächlich bevorzugt aber eine Vielzahl von Amtsrichtern und Kammern fast ausschließlich eine bestimmte Verfahrensart und trifft nicht für den Einzelfall eine Wahl.63 Diese Verfahrensweise erscheint bedenklich und widerspricht dem gesetzlichen Auftrag. Allerdings erhält keine der beiden Verfahrensarten eindeutig den Vorrang vor der anderen.64 Es hat auch keine der beiden Verfahrensarten zu einem größeren Beschleunigungseffekt geführt.65 Hauptkriterium für die Wahl eines frühen ersten Termins ist die schnellere Verfahrensabwicklung, für das schriftliche Vorverfahren die umfassende Vorbereitung.66 Weitaus wichtiger als die Entscheidung zwischen schriftlichem Vorverfahren und frühem ersten Termin ist ohnehin die sinnvolle Ausgestaltung des jeweiligen vorbereitenden Verfahrens durch das Gericht. Arbeitet sich das Gericht frühzeitig in den Prozessstoff ein und macht es von den Möglichkeiten der §§ 139, 273 klugen Gebrauch, so steigen die Aussichten für eine rasche Beendigung des Prozesses, unabhängig von der Entscheidung für ein bestimmtes vorbereitendes Verfahren.67 2. Übergang von dem einen Vorverfahren zum anderen
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Ob die Möglichkeit besteht, von einem Vorbereitungsverfahren in das andere zu wechseln, ist umstritten. So wird die Ansicht vertreten, dass ein früher erster Termin grundsätzlich nicht mehr aufgehoben und in das schriftliche Verfahren übergegangen werden kann, wenn sich nach der Klageerwiderung herausstellt, dass der Rechtsstreit doch komplizierter ist als erwartet, oder umgekehrt, wenn sich das schriftliche Vorverfahren als doch nicht geeignet erweist. Dies sei im Gesetz nicht vorgesehen, unfahrens); Pukall ZPR Rdn. 48; vgl. aber Zöller/ Greger Rdn. 4. 1 Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 3; Bischof Rdn. 58; Pukall ZPR Rdn. 49; Engels AnwBl 1979, 205; Overrath DRiZ 1980, 253, 255. 260966 So auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 11; Bischof Rdn. 58; Franzki DRiZ 1977, 161, 162; vgl. Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 4. 61967 3 Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 3; Bischof Rdn. 58; Pukall ZPR Rdn. 49; Schellhammer Rdn. 275; Hornung Rpfleger 1978, 322, 324. 462968 Greger FG Vollkommer (2006), S. 3, 9. 563969 Greger ZZP 100 (1987), 377, 378; bei einer entsprechenden Erhebung von 1978 haben die Kammern noch häufiger wahlweise mit beiden Ver59965
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fahrensarten gearbeitet, Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 182. 6 Greger ZZP 100 (1987), 377, 378; bei einer entsprechenden Erhebung von 1978 haben diejenigen, die ausschließlich eine Verfahrensart verwendeten, sich auf den frühen ersten Termin festgelegt, während dort, wo wahlweise beide Verfahrensarten verwendet wurden, dem schriftlichen Vorverfahren der Vorzug gegeben wurde, Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 181 f. 65971 7 Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 182. 866972 Greger ZZP 100 (1987), 377, 379. 967973 So auch Zöller/Greger Rdn. 1; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 2. 64970
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praktikabel und dafür bestehe auch kein Bedürfnis.68 Zudem verstoße der Übergang in ein anderes Vorverfahren gegen den Beschleunigungsgrundsatz.69 Sei ein früher erster Termin durchgeführt worden, müsse gem. § 275 Abs. 3 verfahren werden, ein Weg, der dem schriftlichen Vorverfahren angenähert ist. Umgekehrt könne nach einem schriftlichen Vorverfahren dann in dem Haupttermin mündlich verhandelt werden.70 Dagegen wird vorgebracht, dass es durchaus Fallkonstellationen gibt, bei denen ein Wechsel von einem Vorverfahren in das andere sinnvoll und zweckmäßig erscheint, z.B. wenn der Rechtsstreit sich unerwartet entwickelt oder der Beklagte im Verfahren gem. § 275 Widerklage erhebt, für die ein schriftliches Vorverfahren angebracht wäre.71 Solche Situationen dürften so selten nicht sein, da sich der Vorsitzende wegen § 274 Abs. 2 sehr früh für ein Verfahren entscheiden muss und er daher oft noch gar nicht alle für seine Wahl bedeutsamen Faktoren kennen wird.72 Deshalb ist ein Wechsel zuzulassen, denn nur der Wechsel in die zweckmäßigere Verfahrensart wird dem Beschleunigungsgebot gerecht und führt damit zu einer prozessökonomischeren Bewältigung des Verfahrens.73 Nach der Gegenposition müsste das einmal gewählte Verfahren, auch wenn es nicht mehr sinnvoll ist, zu Ende geführt werden.74 Dies folgt daraus, dass nach der Intention des § 272 Abs. 2 das Vorverfahren zwecks Vorbereitung des Haupttermins diesem zwingend vorgeschaltet ist, das Gericht also nicht gleich einen Haupttermin anberaumen darf.75 Ein Verzicht auf ein Vorverfahren − sei es auch durch einen vorzeitigen Abbruch − kommt daher nicht in Betracht. Ein Wechsel zwischen den beiden vorbereitenden Verfahren hingegen widerspricht nicht der Intention des Gesetzes, weil eine umfassende Vorbereitung des Haupttermins noch erfolgen kann, nur eben jetzt im geeigneten Verfahren. Daher ist ein Wechsel sofort möglich. Allerdings muss nach einem Wechsel auch die Vorgehensweise des neuen Verfahrens eingehalten werden. Bei einem Wechsel zum schriftlichen Vorverfahren muss unverzüglich ein Haupttermin anberaumt werden (§ 216 Abs. 2), auch sind Maßnahmen nach §§ 273, 276 anzuordnen, soweit sie noch in Betracht kommen. Die Klageerwiderungsfrist des Beklagten nach § 276 Abs. 1 S. 2 beginnt erst mit der Zustellung der den frühen ersten Termin aufhebenden und das schriftliche Vorverfahren anordnenden Verfügung.76 Ist jedoch der frühe erste Termin bereits abgehalten oder die Zweiwochenfrist des § 276 Abs. 1 S. 1 bereits abgelaufen, ist der Wechsel nicht mehr möglich. Im letzteren Fall hat der Kläger bereits eine vorteilhafte Stellung, die Möglichkeit eines Versäum168974 Bergerfurth JZ 1978, 298; Bischof NJW 1977, 1659, der in diesem Fall für eine Terminsverlegung plädiert; Feiber NJW 1977, 1103; Grunsky JZ 1977, 201, 202 und ZZP 92 (1979), 107. Differenzierend KG MDR 1985, 416 f., das eine Rückkehr zum schriftlichen Vorverfahren nach dessen Abbruch und Übergang zum frühen ersten Termin verneint, jedoch den Übergang vom schriftlichen Vorverfahren zum frühen ersten Termin zulässt. 69975 2 Zöller/Greger Rdn. 3. 70976 3 Vgl. Grunsky ZZP 92 (1979), 107; Brühl FamRZ 1978, 551; vom Ergebnis her der aA – Wechsel möglich – folgend, aber diese Möglichkeit bejahend MünchKomm/Prütting Rdn. 15. 471977 Hartmann NJW 1978, 1457, 1459; Kramer NJW 1977, 1657, 1659; Pukall ZPR Rdn. 50, insbesondere für einen Wechsel vom schriftlichen Vorver-
fahren zum frühen ersten Termin, wenn der Beklagte überfordert ist; Schmitz AnwBl 1979, 4; vgl. auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 13 ff.; MünchKomm/Prütting Rdn. 12 ff.; Musielak/ Foerste Rdn. 7. 72978 5 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 8; vgl. auch Bischof Rdn. 59. 673979 So auch Hk/Saenger Rdn. 7; Pukall ZPR Rdn. 50. 774980 AA MünchKomm/Prütting Rdn. 15, der in dem Streit letztendlich nur ein terminologisches Problem sieht, da die sofortige Anberaumung eines Haupttermins immer möglich sei; Brühl FamRZ 1978, 551. 875981 Siehe aber Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7. 976982 MünchKomm/Prütting Rdn. 13; vgl. auch Stein/ Jonas/Leipold21 Rdn. 13.
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nisurteils gem. § 331 Abs. 3, inne.77 Ein Wechsel kann aber ausnahmsweise erfolgen, wenn der Kläger dem zustimmt.78 Nach Beendigung des schriftlichen Vorverfahrens (vgl. § 276 Rdn. 55), ist ein Übergang zum frühen ersten Termin, aber auch die Rückkehr zum schriftlichen Vorverfahren bzw dessen Wiedereröffnung durch Aufhebung des Haupttermins nicht mehr möglich.79 3. Unanfechtbarkeit der Entscheidung
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Die Anordnung des Vorsitzenden für ein bestimmtes Vorverfahren unterliegt seinem freien richterlichen, nicht nachprüfbaren Ermessen. Sie ist unanfechtbar.80 Dies gilt auch, wenn der Vorsitzende durch Anberaumung eines frühen ersten Termins das zunächst angeordnete schriftliche Vorverfahren abgebrochen hat.81 Es handelt sich hier lediglich um Zwischenentscheidungen, die die Art und Weise des weiteren Verfahrens betreffen, auf die § 567 keine Anwendung findet. Eine Anfechtbarkeit solcher Entscheidungen wäre zudem verfahrenshemmend82 und würde dem Ziel der Vereinfachungsnovelle widersprechen. Allenfalls ein mittelbares Vorgehen gegen die Anordnung ist denkbar, indem man in einem − auf Grund der Weite des richterlichen Ermessens schwer vorstellbaren – groben Ermessensfehler des Vorsitzenden einen Berufungs- oder Revisionsgrund sieht.83 Erfolg verspricht ein Vorgehen gegen das Endurteil aber nur dann, wenn durch die fehlerhafte Verfahrensführung wichtige durch die Verfassung geschützte Verfahrensrechte wie das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) oder auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt wurden, was etwa bei Erlass eines Versäumnisurteils im schriftlichen Vorverfahren oder bei der Präklusion im frühen ersten Termin in Betracht kommt.84
V. Frühest mögliche Verhandlung 1. Zeitpunkt des Termins
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§ 272 Abs. 3 regelt den Zeitpunkt der Güteverhandlung und der mündlichen Verhandlung,85 der so früh wie möglich sein soll. Die Bestimmung ergänzt § 216 Abs. 2, 177983 Vgl. aber KG MDR 1985, 416 f., wonach bei einem Wechsel vom schriftlichen Vorverfahren zum frühen ersten Termin nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 276 Abs. 1 (bis zum Erlass des Versäumnisurteils) eine Rückkehr zum schriftlichen Vorverfahren nicht mehr möglich ist. 78984 2 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 14; Musielak/Foerste Rdn. 7. 379985 OLG München OLGZ 1983, 86, 88 = MDR 1983, 324 (nach Anberaumung des Haupttermins), das andernfalls das mit der Terminsbestimmung verbundene Recht der Parteien auf Gehör (vgl. § 128 Abs. 2) in einem Verhandlungstermin verletzt sieht (deshalb auch kein Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 mehr möglich); aA Fischer NJW 2004, 909, 910 f.; ders. ProzRB 2004, 99, 101, der eine Nachwirkung des schriftlichen Vorverfahrens annimmt und die Möglichkeit eines Anerkenntnis- oder Versäum-
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nisurteils bis zum Haupttermin zulässt. Ein Anerkenntnis ist ohnehin nach der Änderung des § 307 durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz ohne mündliche Verhandlung jederzeit möglich. 80986 4 Vgl. BGHZ 98, 6, 11 = NJW 1986, 2252, 2253; BGHZ 86, 31, 35 = NJW 1983, 575, 576; KG MDR 1985, 416; OLG Frankfurt MDR 1983, 411; LG Hamburg NJW-RR 2003, 1231; Feiber NJW 1977, 1103; Hornung Rpfleger 1978, 322, 324. 581987 KG MDR 1985, 416 f. 82988 6 KG MDR 1985, 416 f.; OLG Frankfurt MDR 1983, 411. 783989 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 15; MünchKomm/ Prütting Rdn. 18. 884990 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 15. 985991 Nicht erforderlich sind Güteverhandlung und mündliche Verhandlung in den Fällen der §§ 128 Abs. 2, 331 Abs. 3.
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§ 272
der nur eine möglichst frühzeitige Bestimmung des Termins verlangt. Nach § 272 Abs. 3 darf auch der Termin selbst nicht in weiter Ferne liegen. Diese Bestimmung gilt für die verschiedenen Fälle der mündlichen Verhandlung, also für den frühen ersten Termin und für den Haupttermin (§ 279).86 Da der mündlichen Verhandlung zum Zweck der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits obligatorisch eine Güteverhandlung vorauszugehen hat (§ 278 Abs. 2), muss auch diese so früh wie möglich stattfinden. Die Vorschrift gilt auch im Fall der Einleitung eines Streitverfahrens nach Übergang vom Mahnverfahren und nach Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid, §§ 697 Abs. 2 S. 1, 700 Abs. 4 S. 1 sowie im Verfahren vor den Arbeitsgerichten, § 46 Abs. 2 ArbGG.87 Für die Güteverhandlung in Kündigungsverfahren ist allerdings die Zweiwochenfrist gem. 61a Abs. 2 ArbGG zu beachten. Die mündliche Verhandlung sollte jeweils so bald anberaumt werden, wie es unter Berücksichtigung der notwendigen Beschleunigung des Verfahrens und der vom Gericht ergriffenen erforderlichen Maßnahmen möglich erscheint. Dies bedeutet in der Regel für den frühen ersten Termin, dass dieser nur so weit hinausgerückt werden soll, als dies zur Wahrung der Einlassungsfrist (§ 274 Abs. 3)88 und der Ladungsfrist bezüglich des Klägers (§ 217) geboten ist. Eine weitere Verzögerung kann dadurch bedingt sein, dass das Gericht dem Beklagten eine Frist zur Klageerwiderung gem. § 275 Abs. 1 S. 1 setzen oder andere vorbereitende Maßnahmen durchführen will.89 Der Zeitpunkt des Haupttermins hängt davon ab, welche weiteren vorbereitenden Maßnahmen nach Durchführung des entsprechenden Vorverfahrens noch zur umfassenden Vorbereitung erforderlich sind.90 Ein Hinausschieben des Termins zur mündlichen Verhandlung über Einspruch und Hauptsache, damit in ihm auch verspätetes Vorbringen noch in vollem Umfang ohne Verzögerung in der Erledigung des Rechtsstreits berücksichtigt werden kann, ist jedoch nicht geboten.91 Sind andererseits verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel so rechtzeitig vorgetragen, dass sie bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung noch berücksichtigt werden können, so sind die zur Vermeidung einer Verzögerung in der Erledigung des Rechtsstreits möglichen vorbereitenden Maßnahmen gem. § 273 Abs. 2 zu treffen (vgl. § 273 Rdn. 16).92 Die Nichterfüllung von gerichtlichen Auflagen durch die Parteien ist kein Grund, die Bestimmung des Termins zu unterlassen.93 Auch hier ist die Ladungsfrist (§ 217) zu beachten. § 272 Abs. 3 findet keine Anwendung in Ehe- und Kindschaftssachen (§§ 612 Abs. 1, 640 Abs. 1). Hier kann allerdings eine baldige Verhandlung erforderlich sein, um Nachteile für die Parteien zu vermeiden.94 Außerdem sind besondere Fristbestimmungen zu beachten, wie z.B. in §§ 246 Abs. 3 S. 4, 254 Abs. 2, 255 Abs. 3, 257 Abs. 2 S. 1, 275 Abs. 4 S. 1 AktG, §§ 51 Abs. 3 S. 4, 96, 112 Abs. 1 S. 2 GenG.
186992 BT-Drucks. 7/2729 S. 68. 287993 So auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 22. 388994 So die Formulierung in § 261 a.F. (vor der Vereinfachungsnovelle von 1976). Dies hält Lange NJW 1986, 1728, 1732 für zu kurz bemessen. 89995 4 BT-Drucks. 7/2729 S. 68. 590996 BT-Drucks. 7/2729 S. 68. 691997 BGH NJW 1981, 286; aA OLG Hamm NJW 1980, 293 f. mit abl. Anm. Deubner. Deubner NJW 1985, 1140, 1143 will generell eine Präklu-
sion wegen des Verhältnismäßigkeitsprinzips nur zulassen, wenn das verspätete Vorbringen offensichtlich keine Erfolgsaussichten hat, dem Gericht also über § 296 lediglich „die ihm sonst verwehrte vorweggenommene Beweiswürdigung“ gestatten. 792998 BGHZ 75, 138, 142 f. = NJW 1979, 1988; BGH NJW 1971, 1564. 893999 OLG Hamm NJW-RR 1999, 575. 1000 994 SchlHOLG SchlHA 1984, 56, 57.
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§ 273
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
2. Rechtsbehelf bei Verstoß gegen § 272 Abs. 3
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§ 272 Abs. 3 bestimmt nur, wann die mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Die richterliche Verfügung, mit der die Termine unverzüglich anzuberaumen sind, regelt § 216 Abs. 2. Unterlässt der Vorsitzende die Terminsbestimmung, handelt es sich um einen Verstoß gegen beide Vorschriften. Für die Rechtsbehelfe gilt daher das zu § 216 Abs. 2 Gesagte (vgl. § 216 Rdn. 39 ff.).
§ 273 Vorbereitung des Termins (1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen. (2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere 1. den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen; 2. Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen; 3. das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen; 4. Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen; 5. Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen. (3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend. (4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3. Schrifttum Bathe Verhandlungsmaxime und Verfahrensbeschleunigung bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, 1976; Baur Die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung im Zivilprozeß, ZZP 66 (1953), 209; Bender/Belz/Wax Das Verfahren nach der Vereinfachungsnovelle und vor dem Familiengericht, 1977; Deubner Gedanken zur richterlichen Verfahrensbeschleunigung, Festschrift für Gerhard Lüke, 1997, S. 51; Hohlfeld Die Einholung amtlicher Auskünfte im Zivilprozeß, 1995; Schreiber Die Urkunde im Zivilprozeß, 1982; Sonnemann Amtliche Auskunft und Behördengutachten im Zivilprozeß, 1994.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 273
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Allgemeines . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit . . . . . . . . 3. Form . . . . . . . . . . . . . 4. Inhalt . . . . . . . . . . . . 5. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . 6. Abänderung . . . . . . . . . . 7. Grenzen . . . . . . . . . . . 8. Vorbereitungspflicht bei verspätetem Vorbringen . . . . . . . . 9. Verstoß gegen Anordnung . . . . 10.Anfechtbarkeit der Verfügung . .
4 5 7 9 10 11 12 13
IV. Die einzelnen Maßnahmen des § 273 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . 1. § 273 Abs. 2 Nr. 1 . . . . . . . 2. § 273 Abs. 2 Nr. 2 . . . . . . . a) Urkundenvorlage und Auskunft
16 18 19 21 22 26 27
Rdn
3. 4. 5.
6.
b) Behördenbegriff . . . . . . . c) Auskunft über ausländisches Recht . . . . . . . . . . . § 273 Abs. 2 Nr. 3 . . . . . . . § 273 Abs. 2 Nr. 4 . . . . . . . a) Ladung von Zeugen . . . . . b) Ladung von Sachverständigen . § 273 Abs. 2 Nr. 5 . . . . . . . a) Anordnung gem. § 142 (Urkundenvorlegung und Urkundenübersetzung) . . . . . . . . b) Anordnung gem. § 144 (Augenschein und Sachverständige) . . Weitere Maßnahmen . . . . . .
35 39 44 46 48 51 52 53 57 58
V. Einschränkungen (§ 273 Abs. 3) . .
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VI. Benachrichtigung der Parteien (§ 273 Abs. 4) . . . . . . . . . .
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VII. Gebühren . . . . . . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte Der im heutigen § 273 verankerte Gedanke der Mitverantwortung des Gerichts für den Verfahrensablauf wurde durch die Novelle von 19091 als damaliger § 501 für das amtsgerichtliche Verfahren eingefügt. Dieser wurde durch die BeschleunigungsVO von 19232 auf das landgerichtliche Verfahren ausgedehnt und mit der Novelle von 19243 in § 272b umgewandelt. § 272b a.F. statuierte dabei erstmals nicht nur die Möglichkeit, sondern die Pflicht des Gerichts zur Vorbereitung. In § 272b a.F. war bereits ein Katalog von Maßnahmen, die weitestgehend dem heutigen § 273 entsprechen, aufgeführt.4 § 273 ist durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19765 eingefügt worden. In § 273 Abs. 2 Nr. 4 wurden durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12.1990 nach dem Wort „laden“ die Worte „sowie eine Anordnung nach § 378 treffen“ eingefügt.6 Weitere Änderungen sind durch das ZPO-RG vom 22.7.20017 vorgenommen worden: § 273 Abs. 1 S. 2 wurde aufgehoben und ist jetzt in § 139 Abs. 1 S. 2 enthalten, Abs. 2 Nr. 2 wurde dahin geändert, dass die Urkundenvorlage gestrichen wurde und in der dem Abs. 2 angefügten Nr. 5 zusammen mit dem Augenschein und dem Sachverständigenbeweis durch Verweis auf §§ 142, 144 geregelt ist; Abs. 3 wurde wegen der in Abs. 2 neu eingefügten Nr. 5 ergänzt.
1 11001 RGBl S. 475, 484. 2 21002 RGBl I S. 1239, 1240. 3 31003 RGBl I S. 437, 466. 4 41004 Vgl. hierzu Bathe S. 66 ff., zur Gesetzesgeschichte des § 272b S. 72 f.; zur Entstehungsge-
schichte des § 272b und dessen Vorgänger § 501 siehe auch Hohlfeld S. 3 ff. 5 51005 BGBl I S. 3281, 3284; Gesetzesentwurf: BTDrucks. 7/2729. 6 61006 BGBl I S. 2847, 2848. 7 71007 BGBl I S. 1887, 1889, 1891.
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§ 273
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
II. Normzweck
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§ 273 normiert die Prozessförderungspflicht des Gerichts. Um das Ziel der Vereinfachungsnovelle, den Rechtsstreit durch Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens möglichst in einem Haupttermin zum Abschluss zu bringen, erreichen zu können, muss das jeweilig gewählte Vorverfahren zur Sammlung des Streitstoffs durch alle sonst noch möglichen vorbereitenden Maßnahmen ergänzt werden.8 Damit ist das Gericht nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, für die rechtzeitige Vorbereitung des Verfahrens zu sorgen (vgl. dazu Rdn. 16).9 § 273 ist die für die Vorbereitung des Verfahrens tragende Norm und dient der Informationsbeschaffung sowie der Bereitstellung der zulässigen Beweismittel.10 Eine Beweiserhebung ist nach dieser Vorschrift nicht mehr zulässig.11 Dafür wurde durch die Vereinfachungsnovelle dem Gericht bereits vor der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit gegeben, einen Beweisbeschluss und seine Ausführung gem. § 358a anzuordnen.
III. Allgemeines
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Die Maßnahmen des § 273 können zur Vorbereitung eines jeden,12 also auch eines späteren, Verhandlungstermins getroffen werden. Das Gericht bzw der Vorsitzende entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen über die erforderlichen Maßnahmen. Damit statuiert § 273 eine Pflicht des Vorsitzenden die Zweckmäßigkeit der vorsorglichen Bereitstellung von Beweismitteln für die mündliche Verhandlung zu prüfen, nicht aber bereits eine Beweiserhebung anzuordnen oder durchzuführen. Der Entscheidung des Kollegiums über die Beweisbedürftigkeit von Tatsachen soll damit nicht vorgegriffen werden (vgl. dazu Rdn. 15).13 Deshalb müssen nicht alle von den Parteien benannten Beweismittel vorsorglich bereitgestellt werden, sondern nur diejenigen, durch die bestimmte klar hervortretende Streitpunkte in der mündlichen Verhandlung geklärt werden können.14 1. Zuständigkeit
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Das Gericht hat gemäß § 273 Abs. 1 die erforderlichen vorbereitenden Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.15 Unter Gericht ist nicht der Spruchkörper zu verstehen, sondern das jeweils zuständige Mitglied, wobei sich die konkrete Zuständigkeit aus anderen Vorschriften ergibt.16 Eine solche Zuständigkeitsregel für die einzelnen Maßnahmen trifft § 273 Abs. 2, wonach der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied zuständig ist. Davon wird nicht mehr die Anordnung von Beweisaufnahmen vor der mündlichen Verhandlung umfasst. Diese sind gem. § 358a dem Gericht vorbehalten (vgl. dazu Rdn. 15).17
8 11008 Vgl. BGHZ 88, 180, 182 = NJW 1983, 2507, 2508 zum frühen ersten Termin. 1009 9 2 So auch Musielak/Foerste Rdn. 1; Deubner FS Lüke (1997), S. 51, 52 ff. 1010 310 OLG Zweibrücken JurBüro 1979, 1716 f. 11 1011 4 BT-Drucks. 7/2729 S. 68; OLG Zweibrücken JurBüro 1979, 1716, 1717; Schneider MDR 1980, 177 f. 1012 512 Klarstellung durch die Fassung des § 273 Abs. 2, vgl. Schreiber S. 62.
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1013 613 BGH NJW 1975, 1744, 1745; BGH NJW 1971, 1564. 14 1014 7 BGH NJW 1975, 1744, 1745; BGH NJW 1971, 1564. 1015 815 Rudolph DRiZ 1978, 366 Fn. 5. 16 1016 9 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 11; vgl. auch Musielak/Foerste Rdn. 5, der § 273 Abs. 1 für missverständlich hält. 17 1017 10 OLG Frankfurt JurBüro 1979, 375; Schneider MDR 1980, 177.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 273
Ist der Einzelrichter gem. § 348 zuständig bzw ist ihm die Sache nach § 348a übertragen, hat dieser die vorbereitenden Maßnahmen zu treffen.
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2. Anwendbarkeit § 273 enthält allgemeine Vorschriften zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung sowohl für das vorbereitende Stadium, unabhängig davon, welches Vorverfahren durchgeführt wird, als auch für den weiteren Verfahrensverlauf.18 Jeder Termin kann daher gem. § 273 vorbereitet werden (§ 273 Abs. 2). Die Bestimmung findet auch im schriftlichen Verfahren (§ 128 Abs. 2) Anwendung sowie für das Verfahren nach Überleitung vom Mahnverfahren in das Streitverfahren (§ 697 Abs. 2) und nach Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid (§ 700 Abs. 4). § 273 gilt auch bei der Terminsvorbereitung im Berufungsverfahren (vgl. § 524 Rdn. 9). Das Verfahren zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist in § 118 geregelt, der den § 273 als lex specialis verdrängt. In den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist das Gericht berechtigt, aber wegen § 294 Abs. 2 nicht verpflichtet (§ 294 Rdn. 25),19 vorbereitende Maßnahmen nach § 273 zu treffen.20 Insbesondere spricht § 294 Abs. 2 (vgl. § 294 Rdn. 25) für die Möglichkeit der Vorbereitung, z.B. durch die vorsorgliche Ladung eines Zeugen.21 Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt § 56 ArbGG, der § 273 verdrängt.22 § 273 berechtigt nur zu Maßnahmen außerhalb der Verhandlung und ist nicht auf Anordnungen in der mündlichen Verhandlung anzuwenden.23
7
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3. Form Eine bestimmte Form für die Anordnungen ist im Gesetz nicht bestimmt. Die Anordnungen stellen sich als eine gerichtliche Verfügung dar, wenn der Vorsitzende oder ein Mitglied des Prozessgerichts handelt, oder als Beschluss, wenn das Gericht handelt.24 Diese sind gem. § 329 Abs. 2 S. 1 formlos mitzuteilen, es sei denn, dass sie eine Fristsetzung enthalten, dann muss eine vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beglaubigte Abschrift der unterschriebenen Verfügung an die Partei zugestellt werden25 (§ 329 Abs. 2 S. 2), wobei eine Heilung gem. § 189 möglich ist.26 Eine Belehrung über die Folgen der Fristversäumung ist nicht erforderlich.27 Die Parteien sind jedoch von jeder Anordnung gem. § 273 Abs. 4 S.1 zu benachrichtigen (vgl. Rdn. 62).
1018 118 BT-Drucks. 7/2729 S. 68. 1019 219 Teplitzky DRiZ 1982, 41. 20 1020 3 LG Aachen NJW-RR 1997, 380; MünchKomm/ Prütting Rdn. 12; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 3; Teplitzky DRiZ 1982, 41 f.; aA OLG München WRP 1978, 400; Thomas/Putzo/ Reichold Rdn. 5. 21 1021 4 So auch Musielak/Foerste Rdn. 2, der allerdings eher von einer Vorbereitungspflicht ausgeht. 1022 522 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 44; aA Thomas/ Putzo/Reichold Rdn. 14; vgl. auch LAG Düsseldorf MDR 2004, 1084; wegen der weitgehenden Übereinstimmung des § 56 Abs. 1 S. 2 ArbGG mit § 273 hält Grunsky ArbGG7 (1995) § 56 Rdn. 2 den Streit für praktisch unbedeutend.
1023 623 KG DR 1942, 1029 (zu § 272b a.F.). 1024 724 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 58 Rdn. 4; Bischof Rdn. 62. 1025 825 BGHZ 76, 236, 241 = NJW 1980, 1167, 1168. 1026 926 Anders noch BGHZ 76, 236, 238 f. = NJW 1980, 1167 f. zu § 187 a.F. Diese Entscheidung ist durch die Änderung in § 189 n.F. überholt, der auch Anwendung findet, wenn Notfristen durch die Zustellung in Gang gesetzt werden. 27 1027 10 OLG Düsseldorf MDR 1985, 417; Bischof Rdn. 147; Grunsky JZ 1978, 81, 83; Hartmann NJW 1978, 1458, 1460; Schmitz AnwBl 1979, 4, 5, der darin ein Problem wegen der Präklusionswirkung sieht.
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§ 273
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
4. Inhalt
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Der Inhalt der Anordnung ist nach dem Wortlaut des § 273 Abs. 2 zwar nur beispielsweise, also nicht erschöpfend angegeben.28 Jedoch stehen dem Vorsitzenden keinesfalls mehr Rechte zu als sie das Gericht hat. 5. Zeitpunkt
11
Vorbereitende Maßnahmen sind solche Anordnungen, die vor der mündlichen Verhandlung getroffen werden.29 Im Verhandlungstermin selbst gilt dagegen § 139. Daneben können auch innerhalb der Verhandlung vorbereitende Maßnahmen für den nächsten Termin getroffen werden, allerdings nicht vom Vorsitzenden, sondern nur vom Gericht.30 § 273 findet bereits zur Vorbereitung des frühen ersten Termins Anwendung (vgl. § 275 Rdn. 17), aber auch im Zeitraum zwischen frühem ersten Termin und Haupttermin. Vorbereitende Maßnahmen sollten wegen des Normzwecks des § 273 (vgl. Rdn. 3) möglichst frühzeitig ergehen. Sie können grundsätzlich bereits auf Grund der Klageschrift getroffen werden.31 Da der nähere Sach- und Streitstand erst bei Vorliegen der Klageerwiderung zu übersehen ist, werden vorher getroffene Maßnahmen im Allgemeinen aber nicht zweckdienlich sein (vgl. dazu Rdn. 46).32 6. Abänderung
12
Die angeordneten vorbereitenden Maßnahmen iSd § 273 sind als Ermessensentscheidungen des Vorsitzenden/Berichterstatters jederzeit abänderbar. Vorbereitende Maßnahmen der Beweiserhebung unterliegen nicht den Grenzen des § 360.33 7. Grenzen
13
14
Die vorbereitenden Maßnahmen gem. § 273 dienen lediglich der Informationsbeschaffung und Beweisvorbereitung. Auf Grund des Beibringungsgrundsatzes sind eigene vorbereitende Maßnahmen des Gerichts nur in Bereichen zulässig, die schon durch das Vorbringen der Parteien oder Beweisantritt vorgezeichnet sind. Sie dürfen nicht auf Verdacht oder Vorrat erfolgen.34 Zur Vermeidung unnötiger Kosten und zur gütlichen Beilegung des Konflikts ist der Vorsitzende bzw der Berichterstatter im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens eventuell gehalten, nicht bereits vor der Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2) weitreichende und kostenintensive Maßnahmen iSd § 273 zu treffen.35 Allerdings nimmt § 273 im Interesse der Verfahrensförderung in Kauf, dass im Einzelfall Maßnahmen getroffen werden, die sich nachträglich als entbehrlich herausstellen.36 Die Verhandlungsmaxime wird durch § 273 nicht aufgehoben.37 Die Vorbereitung darf aber nicht zur Amtsermittlung führen, was sich aus dem systematischen 1028 128 Born NJW 1995, 571; Kalthoener DRiZ 1975, 201, 202 zu § 272b Abs. 2. 1029 229 Vgl. KG DR 1942, 1029 zu § 272b a.F., das Maßnahmen nach § 272b a.F. im Prozess nicht zulässt. 1030 330 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 14; MünchKomm/ Prütting Rdn. 15. 1031 431 OLG Stuttgart Rpfleger 1981, 372; aA OLG Köln OLGZ 1973, 365, 367; OLG Frankfurt NJW 1966, 455, 456. 1032 532 Vgl. auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 16. 1033 633 Mertens MDR 2001, 666, 667.
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1034 734 OLG Köln NJW-RR 1997, 150, 151. 1035 835 Zöller/Greger Rdn. 2. 1036 936 BGH NJW 1975, 1744, 1745. 37 1037 10 Bettermann ZZP 91 (1978), 365, 389 ff.; Leipold ZZP 93 (1980), 237, 263; Prütting NJW 1980, 361, 363; vgl. dazu aber Bathe S. 206 f., 215 ff., der auf Grund der richterlichen Aufklärungsbefugnisse, die seiner Ansicht nach nicht mehr die Ausnahme darstellen, eine Neubestimmung der Verhandlungsmaxime vornimmt.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 273
Zusammenhang von § 273 zu § 139 ergibt.38 Auf Grund der zur Vorbereitung getroffenen Maßnahmen können Tatsachen nur zum Streitstoff werden, wenn sie von den Parteien vorgebracht worden sind.39 Auch eine Beweiserhebung ist später nur möglich, wenn die Tatsachen streitig sind.40 Dagegen wird der Grundsatz der Mündlichkeit durchbrochen, da im Rahmen des § 273 Anordnungen ergehen können, die ansonsten nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung möglich sind.41 Ein Beweisbeschluss vor der mündlichen Verhandlung ist wegen der weitreichenden Bedeutung und den Kostenfolgen dem Gericht vorbehalten (§ 358a S. 1).42 Diesen Kollegialentscheidungen über Beweiserheblichkeit, Beweisbedürftigkeit und Eignung der Beweismittel darf daher der Vorsitzende/Berichterstatter bei vorbereitenden Anordnungen nicht vorgreifen.43 Die Beweiserhebung kann dann in den Fällen des § 358a S. 2 ebenfalls vor der mündlichen Verhandlung stattfinden, wie z.B. die Vernehmung eines Zeugen vor dem beauftragten oder ersuchten Richter (§ 358a S. 1 Nr. 1). Auch die Einholung schriftlicher Auskünfte von Zeugen gem. § 377 Abs. 3, die Begutachtung durch Sachverständige und die Einnahme eines Augenscheins vor der mündlichen Verhandlung regelt § 358a. So kann die eingeholte Auskunft einer Behörde die Zeugenvernehmung des in Frage kommenden Sachbearbeiters ersetzen und eine rechtsgutachtliche Äußerung enthalten mit der Folge, dass sie bereits als Beweiserhebung anzusehen ist.44 Allein die Beiziehung von Akten spricht jedoch noch nicht für eine Verwendung als Beweismittel.45
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8. Vorbereitungspflicht bei verspätetem Vorbringen Sind verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel so rechtzeitig vorgetragen, dass sie bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung noch berücksichtigt werden können, so hat das Gericht die zur Vermeidung einer Verzögerung in der Erledigung des Rechtsstreits möglichen zumutbaren vorbereitenden Maßnahmen gem. § 273 Abs. 2 zu treffen.46 Zumutbar sind vorbereitende Maßnahmen dann, wenn es sich um einfache und klar abgegrenzte Streitpunkte handelt, die sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung ohne unangemessenen zeitlichen Aufwand klären lassen.47 Andernfalls verstößt eine Zurückweisung gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), weil auch eine unzulängliche Verfahrensleitung zur Verzögerung geführt hat.48 Die Zurückweisung des verspäteten Vorbringens gem. § 296 ist deshalb in solchen Fällen unzulässig.49 Können vorbereitende Maßnahmen jedoch von 1038 138 MünchKomm/Prütting Rdn. 2. 1039 239 Baur ZZP 66 (1953), 209, 212 f.; Hohlfeld S. 136; aA Hahn Kooperationsmaxime im Zivilprozeß (1983), S. 221 ff., 293; ders. JA 1991, 319, 320, 323, 326; Bathe S. 151 („Prozeßstoff ohne Zutun der Parteien zunächst einmal rein faktisch ergänzt“); vgl. auch Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 8 ff. 1040 340 Baur ZZP 66 (1953), 209, 212 f. 1041 441 Baur ZZP 66 (1953), 209, 215; Bettermann ZZP 91 (1978), 365, 389 Fn. 72 bezüglich § 358a. 42 1042 5 Vgl. Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 11 f. 1043 643 BGH NJW 1975, 1744, 1745; BGH NJW 1971, 1564, beide Entscheidungen zu § 272b; Zöller/ Greger Rdn. 4. 1044 744 BGHZ 89, 114, 119 = NJW 1984, 438, 439; BGH MDR 1964, 223. 1045 845 OLG Koblenz MDR 1975, 852. 1046 946 BVerfGE 81, 264, 270 f. = NJW 1990, 2373;
BGHR 2003, 1229, 1230; BGH NJW-RR 2002, 646 f.; BGH NJW 1983, 575, 576; BGHZ 76, 236, 239 = NJW 1980, 1167, 1168; BGHZ 76, 133, 136 f. = NJW 1980, 945, 946; BGH NJW 1980, 1102, 1103; BGHZ 75, 138, 143 = NJW 1979, 1988; BGH NJW 1971, 1564. 47 1047 10 BGHR 2003, 1229, 1231; BGH MDR 1999, 1400, 1401; BGHZ 91, 293, 304 = NJW 1984, 1964, 1967; BGH NJW 1991, 1181, 1182. 48 1048 11 BVerfG NJW-RR 1995, 1469; BVerfG NJW 1992, 680, 681; BVerfGE 81, 264, 270 f. = NJW 1990, 2373; BVerfG NJW 1989, 706; Deubner NJW 1979, 337, 341 sieht die Unzulässigkeit der Zurückweisung als Folge des prozessualen Benachteiligungsverbots an. 49 1049 12 BVerfG NJW-RR 1995, 1469; BGHR 2003, 1229, 1230.
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vornherein nicht zur Entscheidungsreife führen, kann die Verzögerung nicht vermieden werden.50 Zumutbare Maßnahmen sind die Anhörung eines mitgebrachten Zeugen,51 die kurzfristig mögliche Ladung eines Zeugen oder Einholung eines mündlichen Gutachtens.52 Eine Vernehmung mehrerer Zeugen zu einem eingegrenzten Beweisthema im Rahmen eines Verhandlungstermins ist dem Gericht stets zuzumuten,53 auch wenn vier statt eines Zeugen zu vernehmen sind.54 Einem Gericht ist zwar zuzumuten, die Verspätung eines Parteivorbringens durch im normalen Geschäftsgang mögliche Anordnungen auszugleichen, jedoch nicht Eilanordnungen zu treffen.55 Die Zumutbarkeit richtet sich auch nach der Zeit, die für die Terminsvorbereitung zur Verfügung steht.56 Ist zusätzlich ein Sachverständiger zu vernehmen, sind entsprechende vorbereitende Maßnahmen nur dann geboten, wenn dies neben den Zeugenaussagen in einem Termin zu bewältigen ist.57 Allerdings ist ein Hinausschieben des Termins zur mündlichen Verhandlung über Einspruch und Hauptsache, damit in ihm auch verspätetes Vorbringen noch in vollem Umfang ohne Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits berücksichtigt werden kann, nicht geboten.58 Eine Auslastung der Sitzungstage derart, dass von vornherein eine Vernehmung von Zeugen unmöglich ist, ist jedoch nicht zulässig.59 9. Verstoß gegen Anordnung
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§ 296 sieht aber keine Sanktionsmöglichkeit für den Fall vor, dass einer vorbereitenden Maßnahme des Gerichts nach § 273 Abs. 1 nicht ordnungsgemäß Folge geleistet wird.60 Ist aber eine Frist gem. § 273 Abs. 2 Nr. 1 gesetzt, greift § 296 Abs. 1 (vgl. Rdn. 24). Verstöße einer Partei können außerdem eine Vereitelung iSd § 371 Abs. 3 darstellen bzw Folgen gem. § 427 (vgl. Rdn. 54) oder gem. § 141 Abs. 3 (vgl. Rdn. 44) auslösen. 10. Anfechtbarkeit der Verfügung
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Anordnungen des Gerichts und des Vorsitzenden im Vorverfahren sind nicht selbständig anfechtbar, sondern nur zusammen mit dem Endurteil.61 Anträge der Parteien auf Anordnung bestimmter Maßnahmen sind lediglich als Anregungen anzusehen und müssen nicht berücksichtigt werden. Eine sofortige Be1050 150 OLG Köln MDR 1975, 147, 148. 1051 251 BayVerfGH BayVBl 2001, 720. 1052 352 BGHR 2003, 1229, 1231. 53 1053 4 BGH NJW 1999, 3272, 3273 (im konkreten Fall verneinend bei acht Zeugen); BGH NJW 1991, 2759, 2760; BGH WM 1984, 1158, 1159; BGH NJW 1984, 1964, 1965. 1054 554 BGH VersR 1987, 259. 1055 655 BGH NJW 1980, 1102, 1103. 1056 756 BGH NJW 1991, 1181, 1182; BGH WM 1985, 819, 820; vgl. Fuhrmann Die Zurückweisung schuldhaft verspäteter und verzögernder Angriffs- und Verteidigungsmittel im Zivilprozeß (1987), S. 163 f. 1057 857 BVerfGE 81, 264, 270 f. = NJW 1990, 2373; BGH NJW-RR 1991, 767, 768; siehe auch OLG Köln VersR 1990, 674 f. 1058 958 BGH NJW 1981, 286; vgl. aber BVerfG NJW
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1989, 706; aA OLG Hamm NJW 1980, 293 f. mit abl. Anm. Deubner und Leipold ZZP 93 (1980), 237, 247, der eine gewisse Verzögerung des Termins in Kauf nehmen will; Kallweit Die Prozeßförderungspflicht der Parteien und die Präklusion verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1976 (1983), 196 f.; vgl. auch Deubner NJW 1986, 857, 858: Der Vorsitzende dürfe so terminieren, wie er ohne das verspätete Vorbringen terminiert hätte; ders. FS Lüke (1997), S. 51, 61 f. für den Fall, dass bereits terminiert ist. 59 1059 10 BGH NJW 1991, 1181, 1182; BGH NJW 1974, 1512, 1513; vgl. auch Deubner NJW 1979, 337, 341. 60 1060 11 BGH NJW 1993, 1926, 1928. 61 1061 12 Schwab Humane Justiz (1977), S. 29, 44.
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schwerde gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ist deshalb nicht statthaft (vgl. auch § 272 Rdn. 30).62 Allerdings wird das Gericht, falls es die Anträge für erheblich hält, nach § 139 darauf hinweisen müssen, dass es die Maßnahmen nicht trifft, so dass die Partei einen dementsprechenden ordnungsgemäßen Beweisantrag (Zeugen- bzw Sachverständigenbeweis oder auch Urkundenbeweis) stellen kann, dem das Gericht dann Folge leisten muss.
IV. Die einzelnen Maßnahmen des § 273 Abs. 2 Die umfangreiche, aber nicht abschließende Aufzählung der Nr. 1–5 gibt nur Beispiele zulässiger Maßnahmen, so dass grundsätzlich jede Art der Aufklärung zur Förderung des Prozesses von § 273 umfasst wird (vgl. zu weiteren Maßnahmen Rdn. 58).63
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1. § 273 Abs. 2 Nr. 1 § 273 Abs. 2 Nr. 1 knüpft an § 139 an. Danach wird das, was dem Gericht aufgegeben ist, dem Vorsitzenden in vorbereitender Weise überlassen. § 273 Abs. 2 Nr. 1 dient der Stoffsammlung und der Aufklärung des Parteivortrags, berechtigt also nicht zur Amtsermittlung. Der Vorsitzende kann von den Parteien die Ergänzung oder die Erläuterung ihrer Schriftsätze verlangen, sowohl bezogen auf die Klagebegründung als auch auf die Verteidigung des Beklagten. Dies empfiehlt sich insbesondere, wenn das Gericht die Klage für unzulässig oder unschlüssig hält.64 Die Parteien können auch zur Äußerung bezüglich rechtlicher Gesichtspunkte aufgefordert werden. Kommt die Partei einer solchen Aufforderung, auch innerhalb einer gesetzten Frist, nicht nach, hat dies jedoch keine Folgen, da die rechtliche Würdigung Sache des Gerichts ist. Zur Klärung bestimmter Punkte kann der Vorsitzende eine Frist setzen. Hierbei muss der Partei konkret mitgeteilt werden, zu welchen Punkten Erläuterungen und Ergänzungen innerhalb des vorgegebenen Zeitraums erwartet werden.65 Die pauschale Aufforderung zur Stellungnahme bis zu einem bestimmten Zeitpunkt genügt hierfür nicht.66 Eine Aufforderung an den Beklagten, seine Verteidigungsmittel „unverzüglich“ unter vollständigem Beweisantritt zu ergänzen, stellt ebenfalls keine Fristsetzung dar.67 Die Frist kann auch schon vor der mündlichen Verhandlung ablaufen.68 Die Möglichkeit der Fristsetzung wurde von § 279a a.F. übernommen. Es handelt sich dabei um eine richterliche Frist, die auf Antrag verlängert oder verkürzt werden kann (§ 224 Abs. 2). Klärungsbedürftig ist aber nur, was unklar ist. Bestreitet eine Partei nicht, gilt § 138 Abs. 3, und es ist dann nicht aufzuklären, warum sie es nicht tut. Versäumt die Partei die Frist, läuft sie Gefahr mit ihrem Vorbringen gem. § 296 Abs. 1 zurückgewiesen zu werden.
1062 162 Vgl. OLGR Stuttgart 2004, 458, 460; vgl. OLG Frankfurt MDR 1983, 411 (betreffend Anordnungen gem. §§ 272, 275, 276); OLG Düsseldorf MDR 1961, 152 (zu § 272b a.F.). 1063 263 Vgl. Kalthoener DRiZ 1975, 201, 202 noch zu § 272b. 1064 364 Deubner FS Lüke (1997), S. 51, 53 ff.; Kramer NJW 1977, 1657, 1659.
1065 465 BGH NJW-RR 1990, 856, 857; BGH NJW 1971, 1564; RGZ 132, 330, 337; RG Warn 1942 Nr. 98; RG Warn 1933 Nr. 195. 66 1066 5 OLG Frankfurt MDR 1979, 764. 1067 667 BGH NJW 1993, 1926, 1927. 1068 768 BGHZ 33, 236, 241 = NJW 1961, 115, 117 (zu § 272b a.F.).
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Auch die Vervollständigung von Angaben über Beweismittel, z.B. die Mitteilung einer Zeugenanschrift kann nach Nr. 1 aufgegeben werden. Ein Ausschluss mit einem Beweismittel nach Ablauf einer zur Behebung von Hindernissen für die Beweisaufnahme gesetzten Frist, wie z.B. das Nachreichen einer ladungsfähigen Anschrift des benannten Zeugen, ist aber nur unter den Voraussetzungen des § 356 möglich.69 2. § 273 Abs. 2 Nr. 2
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§ 273 Abs. 2 Nr. 2 knüpft an § 432 an und erweitert die Befugnisse über diese Vorschrift hinaus. Der Vorsitzende hat das Recht, Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um amtliche Auskunft zu ersuchen, ohne dass es hierzu eines Antrags der Partei bedarf.70 Im Unterhaltsrecht besteht ein weitergehendes Auskunftsrecht, z.B. auch gegenüber dem Arbeitgeber (vgl. § 643).
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a) Urkundenvorlage und Auskunft. Unter den Begriff der Urkunde fällt nicht nur die Einzelurkunde, sondern auch das Aktenstück71. Auch eigene Gerichtsakten darf der Vorsitzende heranziehen. Allerdings verstößt es gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und gegen das Willkürverbot, wenn das Gericht den Inhalt der beigezogenen Verfahrensakte eines anderen Prozesses verwertet, ohne dass der nachteilig Betroffene von der Beiziehung Kenntnis hatte und ohne dass ein entsprechender Beweisantritt vorlag.72 Darauf, ob die Partei sich die Urkunde selbst beschaffen kann, kommt es gem. § 273 Abs. 2 Nr. 2 nicht an73 (anders aber § 432 Abs. 2). Andererseits kann das Gericht die Behörde zur Urkundenvorlegung nicht zwingen, sondern ist insoweit auf die Mitwirkung der Parteien angewiesen. Inwieweit die Behörde die Urschrift vorlegen darf, richtet sich nach ihren Vorschriften. Ist dies nicht der Fall, wird eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift genügen. Darf die Behörde nur mit Zustimmung der Parteien vorlegen, kann das Gericht die Vorlegung ohne Zustimmung der Parteien nicht gem. § 273 Abs. 2 Nr. 2 verlangen. Urkunden und Auskünfte, die den Parteien nicht zugänglich gemacht werden dürfen, darf der Vorsitzende auch nicht gem. § 273 Abs. 2 Nr. 2 heranziehen, da sie nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung werden können. Andererseits sind den Parteien hinzugezogene Akten voll zugänglich zu machen (§ 299 Rdn. 14). Dienen solche Akten nicht der Beweiserhebung und machen die Parteien ihren Inhalt nicht zum Vortrag, dürfen sie bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden.74 Es kann nur um amtliche Auskünfte ersucht werden. Als amtlich („amtskundig“) sind vergleichbar mit der Gerichtskundigkeit diejenigen Tatsachen anzusehen, von denen der Sachbearbeiter auf Grund seiner amtlichen Tätigkeit Kenntnis erlangt hat und deren Überprüfung anhand von Unterlagen möglich ist.75 Amtliche Auskünfte
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1069 169 BVerfGE 65, 305, 307 f. = NJW 1984, 1026; BGH NJW 1993, 1926, 1927 f.; vgl. zum Verhältnis von § 273 Abs. 2 Nr. 1 und § 356 Reinecke MDR 1990, 767, 769. 70 1070 2 Näher hierzu Bathe S. 164 ff. 1071 371 Siehe aber Schreiber S. 90 f., der Akten nicht dem Urkundenbegriff unterstellt, soweit sie Stammbäume, Pläne, Risse und sonstige Zeichnungen enthalten, hier aber § 273 Abs. 1 anwendet. 1072 472 BVerfG NJW 1994, 1210, 1211. 1073 573 So auch OLG Hamm NJW-RR 2002, 504, jedoch
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mit der Ausnahme (dh keine Pflicht zur Beiziehung), wenn es sich um Strafakten handelt, die die Parteien selbst einsehen können und die Beiziehung dem Gericht wegen des Umfangs der Akten nicht zuzumuten ist. 74 1074 6 Vgl. dazu Bathe S. 155 ff., 161 f., 208; Schreiber S. 93. 1075 775 Hohlfeld S. 49 ff., 63: was nicht schriftlich niedergelegt ist, kann nur Gegenstand einer Zeugenaussage sein; Sonnemann S. 8, 10 f.
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sind z.B. die Erklärung einer Behörde über die Echtheit einer Urkunde,76 ebenso die Auskunft eines Rentenversicherungsträgers über Grund und Höhe von Versorgungsanwartschaften (§ 53b Abs. 2 FGG)77. Äußerungen des Gutachterausschusses nach dem BauGB sind nur dann amtliche Auskünfte78, wenn sie eine Mitteilung über bereits gesammelte Daten enthalten, ansonsten handelt es sich um ein Sachverständigengutachten79 einer Behörde.80 Gleiches gilt für die Auskunft einer Straßenverkehrsbehörde über die Wirksamkeit von Streumaßnahmen bei einer bestimmten Wetterlage.81 Keine amtlichen Auskünfte sind die dienstliche Äußerung82 eines wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richters (Sonderfall des Zeugenbeweises),83 die Auskünfte der Industrie- und Handelskammern über die Geltung von Handelsbräuchen (Sachverständigengutachten),84 die Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer85 sowie Auskünfte privater Organisationen wie Arbeitgeber, Banken, Versicherungen und Krankenkassen.86 Bei der Einholung amtlicher Auskünfte ist zu beachten, dass diese bereits eine Beweisanordnung darstellen kann,87 jedenfalls dann, wenn sich die Anfrage auf Tatsachen bezieht.88 Die amtliche Auskunft kann bereits Zeugenaussage oder Sachverständigengutachten sein. Nach Ansicht des BGH89 zu dem gleichlautenden § 272b Abs. 2 Nr. 2 a.F. durchbricht diese Vorschrift den Grundsatz, dass Beweisanordnungen nur vom Gericht zu treffen sind.90 In der Begründung zur Vereinfachungsnovelle wird allerdings ausdrücklich festgestellt, dass die vorbereitenden Maßnahmen abweichend vom bisherigen Recht keine Anordnung von Beweisaufnahmen vor der mündlichen Verhandlung mehr umfassen.91 Dies ist allein dem Gericht gem. § 358a vorbehalten, der in Nr. 2 auch die Einholung amtlicher Auskünfte vorsieht. Aus diesem Grund kann die Auskunft im Rahmen des § 273 Abs. 2 Nr. 2 nur zu informatorischen Zwecken und nicht zu Beweiszwecken eingeholt werden (z.B. Anforderung der Grundakten bei § 894 BGB92).93 Alle Stellen, die amtliche Auskünfte gem. § 273 Abs. 2 Nr. 2 erteilen können, sind zur Amtshilfe gem. Art. 35 Abs. 1 GG grundsätzlich verpflichtet.94 Die Auskunft ist unmittelbar bei der Stelle zu ersuchen, die die Auskunft erteilen soll, der Dienstweg muss nicht eingehalten werden.95 Schon vorliegende Auskünfte dürfen verwendet
1076 176 Hohlfeld S. 181 ff . 1077 277 BGHZ 89, 114, 119 = NJW 1984, 438, 439; OLGR Rostock 2007, 205; Jansen/Wick FGG3 Bd. 2 (2005) § 53b Rdn. 39; Hohlfeld S. 183 ff. 1078 378 OLG Stuttgart NJW-RR 1987, 190; KG NJW 1971, 1848; LG Berlin NJW 1964, 672. 79 1079 4 BGHZ 62, 93, 95 = NJW 1974, 701. 80 1080 5 Hohlfeld S. 192 ff. 1081 681 Bedenklich deshalb OLGR Bremen 2006, 105, 106, das von einer amtlichen Auskunft ausgeht, die den Sachverständigenbeweis ersetzt. 1082 782 Vgl. Sonnemann S. 9. 1083 883 Hohlfeld S. 190 ff.; aA Peters Der sogenannte Freibeweis im Zivilprozeß (1962), S. 116. 84 1084 9 BGH BB 1976, 480, 481; BayObLG ZSW 1986, 98, 99; Hohlfeld S. 194 ff.; aA BGH MDR 1960, 107. 85 1085 10 Hohlfeld S. 199 ff. 86 1086 11 Hohlfeld S. 203 ff.; Schöpflin Die Beweiserhebung von Amts wegen im Zivilprozeß (1992), S. 311 ff.; vgl. aber Hahn Kooperationsmaxime
im Zivilprozeß (1983), S. 231 Fn. 548, der eine halbamtliche Auskunft gem. § 273 Abs. 1 zulassen will. 87 1087 12 Zur schwierigen Abgrenzung, inwieweit sie nur vorbereitende Maßnahme und inwieweit sie Beweismittel ist, vgl. Hohlfeld S. 64 ff. 88 1088 13 So BGH LM Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6 zu § 272b a.F. 89 1089 14 BGH LM Nr. 6 zu § 272b ZPO. 90 1090 15 Vgl. dazu auch Brüggemann Judex statutor und Judex investigator (1968), S. 376 ff. 91 1091 16 BT-Drucks. 7/2729 S. 68. 92 1092 17 Zöller/Greger Rdn. 7. 93 1093 18 Bedenklich deshalb OLGR Bremen 2006, 105, 106; Schneider MDR 1980, 177 f.; aA Bischof Rdn. 63, der allerdings auf die Gesetzesbegründung nicht eingeht. 94 1094 19 Hohlfeld S. 142 ff., 150; zu den Grenzen der Amtshilfe S. 157 ff.; vgl. dazu auch Schreiber S. 91 ff. 95 1095 20 Hohlfeld S. 150 ff.
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werden, also auch wenn sie nicht angefordert wurden.96 Der Inhalt der Auskunft bindet das Gericht nicht.
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b) Behördenbegriff. Wesentliches Merkmal einer Behörde ist, dass es sich um ein in den allgemeinen Organismus eingefügtes Organ der Staatsverwaltung97 zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben98 handelt. Für § 273 Abs. 2 Nr. 2 ist der organisationsrechtliche Behördenbegriff und nicht der verwaltungsrechtliche iSd § 1 VwVfG heranzuziehen.99 Dies bedeutet zum einen, dass es sich „um eine selbständige Stelle handeln muss, die durch ihre Organisation in den allgemeinen Organismus der Behörden derart eingefügt ist, dass ihr Bestand von dem einzelnen Amtsträger unabhängig ist“.100 Zum anderen muss die organisatorische Stellung auf öffentlichem Recht beruhen, die Behörde öffentlichrechtlichen Charakter haben.101 Unter einer Behörde102 sind sowohl die Behörden der unmittelbaren Selbstverwaltung, die Ministerien des Bundes und der Länder103 mit ihren Mittel- und Unterbehörden, die obersten Bundesgerichte als auch die anderen Gerichte,104 sowie die Sonderverwaltungsbehörden (z.B. Statistisches Bundes- oder Landesamt, BKA, LKA, Landesamt für Verfassungsschutz, Bundesund Landesgesundheitsamt, Kraftfahrtbundesamt, Bundeskartellamt, Deutsches Patentamt)105 einschließlich der öffentlichrechtlichen Körperschaften,106 die Deutsche Rentenversicherung107 und ihre Organe (vgl. § 31 Abs. 3 SGB IV), die Gebietskörperschaften,108 die Rundfunkanstalten,109 die Industrie- und Handelskammern,110 die Handwerkskammern, die Ärzte- und Rechtsanwaltskammern,111 das Versicherungsaufsichtsamt112 und die öffentlichen Sparkassen113 zu verstehen. Träger eines öffentlichen Amtes sind z.B. Minister, Standesbeamte, Bürgermeister oder Notare (§ 1 BNotO), nicht aber Beliehene wie z.B. der Technische Überwachungsverein.114 Keine Behörden sind solche Organisationen, die vom staatlichen Behördenaufbau losgelöst sind.115 Natürliche und juristische Personen des Privatrechts, wie z.B. das Rote Kreuz116, sind keine Auskunftspersonen,117 auch wenn sie als Beliehene oder auf Grund des Gesetzes öffentliche Aufgaben übernehmen,118 wie z.B. Deutsche Bahn AG, Telekom AG, Deutsche Post AG, TÜV. 1096 196 BGH NJW 1957, 1440 = BGH LM Nr. 4 zu § 272b a.F. 97 1097 2 BGH NJW 1964, 299; BGHZ 25, 186, 188 f. = NJW 1957, 1673; BGHZ 3, 110, 116 f. = NJW 1951, 799; BayObLG Rpfleger 1978, 141; BayObLG Rpfleger 1969, 243, 244; Hohlfeld S. 64 ff., 67; Schneider MDR 1980, 177. 1098 398 Vgl. OLG Braunschweig FamRZ 1962, 193, 195. 1099 499 Hohlfeld S. 32 ff., 41 ff.; aA Sonnemann S. 4 ff. 100 51100 BGHZ 6, 304, 306; Hohlfeld S. 33; vgl. auch RGSt 18, 246, 250. 101 61101 BGH NJW 1951, 799; Stein/Jonas/Leipold § 415 Rdn. 3, nach dessen Ansicht die Funktion der Stelle Ausfluss der Staatsgewalt sein muss. 102 71102 Ausführlich dazu Hohlfeld S. 29 ff. 103 81103 LG Gießen DRiZ 1965, 303; vgl. Schreiber S. 90. 104 91104 BGH NJW 1958, 1779. 105 1105 10 Hohlfeld S. 43. 106 1106 11 Kirchen nur, soweit sie staatliche Aufgaben wahrnehmen, vgl. Hohlfeld S. 38 ff., S. 43 f. 107 1107 12 Vgl. BGHZ 89, 114, 119 = NJW 1984, 438, 439; OLGR Rostock 2007, 205; aA BGH NJW 1964, 299 f. zu § 29 Abs. 1 FGG für die vormalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA).
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13 Hohlfeld S. 43. 109 1109 14 Vgl. BVerfG NJW 1971, 1739: die Rundfunkanstalten stehen in öffentlicher Verantwortung, nehmen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr und erfüllen eine integrierende Funktion für das Staatsganze. 110 1110 15 BGH MDR 1969, 107; OLG Karlsruhe Rpfleger 1963, 204, 205. 111 1111 16 Hohlfeld S. 43. 112 1112 17 BGH VersR 1952, 37, 38 (auch wenn sich die Auskunft auf Ermittlungen stützt, die das Aufsichtsamt bei einschlägigen Gesellschaften angestellt hat). 113 1113 18 BGH NJW 1963, 1630, 1631. 114 1114 19 Vgl. dazu Hohlfeld S. 45 ff. 115 1115 20 BGH NJW 1964, 299, 300; aA Zöller/Greger Rdn. 8, nach dessen Ansicht es allein darauf ankommt, ob die Ankunft die Ausübung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung betrifft. 116 1116 21 BayObLGZ 1969, 89, 94. 117 1117 22 BGHZ 3, 110, 115 = NJW 1951, 799. 118 1118 23 Hohlfeld S. 33 mwN.
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Auch die Einholung von Auskünften ausländischer Behörden im Wege der Rechtshilfe ist durch § 273 Abs. 2 Nr. 2 gedeckt.119
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c) Auskunft über ausländisches Recht. Besonders geregelt ist die Auskunft über ausländisches Recht im Londoner Europäischen Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht120 auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts, des Verfahrensrechts auf diesen Gebieten und des Gerichtsverfassungsrechts (Art. 1). Zur Ausführung sind gem. Art. 2 staatliche Verbindungsstellen gebildet worden. Das Ersuchen geht unmittelbar an die Übermittlungs- oder Empfangsstelle des ersuchten Staates (Art. 5). Art. 9 regelt die Übermittlung an die entsprechende Stelle. Vorausgesetzt wird ein anhängiges gerichtliches Verfahren (Art. 3). Die Auskunft kann nur von einem Gericht (auch von einem Vorsitzenden oder Einzelrichter) gefordert werden (Art. 3) oder auf Gesuch eines Beteiligten, dem ein genehmigender Beschluss des Gerichts beizufügen ist (Art. 4 Abs. 4). Den Inhalt des Auskunftsersuchens beschreibt Art. 4 Abs. 1 und 2, wonach die Auskunftspunkte und das Rechtssystem sowie der Sachverhalt, soweit dies zum Verständnis des Ersuchens erforderlich ist, anzugeben sind. Die Auskunft wird entweder von der Empfangsstelle oder von anderen staatlichen oder öffentlichen, in geeigneten Fällen auch von privaten Stellen gegeben (Art. 6), wobei Art. 6 Abs. 3 die Kostenfrage regelt, über die sonstigen Kosten vgl. Art. 15. Die Auskunft soll den Wortlaut des einschlägigen Gesetzes, dazu gehörende Entscheidungen und Schrifttum sowie Gesetzesmaterialien enthalten (Art. 7). Art. 10 statuiert die Pflicht zur Auskunftserteilung, von der Art. 11 nur dann eine Befreiung gibt, wenn die Interessen des angefragten Staates, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit gefährdet sind. Anfrage und Auskunft werden in der Landessprache des ersuchten Staates erklärt (Art. 14). Das AuRAG vom 5.7.1974121 statuiert bei inländischem Auskunftsersuchen an das Ausland in § 1 den Gerichtsbetrieb, obgleich auch das Gericht die Fassung des Ersuchens den Parteien überlassen darf. Empfangsstelle ist das Bundesministerium der Justiz (§ 9), soweit die Länder keine Übermittlungsstellen einrichten. Die Vernehmung von Personen, die die Auskunft bearbeitet haben, ist gem. § 4 nicht zulässig. Für ausländische Ersuchen gelten die §§ 5 ff., wobei § 6 Abs. 2 die entsprechende Anwendung der §§ 407, 408, 409, 411 Abs. 1 S. 2, 412 Abs. 1 ZPO, § 16 EntschädigungsG vorschreibt. Auch in Ländern, in denen das Abkommen nicht gilt, sind Anfragen an ausländische Dienststellen nicht ausgeschlossen.
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3. § 273 Abs. 2 Nr. 3 § 273 Abs. 2 Nr. 3 lässt die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien zu. Dies entspricht der sonst dem Gericht zustehenden Anordnung gem. § 141.122 Obwohl § 273 Abs. 2 Nr. 3 die Einschränkung des § 141 Abs. 1 S. 2 nicht enthält, gilt diese auch hier, da dem Vorsitzenden nicht weitergehende Befugnisse zugesprochen werden können als dem Gericht. § 142 Abs. 2 und 3 sind gem. § 273 Abs. 4 S. 2 anzuwenden. Dies bedeutet, dass bei einer persönlichen Ladung der Partei ihr Ausbleiben bzw ihre mangelnde Vertretung zur Festsetzung eines Ordnungsgelds (§§ 273 Abs. 4 S. 2, 141 Abs. 3 S. 1, 380 Abs. 1 S. 2) führen kann, wenn die Partei auf diese Folgen 1119 1119 BGH NJW 1992, 3106, 3107; BGH WM 1977, 478, 479 lässt dies dahinstehen, weil Heilung gem. § 295 eingetreten ist.
120 21120 BGBl II 1974 S. 937. 121 31121 BGBl I S. 1433. 122 41122 Bietz DRiZ 2003, 406.
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§ 273
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
hingewiesen worden ist. Zwar kommt die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei vor deren streitiger Einlassung als vorbereitende Maßnahme in Betracht, da ja mit einer Einlassung zu rechnen ist.123 Lässt sich die Partei aber später nicht auf die Sache ein, kann kein Ordnungsgeld verhängt werden.124 Dies ergibt sich daraus, dass § 141 keine Pflicht zur Einlassung statuiert (vgl. § 141 Rdn. 48) und die Partei andernfalls mittelbar dazu gezwungen werden könnte, sich auf den Rechtsstreit einzulassen.125 Die Partei darf sich von ihrem Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, der zur Aufklärung des Tatbestands in der Lage sein muss,126 ansonsten gilt die Partei als nicht erschienen.127 Das persönliche Erscheinen kann aber auch gem. § 278 Abs. 3 zur Güteverhandlung angeordnet werden und gem. §§ 613, 640 Abs. 1 in Ehe- und Kindschaftssachen. Eine Parteivernehmung ist allerdings in der mündlichen Verhandlung nur auf Grund eines förmlichen Beweisbeschlusses möglich. 4. § 273 Abs. 2 Nr. 4
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Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen ist nur dann sinnvoll, wenn eine Beweiserhebung überhaupt erforderlich ist. Die Beweisbedürftigkeit hängt davon ab, inwieweit der Beklagte die Behauptungen des Klägers bestreitet. Deshalb muss zumindest die Klageerwiderung des Beklagten abgewartet werden (vgl. dazu Rdn. 11 und Rdn. 49). Zur Klärung, ob ein Beweisthema streitig ist, kann der Vorsitzende den Parteien eine Frist setzen (§ 273 Abs. 2 Nr. 1). Da von § 273 keine vorgezogenen Beweisaufnahmen gedeckt sind (vgl. Rdn. 15), sind die Vernehmung eines Zeugen oder die Einholung schriftlicher Auskünfte nach § 377 Abs. 3 und 4 nicht zulässig. Hierzu ist ein Vorgehen nach § 58a erforderlich.128 a) Ladung von Zeugen. Zeugen darf der Vorsitzende nur laden, wenn sich eine Partei zwecks Beweises darauf bezogen hat (§ 273 Abs. 2 Nr. 4), dh ihre Vernehmung beantragt (§ 373) und inzwischen, also bis zum Termin, noch nicht darauf verzichtet hat (§ 399). Verzichtet die Partei noch vor dem Termin auf die Vernehmung des Zeugen, so ist dieser abzubestellen. Zudem kann der Vorsitzende eine Anordnung gem. § 378 treffen. Die Ladung erfolgt gem. §§ 377, 402. Sie muss den Gegenstand der Vernehmung und die Anweisung gem. § 377 Abs. 2 Nr. 3 enthalten, da ansonsten bei Nichterscheinen keine Ordnungsmittel gem. § 380 verhängt werden können.129 Die Zeugen müssen erscheinen, unabhängig davon, ob das Gericht ihre Vernehmung dann anordnet oder nicht. Die Zeugenvernehmung soll nur vorbereitet werden, wenn der Beklagte bereits dem Klageantrag widersprochen hat (§ 273 Abs. 3), also auch in einem vorbereitenden Schriftsatz. Ein Verstoß dagegen ist allerdings ohne Folge, so dass eine entgegen dem § 273 Abs. 3 ergangene Ladung wirksam ist.130 Jedoch erübrigt sich die Beweisaufnahme, soweit der Sachverhalt unstreitig ist.
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1
AA OLG Köln OLGZ 1973, 365, 367, das eine vorbereitende Maßnahme wie die Ladung der Parteien vor Klageerwiderung für unzulässig hält. 1124 2124 OLG München MDR 1978, 147; OLG Köln JurBüro 1976, 1112, 1113; OLG Celle NJW 1979, 1689; MünchKomm/Prütting Rdn. 23.
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3 OLG Köln JurBüro 1976, 1112, 1113. 126 41126 Vgl. dazu OLG München MDR 1978, 147. 127 51127 OLG Frankfurt NJW 1991, 2090. 128 61128 MünchKomm/Prütting Rdn. 23. 129 71129 OLGR Saarbrücken 2005, 960, 961; OLG Celle OLGZ 1977, 366, 368 f.; KG NJW 1976, 719, 720. 130 81130 MünchKomm/Prütting Rdn. 24.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 273
Wenn davon auszugehen ist, dass dem Zeugen Unterlagen zum Beweisthema zur Verfügung stehen, kann mit der Ladung eine Anordnung nach § 378 verbunden werden (§ 273 Abs. 2 Nr. 4 HS 2) die dem Zeugen aufgibt, diese Unterlagen mitzubringen oder vorher einzusehen.
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b) Ladung von Sachverständigen. Sachverständige können geladen werden, ohne dass eine Partei dieses Beweismittel benannt hat. Fehlt ein Beweisantritt, kann jedoch kein Auslagenvorschuss nach § 379 verlangt werden.131 Weiterhin gelten für den Sachverständigen die Ausführungen zur Ladung von Zeugen entsprechend (Rdn. 49).
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5. § 273 Abs. 2 Nr. 5 Der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts kann auch die ansonsten vom Gericht zu treffenden Anordnungen nach §§ 142, 144 erlassen.
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a) Anordnung gem. § 142 (Urkundenvorlegung und Urkundenübersetzung). So kann er die Vorlegung von Urkunden oder sonstigen Unterlagen unabhängig von dem Beweisantritt einer Partei von einer Partei oder einem Dritten verlangen, um sich möglichst früh einen umfassenden Überblick über den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt zu verschaffen.132 Allerdings muss sich eine der Parteien auf die Urkunde bezogen haben,133 ansonsten handelt es sich um eine prozessordnungswidrige Verwendung des Beweismittels von Amts wegen, die mit der gebotenen Neutralität des Richters nicht vereinbar ist.134 Die Voraussetzungen der §§ 422, 423, wenn der Gegner der behauptungs- und beweisbelasteten Partei die Urkunde in seinen Händen hat, müssen nicht vorliegen.135 Die Parteien sind verpflichtet, (innerhalb der gem. § 142 Abs. 1 S. 2 gesetzten Frist) der Anordnung Folge zu leisten, die Vorlegung ist jedoch nicht erzwingbar. Bei Säumnis gilt § 296 Abs. 1, wenn sich die Anordnung an die Partei richtet. Bei Nichtvorlegung durch den Gegner trotz Anordnung gem. § 273 Abs. 2 Nr. 5 können diesen auch die Sanktionen des § 427 treffen.136 Dritte sind ebenfalls zur Vorlegung verpflichtet, jedoch nur insoweit als dies ihnen zumutbar ist und ihnen kein Zeugnisverweigerungsrecht (§§ 383 ff.) zusteht. Auch die Übersetzung von Urkunden kann von den Parteien verlangt werden (§ 142 Abs. 3). Ob darüber hinaus die Erstellung von Urkunden angeordnet werden kann, ist strittig,137 dürfte aber angesichts der Verweisung auf § 142 in § 273 Abs. 2 Nr. 5 n.F. wohl zu verneinen sein: „in ihrem Besitz befindlichen Urkunden.“
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b) Anordnung gem. § 144 (Augenschein und Sachverständige). Außerdem kann der Vorsitzende die Einnahme eines Augenscheins sowie die Begutachtung durch einen Sachverständigen auch ohne Beweisantritt einer Partei anordnen.138 Dabei hat er dem Sachverständigen die Anknüpfungstatsachen so genau wie möglich mitzuteilen. Nur diese Tatsachen werden Grundlage des zu erstellenden Gutachtens.139 Die Anord-
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1
BGH FamRZ 1969, 477, 478; Zöller/Greger Rdn. 11; vgl. Baur ZZP 66 (1953), 209, 221. 2 Begründung zum ZPO-RG BT-Drucks. 14/4722 S. 78. 1133 3133 Vgl. zur Bezugnahme als Vorlegungsgrund ausführlich Schreiber S. 101 ff. 134 41134 BVerfG NJW 1994, 1210, 1211. 135 51135 AA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 25; Schreiber 132 1132
S. 75 f., 78, beide zur Gesetzeslage vor dem ZPORG. 6 Vgl. dazu Schreiber S. 146 ff., 149 noch zur alten Rechtslage. 1137 7137 Bejahend Born NJW 1995, 571. 138 81138 Vgl. hierzu näher Bathe S. 172 ff. 139 91139 So Bathe S. 175 mwN. 136 1136
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§ 273
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
nungskompetenz bezieht sich auch auf die Vorlegung eines Augenscheinsobjekts durch die Parteien oder einen Dritten innerhalb einer bestimmten Frist. Für die Vorlegung gilt das oben (vgl. Rdn. 54) Gesagte. 6. Weitere Maßnahmen
58 59
Als weitere in § 273 Abs. 2 nicht aufgeführte Maßnahme kommt z.B. in Betracht, dass den Parteien die Mitteilung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben wird.140 Allerdings ist zu beachten, dass dem Vorsitzenden keine weitergehenden Befugnisse zustehen als dem Gericht.141
V. Einschränkungen (§ 273 Abs. 3)
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Damit nicht unnötige Kosten verursacht und Dritte nicht unnötig belästigt werden, schreibt § 273 Abs. 3 vor, dass die Ladung von Zeugen oder Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung sowie die Anordnungen zur Vorlegung von Urkunden und Augenscheinsobjekten, soweit sie Dritte betreffen, nur dann ergehen sollen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat (vgl. Rdn. 49).142 Nur dann ist damit zu rechnen, dass ein dementsprechender Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt wird. Hierfür genügt es jedoch, wenn die Berufungsbegründungsschrift hinreichenden Anlass für ein Tätigwerden des Gerichts nach § 273 gibt, z.B. wenn der Gegner den darin enthaltenen Sachvortrag im ersten Rechtszug bereits bestritten hat.143 Der Vorsitzende kann bei der Ladung eines Zeugen einen Auslagenvorschuss von der Beweis führenden Partei gem. § 379 verlangen (§ 273 Abs. 3 S. 2),144 nicht dagegen bei der Ladung eines Sachverständigen gem. § 144.145 Auch in den anderen in Abs. 3 nicht genannten Fällen empfiehlt es sich, die Klageerwiderung abzuwarten, weil das bloße Vorliegen der Klageschrift meist keine ausreichende Grundlage für Anordnungen gem. § 273 Abs. 2 bietet.146 Eine Schlüssigkeitsprüfung sollte jedoch gleich erfolgen, so dass entsprechende Ergänzungen sofort gem. § 273 Abs. 2 Nr. 1 angefordert werden können.147
VI. Benachrichtigung der Parteien (§ 273 Abs. 4)
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§ 273 Abs. 4 dient dem Schutz der Parteien vor Überrumpelung und dem Schutz der Zeugen.148 Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen, dh es muss eine formlose Mitteilung an beide Parteien zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten (§ 172) ergehen. Geschieht dies nicht, verstößt die Verwertung des Beweismittels gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs.149 Deshalb ist die Vernehmung eines prozessleitend geladenen Zeugen unzulässig, wenn die Parteien nicht benachrichtigt worden sind.150 Gelegenheit zur Stellungnahme muss der Gegenpartei vor der Ladung jedoch 140 1140
1 OLG Düsseldorf MDR 1992, 812. 141 21141 Baur ZZP 66 (1953), 209, 213. 142 31142 BGH NJW 1987, 499. 143 41143 BGH NJW 1996, 528, 529. 144 51144 Putzo NJW 1977, 1, 2. 145 61145 BGH FamRZ 1969, 477, 478; vgl. Baur ZZP 66 (1953), 209, 221. 146 71146 OLG Köln OLGZ 1973, 364, 367 (zu §§ 272b, 279a a.F.) hält Anordnungen nach diesen Vor-
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schriften allgemein erst nach Eingang der Klageerwiderung für möglich; vgl. auch Baur ZZP 66 (1953), 209, 214; Kalthoener DRiZ 1975, 201, 203; aA Bischof Rdn. 138. 147 81147 Bischof Rdn. 138. 148 91148 OLG Schleswig NJW 1991, 303, 304. 149 1149 10 BVerfG NJW 1994, 1210, 1211. 150 1150 11 OLG Schleswig NJW 1991, 303, 304.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 274
nicht gegeben werden.151 Das Ergebnis einer entgegen § 273 Abs. 4 durchgeführten Beweisaufnahme ist vorbehaltlich einer Heilung nach § 295152 nicht verwertbar.153 Wird der Mangel der unterbliebenen Benachrichtigung in der Verhandlung gerügt, so ist diese zu vertagen und geladene Zeugen sowie Sachverständige im nächsten Termin zu vernehmen.154 Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, wenn ihr persönliches Erscheinen angeordnet wird (§ 141 Abs. 2), auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Eine Zustellung der Ladung ist jedoch nicht erforderlich. Bleibt die Partei im Termin aus, kann ihr ein Ordnungsgeld auferlegt werden, es sei denn, dass sie einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestands in der Lage ist und zur Abgabe gebotener Erklärungen ermächtigt ist (§ 141 Abs. 3).
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VII. Gebühren Wegen des Wegfalls von Beweis- und Erörterungsgebühr nach der Neufassung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes155 ist die Problematik der die Beweisgebühr auslösenden Maßnahmen nach § 273 entfallen.156
§ 274 Ladung der Parteien; Einlassungsfrist (1) Nach der Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung ist die Ladung der Parteien durch die Geschäftsstelle zu veranlassen. (2) Die Ladung ist dem Beklagten mit der Klageschrift zuzustellen, wenn das Gericht einen frühen ersten Verhandlungstermin bestimmt. (3) Zwischen der Zustellung der Klageschrift und dem Termin zur mündlichen Verhandlung muss ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegen (Einlassungsfrist). Ist die Zustellung im Ausland vorzunehmen, so hat der Vorsitzende bei der Festsetzung des Termins die Einlassungsfrist zu bestimmen. Schrifttum Bischof Der Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle, 1980; ders. Streitfragen der Vereinfachungsnovelle, NJW 1977, 1897; Grunsky Die Straffung des Verfahrens durch die Vereinfachungsnovelle, JZ 1977, 201.
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1 Deubner FS Lüke (1997), S. 51, 62. 1152 2152 BVerwG NJW 1980, 900. 153 31153 BVerwG NJW 1980, 900; OLG Schleswig NJW 1991, 303, 304; MünchKomm/Prütting Rdn. 28.
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Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 36; aA Geißler NJW 1991, 2885, 2886. 1155 5155 Vom 5.5.2004, BGBl I S. 718, 780. 156 61156 Zur früheren Rechtslage ausführlich Born NJW 1995, 571; Schneider MDR 1980, 177. 4
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§ 274
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Übersicht Rdn
I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Veranlassung der Ladung . . . . . 1. Voraussetzungen . . . . . . . . a) zu Ladende . . . . . . . . . b) Aufgabe der Geschäftsstelle . . 2. Durchführung der Ladung . . . . a) Förmliche Zustellung bzw formlose Mitteilung . . . . . . .
3 6 7 9 10 10
Rdn b) Inhalt der Ladung . . . . . . c) Mängel der Ladung . . . . . . IV. Klagezustellung und Ladung
14 15
. . .
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V. Einlassungsfrist . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Mindestfrist . . . . . 2. Anwendungsbereich . . . . . . 3. Abkürzung und Verlängerung . . 4. Öffentliche Zustellung und Zustellung im Ausland . . . . . . . . 5. Folgen der Nichtwahrung der Frist
20 22 25 32 33 35
I. Gesetzesgeschichte
1
§ 274 wurde durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19761 neu gefasst. Durch das Gesetz zur Abschaffung der Gerichtsferien vom 28.10.19962 wurde § 274 Abs. 3 S. 2 aufgehoben, der eine Einlassungsfrist für Mess- und Marktsachen von vierundzwanzig Stunden vorsah.
II. Normzweck
2
§ 274 regelt die Ladung der Parteien, die Zustellung der Ladung mit der Klage und die Einlassungsfrist. § 274 Abs. 1 entspricht § 261a Abs. 1 a.F. § 274 Abs. 2 ist nach der Vereinfachungsnovelle von 1976 notwendig geworden, weil die Zustellung der Klage jetzt gem. § 271 Abs. 1 zu veranlassen ist. Eine gleichzeitige Zustellung der Ladung sollte bei der Wahl des frühen ersten Termins weiterhin erforderlich sein. Lediglich für das schriftliche Vorverfahren entfallen eine gleichzeitige Terminsbestimmung und damit eine Ladung. § 274 Abs. 3, der mit § 262 a.F. übereinstimmt, hat hauptsächlich Bedeutung für den frühen ersten Termin, da bei einem schriftlichen Vorverfahren bis zur Bestimmung des Haupttermins genügend Zeit zur Einlassung vergangen ist. § 274 Abs. 3 dient vor allem dem Schutz des Beklagten (vgl. Rdn. 20).
III. Veranlassung der Ladung
3
4
Die Ladung iSd § 274 ist die Aufforderung an die Parteien, zu dem angesetzten Termin zu erscheinen. Die Ladung erfolgt von Amts wegen (§ 214). § 274 Abs. 1 bestimmt wie bei allen Zustellungen von Amts wegen (§ 168), dass die Ladung zum Termin nach Terminsanberaumung (§ 216) von der Geschäftsstelle zu veranlassen ist. Im Verhältnis zu § 214, der die Veranlassung zur Ladung von Amts wegen festlegt, regelt § 274 Abs. 1 die Zuständigkeit der Geschäftsstelle für die Ausführung der Ladung. § 274 Abs. 1 gilt für jeden Termin. Bei verkündeten Terminen ist jedoch eine förmliche Ladung nicht erforderlich (§ 218), auch nicht gegenüber Nichterschienenen, so1 11157 BGBl I S. 3281, 3284.
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2 21158 BGBl I S. 1546.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 274
fern nicht die besonderen Fälle der §§ 335 Abs. 2, 337 S. 2 oder die persönliche Ladung einer nicht anwesend gewesenen Partei gem. §§ 141 Abs. 2, 273 Abs. 2 Nr. 3, 278 Abs. 3 S. 2, 612 Abs. 2, 640 oder die des § 450 Abs. 1 S. 2 vorliegen. Im amtsgerichtlichen Verfahren ist eine Ladung einer Partei nicht erforderlich, wenn der Termin, der auf Grund einer von der Partei eingereichten Klage oder eines Antrags stattfindet, der Partei bereits mitgeteilt worden ist (§ 497 Abs. 2 S. 1).
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1. Voraussetzungen
6 a) zu Ladende. Geladen werden die Parteien, also jeder Kläger, jeder Beklagte, 7
Die Ladung selbst setzt keinen besonderen Antrag voraus (vgl. § 214).
jeder Streitgenosse (§ 63), sogar der säumig gewesene, noch nicht ausgeschiedene Streitgenosse (§ 62 Abs. 2) bzw Antragsteller und Antragsgegner (vgl. § 491), die Gläubiger, die sich der Klage nicht angeschlossen haben auf Antrag des Drittschuldners gem. § 856 Abs. 3, jeder Streitgehilfe, auch der noch nicht zugelassene (§ 71 Abs. 3), der als Urheber Benannte auf Antrag (§§ 76, 77), die Rechtsnachfolger (§ 239 Abs. 2), die Nacherben (§ 242), Beizuladende (§ 640e Abs. 1 S. 1). Nicht mehr zu laden ist die alte Partei, nachdem sie in den Fällen der §§ 75 bis 79, 265, 266 ausgeschieden und an ihre Stelle eine neue getreten ist und entsprechend nach §§ 239, 242, sofern ein Parteiwechsel stattgefunden hat. An Stelle der Partei ist ihr Prozessbevollmächtigter (§ 172), an Stelle der prozessunfähigen Partei ihr gesetzlicher Vertreter (§ 170) zu laden. In dem Fall des § 246 Abs. 2 ist auch der alte Bevollmächtigte zu laden, wenn nach Unterbrechung durch Tod oder Nacherbfolge der Streit ausgesetzt war. In Zwischenstreiten mit Dritten (§§ 71, 135, 387 f., 402) sind auch diese zu laden, sofern ein Termin für den Zwischenstreit angesetzt ist. Zur Ladung von Beweismitteln vgl. §§ 377, 402, 450. b) Aufgabe der Geschäftsstelle. In all diesen Fällen muss die Geschäftsstelle von sich aus alle in Betracht kommenden Personen laden bis auf den Fall des § 856 Abs. 3 ohne besonderen Antrag eines Beteiligten und ohne Anordnung des Gerichts. Auf besondere Anordnung des Gerichts sind ferner noch Ladungen an die Partei persönlich gem. §§ 141 Abs. 2 , 273 Abs. 2 Nr. 3, 278 Abs. 3 S. 2, 450 Abs. 1 S. 2, 613 Abs. 1 und § 645 durch die Geschäftsstelle auszuführen.
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2. Durchführung der Ladung a) Förmliche Zustellung bzw formlose Mitteilung. Die Ladung ist förmlich zuzustellen, soweit dies nicht anders bestimmt ist. Eine formlose Mitteilung des Verkündungstermins gegenüber der nicht erschienenen Partei genügt gem. §§ 251a Abs. 2 S. 3, 331a S. 2. Im amtsgerichtlichen Verfahren ist die erste Ladung dem Kläger formlos mitzuteilen, es sei denn, das Gericht hat die Zustellung angeordnet (§ 497 Abs. 1 S. 1). Dies gilt nicht für spätere Ladungen und nicht für den Beklagten oder seinen Streitgehilfen. Termine zur Erledigung eines vor dem beauftragten oder ersuchten Richter erhobenen Zwischenstreits bei der Beweisaufnahme (§ 366 Abs. 2) sowie der Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung nach Abschluss der Beweisaufnahme (§ 370 Abs. 2) brauchen den Parteien nur bekannt gemacht zu werden. Auch § 341a verlangt nur eine Bekanntgabe des Termins. Erscheint in diesen Fällen eine Partei nicht, so wird, wenn die rechtzeitige Bekanntgabe nicht nachzuweisen ist, kein Versäumnisurteil gegen sie erlassen werden dürfen (§ 335 Abs. 1 Nr. 2). Assmann
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§ 274
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
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b) Inhalt der Ladung. Die Ladung soll den Terminstag, die Terminsstunde, den genauen Terminsort und die Aufforderung enthalten, in dem Termin zu erscheinen. Außerdem soll in ihr allgemein angegeben werden, wozu der Termin bestimmt ist, also zur mündlichen Verhandlung oder zur Beweisaufnahme. Säumnisfolgen werden in der Ladung in der Regel nicht angedroht (§ 231 Abs. 1). Die etwaige Abkürzung der Ladungsfrist ist jedoch schriftlich mitzuteilen (§ 226 Abs. 3). In Verfahren mit Anwaltszwang muss die Ladung zur mündlichen Verhandlung, sofern sie nicht an einen Rechtsanwalt zugestellt wird, zudem die Aufforderung zur Anwaltsbestellung enthalten (§ 215).
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c) Mängel der Ladung. Die Ladungsfrist muss gegenüber beiden Parteien gewahrt werden (vgl. § 217 Rdn. 6). Die Nichtbeachtung der Vorschriften über die Ladung schließt nachteilige Folgen wegen einer Säumnis aus. Mängel der Zustellung können gem. § 189 geheilt werden.
IV. Klagezustellung und Ladung
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Entscheidet sich der Vorsitzende für einen frühen ersten Termin, hat er diesen möglichst kurzfristig unter Wahrung der Einlassungsfrist anzuberaumen. In diesem Fall ist gem. § 274 Abs. 2 die Ladung dem Beklagten sogleich mit der Klage zuzustellen. Allerdings ist es auch bei einem frühen ersten Termin zulässig oder eventuell notwendig, die Klageschrift bereits vor der Ladung zuzustellen. So kann das Gericht entgegen § 274 Abs. 2 aus Gründen der Prozessökonomie die Klage isoliert − also ohne Ladung – zustellen, falls die Kammer in Fällen, in denen keine originäre Einzelrichterzuständigkeit nach § 348 Abs. 1 S. 1 besteht (§ 348 Abs. 1 S. 2, Abs. 2), das Verfahren auf den Einzelrichter gem. § 348a übertragen will.3 Da hierfür dem Beklagten rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewährt werden muss, müsste der frühe erste Termin vor der Kammer stattfinden.4 Es ist prozessökonomischer, die Klageerwiderung abzuwarten, in der sich der Beklagte gem. § 277 Abs. 1 S. 2 zur Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter äußern soll. Das Gericht kann auch dann die Klage ausnahmsweise isoliert zustellen, wenn dies zur Terminsvorbereitung erforderlich ist, etwa weil noch vorbereitende Maßnahmen iSd § 273 zu treffen sind.5 Das Gericht muss zur Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen die Klage ohne Ladung zustellen, wenn der Kläger eine Notlage iSd § 14 Nr. 3 GKG glaubhaft (§ 294) macht und die Zustellung zur Herbeiführung der Rechtshängigkeit (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1) und ihrer Folgen (§§ 167, 262) erforderlich ist.6 Auch die Zustellung ohne Terminsbestimmung führt die Rechtshängigkeit herbei.7 Eine Ladung ohne Zustellung der Klage hingegen ist immer wirkungslos.8 Im schriftlichen Vorverfahren wird zunächst die Klage unverzüglich zugestellt (§ 271 Abs. 1). Die Ladung zum Haupttermin erfolgt dann in der Regel nicht sogleich, 3 11159 Stein/Jonas/Leipold21 § 271 Rdn. 12, 18 (noch zum alten Recht); vgl. Thomas/Putzo/Reichold § 277 Rdn. 8; aA Bischof Rdn. 234, der einer Verfahrensverzögerung dadurch begegnen will, dass bei voraussichtlicher Übertragung auf den Einzelrichter Kammertermine auf den Einzelrichtersitzungstag anberaumt werden (noch zum alten Recht).
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4 21160 Stein/Jonas/Leipold21 § 271 Rdn. 12, 18. 5 31161 MünchKomm/Prütting Rdn. 8. 6 41162 MünchKomm/Becker-Eberhard § 271 Rdn. 5; Zöller/Greger § 271 Rdn. 7; OLG München NJW 1966, 1517. 7 51163 MünchKomm/Becker-Eberhard § 271 Rdn. 5; BGHZ 11, 175, 177 = NJW 1954, 640, 641. 8 61164 KG NJW 1963, 1408.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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sondern später, wenn ein Haupttermin zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmt werden kann (§ 272 Rdn. 18).9 Bei der Ladung gem. § 274 Abs. 2 sollte deutlich gemacht werden, ob es sich um den frühen ersten Termin oder den Haupttermin handelt.10 Wird jedoch mit der Klageschrift sogleich die Ladung zu einem Termin zugestellt, kann dies als Anordnung eines frühen ersten Termins angesehen werden (vgl. § 274 Abs. 2).11
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V. Einlassungsfrist Die Einlassungsfrist ist nach der gesetzlichen Definition in § 274 Abs. 3 S. 1 die Frist zwischen der Zustellung der Klageschrift und dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung, nicht aber dem Gütetermin gem. § 278 Abs. 2. Werden Klage und Ladung gleichzeitig zugestellt, so ist zum Schutz des Beklagten12 die Einlassungsfrist zwischen Zustellung der Klage und dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung von mindestens zwei Wochen13 zu beachten. Diese Frist hat Bedeutung, wenn sich der Vorsitzende für den frühen ersten Termin entschieden hat. Im schriftlichen Verfahren wird sie durch die Setzung der verschiedenen Fristen gem. § 276 ohnehin gewahrt. Die Wahrung dieser Frist ist Ausfluss des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).14 Die Einlassungsfrist ist zu unterscheiden von der Ladungsfrist, die zwischen der Zustellung der Ladung und dem Terminstag liegen soll. Diese gilt für alle Beteiligten und ist in § 217 geregelt. Sie beträgt in Anwaltsprozessen mindestens eine Woche, in anderen Prozessen mindestens drei Tage (§ 217).
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1. Gesetzliche Mindestfrist Bei der Einlassungsfrist handelt es sich um eine Überlegungsfrist und Schutzfrist für den Beklagten in Form einer gesetzlichen Frist von zwei Wochen. Die Einlassungsfrist ist eine Zwischenfrist (§ 226). Die Frist beginnt mit der Zustellung der Klageschrift. Dies gilt auch, wenn die Ladung nicht gleichzeitig mit der Klage zugestellt wird.15 Bei der Fristberechnung werden der Tag der Zustellung und der Terminstag nicht mitgerechnet (§ 222).
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2. Anwendungsbereich § 274 Abs. 3 gilt nur für den ersten Termin zur mündlichen Verhandlung in erster Instanz. Für weitere Termine gelten die in den §§ 217, 132 bestimmten Fristen.16 § 274 Abs. 3 gilt in entsprechender Anwendung in der Berufungs- und Revisionsinstanz für die Frist zwischen der Bekanntgabe des Termins und der mündlichen Verhandlung (§§ 523 Abs. 2, 553 Abs. 2).
9 11165 Bischof NJW 1977, 1897; Grunsky JZ 1977, 201, 203, der allerdings in der Regel auch eine Terminsbestimmung nach Klageerwiderung empfiehlt. 1166 210 Engels AnwBl 1979, 205, 206. 1167 311 Bischof Rdn. 59; Grunsky JZ 1977, 201, 202. 1168 412 OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 859, 860. 1169 513 Rudolph Justiz und Recht, FS aus Anlaß des 10-
jährigen Bestehens der Deutschen Richterakademie (1983), S. 151, 155 hält diese Frist für zu kurz, um den Prozess sachgerecht vorzubereiten. 14 1170 6 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 8. 1171 715 MünchKomm/Prütting Rdn. 13; aA Musielak/ Foerste Rdn. 4. 1172 816 OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 859, 860; MünchKomm/Prütting Rdn. 10.
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Beim Mahnverfahren wendet die Rechtsprechung § 274 Abs. 3 analog auf die Zeit zwischen der Klagebegründung nach Überleitung in das Streitverfahren (§ 697) und dem Termin zur mündlichen Verhandlung an.17 Bei einem Parteiwechsel oder einer Parteierweiterung wird zum Schutz der anderen Partei eine Einlassungsfrist einzuräumen sein (§ 263 Rdn. 134).18 Zumindest muss dem Gegner genügend Zeit und die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die neue Partei in zumutbarer Weise einzustellen, insbesondere auch im Hinblick auf etwaige Einwendungen.19 § 274 Abs. 3 gilt nicht in Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist, wie z.B. im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren20, auch dann wenn eine mündliche Verhandlung stattfindet.21 Nicht anwendbar ist § 274 Abs. 3 auf die Klageerweiterung,22 Klageänderung oder die Ergänzung tatsächlichen Vorbringens. In diesen Fällen ist allein die Frist des § 132 zu beachten.23 Auch für alle weiteren Termine und die Erhebung der Widerklage24 gibt es grundsätzlich keine Einlassungsfrist für den Widerbeklagten, es gilt aber § 132. Im Arbeitsgerichtsverfahren findet § 47 ArbGG Anwendung. Die Einlassungsfrist kann auch bei der Anerkennung von ausländischen Urteilen im Rahmen des Art. 34 Abs. 2 EuGVVO und des § 328 Abs. 1 Nr. 2 für die Frage relevant werden, ob dem Beklagten das verfahrenseinleitende Dokument so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Hier muss, auch wenn die Frist im Einzelfall bestimmt und länger sein wird, mindestens die Einlassungsfrist nach § 274 Abs. 3 S. 1 gewahrt werden.25 3. Abkürzung und Verlängerung
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Auf Antrag, nicht aber von Amts wegen, kann die Einlassungsfrist vom Vorsitzenden abgekürzt werden (§ 226 Abs. 1). Einer Abkürzung steht nicht entgegen, dass die mündliche Verhandlung deswegen nicht durch Schriftsätze vorbereitet werden kann (§ 226 Abs. 2). Eine Anhörung des Gegners oder anderer Beteiligter ist nicht erforderlich. Allerdings ist die Verfügung dem Beteiligten abschriftlich mitzuteilen (§ 226 Abs. 3). Eine Verlängerungsmöglichkeit besteht nicht (§ 224 Abs. 2 HS 2). 4. Öffentliche Zustellung und Zustellung im Ausland
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Bei der öffentlichen Zustellung gelten keine Besonderheiten hinsichtlich der Einlassungsfrist. Das Schriftstück gilt einen Monat nach dem Aushang als zugestellt (§ 188). Mit dem Ablauf dieser Frist beginnt die gesetzliche Einlassungsfrist zu laufen. Bei der Zustellung im Ausland (§ 183), hat der Vorsitzende eine angemessene Einlassungsfrist zu bestimmen (§ 274 Abs. 3 S. 2), wobei diese üblicherweise bei vier Wochen liegt,26 mindestens aber zwei Wochen beträgt,27 es sei denn, dass sie auf Antrag 1173 117 BGH NJW 1982, 1533, 1534; OLG Köln FamRZ 1986, 927, 928. 18 1174 2 Vgl. OLG Hamm EWiR 1997, 667 (Greger). 19 1175 3 OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 970, 973. 1176 420 Hk/Saenger Rdn. 6. 1177 521 LG Hamburg Magazindienst 2006, 137, 139; Zöller/Greger Rdn. 5; Zimmermann Rdn. 3. 1178 622 LG Hamburg Magazindienst 2006, 137, 139. 1179 723 OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 859, 860. 1180 824 Eine Einlassungsfrist ist aber zu gewähren, wenn
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die Widerklage vor dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung erhoben worden ist, KG Urt. v. 18.8.2005 – 8 U 251/04 (Gründe zu II 1). 25 1181 9 BGH NJW 1986, 2197; OLG Köln NJW-RR 2002, 360; aA OLG Düsseldorf RIW 2002, 558, 559, das bei umfänglicher Information des Beklagten je nach Umständen eine kürzere Frist für ausreichend hält. 26 1182 10 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 9. 27 1183 11 Vgl. BGH NJW 1986, 2197.
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abgekürzt worden ist (§ 226). Die Länge der Einlassungsfrist ist dem Gegner entsprechend § 226 Abs. 3 mitzuteilen. Ist die Bestimmung unterblieben, so muss sie – sofern der Beklagte nicht erscheint oder die Einlassung verweigert – nachgeholt werden. 5. Folgen der Nichtwahrung der Frist Ist die Einlassungsfrist nicht gewahrt, so darf gegen den nicht erschienenen wie den nicht verhandelnden (§ 333) oder eine Vertagung beantragenden Beklagten kein Versäumnisurteil ergehen (§ 335 Abs. 1 Nr. 2).28 Wer nicht zu erscheinen braucht, muss auch nicht verhandeln. Eine Entscheidung nach Lage der Akten kommt in diesem Fall von vornherein nicht in Betracht, weil noch nicht mündlich verhandelt worden ist (§§ 331a S. 2, 251a Abs. 2). Allerdings kann sich der Kläger (Rechtsmittelkläger) auf die nur zum Schutz des Beklagten laufende Einlassungsfrist nicht berufen, so dass gegen ihn ein Versäumnisurteil erlassen werden kann, soweit die Anträge rechtzeitig mitgeteilt worden sind und die Ladungsfrist gewahrt ist (§ 335 Abs. 1 Nr. 2 und 3).29 Aber auch, wenn die Einlassungsfrist gewahrt ist, darf das Gericht (nicht der Vorsitzende) die Verhandlung gem. § 337 S. 1 vertagen, wenn es die vom Vorsitzenden bestimmte Einlassungsfrist für zu kurz hält. Dies gilt aber nicht, wenn der Beklagte erschienen ist und die Nichteinhaltung der Einlassungsfrist nicht rügt30 oder auf Einhaltung der Einlassungsfrist verzichtet (§ 295), und auch nicht zugunsten des Klägers.
§ 275 Früher erster Termin (1) Zur Vorbereitung des frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts dem Beklagten eine Frist zur schriftlichen Klageerwiderung setzen. Andernfalls ist der Beklagte aufzufordern, etwa vorzubringende Verteidigungsmittel unverzüglich durch den zu bestellenden Rechtsanwalt in einem Schriftsatz dem Gericht mitzuteilen; § 277 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. (2) Wird das Verfahren in dem frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung nicht abgeschlossen, so trifft das Gericht alle Anordnungen, die zur Vorbereitung des Haupttermins noch erforderlich sind. (3) Das Gericht setzt in dem Termin eine Frist zur schriftlichen Klageerwiderung, wenn der Beklagte noch nicht oder nicht ausreichend auf die Klage erwidert hat und ihm noch keine Frist nach Absatz 1 Satz 1 gesetzt war. (4) Das Gericht kann dem Kläger in dem Termin oder nach Eingang der Klageerwiderung eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen. Außerhalb der mündlichen Verhandlung kann der Vorsitzende die Frist setzen.
1184 128 So auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 13; MünchKomm/Prütting Rdn. 16; Zöller/Greger Rdn. 6. 1185 229 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 13; aA RGZ 86,
10, das die Wahrung der Ladungsfrist gegenüber dem Kläger nicht für erforderlich hält. 1186 330 KG Urt. v. 18.8.2005 – 8 U 251/04 (Gründe zu II 1).
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Schrifttum Bischof Der Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle, 1980; Deubner Die Praxis der Zurückweisung verspäteten Vorbringens, NJW 1979, 337; ders. Das Ende der Zurückweisung verspäteten Vorbringens im frühen ersten Termin, NJW 1985, 1140; Franzki Die Vereinfachungsnovelle und ihre bisherige Bewährung in der Verfahrenswirklichkeit, NJW 1979, 2; Grunsky Die Straffung des Verfahrens durch die Vereinfachungsnovelle, JZ 1977, 201; Hermisson Die Rechtsprechung des BGH und BVerfG zur Zurückweisung von verspätetem Vorbringen im Zivilprozeß, NJW 1983, 2229; Lange Der frühe erste Termin als Vorbereitungstermin, NJW 1986, 1728; ders. Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im ersten Termin, DRiZ 1980, 408; ders. Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Vorbereitungstermin, NJW 1986, 3043; Leipold Prozeßförderungspflicht der Parteien und richterliche Verantwortung, ZZP 93 (1980), 237; ders. Auf der Suche nach dem richtigen Maß bei Zurückweisung verspäteten Vorbringens, ZZP 97 (1984), 395; Putzo Die Vereinfachungsnovelle, NJW 1977, 1.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Der frühe erste Termin . . . . . . 1. Vorbereitung . . . . . . . . . a) Frist zur Klageerwiderung . . . b) Aufforderung zur Mitteilung von Verteidigungsmitteln . . . c) Andere vorbereitende Maßnahmen . . . . . . . . . . . .
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Rdn 2. Durchführung der Verhandlung a) Güteverhandlung . . . . . b) Weiterer Ablauf . . . . . . c) Vertagung . . . . . . . . 3. Zurückweisung verspäteten Vorbringens . . . . . . . . . . a) Fristsetzung zur Klageerwiderung . . . . . . . . . . . b) Fehlendes Vorbringen der Verteidigungsmittel . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
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§ 275 wurde durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19761 neu eingefügt und durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12.19902 insoweit geändert, als an § 275 Abs. 1 S. 2 der Halbsatz angefügt wurde, dass § 277 Abs. 1 S. 2 entsprechend gilt. In § 275 Abs. 4 wurde durch das ZPO-RG vom 27.7.20013 ein neuer S. 2 angefügt.
II. Normzweck
2
§ 275 enthält die verschiedenen Möglichkeiten, wie der Vorsitzende bei Wahl des frühen ersten Termins verfahren kann, insbesondere im Hinblick auf die Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens. Dabei gibt § 275 dem Gericht vor allem Befugnisse an die Hand, durch Setzung von Fristen eine Beschleunigung des Verfahrens herbeizuführen.
1 11187 BGBl I S. 3281, 3284. 2 21188 BGBl I S. 2847, 2848.
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3 31189 BGBl I S. 1887, 1891.
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III. Der frühe erste Termin4 Der frühe erste Termin ist ein vollwertiger Verhandlungstermin,5 dessen wesentliche Funktion in der Vorbereitung des Haupttermins besteht.6 Auch wenn es sich bei dem frühen ersten Termin um keinen Haupttermin handelt,7 kann er wie ein Haupttermin ausgestaltet sein und zu einem streitigen Urteil (§ 300) führen.8 In der Regel dient er zur Festlegung des entscheidungserheblichen Stoffs auf Grund einer sachgemäßen Erörterung und der ordnungsgemäßen Vorbereitung des Haupttermins (Vorbereitungsfunktion).9 Der frühe erste Termin ist weiterhin dafür vorgesehen, nicht streitige Sachen durch Versäumnisurteil, Anerkenntnisurteil,10 Verzicht und Vergleich zu erledigen (sog. Filterfunktion).11 Er darf vom Gericht aber nicht allein als Durchruftermin (meist Durchlauftermin genannt) geplant und durchgeführt werden, also als reine Formalität, wie z.B. der Sammeltermin, in dem – weil etwa das Gericht von vornherein keine Streitentscheidung beabsichtigt – lediglich die Sache aufgerufen wird, die Anträge gestellt werden und ohne weitere Erörterung neu terminiert wird.12 Ein solcher Durchruftermin ist von dem sogenannten Durchlauftermin zu unterscheiden und deshalb auch anders zu benennen.13 Bei einem Durchlauftermin, wie ihn der BGH14 zum Teil beschreibt, handelt es sich um einen Termin, „in dem es darum geht, mit den Parteien den Streitstoff zu erörtern und ihn zu ordnen, Unklarheiten nach Möglichkeit zu beseitigen und diejenigen Maßnahmen vorzubereiten, die einen abschließenden Haupttermin ermöglichen können.“ Der so beschriebene Termin entspricht der Vorstellung von dem den Haupttermin vorbereitenden frühen ersten Termin, in dem keine abschließende Entscheidung ergeht, also dem gesetzlichen Normalfall.15 Ob es sich um einen solchen Durchlauftermin handelt oder im frühen ersten Termin bereits eine abschließende Entscheidung vorgesehen ist, ist für die Frage der Präklusion von verspätetem Vorbringen von Bedeutung (vgl. dazu Rdn. 29). Es ist bei der Terminierung darauf zu achten, dass eine mündliche Verhandlung mit Erörterung und Beweisaufnahme begrenzten Umfangs möglich und eine abschließende Entscheidung nicht von vornherein ausgeschlossen ist.16 So muss die Zeitspanne zwischen Fristablauf und Ter4 11190 Zur Gestaltung des frühen ersten Termins siehe Lange NJW 1986, 1728 ff. 5 21191 BT-Drucks. 7/2729 S. 35 und 69 f.; BGHZ 88, 180, 182 = NJW 1983, 2507, 2508; BGHZ 86, 31, 36 f. = NJW 1983, 575, 576 f.; Bischof Rdn. 60; Schwab Humane Justiz (1977), S. 29, 40. 1192 6 3 BT-Drucks. 7/2729 S. 35; OLG München NJW 1983, 402; Lange NJW 1986, 1728, 1729. 7 41193 MünchKomm/Prütting § 272 Rdn. 22; Grunsky JZ 1977, 201 Fn. 4; Lange NJW 1986, 1728, 1729; Putzo AnwBl 1977, 429, 433; aA Thomas/Putzo/ Reichold Rdn. 1, 3. 8 51194 BGHZ 98, 368, 371 = NJW 1987, 500; BGHZ 88, 180, 182 = NJW 1983, 2507, 2508; BGHZ 86, 31, 36 f. = NJW 1983, 575, 576 f.; Wolf JZ 1983, 312. 1195 9 6 BT-Drucks. 7/2729 S. 68, 142; KG NJW 1980, 2362; Hermisson NJW 1983, 2229, 2231; Lange NJW 1986, 1728, 1730 sieht darin die wesentliche Funktion des frühen ersten Termins; vgl. auch Leipold ZZP 93 (1980), 237, 248 f. und ZZP 97 (1984), 395, 403. 1196 710 Vgl. OLG Naumburg Beschl. v. 28.4.2006 – 14
WF 49/06; OLGR Saarbrücken 2002, 238 (Kostenbefreiendes Anerkenntnis iSd § 93 kann im frühen ersten Termin noch bis zur Verlesung der Sachanträge abgegeben werden). 1197 811 Leipold ZZP 97 (1984), 395, 403. 1198 912 So auch MünchKomm/Prütting § 272 Rdn. 8; Zöller/Greger § 272 Rdn. 1; Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3 mwN, der darauf hinweist, dass ein Verstoß ohne Folgen bleibt und nur bei später Terminierung eine Dienstaufsichtsbeschwerde in Betracht kommt; vgl. auch BGHZ 86, 31, 39 = NJW 1983, 575, 577. 13 1199 10 Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3 14 1200 11 NJW 1987, 500; ebenso OLG Düsseldorf NJW 1995, 2173. 15 1201 12 Deubner NJW 1985, 1140, 1142; Hermisson NJW 1983, 2229, 2231 f.; BT-Drucks. 7/2729 S. 35 und 69 f. (bei Entscheidungsreife ist auch Sachentscheidung möglich). 16 1202 13 BGH NJW 1987, 499; vgl. aber zur rechtstatsächlichen Situation Franzki NJW 1979, 9, 11.
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min genügend Raum für eine zur Streitentscheidung geeignete Verfahrensvorbereitung mit Anordnungen nach § 273 Abs. 2 bieten.17 Es sollten nur so viele Sachen an einem Terminstag angesetzt werden, dass für eine streitige Verhandlung eine angemessene Zeit zur Verfügung steht.18 Eine Verhandlung im frühen ersten Termin steht der Übertragung auf den Einzelrichter nicht entgegen. § 348a Abs. 1 Nr. 3 verlangt eine Verhandlung im Haupttermin.19 1. Vorbereitung Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob und in welcher Weise es diesen frühen ersten Termin vorbereitet.20 § 275 Abs. 1 gestattet es, den frühen ersten Termin entweder durch Fristsetzung zur Klageerwiderung oder durch die Aufforderung zur unverzüglichen Mitteilung von Verteidigungsmitteln vorzubereiten. Eine Pflicht zur umfassenden Vorbereitung besteht gem. § 272 Abs. 1 unmittelbar nur für den Haupttermin (vgl. § 272 Rdn. 9).21 Vorbereitende Maßnahmen nach § 273 sind jedoch auch für den frühen ersten Termin möglich (vgl. § 273 Rdn. 11).22 Der Vorsitzende bzw der originäre Einzelrichter gem. § 348 (vgl. § 272 Rdn. 15) hat sich für eine der beiden in § 275 Abs. 1 genannten Möglichkeiten, Fristsetzung zur Klageerwiderung oder Aufforderung, die Verteidigungsmittel unverzüglich mitzuteilen, zu entscheiden. Ermessensleitende Gesichtspunkte für die Auswahl der Vorbereitungsmaßnahme werden neben Umfang und Schwierigkeit auch die beabsichtigte Gestaltung des Termins sein. Soll der frühe erste Termin wie ein Haupttermin durchgeführt werden, etwa mit Beweiserhebung,23 ist eine umfassende Vorbereitung mit Fristsetzung angebracht. Der Vorsitzende sollte eine Fristsetzung insbesondere dann erwägen, wenn bis zum frühen ersten Termin genügend Zeit für eine Äußerung des Beklagten in Form einer Klageerwiderung verbleibt, also nicht nur die kurze Einlassungsfrist zur Verfügung steht,24 oder die Möglichkeit besteht, Entscheidungsreife bereits im frühen ersten Termin herbeizuführen.25 Besteht jedoch Aussicht auf eine nichtstreitige Erledigung, ist eine Fristsetzung entbehrlich, weil sie einer zeitnahen Ansetzung des Termins entgegenstehen kann (ausführlich § 272 Rdn. 18).26 Die Wahl hat Auswirkungen auf die Zurückweisung verspäteten Vorbringens. Bei Versäumung der Frist zur Klageerwiderung findet § 296 Abs. 1 Anwendung,27 ansonsten kommt § 296 Abs. 2 in Betracht (vgl. dazu Rdn. 30 ff.).28 a) Frist zur Klageerwiderung. Der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts oder der originäre Einzelrichter gem. § 348 (vgl. § 272 Rdn. 15) können dem Beklagten eine Frist zur schriftlichen29 Klageerwiderung setzen (§ 275 Abs. 1 S. 1).30 1203 117 BGHZ 86, 31, 39 = NJW 1983, 575, 577 hält eine Zeitspanne zwischen Ablauf der Klageerwiderungsfrist und frühem ersten Termin von 8 Tagen für ausreichend; BGH NJW 1987, 499. 18 1204 2 BVerfGE 69, 126, 140 = NJW 1985, 1149 f.; BGH NJW 1987, 499. 1205 319 Vgl. dazu OLG Düsseldorf MDR 1980, 943 und NJW-RR 1996, 638 zu § 348 Abs. 3 a.F. 1206 420 BT-Drucks. 7/2729 S. 35. 1207 521 Rechtstatsächlich wurde der frühe erste Termin häufig als vollwertiger Haupttermin vorbereitet und durchgeführt, vgl. Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 183 (Umfrage des Bayer. Staatsministeriums der Justiz im Jahr 1978).
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1208 622 Grunsky ZPR Rdn. 46; Grunsky JZ 1977, 201, 202; Putzo NJW 1977, 1, 2. 23 1209 7 KG NJW 1980, 2362, 2363. 24 1210 8 Lange NJW 1986, 1728, 1732 empfiehlt den frühen ersten Termin zwei bis drei Wochen nach Ende der Klageerwiderungsfrist anzuberaumen. 1211 925 BT-Drucks. 7/2729 S. 69. 26 1212 10 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5. 27 1213 11 KG NJW 1980, 2362, 2363. 28 1214 12 Grunsky JZ 1977, 201, 202. 29 1215 13 Dadurch wird der Unterschied zum schriftlichen Vorverfahren verwässert, vgl. Leipold ZZP 97 (1984), 395, 404.
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Im Verfahren vor den Amtsgerichten erfolgt eine Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch Schriftsätze nur auf Grund richterlicher Anordnung (§ 129 Abs. 2). Diese ist in der Verfügung, die eine Fristsetzung zur Klageerwiderung ausspricht, konkludent enthalten.31 Nach Widerspruch in einem Mahnverfahren kann eine wirksame, eventuell zur Präklusion führende Frist zur Klageerwiderung nur gesetzt werden, wenn sich für den Kläger ein zugelassener Rechtsanwalt bestellt und den Anspruch begründet hat.32 Nicht anwendbar sind § 275 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 und 4 in Ehe-, Kindschafts- und Partnerschaftssachen (§§ 611 Abs. 2, 640 Abs. 1, 661 Abs. 2). Die Frist, die dem Beklagten nach § 275 Abs. 1 gesetzt werden kann, beträgt gem. § 277 Abs. 3 mindestens zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung und wird nach dem Ermessen des Vorsitzenden bestimmt. Diese Mindestfrist ist nicht als Regelfrist aufzufassen, denn in der Regel ist eine längere Frist zu gewähren.33 Beträgt die Frist aber entgegen § 277 Abs. 3 weniger als zwei Wochen, dann ist sie unwirksam und kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in die Setzung einer Zweiwochenfrist oder einer sonst angemessenen Frist umgedeutet werden.34 Ist die gesetzte Frist im konkreten Fall zu kurz bemessen, kann der Beklagte eventuell damit seine Verspätung entschuldigen (vgl. Rdn. 29).35 Die Fristsetzung gilt bei Verweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen fort.36 Die Verlängerung der Klageerwiderungsfrist ist nach § 224 Abs. 2 durch Antrag einer Partei37 möglich (vgl. dazu § 224 Rdn. 9). Ein Antrag seitens des Klägers ist z.B. bei Vergleichsbereitschaft des Beklagten sinnvoll, wenn dieser zur Klageerwiderung einen Anwalt bestellen müsste.38 Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233) kommt nicht in Betracht, da § 275 Abs. 1 keine Notfrist enthält. Außerdem ist § 277 Abs. 2 zu beachten, dh der Beklagte ist über die Folgen einer Fristversäumung39 und darüber zu belehren, dass die Klageerwiderung durch den zu bestellenden Rechtsanwalt bei Gericht einzureichen ist. Dies gilt auch, wenn der Beklagte bereits anwaltlich vertreten ist.40 Zudem muss über Beginn und Ende der je1216 130 Eine solche Frist wurde nach einer Umfrage des Bayer. Staatsministeriums im Jahr 1986 von etwa 2/3 der Richter gesetzt, vgl. Greger ZZP 100 (1987), 377, 379. 1217 231 So auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 6; MünchKomm/Prütting Rdn. 5. 1218 332 OLG Celle NdsRpfl 1995, 20; vgl. OLG Schleswig MDR 1988, 151; OLG Karlsruhe MDR 1988, 682. 33 1219 4 Leipold ZZP 93 (1980), 239, 248; Lange NJW 1986, 1728, 1731 und Franzki NJW 1979, 9, 10 f., halten diese Frist für zu kurz; ebenso Engels AnwBl 1979, 205, 206 und Rudolph Justiz und Recht, FS aus Anlaß des 10-jährigen Bestehens der Deutschen Richterakademie (1983), S. 151, 155 f., der bei § 275 Abs. 1 für eine Monatsfrist entsprechend den Rechtsmittelfristen plädiert. Kramer NJW 1977, 1657, 1660 hält diese Frist ohne Verteidigungsanzeige des Beklagten für eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber § 276 Abs. 1 S. 1. Von der Fristsetzung gem. § 275 sollte seiner Ansicht nach deshalb nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn sich der Beklagte verteidigungsbereit erklärt habe.
1220 534 OLG Schleswig SchlHA 1980, 161. 1221 635 BGH NJW 1983, 575, 577; OLG Hamm MDR 1983, 63 (Korrektur der Frist durch Zulassung des verspäteten Vorbringens); OLG München MDR 1980, 147 f.; Deubner NJW 1979, 337, 338; Lange DRiZ 1980, 408, 413. 1222 736 OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 1084, 1085; LG Bonn MDR 2000, 724 f. mit zust. Anm. Schneider, der allerdings darauf hinweist, dass dies nicht gilt, wenn die erste Frist gem. § 224 verlängert worden ist; ebenso LG Düsseldorf MDR 2005, 709; auch für den Fall des § 224 will LG Heilbronn MDR 2003, 231 mit zust. Anm. Willmerdinger den Antrag nur innerhalb der ersten Klageerwiderungsfrist zulassen. 1223 837 Stein/Jonas/Roth § 225 Rdn. 3; Musielak/Stadler § 225 Rdn. 2; aA MünchKomm/Gehrlein § 225 Rdn. 1. 38 1224 9 Vgl. dazu Klaes/Schöne ProzRB 2003, 225 f. 39 1225 10 BVerfGE 60, 1, 6 = NJW 1982, 1453, 1454. 40 1226 11 BGHZ 88, 180, 184 = NJW 1983, 2507, 2508; OLG Hamm MDR 1981, 764; OLG Düsseldorf NJW 1978, 2203 f.
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weiligen Frist bereits zu Beginn der Frist Gewissheit bestehen.41 Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Fristsetzung bzw Belehrung, ist die Zurückweisung verspäteten Vorbringens gem. § 296 unzulässig.42 Eine Mitteilung der Geschäftsstelle kann die Frist jedoch nicht in Lauf setzen. Vielmehr muss dem Prozessbevollmächtigten eine vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beglaubigte Abschrift einer ordnungsgemäß unterzeichneten Verfügung des Vorsitzenden oder des Einzelrichters (§ 348) zugestellt werden (§§ 329 Abs. 2 S. 2, 329 Abs. 1 S. 2, 317 Abs. 2 S. 1).43 Eine Heilung eines Zustellungsmangels ist gem. § 189 möglich.44 b) Aufforderung zur Mitteilung von Verteidigungsmitteln. Setzt der Vorsitzende keine Klageerwiderungsfrist, hat er den Beklagten aufzufordern, gegen den Klageanspruch vorzubringende Verteidigungsmittel unverzüglich45 durch den zu bestellenden Rechtsanwalt dem Gericht mitzuteilen. Zwar sind die Parteien im Anwaltsprozess zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung bereits gem. § 129 Abs. 1 bzw unter den Voraussetzungen des § 282 Abs. 2 nach dieser Vorschrift zur rechtzeitigen Mitteilung vorbereitender Schriftsätze verpflichtet. Dennoch ist es erforderlich, im Anwaltsprozess die noch nicht anwaltlich vertretene Partei auf diese Prozessförderungspflicht hinzuweisen, da die Partei ihre Pflicht zur Vorbereitung nicht kennen wird, weil eine Aufforderung gem. § 129 Abs. 2 wie im Parteiprozess nicht ergeht. Auch der Hinweis, dass die Bestellung eines Anwalts notwenig ist, dient diesem Zweck.46 Eine Belehrungspflicht entsprechend § 276 Abs. 2 und § 277 Abs. 3 besteht nicht, da § 275 nicht auf diese Vorschriften verweist und keine Fristversäumung droht. Die Aufforderung bedarf keiner förmlichen Zustellung, es genügt eine formlose Mitteilung (vgl. § 329 Abs. 2 S. 1). Außerdem soll sich der Beklagte dazu äußern, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen; § 275 Abs. 1 S. 2 verweist diesbezüglich auf § 277 Abs. 1 S. 2. Diese Aufforderung sollte gleichzeitig mit der Zustellung der Klage und der Ladung ergehen.47 Im amtsgerichtlichen Verfahren ohne Anwaltszwang ist § 275 Abs. 1 S. 2 nicht anwendbar.48 Dem Beklagten kann aber nach § 129 Abs. 2 aufgegeben werden, Verteidigungsmittel durch Schriftsätze oder Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle mitzuteilen. c) Andere vorbereitende Maßnahmen. Der Vorsitzende kann aber auch andere vorbereitende Maßnahmen gem. § 273 Abs. 2 treffen.49 Insbesondere bei einfach ge-
1227 141 BVerfGE 60, 1, 6 = NJW 1982, 1453, 1454; BGHZ 76, 236, 239 f. = NJW 1980, 1167, 1168. 42 1228 2 BVerfGE 60, 1, 6 = NJW 1982, 1453, 1454 und BGHZ 76, 236, 239 f. = NJW 1980, 1167, 1169 (unklare und formwidrige Fristsetzung); BGH NJW 1983, 822, 824 (für den Laien nicht verständliche Belehrung); OLG Oldenburg NJW 1980, 295 (Verwendung irreführender Ladungsformulare); OLG Düsseldorf NJW 1978, 2203 f. (Verstoß gegen Belehrungspflicht). 43 1229 3 BGH NJW 1981, 286; BGH NJW 1981, 1217; BGHZ 76, 236, 239 f. = NJW 1980, 1167, 1168; BGH NJW 1980, 1960. 1230 444 Anders noch BGHZ 76, 236, 238 = NJW 1980, 1167, wo § 187 a.F. entsprechend angewendet
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wurde. Diese Entscheidung ist durch die Änderung in § 189 n.F., der auch Anwendung findet, wenn Notfristen durch die Zustellung in Gang gesetzt werden, überholt. 1231 545 Nicht notwendig vor dem frühen ersten Termin, vgl. Grunsky JZ 1977, 201, 202. 1232 646 Anders aber Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 13 und MünchKomm/Prütting Rdn. 10, die den wesentlichen Zweck in dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Anwaltsbestellung sehen. 47 1233 7 Grunsky JZ 1977, 201, 202. 1234 848 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 14; MünchKomm/ Prütting Rdn. 9. 1235 949 Dies führte nach einer Umfrage des Bayer. Staatsministeriums der Justiz im Jahr 1978 zu einer Be-
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lagerten Fällen besteht die Möglichkeit, durch entsprechend vorbereitende Maßnahmen Entscheidungsreife bereits im frühen ersten Termin herbeizuführen.50 Auch nach der Klageerwiderung können vorbereitende Maßnahmen (§ 273) veranlasst werden, insbesondere ein Beweisbeschluss durch das Gericht gem. § 358a erlassen werden.51 2. Durchführung der Verhandlung a) Güteverhandlung. Der mündlichen Verhandlung ist in der Regel eine Güteverhandlung vorgeschaltet (vgl. §§ 278 Abs. 2, 279 Abs. 1), es sei denn, dass bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Stelle stattgefunden hat oder die Güteverhandlung erkennbar aussichtslos erscheint (§ 278 Abs. 2 S. 1).
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b) Weiterer Ablauf. Der Ablauf des frühen ersten Termins ergibt sich aus § 279. Ergänzende Regelungen enthält § 275 Abs. 2, 3 und 4. § 275 Abs. 2 stellt noch einmal ausdrücklich klar, dass das Gericht, wenn das Verfahren nicht in dem frühen ersten Termin abgeschlossen wird (vgl. oben Rdn. 4), spätestens jetzt alle Anordnungen treffen muss, die zur umfassenden Vorbereitung des Haupttermins (§ 272 Abs. 1) erforderlich sind. Hier kommen insbesondere ergänzende Erklärungen der Parteien oder die Vorbereitung von Beweisbeschlüssen in Betracht (vgl. § 273 Rdn. 3). Hat der Beklagte noch nicht oder nicht ausreichend auf die Klage erwidert, ist das Gericht zur Setzung einer Frist zur Klageerwiderung verpflichtet, wenn es dies noch nicht gem. § 275 Abs. 1 getan hat (§ 275 Abs. 3).52 Ist dem Beklagten bereits vor dem Termin eine Klageerwiderungsfrist gesetzt worden, kann keine erneute Fristsetzung erfolgen.53 Ist der Beklagte der Aufforderung innerhalb der Frist nicht oder nur unzureichend nachgekommen, kann sein nachgetragenes Vorbringen unter den Voraussetzungen des § 296 zurückgewiesen werden (vgl. Rdn. 26). Eine Klageerwiderung kann aber auch mündlich in der Verhandlung vorgebracht werden, wenn vorher keine Frist gesetzt war oder die Versäumung genügend entschuldigt worden ist. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dem Kläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung zu setzen, um einen vollständigen Sachvortrag des Klägers zu erhalten. Innerhalb der mündlichen Verhandlung muss das Kollegium die Frist durch Beschluss bestimmen, außerhalb der mündlichen Verhandlung ist der Vorsitzende zuständig (§ 275 Abs. 4 S. 2).54 Auch diese Fristanordnung ist gem. § 329 Abs. 2 S. 2 förmlich zuzustellen.55 Eine Belehrung ist gem. § 277 Abs. 4, der auf § 277 Abs. 2 verweist, ebenfalls erforderlich. Ob dem Kläger eine Frist gem. § 275 Abs. 4 schon vor dem frühen ersten Termin gesetzt werden kann, ist fraglich.56 Aus der Gesetzessystematik des § 275 ist zu schließen, dass die Fristsetzung zur Replik erst im
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schleunigung der Verfahren, vgl. dazu Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 184. Allerdings waren die vorbereitenden Anordnungen nach einer Umfrage des Bayer. Staatsministeriums im Jahr 1986 rückläufig, vgl. Greger ZZP 100 (1987), 377, 379 f. 50 1236 1 BT-Drucks. 7/2729 S. 35; vgl. auch Franzki NJW 1979, 9, 10. 1237 251 Grunsky JZ 1977, 201, 202; Putzo NJW 1977, 1, 2. 52 1238 3 Franzki DRiZ 1977, 161, 162; Grunsky JZ 1977, 201, 202. 1239 453 BT-Drucks. 7/2729 S. 70; aA Grunsky JZ 1977, 201, 203 für den Fall, dass sich im ersten Termin neue Gesichtspunkte ergeben haben.
1240 554 So schon OLG Frankfurt MDR 1990, 60 (anders noch OLG Köln MDR 1999, 1462; OLG Frankfurt NJW-RR 1984, 1445) vor der Klarstellung durch den Gesetzgeber durch Anfügung des S. 2 in § 275 Abs. 4 S. 1; vgl. hierzu auch Hannich/ Meyer-Seitz/Engers ZPO-Reform 2002 mit Zustellungsreformgesetz (2002) § 275 Rdn. 1 ff. 55 1241 6 OLG Frankfurt MDR 1979, 764. 56 1242 7 Dafür: Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 33 trotz einiger Bedenken; MünchKomm/Prütting Rdn. 20; Hk/Saenger Rdn. 11; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 8; Hartmann Rpfleger 1977, 1, 3.
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oder nach dem frühen ersten Termin zu setzen ist. Das entspricht auch der Wahl dieses Vorverfahrens. Wollte man bereits vor dem frühen ersten Termin eine vollständige schriftliche Aufklärung von beiden Seiten, bietet sich das schriftliche Vorverfahren an. Allerdings besteht die Möglichkeit, dem Kläger zur Erklärung über bestimmte Punkte eine Frist gem. § 273 Abs. 2 Nr. 1 zu setzen. Voraussetzung für die Anordnung einer Frist zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung im frühen ersten Termin ist, dass ein Haupttermin überhaupt noch stattfinden soll.57 Andernfalls kommt ein Schriftsatznachlass gemäß § 28358 bzw ein Übergang ins schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 in Betracht.59 c) Vertagung. Eine Vertagung des frühen ersten Termins wird nur ausnahmsweise möglich sein für den Fall, dass noch keine Verhandlung stattgefunden hat, etwa, wenn eine Partei unverschuldet nicht erscheinen kann oder nicht ordnungsgemäß zum Termin geladen war oder die Vergleichsverhandlungen kurz vor dem Abschluss stehen.60 3. Zurückweisung verspäteten Vorbringens
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Ob61 und unter welchen Voraussetzungen62 verspätetes Vorbringen bereits im frühen ersten Termin zurückzuweisen ist, ist umstritten. Hierbei ist zu unterscheiden, ob das Gericht dem Beklagten eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt hat (§ 275 Abs. 1 S. 1) oder den Beklagten lediglich aufgefordert hat, etwa vorzubringende Verteidigungsmittel mitzuteilen (§ 275 Abs. 1 S. 2).
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a) Fristsetzung zur Klageerwiderung. Ist eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt worden, kommt eine Zurückweisung gem. § 296 Abs. 1, der die Frist des § 275 Abs. 1 S. 1 ausdrücklich aufführt, in Betracht. Nach der zutreffenden herrschenden Auffassung in Rechtsprechung63 und Literatur64 ist das Vorbringen verspätet, wenn dadurch im frühen ersten Termin eine sonst mögliche Entscheidung in diesem Termin verhindert wird. Der absolute Verzögerungsbegriff gilt damit auch im frühen ersten Termin.65 Für die Anwendung der Präklusionsvorschriften spricht, dass der frühe erste Termin vom Gesetzgeber als vollwertiger Termin mit möglicher Beendigung durch ein streitiges Urteil angelegt worden ist (vgl. Rdn. 3).66 Das damit verfolgte Ziel der Verfahrensbeschleunigung lässt sich nur durch die Anwendung der Präklusionsvorschriften auf den frühen ersten Termin erreichen.67 1243 157 BVerfG NJW 1987, 2733, 2734 mit Anm. Deubner. 1244 258 Ist kein Haupttermin beabsichtigt, kommt lediglich eine Erklärungsfrist gem. § 283 in Betracht, wenn die Klageerwiderung erst im frühen ersten Termin ausgehändigt wird, BVerfG NJW 1992, 679, 680. BVerfGE 75, 302, 316 = NJW 1987, 2733, 2735 f. sieht in der Verwechslung der Präklusionsvorschriften keinen Verfassungsverstoß. 1245 359 Hk/Saenger Rdn. 11. 1246 460 Bischof Rdn. 94. 61 1247 5 Dafür BGHZ 98, 368, 370 f. = NJW 1987, 500; BGHZ 86, 31, 35 = NJW 1983, 575, 576 f.; Hartmann AnwBl 1977, 90, 94 unter Hinweis auf § 296 Abs. 1 S. 1, der auf § 275 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 4 verweist; ders. Rpfleger 1977, 1, 3; vgl. auch Overrath DRiZ 1980, 253, 254. 1248 662 BVerfGE 75, 302, 316 f. = NJW 1987, 2733, 2735 f.: keine Zurückweisung wenn sich ohne
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weitere Erwägungen aufdrängt, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre; BVerfG NJW 1995, 1417, 1418; vgl. dazu Hermisson NJW 1983, 2229, 2231 f. mwN. 63 1249 7 BGH NJW 1987, 499; BGHZ 98, 368, 370 f. = NJW 1987, 500; BGHZ 86, 31, 34 ff. = NJW 1983, 575, 576; BGHZ 75, 138, 141 f. = NJW 1979, 1988; OLG Hamm NJW-RR 1995, 958; OLG Karlsruhe NJW 1983, 403. 1250 864 MünchKomm/Prütting § 296 Rdn. 98 f.; Zöller/ Greger § 296 Rdn. 5; Musielak/Huber § 296 Rdn. 19; Lange NJW 1986, 3043, 3044 ff. 65 1251 9 BGHZ 86, 31, 34 ff. = NJW 1983, 575, 576 f.: dies ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich. 66 1252 10 BGHZ 86, 31, 34 ff. = NJW 1983, 575, 576; so auch Weth Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß (1988), S. 235 f. 67 1253 11 BGHZ 86, 31, 34 ff. = NJW 1983, 575, 576; vgl. auch Lange DRiZ 1980, 408, 409.
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Die Gegenansicht in Rechtsprechung68 und Literatur69 spricht sich gegen eine Zurückweisung bei Versäumung der Klageerwiderungsfrist aus, wenn bei Zulassung ein Haupttermin erforderlich werde, denn dies sei der vom Gesetz vorgesehene Verfahrensablauf.70 Das Gericht dürfe nicht mit Hilfe dieser Vorschrift die Verfahrensdauer regelwidrig verkürzen und einen streitigen Prozess ohne Durchführung eines Haupttermins abschließen. Vergleichsmaßstab sei die Verfahrensdauer bei Zulassung des verspäteten Vorbringens mit derjenigen bei rechtzeitigem Vorbringen. Eine Verzögerung könne nur darin gesehen werden, wenn wegen Überschreitung der Klageerwiderungsfrist der Haupttermin nicht umfassend vorbereitet bzw nur mit einer erheblichen Verzögerung gegenüber dem zeitlichen Ablauf bei Einhaltung der Frist durchgeführt werden könne.71 Ansonsten müsste man dem Beklagten eine Flucht in die Säumnis raten,72 dh nicht im frühen ersten Termin zu erscheinen, und damit eine Verzögerung, die bei der Säumnis hingenommen wird, herbeizuführen. Nach einem Einspruch könne das ansonsten verspätete Vorbringen, wenn es innerhalb der Frist des § 340 Abs. 3 vorgetragen wird und mit Hilfe der Terminsvorbereitung in dem auf den Einspruch hin stattfindenden Termin erledigt werden kann, nicht mehr zurückgewiesen werden.73 Allerdings wird durch den zulässigen Einspruch der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis der mündlichen Verhandlung befand (§ 342). Damit werden alle früheren Prozesshandlungen oder Unterlassungen wieder maßgebend. Die vorhergehenden Versäumnisse werden durch den Einspruch nicht hinfällig. Es sind jedoch die Rechtsfolgen einer Fristversäumung gemäß § 296 allein aus der Sicht der auf den Einspruch folgenden Verhandlung zu beurteilen.74 Durch entsprechende vorbereitende Maßnahmen (§ 273) des Einspruchstermins kann deshalb die Verzögerung noch abgewendet werden. Die herrschende Meinung (siehe oben Rdn. 26 mwN) bringt dagegen zu Recht vor, dass § 296 Abs. 1 durch die Bezugnahme auf § 275 Abs. 1 S. 1 deutlich mache, dass verspätetes Vorbringen auch dann zurückzuweisen ist, wenn die zur Vorbereitung des frühen ersten Termins gesetzte Klageerwiderungsfrist unentschuldigt und prozessverzögernd versäumt wird.75 Ansonsten würde der Beschleunigungstendenz des Gesetzes entgegengewirkt. Trägt der Beklagte entgegen der gesetzten Klageerwiderungsfrist so spät vor, dass seine Klageerwiderung zwar noch im frühen ersten Termin erörtert werden kann, eine sofortige Schlussverhandlung aber verhindert wird, ist sein nachgetragenes Vorbringen gem. § 296 Abs. 1 iVm § 275 Abs. 1 S. 1 ohne Anberaumung eines Haupttermins zurückzuweisen.76 Hypothetische Erwägungen, ob der Rechtsstreit 1254 168 OLG München NJW 1983, 402 f.; OLG Karlsruhe NJW 1980, 296 f.; OLG Frankfurt NJW 1979, 1715; OLG Hamburg NJW 1979, 1717, 1718; OLG Saarbrücken MDR 1979, 1030. 69 1255 2 Deubner NJW 1979, 337, 340; Leipold ZZP 93 (1980), 237, 249 und ZZP 97 (1984), 395, 401; Engels AnwBl 1979, 205, 208; Knöringer NJW 1977, 2336, 2337; Rasehorn ZRP 1980, 6, 8; Schneider NJW 1979, 2614, 2615; ders. NJW 1980, 947. 1256 370 OLG Saarbrücken MDR 1979, 1030. 1257 471 OLG München NJW 1983, 402; OLG Karlsruhe NJW 1980, 296 f.; OLG Schleswig SchlHA 1980, 116; vgl. auch OLG Saarbrücken MDR 1979, 1030; Deubner NJW 1979, 337, 340; Leipold ZZP 93 (1980), 248 f., der jeder Partei ein Recht auf eine gewisse Mindestdauer des Prozesses einräumen will. 1258 572 Diesen Weg sollte man jedoch entbehrlich ma-
chen, indem man die Präklusionsvorschriften maßvoll anwendet, Leipold ZZP 97 (1984), 395, 401. 73 1259 6 BGH NJW 1980, 1105; OLG München NJW 1979, 2619; Deubner NJW 1979, 337, 342; Messer NJW 1978, 2559; Leipold ZZP 93 (1980), 137, 151 f. und ZZP 97 (1984), 395, 400. 1260 774 BGH NJW 1981, 286. 1261 875 OLG Stuttgart NJW 1984, 2538 (auch ohne dass es der Gewährung einer Schriftsatzfrist für den Gegner gem. § 283 bedarf); KG NJW 1980, 2362, 2363; LG Aachen MDR 1978, 850, 851; Lange DRiZ 1980, 408, 410. 76 1262 9 BGH NJW 1983, 575, 576 f.; BGH NJW 1981, 232; OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 1084, 1085; OLG Karlsruhe NJW 1983, 403; LG Aachen MDR 1978, 850, 851; Lange DRiZ 1980, 408, 410.
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möglicherweise auch bei Einhaltung der Erwiderungsfrist einen Haupttermin erforderlich gemacht hätte, sind nicht zu berücksichtigen.77 Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte im schriftlichen Vorverfahren einen erheblich größeren Zeitraum zur Verfügung hat (§ 276 Abs. 1: mindestens vier Wochen) als im Verfahren mit frühem ersten Termin (§ 277 Abs. 3: mindestens zwei Wochen), um seine Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen.78 Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil der frühe erste Termin insbesondere für einfach gelagerte Sachverhalte in Betracht kommt, bei denen die Klageerwiderung erfahrungsgemäß keine Schwierigkeiten bereitet und deshalb alsbald erfolgen kann. Erweist sich die gesetzte Frist im konkreten Fall als zu kurz, kann der Beklagte damit seine Verspätung entschuldigen.79 Eine unterschiedliche Auslegung des Verzögerungsbegriffs in § 296 Abs. 1 je nach der vom Gericht gewählten Verfahrensart ist nicht geboten.80 Die Grenzen der Verspätungspräklusion liegen dort, wo eine Mitverantwortung des Gerichts in Betracht kommt oder die Verspätung nicht kausal für die Verzögerung ist. Für eine Mitverantwortung des Gerichts spricht der Umstand, dass sich die Vorbereitung oder Durchführung nicht an die gesetzlichen Leitlinien eines geordneten Prozessablaufs hält81, wenn also der frühe erste Termin zum Durchruftermin (vgl. Rdn. 4) degradiert wird, etwa weil 50 Sachen auf 9.00 Uhr terminiert werden82 oder als bloßer Durchlauftermin ausgestaltet ist,83 weil die Klageerwiderungsfrist erst ein oder zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung abläuft,84 oder wegen des Umfangs des Streitgegenstands, etwa in einem Arzthaftungsprozess, von vornherein eine Entscheidung ohne Beweisaufnahme nicht zu erwarten ist,85 oder wenn wegen der Sach- und Rechtslage von vornherein eine Streitbeendigung im Termin ausscheidet, so in einem Bauprozess bei erkennbar notwendiger Beweisaufnahme wegen erhobener Mängelrügen des Beklagten nach Abnahme,86 oder wenn das Gericht eine zur Streitentscheidung im frühen ersten Termin geeignete Terminsvorbereitung, die eine Beweisaufnahme mit eingeschlossen hätte, erkennbar nicht getroffen hat87. Ist die Frist in Anbetracht der Schwierigkeit und des Umfangs der Sache zu kurz bemessen, ist eine Zurückweisung nicht zulässig, zumindest besteht die Möglichkeit für den Beklagten, die Verspätung zu entschuldigen.88 1263 177 BGH NJW 1983, 575, 577; BGH NJW 1980, 1960; BGHZ 76, 133, 135 f. = NJW 1980, 945, 946; BGHZ 76, 236, 239 = NJW 1980, 1167, 1168; BGHZ 75, 138, 141 f. = NJW 1979, 1988. 1264 278 BGH NJW 1983, 575, 577; aA OLG Schleswig SchlHA 1980, 116; Deubner NJW 1979, 337, 340 Fn. 20. 1265 379 BGH NJW 1983, 575, 577; OLG Hamm MDR 1983, 63 (Korrektur der Frist durch Zulassung des verspäteten Vorbringens); OLG München MDR 1980, 147 f.; Deubner NJW 1979, 337, 338; Lange DRiZ 1980, 408, 413. 1266 480 BGH NJW 1983, 575, 577; aA OLG Oldenburg MDR 1978, 1027. 1267 581 Wolf JZ 1987, 418, 419 f. 82 1268 6 Von BVerfGE 69, 126, 139 f. = NJW 1985, 1149, 1150, allerdings als Durchlauftermin bezeichnet. 1269 783 Nach der Definition des BVerfG, BVerfGE 69, 126, 140 = NJW 1985, 1149, 1150, ist ein Durchlauftermin immer dann anzunehmen, wenn nach der Terminslage „eine abschließende streitige Verhandlung, die eine Beweisaufnahme einge-
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schlossen hätte“, nicht durchgeführt werden kann. Deubner NJW 1985, 1140, 1142 geht in der Regel von einem Durchlauftermin aus; ebenso Hermisson NJW 1983, 2229, 2231 f., der für die Frage der Verzögerung nur ausnahmsweise auf den frühen ersten Termin abstellen will für den Fall, dass es sich um einen vollwertigen Termin handelt und dies für die Parteien erkennbar war; dagegen OLG Hamm NJW 1987, 1207. 84 1270 8 BGHZ 86, 31, 39 = NJW 1983, 575, 577 (aber 8 Tage reichen aus); OLG Karlsruhe NJW 1984, 618 mit Anm. Deubner. 1271 985 BGHZ 98, 368, 370 f. = NJW 1987, 500 f.; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 1062; vgl. aber OLG Hamm NJW-RR 1995, 958, wenn ein Sachverständigengutachten bis zum Termin hätte eingeholt werden können. 86 1272 10 BGH NJW-RR 2005, 1296, 1297. 87 1273 11 BVerfG NJW 1985, 1149, 1150 zu §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 2; OLG Hamm NJW-RR 1989, 895. 88 1274 12 BGH NJW 1983, 575, 577; OLG Hamm MDR 1983, 63 (Korrektur der Frist durch Zulassung
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b) Fehlendes Vorbringen der Verteidigungsmittel. Hat der Vorsitzende den Beklagten lediglich aufgefordert, etwa vorzubringende Verteidigungsmittel mitzuteilen, kommt nur eine Zurückweisung gem. § 296 Abs. 2 in Betracht. Bei bloßer Aufforderung zu unverzüglichem Verteidigungsvorbringen könnte einer Zurückweisung § 275 Abs. 3 entgegenstehen, der das Gericht verpflichtet, in diesem Fall erst eine Frist zur Klageerwiderung zu setzen.89 § 282 Abs. 1 ist nicht einschlägig, da damit lediglich erreicht werden soll, dass der erhebliche Tatsachenstoff zur Verhandlung zur Verfügung steht. Die rechtzeitige Vorbereitung einer Beweisaufnahme für den frühen ersten Termin ist nicht das Ziel dieser Vorschrift.90 Es liegt jedoch eventuell ein Verstoß gegen § 282 Abs. 2 vor, wenn sich der Gegner in der mündlichen Verhandlung auf den Vortrag hin nicht erklären kann. Insoweit steht eine Zurückweisung unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 im Ermessen des Gerichts. Dies gilt jedoch nur für den Anwaltsprozess. Im Parteiprozess findet § 282 Abs. 2 nur Anwendung, wenn eine Aufforderung zur schriftsätzlichen Vorbereitung gem. § 129 Abs. 2 ergangen ist (vgl. § 282 Rdn. 35). Aber auch im Anwaltsprozess sollte trotz §§ 282, 129 Abs. 1 das Vorbringen nicht präkludiert werden, wenn eine Aufforderung gem. § 275 Abs. 1 S. 2 unterblieben ist, da das Gericht seiner gesetzlichen Pflicht nicht nachgekommen ist.91 Bei der Zurückweisung verspäteten Vorbringens gem. § 296 Abs. 2 wegen eines Verstoßes gegen § 282 Abs. 2 stellt sich dasselbe Problem wie bei der Zurückweisung gem. § 296 Abs. 1 (siehe oben Rdn. 29).92 Scheidet nach der Sach- und Rechtslage des Streitfalls eine Streiterledigung im frühen ersten Termin von vornherein aus, so darf verspätetes Vorbringen sowohl gem. § 296 Abs. 193 als auch gem. § 296 Abs. 294 nicht zurückgewiesen werden.95
§ 276 Schriftliches Vorverfahren (1) Bestimmt der Vorsitzende keinen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung, so fordert er den Beklagten mit der Zustellung der Klage auf, wenn er sich gegen die Klage verteidigen wolle, dies binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht schriftlich anzuzeigen; der Kläger ist von der Aufforderung zu unterrichten. Zugleich ist dem Beklagten eine Frist von mindestens zwei weiteren Wochen zur schriftlichen Klageerwiderung zu setzen. Ist die Zustellung der Klage im Ausland vorzunehmen, so bestimmt der Vorsitzende die Frist nach Satz 1.
des verspäteten Vorbringens); OLG München MDR 1980, 147 f.; Deubner NJW 1979, 337, 338; Lange DRiZ 1980, 408, 413. 1275 189 Franzki DRiZ 1977, 161, 163. 90 1276 2 KG NJW 1980, 2362, 2363 mit Anm. Deubner. 1277 391 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 17; vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 11. 1278 492 BVerfG NJW 1985, 1149, 1150; OLG Hamm NJW 1987, 1207; Deubner NJW 1985, 1140, 1142 f. 1279 593 BGHZ 98, 368, 370 = NJW 1987, 500 f. (gegen diese Entscheidung Weth Die Zurückweisung
verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß, 1988, S. 238 ff.); BayVerfG NJW 1990, 1653, 1654 (im konkreten Fall aber unzutreffend abgelehnt); OLG Hamm NJW-RR 1989, 895; OLG Frankfurt NJW 1987, 506, 507. 94 1280 6 BVerfGE 69, 126, 139 f. = NJW 1985, 1149, 1150; OLG Frankfurt NJW 1989, 722, 723. 1281 795 Vgl. dazu die Besprechung der Entscheidung BGHZ 86, 31 = NJW 1983, 575 von Leipold ZZP 97 (1984), 395, 406 ff., der als zusätzliches Element die Zurechnung der Verzögerung fordert.
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(2) Mit der Aufforderung ist der Beklagte über die Folgen einer Versäumung der ihm nach Absatz 1 Satz 1 gesetzten Frist sowie darüber zu belehren, dass er die Erklärung, der Klage entgegentreten zu wollen, nur durch den zu bestellenden Rechtsanwalt abgeben kann. Die Belehrung über die Möglichkeit des Erlasses eines Versäumnisurteils nach § 331 Abs. 3 hat die Rechtsfolgen aus den §§ 91 und 708 Nr. 2 zu umfassen. (3) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen. Schrifttum Bergerfurth Das Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren, JZ 1978, 298; Franzki Die Vereinfachungsnovelle und ihre bisherige Bewährung in der Verfahrenswirklichkeit, NJW 1979, 9; Grunsky Die Straffung des Verfahrens durch die Vereinfachungsnovelle, JZ 1977, 201; Hartmann Ein Jahr Vereinfachungsnovelle, NJW 1978, 1457; Kallweit Die Prozeßförderungspflicht der Parteien und die Präklusion verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1976, 1983; Kramer Neuerungen im Versäumnisverfahren nach der Vereinfachungsnovelle, NJW 1977, 1657; ders. Die „Notfrist“ des § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO und der „arme“ Beklagte, ZZP 91 (1978), 71; Meiski Das sofortige Anerkenntnis im schriftlichen Vorverfahren, NJW 1993, 1904; Putzo Die Vereinfachungsnovelle, NJW 1977, 1; Rastätter Wiedereinsetzung bei Versäumung der Notfrist im schriftlichen Verfahren, NJW 1978, 95.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Allgemeines . . . . . . . . . . .
5
IV. Anwendungsbereich . . . . . . .
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V. Ablauf des schriftlichen Vorverfahrens . . . . . . . . . . . . . . 1. Fristsetzung zur Erklärung über die Verteidigungsabsicht (§ 276 Abs. 1 S. 1) . . . . . . . . . . a) Art der Frist . . . . . . . . b) Notwendige Belehrungen . . . c) Die Verteidigungsanzeige . . . 2. Fristsetzung zur Klageerwiderung (§ 276 Abs. 1 S. 2) . . . . . . . a) Beginn und Art der Frist . . . b) Notwendige Belehrungen . . . 3. Fristsetzung zur Replik (§ 276 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . 4. Zustellung der fristsetzenden Verfügungen . . . . . . . . . . . 5. Rechtsbehelf gegen die Fristsetzungen . . . . . . . . . . . . .
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Rdn VI. Abschluss des schriftlichen Vorverfahrens . . . . . . . . . . . . . 1. Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 2. Anerkenntnisurteil gem. § 307 S. 2 3. Übereinstimmende Erledigungserklärungen . . . . . . . . . . . 4. Prozessvergleich . . . . . . . . 5. Verweisung an das zuständige Gericht . . . . . . . . . . . . . 6. Übergang zum frühen ersten Termin . . . . . . . . . . . . . 7. Anberaumung eines Haupttermins a) Planmäßiger Ablauf . . . . . b) Planwidriger Ablauf . . . . . 8. Haupttermin . . . . . . . . . VII. Folgen der Fristversäumung . . . . 1. Versäumung der Frist gem. § 276 Abs. 1 S. 1 . . . . . . . . . . . a) Keine Präklusion bei Fristversäumung . . . . . . . . . . b) Schuldlose Versäumung der Frist 2. Versäumung der Klageerwiderungsfrist gem. § 276 Abs. 1 S. 2 . 3. Versäumung der Replikfrist . . .
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I. Gesetzesgeschichte § 276 wurde durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19761 nach dem Vorbild des seit längerem praktizierten Stuttgarter Modells2 neu eingefügt. Die Einfügung in § 276 Abs. 1 S. 3 durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12.19903 wurde durch das Zustellungsreformgesetz (ZustRG) vom 25.6.20014 wieder gestrichen. § 276 Abs. 2 S. 2 wurde durch Art. 1 Nr. 3 EG-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetz5 mit Wirkung vom 21.10.2005 neu eingefügt.
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II. Normzweck Das schriftliche Vorverfahren gem. § 276 ist die Alternative zum frühen ersten Termin (§ 275) und steht im Zusammenhang mit § 272. § 276 regelt den Ablauf des schriftlichen Vorverfahrens und dient ebenfalls der Verfahrenskonzentration und -beschleunigung. Das schriftliche Vorverfahren ist zwingender ausgestaltet als das Verfahren im frühen ersten Termin. Der Vorsitzende muss dem Beklagten sowohl eine Frist zur Anzeige seiner Verteidigungsabsicht als auch zur Klageerwiderung setzen. Ob eine weitere Fristsetzung zur Replik erforderlich ist, steht allerdings in seinem Ermessen. Die Erklärung des Beklagten über seine Verteidigungsabsicht dient ebenso wie die mündliche Verhandlung über den Sach- und Streitstand in dem frühen ersten Termin zunächst der Aussonderung der unstreitigen Fälle (Filterfunktion).6 Ist bereits aus der Klageschrift zu ersehen, dass ein unstreitiger Ausgang des Verfahrens zu erwarten ist, bietet sich das einfachere schriftliche Vorverfahren zur Erledigung der nicht streitigen Sachen an. Tritt der Beklagte der Klage nicht entgegen, bedarf es der Fortführung des schriftlichen Vorverfahrens nicht (Erledigungsfunktion). Äußert sich der Beklagte innerhalb dieser Frist nicht oder verneint er seine Verteidigungsabsicht, besteht für den Kläger zudem die Möglichkeit, durch Stellung eines Antrags auf Erlass eines Versäumnisurteils einen vollstreckbaren Titel zu erlangen (§ 331 Abs. 3). Erkennt der Beklagte den Klageanspruch an, ist er gem. § 307 dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Kommen die Parteien der Aufforderung durch fristgerechte Stellungnahmen nach, so dient § 276 der effektiven Vorbereitung des Haupttermins durch gelenkte und konzentrierte Aufbereitung des Streitstoffs (Vorbereitungsfunktion). Zudem kann der Vorsitzende alle erforderlichen Maßnahmen zur umfassenden Vorbereitung des Haupttermins treffen.
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III. Allgemeines Das schriftliche Vorverfahren dient in erster Linie der umfassenden Vorbereitung des Haupttermins. Allerdings besteht bereits in diesem Stadium die Möglichkeit, ohne mündliche Verhandlung zur Erledigung durch Urteil in Form eines Anerkenntnis(§ 307 S. 2) oder Versäumnisurteils (§§ 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 331 Abs. 3) zu kommen. Damit wird der Grundsatz der Mündlichkeit (§ 128 Abs. 1) durchbrochen.7 Da es bei 1 11282 BGBl I S. 3281, 3284. 2 21283 Putzo AnwBl 1977, 429, 431. 3 31284 BGBl I S. 2847, 2848, folgender Halbsatz wurde eingefügt: „dass § 175 (a.F.) entsprechend gilt mit der Maßgabe, dass der Zustellungsbevollmächtigte innerhalb dieser Frist zu benennen ist.“
4 41285 BGBl I S. 1206, 1210. 5 51286 BGBl I S. 2477. 6 61287 Franzki DRiZ 1977, 161, 163. 7 71288 MünchKomm/Prütting Rdn. 5.
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fehlender Anzeige der Verteidigungsbereitschaft allein auf Grund des schriftlichen Vorbringens des Klägers und dessen Antrags zu einem Versäumnisurteil kommen kann, ist der schriftliche Vortrag nicht nur als bloße Ankündigung zu sehen (vgl. zu den vorbereitenden Schriftsätzen § 129 Rdn. 3), sondern als wirksame Prozesshandlung.8 Dies gilt nicht, soweit die schriftlichen Verfahrenshandlungen lediglich der Vorbereitung der Hauptverhandlung dienen und es zu keiner Entscheidung kommt.9 Obwohl gewisse Ähnlichkeiten zum schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 bestehen, ist das schriftliche Vorverfahren vom schriftlichen Verfahren zu unterscheiden.10 Im schriftlichen Verfahren besteht nämlich die Möglichkeit, sämtliche Prozesshandlungen schriftlich vorzunehmen, auf Grund derer das Gericht jede Art von Entscheidung fällen kann (anders aber § 128 Rdn. 94 ff.),11 während die Entscheidung im schriftlichen Vorverfahren auf ein Anerkenntnis- bzw Versäumnisurteil beschränkt ist und in der Regel zur mündlichen Verhandlung führt.
IV. Anwendungsbereich
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Ein schriftliches Vorverfahren kann sowohl im land- als auch im amtsgerichtlichen (§ 495) Verfahren durchgeführt werden. Die Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens im amtsgerichtlichen Verfahren ist dann gleichzeitig als Anordnung gem. § 129 Abs. 2 zu verstehen. Im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 findet naturgemäß kein schriftliches Vorverfahren statt. Bei Überleitung des Mahnverfahrens in das Streitverfahren ist wie nach Eingang einer Klage zu verfahren (§§ 697 Abs. 2, 700 Abs. 4). Es kann also auch ein schriftliches Vorverfahren durchgeführt werden. Allerdings findet § 276 Abs. 1 S. 1, 3, Abs. 2 nach dem Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid gem. § 700 Abs. 4 S. 2 keine Anwendung (vgl. dazu Rdn. 13 und 43). In Statussachen gibt es kein schriftliches Vorverfahren (§§ 611 Abs. 2, 640, 661 Abs. 2), ebenso nicht im arbeitsgerichtlichen Verfahren12 (§ 46 Abs. 2 ArbGG). Gleiches gilt für die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, bei denen die Regelungen des § 276 Abs. 1 und 3 der Eilbedürftigkeit entgegenstehen (vgl. § 272 Rdn. 21).13 Im Berufungsverfahren tritt an die Stelle des schriftlichen Vorverfahrens schon im Stadium des Annahmeverfahrens die schriftliche Vorbereitung des weiteren Verfahrens gem. § 521 Abs. 2. Im Revisionsverfahren gibt es kein schriftliches Vorverfahren (vgl. § 553).
V. Ablauf des schriftlichen Vorverfahrens
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Entscheidet sich der Vorsitzende für das schriftliche Vorverfahren,14 findet ein früher erster Termin nicht statt, so dass sich eine diesbezügliche Terminsanberaumung erübrigt.15 Mit der Zustellung der Klage gem. § 271 Abs. 1 sowie der Aufforderung
8 11289 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4. 9 21290 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5; Zöller/Greger Rdn. 16. 1291 310 Vgl. BVerfG NJW 1993, 2864. 1292 411 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5; vgl. Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 79 Rdn. 83
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1293 512 Grunsky JZ 1978, 81 (wegen § 47 Abs. 2 ArbGG). 1294 613 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 7. 1295 714 Bedenken gegen das schriftliche Vorverfahren erhebt Franzki NJW 1979, 9, 10. 1296 815 Grunsky JZ 1977, 201, 203 hält jedoch eine sofor-
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gem. § 271 Abs. 2, einen Rechtsanwalt zu bestellen, erfolgt eine zweifache Fristsetzung an den Beklagten zunächst zur Erklärung über seine Verteidigungsabsicht und dann zur Klageerwiderung. Die fristsetzenden Verfügungen sind nur vom Vorsitzenden zu treffen, da § 276 Abs. 1 S. 1 im Gegensatz zu § 275 Abs. 1 nicht den Zusatz „oder ein von ihm bestimmtes Mitglied“ enthält.16 Zwar ergibt sich dies nicht ausdrücklich für die Klageerwiderungsfrist aus § 276 Abs. 1 S. 2, lässt sich jedoch aus der Verknüpfung mit S. 1 („Zugleich“) und mit Abs. 3 schließen.17 1. Fristsetzung zur Erklärung über die Verteidigungsabsicht (§ 276 Abs. 1 S. 1) Nach Klageeingang und Wahl des schriftlichen Vorverfahrens ist der Beklagte vom Vorsitzenden oder dem gem. § 348 zuständigen Einzelrichter (vgl. § 272 Rdn. 15) aufzufordern, dem Gericht seine Verteidigungsabsicht schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift mitzuteilen.18 Der Kläger ist von dieser Aufforderung zu unterrichten. Damit wird für den Kläger ersichtlich, dass das schriftliche Vorverfahren gewählt wurde.19 Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen, erübrigt sich nach Widerspruch des Antragsgegners eine Fristsetzung gem. § 276 Abs. 1 S. 1 nicht.20 Dies gilt nicht, wenn bereits ein Vollstreckungsbescheid ergangen und gegen diesen ein Einspruch eingelegt worden ist (§ 700 Abs. 4 S. 2).21
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a) Art der Frist. Diese Frist ist eine gesetzliche Frist, die nicht abgekürzt (auch nicht durch Parteivereinbarung, § 224 Abs. 1 S. 1) oder verlängert werden kann, weil dies nicht im Gesetz vorgesehen ist (§ 224 Abs. 2).22 Es handelt sich um eine Notfrist (§ 224 Abs. 1 S. 2),23 so dass bei Versäumung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 in Betracht kommt (vgl. Rdn. 60).
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b) Notwendige Belehrungen. Mit der Aufforderung zur Erklärung über die Verteidigungsabsicht ist der Beklagte darüber zu belehren, welche Folgen eine Versäumung der ihm gem. § 276 Abs. 1 S. 1 gesetzten Frist hat. Er ist daher darauf hinzu-
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tige Terminsbestimmung zum Haupttermin im schriftlichen Vorverfahren für möglich. Dies ist jedoch nicht sinnvoll, weil das schriftliche Vorverfahren gerade erst klären soll, ob überhaupt ein Haupttermin erforderlich ist. 1297 116 Offengelassen von BGH NJW 1991, 2774, 2775; OLG Oldenburg NdsRpfl 1979, 179 f. Der Grund hierfür kann aber nicht darin liegen, dass der Vorsitzende die Verfahrensauswahl trifft, da er dies auch beim frühen ersten Termin tut, so aber Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 22; MünchKomm/Prütting Rdn. 15; jedenfalls ist eine Fristsetzung durch einen nicht beauftragten Beisitzer nicht ordnungsgemäß und kann dementsprechend nicht zur Zurückweisung gem. § 296 Abs. 1 führen, BGH NJW 1991, 2774, 2775; aA Musielak/Foerste Rdn. 4 (analoge Anwendung des § 275 Abs. 1 S. 1); Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 9. 17 1298 2 Offengelassen von BGH NJW 1991, 2773 f. 18 1299 3 Klinge AnwBl 1977, 395 und Schmitz AnwBl 1979, 4, 5 halten diese Frist für zu kurz bemessen; aA Dittmar AnwBl 1979, 166, der diese mit der Widerspruchsfrist des § 692 Abs. 1 Nr. 3 vergleicht.
1300 419 Grunsky JZ 1977, 201, 203. 1301 520 In der Begründung zum Rechtspflegevereinfachungsgesetz, BT-Drucks. 11/3621 S. 48, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass entgegen der bis dahin geltenden Regelung auch nach Widerspruch eine Aufforderung zur Verteidigungsanzeige gem. § 276 Abs. 1 S. 1 erforderlich ist. Erst nach der Anspruchsbegründung könnten die Prozessaussichten abgeschätzt werden. Die Mitteilung der fortbestehenden Verteidigungsbereitschaft sei deshalb zumutbar. Ähnlich schon Schmitz NJW 1979, 1583, 1584 zur alten Rechtslage. Zu Unrecht nahm allerdings das OLG Celle OLGZ 1980, 11, 12 noch zur alten Rechtslage Säumnis des Beklagten dann an, wenn dieser nicht innerhalb von zwei Wochen auf die Klagebegründung erwidert. AA noch zur alten Rechtslage Kallweit S. 122 f.; Bergerfurth JZ 1978, 298; Bischof NJW 1977, 1897, 1890; Franzki NJW 1979, 9, 10. 21 1302 6 BT-Drucks. 11/3621 S. 49 und 50. 1303 722 OLG Koblenz NJW 1979, 1465; Dittmar AnwBl 1979, 166 f. 1304 823 AA Rastätter NJW 1978, 95, 96, der entgegen dem Wortlaut eine einfache Frist annimmt.
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weisen, dass in Anwaltsprozessen die Erklärung, der Klage entgegentreten zu wollen, nur durch den zu bestellenden Anwalt abgegeben werden kann. Damit wird der Beklagte zur rechtzeitigen Bestellung eines Rechtsanwalts veranlasst. Seit dem 21.10.200524 wird ausdrücklich gem. § 276 Abs. 2 S. 2 die Belehrung über die Möglichkeit des Erlasses eines Versäumnisurteils gem. § 331 Abs. 3 und dessen Rechtsfolgen aus §§ 91 und 708 Nr. 2 gefordert. Nach Überleitung des Mahnverfahrens in das Streitverfahren ist bei Setzung der Frist gem. § 276 Abs. 1 S. 1 ein Hinweis an den Beklagten erforderlich, dass seine bisherigen Erklärungen zum Verfahren einschließlich des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid noch nicht als Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gewertet werden (vgl. dazu Rdn. 9 und 13).25 Im amtsgerichtlichen Verfahren ist der Beklagte gem. § 499 auch darüber zu belehren, dass er bei einem von ihm schriftlich abgegebenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung durch Anerkenntnisurteil (§ 307 S. 2) verurteilt wird. c) Die Verteidigungsanzeige. Die Verteidigungsanzeige muss im Anwaltsprozess von einem Rechtsanwalt schriftlich erklärt werden, im Parteiprozess genügt die mündliche Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle (§ 496). Einen bestimmten Inhalt muss die Verteidigungsanzeige nicht haben. Es muss jedoch aus ihr hervorgehen, dass der Beklagte die Absicht hat, sich gegen die Klage zu wenden. Ob dies der Fall ist, hat das Gericht durch Auslegung zu ermitteln. So kann es bereits genügen, wenn ein Rechtsanwalt dem Gericht mitteilt, dass er mit der Wahrnehmung der Interessen des Beklagten beauftragt ist,26 lediglich die Klageerwiderung eingereicht27 oder ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt wird. Die Verteidigungsbereitschaft kann auch durch den Haftpflichtversicherer (juristische Person) als Bevollmächtigten angezeigt werden.28 Als Prozesshandlung ist die Verteidigungsanzeige nicht anfechtbar, sie kann aber bis zur mündlichen Verhandlung widerrufen werden.29 Die Erklärung der Verteidigungsabsicht ist rechtzeitig, wenn sie bis zum Ablauf der nach § 276 Abs. 1 S. 1 gesetzten Frist von zwei Wochen bei Gericht eingeht (vgl. auch Rdn. 42). Geht die Anzeige erst nach Ablauf der Frist bei Gericht ein, aber bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist, läuft das schriftliche Vorverfahren weiter. Ein Versäumnisurteil darf nicht mehr ergehen bzw entfaltet keine Wirkungen, der darauf gerichtete Antrag des Klägers ist zurückzuweisen (vgl. dazu Rdn. 42). Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bedarf es dazu nicht. 1305 124 EG-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetz (BGBl I 2005 S. 2477, 2481). 25 1306 2 BT-Drucks. 11/3621 S. 48; Hansens NJW 1991, 953, 960; Holch NJW 1991, 3177, 3178. 1307 326 BT-Drucks. 7/2729 S. 80; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 26; aA Zöller/Greger Rdn. 10. 1308 427 BT-Drucks. 7/2729 S. 80. 1309 528 Nach Zulassung der RA-GmbH (§ 59l BRAO) und RA-AG (vgl. BayObLG NJW 2000, 1647 f.) muss die Prozessfähigkeit auch von juristischen Personen bejaht werden, so zu Recht Zöller/ Vollkommer § 79 Rdn. 2 und § 52 Rdn. 2; Henssler NJW 1999, 241, 244; aA BayObLG FamRZ 1986, 597, 598 (zu § 13 FGG); BFH NJW 1977, 776 (zu Art. 1 Nr. 1 S. 1, 2 BFH-EntlastG); OVG Berlin NJW 1974, 2254, 2255 (zu §§ 67, 173
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VwGO, 79 ZPO); LG Düsseldorf VersR 1989, 467, da als Prozessbevollmächtigter gem. § 79 nur eine natürliche Person auftreten kann. Stein/Jonas/Bork § 79 Rdn. 3, der aber die einer juristischen Person erteilte Vollmacht im Zweifel als auf die jeweiligen gesetzlichen Vertreter ausgestellt ansieht; diff. Thomas/Putzo/Hüßtege § 79 Rdn. 4 (Ausnahme RA-GmbH). 29 1310 6 So wohl Fischer NJW 2004, 909, 910, der einen Widerruf zulässt bis der Gegner eine schützenswerte Rechtsposition erworben hat, was im Fall des Widerrufs einer Verteidigungsanzeige nicht vorstellbar ist; Zöller/Greger Rdn. 10 und 17, der einen Widerruf nur bis zur Terminsbestimmung zulässt.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Die Verteidigungsanzeige kann, soweit bereits ein Versäumnisurteil ergangen ist, in einen Einspruch umgedeutet werden.30 Gibt der Beklagte eine negative Erklärung ab, indem er erklärt, er wolle sich nicht verteidigen,31 steht dies dem Unterlassen der Verteidigungsanzeige gleich.32 Der Erlass eines Versäumnisurteils ist jedoch auch hier erst nach Ablauf der Frist möglich, da dem Beklagten die gesamte Frist als Überlegungsfrist zur Verfügung steht.33
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2. Fristsetzung zur Klageerwiderung (§ 276 Abs. 1 S. 2) Zugleich mit der Aufforderung gem. § 276 Abs. 1 S. 1 ist dem Beklagten eine Frist zur Klageerwiderung (§ 277 Abs. 1) von mindestens zwei weiteren Wochen zu setzen.34 Die Klageerwiderungsfrist ist vom Vorsitzenden oder dem originären Einzelrichter (vgl. § 272 Rdn. 15) zu bestimmen.
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a) Beginn und Art der Frist. Die Klageerwiderungsfrist beginnt mit dem Ablauf der Anzeigefrist gem. § 276 Abs. 1 S. 1. Damit stehen dem Beklagten zur Klageerwiderung mindestens vier Wochen zur Verfügung. Da es sich bei den zwei Wochen um eine Mindestfrist handelt, wird oftmals eine längere Frist angemessen erscheinen (vgl. § 275 Rdn. 11 und § 277 Rdn. 22). Als richterliche Frist kann diese auf Antrag abgekürzt und verlängert werden, allerdings nur wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind (§ 224 Abs. 2). Findet eine Klageänderung im schriftlichen Vorverfahren statt, verliert die ursprünglich gesetzte Frist zur Klageerwiderung ihre Wirkung. Mit der Zustellung der geänderten Klage kann dann von Amts wegen eine neue Klageerwiderungsfrist gesetzt werden, die wiederum mindesten zwei Wochen betragen muss.35 Der Beklagte muss innerhalb der Klageerwiderungsfrist den Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen stellen (§ 101 Abs. 1 S. 2). Diese Frist verlängert sich nicht, wenn auf Grund ergänzenden Klägervorbringens eine erneute Frist zur Klageerwiderung gesetzt wird.36 Wird jedoch die Klageerwiderungsfrist gem. § 224 Abs. 2 verlängert, kann der Antrag noch innerhalb dieser verlängerten Frist gestellt werden.37 Beim Übergang des Mahnverfahrens in das Streitverfahren kann jedoch der Fristbeginn für die Klageerwiderung bereits auf den Zeitpunkt der Zustellung der Anspruchsbegründung vorverlegt werden, so dass dem Antragsgegner letztendlich nur zwei Wochen zur Verfügung stehen (§ 697 Abs. 2 S. 2). Dies ist aber dadurch gerechtfertigt, dass sich dieser bereits im Mahnverfahren mit dem Streitgegenstand befassen konnte.38 Allerdings kann eine Klageerwiderungsfrist erst wirksam gesetzt werden, wenn sich für den Kläger ein zugelassener Rechtsanwalt bestellt und dieser den Anspruch begründet hat.
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1311 130 OLG Braunschweig FamRZ 1995, 237, 238; aA AG Dortmund MDR 1992, 413. 1312 231 Dies dürfte für ein Anerkenntnisurteil gem. § 307 nicht genügen, vgl. dazu auch Bergerfurth JZ 1978, 298 Fn. 11. 32 1313 3 BT-Drucks. 7/2729 S. 70. 33 1314 4 So auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 27; aA Bergerfurth JZ 1978, 298 Fn. 11. 1315 534 Leipold ZZP 93 (1980), 239, 248 und Lange NJW 1986, 1728, 1731 halten diese Frist für zu kurz; ebenso Engels AnwBl 1979, 205, 206 und Rudolph Justiz und Recht, FS aus Anlaß des 10-jäh-
rigen Bestehens der Deutschen Richterakademie (1983), S. 151, 155 f., der für eine Monatsfrist entsprechend den Rechtsmittelfristen plädiert. 1316 635 OLG Düsseldorf MDR 1980, 943; Stein/Jonas/ Leipold21 Rdn. 20. 36 1317 7 OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 1084, 1085; LG Bonn MDR 2000, 724 f. mit zust. Anm. Schneider. 1318 837 LG Düsseldorf MDR 2005, 709; ebenso Schneider MDR 2000, 725; aA LG Heilbronn MDR 2003, 231 mit zust. Anm. Willmerdinger. 1319 938 BT-Drucks. 11/3621 S. 48 f.
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b) Notwendige Belehrungen. Die Fristsetzung zur Klageerwiderung ist gem. § 277 Abs. 2 mit einer Belehrung darüber zu verbinden, dass auch die Klageerwiderung nur durch einen Anwalt bei Gericht einzureichen ist. Eine Belehrung über die Versäumung dieser Frist, die zur Zurückweisung des verspäteten Vorbringens gem. § 296 Abs. 1 führen kann, hat ebenfalls zu erfolgen. Dabei genügt es nicht, lediglich den Wortlaut des § 296 wiederzugeben.39 Zum Umfang der Belehrungen vgl. § 277 Rdn. 19 ff. 3. Fristsetzung zur Replik (§ 276 Abs. 3)
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Hält der Vorsitzende eine schriftliche Stellungnahme des Klägers auf die Klageerwiderung des Beklagten für erforderlich, kann er diesem eine Frist hierzu setzen.40 Die Bemessung der Frist liegt im freien Ermessen des Vorsitzenden bzw originären Einzelrichters, beträgt jedoch nach § 277 Abs. 3 und 4 mindestens zwei Wochen. Es ist wieder eine Belehrung über die Folgen der Versäumung gem. § 277 Abs. 4 (vgl. dazu § 277 Rdn. 27), der auf Abs. 2 verweist, erforderlich. Es kommt wiederum eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens gem. § 296 Abs. 1 in Betracht. Die Frist für die Replik des Klägers (§ 276 Abs. 3) kann wirksam erst nach Eingang der Klageerwiderung und unter Berücksichtigung ihres Inhalts gesetzt werden.41 Eine nochmalige Stellungnahme des Beklagten auf die Replik des Klägers ist im Gesetz zwar nicht vorgesehen, aber nicht ausgeschlossen.42 Allerdings sollte ein solches Vorgehen die Ausnahme bleiben, da dies dem Beschleunigungseffekt des schriftlichen Vorverfahrens entgegenläuft. Sinnvollerweise hat die Klärung einzelner konkreter Punkte gem. § 273 Abs. 2 Nr. 1 zu erfolgen.43 4. Zustellung der fristsetzenden Verfügungen
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Die Fristsetzungsverfügungen müssen vom Vorsitzenden oder dem sonst zuständigen Richter unterzeichnet sein.44 Eine Paraphe genügt nicht. Der Partei oder dem von ihr bestellten Prozessbevollmächtigten (§ 172)45, an die sich die Fristsetzung richtet, muss eine beglaubigte Abschrift der fristsetzenden richterlichen Verfügung zugestellt werden (§ 329 Abs. 2 S. 2). Formlose Übersendung einer Mitteilung der Geschäftsstelle genügt nicht,46 auch nicht die Anordnung einer formlosen Mitteilung durch den Vorsitzenden47. Da die Fristsetzung zur Klageerwiderung nach § 276 Abs. 1 S. 2 in der Regel mit der Zustellung der Klageschrift und der Fristsetzung zur Erklärung über die Verteidigungsabsicht erfolgen muss, kommt eine separate Zustellung nur in Ausnahmefällen, etwa bei einer nachträglichen Klageänderung, in Betracht (vgl. dazu Rdn. 26). Ist eine solche separate Zustellung notwendig, gilt das Gleiche.
1320 139 BGHZ 86, 218, 226 = NJW 1983, 822, 823; BGH NJW 1986, 133, selbst wenn ein Rechtsanwalt beauftragt war; BGH NJW 1991, 2773, 2774. 40 1321 2 Nach Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 185 machten die Gerichte nach einer Umfrage des Bayer. Staatsministeriums der Justiz im Jahr 1978 von dieser Möglichkeit häufig Gebrauch; bei einer Umfrage im Jahr 1986 machten 60 % der Kammern, aber nur 43 % der Amtsgerichte davon Gebrauch, vgl. Greger ZZP 100 (1987), 377, 380. 1322 341 BGHZ 76, 236, 241 = NJW 1980, 1167, 1168; aA
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Kramer NJW 1977, 1657, 1659 für den Fall, dass die Klage unzulässig oder unschlüssig ist. 1323 442 Grunsky JZ 1977, 201, 203; Putzo NJW 1977, 1, 2. 43 1324 5 Vgl. auch Putzo NJW 1977, 1, 2. 44 1325 6 Vgl. BGH NJW 1991, 2774, 2775 (Verfügung nicht vom Vorsitzenden). 1326 745 OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 799, 800. 1327 846 BGH NJW 1981, 2255; BGHZ 76, 236, 241 = NJW 1980, 1167, 1168. 1328 947 BGH NJW 1990, 2389.
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Eine Heilung gem. § 189 ist nach Streichung des § 187 S. 2 a.F.48 möglich.49 Dagegen ist die Verletzung der strengen Förmlichkeiten, an die das Gesetz die Möglichkeit des Eintritts von Präklusionswirkungen knüpft und die deshalb von Amts wegen zu beachten sind, einer Heilung gem. § 295 Abs. 1 nicht zugänglich (§ 295 Rdn. 31).50 Vielmehr ist die Fristsetzung fehlerhaft, so dass eine Zurückweisung des verspäteten Vorbringens ausgeschlossen ist.51 Auch ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten wegen nicht fristgerecht erfolgter Anzeige der Verteidigungsbereitschaft darf dann nicht ergehen (§§ 331 Abs. 1, 335 Abs. 1 Nr. 4).52 Bei einer Zustellung im Ausland ist die Frist gem. § 276 Abs. 1 S. 3 zur Erklärung über die Verteidigungsabsicht von dem Vorsitzenden oder dem originären Einzelrichter (vgl. § 272 Rdn. 15) zu bestimmen. Hier wird eine längere Frist erforderlich sein; sie muss aber mindestens zwei Wochen betragen. Die Zustellung erfolgt gem. §§ 183, 184. Das Gericht kann gem. § 184 Abs. 1 S. 1 anordnen, dass der Beklagte innerhalb einer ihm gesetzten Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt.53 Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können spätere Zustellungen, insbesondere auch ein schriftliches Versäumnis- (§ 331 Abs. 3) oder Anerkenntnisurteil (§ 307) zur Post aufgegeben werden (§ 184 Abs. 1 S. 2).
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5. Rechtsbehelf gegen die Fristsetzungen Die fristsetzenden Verfügungen sind nicht selbständig anfechtbar. Eine sofortige Beschwerde ist nicht statthaft, da die Voraussetzungen des § 567 nicht vorliegen.54 Eine Überprüfung kann allenfalls im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel gegen das Endurteil erfolgen.
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VI. Abschluss des schriftlichen Vorverfahrens Das schriftliche Vorverfahren kann wie vom Gesetzgeber vorgesehen zur Vorbereitung des Haupttermins durchgeführt werden, wenn die Parteien die ihnen gesetzten Fristen eingehalten und die erforderlichen Stellungnahmen abgegeben haben. Hält aber eine Partei die ihr gesetzte Frist nicht ein, wird der Rechtsstreit entweder einer möglichen Erledigung zugeführt oder es muss das Vorverfahren abgebrochen und in das Hauptverfahren übergegangen werden.
1329 148 Durch das ZustRG vom 25.6.2001 (BGBl I S. 1206, 1209) wurde § 187 S. 1 a.F. neu gefasst und zu § 189. § 187 S. 2 a.F. wurde ersatzlos gestrichen. 1330 249 Anders noch zur früheren Rechtslage: BGHZ 76, 236, 241 = NJW 1980, 1167, 1168 (zu § 276 Abs. 1 S. 2); OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 799, 800 (zu § 276 Abs. 1 S. 2, entspr. Anwendung des § 187 S. 2); Stein/Jonas/Roth21 (1993) § 187 Rdn. 23. 1331 350 BGH NJW 1991, 2773 (fehlerhafte Belehrung zu § 276 Abs. 1 S. 2); BGH NJW 1991, 2774, 2775 (Verfügung nicht vom Vorsitzenden zu § 276 Abs. 1 S. 2); BGH NJW 1990, 2389, 2390 (nur formlose Mitteilung der Verfügung zu § 276 Abs. 1 S. 2).
1332 451 Bischof NJW 1977, 1899. 1333 552 MünchKomm/Prütting Rdn. 16; Bergerfurth JZ 1978, 298, 300. 53 1334 6 § 276 Abs. 1 S. 3 a.F. ist deshalb gestrichen worden. 1335 754 OLG Schleswig NJW 1983, 459, 460; aA aber OLG Schleswig NJW 1982, 246 bei Unterlassen jeglicher weiterer Bearbeitung der Sache und damit auch der Terminsbestimmung aus Gründen der Überlastung der Kammer wegen eines Verstoßes gegen § 216 Abs. 2, der einer Zurückweisung des Antrags gleichkomme, und OLG Schleswig NJW 1981, 691, 692, das § 252 entsprechend anwendet, weil dies einer Aussetzung des Verfahrens nahe komme, so auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 25.
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1. Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3
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Lässt der Beklagte die ihm gem. § 276 Abs. 1 S. 1 gesetzte Frist zur Erklärung seiner Verteidigungsabsicht verstreichen oder gibt er im Anwaltsprozess die Erklärung selbst ab oder verneint er seine Verteidigungsabsicht55 und hat der Kläger einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt,56 so erlässt das Gericht ein Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung gem. § 331 Abs. 3. Voraussetzung hierfür ist die ordnungsgemäße Fristsetzung und Belehrung gem. § 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 (§ 335 Abs. 1 Nr. 4). Der diesbezügliche Antrag kann bereits in der Klageschrift, aber auch in einem späteren Schriftsatz gestellt werden,57 auch wenn bereits Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden ist.58 Ob bei Unschlüssigkeit oder Unzulässigkeit der Klage ein sogenanntes unechtes Versäumnisurteil gegen den Kläger im schriftlichen Vorverfahren ergehen darf, war bisher umstritten.59 Nach der Einfügung des § 331 Abs. 3 S. 3 durch das Justizmodernisierungsgesetz60 ergibt sich im Umkehrschluss, dass ein unechtes Versäumnisurteil bezüglich der Hauptforderung, wenn diese unschlüssig ist, ausgeschlossen ist.61 Ein solches wäre mit dem Grundsatz auf rechtliches Gehör nach Art. 6 EMRK nicht vereinbar.62 Hier kann ein unechtes Versäumnisurteil lediglich im Termin zur mündlichen Verhandlung ergehen. Dagegen ist nach der Neufassung des § 331 Abs. 3 S. 3 ein unechtes Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren dann möglich, wenn das Vorbringen nur bezüglich Nebenforderungen unschlüssig ist, wenn der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Ist die Hauptforderung schlüssig, ergeht diesbezüglich ein echtes Teilversäumnisurteil, bezüglich der unschlüssigen Nebenforderung ein abweisendes kontradiktorisches Urteil. Ist auch die Hauptforderung unschlüssig, kann nur ein unechtes Teilversäumnisurteil (abweisendes kontradiktorisches Urteil) bezüglich der Nebenforderung ergehen. Ein unechtes Versäumnisurteil (abweisendes Prozessurteil) ist jedoch im schriftlichen Vorverfahren nicht möglich.63 1336 155 Dies dürfte für ein Anerkenntnisurteil gem. § 307 nicht genügen, vgl. dazu auch Bergerfurth JZ 1978, 298 Fn. 11. 56 1337 2 Hat der Kläger keinen Antrag gestellt, ist er nach Ablauf der Zweiwochenfrist von der Nichtanzeige zu benachrichtigen und zu fragen, ob er den Antrag gem. § 331 Abs. 3 stelle, Kramer NJW 1977, 1657, 1658. 1338 357 KG NJW-RR 1994, 1344 hält die Übermittlung des in der Klageschrift noch nicht enthaltenen, sondern später gestellten Antrags der Klägerseite auf Erlass eines Versäumnisurteils gem. § 331 Abs. 3 an die Beklagtenseite vor Erlass des Versäumnisurteils im schriftlichen Vorverfahren für nicht erforderlich; aA OLG München MDR 1980, 235; ebenso Geffert NJW 1978, 1418. 1339 458 Grunsky JZ 1977, 201, 203; aA AK/Menne Rdn. 10, der das Vertrauen des Beklagten auf den anberaumten mündlichen Termin für schutzwürdig hält. 59 1340 5 Dafür BT-Drucks. 7/2729 S. 80; BayVerfG NJW 1991, 2078, 2079; OLG Brandenburg NJW-RR 1997, 1518; OLG Frankfurt MDR 1984, 322; OLG Köln OLGZ 1989, 83, 84 ff.; OLG Celle NJW 1980, 2140; Jauernig ZRP § 66 III 4; Bischof Der Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle
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(1980), Rdn. 122 und NJW 1977, 1897, 1898; Bergerfurth JZ 1978, 298, 299 f.; Franzki NJW 1979, 9, 10; Gerhardt ZZP 99 (1986), 492, 494; Hartmann Rpfleger 1977, 1, 4 und NJW 1978, 1457, 1462; Kniestadt NJW 1980, 2141 f.; Schwab NJW 1979, 697; vermittelnd: MünchKomm/Prütting § 331 Rdn. 50; Kramer NJW 1977, 1657 ff. nur nach Hinweis des Gerichts; dagegen bereits vor der Gesetzesänderung OLG Köln MDR 2001, 954; OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 939; OLG Nürnberg NJW 1980, 460, 461; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 34; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 104 Rdn. 43; Grunsky JZ 1977, 201, 203; Putzo NJW 1977, 1, 2. 1341 660 In Kraft seit 1.9.2004, BGBl I S. 2198, 2199. 1342 761 So auch die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 15/3482 S. 17; Zöller/Herget § 331 Rdn. 13; aA Stieper JR 2005, 397, 400, der im Wege der teleologischen Extension weiterhin ein unechtes Versäumnisurteil auch bei Unzulässigkeit oder Unschlüssigkeit der Klage bezüglich der Hauptforderung für zulässig hält. 1343 862 Vgl. Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2861; aA Stieper JR 2005, 397, 399 f. 1344 963 Vgl. Zöller/Herget § 331 Rdn. 13.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Wird eine Klage, deren Hauptforderung ursprünglich unschlüssig war, durch einen weiteren Schriftsatz des Klägers schlüssig, kann kein Versäumnisurteil mehr ergehen. Es ist auch keine erneute Frist nach § 276 Abs. 1 S. 1 zu setzen.64 Vielmehr läuft das schriftliche Vorverfahren bis zum Ablauf der Klageerwiderungsfrist (diese ist im Hinblick auf das neue Vorbringen zu erneuern) weiter.65 Gegen das Versäumnisurteil kann der Beklagte gem. § 338 Einspruch einlegen,66 worauf dann gem. § 341a ein Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen ist. Ein verspätetes Verteidigungsvorbringen mit Klageerwiderung in Unkenntnis des bereits ergangenen Versäumnisurteils kann in einen Einspruch umgedeutet werden.67 Geht allerdings die Verteidigungsanzeige noch bei Gericht ein, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil die Geschäftsstelle68 verlassen hat, entfaltet das Versäumnisurteil keine Wirkung (vgl. § 331 Abs. 3).69 Entscheidend ist der Eingang bei Gericht, nicht bei der Geschäftsstelle des zuständigen Spruchkörpers,70 denn eine solche Anforderung ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes und würde dem Rechtssuchenden das Risiko interner Verfahrensabläufe aufbürden.71 Der Antrag ist zurückzuweisen72 und das Vorverfahren läuft weiter. Einer Wiedereinsetzung bedarf es in diesem Fall nicht (siehe Rdn. 21).73 Ein schriftliches Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 und ein schriftliches Anerkenntnisurteil gem. § 307 S. 2 sind auch nach vorausgegangenem Mahnverfahren möglich.74 Dies gilt nicht, wenn bereits ein Vollstreckungsbescheid ergangen und gegen diesen ein Einspruch eingelegt worden ist, da der Vollstreckungsbescheid bereits einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichsteht (§ 700 Abs. 1).75
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2. Anerkenntnisurteil gem. § 307 S. 2 Der Beklagte hat auch die Möglichkeit, den geltend gemachten Anspruch schriftlich – in Anwaltsprozessen durch einen Rechtsanwalt – anzuerkennen.76 Auch in diesem Fall kann er ohne mündliche Verhandlung dem Anerkenntnis gemäß verurteilt werden (§ 307 S. 2). Ein Antrag des Klägers ist dazu nicht erforderlich (vgl. § 307). Ein 1345 164 Brühl FamRZ 1978, 551, 552. 1346 265 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 35. 1347 366 Zu der Frage, ob ein Einspruch gegen ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren bereits vor Zustellung (§§ 330 Abs. 3, 331 Abs. 3) zulässig ist, vgl. Zugehör NJW 1992, 2261 ff. Ist das Versäumnisurteil fälschlich als Urteil bezeichnet, ist auf Grund der Meistbegünstigungstheorie auch die Berufung statthaft, OLG Hamm NJW-RR 1995, 186. 1348 467 OLG Braunschweig FamRZ 1995, 237, 238; aA AG Dortmund MDR 1992, 413. 1349 568 Abteilungsgeschäftsstelle, nicht die Verwaltungsgeschäftsstelle, Hartmann NJW 1978, 1457, 1462. 69 1350 6 Vgl. Jauernig § 66 III zu dem Verhältnis von § 331 Abs. 3 S. 1 HS 2 und §§ 276 Abs. 1 S. 1, 233; dazu Rastätter NJW 1978, 95 f., der die Frist des § 276 Abs. 1 S. 1 entgegen dem Gesetzeswortlaut als einfache Frist ansehen will. 1351 770 OLG Frankfurt MDR 2000, 902; OLG Düsseldorf JR 1997, 161, 162; Stein/Jonas/Grunsky § 331 Rdn. 33; MünchKomm/Prütting § 331
Rdn. 45; Engels AnwBl 1979, 205, 207; aA OLG Rostock OLG-NL 2001, 239, 240; KG MDR 1989, 1003; Zöller/Greger Rdn. 9; Musielak/ Foerste Rdn. 9; Hk/Saenger Rdn. 5; ebenso Bergerfurth JZ 1978, 298, 299. Ist die Verteidigungserklärung zwar bei Gericht (z.B. Nachtbriefkasten) eingegangen, das Versäumnisurteil später hinausgegangen, jedoch bevor die Erklärung zu den Akten gelangt ist, dann ist das Versäumnisurteil nach der Ansicht von Franzki NJW 1979, 9, 10 wirksam. 1352 871 OLG Frankfurt MDR 2000, 902. 1353 972 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 104 Rdn. 45; Putzo AnwBl 1977, 429, 432. 73 1354 10 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 104 Rdn. 45; Rastätter NJW 1978, 95 f. 74 1355 11 BT-Drucks. 11/3621 S. 48; Hansens NJW 1991, 953, 960. 75 1356 12 BT-Drucks. 11/3621 S. 49; OLG Nürnberg NJW-RR 1996, 58; Holch NJW 1991, 3177, 3179. 76 1357 13 Bloßes Schweigen genügt nicht, Hartmann Rpfleger 1977, 1, 4.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
sofortiges Anerkenntnis iSd § 93 muss nicht innerhalb der Notfrist des § 276 Abs. 1 S. 1 und der in ihr erklärten Anzeige der Verteidigungsabsicht erklärt werden.77 Es genügt, wenn die Erklärung innerhalb der Klageerwiderungsfrist abgegeben wird, denn nur so kann im schriftlichen Vorverfahren, das in der Regel für schwierigere Sachen angesetzt wird, ein Gleichlauf des Merkmals „sofort“ mit dem frühen ersten Termin erreicht werden.78 Dies gilt allerdings nur, wenn der Beklagte in der Verteidigungsanzeige noch keinen auf die Abweisung der Klage gerichteten Sachantrag gestellt hat.79 Deshalb ist zu empfehlen, mit der Verteidigungsanzeige noch keine Abweisungsanträge zu stellen. Ergeht trotz Anerkenntnisses im schriftlichen Vorverfahren kein Anerkenntnisurteil, bleibt das Anerkenntnis auch für den weiteren Verlauf des Verfahrens wirksam.80 3. Übereinstimmende Erledigungserklärungen
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Das schriftliche Vorverfahren kann auch durch übereinstimmende schriftliche Erledigungserklärungen beider Parteien beendet werden.81 Die Kostenentscheidung gem. § 91a kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 128 Abs. 4). Eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers führt nach h.M. zu einer Klageänderung, so dass darüber nach alter Rechtslage in jedem Fall auf Grund mündlicher Verhandlung entschieden werden musste. Das Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.200482 enthält jedoch eine Änderung des § 91a dahingehend, dass das Gericht nach Aktenlage nur noch über die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen entscheidet, wenn der Beklagte einer einseitigen Erledigungserklärung nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen trotz Belehrung widerspricht. Die Erledigungserklärung wird dann fingiert. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich.83 4. Prozessvergleich
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Ein Prozessvergleich kommt im schriftlichen Vorverfahren grundsätzlich nicht in Betracht. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass das Gericht gem. § 278 Abs. 6 einen schriftlichen Vergleichsvorschlag macht und die Parteien diesen durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen bzw die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten (vgl. dazu § 278 Rdn. 100 ff.). Ansonsten kann das Gericht eine Güteverhandlung zum Abschluss eines Prozessvergleichs anberaumen 1358 177 KG MDR 2006, 1426 f.; OLG Nürnberg NJW 2002, 2254, 2255; OLG Hamburg MDR 2002, 421; OLG Bamberg NJW-RR 1996, 392, 393; OLG Dresden ZIP 1995, 1278, 1279; BGH NJW 2004, 2904 und OLG Bremen NJW 2005, 228, 229 bei Anerkenntnis nach Ergänzung eines ursprünglich unschlüssigen Vortrags; Zöller/ Greger Rdn. 13; Thomas/Putzo/Hüßtege § 93 Rdn. 9; Deichfuß MDR 2004, 190, 192; Schneider MDR 1998, 251, 252; Meiski NJW 1993, 1904 f.; aA OLGR Naumburg 2002, 239; OLGR Köln 2002, 160; OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 138; OLG Celle NJW-RR 1998, 1370; OLGR Hamburg 1996, 204; OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 126, 128; OLGR Düsseldorf 1992, 181; OLG München NJW-RR 1989, 571; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 47a; Bohlander NJW 1997, 35 f. Diese Gegenansicht dürfte durch die neue
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Fassung des § 307 nach dem Justizmodernisierungsgesetz überholt sein, vgl. Vossler NJW 2006, 1034, 1035. 78 1359 2 BGH NJW 2006, 2490, 2491 f.; KG MDR 2006, 1426, 1427; OLG Brandenburg MDR 2005, 1310; OLG Nürnberg NJW 2002, 2254; OLGR Karlsruhe 2004, 513, 514; OLG Bamberg NJW-RR 1996, 392, 393; Deichfuß MDR 2004, 190, 192; Vossler NJW 2006, 1034, 1035. 1360 379 BGH NJW 2006, 2490, 2491 f. mwN. 80 1361 4 BGH NJW 1993, 1717, 1718; vgl. AG Ludwigslust FamRZ 2005, 533, 534; Zöller/Vollkommer § 307 Rdn. 3a. 81 1362 5 OLG Koblenz MDR 1987, 679; OLG Nürnberg MDR 1982, 943. 1363 682 In Kraft seit 1.9.2004, BGBl I S. 2198, 2209. 1364 783 Vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/1508 S. 17.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 276
(§ 278 Abs. 2 und Abs. 3) oder die Parteien für die Güteverhandlung vor einen beauftragten oder ersuchten Richter verweisen (§ 278 Abs. 5). 5. Verweisung an das zuständige Gericht Über eine Verweisung an das zuständige Gericht ist durch Beschluss (§ 281 Abs. 1), also auf Grund fakultativer mündlicher Verhandlung zu entscheiden (§ 128 Abs. 4). Deshalb ist im Rahmen des schriftlichen Vorverfahrens eine Verweisung ohne mündliche Verhandlung möglich.84 Allerdings ist dem Beklagten zur Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. § 281 Rdn. 92).85
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6. Übergang zum frühen ersten Termin Ein Übergang vom schriftlichen Verfahren in das Verfahren mit einem frühen ersten Termin ist nur in engen Grenzen zulässig (vgl. dazu § 272 Rdn. 25 ff.). Dann muss vor dem frühen ersten Termin eine Güteverhandlung anberaumt werden (vgl. § 278 Rdn. 26 ff.).
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7. Anberaumung eines Haupttermins a) Planmäßiger Ablauf. Sind alle angeforderten Stellungnahmen fristgemäß eingegangen, bestimmt der Vorsitzende unverzüglich den Haupttermin gem. § 216 Abs. 2.86 Der Termin hat gem. § 272 Abs. 3 möglichst früh stattzufinden. Die Güteverhandlung und der Haupttermin sind so zu terminieren, dass eine umfassende Vorbereitung des Haupttermins durch etwa noch erforderliche Maßnahmen gem. § 273 gewährleistet ist (§ 272 Abs. 2). Es besteht auch die Möglichkeit, dass das Gericht zur Beschleunigung des Verfahrens bereits einen Beweisbeschluss gem. § 358a erlässt.87 Nach Ablauf der Fristen in § 276 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 und der Bestimmung des Haupttermins88 endet das schriftliche Vorverfahren, ohne dass es einer förmlichen Aufhebung bedarf.89
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b) Planwidriger Ablauf. Kommt der Beklagte der Aufforderung gem. § 276 Abs. 1 S. 1 innerhalb der Frist nicht nach und stellt der Kläger keinen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gem. § 331 Abs. 3 oder ist die Klage unzulässig oder in der Hauptsache unschlüssig oder reicht der Beklagte die Klageerwiderung nicht rechtzeitig ein oder der Kläger nicht die angeforderte Replik, ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung als Haupttermin unter Beachtung des § 272 Abs. 3 (§ 216 Abs. 2) anzuberaumen. Mit Ablauf der Fristen des § 276 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 endet dann das Vorverfahren. Ein Abbruch des Vorverfahrens ist weder notwenig noch vom Gesetzgeber vorgesehen.
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1365 184 Ein Einverständnis beider Parteien gem. § 128 Abs. 2 ist nicht erforderlich, aA OLG Hamm MDR 1981, 503, 504 noch zur alten Rechtslage. 85 1366 2 Gesetzesbegründung zum Rechtspflegevereinfachungsgesetz BT-Drucks. 11/3621 S. 37. 1367 386 Die Fristsetzung zur schriftlichen Stellungnahme kann bereits mit der Terminsbestimmung verbunden werden, Putzo NJW 1977, 1, 2; Walchshöfer ZZP 94 (1981), 179, 184 f. 1368 487 Putzo NJW 1977, 1, 2; Walchshöfer ZZP 94
(1981), 179, 184 ff., der darauf hinweist, dass nach einer Umfrage des Bayer. Staatsministeriums der Justiz im Jahr 1978 von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht worden ist. 88 1369 5 Die Bestimmung des Haupttermins kann ausnahmsweise auch schon vorher erfolgen (vgl. § 272 Rdn. 18). Dann ist der Ablauf der Fristen entscheidend. 1370 689 MünchKomm/Prütting Rdn. 39; Zöller/Greger Rdn. 18.
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Für den Fall, dass der Kläger trotz Hinweises keinen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils stellt, kommt nicht die Anordnung des Ruhens des Verfahrens gem. §§ 331a, 251a, 251 in Betracht.90 Es ist ein Haupttermin anzusetzen.91 8. Haupttermin
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Findet bei planwidrigem Ablauf ein Haupttermin statt, wird das Gericht, wenn in der mündlichen Verhandlung das angeforderte Vorbringen nachgetragen wird, die Voraussetzungen für eine Zurückweisung gem. § 296 prüfen müssen und gegebenenfalls unter Anwendung der Präklusionsvorschriften entscheiden.92 Wird das Vorbringen zugelassen, wird eventuell eine Vertagung erforderlich werden.93 Ist das schriftliche Vorverfahren endgültig beendet (vgl. oben Rdn. 51 f.), ist eine Wiedereröffnung durch Aufhebung des Haupttermins unzulässig (§ 272 Rdn. 28).94 Im schriftlichen Vorverfahren kann ein Haupttermin bereits vor Ablauf der Klageerwiderungsfrist bestimmt werden, allerdings kann er erst nach Ablauf der Fristen des § 276 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 stattfinden.95 Unabhängig davon muss der Terminstag so anberaumt werden, dass durch die Klageerwiderung eventuell erforderlich werdende Maßnahmen gem. § 273 zur umfassenden Terminsvorbereitung noch durchgeführt werden könnten. Der Beginn der Ladungsfrist ist allerdings nicht auf das Ende der Erklärungsfrist hinauszuschieben.96
VII. Folgen der Fristversäumung
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An die Versäumung der unterschiedlichen Fristen knüpfen sich auch unterschiedliche Folgen. 1. Versäumung der Frist gem. § 276 Abs. 1 S. 1
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Wird die Frist zur Verteidigungsanzeige gem. § 276 Abs. 1 S. 1 versäumt, droht dem Beklagten auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 (Rdn. 38 ff.). Die Fristversäumung gem. § 276 Abs. 1 S. 1 wird also der Terminsversäumnis gleichgestellt. Hat der Kläger einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt, ergeht in der Regel ein solches (Rdn. 38). Fehlt der Antrag, ist unverzüglich Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen (vgl. Rdn. 52). Geht allerdings die Verteidigungsanzeige nach Fristablauf, aber vor Übergabe des unterschriebenen Versäumnisurteils an die Geschäftsstelle bei Gericht ein, ist das Versäumnisurteil wirkungslos. (vgl. dazu Rdn. 42).
1371 190 So aber Bischof Der Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle (1980), Rdn. 121; ebenso Hartmann NJW 1978, 1457, 1462 (allerdings ohne Hinweispflicht gem. § 139); Kallweit S. 192; Kramer NJW 1977, 1657, 1662; zu Recht dagegen Bergerfurth JZ 1978, 298, 299; Brühl FamRZ 1978, 551, 552; Engels AnwBl 1979, 205, 207. 91 1372 2 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 45; MünchKomm/ Prütting Rdn. 23; Zöller/Greger Rdn. 11; Bergerfurth JZ 1978, 298, 299. 1373 392 Bedenken hiergegen erhebt Kramer NJW 1977, 1657, 1662, nach dessen Ansicht die Unterlassung
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des Antrags gem. § 331 Abs. 3 nicht dazu führen kann, dass der Beklagte bei ebenfalls versäumter Klageerwiderungsfrist mit seinem gesamten Vorbringen präkludiert ist. 93 1374 4 BT-Drucks. 7/2729 S. 71. 94 1375 5 OLG München OLGZ 1983, 86, 88. 1376 695 So MünchKomm/Prütting Rdn. 39; Grunsky JZ 1977, 201, 203, der allerdings in der Regel auch eine Terminsbestimmung nach Klageerwiderung empfiehlt; dagegen Bischof NJW 1977, 1897. 1377 796 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 49; aA OLG Oldenburg NdsRpfl 1982, 12.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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a) Keine Präklusion bei Fristversäumung. Fehlt eine Verteidigungsanzeige des Beklagten, hat dies keine Präklusion seiner Verteidigungsmittel gem. § 296 in der mündlichen Verhandlung zur Folge.97 § 296 Abs. 1 nennt die Frist des § 276 Abs. 1 S. 1 nicht. Ist jedoch die gleichzeitig laufende Frist zur Klageerwiderung bereits verstrichen, kommt aus diesem Grund eine Zurückweisung gem. § 296 Abs. 1 in Betracht (dazu Rdn. 62 f.).
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b) Schuldlose Versäumung der Frist. Hat der Beklagte die Notfrist des § 276 Abs. 1 S. 1 schuldlos versäumt, käme eigentlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht (§ 233). Probleme ergeben sich, wenn bereits ein Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 erlassen worden ist. Dieses Versäumnisurteil kann nicht durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beseitigt werden.98 Die Gegenmeinung,99 die eine Wiedereinsetzung auch bei Bestehen eines Versäumnisurteils annimmt, übersieht, dass die Notfrist des § 276 Abs. 1 S. 1 sich wesentlich von den anderen Notfristen iSv § 224 Abs. 1 S. 2 unterscheidet.100 Denn in der Regel macht die Versäumung einer Notfrist den Rechtsbehelf unzulässig. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt dann wiederum zur Gegenstandslosigkeit einer bereits ergangenen, das Rechtsmittel verwerfenden Entscheidung, ohne dass diese aufgehoben werden müsste.101 Bei diesen Entscheidungen handelt es sich jedoch lediglich um Prozessurteile und nicht um ein Sachurteil wie im Fall des Versäumnisurteils gem. § 331 Abs. 3. Deshalb kann die Gegenstandslosigkeit nicht ohne Weiteres auch für ein Versäumnisurteil angenommen werden. Als adäquates Rechtsmittel gegen das Versäumnisurteil ist vielmehr der Einspruch vorgesehen.102 Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand passt hier nicht. Der Wiedereinsetzungsantrag müsste deshalb grundsätzlich mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig angesehen werden,103 weil die Wiedereinsetzung dem Beklagten nichts nützt, wenn sie das Versäumnisurteil nicht gegenstandslos macht und dieses bestehen bleibt.104 Deshalb ist eine Wiedereinsetzung nur in dem kurzen Zeitraum zwischen Übergabe des Versäumnisurteils an die Geschäftsstelle und der Zustellung des Versäumnisurteils möglich.105 Danach kann das Versäumnisurteil nur noch durch einen Einspruch gem. § 338 zu Fall gebracht werden. Dieses Problem bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ergibt sich insbesondere, wenn der mittellose Beklagte Prozesskostenhilfe und dementsprechend die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Dann wird er regelmäßig schuldlos die Notfrist nicht einhalten können und eine Wiedereinsetzung beantragen.106 Die sinnvollste Lösung bei Stellung eines Prozesskostenhilfeantrags des Beklagten dürfte die Vertagung entsprechend § 337 und die Zurückstellung der Entscheidung über das Versäumnisurteil bis zum Abschluss des Prozesskostenhilfeverfahrens sein.107
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1378 197 Grunsky JZ 1977, 201, 203. 1379 298 KG NJW-RR 1997, 56; Bischof NJW 1977, 1897, 1898; Engels AnwBl 1979, 205, 207; Rastätter NJW 1978, 95, 96; Schmitz AnwBl 1979, 4. 1380 399 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 40; Dittmar AnwBl 1979, 166, 167. 100 41381 So zutreffend Kramer ZZP 91 (1978), 71, 74. 101 51382 BGH LM Nr. 9 zu § 519b ZPO. 102 61383 Kramer ZZP 91 (1978), 71, 74 f. 103 71384 Rastätter NJW 1978, 95, 96. 104 81385 KG NJW-RR 1997, 56; Bischof NJW 1977, 1897, 1898; Engels AnwBl 1979, 205, 207; Rastätter NJW 1978, 95, 96; Schmitz AnwBl 1979, 4; aA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 40; MünchKomm/
Gehrlein § 233 Rdn. 11; Dittmar AnwBl 1979, 166, 167. 9 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 104 Rdn. 45; ebenso Kramer ZZP 91 (1978), 71, 77; Unnützer NJW 1978, 985, 986. 106 1387 10 BT-Drucks. 7/2729 S. 70 und die Stellungnahme des Bundesrats BT-Drucks. 7/2729 S. 130, nach dessen Ansicht die Wiedereinsetzung das Problem nicht lösen kann; vgl. zu diesem Problem Bischof NJW 1977, 1897, 1898; Klinge AnwBl 1977, 395, 396; Kramer ZZP 91 (1978), 71 ff. 107 1388 11 Bergerfurth JZ 1978, 298, 299; Dittmar AnwBl 1979, 166, 167; Franzki DRiZ 1977, 161, 163 und NJW 1979, 9, 10; Hartmann NJW 1978, 1457, 1460; Kramer ZZP 91 (1978), 71, 77 ff. 105 1386
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2. Versäumung der Klageerwiderungsfrist gem. § 276 Abs. 1 S. 2
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Versäumt der Beklagte die Klageerwiderungsfrist, begibt er sich in Gefahr, mit seinem Vorbringen nach § 296 Abs. 1 zurückgewiesen zu werden. Die Klageerwiderungsfrist beginnt auch dann zu laufen, wenn der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft gem. § 276 Abs. 1 S. 1 nicht anzeigt und es zu einem Versäumnisurteil kommen lässt.108 Unter einer Bedingung der Verteidigungsanzeige, wie es die Gegenmeinung annimmt,109 steht die Klageerwiderungsfrist nicht. Auch der Eingang der Verteidigungserklärung nach Ablauf der Frist, aber noch vor Übergabe des Versäumnisurteils an die Geschäftsstelle, verhindert die Präklusionswirkung des § 296 nicht.110 Deshalb ist dem Beklagten anzuraten, die Verteidigungsanzeige nicht mehr rechtzeitig vor Erlass des Versäumnisurteils anzubringen (Flucht in die Säumnis). Bei zulässigem Einspruch gegen das Versäumnisurteil wird gemäß § 342 der Prozess in die Lage vor Eintritt der Säumnis, also auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für die Verteidigungsanzeige, zurückversetzt. Damit entfallen mögliche Präklusionswirkungen. Ist allerdings ein Versäumnisurteil erlassen worden, so hat der Beklagte beim Einspruch die Fristen des § 340 Abs. 3 zu beachten,111 bei deren Versäumung § 296 Anwendung findet.112 Diese Möglichkeit besteht jedoch nur, soweit der Beklagte bei Versäumung der Klageerwiderungsfrist noch keine Verteidigungsanzeige angebracht hat. Hat er die Klageerwiderungsfrist versäumt und bereits zuvor eine Verteidigungsanzeige angebracht, ist ihm zu raten, die Klageerwiderung nicht mehr einzureichen und in der mündlichen Verhandlung Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen, um sodann im Rahmen der Einspruchsbegründung auf die Klage zu erwidern (§ 340 Abs. 3). Zwar bleibt die Säumnis bezüglich der Klageerwiderungsfrist bei Zurückversetzung des Rechtsstreits in die Lage vor Eintritt der Säumnis bestehen, weil die Klageerwiderungsfrist bereits zuvor abgelaufen war. Die zum Zeitpunkt der Terminssäumnis verspäteten Angriffs- und Verteidigungsmittel bleiben daher verspätet. Jedoch besteht die Möglichkeit im Rahmen der Vorbereitung des Einspruchstermins die Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits gem. § 273 durch zumutbare geeignete Maßnahmen zu verhindern (vgl. § 273 Rdn. 16 f.). Das neue Vorbringen kann somit trotz Verspätung aber mangels Verzögerung Berücksichtigung finden.113 Auch für die Verzögerung im schriftlichen Vorverfahren gilt der absolute Verzögerungsbegriff. Die Ausnahme vom absoluten Verzögerungsbegriff, dass verspätetes Vorbringen nicht ausgeschlossen werden darf, wenn offenkundig ist, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vortrag eingetreten wäre,114 kommt nicht in Betracht, wenn nach Einleitung eines schriftlichen Vorverfahrens ein Haupttermin wegen fruchtlosen Verstreichens der gesetzten Klageerwiderungsfrist anberaumt worden 108 1389
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BT-Drucks. 7/2729 S. 71; Deubner NJW 1981, 2264 f.; Schneider MDR 1977, 1, 4. 1390 2109 OLG Düsseldorf NJW 1981, 2264, nach dessen Ansicht die Klageerwiderungsfrist nur für den Fall gesetzt ist, dass der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft anzeigt. Lässt er ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen, so habe er nur die Frist gem. § 340 Abs. 3 zu beachten; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 9. 110 31391 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 47; MünchKomm/ Prütting Rdn. 35; aA Kramer NJW 1977, 1657, 1661. 111 41392 Dies gilt nicht, wenn das Versäumnisurteil nicht
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gesetzmäßig ergangen ist, insbesondere weil die Fristen gem. § 276 Abs. 1 S. 1 und S. 2 nicht ordnungsgemäß gesetzt worden sind. Es müssen dem Beklagten vier Wochen zur Klageerwiderung zugestanden werden, OLG Nürnberg NJW 1981, 2266. 112 1393 5 Vgl. dazu Kramer NJW 1977, 1657, 1660. 113 1394 6 Vgl. MünchKomm/Prütting § 340 Rdn. 23 ff.; Leipold ZZP 93 (1980), 237, 251. 114 71395 BVerfGE 75, 302, 316 = NJW 1987, 2733, 2734 f. und BVerfGE 69, 126, 136 = NJW 1985, 1149, 1150 (Missbrauch der Präklusionsvorschrift) zum Verfahren bei frühem ersten Termin.
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ist (vgl. § 275 Rdn. 28). Früher erster Termin und schriftliches Vorverfahren sind insofern wegen der unterschiedlichen Verfahrenselemente nicht vergleichbar.115 Die Grenzen der Verspätungspräklusion liegen jedoch dort, wo eine Mitverantwortung des Gerichts in Betracht kommt.116 Verspätetes Vorbringen muss deshalb berücksichtigt werden, wenn die Belehrung über den Fristablauf und die Folgen des Nichtbeachtens der Frist schwer verständlich und verwirrend war117 oder ganz fehlte118.
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3. Versäumung der Replikfrist Die Versäumung der gem. § 276 Abs. 3 wirksam gesetzten Frist zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung kann ebenfalls dazu führen, dass verspätetes Vorbringen nach § 296 Abs. 1 zurückgewiesen wird.119 Bei fehlender Fristsetzung kommt allenfalls eine Zurückweisung nach § 296 Abs. 2 in Betracht, wenn ein Verstoß gegen § 282 Abs. 2 vorliegt.120
§ 277 Klageerwiderung; Replik (1) In der Klageerwiderung hat der Beklagte seine Verteidigungsmittel vorzubringen, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Die Klageerwiderung soll ferner eine Äußerung dazu enthalten, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen. (2) Der Beklagte ist darüber, dass die Klageerwiderung durch den zu bestellenden Rechtsanwalt bei Gericht einzureichen ist, und über die Folgen einer Fristversäumung zu belehren. (3) Die Frist zur schriftlichen Klageerwiderung nach § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 beträgt mindestens zwei Wochen. (4) Für die schriftliche Stellungnahme auf die Klageerwiderung gelten Absatz 1 Satz 1 und Absätze 2 und 3 entsprechend. Schrifttum: Leipold Prozeßförderungspflicht der Parteien und richterliche Verantwortung, ZZP 93 (1980), 237.
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1 OLG München NJW 1990, 1371. 116 21397 Vgl. BVerfG NJW 1989, 3212 (zu § 276 Abs. 3); BVerfGE 69, 126, 136 = NJW 1985, 1149, 1150 (Missbrauch der Präklusionsvorschrift). 117 1398 3 OLG Düsseldorf NJW 1984, 1567. 118 1399 4 Vgl. BGHZ 88, 180, 183 f. = NJW 1983, 2507, 2508 (unverständliche Belehrung einer anwaltlich vertretenen Partei bei frühem ersten Termin). Allerdings gebietet Art. 103 Abs. 1 GG nicht die
Belehrung anwaltlich vertretener Parteien (BVerfGE 75, 302, 318 = NJW 1987, 2733). 5 BVerfG NJW 1989, 3212 (keine Zurückweisung gem. § 296 Abs. 1, wenn nicht von Fristsetzung gem. § 276 Abs. 3 Gebrauch gemacht worden ist). 1401 6120 BVerfG NJW 1989, 3212 (nicht im amtsgerichtlichen Verfahren, wenn keine Aufforderung zum Schriftsatz gem. § 129 Abs. 2 erfolgt ist); vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 38. 119 1400
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§ 277
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Übersicht Rdn
I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Klageerwiderung . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . 2. Vorbringen der Verteidigungsmittel . . . . . . . . . . . . . . 3. Äußerung zur Entscheidung durch den Einzelrichter . . . . . . . .
8 9 10
Rdn IV. Belehrung . . . . . . . . . . . . 1. Belehrung über die Bestellung eines Rechtsanwalts . . . . . . . . . 2. Belehrung über die Folgen der Fristversäumung . . . . . . . .
18
V. Klageerwiderungsfrist (§ 277 Abs. 3)
22
VI. Replik (§ 277 Abs. 4) 17
19 21
. . . . . . .
26
VII. Folgen der Fristversäumung . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
1
§ 277 wurde neu1 eingefügt durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19762. Durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12.19903 wurde § 277 Abs. 1 S. 2 angefügt und Abs. 4 dahingehend geändert, dass Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und Abs. 3 für entsprechend anwendbar erklärt wurden. Im Rahmen der ZPO-Reform4 wurde in § 277 Abs. 1 S. 2 das Wort „Übertragung“ durch den Begriff „Entscheidung“ ersetzt.
II. Normzweck
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3
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§ 277 enthält allgemeine Vorschriften für die Klageerwiderung, unabhängig davon, in welchem Vorverfahren – früher erster Termin (§ 275 Abs. 1 S. 1) oder schriftliches Vorverfahren (§ 276 Abs. 1 S. 2) – diese erfolgt. Er dient der Verfahrensbeschleunigung, indem er die der Verfahrensvorbereitung dienenden Normen der §§ 275, 276 ergänzt. Die Regelungen der §§ 275, 276 werden hinsichtlich Inhalt und Folgen der Aufforderungen zur Klageerwiderung und der Replik konkretisiert. § 277 Abs. 1 regelt den Inhalt der Klageerwiderung. In der Klageerwiderung hat der Beklagte seine Verteidigungsmittel vorzubringen, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Dadurch soll der Kläger in die Lage versetzt werden, sich auf die Verteidigung des Beklagten einzurichten und eventuell seinerseits darauf noch einmal Stellung zu nehmen.5 Außerdem soll sie die umfassende Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch das Gericht ermöglichen.6 § 277 Abs. 1 S. 1 ist Ausdruck der allgemeinen Prozessförderungspflicht7 der Parteien nach § 282 Abs. 1 S. 1 und stimmt auch mit deren Maßstab überein. Allerdings wird ein bestimmter Zeitpunkt für den erforderlichen Sachvortrag durch die Fristsetzungen gem. § 275 Abs. 1 S. 1 und § 276 Abs. 1 S. 2 festgesetzt. Als Sanktion für die nicht rechtzeitig oder dem § 277 Abs. 1 S. 1 nicht genügende Klageerwiderung sieht § 296 die eventuelle Nichtberücksichtigung des verspäteten Sachvortrags vor. 1 11402 Der ursprüngliche § 277 zum vorbereitenden Verfahren in Rechnungssachen wurde bereits durch die Novelle von 1924, RGBl I S. 135, aufgehoben. 2 21403 BGBl I S. 3281, 3285. 3 31404 BGBl I S. 2847, 2848. 4 41405 ZPO-RG vom 27.7.2001, BGBl I S. 1887, 1891.
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5 51406 BT-Drucks. 7/2729 S. 71; BGHZ 91, 293, 303 = NJW 1984, 1964, 1965. 1407 6 6 BT-Drucks. 7/2729 S. 71. 7 71408 Gegen diesen Begriff Leipold ZZP 93 (1980), 237, 239, der von einer Pflicht zur Unterlassung von prozessverzögerndem Verhalten spricht.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 277
Da der Beklagte in diesem Stadium eventuell noch nicht anwaltlich vertreten ist, sind ihm die Folgen einer verspäteten Klageerwiderung durch die in § 277 Abs. 2 geforderten Belehrungen bewusst zu machen. Auf Grund der nach § 296 drohenden Präklusion dienen diese der Gewährung rechtlichen Gehörs. § 277 Abs. 3 legt eine Mindestfrist für das vorbereitende Verfahren mit einem frühen ersten Termin gem. § 275 fest, während sich die Frist beim schriftlichen Vorverfahren aus § 276 Abs. 1 S. 2 ergibt. Durch die Mindestfristen wird die hinreichende Äußerungsmöglichkeit des Beklagten zur Wahrung des Grundsatzes auf rechtliches Gehör abgesichert. § 277 Abs. 4 betrifft die Stellungnahme des Klägers auf die Klageerwiderung (sog. Replik) und erklärt die vorhergehenden, die Klageerwiderung regelnden Absätze für entsprechend anwendbar bis auf § 277 Abs. 1 S. 2, da sich der Kläger bereits in der Klageschrift zur Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter äußern soll (§ 253 Abs. 3).
5
6
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III. Klageerwiderung § 277 Abs. 1 dehnt die Prozessförderungspflicht des § 282 Abs. 1, die im Hauptverfahren gilt, auf das vorbereitende Verfahrensstadium aus.8 Trotz des an den § 282 Abs. 1 angelehnten Wortlauts sind die Folgen eines Verstoßes gegen § 277 Abs. 1 wesentlich weitreichender. Während ein Verstoß gegen § 282 Abs. 1 nur bei grober Nachlässigkeit zu einer Zurückweisung nach § 296 Abs. 2 führen kann (vgl. § 282 Rdn. 31), darf verspätetes Vorbringen bei einem Verstoß gegen die Klageerwiderungsfrist nur zugelassen werden, wenn die Erledigung des Rechtsstreits durch die Zulassung nicht verzögert würde oder die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.9
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1. Anwendungsbereich Die Vorschrift findet ebenso wie § 275 und § 276 sowohl im amtsgerichtlichen als auch im landgerichtlichen Verfahren Anwendung. Vor den Amtsgerichten kann die Klageerwiderung sowohl schriftlich eingereicht werden als auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden (§§ 496, 129, 129a). Darauf sollte die Partei hingewiesen werden.
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2. Vorbringen der Verteidigungsmittel Die Umschreibung des Inhalts der Klageerwiderung in § 277 Abs. 1, die Verteidigungsmittel so vorzubringen, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, ist konkretisierungsbedürftig.10 Damit sollte jedenfalls nicht die Eventualmaxime, wonach die Parteien jeden nur denkbaren Prozessverlauf bei ihrem Vortrag berücksichtigen und dabei vorsorglich auf Punkte eingehen müssten, auf die es eventuell ankommen kann,11 wiedereingeführt werden.12 § 277 Abs. 1 S. 1 verlangt nicht, dass jeder mit der Sache irgendwie zusammenhängende Gesichtspunkt oder alles, was im Lauf des Prozesses auch nur 8 11409 MünchKomm/Prütting Rdn. 4. 9 21410 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 3. 1411 310 Leipold ZZP 93 (1980), 237, 254 vergleicht die Formulierung mit der materiellrechtlichen Umschreibung des Fahrlässigkeitsbegriffs.
1412 411 Vgl. Jauernig ZPR § 28 III 1. 1413 512 BT-Drucks. 7/2729 S. 38; Schneider MDR 1977, 793, 794; anders Jauernig ZPR § 28 III 2 und Leipold ZZP 93 (1980), 237, 257 ff., die von einer Hinwendung zur Eventualmaxime sprechen.
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eventuell erheblich werden könnte, von vornherein in das Verfahren eingeführt werden soll.13 Eine zu starke Ausweitung des Prozessstoffes würde den Prozess eher verzögern als ihn beschleunigen.14 Andererseits soll der Sachverhalt bereits so umfassend dargestellt werden, dass eine möglichst frühe und umfassende rechtliche sowie tatsächliche Würdigung durch das Gericht erfolgen kann. Nebensächlicher und unerheblicher Tatsachenvortrag sollte mit der Formulierung ausgeschieden werden. Was im Einzelnen vorzubringen ist, richtet sich nach der Prozesslage. Dies ist zunächst davon abhängig, was der Kläger seinerseits zur Klagebegründung vorgebracht hat. Nur darauf hat der Beklagte zu reagieren. Tatsachen, die der Kläger bisher noch nicht erwähnt hat, muss der Beklagte nicht von sich aus einführen,15 sondern sich nur gegen das bisher Vorgebrachte verteidigen. Die Vortragslast kann sich aber auch durch vorbereitende Maßnahmen des Gerichts wie Hinweise oder Fragen erweitern. Darüber hinaus kann die dem Beklagten gesetzte Frist ein die Prozesslage bestimmender Umstand sein. So kann bei einer langen Klageerwiderungsfrist von dem Beklagten ein ausführlicherer Vortrag erwartet werden.16 Eine Beschränkung auf das Vorbringen einzelner Verteidigungsmittel bleibt in Ausnahmefällen möglich.17 Umstritten ist, ob sich der Beklagte zunächst auf anspruchshindernde und anspruchsvernichtende Einwendungen beschränken darf und erst dann, wenn diese Einwände nicht greifen, anspruchshemmende Einreden wie die Verjährung geltend machen kann.18 Letztendlich sind grundsätzlich alle relevanten Verteidigungsmittel alsbald vorzutragen, um das Risiko, damit ausgeschlossen zu werden, zu minimieren, da insbesondere die Rechtsprechung strenge Maßstäbe anlegt (vgl. dazu § 282 Rdn. 19). Allerdings wird man das Zurückhalten anspruchshemmender Einreden nicht völlig ausschließen können, wenn nachvollziehbare Gründe dies rechtfertigen. Ein vorübergehendes Zurückhalten von Tatsachen wird in der Regel dann nicht der Prozessförderungspflicht zuwider laufen, wenn diese für den Prozessgegner besonders kränkend wären.19 Es kommt ein stufenweises, prozesstaktisches Vorgehen (vgl. dazu auch § 282 Rdn. 6) in Betracht, soweit dieses nicht als ein das Verfahren verzögerndes oder verschleppendes Prozessverhalten zu werten ist.20 Voraussetzung hierfür ist, dass anerkennenswerte Gründe vorliegen, bestimmte Gesichtspunkte zunächst nicht anzusprechen, bis die fortschreitende Entwicklung des Prozesses oder eine Aufforderung des Gerichts deren Einführung unumgänglich machen.21
1414 113 BT-Drucks. 7/2729 S. 38; BVerfGE 54, 117, 126 = NJW 1980, 1737, 1738. 14 1415 2 BT-Drucks. 7/2729 S. 38; BVerfGE 54, 117, 126 = NJW 1980, 1737, 1738; vgl. auch Grunsky JZ 1977, 203, 204. 1416 315 BVerfGE 54, 117, 127 = NJW 1980, 1737, 1738. 1417 416 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10. 1418 517 BT-Drucks. 7/5499 S. 2; BVerfGE 54, 117, 127 = NJW 1980, 1737, 1738. 18 1419 6 Der Rechtsausschuss, BT-Drucks. 7/5250 S. 4, hielt dies für möglich und hatte eine Ergänzung des § 282 Abs. 1 um einen S. 2 vorgeschlagen (BT-Drucks. 7/5250 S. 36), der aber nicht Gesetz geworden ist (vgl. dazu die Einwände des Bundesrats in BT-Drucks. 7/5499 S. 2); dagegen: OLG Hamm NJW-RR 1993, 1150; Bender/Balz/
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Wax/Bender Das Verfahren nach der Vereinfachungsnovelle und vor dem Familiengericht (1977), Rdn. 53; Leipold ZZP 93 (1980), 237, 260; Schneider MDR 1977, 793, 795 f.; Thomas/ Putzo/Reichold Rdn. 6; dafür: Kallweit S. 33. 1420 719 Vgl. dazu den Rechtsausschuss BT-Drucks. 7/ 5250 S. 4; Leipold ZZP 93 (1980), 237, 260. 1421 820 BT-Drucks. 7/5250 S. 4; BVerfGE 54, 117, 127 = NJW 1980, 1737, 1738. 21 1422 9 BVerfGE 54, 117, 126 f. = NJW 1980, 1737, 1738; vgl. aber BGH MDR 1991, 240 f., wonach die Partei aber Sachvortrag nicht im Vertrauen darauf zurückhalten darf, einen für den Fall der Erforderlichkeit erbetenen gerichtlichen Hinweis zu erhalten.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Allgemeine Kriterien können jedoch schwer gefunden werden, es kommt vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall an. So kann es geboten sein, die Aufrechnung als ein Verteidigungsmittel bereits zusammen mit den ihrer Rechtfertigung dienenden Tatsachen in der Klageerwiderung geltend zu machen (§ 277 Abs. 1 S. 1).22 Andererseits kann es genügen, zunächst nur die Aufrechnung in der Klageerwiderung prozessual zu erklären, die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung aber zunächst noch nicht zu substantiieren, wenn dies erst auf Grund einer späteren Klageumstellung durch den Kläger erforderlich wird.23 Letztendlich sind auch die Gegenrechte, die eventuell geltend gemacht werden, in der Klageerwiderung bereits anzusprechen. Auf eine Substantiierung kann bei einer hilfsweisen Geltendmachung zunächst verzichtet werden. Das Gericht hat dann die Möglichkeit, durch entsprechende Hinweise eine vollständige Erklärung der Parteien herbeizuführen (§§ 139, 273 Abs. 2 Nr. 1). Im Rahmen eines Scheckprozesses müssen in der Klageerwiderung nicht bereits Beweismittel angeboten werden, die erst in einem eventuellen Nachverfahren prozessual relevant werden könnten.24 Für Zulässigkeitsrügen gilt die Sonderregelung in § 282 Abs. 3 S. 2, wonach die Rügen schon innerhalb der Klageerwiderungsfrist vorzubringen sind, wenn dem Beklagten eine solche Frist gesetzt worden ist (vgl. § 282 Rdn. 58).
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3. Äußerung zur Entscheidung durch den Einzelrichter Mit der Aufhebung des § 271 Abs. 3 durch das Rechtspflegevereinfachungsgesetz,25 der eine gesonderte Fristsetzung für die Äußerung zur Übertragung der Sache auf den Einzelrichter vorsah, soll sich der Beklagte zur Vereinfachung des Verfahrens zusammen mit dem Verteidigungsvorbringen gem. § 275 Abs. 1 S. 2 bzw mit der Klageerwiderung gem. § 277 Abs. 1 S. 2 über die Eignung der Sache zur Entscheidung durch den Einzelrichter äußern (§§ 348, 348a). Diese Erklärung unterliegt dem Anwaltszwang, da sie nur im landgerichtlichen Verfahren Sinn macht. Darüber ist der Beklagte gem. § 277 Abs. 2 zu belehren.26
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IV. Belehrung Die Belehrung des Beklagten gem. § 277 Abs. 2 wird relevant bei der Fristsetzung zur Klageerwiderung im frühen ersten Termin gem. § 275 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 und im schriftlichen Vorverfahren gem. § 276 Abs. 1 S. 2. Keine Anwendung findet § 277 Abs. 2 auf § 273 Abs. 2 Nr. 1.
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1. Belehrung über die Bestellung eines Rechtsanwalts Im Anwaltsprozess kann die Klageerwiderung nur von einem zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden. Da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt meist noch keinen Rechtsanwalt beauftragt hat, ist er darüber zu belehren. Diese Belehrung hat stets zu erfolgen, auch dann, wenn der Beklagte bereits einen Rechtsanwalt beauftragt hat.27 1423 122 So im Fall von BGHZ 91, 293, 303 = NJW 1984, 1964, 1967. 1424 223 So im Fall von BVerfGE 54, 117, 127 f. = NJW 1980, 1737, 1738. 1425 324 SächsVerfGH NJW 1998, 3266, 3267.
1426 425 BGBl I 1990 S. 2847, 2848. 1427 526 Begründung zum Entwurf des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes, BT-Drucks. 11/3621 S. 36. 1428 627 AA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 17.
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Eine Aufforderung, für den Fall der Verteidigungsabsicht einen Rechtsanwalt zu bestellen, ergeht allerdings bereits mit der Zustellung der Klage gem. § 271 Abs. 2 (vgl. § 271 Rdn. 40 ff.). 2. Belehrung über die Folgen der Fristversäumung
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Zudem ist der Beklagte über die Folgen einer Fristversäumung zu belehren. Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte bereits anwaltlich vertreten ist.28 Es genügt jedoch im Allgemeinen einer ordnungsgemäßen Belehrung nicht, wenn diese lediglich den Wortlaut des § 296 Abs. 1 wiedergibt,29 es sei denn, der Beklagte selbst ist Rechtsanwalt30 oder ist bereits bei Fristsetzung31 anwaltlich vertreten.32 Es muss dem juristisch nicht gebildeten Laien sinnfällig vor Augen geführt und ihm völlig klar gemacht werden, dass er sich gegen die Klage grundsätzlich nur innerhalb der gesetzten Frist verteidigen kann, dass ihm bei Versäumung dieser Frist im Allgemeinen jegliche Verteidigung abgeschnitten und er den Prozess vollständig verlieren wird.33 Dabei sollte den Parteien in einem Schriftstück alles Notwendige ohne Bezugnahme und Verweisungen mitgeteilt werden. Die Hinweise über die Folgen einer Fristversäumung sollten jeweils im unmittelbaren Anschluss an das insoweit dargestellte Recht gegeben werden und nicht auf die Rückseite des Anschreibens gesetzt werden.34 Die ordnungsgemäße Belehrung ist Voraussetzung für eine wirksame Fristsetzung gem. § 277 Abs. 3.35
V. Klageerwiderungsfrist (§ 277 Abs. 3)
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Die Klageerwiderungsfrist gem. § 277 Abs. 3 gilt für das Verfahren mit frühem ersten Termin gem. § 275 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 (vgl. § 275 Rdn. 9 ff.), für das schriftliche Vorverfahren ist sie in § 276 Abs. 1 S. 2 geregelt (vgl. § 276 Rdn. 24 ff.). Sie beträgt mindestens zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung (§ 275 Abs. 1 S. 1) bzw ab Verkündung (§ 275 Abs. 3) und wird nach dem Ermessen des Vorsitzenden bzw des originären Einzelrichters (§ 272 Rdn. 15) bestimmt.36 Diese Mindestfrist ist nicht als Regelfrist aufzufassen. So ist im Allgemeinen und erst recht bei umfangreichem oder kompliziertem Streitstoff eine längere Frist angemessen,37 etwa in Bausachen38. In der Regel dürfte eine an den Zeitraum des schriftlichen Vorverfahrens orientierte Frist von vier Wochen angemessen sein (zwei Wochen zur Überlegung und gegebenenfalls Beauftragung eines Anwalts und zwei weitere Wochen zum Erarbeiten der Erwiderung).39 1429 128 BGHZ 88, 180, 183 f. = NJW 1983, 2507, 2508; OLG Hamm MDR 1981, 764; OLG Düsseldorf NJW 1978, 2203 f.; Bischof NJW 1977, 1897, 1899. Verfassungsrechtlich ist dies allerdings nicht geboten, vgl. BVerfGE 75, 302, 318 = NJW 1987, 2733, 2736. 1430 229 BGH NJW 1991, 2773, 2774; BGH NJW 1986, 133; BGHZ 86, 218, 226 = NJW 1983, 822, 824; OLG Karlsruhe OLGZ 1984, 471, 473; OLG Karlsruhe Justiz 1983, 409, 410; aA Baumbach/ Lauterbach/Hartmann § 276 Rdn. 15. 30 1431 3 BGH NJW 1991, 493. 1432 431 BGH NJW 1986, 133 f. (nicht, wenn die Partei alsbald einen Rechtsanwalt beauftragt). 1433 532 OLG Hamm NJW 1984, 1566; zweifelnd MünchKomm/Prütting Rdn. 8. 1434 633 BGH NJW 1991, 2773, 2774; BGHZ 86, 218, 226 = NJW 1983, 822, 823.
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1435 734 OLG Düsseldorf NJW 1984, 1567. 1436 835 BGHZ 86, 218, 225 = NJW 1983, 822, 823; Stein/ Jonas/Leipold21 Rdn. 21. 36 1437 9 Leipold ZZP 93 (1980), 239, 248; Lange NJW 1986, 1728, 1731 halten diese Frist für zu kurz; ebenso Engels AnwBl 1979, 205, 206 und Rudolph Justiz und Recht, FS aus Anlaß des 10-jährigen Bestehens der Deutschen Richterakademie (1983), S. 151, 155 f., der für eine Monatsfrist entsprechend den Rechtsmittelfristen plädiert; krit. Maniotis GS Arens (1993), S. 289, 295 f., der grundsätzliche Bedenken gegen eine richterliche Fristbemessung erhebt. 37 1438 10 BGHZ 124, 71, 74 f. = NJW 1994, 736, 737; OLG München MDR 1980, 147 f.; vgl. OLG Köln NJW 1980, 2421 f.; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 23; Lange NJW 1986, 1728, 1731 f. 38 1439 11 OLG Jena BauR 2004, 1815.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 277
Als richterliche Frist kann die Klageerwiderungsfrist verlängert werden, allerdings nur wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind (§ 224 Abs. 2). Ist die gesetzte Frist im konkreten Fall zu kurz bemessen, kann der Beklagte damit eventuell seine Verspätung entschuldigen.40 Beträgt die Frist aber entgegen § 277 Abs. 3 weniger als zwei Wochen, dann kann diese aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in die Setzung einer Zweiwochenfrist oder einer sonst angemessenen Frist umgedeutet werden.41 Zudem muss über Beginn und Ende der jeweiligen Frist bereits zu Beginn der Frist Gewissheit bestehen.42 Die Fristsetzung gilt bei Verweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen fort.43 Die Verlängerung der Klageerwiderungsfrist ist nach § 224 Abs. 2 durch Antrag einer Partei (vgl. dazu § 275 Rdn. 11) möglich. Wird die Klage geändert, muss eine neue Frist zur Klageerwiderung gesetzt werden.44 Die Frist ist nur dann ordnungsgemäß in Gang gesetzt, wenn der Partei, an die sich die Fristsetzung richtet, eine beglaubigte Abschrift der richterlichen Verfügung zugestellt worden ist (§ 329 Abs. 2 S. 2). Eine formlose Übersendung einer Mitteilung der Geschäftsstelle genügt nicht.45
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VI. Replik (§ 277 Abs. 4) Im Verfahren mit einem frühen ersten Termin kann das Gericht gem. § 275 Abs. 4 dem Kläger in dem Termin oder nach Eingang der Klageerwiderung eine Frist zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen. Außerhalb der mündlichen Verhandlung kann dies auch der Vorsitzende. Im schriftlichen Vorverfahren kann der Vorsitzende ebenfalls eine Frist zur Replik setzen (§ 276 Abs. 3). Allerdings kann eine Stellungnahme des Klägers erst nach Eingang der Klageerwiderung und unter Berücksichtigung ihres Inhalts angefordert werden.46 Für die Replik gelten die vorhergehenden Absätze des § 277 über die Klageerwiderung entsprechend mit Ausnahme des § 277 Abs. 1 S. 2, da sich der Kläger bereits in der Klageschrift zur Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter äußern soll (§ 253 Abs. 3). Der Kläger hat dementsprechend seine Angriffsmittel in der Replik vorzubringen, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung bedachten Prozessführung entspricht. Ihm ist gem. § 277 Abs. 3 eine Frist von mindestens zwei Wochen zu setzen. Eine Belehrung gem. § 277 Abs. 2 über die Folgen der Fristversäumung gem. § 296 Abs. 1 ist nunmehr auch für den Kläger erforderlich. Damit wurde eine vor Inkrafttreten des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes47 insbesondere für das Amtsgerichts1440 139 Lange NJW 1986, 1728, 1731 f.; vgl. aber BGHZ 86, 31, 38 = NJW 1983, 575, 577. 40 1441 2 BGH NJW 1994, 736, 737; BGH NJW 1983, 575, 577; OLG Hamm MDR 1983, 63: Korrektur der Frist durch Zulassung des verspäteten Vorbringens, ebenso Leipold ZZP 93 (1980), 237, 248; OLG München MDR 1980, 147 f.; Deubner NJW 1979, 337, 338; Lange DRiZ 1980, 408, 413. 41 1442 3 OLG Schleswig SchlHA 1980, 161. 42 1443 4 BVerfGE 60, 1, 6 = NJW 1982, 1453, 1454; BGH NJW 1982, 1453, 1454; BGHZ 76, 236, 239 f. = NJW 1980, 1167; OLG Karlsruhe OLGZ 1984, 471, 477 (keine gebotene Klarheit über die Frist bei Nichtbescheidung eines Verlängerungsantrags).
1444 543 OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 1084, 1085; LG Bonn MDR 2000, 724 f. mit zust. Anm. Schneider, der allerdings darauf hinweist, dass dies nicht gilt, wenn die erste Frist gem. § 224 verlängert worden ist; ebenso LG Düsseldorf MDR 2005, 709; auch für den Fall des § 224 will LG Heilbronn MDR 2003, 231 mit zust. Anm. Willmerdinger den Antrag nur innerhalb der ersten Klageerwiderungsfrist zulassen. 44 1445 6 OLG Düsseldorf MDR 1980, 943. 45 1446 7 BGHZ 76, 236, 241 = NJW 1980, 1167, 1168. 1447 846 BGHZ 76, 236, 241 = NJW 1980, 1167, 1168. 1448 947 Vom 17.12.1990, BGBl I S. 2847.
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verfahren bedenkliche Lücke48 in der Belehrungspflicht geschlossen.49 Die Belehrungspflicht gilt jedoch der Einheitlichkeit wegen im amtsgerichtlichen und landgerichtlichen Verfahren.50
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Versäumt der Beklagte die Klageerwiderungsfrist gem. § 277 Abs. 3 bzw reicht er eine dem § 277 Abs. 1 S. 1 nicht entsprechende Klageerwiderungsschrift ein, droht ihm die Zurückweisung seiner verspätet vorgebrachten Verteidigungsmittel gem. § 296 Abs. 1. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Fristsetzung (Rdn. 24 f.), sei es weil diese unklar war oder keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgte, ist die Zurückweisung verspäteten Vorbringens gem. § 296 Abs. 1 unzulässig.51 Allerdings kommt eine Zurückweisung gem. § 296 Abs. 2 und Abs. 3 in Betracht, wenn der Beklagte seine Verteidigungsmittel gem. § 282 Abs. 2 bzw Zulässigkeitsrügen gem. § 282 Abs. 3 nicht rechtzeitig mitgeteilt hat,52 denn diese Verpflichtung besteht unabhängig von einer wirksamen Fristsetzung durch das Gericht (vgl. § 282 Rdn. 44, 63).
§ 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich (1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. (3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. (4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
1449 148 Vor dem Rechtspflegevereinfachungsgesetz wurden in § 277 Abs. 4 nur die Abs. 1 und 3 für entsprechend anwendbar erklärt. 49 1450 2 Vgl. BVerfGE 75, 302, 310 ff. = NJW 1987, 2733, 2734. 1451 350 BT-Drucks. 11/3621 S. 37. 1452 451 BGHZ 86, 218, 225 f. = NJW 1983, 822, 824 (für den Laien nicht verständliche Belehrung);
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BVerfGE 60, 1, 6 = NJW 1982, 1453, 1454 und BGHZ 76, 236, 239 f. = NJW 1980, 1167, 1168 (unklare und formwidrige Fristsetzung); OLG Oldenburg NJW 1980, 295 f. mit zust. Anm. Deubner (Verwendung irreführender Ladungsformulare); OLG Düsseldorf NJW 1978, 2203 f. (Verstoß gegen Belehrungspflicht). 1453 552 Zöller/Greger Rdn. 2.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 278
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung vor einen beauftragten oder ersuchten Richter verweisen. In geeigneten Fällen kann das Gericht den Parteien eine außergerichtliche Streitschlichtung vorschlagen. Entscheiden sich die Parteien hierzu, gilt § 251 entsprechend. (6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend. Schrifttum Abramenko Kein Rechtsmittel gegen richterliche Feststellung eines Vergleichs gem. § 278 VI ZPO? − Ein übersehenes Problem der Zivilprozessreform, NJW 2003, 1356; Althammer Mediation als prozessuale Last, JZ 2006, 69; Bahlmann ZPO-Reform 2002, Stärkung der ersten Instanz? – eine Untersuchung zu §§ 139 und 278 ZPO n.F., 2006; Bietz Zur mündlichen (Güte-) Verhandlung vor dem Zivilgericht, Festschrift 10 Jahre Brandenburgisches Oberlandesgericht, 2003, S. 341; ders. Zur mündlichen (Güte-)Verhandlung vor dem Zivilgericht, DRiZ 2003, 406; Blankenburg/Gottwald/Strempel (Hrsg.) Alternativen in der Ziviljustiz, 1982; Deckenbrock/ Dötsch Gerichtlicher Vergleich – Unanwendbarkeit des § 127a BGB im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO?, MDR 2006, 1325; Egli Vergleichsdruck im Zivilprozeß, 1996; Eidenmüller Vertrags- und verfahrensrechtliche Grundfragen der Mediation in: Konsensuale Streitbeilegung, Akademisches Symposion zu Ehren von Peter F. Schlosser, 2001; Eisele Außergerichtliche Streitbeilegung und Mediation, Jura 2003, 656; Foerste Die Güteverhandlung im künftigen Zivilprozeß, NJW 2001, 3103; Gottwald Modelle der freiwilligen Streitschlichtung unter besonderer Berücksichtigung der Mediation, WM 1998, 1257; Greger Die ZPO-Reform − 1000 Tage danach, JZ 2004, 805; ders. Autonome Konfliktlösung innerhalb und außerhalb des Prozesses, Festgabe für Max Vollkommer, 2006, S. 3; Haft Mediation − Palaver oder neue Streitkultur?, Festschrift für Rolf. A. Schütze, 1999, S. 255; ders. Verhandlung und Mediation, Die Alternative zum Rechtsstreit, 2. Aufl. 2000; Haft/Schlieffen (Hrsg.) Handbuch Mediation, 2002; Hannich/Meyer-Seitz ZPO-Reform 2002 mit Zustellungsreformgesetz, 2002; Hinz ZPO-Reform: Die wichtigsten Änderungen − die ersten Erfahrungen, SchlHA 2003, 53; Kauffmann Obligatorische Güteverhandlung − Kritik eines Praxissegments, MDR 2004, 1035; Katzenmeier Zivilprozess und außergerichtliche Streitbeilegung, ZZP 115 (2002), 51; Kayser Alternative Formen gerichtlicher und außergerichtlicher Streitbeilegung im deutschen und französischen Zivilprozess, 2006; Knauer/ Wolf Zivilprozessuale und strafprozessuale Änderungen durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz − Teil 1: Änderungen der ZPO, NJW 2004, 2857; G. Lüke Neues zum Prozeßvergleich?, NJW 1994, 233; v. Moltke Die zivilprozessuale Güteverhandlung nach neuem Recht, 2005; Monßen Die gerichtsnahe Mediation, Ein Beitrag zu § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO, AnwBl 2004, 7; Musielak Der Schlichtungsgedanke im deutschen Zivilprozessrecht, Festschrift für Kostas E. Beys, 2003, S. 1093; Peters Der Gütegedanke im deutschen Zivilprozeßrecht – eine historisch-soziologische Untersuchung zum Gütegedanken im Zivilverfahrensrecht seit 1879, 2004; Prechtel Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 2003; Prütting Schlichten statt Richten?, JZ 1985, 261; ders. Schiedsrichter gleich Mediator und Richter als Mediator, Festschrift für Felix Busse, 2005, S. 263; ders. Mediation und Gerichtsbarkeit − Änderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen ZKM 2006, 100; Röhl Der Vergleich im Zivilprozeß, 1983; Schlosser Die ZPO auf dem Wege zum Urteil mit vereinbartem Inhalt?, Festschrift für Ekkehard Schumann, 2001, S. 389; Stürner Grundfragen richterlicher Streitschlichtung, DRiZ 1976, 202; ders. Die Aufgabe des Richters, Schiedsrichters und Rechtsanwalts bei der gütlichen Streiterledigung, JR 1979, 133; van Venrooy Gedanken zur arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung, ZfA 1984, 337; Volkmann Mediation im Zivilprozess – Rechtliche Rahmenbedingungen für ein gerichtsinternes Mediationsangebot, 2006; Wieser Zivilprozessreform − Rechtliche Probleme der Güteverhandlung nach § 278 ZPO n.F., MDR 2002, 10; Windel Zur Justizförmigkeit der zivilprozessualen Güteverhandlung, Festschrift für Walter
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§ 278
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Gerhardt, 2004, S. 1093; M. Wolf Normative Aspekte richterlicher Vergleichstätigkeit, ZZP 89 (1976), 260; C. Wolf, § 17 BeurkG, magna charta der notariellen Tätigkeit – § 278 ZPO, paupera charta der richterlichen Vergleichstätigkeit, Festschrift für Walter H. Rechberger, 2005, S. 719.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Gütliche Beilegung des Rechtsstreits in jeder Lage des Verfahrens . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . 2. Möglichkeiten der gütlichen Streitbeilegung . . . . . . . . . . . IV. Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2) . . 1. Unterschied zum Arbeitsgerichtsverfahren . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich . . . . . . 3. Erforderlichkeit einer Güteverhandlung . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . b) Ausnahme . . . . . . . . . 4. Ladung und Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien a) Ladung zur Güteverhandlung . b) Anordnung des persönlichen Erscheinens (§ 278 Abs. 3) . . . . 5. Ablauf der Güteverhandlung . . . a) Erörterung des Sach- und Streitstands . . . . . . . . . . . b) Beweiserhebungen . . . . . . c) Anhörung der Parteien . . . . d) Entsprechende Anwendung der Verfahrensvorschriften (§§ 128 ff.) . . . . . . . . . e) Beendigung der Güteverhandlung . . . . . . . . . . . . 6. Säumnis beider Parteien (§ 278 Abs. 4) . . . . . . . . . . . .
6 11 12 14 15 16 26 26 27 36 36 38 46 46 50 51 53 58
Rdn 7. Säumnis einer Partei . . . . . . 8. Güteverhandlung vor dem beauftragten oder ersuchten Richter (§ 278 Abs. 5 S. 1) . . . . . . . V. Vorschlagsrecht zur außergerichtlichen Streitschlichtung (§ 278 Abs. 5 S. 2) . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . 2. Eignung des Falls . . . . . . . a) Vorzüge des gerichtlichen Verfahrens . . . . . . . . . . . b) Formen und Vorzüge der außergerichtlichen Streitschlichtung . c) Einzelfälle . . . . . . . . . d) Resümee . . . . . . . . . . 3. Verfahren nach § 278 Abs. 5 S. 2 .
69 70
77 78 79 80 81 91 93 97
VI. Schriftlicher Vergleich (§ 278 Abs. 6) 1. Anwendbarkeit . . . . . . . . 2. Voraussetzungen . . . . . . . . a) Materiellrechtlicher Vergleichsvertrag . . . . . . . . . . . b) Prozessrechtliche Anforderungen an den Vergleichsschluss . . 3. Form . . . . . . . . . . . . . 4. Beschluss (§ 278 Abs. 6 S. 2) . . . 5. Rechtsmittel . . . . . . . . . . 6. Übergangsregelung . . . . . . .
100 101 103
VII. Gebühren . . . . . . . . . . . . 1. Gerichtsgebühren . . . . . . . 2. Rechtsanwaltsgebühren . . . . .
120 121 122
104 109 110 111 114 119
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I. Gesetzesgeschichte
1
§ 278 wurde neu gefasst durch das ZPO-ReformG vom 27.7.2001.1 Die ursprünglich in § 278 enthaltene Regelung zum Ablauf des Haupttermins findet sich teilweise in §§ 139, 279 wieder. § 278 Abs. 6 S. 1 wurde geändert durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz2 vom 24.8.2004.
1 11454 BGBl I S. 1887, 1891.
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2 21455 BGBl I S. 2004, 2198 f.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 278
II. Normzweck § 278 betrifft die gütliche Beilegung des Rechtsstreits. Mit der Einführung einer obligatorischen Güteverhandlung durch das ZPO-Reformgesetz nach dem Vorbild des § 54 ArbGG3 sollte der Schlichtungsgedanke im Zivilprozess institutionell stärker verankert werden.4 § 278 Abs. 1 entspricht § 279 Abs. 1 S. 1 a.F., der nach der Vereinfachungsnovelle von 19765 an die Stelle des § 296 Abs. 1 a.F. getreten war,6 und statuiert eine Verpflichtung des Gerichts, sich in jeder Lage des Verfahrens um eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte zu bemühen. In der obligatorischen Güteverhandlung gem. § 278 Abs. 2 soll in einem möglichst frühen Prozessstadium eindringlich an die Prozessbeteiligten appelliert werden, die Vorteile einer gütlichen Einigung ohne streitiges Urteil wie Zeitgewinn, Rechtsfrieden, eine geringere emotionale Belastung sowie geringere Kosten zu nutzen.7 Zu denken ist hier nicht nur an den Abschluss eines Prozessvergleichs, ein Anerkenntnis, einen Verzicht oder eine Klagerücknahme, sondern auch an eine Parteivereinbarung, wonach die weitere Konfliktlösung im Wege einer außergerichtlichen Form der Streitschlichtung wie etwa einem Mediationsverfahren erfolgen soll.8 Damit sollte der bereits mit § 15a EGZPO eingeleitete Schritt zur stärkeren Betonung der gütlichen Streitbeilegung fortgeführt werden. Das Postulat zur gütlichen Streitbeilegung wird dadurch zur Prozessmaxime erhoben.9 Letztendlich soll auch der im internationalen Vergleich relativ geringe Anteil von Prozessvergleichen an der Streiterledigung deutscher Gerichte erhöht werden.10 Entsprechendes Feingefühl und eine gute Vorbereitung des Gerichts vorausgesetzt, kann eine gütliche Streitbeilegung der Prozessökonomie dienen, eine raschere und dauerhafte Wiederherstellung des Rechtsfriedens ermöglichen − gerade weil beide Parteien außerhalb des eigentlichen Rechtsstreits liegende Probleme in die Konfliktlösung einbeziehen und im Wege des gegenseitigen Nachgebens ihr Gesicht wahren können – und auch der Gerechtigkeit förderlich sein. Dies führt auch zur dringend erforderlichen Entlastung der Gerichte.11 Eine obligatorische Güteverhandlung12 war bereits in §§ 495a, 499a ff. a.F., eingeführt durch die Novelle vom 13.2.192413, vor den Amtsgerichten und ein Sühnever3 11456 Vgl. v. Moltke S. 19, 21. Auf die unterschiedlichen tatsächlichen und psychologischen Ausgangslagen weist Hinz SchlHA 2003, 53, 55 zu Recht hin; ebenso MünchKomm/Prütting Rdn. 32. Vgl. auch Eisele Jura 2003, 656, 659 und Stadler NJW 1998, 2479, 2482, die völlig zu Recht darauf hinweisen, dass die hohe Einigungsquote im Arbeitsgerichtsprozess mit dessen Besonderheiten und nicht etwa mit dem Zwang zur Güteverhandlung zusammenhängt. Auch der Gesetzgeber hat dies gesehen, jedoch auf das Prinzip „Hoffnung“ gesetzt (BT-Drucks. 14/4722 S. 62). 4 21457 BT-Drucks. 14/4722 S. 62. 5 31458 BGBl I S. 3281, 3285. 6 41459 Vor der Vereinfachungsnovelle war das Gericht im Verfahren vor den Landgerichten in geringerem Maß (§ 296 Abs. 1 enthielt eine „kann“-Bestimmung) dazu aufgerufen, eine gütliche Einigung zu versuchen als im Amtsgerichtsprozess (§ 495 Abs. 2 enthielt eine „soll“-Bestimmung). Nach der Vereinfachungsnovelle sollte in beiden Verfahren das Gericht gleichermaßen um eine gütliche Einigung bemüht sein.
7 51460 Zu den Vor- und Nachteilen einer Konfliktlösung durch Prozessvergleich siehe Wolf ZZP 89 (1976), 260, 262 ff. 8 61461 Eisele Jura 2003, 656, 659; vgl. auch Zöller/ Greger Rdn. 9. 9 71462 Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 5; Gehrlein MDR 2003, 421. 1463 810 Der ZPO-Reformgesetzgeber diagnostizierte bei der deutschen Justiz eine „unzureichende Streitschlichtungskultur“, vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 58 f.; zur im internationalen Vergleich geringen Vergleichsquote vgl. Egli S. 62 f. 1464 911 Allein zwischen 1991 und 1995 ist die Zahl der Neueingänge in Zivilsachen in erster Instanz um mehr als 0,5 Millionen auf etwa 2,15 Millionen Verfahren gestiegen, Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 52. 12 1465 10 Zur Entwicklung des Gütegedankens im deutschen Zivilprozess eingehend Bahlmann S. 141 ff.; Peters S. 58 ff. 13 1466 11 RGBl I S. 135, 141 ff.; RGBl I S. 437, 489 ff. (Bekanntmachung).
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§ 278
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
such in § 349 vor dem Landgericht vorgesehen, wurde aber wegen Ineffizienz und Erfolglosigkeit14 durch die Novelle von 195015 wieder abgeschafft und stattdessen eine dem § 278 Abs. 1 vergleichbare Regelung für das amtsgerichtliche Verfahren und eine ähnliche Vorschrift (nur Kannvorschrift) für das landgerichtliche Verfahren eingeführt. Durch die Vereinfachungsnovelle von 197616 wurde mit § 279 Abs. 1 eine einheitliche Vorschrift für das amtsgerichtliche und landgerichtliche Verfahren geschaffen (Sollvorschrift). Bei der Frage, ob eine aufgezwungene Güteverhandlung überhaupt einen Sinn hat oder einer einvernehmlichen Einigung geradezu entgegenläuft, gehen die Meinungen seit jeher auseinander.17 So wird bereits nach kurzer Zeit darüber nachgedacht, die von Anfang an umstrittene Vorschrift wieder zu streichen.18 Ein Beschluss über Fortbestand oder Abschaffung der Güteverhandlung soll jedoch erst nach Abschluss einer Gesetzesevaluation ergehen.19 Der Ablauf der Güteverhandlung, die der streitigen mündlichen Verhandlung in der Regel vorausgehen muss, wird in § 278 Abs. 2 geregelt. Er entspricht weitgehend dem Ablauf der Güteverhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren (§ 54 ArbGG), allerdings mit zivilprozessualen Besonderheiten. Dabei sollen die Parteien in die Vergleichsverhandlungen mit einbezogen (§ 278 Abs. 2 S. 3) und zu diesem Zweck persönlich geladen werden (§ 278 Abs. 3). § 278 Abs. 4 ordnet für den Fall der Säumnis beider Parteien in der Güteverhandlung das Ruhen des Verfahrens an. § 278 Abs. 5 S. 1 entspricht § 279 Abs. 1 S. 2 a.F., der eine Verweisung an den beauftragten oder ersuchten Richter zum Zweck der Güteverhandlung vorsieht. Zudem kann das Gericht mit
1467 114 Vgl. Eisele Jura 2003, 656, 659; Stadler NJW 1998, 2479, 2480. 15 1468 2 BGBl I S. 455, 473; BGBl I S. 535, 576 f. (Bekanntmachung). 1469 316 BGBl I S. 3281, 3285. 1470 417 Für eine obligatorische Güteverhandlung sprechen sich aus: Wrege DRiZ 2003, 130 ff.; dagegen: MünchKomm/Prütting Rdn. 29 ff.; Bahlmann S. 194 ff.; Beunings AnwBl 2004, 82, 87; Gottwald Beilage zu NJW Heft 27/2004 S. 9; Huber Beilage zu NJW Heft 27/2004 S. 3; Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 86 f.; Kauffmann MDR 2004, 1035, 1039; v. Moltke S. 96 ff.; Schuster Das Güteverfahren: Eine Alternative in der Ziviljustiz?, in: Gottwald/Hutmacher/Röhl/ Strempel Der Prozeßvergleich (1983), S. 109, 114 ff. plädiert für eine fakultative Güteverhandlung; Stadler NJW 1998, 2479, 2487 (zur Einführung von § 15a EGZPO); Stürner Formen der konsensualen Prozessbeendigung in den europäischen Zivilprozeßrechten in: Konsensuale Streitbeilegung, Akademisches Symposion zu Ehren von Peter F. Schlosser (2001), S. 10, 16, hält die obligatorische Güteverhandlung lediglich für eine „zeitliche Gängelung des Richters“ (S. 10), die letztendlich schon deshalb keinen Sinn macht, weil sowohl die Güte- als auch die streitige Verhandlung vor demselben Richter stattfinden (S. 16). Auch die Kommission zur Erarbeitung eines Europäischen Zivilprozessgesetzbuches hat sich auf Grund schlechter Erfahrungen einiger europäischer Staaten gegen ein obligatorisches
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Güteverfahren entschieden, vgl. hierzu den Bericht von Roth ZZP 109 (1996), 271, 278 f. 5 Vgl. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren der Justiz vom 20.5.2003 (Justizbeschleunigungsgesetz), BT-Drucks. 15/ 999 S. 1, 3, 11 f.; in Ausführung eines Beschlusses der Justizministerkonferenz Gesetzesantrag des Bundeslandes Hessen vom 10.12.2002 über ein Gesetz zur Änderung der Zivilprozessordnung, BR-Drucks. 911/02, 1, Anlage S. 1, 3 ff. und Gesetzesantrag der Länder Bayern, Hessen, Niedersachsen, Saarland, Sachsen und Thüringen vom 6.6.2003 über den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren der Justiz, BRDrucks. 397/03, 2. Entwurf S. 19 ff., 30; Selbherr Verhandlungen des 65. Deutschen Juristentages (2004), S. A 28, A 30 ff., A 41. Gegen eine Abschaffung der obligatorischen Güteverhandlung spricht sich hingegen die Bundesrechtsanwaltskammer aus (vgl. dazu Dombek in BRAK-Mitteilungen 2002, S. 1); dazu Kauffmann MDR 2004, 1035 mwN. 1472 619 BR-Drucks. 397/03, 2 f. Inwieweit die Güteverhandlung Einfluss auf die seit der ZPO-Reform gestiegenen Vergleichszahlen hat, konnte jedoch nach dem Gutachten nicht näher quantifiziert werden, siehe dazu Hommerich/Prütting/Ebers/ Lang/Traut Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozesses auf die gerichtliche Praxis – Evaluation ZPOReform (2006), S. 75 ff.; vgl. auch Greger JZ 2004, 805, 806, nach dem die Chancen der Güteverhandlung zunehmend erkannt werden. 18 1471
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 278
dem Einverständnis der Parteien auch eine außergerichtliche Streitschlichtung − etwa im Rahmen eines Mediationsverfahrens20 – vorschlagen und für diese Zeit das Ruhen des Verfahrens gem. § 251 anordnen (§ 278 Abs. 5 S. 2 und 3). § 278 Abs. 6 vereinfacht die Modalitäten eines Vergleichsabschlusses. Während nach früherem Recht ein gerichtlicher Vergleich nur in einer mündlichen Verhandlung geschlossen werden konnte, besteht jetzt die Möglichkeit, einen Vergleich schriftlich abzuschließen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz annehmen. Ein eigens hierfür bestimmter „Protokollierungstermin“ ist demnach nicht mehr erforderlich. Das Gericht stellt lediglich deklaratorisch das Zustandekommen des Vergleichs und dessen Inhalt durch Beschluss fest. Der so geschlossene Vergleich hat dieselbe prozessbeendigende Wirkung wie ein im Termin abgeschlossener Vergleich und stellt ebenso einen Vollstreckungstitel gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 dar.
III. Gütliche Beilegung des Rechtsstreits in jeder Lage des Verfahrens Gem. § 278 Abs. 1 wird dem Gericht eine Pflicht zu einem Befriedungsversuch in jeder Lage des Verfahrens auferlegt und nicht nur wie vor der Vereinfachungsnovelle in das freie Ermessen des Gerichts gestellt. Das Gesetz macht damit deutlich, dass der Prozesszweck „Rechtsfrieden“ neben einer gerichtlichen Entscheidung auch durch eine einvernehmliche Streitbeilegung herbeigeführt werden kann.21 Die gerichtlichen Einigungsbemühungen haben auch im schriftlichen Verfahren zu erfolgen. Dass sie nicht an eine mündliche Erörterung im Gütetermin oder in der mündlichen Verhandlung geknüpft sind, zeigt nunmehr auch der neue § 278 Abs. 6. Das Gericht sollte mögliche Anknüpfungspunkte für eine gütliche Einigung herausstellen und mit den Parteien verhandeln. Hierbei ist es sinnvoll, dass das Gericht seine vorläufige Rechtsansicht zum Ausdruck bringt22 und die Parteien auf unwägbare oder aussichtslose Rechtspositionen hinweist. Schließlich ist nur eine gut informierte Partei zu einer selbstbestimmten Entscheidung im Rahmen einer gütlichen Einigung in der Lage.23 Dagegen dürfte die Einbeziehung weiterer Ansprüche zwischen den Parteien in den Vergleichsvorschlag, die von diesen bisher noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, zu weit gehen.24 Außerdem sollte das Gericht behutsam vorgehen und die Parteien nicht gegen ihren Willen zu einem Vergleich drängen. Ansonsten gerät es leicht in Verdacht, sich in erster Linie die Arbeit eines Urteils ersparen zu wollen. Druck darf keinesfalls auf die Parteien ausgeübt werden, etwa die Drohung mit dem Prozessverlust.25 Schließlich verträgt sich Druck nicht mit der Dispositionsmaxime und der Privatautonomie, die unabdingbare Voraussetzungen einer gütlichen Streitbeilegung sind.26 Die Ausübung von Druck macht den Richter befangen; ein unter Druck zustande gekommener Vergleich ist nach § 123 BGB anfechtbar.27 Das 1473 120 Vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 83 f. (zu § 278 Abs. 4 S. 2 Entwurf, der dem heutigen § 278 Abs. 5 S. 2 entspricht); Haft/Schlieffen/Heß/Sharma § 26 Rdn. 57. 21 1474 2 Vgl. Wolf ZZP 89 (1976), 260, 269. 1475 322 Dies stellt keinen Ablehnungsgrund dar, KG MDR 1999, 253. 23 1476 4 Stürner DRiZ 1976, 202, 204; ders. JR 1979, 133, 136. 1477 524 AA KG NJW-RR 2000, 1164, 1166 (kein Ablehnungsgrund gem. § 42 Abs. 2); Kayser S. 77 mwN.
1478 625 BGH NJW 1966, 2399, 2400 mit abl. Anm. Schneider und zust. Anm. Ostler; ausführlich zu dieser Entscheidung Arndt NJW 1967, 1585 ff. Gleichwohl werden in der Praxis immer wieder „Zwangsvergleiche“ geschlossen, MünchKomm/ Prütting Rdn. 5; Musielak FS Beys (2003), S. 1093, 1099. 26 1479 7 MünchKomm/Prütting Rdn. 4; vgl. auch Stürner DRiZ 1976, 202, 203 f. 1480 827 BGH NJW 1966, 2399, 2401.
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Gericht darf allerdings darauf hinweisen, dass die Folge eines Scheiterns der gütlichen Einigung der Erlass eines Urteils ist, was eine längere Verfahrensdauer und die Möglichkeit von Rechtsmitteln nach sich zieht. Auch ein Hinweis auf das Kostenrisiko ist erlaubt.28 Allerdings sollte das Gericht die Prozessrisiken nicht als Druckmittel nutzen, mit dem es die Parteien in einen Vergleich treibt.29 Das Gericht darf grundsätzlich keinen Vergleich vorschlagen, der mit Recht und Gesetz, an das es nach Art. 20 Abs. 3 GG gebunden ist, nicht vereinbar ist.30 Da zum Zeitpunkt des Vergleichsvorschlags häufig noch nicht alle Tatsachen geklärt und alle Beweise erhoben worden sind, kann die richterliche Einschätzung der Rechtslage nur auf einem Wahrscheinlichkeitsurteil basieren. Je unsicherer die Tatsachenlage ist, desto geringer ist der Grad der Rechtsbindung. Hat der Richter nur reine Rechtsfragen zu klären, können keine Abstriche an den Grad der Rechtsbindung gemacht werden. Auf der Basis einer unschlüssigen Klage darf der Richter somit keinen Vergleich vorschlagen.31 Neben der wahrscheinlichen Rechtslage sollte der richterliche Vergleichsvorschlag auch vorrangige Werte wie soziale Schutzpositionen mit berücksichtigen.32 Während sich der Richter bei seinem Vergleichsvorschlag an Recht und Gesetz orientieren muss, sind die Parteien bei ihrem Vergleichsschluss völlig frei. Keinesfalls darf das Gericht jedoch eine ahnungslose Partei sehenden Auges in einen nicht der Rechtsordnung entsprechenden Vergleich treiben. Es muss die Parteien zumindest auf die Tatsachenund Rechtslage, soweit dies in diesem Stadium bereits möglich ist, gem. § 139 hinweisen.33 In jeder Lage des Verfahrens bedeutet, dass das Gericht in geeigneten Momenten, wie z.B. nach Abschluss der Beweisaufnahme, bei erneuter Erörterung des Sach- und Streitstands (§ 279 Abs. 3)34 oder wenn sich aus anderen Gründen neue Anknüpfungspunkte für einen Vergleich ergeben, einen weiteren35 Einigungsversuch unternehmen sollte. Ein Einigungsversuch kann auch noch nach der Schlussverhandlung und vor Erlass des Urteils erfolgen.36 Der Gedanke der gütlichen Streitbeilegung findet sich ebenfalls noch in § 118 Abs. 1 S. 3, § 492 Abs. 3 und § 614. 1. Anwendungsbereich
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§ 278 Abs. 1 gilt sowohl im landgerichtlichen als auch im amtsgerichtlichen Verfahren (§ 495 Abs. 1)37 sowie in allen Instanzen (§§ 525 S. 1, 555 Abs. 1 S. 1). Ferner ist die Vorschrift in allen Verfahrensarten anzuwenden. Allerdings dürfen beschleunigt 1481 128 Zöller/Greger Rdn. 1. 1482 229 So auch Zöller/Greger Rdn. 1; zum Kostenrisiko auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 10; Stürner DRiZ 1976, 202, 204. 1483 330 Ausführlich Stürner JR 1979, 133, 135 ff. und Wolf ZZP 89 (1976), 260, 272 f. 1484 431 Zur Abhängigkeit des Grades der Rechtsbindung von der Tatsachenlage ausführlich Wolf ZZP 89 (1976), 260, 272 ff., insbesondere 276. 32 1485 5 Wolf ZZP 89 (1976), 260, 281 f. 33 1486 6 MünchKomm/Prütting Rdn. 10. 1487 734 Im ursprünglichen Entwurf, BT-Drucks. 14/ 4722 S. 9, weist § 279 Abs. 3 HS 2 noch ausdrücklich auf ein Hinwirken auf gütliche Beilegung an dieser Stelle des Prozesses hin. In der endgültigen
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Fassung wurde HS 2 gestrichen, da er lediglich die sich schon aus § 278 Abs. 1 ergebende Pflicht des Gerichts, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Streitbeilegung hinzuwirken, wiederholte (BT-Drucks. 14/6036 S. 121). 1488 835 Wenn bereits die Güteverhandlung oder ein außergerichtlicher Schlichtungsversuch vorausgegangen ist. 36 1489 9 Zum Verhältnis von § 300 Abs. 1 und § 278 Abs. 1 (§ 296 a.F.) sowie den Grenzen richterlicher Vergleichstätigkeit nach Aufklärung des Sachverhalts, vgl. Wolf ZZP 89 (1976), 260, 283 ff. 37 1490 10 § 495 Abs. 2 a.F., der eine gleichlautende Regelung enthielt, wurde aufgehoben.
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durchzuführende Verfahren, wie das Urkundenverfahren, das Arrest- und einstweilige Verfügungsverfahren, darunter nicht leiden. Im vorläufigen Verfahren kommt ein Versuch zur gütlichen Streitbeilegung in der Regel nur im etwaigen Verhandlungstermin in Betracht. 2. Möglichkeiten der gütlichen Streitbeilegung Mit gütlicher Streitbeilegung ist wohl in erster Linie der Abschluss eines Prozessvergleichs (§ 794 Abs. 1 Nr. 1) gemeint. Dieser bietet flexible Regelungsmöglichkeiten für eine umfassende Streitschlichtung auch außerhalb des Streitgegenstands und unter Einbeziehung von Dritten und gibt den Parteien einen Vollstreckungstitel an die Hand. Allerdings erwächst der Prozessvergleich nicht in Rechtskraft. Es kommen aber auch die beiderseitige Erledigungserklärung gem. § 91a oder die Klagerücknahme gem. § 269 in Betracht. In diesen Fällen ist, wenn eine Vereinbarung über die Kosten zwischen den Parteien nicht getroffen worden ist, nur noch eine Entscheidung über die Kosten durch Beschluss (§ 91a Abs. 1 S. 1, gem. § 269 Abs. 4 nur auf Antrag) erforderlich. Aber auch der Abschluss des Verfahrens durch ein Anerkenntnis- oder ein Verzichtsurteil (§§ 307, 306) kann trotz Urteils zur nicht streitigen Erledigung gezählt werden.38 Flankiert werden können diese Möglichkeiten einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung durch rein tatsächliche Handlungen wie etwa eine Entschuldigung, eine Abschlagszahlung oder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung.
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IV. Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2) Über das Postulat des § 278 Abs. 1 hinaus verlangt § 278 Abs. 2 zu einem bestimmten Zeitpunkt (vor der mündlichen Verhandlung) einen konkreten Sühneversuch in Gestalt einer der streitigen Verhandlung vorausgehenden Güteverhandlung.
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1. Unterschied zum Arbeitsgerichtsverfahren Im Gegensatz zum Arbeitsgerichtsverfahren39 ist die Güteverhandlung im zivilprozessualen Verfahren nicht Bestandteil der mündlichen Verhandlung, sondern dieser vorgeschaltet (siehe §§ 278 Abs. 2, 279 Abs. 1).40 Zum anderen findet die Güteverhandlung nicht wie im Arbeitsgerichtsprozess vor dem Vorsitzenden, sondern grundsätzlich vor dem erkennenden Gericht statt. Eine Ausnahme gilt nach § 349 Abs. 1 S. 1 (Vorbereitungskompetenz des Vorsitzenden) nur für die Kammer für Handelssachen, wobei es sich auch hier anbietet, den Gütetermin vor der Kammer abzuhalten.41
1491 138 Kayser S. 62; Beunings AnwBl 2004, 82, 87; Wieser MDR 2002, 10, 11: Anerkenntnis- und Verzichtsurteil können auch im Gütetermin verkündet werden; aA für das Arbeitsgerichtsverfahren Grunsky ArbGG7 (1995) § 54 Rdn. 15 f.; dagegen van Venrooy ZfA 1984, 337, 375. 1492 239 Vgl. dort § 54 Abs. 1 S. 1 „Die mündliche Ver-
handlung beginnt ... mit einer Verhandlung vor dem Vorsitzenden zum Zwecke der gütlichen Einigung ...“; siehe auch Kayser S. 99. 1493 340 Musielak FS Beys (2003), S. 1093, 1097; Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1099. 1494 441 So auch Zöller/Greger Rdn. 13.
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§ 278 Abs. 2 findet sowohl im Verfahren vor den Landgerichten als auch vor den Amtsgerichten sowie in allen Verfahrensarten Anwendung, wie z.B. im Urkundenprozess. Dies gilt auch beim Übergang vom Mahnverfahren in das Streitverfahren (§ 697 Abs. 2 S. 1). § 15a Abs. 2 EGZPO, der ein obligatorisches Güteverfahren für Abänderungsklagen, Widerklagen, Streitigkeiten in Familiensachen, Wiederaufnahmeverfahren, Urkunden- und Wechselprozesse, streitige Verfahren nach Mahnverfahren sowie vollstreckungsrechtliche Klagen für nicht erforderlich erklärt, findet auf § 278 Abs. 2 keine entsprechende Anwendung.42 Es ist vielmehr davon auszugehen, dass dieser Katalog bewusst nicht in § 278 aufgenommen worden ist. In Bagatellverfahren vor dem Amtsgericht gem. § 495a ist es dem Gericht freigestellt, eine Güteverhandlung durchzuführen.43 Auch nach Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid (§ 700) oder gegen ein schriftliches Versäumnisurteil gem. § 338 muss dem darauf folgenden Einspruchstermin eine Güteverhandlung vorausgehen.44 Dem steht § 341a nicht entgegen, der lediglich feststellt, dass sofort ein Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache zu bestimmen ist.45 Warum diesem Termin gem. § 278 Abs. 2 keine Güteverhandlung vorausgehen dürfte, ist nicht einzusehen. Da zwischen den Parteien bisher wegen der Säumnis noch keine streitige mündliche Verhandlung stattgefunden hat, ist der Einspruchstermin die mündliche Verhandlung iSd § 278 Abs. 2. Man könnte allenfalls die Säumnis in der mündlichen Verhandlung mit derjenigen in der Güteverhandlung gleichsetzen, so dass gleich gem. § 279 Abs. 1 die mündliche Verhandlung stattfindet. § 278 Abs. 2 S. 1 wird im Berufungs- und Revisionsverfahren dahingehend modifiziert, dass eine Güteverhandlung nicht zwingend notwendig ist.46 Dies stellen § 525 S. 2 und § 555 Abs. 1 S. 2 ausdrücklich klar. Die Durchführung ist dem Gericht freigestellt.47 Wird sie durchgeführt, folgt sie dem in § 278 Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 3 und 4 geregelten Ablauf. Eine Sondervorschrift enthält § 614 für das Verfahren auf Herstellung des ehelichen Lebens in Abs. 1 und für das Verfahren auf Scheidung in Abs. 2. In den anderen Ehesachen findet § 278 Abs. 2 gem. § 608 Anwendung, ebenso in den anderen der ZPO unterfallenden Familiensachen (vgl. § 621a). Bei der Wiederaufnahme des Verfahrens gem. §§ 578 ff. wird neu verhandelt. Da sich neue Anknüpfungspunkte für eine gütliche Einigung ergeben können, findet auch hier § 278 Abs. 2 Anwendung. Wenn das Gericht eine Verhandlung und Entscheidung über den Grund und die Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens vor der Verhandlung über die Hauptsache anordnet (§ 590 Abs. 2), genügt eine Güteverhandlung.48 Diese ist sinnvollerweise bereits dem ersten Verhandlungsabschnitt vorzuschalten, da die Verhandlung über die Hauptsache als Fortsetzung des ersten Verfahrensabschnitts anzusehen ist (§ 590 Abs. 2 S. 2). 1495 142 Wie hier Zöller/Greger Rdn. 10; Kayser S. 100 Fn. 510; aA MünchKomm/Prütting Rdn. 22. 43 1496 2 Prechtel S. 238. 1497 344 So wohl auch Foerste NJW 2001, 3103, 3104; Prechtel S. 238; aA Zöller/Greger Rdn. 10 und 20; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 9; Kayser S. 102. 1498 445 Vgl. Musielak/Foerste Rdn. 9 („trotz § 341a“); aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 9; Ger-
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melmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/ Germelmann ArbGG6 (2008) § 54 Rdn. 54; Kayser S. 102. 1499 546 BT-Drucks. 14/4722 S. 99. 1500 647 Bietz FS 10 Jahre Brandenburgisches OLG (2003), S. 341, 342; Foerste NJW 2001, 3103. 1501 748 AA Kayser S. 100 f.: grundsätzlich sei vor jedem Abschnitt eine Güteverhandlung durchzuführen.
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Dagegen wird bei der Wiedereröffnung des Verfahrens gem. § 156 eine obligatorische Güteverhandlung trotz gewisser Ähnlichkeiten zum Wiederaufnahmeverfahren (§ 156 Abs. 2 Nr. 2) zu verneinen sein, da diese bereits im Rahmen des noch laufenden Verfahrens durchgeführt worden ist.49 In den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Arrest gem. §§ 916 ff., einstweilige Verfügung gem. §§ 935 ff.) ist § 278 Abs. 2 anzuwenden, wenn eine mündliche Verhandlung stattfindet.50 Erhebliche Zeitverluste wie im arbeitsgerichtlichen Verfahren, weil für die Eilentscheidung die Kammer und für die Güteverhandlung der Vorsitzende zuständig ist, sind hier nicht zu befürchten, da die Güteverhandlung bereits vor dem erkennenden Gericht stattfindet. Im Kapitalanleger-Musterverfahren findet § 278 gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KapMuG keine Anwendung. § 278 ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren neben § 54 ArbGG insoweit anwendbar (§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG), als das speziellere ArbGG nicht entgegensteht. § 278 Abs. 1 wird von § 57 Abs. 2 ArbGG verdrängt, § 278 Abs. 2 von § 54 Abs. 1 ArbGG, § 278 Abs. 3 von § 51 Abs. 1 ArbGG, § 278 Abs. 4 von § 54 Abs. 5 S. 1 ArbGG, § 278 Abs. 5 S. 1 von § 54 Abs. 1 ArbGG. § 278 Abs. 5 S. 251 und 3 und § 278 Abs. 652 finden dagegen Anwendung.
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3. Erforderlichkeit einer Güteverhandlung a) Grundsatz. Gem. § 278 Abs. 2 ist der streitigen mündlichen Verhandlung nach dem Vorbild des § 54 Abs. 1 ArbGG obligatorisch eine Güteverhandlung zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits vorgeschaltet.53 Die mündliche Verhandlung kann entweder der frühe erste Termin (§ 275) oder nach Durchführung des schriftlichen Vorverfahrens (§ 276) der erste Haupttermin sein (vgl. § 279 Abs. 1 S. 2).54 Sie hat gem. § 272 Abs. 3 so früh wie möglich stattzufinden.
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b) Ausnahme. Eine Güteverhandlung muss jedoch dann nicht durchgeführt werden, wenn sie keinen Erfolg verspricht.55 Mit den Ausnahmetatbeständen will der Gesetzgeber verhindern, dass die Praxis die Güteverhandlung zur bloßen Formalie degradiert und dadurch der Gütegedanke Schaden nimmt.56 Dabei darf das Gericht die Ausnahmefälle nicht missbrauchen, um die gesetzliche Obliegenheit zum Abhalten einer Güteverhandlung zu unterlaufen.57 So kann der Richter nicht zu einem Zeitpunkt von der Güteverhandlung absehen, zu dem er noch nicht einmal die Klageerwiderung in den Händen hält.
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1502 149 AA Kayser S. 101. 1503 250 So auch Kayser S. 101. 1504 351 Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/ Germelmann ArbGG6 (2008) § 54 Rdn. 3; aA ErfKomm/Koch ArbR8 (2008) § 54 ArbGG Rdn. 1 (wegen des entgegenstehenden Beschleunigungsgrundsatzes gem. § 9 Abs. 1 ArbGG). 52 1505 4 Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/ Germelmann ArbGG6 (2008) § 54 Rdn. 4; Schwab/Wildschütz/Heege NZA 2003, 999, 1001. 1506 553 Das Gericht hat kein Ermessen, vgl. Hannich/ Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 8. 1507 654 Greger FG Vollkommer, S. 3, 9 hält das schriftli-
che Vorverfahren zur Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Güteverhandlung für besser geeignet. Ebenso Gottwald Verhandlungen des 65. Deutschen Juristentages (2004), S. A 107, A 110, der daneben die teilweise vorhandene Praxis des „späten ersten Termins“ für sachgerecht hält. 55 1508 7 Der Ausgestaltung der Güteverhandlung als Zwang mit Ausnahmevorbehalt liegt nach Kauffmann MDR 2004, 1035, 1036 das Interesse an der Erhöhung der Vergleichsaktivität der Richter zugrunde. 1509 856 BT-Drucks. 14/4722 S. 83. 1510 957 Zierl NJW 2002, 2695.
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Nach § 278 Abs. 2 S. 1 ist die Güteverhandlung entbehrlich, wenn bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Stelle58 stattgefunden hat oder die Güteverhandlung aus anderen Gründen erkennbar aussichtslos erscheint.59 Dies bedeutet, dass in allen Fällen, in denen das gem. § 15a EGZPO nach Landesrecht vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle vorgesehene Streitschlichtungsverfahren erfolglos durchgeführt worden ist,60 ein weiterer Einigungsversuch nicht mehr erforderlich ist. Wird hingegen ein nach Landesrecht erforderliches Streitschlichtungsverfahren nicht durchgeführt, fehlt es an der Zulässigkeit der Klage, da es sich insoweit um eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung handelt (Vor § 253 Rdn. 109 ff.).61 Auch eine Nachholung des Einigungsversuchs nach Klageerhebung kommt nicht in Betracht.62 Deshalb sollte in solchen Fällen bereits die Klageschrift nicht zugestellt werden und dem Kläger eine Frist zur Behebung des Mangels gesetzt werden (vgl. Vor § 253 Rdn. 112).63 Unzulässig ist eine Klage auch, wenn die Parteien vereinbart haben, im Fall eines Streits zunächst eine außergerichtliche Streitschlichtungsstelle anzurufen, es sei denn, der Beklagte verhindert mutwillig die Durchführung des Schlichtungsverfahrens (= Gegeneinwand der Arglist).64 Nur in diesen Ausnahmefällen darf die Gewährung von Prozesskostenhilfe von der Anrufung einer außergerichtlichen Streitschlichtungsstelle abhängig gemacht werden.65 Schreiben hingegen weder das Gesetz noch eine Parteivereinbarung die Vorschaltung eines außergerichtlichen Streitschlichtungsverfahrens vor, so darf das Gericht ein solches den Parteien auch nicht durch Beschluss aufzwingen, schließlich vermag nur eine freiwillige Vereinbarung zu einer dauerhaften Befriedung des Konflikts zwischen den Parteien beizutragen.66 Auch ein ohne Erfolg durchgeführtes Mediationsverfahren oder ein Verfahren vor einer anderen Stelle als den oben genannten Schlichtungsstellen,67 wie z.B. den von den
1511 158 Vgl. zu den einzelnen Vorverfahren Preibisch Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit (1982), S. 51 ff. 59 1512 2 Nach Koch NJ 2005, 97, 99, Fn. 13 handelt es sich dabei weder um kumulative noch um alternative Voraussetzungen. 60 1513 3 Zu den Einzelheiten sowie zur Problematik einer zwangsweisen außergerichtlichen Konfliktlösung vgl. Eisele Jura 2003, 656, 657, 662; vgl. andererseits Mattisseck Zweckmäßigkeit und Ausgestaltung einer obligatorischen Streitschlichtungsinstanz im deutschen Zivilverfahren (2003), S.183 ff., der zwischen dem Zwang zur Anrufung des Verfahrens und dem Zwang innerhalb des Verfahrens unterscheidet. Ersteres hat keine negativen Auswirkungen. 1514 461 BGHZ 161, 145, 147 ff. = NJW 2005, 437, 438 f. mwN. 1515 562 BGHZ 161, 145, 147 ff. = NJW 2005, 437, 438 f.; Fischer/Schmidtbleicher AnwBl 2005, 233, 236; Musielak FS Beys (2003), S. 1093, 1097. 63 1516 6 Der BGH BGHZ 161, 145, 151 = NJW 2005, 437, 439 regt eine Klagerücknahme an. 1517 764 BGH NJW 1999, 647, 648. 1518 865 OLG Düsseldorf NJW 1989, 2955 f.; vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 47; aA – beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne Anrufung einer au-
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ßergerichtlichen Streitschlichtungsstelle stets mutwillig iSd § 114 – LG Aurich NJW 1986, 792 mit abl. Anm. Matthies; LG Dortmund JZ 1988, 255 mit abl. Anm. Giesen. 66 1519 9 Kritisch deshalb zu § 15a EGZPO Eisele Jura 2003, 656, 662 und Stadler NJW 1998, 2479, 2482, 2487. 67 1520 10 Friedrich JR 2002, 397, 398; Hannich/MeyerSeitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 12 unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/980 S. 7; Hinz SchlHA 2003, 53, 55, der aber eine gewisse Institutionalisierung und nachhaltige Betreibung der Streitbeilegungstätigkeit dieser Schlichtungsstellen fordert; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 13, der fordert, dass die Gütestelle dem § 794 Abs. 1 Nr. 1 entsprechen und daher über eine staatliche Anerkennung verfügen muss (NJW 2001, 2577, 2581); dagegen völlig zu Recht Zöller/Greger Rdn. 22. Zu den Schlichtungsmöglichkeiten Prütting JZ 1985, 261, 263 ff. Zur außergerichtlichen Konfliktlösung für Rechtsstreitigkeiten, in die Verbraucher involviert sind, Blankenburg/ Gottwald/Strempel/Reifner S. 269 ff. Einen Überblick über die Schieds- und Schlichtungsstellen liefert Stein/Jonas/Leipold21 § 279 Rdn. 29 bis 40.
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Berufs- und Unternehmensverbänden betriebenen Gütestellen, schließt eine nochmalige Güteverhandlung aus (arg. aus § 15a Abs. 3 EGZPO). Ob ein Einigungsversuch erkennbar aussichtslos erscheint, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Hier handelt es sich um eine subjektive Einschätzung des Gerichts nach einer Prognose ex ante. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen.68 Zweifel sprechen für eine Güteverhandlung, da dann die Offenkundigkeit („erkennbare Aussichtslosigkeit“) nicht vorliegt.69 Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass einerseits die Parteien zu einem Vergleichsabschluss bewegt werden sollen, andererseits die Güteverhandlung nicht nur als bloße Formalie gehandhabt werden soll. Allgemeine Kriterien für die Aussichtslosigkeit können hier nicht aufgestellt werden, da es auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. Es können aber gewisse Indizien für eine Aussichtslosigkeit sprechen. So kann sich die Aussichtslosigkeit bereits vor der Terminsanberaumung aus den Schriftsätzen ergeben, wenn diese erkennen lassen, dass die Fronten absolut verhärtet bzw die Parteien verfeindet sind.70 Geht der Streit hauptsächlich um die Klärung einer Rechtsfrage, wie z.B. bei Musterprozessen71 oder ist eine umfassende Beweisaufnahme zur Klärung von Tatfragen erforderlich,72 wie z.B. bei Verkehrsunfallsachen,73 so spricht dies eher gegen eine Güteverhandlung. Haben beide Parteien einer Güteverhandlung ausdrücklich widersprochen, sollte eine solche nicht durchgeführt werden.74 Dies sollte in der Regel auch gelten, wenn nur eine Partei sich gegen eine Güteverhandlung ausspricht,75 da sich hieraus ihre mangelnde Vergleichsbereitschaft ergibt, zu einem Vergleich aber immer zwei Parteien gehören.76 Wird dennoch eine Güteverhandlung durchgeführt, wird diese bei weiter bestehender Aussichtslosigkeit sowieso innerhalb weniger Minuten beendet sein.77 Eine Verzögerung des Verfahrens ist nicht zu befürchten, da die in der Güteverhandlung stattfindende Erörterung des Sach- und Streitstands mit der Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung nicht noch einmal wiederholt werden muss.78 Liegt einer dieser Ausnahmefälle vor, entfällt der obligatorische Charakter der Güteverhandlung. Sie wird dann in der Regel nicht durchgeführt.79
1521 168 Hinz SchlHA 2003, 53, 55. 1522 269 Vgl. Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 14; Kayser S. 103. 1523 370 Die Aussichtslosigkeit muss allerdings evident sein, schließlich kann gerade bei völlig zerstrittenen Parteien ein richterliches Wort zur Güte manchmal wahre Wunder bewirken (so auch Zöller/Greger Rdn. 22). 71 1524 4 Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 15; Hinz SchlHA 2003, 53, 55; Koch NJ 2005, 97, 99. 1525 572 Bahlmann S. 183; Beunings AnwBl 2004, 82, 86. 1526 673 Hinz SchlHA 2003, 53, 55. 1527 774 Sie wäre zwar zulässig, aber wohl aussichtslos, Hinz SchlHA 2003, 53, 55; aA Foerste NJW 2001, 3103, 3104 (unzulässig); vgl. auch Hannich/ Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 18, der sich für die Hinterfragung der Ernsthaftigkeit des Widerspruchs ausspricht. In der Praxis bitten die Richter die Parteien um Mitteilung, ob eine gütliche Einigung in Betracht kommt. Wird dies ver-
neint, wird häufig vom Gütetermin abgesehen, Bamberger ZRP 2004, 137. 1528 875 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 103 Rdn. 18. 1529 976 Beunings AnwBl 2004, 82, 86; Foerste NJW 2001, 3103, 3104; MünchKomm/Prütting Rdn. 19; Wieser MDR 2002, 10; für Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1101, ist hier entscheidend, ob die gütewillige Partei durch einseitiges Nachgeben den Rechtsstreit beenden will; vgl. auch die Beispiele bei Kauffmann MDR 2004, 1035 und die überzeugenden Argumente, S. 1037 f.; aA Huber JuS 2002, 483, 486. 77 1530 10 Vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 83 noch zum Antragsrecht einer Partei auf die Güteverhandlung, das deshalb kaum Schaden anrichten könnte. 78 1531 11 Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 14. 79 1532 12 Die Güteverhandlung kann jedoch durchgeführt werden, Zöller/Greger Rdn. 22; aA Hartmann NJW 2001, 2577, 2581, wenn der Richter sie für aussichtslos hält.
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Regen die Parteien dennoch eine Güteverhandlung an, dann spricht dies gegen die Aussichtslosigkeit, so dass eine Güteverhandlung abgehalten werden sollte.80 Entgegen dem ursprünglichen Gesetzesentwurf81 ist das Gericht aber nicht an einen entsprechenden Antrag einer Partei gebunden. Die Entscheidung des Gerichts für oder gegen eine Güteverhandlung ist deshalb unanfechtbar.82 Die Nichtanberaumung einer Güteverhandlung verletzt das Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht, da dieses im streitigen Verfahren in gleicher Weise gewährt wird. Eine fehlerhafte Entscheidung des Gerichts kann auch kaum im Rahmen der Berufung gerügt werden, da eine Kausalität zwischen durchgeführter oder nicht durchgeführter Güteverhandlung für den Inhalt des Urteils jedenfalls nicht nachweisbar sein wird und der Verfahrensfehler auch nicht mehr beseitigt werden kann.83 4. Ladung und Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien
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a) Ladung zur Güteverhandlung. Da die mündliche Verhandlung gem. § 279 Abs. 1 S. 1 bei Nichterscheinen einer Partei in der Güteverhandlung bzw Erfolglosigkeit des Güteversuchs in der Regel direkt im Anschluss an die Güteverhandlung durchgeführt werden soll, ist gleichzeitig zur Güteverhandlung und zum frühen ersten Termin bzw zum Haupttermin zu laden.84 Die Ladung ist dabei so zu gestalten, dass die Parteien erkennen können, dass es sich um zwei verschiedene Terminsarten handelt.85 Nur wenn der Durchführung der mündlichen Verhandlung noch Hindernisse entgegenstehen, kann von einer Ladung zur mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dann ist aber nach Scheitern des Einigungsversuchs unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen, wobei die Ladungsfrist (§§ 217, 604 Abs. 2, 605a), nicht aber die Einlassungsfrist (§ 274 Abs. 3) zu berücksichtigen ist. Eine Ladung von Streitgehilfen ist nicht erforderlich (vgl. § 71 Abs. 3). Eine Ladung nur zur Güteverhandlung wird insbesondere dann sinnvoll sein, wenn die Vergleichschancen außerordentlich günstig sind und deshalb von der Vorbereitung umfassender Beweisaufnahmen Abstand genommen wurde (vgl. auch § 279 Rdn. 13).86 Neben der Ladung der Parteien kann auch die Ladung weiterer Personen in Betracht kommen, wenn dies der Konfliktlösung dient und die Aussicht auf eine einvernehmliche Erledigung in der Güteverhandlung erhöht.87 Schließlich muss die Güteverhandlung nicht im Sitzungssaal stattfinden, vielmehr kann auch in das Richterzimmer oder − etwa in Bausachen − zu einem Ortstermin geladen werden.88 1533 180 Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/ 6036 S. 121; Pukall/Kießling WM Sonderbeilage zu Heft 1/2002, 1, 16; Winte BRAK-Mitt. 2001, 246, 252. 81 1534 2 § 278 Abs. 1 S. 2 des Entwurfs sah vor, dass auf Antrag eine Güteverhandlung stattfinden muss. Wegen der Gefahr missbräuchlicher Inanspruchnahme dieses Antragsrechts ist diese Regelung nicht in das Gesetz übernommen worden, vgl. Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/ 6036 S. 121. 82 1535 3 Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 19; Gehrlein MDR 2003, 421, 422; Wieser MDR 2002, 10, der auch eine Beschwer verneint; Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1101; vgl. dazu auch Hartmann NJW 2001, 2577, 2581, der von praktischer Unanfechtbarkeit spricht.
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1536 483 Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 19; Kayser S. 105; Gehrlein MDR 2003, 421, 422 (Berufung allenfalls in Verbindung mit einer im späteren Verfahren nicht behobenen Verletzung der Hinweispflicht gem. § 139). 1537 584 Greger FG Vollkommer, S. 3, 9 Fn. 30 hält die gleichzeitige Anberaumung einer anschließenden mündlichen Verhandlung für sinnwidrig. 1538 685 Zu weit geht Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 12, der eine Dokumentation durch das Gericht fordert und in einer unzureichenden oder fehlenden Dokumentation der Ladung gar einen Zurückverweisungsgrund iSv § 538 sehen will. 1539 786 BT-Drucks. 14/4722 S. 84. 1540 887 Greger FG Vollkommer, S. 3, 10 (z.B. den Sachbearbeiter in einem Unternehmen). 1541 988 Greger FG Vollkommer, S. 3, 10 Fn. 33.
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§ 278
Eine Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten entfällt nicht deshalb vor der Durchführung eines Gütetermins iSv § 278 Abs. 2, weil ein Termin zur Güteverhandlung ohne gleichzeitige Ladung zu einer anschließenden mündlichen Verhandlung anberaumt worden ist. Denn bereits die Güteverhandlung verursacht Kosten. Sie unterliegt mit Ausnahme der Verfahren gem. § 278 Abs. 5 dem Anwaltszwang.89
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b) Anordnung des persönlichen Erscheinens (§ 278 Abs. 3). Für die Güteverhandlung gem. § 278 Abs. 2, aber auch für jeden Güteversuch nach § 278 Abs. 1 soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden (§ 278 Abs. 3 S. 1).90 Die Anordnung des persönlichen Erscheinens bietet den Vorteil, dass das Gericht die direkt Betroffenen befragen und so den Sachverhalt umfassend aufklären kann.91 Damit kann es sich eine solide Grundlage für einen Vergleichsvorschlag verschaffen.92 Von der Anordnung des persönlichen Erscheinens soll nur in „atypischen Fällen“ abgesehen werden.93 Durch die Bezugnahme von § 278 Abs. 3 S. 2 auf § 141 Abs. 1 S. 294 liegt ein solcher Fall vor, wenn der Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten ist.95 Auch der Beruf des Geladenen sowie die Fähigkeit und Eignung des Geladenen zur Sachaufklärung sind bei der Abwägung zu berücksichtigen.96 Bei großen Unternehmen mit einer Vielzahl von Prozessen sollte eine Ladung des Vorstands oder des Geschäftsführers in der Regel unterbleiben,97 da diese meist von den Sachverhalten keine persönliche Kenntnis haben. Auch das persönliche Erscheinen eines gewerblichen Vermieters dürfte häufig unverhältnismäßig aufwendig sein.98 Das Gericht muss das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen sorgfältig für jeden Einzelfall prüfen und darf nicht pauschal einfach zu jedem Gütetermin das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen.99 Insbesondere ist der Zeit- und Kostenaufwand der Parteien mit der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens ins Verhältnis zu setzen.100 Die Anordnung des persönlichen Erscheinens ist selbst nicht beschwerdefähig, sondern lediglich in Verbindung mit der Verhängung eines Ordnungsgeldes anfecht-
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1542 189 OLG Zweibrücken NJW-RR 2003, 1653, 1654. 1543 290 Zur Ermessensausübung vgl. Kahlert NJW 2003, 3390 ff. 91 1544 3 Nach Lange NJW 2002, 476, 480 dient die Parteianhörung nicht nur der Klärung und Konkretisierung des eigenen Sachvortrags, sondern darüber hinaus der Aufklärung des Sachverhalts. Das Recht des Richters zu Fragen an die Parteien ist seiner Meinung nach nur begrenzt durch den von den Parteien bestimmten Streitgegenstand; Greger JZ 2004, 805, 807 sieht durch die unmittelbare Kommunikation mit und zwischen den Beteiligten und dem Richter die größte Chance auf Beilegung des Konflikts bzw zumindest eine Konzentration des Rechtsstreits auf die wesentlichen Aspekte. Zur Zweckmäßigkeit der Teilnahme des Mandanten vgl. Prechtel S. 242 ff.; vgl. auch Bietz FS 10 Jahre Brandenburgisches OLG (2003), S. 341, 351. 92 1545 4 BT-Drucks. 14/4722 S. 62. 1546 593 Vgl. Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/6036 S. 121. Kritisch zur grundsätzlichen Anordnung des persönlichen Erscheinens Baum-
bach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 24; Zierl NJW 2002, 2695. 6 Daher sind an die Unzumutbarkeit eines Erscheinens in der Güteverhandlung die gleichen Anforderungen zu stellen wie in der mündlichen Verhandlung, nicht etwa geringere (so aber Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 25, der die Güteverhandlung als unwichtiger ansieht als die mündliche Verhandlung. Dies entspricht aber nicht dem Willen des Reformgesetzgebers). 95 1548 7 OLG Düsseldorf VersR 2005, 854, 855 (400 km Entfernung). 1549 896 OLG Düsseldorf VersR 2005, 854, 855. 1550 997 OLG Düsseldorf VersR 2005, 854, 855; Winte BRAK-Mitt. 2001, 246, 252 für Versicherungsgesellschaften auch bezüglich der Ladung der zuständigen Sachbearbeiter; aA OLG Karlsruhe VersR 2005, 1103, 1104 (Möglichkeit der Entsendung eines geeigneten Vertreters iSv § 141 Abs. 3 S. 2). 98 1551 10 Vgl. dazu Schlächter ZMR 2002, 401, 402. 99 1552 11 Vgl. Kauffmann MDR 2004, 1035, 1038. 100 1553 12 OLG Düsseldorf VersR 2005, 854, 855; Kauffmann MDR 2004, 1035, 1038. 94 1547
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bar.101 Kommt allerdings das Gericht seiner Verpflichtung zur Ladung der Parteien nach Abwägung der für und gegen eine Anordnung sprechenden Gründe nicht nach, begeht es einen Verfahrensverstoß, der zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung führen kann (§§ 538 Abs. 2 Nr. 1, 546), wenn die angegriffene Entscheidung darauf beruht, dass die Partei nicht geladen und nicht gehört worden ist.102 Die Partei ist von Amts wegen zu laden (§ 278 Abs. 3 S. 2 iVm § 141 Abs. 2 S. 1). Die Ladung ist ihr selbst formlos mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Eine förmliche Zustellung ist nicht erforderlich (§ 278 Abs. 3 S. 2 iVm § 141 Abs. 2 S. 2). Die Mitteilung des Zwecks der Vorladung ist zwar nicht erforderlich,103 aber sinnvoll. Die Parteien sind zum persönlichen Erscheinen verpflichtet, ihnen droht bei Nichterscheinen die Festsetzung von Ordnungsgeld gem. § 278 Abs. 3 S. 2 iVm §§ 141 Abs. 3 S. 1, 380 f., nicht aber Ordnungshaft, auch nicht für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann.104 Dies gilt aber nur, wenn die Ladung und die Anordnung des persönlichen Erscheinens ordnungsgemäß sind,105 die Partei sich auf den Rechtsstreit eingelassen hat,106 die Partei mit der Ladung auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen worden ist (§ 278 Abs. 3 S. 2 iVm § 141 Abs. 3 S. 3),107 die Partei gem. § 278 Abs. 3 S. 2 iVm § 141 Abs. 3 S. 2 zur Verhandlung keinen Vertreter entsendet hat und sie ein Verschulden trifft (§ 278 Abs. 3 S. 2 iVm § 381). Ob bei Nichterscheinen der Partei in der Güteverhandlung ein Ordnungsgeld zu verhängen ist, bedarf der Abwägung der Einzelumstände. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anordnung des Ordnungsgeldes keine Sanktion für die Missachtung der gerichtlichen Anordnung ist, sondern für die Beeinträchtigung des Fortgangs des Verfahrens und der gütlichen Einigung108 wegen des Ausbleibens der Partei.109 Führt das Nichterscheinen zu keiner Verhinderung oder Verzögerung der Einigung110 kommt allenfalls − falls das Nichterscheinen der Partei gleichzeitig ein Fall der Säumnis ist − der Erlass eines Versäumnisurteils in der mündlichen Verhandlung in Betracht. Für eine weitergehende Sanktion ist dann kein Raum.111 In die Abwägung mit einzubeziehen ist auch der Gesichtspunkt, dass eine Partei zu einem Vergleichsschluss und zur Einlassung im Gütetermin nicht gezwungen werden kann112. Hat die Partei bereits vorher zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Gütever-
1554 1101 OLG Hamm MDR 1997, 1061; OLG Stuttgart JZ 1978, 689; aA Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 41, der den Rechtsgedanken des § 387 anwenden will. 102 21555 Lange NJW 2002, 476, 480. 103 1556 3 OLG Brandenburg FamRZ 2004, 467; aA Foerste NJW 2001, 3103, 3104. 104 41557 OLGR Koblenz 2004, 384, 386; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339; Stein/Jonas/Leipold § 141 Rdn. 50; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 141 Rdn. 39. 105 51558 OLG Düsseldorf VersR 2005, 854; Stein/Jonas/ Leipold § 141 Rdn. 50; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann § 141 Rdn. 41; vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 1982, 1097 (Nichteinhaltung der Ladungsfrist bei § 613); LAG Hamm MDR 1982, 612 (keine ordnungsgemäße Unterzeichnung der Terminsbestimmung); LG Mönchengladbach NJW-RR 1997, 764 (Verstoß gegen § 141 Abs. 1 S. 2).
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106 61559 OLG Celle NJW 1970, 1689 mwN. 107 71560 OLG Düsseldorf VersR 2005, 854; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 467, 468; OLG Düsseldorf Verkehrsrecht aktuell 2004, 148. 108 1561 8 Vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 62 und 83 (Ermöglichung der einvernehmlichen Streitbeilegung). 109 91562 OLGR Koblenz 2004, 384, 385; OLG Hamm MDR 1997, 1061; OLGR Frankfurt 1995, 203; OLGR Hamm 1994, 154; aA OLG München MDR 1992, 513; OLG Stuttgart JZ 1978, 689, 690; OLG Düsseldorf MDR 1963, 602, 603; offengelassen von OLG Bremen MDR 1988, 417. 110 1563 10 Vgl. Stein/Jonas/Leipold § 141 Rdn. 53. 111 1564 11 Vgl. Beunings AnwBl 2004, 82, 87, die aber auf die Verzögerung der Sachaufklärung abstellt. 112 1565 12 KGR 2002, 375; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1649, 1650; OLG Hamburg MDR 1997, 596; aA OLG München MDR 1992, 513; OLG Bremen MDR 1988, 417.
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handlung will, dann darf dieser Wille auch nicht durch ein Ordnungsgeld gebeugt werden, wenn sie trotz Anordnung nicht erscheint.113 Die Verhängung von Ordnungsgeld ist entsprechend § 380 Abs. 3 mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Die Partei kann aber auch einen Vertreter entsenden, vorausgesetzt, dass dieser zur Aufklärung des Sachverhalts ebenso in der Lage und zu einem Vergleichsabschluss ermächtigt ist (§ 278 Abs. 3 S. 2 iVm § 141 Abs. 3 S. 2).114 Die Ermächtigung zum Abschluss eines Vergleichs nur unter Widerrufsvorbehalt dürfte hierfür genügen.115 Erscheinen beide Parteien nicht und entsenden ungeeignete Vertreter, ist die Güteverhandlung als gescheitert zu betrachten und in die Hauptverhandlung überzugehen (§ 279 Abs. 1 S. 1). § 278 Abs. 4 findet hier keine Anwendung. Eine Vertagung und Wiederholung des Gütetermins erscheint grundsätzlich nicht sinnvoll.116
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5. Ablauf der Güteverhandlung a) Erörterung des Sach- und Streitstands. § 278 Abs. 2 S. 2 gibt dem Gericht das Recht und legt ihm gleichzeitig die Pflicht auf, den Sach- und Streitstand unter freier Würdigung aller Umstände umfassend zu erörtern. Unter Sach- und Streitstand ist das unstreitige (Sachstand) und streitige Vorbringen (Streitstand) der Parteien zu verstehen.117 Das Gericht legt in dieser Einführung den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Streitstoff dar und weist nach Möglichkeit auf die für die nachfolgende Verhandlung wesentlichen Streitpunkte hin.118 So wissen die Parteien gleich, woran sie sind und wie das Gericht auf Grund der bisherigen Vorbereitung des Prozesses die Sache in tatsächlicher und rechtlicher Sicht beurteilt. Sie können ihre Chancen und Risiken besser abschätzen, was zur Förderung der Vergleichsbereitschaft beitragen kann.119 Eine derartige Mitteilung von Vorüberlegungen und Rechtsansichten sollte deren vorläufigen Charakter erkennen lassen, damit sie nicht den Anschein von Parteilichkeit erwecken.120 Die Güteverhandlung dient aber nicht nur dem Versuch einer gütlichen Streitbeilegung, sondern − wie es auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren (§ 54 ArbGG) anerkannt ist − der Vorbereitung des streitigen Verfahrens.121 So ist es möglich, im Rahmen der Erörterung den Streitstoff einzugrenzen und zu konkretisieren, indem die Parteien etwa ihre Anträge verbessern oder bestimmte Punkte unstreitig stellen. Auch können sich die Parteien mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 einverstanden erklären, was den Beteiligten die unter Umständen aufwändige mündliche Verhandlung erspart. 113 1566
1
Kauffmann MDR 2004, 1035, 1038 f.; Wieser MDR 2002, 10 f.; Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1115; aA Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 38, der es bei einer Weigerung der Partei ohne erkennbaren Grund, sich mit einer einvernehmlichen Lösung auseinanderzusetzen, für zulässig hält, diese mittels Ordnungsgeld zum persönlichen Erscheinen anzuhalten. 114 1567 2 OLG Karlsruhe VersR 2005, 1103, 1104. 115 1568 3 Vgl. hierzu Kauffmann MDR 2004, 1035, 1038; aA AG Königstein NJW-RR 2003, 136. 116 41569 Vgl. Foerste NJW 2001, 3103, 3104, der sich für eine Vertagung ausspricht, wenn sich die Anhörung der Partei als wichtig erweist; ebenso Prechtel S. 239; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 103 Rdn. 24.
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Bischof Der Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle (1980), Rdn. 96; aA Stein/Jonas/ Leipold21 § 279 Rdn. 6: Sachstand bezeichnet die materiellen Positionen der Parteien und Streitstand den bisherigen Prozessverlauf. 1571 6118 V. Moltke S. 61 ff.; einschränkend Greger FG Vollkommer, S. 3, 10 (eine vorherige vollständige rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist nicht erforderlich). 119 1572 7 Vgl. Bietz DRiZ 2003, 406, 412, der eine selbstkritische Offenheit des Gerichts als förderlich ansieht. 120 81573 Bietz FS 10 Jahre Brandenburgisches OLG (2003), S. 341, 354. 121 91574 Zöller/Greger Rdn. 9.
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Hinsichtlich des Umfangs der in der Güteverhandlung vorzunehmenden Erörterung kann allenfalls entsprechend auf § 139 zurückgegriffen werden, da diese Vorschrift nur für die mündliche Verhandlung (vgl. auch unten Rdn. 53) gilt. Das Gericht muss jedoch nicht gemäß § 139 Abs. 1 S. 2 auf die Abgabe rechtzeitiger und vollständiger Erklärungen hinwirken. Auch bestehen die Hinweispflichten nach § 139 Abs. 2 und 3 nicht. Eine grobe Einschätzung der Rechtslage sowie der Tatsachensituation genügt in einer Güteverhandlung. Die Anforderungen an eine Erörterung in der Güteverhandlung sind somit geringer als in einer mündlichen Verhandlung. Ist die Klage unzulässig bzw hat das Gericht Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, muss das Gericht die Parteien zunächst auf den Zulässigkeitsmangel hinweisen (zur Verweisung siehe Rdn. 62).122 Nur dann, wenn die Parteien ausnahmsweise den Hinweis übergehen und trotzdem die gütliche Einigung anstreben, ist die Güteverhandlung fortzuführen.123 b) Beweiserhebungen. „Unter freier Würdigung aller Umstände“ soll deutlich machen, dass das Gericht zu Beweiserhebungen im Rahmen der Güteverhandlung nicht verpflichtet ist.124 Daraus lässt sich im Umkehrschluss aber ein Recht zur Beweisaufnahme herleiten, soweit eine solche außerhalb der mündlichen Verhandlung zulässig ist (vgl. § 358a).125 Hierdurch gewonnene Beweisergebnisse sind auch in der anschließenden mündlichen Verhandlung verwertbar, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen in der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden.126 Unabhängig von dem Recht zur Beweisaufnahme kann das Gericht jedenfalls mit Einverständnis der Parteien vorbereitende Informationen gerade auch zu vorliegenden Beweismitteln einholen.127 Die Beachtung dieser Erfordernisse vorausgesetzt, können anwesende Zeugen informatorisch befragt werden. Auch das Einsehen von Urkunden oder die Inaugenscheinnahme von Gegenständen ist dann statthaft.128 Rein informell erlangte Erkenntnisse können allerdings im weiteren Verfahren nicht verwertet werden.129 Sie können aber Gegenstand einer späteren Beweiswürdigung werden. Eine Bindungswirkung zugestandener Tatsachen gem. §§ 288, 290 ist zu verneinen, da die Güteverhandlung noch keine mündliche Verhandlung darstellt (vgl. § 288 Rdn. 44). Dies muss erst recht für ein Geständnis vor einem kommissarischen Richter gelten, weil es sich hier nicht um ein Geständnis im Lauf des Rechtsstreits handelt.130 Die Parteien dürften daher in so manchem Fall gut beraten sein, einer „informatorischen Beweiserhebung“ im Rahmen der Güteverhandlung zu widersprechen.
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1
Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1104 f. (Zulässigkeitsvoraussetzungen gehören zum „Streitstand“ iSd § 278 Abs. 2 S. 2). 123 1576 2 Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1105; aA Musielak/Foerste Rdn. 10 (Verdacht der Unzulässigkeit schließt die weitergehende Güteverhandlung generell nicht aus). 124 31577 Siehe BT-Drucks. 14/4722 S. 83; vgl. auch Foerste NJW 2001, 3103, 3105. 125 41578 Kayser S. 108 entscheidet danach, ob die Beweiserhebung für die konsensuale Streitbeilegung günstig ist; einschränkend Foerste NJW 2001, 3103, 3105 (vor der streitigen Verhandlung und entsprechenden Anträgen weithin nicht berechtigt); eher kritisch Pukall/Kießling WM Sonderbeilage zu Heft 1/2002, 1, 16; aA MünchKomm/
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Prütting Rdn. 25; Zöller/Greger Rdn. 14; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 103 Rdn. 28; Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1108. 126 1579 5 Vgl. auch Kayser S. 75, der ein Beweisverwertungsverbot für wenig sinnvoll hält. 127 61580 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 22; kritisch Stürner DRiZ 1976, 202, 204; ders. JR 1979, 133, 137. 128 1581 7 Pukall/Kießling WM Sonderbeilage zu Heft 1/ 2002, 1, 16. 129 81582 Zöller/Greger Rdn. 14; vgl. auch Greger DStR 2005, 479, 480. 130 91583 Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1110 f. (teleologische Reduktion des § 288 Abs. 1); aA Zöller/Greger Rdn. 18; v. Moltke S. 79.
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c) Anhörung der Parteien. Die Parteianhörung im Rahmen der Güteverhandlung soll zunächst die Einigungschancen ausloten.131 Wenn dies erforderlich ist, hat das Gericht auch Fragen zu stellen.132 Hierbei hat das Gericht jedoch die Verhandlungsmaxime und die Grenzen zur Amtsermittlung zu beachten.133 Dabei hat das Gericht die anwesenden134 Parteien neben ihren anwaltlichen Vertretern in die Erörterungen mit einzubeziehen und diese persönlich zu hören (§ 278 Abs. 2 S. 3). Das Gericht zeigt mit der persönlichen Anhörung den Parteien, dass es sie ernst nimmt und kann so auch am besten die Vergleichsbereitschaft der Parteien abwägen oder gar hervorrufen. Die Anhörung bietet zugleich Gelegenheit, Unklarheiten aufzuklären und ungenügenden schriftsätzlichen Vortrag hinreichend zu substantiieren.135 Die Möglichkeit zur persönlichen Äußerung kann auch den Einigungswillen der Partei befördern.136 Allerdings darf die Erörterung nicht genutzt werden, ohne konkreten Anlass anwaltlichen Vortrag etwa durch Überprüfung herabzusetzen137, da im Zivilprozess der Beibringungsgrundsatz gilt.138 Das Gericht hat außerdem die Grenzen richterlicher Aufklärungsbefugnis zu beachten.139 So darf das Gericht den Beklagten in der Güteverhandlung nicht etwa auf die Einrede der Verjährung hinweisen.140
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d) Entsprechende Anwendung der Verfahrensvorschriften (§§ 128 ff.). Die Güteverhandlung ist nicht Teil der mündlichen Verhandlung. Inwieweit sie dennoch in entsprechender Anwendung den Verfahrensvorschriften über die mündliche Verhandlung (§§ 128 ff.) unterliegt, hängt von der Form sowie dem Sinn und Zweck der Güteverhandlung ab. So gilt das Mündlichkeitsprinzip gem. § 128 Abs. 1. Auch im Rahmen der Güteverhandlung besteht die Möglichkeit der Bild- und Tonübertragung nach § 128a. Die Prozessleitung wird auch in der Güteverhandlung vom Vorsitzenden übernommen (§ 136),141 die Güteverhandlung findet aber vor dem erkennenden Gericht statt. Da das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden soll, muss der erschienenen Partei auch in Anwaltsprozessen das Recht zum eigenen Wort gewährt werden (§ 137 Abs. 4). Die Partei unterliegt der Wahrheitspflicht gem. § 138 Abs. 1. Die Beanstandung von Prozessleitung oder Fragen gem. § 140 kommt auch in der Güteverhandlung in Betracht. Ungeeignete Vertreter und Prozessagenten iSv § 157 sind in der Güteverhandlung ebenfalls ausgeschlossen. Da gem. § 160 Abs. 3 Nr. 10 das Ergebnis der Güteverhandlung im Protokoll festzustellen ist,142 finden die Vorschriften der §§ 159 ff. entsprechende Anwendung. Die Termins- und Ladungsvorschriften sind nur dann anzuwenden, wenn ausnahmsweise eine gesonderte Ladung
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1 Bietz DRiZ 2003, 406, 411. 132 21585 Vgl. zur Parteianhörung Lange NJW 2002, 476, 477 ff. 133 31586 Kauffmann MDR 2004, 1035, 1038 f.; Lange NJW 2002, 476, 478 f.; Foerste NJW 2001, 3103, 3105. 134 41587 Die Anwesenheit sollte wegen § 278 Abs. 3 der Regelfall sein. 135 51588 Zur Bedeutung des persönlichen Erscheinens der Parteien vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1342. 136 1589 6 Bietz DRiZ 2003, 406, 411. 137 1590 7 Musielak/Foerste Rdn. 11. 138 81591 Aus der Formulierung in der amtlichen Begründung „Dies gibt dem Gericht die Gelegenheit, den Sachverhalt durch Befragungen der Parteien umfassend aufzuklären“ (BT-Drucks. 14/4722
S. 62) kann man nicht herleiten, dass der Reformgesetzgeber für die Güteverhandlung den Amtsermittlungsgrundsatz einführen wollte (so aber Foerste NJW 2001, 3103, 3105 und Musielak/ Foerste § 278 Rdn. 11). 1592 9139 Vgl. Rensen AnwBl 2002, 633, 638. 140 1593 10 Stürner DRiZ 1976, 202, 205. 141 1594 11 BT-Drucks 14/4722 S. 77, wonach durch die Streichung des Wortes „mündlich“ in § 136 Abs. 1 klargestellt werden sollte, dass der Vorsitzende auch die Güteverhandlung leitet. 142 1595 12 Dies dürfte bei Erfolg der Güteverhandlung überflüssig sein, da Anerkenntnis, Verzicht, Vergleich und Klagerücknahme bereits gem. § 160 Abs. 3. Nr. 1 und 8 zu protokollieren sind, Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 289 Rdn. 27.
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zur Güteverhandlung ergeht. § 139 ist nur eingeschränkt anwendbar143 (vgl. oben Rdn. 48). Keine Anwendung finden § 39 (Verlust der Zuständigkeitsrüge) und §§ 282, 283, 296 (Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln). Auch Prozesshandlungen der Parteien in der Güteverhandlung – sieht man einmal von der Verzichtserklärung ab (vgl. unten Rdn. 60) – sind nur dann wirksam, wenn sie keiner mündlichen Verhandlung bedürfen. Sachanträge (§ 137) können daher grundsätzlich nicht gestellt, Geständnisse gegenüber dem erkennenden Gericht (§ 288) nicht abgegeben werden.144 Die Güteverhandlung ist grundsätzlich öffentlich, aus dem Wortlaut des § 169 S. 1 „Verhandlung ... vor dem erkennenden Gericht“ lässt sich auf Grund des hohen Stellenwerts des Öffentlichkeitsgrundsatzes − Verankerung in Art. 6 Abs. 1 EMRK – nichts anderes herleiten.145 Allerdings schafft der Ausschluss der Öffentlichkeit eine ungezwungenere Atmosphäre, in der die Bereitschaft so mancher Partei, sich im Rahmen einer gütlichen Einigung umfassend auch mit eventuellen Unzulänglichkeiten der eigenen Position auseinanderzusetzen und Zugeständnisse zu machen, deutlich steigen dürfte. Der Ausschlusstatbestand des § 171b GVG ist jedoch zu eng, um in solchen Fällen für eine befriedigende Lösung zu sorgen. Für die arbeitsgerichtliche Güteverhandlung ermöglicht es § 52 S. 3 ArbGG dem Gericht, die Öffentlichkeit aus Zweckmäßigkeitsgründen auszuschließen. Auf Grund der identischen Interessenlage ist diese Vorschrift im allgemeinen Zivilprozess entsprechend anzuwenden.146 Im Bedarfsfall ist ein Dolmetscher hinzuzuziehen (§ 185 GVG). In der Güteverhandlung herrscht Anwaltszwang (§ 78).147 Die Güteverhandlung ist Teil der rechtsprechenden Tätigkeit des Gerichts,148 so dass für Amtshaftungsansprüche das Spruchrichterprivileg des § 839 Abs. 2 BGB gilt.149 e) Beendigung der Güteverhandlung. Die Güteverhandlung wird im Idealfall durch einen Vergleich – auch einen Widerrufsvergleich150 – beendet. In der Güteverhandlung kann ein Anerkenntnisurteil gem. § 307 ergehen, das nach dem 1. Justizmodernisierungsgesetz151 keine mündliche Verhandlung mehr voraussetzt.
1596 1143 Vgl. dazu Kayser S. 110, nach dessen Ansicht die Aktivität des Gerichts auch einmal die Intensität des § 139 erreichen kann. 144 1597 2 Kayser S. 109; Prechtel S. 238. 145 1598 3 Zöller/Greger Rdn. 12; vgl. auch Kayser S. 106 f. 146 41599 Kayser S. 107. 147 51600 OLG Zweibrücken NJW-RR 2003, 1653, 1654. 148 61601 Bahlmann S. 181. 149 71602 So auch Zöller/Greger Rdn. 11. 150 81603 Beunings AnwBl 2004, 82, 87; aA ohne Begründung Hinz SchlHA 2003, 53, 55. In einem Gesetzesantrag des Landes Hessen vom 10.12.2002 zur Änderung des Zivilprozessreformgesetzes (BRDrucks. 911/02) wird die Abschaffung der obligatorischen Güteverhandlung zu Unrecht (vgl. nur Sachverhalt bei BGH NJW 2005, 2004) unter anderem damit begründet, dass der Widerrufsvergleich streitige Anträge voraussetze mit der
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Folge, dass die Gerichte, wenn die Parteien einen Widerrufsvergleich schließen wollen, die Güteverhandlung für gescheitert erklären und in das streitige Verfahren überleiten müssten, um dort die streitigen Anträge zu stellen und anschließend den Widerrufsvergleich zu schließen (BRDrucks. 911/02, Anlage S. 5). Aus diesem Grund schlägt Kayser S. 109 vor, dass die Eventualanträge gem. § 137 bereits in der Güteverhandlung gestellt werden können. Dagegen bestehen Bedenken, insbesondere wegen der Praxis, für den Fall des Widerrufs sofort streitige Eventualanträge zu stellen und gleichzeitig einen Verkündungstermin anzuberaumen, denn darin liegt ein Verstoß gegen das Mündlichkeitsprinzip. 151 1604 9 BGBl I 2004 S. 2198, 2199; dazu BT-Drucks. 15/ 1508 S. 41.
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Im Umkehrschluss müsste man annehmen, dass ein Verzichtsurteil gem. § 306 nicht ergehen kann, weil dieses einen Verzicht des Klägers in der mündlichen Verhandlung erfordert. Da es allerdings sehr formalistisch wäre, bei einem Verzicht des Klägers, der auch zur unstreitigen Beendigung des Verfahrens zählt (Rdn. 13), extra in die mündliche Verhandlung eintreten zu müssen, muss der Erlass eines Verzichtsurteils in der Güteverhandlung zugelassen werden.152 Möglich ist auch eine Beendigung durch Klagerücknahme ohne Einwilligung des Beklagten (§ 269 Abs. 1 und 2) oder durch übereinstimmende Erledigungserklärungen (§ 91a). Das Gericht kann auch Beschlüsse, die gem. § 128 Abs. 4 ohne mündliche Verhandlung ergehen können, erlassen, so etwa Verweisungsbeschlüsse nach § 17a GVG oder § 281.153 Keine Beendigung der Güteverhandlung tritt ein, wenn eine oder beide Parteien trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 278 Abs. 3 nicht erscheinen. Allein das Fernbleiben einer oder beider Parteien trotz der Anordnung persönlichen Erscheinens nach § 278 Abs. 3 macht eine Güteverhandlung nicht erfolglos, da dies nicht unbedingt Ausdruck von Unversöhnlichkeit sein muss, sondern durchaus auch andere Gründe haben kann.154 In einem solchen Falle bleibt eine Güteverhandlung − geführt von den Prozessbevollmächtigten der Parteien und im Gegensatz zur Säumnis − grundsätzlich möglich, schließlich sollen die erschienenen Parteien nach § 278 Abs. 2 S. 3 nur angehört werden.155 Ist hingegen die persönliche Anwesenheit der Parteien zwingend erforderlich, um zu einer gütlichen Einigung zu kommen, ist die Güteverhandlung in der Regel als gescheitert zu betrachten und in die Hauptverhandlung überzugehen (§ 279 Abs. 1 S. 1). Nur ausnahmsweise kommt eine Vertagung in Betracht.156 Wiederholtes Nichterscheinen lässt eine Güteverhandlung in jedem Fall aussichtslos erscheinen.157 Ist eine Partei nicht ordnungsgemäß geladen (§ 335 Abs. 1 Nr. 2) oder ohne Verschulden am Termin verhindert (§ 337), ist die Güteverhandlung zu vertagen. Dasselbe gilt, wenn die Voraussetzungen des § 227 vorliegen.158 Ansonsten erscheint eine Wiederholung oder Nachholung einer Güteverhandlung iSd § 278 Abs. 2 nicht erforderlich,159 da dieser den Zeitpunkt der Güteverhandlung vor der streitigen Verhandlung festgelegt hat. Hat eine Güteverhandlung nicht stattgefunden oder ergibt sich im Lauf des Prozesses eine Chance für eine gütliche Einigung, dann ist diese gem. § 278 Abs. 1 zu versuchen. Ist die mündliche Verhandlung bereits geschlossen, besteht die Möglichkeit der Wiedereröffnung gem. § 156 oder eventuell eines Vergleichsabschlusses gem. § 278 Abs. 6. 152 1605
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So auch Beunings AnwBl 2004, 82, 87; Wieser MDR 2002, 10, 11; Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1106 f.; aA Zöller/Greger Rdn. 15; Musielak/Foerste Rdn. 12; für das Arbeitsgerichtsverfahren Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/Germelmann ArbGG6 (2008) § 54 Rdn. 40; Grunsky ArbGG7 (1995) § 54 Rdn. 15 f.; dagegen van Venrooy ZfA 1984, 337, 375. 153 21606 Zöller/Greger Rdn. 14; Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1105. 154 31607 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 103 Rdn. 24; Foerste NJW 2001, 3103, 3104; Prechtel S. 239; aA MünchKomm/Prütting Rdn. 16.
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Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 103 Rdn. 24; Foerste NJW 2001, 3103, 3104. 5 AA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 103 Rdn. 24; Foerste NJW 2001, 3103, 3104: immer Vertagung. 157 61610 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 103 Rdn. 24; Prechtel S. 239. 158 71611 Wie hier Zöller/Greger Rdn. 19; Grunsky ArbGG7 (1995) § 54 Rdn. 1; aA Germelmann/ Matthes/Prütting/Müller-Glöge/Germelmann ArbGG6 (2008) § 54 Rdn. 33. 159 81612 AA Beunings AnwBl 2004, 82, 86; Foerste NJW 2001, 3103, 3104 (aus BT-Drucks. 14/6036 S. 121 ergibt sich dies entgegen dem Hinweis von Foerste Fn. 3 nicht). 156 1609
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Scheitert die Güteverhandlung ganz oder zum Teil, so schließt sich − eine entsprechende Ladung vorausgesetzt – nahtlos die mündliche Verhandlung (früher erster Termin oder Haupttermin) an. Hat die Güteverhandlung vor einem beauftragten oder ersuchten Richter stattgefunden, so leitet er zu diesem Zweck die Akten an das erkennende Gericht zurück. 6. Säumnis beider Parteien (§ 278 Abs. 4)
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Bei Säumnis beider Parteien in der Güteverhandlung ist gem. § 278 Abs. 4 das Ruhen des Verfahrens anzuordnen (§ 251). Bezüglich der Säumnis gelten die allgemeinen Regeln entsprechend. Das bedeutet, dass eine Partei nicht säumig ist, wenn sie von ihrem Prozessbevollmächtigten vertreten wird (§ 85). Nichtverhandeln steht dem Nichterscheinen gleich (§ 333).160 Im Anwaltsprozess ist das Erscheinen eines postulationsfähigen Anwalts maßgebend (§ 78). Erscheint ein notwendiger Streitgenosse (§ 62) oder ein Nebenintervenient (§ 67), dann wird die Säumnis einer Partei abgewendet. Voraussetzung einer Ruhensentscheidung ist die ordnungsgemäße Ladung der Parteien gerade auch zur Güteverhandlung. Ist eine Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen gehindert, ist die Güteverhandlung entsprechend § 337 zu vertagen.161 Die Säumnis der Parteien ist zu unterscheiden von der Nichtbefolgung der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Partei gem. § 278 Abs. 3.162 Der Beschluss ist den Parteien durch förmliche Zustellung mitzuteilen, da er die Frist zur sofortigen Beschwerde gem. § 252 in Lauf setzt (§ 329 Abs. 2 S. 2). Auf Antrag einer Partei zur Terminsbestimmung wird das Verfahren wieder aufgenommen.163 Der mündlichen Verhandlung muss grundsätzlich wieder eine Güteverhandlung vorausgehen, da ein Nichterscheinen der Prozessbevollmächtigten vor Gericht keine Rückschlüsse auf die Einigungsbereitschaft der Parteien zulässt und selbst das Nichterscheinen der Parteien trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 278 Abs. 3 andere Gründe haben kann als Unversöhnlichkeit (vgl. dazu Rdn. 63).164 Außerdem hätten es die Parteien sonst in der Hand, § 278 Abs. 2 gezielt zu unterlaufen.165 7. Säumnis einer Partei
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Bei Säumnis nur einer Partei soll sich, unabhängig vom Verschulden,166 die streitige mündliche Verhandlung unmittelbar anschließen (§ 279 Abs. 1 S. 1). Ein Versäumnisurteil kann in der Güteverhandlung nicht ergehen, da diese noch keine mündliche Verhandlung darstellt. Der Erlass eines Versäumnisurteils ist deshalb erst in der anschließenden mündlichen Verhandlung zulässig.167 Dies ist allerdings nur möglich, wenn die Parteien nicht nur zur Güte-, sondern auch zur mündlichen Verhandlung geladen wurden, was aber in aller Regel der Fall sein wird (siehe oben Rdn. 36). Trotz 1613 1160 V. Moltke S. 72; Wieser MDR 2002, 10; aA Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1112 f. 161 21614 Zöller/Greger Rdn. 19; Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1113; aA Baumbach/Lauterbach/ Hartmann Rdn. 31. 162 1615 3 BT-Drucks. 14/4722 S. 83; Hannich/MeyerSeitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 43; Kayser S. 112; Hinz SchlHA 2003, 53, 55. 163 41616 Der Antrag kann bereits vorsorglich vor Anordnung des Ruhens des Verfahrens gestellt werden, Wieser MDR 2002, 10. Wegen dieser Möglichkeit
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erscheint eine sofortige Beschwerde gegen die Anordnung des Ruhens überflüssig, auch dürfte das Rechtsschutzinteresse fehlen, so Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 33, 34. 164 1617 5 Kayser S. 111; Prechtel S. 239 f.; Beunings AnwBl 2004, 82, 87; Foerste NJW 2001, 3103, 3104 165 61618 Zöller/Greger Rdn. 21. 166 71619 Foerste NJW 2001, 3103, 3104; aA Hartmann NJW 2001, 2577, 2582. 167 81620 V. Moltke S. 71; Beunings AnwBl 2004, 82, 87; Foerste NJW 2001, 3103, 3104.
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§ 341a sollte im Einspruchstermin die Güteverhandlung nachgeholt werden (oben Rdn. 18),168 da die Säumnis eine Verständigung der Parteien nicht aussichtslos erscheinen lässt und ein Gleichklang mit der Situation der beiderseitigen Säumnis geboten ist. 8. Güteverhandlung vor dem beauftragten oder ersuchten Richter (§ 278 Abs. 5 S. 1) Das Gericht, nicht der Vorsitzende, kann einen Richter beauftragen oder ersuchen, eine Güteverhandlung durchzuführen. Dies gilt auch für weitere Güteversuche, da § 278 Abs. 5 S. 1 keine Einschränkung gegenüber dem alten § 279 Abs. 1 S. 2 darstellen sollte.169 Erforderlich ist hierfür eine Verweisung der Sache durch Beschluss, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann (§ 128 Abs. 4), an den beauftragten (vgl. § 361 Abs. 1) oder ersuchten (vgl. § 362) Richter zur Vornahme einer Güteverhandlung. Dieser hat dem Ersuchen grundsätzlich nachzukommen, § 158 GVG. Er hat die Parteien dann zur Güteverhandlung von Amts wegen zu laden. Die Verweisung an einen ersuchten Richter bietet sich vor allem an, wenn eine Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei wegen der großen Entfernung nicht zuzumuten ist, die Anwesenheit der Partei in der Güteverhandlung aber erforderlich erscheint. Sie ist auch dann geeignet, wenn die Güteverhandlung voraussichtlich einen größeren zeitlichen sowie organisatorischen Aufwand hat.170 Die Güteverhandlung und auch ein eventueller Vergleichsschluss können von den Parteien selbst durchgeführt werden, da vor dem ersuchten oder beauftragten Richter kein Anwaltszwang besteht (§ 78 Abs. 5).171 Dies gilt nicht vor dem Einzelrichter (§§ 348 f., 526 f.);172 dieser kann auch nicht die Sache an sich selbst als beauftragten Richter verweisen, um den Anwaltszwang zu vermeiden.173 Ein in der mündlichen Verhandlung ohne Anwalt abgeschlossener Vergleich vor dem Einzelrichter ist demnach kein wirksamer Prozessvergleich und damit kein Vollstreckungstitel gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1. Wollen Dritte einem Vergleich beitreten, so benötigen sie hierfür keinen Anwalt, da sie keine Partei iSv § 78 Abs. 1 sind.174 Da der kommissarische Richter nicht das erkennende Gericht darstellt, findet § 169 GVG keine Anwendung. 1621 1168 So auch Musielak/Foerste Rdn. 9; aA Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 9; Germelmann/ Matthes/Prütting/Müller-Glöge/Germelmann ArbGG6 (2008) § 54 Rdn. 54. 169 1622 2 Kayser S. 78 f. geht von einem Redaktionsversehen aus unter Hinweis auf die Begründung in BT-Drucks. 14/4722 S. 83, wonach § 278 Abs. 4 S. 1 (jetzt Abs. 5) dem § 279 Abs. 1 S. 2 a.F. entspreche. § 279 Abs. 1 S. 2 sah die Verweisung „für einen Güteversuch“ vor. 170 31623 Greger FG Vollkommer (2006), S. 3, 10. 171 41624 BayObLG NJW 1965, 1276, 1277; OLG Düsseldorf NJW 1975, 2298, 2299 f.; Fischer/Schmidtbleicher AnwBl 2005, 233; aA wohl OLG Celle Rpfleger 1974, 319 (anders aber für Ehescheidungssachen bei Vergleich über Scheidungsfolgen: generell kein Anwaltszwang); H. Schneider NJW 1971, 1043, 1044. 172 51625 Alle Entscheidungen zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1986, 458; OLG Celle OLGZ 1975,
353 f.; OLG Hamm NJW 1975, 1709, 1710; OLG Hamm NJW 1972, 1998 f.; OLG Bremen NJW 1969, 393 mit abl. Anm. Schneider; vgl. auch OLG Köln NJW 1972, 2317 f. (alle Entscheidungen zum Abschluss von Prozessvergleichen in Scheidungssachen bei Vergleich über Scheidungsfolgesachen, bei denen von der Gegenmeinung – OLG Köln MDR 1973, 413; OLG Koblenz NJW 1971, 1043, 1044 f. mit abl. Anm. H. Schneider; OLG Celle MDR 1967, 407 f.; OLG Neustadt NJW 1964, 1329 f. – der Anwaltszwang meist generell, also auch vor der Kammer abgelehnt wird). 173 1626 6 OLG Frankfurt FamRZ 1987, 737 f. (noch zur alten Rechtslage); aA OLG Hamburg MDR 1950, 292, 293 (mit abl. Anm. Bötticher MDR 1950, 294 f., der den Anwaltszwang für Prozessvergleiche generell ablehnt); auch Kayser S. 80 neigt der Gegenansicht zu. 174 71627 BGH NJW 1983, 1433 f.
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Das Verfahren bei Nichterscheinen der Parteien oder Scheitern der Güteverhandlung entspricht dem oben beschriebenen (Rdn. 65 ff.). Allerdings muss hier der Vorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen, da eine solche Terminsbestimmung in diesen Fällen nicht zeitgleich mit derjenigen des Gütetermins erfolgt. Zurzeit laufen einige Pilotprojekte zur gerichtsnahen Mediation175 in der Zivilund Verwaltungsgerichtsbarkeit mehrerer Länder wie z.B. in Niedersachsen176, Hessen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern,177 Schleswig-Holstein178 und Bayern179.180 Hierbei wird den Parteien als Streitschlichtungsmodell die einvernehmliche Lösung des Konflikts unter Mitwirkung eines neutralen, vermittelnden Richters, der zum Mediator ausgebildet wurde, angeboten.181 Verfahrensrechtlich handelt es sich um eine analoge Anwendung des § 278 Abs. 5 S. 1, so dass die Verhandlung vor dem Richtermediator als eine Güteverhandlung vor einem ersuchten Richter anzusehen ist.182 Deshalb handelt es sich um Rechtsprechungs- und nicht um Verwaltungstätigkeit.183 Für die Parteien ist hierbei von Vorteil, dass der ersuchte Richter zur Protokollierung des Vergleichs iSv § 794 Abs. 1 Nr. 1 berechtigt ist.184 Ein Richter am Amtsgericht kann von jedem anderen Gericht nach §§ 157 f. GVG als Mediator185 beansprucht werden. Auf Richter desselben Landgerichts sind die §§ 157 f. GVG analog anzuwenden.186 Ein beauftragter Richter kann hingegen nicht als Richtermediator eingesetzt werden, da er dem Spruchkörper angehört und somit nicht neutral ist.187
V. Vorschlagsrecht zur außergerichtlichen Streitschlichtung (§ 278 Abs. 5 S. 2)
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§ 278 Abs. 5 S. 2 gibt dem Gericht in geeigneten Fällen ein Vorschlagsrecht für eine außergerichtliche Streitschlichtung.188 Die Möglichkeit, eine Verhandlung auf Antrag 1628 1175 Vgl. dazu Volkmann S. 9 ff.; Ponschab Anwalt Intern 2004, 16; Koch NJ 2005, 97 ff.; Prütting ZKM 2006, 100, 102 f. 176 1629 2 Volkmann S. 16 ff.; Götz v. Olenhusen DRiZ 2003, 396 f. 177 31630 NJW-Aktuell 5/2004 S. XIV; Hückstädt NJ 2005, 289 ff. mit einem Erfahrungsbericht vom LG Rostock. 178 41631 Probst SchlHA 2005, 317 ff. 179 51632 Greger ZKM 2006, 68 ff.; Greger ZRP 2006, 229 f.; Huther ZKM 2004, 247 ff. 180 61633 Siehe auch die Übersicht zu den laufenden Projekten in den einzelnen Bundesländern: www.bmj.bund.de/enid/p4.html. 181 71634 Vgl. zu diesem sog. Integrationsmodell, das die Mediation als Bestandteil des gerichtlichen Verfahrens versteht, Greger ZKM 2003, 240, 244 f.; zu den wettbewerbsrechtlichen Grenzen der Richtermediation gem. § 1 UWG Spalckhaver IDR 2004, 80 ff. (Erhebung angemessener Gebühren nach Ablauf der Erprobungsphase erforderlich). 182 81635 Hückstädt NJ 2005, 289, 292; Koch NJ 2005, 97, 99; Löer ZKM 2005, 182, 185; Götz v. Olenhusen ZKM 2004, 104, 105; Greger ZKM 2006, 68; aA Volkmann S. 17, 27 (analog § 278 Abs. 5 S. 2, da-
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her auch keine Rechtsprechungstätigkeit des Richtermediators); Bahlmann S. 198; Spalckhaver IDR 2004, 80, 81; wohl auch Prütting ZKM 2006, 100, 101. 183 91636 Löer ZKM 2005, 182, 185 f.; aA Prütting ZKM 2006, 100, 101. 184 1637 10 Löer ZZP 119 (2006), 199, 204. 185 1638 11 Um die für die Mediation notwendigen Fähigkeiten zu vermitteln, umfasst das Studium der Rechtswissenschaften seit 2003 nach § 5a Abs. 3 DRiG auch Schlüsselqualifikationen wie Streitschlichtung und Verhandlungsmanagement. 186 1639 12 Zöller/Greger Rdn. 5; Koch NJ 2005, 97, 99. 187 1640 13 Zöller/Greger Rdn. 5; Götz v. Olenhusen DRiZ 2003, 396; Koch NJ 2005, 97, 99. 188 1641 14 Die Richter machen von dieser Gelegenheit nur wenig Gebrauch, wohl auch mangels genauerer Kenntnis über die Methoden, Durchführung und Kosten der außergerichtlichen Streitschlichtung, vgl. Angerer Anwalt Intern 2004, 17; Prütting ZKM 2006, 100, 102 spricht von 1 % der Gerichtsverfahren 1. Instanz; Greger JZ 2004, 805, 807 weist zudem auf die verbreitete Skepsis vieler Zivilrichter hin, die es aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen, einen Rechtsstreit an eine andere Stelle abzugeben.
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zu vertagen, um eine Einigungsstelle der Industrie- und Handelskammern zur Herbeiführung eines gütlichen Ausgleichs anzurufen, besteht auch gem. § 15 Abs. 10 UWG. 1. Zeitpunkt Das Gericht schlägt den Parteien in geeigneten Fällen die Möglichkeit zu einer außergerichtlichen Streitschlichtung während eines laufenden Verfahrens vor. Zwar erweckt § 278 Abs. 5 S. 2 im Zusammenhang mit S. 1 den Anschein, dass anstelle einer Güteverhandlung vor dem erkennenden Gericht eine Güteverhandlung vor dem beauftragten oder ersuchten Richter oder vor einer außergerichtlichen Schiedsstelle in Betracht kommt. Soll der Anwendungsbereich des § 278 Abs. 5 S. 2 aber nicht zu sehr eingeengt werden, muss das Vorschlagsrecht zur außergerichtlichen Streitschlichtung auch während des Verfahrens und nach einer bereits durchgeführten Güteverhandlung bestehen, zumal das Gericht verpflichtet ist, den Parteien jeden gangbaren Weg zur Einigung aufzuzeigen. Sinnvoll ist das Vorschlagsrecht zu diesem Zeitpunkt vor allem dann noch, wenn die rechtlichen Probleme von tiefgreifenden zwischenmenschlichen Konflikten überlagert werden, die ein Gericht kaum je wird lösen können.189 Die von der Gegenauffassung vorgenommene Restriktion190 folgt weder aus der Systematik des Gesetzes noch ergibt sie sich aus der Gesetzesbegründung.
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2. Eignung des Falls Ob ein konkreter Fall für ein solches Verfahren geeignet ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen müssen die Parteien einigungsfähig und einigungsbereit sein und zum anderen muss der Streitpunkt verhandelbar sein.191 Insbesondere muss das Gericht abwägen, ob die außergerichtliche im Vergleich zu einer gerichtlichen Streitbeilegung für die Parteien tatsächlich vorteilhafter, also auch wirklich zu einer dauerhafteren und gegebenenfalls auch umfassenderen Konfliktlösung geeignet ist.
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a) Vorzüge des gerichtlichen Verfahrens. Ein gerichtliches Verfahren hat gegenüber der außergerichtlichen Streitbeilegung durchaus Vorzüge.192 So wird der Konflikt seines persönlichen Teils entkleidet und damit verrechtlicht. Dies trägt zu einer von vielen Parteien als wohltuend empfundenen Entemotionalisierung bei.193 Die Einbeziehung auch des sozialen Umfelds in den Konflikt kann statt zu einer umfassenden Konfliktlösung zu einer Verschärfung des Streits führen.194 Das gerichtliche Verfahren als solches hat einen maßgebenden Anteil, die Entscheidung unabhängig von ihrem Inhalt zu legitimieren.195 Gerade bei unterschiedlichen Kräfteverhältnissen verhindert das gerichtliche Verfahren ein Diktat des Stärkeren, wodurch die subjektiven Rechts-
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Dies verhindert schon die Bindung an den Streitgegenstand und die fehlende psychologische Erfahrung der Richter; vgl. auch Zöller/Greger Rdn. 3a. 190 21643 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 37 – geeignet iSv § 278 Abs. 5 S. 2 sei nur eine Lage, in der eine Einigung wahrscheinlicher erscheint als „ein erstes Gespräch vor dem Richter“; MünchKomm/Prütting § 278 Rdn. 27 f. – „anstelle der obligatorischen Güteverhandlung ... sieht Abs. 5 Ersatzlösungen vor“. 191 31644 Bahlmann S. 197; Monßen AnwBl 2004, 7 f.; Schneeweiß DRiZ 2002, 107, 109 ff.
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4 Vgl. dazu Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 79 ff. 1646 5193 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 79 f.; Schöpflin JA 2000, 157, 164. 194 61647 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 79 f. weist völlig zu Recht darauf hin, dass auch im außergerichtlichen Verfahren tiefergreifende persönliche Konfliktursachen in der Regel nur benannt, nicht aber therapiert werden können. Ein therapeutischer Ansatz erfordert aber viel Zeit und vor allem auch psychologisch geschultes − also nichtjuristisches − Personal. 195 71648 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 80 ff.
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positionen des Schwächeren geschützt werden.196 Bei außergerichtlichen Verfahren hingegen ist die Wahrung wichtiger Verfahrensgarantien häufig defizitär, insbesondere hinsichtlich des rechtlichen Gehörs und der Wahrung der Neutralität des Schlichters.197 Viele Parteien entscheiden sich gerade deshalb für den Rechtsweg, weil sie sich in einem gerichtlichen Verfahren mit mehr Würde behandelt und ihr Anliegen mit größerem Ernst und größerer Sorgfalt betrieben sehen.198 In einem gerichtlichen Verfahren kann zudem stets ein Vollstreckungstitel erlangt werden, was bei einer außergerichtlichen Einigung nicht immer der Fall ist.199
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b) Formen und Vorzüge der außergerichtlichen Streitschlichtung. Mittlerweile gibt es eine breite Auswahl an Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung, von der Verhandlung zwischen den Parteien über die Mediation zu den Schlichtungs- und Schiedsstellen.200 Der Gesetzgeber hatte dabei insbesondere an die Mediation als geeignete außergerichtliche Streitschlichtung gedacht.201 Eine besondere Stärke der Mediation ist darin zu sehen, dass der von den Parteien angerufene neutrale Dritte, der sogenannte Mediator, als Vermittler keine eigene Entscheidungsbefugnis hat, sondern vielmehr die Parteien dazu aufgerufen sind, sich selbständig eine Lösung ihres Konflikts zu erarbeiten.202 Kurz gesagt: „Mediation ist ... nichts anderes als eine Verhandlung, die durch einen Dritten unterstützt wird“.203 Dabei steht nicht wie in einem Gerichtsverfahren die Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern die Gestaltung der Zukunft der Beteiligten im Mittelpunkt.204 Die Mediation, die zwar nach einem strukturierten Verfahren abläuft,205 ist aber nicht auf den engen Bereich des Juristischen beschränkt und kann deshalb ideenreichere Lösungen anbieten, ohne gänzlich auf die auf der Formenstrenge des gerichtlichen Verfahrens beruhende Rechtssicherheit, von der gerade die schwächere Partei profitiert, verzichten zu müssen.206 Werden weitere Schutzmechanismen eingebaut, die insbesondere die Neutralität des Mediators sicherstellen, so ist die Mediation nicht nur für gleich starke Parteien, wie sie etwa bei familien- oder wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten anzutreffen sind, sondern auch für solche mit ungleicher Verhandlungsmacht, die beispielsweise im Verhältnis von Verbraucher und Unternehmer besteht, ein geeignetes Mittel der Streitschlichtung.207 Berücksichtigt man auch noch Kosten-Nutzen-Gesichtspunkte, so dürfte die Mediation die beste Form der Streitschlichtung sein.208
1649 1196 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 80 ff., insbesondere 83 f.; siehe auch Gottwald WM 1998, 1257, 1258. 197 1650 2 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 77; Prütting JZ 1985, 261, 270. 198 31651 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 77. 199 1652 4 Eisele Jura 2003, 656, 661. 200 51653 Zu den Formen der außergerichtlichen Streitschlichtung im Einzelnen siehe Eisele Jura 2003, 656 ff.; Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 65 ff.; Monßen AnwBl 2004, 7, 9 ff., der allerdings die Mediation als einziges Schlichtungsverfahren für sinnvoll hält; Prütting JZ 1985, 261, 263 bis 266 und AnwBl 2000, 273; ausführlich zur Vermittlertätigkeit von Rechtsanwälten Blankenburg/ Gottwald/Strempel/Bandisch, S. 41 ff.; zur außergerichtlichen Konfliktlösung für Rechtsstreitigkeiten, in die Verbraucher involviert sind, Blankenburg / Gottwald / Strempel / Reifner,
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S. 269 ff. Einen Überblick über die Schieds- und Schlichtungsstellen liefert Stein/Jonas/Leipold21 § 279 Rdn. 29 bis 40. 201 61654 BT-Drucks. 14/4722 S. 84; Schneeweiß DRiZ 2002, 107, 109. 202 71655 Eisele Jura 2003, 656, 659; Gottwald WM 1998, 1257, 1260; Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 69. 203 81656 Haft S. 253. 204 91657 Gottwald WM 1998, 1257, 1260. 205 1658 10 Zum Ablauf der Mediation und zur Rolle des Mediators vgl. Haft S. 245 ff.; siehe auch Eisele Jura 2003, 656, 660 f.; Tochtermann JuS 2005, 131, 132 ff.; Neuenhahn/Neuenhahn NJW 2005, 1244 ff. 206 1659 11 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 70. 207 1660 12 Gottwald WM 1998, 1257, 1261 f. 208 1661 13 Eidenmüller Konsensuale Streitbeilegung, Akademisches Symposion zu Ehren von Peter F. Schlosser (2001), S. 49 f.
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Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 des neuen Rechtsdienstleistungsgesetzes,209 das das Rechtsberatungsgesetz ablöst und am 1.7.2008 in Kraft getreten ist, ist die Tätigkeit von Einigungs- und Schlichtungsstellen, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern keine Rechtsdienstleistung. Dasselbe gilt für die Mediation und jede vergleichbare Form der gesprächsbegleitenden Streitbeilegung einschließlich der Protokollierung einer Abschlussvereinbarung,210 so dass diese auch von nicht Rechtskundigen vorgenommen werden kann. Greift allerdings der Mediator durch rechtliche Regelungsvorschläge gestaltend in die Gespräche der Beteiligten ein, dann können diese Regelungsvorschläge Rechtsdienstleistung iSd RDG sein (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG).211 Anders war die Rechtslage noch nach altem Recht. Hier waren die Grenzen des Rechtsberatungsgesetzes (Art. 1 §§ 1, 3, 5 RBerG) zu beachten.212 Es kommen aber auch andere Streitschlichtungsverfahren in Betracht. Ist für den Ausgang des Rechtsstreits ein Gutachten − etwa zur Ermittlung eines Unfallhergangs oder eines Baumangels − entscheidend, kann das Gericht auf die Einholung eines verbindlichen213 Schiedsgutachtens hinwirken.214 Im wirtschaftlichen Bereich kann auch ein unverbindliches Schiedsgutachten genügen.215 Erfolgreich etabliert hat sich in jüngster Zeit der Banken-Ombudsmann, der als neutraler Dritter bei Konflikten zwischen Banken und ihren Kunden entscheidet.216 Weiterhin besteht die Möglichkeit, außergerichtliche Verhandlungen unter Vermittlung der Prozessbevollmächtigten mit dem Ziel durchzuführen, einen vollstreckbaren Anwaltsvergleich (§ 796a) abzuschließen.217 Denkbar ist auch ein Einigungsversuch vor einer Gütestelle iSv § 15a EGZPO in den nicht gesetzlich geregelten Fällen. Vor diesen Gütestellen geschlossene Vergleiche sind Vollstreckungstitel (§ 15a Abs. 6 S. 2 EGZPO iVm § 794 Abs. 1 Nr. 1). Sieht man von diesen gewichtigen Ausnahmen ab, ist ein außergerichtlicher Vergleich kein Vollstreckungstitel, selbst wenn er auf einem Vorschlag des Gerichts beruht. Die Parteien können dann entweder nach § 278 Abs. 6 oder aber nach § 796a verfahren und so einen Vollstreckungstitel erlangen. Zwar können die Parteien auch in einem gerichtlichen Verfahren mittels eines Prozessvergleichs ihren Streit einvernehmlich beilegen. Eine außergerichtliche Konfliktlösung hat aber viele Vorzüge. Sie ist nicht so verrechtlicht wie ein Prozessvergleich. So werden bei einer gerichtlichen Vergleichsverhandlung zumeist auch Fragen, wie die nach der Kostenlast, dem Beweisrisiko, der Prozessdauer und der Unsicherheit der Rechtslage angesprochen,218 die mit der angestrebten gütlichen Einigung nicht in ei1662 1209 BGBl 2007 I S. 2840, 2841; vgl. Gesetzesentwurf Bundesregierung v. 30.11.2006 mit Stellungnahme Bundesrat und Gegenäußerung Bundesregierung, BT-Drucks. 16/3655. 210 1663 2 Dazu kritisch Prütting FS Busse (2005), S. 263, 269 (gewisser Widerspruch, da Protokollierung einer Abschlussvereinbarung mit Blick auf die Differenzierung in BT-Drucks. 16/3655, S. 50 bereits Rechtsdienstleistung iSd RDG sei). 211 31664 Begründung zum Entwurf BR-Drucks. 623/06, S. 103. Auch Richter iRd gerichtsnahen oder gerichtsinternen Mediation können unter das RDG fallen, wenn § 278 Abs. 5 S. 2 bei der Richtermediation analog angewendet wird, vgl. Prütting FS Busse, S. 263, 270 f., zum RBerG noch Volkmann S. 29 ff., 33, die jedoch eine Ausnahme vom Erlaubniszwang gem. § 3 Nr. 1 RBerG annimmt (S. 42 f.). 212 41665 Vgl. OLG Rostock NJW-RR 2002, 642 f. und LG
Rostock NJW-RR 2001, 1290 ff. als Vorinstanz; LG Hamburg NJW-RR 2000, 1514 f. 213 51666 Kayser S. 117 sieht darin keine Form alternativer Streitbeilegung, weil hier lediglich eine Vereinbarung über die Zuständigkeit einer entscheidenden Instanz getroffen wird, anders jedoch beim unverbindlichen Schiedsgutachten. 214 61667 Greger ZRP 1998, 183, 185; ausführlich zum Schiedsgutachten Stubbe BB 2001, 685, 690 f. 215 71668 Stubbe BB 2001, 685, 690. 216 81669 Vgl. dazu Gottwald WM 1998, 1257, 1259: Besonders hervorzuheben ist, dass der Bankenombudsmann nicht tätig wird, wenn eine Grundsatzfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde, was ganz im Sinne der Rechtsfortbildung ist. 217 91670 Greger ZRP 1998, 183, 185. 218 1671 10 Egli S. 35; vgl. auch Giese Ansätze zur Tatsachenforschung und Rechtssoziologie des Prozessver-
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nem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Die Parteien können im Rahmen der außergerichtlichen Streitschlichtung direkt miteinander und müssen nicht nahezu ausschließlich über den Richter als Sprachrohr kommunizieren.219 Eine umfassende Bereinigung der Konflikte zwischen den Parteien – insbesondere durch die Einbeziehung weiterer Problempunkte − ist möglich, was dem Erhalt geschäftlicher oder zwischenmenschlicher Beziehungen und damit dem Rechtsfrieden dienen kann.220 Die Verfahrensautonomie verbleibt bei den Parteien.221 Dass die außergerichtliche Schlichtung durch Fachleute erfolgen kann, erweist sich gerade in großen Wirtschaftsverfahren als entscheidender Vorteil. So kann durchaus auf das eine oder andere Sachverständigengutachten, das im gerichtlichen Verfahren erforderlich wäre, verzichtet werden.222 Häufig wird von den Parteien ein Vergleichsvorschlag des Richters wie die Ankündigung eines Urteils empfunden. Eine Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags führt häufig zu einer persönlichen Betroffenheit des Richters,223 was sich in Einzelfällen im Rahmen des richterlichen Ermessens bei der Entscheidungsfindung auswirken kann. Die Entscheidungen entsprechen zumeist dennoch dem vorherigen Vergleichsvorschlag.224 Dies wird auf die gleichbleibende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zurückzuführen sein. Auf Grund des dadurch erzeugten Drucks auf die Parteien ist die Freiwilligkeit beim Vergleichsschluss enorm eingeschränkt, was dem Vergleichsvorschlag in vielen Fällen wohl die faktische Autorität eines Urteils verleihen dürfte.225 Geht der Richter gar mit „sanfter Gewalt“ vor, so kann die sogenannte gütliche Einigung zu ihrem glatten Gegenteil führen, nämlich zu tiefer Unzufriedenheit der Parteien.226 Hinzu kommt, dass der Richter gesetzlich bestimmt und daher keine Vertrauensperson ist, was der Gedeihlichkeit von Vergleichsgesprächen zwischen den Parteien eher abträglich ist.227 Vielen Parteien ist daher ein Prozessvergleich so fremd wie ein gerichtliches Urteil,228 was sich unter anderem darin zeigt, dass die Zahlungsmoral im Fall eines Vergleichs nicht signifikant höher ist als die im Fall eines Urteils.229 Da die Entscheidungsfreiheit, ein geringer Druck auf die Parteien, Fairness sowie eine umfassende Konfliktregelung zur Akzeptanz einer Lösung wesentlich beitragen,230 werden außergerichtliche Einigungen häufiger befolgt.231 Bei einer gerichtlichen Vergleichsverhandlung ist von besonderem Nachteil, dass die Parteien nicht sicher sein können, dass ihre Äußerungen im weiteren Verlauf des Gerichtsverfahrens nicht gegen sie verwendet werden.232 Der Übergang zu einer außergerichtlichen Streitschlichtung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens gemäß § 278 Abs. 5 S. 2 hingegen führt zu einer Trennung von Entscheidungs- und Vermittlungsfunktion und damit zu ungezwungeneren Vergleichsgesprächen.233 Um zu vergleichs, in: Bierbrauer/Falke/Giese/Koch/Rodingen, Zugang zum Recht (1978), S. 117, 125 ff. 1672 1219 Ausführlich zur Kommunikation im Zivilprozess die Untersuchung von Röhl S. 122 ff.; vgl. auch Egli S. 36. 220 1673 2 Eidenmüller Konsensuale Streitbeilegung, Akademisches Symposion zu Ehren von Peter F. Schlosser (2001), S. 49 f.; vgl. auch Eisele Jura 2003, 656, 658; Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 73 f. 221 31674 Haft FS Schütze (1999), S. 255, 263. 222 41675 Prütting JZ 1985, 261, 268 mwN. 223 51676 Egli S. 83 f. 224 61677 Siehe Röhl S. 217, wonach in 5 von 6 untersuchten Fällen das Urteil dem zuvor widerrufenen Vergleich entsprach; vgl. auch Egli S. 82. 225 71678 Egli S. 135 f.
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Zierl NJW 2002, 2695; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 7 und Giese Ansätze zur Tatsachenforschung und Rechtssoziologie des Prozessvergleichs, in: Bierbrauer/Falke/ Giese/Koch/Rodingen/Giese, Zugang zum Recht (1978), S. 117, 126. 227 1680 9 Stürner JR 1979, 133, 136. 228 1681 10 Egli S. 35. 229 1682 11 So für die Schweiz Egli S. 37. 230 1683 12 Egli S. 37. 231 1684 13 Eidenmüller Konsensuale Streitbeilegung, Akademisches Symposion zu Ehren von Peter F. Schlosser (2001), S. 49 f.; Prütting JZ 1985, 261, 267; Stadler NJW 1998, 2479, 2482. 232 1685 14 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 90. 233 1686 15 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 90. 8
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meiden, dass die während des Schlichtungsverfahrens gemachten Äußerungen bei Scheitern einer gütlichen Einigung in der streitigen Verhandlung verwertet werden, können die Parteien einen Prozessvertrag schließen, in dem sie sich verpflichten, den Mediator oder Schlichter in dem weiteren Verfahren nicht als Zeugen zu benennen bzw die Niederschrift nicht als Urkundenbeweis einzuführen.234 Aus dieser Vereinbarung muss dem im Konflikt vermittelnden Dritten ein Zeugnisverweigerungsrecht zustehen, damit er im Fall einer abredewidrigen Benennung als Zeuge nicht zur Aussage gezwungen werden kann. Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht „kraft Natur der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht“ (§ 383 Abs. 1 Nr. 6).235 Auch die Verschwiegenheit der Parteien selbst kann vereinbart werden.236 Deren Rechtsanwälte sind schon kraft Gesetzes (§ 43a Abs. 2 BRAO iVm § 18 BORA, § 59b Abs. 2 Nr. 5a BRAO) zum Schweigen verpflichtet. Mit all diesen Maßnahmen kann ausgeschlossen werden, dass sich eine Partei nur zum Schein auf eine außergerichtliche Streitbeilegung einlässt, um die andere Seite auszuhorchen und die Erkenntnisse dann im Prozess zu verwerten.237 Günstig wirkt sich auch die Nichtöffentlichkeit der meisten Schieds-, Schlichtungsund Mediationsverfahren aus.238 Damit ist eine ungezwungene Aussprache möglich, was der Vergleichsbereitschaft dienlich ist. Zudem spricht der Zeitfaktor für ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren, das in der Regel schneller zum Ziel führt als ein zeitraubendes Gerichtsverfahren, möglicherweise durch alle Instanzen.239 Auch der Kostenfaktor ist nicht zu unterschätzen.240 c) Einzelfälle. Da sowohl die Formen der gerichtlichen als auch die der außergerichtlichen Streitschlichtung Vor- und Nachteile haben, muss das Gericht abwägen, welcher Weg zu einer umfassenderen Konfliktlösung führen kann. Dabei hat es auf den Einzelfall abzustellen. Ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren bietet sich vor allem bei langwierigen, kostspieligen und risikoreichen Prozessen an, wie z.B. bei Bau- und Anlageprozessen oder bei Rechtsstreitigkeiten im gewerblichen Rechtsschutz.241 Haben die Parteien in Zukunft aus familiären, arbeitsvertraglichen, geschäftlichen oder sonstigen Gründen weiterhin engen Kontakt, ist eine gütliche Einigung von erheblichem Vorteil.242 Es eignen sich nahezu alle Rechtsgebiete für eine außergerichtliche Streitschlichtung.243 Diese muss aber im konkreten Konflikt einen Vorteil gegenüber der Streitschlichtung vor dem Richter bieten. Das ist in der Regel der Fall, wenn hinter dem Rechtsstreit noch eine Fülle anderer Streitigkeiten steckt, die einer einheitlichen
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Kayser S. 84 und 120; vgl. Eisele Jura 2003, 656, 660; Schneeweiß DRiZ 2002, 107, 111; wohl auch Wagner NJW 2001, 2128, 2134. Nach der Ansicht von Hager Konflikt und Konsens (2001), S. 117 ff. (besonders S. 121 f.) ist die Verschwiegenheitspflicht des Mediators oder Schlichters schon Folge der Schlichtungstätigkeit, so dass es bis auf wenige Ausnahmen einer Parteivereinbarung nicht bedarf. 235 1688 2 Groth/v.Bubnoff NJW 2001, 338, 341, vgl. auch die weiteren Ausführungen zur Rechtsgrundlage des Zeugnisverweigerungsrechts; siehe auch Oldenbruch Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren (2006), S. 93 ff.
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Eisele Jura 2003, 656, 660; Groth/v.Bubnoff NJW 2001, 338, 339. 1690 4237 Groth/v.Bubnoff NJW 2001, 338, 339. 238 51691 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 72 f.; Prütting JZ 1985, 261, 268. 239 61692 Prütting JZ 1985, 261, 267. 240 1693 7 Vgl. Haft FS Schütze (1999), S. 255, 263; Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 72; Prütting JZ 1985, 261, 266 f. 241 1694 8 Monßen AnwBl 2004, 7, 8. 242 91695 Monßen AnwBl 2004, 7, 8 mit Beispielen. 243 1696 10 Vgl. die Aufzählung bei Monßen AnwBl 2004, 7, 8.
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Regelung bedürfen, um den Konflikt insgesamt zu bereinigen, oder für die Lösung des Konflikts ein besonderer Sachverstand erforderlich ist oder ein neutraler Dritter als Vertrauensperson für beide Parteien in Betracht kommt.244 Insbesondere bei Rechtsstreitigkeiten, bei denen eine Konfliktlösung nicht in einem Alles oder Nichts besteht, sondern im Wege einer außergerichtlichen Einigung gefunden werden muss, die die hinter dem Konflikt stehenden Interessen ausreichend berücksichtigt, bietet sich eine außergerichtliche Streitbeilegung an. Allerdings müssen die Parteien auf Augenhöhe verhandeln können, damit die außergerichtliche Konfliktbeilegung nicht zu einem Diktat des Stärkeren führt. Das ist nur möglich, wenn die Struktur des Verfahrens der außergerichtlichen Streitschlichtung so beschaffen ist, dass sie die schlechtere Verhandlungsposition der schwächeren Partei ausgleicht.245 Steht dagegen der juristische Sachverstand im Vordergrund, dann bietet sich eher eine Streitschlichtung durch den Richter an.
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d) Resümee. Nur langsam rücken die verschiedenen Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung in das Bewusstsein der Richter, Anwälte und Parteien.246 Die zahlreichen Publikationen und Pilotprojekte der letzten Jahre247 können jedoch dazu beitragen, dass Richter, Anwälte und Parteien solche Möglichkeiten zumindest in Betracht ziehen. Zwar versuchen viele Parteien, zunächst einmal selbst und dann mithilfe ihrer Anwälte eine gütliche Einigung zu erzielen. In vielen Fällen wird dies auch gelingen.248 Gleichwohl kommen vor die Gerichte noch viele Streitigkeiten, für die eine außergerichtliche Konfliktlösung besser geeignet wäre. Dies liegt zum einen sicher an der im internationalen Vergleich guten Arbeit der deutschen Justiz,249 an den Schwächen der außergerichtlichen Streitschlichtungsmechanismen,250 an den fehlenden Anreizen, frühzeitig eine außergerichtliche Streitbeilegung durchzuführen,251 und zum anderen an der immer noch mangelnden Kenntnis aller am Prozess Beteiligten − sei es der Parteien, ihrer Anwälte oder des Gerichts − über Alternativen zum klassischen Gerichtsverfahren.252 Lassen sich die Parteien aber erst einmal auf ein Verfahren der au244 1697
1 Schneeweiß DRiZ 2002, 107, 110. 245 21698 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 83 f.; vgl. auch Gottwald WM 1998, 1257, 1261 f. 246 31699 Nach Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 76 spielen diese in der Rechtspraxis nur eine marginale Rolle. 247 41700 Vgl. nur: Blankenburg/Simsa/Stock/Wolff Mögliche Entwicklungen im Zusammenspiel von außer- und innergerichtlichen Konfliktregelungen2 (1993); Diez Werkstattbuch Mediation (2005); Duve Mediation und Vergleich im Prozeß (1999); Kraft Mediation − Die bessere Alternative zum streitigen Gerichtsverfahren? (2001); Hartges Außergerichtliche Konfliktlösung in Deutschland – Modell ÖRA (2003); Ott Außergerichtliche Konfliktbeilegung in Zivilsachen (2000); Proksch Kooperative Vermittlung (Mediation) in streitigen Familiensachen (1998); Prütting (Hrsg.) Außergerichtliche Streitschlichtung (2003); Strempel (Hrsg.) Mediation für die Praxis (1998); Wolfram-Korn/Schmarsli Außergerichtliche Streitschlichtung in Deutschland (2001). 248 51701 So Eisele Jura 2003, 656, 657; Haft/Schlieffen/ Haft Handbuch Mediation (2002) § 8 Rdn. 1;
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Henssler/Koch Mediation in der Anwaltspraxis (2004), § 1 Rdn. 42 und Wasilewski Streitverhütung durch Rechtsanwälte (1990), S. 92 gehen davon aus, dass die Rechtsanwälte mehr als 70 % der an sie herangetragenen Fälle außergerichtlich erledigen. 249 1702 6 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 78 f.; Stadler NJW 1998, 2479, 2480. 250 71703 Gewährleistet werden müssen vor allem Verfahrensgerechtigkeit und die Neutralität der Schlichter, sollen die prozessvermeidenden Konfliktlösungsmechanismen eine ernsthafte Chance bekommen, vgl. Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 88 f. und Gottwald WM 1998, 1257, 1261 f., letzterer anhand eines besonders negativen praktischen Beispiels. 251 1704 8 Vgl. Althammer JZ 2006, 69, 71 ff., der als Anreiz ein die Mediation begünstigendes Prozesskostenrecht diskutiert, sei es zunächst im Wege einer mediationsfreundlichen Auslegung der Kostenvorschriften oder durch Schaffung einer den Güteversuch berücksichtigenden Kostenvorschrift. 252 91705 Tochtermann JuS 2005, 131, 135.
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ßergerichtlichen Streitbeilegung ein, so ist die Erfolgsquote hoch.253 Aufgabe der Rechtspolitik sollte es daher sein, die Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung zu institutionalisieren und damit für die Beteiligten transparent zu machen.254 Hilfreich für eine Stärkung der prozessvermeidenden Konfliktlösungsstrategien wäre eine Zuweisung der einzelnen Streitigkeiten bereits im Vorfeld der Justiz an das geeignete Konfliktlösungsverfahren durch eine kompetente Stelle, wie etwa ein lokales Bürgerinformationsforum.255 Denkbar ist es auch, dass ein umfassendes Justizzentrum vor Prozessbeginn die Beteiligten über die im konkreten Fall beste Form der Streitschlichtung − die zwar eine außergerichtliche sein kann, aber nicht sein muss − berät.256 Dieser Ansatz basiert auf der sog. Multi-Door-Courthouse−Idee von Frank Sander.257 Da solche Möglichkeiten im deutschen Recht bisher nicht bestehen und alternative Streitbeilegungsmodelle noch zu wenig Beachtung finden, ist die Möglichkeit, über das „Fenster“ des § 278 Abs. 5 S. 2 das gerichtliche Verfahren für einen Versuch zur außergerichtlichen Streitbeilegung zu verlassen, besonders wertvoll.258 Im Gegensatz zu einer rein außergerichtlichen Streitschlichtung kann der Weg über § 278 Abs. 5 S. 2 die Vorteile eines förmlichen Gerichtsverfahrens − insbesondere Gewährleistung von Rechtssicherheit für die schwächere Seite – mit den Vorteilen einer außergerichtlichen Streitschlichtung − insbesondere facettenreichere und umfassendere Konfliktlösungen auf Grund der Möglichkeit einer Abweichung von juristischen Denkstrukturen − vereinen.259 Erheblich sind auch die Vorteile im Vergleich zur obligatorischen Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2: Zum einen beruht das Verfahren nach § 278 Abs. 5 S. 2 auf Freiwilligkeit, die eine wichtige Voraussetzung für eine selbstbestimmte, also von den Parteien auch wirklich gewollte, gütliche Streitbeilegung ist.260 Zum anderen erfolgt der gerichtliche Vorschlag nicht gleich zu Beginn des Prozesses, sondern zu einem Zeitpunkt, an dem die Parteien schon verhandelt haben und gegebenenfalls bereits eine Beweisaufnahme stattgefunden hat, zu dem also Vergleichsverhandlungen eventuell aussichtsreicher sind.261 Dies liegt unter anderem daran, dass die meisten Parteien zu253 1706
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Vgl. die Beispiele bei Gottwald WM 1998, 1257, 1259, 1261 f. und Tochtermann JuS 2005, 131, 135. 254 1707 2 Tochtermann JuS 2005, 131, 135. 255 31708 Vgl. dazu Gottwald WM 1998, 1257, 1263; siehe auch Wesche ZRP 2004, 49, 50 f. 256 41709 Gottwald WM 1998, 1257, 1263. 257 51710 Vgl. dazu Gottwald WM 1998, 1257, 1263; siehe auch Wesche ZRP 2004, 49, 50 f. Auf Grund der großen Unterschiede zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Zivilprozess wird teilweise eine Übernahme der amerikanischen Streitschlichtungsmechanismen kritisch gesehen, vgl. dazu Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 60 f.; Stadler NJW 1998, 2479, 2482. 258 61711 Die die außergerichtlichen Streitlösungsmechanismen in ein gerichtliches Verfahren implementierende „Fensterlösung“ begrüßen auch Gottwald WM 1998, 1257, 1264; Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 89 bis 91 und Stadler NJW 1998, 2479, 2481, 2487, die auf eine ähnliche Lösung im französischen Recht verweisen; Tochtermann JuS 2005, 131, 135; Eisele Jura 2003, 656, 662 f. zweifelt an der durchschlagenden Wirkung des § 278
Abs. 5 S. 2 wegen des späten Zeitpunkts; Pukall/ Kießling WM Sonderbeilage zu Heft 1/2002, 1, 17 halten § 278 Abs. 5 S. 2 für „bestens geeignet, unliebsame Verfahren auf die lange Bank zu schieben“; Althammer JZ 2006, 69, 72 hält die Fensterlösung des § 278 Abs. 5 S. 2 für sich betrachtet für „wenig Erfolgversprechend“. 259 71712 Zu den Vorteilen einer Verknüpfung von gerichtlicher und außergerichtlicher Streitbeilegung vgl. auch Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 88 bis 91. 260 1713 8 Henssler/Koch/Eidenmüller Mediation in der Anwaltspraxis (2004) § 1 Rdn. 93 ff. lehnt daher eine gesetzliche Verpflichtung zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung wie in § 15a EGZPO ab; ebenso Althammer JZ 2006, 69, 71, der eine außergerichtliche Streitschlichtung als Zulässigkeitsvoraussetzung für nicht empfehlenswert hält; Tochtermann JuS 2005, 131, 135 hingegen spricht sich für ein bindendes Verweisungsrecht des Gerichts aus. 261 91714 Katzenmeier ZZP 115 (2002), 51, 90; Prütting JZ 1985, 261, 268; Stadler NJW 1998, 2479, 2482; aA Eisele Jura 2003, 656, 662 f.
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nächst im Wege der Verhandlung versuchen, ihren Konflikt zu lösen. Scheitern ihre Verhandlungen und erheben sie dann Klage, so sind die Fronten zunächst oft so verhärtet,262 dass erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung, gegebenenfalls erst nach der Beweisaufnahme, das Interesse der Parteien an einer gütlichen Streitbeilegung wächst.263 3. Verfahren nach § 278 Abs. 5 S. 2
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Bei der Prüfung der Geeignetheit des Falls hat der Richter einen weiten Beurteilungsspielraum.264 Eine außergerichtliche Streitschlichtung kann nur im beiderseitigen Einvernehmen der Parteien durchgeführt werden. Die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Ausübung oder Nichtausübung des Vorschlagsrechts besteht nicht.265 Der Richter kann, muss aber nicht, den Parteien die Art der Streitschlichtung und auch die Person des Streitschlichters vorschlagen. Die Parteien sind an diesen Vorschlag jedoch nicht gebunden. Erklären sich beide Parteien zu einer außergerichtlichen Streitschlichtung bereit, kann das Gericht für die Dauer dieser Streitschlichtung das Ruhen des Verfahrens anordnen (§ 278 Abs. 5 S. 3 iVm § 251).266 Bei Scheitern der außergerichtlichen Streitschlichtung kann der Rechtsstreit auf Betreiben jeder Seite sofort wieder aufgenommen werden (vgl. § 250).
VI. Schriftlicher Vergleich (§ 278 Abs. 6)
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§ 278 Abs. 6 ermöglicht es den Parteien, einen schriftlichen gerichtlichen Vergleich abzuschließen, der dieselbe Rechtsnatur und dieselben Wirkungen hat wie ein in der mündlichen Verhandlung abgeschlossener Prozessvergleich. Der erleichterte Abschluss erspart dem Gericht einen Protokollierungstermin und den Parteien und ihren Anwälten die Anreise.267 Der Vergleich gem. § 278 Abs. 6 hat ebenso wie der in der mündlichen Verhandlung abgeschlossene Prozessvergleich eine Doppelnatur, dh er ist sowohl materielles Rechtsgeschäft als auch Prozesshandlung. Fehlt es nur an einer der beiden Voraussetzungen, ist der Prozessvergleich unwirksam (siehe aber Rdn. 106).268 Beide Vergleichsarten haben eine prozessbeendigende Wirkung und stellen einen Vollstreckungstitel gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 dar, der Prozessvergleich in Verkörperung des Protokolls und der schriftliche Vergleich in Verkörperung des gem. § 278 Abs. 6 S. 2 gefassten Beschlusses.269
262 1715
1 Vgl. Haft FS Schütze (1999), S. 255, 263. 263 21716 Stadler NJW 1998, 2479, 2482. 264 31717 Monßen AnwBl 2004, 7, 9. 265 41718 Monßen AnwBl 2004, 7, 9. 266 51719 Dabei handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung, Kayser S. 83; Friedrich JR 2002, 397, 399. 267 61720 BT-Drucks. 15/3482 S. 16. Zu den Vor- und Nachteilen eines schriftlichen Vergleichs vgl.
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Prechtel S. 300 ff.; ders. ZAP Fach 13, 1373, 1380 f. (ZAP 2006, 805, 812 f.) mit Hinweis auf etwaige Ergänzungen des gerichtlichen Vergleichs aus anwaltlicher Sicht; Nungeßer NZA 2005, 1027, 1028. § 278 Abs. 6 hat sich in der Praxis bewährt, vgl. Selbherr Verhandlungen des 65. Deutschen Juristentages (2004), S. A 28, A 32. 268 71721 BGH NJW 2005, 3576, 3577. 269 81722 Vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 82.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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1. Anwendbarkeit § 278 Abs. 6 findet im Prozesskostenhilfeverfahren entsprechende Anwendung.270 Die Vorschrift gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 495).271 Im Übrigen kann ein gerichtlicher Vergleich iSd § 278 Abs. 6 in jeder Lage des Verfahrens abgeschlossen werden.272 Er ist eine echte Alternative zum herkömmlichen Prozessvergleich. Eine Anwendung des § 278 Abs. 6 bietet sich vor allem an, wenn bereits aus den Schriftsätzen eine Einigungsmöglichkeit ersichtlich ist oder die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts wünschen.273
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2. Voraussetzungen Voraussetzung für den Abschluss eines schriftlichen Vergleichs ist, dass entweder die Parteien selbst dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten274 oder das Gericht − bei Zuständigkeit der Kammer nicht allein der Vorsitzende – seinerseits einen schriftlichen Vergleichsvorschlag macht und die Parteien diesen durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen.
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a) Materiellrechtlicher Vergleichsvertrag. Die Parteien können dem Gericht selbst einen Vergleichsvorschlag unterbreiten (§ 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1). In diesem Fall hat der materielle Vertragsschluss in der Regel bereits im Vorfeld stattgefunden, so dass dem Gericht ein solcher lediglich mitgeteilt wird.275 Zwar könnte aus der Formulierung „Vergleichsvorschlag“ geschlossen werden, dass ein Vergleich noch nicht zustande gekommen ist.276 Dagegen spricht jedoch, dass nach § 278 Abs. 6 S. 2 das Zustandekommen und der Inhalt eines nach Satz 1 „geschlossenen Vergleichs“ durch Beschluss festgestellt wird. Die Feststellung durch Beschluss ist lediglich erforderlich, um den materiellrechtlichen Vergleich zu einem gerichtlichen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 zu erheben. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass ein Vertragsschluss im Vorfeld noch nicht stattgefunden hat und erst durch die Erklärungen gegenüber dem Gericht zustande kommt, indem die eine Partei den Vergleichsvorschlag gegenüber dem Gericht schriftlich277 gem. § 145 BGB abgibt und die andere diesem schriftlich zustimmt.278 Auch ein Vertragsschluss durch sich kreuzende Anträge kommt in Betracht, wenn diese den gleichen Inhalt haben.279 Verweigert das Gericht den Beschluss, stellt sich die Frage, ob ein bereits zustande gekommener materiellrechtlicher Vergleich weiter bestehen soll, was durch Auslegung
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270 1723
1 LG Lüneburg NJW-RR 2003, 1506. 271 21724 Dahlem/Wiesner NZA 2004, 530; Nungeßer NZA 2005, 1027, 1028. 272 31725 Kayser S. 72 f.; zweifelnd Schellhammer MDR 2001, 1081, 1082 (nur in der Güteverhandlung); anders jetzt Schellhammer ZPR Rdn. 501. 273 41726 Hommerich/Prütting/Ebers/Lang/Traut Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Reform des Zivilprozesses auf die gerichtliche Praxis – Evaluation ZPO-Reform (2006), S. 88. 274 51727 Diese Möglichkeit wurde durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004, BGBl I 2004 S. 2198 f., eingeführt. 275 61728 Vgl. Nungeßer NZA 2005, 1027, 1028.
276 1729
7
So Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 50; Nungeßer NZA 2005, 1027, 1028 verweist auf die Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB und die Rechtsprechung des BAG (BAG NZA 1997, 789), wonach bei verabredeter Beurkundung bzw Protokollierung der Vergleich im Zweifel erst geschlossen ist, wenn die Beurkundung erfolgt ist. 277 1730 8 Nungeßer NZA 2005, 1027, 1029 fordert die Form des § 126 Abs. 1 BGB. Dies geht zu weit. „Schriftlich“ bedeutet hier nur Schriftsatzform gem. §§ 129, 130 für die Wirksamkeit der Prozesshandlung (vgl. Rdn. 110), ebenso Fölsch MDR 2004, 1029, 1031. 278 91731 Nungeßer NZA 2005, 1027, 1029. 279 1732 10 Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2859.
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zu ermitteln ist. Entgegen der Gesetzesbegründung280 kann mit der herrschenden Ansicht281 nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der Eintritt der materiellrechtlichen Wirkungen des Vergleichs von einer wirksamen Prozesshandlung − der Feststellung im Beschluss − abhängig ist. Ist der Vergleich als Prozesshandlung unwirksam, kann er daher gleichwohl − so dies dem hypothetischen Parteiwillen entspricht − materiellrechtlich wirksam bleiben. Das dürfte in der Regel auch im Interesse der Parteien liegen, da diese mit dem Vergleichsschluss ihr Interesse an einer gütlichen Einigung bekundet haben. Zwar wird der Prozess durch den Vergleich nicht unmittelbar beendet, jedoch stellt der materiellrechtliche Vergleichsschluss ein erledigendes Ereignis dar. Die Parteien haben es somit in der Hand, durch übereinstimmende Erledigungserklärungen das Verfahren rasch und kostengünstig (vgl. Nr. 1211 Nr. 4 KV-GKG) zu beenden. Die Parteien können aber auch einen Vergleichsvorschlag des Gerichts annehmen (§ 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 2). Das Gericht sollte seinen schriftlichen Vergleichsvorschlag erst nach vorbereitenden, klärenden (Telefon)Gesprächen mit beiden Prozessbevollmächtigten formulieren;282 eines Gütetermins oder einer mündlichen Verhandlung bedarf es hierzu nicht.283 Dazu muss nicht unbedingt eine Telefonkonferenz abgehalten werden. Sensibel gehandhabt, sind auch Einzelgespräche mit den Parteien zulässig, schließlich wird bei einem schriftlichen Verfahren wie dem nach § 278 Abs. 6 ohnehin auf eine zeitgleiche Kommunikation des Gerichts mit den Parteien verzichtet.284 Auch in diesem Fall muss ein materiellrechtlicher Vergleich geschlossen werden. Dieser kommt dadurch zustande, dass die Parteien jeweils gegenüber dem Gericht die Annahme erklären. In der ersten Annahmeerklärung gegenüber dem Gericht liegt zugleich ein Angebot für den Abschluss eines Vergleichs, das an die andere Partei gerichtet ist.285 Das Gericht ist als Empfangsvertreter (entsprechend § 164 Abs. 3 BGB) beider Parteien anzusehen.286 § 151 BGB findet deshalb keine entsprechende Anwendung.287 Auf einen Zugang der Annahmeerklärung generell kann nicht verzichtet werden. Es genügt, wenn die Annahmeerklärung dem Gericht zugeht. Der Vertrag kommt zustande, wenn die letzte Annahmeerklärung bei Gericht eingeht.288 Für die Annahme des gerichtlichen Vergleichsvorschlags kann das Gericht den Parteien eine angemessene Frist setzen.289 Auf diese richterliche Frist finden die Vorschriften des BGB zwar keine Anwendung.290 Allerdings kann diese Einfluss auf die Erklärungen der Parteien haben. Erklärt nur eine Partei die Annahme innerhalb dieser Frist, worin gleichzeitig der Antrag auf Abschluss des materiellrechtlichen Vertrags liegt, ist sie 280 1733
1 BT-Drucks. 14/4722 S. 82. 281 21734 Siehe nur BGH NJW 1985, 1962, 1963; BAGE 9, 172, 174 f. = NJW 1960, 1364 f.; BAGE 8, 228, 235 f. = MDR 1960, 440 f.; BVerwG NJW 1994, 2306, 2307; Jauernig § 48 VI. 282 31735 Siemon MDR 2003, 61. 283 41736 Zöller/Greger Rdn. 24; Wolff DStR 2005, 115, 116. 284 51737 Siemon MDR 2003, 61, 63; vgl. aber Stürner JR 1979, 133, 137 noch zur alten Rechtslage. 285 61738 Ebenso Lüke NJW 1994, 233, 235 zu § 106 S. 2 VwGO. 286 71739 Vgl. BGH NJW 2005, 3576, 3578, der für § 278 Abs. 6 auch von einer Empfangszuständigkeit des Gerichts ausgeht; dazu Keller Jura 2006, 925 ff. sowie Würdinger JZ 2006, 627, 628 f., der
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aber eine Ausdehnung auf andere Fallkonstellationen ablehnt. 8 AA OLG Jena FamRZ 2006, 1277 (analoge Anwendung der §§ 151, 152 BGB); Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2859; wohl auch Lüke NJW 1994, 233, 235 zu § 106 S. 2 VwGO, der von einem Verzicht der Parteien auf den Zugang ausgeht. 288 91741 Ebenso Lüke NJW 1994, 233, 235 zu § 106 S. 2 VwGO, der noch ergänzend auf § 152 BGB verweist. 289 1742 10 OLG Jena FamRZ 2006, 1277, 1278 (Eingang der Annahme bei der Poststelle des den Vergleich vorschlagenden Gerichts für Rechtzeitigkeit maßgeblich); Foerste NJW 2001, 3103, 3105; Hinz SchlHA 2003, 53, 56. 290 1743 11 Zutreffend Nungeßer NZA 2005, 1027, 1031. 287 1740
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gem. § 148 BGB analog nur während dieser Frist an ihr Angebot gebunden, ohne ausdrücklich selbst eine Frist auszusprechen.291 Nehmen beide Parteien verspätet an, schadet dies nicht.292 Hat das Gericht oder die dem Vergleichsvorschlag zustimmende Partei keine Frist zur Annahme bestimmt, gilt für das Angebot der zustimmenden Partei § 147 Abs. 2 BGB analog.293 Erweiterungen und Ergänzungen des gerichtlichen Vergleichsvorschlags bedeuten eine Nichtannahme, verbunden mit einem neuen Vergleichsangebot (§ 150 Abs. 2 BGB analog). Das gilt auch für die Annahme unter Widerrufsvorbehalt.294 Allerdings wird für einen Widerrufsvergleich selten Anlass bestehen,295 da die Parteien sich Bedenkzeit erbitten und eine Verlängerung der Annahmefrist beantragen können.296 Das Gericht kann gegenüber den Parteien nunmehr erklären, dass es sich diesen neuen Vergleichsvorschlag zu Eigen mache und einen neuen dementsprechenden Vergleichsvorschlag unterbreiten. Sind jedoch beide Parteien mit den Veränderungen einverstanden, ist mit dem Zugang der beiderseitigen Vergleichsangebote ein Vergleich zustande gekommen (vgl. oben Rdn. 105). Nach der Änderung durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz297 liegt darin dann ein Vergleichsvorschlag der Parteien.298 b) Prozessrechtliche Anforderungen an den Vergleichsschluss. Auch der prozessrechtliche Vertrag kommt zustande, wenn die letzte Annahmeerklärung bei Gericht eingeht. Da es sich diesbezüglich um Prozesshandlungen handelt, herrscht im Anwaltsprozess Anwaltszwang (§ 78).299 3. Form Sowohl der Vergleichsvorschlag der Parteien als auch die Annahme des Vergleichsvorschlags des Gerichts bedürfen der Schriftform. Es handelt sich um bestimmende Schriftsätze (§§ 129, 130), die im Anwaltsprozess von einem postulationsfähigen Anwalt unterzeichnet sein müssen. Der Schriftsatz kann durch ein elektronisches Dokument ersetzt werden (§ 130a). Mündliche oder telefonische Vorschläge oder Annahmen genügen der Form nicht. 4. Beschluss (§ 278 Abs. 6 S. 2) Das Zustandekommen und der Inhalt des schriftlichen Vergleichs sind gem. § 278 Abs. 6 S. 2 vom Gericht durch Beschluss festzustellen. Die Feststellung setzt also voraus, dass bereits ein wirksamer Vergleich zustande gekommen ist.300 Insoweit ist der Beschluss nur deklaratorischer Natur.301 Dabei kann es sich jedoch nur um den materiellrechtlichen Vergleich handeln, da die prozessualen Wirkungen − Beendigung des Rechtsstreits und vollstreckbarer Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 – erst mit dem Erlass des Beschlusses eintreten können.302 Fraglich ist, ob ein Antrag beider Parteien erfor291 11744 Foerste NJW 2001, 3103, 3105. 292 21745 Foerste NJW 2001, 3103, 3105. 293 31746 Zöller/Greger Rdn. 24; Kayser S. 70; vgl. auch Nungeßer NZA 2005, 1027, 1032. 294 41747 Zöller/Greger Rdn. 24; v. Moltke S. 71; aA Foerste NJW 2001, 3103, 3105. 295 51748 BGH NJW 2005, 3576, 3578; Foerste NJW 2001, 3103, 3105. 296 61749 Vgl. Lüke NJW 1994, 233, 235 zu § 106 S. 2 VwGO, der unter Hinweis auf BVerwG NJW 1993, 2193, 2194 Ausnahmen für möglich hält. 297 71750 V. 24.8.2004, BGBl I 2004 S. 2198 f. 298 1751 8 Aber auch vor der Änderung wäre die Forderung nach einem erneuten Vergleichsvorschlag des Ge-
richts in diesem Fall als reiner Formalismus abzulehnen, OLG Naumburg NJW 2002, 3786. 299 91752 Musielak FS Beys (2003), S. 1093, 1100. 300 1753 10 Das Gericht kann in entsprechender Anwendung des § 278 Abs. 6 S. 2 durch Beschluss auch die negative Feststellung treffen, dass ein Vergleich mit bestimmtem Inhalt nicht zustande gekommen ist, vgl. Schlosser FS Schumann (2001), S. 389, 400. 301 1754 11 Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 56; Bahlmann S. 200. 302 1755 12 Vgl. auch OLG Nürnberg FamRZ 2005, 920 (Beschluss gem. § 278 Abs. 6 ist gerichtliche Entscheidung iSd § 33 FGG).
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derlich ist. Dieser ist jedenfalls konkludent in der Übermittlung eines übereinstimmenden Vergleichsvorschlags oder in der Annahmeerklärung gegenüber dem Gericht enthalten.303 Die Feststellung im Beschluss ist ebenso wie beim herkömmlichen Prozessvergleich im Protokoll (§ 160 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5)304 Voraussetzung für einen wirksamen gerichtlichen Vergleich.305 Dem Gericht obliegt die Pflicht, die Wirksamkeit des Vergleichs − jedenfalls wenn es sich um einen Vergleichsvorschlag der Parteien handelt – zu überprüfen, insbesondere ob er gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot verstößt.306 Die Mitwirkung des Gerichts soll Gewähr dafür bieten, dass der Vergleich der öffentlichen Ordnung entspricht.307 Der Beschluss über das Zustandekommen des Vergleichs unterliegt keiner Frist und kann, solange das Verfahren noch nicht beendet ist, jederzeit nachgeholt werden.308 Das Gericht hat neben dem Zustandekommen auch den Inhalt des Vergleichs festzustellen. Aus Gründen der Rechtsklarheit hat das Gericht daher einen Vorschlag, den es gemacht hat und den die Parteien angenommen haben, zu wiederholen. Aber auch bei erfolgten Änderungsvorschlägen ist die Feststellung des Inhalts des Vergleichs zur Vermeidung von Unklarheiten notwendig. Das Gericht ist dabei nur zur inhaltlichen Feststellung des Vergleichs verpflichtet, so dass es redaktionelle Änderungen am Wortlaut vornehmen darf.309 Ob der gerichtliche Vergleich gem. § 278 Abs. 6 die notarielle Beurkundung gem. § 127a BGB und damit auch die schriftliche Form gem. § 126 Abs. 4 BGB ersetzt, ist umstritten, aber abzulehnen.310 Zum einen wird er nicht vom Wortlaut des § 127a BGB erfasst, da dieser eine Ersetzung der notariellen Urkunde durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der ZPO errichtetes Protokoll voraussetzt. Der Beschluss gem. § 278 Abs. 6 S. 2 ersetzt zwar das Protokoll, erfüllt aber nicht die Funktionen, die bei Aufnahme der Erklärungen in das Protokoll bei einem Prozessvergleich in der mündlichen Verhandlung erfüllt werden. Insbesondere bei einem eigenen Vergleichsvorschlag der Parteien ist die Beratungs- und Warnfunktion der notariellen Beurkundung nicht gewährleistet.311 Dasselbe gilt für § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Ebenso kann auf Grund einer in einem Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 erklärten Auflassung eine Eigentumsumschreibung nicht erfolgen, da bereits die Voraussetzungen des § 925 Abs. 1 BGB nicht vorliegen.312
303 11756 Nungeßer NZA 2005, 1027, 1030, 1032. 304 21757 OLG Köln FamRZ 1994, 1048; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 129 Rdn. 10. 305 31758 Dies gilt allerdings nur für den Eintritt der prozessrechtlichen, nicht aber der materiellrechtlichen Wirkungen (vgl. oben Rdn. 106), anders BT-Drucks. 14/4722 S. 82 auch für den Eintritt der materiellrechtlichen Wirkungen. 306 41759 Zur Funktion des Richters Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2859. 307 51760 Begründung zum JustizModG BT-Drucks. 15/ 3482 S. 17. 308 61761 Schlosser FS Schumann (2001), S. 389, 401. 309 1762 7 Schlosser FS Schumann (2001), S. 389, 394 f. 310 81763 Zöller/Greger Rdn. 25; Hannich/Meyer-Seitz/ Engers §§ 278, 279 Rdn. 57; Foerste NJW 2001, 3103, 3105; Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2859; Lüke NJW 1994, 233, 235 (bezüglich § 106 S. 2 VwGO); Winte BRAK-Mitt. 2001, 246, 253; einschränkend Wolf FS Rechberger (2005), S. 719,
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729 f. (entsprechende Anwendung des § 17 BeurkG, um Gleichstellung mit § 127a BGB zu erreichen, allerdings nur im Fall des § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 2); i. Erg. ebenso Deckenbrock/Dötsch MDR 2006, 1325, 1328, die eine analoge Anwendung des § 127a BGB für den Fall des § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 2 (Vergleichsvorschlag des Gerichts) befürworten, und Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 17; aA BAG NJW 2007, 1831, 1833 f.; LAG Stuttgart LAGE § 278 ZPO 2002 Nr. 3 (Vorinstanz); Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 44; Dahlem/Wiesner NZA 2004, 530, 532 und Kuckuk ArbRB 2006, 61, 62 ff. zum Schriftformerfordernis gem. § 623 BGB (§§ 126 Abs. 4, 127a BGB). 311 1764 9 Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2859; Wolf FS Rechberger (2005), S. 719, 725. 312 1765 10 OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 1609, 1610 f. (es fehlt in jedem Fall an der gleichzeitigen Anwesenheit beider Teile).
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5. Rechtsmittel Gegen die Ablehnung des Beschlusses ist die sofortige Beschwerde statthaft (vgl. § 567 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2).313 Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich kein Ausschluss des Beschwerderechts, denn diese bezieht sich nur auf den Beschluss selbst, nicht aber auf dessen Ablehnung.314 Der Beschluss selbst ist nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, da das Gesetz dies nicht ausdrücklich vorsieht (vgl. § 567 Abs. 1 Nr. 1).315 Der Beschluss ist nicht der Rechtskraft fähig.316 Dies entspricht auch der Regelung des herkömmlichen Prozessvergleichs, da das Protokoll ebenfalls nicht anfechtbar ist, sondern lediglich der Berichtigung gem. § 164 unterliegt.317 Eine Ausfertigung des Beschlusses ist den Parteien und anderen an dem Vergleich Beteiligten förmlich zuzustellen (§ 329 Abs. 3). Unrichtigkeiten des Beschlusses und damit des darin aufgenommenen Vergleichsinhalts können ebenso wie beim Protokoll im Wege des Berichtigungsverfahrens (§§ 278 Abs. 6 S. 3, 164) geltend gemacht werden.318 Die Berichtigung wird auf dem Beschluss vermerkt. Sie kann jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag erfolgen (§ 164 Abs. 1). Vorher sind die Parteien anzuhören (§ 164 Abs. 2). Bei Zurückweisung des Berichtigungsantrags ist die sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 statthaft.319 Die Fortführung des Verfahrens wie bei Unwirksamkeit des Prozessvergleichs wegen materiellrechtlicher anfänglicher Mängel (vgl. § 794 Rdn. 56 f.) ist bei Unrichtigkeit des Beschlusses abzulehnen, da auch bei einem unrichtigen Beschluss die prozessbeendigende Wirkung eingetreten ist.320 Besteht Streit über die Wirksamkeit des schriftlichen Vergleichs, ist dieser ebenso auszutragen wie derjenige über die Wirksamkeit des Prozessvergleichs (vgl. § 794 Rdn. 56 f.). Das bedeutet nach der h.M., dass das ursprüngliche Verfahren fortzusetzen ist,321 wenn das Nichtzustandekommen, die Unwirksamkeit oder die Nichtigkeit des Vergleichs geltend gemacht werden, da in diesen Fällen das ursprüngliche Verfahren durch den Vergleich nicht beendet worden ist. Das Gericht stellt dann durch Urteil fest, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich beendet ist oder entscheidet in der Sache. Das gilt allerdings nur, wenn der Vergleich mit Wirkung ex tunc beseitigt worden ist. Bei Einwänden, die nur ex nunc wirken, ist ein neues Verfahren einzuleiten.322
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Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2859; aA Gehrlein Zivilprozessrecht2 (2003) § 9 Rdn. 34. 1767 2314 Vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 82. 315 31768 BT-Drucks. 14/4722 S. 82; vgl. OLG München MDR 2003, 533; Bahlmann S. 200; Abramenko NJW 2003, 1356, 1357, der eine Beschwerde als Berichtigungsantrag auslegen will und außerdem wegen der Unzulänglichkeiten des Berichtigungsverfahrens gem. § 164 eine Beschwerdemöglichkeit de lege ferenda fordert; Foerste NJW 2001, 3103, 3105; Hinz SchlHA 2003, 53, 56; Kranz MDR 2003, 918. 316 41769 Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2859; aA Baum-
bach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 50; Schlosser FS Schumann (2001), S. 389, 395 f. 1770 5317 BT-Drucks. 14/4722 S. 82. 318 61771 OLG München MDR 2003, 533. 319 71772 Abramenko NJW 2003, 1356, 1357; Knauer/ Wolf NJW 2004, 2857, 2859. 320 81773 Anders Abramenko NJW 2003, 1356, 1358 (ratsam, wenn eine Berichtigung ausgeschlossen ist oder erfolglos blieb). 321 1774 9 Vgl. dazu BT-Drucks. 14/4722 S. 82; Schwab/ Wildschütz/Heege NZA 2003, 999, 1001; aA Schlosser FS Schumann (2001), S. 389, 401 (immer neues Verfahren). 322 1775 10 Schlosser FS Schumann (2001), S. 389, 401.
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6. Übergangsregelung
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Für am 1. Januar 2002 anhängige Verfahren findet § 278 keine Anwendung. Das ergibt sich aus § 26 Ziff. 2 EGZPO, wonach für diese Verfahren die einzeln aufgeführten Vorschriften, darunter § 278, in der am 31.12.2001 geltenden Fassung weiter anzuwenden sind.323 Allerdings gilt dies nicht für den schriftlichen Vergleich gem. § 278 Abs. 6.324 Zwar ist dieser jetzt auch in § 278 geregelt, es handelt sich jedoch höchstwahrscheinlich um ein Redaktionsversehen. Denn ursprünglich war der gerichtliche Vergleich in § 272a (RegE) enthalten. Auf Grund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ist dieser dann in § 278 übernommen worden. Die amtliche Begründung zu § 26 Nr. 2 EGZPO erwähnt den schriftlichen Vergleich jedoch nicht. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass § 26 Nr. 2 EGZPO nur die Güteverhandlung meint, nicht aber § 278 Abs. 6, der nach dem Sinn und Zweck des § 26 Nr. 2 EGZPO auch für Altverfahren Anwendung findet.325
VII. Gebühren
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Die Güteverhandlung ist, auch wenn sie nicht Teil der mündlichen Verhandlung ist (Rdn. 15), Teil des Verfahrens und führt weder zu zusätzlichen Gerichts- noch zu zusätzlichen Rechtsanwaltsgebühren.326 1. Gerichtsgebühren
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In den Fällen der gütlichen Streitbeilegung, wie z.B. einer Klagerücknahme, eines Anerkenntnis- oder Verzichtsurteils, eines gerichtlichen Vergleichs oder übereinstimmender Erledigungserklärungen reduzieren sich die Gerichtskosten vom 3,0 fachen Satz (Nr. 1210 KV-GKG) auf den 1,0 fachen Satz unter den in Nr. 1211 KV-GKG genannten Voraussetzungen.327 Nach Nr. 1900 KV-GKG fällt unter Umständen eine zusätzliche Gebühr von 0,25 an, wenn der Wert des Vergleichsgegenstands den Wert des Verfahrensgegenstands übersteigt. 2. Rechtsanwaltsgebühren
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Die Durchführung einer Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 löst idR eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG aus328 (Vorbem. 3 Abs. 3). Die Gebühr reduziert sich auf 0,5, wenn eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist − bloßes Nichtverhandeln iSv § 333 reicht nicht − und das Gericht lediglich von Amts wegen Entscheidungen zur Prozess- oder Sachleitung trifft oder auf Antrag ein Versäumnisurteil nach § 331 Abs. 3 erlässt (vgl. Nr. 3105 VV-RVG). Die Terminsgebühr entsteht auch dann, wenn der Prozess ohne mündliche Verhandlung durch schriftlichen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 beendet worden ist (vgl. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Va323 1776
1 LAG Nürnberg NZA-RR 2003, 463. 324 21777 OLG Naumburg NJW 2002, 3786; aA wohl Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 1. 325 31778 OLG Naumburg NJW 2002, 3786; Foerste NJW 2001, 3103, 3105; Hannich/Meyer-Seitz/Engers §§ 278, 279 Rdn. 66; Kayser S. 72; Kranz MDR 2003, 918; Bedenken hat Hinz SchlHA 2003, 53, 56. 326 41779 Vgl. Schneider/Herget Streitwertkommentar12
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(2007) Rdn. 2641 ff. Bei Berufung und Beschwerden: Ermäßigung nach Nr. 1222; bei Revision und Rechtsbeschwerden: Ermäßigung gem. Nr. 1232; besondere Verfahren: Nr. 1311, Nr. 1332, Nr. 1411, Nr. 1415. 328 1781 6 Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke RVG2 (2006) Stichwort: Güteverhandlung. 327 1780
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 278
riante 4 VV-RVG), unabhängig davon, ob der Haupttermin durch einen frühen ersten Termin oder durch ein schriftliches Vorverfahren vorbereitet wird.329 Entscheidend ist, dass der Vergleichsabschluss in einem Verfahren erfolgt, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.330 Selbst die Mitwirkung an Besprechungen mit der anderen Partei, die auf die Vermeidung oder Erledigung eines gerichtlichen Verfahrens gerichtet sind und ohne Beteiligung des Gerichts − etwa im Rahmen einer außergerichtlichen Streitbeilegung – erfolgen, führt zur Entstehung der Terminsgebühr (vgl. Vorbem. 3 Abs. 3 VV-RVG), was die Bereitschaft der Rechtsanwälte zu einer gütlichen Einigung auch außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens fördern soll.331 Kommt es zum Vergleichsschluss − ein Anerkenntnis oder ein Verzicht genügen nicht, vgl. Nr. 1000 Abs. 1 VV-RVG –, entsteht außerdem eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV-RVG. Ist ein gerichtliches Verfahren anhängig, hat diese Gebühr eine Höhe von 1,0 (Nr. 1003 VV-RVG),332 ist dies nicht der Fall, beträgt sie 1,5 (Nr. 1000 VV-RVG). Daneben erhält der Rechtsanwalt noch für das Betreiben des Geschäfts eine 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV-RVG). Sie entsteht bereits dann, wenn der Anwalt irgendeine Geschäftstätigkeit für das Verfahren ausübt (vgl. Vorbem. 3 Abs. 2 VVRVG).333 Das kann auch der Abschluss eines Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 sein.334 Die Vergütung des als Mediator tätigen Anwalts richtet sich nach § 34 RVG.335 Soweit für die Tätigkeit nach Teil 2 Abschnitt 1 des VV-RVG keine Gebühren bestimmt sind, richtet sich die Vergütung nach einer getroffenen Kostenvereinbarung, wenn diese fehlt, dann nach den Vorschriften des BGB (§ 612 Abs. 1 BGB, möglicherweise § 632 Abs. 2 BGB oder §§ 662 ff., 675 ff. BGB); die Wertungen des § 14 RVG sind hier nicht zu berücksichtigen336. Der Rechtsanwalt erhält für dieselbe Angelegenheit jede Gebühr nur einmal, § 15 Abs. 2 S. 1 RVG. Für die Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2), die Verweisung an einen kommissarischen Richter (§ 278 Abs. 5 S. 1) sowie für eine auf Vorschlag des Gerichts erfolgende außergerichtliche Streitschlichtung (§ 278 Abs. 5 S. 2) gilt § 17 Nr. 7 lit. a RVG nicht, so dass sie mit dem jeweils folgenden gerichtlichen Verfahren keine verschiedenen Angelegenheiten darstellen.337
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BGH NJW 2006, 157, 158; BGH NJW-RR 2006, 1507 f.; dazu Henke AnwBl 2006, 53 (mit dem Hinweis, dass dies auch für den Fall des § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 gelten müsse); BGHR 2006, 1507 f.; BAG NJW 2006, 3022 f.; KGR 2006, 80; OLG München NJW-RR 2006, 1006, 1007; OLG Koblenz NJW-RR 2006, 358; LAG Kiel NZARR 2006, 268. Die Entscheidung des BGH in NJW 2004, 2311, 2312 (obiter dictum) bezog sich auf die alte Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO. Angesichts des eindeutigen Wortlauts von Abs. 1 Nr. 1 Variante 4 zu Nr. 3104 Vergütungsverzeichnis „oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird“ ist diese Entscheidung obsolet; so auch Goebel RVG-Berater 2005, 8, 9 f.; Hk/ Saenger Rdn. 25; vgl. auch Schons AGS 2005, 145 f.; Schneider AGS 2005, 290, 291; aA OLG Naumburg NJW-RR 2006, 504; OLG Nürnberg NJW-RR 2005, 655, 656 (der Abschluss eines schriftlichen Vergleichs löst nur dann eine Ter-
minsgebühr aus, wenn er in einem schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 oder nach § 495a geschlossen wird); vgl. auch Hartmann KostG38 (2008) VV 3104 Rdn. 30. 330 21783 BGH NJW 2006, 157, 158; deshalb rät Henke AnwBl 2006, 53, für Verfahren ohne obligatorische mündliche Verhandlung, vor Abschluss eines beabsichtigten Vergleichs mit dem Gegner Besprechungen mit Streitbeilegungsabsicht durchzuführen. 331 31784 Gerold/Schmidt/Müller-Rabe RVG17 (2006), VV 3103, 3104 Rdn. 58. 332 41785 Vgl. BGH NJW 2006, 157. 333 1786 5 OLGR Hamm 2005, 385. 334 61787 BGH NJW 2006, 157. 335 71788 § 34 RVG neu gefasst mit Wirkung zum 1.7.2006, vgl. Gerold/Schmidt/Madert RVG17 (2006) § 34 Rdn. 1 ff. 336 81789 Hartmann KostG38 (2008) § 34 RVG Rdn. 28; aA Hk/Saenger Rdn. 25. 337 91790 So auch Zöller/Greger § 278 Rdn. 27.
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§ 279
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§ 17 Nr. 7 lit. a RVG ist allerdings auf ein dem gerichtlichen Verfahren vorangegangenes Güteverfahren anwendbar (§ 15a EGZPO), so dass der Rechtsanwalt hierfür Gebühren verlangen kann. Unter Berücksichtigung der besonderen gebührenrechtlichen Anrechnungsvorschriften gilt danach folgendes: Eine bereits vor Entstehung des Rechtsstreits entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG − für ein Güteverfahren vor einer der in Nr. 2303 VV-RVG bezeichneten Gütestelle beträgt sie grundsätzlich 1,5 − wird auf die Verfahrensgebühr maximal zur Hälfte, höchstens jedoch zu einem Satz von 0,75 angerechnet (vgl. Nr. 2303 VV-RVG a.E. sowie Vorbem. 3 Abs. 4 VV-RVG). Findet also zunächst ein außergerichtliches Güteverfahren statt und kommt es nach dessen Scheitern zu einem Rechtsstreit, erhält der Rechtsanwalt hierfür eine 1,3 Verfahrensgebühr sowie eine anteilige 0,75 Geschäftsgebühr.
§ 279 Mündliche Verhandlung (1) Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, soll sich die mündliche Verhandlung (früher erster Termin oder Haupttermin) unmittelbar anschließen. Andernfalls ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen. (2) Im Haupttermin soll der streitigen Verhandlung die Beweisaufnahme unmittelbar folgen. (3) Im Anschluss an die Beweisaufnahme hat das Gericht erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern. Schrifttum Greger Die ZPO-Reform − 1000 Tage danach, JZ 2004, 805; Henkel Die mündliche Verhandlung im Zivilprozeß aus kommunikationspsychologischer Sicht, ZZP 110 (1997), 91; Siegburg Zur neuen Erörterungs- und Hinweispflicht des Gerichts nach § 279 Abs. 3 ZPO n.F., BauR 2003, 968.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Ablauf der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . a) im Anschluss an den Gütetermin b) Bestimmung eines Termins . . 2. Streitige Verhandlung . . . . . .
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Rdn 3. Beweisaufnahme . . . . . . . . 4. Erneute Erörterung des Sach- und Streitstands (§ 279 Abs. 3) . . . . 5. Hinweispflicht (§ 139) . . . . . 6. Abschluss der Verhandlung . . . a) Bestimmung eines weiteren Termins . . . . . . . . . . . . b) Entscheidungsreife . . . . . . 7. Keine Übergangsvorschriften . .
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 279
I. Gesetzesgeschichte § 279 ist neu gefasst durch das ZPO-ReformG vom 27.7.2001.1 § 279 Abs. 1 ist neu eingefügt, § 279 Abs. 2 entspricht § 278 Abs. 2 S. 1 a.F. und § 279 Abs. 3 weitgehend § 278 Abs. 2 S. 2 a.F. § 278 Abs. 3 a.F. ist nun in § 139 Abs. 2 zu finden; § 278 Abs. 4 a.F. ist gestrichen worden, da sein Regelungsgehalt bereits in § 136 Abs. 3 HS 2 enthalten ist.
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II. Normzweck § 279 regelt den Ablauf der mündlichen Verhandlung, allerdings nur sehr lückenhaft.2 Er stellt lediglich Leitlinien für den Verfahrensverlauf auf. Ergänzende Regelungen sind in den §§ 220, 136, 137, 139, 285, 310 sowie in §§ 169 ff. GVG enthalten. § 279 findet sowohl auf den frühen ersten Termin als auch auf den Haupttermin oder weitere Termine Anwendung. Die Vorschrift dient ebenfalls der Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens.3 Sie gilt auch im Berufungs- (§ 525) und Revisionsverfahren (§ 555). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird § 279 Abs. 1 von § 54 Abs. 4 ArbGG verdrängt (§ 46 Abs. 2 S. 1), § 279 Abs. 2 und 3 sind dagegen auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren anwendbar. § 279 Abs. 1 ordnet an, wie nach dem Scheitern der Güteverhandlung zu verfahren ist. Grundsätzlich soll sich die mündliche Verhandlung der Güteverhandlung unmittelbar anschließen. Ist dies nicht der Fall, muss unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt werden. Da im Regelfall bereits eine Einführung in den Sachund Streitstand in der Güteverhandlung erfolgt ist, wird sogleich in die streitige Verhandlung eingetreten. Hat jedoch keine Güteverhandlung stattgefunden, muss das Gericht zunächst in den Sach- und Streitstand einführen. In diesem Stadium soll das Gericht seine Sicht des entscheidungserheblichen Streitstoffs mitteilen und Unklarheiten sowie Widersprüche im gegenseitigen Gespräch mit den Parteien beseitigen. Etwaige Ergänzungen können angeregt und für die weitere mündliche Verhandlung nutzbar gemacht werden. Danach wird die streitige Verhandlung durchgeführt. Im Haupttermin soll dieser dann unmittelbar die Beweisaufnahme, wenn eine solche nicht gem. § 358a bereits vorher stattfand, folgen (§ 279 Abs. 2). Eine Trennung von Haupttermin und Beweisaufnahme ist nicht erwünscht.4 Anschließend hat das Gericht gem. § 279 Abs. 3 erneut den Sach- und Streitstand, so wie er sich nach der Beweisaufnahme darstellt, zu erörtern. Soweit möglich, findet unmittelbar im Anschluss an die Beweisaufnahme (vgl. auch § 370) die erforderliche Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme gem. § 285 statt. Hier bietet sich eventuell noch einmal die Möglichkeit zu einer gütlichen Einigung (§ 278 Abs. 1).
1 11791 BGBl I S. 1887. 2 21792 Henkel ZZP 110 (1997), 91; Rudolph Justiz und Recht, FS aus Anlaß des 10-jährigen Bestehens der Deutschen Richterakademie (1983), S. 151, 163.
3 31793 Musielak/Foerste Rdn. 1. 4 41794 BT-Drucks. 7/2729 S. 72 (Begründung zur Vereinfachungsnovelle 1976).
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III. Ablauf der mündlichen Verhandlung
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§ 279 enthält sowohl Regelungen über den technischen Ablauf als auch über die Gestaltung der mündlichen Verhandlung. Allerdings handelt es sich hier lediglich um Leitlinien, die dem Gericht genügend Spielraum für sinnvolle ergänzende Maßnahmen lassen.5 1. Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
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a) im Anschluss an den Gütetermin. Die mündliche Verhandlung soll sich unmittelbar an den Gütetermin anschließen, wenn dieser nicht bzw nur teilweise zum Erfolg geführt hat, sei es, dass eine Partei nicht erschienen oder die Güteverhandlung gescheitert ist. Dadurch sollen Verzögerungen durch die Güteverhandlung vermieden werden. Deshalb ist grundsätzlich gleichzeitig zur Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung zu laden (§ 278 Rdn. 36). Das Nichterscheinen einer Partei bedeutet gem. §§ 330 ff., dass weder sie noch ein Vertreter, im Anwaltsprozess kein postulationsfähiger Anwalt, in der Güteverhandlung erschienen ist. In diesen Fällen ist in die mündliche Verhandlung überzugehen (§ 278 Rdn. 69). Davon zu unterscheiden ist das persönliche Erscheinen der Partei gem. § 278 Abs. 3. Zum Verfahren bei Nichterscheinen einer Partei trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens vgl. ausführlich § 278 Rdn. 43 ff. Erscheinen beide Parteien nicht, ist gem. § 278 Abs. 4 das Ruhen des Verfahrens anzuordnen und nicht in die mündliche Verhandlung einzutreten. Die Güteverhandlung ist erfolglos, wenn die Parteien den Streit nicht oder nicht vollständig gütlich beigelegt haben, sei es durch einen Vergleich, durch übereinstimmende Erledigungserklärungen, durch Klagerücknahme, Anerkenntnis oder Verzicht6 (siehe § 278 Rdn. 60). Das Scheitern der Güteverhandlung ist im Protokoll festzustellen (§ 160 Abs. 3 Nr. 10). b) Bestimmung eines Termins. Nur im Ausnahmefall kann Termin erst nach der Güteverhandlung bestimmt werden, dann allerdings unverzüglich (§ 279 Abs. 1 S. 2) unter Wahrung der Ladungsfrist (§ 217).7 Unverzüglich meint – anders noch § 278 Abs. 4 a.F. („möglichst kurzfristig“) – nun in sprachlicher Übereinstimmung mit § 216 Abs. 2 und § 271 Abs. 1 (vgl. dort Rdn. 12) „ohne schuldhaftes Zögern“ (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB)8, wobei sich dies naturgemäß danach richtet, ob sich das Gericht dem Prozessrecht gemäß verhalten hat. Schon wegen § 272 Abs. 3 muss der Termin so früh wie möglich bestimmt werden.9
5 11795 BT-Drucks. 7/2729 S. 72 (Begründung zur Vereinfachungsnovelle 1976). 6 21796 Hier ist umstritten, ob ein Verzichtsurteil nur nach Übergang in die mündliche Verhandlung möglich ist; Beunings AnwBl 2004, 82, 87; Wieser MDR 2002, 10, 11: ein Verzichtsurteil kann auch im Gütetermin verkündet werden; vgl. auch Windel FS Gerhardt (2004), S. 1093, 1106 f.; aA Zöller/Greger § 278 Rdn. 15; Musielak/Foerste § 278 Rdn. 12; für das Arbeitsgerichtsverfahren Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/Germelmann ArbGG6 (2008) § 54 Rdn. 40; Grunsky
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ArbGG7 (1995) § 54 Rdn. 15 f.; dagegen van Venrooy ZfA 1984, 337, 375. 7 31797 AA MünchKomm/Prütting Rdn. 5, der eine Ladung gem. § 218 für entbehrlich hält. 8 41798 Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 5. 1799 9 5 Im Referentenentwurf des BMJ zum Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Stand 23. Dezember 1999) (http://www.anwaltverein.de/Justizreform/ Referent.pdf), S. 11, war noch in § 279 Abs. 1 S. 3 vorgesehen, dass der Termin − wie nach § 54 Abs. 1 S. 5 ArbGG − „alsbald“ stattzufinden hat.
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Die Einlassungsfrist (§ 274 Abs. 3) dürfte in jedem Fall bereits gewahrt sein, da der Zeitraum von zwei Wochen mit der Anberaumung einer Güteverhandlung und erst anschließender Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung mit Sicherheit bereits verstrichen ist. Von einer sofortigen Anberaumung der mündlichen Verhandlung kann z.B. dann abgesehen werden (vgl. auch § 278 Rdn. 36), wenn die Einigungschancen günstig eingeschätzt werden, so dass eine umfassende Vorbereitung des Haupttermins, insbesondere die Ladung von Zeugen, noch nicht erforderlich erscheint. Möglich ist auch, dass die Güteverhandlung nur teilweise erfolgreich war und mit einem bedingten oder unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossenen Vergleich endet.10 Hier wird man erst die Widerrufsfrist bzw den Bedingungseintritt abwarten, bevor in die mündliche Verhandlung eingetreten wird.11 Um einen Ausnahmefall handelt es sich auch, wenn die Güteverhandlung vor dem beauftragten oder ersuchten Richter stattgefunden hat. Scheitert diese, so hat der Vorsitzende unverzüglich einen Verhandlungstermin zu bestimmen (vgl. § 278 Rdn. 74).
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2. Streitige Verhandlung Die mündliche Verhandlung wird vom Vorsitzenden nach Aufruf der Sache (§ 220) eröffnet (§ 136 Abs. 1). Ist dieser keine Güteverhandlung vorausgegangen, hat das Gericht trotz der Abschaffung von § 278 Abs. 1 S. 1 a.F. durch das ZPO-RG zu Beginn der mündlichen Verhandlung in den Sach- und Streitstand einzuführen (vgl. auch § 278 Rdn. 46).12 Dies ergibt sich aus § 139 und § 279 Abs. 3 („ erneut“ den Sach- und Streitstand ... zu erörtern).13 Die erschienenen Parteien sollen persönlich gehört werden, soweit dies noch nicht im Gütetermin erfolgt ist. Ansonsten lässt sich eine Obliegenheit zur Anhörung auch aus § 137 Abs. 4 und aus Art. 103 Abs. 1 GG herleiten.14 Die Anhörung ist auf die Aufklärung des Sachverhalts zu beschränken (vgl. § 141 Abs. 1 S. 1 HS 2). Das Gericht darf diese keinesfalls unter Missachtung des Beibringungsgrundsatzes zur Ausforschung der Parteien nutzen.15 Die Parteien können auf ihr Anhörungsrecht verzichten, woraus ihnen keine Nachteile erwachsen dürfen.16 Anschließend beginnt die streitige Verhandlung mit der Stellung der Parteianträge (§§ 137, 297).17 Es ist allerdings möglich, vorher bereits Zulässigkeitsfragen und −rügen (§§ 139 Abs. 3, 280, 281, 282 Abs. 3) zu behandeln, was dem Kläger etwa eine Klagerücknahme ohne Zustimmung des Beklagten ermöglicht (vgl. § 269 Rdn. 29).18 Ist eine Partei nicht erschienen, kann auf Antrag ein Versäumnisurteil gem. §§ 330 f. ergehen.
1800 110 BT-Drucks. 14/4722 S. 84. 1801 211 Hannich/Meyer-Seitz/Engers ZPO-Reform 2002 (2002) §§ 278, 279 Rdn. 62 hält es in diesen Fällen oftmals für sinnvoll, bereits sofort für den Fall des Widerrufs zu verhandeln. 12 1802 3 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 7; Grunsky ZPR § 4 C 4b, bb (das Gericht sei nicht daran gehindert, anders noch ders. in JZ 1977, 201, 203: zuerst Stellung der Anträge und dann Einführung in den Sach- und Streitstand); dagegen hielt Bet-
termann ZZP 91 (1978), 369, 372 bereits die Einführung gem. § 278 Abs. 1 S. 1 für „Unfug“. 1803 413 Hannich/Meyer-Seitz/Engers ZPO-Reform 2002 (2002) §§ 278, 279 Rdn. 63. 14 1804 5 So auch MünchKomm/Prütting Rdn. 13. 1805 615 MünchKomm/Prütting Rdn. 16. 1806 716 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 15. 1807 817 Bischof NJW 1977, 1897, 1900; Hartmann NJW 1978, 1457, 1460; aA Putzo AnwBl 1977, 429, 433. 1808 918 MünchKomm/Prütting Rdn. 7.
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3. Beweisaufnahme
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Die Beweisaufnahme soll, wenn eine solche erforderlich ist, der streitigen Verhandlung unmittelbar folgen (§ 279 Abs. 2). Wegen der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355) darf nur ausnahmsweise eine auswärtige Beweiserhebung (§§ 361, 362, 375) durchgeführt werden.19 Damit sollte der Trennung von streitiger Verhandlung und Beweisaufnahme in verschiedenen Terminen entgegengewirkt und eine konzentrierte Verhandlung ermöglicht werden.20 Dies setzt allerdings voraus, dass die Beweise bereits präsent sind.21 Dies kann durch vorbereitende Maßnahmen und Hinweise des Gerichts gem. §§ 139, 144, 273 bzw 358a erreicht werden. Aber auch andere präsente Beweismittel jeder Art, wie z.B. ein von der Partei zur mündlichen Verhandlung mitgebrachter oder auch ein zufällig an der Gerichtsstelle anwesender Zeuge, können im Termin verwertet werden, wenn nicht §§ 357, 397 entgegenstehen.22 Ein Beweisbeschluss ist nicht erforderlich.23 Allerdings ist den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren. In Ausnahmefällen ist eine Vertagung angezeigt, so z.B. wenn geladene Zeugen nicht erscheinen und die Möglichkeit besteht, ein nicht einfach zu beschaffendes Beweismittel in einem weiteren Verhandlungstermin beizubringen. Das Ziel, den Rechtsstreit möglichst in einem Haupttermin zu erledigen (§ 272 Abs. 1), rechtfertigt nicht um jeden Preis den Ausschluss einer Partei mit nicht einfach zu beschaffenden Beweismitteln, wenn deren Beibringung in einem weiteren Verhandlungstermin möglich erscheint.24 Auf einen Verstoß gegen § 279 Abs. 2 kann kein Rechtsmittel gestützt werden,25 zumal ein Verstoß gegen § 279 Abs. 2 ohnehin kaum denkbar ist, weil es sich hierbei um eine „Soll-Vorschrift“ handelt, die dem Gericht ein weites Ermessen hinsichtlich der Verfahrensgestaltung eröffnet.26 4. Erneute Erörterung des Sach- und Streitstands (§ 279 Abs. 3)
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Im Anschluss an die Beweisaufnahme soll der Sach- und Streitstand27 erneut (so schon § 278 Abs. 2 S. 2 a.F.) und im Haupttermin möglichst auch abschließend (vgl. § 272 Abs. 1) mit den Parteien erörtert werden. Der Wortlaut „im Anschluss“ zeigt, dass die Erörterung möglichst unmittelbar folgen sollte.28 Damit sollte verhindert werden, dass das Gericht die mündliche Verhandlung vertagt, um den Anwälten Gelegenheit zur schriftlichen Würdigung des Beweisergebnisses zu geben.29 Dabei ist nunmehr auch das Ergebnis der Beweisaufnahme zu diskutieren (§ 285). Das bedeutet, dass das Gericht seine Ansicht zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme darlegen soll,30 um damit den Parteien die Möglichkeit zu geben, weitere Beweisanträge zu stellen.31 1809 119 Zöller/Greger Rdn. 4. 1810 220 BT-Drucks. 7/2729 S. 34 (Vereinfachungsnovelle 1976). 1811 321 Putzo NJW 1977, 1, 3. 1812 422 Gießler NJW 1991, 2885 gegen OLG Schleswig NJW 1991, 303 f., das die Vernehmung eines zufällig anwesenden Zeugen als unzulässig ablehnt. 23 1813 5 Grunsky JZ 1977, 201, 203; Putzo NJW 1977, 1, 3 und AnwBl 1977, 429, 433. 1814 624 BGH NJW 1976, 1742, 1743. 1815 725 AA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 12 (kann Verfahrensmangel sein mit der Folge des § 538).
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1816 826 So auch MünchKomm/Prütting Rdn. 19. 1817 927 Nach Laumen Das Rechtsgespräch im Zivilprozeß (1984), S. 240 ff. (zu § 278 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F.) ist das Gericht hier nicht auch zu einem Rechtsgespräch mit den Parteien verpflichtet. Vielmehr stehe ein solches im Ermessen des Gerichts. 28 1818 10 MünchKomm/Prütting Rdn. 18. 29 1819 11 Vgl. Franzki DRiZ 1977, 161, 163 zu § 278 Abs. 2 S. 1 a.F. nach der Vereinfachungsnovelle 1976. 30 1820 12 Nach Greger JZ 2004, 805, 810 soll mit der Erörterung der Verfahrensgang transparenter gemacht und zugleich verhindert werden, dass die Par-
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§ 279
Da seit der Neugestaltung des Berufungsrechts durch das ZPO-RG Tatsachenfeststellungen in der Berufung nur noch sehr eingeschränkt angegriffen werden können (§ 529 Abs. 1), ist eine besonders sorgfältige Überprüfung bereits in der ersten Instanz unverzichtbar. Vor diesem Hintergrund kommt der Erörterung gem. § 279 Abs. 3 eine gesteigerte Bedeutung zu.32 Um Überraschungsentscheidungen zu verhindern, muss das Gericht den Parteien eine Änderung seiner Ansicht gem. § 139 Abs. 2 mitteilen. War die mündliche Verhandlung bereits geschlossen, ist diese gem. § 156 wieder zu eröffnen. Allerdings enthält § 279 Abs. 3 die Einschränkung, soweit dies dem Gericht bereits möglich ist.33 Bei umfangreichen Beweisaufnahmen und komplexen Sachverhalten kann deshalb eine Erörterung der wesentlichen Streitpunkte der Beweisaufnahme genügen.34 Das Gericht sollte durch die Neufassung des § 279 zur möglichst offenen Verhandlungsführung motiviert werden.35 Ob eine Unterbrechung oder Vertagung geboten ist, wenn dem Gericht eine sofortige Stellungnahme zur Beweisaufnahme nicht möglich ist, ist fraglich.36 Jedenfalls liegt in der nicht durchgeführten Erörterung des Beweisergebnisses im Hinblick auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ein Verfahrensfehler, der mit der Berufung und gegebenenfalls gem. § 321a gerügt werden kann. Dies ist seit der Änderung im Berufungsrecht von besonderer Bedeutung, ermöglicht doch ein Verstoß gegen § 279 Abs. 3 die Überprüfung der Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts in der Berufungsinstanz (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 und § 529 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 531 Abs. 2 Nr. 2).37 Soll die auf einen Verfahrensfehler gestützte Berufung Erfolg haben, muss die Partei dessen Einfluss auf das Urteil darlegen, also erklären, wie sie sich im Fall einer ordnungsgemäßen Erörterung verhalten hätte (z.B. Beweisantrag oder Richtigstellung des Missverständnisses).38 Die Verhandlung der Parteien über das Ergebnis der Beweisaufnahme und die erneute Erörterung des Sach- und Streitstands (§ 279 Abs. 3) gehören zu den wesentlichen Vorgängen der Verhandlung, die nach § 160 Abs. 2 in das Protokoll aufzunehmen sind.39 Fehlen diese, ist gem. § 165 davon auszugehen, dass die Parteien keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, es sei denn, die Lückenhaftigkeit des Protokolls ist offensichtlich.40 Eventuelle Erläuterungen des Beweisergebnisses müssen zwar nicht in das Protokoll aufgenommen, sollten jedoch gleichwohl in entsprechender Anwendung von § 139 Abs. 4 aktenkundig gemacht werden, um etwaigen Vorwürfen, gegen das Überrateien erst im Urteil mit der Sicht des Gerichts konfrontiert werden. 1821 131 Gehrlein MDR 2003, 421, 423; Greger NJW 2002, 3049, 3050; Grunsky JZ 1977, 201, 203; Rensen AnwBl 2002, 633, 636 (bei erfolgloser Beweisaufnahme entspreche dies faktisch einem Hinweis, dass ein weiterer Beweisantritt erforderlich sei); zur Vorbereitung der Beweiswürdigung Siegburg BauR 2003, 968. 1822 232 Greger NJW 2002, 3049, 3050. 1823 333 Rensen AnwBl 2002, 633, 636 befürchtet, dass die Praxis davon häufig Gebrauch machen werde. Nach Greger JZ 2004, 805, 810 wurde hierdurch die Regelung stark entwertet und hat so kaum praktischen Einfluss. 34 1824 4 Gehrlein MDR 2003, 421, 423; Siegburg BauR 2003, 968, 969. 1825 535 BT-Drucks. 14/4722 S. 84. 1826 636 Dafür: Greger NJW 2002, 3049, 3050; Siegburg BauR 2003, 968, 969 (Unterbrechung bei Rich-
terkollegium ohnehin stets notwendig); dagegen: Hinz SchlHA 2003, 53, 55 f.; Siegburg BauR 2003, 968, 969 (keine Vertagung, nur um die im Anschluss an die Beweisaufnahme zunächst nicht mögliche Beweiswürdigung des Gerichts mitzuteilen). 37 1827 7 Auf den Zusammenhang mit § 529 Abs. 1 hinweisend, Zöller/Greger Rdn. 6; Musielak/ Foerste Rdn. 7; Gehrlein MDR 2003, 421, 423; Siegburg BauR 2003, 968, 970, der sich allerdings auf § 531 Abs. 2 Nr. 3 beruft (Rüge bereits in Berufungsbegründungsschrift erforderlich, § 529 Abs. 2 S. 1 iVm § 520 Abs. 3 Nr. 2). 38 1828 8 Greger NJW 2002, 3049, 3050; Gehrlein MDR 2003, 421, 423. 1829 939 BGH NJW 1990, 121, 122; Schulz/Sticken MDR 2005, 1, 5: zumindest das Stattfinden der Erörterung ist in das Protokoll aufzunehmen. 40 1830 10 BGHR 2006, 529 mit Anm. Fölsch; BGH NJW 1990, 121, 122.
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§ 279
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
schungsverbot verstoßen zu haben, vorzubeugen.41 § 279 Abs. 3 ist nicht zwingend, sondern konkretisiert lediglich den Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Parteien können auf eine Erörterung des Beweisergebnisses verzichten. Dadurch wird die vorausgehende Antragstellung und Verhandlung nicht berührt, die Partei wird nicht säumig.42 Das Gericht muss allerdings von sich aus eine Erörterung in die Wege leiten, falls die Beweisaufnahme neue Betrachtungsweisen hervorgebracht hat und nur so eine Überraschungsentscheidung vermieden werden kann.43 Diese Informationspflicht ist unverzichtbar.44 Sind die Parteien selbst nicht in der Lage, das Ergebnis der Beweisaufnahme umgehend festzulegen, verstößt auch die Unterlassung der Erörterung durch das Gericht nicht gegen § 279 Abs. 3.45 Nach der erneuten Erörterung bietet sich eventuell die Gelegenheit für einen erneuten Einigungsversuch (§ 278 Abs. 1). §§ 279 Abs. 3, 285 finden im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Anwendung. Allerdings ist auch hier der Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu beachten.46 5. Hinweispflicht (§ 139)
23
Während des gesamten Verfahrens hat das Gericht, falls erforderlich, die entsprechenden Hinweise gem. § 139 zu geben. Die früher bei dem Ablauf des Haupttermins in § 278 Abs. 3 geregelte Hinweispflicht ist jetzt in § 139 Abs. 2 enthalten. 6. Abschluss der Verhandlung
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Nach der Erörterung des Beweisergebnisses stellt sich heraus, ob der Rechtsstreit entscheidungsreif ist (§ 300 Abs. 1) oder eine Vertagung und eventuell eine erneute Beweisaufnahme erforderlich sind.
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a) Bestimmung eines weiteren Termins. Im letzten Fall hat der Vorsitzende die Sitzung zur Fortsetzung der Verhandlung sofort, dh noch in der mündlichen Verhandlung,47 zu bestimmen (§ 136 Abs. 3 HS 2) und eventuelle Beweisbeschlüsse zu erlassen. Dabei handelt es sich um eine Vertagung des Haupttermins iSv § 227.48 Das Gericht kann bei der Terminsbestimmung den Parteien Hinweise und Auflagen erteilen.49 Die Terminsbestimmung darf allerdings nicht von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden, da das Verfahren unabhängig vom Parteiverhalten durchgeführt werden soll und das Gericht ein solches somit nicht durch Druck erzwingen darf.50
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b) Entscheidungsreife. Bei Entscheidungsreife wird die Verhandlung geschlossen und das Urteil des Gerichts entweder sofort (§ 136 Abs. 4) oder in einem besonderen Verkündungstermin verkündet (§ 310).
1831 141 Zöller/Greger Rdn. 8. 1832 242 BGHZ 63, 94, 95 = NJW 1974, 2322; OLG Hamm NJW 1974, 1097 f. 43 1833 3 BVerwG NVwZ 2003, 1132, 1133. 44 1834 4 Greger NJW 2002, 3049, 3050. 1835 545 Schulz/Sticken MDR 2005, 1, 5. 1836 646 BayObLGZ 1990, 177, 179 f. = NJW-RR 1990, 1420, 1421. 1837 747 OLG Frankfurt FamRZ 1978, 919; MünchKomm/Prütting Rdn. 20; aA Stein/Jonas/Leipold21 § 278 Rdn. 22, der in einigen Ausnahme-
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fällen eine Terminierung auch außerhalb der mündlichen Verhandlung zulassen will (zu § 278 Abs. 4 a.F., dessen Regelung bereits in § 136 Abs. 3 HS 2 enthalten ist). 48 1838 8 Beendigung eines bereits begonnenen Termins und Fortsetzung der mündlichen Verhandlung in einem neuen Termin, BGH NZI 2003, 389, 391. 1839 949 MünchKomm/Prütting Rdn. 20. 50 1840 10 MünchKomm/Prütting Rdn. 20; siehe auch OLG Frankfurt FamRZ 1978, 919.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 280
7. Keine Übergangsvorschriften Mangels Übergangsvorschrift in § 26 EGZPO gilt § 279 auch für vor dem 1.1.2002 anhängig gewordene Verfahren.51
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§ 280 Abgesonderte Verhandlung über Zulässigkeit der Klage (1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird. (2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist. Schrifttum Bergenroth Entscheidung über prozeßhindernde Einreden nach § 275 ZPO, NJW 1952, 1204; Demharter Ist ein die Leistung der Ausländersicherheit anordnendes Zwischenurteil selbständig anfechtbar, MDR 1986, 186; Jäger Zwischenstreitverfahren nach den §§ 280, 303 ZPO, 2002; Schiedermair Die Wirkung der Anfechtung von Zwischenurteilen nach §§ 275, 304 ZPO auf das Endurteil, JuS 1961, 212; Schwab Die Entscheidung über prozeßhindernde Einreden, Festschrift für Friedrich Weber, 1975, S. 413.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendbarkeit
. . . . . . . . .
4
IV. Anordnung der abgesonderten Verhandlung über die Zulässigkeit . . . 1. Ermessensentscheidung . . . . . 2. Zuständigkeit . . . . . . . . . 3. Keine Anordnung . . . . . . . 4. Rechtsmittel . . . . . . . . . . 5. Gegenstand der Verhandlung . . .
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V. Entscheidung . . . . . . . 1. bei Zulässigkeit der Klage . 2. bei Unzulässigkeit der Klage 3. bei behebbaren Mängeln . .
. . . .
. . . .
. . . .
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Rdn 4. bei Säumnis gem. § 347 Abs. 2 . 5. Rechtsmittel . . . . . . . . . a) Anfechtbarkeit . . . . . . b) Entscheidungen in der Rechtsmittelinstanz . . . . . . . c) Rechtskraft . . . . . . . . VI. Anordnung zur Verhandlung über die Hauptsache . . . . . . . . 1. Voraussetzungen . . . . . . . 2. Rechtsmittel . . . . . . . . . 3. Entscheidung in der Hauptsache
. . .
35 36 36
. .
39 40
. . . .
41 42 44 47
VII. Fortsetzung des Verfahrens . . . .
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VIII. Streitwert und Gebühren . . . . . 1. Streitwert . . . . . . . . . . . 2. Gebühren . . . . . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte Der Grundsatz des heutigen § 280, dass über die Zulässigkeit der Klage durch ein Zwischenurteil entschieden werden kann, wurde erstmals 1850 in § 344 der Bürgerlichen Prozessordnung des Königreichs Hannover normiert.1 Im Jahr 1877 wurde die1841 151 MünchKomm/Prütting Rdn. 22.
1 21842 Zur Gesetzesgeschichte vgl. Jäger S. 115 ff.
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§ 280
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
ser Grundsatz als § 248 in die CPO aufgenommen,2 der im Rahmen der Bekanntmachung von 18983 ohne Änderung zu § 275 wurde. § 280 wurde neu gefasst durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19764 und ist an die Stelle von § 275 a.F. getreten. Er erfasst nunmehr generell die Zulässigkeit der Klage, während § 275 a.F. eine abgesonderte Verhandlung und ein Zwischenurteil auf bestimmte Prozessvoraussetzungen, die missverständlich als „prozesshindernde Einreden“ bezeichnet und in § 274 a.F. aufgeführt waren, beschränkte (vgl. Rdn. 21).
II. Normzweck
2
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Über die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage und Widerklage ist in der Regel gemeinsam zu verhandeln. Da bei Unzulässigkeit der Klage ein Sachurteil nicht ergehen darf, wäre eine bereits durchgeführte Verhandlung zur Sache vergebens, wenn sich später die Unzulässigkeit der Klage herausstellt. Deshalb erlaubt § 280 Abs. 1 eine in der Regel vor der Sachverhandlung durchzuführende, gesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage. Es handelt sich dabei um einen Zwischenstreit, der zu einem mit Rechtsmitteln angreifbaren Zwischenurteil führt (§ 280 Abs. 2 S. 1), wenn das Gericht die Zulässigkeit der Klage bejaht. Sinn einer gesonderten Verhandlung ist es, vorab zu Fragen der Zulässigkeit der Klage eine endgültige Klärung, gegebenenfalls im Rechtsmittelzug, herbeizuführen.5 Wollte man aber für den Fall einer Rechtsmitteleinlegung die Entscheidungen im gesamten Rechtsmittelzug abwarten, könnte sich dadurch das Verfahren erheblich verzögern. Deshalb gestattet § 280 Abs. 2, auf Antrag eine Verhandlung zur Hauptsache durchzuführen, obwohl das Urteil über die Zulässigkeit noch nicht rechtskräftig ist. Ein die Klage abweisendes Endurteil ergeht, wenn das Gericht die Klage für unzulässig erachtet. Bei Unzuständigkeit des Gerichts hat dieses auf Antrag den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen (§ 281).
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§ 280 findet in allen Verfahrensarten, auch in Ehesachen (§ 608) Anwendung.6 Die Vorschrift ist ferner im arbeitsgerichtlichen Urteils-7 und Beschlussverfahren8 entsprechend anwendbar. Der Rechtsgedanke des § 280 gilt auch im FGG-Verfahren,9 ebenso im Patentverfahren.10 Gem. § 280 kann über sämtliche Zulässigkeitsfragen der Klage, ob sie im Einzelfall von Amts wegen oder nur auf eine Rüge hin zu beachten sind, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens abgesondert verhandelt und entschieden werden. Dies gilt ebenso im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2. 2 11843 RGBl. S. 83, 127 f.; Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 194 f. 3 21844 RGBl. S. 410, 462. 1845 4 3 BGBl I S. 3281, 3285; Gesetzesentwurf: BTDrucks. 7/2729. 5 41846 OLG Celle NJW-RR 1989, 143. 1847 6 5 OLG Zweibrücken FamRZ 1983, 617, 618. 7 61848 BAGE 5, 178, 179 = ArbuR 1958, 350 (zu § 275 a.F.) mit Anm. Savae`te; nach BAGE 44, 211, 215 soll entsprechend § 280 und § 303 auch eine abgesonderte Entscheidung über die Zulässigkeit der
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Anrufung des Großen Senats möglich sein. Besser passt § 303, weil die Entscheidung über die Anrufung gerade nicht selbständig anfechtbar ist; darauf weist Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4 zu Recht hin. 8 71849 LAG Düsseldorf Beschl. v. 15.12.2005 – 11 TaBV 47/05 = ArbuR 2006, 254 (LS). 9 81850 BayObLGZ 1962, 11, 13; OLG Celle NJW-RR 1989, 143. 1851 910 BPatG GRUR 1986, 50.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 280
Bezüglich der sog. prozesshindernden Einreden (vgl. Vor § 253 Rdn. 141 ff.), die unter § 280 fallen, wie die Einrede des Schiedsvertrags gem. § 1032 Abs. 1, die Einrede der fehlenden Ausländersicherheit gem. § 110 (vgl. dazu Rdn. 33) und die Einrede der fehlenden Kostenerstattung des Vorprozesses nach § 269 Abs. 6 (vgl. dazu Rdn. 54), sind bei der erforderlichen Rüge die Grenzen der §§ 282, 296 zu beachten. Ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 590 Abs. 2) fällt unter § 280. Wenn über die Zulässigkeit und den Grund der Wiederaufnahme zusammen entschieden worden ist, gilt dies entsprechend für den Wiederaufnahmegrund.11 Für eine Entscheidung allein über den Wiederaufnahmegrund kommt dagegen nur ein erst mit dem Endurteil aufhebbares Zwischenurteil gem. § 303 in Betracht.12 Teilweise wird ein Zwischenurteil, das einen gewillkürten Parteiwechsel des Beklagten in der Berufungsinstanz für zulässig erklärt, in Bezug auf den in das Verfahren hineingezogenen Beklagten und den aus dem Verfahren ausscheidenden Beklagten als ein Zwischenurteil gem. § 280 angesehen (§ 263 Rdn. 145).13 Nach der hier vertretenen Auffassung (vgl. § 263 Rdn. 143) kommt eine Entscheidung über die Zulässigkeit eines Parteiwechsels in der Berufungsinstanz nur nach § 303 bzw im Endurteil in Bezug auf den Beklagten in Betracht. Eine Entscheidung gem. § 280 gegen alle Beteiligten (in einem Zwischenstreit zu Dritt) ist danach wegen des Zwei-Parteien-Systems nicht möglich. Der nach abgesonderter Verhandlung über die Zulässigkeit eines Aufhebungsantrags gem. § 1059 ergangene Beschluss ist entsprechend § 280 selbständig mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar.14 Keine Anwendung findet § 280 auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln oder von einzelnen Prozesshandlungen, wie z.B. die Wirksamkeit der Klagerücknahme (dazu Rdn. 56 und § 269 Rdn. 119 ff.) oder der Klageänderung (vgl. § 268 Rdn. 8 ff.). § 280 ist auch auf einen Streit über die Erledigung durch einen Prozessvergleich nicht anwendbar, da die Unwirksamkeit des Prozessvergleichs als Voraussetzung für die Fortsetzung des Verfahrens keine Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt.15 Ist der Prozessvergleich wirksam, ist das Verfahren beendet. Das Gericht stellt hierbei durch Endurteil16 fest, dass der Rechtsstreit durch den wirksamen Prozessvergleich beendet worden ist (vgl. § 794 Rdn. 57).17 Ist es dagegen der Meinung, der Rechtsstreit sei nicht beendet, kann es dies durch Zwischenurteil gem. § 303 oder im Endurteil feststellen.18 Möglich ist auch eine Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2, die durch ein anfechtbares Teilurteil entschieden werden kann.19 Stellt der Kläger keinen Antrag auf 1852 111 BGH NJW 1993, 1928, 1929; BGH NJW 1979, 427, 428; ausführlich Jäger S. 167 ff.; aA Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 160 Rdn. 32 Fn. 24. 1853 212 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 160 Rdn. 32; Jäger S. 170. 1854 313 BGH NJW-RR 1986, 356; BGH NJW 1981, 989; vgl. auch OLG München NJW 1967, 1812; MünchKomm/Becker-Eberhard § 263 Rdn. 92; vgl. auch Musielak/Foerste § 263 Rdn. 17; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 43 Rdn. 28; Jäger S. 162 ff. 1855 414 BGH NJW 2001, 3787. 1856 515 BAG NJW 1967, 647; MünchKomm/Prütting Rdn. 4; Jäger S. 183 ff.; Rimmelspacher ZZP 97 (1984), 236, 239; aA AK/Deppe-Hilgenberg
Rdn. 2; Pecher ZZP 97 (1984), 139, 161; offengelassen BGH NJW 1996, 3345, 3346. 6 Vgl. BGHZ 16, 167, 171; Jäger S. 188 f.; Pecher ZZP 97 (1984), 139, 151. 1858 717 BGH NJW 1996, 3345, 3346, der es dahingestellt sein lässt, ob die Entscheidung auf der materiellen Unbegründetheit oder der prozessualen Unzulässigkeit der Fortsetzung des Rechtsstreits beruht; zum Tenor eines solchen Urteils vgl. Stein/ Jonas/Münzberg § 794 Rdn. 59 Fn. 253 mwN. 18 1859 8 BGH NJW 1965, 2147, 2148; BAGE 9, 172, 174 = NJW 1960, 1364; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 129 Rdn. 51; Jäger S. 190. 1860 919 BGH LM Nr. 3 zu § 275 ZPO; OLG Köln NJWRR 1996, 122. 16 1857
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Fortsetzung des Verfahrens, sondern erhebt er eine neue Klage über denselben Anspruch, kann ein Streit über die Zulässigkeit wegen der entgegenstehenden Rechtshängigkeit bei Unwirksamkeit des Prozessvergleichs entstehen (vgl. § 794 Rdn. 58). Bei Wirksamkeit des Prozessvergleichs ist die Klage in Höhe des Vergleichsbetrags wegen des fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, weil insoweit bereits ein Titel vorliegt (vgl. Vor § 253 Rdn. 79). Darüber hinaus ist die Klage unbegründet, da der Vergleich einem Erlass gleichkommt.20 Sondervorschriften bestehen bezüglich der Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 17a GVG, § 48 ArbGG). Hier hat das Gericht vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu entscheiden, wenn eine Partei dies rügt (§ 17a Abs. 3 S. 2 GVG). Im Fall der Unzulässigkeit des Rechtswegs verweist das Gericht den Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs (§ 17a Abs. 2 GVG). Gegen den Beschluss gem. § 17a Abs. 2 und 3 GVG ist die sofortige Beschwerde gegeben (§ 17a Abs. 4 S. 3 GVG). Sonderregelungen über weitere zulässige Zwischenurteile finden sich in §§ 71, 135 Abs. 2 (Zwischenstreit mit Dritten), 387, 402, 303, 304.
IV. Anordnung der abgesonderten Verhandlung über die Zulässigkeit 1. Ermessensentscheidung
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Die Entscheidung über die Anordnung der abgesonderten Verhandlung ergeht durch einen Beschluss. Dabei steht es im freien, nicht nachprüfbaren Ermessen des Gerichts, eine abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit anzuordnen.21 Anders als in § 275 Abs. 1 a.F. ist ein Antrag der Parteien nicht vorgesehen. Ein solcher ist deshalb lediglich als Anregung zu verstehen. § 280 ist eine Sondervorschrift zu § 146 und dient ebenso wie diese der Prozessökonomie. Es soll nicht über mehr verhandelt und Beweis erhoben werden als zu einer Entscheidung, sei sie prozessualer oder materieller Art, erforderlich ist. Genauso wie das Gericht die im Rahmen der §§ 146, 147 getroffenen Entscheidungen jederzeit wieder aufheben und abändern darf (§ 150), hat es diese Befugnis auch im Rahmen des § 280.22 Die Anordnung wird in der Regel vor der Sachverhandlung ergehen, kann aber in jeder Lage des Rechtsstreits getroffen werden, wenn dies zweckmäßig erscheint,23 auch noch in der Berufungs-24 oder Revisionsinstanz. 2. Zuständigkeit
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Für die Anordnung der abgesonderten Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage ist grundsätzlich das Gericht zuständig, in Verfahren vor der Handelskammer kann der Vorsitzende die Anordnung treffen, § 349 Abs. 2 Nr. 2.25
1861 120 MünchKomm/Becker-Eberhard § 261 Rdn. 39. 1862 221 OLG Frankfurt MDR 1985, 149. 1863 322 LG Hildesheim NdsRpfl 1952, 183 f.; Bergenroth NJW 1952, 1204; Jäger S. 126.
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1864 423 BGH NJW-RR 1992, 1388. 1865 524 RG Warn 1912–1913 Nr. 260. 1866 625 BGH NJW-RR 2001, 930.
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3. Keine Anordnung Ordnet das Gericht nicht die gesonderte Verhandlung an, können die Parteien nur bei den Prozesshindernissen der fehlenden Prozesssicherheit gem. § 113 und der fehlenden Prozesskostenerstattung gem. § 269 Abs. 6 die Einlassung zur Sache verweigern. In allen anderen Fällen wird eine Verweigerung der Einlassung der Säumnis gem. § 333 gleichgestellt. Wird nicht abgesondert über die Zulässigkeit der Klage verhandelt, muss über die für den Fall, dass das Gericht die Zulässigkeit der Klage bejaht, gestellten Hilfsanträge verhandelt und entschieden werden.26
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4. Rechtsmittel Gegen die Anordnung der abgesonderten Verhandlung gibt es ebenso wenig wie gegen die Aufhebung der Anordnung ein Rechtsmittel (vgl. § 567).
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5. Gegenstand der Verhandlung Die Anordnung führt zur abgesonderten Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage, also zu einem Zwischenstreit. Entgegen der Vorgängerregelung (§ 275 a.F.) zu § 280 umfasst der Anwendungsbereich nicht nur prozesshindernde Einreden, die in § 274 Abs. 2 a.F. aufgeführt waren, sondern sämtliche Prozess- bzw Sachurteilsvoraussetzungen. Die Bezeichnung prozesshindernde Einreden war zudem irreführend, da die in § 274 Abs. 2 a.F. aufgeführten Rügen nicht nur Prozesshindernisse im heutigen Verständnis, also solche die nur auf Einrede des Beklagten berücksichtigt werden (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 141 ff.), darstellten, sondern auch solche, die von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Außerdem war der Katalog in § 274 Abs. 2 a.F. nicht vollständig.27 Als Gegenstand der abgesonderten Verhandlung kommen dementsprechend alle allgemeinen und besonderen Prozessvoraussetzungen sowie Prozesshindernisse in Betracht (vgl. dazu die Aufstellung Vor § 253 Rdn. 30 ff.). Es kann aber auch nur über einzelne Prozessvoraussetzungen abgesondert verhandelt werden.28 Nach Rechtskraft des Zwischenurteils über nur eine Prozessvoraussetzung besteht ebenfalls noch die Möglichkeit über andere, im Zwischenurteil nicht erfasste Prozessvoraussetzungen, zu verhandeln und zu entscheiden. Wird der Zwischenstreit über die Parteifähigkeit oder die Existenz einer Partei geführt, ist diese für die Dauer des Streits als parteifähig anzusehen (§ 50 Rdn. 90).29 Dies gilt entsprechend für die Prozessfähigkeit (§ 52 Rdn. 41) bzw die gesetzliche Vertretung einer Partei (§ 51 Rdn. 58).30 Vor der abgesonderten Verhandlung hat eine Güteverhandlung stattzufinden, wenn sie die erste mündliche Verhandlung darstellt (§ 278 Abs. 2). Die abgesonderte Verhandlung unterliegt denselben Verfahrensregeln wie die Hauptverhandlung, wie z.B. dem Mündlichkeitsprinzip und dem Anwaltszwang. Die Beweislast für die von Amts wegen zu beachtenden Prozessvoraussetzungen trägt der Kläger, diejenigen für die Prozesshindernisse, die nur auf Einrede zu berücksichtigen sind, der Beklagte.
1867 126 BGH NJW 1976, 838; Jäger S. 126. 1868 227 Vgl. dazu BT-Drucks. 7/2729 S. 74. 1869 328 OLG Celle NJW-RR 1989, 143.
1870 429 BGHZ 24, 91, 94 = NJW 1957, 989. 1871 530 BGH NJW-RR 1986, 157, 158; BGHZ 86, 184, 186 = NJW 1983, 996; BGH NJW 1966, 2210.
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Die Art der Entscheidung, ob durch Zwischen- oder Endurteil, hängt davon ab, zu welchem Ergebnis das Gericht bei der Zulässigkeitsprüfung kommt. 1. bei Zulässigkeit der Klage
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Bejaht das Gericht die Zulässigkeit der Klage, so stellt es diese in der Regel nach abgesonderter Verhandlung durch Zwischenurteil fest (§ 280 Abs. 2). Dabei handelt es sich um ein Feststellungsurteil.31 Allerdings setzt der Erlass eines Zwischenurteils gem. § 280 Abs. 2 eine ausdrückliche Anordnung der abgesonderten Verhandlung nicht voraus.32 Eine Absonderung liegt bereits in der separaten Entscheidung. Die Entscheidung bindet das Gericht gem. § 318, wenn sie nicht angefochten wird. Eine Kostenentscheidung ist im Zwischenurteil nicht zu treffen, sondern bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.33 2. bei Unzulässigkeit der Klage
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Stellt das Gericht fest, dass eine Prozessvoraussetzung fehlt oder ein Prozesshindernis besteht, dann weist es die Klage durch Prozessurteil ab,34 es sei denn, dass es sich um einen behebbaren Mangel handelt (siehe dazu Rdn. 33). Dieses ist ein Endurteil. Fehlt eine Prozessvoraussetzung nur bezüglich eines von mehreren Klagegründen, so ist zwar insoweit nicht sachlich zu entscheiden, aber auch nicht auf Prozessabweisung zu erkennen.35 Vielmehr muss über die anderen Klagegründe sachlich entschieden werden, über den verbleibenden dann aber prozessual auf Abweisung erkannt werden, wenn nicht der Klage schon aus einem der anderen Klagegründe voll stattgegeben werden kann. Hier besteht die Möglichkeit, ein die „Einrede“ ablehnendes Zwischenurteil zu erlassen. Es wäre aber fehlerhaft, wenn die Zulässigkeit für den anderen Klagegrund verneint werden würde.36 3. bei behebbaren Mängeln
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Bei der Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit gemäß § 110 kommt ein Zwischenurteil iSd § 280 Abs. 2 S. 1 nur dann in Betracht, wenn das Gericht die Einrede verwirft. Wird dagegen der Einrede stattgegeben, fällt das Zwischenurteil, das die Sicherheitsleistung anordnet (§ 113 S. 1), nicht unter § 280 Abs. 2 S. 1 (vgl. dazu Rdn. 40), sondern unter § 303, weil es sich nicht um ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit handelt.37 Bei Nichtleistung der Sicherheit innerhalb einer bestimmten Frist erklärt das Gericht die Klage gem. § 113 S. 2 für zurückgenommen. Hält sich das Gericht für örtlich oder sachlich unzuständig, ergeht auf Antrag ein Verweisungsbeschluss gem. §§ 281, 506 an das zuständige Gericht.38 Im Fall der Rechtswegverweisung wird gemäß § 17a Abs. 2 GVG von Amts wegen verwiesen (siehe dazu Rdn. 12). 1872 131 BGHZ 102, 232, 234 = NJW 1988, 1733; der Tenor einer solchen Entscheidung lautet daher: „Die Klage ist zulässig“. 1873 232 BGH NJW 1994, 1051, 1052; BGH NJW 1956, 1920, 1921. 1874 333 RGZ 13, 411, 413 f. 1875 434 BGH NJW 1988, 1733; RGZ 70, 179, 184 f.
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1876 535 RGZ 73, 162, 164 f. 1877 636 Vgl. RGZ 129, 95, 96. 37 1878 7 BGH NJW 1988, 1733; BGH NJW 1965, 761; RG JW 1928, 1489, 1490. 1879 838 BAG AP Nr. 22 zu § 276 ZPO; LG Trier NJW 1982, 286.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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4. bei Säumnis gem. § 347 Abs. 2 Hat das Gericht auf eine verzichtbare Rüge des Beklagten zur Zulässigkeit hin eine abgesonderte Verhandlung angeordnet und Termin lediglich hierzu bestimmt, kann diesbezüglich ein Versäumnisurteil gem. § 347 Abs. 2 ergehen. Dies gilt nicht für die von Amts wegen zu berücksichtigenden Prozess- bzw Sachurteilsvoraussetzungen, hier ist die Klage durch Prozessurteil abzuweisen (siehe Rdn. 31).
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5. Rechtsmittel a) Anfechtbarkeit. Gegen das die Zulässigkeit feststellende Zwischenurteil sind gem. § 280 Abs. 2 S. 1 dieselben Rechtsmittel wie gegen ein Endurteil statthaft, unabhängig davon, ob eine abgesonderte Verhandlung stattgefunden hat.39 Ansonsten könnte das Gericht die Anfechtbarkeit nach freiem Ermessen bestimmen.40 Dies gilt auch, wenn die Klage nur wegen eines von mehreren Klagegründen für zulässig erklärt wird.41 Gleiches gilt, wenn nur einzelne Prozessvoraussetzungen festgestellt werden.42 Es ist jedoch nur insoweit als ein mit Rechtsmitteln angreifbares Endurteil anzusehen, als gem. § 280 nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden wird.43 Hat sich das erstinstanzliche Gericht in einem Zwischenurteil für zuständig erklärt, dann ist dagegen ebenso wie bei einem Endurteil die Berufung oder Revision nicht zulässig (§§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2).44 Dies gilt nicht für die internationale Zuständigkeit.45 Wurde in gesetzeswidriger Weise die Zulässigkeit der Klage durch Beschluss verneint, so hat der Beschwerte nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung die Wahl, ob er das Rechtsmittel ergreift, das der Entscheidung entspricht (sofortige Beschwerde) oder dasjenige, das gegen eine formgerechte Entscheidung eröffnet wäre (Berufung).46 Nicht anfechtbar ist grundsätzlich ein Zwischenurteil, mit dem festgestellt wird, dass wegen des Verlustes der Prozessfähigkeit des Klägers gem. §§ 241 Abs. 1, 52 die Unterbrechung des Verfahrens eingetreten ist.47 Dabei handelt es sich um ein Zwischenurteil gem. § 303. Eine entsprechende Anwendung des § 280 Abs. 2 kommt jedoch wegen einer möglichen Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs dann in Betracht, wenn mit der Feststellung der Unterbrechung zugleich zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Aufnahme des Rechtsstreits nicht möglich ist.48 Wird bei dem Streit über die Wirksamkeit der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits und
1880 139 BGH NJW 1994, 1051, 1052; BGH NJW 1956, 1920, 1921; BAG DB 2001, 1044; Stein/Jonas/ Leipold21 Rdn. 16; Jäger S. 134 ff.; Schiedermair JuS 1961, 212, 213; aA MünchKomm/Prütting Rdn. 8; Schwab FS Weber (1975), S. 413, 417 ff., 424 f. 1881 240 BGH NJW 1956, 1920, 1921, dagegen Schwab FS Weber (1975), S. 413, 422. 41 1882 3 RGZ 129, 95, 96. 1883 442 OLGR Köln 2006, 28 (Rechtsmittelgericht entscheidet dann nur über die Prozessvoraussetzungen, auf die sich das Urteil bezieht); Zöller/ Greger Rdn. 8 mwN. 1884 543 BGH NJW-RR 2006, 565. 1885 644 BGH NJW-RR 2001, 930 f.; BGH NJW 1998,
1230; RGZ 110, 57, 58 f.; OLG Schleswig FamRZ 1978, 428, 429. 7 BGH NJW 2004, 1456 f.; BGHZ 153, 82, 86 = NJW 2003, 426; OLG Saarbrücken NJW 1992, 987; OLG Düsseldorf VersR 1975, 645, 646; OLG Frankfurt NJW 1970, 1010. 1887 846 OLGR Dresden 2001, 350, 351; Gottwald FamRZ 1991, 1072. 47 1888 9 BGHR ZPO § 303 Anfechtbarkeit 1. 48 1889 10 BGH NJW-RR 2006, 288 lässt offen, ob § 280 Abs. 2 entsprechend Anwendung findet oder es sich um ein Endurteil handelt; BGH NJW 2005, 290, 291 und BGH NJW 2004, 2983, 2984 (Versagung der Aufnahme bei einem gem. § 240 ZPO, § 17 AnfG unterbrochenen Verfahren); weitergehend Zöller/Vollkommer § 303 Rdn. 5. 45 1886
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Anordnung der abgesonderten Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage, nicht nur eine wirksame Aufnahme des Verfahrens, sondern die Zulässigkeit der Klage insgesamt bejaht, so ist das Zwischenurteil wie ein Endurteil mit Rechtsmitteln anfechtbar.49 Ein Zwischenurteil nach § 113, das der Einrede der mangelnden Sicherheit für die Prozesskosten stattgibt, fällt nicht unter § 280 Abs. 2 und ist deshalb nicht selbständig anfechtbar, auch wenn es den Betrag der vom Kläger zu leistenden Sicherheit geringer bemisst als vom Beklagten beantragt (vgl. dazu Rdn. 33).50
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b) Entscheidungen in der Rechtsmittelinstanz. Der Rechtsstreit bleibt bezüglich der Sache bei dem erstinstanzlichen Gericht anhängig. Deshalb hat das Rechtsmittelgericht lediglich die Möglichkeit, entweder das Rechtsmittel bei Bestätigung des Zwischenurteils zurückzuweisen51 oder die Klage als unzulässig abzuweisen52. Eine Entscheidung in der Sache ist ihm verwehrt.53 Eine Zurückverweisung gem. § 538 kommt nicht in Betracht, so dass das Berufungsgericht auch nicht sämtliche in Frage kommenden prozesshindernden Rügen erledigen muss (vgl. § 538 Abs. 2).54 Dem Rechtsmittelgericht fällt grundsätzlich nur dieser Zwischenstreit an.55
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c) Rechtskraft. Die Rechtskraft des Zwischenurteils bindet, soweit entschieden worden ist, auch die Rechtsmittelgerichte bei Anfechtung des Endurteils.56 Es kann deshalb nicht mehr zusammen mit der Endentscheidung angefochten werden.
VI. Anordnung zur Verhandlung über die Hauptsache
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Bis zur Rechtskraft des Zwischenurteils tritt automatisch ein Stillstand des Verfahrens ein. 1. Voraussetzungen
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Das Gericht kann jedoch bereits vor Rechtskraft des Zwischenurteils auf Antrag einer Partei nach § 280 Abs. 2 S. 2 die Fortsetzung der Verhandlung zur Hauptsache anordnen, nicht aber von sich aus. Diese Anordnung steht im Ermessen des Gerichts und ergeht durch Beschluss.57 Die Regel ist jedoch der Stillstand des Verfahrens. Nur bei Dringlichkeit der Sache oder offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht des Rechtsmittels gegen das Zwischenurteil soll die Hauptverhandlung fortgesetzt werden.58 Die Anordnung hat zur Folge, dass bis zur Rechtskraft des Zwischenurteils das Verfahren zur Hauptsache weiter betrieben wird. Wird gegen das Zwischenurteil ein Rechtsmittel eingelegt, ist ein und derselbe Rechtsstreit in mehreren Instanzen anhängig und es können sich widersprechende Urteile gefällt werden. 1890 149 BGH NJW-RR 2006, 913. 1891 250 BGHZ 102, 232, 234 = NJW 1988, 1733; BGHR ZPO § 280 Abs. 2 S. 1 Prozesskostensicherheit 2; OLGR Frankfurt 2005, 415; vgl. OLGR Oldenburg 2004, 594, 595; OLGR Düsseldorf 1997, 278, 279; RG JW 1928, 1489, 1490 mwN; Zöller/ Greger Rdn. 8; Zöller/Vollkommer § 303 Rdn. 6 hält diese Rspr. hingegen für überholt; ausführlich Demharter MDR 1986, 186, 189 ff.; Jäger S. 177 ff.; aA OLG Düsseldorf IPrax 1991, 189, 190; OLG Karlsruhe MDR 1986, 593 f.; OLG Bremen NJW 1982, 2737; Baumbach/Lauter-
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bach/Hartmann § 112 Rdn. 4; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 18 mwN. 1892 351 BGHZ 27, 15, 27 = NJW 1958, 747, 748. 1893 452 OLG Düsseldorf ZMR 2001, 182. 53 1894 5 BAG NJW 1967, 648. 54 1895 6 BGHZ 27, 15, 28 f. = NJW 1958, 747, 748. 1896 755 BGH NJW-RR 1986, 61, 62; BGHZ 27, 15, 28 f. = NJW 1958, 747, 748. 1897 856 RG JW 1911, 459; RG Warn 1910 Nr. 354; OLG Frankfurt NJW 1970, 1010. 1898 957 KG MDR 1971, 588 zu § 304 Abs. 2. 58 1899 10 KG MDR 1971, 588 zu § 304 Abs. 2.
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2. Rechtsmittel Die Anordnung oder Ablehnung einer solchen Anordnung, über die Hauptsache nach Erlass eines Zwischenurteils vor dessen Rechtskraft zu verhandeln (§ 282 Abs. 2 S. 2), erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen und ist nicht gem. § 567 anfechtbar. § 252 findet auch bei Ablehnung des Antrags keine analoge Anwendung,59 da der Stillstand des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Zwischenurteil kraft Gesetzes eintritt.60 Eine der Aussetzung iSd § 252 vergleichbare Sachlage liegt nicht vor, weil auch die Entscheidung des Gerichts, gesondert über die Zulässigkeit zu verhandeln, eine nicht überprüfbare Ermessensentscheidung darstellt und es keinen Unterschied macht, ob das Gericht von vornherein eine abgesonderte Verhandlung ablehnt oder nach Erlass eines Zwischenurteils die Verhandlung über die Hauptsache anordnet.61 Eine Beschwerdemöglichkeit iSd § 252 liefe auch der mit § 280 bezweckten Prozessökonomie entgegen.62
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3. Entscheidung in der Hauptsache Dem Verfahren zur Hauptsache wird der Boden entzogen, sobald im Rechtsmittelverfahren bezüglich des Zwischenstreits ein rechtskräftiges prozessabweisendes Urteil getroffen wird.63 Ergeht eine Entscheidung in der Hauptsache und wird dagegen kein Rechtsmittel eingelegt, bevor das Zwischenurteil rechtskräftig geworden ist, dann hängt diese formell rechtskräftige Entscheidung von der Rechtskraft des Zwischenurteils ab.64 Wird das Zwischenurteil aufgehoben, muss das Rechtsmittelgericht bis auf wenige Ausnahmefälle (vgl. dazu Rdn. 33) die Klage durch Prozessurteil abweisen. Damit tritt die auflösende Bedingung65 für das Urteil in der Hauptsache ein. Es wird von allein hinfällig, unabhängig davon, ob es bereits rechtskräftig oder im Rechtsmittelverfahren angefochten worden ist, so dass es keiner förmlichen Aufhebung bedarf.66 Ein nur deklaratorischer Ausspruch durch das Rechtsmittelgericht schadet jedoch nicht.67 Ist die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt, kann daraus auch vollstreckt werden, wenn das Zwischenurteil noch nicht rechtskräftig ist.68 Allerdings tritt die endgültige Vollstreckbarkeit erst mit Rechtskraft des Zwischenurteils ein und nicht bereits mit der formellen Rechtskraft des Endurteils.69
1900 159 RGZ 57, 416, 417; OLG Frankfurt MDR 1985, 149; OLG München NJW 1974, 1514 f., jeweils zu einer Anordnung gem. § 304 Abs. 2; MünchKomm/Prütting Rdn. 12; aA KG MDR 1971, 588; OLG Karlsruhe NJW 1971, 662 f.; OLG Köln NJW 1956, 55 zu der Ablehnung einer Anordnung gem. § 304 Abs. 2; Stein/Jonas/Leipold21 § 280 Rdn. 25; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann Rdn. 11; Schiedermair JuS 1961, 212, 213 Fn. 6; Jäger S. 144 ff., die nur die Ablehnung der Anordnung analog § 252 für anfechtbar hält, nicht aber die Anordnung. 60 1901 2 RGZ 57, 416, 417. 61 1902 3 OLG Frankfurt MDR 1985, 149; OLG München NJW 1974, 1514 f. zu einer Anordnung gem. § 304 Abs. 2. 1903 462 MünchKomm/Prütting Rdn. 12. 1904 563 Schiedermair JuS 1961, 212, 214.
1905 664 BGH NJW 1973, 467, 468; RGZ 15, 348, 349 ff.; RGZ 5, 422, 425 f.; KG OLGRspr 18, 387. 1906 765 Schiedermair JuS 1961, 212, 214, der zu Recht darauf hinweist, dass die formelle Rechtskraft des Endurteils durch die Aufhebung des Zwischenurteils auflösend, die materielle Rechtskraft jedoch durch rechtskräftige Aufrechterhaltung des Zwischenurteils aufschiebend bedingt ist. 1907 866 Vgl. OLG Kiel OLGRspr 19, 120, 121 (für Vorbehaltsurteil); KG OLGRspr 18, 387; Schiedermair JuS 1961, 212, 214. 67 1908 9 AA Schiedermair JuS 1961, 212, 214 Fn. 11. 68 1909 10 RGZ 107, 330, 331 (zu § 304); KG OLGRspr 18, 387 f.; Schiedermair JuS 1961, 212, 216 mwN; aA vgl. OLG Colmar OLGRspr 7, 303 (zur Vorabentscheidung über den Grund). 69 1910 11 Schiedermair JuS 1961, 212, 216, dort auch Ausführungen zur Erteilung der Vollstreckungsklausel.
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Wird das Sachurteil jedoch hinfällig, finden §§ 302 Abs. 4 S. 3, 717 Abs. 2 und 3 entsprechende Anwendung. Allerdings gilt die automatische Hinfälligkeit des Endurteils nicht bei jeder Prozessvoraussetzung. Ist z.B. die anderweitige Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1) in Streit und wird das Endurteil vor Rechtskraft des Zwischenurteils rechtskräftig, dann wird das Zwischenverfahren unzulässig, weil mit der Rechtskraft des Endurteils nicht mehr die Rechtshängigkeit des anderen Verfahrens, sondern jetzt die Rechtskraft des erlassenen Endurteils einer Entscheidung in dem anderen Verfahren entgegensteht (vgl. § 261 Rdn. 53). Der Schutzzweck des Rechtshängigkeitseinwandes entfällt bei rechtskräftig entschiedener Sache. Wird dagegen in dem anderen Verfahren vorher rechtskräftig entschieden, dann wird damit das gesamte Verfahren, also Zwischen- und Hauptverfahren unzulässig. Das Gericht kann jedoch die Entscheidung über die anderweitige Rechtshängigkeit nicht dahin stehen lassen und das Verfahren bis zur Entscheidung über den anderen Rechtsstreit gem. § 148 aussetzen.70 Problematisch ist jedoch, dass bei Gestaltungsurteilen die Gestaltungswirkung bereits mit formeller Rechtskraft eintritt. Dies hätte zur Folge, dass bei Eintritt der auflösenden Bedingung (Aufhebung des Zwischenurteils und Abweisung der Klage, vgl. Rdn. 47) diese Gestaltungswirkung rückwirkend wegfallen würde.71 Dadurch können sich erhebliche Komplikationen bei der Rückabwicklung eingetretener Rechtsverhältnisse ergeben. Hat das Gericht, trotz der fast immer fehlenden Zweckmäßigkeit einer Anordnung der Verhandlung zur Hauptsache bei Gestaltungsklagen, eine solche dennoch angeordnet, so ist es angebracht, die Gestaltungswirkung erst mit Rechtskraft sowohl des Zwischenurteils als auch des Urteils in der Hauptsache eintreten zu lassen.72 Bei Säumnis in der weiteren Verhandlung zur Hauptsache gelten die oben genannten Grundsätze (vgl. Rdn. 47). Ein Versäumnisurteil entfällt also, wenn das Zwischenurteil mit der Abweisung der Klage als unzulässig aufgehoben wird.73 Auch das Prozesshindernis der Prozesskostensicherheit wird hinfällig, wenn über die Hauptsache sachlich entschieden ist, da dann alle Kosten bereits entstanden sind. Das entsprechende gilt bezüglich des Prozesshindernisses mangelnder Kostenerstattung gem. § 269 Abs. 6, denn dieses bezweckt den Schutz des Beklagten vor erneuter Belästigung mit einer Klage (vgl. § 269 Rdn. 125). Ist aber in der Hauptsache entschieden, kann dieser Zweck nicht mehr erfüllt werden. Jedoch wird sich der Beklagte in diesem Fall nicht zur Hauptsache einlassen. Kommt es zu einem Verzicht oder einem Anerkenntnis in der Hauptsacheverhandlung (§§ 306, 307), dann führt dies zur Unwirksamkeit des Zwischenverfahrens, wenn der Zwischenstreit um die Zuständigkeit oder um Prozesshindernisse geführt wird. Dies gilt nicht, wenn das Anerkenntnis oder der Verzicht nur hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Prozessvoraussetzung bejaht, erklärt wird.74 Darüber hinaus entfällt das Zwischen- und das Hauptsacheverfahren, wenn die Klage zurück genommen wird (§ 269 Abs. 3 S. 1 HS 2).
1911 170 RGZ 3, 401, 403. 1912 271 Vgl. Merle ZGR 1979, 67, 80 f. 1913 372 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 31; Jäger S. 160 f. 1914 473 KG OLGRspr 9, 135 f.; vgl. OLG Kiel
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OLGRspr 19, 120, 121 (für Vorbehaltsurteil); aA RGZ 14, 343, 344 f.; OLG Rostock SeuffArch 45 (1890), Nr. 141. 1915 574 BGH MDR 1976, 838.
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VII. Fortsetzung des Verfahrens Ist das Zwischenurteil rechtskräftig, hat das Gericht von Amts wegen Termin zur Fortsetzung des Verfahrens anzuberaumen (§§ 216 Abs. 2, 272 Abs. 3). Ein Antrag der Parteien ist nicht erforderlich.75
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VIII. Streitwert und Gebühren 1. Streitwert Der Streitwert des Zwischenstreits ist der des Hauptstreits, da der Zwischenstreit zum Endurteil führen kann (dazu Rdn. 3 und 31).76 Dies gilt sowohl für das erstinstanzliche Verfahren77 als auch für das Rechtsmittelverfahren78, jedoch nicht in Fällen, in denen ausschließlich die örtliche oder sachliche Zuständigkeit in Frage steht und der Kläger hilfsweise einen Verweisungsantrag gemäß § 281 Abs. 1 gestellt hat, weil es dann nicht zu einem vollständigen Unterliegen des Beschwerten kommen kann.79 Der Streitwert bemisst sich in diesen Fällen in Anlehnung an das Beschwerdeverfahren80 bei Rechtswegverweisung nach § 17a Abs. 4 GVG auf 1/3 bis 1/5 des Klageanspruchs.81
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2. Gebühren Es entstehen keine zusätzlichen Gerichtskosten für das Zwischenverfahren. Durch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1210 KV-GKG werden pauschal sämtliche Prozesshandlungen abgegolten.82 Eine Ermäßigung gemäß Nr. 1211 KV-GKG kann aber nach einem Zwischenurteil nicht mehr erfolgen.83 Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 3 RVG gehören Zwischenstreite zum Rechtszug und gelten nicht als besondere Angelegenheiten nach § 18 RVG. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts ist daher mit den Gebühren der Nr. 3100 ff. VV- RVG abgegolten (§ 15 Abs. 1 RVG).84 Die abgesonderte Verhandlung über den Zwischenstreit lässt bereits die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV-RVG, Vorbem. 3 Abs. 3) entstehen.85
1916 175 BGH NJW 1979, 2307, 2308 (zu § 304). 1917 276 Vgl. RGZ 40, 416, 417. 77 1918 3 OLGR Dresden 2001, 350, 351; KG JurBüro 1965, 486, 488; OLG Düsseldorf JurBüro 1972, 1021, 1022. 78 1919 4 Vgl. RGZ 40, 416, 417; OLG Hamm NJW 1969, 243. 1920 579 OLGR Dresden 2001, 350, 351; OLGR Frankfurt 1999, 153, 154 f. 1921 680 BGH NJW-RR 2006 286, 287.
1922 781 OLGR Dresden 2001, 350, 351; OLGR Frankfurt 1999, 153, 154 f. 82 1923 8 Hartmann KostenG38 (2008) KV 1210 Rdn. 10. 83 1924 9 Musielak/Foerste Rdn. 12; vgl. Hartmann KostenG38 (2008) KV Nr. 1211 Rdn. 5. 84 1925 10 Gerold/Schmidt/Müller-Rabe RVG17 (2006) § 19 Rdn. 51. 85 1926 11 Vgl. Mayer/Kroiß/Mayer RVG2 (2006) Vorbemerkung 3 Rdn. 31.
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§ 281 Verweisung bei Unzuständigkeit (1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht. (2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend. (3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt. Schrifttum Fischer Willkürlichkeit der Verweisung – Aktuelle Entwicklungen im Rahmen des § 281 ZPO, MDR 2005, 1091; ders. Willkürliche Verweisungsbeschlüsse – Aktuelle Rechtsprechung zur Bindungswirkung, MDR 2002, 1401; ders. Zur Bindungswirkung rechtswidriger Verweisungsbeschlüsse im Zivilprozeß gem. § 281 Abs. 2 S. 5 ZPO, NJW 1993, 2417; Scherer Anfechtbarkeit und Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen nach § 281 ZPO, ZZP 110 (1997), 167; Tombrink Was ist „Willkür“ – Die „willkürliche“ Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht, NJW 2003, 2364.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Verweisungsrecht . . . . . . . . 1. Verweisung und Abgabe innerhalb desselben Gerichts . . . . . . . a) Funktionelle und instanzielle Zuständigkeit . . . . . . . . b) Geschäftsverteilung . . . . . 2. Verweisung unter verschiedenen Gerichten . . . . . . . . . . . a) Alle Klage- und Prozessarten . b) Mahnverfahren . . . . . . . c) In Betracht kommende Gerichte d) Familiensachen . . . . . . . 3. Verweisung innerhalb der Grenzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit . a) Strafgerichtsbarkeit . . . . . . b) Freiwillige Gerichtsbarkeit . . 4. Verhältnis zu den Gerichten anderer Gerichtszweige . . . . . . .
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6 7 9 13 14 19 23 28 33 34 35
Rdn IV. Voraussetzungen der Verweisung . 1. Anwendbarkeit des § 281 . . . . 2. Rechtshängigkeit des Verfahrens . 3. Örtliche oder sachliche Unzuständigkeit des Gerichts . . . . . . 4. Verweisendes Gericht . . . . . . 5. Zuständiges inländisches Gericht . 6. Antrag des Klägers . . . . . . . V. Verfahren bei Zurückweisung des Antrags . . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit des angegangenen Gerichts . . . . . . . . . . 2. Zuständigkeit eines anderen Gerichts als im Antrag benannt . . 3. Teilbare Ansprüche . . . . . . 4. Mehrere Klagebegründungen . . 5. Haupt- und Hilfsantrag . . . . 6. Widerklage . . . . . . . . .
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Rdn VI. Verfahren bei Verweisung . . . . . 1. Entscheidung durch Beschluss . . 2. Folgen des Beschlusses . . . . . 3. Unanfechtbarkeit des Beschlusses (§ 281 Abs. 2 S. 2) . . . . . . . 4. Bindung des Gerichts (§ 281 Abs. 2 S. 4) . . . . . . . . . . . . . a) Umfang der Bindungswirkung . b) bei fehlerhaften Verweisungsbeschlüssen . . . . . . . . . . c) Änderungsmöglichkeiten . . .
Rdn
93 94 98
5. Entfallen der Bindungswirkung . a) Fehlen jeglicher Rechtsgrundlage und Willkür . . . . . . b) Versagung des rechtlichen Gehörs . . . . . . . . . . . c) Andere Fälle . . . . . . . 6. Zurück- und Weiterverweisung . VII. Kosten und Gebühren . . . . . 1. Kosten . . . . . . . . . . . 2. Mehrkosten . . . . . . . . . 3. Gerichts- und Anwaltsgebühren
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I. Gesetzesgeschichte1 Die ursprünglich in § 249 enthaltene Regelung wurde durch die Bekanntmachung von 18982 unverändert zu § 276, der lediglich die Verweisung bei sachlicher Unzuständigkeit des Landgerichts regelte.3 19094 wurde erstmals für das amtsgerichtliche Verfahren mit § 505 eine Norm geschaffen, die sowohl die örtliche als auch die sachliche Unzuständigkeit umfasste. In § 27 der EntlVO v. 9.9.19155 wurde § 505 im landgerichtlichen Verfahren für entsprechend anwendbar erklärt. Eine Änderung des § 276 selbst erfolgte durch die Novelle 19246. Durch die Vereinfachungsnovelle von 19767 wurde § 276 zu § 281. Durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12.19908 wurde § 281 Abs. 2 dahingehend geändert, dass der Zeitpunkt für die Anhängigkeit des Rechtsstreits bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht auf den Eingang der Akten und nicht mehr auf den der Verkündung des Beschlusses festgelegt wird und Erklärungen sowie Anträge zur Zuständigkeit auch vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden können.
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II. Normzweck Die Vorschrift regelt die Vorgehensweise bei Klageerhebung vor einem sachlich oder örtlich unzuständigen Gericht. § 281 will ein Verfahren nicht an einer Zuständigkeitsnorm scheitern lassen, wenn das Verfahren vor einem anderen inländischen Gericht durchgeführt werden kann. Es sollen im Interesse der Prozessökonomie langwierige, die sachliche Erledigung verzögernde Streitigkeiten über die Zuständigkeit vermieden und damit den Beteiligten sowie den Gerichten Zeit, Mühe und Kosten gespart werden.9 Die Verweisungsmöglichkeit gem. § 281 hat zur Folge, dass mit Einreichung der Klage auch bei einem unzuständigen Gericht die fristwahrende Wirkung der Rechtshängigkeit eintritt (§ 261 Rdn. 28).10 1 11927 Zur geschichtlichen Entwicklung der Verweisung vgl. auch Sachsenhauser Die Entwicklung der Verweisung (eines Verfahrens) in den Reichsund Bundesgesetzen (1989). 1928 2 2 RGBl S. 410, 462. 1929 3 3 Dazu ausführlich v. Seuffert Die Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht, ZZP 40 (1910), 169 ff. 4 41930 Reichsgesetz betr. Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Zivilprozeßordnung, des Ge-
richtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom 1.6.1909 (RGBl S. 475, 485 f.). 1931 5 5 RGBl S. 562, 567. 1932 6 6 RGBl I S. 135, 138. 7 71933 BGBl I S. 3281, 3283. 8 81934 BGBl I S. 2847, 2848. 9 91935 BGH FamRZ 1988, 943; BGH NJW 1964, 247; RGZ 121, 20, 22.
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III. Verweisungsrecht
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§ 281 wird auf dem gesamten Gebiet, auf dem die Zivilprozessordnung gilt, unmittelbar oder entsprechend angewendet, wenn verschiedene Gerichte für die Entscheidung in Betracht kommen.11 Er setzt die Zuständigkeit eines vom angegangenen Gericht verschiedenen Gerichts voraus.12 Unmittelbar anwendbar ist § 281 bei Verweisungen innerhalb der streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit (Rdn. 14). § 281 gilt auch im Verhältnis zu den besonderen Zivilgerichten (Rdn. 24). Nicht anwendbar ist § 281 bei Verweisungen zwischen den Rechtswegen (Rdn. 52), gem. § 48 Abs. 1 ArbGG auch nicht im Verhältnis zur Arbeitsgerichtsbarkeit und innerhalb der Arbeitsgerichtsbarkeit selbst (Rdn. 53). 1. Verweisung und Abgabe innerhalb desselben Gerichts
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Von der Verweisung gem. § 281 zwischen unterschiedlichen Gerichten ist die Verweisung bzw Abgabe innerhalb desselben Gerichts und zwischen den Instanzen zu unterscheiden.
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a) Funktionelle und instanzielle Zuständigkeit. Die funktionelle Zuständigkeit fällt nicht unter § 281.13 Sie löst innerhalb desselben Gerichts eine Weiterleitungspflicht jedes mit der Sache befassten Organs an das zuständige aus. Ein Verweisungsverhältnis entsteht nicht, auch wenn die Partei einen dementsprechenden Antrag beim Urkundsbeamten gestellt hat. So kann z.B. das Prozessgericht nicht an das Vollstreckungsgericht verweisen.14 Eine Verweisung ist auch nicht bei instanzieller Unzuständigkeit zulässig (vgl. dazu Vor § 253 Rdn. 43 f.). Wird eine Klage bei einem instanziell unzuständigen Gericht eingereicht, wie z.B. eine Drittwiderklage in der Berufungsinstanz erhoben, dann ist eine Verweisung an das zuständige untergeordnete Gericht gem. § 281 nicht möglich.15 Die Klage muss durch Prozessurteil abgewiesen werden. Auch im Verhältnis zwischen den Rechtsmittelgerichten kommt eine Verweisung gem. § 281 nicht in Betracht (vgl. Rdn. 25).
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b) Geschäftsverteilung. Eine Abgabe an das nach der Geschäftsverteilung zuständige gleichrangige Organ innerhalb desselben Gerichts ist ebenfalls keine Verweisung.16 § 281 ist auf Abgaben oder „Verweisungen“ unter Abteilungen, Kammern oder Senaten desselben Gerichts nicht anwendbar,17 wie z.B. für das Verhältnis zwischen der Abteilung für Familiensachen und der allgemeinen Zivilprozessabteilung desselben Amtsgerichts,18 da deren Abgrenzung voneinander keine Frage der sachlichen 1936 110 BGHZ 35, 374, 375 = NJW 1961, 2259, 2260. 1937 211 BayObLG MDR 1986, 326. 1938 312 BGHZ 71, 264, 266 f. = NJW 1978, 1531; BGHZ 63, 214, 217 = NJW 1975, 450. 13 1939 4 OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 645 (funktionale Zuständigkeit des OLG gem. § 1062). 1940 514 BayObLG Rpfleger 1989, 80 (Kostenfestsetzungsantrag); OLG Oldenburg MDR 1989, 1002. 1941 615 OLG Karlsruhe Justiz 1968, 46, 47; vgl. auch OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 645; aA OLG Hamburg NJW-RR 2004, 62, 63, mit Ver-
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weis auf die Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, in der die instanzielle Zuständigkeit wie ein Fall der sachlichen Zuständigkeit behandelt wird (Anwendung des § 17a GVG bei instanzieller Unzuständigkeit: VGH Kassel NJW 1997, 211; BFH/NV 1998, 1239; Kopp/Schenke VwGO15 (2007) § 83 Rdn. 4). 16 1942 7 BGHZ 6, 178, 182 = NJW 1952, 879. 1943 817 BGH NJW 1980, 1282; BGHZ 71, 264, 267 ff. = NJW 1978, 1531, 1532 f.; BGHZ 6, 178, 182 = NJW 1952, 879. 1944 918 BGH FamRZ 2004, 869 f.; vgl. OLG Rostock
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Zuständigkeit im herkömmlichen Sinn der ZPO ist.19 Diese entfalten deshalb keine Bindungswirkung.20 Weder die Abgabe noch die Ablehnung einer solchen Abgabe sind anfechtbar,21 sondern lediglich mit Rechtsmitteln gegen die Endentscheidung geltend zu machen. Einen Sonderfall regelt § 23b Abs. 2 S. 2 GVG. Danach ist eine andere Familiensache, die bei einer anderen Abteilung desselben Amtsgerichts anhängig ist, von Amts wegen an die Abteilung abzugeben, bei der später eine Ehesache anhängig geworden ist. Dies gilt auch für die Abgabe an besondere Spruchabteilungen innerhalb desselben Gerichts, denen Sondergebiete übertragen worden sind, wie z.B. die Baulandkammern.22 Die gesetzliche Regelung über das Verhältnis von Zivilkammer und Kammer für Handelssachen ist ebenso eine Frage der gesetzlich geregelten Geschäftsverteilung (§§ 96 ff. GVG);23 die Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung besteht hier nicht (arg. aus § 98 Abs. 4 GVG). § 281 findet deshalb keine Anwendung. Die Verweisung ist in diesem Verhältnis in den §§ 98 ff. GVG geregelt.
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2. Verweisung unter verschiedenen Gerichten Die Verweisung unter verschiedenen Gerichten ist der von § 281 geregelte Fall. Sie setzt allerdings ein Verweisungsverhältnis unter den Gerichten voraus.
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a) Alle Klage- und Prozessarten. § 281 gilt für alle Klage- und Prozessarten der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit. Unmittelbar anzuwenden ist er in allen Verfahren, die nach mündlicher Verhandlung zu einem Urteil führen, im Urkunden- und Wechselprozess,24 in Patent-25 und Kartellsachen26, in Wiederaufnahmeverfahren (§ 584),27 auch bei Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren (§§ 922 Abs. 1, 925, 927, 936)28 sowie im Mahnverfahren nach Abgabe der Streitsache (vgl. dazu Rdn. 19 ff.). § 281 findet ferner in den der Zivilprozessordnung unterfallenden und den Verfahren über die in § 621a Abs. 1 S. 1 bezeichneten Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen auch die Verfahren nach der HausratsVO gehören, Anwendung (vgl. dazu Rdn. 44).29 Entsprechend gilt § 281 aber auch in Verfahren, die ohne mündliche Verhandlung durchgeführt werden,30 im PKH-Verfahren (§ 117 Rdn. 6),31 bei der Vollstreckbarer-
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Beschl. v. 21.12.2006 – 10 WF 222/06 = NJ 2007, 130 (red. LS) (funktionale Zuständigkeit); OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 125 f.; OLG Schleswig SchlHA 1977, 156; aA OLG Oldenburg DAVorm 1978, 225; OLG Stuttgart FamRZ 1977, 720; Jauernig FamRZ 1977, 681 f. und 761 f. 1945 119 BGHZ 71, 264, 267 ff. = NJW 1978, 1531, 1532 f.; BGH NJW-RR 1993, 1282: auch bei Berufung bezüglich eines LG-Urteils in Familiensachen zwischen dem Familiensenat und einem anderen Zivilsenat des OLG. 20 1946 2 BGHZ 71, 264, 267 ff. = NJW 1978, 1531, 1533. 1947 321 BGH FamRZ 2004, 869 f. 1948 422 OLG München NJW 1964, 1282 f. 1949 523 OLG Nürnberg NJW 1975, 2345, 2346; OLG Düsseldorf OLGZ 1973, 243, 244.
1950 624 BGH NJW 1976, 330. 1951 725 BGHZ 72, 1, 6 = NJW 1978, 2245, 2246; BGHZ 8, 16, 21 = NJW 1953, 262. 26 1952 8 BGHZ 49, 33, 38 = NJW 1968, 351, 352. 1953 927 BayObLG WuM 1991, 133 f. 28 1954 10 BGH FamRZ 1998, 359, 360; BGH FamRZ 1989, 847; OLG Koblenz NJW 1963, 1460 f.; KG JW 1939, 49; KG JW 1919, 836; LG Berlin BB 1972, 336; Teplitzky DRiZ 1982, 41, 42, allerdings verneinend für das Widerspruchsverfahren; aA KG JW 1924, 1050. 29 1955 11 BGHZ 71, 69, 71 ff. = NJW 1978, 1163; BGHZ 71, 15, 17 f. = NJW 1978, 888 f. = MDR 1978, 564. 30 1956 12 BGH NJW 1964, 247; BGH NJW 1954, 1154; RGZ 121, 20, 22. 31 1957 13 BGH NJW 2004, 1435; BGH NJW-RR 1994,
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klärung von Schiedssprüchen, im Beschluss- und Beschwerdeverfahren, nur soweit die Zuständigkeit berücksichtigt werden kann (§ 571 Abs. 2 S. 2),32 im Vollstreckungsverfahren,33 im Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung,34 im Aufgebotsverfahren,35 im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 2,36 im Insolvenzverfahren37. Geht jedoch ein Beschlussverfahren ohne Anhörungszwang einem anderen Verfahren mit Anhörungszwang voraus, dann ist die Verweisung nur für dieses Verfahren bindend, nicht aber für das nachfolgende. So entfaltet ein Verweisungsbeschluss im Rahmen des PKH-Verfahrens keine Bindungswirkung für das weitere Verfahren.38 § 281 gilt auch im Verhältnis der nichtrichterlichen Organe der Gerichte zueinander, wie den Rechtspflegern39 und Urkundsbeamten, allerdings nur soweit die Bindungen auch im richterlichen Bereich bestehen würden. Im amtsgerichtlichen Verfahren ist außerdem § 506 zu beachten. Eine Sonderregelung enthält § 621 Abs. 3 für Familiensachen. b) Mahnverfahren. Für das Mahnverfahren gelten die Sondervorschriften der §§ 696, 698, 700 Abs. 3. Dabei ist zu unterscheiden, ob der Mahnantrag bei einem unzuständigen Gericht eingereicht wurde oder ob das Mahngericht nach Widerspruch bzw Einspruch den Rechtsstreit an das Prozessgericht abgegeben hat. Ist der Mahnantrag an ein unzuständiges Gericht gerichtet (§ 689 Abs. 2), ist er gem. § 691 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zurückzuweisen. In der Praxis wird der Antrag an das örtlich zuständige Amtsgericht weitergeleitet, wenn der Antragsteller bei der gebotenen Anhörung (§ 691 Abs. 1 S. 2) dies beantragt (§ 691 Rdn. 23).40 Bei dieser Weiterleitung handelt es sich nicht um eine Verweisung gem. § 281 – eine solche kommt erst ab Rechtshängigkeit in Betracht – sondern um eine formlose Abgabe.41 Trotz Einreichung des Mahnantrags beim unzuständigen Gericht tritt die verjährungsunterbrechende Wirkung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) mit der Einreichung des Mahnantrags ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (vgl. § 167).42 Dem Antragsteller soll kein Nachteil dadurch entstehen, dass er statt des Klageverfahrens das Mahnverfahren betrieben hat.43 Dies gilt auch, wenn ein an das richtige Gericht adressierter Mahnbescheid beim falschen Gericht eingeht und dann weitergeleitet wird.44 Nach Erlass des 706; BGH NJW-RR 1992, 59; BAG NJW 1960, 310; KGR Berlin 2006, 559, 560; OLGR Zweibrücken 2004, 639, 640; OLGR Köln 1999, 336; OLG Saarbrücken NJW-RR 1990, 575; OLG Hamburg NJW 1973, 812; OLG Celle NJW 1964, 2068, 2069; OLG Frankfurt NJW 1962, 449; OLG Celle NJW 1947, 67; aA OLG Kiel JR 1948, 339, 340; OLG Naumburg HRR 1937 Nr. 1258; OLG Dresden JW 1936, 1021. 1958 132 Eine dem § 571 Abs. 2 S. 2 entsprechende Vorschrift gab es zum Zeitpunkt der Entscheidung des OLG Stettin JW 1928, 745, 746 noch nicht, so dass die fehlende Zuständigkeit im Gegensatz zur jetzigen Rechtslage berücksichtigt werden konnte. 33 1959 2 BayObLG MDR 1986, 326. 34 1960 3 OLG Düsseldorf Rpfleger 1975, 102. 1961 435 RGZ 121, 20, 22. 1962 536 OLG München NJW 2007, 163, 164 (noch gegenteiliger Ansicht BayObLGZ 2003, 215, 217); OLGR Hamburg 2006, 567 f.
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1963 637 BGH NJW 1996, 3013; OLG München NJWRR 1987, 382. 1964 738 BGH NJW-RR 1992, 59, 60; BayObLG NJW 1964, 1573, 1574; OLG Hamburg NJW 1973, 812 f.; aA OLG Hamm JMBlNRW 1951, 32, 33. 39 1965 8 BGH NJW 1964, 1416, 1418; OLG Düsseldorf Rpfleger 1975, 102. 1966 940 BayObLG BB 2002, 1437; Zöller/Vollkommer § 689 Rdn. 5; Loritz JR 1985, 98; aA Stein/Jonas/ Schlosser21 § 689 Rdn. 13. 41 1967 10 BayObLG BB 2002, 1437; Musielak/Voit § 689 Rdn. 4; Loritz JR 1985, 98, 99; Schlemmer Rpfleger 1978, 201, 203; Zinke NJW 1983, 1081, 1084. 42 1968 11 Vgl. BGH NJW 1999, 3717, 3718; BGH NJW 1990, 1368 f.; BGHZ 86, 313, 322 = NJW 1983, 1050, 1052; aA KG NJW 1983, 2709, 2710; Stein/ Jonas/Schlosser21 § 689 Rdn. 13; Loritz JR 1985, 98 ff. 43 1969 12 So auch Bode MDR 1982, 632. 44 1970 13 BGH NJW 1990, 1368 f.; aA OLG Köln NJWRR 1989, 572, 573.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Mahnbescheids durch ein unzuständiges Gericht ist eine Verweisung oder Abgabe zum Zweck des Erlasses eines Vollstreckungsbescheids unzulässig.45 Ein Vollstreckungsbescheid kann in diesem Fall wegen der Unzuständigkeit des den Mahnbescheid erlassenden Gerichts nicht ergehen. Das Gericht, das den Mahnbescheid bzw den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, gibt nach Widerspruch bzw Einspruch den Rechtsstreit an das im Mahnbescheid gem. § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnete Gericht oder an das Gericht ab, an das die Parteien übereinstimmend die Abgabe verlangen. Die Abgabe ist nicht anfechtbar. Die Abgabe an ein anderes Gericht scheidet jedoch aus, wenn die Abgabe an das im Mahnbescheid bezeichnete Gericht bereits vollzogen ist. Eine Verweisung kommt hier auch nicht in Betracht, weil sich wegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 an der bei Eintritt der Rechtshängigkeit gegebenen Zuständigkeit durch die übereinstimmenden Abgabeanträge des Klägers und des Beklagten – § 261 Abs. 3 Nr. 2 gilt im Mahnverfahren jedoch erst ab Eingang der Akten bei dem Gericht, an das die Sache abgegeben worden ist (vgl. § 261 Rdn. 102) – ebenso wenig etwas ändern kann wie im Fall einer nach Eintritt der Rechtshängigkeit getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung (vgl. § 261 Rdn. 110).46 Ist die Abgabe an das im Mahnbescheid bezeichnete Gericht erfolgt, kommt eine Weiterverweisung iSd § 696 Abs. 5 (§ 700 Abs. 3 S. 2) deshalb nur dann in Betracht, wenn dieses Gericht unzuständig ist.47 Ansonsten hat der Kläger sein Wahlrecht gem. § 35 verbraucht,48 da seit dem 1.1.1992 bereits im Mahnantrag das für das streitige Verfahren zuständige Gericht anzugeben ist (vgl. § 690 Abs. 1 Nr. 5). Eine gleichwohl unter Nichtbeachtung der Rechtsänderung erfolgte Verweisung durch das zuständige Gericht an ein anderes, erst jetzt vom Kläger gewähltes Gericht kann willkürlich und daher nicht bindend sein (vgl. Rdn. 124).49 c) In Betracht kommende Gerichte. § 281 gilt zwischen allen Gerichten, die diese Bestimmung unmittelbar anzuwenden haben. Dies ist auch im Verhältnis der ordentlichen Gerichte zu den besonderen ordentlichen Gerichten der Fall, wie z.B. die Schifffahrtsgerichte (§ 14 GVG) oder das Bundespatentgericht (Art. 96 Abs. 1 GG, § 65 PatG). § 281 ist auf Verweisungen zwischen Rechtsmittelgerichten nicht anwendbar.50 Wird eine Berufung bei einem funktionell unzuständigen Gericht eingelegt (Berufung zum Oberlandesgericht statt zum Landgericht), kommt deshalb eine Verweisung an das zuständige Gericht trotz entsprechenden Antrags nicht in Betracht.51 Nur in Ausnahmefällen ist die Anwendung von § 281 anerkannt, wie z.B. bei Berufungen in Kartellsachen die Verweisung von einem Oberlandesgericht an das Kartell-Oberlandesgericht.52
1971 145 BGH NJW 1990, 1119. 1972 246 BGH NJW 2002, 3634, 3635; BGH NJW 1993, 1273; BayObLG Rpfleger 2002, 629, 630; OLG Schleswig Rpfleger 2001, 38. 47 1973 3 BayObLG NJW-RR 1995, 635 (Abgabe an das im Mahnantrag bezeichnete Gericht trotz Antrags des Klägers auf Abgabe an ein anderes Gericht auf Grund einer Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Beklagten vor der Abgabe); KG MDR 2002, 1147, 1148 (Ermäßigung der Hauptsache unter 5.000 Euro nach Zustellung des Mahnbescheids).
1974 448 BGH NJW 1993, 1273; BayObLG MDR 2002, 661. 1975 549 BGH NJW 1993, 1273; vgl. auch BayObLG NJW-RR 1995, 635. 50 1976 6 BGH MDR 1984, 214; Jauernig FamRZ 1978, 675 f.; Walter Neuer Prozeß in Familiensachen (1980), S. 90. 51 1977 7 BGH NJW-RR 1997, 55. 1978 852 BGHZ 71, 367, 374 = NJW 1978, 2096, 2097; BGHZ 49, 33, 38 = NJW 1968, 351, 352.
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§ 281 gilt nicht im Verhältnis zu ausländischen Gerichten,53 ebenso nicht zum EuGH.54 Auch an Schiedsgerichte55 oder Schlichtungsstellen und umgekehrt von diesen an die ordentlichen Gerichte wird nicht verwiesen.
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d) Familiensachen. Der BGH56 sieht die in § 23b GVG bestimmte Zuständigkeit der Familiengerichte als gesetzlich vorgeschriebene, gerichtsinterne Aufgabenzuweisung an (Geschäftsverteilung, oben Rdn. 9), die auch für das Verhältnis zwischen den Familien- und allgemeinen Zivilsenaten beim OLG gilt.57 Davon ausgehend scheidet nach dem BGH, soweit es um die Spruchkörperzuständigkeit geht, eine analoge Anwendung des § 281 aus.58 Bei Verweisung von einem Amtsgericht an ein anderes Amtsgericht ist § 281 anwendbar, so dass z.B. das Familiengericht an die allgemeine Zivilprozessabteilung eines anderen Amtsgerichts verweisen kann, jedoch nur mit der Einschränkung, dass keine Bindungswirkung darüber entsteht, ob beim angewiesenen Amtsgericht das Familiengericht oder die allgemeine Zivilprozessabteilung zuständig ist.59 Dieselben Grundsätze gelten bei einer Verweisung vom Landgericht an das Amtsgericht oder umgekehrt.60 Bei Weitergabe von der allgemeinen in die Familienabteilung bzw umgekehrt handelt es sich um eine Abgabe.61 Die Entscheidung über die Abgabe ist von Amts wegen zu treffen und daher unanfechtbar.62 In der Berufungsinstanz galt früher die sog. materielle Anknüpfung, nach der es bei der Zuständigkeit für die Berufung darauf ankam, ob materiell eine Familiensache vorlag oder nicht.63 Diese Ansicht führte zu erheblichen Unsicherheiten bei der Einlegung der Berufung, die oftmals nur unter Anwendung der Meistbegünstigungstheorie und einer anschließenden bindenden Verweisung entsprechend § 281 aufgefangen werden konnten.64 Daher wurde durch das UÄndG vom 20.2.198665 mit der Neufassung der §§ 72, 119 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GVG die formelle Anknüpfung eingeführt.66 Der BGH67 nimmt nun zwar die Zuständigkeit des OLG an, wenn das Amtsgericht als Familiengericht entschieden hat, meint aber, dass damit nicht gleichzeitig eine Entscheidung getroffen werde, welcher Senat des OLG zuständig sei. Die Zuständigkeit eines Familiensenats hänge nach § 119 Abs. 2 iVm § 23b Abs. 1 GVG davon ab, ob es sich um eine Familiensache handelt. Allerdings dürfe das OLG nach § 621e Abs. 4 iVm § 529 Abs. 3 S. 1 a.F. nur auf Rüge prüfen, ob es sich um eine Familiensache handelt. Sei diese nicht erhoben, dürfe es seine Zuständigkeit nicht in Frage stellen. Ist sie erhoben, muss formlos und nicht bindend an den zuständigen Senat abgegeben werden.68
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1979 153 OLG Köln NJW 1988, 2182, 2183; vgl. LG Itzehoe NJW 1970, 1010 f., das eine Überprüfung der internationalen Zuständigkeit durch das Gericht, an das verwiesen worden ist, für zulässig hält. 1980 254 Schumann ZZP 76 (1965), 93. 1981 355 Junker KTS 1987, 37, 38. 1982 456 BGHZ 71, 264, 268 f. = NJW 1978, 1531, 1533; aA Jauernig FamRZ 1977, 681 f. und 761 f. 57 1983 5 BGHZ 71, 264, 266 = NJW 1978, 1531, 1533. 58 1984 6 BGH MDR 2004, 869 f.; vgl. BGHZ 71, 264, 272 f. = NJW 1978, 1531, 1533. 1985 759 BGH NJW-RR 1989, 195. 1986 860 BGH NJW 1981, 2418, 2419; BGH NJW 1980, 1282; BGH NJW 1979, 2517 f.; BayObLG NJWRR 1993, 10, 11.
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1987 961 BGH FamRZ 2004, 869; BGHZ 71, 264, 266 ff. = NJW 1978, 1531, 1533. 62 1988 10 BGH FamRZ 2004, 869, 870. 63 1989 11 BGH NJW 1981, 2418, 2419; BGH NJW 1980, 1282; BGHZ 72, 182, 187 ff., 192 ff., 197 = NJW 1979, 43 ff. 64 1990 12 BGHZ 72, 182, 184 ff. = NJW 1979, 43 ff. mwN; BGH FamRZ 1979, 217; BGH DAVorm 1984, 1029; Bergerfurth FamRZ 1994, 372. 65 1991 13 BGBl I S. 301, 302. 66 1992 14 BGH NJW 1991, 231, 232; Diederichsen NJW 1986, 1462; Jauernig FamRZ 1989, 1. 67 1993 15 BGH NJW-RR 1993, 1282 f. mit abl. Anm. von Bergerfurth FamRZ 1994, 372; BGH FamRZ 1989, 165, 166; BGH FamRZ 1988, 1035. 68 1994 16 Vgl. BGH NJW-RR 1993, 1282.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 281
§ 529 Abs. 3 a.F. ist als Folgeänderung zu § 513 Abs. 2 durch das ZPO-RG69 im Zuge der Neufassung der §§ 511 ff. aufgehoben worden.70 Die Streichung hat zur Folge, dass eine Überprüfung in keinem Fall mehr möglich ist, so dass nunmehr eine Abgabe an den zuständigen Senat nicht mehr in Betracht kommt.71 Das bedeutet, dass nunmehr der Grundsatz der formellen Anknüpfung ausnahmslos gilt und es für die Bestimmung des Berufungsgerichts lediglich darauf ankommt, welches Ausgangsgericht entschieden hat. Auch im umgekehrten Fall, dass eine amtsgerichtliche Abteilung zu Unrecht über eine Familiensache entschieden hat und daher früher das Urteil analog §§ 523 a.F., 281 aufzuheben und an das Familiengericht zu verweisen war,72 ist nach den oben genannten Grundsätzen keine Verweisung mehr möglich.
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3. Verweisung innerhalb der Grenzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit Innerhalb der drei Zweige der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird ein Verhältnis gem. § 13 GVG angenommen.
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a) Strafgerichtsbarkeit. Im Rahmen des Strafverfahrens gilt anderes Recht (§§ 15 ff., 270 StPO). Im Verhältnis von Zivil- und Strafgerichten findet § 281 keine Anwendung, da Sondernormen entweder das strafgerichtliche oder das zivilgerichtliche Verfahren ausschließen, soweit das Strafgericht über zivilrechtliche Ansprüche entscheiden darf.
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b) freiwillige Gerichtsbarkeit. aa) Verweisung/Abgabe innerhalb der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Das Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist in vielem dem des Zivilprozesses angenähert. Eine Regelung über die Verweisung bei örtlicher Unzuständigkeit findet sich im FGG jedoch nicht. Handelt es sich um ein Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist eine formlose Abgabe an das zuständige Gericht von Amts wegen ohne Weiteres möglich.73 Eine Bindungswirkung entfalten diese Abgaben nicht.74 Umstritten ist, ob in Antragsverfahren die Abgabe einen Antrag voraussetzt.75 Anders ist dies bei den echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Hier ist wegen der vergleichbaren Sachlage § 281 entsprechend anzuwenden.76 Hier genügt zur Fristwahrung die Anrufung eines unzuständigen Gerichts.77 In einigen Ausnahmefällen ist die Abgabe sogar ausdrücklich geregelt, so gem. § 46 FGG die Abgabe aus wichtigen Gründen von einem Vormundschaftsgericht zu einem anderen. Dies gilt entsprechend für Nachlasssachen (§ 75 FGG). Im Grundbuchrecht (§ 1 GBO) und auch im sonstigen Registerrecht gelten die allgemeinen Regeln des FGG. Eine besondere Regelung enthalten auch §§ 15 Abs. 2 S. 2, 15b S. 2 Verschollenheitsgesetz. Hier darf das zuständige Gericht mit bindender Wirkung aus wichtigem
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1995 169 Vom 27.7.2001, BGBl I S. 1887, 1895 ff. 1996 270 Vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 102. 1997 371 Vgl. Musielak/Wittschier § 119 GVG Rdn. 11. 72 1998 4 BGH NJW 1991, 231, 232. 73 1999 5 BayObLGZ 1998, 94, 96. 2000 674 BayObLGZ 1956, 77, 80; vgl. BayObLGZ 1970, 148, 150 für Antragsverfahren; Jansen/v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 143. 2001 775 Bejahend: BayObLGZ 1970, 148, 150; BayObLGZ 1963, 281, 284; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG15 (2003) § 1 Rdn. 41; Müller
ZZP 67 (1954), 1, 10; verneinend: BayObLGZ 1998, 94, 96; OLG Celle NJW 1970, 1011, 1012; Jansen/v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 143. 2002 876 BGH NJW-RR 2006, 1113, 1115 (aktienrechtliches Spruchverfahren); BGHZ 139, 305, 307 = NJW 1998, 3648; BayObLGZ 1998, 94, 96 = NZM 1998, 443; BayObLGZ 1968, 233, 241; Brehm Freiwillige Gerichtsbarkeit3 (2002) § 7 Rdn. 124. 2003 977 BGHZ 139, 305, 307 = NJW 1998, 3648.
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Grund eine Sache an ein anderes Gericht abgeben; entsprechend muss dann auch die Abgabeverfügung des unzuständigen Gerichts wirken. Die Entscheidung eines örtlich unzuständigen Gerichts auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist gem. § 7 FGG wirksam. Sind mehrere Gerichte örtlich zuständig, dann gebührt demjenigen der Vorzug, das zuerst in der Sache tätig geworden ist (§ 4 FGG). Bei Streit unter den Gerichten entscheidet in der Regel das gemeinschaftlich höhere (§ 5 FGG); die Beteiligten haben hierauf keinen Einfluss. Den Beteiligten ist auch hier rechtliches Gehör zu gewähren.78 Weist das Gericht einen Antrag wegen Unzuständigkeit ab, können die Beteiligten die Entscheidung mit der Beschwerde anfechten (§ 19 FGG). Wird die falsche Abteilung desselben Gerichts angegangen, wird auch in der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Sache nach den Grundsätzen der Geschäftsverteilung formlos abgegeben.79 bb) Verhältnis der ordentlichen streitigen zur freiwilligen Gerichtsbarkeit. Das Verhältnis zwischen der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit und der freiwilligen Gerichtsbarkeit betrifft weder die Zulässigkeit des Rechtswegs, da auch die freiwillige Gerichtsbarkeit zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gehört,80 noch die sachliche Zuständigkeit.81 Bei der Verweisung aus einem Verfahren der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit in ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geht es um die Verweisung in eine andere, nach Zweck und Ausgestaltung verschiedene Verfahrensart.82 Eine allgemeine Regelung für die Verweisung zwischen der ordentlichen streitigen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit besteht nicht. In einzelnen Rechtsgebieten der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden sich jedoch Sondervorschriften, wie z.B. § 18 HausratsVO (Rdn. 44) und § 12 Abs. 2 LwVG (Rdn. 45), die das Verhältnis regeln. In diesen Fällen handelt es sich um eine Abgabe von dem Prozessgericht an das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die im Gegensatz zur Verweisung nicht zum Übergang des Rechtsstreits in dem Zustand, in dem er sich befindet, führt. Vielmehr beginnt der Rechtsstreit wegen der Unterschiede in den beiden Verfahrensarten neu.83 In allen übrigen Fällen der Verweisung von einem Prozessgericht an ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder umgekehrt wird eine analoge Anwendung der §§ 17 ff. GVG diskutiert (Rdn. 50 f.). Ausdrückliche Regelungen gibt es in Streitigkeiten bezüglich der Ehewohnung und des Hausrats. Hier ist grundsätzlich das Gericht der Ehesache erster Instanz zuständig (§ 11 Abs. 1 HausratsVO). § 281 Abs. 2 und 3 findet gem. § 11 Abs. 2 S. 2 HausratsVO entsprechende Anwendung für die Abgabe des bei dem Familiengericht des gemeinsamen Wohnorts anhängigen Verfahrens gem. § 11 Abs. 2 HausratsVO an das Gericht der später anhängigen Ehesache. Ansonsten regelt § 18 Abs. 1 HausratsVO die Abgabe der Sache vom Prozessgericht an das nach § 11 HausratsVO zuständige Familiengericht. Der Abgabebeschluss ist für das in ihm bezeichnete Gericht bindend (§ 18 Abs. 1 S. 3 HausratsVO), auch innerhalb desselben Amtsgerichts im Verhältnis Zivilprozessabteilung und Familiengericht.84 2004 178 Jansen/Müther FGG3 Bd. 1 (2006) § 5 Rdn. 20. 2005 279 Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG15 (2003) § 1 Rdn. 40. 2006 380 BGHZ 40, 1, 4 f. = NJW 1963, 2219; BGH FamRZ 1956, 129, 130; Jansen/v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 126; Baur Freiwillige Gerichtsbarkeit (1955) S. 32; aA BGHZ 10, 155, 162 = NJW 1953, 1508, 1510 = JZ 1953, 759 mit
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Anm. Keidel; RGZ 106, 406, 408; RG DR 1944, 334; RG JW 1928, 707; OLG Celle NJW 1948, 591. 2007 481 BGHZ 40, 1, 5 = NJW 1963, 2219, 2220; Jansen/ v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 126. 2008 582 BGHZ 40, 1, 6 = NJW 1963, 2219, 2220. 2009 683 MünchKomm/Prütting Rdn. 21.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Gem. § 12 Abs. 2 iVm Abs. 1 S. 2 und 3 LwVG hat das Prozessgericht eine Sache ohne Antrag von Amts wegen nach Anhörung der Beteiligten85 mit bindender Wirkung an das für Landwirtschaftssachen zuständige Gericht abzugeben, wenn es sich um eine Angelegenheit des § 1 Nr. 1 oder Nr. 2 bis 6 LwVG handelt.86 Über die Kosten (vgl. Rdn. 140) wird, wenn an das Landwirtschaftsgericht abgegeben wird, vom Prozessgericht nicht entschieden.87 Der umgekehrte Fall der Abgabe von dem Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit an den Prozessrichter ist nur in § 12 Abs. 1 LwVG, wonach eine Verweisung mit bindender Wirkung stattfindet,88 vorgesehen. Eine Abgabe bzw Verweisung für die nicht geregelten Fälle wird jedoch allgemein befürwortet, überwiegend in Analogie zu § 17a GVG,89 zum Teil in Analogie zu § 12 LwVG90 oder zu § 46 WEG91 der durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.200792 aufgehoben wurde. Nach der Umgestaltung der §§ 17a ff. GVG durch das Gesetz vom 17.12.199093 finden diese nach der überwiegenden Rechtsprechung auch im Rahmen des § 18 HausratsVO94 und des § 12 LwVG95 ergänzend entsprechende Anwendung, insbesondere § 17a Abs. 4 und 5 GVG,96 da die Anfechtbarkeit der Abgabe und die sich daraus ergebende Folge für die Prüfungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts in der Hauptsache dort nicht geregelt sind und insoweit eine Regelungslücke besteht.97 In Familiensachen besteht ebenfalls eine Sonderregelung in § 621 Abs. 3. Fehlen derartige Sondervorschriften über die Abgabe einer Sache durch das Prozessgericht an das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit bzw umgekehrt, besteht eine Gesetzeslücke, da § 281 nicht auf das Verhältnis zwischen Prozessgerichten und den Gerichten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeschnitten ist. Diese Lücke kann durch die entsprechende Anwendung der oben genannten Vorschriften (§ 18 HausratsVO und § 12 LwVG) geschlossen werden, jedenfalls wenn es sich um ein streitiges Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt und die Versäumung einer Ausschlussfrist droht, da nach diesen Vorschriften der Zeitpunkt der Klageerhebung beim Prozessgericht maßgebend ist.98
2010 184 OLG Frankfurt FamRZ 2001, 367; OLG Stuttgart FamRZ 1996, 172; OLG Karlsruhe NJWRR 1993, 71; OLG Frankfurt FamRZ 1981, 479; OLG Düsseldorf OLGZ 1969, 385, 386 f.; aA OLG Bamberg FamRZ 1990, 179, 180. 2011 285 Jansen/v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 138. 2012 386 Vgl. BGH NJW-RR 1988, 1405. 2013 487 BGH MDR 1958, 494, 495; Jansen/v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 140. 2014 588 BGH MDR 1953, 544; Jansen/v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 137. 2015 689 Zum neuen § 17a GVG: OLG Brandenburg OLG-NL 2003, 163, 164; OLG Jena NJ 2003, 490; zu § 17 GVG a.F., wonach eine Verweisung nur auf Antrag erfolgte: BayObLG NJW-RR 1987, 1099; vgl. BayObLGZ 1985, 222 = MDR 1985, 939 (zur Anfechtbarkeit); BayObLG Rpfleger 1975, 245 und 1979, 318; KG OLGZ 1979, 150, 152; OLG München ZMR 1972, 210, 211; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG15 (2003) § 1 Rdn. 19 ff.
2016 790 OLG Braunschweig MDR 1976, 669; OLG Karlsruhe NJW 1975, 1976, 1977. 2017 891 BGHZ 106, 34, 40 = NJW 1989, 714; OLG Düsseldorf OLGZ 1978, 349, 350. 2018 992 BGBl I S. 370, 374. 93 2019 10 4. VwGO-ÄndG, BGBl I S. 2809, 2816 f. 94 2020 11 MünchKommBGB4/Müller-Gindullis (2000) § 18 HausratsVO Rdn. 3; Keidel/Kuntze/Wink15 ler/Schmidt FGG (2003) § 1 Rdn. 33; aA BGH NJW 1993, 3326, 3328; Staudinger/Weinreich BGB (2004) § 18 HausratsVO Rdn. 12. 95 2021 12 BGH NJW-RR 2002, 1651; BGH VIZ 2000, 169; OLG Brandenburg OLG-NL 2003, 163, 164; Barnstedt/Steffen LwVG7 (2005) § 12 Rdn. 38 ff. 96 2022 13 Jansen/v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 135 ff. 97 2023 14 BGHZ 130, 159, 163 = NJW 1995, 2851, 2852; aA KG OLGZ 1993, 457, 459. 98 2024 15 BGHZ 10, 155, 162 f. = NJW 1953, 1508, 1510 zu § 58 DMBG.
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In der neueren99 Rechtsprechung des BGH ist jedoch anerkannt, dass im Verhältnis zwischen freiwilliger Gerichtsbarkeit und ordentlicher streitiger Gerichtsbarkeit die §§ 17 bis 17b GVG entsprechend anwendbar sind.100 Die Unterschiede der beiden Verfahrensarten rechtfertigen es, Kompetenzkonflikte zwischen ihnen wie Rechtswegstreitigkeiten zu behandeln,101 sowohl in den echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit102 als auch in den anderen Antragsverfahren (§ 17a GVG Rdn. 5),103 nicht aber in reinen Amtsverfahren (§ 17a GVG Rdn. 5).104 Dies entspricht den Zielen der Neuregelung der Rechtswegvorschriften des GVG, eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren herbeizuführen (§ 17a GVG Rdn. 6).105 Letztendlich enthalten §§ 17 ff. GVG eine umfassende Regelung, die ebenso wie die Sondervorschriften eine bindende Wirkung des Beschlusses für das übernehmende Gericht vorsehen. Zudem ist sichergestellt, dass die Ausschlussfristen ebenfalls gewahrt werden (§ 17b Abs. 1 S. 2 GVG). Da aber auch die Sondervorschriften keine Regelungen über die Anfechtbarkeit der Beschlüsse enthalten und deshalb auch hier §§ 17a Abs. 4, 5 GVG ergänzend angewendet werden müssen, bietet sich sogleich bei den nicht geregelten Fällen eine entsprechende Anwendung der §§ 17a ff. GVG an.106 Für alle Fälle unabhängig davon, ob die Abgabe geregelt ist oder nicht, sind die Abgabebeschlüsse gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG nach den Vorschriften der einzelnen Verfahren der fG107, des FGG bzw der ZPO anfechtbar.108 Die Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts gem. § 17a Abs. 5 ist jedoch nur dann beschränkt, wenn die Zuständigkeitsfrage vorab im Beschwerdeverfahren geprüft worden ist. Ist aber das durch § 17a Abs. 3 S. 2 GVG vorgesehene Verfahren trotz Rüge des Beklagten nicht eingehalten worden, steht § 17a Abs. 5 einer Prüfung der Zuständigkeit durch das Rechtsmittelgericht der Hauptsache nicht entgegen. 4. Verhältnis zu den Gerichten anderer Gerichtszweige
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Das Verhältnis zu den anderen Gerichtszweigen betrifft die Zulässigkeit des Rechtswegs, so dass §§ 17 bis 17b GVG Anwendung finden, die in allen Gerichtszweigen entsprechend gelten (§ 48 ArbGG, § 173 VwGO, § 202 SGG, § 155 FGO). Neben der Zulässigkeit des Rechtswegs und der Verfahrensart gelten die §§ 17 bis 17b GVG für die örtliche und sachliche Zuständigkeit entsprechend gem. § 48 ArbGG im Arbeitsgerichtsverfahren (vgl. dazu Rdn. 53), gem. § 83 VwGO im Verwaltungsgerichtsverfahren, gem. § 98 Abs. 1 SGG im Sozialgerichtsverfahren und gem. § 70 FGO im Finanzgerichtsverfahren. § 281 findet keine Anwendung.
2025 199 Der BGH hat für die Verweisung vom Prozessgericht (hier das Berufungsgericht) zum Vormundschaftsgericht § 17 Abs. 3, 4 GVG a.F. angewendet, BGHZ 40, 1, 7 = NJW 1963, 2219, 2220; ebenso BGH NJW 1974, 494, 495. 100 22026 BGH NJW 2003, 1032, 1036; BGH NJW 2001, 2181; BGH NJW-RR 1999, 1007, 1008; BGH NJW 1998, 231; BGH MDR 1996, 1290; BGHZ 115, 275, 285 = NJW 1992, 2423, 2426 (ordentliche streitige Gerichtsbarkeit und § 111 BNotO); vgl. dazu Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG15 (2003) § 1 Rdn. 17 ff., Beispielsfälle Rdn. 21. 101 32027 BGH NJW-RR 1999, 1007, 1008; BGHZ 115, 275, 285 = NJW 1992, 2423, 2426 (ordentliche streitige Gerichtsbarkeit und § 111 BNotO).
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BGH NJW 2001, 2181; BGHZ 115, 275, 285 = NJW 1992, 2423, 2426 (ordentliche streitige Gerichtsbarkeit und § 111 BNotO). 103 2029 5 BGH NJW 2001, 2181; vgl. Zöller/Gummer Vor §§ 17 bis 17b GVG Rdn. 11; aA MünchKomm/ Zimmermann § 17a GVG Rdn. 3. 104 62030 BGH NJW 2001, 2181. 105 72031 BGH NJW 2001, 2181, 2182; Zöller/Gummer Vor §§ 17 bis 17b GVG Rdn. 2. 106 82032 So auch Jansen/v. Schuckmann FGG3 Bd. 1 (2006) § 1 Rdn. 141. 107 92033 Wie z.B. gem. § 22 LwVG, BGH NJW-RR 2002, 1651. 108 2034 10 aA BGH NJW 1993, 3326, 3328 (zur Anfechtung bei § 18 HausratsVO) zur neuen Rechtslage.
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Auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt § 281 nach der Änderung der §§ 17 ff. GVG durch das 4. VwGO-ÄndG109 nicht mehr. Während früher § 281 sowohl auf Verweisungen der Arbeitsgerichte zueinander wie auch auf solche zu den ordentlichen Gerichten anwendbar war,110 verweist § 48 Abs. 1 ArbGG nunmehr auf die §§ 17 bis 17b GVG.111 Mit der Regelung in § 48 ArbGG hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass auch die Arbeitsgerichtsbarkeit im Verhältnis zur ordentlichen Gerichtsbarkeit einen eigenständigen Rechtsweg darstellt.112 Damit unterliegen Verweisungen in Verfahren der Arbeitsgerichtsbarkeit den Besonderheiten des § 48 ArbGG und der §§ 17 bis 17b GVG. So erfolgt z.B. die Verweisung von Amts wegen (§ 17a GVG), ist aber nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG unanfechtbar und muss auch außerhalb der mündlichen Verhandlung gem. § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG stets durch die Kammer113 ergehen.
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IV. Voraussetzungen der Verweisung 1. Anwendbarkeit des § 281 Eine Verweisung gem. § 281 kann nur ergehen, wenn die Vorschrift direkt oder entsprechend anwendbar ist. § 281 überbrückt die fehlende örtliche oder sachliche Zuständigkeit. Er findet keine Anwendung im Verhältnis zum EuGH114, zu den Verfassungsgerichten, zu dem BayObLG115 sowie zu den anderen Zweigen der Gerichtsbarkeit. Bei funktioneller und internationaler Unzuständigkeit sowie im Rahmen der Geschäftsverteilung greift § 281 ebenfalls nicht ein. Ergehen in diesen Beziehungen dennoch Verweisungsbeschlüsse, wie z.B. eine Verweisung an eine Verwaltungsbehörde oder an ein Schiedsgericht, entfalten diese, weil sie nicht als Beschlüsse gem. § 281 anzusehen sind, keine Bindungswirkung und sind anfechtbar.
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2. Rechtshängigkeit des Verfahrens Vor Rechtshängigkeit des Verfahrens kann keine bindende Verweisung ergehen, sondern lediglich eine formlose Abgabe erfolgen.116 Das Gericht führt damit nur den prozessualen Willen des Klägers aus, der die noch nicht zugestellte Klage ebenso hätte zurücknehmen und bei dem anderen Gericht neu einreichen können. Das Gericht, an das auf Antrag des Klägers abgegeben wurde, ist deshalb verpflichtet, auf die mit dem Willen des Klägers bei ihm angebrachte Klage tätig zu werden, indem es die Klage unverzüglich zustellt.117 109 2035
1 Vom 17.12.1990 (BGBl I S. 2809, 2816 f.). 110 22036 Vgl. dazu Gaede Zuständigkeitsmängel und ihre Folgen nach der Zivilprozeßordnung (1989), S. 138 ff. 111 32037 Dazu näher Jauernig NZA 1995, 12 f.; Kissel NZA 1995, 345 ff.; Vollkommer FS Kissel (1994), S. 1183 ff. 112 2038 4 BAG NZA 1992, 954, 955. 113 2039 5 Vgl. Kissel NZA 1995, 345, 347 zum Verhältnis von § 48 Abs. 1 Nr. 1 und § 55 Abs. 3 ArbGG bei Verweisung durch den Vorsitzenden bei übereinstimmendem Parteiantrag. 114 62040 Vgl. dazu Schumann ZZP 78 (1965), 93 f. 115 72041 Das BayObLG ist zum 30.6.2006 aufgelöst wor-
den und ist nur noch für die bis zum 31.12.2004 anhängig gewordenen Verfahren zuständig, BayObLGAuflG, BayGVBl. 2004, 400. 2042 8116 BGH NJW-RR 1997, 1161; BGH NJW-RR 1996, 254; BGH NJW 1980, 1281; BGH NJW 1983, 1062, der aber in entsprechender Anwendung des § 36 Nr. 6 eine Bestimmung des zuständigen Gerichts vornahm; vgl. BayObLGZ 1999, 94, 96 = NJW-RR 2000, 1311; BayObLG NJW 1964, 1573, 1574; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 1167, 1168; Jauernig NJW 1995, 2017, 2018; Schneider DRiZ 1983, 24, 25. 117 92043 BayObLG NJW 1964, 1573, 1574.
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Im Mahnverfahren handelt es sich vor Erlass eines Mahn- (§ 691 Rdn. 23)118 bzw Vollstreckungsbescheids119 um eine formlose Abgabe und nicht um eine Verweisung iSd § 281, da noch keine Rechtshängigkeit eingetreten ist (vgl. Rdn. 19 ff.).120 Hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache durch übereinstimmende Erledigungserklärungen erledigt, ist eine Verweisung allein wegen der Kosten nicht auszusprechen, da der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht mehr rechtshängig ist.121 Umstritten ist die Frage, ob die Kostenentscheidung wegen der Unzulässigkeit der Klage immer zu Lasten des Klägers geht,122 oder bei der Kostentragung nach § 91a zu berücksichtigen ist, wie der Rechtsstreit bei einer hypothetischen Verweisung an ein zuständiges Gericht geendet hätte (vgl. § 91a Rdn. 45)123. Für die letzte Ansicht wird angeführt, dass man ansonsten den Kläger dazu zwingen würde, zunächst eine kostenund aufwandsverursachende Verweisung vorzunehmen und erst anschließend die Erledigung zu erklären.124 Der Kläger müsse jedoch im Rahmen des § 91a in Anlehnung an § 281 Abs. 3 S. 2 die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts verursachten Kosten tragen.125 Allerdings würde dem Kläger in diesem Fall das Risiko abgenommen, dass der Beklagte der Erledigung nach Verweisung nicht zustimmt. Bei einer einseitig gebliebenen Erledigungserklärung würde der Kläger nämlich die darin liegende Feststellungsklage verlieren, da es für die Zulässigkeit der ursprünglichen Klage auf den Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ankommt (siehe Rdn. 61). Angesichts dieser Rechtslage wird kaum ein Beklagter der Erledigungserklärung zustimmen. Aus diesem Grund sind dem Kläger die Kosten gem. § 91a aufzuerlegen. Letztendlich bleibt ihm nur die Möglichkeit der Klagerücknahme, wie unten (Rdn. 61) vorgeschlagen. Bei einseitiger Erledigungserklärung bleibt der Rechtsstreit zwar bezüglich des Feststellungsantrags, den die einseitige Erledigungserklärung nach der Klageänderungstheorie der h.M.126 enthält, rechtshängig (vgl. § 91a Rdn. 25), so dass eine Verweisung der Feststellungsklage bei entsprechendem Antrag vorzunehmen ist.127 Die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Hauptantrags erlischt jedoch (§ 263 Rdn. 84). Das angewiesene Gericht hat im Rahmen der Feststellungsklage zu prüfen, ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und durch den Eintritt eines erledi118 2044
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BayObLG BB 2002, 1437; aA BGH NJW 1964, 247. 2045 2119 AA OLG Karlsruhe Justiz 1982, 293. 120 32046 BayObLG BB 2002, 1437; zur Frage, wann im Mahnverfahren bei Überleitung in das Streitverfahren Rechtshängigkeit eintritt (§ 261 Rdn. 15), ausführlich Zinke NJW 1983, 1081, 1083 f. 121 2047 4 OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 955 f.; OLG Hamm NJW-RR 1994, 828; OLG München OLGZ 1986, 67, 69; OLG Frankfurt MDR 1981, 676; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10; MünchKomm/Lindacher § 91a Rdn. 57; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 58 Stichwort „Verweisung“; Musielak/Foerste Rdn. 5. 122 2048 5 OLG Brandenburg NJW 2002, 1659 f. und NJW-RR 1996, 955; OLG Dresden OLG-NL 1998, 17 f.; OLG Hamm NJW-RR 1994, 828; OLG Frankfurt MDR 1981, 676; Stein/Jonas/ Bork § 91a Rdn. 30; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann § 91a Rdn. 139 Stichwort „Verweisung“; Becht MDR 1990, 121, 122. 123 62049 OLG Stuttgart MDR 1989, 1000; AG Schöne-
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berg MDR 1994, 202; MünchKomm/Lindacher § 91a Rdn. 57; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 58 Stichwort „Verweisung“, schließt die Berücksichtigung jedenfalls nicht aus; Emde MDR 1995, 239. 124 72050 AG Schöneberg MDR 1994, 202. 125 2051 8 OLG Stuttgart MDR 1989, 1000; MünchKomm/ Lindacher § 91a Rdn. 57. 126 92052 St. Rspr.: BGH NJW 2002, 442; BGH NJW 1994, 2363, 2364; BGH NJW-RR 1993, 1319, 1320; BGHZ 106, 359, 366 f. = NJW 1989, 2885, 2886; BGHZ 91, 126, 127 = NJW 1984, 1901; Stein/ Jonas/Bork § 91a Rdn. 47; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 34 mwN; aA Assmann Erlanger FS Schwab (1990), S. 179, 195 ff. (Bewirkungshandlung, deren Zulässigkeitsvoraussetzung die Erledigung der Hauptsache ist). 127 2053 10 Vossler NJW 2002, 2373; Musielak/Foerste Rdn. 5; aA OLG München OLGZ 1986, 67, 69 f.; Zöller/Vollkommer § 91a Rdn. 58 Stichwort „Verweisung“.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 281
genden Ereignisses unzulässig oder unbegründet geworden ist.128 Da aber die Klage von Anfang an unzulässig war, wenn das erledigende Ereignis während der Rechtshängigkeit bei dem unzuständigen Gericht eingetreten ist und der Beklagte die Unzuständigkeit gerügt hat, wird der Kläger seine Feststellungsklage immer verlieren. Ihm würde es auch nichts nützen, wenn er vor der Erledigungserklärung die Verweisung beantragen würde, da es für die Frage der ursprünglichen Zulässigkeit allein auf den Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ankommt. Dem Kläger bleibt nur die Möglichkeit, anstelle eines Verweisungsantrags die Klage zurückzunehmen und die Geltendmachung des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in einem gesonderten Verfahren zu betreiben.129 3. Örtliche oder sachliche Unzuständigkeit des Gerichts Eine Verweisung gem. § 281 kommt nur dann in Betracht, wenn das angegangene Gericht örtlich oder sachlich unzuständig ist.130 Die Zuständigkeit darf sich auch nicht aus §§ 36, 39, 513 Abs. 2, 545 Abs. 2 (§ 549 Abs. 2 a.F.) ergeben. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Verweisung,131 nicht derjenige der Klageerhebung. Die Unzuständigkeit muss also bis zum Erlass des Verweisungsbeschlusses bestehen. Hält sich das Gericht für zuständig, weist es den Antrag auf Verweisung zurück. Selbst wenn der Beklagte dem Antrag zustimmt, darf es auch nicht an ein anderes zuständiges Gericht verweisen.132 In der Zustimmung kann keine wirksame nachträgliche Gerichtsstandsvereinbarung (vgl. § 261 Rdn. 110) gesehen werden, da Veränderungen nach Rechtshängigkeit gem. § 261 Abs. 3 Nr. 2 die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht mehr berühren.133 Die Zurückweisung kann in einem Zwischenurteil gem. § 280 Abs. 2 (vgl. § 280 Rdn. 28) oder in den Gründen des Endurteils ausgesprochen werden, wobei beide aber gem. §§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2 nicht anfechtbar sind. Dagegen kann, wenn die Klage bei einem unzuständigen Gericht eingereicht worden ist, durch eine nach Rechtshängigkeit vereinbarte Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines sonst unzuständigen Gerichts begründet werden, selbst wenn es sich um ein anderes als das angegangene Gericht handelt.134 Die Verweisung an dieses Gericht ist dann zulässig. Ist das Gericht zuständig und derselbe Rechtsstreit bereits bei einem anderen Gericht rechtshängig, kommt eine Verweisung gem. § 281 nicht – auch nicht wegen Sachzusammenhangs – in Betracht. Bei der anderweitigen Rechtshängigkeit handelt es sich um eine eigenständige negative Prozessvoraussetzung (Vor § 253 Rdn. 75), die zur Klageabweisung führt.135
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1 Vossler NJW 2002, 2373, 2374. 2055 2129 Dies rät auch Vossler NJW 2002, 2373, 2374 Fn. 13. 130 32056 Vgl. OLGR Celle 2006, 920, 922, wonach das verweisende Gericht seine Unzuständigkeit vor Verweisung auch tatsächlich festzustellen hat. 131 2057 4 OLG Düsseldorf JW 1922, 1407; Musielak/Foerste Rdn. 6; vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 11, MünchKomm/Prütting Rdn. 26 und Hk/Saenger Rdn. 9: Schluss der mündlichen Verhandlung. 132 52058 LAG Kiel AP Nr. 1 zu § 276 ZPO a.F.; aA OLG Köln ZZP 64 (1950–51), 147, 148 f. 133 62059 BGH NJW-RR 1995, 513; BGH NJW-RR 1994,
126; BayObLG Rpfleger 2002, 629, 630; LAG Kiel AP Nr. 1 zu § 276 ZPO a.F.; aA OLG Celle MDR 1957, 579; OLG Köln ZZP 64 (1950–51), 147, 148 f., das sogar die in der Klageerwiderung angekündigte Rüge der Unzuständigkeit, die in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen wurde, als Zustimmung zur Gerichtsstandsvereinbarung ansah. 134 2060 7 BGH NJW 1976, 626. 135 82061 BGH FamRZ 1997, 488; BGH NJW 1980, 290; zur fehlenden Bindungswirkung eines solchen Verweisungsbeschlusses siehe Rdn. 128.
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Auch eine Verweisung des mangels Zuständigkeit und Passivlegitimation zu Unrecht auf Entschädigung in Anspruch genommenen Landes an ein Entschädigungsgericht des zuständigen und passiv legitimierten Landes ist nicht möglich.136 Wird das zunächst zuständige Gericht nach einer Klageänderung unzuständig (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 findet in diesem Fall keine Anwendung, vgl. § 261 Rdn. 114), kann es auf Antrag des Klägers gem. § 281 einen Verweisungsbeschluss erlassen. Eine Verweisung des Rechtsstreits müsste auch unterbleiben, wenn das angegangene Gericht bei einem einheitlichen Streitgegenstand nur für eine von mehreren Klagebegründungen zuständig ist.137 Eine teilweise Verweisung könnte in diesem Fall nicht erfolgen, da es sonst zur Aufspaltung eines einheitlichen Streitgegenstands käme.138 Das Gericht müsste über die gesamte Klage entscheiden und die Klage insoweit abweisen, als es für einzelne Klagebegründungen nicht zuständig ist.139 Allerdings kann es nach der neueren Rechtsprechung des BGH140 infolge der Neufassung von § 17 Abs. 2 GVG141 zu solchen Konstellationen wohl nicht mehr kommen, da der BGH die Zuständigkeit des Gerichts auch für die anderen Klagebegründungen bejaht. Entscheidend ist allein, dass die Zuständigkeit für eine der Klagebegründungen besteht. Handelt es sich dagegen um mehrere selbständige prozessuale Ansprüche ist eine Verweisung bezüglich einzelner Ansprüche möglich (§ 260 Rdn. 83 ff.).142 Verweist das Gericht, weil es zu Unrecht seine Unzuständigkeit angenommen hat, dann ist dieser Beschluss in der Regel (zu den Ausnahmen vgl. Rdn. 124 ff.) wirksam und unanfechtbar, selbst wenn das verweisende Gericht ausschließlich zuständig war (vgl. dazu Rdn. 120).143 Dasselbe gilt grundsätzlich auch dann, wenn es die (uU ausschließliche) Zuständigkeit des Gerichts, an das verwiesen wird, fälschlich annimmt.144 4. Verweisendes Gericht
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Der Verweisungsbeschluss wird in der Regel von dem angegangenen erstinstanzlichen Gericht erlassen. Eine Verweisung durch das Rechtsmittelgericht an das örtlich oder sachlich zuständige Gericht erster Instanz kommt nur dann in Betracht, sofern die Unzuständigkeit des Erstgerichts noch geltend gemacht werden kann.145 Da gem. §§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2 ein Rechtsmittel nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht bejaht hat, kann das Urteil aus diesem Grund nicht aufgehoben und an ein anderes erstinstanzliches Gericht verwiesen werden.146 Durch das ZPO-RG147 wurde die früher in § 512a enthaltene Regelung auch auf die sachliche Zuständigkeit erweitert. Weist das erstinstanzliche Gericht allerdings die Klage wegen örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit ab, kann der Kläger in der 136 2062
1 BGH MDR 1961, 760. 137 22063 BGH NJW 1986, 2436, 2437 (örtliche Unzuständigkeit); BGH VersR 1980, 846 (örtliche Unzuständigkeit); RGZ 165, 374, 384; BGHZ 5, 105, 107 (sachliche Unzuständigkeit); BGH NJW 1971, 564 (örtliche Unzuständigkeit); OLG Freiburg JZ 1953, 473, 474. 138 2064 3 BGHZ 5, 105, 107; BGH NJW 1971, 564; Zöller/ Greger Rdn. 8; aA Ritter NJW 1971, 1217, 1218. 139 42065 So auch MünchKomm/Prütting § 281 Rdn. 27; aA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 13. 140 52066 BGH NJW 2003, 828. 141 62067 Fassung des Gesetzes vom 17.12.1990 (BGBl I S. 2809, 2816).
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BAG NJW 1974, 1840; OLG München NJW-RR 1996, 1279, wonach in der Verweisung ein Trennungsbeschluss gesehen werden kann. 143 2069 8 RG JW 1929, 869. 144 92070 LG Mannheim MDR 1974, 234. 145 2071 10 BGHZ 16, 339, 345 = NJW 1955, 791, 792. 146 2072 11 Anders noch BGHZ 2, 278, 280 = NJW 1951, 802 f.; RGZ 108, 263, 264; allerdings bezog sich die damalige Regelung des § 512a nur auf die örtliche Zuständigkeit, so dass wegen sachlicher Unzuständigkeit eine Verweisung möglich war. 147 2073 12 Vom 27.7.2001 BGBl I S. 1887, 1895.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 281
Berufungsinstanz148 auch hilfsweise den Antrag auf Verweisung an das zuständige Gericht stellen.149 Dieser Fall wird von § 513 Abs. 2 (vgl. § 513 Rdn. 19) nicht erfasst. Dies gilt nicht für die Revisionsinstanz150 (§ 545 Abs. 2, vgl. dort Rdn. 39 f.). Eine Verweisung an das zuständige Gericht151 kann unter gleichzeitiger Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils jedoch nur ausgesprochen werden, wenn das Rechtsmittel zulässig ist152 und sich für keinen Klagegrund die Zuständigkeit des Gerichts ergibt. Ansonsten entzieht § 513 Abs. 2 dem Berufungsgericht die Nachprüfung des angefochtenen Urteils. Der umfassende, der Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Berufungsgerichte dienende Prüfungsausschluss (vgl. § 513 Rdn. 15) hindert das Berufungsgericht auch, die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts mit Blick auf § 281 zu prüfen.153 Ihm fehlt damit die Kompetenz, den Rechtsstreit an ein anderes erstinstanzliches Gericht zu verweisen.154 Wird in der zweiten Instanz der Klageantrag in der Art erweitert, dass das erstinstanzliche Amtsgericht nicht zuständig gewesen wäre, bleibt trotz übereinstimmender Verweisungsanträge der Parteien an ein erstinstanzliches Landgericht das Landgericht zur Entscheidung über die Berufung zulässig.155 Auch eine Verweisung durch das Landgericht an das Oberlandesgericht kommt nicht in Betracht.156
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5. Zuständiges inländisches Gericht Eine Verweisung setzt zudem voraus, dass ein anderes inländisches Gericht zuständig ist. Sind mehrere Gerichte zuständig, so hat der Kläger die Wahl (§ 281 Abs. 1 S. 2). Trifft der Kläger keine Wahl, darf nicht verwiesen werden. Der Kläger muss hierauf gem. § 139 hingewiesen werden. Lässt sich nur die sachliche oder örtliche Zuständigkeit des anderen Gerichts bestimmen, ist die Verweisung unzulässig.157 Keinesfalls darf zur Bestimmung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht verwiesen werden.158 Bei der zuständigen Stelle muss es sich um ein Gericht handeln.159
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6. Antrag des Klägers Außerdem ist ein Verweisungsantrag des Klägers erforderlich (§ 281 Abs. 1 S. 1).160 Das Gericht, an das verwiesen werden soll, muss vom Kläger nicht bezeichnet werden. Vielmehr hat das verweisende Gericht dieses Gericht nach pflichtgemäßem 2074 1148 OLG Köln OLGZ 1989, 83, 86 f. Vgl. auch Entscheidungen zur alten Rechtslage: BGH MDR 1953, 544; RG JW 1921, 472 zu § 505 iVm § 27 GerEntlVO. 149 2075 2 KGR 2004, 307, 308; KG BB 1983, 213, 214; OLG Köln OLGZ 1989, 83, 86 f.; Zimmermann Rdn. 12. 150 2076 3 Anders noch zur alten Rechtslage: BGH MDR 1953, 545; RGZ 170, 226, 232; BayObLGZ 1951, 12, 15; BayObLG NJW 1958, 1825, 1827. 151 42077 Vgl. BGH NJW-RR 1988, 1405 (Abgabe an das Landwirtschaftsgericht), BGHZ 10, 155, 163 = NJW 1953, 1508, BGH MDR 1953, 544 und BGHZ 5, 105, 107 (alle Entscheidungen zur Abgabe an Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit und zur alten Rechtslage, nach der auch die Berufung auf die sachliche Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts gestützt werden konnte); RGZ 170, 226, 232. 152 52078 BGHZ 16, 339, 345 = NJW 1955, 791, 792.
2079 6153 BGH NJW-RR 2005, 501, 504; MünchKomm/ Rimmelspacher § 513 Rdn. 2, 17. 154 72080 BGH NJW-RR 2005, 501, 504. 155 82081 RGZ 119, 379, 385; aA LG Hannover MDR 1985, 329, wonach das übergeordnete LG – soweit zuständig – an sich selbst als Gericht erster Instanz verweisen muss; ebenso Stein/Jonas/ Leipold21 Rdn. 38; die Voraufl. Anm. C IV b 1, allerdings Verweisung an das OLG (alle noch zur alten Rechtslage). 156 92082 BGH NJW-RR 1996, 891; aA Rimmelspacher JZ 1996, 976, der eine analoge Anwendung des § 506 zulässt. 157 2083 10 OLG München OLGRspr 1940, 379, 381. 158 2084 11 OLGR Köln 2004, 257, 258; OLG Celle MDR 1953, 111, 112. 159 2085 12 KG ZZP 51 (1926), 114, 118 (verneint für die Aufwertungsstelle als Verwaltungsbehörde). 160 2086 13 BGHZ 63, 214, 218 = NJW 1975, 450, 451.
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Ermessen zu bestimmen und dessen Zuständigkeit zu prüfen.161 Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl gem. § 35. Hat er diese getroffen, ist sie endgültig und unwiderruflich.162 Das gilt selbst dann, wenn er sich dabei nicht aller bestehenden Gerichtsstände bewusst gewesen ist.163 Der Antrag ist eine bis zum Erlass des Verweisungsbeschlusses widerrufliche Prozesshandlung. Er ist Prozess-, nicht Sachantrag iSd §§ 270, 297.164 Er und andere Erklärungen zur Zuständigkeit können gem. § 281 Abs. 2 S. 1 vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden mit der Folge, dass in diesem Fall kein Anwaltszwang besteht (§ 78 Abs. 5). Er kann, soweit die Unzuständigkeit noch berücksichtigt werden kann (vgl. §§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2, 571 Abs. 2 S. 2), auch noch in der Beschwerde- (vgl. § 571 Rdn. 9) und in der Berufungsinstanz (vgl. § 513 Rdn. 15), nach der ZPO-Reform jedoch nicht mehr in der Revisionsinstanz (vgl. § 545 Rdn. 34) gestellt werden. Die Verweisung kann ferner hilfsweise beantragt werden für den Fall, dass das Gericht sich wegen keiner der Klagegründe für zuständig erachtet.165 Stellt der Kläger den Verweisungsantrag trotz Hinweises des Gerichts auf seine Unzuständigkeit nicht, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Ein Antrag des Beklagten ersetzt denjenigen des Klägers nicht. Er ist nicht erforderlich und selbst bei ausschließlicher Zuständigkeit nicht ausreichend.166 Der Beklagte ist lediglich in dem Fall des § 506 antragsberechtigt. Das Antragsrecht des Beklagten bei der Verweisung zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen ist in den §§ 97 Abs. 1, 98, 99, 100 GVG geregelt. Eine Verweisung von Amts wegen ist unzulässig. Ein Verweisungsbeschluss entfaltet jedoch auch dann Bindungswirkung und ist unanfechtbar, wenn der Kläger keinen Antrag gestellt hat und zwar unabhängig davon, ob der Beklagte dies beantragt hat. Dies ist zwar verfahrenswidrig, aber allein nicht geeignet, die Bindungswirkung entfallen zu lassen (vgl. Rdn. 120).167
V. Verfahren bei Zurückweisung des Antrags
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Die Verweisung ergeht durch Beschluss, so dass gem. § 128 Abs. 4 die mündliche Verhandlung fakultativ ist. Im schriftlichen Verfahren168 oder bei freigestellter mündlicher Verhandlung (§ 128 Abs. 4) ist der Gegner zur Gewährung des rechtlichen Gehörs (vgl. dazu Rdn. 131) vor Erlass des Verweisungsbeschlusses zu hören (vgl. auch § 18 Abs. 1 S. 2 HausratsVO, wonach der Abgabebeschluss nach Anhörung der Parteien auch ohne mündliche Verhandlung ergehen kann).
161 12087 OLG Oldenburg NdsRpfl 1983, 205, 206. 162 22088 BayObLG NJW-RR 1991, 187; OLG Frankfurt MDR 2004, 832. 163 32089 Vgl. OLGR Frankfurt 2004, 411, 412. 164 2090 4 BayObLGZ 1958, 193, 196; aA OLG Düsseldorf JW 1938, 1188 f. 165 52091 BGH MDR 1953, 544; RGZ 108, 263, 264. 166 62092 OLG Celle NJW 1947, 67, 68; LG Neuruppin NJ 1951, 379, 380. 167 72093 BGHZ 139, 305, 308 = NJW 1998, 3648, 3649; BGH FamRZ 1998, 360, 361; BGH NJW-RR
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1990, 1282; RGZ 131, 197, 200; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 1167, 1168; OLG Celle NJW 1947, 67, 68; LAG Kiel AP Nr. 1 zu § 276 a.F.; aA BGHSt 36, 313, 314 = NJW 1990, 723 mit der Prämisse, dass eine Verweisung ohne Antrag automatisch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sei; dazu Anm. Bernd NStZ 1990, 205, 206; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1559, 1560; OLG Köln GRUR 2002, 104; LG Neuruppin NJ 1951, 379, 380; Schneider DRiZ 1983, 24 ff. 168 82094 RGZ 121, 20, 22 f.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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1. Zuständigkeit des angegangenen Gerichts Der Antrag des Klägers ist durch Zwischenurteil gem. § 280 Abs. 2 oder in den Gründen des Endurteils zurückzuweisen, wenn sich das um Verweisung angegangene Gericht für zuständig hält. Das Zwischenurteil ist zwar gem. § 280 Abs. 2 S. 1 in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Eine Berufung wäre jedoch wegen § 513 Abs. 2 unzulässig, weil lediglich die örtliche oder sachliche Zuständigkeit angegriffen wird (vgl. § 280 Rdn. 37).169 Hat das Gericht den Antrag zu Unrecht durch Beschluss (und nicht durch Zwischenurteil) zurückgewiesen, so ist auch dieser nicht anfechtbar.170
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2. Zuständigkeit eines anderen Gerichts als im Antrag benannt Verneint das Gericht seine eigene Zuständigkeit, hält aber das vom Kläger im Verweisungsantrag benannte Gericht für unzuständig, so hat es den Kläger darauf gem. § 139 hinzuweisen. Ändert dieser seinen Verweisungsantrag nicht, so hat das Gericht die Klage durch Prozessurteil abzuweisen. Dasselbe gilt, wenn der Kläger überhaupt keinen Verweisungsantrag stellt.
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3. Teilbare Ansprüche Ist für teilbare Ansprüche (§ 301) teils der Gerichtsstand gegeben, teils ein anderer, teils kein inländischer bestimmbar, kann es zur sachlichen Prüfung des ersten, zur Verweisung des zweiten und zur Prozessabweisung des dritten Teils kommen, wenn nicht eine Bestimmung gem. § 36 herbeigeführt werden darf oder wird. Maßgebend ist, dass eine dementsprechende Trennung des Verfahrens gem. § 145 möglich ist, die dann in dem Verweisungsbeschluss stillschweigend mit erklärt wird.171 Eine Teilverweisung bezüglich der Klage gegen einen von mehreren Beklagten ist bei einer nicht notwendigen Streitgenossenschaft möglich.172
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4. Mehrere Klagebegründungen Wird jedoch ein prozessualer Anspruch auf mehrere rechtliche Klagebegründungen gestützt, darf das zuerst angegangene Gericht über alle Klagebegründungen entscheiden, auch wenn es bezüglich einzelner rechtlicher Gesichtspunkte örtlich oder sachlich unzuständig ist.173 Eine Verweisung bezüglich einer einzelnen Klagebegründung kommt nicht in Betracht (vgl. Rdn. 68).174 Der BGH hat nach Inkrafttreten von § 17 Abs. 2 GVG in der Fassung des Gesetzes vom 17.12.1990175 seine Rechtsprechung176 dahingehend geändert, dass das nach § 32 örtlich zuständige Gericht den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden hat, wenn im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung im Rahmen der Darlegung eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung ein einheitlicher prozessualer Anspruch geltend gemacht wird.177 Dies dürfte nun allgemein gelten. 169 2095
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BGH NJW-RR 2001, 930 f.; BGH NJW 1998, 1230; RGZ 110, 57, 58 f.; OLG Schleswig FamRZ 1978, 428, 429. 170 2096 2 OLG Oldenburg NJW-RR 1992, 828. 171 32097 OLG München NJW-RR 1996, 1279. 172 42098 OLG München NJW-RR 1996, 1279. 173 52099 BGH NJW 2003, 828 ff.
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BGH NJW 1971, 564 (Abweisung als unzulässig) vor der Rechtsprechungsänderung 7 BGBl I S. 2809. 176 2102 8 Siehe zur alten Rechtsprechung BGH NJW 1986, 2436, 2437; BGH VersR 1980, 846 mwN; vgl. auch BGHZ 98, 362, 366 = NJW 1987, 442; BGH NJW 1983, 1799. 177 92103 BGH NJW 2003, 828, 829. 175 2101
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Das RG hat bei Verbindung von patent- und außerpatentrechtlichen Gründen an das Patentgericht verwiesen.178 5. Haupt- und Hilfsantrag
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Bei einer Klage mit Haupt- und Hilfsantrag bestimmt sich die Zuständigkeit nach dem Hauptantrag. Ist das angegangene Gericht nicht für den Hauptantrag zuständig, muss es auf Antrag insgesamt an das für den Hauptantrag zuständige Gericht verweisen, selbst wenn es für den Hilfsantrag zuständig wäre (vgl. § 260 Rdn. 85).179 Ist das Gericht für den Hauptantrag zuständig, nicht aber für den Hilfsantrag, darf eine Verweisung erst ergehen, wenn über den Hauptantrag entschieden worden und die Bedingung eingetreten ist.180 6. Widerklage
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Die einmal für die Widerklage gem. § 33 begründete Zuständigkeit bleibt bestehen, auch wenn der Rechtsstreit später verwiesen wird. Allerdings kann der Beklagte, der Widerklage erhoben hat, nicht die fehlende Zuständigkeit rügen. Die Widerklage darf nicht ohne Antrag des Widerklägers verwiesen werden. Stellt er den Antrag, so wird ihm stattzugeben sein, wenn er nur der Klageverweisung folgen will und die Voraussetzungen des § 33 gegeben sind. Eine Verweisung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn das Gericht für die Widerklage zuständig ist, sofern sich der Kläger, wenn die Widerklage als Klage erhoben worden wäre, mit seiner Klage als Widerkläger hätte anschließen können. Ob für die Anhangverfahren, z.B. beim Gerichtsstand des § 64, die durch Verweisung eintretende Veränderung ohne Belang ist, ist umstritten (vgl. § 64 Rdn. 40).
VI. Verfahren bei Verweisung
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Das Gericht erkennt nach dem Verweisungsantrag, wenn es seine eigene Zuständigkeit verneint und die vom Kläger vorgeschlagene bejaht. Dabei muss die Zuständigkeit des übernehmenden Gerichts pflichtgemäß geprüft und bejaht werden, da eine Verweisung zur Klärung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht unzulässig ist.181 Nach pflichtgemäßer Prüfung erklärt es sich für unzuständig und verweist den Rechtsstreit an das zuständige Gericht. 1. Entscheidung durch Beschluss
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Die Entscheidung ergeht in der Regel im ersten Rechtszug durch Beschluss, also auf Grund freigestellter mündlicher Verhandlung (§ 128 Abs. 4). Ergeht der Beschluss ohne mündliche Verhandlung, so ist rechtliches Gehör in schriftlicher Form unverzichtbar (vgl. dazu Rdn. 131).182 Der Beschluss wird zumeist ohne mündliche Verhandlung erlassen, was im Ermessen des Gerichts steht. Ein Einverständnis der Parteien ist nicht erforderlich.183 Außerhalb der mündlichen Verhandlung entscheidet der 178 2104
1 RGZ 170, 226, 231 f. 179 22105 BGH NJW 1956, 1357. 180 32106 BGH NJW 1981, 2417; BGH NJW 1980, 1283; beide Entscheidungen zu einer Verbindung von einer Familien- und einer Nichtfamiliensache, die nicht zulässig ist.
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OLGR Köln 2004, 257, 258; OLG Celle MDR 1953, 111, 112. 182 2108 5 OLGR Frankfurt 2004, 411, 412. 183 62109 AA OLG Hamm MDR 1981, 503; OLG Zweibücken Rpfleger 1981, 368.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 281
gesamte zuständige Spruchkörper.184 Dies kann auch der Einzelrichter nach §§ 348 f. sein. Der Beschluss, der auf Grund mündlicher Verhandlung ergeht, ist zu verkünden (§ 329 Abs. 1). Ansonsten ist er formlos gem. § 329 Abs. 2 S. 1 mitzuteilen und wird mit der letzten Mitteilung wirksam.185 Er wird auch mit der mündlichen Mitteilung an die Parteien wirksam, selbst wenn diese Mitteilung mit erheblicher Verzögerung erfolgt.186 Der Beschluss ist zu begründen, zumindest muss er eine gesetzliche Grundlage erkennen lassen.187 Das Gericht darf diesen Beschluss ab Erlass nicht mehr ändern.188 Die bloße Ablehnung der Übernahme ist kein Beschluss iSd § 281 und entfaltet daher keine Bindungswirkung.189 In dem Beschluss ist nicht über die Kosten zu befinden (näher Rdn. 140).190 Ist eine Verweisung in den Rechtsmittelinstanzen noch zulässig, ergeht die Verweisung unter Aufhebung des angefochtenen Urteils191 durch Urteil und deshalb auf Grund notwendiger mündlicher Verhandlung.192 2. Folgen des Beschlusses Mit Eingang der Akten bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht wird der Rechtsstreit dort anhängig (§ 281 Abs. 2 S. 2), gleichzeitig erlischt die Anhängigkeit beim verweisenden Gericht. Das Verfahren geht in der Regel in dem Zustand über, in dem es sich zur Zeit der Verweisung befindet. Das Verfahren vor beiden Gerichten bildet eine Einheit.193 Die Rechtshängigkeit und ihre Wirkungen bleiben demnach bestehen. Auch der Zeitpunkt der Anhängigkeit richtet sich nach der Einreichung der Klage bei dem unzuständigen Gericht.194 Danach ist zu beurteilen, ob die zur Klageerhebung erforderliche Frist gewahrt ist (vgl. § 167). So ist die Frist gewahrt, wenn die Klage rechtzeitig bei einem unzuständigen Gericht erhoben und der Rechtsstreit nach Ablauf der Frist an das zuständige Gericht verwiesen wird (vgl. Vor § 253 Rdn. 120).195 Dies gilt selbst bei einer ausschließlichen örtlichen196 oder sachlichen197 Zuständigkeit. Zum Mahnverfahren vgl. Rdn. 19 ff. Der Verweisungsbeschluss hebt auch die einmal eingetretene Hemmung der Verjährung nicht mehr auf.198 Etwas anderes gilt jedoch, wenn an das zuständige Gericht mangels Klagezustellung nicht verwiesen, sondern nur abgegeben wurde, dann fehlt es an der Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens.199 184 2110
1 OLGR Frankfurt 2004, 411, 412. 185 22111 BGH NJW-RR 1995, 641; aA RGZ 121, 20, 23 für das Aufgebotsverfahren. 186 32112 BGH LM Nr. 43a zu § 36 ZPO. 187 42113 OLG Dresden BauR 2004, 1338, 1339; KG MDR 1993, 176; OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 90, 92; OLG München FamRZ 1982, 942, 943; vgl. dazu auch Fischer NJW 1993, 2417, 2420. 188 52114 OLGR Naumburg 1999, 289, 290; Kann ZZP 54 (1929), 98, 99. 189 62115 BGH LM Nr. 43a zu § 36 Ziff. 6 ZPO. 190 2116 7 OLG Koblenz Rpfleger 1974, 26, 27. 191 82117 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 501, 504; BGH NJWRR 1988, 1405 (Abgabe an das Landwirtschaftsgericht); BGHZ 10, 155, 163 = NJW 1953, 1508. 192 92118 BGH NJW-RR 1988, 1405; OLG Köln OLGZ 1989, 83, 86 f.; Zöller/Greger Rdn. 12. 193 2119 10 BGH NJW 1984, 1901; BGH NJW 1953, 1139, 1140.
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11 BGHZ 35, 374, 378 = NJW 1961, 2259, 2260; RG Warn 1914 Nr. 84. 195 2121 12 Grundlegend: BGHZ 97, 155, 161 = NJW 1986, 2255, 2256 f.; zur örtlichen Zuständigkeit: BGH NJW 1953, 1139, 1140; BGHZ 34, 230, 235 = NJW 1961, 1014, 1016; BGH NJW 1962, 2154, 2155 (ausschließliche örtliche Zuständigkeit); zur sachlichen Zuständigkeit: BGHZ 35, 374, 377 = NJW 1961, 2259 f. (ausschließlich sachliche Zuständigkeit); OLG Stettin JW 1925, 2273, 2275 (Wahrung der Notfrist des § 586). 196 2122 13 BGH NJW 1962, 2154, 2155. 197 2123 14 BGHZ 35, 375, 377 = NJW 1961, 2259; BAGE 73, 30, 38 = NJW 1994, 1084, 1085; OLG Düsseldorf VersR 1975, 1104. 198 2124 15 BGH NJW 1978, 1058; vgl. auch BGHZ 86, 313, 322 f. = NJW 1983, 1050, 1052 (Mahnverfahren).
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Das Gericht, an das eine zunächst beim örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht rechtshängig gewordene Sache verwiesen wird, hat von Amts wegen den Haupttermin zu bestimmen, außer bei vorangegangenem Mahnverfahren (§ 697 Abs. 2 und 3).200 Die vorgenommenen Prozesshandlungen bleiben wirksam.201 Dies gilt für Geständnisse (§§ 288, 535) sowie für Anträge,202 auch für eine zugelassene Klageänderung. Beweisaufnahmen müssen nicht wiederholt werden. Die Einlassungsfrist (§ 274 Abs. 3) braucht nicht erneut gewährt werden. Fraglich ist, ob bei einer Verweisung wegen sachlicher Unzuständigkeit von einem Landgericht zu einem Amtsgericht203 oder wegen örtlicher Unzuständigkeit von einem Bundesland, in dem das Schlichtungsverfahren gem. § 15a EGZPO nicht eingeführt worden ist, in ein Bundesland, in dem es Prozessvoraussetzung ist, die Klage weiterhin zulässig ist oder mangels Nachholbarkeit204 als unzulässig abgewiesen werden muss. Wegen der Einheit des Verfahrens im Fall der Verweisung bleibt die Klage trotz fehlenden Schlichtungsverfahrens zulässig.205 Zu bedenken ist auch, dass der Kläger bei unrichtiger Verweisung keine Chance hätte, die Unzulässigkeit der Klage abzuwenden. Die ergangenen Entscheidungen bleiben (zunächst bis sie eventuell aufgehoben werden) bestehen.206 Dies gilt auch für das in derselben Instanz ergangene Versäumnisurteil, wenn nach Einspruch der Rechtsstreit verwiesen wird. Hier hat das Gericht zunächst von Amts wegen die Zulässigkeit des Einspruchs zu prüfen und diesen bei Unzulässigkeit durch Urteil zu verwerfen (§ 341). Bei Streit über die Zulässigkeit bindet das den Streit entscheidende Zwischenurteil das Gericht, an das verwiesen wird. Ergeht ein Verweisungsbeschluss ohne die vorangegangene Prüfung der Zulässigkeit des Einspruchs, dann muss das angewiesene Gericht darüber entscheiden. Der Beschluss ist trotz des Verfahrensfehlers bindend.207 Die Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit des Einspruchs ist stets nur mit dem Endurteil des angewiesenen Gerichts anfechtbar (§§ 512, 557 Abs. 2). Die Verweisung des gesamten Rechtsstreits ist auch nach Erlass eines Teilversäumnisurteils und vor dem Einspruch möglich. In diesem Fall hat das übernehmende Gericht auch über den Einspruch zu entscheiden.208 Ist über einen Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden, so ist dieser vor Verweisung zu bescheiden. Wenn dies nicht geschieht, hat das angewiesene Gericht dies nachzuholen. Das übernehmende Gericht ist an die Entscheidung des verweisenden Gerichts bezüglich der Prozesskostenhilfe gebunden, es sei denn, die Vorinstanz hat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen offensichtlich unrichtig entschieden.209 Das Ent199 2125
1 BGHZ 90, 249, 251 f. = NJW 1984, 1559, 1560. 200 22126 Brühl FamRZ 1978, 551, 552 Fn. 7. 201 32127 OLG Frankfurt Rpfleger 1974, 321; OLG Nürnberg OLGZ 1969, 56, 57 f.; OLG Köln OLGZ 1967, 187, 188. 202 42128 OLG Frankfurt Rpfleger 1974, 321. 203 2129 5 Vgl. dazu Unberath JR 2001, 355, 357 speziell für das BaySchlG, das auch die Fälle des § 15a Abs. 1 Nr. 2 auf das amtsgerichtliche Verfahren begrenzt. 204 62130 BGH NJW 2005, 437, 438 f.; aA Unberath JR 2001, 355, 357, der sich für Nachholbarkeit ausspricht. 205 72131 Prütting/Taxis Außergerichtliche Streitschlich-
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tung (2003), Rdn. 179; Stickelbrock JZ 2002, 633, 636 f.; differenzierend Bitter NJW 2005, 1235, 1239: die Klage ist unzulässig, wenn die Erhebung bei dem unzuständigen Gericht von vornherein aussichtslos war und somit eine missbräuchliche Umgehung des Schlichtungsverfahrens vorliegt. 206 2132 8 OLG Frankfurt Rpfleger 1974, 321; OLG Nürnberg OLGZ 1969, 56, 57; OLG Köln OLGZ 1967, 187, 188. 207 92133 BGH WM 1974, 104 f.; BGH NJW 1967, 565. 208 2134 10 OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1606 f. 209 2135 11 OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 63.
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sprechende gilt, wenn eine einstweilige Verfügung oder ein Arrest erlassen war. Auch hier bleibt der Arrest bestehen, wenn im Widerspruchsverfahren verwiesen wird.210 Die Entscheidungen sind so zu behandeln, als hätte das übernehmende Gericht sie selbst erlassen. Danach richten sich auch die Rechtsbehelfe.211 Dies gilt auch für ein vom verweisenden Gericht erlassenes Teilanerkenntnisurteil, das einer späteren Verweisung nicht entgegensteht.212 3. Unanfechtbarkeit des Beschlusses (§ 281 Abs. 2 S. 2) Der Verweisungsbeschluss ist gem. § 281 Abs. 2 S. 2 nicht anfechtbar. Das gilt selbst dann, wenn diese Entscheidung in einem Urteil erfolgt.213 Dies hat zur Folge, dass die Verweisung jeder Nachprüfung entzogen ist, auch wenn sie zu Unrecht erlassen worden sein sollte. Die Unanfechtbarkeit betrifft damit nicht nur die Verweisung selbst, sondern auch die ihr zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit, so dass sie weder von dem Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, nachgeprüft, noch von dem verweisenden Gericht und den übergeordneten Instanzen geändert werden kann.214 Die Unanfechtbarkeit und die Bindungswirkung der Verweisungsentscheidung ist auf Grund des mit § 281 verfolgten, auf dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit beruhenden Zwecks geboten, der Verzögerung215 und Verteuerung der Prozesse durch Zuständigkeitsstreitigkeiten vorzubeugen. Verfahrensverstöße rechtfertigen deshalb die Anfechtbarkeit nicht (vgl. Rdn. 80 für den Fall der Verweisung ohne Antrag des Klägers).216 Auch die Wertfestsetzung für die Zuständigkeit, auf Grund derer ein Verweisungsbeschluss erlassen worden ist, ist nicht gesondert anfechtbar, denn sie stellt lediglich eine vorläufige Kundgebung dar, die nur in der Hauptsacheentscheidung abgeändert und überprüft werden kann.217 Umstritten ist, ob automatisch mit Entfallen der Bindungswirkung (vgl. dazu Rdn. 124) bei Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs218 oder bei Willkür219 auch die Anfechtbarkeit des Verweisungsbeschlusses mit einhergeht. 210 2136
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OLG Stuttgart MDR 1958, 171; KG JW 1919, 836; OLG Stuttgart JW 1919, 747 f.; aA LG Berlin BB 1972, 336 (mit abl. Anm. Heberlein), das die einstweilige Verfügung aufhebt und verweist. 2137 2211 OLG Frankfurt Rpfleger 1974, 321; OLG Hamburg MDR 1965, 142: bei Ablehnung des PKHAntrags und Verweisung der Hauptsache vom LG an das AG Entscheidung durch die Beschwerdekammer des LG. 212 2138 3 BGH NJW-RR 1992, 1091. 213 2139 4 BGH NJW-RR 2000, 1731, 1732; BGHZ 2, 278, 279 f. = NJW 1951, 802. 214 52140 BGHZ 2, 278, 280 = NJW 1951, 802; RGZ 131, 198, 202; RGZ 108, 263, 264 f.; OLG Celle NJW 1947, 67. 215 2141 6 Kritisch zu dieser Begründung Fischer NJW 1993, 2417, 2418, nach dessen Ansicht es bereits durch den falschen Verweisungsbeschluss zu einer Verzögerung gekommen ist. 216 72142 BGH FamRZ 1988, 943; BGHZ 2, 278, 280 = NJW 1951, 802 für den Fall, dass durch Urteil anstatt durch Beschluss oder in der unvorschriftsmäßigen Besetzung entschieden wurde.
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OLG München MDR 1988, 973; KG MDR 1959, 136; OLG München MDR 1956, 623, 624; KG MDR 1955, 177; Schneider MDR 1992, 218. 2144 9218 Dazu BGHZ 102, 338, 341 = NJW 1988, 1794, 1795; BGHZ 71, 69, 72 f. = NJW 1978, 1163; BAG AP Nr. 9 zu § 36 ZPO; OLGR Köln 2004, 137 mit Verweis auf die Rechtsprechungsänderung des BGH nach der ZPO-Reform zur Ausnahmebeschwerde bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit (BGHZ 150, 133 = NJW 2002, 1577); OLG Düsseldorf OLGZ 1976, 475, 476; OLG Düsseldorf Rpfleger 1975, 102; OLG Nürnberg Rpfleger 1974, 406; OLG Frankfurt NJW 1962, 449, 450; LG Mainz Rpfleger 1971, 186; LG Stade MDR 1961, 152; aA OLG Celle NdsRpfl 1973, 251, 252; Dunz NJW 1962, 814; Henckel ZZP 77 (1964), 321, 322; Mes Anm. zu BAG AP Nr. 9 zu § 36 ZPO. 219 2145 10 BGH NJW 2002, 3634, 3635 f.; BGH NJW 1993, 1273; BGH FamRZ 1989, 847; BGH NJW 1964, 1416, 1418; BGHZ 71, 69, 72 f. = NJW 1978,
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Jedenfalls kommt keine Gehörsrüge gem. § 321a in Betracht, da nach der Änderung durch das Anhörungsrügengesetz220 vom 9.12.2004 in § 321a Abs. 1 S. 2 ausdrücklich geregelt ist, dass gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung die Rüge auch dann nicht stattfindet, wenn die Entscheidung unanfechtbar ist. Allerdings wird in der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung221 darauf hingewiesen, dass die ständige Rechtsprechung zu der Frage, ob die Verweisung wegen Unzuständigkeit gem. § 281 Abs. 2 S. 4 auch dann bindend ist, wenn der Beschluss unter Versagung des rechtlichen Gehörs ergangen ist, unberührt bleibt.222 Weil hier aber auch nur die Bindungswirkung des Beschlusses angesprochen wird, ist letztendlich keine klare Aussage zur Frage der Anfechtbarkeit getroffen worden. Teilweise wurde die Möglichkeit zu einer außerordentlichen Beschwerde gegeben,223 die aber nach der neueren Rechtsprechung nicht mehr besteht.224 Aus diesem Grund ist die Unanfechtbarkeit grundsätzlich auch in Fällen offensichtlicher Willkür und Versagung rechtlichen Gehörs anzunehmen,225 denn es ist nicht ersichtlich, auf Grund welcher Vorschrift eine Beschwerde zulässig sein könnte. Die Voraussetzungen des § 567 sind nicht gegeben; vielmehr ist die Beschwerde gem. § 281 Abs. 2 S. 2 ausdrücklich ausgeschlossen. Einige Entscheidungen verneinen auch lediglich die Bindungswirkung im Rahmen des Verfahrens gem. § 36 Nr. 6 und gehen auf die Anfechtbarkeit nicht ein.226 Eine teleologische Reduktion des § 281 Abs. 2 S. 3 kommt nicht in Betracht.227 Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Möglichkeit, im Fall der Verletzung des rechtlichen Gehörs einen Sonderrechtsbehelf einzulegen (Gehörsrüge gem. § 321a), zum Ausdruck gebracht, dass nicht die Unanfechtbarkeit dieser Entscheidungen aufgehoben wird. Wegen der fehlenden Bindungswirkung eines solchen Beschlusses kann aber die vor der Verweisung nicht gehörte Partei das Gericht, an das die Sache verwiesen worden ist, zu einer Zurückverweisung oder dazu veranlassen, in der abschließenden Entscheidung seine Zuständigkeit zu verneinen.228 Dasselbe gilt auch für willkürliche Beschlüsse. Die Möglichkeit einer Nachprüfung besteht nur in Ausnahmefällen, wenn die die Verweisung aussprechende Entscheidung nicht als eine im Rahmen des § 281 getroffene Anordnung angesehen werden kann.229 Die Verweisung ist auch nicht angreifbar, wenn die Revision zur Nachprüfung dieser Frage zugelassen worden ist.230 1163; BayObLG Rpfleger 2002, 629, 630, Verweisung trotz offensichtlicher Zuständigkeit, anders noch BayObLG Rpfleger 1993, 411; OLG Schleswig Rpfleger 2001, 38. 220 2146 1 BGBl I S. 3220. 221 2147 2 BR-Drucks. 633/04 S. 38. 222 32148 Vgl. Treber NJW 2005, 97, 98. 223 42149 BGHZ 28, 349, 350 ff. = NJW 1959, 436, 437 (bei grob verfahrenswidriger Rechtswegverweisung); OLG München MDR 1995, 1264. 224 52150 BGH NJW 2004, 2224, 2225; BGHZ 150, 133, 135 ff. = NJW 2002, 1577; dazu Lipp NJW 2002, 1700 ff. 225 2151 6 So auch OLG Köln FamRZ 1992, 971; KG MDR 1988, 417; Zöller/Greger Rdn. 14; Scherer ZZP 110 (1997), 167, 175; offengelassen von BGH NJW-RR 2000, 1731, 1732; aA BGHZ 102, 338, 341 = NJW 1988, 1794, 1795; OLG Köln GRUR 2002, 104; OLG München NJW-RR 1995, 957; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 22, 31; Münch-
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Komm/Prütting Rdn. 41; Musielak/Foerste Rdn. 11; Schneider DRiZ 1983, 24, 25; Fischer NJW 1993, 2417, 2420. 226 72152 BGHZ 71, 69, 73 = NJW 1978, 1163; BayObLG MDR 1980, 583; anders BGHZ 102, 338, 341 = NJW 1988, 1794, 1795, der von der nicht uneingeschränkten Geltung des Grundsatzes der Unanfechtbarkeit des Verweisungsbeschlusses und dessen Bindungswirkung spricht; OLG Frankfurt NJW 1962, 449, 450; OLG Oldenburg ZZP 70 (1957), 265, 266; LG Köln Rpfleger 1970, 251; LG Mannheim MDR 1965, 582 f. 227 2153 8 So aber MünchKomm/Prütting Rdn. 41. 228 2154 9 KG MDR 1988, 417; OLG Köln FamRZ 1992, 971. 229 2155 10 Vgl. BGHZ 2, 278, 280 = NJW 1951, 802; wie z.B. für den Fall der Verweisung an ein OLG als Gericht erster Instanz, RGZ 119, 379, 384; KG JW 1929, 869; OLG Brandenburg OLG-NL 2003, 163 für den Fall, dass eine Verweisung nach § 17a
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4. Bindung des Gerichts (§ 281 Abs. 2 S. 4) Der Verweisungsbeschluss ist nicht nur für die Parteien unanfechtbar (vgl. Rdn. 70, 105 ff.) sondern auch gem. § 281 Abs. 2 S. 4 für das in ihm bezeichnete Gericht bindend. Das bedeutet, dass dieses sich nicht seinerseits für unzuständig erklären und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht oder an das verweisende Gericht zurückverweisen darf. In der Vergangenheit hat sich die Bindungswirkung als zweischneidig erwiesen, da sie dem abgebenden Gericht ermöglicht, sich der Sache zu Lasten des angewiesenen Gerichts und der um den Gerichtsstand gebrachten Parteien zu entledigen.231 Die Rechtsprechung, die versucht, dem Missbrauch mit prozessualen und verfassungsrechtlichen Mitteln zu begegnen (vgl. dazu Rdn. 125 ff.), gefährdet wiederum den Grundsatz der Bindungswirkung.232
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a) Umfang der Bindungswirkung. Der Umfang der Bindungswirkung richtet sich nach dem Willen des verweisenden Gerichts. Hat dieses seine Unzuständigkeit lediglich auf seine örtliche oder sachliche Unzuständigkeit gestützt, soll die Bindung auch nur insoweit eintreten. Hat sich das Gericht also nur für örtlich unzuständig erklärt, wäre demnach eine Bindung nur bezüglich der örtlichen Zuständigkeit anzunehmen, so dass das Gericht, an das verwiesen worden ist, sich für sachlich unzuständig erklären könnte und die Sache an das sachlich zuständige Gericht, allerdings am selben Ort, weiter verweisen könnte.233 Dasselbe gilt für die sachliche Zuständigkeit.234 So wird die Weiterverweisung durch das Landgericht an ein ausschließlich zuständiges Gericht dann bejaht, wenn das Amtsgericht vorher nur mit Rücksicht auf den Streitwert an das Landgericht verwiesen hat.235 Hat allerdings das verweisende Gericht die Zuständigkeit auch hinsichtlich sonstiger Zuständigkeitsfragen und nicht nur, soweit verweisendes und angewiesenes Gericht in der Zuständigkeitsfrage konkurrieren, erkennbar geprüft und bejaht, dann bezieht sich die Bindungswirkung auch darauf.236 Entscheidend ist, dass sich ein Gericht bereits mit der betreffenden Zuständigkeitsfrage befasst hat,237 so wenn ein Amtsgericht ein Verfahren als nicht familienrechtliche Streitigkeit beurteilt und mit Rücksicht auf den Streitwert an ein Landgericht verweist.238 Erfolgt eine Verweisung im Prozesskostenhilfeverfahren noch vor Zustellung der Klage, tritt die Bindungswirkung nur für dieses Verfahren, nicht jedoch auch für das Klageverfahren ein.239 Bei einer Verweisung an ein anderes Amtsgericht erstreckt sich die Bindungswirkung, auch wenn an das Amtsgericht – Familiengericht – verwiesen worden ist, nicht auf das Familiengericht als bloße Abteilung des Gerichts, an das verwiesen worden
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GVG analog zu erfolgen hatte, der Anfechtbarkeit vorsieht (§ 17a Abs. 4 S. 3 GVG). 2156 1230 Vgl. BGH MDR 2004, 698; BGHZ 2, 278, 280 = NJW 1951, 802; BAG NJW 1991, 1630, 1631; RAGE 22, 1, 2. 231 22157 Näher dazu Fischer NJW 1993, 2417 f.; ders. MDR 2005, 1091. 232 32158 Dazu Endell DRiZ 2003, 133, 135; Tombrink NJW 2003, 2364, 2366. 233 42159 BGH NJW 1964, 45, 46; BGH NJW 1963, 585, 586. 234 52160 OLG Nürnberg Rpfleger 1974, 406; aA OLG Hamburg NJW 1959, 2073; OLG München NJW 1958, 148 f.
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BGH NJW 1964, 45, 46 allerdings für den entschiedenen Fall verneinend, weil kein eindeutiger Wille des verweisenden Gerichts erkennbar war; BGH NJW 1964, 1416, 1417 f.; OLG Köln MDR 1973, 233. 236 72162 BGH NJW-RR 1998, 1219 f.; BGHZ 63, 214, 216 f. = NJW 1975, 450; BayObLG NJW-RR 1996, 956. 237 2163 8 BGH NJW-RR 1998, 1219 f.; BGHZ 63, 214, 217 = NJW 1975, 450. 238 92164 BGH NJW-RR 1998, 1219 f.; BGH NJW-RR 1989, 1343. 239 2165 10 KG WuM 2006, 390, 391.
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ist.240 Handelt es sich nicht um eine Familiensache, darf das Familiengericht die Sache an eine nach der Geschäftsverteilung des Gerichts zuständige Abteilung abgeben.241 Um einen Grenzfall handelt es sich, wenn das verweisende Gericht zwar seiner Meinung nach die Zuständigkeit umfassend geprüft, aber eine Zuständigkeit übersehen hat, wie z.B. § 29a oder § 23 Nr. 2d GVG. Hier wird man jedoch von einem fehlerhaften Verweisungsbeschluss ausgehen müssen, der grundsätzlich Bindungswirkung entfaltet, da § 281 auch sachlich unrichtige Verweisungsbeschlüsse deckt.242 Liegt allerdings eine offensichtliche Nichtbeachtung von Zuständigkeitsvorschriften vor, kann der Verweisungsbeschluss eventuell als willkürliche Entscheidung angesehen werden (dazu Rdn. 129). Bei mehrfachen Verweisungsbeschlüssen ist der erste bindend. Alle weiteren Verweisungsbeschlüsse sind unzulässig.243 b) bei fehlerhaften Verweisungsbeschlüssen. Auch fehlerhafte Verweisungsbeschlüsse, die auf unrichtigen tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen oder auf Verfahrensfehlern beruhen, sind grundsätzlich wirksam.244 Dies gilt auch, wenn die Verweisung verfahrenswidrig ohne Antrag beschlossen wird245 oder eine Verweisung trotz Zuständigkeit des verweisenden Gerichts durch eine dem Gericht nicht offen gelegte Gerichtsstandsvereinbarung erfolgt246. Der Beschluss ist einer Nachprüfung, ob das verweisende Gericht zu Recht seine Zuständigkeit verneint hat, nicht zugänglich.247 Verweisungsbeschlüsse, die auf einem Rechtsirrtum beruhen oder die Rechtslage verkannt haben, sind ebenfalls grundsätzlich wirksam und daher bindend248 (zu den Grenzen der Bindungswirkung siehe Rdn. 124 ff.). Dies gilt auch, wenn der Verweisungsbeschluss auf der unrichtigen Annahme beruht, dass die Zuständigkeit durch eine nachträgliche Gerichtsstandsvereinbarung nach Rechtshängigkeit beseitigt werden könne (vgl. § 263 Abs. 3 Nr. 2).249 Ein gegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 verstoßender und damit rechtsfehlerhafter Verweisungsbeschluss bindet das im Beschluss als zuständig bezeichnete Gericht, wenn die Verweisung erkennbar auf einem Rechtsirrtum über die Fortdauer der einmal begründeten Zuständigkeit und nicht auf Willkür beruht.250 Dies gilt selbst bei einer ausschließlichen Zuständigkeit des verweisenden Gerichts,251 z.B. wenn die ausschließliche Zuständigkeit des Familiengerichts außer Acht gelassen wurde, weil sich ein Familiengericht, bei dem ein Scheidungsantrag eingereicht worden war, nach dem Umzug des Antrag stellenden Ehegatten in den Bezirk eines anderen Oberlandesgerichts für unzuständig erklärt hat, obgleich es gem. 240 12166 BGH NJW 1980, 1282. 241 22167 BGH NJW-RR 1989, 195. 242 32168 OLG Düsseldorf WuM 1992, 548; OLG Frankfurt OLGZ 1979, 451 = MDR 1979, 851; aA OLG München Rpfleger 1971, 440, allerdings für den Sonderfall der Verweisung durch den Rechtspfleger gem. § 697 Abs. 1 a.F.; Fischer NJW 1993, 2417, 2419. 243 42169 BGH NJW 1964, 45, 46; BayObLG NJW-RR 1991, 187, 188. 244 52170 BGH NJW-RR 1994, 126; BGH NJW-RR 1992, 902, 903; BGH NJW 1964, 1416; aA LG Freiburg ZZP 64 (1950–51), 150, 151 (Verweisung des Rechtsstreits statt des PKH-Verfahrens). 245 62171 BGHZ 139, 305, 308 = NJW 1998, 3648, 3649; BGH FamRZ 1998, 360, 361; BGH NJW-RR 1990, 1282; RGZ 131, 197, 200; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 1167, 1168; OLG Celle NJW
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1947, 67, 68; LAG Kiel AP Nr. 1 zu § 276 a.F.; aA BGHSt 36, 313, 314 = NJW 1990, 723 mit der Prämisse, dass eine Verweisung ohne Antrag automatisch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sei, dazu Anm. Bernd NStZ 1990, 205, 206; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1559, 1560; OLG Köln GRUR 2002, 104; LG Neuruppin NJ 1951, 379, 380; Schneider DRiZ 1983, 24 ff. 246 72172 BGH NJW-RR 1995, 702. 247 82173 OLG Düsseldorf Rpfleger 1975, 102. 248 92174 BGH NJW-RR 1992, 902, 903; BGH FamRZ 1988, 155. 249 2175 10 BGH NJW 1963, 585, 586 mwN; OLG Düsseldorf OLGZ 1976, 475, 476; OLG Düsseldorf JMBlNRW 1971, 211 f. 250 2176 11 BGH DAVorm 1992, 71; OLG Schleswig MDR 2005, 233. 251 2177 12 BGH NJW 1962, 1819.
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§ 606 Abs. 1 S. 2 zuständig geblieben ist, und das Verfahren an das Familiengericht am neuen Wohnort des Antragstellers verwiesen hat.252 Gleiches gilt bei Nichtbeachtung des Doppelwohnsitzes eines Kindes nach Trennung der Eltern253 oder wenn ein Verfahren zu Unrecht als Rechtsstreitigkeit nach der HausratsVO eingeordnet wurde.254 c) Änderungsmöglichkeiten. Eine Berichtigung ist nur unter den Voraussetzungen des § 319 möglich,255 also bei offenbarer Unrichtigkeit, nicht jedoch, wenn an ein unzuständiges Gericht auf Grund eines Rechtsirrtums verwiesen worden ist und nicht auf Grund eines Versehens.256 Ein solches Versehen liegt z.B. in der Einordnung des Wohnorts einer Partei zum falschen Gerichtsbezirk.257 Liegt ein bindender Verweisungsbeschluss vor, wird damit kraft Gesetzes die Zuständigkeit des angewiesenen Gerichts, falls dieses nicht zuständig gewesen wäre, begründet. Deshalb ist auch keine anderweitige Bestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 mehr zulässig.258 Die Bindung kann nicht durch eine nach der Verweisung getroffene Gerichtsstandsvereinbarung aufgehoben werden mit der Folge, dass wieder an das verweisende Gericht zurückverwiesen werden könnte.259 Dem steht § 261 Abs. 3 Nr. 2 entgegen, da das angewiesene Gericht durch den Verweisungsbeschluss in jedem Fall zuständig geworden ist. Dasselbe gilt für einen Wohnsitzwechsel nach Eintritt der Rechtshängigkeit.260 5. Entfallen der Bindungswirkung Die Bindung entfällt nur in Ausnahmefällen, so wenn eine Verweisung ohne Gewährung rechtlichen Gehörs an die Parteien ausgesprochen wurde,261 oder wenn sie jeder Rechtsgrundlage entbehrt262 und sich daher als willkürlich erweist263. a) Fehlen jeglicher Rechtsgrundlage und Willkür264 Eine Bindungswirkung besteht nicht, wenn der Beschluss nicht als ein solcher gem. § 281 betrachtet werden kann. Dies ist z.B. bei einer Verweisung an ein anderes Gericht zur Prüfung der Zuständigkeit265 der Fall. 252 12178 BGH EzFamR ZPO § 281 Nr. 15. 253 22179 BGH NJW-RR 1990, 1282. 254 32180 Vgl. BGH FamRZ 1986, 454, 455. 255 42181 Vgl. BGH FamRZ 1997, 173; BGH NJW-RR 1993, 700; LG Berlin JW 1938, 466 f. 256 52182 BGH NJW-RR 1993, 700; LG Mannheim MDR 1974, 23. 257 62183 Vgl. BGH FamRZ 1997, 173; OLG Stuttgart MDR 2004, 1377. 258 72184 BGHZ 17, 168, 171 = NJW 1955, 948, 949; RGZ 121, 20, 22; BAG NJW 1970, 1702 mit allerdings unrichtiger Begründung, dass die Bindung nur für die negative Entscheidung gilt, vgl. die Anm. Blomeyer AP Nr. 7 zu § 36 ZPO; BayObLG NJW-RR 1991, 187, 188; siehe aber OLG München NJW 1972, 61, das bei aus Versehen unrichtig bezeichnetem Wohnsitzgericht, an das verwiesen wurde, eine Bestimmung gem. § 36 Nr. 6 zuließ. 259 2185 8 BGH NJW-RR 1995, 513 f.; BGH NJW-RR 1994, 126; OLG Köln ZMR 1970, 119; OLG München NJW 1965, 767; OLG Köln NJW 1962, 540; LAG Frankfurt NJW 1953, 1079; aA OLG Oldenburg MDR 1962, 60 f.; OLG Düsseldorf NJW 1961, 2355, 2356.
2186 9260 BGH NJW-RR 1995, 513 f.; BGH NJW-RR 1994, 126. 261 2187 10 BGHZ 102, 338, 341 = NJW 1988, 1794; BGHZ 71, 69, 72 f. = NJW 1978, 1163; BAG AP Nr. 9 zu § 36 ZPO; BayObLG MDR 1980, 583; OLG Düsseldorf OLGZ 1976, 475, 476; OLG Düsseldorf Rpfleger 1975, 102; OLG Nürnberg Rpfleger 1974, 406; OLG Frankfurt NJW 1962, 449, 450; LG Mainz Rpfleger 1971, 186; LG Stade MDR 1961, 152; aA OLG Celle NdsRpfl 1973, 251, 252; Dunz NJW 1962, 814; Henckel ZZP 77 (1964), 321, 322; Mes Anm. zu BAG AP Nr. 9 zu § 36 ZPO. 262 2188 11 RGZ 119, 379, 384; OLG Koblenz Rpfleger 1974, 26, 27. 263 2189 12 BGH NJW 2002, 3634, 3635 f.; BGH NJW-RR 1995, 702; BGH NJW 1993, 1273; BGH FamRZ 1989, 847; BGHZ 71, 69, 72 = NJW 1978, 1163; BGH NJW 1964, 1416, 1418; OLGR Frankfurt 2005, 106, 108; BayObLG NJW-RR 2001, 646; OLG Schleswig Rpfleger 2001, 38. 264 2190 13 Fischer NJW 1993, 2417; Tombrink NJW 2003, 2364.
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Willkür bedeutet, dass der Verweisungsbeschluss offensichtlich rechtsirrig266 bzw abwegig267 ist, nicht dagegen wenn bei ungeklärter Rechtslage einer vertretbaren Meinung gefolgt wird268. Dabei ist umstritten, ob Willkür lediglich bei Fällen „krasser und offenkundiger Rechtsfremdheit“269 und vorsätzlicher Missachtung des Rechts270 angenommen werden kann oder ob bereits eine Abweichung von der nahezu einhelligen Rechtsprechung und Literatur271 ohne jegliche Begründung ausreichend sein soll.272 Die Rechtsprechung stellt unterschiedliche Anforderungen an den Wegfall der Bindungswirkung.273 Es fällt schwer, hier das richtige Augenmaß zu finden. Einerseits soll dem Zweck der Bindungswirkung, der Vermeidung langwieriger Streitigkeiten über die Zuständigkeit, Genüge geleistet werden, andererseits muss der Rechtspraxis, die die Bindungswirkung oftmals missbräuchlich zum Verschieben unliebsamer Fälle nutzt, Einhalt geboten werden. Ob eine erhöhte Kontrolldichte durch die Obergerichte letztendlich zu einer Reduzierung rechtsmissbräuchlicher Verweisungen und somit zur Beschleunigung von Verfahren führt, ist fraglich.274 Für die Willkür maßgeblich ist der Zeitpunkt der Verweisung.275 Im Einzelnen: Es genügt, wenn sich der Verweisungsbeschluss objektiv als offensichtlich rechtsirrig darstellt.276 Nicht entscheidend ist es, ob sich das verweisende Gericht bewusst über Tatsachen oder Rechtsnormen hinweggesetzt hat.277 Die Häufung grober Rechtsirrtümer kann die Verweisung zu einer greifbar gesetzwidrigen Entscheidung machen, die keine Bindungswirkung gem. § 281 Abs. 2 S. 4 beanspruchen kann,278 ebenso die Nichtbeachtung279 oder falsche Auslegung einer eindeutigen und daher nicht interpretationsfähigen Regelung.280 Willkür wurde z.B. angenommen, wenn an ein Oberlandesgericht als Gericht erster Instanz281 oder an ein Verwaltungsgericht282 verwiesen wird oder die Verweisung zur Kostenentscheidung erfolgt283 oder wenn nach Widerklage an das Gericht am Wohnsitz des Klägers284 oder an ein vermeintliches Gericht des allgemeinen Gerichtsstands verwiesen wird, obwohl eine negative aktuelle amtliche Melderegisterauskunft vorliegt285. Ein Verweisungsbeschluss, der unter Verstoß gegen den Grundsatz der per265 2191
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OLGR Köln 2004, 257, 258; OLG Celle MDR 1953, 111, 112, das auch die Anfechtbarkeit des Beschlusses bejaht. 266 2192 2 BVerfGE 29, 45, 49. 267 32193 BGH NJW-RR 1992, 383. 268 42194 BGH NJW-RR 2002, 1498 f.; BGH FamRZ 1989, 847; OLG Brandenburg NJW 2006, 3444, 3445; OLG Brandenburg NJW 2004, 780, 781; OLG Hamburg MDR 2002, 1210; Fischer NJW 1993, 2417, 2419; ders. MDR 2005, 1091. 269 2195 5 Scherer ZZP 110 (1997), 167, 177. 270 2196 6 KG OLGR 1996, 95, 96. 271 72197 So Fischer MDR 2002, 1401, 1402 unter Verweis auf BGH NJW-RR 2002, 1498 f.; ders. MDR 2005, 1091. 272 82198 Vgl. OLG Schleswig NJW 2006, 3360, 3361 (zumindest muss ein Abwägungs- und Entscheidungsprozess vorausgegangen sein). 273 2199 9 Vgl. dazu Tombrink NJW 2003, 2364, 2365. 274 2200 10 Vgl. Zöller/Greger Rdn. 17, der sich für geringe Anforderungen an den Wegfall der Bindungswirkung ausspricht; vgl. auch Fischer MDR 2002, 1401, 1402; krit. Musielak/Foerste Rdn. 14 und Tombrink NJW 2003, 2364, 2367, die eine Rück-
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besinnung auf das Richterethos fordern; Endell DRiZ 2003, 133, 135, der von einer Zielverfehlung der Rspr. spricht; dagegen auch Womelsdorf MDR 2001, 1161. 275 2201 11 OLG Hamm MMR 2005, 378, 379 mit Anm. Onyeukwu; OLGR Celle 2000, 331. 276 2202 12 BGH LM Nr. 31 zu § 38 ZPO; KG MDR 1999, 56. 277 2203 13 KG MDR 1999, 438, 439; KG MDR 1999, 56. 278 2204 14 BGH NJW-RR 1992, 383. 279 2205 15 Vgl. KGR 2000, 68, 69. 280 2206 16 OLG München NJW-RR 1994, 892. 281 2207 17 Beispiel in BGHZ 2, 278, 280 = NJW 1951, 802; RGZ 119, 379, 384 (Verweisung innerhalb desselben LG von der Berufungskammer zu einer erstinstanzlichen Kammer). 282 2208 18 BGHZ 28, 349, 350 f. = NJW 1959, 436; OLG Frankfurt MDR 1955, 47. 283 2209 19 LG Tübingen MDR 1958, 926; Tombrink NJW 2003, 2364, 2365. 284 2210 20 OLG Zweibrücken NJW-RR 2000, 590 f. 285 2211 21 OLG Naumburg Beschl. v. 25.10.2006 – 1 AR 35/06.
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petuatio fori (§ 261 Abs. 3 Nr. 2) ergeht, kann wegen Willkür unwirksam sein.286 Sind gegenläufige Unterhaltsabänderungsklagen bei verschiedenen Familiengerichten anhängig, steht bei gleichem Streitgegenstand dem später rechtshängig gewordenen Prozess § 263 Abs. 3 Nr. 1 entgegen, so dass eine Verweisung gem. § 281 wegen eines Sachzusammenhangs nicht in Betracht kommt und deshalb keine Bindung entfaltet.287 Auch eine Verweisung trotz offensichtlicher Zuständigkeit ist als willkürlich anzusehen,288 wenn mangels Begründung der Entscheidung für einen Rechtsirrtum über die eigene Zuständigkeit kein Anhaltspunkt besteht oder das Gericht offenbar eine bereits vor längerer Zeit vorgenommene Gesetzesänderung nicht zur Kenntnis genommen hat.289 Zu weitgehend ist es, bei fehlerhafter Erfassung des Klagebegehrens die Bindungswirkung zu verneinen.290 Als willkürlich ist jedoch die erkennbar einseitige Sachverhaltserfassung einer Gerichtsstandsvereinbarung und lückenhaften Rechtsanwendung291 oder das Übergehen der Endgültigkeit einer Gerichtsstandswahl anzusehen.292 Die Abweichung von der Gesetzeslage oder einer einhelligen Rspr. allein ist noch kein Beleg für Willkür.293 Allerdings muss das Gericht dies wenigstens gesehen und die eigene Auffassung begründet haben.294 Fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur kann dies zur Willkür führen.295 Zu weitgehend erscheint die Annahme von Willkür durch die h.M.296 allein wegen fehlender Begründung des Verweisungsbeschlusses.297 Hat das Insolvenzgericht jedoch entgegen § 5 Abs. 1 S. 1 InsO die Umstände nicht ermittelt, die seine Zuständigkeit in Frage stellen könnten, ist von Willkür auszugehen.298 Eine fehlende Begründung des Verweisungsbeschlusses kann jedenfalls dann auch nach h.M. als unschädlich angesehen werden, wenn der Verweisung ein übereinstimmender Antrag der Beteiligten zugrunde liegt299 oder sich die vom Gericht als zutreffend erachtete gesetzliche Grundlage den Akten entnehmen lässt.300
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OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1403; Fischer NJW 1993, 2417, 2420 nimmt bei einem solchen Verstoß immer Willkür an. 287 2213 2 BGH FamRZ 1997, 488. 288 2214 3 BayObLG Rpfleger 2002, 629, 630 (anders noch BayObLG Rpfleger 1993, 411); Fischer MDR 2005, 1091 f. 289 42215 BGH NJW 2002, 3634, 3635; BayObLG NJWRR 1994, 891, 892; OLGR Frankfurt 2005, 106, 108. 290 2216 5 OLGR Karlsruhe 2005, 851, 852; aA OLG Hamburg MDR 2003, 1072; Fischer MDR 2005, 1091. 291 62217 BGH LM Nr. 31 zu § 38 ZPO; KG MDR 1999, 56. 292 72218 BGH NJW 2002, 3634, 3635 f.; einschr. BayOblG NJW-RR 2001, 646, 647. 293 82219 BGH NJW-RR 2002, 1498 f.; OLG Schleswig NJW 2006, 3361, 3362; OLG Celle NJOZ 2003, 3434, 3435; OLG Brandenburg NJW 2004, 780 f.; ausführlich zu dieser Thematik: Fischer MDR 2002, 1401, 1402; aA OLG Schleswig MDR 2000, 1453 mit krit. Anm. Womelsdorf MDR 2001, 1161. 294 92220 OLG Schleswig NJW 2006, 3360, 3361; KG MDR 1999, 438, 439.
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10 KGR 2005, 57, 58; KG MDR 1999, 438, 439 bei willkürlicher Streitwertfestsetzung. 296 2222 11 OLG Naumburg FamRZ 2006, 1280; KGR Berlin 2005, 57 f.; OLG Dresden BauR 2004, 1338, 1339; KG MDR 1993, 176; vgl. auch OLG Hamm MMR 2005, 378, 379 mit Anm. Onyeukwu (fehlende Begründung der abweichenden Streitwertfestsetzung, die für die sachliche Zuständigkeit entscheidend war); OLG München FamRZ 1982, 942, 943; vgl. OLGR Braunschweig 2006, 652, 653 (spätere Begründung genügt nicht); siehe dazu Fischer NJW 1993, 2417, 2420. Noch strenger OLG Brandenburg OLG-NL 2006, 260, 261, das auch die Bindungswirkung bei einer lediglich floskelhaften Begründung ohne jeglichen Begründungsinhalt bzw allein bei der Bezugnahme auf eine Norm entfallen lässt. 297 2223 12 So auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 30. 298 2224 13 BGH NJW 2006, 847, 848. 299 2225 14 BGH FamRZ 1988, 943; OLGR Schleswig 2004, 494. 300 2226 15 OLGR Braunschweig 2006, 652, 653; OLGR Brandenburg 2001, 108, 109; OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 90, 92.
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b) Versagung des rechtlichen Gehörs. Das Gericht muss den Verfahrensbeteiligten vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme geben.301 Eine Verletzung kann nicht allein aus dem Fehlen einer mündlichen Verhandlung, die gem. § 128 Abs. 4 fakultativ ist, angenommen werden. Hier genügt es, wenn dem Gegner eine angemessene Frist zur Äußerung gesetzt wird und aus der richterlichen Verfügung oder sonst aus den Umständen hervorgeht, dass vor einer demnächst ohne mündliche Verhandlung zu treffenden Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.302 Verbindet das verweisende Gericht im schriftlichen Vorverfahren eine Frist zur Klageerwiderung mit dem Hinweis an die Parteien auf die (angebliche) sachliche Unzuständigkeit, darf es die Verweisung nicht vor Ablauf der Frist und vor Stellungnahme des Beklagten aussprechen.303 Die Bindungswirkung soll bei Versagung des rechtlichen Gehörs selbst dann entfallen, wenn an das zuständige Gericht verwiesen worden ist und die Verletzung für die Verweisung nicht ursächlich war.304 Zur Nichtanwendbarkeit der Gehörsrüge gem. § 321a vgl. Rdn. 88. Keine Gehörsverletzung ist die Nichtanhörung im Verfahren, in denen die Pflicht zur Anhörung des Gegners eingeschränkt ist, wie z.B. im Vollstreckungs- (§ 834), Insolvenzverfahren (§§ 10, 14 Abs. 2 InsO) und in einstweiligen Rechtsschutzverfahren.305 Wird beim Kläger durch einen sehr unvollständigen oder irreführenden rechtlichen Hinweis des Gerichts auf seine vermeintliche Unzuständigkeit der fälschliche Eindruck erweckt, nur durch einen Verweisungsantrag der Klageabweisung entgehen zu können, ist darin keine Gehörsverletzung zu sehen.306 Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist auch dann zu verneinen, wenn das Amtsgericht nur den Klägervertreter auf seine Unzuständigkeit hinweist und dem Beklagten lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Verweisungsantrag des Klägers gibt, ihn aber trotz bereits stattgefundener mündlicher Verhandlung nicht nach § 504 belehrt hat.307 c) Andere Fälle. Keine Bindungswirkung entfaltet der Beschluss bei einer Klageänderung, da hier ein neuer Streitgegenstand eingeführt wird, auf den § 261 Abs. 3 Nr. 2 keine Anwendung findet.308 Eine Weiter- oder Zurückverweisung ist in diesem Fall zulässig, wenn sich dadurch eine andere Zuständigkeit ergibt.309 Dies gilt auch bei einer Parteiänderung auf der Beklagtenseite.310 Dagegen bleibt die Bindungswirkung beim Ruhen des Verfahrens bestehen, da durch das Nichtweiterbetreiben des Rechtsstreits durch die Parteien dessen Rechtshängigkeit nicht endet.311 Der Beschluss bindet das Gericht, an das verwiesen wird, nicht, wenn dieses sich früher durch eine rechtskräftige Entscheidung für sachlich unzuständig erklärt hat (§ 11).312 Das gilt nicht, wenn ein Gericht eine zu ihm erhobene Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit rechtskräftig abgewiesen hat. Diese Entscheidung steht der Bindungswirkung eines später in einem neuen Verfahren über denselben Streitgegenstand 301 2227
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BGHZ 102, 338, 341 = NJW 1988, 1794, 1795; OLG Stuttgart Beschl. v. 7.12.2006 – 1 AR 10/06; OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 90, 92. 302 22228 BGH FamRZ 1986, 1090; BGHZ 102, 338, 341 = NJW 1988, 1794, 1795. 303 32229 OLG Stuttgart Beschl. v. 7.12.2006 – 1 AR 10/06. 304 2230 4 BayObLG MDR 1980, 583; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 32; MünchKomm/Prütting Rdn. 56; Zöller/Greger Rdn. 17a; Waldner Der Anspruch auf rechtliches Gehör (1989), Rdn. 517; aA OLG Düsseldorf Rpfleger 1975, 102. 305 52231 BGH NJW 1996, 3013; OLG Dresden ZIP 1998, 1595 f.
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So auch Zöller/Greger Rdn. 17a; aA OLG Köln NJW-RR 1997, 825, 826. 307 2233 7 Vossler NJW 2003, 1164, 1165; aA BayObLG NJW 2003, 366. 308 82234 BGH NJW-RR 1994, 126; BGH NJW 1990, 53, 54; BGH NJW 1962, 1819 f. 309 92235 BGH NJW 1962, 1819 f. bezüglich neuer ausschließlicher Zuständigkeit; OLG Frankfurt FamRZ 1981, 186. 310 2236 10 KG MDR 1998, 367. 311 2237 11 BGH NJW-RR 1995, 513. 312 2238 12 OLG München NJW 1956, 187; vgl. auch BGH NJW 1997, 869.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 281
von einem anderen Gericht erlassenen Verweisungsbeschlusses an das erste Gericht nicht entgegen.313 Verweisungsbeschlüsse, durch die der Rechtsstreit wegen örtlicher Unzuständigkeit verwiesen wird, sind ausnahmsweise dann nicht bindend, wenn das verweisende Gericht über die Zuordnung des von ihm für maßgeblich gehaltenen Ortes (Wohnsitz, Sitz, Erfüllungsort, Begehungsort usw) zu dem Bezirk des Gerichts, an das verwiesen worden ist, offensichtlich geirrt hat.314 Gleiches soll gelten, selbst wenn der Irrtum des Gerichts auf falschen Angaben des Klägers beruht.315 Nicht bindend ist auch ein Verweisungsbeschluss bei Erschleichung eines Gerichtsstands durch Täuschung des verweisenden Gerichtes.316 Das gilt insbesondere für den Fall der Zuständigkeitsbestimmung für das Insolvenzverfahren, da dort eine Gerichtsstandserschleichung negative Folgen vor allem für die Gläubiger haben kann, denen die Wahrnehmung und Verfolgung ihrer Rechte dadurch erschwert wird.317
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6. Zurück- und Weiterverweisung Eine Zurück- oder Weiterverweisung ist grundsätzlich wegen der Bindungswirkung nicht zulässig,318 selbst wenn die Parteien nachträglich die Zuständigkeit des ursprünglich mit der Sache befassten Gerichts vereinbaren und dieses Gericht auch nach den allgemeinen Regeln zuständig gewesen wäre.319 Ist allerdings die Bindungswirkung eingeschränkt (vgl. Rdn. 114), kommt eine Weiterverweisung in Betracht. Erklärt sich das Gericht, an das verwiesen worden ist, dennoch für unzuständig und verweist den Rechtsstreit seinerseits weiter oder zurück, liegt darin ebenfalls ein gem. § 281 Abs. 2 S. 2 unanfechtbarer Verweisungsbeschluss. Die Zuständigkeit mit Bindungswirkung für beide Gerichte kann nur gem. § 36 Nr. 6 bestimmt werden.320 Das für die Bestimmung zuständige Gericht hat jedoch ebenfalls die Bindungswirkung zu beachten.321 Entfaltet der erste Verweisungsbeschluss Bindungswirkung, kommt dem zweiten keine zu. Die Bindungswirkung einer Verweisung an verschiedene Gerichte im Fall einer Streitgenossenschaft auf der Beklagtenseite mangels gemeinschaftlichen Gerichtsstands steht einer Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Nr. 3 entgegen (§ 36 Rdn. 35).322 Eine Weiterverweisung wegen der Unzulässigkeit des Rechtswegs gem. § 17a GVG kommt jedoch weiterhin in Betracht.
313 12239 BGH NJW 1997, 869. 314 22240 OLG Schleswig SchlHA 1991, 15; BAG NZA 1994, 959, 960. 315 32241 BAG NJW 1997, 1091, 1092. 316 2242 4 BayOblG NJW-RR 2004, 1134 f.; OLG Celle NJW-RR 2004, 627 f. mit zust. Anm. Neuenhahn NZI 2004, 261 f.; aA OLG Karlsruhe NZI 2004, 262, 263. 317 52243 OLG Celle NJW-RR 2004, 627, 628. 318 62244 OLG Düsseldorf JMBlNRW 1969, 90, selbst wenn sich die Vorschriften über die Zuständigkeit später ändern.
319 72245 OLG Düsseldorf JMBlNRW 1971, 211 f. 320 82246 OLG Düsseldorf MDR 1996, 311. 321 92247 BGH NJW-RR 1994, 126. 322 2248 10 BGH NJW 2006, 699, 700; RGZ 158, 222, 223; BAG NZA 1997, 227; BayObLGZ 1992, 89, 90; OLG Düsseldorf MDR 2002, 1209 f.; Zöller/ Vollkommer § 36 Rdn. 16; Musielak/Heinrich § 36 Rdn. 23; Vollkommer MDR 1987, 804, 805; aA OLG Köln MDR 1987, 851; MünchKomm/ Prütting Rdn. 48.
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§ 281
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
VII. Kosten und Gebühren 1. Kosten
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Wie das Verfahren (vgl. Rdn. 97) bilden auch die Prozesskosten eine Einheit. Über die Kosten ist daher vom angewiesenen Gericht im Endurteil zu entscheiden.323 Der Verweisungsbeschluss enthält somit keine Kostenentscheidung.324 Da die Kosten des verweisenden Gerichts als Kosten des übernehmenden Gerichts anzusehen sind (§ 281 Abs. 3 S. 1, auf den §§ 506 Abs. 2, 696 Abs. 1 S. 5, 700 Abs. 3 S. 2 verweisen), ist vorbehaltlich der Mehrkosten so zu entscheiden, als ob der Rechtsstreit von Anfang an bei dem übernehmenden Gericht entstanden wäre. Ein bereits vorher erlassener Kostenfestsetzungsbeschluss ist dann auch als ein Beschluss des übernehmenden Gerichts zu behandeln.325 2. Mehrkosten
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Die durch die Verweisung verursachten Mehrkosten hat der Kläger in jedem Fall zu tragen, unabhängig davon, ob er obsiegt oder verliert (§ 281 Abs. 3 S. 2). Unter Mehrkosten ist die Differenz zwischen den Kosten, die insgesamt tatsächlich erwachsen sind, und denjenigen, die bei sofortiger Anrufung des zuständigen Gerichts entstanden wären, zu verstehen.326 Zu den Mehrkosten gehören diejenigen beider Parteien.327 Dazu zählen die Kosten eines weiteren Anwalts, wenn diese notwendig iSd § 91 sind,328 die der Informationsreise329 zu dem Anwalt beim zuständigen Gericht und auch diejenigen der Widerklage, wenn der Beklagte nur der Klage folgt. Ohne Bedeutung ist es, ob der Beklagte der Verweisung zustimmt oder nicht.330 Geht der Streit nach beidseitiger Erledigungserklärung der Hauptsache nur noch um die Prozesskosten, ist nicht zu verweisen.331 Die Kosten sind dem Kläger insgesamt aufzuerlegen (vgl. Rdn. 60 f.). Über die Kosten eines vor Verweisung erlassenen Versäumnisurteils ist nach § 344 zu entscheiden, der § 281 Abs. 3 S. 2 vorgeht.332 Die Kostenfolge ist in die Kostengrundentscheidung aufzunehmen. Ist über die Mehrkosten versehentlich nicht entschieden worden, so ist eine Ergänzung des Urteils analog § 321 möglich.333 Eine Korrektur der Kostenentscheidung kann jedoch 2249 1323 BGHZ 12, 254, 266 f. zu § 12 Abs. 3 LwVG bei Abgabe an das Landwirtschaftsgericht. 324 22250 Hartmann KostenG38 (2008) § 4 Rdn. 1 GKG. 325 32251 OLG Frankfurt Rpfleger 1974, 321; KG NJW 1969, 1816. 326 42252 OLG Hamm MDR 1990, 161; OLG Hamm Rpfleger 1970, 179; OLG München Rpfleger 1969, 140. 327 52253 KG Rpfleger 1976, 103 f. 328 62254 OLG Düsseldorf MDR 1980, 321 (keine Notwendigkeit eines Anwaltswechsels bei Reisemöglichkeit); OLG Hamburg MDR 1997, 888 (keine Mehrkosten, wenn Verkehrsanwalt auch bei Erhebung der Klage beim zuständigen Gericht erforderlich gewesen wäre); OLG München MDR 1995, 646 (keine Mehrkosten bei Vertretung durch eine überörtliche Sozietät); vgl. auch BGH MDR 2003, 233 ff. grundlegend zur Notwendigkeit der Kosten bei mehreren Rechtsanwälten nach Wegfall des Lokalisationsprinzips.
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329 72255 OLG Schleswig SchlHA 1995, 223. 330 82256 Vgl. aber OLG Köln ZZP 64 (1950–51), 147, 149, das für den Fall der Verweisung durch ein zuständiges Gericht auf Grund einer nachträglichen Gerichtsstandsvereinbarung (was nach der hier vertretenen Auffassung nicht möglich ist, Rdn. 63) die Mehrkosten nicht dem obsiegenden Kläger auferlegte. 331 92257 OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 955 f.; OLG Hamm NJW-RR 1994, 828; OLG München OLGZ 1986, 67, 69; OLG Frankfurt MDR 1981, 676; MünchKomm/Prütting Rdn. 24; Musielak/ Foerste Rdn. 5. 332 2258 10 OLG Frankfurt JR 1926, 247, 248. 333 2259 11 RG HRR 1935 Nr. 43; OLG Rostock JurBüro 2001, 591; OLG Hamm NJW-RR 2000, 1524; OLGR Köln 1998, 135; OLG Oldenburg NdsRpfl 1997, 14; OLG Köln Rpfleger 1993, 37; OLG Koblenz NJW-RR 1992, 892; OLG Koblenz MDR 1987, 681; OLG Hamm Rpfleger
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 281
auch dadurch herbeigeführt werden, dass im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten unter dem Gesichtspunkt ihrer Notwendigkeit geprüft und damit für die Mehrkosten des Klägers grundsätzlich verneint wird.334 Darin liegt keine Änderung der Kostenentscheidung durch den Rechtspfleger. Zwar ist eine Korrektur über die Notwendigkeitsprüfung nach § 91 Abs. 1 möglich, allerdings kann diese nur dazu führen, dass die genannten Mehrkosten des Klägers nicht gegen den Beklagten festgesetzt werden können; die eigenen durch die Verweisung veranlassten Mehrkosten muss der Beklagte tragen.335 Eine Notwendigkeitsprüfung ist auch bei einem Prozessvergleich möglich, wenn keine Sonderregelung für die Mehrkosten getroffen worden ist.336 Die Berechtigung der Verweisung darf im Rahmen der Kostenentscheidung nicht mehr nachgeprüft werden.337 § 281 Abs. 3 S. 2 findet keine Anwendung im Fall der Verweisung gem. § 506, der in Abs. 2 nur auf § 281 Abs. 2 und 3 S. 1 verweist.338 Dasselbe gilt bei der Überleitung in das Streitverfahren gem. §§ 696 Abs. 1 S. 5, 700 Abs. 3 S. 2. Hier gehören die Mehrkosten zu den Kosten des Rechtsstreits, so dass über sie nicht entschieden wird. Bei Verweisung zum Arbeitsgericht ist die Besonderheit der Kostentragung nach § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG zu beachten. Hier hat der Kläger alle vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Anwaltskosten des Beklagten zu erstatten.339 Insoweit liegt hier eine Durchbrechung des Mehrkostenprinzips (vgl. Rdn. 141) vor.340
1971, 442; OLG Celle Rpfleger 1969, 170; vgl. OLG Hamburg MDR 1965, 495; OLG Köln ZZP 64 (1950–51), 147, 148; OLG Karlsruhe JW 1931, 3607. 2260 1334 OLG Rostock JurBüro 2001, 591; OLG München NJW-RR 2000, 1740; OLG Hamm Rpfleger 1991, 267 mit abl. Anm. Schlaap/Ebmeier; OLG München JurBüro 1985, 292, 293 f. mit Anm. Mümmler; OLG Frankfurt MDR 1997, 102, 103; OLG Saarbrücken NJW 1975, 982, 983 f. mit abl. Anm. Schmidt; OLG Bremen Rpfleger 1987, 33; OLG Bamberg JurBüro 1985, 123, 124; vgl. auch OLG Schleswig SchlHA 1995, 223 (Aufgabe von OLG Schleswig SchlHA 1976, 13 f.), nach dessen Ansicht über die Mehrkosten überhaupt nicht entschieden worden ist; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 42; Zöller/Herget § 91 Rdn. 13 Stichwort „Verweisung“; aA OLG Naumburg MDR 2001, 1136, 1137; OLG Hamburg MDR 1998, 1502; OLGR Köln 1998, 135; OLG Köln Rpfleger 1993, 37 f.; OLG Oldenburg NdsRpfl 1997, 14; OLG Koblenz NJW-RR 1992, 892 = JurBüro 1992, 478 mit abl. Anm. Mümmler; OLG Düsseldorf JurBüro 1988, 784 f. mit abl. Anm. Mümmler; OLG Bremen NJW 1972, 1206; OLG Celle Rpfleger 1969, 170 mit der Begründung, für eine Festsetzung der Mehrkosten des Klägers fehle die Grundlage, da darüber nicht entschieden worden sei, so dass der Kostenfestsetzungsantrag abzuweisen sei; anderes gilt nach KG
MDR 1990, 1019 bei Abgabe vor der Zustellung, weil dann eine Entscheidung nach § 281 Abs. 3 S. 2 nicht erforderlich ist; MünchKomm/Prütting Rdn. 64; Musielak/Foerste Rdn. 18. 2261 2335 Mümmler JurBüro 1988, 785. 336 32262 OLGR Frankfurt 2001, 56, 58; OLG München NJW-RR 2000, 1740; OLG Zweibrücken MDR 1996, 971; OLG Bamberg JurBüro 1988, 1689; OLG Bremen Rpfleger 1986, 402; vgl. auch OLG Zweibrücken MDR 1996, 971; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 42; aA OLG Düsseldorf MDR 1999, 568, 569; OLG Hamburg MDR 1998, 1502; OLGR Köln 1991, 50; OLG Karlsruhe Justiz 1989, 193; OLG Koblenz MDR 1987, 681; OLG Stuttgart Justiz 1985, 296; LAG Düsseldorf MDR 2002, 725; LAG Bremen MDR 2002, 606; MünchKomm/Prütting Rdn. 64; Musielak/Foerste Rdn. 18. 337 42263 KG OLGRspr 29, 125, 126. 338 52264 OLG Koblenz MDR 1987, 681. 339 62265 LAG Erfurt NZA-RR 2001, 106, 107; LAG Frankfurt NZA-RR 1999, 498, 499; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/Germelmann ArbGG6 (2008) § 12a Rdn. 17 ff.; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 115; Gierke-Braune/Hiekel Rpfleger 1985, 226, 229; aA LAG Bremen NZARR 1997, 26 f.; ArbG Siegen NZA-RR 1999, 213 f. 340 72266 Ausführlich dazu Gierke-Braune/Hiekel Rpfleger 1985, 226 ff.
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3. Gerichts- und Anwaltsgebühren
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Der Verweisungsbeschluss selbst sowie mögliche Weiter- oder Zurückverweisungsbeschlüsse sind gerichtsgebührenfrei. Auch hier gilt der Grundsatz der kostenrechtlichen Einheit (vgl. § 4 GKG). Das bedeutet, dass Verweisungen innerhalb des Geltungsbereichs des GKG gebührenrechtlich so behandelt werden, als ob die Verfahren von Anfang an beim übernehmenden Gericht anhängig gewesen wären. Nach dem Recht des übernehmenden Gerichts richten sich auch Fragen des Streitwerts.341 Bei unverschuldeter342 Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Umstände iSd § 4 Abs. 2 GKG der Partei oder ihres Vertreters (§ 85) werden Mehrkosten, die durch die Anrufung eines Gerichts entstehen, zu dem der Rechtsweg nicht gegeben oder das für das Verfahren nicht zuständig war, nicht erhoben. Für Anwaltsgebühren sind bei der Verweisung innerhalb der ersten Instanz die Verfahren vor dem verweisenden oder abgebenden und vor dem übernehmenden Gericht ein Rechtszug, sog. Horizontalverweisung (§ 20 S. 1 RVG).343 Findet aber infolge der Verweisung ein Anwaltswechsel statt, so entstehen die Anwaltskosten für jeden Anwalt getrennt (Zur Frage der Notwendigkeit mehrerer Anwälte vgl. Rdn. 141; § 91 Rdn. 17). Bei Verweisung aus der höheren in die erste Instanz hat gebührenmäßig dasselbe zu gelten wie bei zurückverwiesenen Rechtsstreitigkeiten (§ 21 Abs. 1 RVG). Gelangt das Verfahren durch die Verweisung an ein niedrigeres Gericht, so entsteht gebührenrechtlich ein zweiter Rechtszug (§ 15 Abs. 2 S. 2 RVG), wodurch die Gebühren ein zweites Mal anfallen können, sog. Diagonalverweisung (§ 20 S. 2 GKG).344
§ 282 Rechtzeitigkeit des Vorbringens (1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. (2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag. (3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen. 341 2267
1 OLG Frankfurt JurBüro 1976, 369, 370. 342 22268 Verschuldet sind Mehrkosten z.B. wenn die Anschrift des Gegners vor Klageerhebung nicht sorgfältig ermittelt wurde, vgl. Meyer GKG9 (2007) § 4 Rdn. 1f. 343 32269 Gerold/Schmidt/Madert RVG17 (2006) § 20 Rdn. 4 f.; Mayer/Kroiß/Kroiß RVG2 (2006) § 20 Rdn. 6, 13.
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OLG München MDR 1992, 523, das auch eine Verweisung von einer Berufungskammer des Landgerichts an eine erstinstanzliche Kammer des Landgerichts als eine Diagonalverweisung ansieht; Zöller/Greger Rdn. 22; vgl. Mayer/ Kroiß/Kroiß RVG2 (2006) § 20 Rdn. 19.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 282
Schrifttum Bender/Belz/Wax Das Verfahren nach der Vereinfachungsnovelle und vor dem Familiengericht, 1977; Fuhrmann Die Zurückweisung schuldhaft verspäteter und verzögernder Angriffsund Verteidigungsmittel im Zivilprozeß, 1987; Kallweit Die Prozeßförderungspflicht der Parteien und die Präklusion verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1976, 1983; Leipold Prozeßförderungspflichten und richterliche Verantwortung, ZZP 93 (1980), 237; Peters Auf dem Wege zu einer allgemeinen Prozeßförderungspflicht der Parteien?, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 1990, S. 399; Schneider Beiträge zum neuen Zivilprozeßrecht, Teil 1, MDR 1977, 793; Weth Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß, 1988.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Die allgemeine Prozessförderungspflicht (§ 282 Abs. 1) . . . . . . . 1. Mündliche Verhandlung . . . . . 2. Angriffs- und Verteidigungsmittel . 3. Rechtzeitiges Vorbringen . . . . 4. Folgen der nicht rechtzeitigen Geltendmachung . . . . . . . . . IV. Vorbereitende Schriftsätze (§ 282 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . .
5 8 15 19 31 33
Rdn 1. Anwendungsbereich . . . . . . 2. Verspäteter Vortrag . . . . . . . 3. Folgen der nicht rechtzeitigen Mitteilung . . . . . . . . . . . . V. Rügen bezüglich der Zulässigkeit der Klage (§ 282 Abs. 3) . . . . . . . . 1. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . a) Gleichzeitig und vor Verhandlung zur Hauptsache . . . . . b) Innerhalb der Klageerwiderungsfrist . . . . . . . . . . 2. Folgen . . . . . . . . . . . .
34 38 44 46 51 52 58 63
I. Gesetzesgeschichte
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§ 282 ist neu gefasst durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1976.1
II. Normzweck In § 282 Abs. 1 wird der allgemeine Grundsatz der Prozessförderungspflicht2 der Parteien erstmals3 festgeschrieben und in den Abs. 2 und 3 weiter konkretisiert. Ziel der Vereinfachungsnovelle 1976 war die Konzentration und Beschleunigung des Verfahrens. Zu diesem Zweck mussten alle Beteiligten, Richter, Anwälte und Parteien zur gebotenen Mitwirkung angehalten werden. Deshalb wird in § 282 insbesondere die Pflicht zur Prozessförderung der Parteien untereinander ausdrücklich bestimmt.4 Wer schuldhaft diese Pflicht verletzt, muss damit rechnen, mit seinem Vorbringen 1 12271 BGBl I S. 3281, 3285; Gesetzesentwurf: BTDrucks. 7/2729. 2272 2 2 Kritik an diesem Begriff übt Leipold ZZP 93 (1980), 237, 239 ff., der von einer Pflicht zur Unterlassung prozessverzögernden Verhaltens spricht; zustimmend Weth S. 127; Schumann JA 1976, 637, 640; Peters FS Schwab (1990), S. 399; ebenso Fleck Die Redlichkeitspflichten der Parteien im Zivilprozess (2004), S. 214 ff., der von einem Verzögerungsverbot spricht; dagegen Kall-
weit S. 99 ff., der den Begriff für zutreffend hält, S. 102; Fuhrmann S. 17 ff., 19 spricht von einer Prozessförderungslast. 2273 3 3 Vgl. aber §§ 529 Abs. 1, 531 ZPO 1942, RGBl I 1942 S. 333, 334 (3. VereinfV vom 16.5.1942). 4 42274 Kawano FS Henckel (1995), S. 411, 422 ff.; aA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 6, der von einer prozessualen Pflicht der Parteien im Verhältnis zum Gericht ausgeht.
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ausgeschlossen zu werden (vgl. § 296 Abs. 2 und 3).5 Allein die Prozessförderungspflicht des Gerichts gem. §§ 272, 273, das Verfahren möglichst in einem umfassend vorbereitenden Haupttermin durchzuführen, würde nichts nützen, wenn die Parteien ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel uneingeschränkt bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, vorbringen könnten. Deshalb verpflichtet § 282 Abs. 1 die Parteien, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in der mündlichen Verhandlung so rechtzeitig vorzutragen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Dadurch sollte die „tropfenweise“ Information des Gerichts verhindert werden.6 Nach der früheren Rechtslage war die Prozessförderungspflicht der Parteien nur mittelbar in den Vorschriften über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens festgeschrieben.7 § 282 Abs. 2 entspricht dem § 272 a.F., wonach Angriffs- und Verteidigungsmittel so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung vorzubringen sind, dass der Gegner noch Erkundigungen einziehen und sich dementsprechend auf die mündliche Verhandlung vorbereiten kann. § 282 Abs. 3 übernimmt die bisher in § 274 Abs. 1 enthaltene Regelung und benennt den Zeitpunkt, bis zu dem das Fehlen von Prozessvoraussetzungen und das Bestehen von Prozesshindernissen geltend zu machen sind.
III. Die allgemeine Prozessförderungspflicht (§ 282 Abs. 1)
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Die allgemeine Prozessförderungspflicht soll verhindern, dass die Parteien durch die Art und Weise ihres Vorbringens den Ablauf des Prozesses verzögern. Materiellrechtliche Folgen im Verhältnis der Parteien zueinander ergeben sich aus einem Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht nicht.8 Die Formulierung in § 282 Abs. 1, dass jede Partei in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so zeitig vorzubringen hat, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung bedachten Prozessführung entspricht, ist sehr allgemein gehalten und bedarf der Konkretisierung.9 Spezielle Prozessförderungspflichten sind in § 277 Abs. 1 (vgl. dazu § 277 Rdn. 8 ff.) und in § 340 Abs. 3 enthalten, die fast wortgleiche Formulierungen verwenden. Der Gesetzesbegründung10 ist lediglich zu entnehmen, dass es den Parteien versagt sein soll, aus Nachlässigkeit oder aus prozesstaktischen Gründen, die für eine auf Prozessförderung bedachten Partei nicht maßgebend sind, einen Vortrag zu unterlassen. Andererseits soll aber auch nicht jeder irgendwie in Betracht kommende unerhebliche Vortrag zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden, denn dies würde gerade das Gegenteil einer Konzentration, die Ausuferung der mündlichen Verhandlung, zur Folge haben. Eine Rückkehr zur strengen Eventualmaxime ist jedenfalls nicht gewollt.11 Nachvollziehbare prozesstaktische Erwägungen können durchaus ein vorübergehendes Zurückhalten des Vortrags rechtfertigen, bis die fortschreitende Entwicklung des Prozesses oder eine Aufforderung des Gerichts deren Einführung erforderlich machen. Die Parteien werden nicht zum Verzicht auf jegliche Prozesstak5 52275 Franzki DRiZ 1977, 161, 162. 6 12276 Begründung zum Gesetzesentwurf BT-Drucks. 7/2729 S. 38. 7 22277 Begründung zum Gesetzesentwurf BT-Drucks. 7/2729 S. 37, 73. 8 32278 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 6.
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9 42279 Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 42 ff. 2280 510 BT-Drucks. 7/2729 S. 37 f. 2281 611 BT-Drucks. 7/2729 S. 38; vgl. aber Leipold ZZP 93 (1980), 237, 257 ff., der von einer Hinwendung zur Eventualmaxime ausgeht; dagegen Kallweit S. 104 ff.
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tik gezwungen, ein sukzessives Vorbringen ist nicht völlig ausgeschlossen.12 Aus der Gesetzesgeschichte13 lässt sich jedoch schließen, dass ein stufenweises Vorgehen die im Einzelfall zulässige Ausnahme und nicht der Regelfall sein sollte. Allerdings geht die Partei bzw deren Prozessvertreter ein hohes Risiko ein, wenn sie relevantes Vorbringen zurückhält.14 Ein Prozessverhalten, das hauptsächlich der Verzögerung und Verschleppung dient, verstößt in jedem Fall gegen § 282 Abs. 1.15
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1. Mündliche Verhandlung § 282 Abs. 1 betrifft ausdrücklich das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung. Aus diesem Grund kann Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung nie nach § 282 Abs. 1 verspätet sein.16 Der erste Termin vor Gericht ist vielmehr der frühest mögliche in Betracht kommende Zeitpunkt für den Vortrag der Angriffs- und Verteidigungsmittel. § 282 Abs. 1 kann also nur dort Anwendung finden, wo innerhalb der Instanz mehrere Verhandlungstermine stattgefunden haben und die Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht bereits im ersten Termin vorgebracht worden sind.17 Es gehört auch nicht zur allgemeinen Prozessförderungspflicht der Parteien, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel nach Anberaumung eines frühen ersten Termins so frühzeitig vorzutragen, dass das Gericht für diesen Termin noch eine Beweisaufnahme vorbereiten kann.18 Finden mehrere Termine zur mündlichen Verhandlung statt, wie in der Regel bei Wahl eines frühen ersten Termins (§ 275), muss gem. § 282 Abs. 1 entschieden werden, ob das in der späteren Verhandlung vorgebrachte Angriffs- oder Verteidigungsmittel als rechtzeitig angesehen werden kann. Die Begründung für einen Angriff unterfällt erst dann der Prozessförderungspflicht, wenn dieser Angriff in den Prozess eingeführt wird.19 Ist dies erst zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Fall, so können neue Tatsachen uneingeschränkt vorgebracht werden.20 Der zuletzt mögliche Zeitpunkt zum Vortrag ist der vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung. Danach können Angriffs- und Verteidigungsmittel grundsätzlich nicht mehr vorgetragen werden (§ 296a). Die Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze bleiben von der Regelung des § 282 Abs. 1 unberührt. § 282 Abs. 1 findet im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 entsprechende Anwendung.21 Der Beginn der mündlichen Verhandlung ist mit 2282 712 BVerfGE 54, 117, 126 f. = NJW 1980, 1737, 1738; VerfGH Berlin JR 1995, 497, 498. 13 2283 1 Vgl. die Mitteilung, AnwBl 1977, 13 f.; Streichung des § 282 Abs. 1 S. 2 (BT-Drucks. 7/ 5565), der folgenden Wortlaut hatte: Beziehen sich auf denselben Anspruch mehrere selbständige Angriffsoder Verteidigungsmittel, so kann die Partei sich auf das Vorbringen einzelner beschränken, solange sie nach dem Sach- und Streitstand davon ausgehen darf, dass diese Angriffs- und Verteidigungsmittel für ihre Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ausreichen. 14 2284 2 Franzki DRiZ 1977, 161, 165; vgl. auch Elsner zfs 2005, 475, 478. 2285 315 BVerfGE 54, 117, 126 f. = NJW 1980, 1737, 1738. 2286 416 BGH NJW-RR 2005, 1007; BGH NJW 1993, 1926, 1927; BGH NJW 1992, 1965; Musielak/
Foerste Rdn. 3; Deubner JuS 2005, 1085,1087; ders. NJW 1987, 1583, 1585; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 3; Kallweit S. 129 f. mit dem Beispiel (S. 130 Fn. 27), dass im ersten Termin ein Zeuge vernommen und entlassen wurde und der Beklagte erst danach Tatsachen bestreitet, zu denen der Zeuge auch hätte befragt werden können; dagegen zu Recht Weth S. 192. 2287 517 BGH NJW 1992, 1965; Deubner NJW 1985, 1140 f.; ders. NJW 1987, 1583, 1585. 18 2288 6 KG NJW 1980, 2362 f. mit Anm. Deubner. 2289 719 Deshalb trifft den Kläger im Hinblick auf die erstmalige Klagebegründung in der Klageschrift keine Prozessförderungspflicht, Weth S. 153 f. 2290 820 BGHZ 83, 371, 376 ff. = NJW 1982, 1708, 1709 f. 2291 921 BT-Drucks. 7/2729 S. 73.
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dem Zeitpunkt gleichzusetzen, in dem die letzte Erklärung des Einverständnisses mit dem schriftlichen Verfahren abgegeben wird.22 Gem. § 128 Abs. 2 S. 2 bestimmt das Gericht den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Dieser entspricht dem Schluss der mündlichen Verhandlung. Auch im Berufungsverfahren sind die Parteien zur Prozessförderung gem. § 282 Abs. 1 verpflichtet (§ 525).23 Gleiches gilt für die Anschlussberufung.24 Darüber hinaus gelten die Sondervorschriften der §§ 520, 521 Abs. 2 (vgl. § 530). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt § 282 Abs. 1 nur im Urteilsverfahren (§§ 46 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG). 2. Angriffs- und Verteidigungsmittel
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In § 282 Abs. 1 werden beispielhaft25 („insbesondere“) als Angriffs- und Verteidigungsmittel Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden aufgeführt.26 Auch § 146 verwendet diesen Begriff und nennt als Beispiele Klagegründe, Einreden und Repliken (vgl. dazu § 146 Rdn. 3). Unter dem Begriff27 ist jedes prozessuale oder tatsächliche Vorbringen zu verstehen, das die Durchsetzung oder die Abwehr des geltend gemachten Anspruchs zum Ziel hat.28 Zu diesem Begriff, der weit auszulegen ist,29 sind auch materiellrechtliche Einreden und Aufrechnungserklärungen30 zu zählen (vgl. dazu näher Rdn. 27). Allerdings werden die materiellrechtlichen Einreden und Gestaltungsrechte, wie z.B. eine Anfechtung, erst dann zu einem Angriffs- und Verteidigungsmittel, wenn sie von der einrede- bzw gestaltungsberechtigten Partei im Prozess geltend gemacht werden.31 Dagegen fallen der Angriff und die Verteidigung selbst nicht unter § 282 Abs. 1. Sachanträge sind immer Gegenstand des Angriffs selbst und werden deshalb nicht von § 282 Abs. 1 erfasst,32 ebenso nicht eine gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 erforderliche Aufgliederung des Klageantrags33. Auch die Widerklage34 ist als selbständiger Angriff und nicht als bloßes Angriffs- und Verteidigungsmittel anzusehen. Die Gefahr einer Verzögerung des Verfahrens besteht hier nicht, da über die Klage ein Teilurteil ergehen kann.35 Die Klageänderung oder die Klageerweiterung, die den Angriff selbst darstellen, gehören ebenfalls nicht dazu, auch nicht ein Musterfeststellungsantrag gem. § 1 KapMuG.3637 Dies gilt auch für die Änderung oder Erweiterung der Widerklage.38 Tatsachenbehauptungen zu dem geänderten Streitgegenstand sind deshalb auch nach der Klageänderung rechtzeitig vorgebracht.39 2292 122 BGH NJW 1970, 198 f. 2293 223 MünchKomm/Rimmelspacher § 525 Rdn. 11; Geisler AnwBl 2006, 609, 610. 24 2294 3 BGHZ 83, 371, 376 = NJW 1982, 1708, 1709. 25 2295 4 BGH NJW 1982, 1533, 1534; aA Weth S. 94: vollständige Beschreibung. 2296 526 BGH NJW 1982, 1533, 1534. 2297 627 Vgl. dazu Weth S. 69 ff. 2298 728 OLG Oldenburg NdsRpfl 1979, 179; Putzo NJW 1977, 1, 4. 29 2299 8 BGH NJW 1982, 1533, 1534; BAGE 44, 242, 244 = NZA 1985, 130, 131; vgl. BT-Drucks. 7/2729 S. 73; Schenkel MDR 2004, 790, 791. 30 2300 9 BGHZ 91, 293, 303 = NJW 1984, 1964, 1967; BAGE 44, 242, 244 = NZA 1985, 130, 131; aA Hermisson NJW 1983, 2229, 2230. 31 2301 10 BAGE 44, 242, 244 = NZA 1985, 130, 131 zur Anfechtung; Weth S. 74.
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32 2302 11 BGH NJW-RR 1996, 961. 33 2303 12 BGH NJW 1997, 870. 34 2304 13 BGH NJW 1981, 1217. 35 2305 14 BT-Drucks. 7/2729 S. 73. 36 2306 15 Es handelt sich um einen Sachantrag, vgl. Assmann FG Vollkommer (2006), S. 119, 124; Reuschle NZG 2004, 590, 591; vgl. auch Bergdolt/ Hell BKR 2007, 145, 146 f. (verfahrensbestimmender Antrag). 37 2307 16 BGH NJW 1986, 2257, 2258; BGH NJW 1955, 707; BGH LM Nr. 21 zu § 322 ZPO; OLG Karlsruhe NJW 1979, 879, 880. 38 2308 17 BGH NJW 1986, 2257, 2258. 39 2309 18 BGH NJW 1955, 707; OLG Karlsruhe NJW 1979, 879, 880; Deubner NJW 1979, 880 f. (zur Klageänderung); Deubner JuS 1980, 751, 754 (zur Widerklage); Kallweit S. 40 ff.
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Nach Ansicht des BGH40 handelt es sich nicht um Angriffs- und Verteidigungsmittel iSd § 282, wenn eine Partei im Lauf des Verfahrens die materiellrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch erst schafft und alsdann in den Prozess einführt, wie z.B. eine noch neu zu erstellende Abschlussrechnung bei einem Werkvertrag. Die Präklusionsvorschriften hätten nicht den Zweck, auf eine beschleunigte Schaffung der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen hinzuwirken.41 Rechtsausführungen zählen nicht zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln.42 Sie können jederzeit vorgetragen werden, da die Parteien überhaupt keine Rechtsausführungen machen müssten (iura novit curia).43 Will das Gericht sein Urteil auf nachträglich vorgebrachte rechtliche Gesichtspunkte stützen, hat es der anderen Partei Gelegenheit zur Äußerung zu geben (§ 139 Abs. 2), wobei die dadurch entstehende mögliche Verzögerung nach dem oben dargelegten Grundsatz nicht zu Lasten der Partei gehen kann.44
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3. Rechtzeitiges Vorbringen Welche Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen sind, richtet sich nach der konkreten Prozesslage.45 Die Erforderlichkeit eines Vortrags bestimmt sich nach den objektiven Gegebenheiten der jeweiligen Verfahrenssituation.46 Jede Partei muss das vorbringen, was für eine aussichtsreiche Durchsetzung oder Verteidigung erforderlich ist.47 Der Kläger muss zunächst seinen geltend gemachten Anspruch mit substantiierten Behauptungen unterlegen, die der Beklagte in gleicher Weise bestreiten muss (qualifiziertes Bestreiten).48 Das bedeutet, je konkreter die Behauptungen des Klägers, desto substantiierter muss der Beklagte bestreiten.49 Ein bloß pauschales Bestreiten genügt jedenfalls nicht.50 Er muss sich nicht über alle ihm vorprozessual bekannt gewordenen Umstände vollständig erklären, sondern nur auf die vom Gegner in der mündlichen Verhandlung behaupteten Tatsachen eingehen.51 Keine Partei ist gezwungen, sich vorsorglich gegenüber einem nicht den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Sachverhalt zu verteidigen.52 So kann eine Partei bei einer „vorbehaltenen Aufrechnung“ abwarten, ob diese auch vorgenommen wird53 oder zunächst nur das eigene Recht des Klägers bestreiten, bis sich der Kläger auf eine Abtretung beruft54. Letztendlich hängt es vom Vortrag des Gegners ab, ob ein Vorbringen bereits veranlasst ist.55 Eine sachliche Klagebegründung ist deshalb nicht erforderlich, wenn der Vollstreckungsbescheid wegen Nichteinhaltung der Einspruchsfrist rechtskräftig ist, solange nicht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumung beantragt worden ist.56 2310 140 BGH NJW-RR 2004, 167, 168. 2311 241 Bedenken gegen diese Rechtsprechung des BGH erhebt Schenkel MDR 2004, 790, 791, da sie im Gegensatz zur Rechtsprechung bei den Gestaltungsrechten (vgl. Rdn. 27 f.) der Beschleunigungs- und Konzentrationsmaxime entgegenläuft. 42 2312 3 BPatG GRUR 2004, 950, 952 f. 43 2313 4 Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 51; Weth S. 90 ff. 2314 544 Zöller/Greger Rdn. 2b. 2315 645 Kallweit S. 30. 2316 746 OLG Schleswig SchlHA 1982, 72, 73. 2317 847 Kallweit S. 32 spricht von ernsthaften Siegeschancen der eingeschlagenen Hauptlinie; kritisch hierzu Weth S. 139 ff., der darin einen Wider-
spruch zur Vereinfachungsnovelle sieht, die das tropfenweise Vorbringen gerade verhindern will. 9 Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 45. 49 2319 10 Vgl. dazu Weth S. 148 ff. 50 2320 11 Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 44 f.; Kallweit S. 35; Weth S. 155; Schneider MDR 1977, 793, 795. 51 2321 12 BGH NJW 1983, 2879, 2880 zur Erklärungspflicht gem. § 138 Abs. 2. 52 2322 13 BVerfG NJW 1991, 2275, 2276; BVerfGE 67, 39, 42 = NJW 1984, 2203. 53 2323 14 BVerfGE 67, 39, 42 = NJW 1984, 2203. 54 2324 15 BVerfGE 54, 117, 126 f. = NJW 1980, 1737, 1738. 55 2325 16 BayVerfGH NJW-RR 1992, 895, 896. 56 2326 17 OLG Schleswig SchlHA 1982, 72, 73. 48 2318
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Sachvortrag darf jedoch nicht im Vertrauen darauf zurückgehalten werden, das Gericht werde einen Hinweis geben.57 Gibt das Gericht allerdings einen Hinweis oder stellt es Fragen oder erteilt Auflagen, dann hat sich die Prozessförderungspflicht konkretisiert. Die Parteien müssen diesen richterlichen Maßnahmen nachkommen, um ihre Prozessförderungspflicht nicht zu verletzen.58 Aus § 282 Abs. 1 kann grundsätzlich keine Pflicht der Partei hergeleitet werden, tatsächliche Umstände, die ihr nicht bekannt sind, erst zu ermitteln.59 In einem Arzthaftungsprozess gehört es nicht zu der Prozessförderungspflicht des Patienten, schon im Vorbereitungsstadium sich alle erforderlichen Krankenunterlagen zu beschaffen und dem Gericht bei Einreichung der Klage zur Verfügung zu stellen.60 Soweit die den Anspruch rechtfertigenden Tatsachen bestritten sind, muss der Kläger Beweis antreten. Die Partei ist bei einem Beweisantritt jedoch nicht verpflichtet, sämtliche in Betracht kommenden Zeugen zu benennen.61 Eine Beschränkung auf einige Zeugen ist zulässig. Wenn diese unvorhersehbar die Beweisfrage nicht umfassend beantworten können, liegt darin kein Verstoß gegen § 282 Abs. 1.62 Die fehlende Angabe einer ladungsfähigen Anschrift eines ansonsten ordnungsgemäß benannten Zeugen fällt nicht unter § 282 Abs. 1. Das Gericht hat vielmehr gem. § 356 zu verfahren.63 Die Prozessförderungspflicht ist nicht verletzt, wenn die Partei zunächst von einer Benennung von Zeugen absieht und sich stattdessen auf Zeugenaussagen in Beiakten bezieht, dies aber nachholt, sobald sie erkennt, dass das Gericht ihrer Würdigung der Zeugenaussagen nicht folgt.64 Zur allgemeinen Prozessförderungspflicht einer Partei gehört es, einem Sachverständigen die erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.65 Angriffe gegen die Richtigkeit eines Gutachtens müssen sogleich vorgetragen werden bzw eine Vertagung beantragt werden.66 Für einen solchen Angriff ist die Partei grundsätzlich nicht auf Grund ihrer allgemeinen Prozessförderungspflicht verpflichtet, ein Privatgutachten einzuholen.67 Im Scheckprozess ist die Partei auf Grund des § 282 Abs. 1 nicht verpflichtet, Beweismittel zu benennen, die erst in einem eventuellen Nachverfahren prozessual relevant sein könnten.68 Umstritten ist die Frage, ob der Beklagte sämtliche Einwendungen, Einreden und Gegenrechte sofort darlegen muss oder in gewissem Maß zurückhalten darf.69 Einigkeit besteht darüber, dass rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen alsbald vorgetragen werden müssen. Dies gilt insbesondere für gesetzliche Gestaltungsrechte, wie die Anfechtung.70 Auch wenn die Aufrechnung von dem Bestehen der Hauptforderung abhängt und diese zunächst vom Gericht festgestellt werden muss, ist es dem Beklagten zu empfehlen, zumindest die Hilfsaufrechnung anzukündigen.71
2327 157 BGH NJW-RR 1990, 1241, 1242. 2328 258 Kallweit S. 34; vgl. auch Weth S. 186 ff., nach dessen Ansicht die Anforderungen an die Prozessförderungspflicht durch das Verhalten des Gerichts auch gesenkt werden können. 59 2329 3 BGH NJW 2003, 200, 202. 2330 460 OLG Köln VersR 1987, 164. 2331 561 Weth S. 166 f. 2332 662 BGH NJW 1989, 716. 2333 763 BGH NJW 1993, 1926, 1927 f.
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2334 864 BGH NJW 1983, 999, 1000. 2335 965 OLGR Köln 2001, 281. 66 2336 10 OLG Hamburg MDR 1982, 60. 67 2337 11 BGHZ 164, 330, 335 = NJW 2006, 152, 154; BGH NJW 2003, 1400. 68 2338 12 SächsVerfGH NJW 1998, 3266, 3267. 69 2339 13 Vgl. dazu Schneider MDR 1977, 793, 795 f. mwN. 70 2340 14 BAGE 44, 242, 244 = NZA 1985, 130, 131. 71 2341 15 Vgl. dazu Zöller/Greger Rdn. 3.
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Werden Gestaltungsrechte nicht in erster Instanz geltend gemacht, besteht die Gefahr, dass sie als neue Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz nicht mehr zugelassen werden (vgl. für die Aufrechnung § 533 Rdn. 22 ff.), weil die Voraussetzungen der §§ 531 Abs. 2, 533 nicht vorliegen.72 Gesetzliche Gestaltungsrechte müssen deshalb, will der Kläger keine Präklusion gem. § 767 Abs. 2 riskieren, jedenfalls nach der Rechtsprechung im Lauf des erstinstanzlichen Verfahrens ausgeübt werden, wenn die Gestaltungslage bereits besteht.73 Diese Rechtsprechung ist bedenklich (vgl. auch § 767 Rdn. 55), weil sie vom materiellen Recht gewährte Fristen, wie z.B. § 124 BGB, abkürzt.74 Dagegen macht die Rechtsprechung eine Ausnahme bei vertraglich eingeräumten Gestaltungsrechten,75 wenn die Entscheidungsfreiheit über die Ausübung des Gestaltungsrechts gerade Zweck des vereinbarten Gestaltungsrechts ist, wie z.B. bei einem im Mietvertrag vereinbarten Optionsrecht des Mieters zur Verlängerung des Mietvertrags innerhalb einer bestimmten Frist,76 das vertragliche Rücktrittsrecht sowie das Recht zur ordentlichen Kündigung.77 Die Verjährungseinrede sollte jedoch sogleich vorgetragen werden.78 Der Einwand, die Verjährungseinrede sei moralisch umstritten,79 greift nicht durch, wenn der Beklagte entschlossen ist, der Klage notfalls mit der Verjährungseinrede entgegenzutreten, und es ihm dabei lediglich auf eine Rangfolge seiner Verteidigungsmittel ankommt.80 In jedem Fall besteht die Möglichkeit, eine Staffelung der einzelnen Verteidigungsmittel dadurch vorzunehmen, dass sie primär und hilfsweise vorgetragen werden.81 Allerdings muss auch der hilfsweise Vortrag sofort erfolgen, lediglich die Substantiierung kann, wenn der Hauptvortrag nicht durchgreift, später nachgeschoben werden.82 Ansonsten muss auch das Gegenrecht substantiiert vorgetragen werden.83
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4. Folgen der nicht rechtzeitigen Geltendmachung Verstößt eine Partei gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht gem. § 282 Abs. 1, kann ihr Vorbringen unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die 2342 172 Vgl. BGHZ 91, 293, 303 = NJW 1984, 1964, 1967 zu §§ 528, 530 Abs. 2 a.F.; vgl. OLGR Hamm 2005, 94, 95; siehe auch Schneider NJW 2003, 1434, 1435. 2343 273 BGH NJW 1994, 2769, 2770; vgl. BGH NJW 1988, 2542; BGH NJW 1985, 2481, 2482; Zöller/ Herget § 767 Rdn. 14. 74 2344 3 Vgl. Schumann FS Larenz (1983), S. 571, 593 f. 75 2345 4 Gegen die Unterscheidung von vertraglichen und gesetzlichen Gestaltungsrechten MünchKomm/ Schmidt § 767 Rdn. 80 ff. 2346 576 BGH NJW 1985, 2481, 2482. 2347 677 Vgl. BGH NJW 1985, 2481, 2482; MünchKomm/ Prütting Rdn. 18; Zöller/Vollkommer Vor § 322 Rdn. 67. 78 2348 7 Vgl. BGH MDR 1991, 240; OLG Hamm NJWRR 1993, 1150; Zöller/Greger Rdn. 3; Bender/ Belz/Wax/Bender Rdn. 53; Weth S. 178 ff.; Leipold ZZP 93 (1980), 237, 260; Schneider MDR 1977, 793, 795; siehe aber BT-Drucks. 7/5250 S. 4; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 8; Kallweit S. 33, nach dessen Ansicht der Beklagte die Verjährungseinrede, wenn er begründete
Chancen auf eine Klageabweisung mit anderem Vorbringen hat, erst vorbringen muss, sobald sich die Lage ändert. 2349 879 So aber Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 8. 2350 980 OLG Hamm NJW-RR 1993, 1150. 81 2351 10 Zur Staffelung des Vorbringens ausführlich MünchKomm/Prütting Rdn. 21 ff. 82 2352 11 Vgl. OLG Nürnberg GesR 2007, 400; Bender/ Belz/Wax/Bender Rdn. 44; Schneider MDR 1977, 793, 796; ähnlich Weth S. 155 ff., nach dessen Ansicht der Beklagte alle Einwendungen, Einreden und Gegenrechte gegen den Klageanspruch zumindest ankündigen (damit sei das Vorbringen noch nicht in den Prozess eingeführt), aber noch nicht substantiieren muss (dadurch werde eine Hinweispflicht des Gerichts ausgelöst, wenn ein Vortrag erforderlich wird); aA Leipold ZZP 93 (1980), 237, 261. 83 2353 12 BGHZ 91, 293, 303 = NJW 1984, 1964, zur erforderlichen Erklärung der Aufrechnung und deren Substantiierung innerhalb der Klageerwiderungsfrist; vgl. dazu Weth S. 161 ff.
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Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.84 Im Übrigen kann das Gericht der Partei gem. § 95 die durch die Verzögerung verursachten Kosten oder gem. § 38 GKG eine Verzögerungsgebühr auferlegen, wenn wegen des verspäteten Vorbringens die Vertagung des Termins bzw die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung erforderlich wird. Allerdings muss das Gericht vor einer Ahndung gem. § 38 GKG alle prozessual zulässigen Möglichkeiten zur Verhinderung einer Verzögerung, wie z.B. gem. §§ 139, 273, 283 ausschöpfen.85
IV. Vorbereitende Schriftsätze (§ 282 Abs. 2)
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§ 282 Abs. 2 verpflichtet die Parteien außerdem, die mündliche Verhandlung rechtzeitig durch Schriftsätze vorzubereiten, so dass der Gegner sich auf das jeweilige Vorbringen bereits vor der mündlichen Verhandlung einstellen kann. § 282 Abs. 2 setzt eine Schriftsatzpflicht voraus, begründet selbst aber keine Verpflichtung der Parteien, die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorzubereiten.86 Eine solche Pflicht kann sich aus § 129 ergeben.87 Die Vorschrift will den Gegner vor Überraschungen schützen.88 Sie bezweckt jedoch nicht, dem Gericht die rechtzeitige Terminsvorbereitung zu ermöglichen.89 Von 282 Abs. 2 werden sowohl Anträge als auch Angriffsund Verteidigungsmittel erfasst. 1. Anwendungsbereich
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§ 282 Abs. 2 ergänzt § 132 und gilt in der Regel nur für das landgerichtliche Verfahren. Allerdings ist die Vorschrift nicht anwendbar, wenn Einlassungs- und Ladungsfristen abgekürzt worden sind und dadurch eine schriftsätzliche Vorbereitung nicht mehr möglich ist (vgl. § 226 Abs. 2). Vor dem Amtsgericht herrscht kein Schriftsatzzwang (§ 129 Abs. 2). Deshalb findet § 282 Abs. 2 im Parteiprozess keine Anwendung, es sei denn, dass das Gericht von der Möglichkeit des § 129 Abs. 2 Gebrauch gemacht und die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch Schriftsätze angeordnet hat.90 Im schriftlichen Verfahren (§ 128 Abs. 2) ist die Vorschrift dahin auszulegen, dass das Gericht vor der Entscheidung für die Erwiderung eine angemessene Frist abwarten muss, soweit das Vorbringen erheblich ist. Eine entsprechende Anwendung des § 282 Abs. 2 wird auch für das patentgerichtliche Verfahren befürwortet, wenn der die Benutzung der Widerspruchsmarke bestreitende Anmelder anwaltlich vertreten ist.91
2354 184 Zur Möglichkeit, die Verspätungsfolgen durch eine Flucht in die Säumnis abzuwenden, vgl. Kallweit S. 182 ff. 85 2355 2 OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 859, 860; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 638, 639; OLG Zweibrücken JurBüro 1978, 269, 270; OLG Hamm NJW 1975, 2026. 2356 386 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 22.
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2357 487 BVerfG NJW 1993, 1319; BVerfG NJW 1989, 706, 707. 88 2358 5 Weth S. 194. 89 2359 6 BGH NJW 1999, 2446, 2447; BGH NJW 1989, 716, 717. 2360 790 BVerfG NJW 1993, 1319; BVerfG NJW 1989, 706, 707; BVerfG NJW 1989, 3212; Weth S. 193. 2361 891 BPatG GRUR 1996, 414, 416.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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2. Verspäteter Vortrag Voraussetzung für einen Verstoß gegen § 282 Abs. 2 ist, dass sich der Gegner voraussichtlich in der mündlichen Verhandlung92 nicht ohne vorhergehende Erkundigung erklären kann. Dies bezieht sich hauptsächlich auf neue Tatsachenbehauptungen, insbesondere wenn der Prozessvertreter bei seinem Mandanten nachfragen oder Erkundigungen von dritter Stelle einholen muss, um in der mündlichen Verhandlung zu neuen gegnerischen Tatsachenbehauptungen nach § 138 substantiiert und wahrheitsgemäß Stellung nehmen zu können.93 Auch bei umfangreichem und solchem Vorbringen, mit dem der Gegner nicht zu rechnen braucht, können Erkundigungen erforderlich werden.94 Geht es jedoch nur um neue Beweisantritte bezüglich bereits früher aufgestellter Tatsachenbehauptungen, wird eine Erkundigung in der Regel nicht mehr erforderlich sein.95 § 282 Abs. 2 ist auch nicht verletzt, wenn der Gegner sich seinerseits schon vor der mündlichen Verhandlung zu dem vorgebrachten Tatsachenstoff unter Beweisantritt schriftsätzlich geäußert hat.96 Die Nichteinhaltung der Schriftsatzfrist gem. § 132 allein ist nicht maßgebend, auch wenn § 282 Abs. 2 im Zusammenhang mit § 132 zu sehen ist.97 Die in § 132 enthaltene Frist ist mit einer Woche eine Mindestfrist (vgl. § 132 Abs. 1 „mindestens“), die nicht immer ausreichend sein kann, insbesondere wenn der Gegner noch Erkundigungen einziehen muss.98 Die benötigten Erkundigungen können durchaus zwei Wochen beanspruchen, so dass der Schriftsatz bei Gericht bereits 3 Wochen vor dem Termin einzugehen hat.99 Allein die Nichteinhaltung der Frist des § 697 Abs. 1 genügt für eine Zuwiderhandlung gegen § 282 Abs. 2 ebenfalls nicht.100 Letztendlich kommt ein Verstoß gegen § 282 Abs. 2 nur dann in Betracht, wenn sich der Gegner in der mündlichen Verhandlung auf Grund der fehlenden Zeit nicht erklären kann.101 Dies ist auch der Fall, wenn ihm ein Schriftsatznachlass gem. § 283 gewährt wird. Dadurch wird ihm zwar eine schriftliche Erklärung ermöglicht, nicht aber eine Erklärung in der mündlichen Verhandlung.102 Ist der Gegner dagegen im Termin säumig, greift § 282 Abs. 2 der ratio nach nicht, da eine Erklärung bereits wegen der Säumnis nicht möglich war.103 Wäre dem Gegner eine Stellungnahme möglich, darf er die Einlassung nicht wegen der Verspätung verweigern (vgl. § 138 Abs. 2). Das Gericht hat deshalb in einem solchen Fall auf eine Erklärung des Gegners hinzuwirken (§ 139).104
2362 192 Weth S. 197. 2363 293 BGH NJW 1999, 2446; BGH NJW 1989, 716, 717. 2364 394 Kallweit S. 131. 2365 495 BGH NJW 1989, 716, 717. 2366 596 BGH WM 1984, 924, 925. 2367 697 BGH BauR 2006, 1172; BGH NJW 1997, 2244; BGH NJW 1989, 716 f. 98 2368 7 Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 59, der für neues Vorbringen eine Frist von ca. 11 Tagen, für die Erwiderung darauf eine Frist von ca. 7 Tagen vorschlägt. 2369 899 BGH NJW 1982, 1533, 1534 geht von ca. 3 Wochen aus (2 Wochen entsprechend § 274 Abs. 3 S. 1 und 1 Woche gem. § 132).
100 2370
9 Vgl. BGH NJW 1982, 1533, 1534. 101 2371 10 Vgl. OLG Nürnberg NJW 1972, 2274 zu § 272 a.F.; Fuhrmann S. 26; Deubner NJW 1987, 1583, 1585. 102 2372 11 So zu Recht Weth S. 197 gegen Deubner NJW 1987, 1583, 1585, nach dessen Ansicht § 296 Abs. 2 wegen der Erklärungsmöglichkeit im Rahmen des § 283 nicht mehr zum Zuge kommen kann. 103 2373 12 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 23; MünchKomm/ Prütting § 335 Rdn. 13; aA Musielak/Foerste Rdn. 9. 104 2374 13 BVerfG NJW 1980, 277.
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3. Folgen der nicht rechtzeitigen Mitteilung
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Liegen die Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 vor, kann das Gericht das verspätete Vorbringen zurückweisen (siehe oben Rdn. 31 f.). § 138 Abs. 3 mit der Folge, dass die Behauptungen als zugestanden gelten, greift nicht ein, wenn sich der Gegner wegen der verspäteten Mitteilung nicht erklären kann. Soweit kein offensichtlich unerhebliches Vorbringen vorliegt (vgl. § 283 Rdn. 14), sollte dem Gegner auf Antrag Schriftsatznachlass gewährt oder die Verhandlung vertagt werden. Umstritten ist hier jedoch, ob bereits die Gewährung einer Schriftsatzfrist gem. § 283 zu einer Verzögerung führen kann oder ob erst nach Gewährung des Schriftsatznachlasses die Verzögerung zu beurteilen ist oder § 296 Abs. 2 wegen § 283 überhaupt nicht zur Anwendung kommt105 (vgl. dazu § 283 Rdn. 46 ff.).
V. Rügen bezüglich der Zulässigkeit der Klage (§ 282 Abs. 3)
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Unter Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, ist die Geltendmachung des Fehlens von allgemeinen oder besonderen Prozessvoraussetzungen (vgl. Vor § 253 Rdn. 36 ff.) bzw des Bestehens von Prozesshindernissen (vgl. Vor § 253 Rdn. 141 ff.) durch den Beklagten (oder Widerbeklagten) zu verstehen. Damit sind alle Zulässigkeitsrügen gemeint, nicht nur die verzichtbaren.106 Die Verzichtbarkeit ist lediglich für die Folgen der nicht rechtzeitigen Rüge gem. § 296 Abs. 3 von Bedeutung,107 während bei von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen das Unterlassen der Rüge nicht zur Präklusion führt.108 Die Einrede der fehlenden Klagbarkeit wegen einer Schlichtungsvereinbarung gehört als echte prozesshindernde Einrede zu den Zulässigkeitsrügen.109 Vorzutragen sind die Tatsachen und Beweismittel zur Unzulässigkeit der Klage.110 Rügen, die die Zulässigkeit von Rechtsmitteln betreffen, werden von § 282 Abs. 3 nicht erfasst. Auf den Vortrag des Klägers zur Rechtfertigung der Zulässigkeit findet § 282 Abs. 3 ebenfalls keine Anwendung,111 da sich Abs. 3 nur auf die Rüge des Beklagten oder Widerbeklagten bezieht. Soweit es sich jedoch um Behauptungen und Beweismittel handelt, fallen diese unter § 282 Abs. 1.112 § 282 Abs. 3 und § 296 Abs. 3 stellen Sonderregelungen dar, die den allgemeinen Bestimmungen des § 282 Abs. 1 und 2 sowie des § 296 Abs. 1 und 2 vorgehen und diese verdrängen.113 Sie gelten sowohl im Anwalts- als auch im Parteiprozess.114
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1 Deubner NJW 1987, 1583, 1585. 106 22376 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 33; Kallweit S. 25; anders wohl Bender/Belz/Wax/Bender Rdn. 61. 107 32377 Zöller/Greger Rdn. 8 bezeichnet deshalb § 283 Abs. 3 als lex imperfecta; sich ihm anschließend Brückner NJW 2006, 13, 14 f. 108 42378 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 33; vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 35. 109 52379 OLG Oldenburg MDR 1987, 414 unter Hinweis auf die neue Rechtslage; anders noch OLG
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Nürnberg OLGZ 1975, 439 zu § 274 Abs. 2 Nr. 3 a.F. 6 Weth S. 204 mwN. 111 2381 7 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 36; Weth S. 79 f.; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 17; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 7; vgl. Schröder ZZP 91 (1978), 302, 309 ff. 112 82382 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 36. 113 92383 BGH NJW-RR 2006, 496, 497. 114 2384 10 Hk/Saenger Rdn. 14. 110 2380
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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1. Zeitpunkt Bezüglich der oben genannten Rügen ist der Zeitpunkt für das Vorbringen im Verhältnis zu Abs. 1 vorverlegt.
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a) Gleichzeitig und vor Verhandlung zur Hauptsache. Sämtliche die Zulässigkeit der Klage betreffenden Rügen muss der Beklagte gleichzeitig und vor seiner mündlichen Verhandlung zur Hauptsache vorbringen. Als gleichzeitig vorgebracht sind die Rügen auch dann anzusehen, wenn sie in verschiedenen Terminen, aber noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung über die erste Einrede und vor dem Verfahren zur Hauptsache geltend gemacht worden sind.115 Die Gleichzeitigkeit ist auch noch gewahrt, wenn sich die Partei neben den Prozessrügen im Verhandlungstermin auch materiellrechtlich eingelassen und zur Hauptsache verhandelt hat.116 Die Zulässigkeitsrügen müssen vor der Verhandlung zur Hauptsache erfolgen. Unter Hauptsache wird die Verhandlung zur Sache, also über den materiellen Anspruch, im Gegensatz zu den rein verfahrensrechtlichen Fragen verstanden.117 Ob in der Stellung der Sachanträge, die die mündliche Verhandlung einleiten (§ 137 Abs. 1), bereits ein Verhandeln zur Sache zu sehen ist,118 hängt vom Einzelfall ab (vgl. § 269 Rdn. 29 f.). Im schriftlichen Verfahren (§ 128 Abs. 2) entspricht der Beginn der mündlichen Verhandlung dem Eingang der letzten Zustimmung zum schriftlichen Verfahren (vgl. Rdn. 12). Aus diesem Grund müssen Zulässigkeitsrügen spätestens mit der Zustimmung zum schriftlichen Verfahren vorgebracht werden.119 Entscheidend ist, dass eine Klage bereits erhoben worden ist, auf die Schlüssigkeit kommt es nicht an. Unerheblich ist auch, dass sich die Rüge nur auf einen von mehreren Klagegründen bezieht.120 Ein Abwarten der Partei mit der Einrede des Schiedsvertrags, um sich eventuell den Sieg in der Sache zu sichern, ist nicht zulässig.121 Allerdings kann der Beklagte die Kompetenz-Kompetenz-Einrede noch im Lauf der Verhandlung über die Reichweite des Schiedsvertrags in der Hauptsache vorbringen, wenn es sich lediglich um die Auslegung des Schiedsvertrags handelt, auf den sich der Beklagte rechtzeitig iSv § 282 Abs. 3 berufen hat, um die Unzulässigkeit der Klage darzutun. Denn vor dem Auftreten von Meinungsverschiedenheiten über die Gültigkeit oder die Auslegung des Schiedsvertrags selbst besteht keine Veranlassung zur Geltendmachung dieses Verteidigungsmittels.122 Das Verlangen nach Sicherheitsleistung gem. § 110 muss gem. § 282 Abs. 3 grundsätzlich vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache, und zwar für alle Rechtszüge, geltend gemacht werden.123 Bei einem Versäumnisurteil gegen den Beklagten muss dieser, wenn er einen Einspruch einlegt, die Rügen bereits in der Einspruchsschrift innerhalb der Zweiwochenfrist des § 339 Abs. 1124 vorbringen (§ 340 Abs. 3). Hat umgekehrt der Beklagte ein Versäumnisurteil beantragt, liegt darin bereits ein Verhandeln zur Hauptsache. Aller-
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115 2385
1 OLG Dresden SeuffArch 75 (1920) Nr. 112. 116 22386 OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 959. 117 32387 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 38. 118 42388 So Zöller/Greger Rdn. 6. 119 52389 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 41; aA Zöller/ Greger Rdn. 6 (spätestens bis zum Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht). 120 62390 BGH NJW 1985, 743, 744.
121 2391
7 OLG Frankfurt MDR 1982, 329. 122 82392 BGH NJW-RR 1988, 1526, 1527. 123 92393 BGH NJW-RR 2005, 148; BGH NJW 2001, 3630, 3631; BGHZ 37, 264, 266 f. = WM 1962, 270; BGH NJW 1981, 2646; RGZ 155, 239, 241; OLG Frankfurt MDR 1992, 188. 124 2394 10 OLG München NJW 1977, 1972; Kallweit S. 121; Kramer NJW 1977, 1657, 1659.
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dings wird das Verfahren, wenn der Kläger Einspruch einlegt, in die Lage zurückversetzt, in der es sich vorher befand (vgl. § 342), so dass der Beklagte nun gleichzeitig und vor der mündlichen Verhandlung die Zulässigkeitsrüge vorbringen kann.
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b) Innerhalb der Klageerwiderungsfrist. Ist dem Beklagten bereits vorher eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt worden (§§ 275 Abs. 1 S. 1, 276 Abs. 1 S. 2, 277; zur Replik bei Widerklage gem. §§ 275 Abs. 4, 276 Abs. 3, 277 Abs. 4) muss er die Unzulässigkeit der Klage bereits innerhalb dieser Frist rügen.125 Dadurch soll das Gericht möglichst frühzeitig auf eventuelle Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage hingewiesen werden, um bereits bei der Terminsvorbereitung die Zulässigkeitsfrage zu klären.126 Dasselbe gilt gem. § 101 Abs. 1 S. 2 GVG für die Zulässigkeit des Verweisungsantrags bei Zuständigkeit der Handelskammer.127 Dagegen ist in § 39 eine Regelung für den Fall einer Klageerwiderungsfrist nicht getroffen. Es ist deshalb umstritten, ob §§ 282 Abs. 3 S. 2, 296 Abs. 3 auch auf Zuständigkeitsrügen Anwendung finden.128 Die rügelose Verhandlung zur Hauptsache hat gem. § 39 zuständigkeitsbegründende Wirkung. Dasselbe gilt auch für Art. 24 EuGVVO. Unbestreitbar handelt es sich bei der Zuständigkeit des Gerichts um eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung,129 was gegen die Anwendung des § 296 Abs. 3 spricht.130 Da auch nach § 282 Abs. 3 S. 1 die Zuständigkeitsrüge vor der mündlichen Verhandlung vorzubringen ist, ergeben sich insoweit keine Probleme. § 296 Abs. 3 ist bei nicht rechtzeitiger Zuständigkeitsrüge überflüssig, da die Zuständigkeit durch § 39 begründet worden ist, und die Rüge sowieso nicht mehr greifen würde,131 es sei denn, dass der Beklagte im amtsgerichtlichen Verfahren nicht gem. § 504 belehrt worden ist. Problematisch ist jedoch der Fall, wenn die Zuständigkeitsrüge nicht, wie § 282 Abs. 3 S. 2 es fordert, innerhalb der Klageerwiderungsfrist vorgebracht wird. Hier ist ein Widerspruch zu § 39 auszumachen, der das Vorbringen der Zuständigkeitsrüge bis zur mündlichen Verhandlung zur Hauptsache zulässt.132 Könnte man durch Nichtzulassung der Rüge gem. § 296 Abs. 3 die Zuständigkeit gem. § 39 begründen,133 ergäben sich auch Probleme mit der Belehrung gem. § 504. Diese könnten jedoch dadurch ausgeräumt werden, dass bei Unterbleiben der Zuständigkeitsrüge bis zum Ablauf der Klageerwiderungsfrist, die Rüge zwar gem. §§ 282 Abs. 3, 296 Abs. 3 verspätet ist, die Verspätung jedoch entschuldigt ist. Der Richter belehrt dann zu Beginn der Verhandlung gem. § 504, und der Beklagte kann sich entscheiden, ob er rügen will oder nicht.134 125 2395
1 BGH NJW-RR 2006, 496, 497. 126 22396 BT-Drucks. 7/2729 S. 74. 127 32397 Vor Einfügung des § 101 Abs. 1 S. 2 durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12. 1990 (BGBl I S. 2847, 2853) bereits OLG Bremen MDR 1980, 410 f. 128 42398 Dafür: Bischof Der Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle (1980), Rdn. 174; ders. NJW 1977, 1897, 1900; Grunsky JZ 1977, 201, 205 f., allerdings einschränkend für das Nichtvorbringen der Rüge innerhalb der Klageerwiderungsfrist; Hartmann NJW 1978, 1457, 1461; für entsprechende Anwendbarkeit Bender/Belz/Wax/ Bender Rdn. 61, der dies auch für die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen annimmt; dagegen: BGHZ 147, 394, 397 = NJW 2001, 2176; BGHZ 134, 127, 134 = NJW 1997, 397, 389 (für die internationale Zuständigkeit); OLG Oldenburg NJW-RR 1999, 865, 866; OLG Frank-
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furt OLGZ 1983, 99, 101 ff.; Zöller/Vollkommer § 296 Rdn. 8a; Thomas/Putzo/Reichold § 296 Rdn. 41; Kallweit S. 143; Putzo NJW 1977, 1, 5; Gergen JuS 2003, 486, 487. 129 2399 5 Anders aber für Art. 18 EuGVÜ (= Art. 24 EuGVVO) LG Frankfurt RIW 1993, 933 f. 130 62400 Putzo NJW 1977, 1, 5. 131 72401 Ein Nachholen der Rüge nach Beginn der mündlichen Verhandlung gem. § 39 ist unabhängig vom Verzichtswillen nicht mehr möglich, Grunsky JZ 1977, 201, 205 f. 132 2402 8 Putzo NJW 1977, 1, 5 spricht sich für den Vorrang des § 39 aus. 133 92403 Bejahend Weth S. 113 mwN; LG Frankfurt RIW 1993, 933 f. geht von der Zuständigkeitsbegründung gem. Art. 18 EuGVÜ = Art. 24 EuGVVO aus, wenn die Rüge nicht in der Klageerwiderung erhoben wird.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 283
Da § 101 GVG eine mit § 283 Abs. 3 übereinstimmende Änderung erfahren hat, während der Gesetzgeber § 39 unverändert gelassen hat, obwohl die Problematik der Divergenz zwischen § 39 und § 283 Abs. 3 S. 2 bekannt war, ist davon auszugehen, dass § 39 dem § 283 Abs. 3 als lex specialis vorgeht. Dasselbe gilt für die Einrede der Schiedsvereinbarung gem. § 1032, der entsprechend § 39 formuliert wurde.135 Kann das angerufene deutsche Gericht nur infolge rügeloser Einlassung international zuständig sein, braucht der Beklagte die Rüge der internationalen Unzuständigkeit nicht innerhalb der Klageerwiderungsfrist vorzubringen; er kann sie vielmehr noch in der ersten mündlichen Verhandlung geltend machen.136 Eine Flucht in die Säumnis kann die Verspätungsfolgen nicht abwenden, da Vorbringen, das im Zeitpunkt der Terminssäumnis verspätet war, es weiterhin bleibt (vgl. § 342), auch wenn Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt wird.137
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2. Folgen Erhebt der Beklagte verzichtbare Rügen nicht rechtzeitig, läuft er Gefahr, dass diese nicht mehr zugelassen werden, wenn er die Verspätung nicht genügend entschuldigt (§ 296 Abs. 3). Auf eine Verfahrensverzögerung kommt es nicht an.138 Verzichtbare Rügen sind die Einrede der fehlenden Prozesssicherheit gem. § 110, die Einrede der mangelnden Kostenerstattung gem. § 269 Abs. 6, die Einrede des Schiedsvertrags gem. § 1032139. Der Anwendungsbereich des § 296 Abs. 3 ist dadurch stark eingeschränkt. Die von Amts wegen zu berücksichtigenden Prozessvoraussetzungen fallen nicht hierunter, selbst wenn der Beklagte die Tatsachen für ihr Fehlen erst zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorträgt.140
§ 283 Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Gegners Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen. Schrifttum Fischer Die Berücksichtigung „nachgereichter Schriftsätze“ im Zivilprozeß, NJW 1994, 1315; Fuhrmann Die Zurückweisung schuldhaft verspäteter und verzögernder Angriffs- und Verteidigungsmittel im Zivilprozeß, 1987; Gaier Schriftsatznachlaß zur Erwiderung auch auf unerhebliches Vorbringen?, MDR 1997, 1093; Hensen Der Parteivortrag „im Termin“ – verspätet, aber beachtlich, NJW 1984, 1672; Kallweit Die Prozeßförderungspflicht der Parteien und die Präklu134 2404
1
Bischof Der Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle (1980), Rdn. 174. 2405 2135 BGHZ 147, 394, 397 = NJW 2001, 2176. 136 32406 BGHZ 134, 127, 136 = NJW 1997, 397. 137 42407 BGHZ 76, 173, 177 = NJW 1980, 1105, 1106; OLG München NJW-RR 1995, 127; Kallweit
S. 179; Deubner NJW 1979, 337, 342; ders. NJW 1980, 2363; ders. JuS 1982, 174, 176; Messer NJW 1978, 2559. 2408 5138 Grunsky JZ 1977, 201, 205. 139 62409 OLG München NJW-RR 1995, 127. 140 72410 Putzo NJW 1977, 1, 4 f.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
sion verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1976, 1983; Katzenstein Der Schriftsatznachlass nach § 283 ZPO, ZZP 121 (2008), 41;Mayer Übergabe von Schriftsätzen im Verhandlungstermin, NJW 1985, 937; Prechtel Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 3. Aufl. 2006; Schur Die Behandlung neuer Sachanträge nach Schluß der mündlichen Verhandlung im Zivilprozeß, ZZP 114 (2001), 319; Schneider Schriftsatznachlaß zu unerheblichem Vorbringen, MDR 1998, 137; Walchshöfer Die Berücksichtigung nachgereichter Schriftsätze im Zivilprozeß, NJW 1972, 1028.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendungsbereich . . . . . . .
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IV. Voraussetzungen für das Erklärungsrecht nach Abschluss der mündlichen Verhandlung . . . . . 1. Nicht rechtzeitig mitgeteiltes Vorbringen des Gegners . . . . . . 2. Keine Erklärungsmöglichkeit in der mündlichen Verhandlung . . . 3. Antrag der Partei . . . . . . . . V. Entscheidung über den Antrag
. .
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Rdn 1. Ablehnung einer Schriftsatzfrist . 2. Gewährung einer Schriftsatzfrist . 3. Anberaumung eines Verkündungstermins . . . . . . . . . . . . VI. Berücksichtigung der Erklärung . 1. Umfang der Erklärungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . 2. Erklärung innerhalb der Frist . 3. Verspätete Erklärung . . . . .
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.
31
. . .
32 35 40
VII. Entscheidung zur Sache . . . . . .
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VIII. Rechtsmittel
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. . . . . . . . . .
IX. Verhältnis § 283 zu § 296
. . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
1
Der ursprünglich durch die Novelle von 19241 eingefügte § 272a wurde durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.19762 zu § 283 mit der Änderung, dass nur eine fristgerechte Erklärung berücksichtigt werden muss.
II. Normzweck
2
§ 283 bietet eine Handhabe für das Gericht, einer Partei eine schriftliche Erwiderung auf das nicht oder nicht rechtzeitig angekündigte neue Vorbringen des Gegners nachträglich zu ermöglichen. Gem. § 132 Abs. 1 sind Schriftsätze, die neues Vorbringen enthalten, so rechtzeitig bei Gericht einzureichen, dass sie mindestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung der anderen Partei zugestellt werden können. Auch § 282 Abs. 2 fordert ein rechtzeitiges Vorbringen von Anträgen sowie Angriffs- und Verteidigungsmitteln, damit der Gegner noch erforderliche Erkundigungen einziehen kann. Beide Vorschriften dienen der Prozessbeschleunigung, indem sie die Parteien zum rechtzeitigen Vorbringen anhalten und dadurch der anderen Partei die Möglichkeit zur ordnungsgemäßen Vorbereitung der mündlichen Verhandlung geben, denn Grundlage für die Entscheidung ist der Vortrag in der mündlichen Verhandlung. Kann sich eine Partei wegen des verspäteten Vorbringens des Gegners in der mündlichen Verhandlung nicht erklären, hat das Gericht auf Antrag der mit dem neuen Vortrag 1 12411 RGBl I S. 135, 137 (Novelle vom 13.2.1924); RGBl I S. 437, 465 f. (Bekanntmachung des Tex-
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tes der ZPO vom 13.5.1924). 2 22412 BGBl I S. 3281, 3285.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 283
überraschten Partei die Möglichkeit, dieser eine Schriftsatzfrist für Erklärungen zu diesem Vorbringen und ihr damit das letzte Wort zu geben.3 Ansonsten müsste das Gericht die Verhandlung vertagen,4 was wiederum eine Verfahrensverzögerung nach sich zöge.5 § 283 dient der Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wonach einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten zuvor äußern konnten.6 Wird der Partei, obwohl die Voraussetzungen des § 283 vorliegen, keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, liegt darin ein Verstoß gegen diesen Grundsatz.7 § 283 trägt aber auch dem Grundsatz der Waffengleichheit Rechnung, indem er den Parteien die Möglichkeit gibt, auf das gegnerische Vorbringen angemessen zu reagieren.8 In der Gewährung einer Schriftsatzfrist liegt eine Durchbrechung des Mündlichkeitsprinzips (vgl. § 128 Rdn. 20), indem eine schriftsätzliche Erklärung der Entscheidung zugrunde gelegt wird.9 Ein Verstoß gegen § 282 Abs. 2 kann gem. § 296 Abs. 2 auch zur Nichtberücksichtigung der verspäteten Angriffs- und Verteidigungsmittel führen, wobei § 283 aber insoweit Bedeutung erlangt, als oft erst nach Erklärung des Gegners entschieden werden kann, ob der verspätete Vortrag zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde (vgl. Rdn. 47). Die in § 283 S. 2 geregelte Pflicht zur Berücksichtigung nur fristgerecht eingereichter Schriftsätze soll verhindern, dass der bereits getroffenen Entscheidung der Boden entzogen wird.10
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III. Anwendungsbereich § 283 findet in der Regel nur im Anwaltsprozess (§ 78) Anwendung, weil die Parteien im amtsgerichtlichen Verfahren zur schriftsätzlichen Vorbereitung der mündlichen Verhandlung nicht verpflichtet sind. Hat das Gericht jedoch eine Anordnung gem. § 129 Abs. 2 getroffen, gilt § 283 auch hier. § 283 ist ferner bei einer verspäteten Anspruchsbegründung gem. § 340 Abs. 3 zu beachten.11 Im einstweiligen Verfügungsverfahren kommt ein Schriftsatznachlass gem. § 283 nicht in Betracht, da § 132 im Verfügungsverfahren nicht gilt und deshalb eine erstmals im Verfügungsverfahren vorgebrachte Behauptung niemals verspätet sein kann.12 § 283 findet nur Anwendung, wenn das Gericht die mündliche Verhandlung schließt und keine Fortsetzung des Verfahrens beabsichtigt. Aus diesem Grund wird 3 12413 Gaier MDR 1997, 109; Grunsky JZ 1977, 201, 204 scheint davon auszugehen, dass für den Fall der Antragstellung gem. § 283 eine Zurückweisung des verspäteten Vorbringens gem. § 296 Abs. 2 nicht in Betracht kommt. 2414 4 2 Vgl. OLG Köln NJW-RR 1998, 1076; Gaier MDR 1997, 1093, 1094. 5 32415 Vgl. OLGR Zweibrücken 2000, 221, 222. 2416 6 4 BVerfGE 81, 123, 126 = NJW 1990, 1104 f.; OLG Stuttgart NJW 1984, 2538, 2539; Kallweit S. 133; Gaier MDR 1997, 1093, 1094. 7 52417 BVerfG FamRZ 1995, 1561, 1562; BVerfG NJW 1992, 2144.
8 62418 Schur ZZP 114 (2001), 319, 328. 9 72419 OLG Köln JMBlNRW 1969, 281 zum Nachteil des Säumigen; Gaier MDR 1997, 1093, 1094; Katzenstein ZZP 121 (2008), 41, 42; vgl. auch Müller/ Heydn NJW 2005, 1750, 1752. 10 2420 8 Begründung zum Gesetzesentwurf BT-Drucks. 7/2729 S. 74. 2421 911 OLG Hamm NJW-RR 1994, 958. 12 2422 10 OLG Koblenz WRP 1981, 115, 116; OLG München WRP 1979, 166; OLG München WRP 1971, 533; Teplitzky JuS 1981, 352, 353; aA MünchKomm/Prütting Rdn. 8; Musielak/Foerste Rdn. 2.
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auch gleichzeitig mit der Schriftsatzfrist ein Verkündungstermin bestimmt. Wird dagegen dem Kläger im frühen ersten Termin zur Vorbereitung des Haupttermins eine Frist zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung gesetzt, findet § 275 Abs. 4 Anwendung (vgl. § 275 Rdn. 22). Soll aber das Verfahren nach dem frühen ersten Termin beendet und kein Haupttermin durchgeführt werden, handelt es sich um einen Schriftsatznachlass gem. § 283.13 Da § 283 eine Ausnahme vom Mündlichkeitsprinzip zu Lasten des verspätet Vortragenden darstellt, ist eine entsprechende Anwendung in Fällen, in denen eine Erklärung der Partei in der mündlichen Verhandlung aus Gründen, die nicht in einem prozessverzögernden Verhalten des Gegners begründet sind, nicht gerechtfertigt.14 In solchen Fällen muss die Verhandlung unterbrochen oder vertagt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Beweisaufnahme ein völlig überraschendes Ergebnis bringt, wozu sich der Anwalt nicht ohne Rücksprache mit seinem Mandanten äußern kann.15 Eine analoge Anwendung des § 283, wie sie früher von der h.M.16 im Rahmen des § 278 Abs. 3 a.F. (§ 139 Abs. 2) befürwortet wurde, ist nach der Einfügung des § 139 Abs. 5 durch das ZPO-RG17 nicht mehr erforderlich (vgl. § 139 Rdn. 231 ff.).
IV. Voraussetzungen für das Erklärungsrecht nach Abschluss der mündlichen Verhandlung
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Grundsätzlich können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die eine Entscheidung ergeht, Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht (§ 296a), also auch nicht mehr in der Entscheidung berücksichtigt werden (vgl. § 296a Rdn. 15).18 Davon macht § 283 eine Ausnahme, indem der Partei unter bestimmten Voraussetzungen ein Schriftsatznachlass gewährt werden kann. 1. Nicht rechtzeitig mitgeteiltes Vorbringen des Gegners
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§ 283 bezieht sich allgemein auf das Vorbringen des Gegners. Darunter fallen sowohl Anträge19 als auch Angriffs- und Verteidigungsmittel (vgl. § 282 Rdn. 15 ff.). Umstritten ist, ob auch Rechtsausführungen dazu zu zählen sind.20 Zwar können auch Rechtsausführungen unter dem weiten Begriff „Vorbringen“ verstanden werden. Allerdings ist eine Anwendung des § 283 auf Rechtsausführungen nicht erforderlich,21 da diese nicht unter § 296a (vgl. § 296a Rdn. 11) fallen und deshalb jederzeit 2423 113 Vgl. BVerfG NJW 1987, 2733 auch zu den unterschiedlichen Folgen der Versäumung der jeweiligen Fristen. 14 2424 2 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7a. 15 2425 3 Zöller/Greger § 370 Rdn. 1; vgl. aber BGH MDR 1978, 46, der zur Gewährung rechtlichen Gehörs entweder Vertagung oder zumindest Schriftsatznachlass verlangt, ebenso OLG Koblenz NJWRR 1991, 1087. 16 2426 4 So zu § 278 Abs. 3 a.F.: Zöller/Greger22 (2001) § 278 Rdn. 8a; vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann59 (2001) § 278 Rdn. 20; Bischof MDR 1993, 615, 616; aA Stein/Jonas/Leipold21 § 278 Rdn. 60; MünchKomm/Prütting2 (2000) Rdn. 12 und § 278 Rdn. 50; Stein MDR 1994, 437; diese abweichende Ansicht ist jedoch wegen der Neufassung des § 139 Abs. 5 überholt. Zum neuen
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Recht: Zöller/Greger § 139 Rdn. 14; Thomas/ Putzo/Reichold § 139 Rdn. 33. 5 Vom 27.7.2001 mit Wirkung zum 1.1.2002 (BGBl I S. 1887, 1890). 2428 618 Fischer NJW 1994, 1315 ff. 2429 719 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 11; MünchKomm/ Prütting Rdn. 9; Schur ZZP 114 (2001), 319, 324; aA Zöller/Greger Rdn. 2a; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 4. 2430 820 Dafür: Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 11; MünchKomm/Prütting Rdn. 8; dagegen: BPatG GRUR 2004, 950, 952 f. 21 2431 9 Schur ZZP 114 (2001), 319, 320; aA Prechtel S. 347; Schneider MDR 1998, 137, der zutreffend davon ausgeht, dass auch bezüglich Rechtsausführungen rechtliches Gehör gewährt werden muss, allerdings übersieht, dass diese auch nach 17 2427
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nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden können. Das Gericht wird diese Rechtsausführungen bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Ergeben sich jedoch neue rechtliche Gesichtspunkte iSd § 139 Abs. 2, müsste es die mündliche Verhandlung gem. § 156 wieder eröffnen (vgl. dazu Rdn. 33). Das Vorbringen muss neu sein, darf also nicht bereits früher vorgebracht sein oder nur eine Gegenerklärung enthalten.22 Teilweise wird § 283 einschränkend dahin ausgelegt, dass lediglich bei entscheidungserheblichem Vorbringen ein Schriftsatznachlass einzuräumen ist. Nur wenn das Vorbringen auch bei der Entscheidung berücksichtigt werden müsste, müsse dem Gegner rechtliches Gehör gewährt werden.23 Dem kann allenfalls bei offensichtlich unerheblichem Vorbringen zugestimmt werden. Ansonsten sollte ein Schriftsatznachlass gewährt werden, der dann auch für die Entscheidung der Erheblichkeit des Vorbringens dienlich sein kann, denn oft lässt sich die Erheblichkeit erst auf Grund der Erwiderungen der Gegenpartei feststellen.24 Vorbringen ist dann nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt, wenn vorbereitende Schriftsätze nicht innerhalb der Frist des § 132 eingereicht oder erst in der mündlichen Verhandlung überreicht wurden25 oder wenn es erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wird. Es kann aber auch trotz der Einhaltung der Mindestfrist des § 132 im konkreten Fall verspätet sein, weil es längerer Zeit für die erforderlichen Erkundigungen bedurft hätte und damit ein Verstoß gegen § 282 Abs. 2 vorliegt (vgl. § 282 Rdn. 41).26 In diesem Fall muss die die Schriftsatzfrist beantragende Partei die entsprechenden Umstände darlegen, die eine Erklärungsmöglichkeit verhindert haben. Dagegen sind die gem. § 273 Abs. 2 Nr. 1 und 5, § 275 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 und 4, § 276 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 und § 277 Abs. 3 und 4 gesetzten Fristen für die Rechtzeitigkeit ohne Belang. Entscheidend für die Rechtzeitigkeit ist die Frage, ob die Gegenpartei noch genügend Zeit zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung hatte, um ihrer Erklärungspflicht gem. § 138 Abs. 2 nachkommen und umfassend zu dem Vorbringen Stellung nehmen zu können.
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2. Keine Erklärungsmöglichkeit in der mündlichen Verhandlung § 283 setzt weiter voraus, dass sich die Partei auf Grund der verspäteten Mitteilung des gegnerischen Vorbringens in der mündlichen Verhandlung nicht erklären kann.27 Das bedeutet, dass die überraschte Partei wegen der Verspätung außerstande ist, sich zum gegnerischen Vorbringen zu erklären, sei es wegen des Umfangs der überreichten Schriftsätze, wegen der Schwierigkeit der Materie oder der Notwendigkeit, Erkundigungen einzuholen oder Überprüfungen vorzunehmen. § 283 ist im Zusammenhang mit § 282 Abs. 2 zu sehen, denn die fehlende Erklärungsmöglichkeit beruht in der Regel auf einem Verstoß gegen § 282 Abs. 2. Ist die fehlende Äußerungsmöglichkeit des Prozessbevollmächtigten nicht auf die Verspä-
Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden können und berücksichtigt werden müssen; letzteres wird auch von Katzenstein ZZP 121 (2008), 41, 47 übersehen. 22 2432 1 Zöller/Greger Rdn. 2a. 2433 223 Zöller/Greger Rdn. 2a; Gaier MDR 1997, 1093, 1094; aA Schneider MDR 1998, 137 f. 2434 324 So zutreffend Schneider MDR 1998, 137 f., vgl.
auch Katzenstein ZZP 121 (2008), 41, 47 f.; aA Gaier MDR 1997, 1093 f. 4 Vgl. dazu Mayer NJW 1985, 937 f. 26 2436 5 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 13; Musielak/Foerste Rdn. 4; aA Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 2 (Rechtzeitigkeit ist allein aus § 132 zu entnehmen); Kallweit S. 133, der allein auf einen Verstoß gegen § 282 Abs. 2 abstellt. 2437 627 BFH/NV 2007, 1163, 1164. 25 2435
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tung des Vorbringens, sondern auf die mangelnde Information durch die Partei oder die fehlende Nachfrage des Prozessbevollmächtigten bei erkennbar lückenhafter Information durch die Partei zurückzuführen, so scheidet ein Schriftsatznachlass aus.28 Gleiches gilt, wenn die Partei, die auf Grund eigener Wahrnehmung zur vom Gericht geforderten Ergänzung des Tatsachenvortrags in der Lage war, trotz persönlicher Ladung (§ 141) nicht erscheint und den erschienenen Prozessbevollmächtigten zur Aufklärung des Sachverhalts nicht ausreichend informiert hat.29 Von mangelnder Information kann in den Fällen nicht ausgegangen werden, in denen das Vorbringen für die Gegenpartei nicht vorhersehbar war, so dass sie auch bei einer sorgfältigen Vorbereitung darüber keine Erkundigungen einziehen musste. Das Gericht hat darüber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, wobei daran nicht zu strenge Anforderungen30 gestellt werden dürfen, da sonst die Gefahr der Verletzung rechtlichen Gehörs droht.31 Bei Zustimmung der Gegenpartei ist die Gewährung einer Schriftsatzfrist in der Regel möglich.32 Ist die Partei trotz verspäteten Vorbringens zu Erklärungen in der Lage, so scheidet ein Schriftsatznachlass aus.33 Kann sich die Partei auf einen Hinweis des Gerichts nicht erklären, kann ihr ebenfalls ein Schriftsatznachlass gewährt werden, § 139 Abs. 5 (vgl. Rdn. 10). 3. Antrag der Partei Trotz des verspäteten Vorbringens des Gegners ist die Partei wegen der für sie bestehenden Erklärungspflicht gem. § 138 Abs. 2 nicht zur Verweigerung der Einlassung berechtigt.34 Sie hat nur das Recht, ihre Erklärung in angemessener Frist nachzuholen, wenn sie nicht sofort Stellung nehmen kann.35 Sie muss deshalb, wenn sie verhindern will, dass das Vorbringen des Gegners gem. § 138 Abs. 3 als zugestanden angesehen wird, einen Antrag auf Gewährung eines Schriftsatznachlasses stellen. In einem Antrag auf Vertagung ist als minus ein Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist gem. § 283 enthalten.36 Wird kein Antrag gestellt, muss das Gericht die Partei zur Erklärung auffordern und wenn diese dazu nicht in der Lage ist, einen Antrag gem. § 283 anregen (§ 139).37 Eine Anordnung von Amts wegen kommt nicht in Betracht.38 Nimmt die Partei trotz des Hinweises des Gerichts keine Stellung zu den verspäteten Behauptungen des Gegners und stellt auch nicht den Antrag gem. § 283, dann gilt das verspätete Vorbringen als zugestanden (§ 138 Abs. 3).39 Die Partei kann durch Unterlassen der Antragstellung das Gericht nicht zur Zurückweisung des verspäteten Vorbringens zwingen.40 2438 128 BVerfG NJW 1992, 2144. 2439 229 LG Berlin NJW 2004, 781, 782. 2440 330 Fuhrmann S. 28; Katzenstein ZZP 121 (2008), 41, 49 f.; bedenklich Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 7. 2441 431 Vgl. Zuck NJW 2005, 3753, 3756. 2442 532 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 15; MünchKomm/ Prütting Rdn. 10. 2443 633 OLGR Braunschweig 1995, 146. 34 2444 7 BVerfG NJW 1989, 705; BVerfG NJW 1980, 277; BGHZ 94, 195, 213 = NJW 1985, 1539, 1543; KG NJW 1983, 580; OLG München OLGZ 1979, 479, 480. 2445 835 KG NJW 1983, 580; OLG München OLGZ 1979, 479, 480. 36 2446 9 OLG Köln NJW-RR 1998, 1076; MünchKomm/
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Prütting Rdn. 12; aA Baumbach/Lauterbach/ Hartmann Rdn. 10; Musielak/Foerste Rdn. 6. 37 2447 10 BGHZ 94, 195, 213 = NJW 1985, 1539, 1543; OLG Hamm MDR 1992, 186; MünchKomm/ Prütting Rdn. 12; einschränkend Baumbach/ Lauterbach/Hartmann Rdn. 10. 38 2448 11 Zu weitgehend BVerfG Beschl. v. 22.9.1995 – 1 BvR 84/93 –, das im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes auch ohne ausdrücklichen Antrag des Gegners die Einräumung einer Schriftsatzfrist erwägt, wenn zweifelsfrei erkennbar ist, dass die eine Partei die Berücksichtigung ihres Erwiderungsvorbringens erstrebte und das Vorbringen nur auf diese Weise Berücksichtigung hätte finden können. 39 2449 12 Mayer NJW 1985, 937, 939.
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V. Entscheidung über den Antrag Das Gericht entscheidet über den Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen.41 Zuständig für diese Entscheidung ist das Gericht. Die Frist kann mangels abweichender gesetzlicher Regelung nur von dem Kollegialgericht verlängert werden, wenn ein solches über den Antrag auf Schriftsatznachlass entschieden hat.42 Liegen die Voraussetzungen des § 283 vor, so muss das Gericht dem Gegner rechtliches Gehör gewähren.43 Ist damit zu rechnen, dass der Rechtsstreit trotz der Erwiderung zur Entscheidung reif ist, ist dem Gegner gem. § 283 eine Schriftsatzfrist einzuräumen und gleichzeitig Verkündungstermin anzuberaumen. Lässt sich jedoch bereits jetzt absehen, dass noch eine weitere Erörterung des Sach- und Streitstands erforderlich wird, ist zu vertagen (§ 227).
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1. Ablehnung einer Schriftsatzfrist Liegen die Voraussetzungen des § 283 nicht vor, sei es, dass das Vorbringen rechtzeitig mitgeteilt worden ist oder der Gegner sich bei ordnungsgemäßer Terminsvorbereitung hätte erklären können, kann das Gericht die Gewährung eines Schriftsatznachlasses durch Beschluss oder in den Urteilsgründen verweigern. Aus Gründen der Rechtssicherheit für die Parteien ist ein ausdrücklicher Ablehnungsbeschluss des Gerichts vorzugswürdig.44 Liegen die Voraussetzungen des § 283 erkennbar nicht vor, sollte das Gericht darauf zumindest hinweisen. Dem Antragsteller ist in diesem Fall zu raten, die Flucht in die Säumnis anzutreten, um die Möglichkeit eines weiteren Vortrags zu erhalten.45 Es empfiehlt sich daher, den Antrag auf Schriftsatznachlass vor den Sachanträgen zu stellen. Eine Zurückweisung des Antrags auf Schriftsatznachlass mit der Begründung, dass das verspätete Vorbringen ohnehin zurückgewiesen wird und es auf die Erklärung des Gegners nicht mehr ankomme, ist nicht möglich, weil erst die Erklärung endgültig Aufschluss über die Verzögerung bringen kann (vgl. Rdn. 47 f.).46
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2. Gewährung einer Schriftsatzfrist Das Gericht bestimmt durch Beschluss eine Frist, in der die den Antrag stellende Partei die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann. Die Frist ist je nach Sachlage so zu bemessen, dass die den Antrag stellende Partei zur sachgemäßen Erwiderung unter zumutbaren Bedingungen in der Lage ist. Es handelt sich um eine richterliche Frist, die gem. §§ 224 Abs. 2, 225 vom Gericht, nicht vom Vorsitzenden,47 verlängert werden kann. Eine wiederholte Verlängerung ist jedoch nur nach Anhörung des Gegners zulässig (§ 225 Abs. 2).48 Sie ist keine Notfrist, so dass bei Versäumung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist (§ 233).49 Eine Belehrung darüber, dass bei Fristversäumung der Vortrag nicht mehr berücksichtigt werden muss, ist nicht erforderlich.50 2450 140 BGHZ 94, 195, 214 = NJW 1985, 1539, 1543; OLG München MDR 1980, 148, 149. 41 2451 2 BVerfG NJW 1987, 2733, 2734; zu weit geht Deubner NJW 1985, 1140, 1141, der zumindest bei einem Antrag der Partei, die sich nicht erklären kann, das Gericht für verpflichtet hält, einen Schriftsatznachlass zu gewähren. 2452 342 BGH NJW 1983, 2030 f.
2453 443 Kallweit S. 133. 2454 544 Zöller/Greger Rdn. 4a. 45 2455 6 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 13. 46 2456 7 Vgl. auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4 f., 20. 2457 847 BGH NJW 1983, 2030 f. 2458 948 BGH NJW 1983, 2030. 49 2459 10 Hartmann AnwBl 1977, 90, 95. 50 2460 11 BVerfG NJW 1987, 2733, 2734.
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Wenn nicht sofort erkennbar ist, ob sich der Gegner in der mündlichen Verhandlung hätte bereits erklären können, kommt ein vorsorglich eingeräumtes Erwiderungsrecht in Betracht, das nicht berücksichtigt wird, wenn der gegnerische Schriftsatz kein neues Vorbringen enthält.51 Das Gericht kann nur dem Gegner, der sich nicht erklären kann, ein Schriftsatzrecht einräumen,52 nicht jedoch dem verspätet Vortragenden auf den nachgereichten Schriftsatz eine weitere Schriftsatzfrist gewähren.53 Letzteres würde einen unzulässigen Übergang in das schriftliche Verfahren bedeuten.54 Dies gilt nicht, wenn beide Parteien verspätet vorgetragen haben. In diesem Fall kann das Gericht neben einer Vertagung beiden Parteien jeweils ein Schriftsatzrecht einräumen, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 283 bei beiden Parteien vorliegen und nur zufällig zusammenfallen.55 Allerdings ist eine Vertagung in diesem Fall vorzugswürdig.56 Wird ein Schriftsatznachlass eingeräumt, obwohl die Voraussetzungen des § 283 nicht vorliegen, verstößt dies gegen den Grundsatz der Mündlichkeit, da es sich dann um ein gemischt schriftliches Verfahren handelt. Dennoch ist der Inhalt des Schriftsatzes zu berücksichtigen, wenn das Gericht die Voraussetzungen irrtümlich angenommen und die Gegenpartei auf die Rüge des Verstoßes gem. § 295 verzichtet hat. Dazu ist aber die Wiedereröffnung der Verhandlung erforderlich.57 3. Anberaumung eines Verkündungstermins
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Gleichzeitig hat das Gericht gem. § 283 Abs. 1 S. 1 einen Verkündungstermin (§ 310) anzuberaumen (vgl. Rdn. 23).
VI. Berücksichtigung der Erklärung
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Inwieweit das Gericht die nachgereichte Erklärung bei seiner Entscheidung berücksichtigen muss, hängt zum einen vom Inhalt und zum anderen davon ab, ob sie innerhalb der Schriftsatzfrist oder danach eingegangen ist. 1. Umfang der Erklärungsmöglichkeit
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Die Partei kann in ihrer Erklärung das Vorbringen durch substantiierte Gegenbehauptungen bestreiten oder die Behauptungen des Gegners zugestehen oder diesen mit selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln entgegentreten.58 Dabei ist zu beachten, dass es sich nur um eine Erwiderung handeln darf, weitere Ausführungen sind unzulässig und unbeachtlich.59 Der Partei ist es deshalb nicht gestattet, in der 2461 151 BGH NJW 1965, 297 f.; Katzenstein ZZP 121 (2008), 41, 57 ff. 2462 252 Bender/Belz/Wax/Bender Das Verfahren nach der Vereinfachungsnovelle und vor dem Familiengericht (1977), Rdn. 60; Prechtel S. 347. 2463 353 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 8; Katzenstein ZZP 121 (2008), 41, 43. 2464 454 Vgl. BGH NJW 1965, 297, 298 aE (zur Gewährung eines beidseitigen Schriftsatznachlasses ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 272a a.F. auch nur für eine Partei); OLG Schleswig SchlHA 1983, 182; OLG München WRP 1972, 41, 42. 2465 555 Vgl. Zöller/Greger Rdn. 3, der allerdings OLG
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München WRP 1972, 41, 42, zu Unrecht als aA anführt. In dieser Entscheidung geht es um eine Äußerung in einem verspäteten Schriftsatz auf einen vorher verspäteten, wobei das OLG München die erste Verspätung wegen der Antwort als obsolet betrachtet hat. 56 2466 6 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 8 Fn. 16. 57 2467 7 So BAG AP Nr. 1 zu § 288 ZPO; OLG Köln JMBL 1969, 281; OLG Neustadt JR 1960, 263; OLG Nürnberg NJW 1949, 29; Stein/Jonas/ Leipold21 Rdn. 9; Katzenstein ZZP 121 (2008), 41, 62 f. 2468 858 BGH NJW 1965, 297, 298; Fuhrmann S. 28. 2469 959 BGH FamRZ 1979, 573, 575; BGH LM Nr. 7 zu
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Erklärung neue Behauptungen aufzustellen, die nicht durch das verspätete Vorbringen veranlasst, sondern bereits in der mündlichen Verhandlung hätten vorgebracht werden können,60 wie etwa die Rüge eines Prozesshindernisses.61 Soweit Angriffs- und Verteidigungsmittel bereits im Termin verspätet gewesen wären, bleiben sie das auch im nachgelassenen Schriftsatz.62 Auch geänderte oder neue Sachanträge dürfen nicht berücksichtigt werden,63 z.B. eine während der Frist eingereichte Widerklage, die trotz Zustellung unbeachtlich bleibt, oder andere prozessuale Erklärungen, durch die der Streitgegenstand geändert wird.64 Will das Gericht Vorbringen, das außerhalb des oben aufgezeigten Rahmens einer Erwiderung liegt, dennoch berücksichtigen, muss es die mündliche Verhandlung gem. § 156 wieder eröffnen,65 um dem Gegner rechtliches Gehör zu gewähren.66 Eine solche Wiedereröffnung ist nach den Grundsätzen der Waffengleichheit geboten, wenn neue Sachanträge (Klageänderungen, Widerklagen) gerade durch das verspätete Vorbringen des Gegners veranlasst wurden.67 Gleiches gilt, soweit ein neuer, nachgeschobener, also eigentlich nicht mehr verwertbarer Sachvortrag auf einer Verletzung des § 139 beruht.68 Im Übrigen steht die Wiedereröffnung gem. § 156 Abs. 1 im freien Ermessen des Gerichts.69 Ist der Partei kein Schriftsatznachlass gewährt worden und trägt diese neues Vorbringen in einem nachgereichten Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor, gehört dieses nicht zum prozessual wirksamen Parteivortrag und wird nicht berücksichtigt.70
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2. Erklärung innerhalb der Frist Geht der Schriftsatz innerhalb der gesetzten Frist ein, muss das Gericht die Erklärung auf das verspätete Vorbringen des Gegners berücksichtigen (§ 283 S. 2). Ein Ermessensspielraum besteht nicht.71 Entscheidend für den Eingangszeitpunkt ist derjenige, zu dem der Schriftsatz in die Verfügungsgewalt des Gerichts kommt.72 Nur soweit die Erklärung durch das verspätete Vorbringen veranlasst ist, ist sie zu berücksichtigen.73 Sie kann in der Entscheidung so verwertet werden, als ob sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden wäre. § 242 (A) BGB; BGH NJW 1965, 297; BGH NJW 1966, 1657, 1958; OLG München NZG 2000, 202, 203. 2470 160 BGH ZIP 1992, 684, 686; BGH FamRZ 1979, 573, 575; BGH NJW 1966, 1657, 1658; BGH NJW 1965, 297, 298; OLG München NZG 2000, 202, 203; Gaier MDR 1997, 109; Walchshöfer NJW 1972, 1028, 1031. 61 2471 2 BGH NJW 1966, 1657, 1658. 62 2472 3 Fuhrmann S. 28. 2473 463 BGH FamRZ 1979, 573, 575 (Klageänderung); BGH NJW 1966, 1657, 1658 (neue Klageforderung); OLG München MDR 1981, 502; LAG Chemnitz Urt. v. 19.2.2003 – 3 Sa 1064/01; Fischer NJW 1994, 1315, 1319. 64 2474 5 BGH FamRZ 1979, 573, 575. 65 2475 6 OLG Koblenz NJW-RR 2001, 65; vgl. OLGR Zweibrücken 2000, 221; zur Behandlung von Sachanträgen nach Schluss der mündlichen Verhandlung vgl. Schur ZZP 114 (2001), 139 ff. 2476 766 OLG Koblenz NJW-RR 2001, 65. 2477 867 BGH NJW 1993, 134; Musielak/Foerste Rdn. 12;
Schur ZZP 114 (2001), 319, 328 f.; Walchshöfer NJW 1972, 1028, 1030 (Wiedereröffnung steht nicht in freiem Ermessen des Gerichts). 2478 968 Vgl. BGH NJW 2000, 142, 143; BGH NJW 1993, 134; OLGR Düsseldorf 2004, 394, 396; vgl. OLGR Stuttgart 2003, 69, 74; LG Stuttgart Urt. v. 21.3.2006 –15 O 33/06; vgl. zur Wiedereröffnungspflicht bei Verfahrensfehlern Fischer NJW 1994, 1315, 1317 f. 69 2479 10 Vgl. BGH NJW 2004, 3102, 3103; Stein/Jonas/ Roth § 156 Rdn. 10; Walchshöfer NJW 1972, 1028, 1030 f.; aA BGH NJW 2000, 142, 143; OLGR Stuttgart 2003, 69, 74; Schneider MDR 1990, 122. 70 2480 11 OLG Köln NJW-RR 1991, 1365. 71 2481 12 BVerfGE 58, 353, 356 = NJW 1982, 30. 72 2482 13 BVerfGE 52, 203, 209 = NJW 1980, 580, 581; OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 319. 73 2483 14 BGH NJW 1993, 134; BGH NJW 1966, 1657, 1658; BGH NJW 1965, 297, 298; LG Berlin MDR 1984, 58; Walchshöfer NJW 1972, 1028, 1030; vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/2729 S. 75.
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Für die Berücksichtigung ist es nicht erforderlich, dass der nachgelassene Schriftsatz dem Gegner vor der Verkündung der Entscheidung zugestellt oder mitgeteilt worden ist. Zwar muss der Schriftsatz an den Gegner übermittelt werden.74 Eine Erwiderung darauf ist jedoch nicht mehr möglich,75 so dass es auf den Zeitpunkt der Übermittlung nicht ankommt (vgl. Rdn. 28).76 Es besteht lediglich die Möglichkeit, das Verfahren gem. § 156 wieder zu eröffnen (Rdn. 33). Aus § 283 S. 2 ergibt sich, dass nur eine Berücksichtigung bei der Entscheidung in Betracht kommt. Wird ein Beweisbeschluss erforderlich, muss zumindest gleichzeitig das Verfahren wieder eröffnet werden (vgl. Rdn. 42).77 War in dem verspäteten Schriftsatz, was im Zeitpunkt der Entscheidung nicht abzusehen war, kein neues Vorbringen enthalten, so ist eine Berücksichtigung des nachgelassenen Schriftsatzes nur möglich, soweit darin auf das bisherige Vorbringen des Gegners durch eine zusammenfassende und allenfalls erläuternde bzw präzisierende Wiederholung des eigenen Vorbringens geantwortet wird.78 Wird ein fristgemäß eingereichter Schriftsatz entgegen § 283 S. 2 nicht berücksichtigt, verstößt dies gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (vgl. zur Abhilfe Rdn. 45).79 3. Verspätete Erklärung
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Eine zwischen dem Ablauf der Erklärungsfrist und dem Verkündungstermin eingereichte Erklärung kann das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen berücksichtigen oder nicht.80 Eine Berücksichtigung bietet sich dann an, wenn die Erklärung die Entscheidung fördert oder jedenfalls nicht hindert81 oder wenn andernfalls eine Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 erforderlich wäre.82 Eine solche Pflicht würde bei vorangegangenen Verfahrensfehlern des Gerichts bestehen, die sich nicht anders beheben lassen.83 Da § 283 S. 2 auch dem Zweck dient, durch Berücksichtigung verspäteten Vorbringens eine andernfalls gebotene Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 und die damit verbundene Verfahrensverzögerung zu verhindern,84 muss in diesem Fall das Vorbringen berücksichtigt werden.85 Ist die Frist nur unwesentlich überschritten oder kann die Überschreitung entschuldigt werden, sollte der Vortrag verwertet werden.86 Dies gilt erst recht, wenn das Gericht für die Fristüberschreitung mitverantwortlich ist.87 Wird der Schriftsatz nicht mehr berücksichtigt, ist Entscheidungsgrundlage nur das in der mündlichen Verhandlung Vorgebrachte. Eine Behauptung des Gegners, die in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten wurde, bleibt deshalb unbestritten (§ 138 Abs. 3). Diese in § 272a S. 2 a.F. enthaltene und immer noch geltende Aussage wurde als überflüssig angesehen und deshalb gestrichen.88 2484 174 Fischer NJW 1994, 1315, 1320. 2485 275 Prechtel S. 348; Knöringer NJW 1977, 2236, 2238 Fn. 25. 2486 376 Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/2729 S. 75. 77 2487 4 Vgl. Knöringer NJW 1977, 2336, 2339. 2488 578 Vgl. dazu BGH NJW 1965, 297, 298. 2489 679 Vgl. BVerfGE 58, 353, 356 = NJW 1982, 30; BVerfGE 11, 218, 220 = MDR 1960, 734. 2490 780 Anders die vor der Gesetzesänderung vertretene h.M., OLG München NJW 1971, 2178. 2491 881 Schneider MDR 1977, 1, 3.
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2492 982 Fischer NJW 1994, 1315, 1319; Franzki DRiZ 1977, 161, 166. 83 2493 10 BGH WM 1979, 587, 588; BGHZ 53, 245, 262 = NJW 1970, 946, 950; OLG Schleswig OLGZ 1981, 245, 247; OLG Köln OLGZ 1980, 356, 358. 84 2494 11 BGH NJW 1983, 2030, 2031 f.; vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/2729 S. 75. 85 2495 12 BGH NJW 1983, 2030, 2031 f. 86 2496 13 Vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/2729 S. 75. 87 2497 14 BGH NJW 1983, 2030, 2031 f. 88 2498 15 Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/2729 S. 75.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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VII. Entscheidung zur Sache Die weitere Vorgehensweise des Gerichts nach der Einbeziehung des nachgelassenen verwertbaren bzw unverwertbaren Schriftsatzes ergibt sich aus der Prozesslage. Ist die Sache noch nicht entscheidungsreif, so hat das Gericht idR die Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156),89 so etwa bei einer notwendig gewordenen Beweisaufnahme oder aus anderen Gründen (vgl. Rdn. 33). Ergeht ein Endurteil, so wird bei Gewährung eines Schriftsatznachlasses der Schluss der mündlichen Verhandlung für die nachtragende Partei auf den Zeitpunkt des Fristablaufs90 bzw auf den Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht verschoben, wenn das Vorbringen berücksichtigt worden ist. Bedeutung hat dies vor allem für den Zeitpunkt gem. §§ 323 Abs. 2, 767 Abs. 2, nicht aber für die Überleitungsvorschrift des § 26 Nr. 5 EGZPO.91 Bei Nichtberücksichtigung eines Schriftsatzes sind im Urteil die Gründe hierfür darzulegen.92
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VIII. Rechtsmittel Die Entscheidung über den Antrag gem. § 283 – sowohl die positive als auch die negative – ist nicht durch Beschwerde gem. § 567 selbständig anfechtbar, da der Beschluss auf Grund mündlicher Verhandlung ergeht.93 Verstöße gegen § 283 können daher nur im Rahmen der Rechtsmittel gegen das Endurteil überprüft werden. Bei der Verletzung rechtlichen Gehörs hat das erstinstanzliche Gericht, soweit eine Berufung unzulässig ist, der Beschwerde nach § 321a abzuhelfen.94
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IX. Verhältnis § 283 zu § 296 In der Regel beruht die fehlende Erklärungsmöglichkeit der Partei auf einem Verstoß des Gegners gegen § 282 Abs. 2. Dies kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 zu einer Nichtberücksichtigung des Vorbringens, für das ein Schriftsatznachlass beantragt ist, führen. Hier könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass ein Schriftsatznachlass überflüssig ist, wenn das Vorbringen sowieso nach § 296 Abs. 2 zurückgewiesen wird. Diese Sichtweise wäre jedoch verfehlt. Oft lässt sich erst auf Grund des Inhalts des nachgelassenen Schriftsatzes feststellen, ob wirklich eine Verzögerung eintritt.95 Wird der verspätete Vortrag vom Gegner nicht bestritten, kann er als zugestanden behandelt werden, so dass eine Verzögerung 2499 189 Stein/Jonas/Roth § 156 Rdn. 9; Thomas/Putzo/ Reichold § 156 Rdn. 5. 2500 290 OLG Schleswig SchlHA 1986, 91; Schur ZZP 114 (2001), 319, 323; Fischer NJW 1994, 1315, 1319. 2501 391 BGH NJW-RR 2003, 1649 f.; BGHZ 152, 304, 306 = NJW 2003, 434, 435 mit zust. Anm. Burgmeister BGHR 2003, 145 f. 92 2502 4 Zöller/Greger Rdn. 8. 93 2503 5 Stein/Jonas/Schumann21 Rdn. 22; HK-Saenger Rdn. 9. 2504 694 Mit der Einfügung des § 321a durch das ZPORG vom 22.7.2001 (BGBl I. S. 1887, 1892 f.) ist die frühere Rechtsprechung mancher Landge-
richte (LG Dortmund NJW 1986, 2959; LG Hannover NJW-RR 1989, 382; LG Münster NJWRR 1989, 382), die die Berufung trotz fehlender Streitwerthöhe wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs zugelassen haben, obsolet geworden. 95 2505 7 BGH NJW 1985, 1556, 1558; BAG NJW 1989, 2213, 2214; OLG Brandenburg NJW-RR 1998, 498; OLG Düsseldorf MDR 1985, 417; OLG München OLGZ 1979, 479, 480; Meyke Darlegen und Beweisen im Zivilprozeß2 (2001) Rdn. 26; Prechtel S. 350.
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nicht vorliegt. Deshalb muss dem Gegner eine Schriftsatzfrist gem. § 283 gewährt werden.96 Die durch verspätetes Vorbringen veranlasste Notwendigkeit, eine Schriftsatzfrist gem. § 283 zu gewähren, stellt für sich allein noch keine Verzögerung dar.97 Zumeist wird ohnehin ein Verkündungstermin anberaumt, so dass die Zeit bis zu diesem Termin als Schriftsatzfrist genutzt werden kann, ohne dass es zu einer Verzögerung kommt.98 Selbst wenn diese Zeit nicht ausreichend ist und der Verkündungstermin verschoben werden müsste, stellt dies keine Verzögerung dar, da die Hinausschiebung der Erledigung um einen solchen kurzen Zeitraum auch sonst bei Anberaumung eines Verkündungstermins gesetzlich vorgesehen (§ 310) und von den Parteien hinzunehmen ist.99 Aus der Formulierung des § 283 geht auch nicht hervor, dass dieser nur auf gem. § 296 zulässiges Vorbringen Anwendung findet. Beide Vorschriften sind deshalb nebeneinander anzuwenden, so dass der Entscheidung gem. § 296 stets die Gewährung eines Schriftsatznachlasses voranzugehen hat.100 Die Vorschriften über die Zurückweisung wegen Verspätung dienen nicht dem Zweck, dem Gegner die gem. § 138 Abs. 2 erforderliche Einlassung zu ersparen, sondern nur einer durch eine eventuell notwendige Beweisaufnahme bedingten Verzögerung vorzubeugen.101 Kann die Verzögerung des Rechtsstreits durch die Einräumung einer Erklärungsfrist vermieden werden, muss das Gericht die Partei zur Erklärung (§ 138 Abs. 2) auffordern und auf die Möglichkeit eines Schriftsatznachlasses hinweisen.102 Nimmt die Partei trotz des Hinweises des Gerichts keine Stellung zu den verspäteten Behauptungen des Gegners und stellt auch nicht den Antrag gem. § 283, dann gilt das verspätete Vorbringen als zugestanden (§ 138 Abs. 3)103 mit der Folge, dass mangels Verzögerung keine Zurückweisung des Vorbringens gem. § 296 in Betracht kommt.104 Eine Erklärung mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ist jedenfalls durch den Prozess2506 196 BGH NJW 1985, 1556, 1558; OLG Brandenburg NJW-RR 1998, 498; OLG Karlsruhe NJW 1984, 618, 619; aA OLG Hamm MDR 1986, 766 bei verspäteter Nennung eines Zeugen; Mayer NJW 1985, 937, 940 bei umfangreichen Schriftsätzen, von denen weder das Gericht noch der Gegner in der mündlichen Verhandlung Kenntnis nehmen können. Diese sind seiner Ansicht nach sofort zurückzuweisen, wenn die Voraussetzungen für eine Vertagung nicht vorliegen. 2507 297 BGHZ 94, 195, 213 f. = NJW 1985, 1539, 1543; BGH NJW 1985, 1556, 1558; BAG NJW 1989, 2213, 2214; OLG Hamm NJW-RR 1994, 958; OLG Köln VersR 1989, 278, 279; OLG Schleswig SchlHA 1988, 94, 95; OLG Düsseldorf NJW 1987, 507, 508; OLG Frankfurt NJW 1987, 1089, 1090; OLG Karlsruhe MDR 1987, 241; KG NJW 1983, 580; OLG München MDR 1980, 148; Stein/ Jonas/Leipold21 Rdn. 5; MünchKomm/Prütting Rdn. 4; vgl. Musielak/Foerste Rdn. 10; Mayer NJW 1985, 937, 939 (keine Verzögerung iSd § 296); Weth Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Zivilproze (1988), S. 243 ff. mwN; aA OLG Stuttgart NJW 1984, 2538; OLG Schleswig SchlHA 1979, 22, 23; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 3. 2508 398 BVerfG NJW 1989, 705. 2509 499 OLG Schleswig SchlHA 1988, 94, 95; KG NJW
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1983, 580; Hensen NJW 1984, 1672; Mayer NJW 1985, 937, 939. 100 2510 5 OLG Frankfurt NJW 1987, 1089, 1090 unter Hinweis auch auf den Gesetzeszweck der Zurückweisungsvorschriften; OLG Karlsruhe NJW 1984, 618, 619. Zu weit geht allerdings Deubner NJW 1981, 2255, 2256 und NJW 1985, 1140, 1141, nach dessen Ansicht die Verletzung der Ankündigungspflicht gem. § 282 Abs. 2 auf Grund der schriftlich nachgeholten Erklärung ohne Folgen bleibe (der Gegner hat sich nun erklärt) und damit die Anwendbarkeit des § 296 Abs. 2 entfalle. Einschränkend Kallweit S. 136 f. für den Fall, dass mit dem Schriftsatznachlass die Entscheidungsreife hergestellt werden kann. Kann die Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens sowieso erst in einem weiteren Termin erfolgen, sei § 296 Abs. 2 gleich anzuwenden. 101 62511 KG NJW 1983, 580. 102 72512 BGHZ 94, 195, 214 = NJW 1985, 1539, 1543; OLG Naumburg NJW-RR 1994, 704; OLG Hamm NJW-RR 1994, 958; OLG Hamm MDR 1992, 186; OLG Köln VersR 1989, 278, 279; Hensen NJW 1984, 1672. 103 82513 Kallweit S. 138; Mayer NJW 1985, 937, 939. 104 92514 BGHZ 94, 195, 214 = NJW 1985, 1539, 1543; OLG Naumburg NJW-RR 1994, 704; OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 1405, 1406.
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Vor § 284
bevollmächtigten nicht möglich, da es auf das Wissen der Partei ankommt.105 Die Partei kann die Zurückweisung als verspätet nicht dadurch erzwingen, dass sie keinen Antrag nach § 283 stellt.106 Unterlässt das Gericht den gebotenen Hinweis und nimmt es sich dadurch selbst die Möglichkeit, zu einer abschließenden Beurteilung der Frage der Verzögerung zu gelangen, so darf das Gericht das Vorbringen der Gegenpartei nicht als verspätet zurückweisen.107 Wird ohne Schriftsatzfrist zurückgewiesen, so liegt darin ein Verfahrensfehler. Dieser kann nicht als unbeachtlich angesehen werden, selbst wenn sich aus dem Vorbringen des Gegners in der Berufungsinstanz ergibt, dass eine Zurückweisung auch bei Gewährung eines Schriftsatznachlasses gem. § 283 erfolgt wäre.108 Nach Ablauf der Schriftsatzfrist und einer Berücksichtigung der gegnerischen Erklärung im oben dargestellten Umfang (Rdn. 35 ff.) hat das Gericht dann über eine mögliche Zurückweisung des Vorbringens nach § 296 zu entscheiden. Eine Zurückweisung als verspätet kommt nur dann in Betracht, wenn die Partei das verspätete Vorbringen bestreitet, deshalb der Rechtsstreit auf Grund der dadurch erforderlichen Wiedereröffnung des Verfahrens verzögert wird und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.109
Vorbemerkungen vor § 284 (Mitwirkungspflichten bei der Beweisaufnahme) Schrifttum Adloff Vorlagepflichten und Beweisvereitelung im deutschen und französischen Zivilprozeß, 2007; P. Arens Zur Aufklärungspflicht der nicht beweisbelasteten Partei, ZZP 96 (1983) 1; Baumgärtel Die Beweisvereitelung im Zivilprozeß, FS Kralik (1986) S. 63; Bornkamm Der Schutz vertraulicher Informationen im Gesetz zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums − In-Camera-Verfahren im Zivilprozeß, FS Ullmann (2006) S. 893; Dreier Kompensation und Prävention, 2002, Kapitel 15: Informationsermittlung zu Substantiierungs- und Beweiszwecken; Gerhardt Beweisvereitelung im Zivilprozeßrecht, AcP 169 (1969) 289; v. Hartz/Schuster Ist ein allgemeiner komplementärer Auskunftsanspruch zur Informationsbeschaffung im Zivilprozeß erforderlich? VersR 2003, 1366; Hausch Einige kritische Anmerkungen zu den Beweiserleichterungen für den Patienten bei unterlassener Befunderhebung und -sicherung, VersR 2003, 1489; Hay Informationsbeschaffung über schriftliche Unterlagen und Augenscheinsobjekte im Zivilprozeß unter besonderer Berücksichtigung des anglo-amerikanischen Rechts, in: Schlosser (Hrsg.), Die Informationsbeschaffung für den Zivilprozeß, Veröffentlichungen der Wiss. Vereinigung für Internationales Verfahrensrecht, Band 8 1996, S. 1; Huff Videoüberwachung im öffentlichen und privaten Bereich, JuS 2005, 896; Katzenmeier Aufklärungs-/Mitwirkungspflicht der nicht beweisbelasteten Partei im Zivilprozeß, JZ 2002, 533; Kiethe Auskunft und sekundäre Behauptungslast − Anspruchsdurchsetzung bei ungeklärten Sachverhalten, MDR 2003, 781; ders. Die Abgrenzung von zulässigem Sachvortrag und strafbewehrtem Geheimnisschutz im Zivilprozeß, JZ 2005, 1034; Kürschner Parteiöffentlichkeit vor Geheimnisschutz im Zivilprozeß, NJW 1992, 1804; Lachmann Unternehmensgeheimnisse im Zivilrechtsstreit, dargestellt am Beispiel des
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1 Mayer NJW 1985, 937, 939. 106 22516 BGHZ 94, 195, 214 = NJW 1985, 1539, 1543; OLG Naumburg NJW-RR 1994, 704; OLG Hamm MDR 1992, 186; OLG Köln VersR 1989, 278, 279; OLG München OLGZ 1979, 479, 480. 107 32517 BGHZ 94, 195, 214 = NJW 1985, 1539, 1543; OLG Düsseldorf NJW 1987, 507, 508. 108 42518 BAG NJW 1989, 2213, 2214; OLG Düsseldorf
NJW 1987, 507, 508; LG Münster MDR 1990, 1021; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5; aA KG NJW 1983, 580, 581; LG Berlin NJW-RR 1992, 958, 959. 2519 5109 Vgl. BGHZ 94, 195, 213 = NJW 1985, 1539, 1543; BAG NJW 1989, 2213, 2214; OLG Brandenburg NJW-RR 1998, 498; OLG Hamm NJW-RR 1994, 958; OLG Naumburg NJW-RR 1994, 704.
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EDV-Prozesses, NJW 1987, 2206; Johannes Lang Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung, 1999; Sonja Lang Die Urkundenvorlagepflichten der Gegenpartei gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 2007; Leppin Besichtigungsanspruch und Betriebsgeheimnis (Teil II), GRUR 1984, 695; Stephan Lorenz Auskunftsansprüche im Bürgerlichen Recht, Jus 1995, 569; Lützenkirchen Besichtigungsrechte des Vermieters von Wohn- oder Gewerberaum, NJW 2007, 2152; Mayen Geheimnisschutz im Geheimverfahren, AnwBl. 2002, 495; Melullis Zum Besichtigungsanspruch im Vorfeld der Feststellung einer Verletzung von Schutzrechten, FS Tilmann (2003) S. 843; Messer Der Schutz des Schwächeren im Zivilprozeß, in: Geiß/Nehm/Brandner/Hagen (Hrsg.), FS aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof, S. 67; E. Peters Beweisvereitelung und Mitwirkungspflicht des Beweisgegners, ZZP 82 (1969), 200; ders. Auf dem Wege zu einer allgemeinen Prozeßförderungspflicht der Parteien? FS Schwab (1990) S. 399; Prütting/Weth Geheimnisschutz im Prozeßrecht, NJW 1993, 576; Prütting Discovery im deutschen Zivilprozeß?, AnwBl 2008, 153; Rüßmann Moderne Elektroniktechnologie und Informationsbeschaffung im Zivilprozeß, in: Schlosser (Hrsg.), Die Informationsbeschaffung für den Zivilprozeß, Veröffentlichungen der Wiss. Vereinigung für Internationales Verfahrensrecht, Band 8 1996, S. 137; Schaaff Discovery und andere Mittel der Sachverhaltsaufklärung im englischen Pre-Trial-Verfahren im Vergleich zum deutschen Zivilprozeß, 1983; Schlosser Die lange deutsche Reise in die prozessuale Moderne, JZ 1991, 599; ders. Das Bundesverfassungsgericht und der Zugang zu den Informationsquellen im Zivilprozeß, NJW 1992, 3275; Schulte (In-)Kompetenzen des Verwaltungsrichters bei der örtlichen Augenscheinseinnahme, NJW 1988, 1006; Stadler Der Schutz von Unternehmesgeheimnissen im Zivilprozeß, NJW 1989, 1202; Steeger Die Zivilprozessuale Mitwirkungspflicht der Parteien beim Urkunden- und Augenscheinsbeweis, Diss. jur. FU Berlin, 1980; Stürner Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, 1976; ders. Parteipflichten bei der Sachverhaltsaufklärung im Zivilprozeß, ZZP 98 (1985), 237; ders. Die gewerbliche Geheimsphäre im Zivilprozeß, JZ 1985, 453; Tilmann/Schreibauer Beweissicherung vor und im Patentverletzungsprozeß, FS Erdmann (2002) S. 901; Tilmann Beweissicherung nach europäischem und deutschem Recht, FS Ullmann (2006) S. 1013; Wagner Urkundenedition durch Prozeßparteien − Auskunftspflicht und Weigerungsrechte, JZ 2007, 706; Waterstraat Informationspflichten der nicht risikobelasteten Partei im Zivilprozeß, ZZP 118 (2005) 459. S. ferner Schrifttum bei § 420.
Übersicht Rdn I. Duldungs- und Mitwirkungspflichten bei der Beweiserhebung: Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . 1. Die Notwendigkeit von Mitwirkungsregelungen . . . . . . . . 2. Gesetzeslage bis zur ZPO-Reform 2001 . . . . . . . . . . . . . 3. Der Weg zur Reform des Jahres 2001: Entwicklung der rechtspolitischen Diskussion . . . . . . . a) Der rechtliche Mangel . . . . b) Vorschläge der Kommission für Zivilprozessrecht . . . . . . c) Der 61. Deutsche Juristentag 1996 . . . . . . . . . . . . 4. Die ZPO-Reform 2001 . . . . . II. Mitwirkungspflichten der Parteien und Dritter: Wandel des konzeptionellen Verständnisses . . . . . .
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1 1 2 3 3 4 6 8
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Rdn 1. Kontroverse Grundkonzeptionen zur Stoffsammlung . . . . . . . 2. Weigerung des Beweisführers/der beweisbelasteten Partei . . . . . 3. Mitwirkungspflichten des Beweisgegners . . . . . . . . . . . . a) Folgen unberechtigter Mitwirkungsverweigerung . . . . . . b) Grundlage und Reichweite der Mitwirkungspflichten . . . . . aa) Pflichtencharakter, fortbestehende Ungewissheit . . bb) Prozessuale Nutzung materiellrechtlicher Pflichten . . cc) Unmittelbar geltende prozessuale Pflichten . . . . . dd) Prozessrechtsverhältnis als Grundlage von Befundsicherungspflichten . . . .
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10 14 16 16 17 17 18 19 20
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
Vor § 284
Rdn ee) Dogmatische Erklärung der Beweisvereitelungsregeln . ff) Unmittelbar erzwingbare Mitwirkungspflichten . . . gg) Einsatz ausländischer Verfahren . . . . . . . . . c) Grenzen der Mitwirkung . . . 4. Die Mitwirkung Dritter . . . . . III. Grenzen der Mitwirkungspflichten bei der Beweisaufnahme . . . . . . 1. Differenzierung zwischen Prozessparteien und Dritten . . . . . .
Rdn 2. Unbenannte Grenzen zugunsten des Beweisgegners . . . . . . . a) Zumutbarkeit, Verhältnismäßigkeit, Erforderlichkeit . . . . . b) Körperliche Untersuchungen . c) Persönlichkeitsschutz . . . . . d) Substanzeingriffe in Sachen . . e) Technische und geschäftliche Geheimnisse . . . . . . . . aa) Schutzfähigkeit gewerblicher Geheimnisse . . . . . bb) Verfahrensrechtliche Schutzgewährung . . . . . . .
22 23 26 27 28 31 31
34 34 38 40 43 44 44 47
I. Duldungs- und Mitwirkungspflichten bei der Beweiserhebung: Rechtsgrundlagen 1. Notwendigkeit von Mitwirkungsregelungen Die Beweiserhebung kann bei allen Beweismitteln auf die Mitwirkung der Prozessparteien oder Dritter angewiesen sein. Der Zugang zu Augenscheinsobjekten (Sachgegenständen, elektronischen Dokumenten, sonstigen Unterlagen, Örtlichkeiten), zu Urkunden und zu begutachtungsbedürftigen Gegenständen, die sich in der Verfügungsgewalt des Beweisführers, seines Gegners oder einer dritten Person befinden, ist von deren autonomer Entscheidung abhängig, die Beweisaufnahme unter Einhaltung der dafür jeweils geltenden spezifischen Ordnungsvorschriften zu ermöglichen, sofern nicht gesetzliche Regelungen zur Ausübung direkten oder indirekten Zwangs berechtigen. Beim Zeugenbeweis und beim Sachverständigenbeweis bedarf es öffentlich-rechtlicher Aussage- und Begutachtungspflichten. Verweigert eine Person die notwendige Mitwirkung, z.B. die passive Duldung der Augenscheinseinnahme oder eine aktive sonstige Mitwirkung daran, so darf die Sachaufklärung an der Weigerungshaltung grundsätzlich nicht scheitern. Unter welchen Voraussetzungen eine Mitwirkung rechtlich verpflichtend ist, welche tatbestandlichen Grenzen zu ziehen sind und welche Folgen eine unberechtigte Obstruktion nach sich zieht, richtet sich in differenzierter Weise nach der Stellung der Person im bzw zum Prozessrechtsverhältnis.
1
2. Gesetzeslage bis zur ZPO-Reform 2001 Für die Augenscheinseinnahme existierte bis 2001 nur die rudimentäre gesetzliche Regelung des § 372a. Für die anderen Beweismittel gab es einige Spezialregelungen, so in §§ 427, 444 für den Urkundenbeweis, in §§ 446, 454 für die Parteivernehmung, in der öffentlich-rechtlichen Zeugnispflicht für den Zeugenbeweis (vgl. §§ 378, 380, 390) und in der Begutachtungspflicht für den Sachverständigenbeweis (§ 407). Diese Regelungen waren und sind in ihrer Begrenztheit Ausdruck einer zurückhaltenden Einstellung des deutschen Prozessrechts gegenüber Mitwirkungspflichten oder -lasten der nicht beweisbelasteten Prozesspartei und dritter Personen1. Die ZPO-Reform 1 12520 Kritik übt daran in Bezug auf elektronische Dokumente als Augenscheinsobjekte Rüßmann, Moderne Elektroniktechnologie, in: Schlosser,
Die Informationsbeschaffung für den Zivilprozess, S. 205.
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2001 hat durch Änderungen in den §§ 142, 144, 371 und 428 Erweiterungen bewirkt, die als eine Modifikation des zuvor herrschenden Verständnisses der Grundkonzeption (dazu unten II 1 Rdn. 10 f.) − zu verstehen sind. Von § 372a abgesehen wird nach wie vor kein unmittelbarer Zwang zur Duldung der Beweiserhebung oder zur Erbringung aktiver Mitwirkungshandlungen ausgeübt. Vielmehr werden nur Schlussfolgerungen für das Beweisergebnis gezogen2 oder es kommen − gegen Dritte − Ordnungssanktionen nach §§ 144 Abs. 2 S. 2, 390 in Betracht (dazu § 371 IV 2 b Rdn. 43). 3. Der Weg zur Reform des Jahres 2001: Entwicklung der rechtspolitischen Diskussion
3
a) Der rechtliche Mangel. Die Mischung aus vorhandenen Regelungsbruchstücken für einzelne Beweismittel und gesetzlicher Abstinenz im übrigen war rechtspolitisch missglückt3, und zwar nicht nur hinsichtlich des Augenscheinsbeweises. Für den Augenscheinsbeweis war der Regelungsbedarf allerdings besonders drängend, weil technische Neuerungen wie vor allem die elektronischen Dokumente, die keine Urkunden darstellen (§ 371 Rdn. 22), den Anwendungsbereich der Augenscheinseinnahme vergrößert haben. Der Wertungswiderspruch besteht insbesondere zu der vom Gesetz bejahten öffentlich-rechtlichen Pflicht Dritter, unter Ordnungsstrafendrohung als Zeuge zur Sachverhaltsaufklärung für einen fremden Prozess beitragen und dazu sogar das eigene Gedächtnis durch Einsicht in Unterlagen auffrischen zu müssen (§ 378 Abs. 1)4, auch wenn eine derartige Pflicht für den Augenscheinsbeweis immerhin im Umfang des § 372a gegeben ist.
4
b) Vorschläge der Kommission für Zivilprozessrecht. Die Kommission für das Zivilprozessrecht hat die Regelungen für den Urkundenbeweis, für den die bestehende Vorlegungspflicht nach ihrem Vorschlag erweitert werden sollte, durch Formulierung sehr differenzierter Duldungs- und Vorlegungspflichten auf den Augenscheinsbeweis ausdehnen wollen5. Den Beweisgegner sollte eine allgemeine und im Grundsatz unbeschränkte Duldungspflicht treffen, soweit sie durch einen materiellrechtlichen Anspruch des Beweisführers unterlegt ist oder sich das Augenscheinsobjekt in seinem Besitz befindet. Ohne diese Voraussetzungen sollte die Pflicht entfallen können, wenn dies geboten schien mit Rücksicht auf über das Urteil hinausreichende Folgen oder auf schutzwürdige Interessen eines Dritten, deren Wahrung dem Beweisgegner anvertraut ist. Im Rahmen des Zumutbaren sollte die Duldung des Augenscheins durch eine Pflicht zur Vorlegung eines Gegenstandes ergänzt werden. Die vorgesehene prozessuale Duldungspflicht Dritter sollte mangels paralleler bürgerlich-rechtlicher Duldungsverpflichtung noch über die Gründe zur Zeugnisverweigerung hinausgehend eingeschränkt bleiben. Selbst ein begrenzter Anspruch auf Besichtigung einer Wohnung (Besonderheit wegen Art. 13 GG) war von der Kommissionsmehrheit vorgesehen.
2 12521 RG JW 1897, 165, 166; GRUR 1938, 428, 429 − Pedalachsen; OLG Koblenz NJW 1968, 897; OLG Nürnberg MDR 1961, 62. 3 22522 Ebenso AK/Rüßmann vor § 371 Rdn. 5.
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4 32523 Kommission für das Zivilprozessrecht, Kommissionsbericht, 1977, S. 151; AK/Rüßmann vor § 371 Rdn. 5. 5 42524 Kommissionsbericht S. 151–153.
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Die Normtexte des Kommissionsentwurfs lauteten6: „§ 142: (1) Das Gericht kann einer Partei aufgeben, Urkunden und andere zur Verwahrung bei Gericht geeignete Gegenstände vorzulegen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich erscheint. (2) Das Gericht kann anordnen, daß die vorgelegten Gegenstände während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben. (3) ... § 286: (1) ... (Grundsatz freier Beweiswürdigung) (2) Absatz 1 gilt auch, wenn eine Partei den Beweis nicht führen kann, weil der Gegner das Beweismittel vorenthalten, entzogen oder unbrauchbar gemacht hat. (3) Hat der Gegner schuldhaft eine Pflicht verletzt, das Beweismittel zur Verfügung zu stellen, zu erhalten oder sonst seine Benutzbarkeit nicht zu beeinträchtigen, so kann das Gericht auch von einer Umkehrung der Beweislast ausgehen. § 372: Für die Verpflichtung einer Partei, den Augenschein an einer in ihren Händen befindlichen Sache zu dulden, gelten die §§ 419, 425 entsprechend. Das Gericht kann die Vorlegung anordnen, wenn sie zumutbar ist. § 373: Für die Verpflichtung eines Dritten, den Augenschein zu dulden oder eine Sache vorzulegen, gelten §§ 416, 421, 422, 426, 427 entsprechend. In Wohnräumen darf das Gericht ohne Zustimmung einen Augenschein nur einnehmen, wenn es die erforderliche Feststellung auf andere Weise nicht treffen kann. § 416: (1) Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners oder eines Dritten, so ist zum Beweisantritt der Antrag zu stellen, dem Gegner oder dem Dritten die Vorlegung der Urkunde aufzugeben. (2) ... § 419: (1) Der Gegner ist verpflichtet, die Urkunde vorzulegen, wenn 1. der Beweisführer glaubhaft macht, daß er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ihre Herausgabe oder Vorlegung verlangen kann, 2. der Gegner selbst zur Beweisführung auf sie Bezug genommen hat. (2) Der Gegner ist auch sonst zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet. Dies gilt nicht, soweit er glaubhaft macht, daß
6 12525 Kommissionsbericht S. 332, 339, 350 ff.
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1. ihm mit Rücksicht auf die über die Entscheidung des Rechtsstreits hinausreichenden Folgen die Vorlegung nicht zugemutet werden kann oder 2. er durch die Vorlegung überwiegend schutzwürdiger Belange Dritter, insbesondere ein Persönlichkeitsrecht, ein Geschäftsgeheimnis oder eine Verschwiegenheitspflicht, verletzt würde. § 421: Der Dritte ist unter denselben Voraussetzungen wie der Gegner des Beweisführers zur Vorlegung einer Urkunde verpflichtet. Im Falle des § 419 Abs. 2 besteht eine Vorlegungspflicht auch insoweit nicht, als der Dritte berechtigt ist, das Zeugnis zu verweigern. § 425: Bestreitet der Gegner, daß die Urkunde sich in seinen Händen befinde, so ist er über ihren Verbleib zu vernehmen. ... § 426: (1) Erachtet das Gericht die Tatsache, die durch eine in den Händen eines Dritten befindliche Urkunde bewiesen werden soll, für erheblich und den Antrag für begründet, so fordert es den Dritten zur Vorlegung der Urkunde auf und setzt ihm hierfür eine Frist. Der Dritte ist dabei über den Umfang der Vorlegungspflicht zu belehren. (2) Erklärt der Dritte, daß sich die Urkunde nicht in seinen Händen befinde, oder äußert er sich nicht, so ist er auf Antrag des Beweisführers darüber als Zeuge zu vernehmen, ob er die Urkunde in seinen Händen hat. In der Ladung zum Vernehmungstermin ist ihm aufzugeben, nach dem Verbleib der Urkunde sorgfältig zu forschen.“
6
7
c) Der 61. Deutsche Juristentag 1996. Gottwald hat in seinem Gutachten für den 61. Deutschen Juristentag (1996) vorgeschlagen, die Mitwirkungspflichten der Parteien auszubauen, und zwar durch Einführung einer allgemeinen prozessualen Aufklärungspflicht nach dem Vorbild des (damals geltenden, im Jahre 2000 veränderten) englischen discovery-Verfahrens und durch Erweiterung der prozessualen Vorlegungspflicht für Urkunden über §§ 422, 423 hinaus; eine vorprozessuale Beweisaufnahme sollte damit nicht verbunden sein7. Seine Gesetzgebungsvorschläge betrafen die Schaffung einer Editionspflicht für Unterlagen in § 138 und im Urkundenbeweisrecht, dort unter ausdrücklicher Erwähnung elektronischer Dokumente und unter Einbeziehung Dritter, soweit sie als Zeuge einem Aussagezwang unterstehen8. Der Vorlegungsantrag setzte voraus, dass die antragstellende Partei Kenntnis von der Existenz der Unterlagen hat, die allerdings durch die Erklärungspflicht des § 138 Abs. 2 vermittelt werden konnte9. Die Beschlüsse des DJT verwarfen die wohldurchdachten Vorschläge in wenig rationaler Weise. Gottwalds Vorschläge lauteten auszugsweise:
7 12526 Gottwald, Gutachten A zum 61. DJT, 1996, S. A 15 ff. 8 22527 Gottwald a.a.O. S. A 19 f.
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9 32528 Darin sah St. Lorenz ZZP 111 (1998), 35, 60, einen Nachteil.
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„§ 138 Abs. 2: Jede Partei hat sich über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären und zu streitigen Tatsachen alle relevanten Unterlagen vorzulegen, die sie in ihrem Besitz hat oder sich ohne weiteres beschaffen kann. § 421: Befindet sich die Urkunde, ein elektronisches Dokument oder eine sonstige Unterlage im Besitz des Gegners oder eines Dritten, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, dem Gegner oder dem Dritten die Vorlegung aufzugeben. § 422: (1) Der Gegner ist verpflichtet, jede für die Entscheidung des Rechtsstreits relevante Urkunde vorzulegen, die er in seinem Besitz hat oder die er sich ohne weiteres beschaffen kann. (2) Würde die Vorlegung schutzwürdige Belange Dritter, insbesondere deren Persönlichkeitsrecht, ein Geschäftsgeheimnis oder eine Verschwiegenheitspflicht verletzen oder ist die Vorlage aus einem sonstigen Grunde unzumutbar, so kann der Gegner bei Gericht beantragen, daß er von der Pflicht zur Vorlage entbunden wird oder einem sachverständigen Dritten die Einsicht nur insoweit zu gewähren hat, wie es zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der streitigen Tatsachenbehauptungen erforderlich ist. § 429: (1) Ein Dritter ist verpflichtet, die in seinem Gewahrsam befindlichen Urkunden, Ausdrucke von in seinem Gewahrsam befindlichen elektronischen Dokumenten oder sonstige Unterlagen auf Anordnung bei Gericht einzureichen, sofern er über deren Inhalt nicht als Zeuge die Aussage gemäß §§ 376 und 383 bis 385 verweigern könnte. (2) Wird die Vorlage innerhalb einer vom Gericht oder dem Berichterstatter bestimmten Frist verweigert, obgleich eine Vorlagepflicht besteht, so gelten die §§ 380, 381 entsprechend. ...“ 4. Die ZPO-Reform 2001 Die Reform des Zivilprozesses von 2001 hat in Bezug auf das hier erörterte Thema die §§ 142, 144, 371 und 428 neu gefasst. Mit ihnen ist auf die in den Beratungen des 61. DJT insgesamt abgewiesenen Vorschläge von Gottwald grundsätzlich positiv, jedoch unter Abschwächung seiner Textvorschläge reagiert worden. Der am 4.7.2000 im Bundestag eingebrachte Abgeordnetenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses hat sich in seiner allgemeinen Begründung für eine Erweiterung prozessualer Aufklärungs- und Vorlegungspflichten in den Bereichen des Urkunden- und Augenscheinsbeweises ausgesprochen10. § 142 sollte eine Vorlagepflicht unabhängig von Beweisantritten schaffen, allerdings bei Dritten durch Zeugnisverweigerungsrechte begrenzt; zugleich sollte die Erfüllung durch Ordnungs- und Zwangsmittel sanktioniert werden, wie sie gegen Zeugen angewandt werden können11. § 144 sollte die
2529 110 ZPO-RG, BT-Drucks. 14/3750 S. 38 (dort zu Nr. 1).
2530 211 BT-Drucks. 14/3750 S. 53 f.
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gerichtliche Kompetenz zur Anordnung der Vorlage von Augenscheinsobjekten über die passive Duldung der Augenscheinseinnahme hinaus für die Parteien und für Dritte erweitern, freilich ohne unmittelbaren Zwang gegen Parteien, jedoch mit Ordnungsund Zwangsmitteln gegen Dritte versehen12. § 371 führte für Dritte die gerichtliche Vorlegungsanordnung unabhängig von einer materiellrechtlichen Verpflichtung zur Herausgabe oder Vorlegung ein, verbunden mit einem Parteiantragsrecht, und übertrug § 444 auf den Fall einer Vereitelung der Augenscheinseinnahme durch den Beweisgegner13. § 428 wollte eine gerichtliche Vorlegungsanordnung gegen Dritte mangels Zeugnisverweigerungsrechts und bei Zumutbarkeit unabhängig vom Bestehen eines materiellrechtlichen Anspruchs einführen, zwar ohne direkte Erzwingbarkeit, aber sanktioniert durch Ordnungsmittel14. Mit Modifikationen des Rechtsausschusses ist dieses Konzept verwirklicht worden. Die Neukonzeption zeigt sich in den Pflichten Dritter zur Vorlage von Urkunden und von elektronischen Dokumenten, die durch gerichtliche Anordnung von Amts wegen gem. §§ 142, 144 begründet werden können (dazu § 371 IV 2 Rdn. 39 ff. und § 420 II 1 und III Rdn. 7, 14), in der Möglichkeit eines auf diese Anordnung gerichteten Parteiantrages, in der Überschreitung der Grenzen der §§ 422 und 423 und in den unverzichtbaren Rückschlüssen auf die Bewertung der Position des Beweisgegners.15
II. Mitwirkungspflichten der Parteien und Dritter: Wandel des konzeptionellen Verständnisses 1. Kontroverse Grundkonzeptionen zur Stoffsammlung
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Zwei Grundkonzeptionen zu den Mitwirkungspflichten der Parteien an der Sammlung des Tatsachenstoffes im Zivilprozess − und damit über die beweismäßige Feststellung hinausgehend − stehen sich in der deutschen Prozessrechtswissenschaft gegenüber: Die grundlegende Untersuchung von Stürner16 hat sich am Beginn des letzten Quartals des 20. Jahrhunderts erneut um den Nachweis bemüht, dass generelle Aufklärungspflichten auf der Grundlage des bereits begründeten, aber auch des bevorstehenden Prozessrechtsverhältnisses entwickelt werden dürfen; er hat sie allerdings in ihrer Strenge durch eine richterliche Plausibilitätskontrolle des Tatsachenvortrags abgemildert. Die Gegenposition hat u.a. Peter Arens in seiner Auseinandersetzung mit diesem Werk17 skizziert; er sah die Grundlage von Mitwirkungspflichten in den jeweiligen materiellrechtlichen Rechtsverhältnissen und befürwortete die Beibehaltung indirekter Steuerungsmechanismen über Substantiierungslasten. Beide Wege haben Vor- und Nachteile18. Der Ansatz im materiellen Recht verlangt eine 2531 112 BT-Drucks. 14/3750 S. 54. Zur Anordnung der Sachverständigenbegutachtung im Bürogebäude eines Dritten KG NJW-RR 2006, 241. 2532 213 BT-Drucks. 14/3750 S. 63. 2533 314 BT-Drucks. 14/3750 S. 64. 2534 415 Zu den unterschiedlichen Wegen und zur Verneinung eines Wertungswiderspruchs BGH (XI. ZS) NSW 2007, 2989, 2991 f., Tz. 20 – Schrottimmobilien; anders Wagner JZ 2007, 706, 709. 16 2535 5 Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, 1976. Stürner folgend Waterstraat ZZP 118 (2005), 459, 477 ff. 2536 617 Arens, ZZP 96 (1983), 1 ff.; ebenso in Arens/ Lüke, Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 1994, Rdn. 23.
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Auf derselben Linie Winkler v.Mohrenfels, Abgeleitete Informationspflichten im deutschen Zivilprozess, 1986, S. 212 ff.; Prütting, Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983, S. 137 ff.; ders. in MünchKommZPO3 § 286 Rdn. 130; Rosenberg/Schwab/Gottwald16 § 108 Rdn. 8. Gegen Arens: Stürner ZZP 98 (1985) 237. 2537 718 Zur Auswirkung auf die Verhandlungsmaxime MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 130; gegensätzlich St.Lorenz ZZP 111 (1998), 35, 62. Die Abwägung hat nichts mit einem vermeintlichen Gegensatz von „formell richtiger Urteilsfindung“ und „Ermittlung der materiellen Wahrheit“ zu tun, wie Lang, Die Aufklärungspflicht
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großzügige Bereitstellung akzessorischer oder selbständiger Informationsansprüche (zu ihnen § 422 II Rdn. 5 ff.). Die EU-Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums19 und deren nationale Umsetzung20 ist dafür beispielgebend21. Der BGH hat sich gegen eine allgemeine prozessuale Mitwirkungspflicht ausgesprochen, legt allerdings dem Gegner der primär darlegungs- und beweisbelasteten Partei eine sekundäre Behauptungslast auf, wenn dem Gegner entsprechende Angaben zumutbar sind und nur er über nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen verfügt22 (dazu vor § 286 Teil A Rdn. 59). Außerdem ist ein Bestreiten mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 nur zulässig, wenn die bestreitende Prozesspartei pflichtgemäß den fehlgeschlagenen Versuch unternommen hat, die ihr zugänglichen Informationen in ihrem Unternehmensbereich und von denjenigen Personen einzuholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind, um damit den aktuellen Informationsmangel zu überwinden und mit einer konkreten Gegendarstellung (also substantiiert) bestreiten zu können23. In Verbindung mit materiellrechtlichen Informationspflichten (dazu § 422 I 2, II Rdn. 3, 5 ff.), mit Befunderhebungsund Befundsicherungspflichten (unten 3 b dd Rdn. 21), an deren Missachtung Beweisnachteile geknüpft werden, sowie mit in sonstiger Weise materiellrechtlich begründeten Beweiserleichterungen24 nähern sich die Ergebnisse der Judikatur den Ergebnissen an, die vom gegenteiligen Ausgangspunkt her zu erzielen sind25. Die Zurückhaltung der Rechtsprechung sollte nicht diskreditiert werden, indem der Weg über das Prozessrechtsverhältnis als die „prozessuale Moderne“ bewertet wird26. Die Abwehr von Missbrauchsverhalten, für das die Praxis des US-amerikanischen Zivilprozesses (bei grundsätzlich anderen Prämissen27) mit seiner stark belastenden und Erpressungsstrategien Nahrung bietenden Handhabung des discovery-
der Parteien des Zivilprozesses vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung, 1999, S. 96 behauptet. Lang sieht Nachteile materiellrechtlicher Informationsansprüche darin, dass sie bei den Weigerungsrechten nicht flexibel genug seien, weil sie keine Interessenabwägung im Einzelfall erlaubten (a.a.O. S. 257). 2538 119 Richtlinie 2004/48/EG vom 29.4.2004, berichtigte Fassung in ABl. EU v. 2.6.2004 Nr. L 195 S. 16 = GRUR Int. 2004, 615. 2539 220 Gesetz vom 7.7.2008, BGBl. I S. 1191. 21 2540 3 Zurückhaltend zur Schaffung eines allgemeinen komplementären Auskunftsanspruchs Hartz/ Schuster VersR 2003, 1366, 1372. 22 2541 4 BGH NJW 1990, 3151 = ZZP 104 (1991), 203 mit Anm. Stürner; BGHZ 116, 47, 56 = NJW 1992, 1817; BGH NJW 1998, 79, 81; BGHZ 140, 156, 158 = NJW 1999, 579, 580; BGH NJW 2007, 155, 156, Tz. 7. Weitere Fälle sekundärer Behauptungslasten: BGH WM 2005, 571, 573; BGH GRUR 2004, 268, 269 − Blasenfreie Gummibahn II; BGH NJW 1999, 1404, 1406; BGH NJW 1997, 128, 129; BGH NJW 1996, 315, 317; BGH NJW 1995, 3311, 3312; BGH NJW 1993, 1782, 1783; BGH NJW 1987, 1201 (dort unter Bezugnahme auf einen materiellrechtlichen Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB); BGHZ 86, 23, 29 =
NJW 1983, 687, 688; OLG Koblenz ZIP 2006, 1438, 1439. Arens/Lüke6 a.a.O. Rdn. 23 zweifeln, ob die Statuierung sekundärer Behauptungslasten einen Unterschied zur allgemeinen prozessualen Aufklärungspflicht aufweist; anders insoweit St. Lorenz ZZP 111 (1998), 35, 58. Zu sekundären Behauptungslasten und deren Unzumutbarkeitsgrenze wegen des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen im gewerblichen Rechtsschutz Mes, FS Hertin (2000) S. 619, 632 ff.; im Familienrecht Klingelhöffer AnwBl. 2003, 484, 486; zur Differenzierung gegenüber Auskunftsansprüchen Kiethe MDR 2003, 781, 783. 23 2542 5 BGHZ 109, 205, 209 f.; BGH NJW 1999, 53, 54; GRUR 2002, 190, 191 − Die Profis. 2543 624 Dazu Messer, FS 50 Jahre BGH, S. 67, 69 ff. 2544 725 Ebenso Katzenmeier JZ 2002, 533, 535; s. ferner Messer a.a.O. S. 77 f. 2545 826 So aber Schlosser JZ 1991, 599; s. auch ders. NJW 1992, 3275. Dass dessen Standpunkt einer allgemeinen Einschätzung entspreche, wie Lang a.a.O. S. 23 behauptet, ist unzutreffend. 27 2546 9 Es geht dort um die Notwendigkeit der kompletten Beschaffung des Tatsachenstoffes für eine zeitlich konzentrierte mündliche Verhandlung vor dem Geschworenengericht.
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Vorverfahrens ausreichend Beispiele bietet28, ist unentbehrlich29. Gleichwohl ist eine vorsichtige Ausweitung der Mitwirkungspflichten zu befürworten. Ihr darf nicht undifferenziert der Vorwurf des „Ausforschungsbeweises“ gemacht bzw die These entgegengehalten werden, man müsse nicht ohne gesetzliche oder vertragliche Pflicht zum Prozesssieg der Gegenpartei durch Materialbeschaffung beitragen (überkommener Grundsatz des „nemo tenetur edere contra se“).30 Nachteilige Schlussfolgerungen zu Lasten des Beweisgegners im Rahmen des § 286 zu ziehen (so der in der Rechtsprechung befürwortete Weg, dazu unten 3 a und 3 b ee Rdn. 16, 22) setzt die Existenz von Pflichten gegenüber der Gegenpartei voraus, weil sich der Beweisgegner sonst nicht „beweisvereitelnd“ verhält31; der Terminus „Beweisvereitelung“ beschreibt nicht neutral einen Fehlschlag der Beweiserhebungsbemühung, sondern in ihm schwingt unausgesprochen eine Negativbewertung mit, ohne dass die dafür bestehende rechtliche Grundlage reflektiert wird. Inhalt und Reichweite der Pflichten dürfen nicht dahingestellt bleiben. Es reicht nicht aus, nur den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als begrenzendes Element zu benennen, da die Konkretisierung des Maßstabs der Verhältnismäßigkeit aus einem Spektrum vertretbarer Entscheidungen auswählt. 2. Weigerung des Beweisführers/der beweisbelasteten Partei
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Weigert sich die beweisführende Partei bzw bei von Amts wegen angeordneter Augenscheinseinnahme die beweisbelastete Partei, die zum Beweis der von ihr aufgestellten Behauptung beschlossene Augenscheinseinnahme zu dulden oder sie sonst zu ermöglichen (etwa durch Aufschließen eines Gebäudes oder durch Vorlage des Objektes), so bleibt sie beweisfällig. Das Beweismittel ist dann nicht erreichbar32. Eine derartige Vereitelung der Beweiserhebung liegt auch vor, wenn sie nicht prozessordnungsgemäß durchgeführt werden könnte, etwa weil dem Prozessgegner entgegen § 357 Abs. 1 das Betreten des im Besitz des Beweisführers befindlichen Grundstücks verwehrt wird. Der Ausschluss mit dem Beweismittel für die betreffende Instanz folgt nicht aus dem häufig genannten § 23033, da Realakte nicht zu den dort erfassten Prozesshandlungen gehören, und auch nicht aus § 356, der selbst dann nicht einschlägig ist, wenn das Augenscheinsobjekt nachträglich noch zugänglich gemacht werden soll, sondern gem. oder analog § 36734. Auf welchem Grund die Weigerung der Partei beruht, soll unerheblich sein35. Indes sieht § 367 Abs. 2 vor, dass eine eintretende Verfahrensver2547 128 Nur beispielhaft ist dafür zu nennen St. Lorenz ZZP 111 (1998), 35, 49 ff., 55. 29 2548 2 Das ist mit dem spöttelnden Begriff „Katastrophenszenarien“ (Lang a.a.O. S. 92) nicht vom Tisch zu wischen. 2549 330 Kritisch dazu auch BGH (X. ZS) NJW-RR 2007, 106, Tz. 37 = GRUR 2007, 962, 966 = WRP 2006, 1377, 1381 f. – Restschadstoffentfernung; Adloff Vorlagepflichten S. 458, 462. Grenzen der Ausforschung über §§ 142, 144 betonend BGH (VII. ZS) NJW-RR 2007, 1393, 1394, Tz.10; OLG Stuttgart ZIP 2007, 1210, 1216; OLG München GRUR-RR 2008, 142 – Restschadstoffentfernung II. 2550 431 Auf diesen gravierenden Widerspruch weist auch Peters hin, FS Schwab (1990) S. 399, 403.
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2551 532 RGZ 46, 368, 370 f. zieht aus einer endgültigen Weigerung den Schluss auf eine Rücknahme des Beweisantrages, lässt aber die Deutung zu, dass die Beweisaufnahme nur vorläufig hintertrieben wurde (dort: Besichtigung gelagerten Tabaks durch Sachverständigen vereitelt durch Verweigerung des Zugangs zum Lagerraum). 2552 633 AK/Rüßmann vor § 371 Rdn. 3; Bruns, Zivilprozessrecht § 34 Rdn. 181; Musielak/Huber6 § 371 Rdn. 20; Stein/Jonas/Berger21 vor § 371 Rdn. 38, s. auch § 367 Rdn. 7; Thomas/Putzo/ Reichold28 vor § 371 Rdn. 3. 2553 734 Nur mitgenannt von Stein/Jonas/Berger21 vor § 371 Rdn. 38; Thomas/Putzo/Reichold27 vor § 371 Rdn. 3. 2554 835 Thomas/Putzo/Reichold28 vor § 371 Rdn. 3;
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zögerung entschuldigt werden kann. § 371 Abs. 3 ist für die Vereitelung der Augenscheinseinnahme durch den Beweisführer irrelevant36. 3. Mitwirkungspflichten des Beweisgegners a) Folgen unberechtigter Mitwirkungsverweigerung. Weitgehend Einigkeit bestand auch schon vor der ZPO-Reform 2001 darüber, dass eine unberechtigte Weigerung des nicht beweisbelasteten Gegners, das Augenscheinsobjekt bereitzustellen bzw eine Augenscheinseinnahme zu dulden, vom Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286, die sich nicht nur auf erhobene Beweise sondern auf den gesamten Inhalt der Verhandlungen erstreckt, zu dessen Nachteil berücksichtigt werden kann37. Eine materiellrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Beweisführer, etwa auf Grund eines Herausgabe- oder Vorlegungsanspruchs, sollte dafür nach Ansicht der Rechtsprechung nicht erforderlich sein38. Seit der ZPO-Reform 2001 ergibt sich die Rechtsfolge der Vereitelung einer Augenscheinseinnahme durch den Beweisgegner aus § 371 Abs. 3, der den Rechtsgedanken des § 444 (dort Rdn. 5 ff. näher zu allgemeinen Grundsätzen der Beweisvereitelung) klarstellend aufgreift. Der Weg über eine Beweis- und Verhandlungswürdigung eröffnet die notwendige Flexibilität und ist einer schematischen Beweislastumkehr oder einer Beweisfiktion vorzuziehen. Soweit eine materiellrechtliche Mitwirkungspflicht an der Aufklärung des prozessrelevanten Tatsachenstoffes besteht, kommt freilich auch deren vorprozessuale Durchsetzung in einem gesonderten Verfahren in Betracht; die Erfüllung eines solchermaßen titulierten vorbereitenden (Hilfs-)Anspruchs ist mit den Mitteln der Zwangsvollstreckung erzwingbar und ermöglicht nachfolgend einen detaillierten Sachvortrag (dazu unten 3 b ff Rdn. 23).
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b) Grundlage und Reichweite der Mitwirkungspflichten aa) Pflichtencharakter, fortbestehende Ungewissheit. Streitig und ungeklärt sind Grundlage und Reichweite der Pflicht zur Mitwirkung des Gegners bei der Sammlung des Tatsachenstoffes39; daran hat sich trotz der Reform von 2001 nichts geändert, insbesondere weil das Verhältnis der Neufassung der §§ 142 und 144 zur Verhandlungsmaxime vom Gesetzgeber nicht klar definiert worden ist (näher dazu § 371 IV 2 Rdn. 40 und § 420 III Rdn. 11 ff.). Der Zwang zur Mitwirkung des Gegners an der Beweiserhebung sollte als Pflicht (statt als Last) auch dann bezeichnet werden, wenn sie nicht unmittelbar erzwingbar ist, sondern an deren Missachtung nur mittelbare Sanktionen geknüpft werden; auch das materielle Recht kennt Pflichten, die nicht selbständig erzwingbar sind, etwa deliktische Verkehrspflichten, deren Verletzung zwar Schadensersatzansprüche begründet, deren Erfüllung aber nur bei Bereitstellung eines öffentlich-rechtlichen Instrumentariums direkt erzwingbar ist (Beispiel: ProMünchKommZPO/Zimmermann3 § 371 Rdn. 26. 2555 136 Ebenso Musielak/Huber6 § 371 Rdn. 20. 2556 237 BGH NJW 1960, 821; NJW 1963, 389, 390; NJW 1967, 2012; RG JW 1897, 165, 166; RG GRUR 1938, 428, 429; OLG Koblenz NJW 1968, 897; OLG Nürnberg MDR 1961, 62; MünchKommZPO/Zimmermann3 § 371 Rdn. 27; Peters ZZP 82 (1969), 200, 216, 218, 221; ders. FS Schwab (1990) S. 399, 403; Rosenberg/Schwab/
Gottwald15 § 120 II 2a; Arens ZZP 96 (1983), 1, 23. 2557 338 BGH NJW 1963, 389, 390 (dort: Röntgenaufnahmen in der Hand des beklagten Arztes, auf die §§ 427, 444 mangels Urkundenqualität nicht anzuwenden waren, für die allerdings nach einer Rechtsprechungsänderung heute ein materiellrechtlicher Informationsanspruch bejaht wird). A.A. Stein-Jonas/Berger21, vor § 371 Rdn. 40. 2558 439 So H. Roth ZZP 113 (2000), 503, 506 zur Rechtslage vor der Reform von 2001.
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dukthaftungsrecht/Produktsicherheitsrecht). Die Mitwirkung des Gegners dient nicht nur der Versorgung mit Informationen als Grundlage substantiierten eigenen Sachvortrags, sondern darüber hinaus auch der Beweismittelbeschaffung. Sie ist sowohl ein Grundsatzproblem des Zivilprozessrechts überhaupt (näher dazu oben II 1 Rdn. 10 ff.) als auch ein Spezialproblem des Augenscheins- und Urkundenbeweises. Für den Augenscheinsbeweis existierten bis zur ZPO-Reform 2001 nicht einmal rudimentäre Regelungen40, wie sie immerhin bereits im Recht des Urkundenbeweises enthalten waren. Seit 2001 gelten die §§ 422 bis 432 kraft der Verweisung in § 371 Abs. 2 S. 2.
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bb) Prozessuale Nutzung materiellrechtlicher Pflichten. Unstreitig ist, dass eine Mitwirkungspflicht nach materiellem Recht gegeben sein kann. Das materielle Recht kennt zum einen selbständige Informationspflichten, deren Umfang sich nach dem jeweiligen vertraglichen oder gesetzlichen Rechtsverhältnis richtet, aus dessen Verletzung der Rechtsstreit erwachsen ist41; es kennt zum anderen auch Pflichten zur Vorlage von Beweisgegenständen oder zur Gewährung ihrer Besichtigung bzw der Einsicht in sie, allerdings hauptsächlich für Urkunden. Das Recht des Urkundenbeweises greift derartige Pflichten in § 422 auf und verknüpft sie prozessual mit einer Vorlegungspflicht, deren Verletzung wiederum die Rechtsfolge des § 427 auslöst. Materiellrechtliche Pflichten können über § 242 BGB erweitert oder neu begründet werden. Paradigmatisch ist dafür die Rechtsprechungswende für den ärztlichen Behandlungsvertrag zu nennen, der über § 242 BGB mit einem Informationsanspruch über den Inhalt der zwar nicht zu Beweiszwecken geschaffenen, wohl aber auch im Interesse des Patienten angelegten Krankenaufzeichnungen ausgestattet wurde42. Nachteilig ist die Ungewissheit, ob derartige materiellrechtlichen Pflichten im Einzelfall richterrechtlich aufgestellt werden. Gesetzliche Ansprüche auf Besichtigung, Vorlage oder Herausgabe von Augenscheinsobjekten sind allerdings nur spärlich anzutreffen; zu nennen sind aus dem BGB etwa die §§ 402 (Urkundenauslieferung durch Zedenten), 454 Abs. 2 (Untersuchung des Kaufgegenstandes beim Kauf auf Probe), 667 (Herausgabepflicht des Beauftragten), 716 Abs. 1 (Recht zur Einsicht in Geschäftsbücher der GbR), 809 (Vorlegung durch herausgabe- oder unterlassungspflichtigen Besitzer)43, 2559 140 Zu den historischen Ursachen des Fehlens einer Vorlegungspflicht für Augenscheinsobjekte Steeger, Diss. jur. FU Berlin, 1980, S. 161 ff.; rechtsvergleichende Hinweise zu neuerer ausländischer Prozessrechtsgesetzgebung z.B. bei Bruns Zivilprozessrecht § 34 Rdn. 181 b; bei Lang a.a.O. S. 99 ff. zum französischen Recht, S. 173 ff., 195 (konkret zum Augenschein) zum englischen Recht, das allerdings zeitlich nach der Veröffentlichung von Lang 1999 reformiert wurde; bei Hay, in: Schlosser, Die Informationsbeschaffung im Zivilprozess, S. 1 ff. zum anglo-amerikanischen Recht; bei Waterstraat ZZP 118 (2005), 459, 470 f. 2560 241 Zu Auskunftsansprüchen St.Lorenz JuS 1995, 569, 570; Lang a.a.O. S. 50 f.; Dreier, Kompensation und Prävention, S. 557 ff. (Informationsermittlung zu Substantiierungs und Beweiszwecken). Zu nennen sind aus dem BGB: § 402 (Auskunftspflicht des Zedenten), § 444 (Auskunftspflicht des Verkäufers), § 666 (Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Beauftragten), § 1214 (Rechen-
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schaftspflicht des nutzungsberechtigten Pfandgläubigers), § 1379 (Auskunft zur Vorbereitung des Zugewinnausgleichs), § 1605 (Unterhaltsrechtliche Auskunft), § 1698 (Rechnungslegung der Eltern über Kindesvermögen), § 1890 (Rechnungslegung des Vormunds), §§ 2027 und 2028 (Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers, sonstiger Besitzer von Nachlassgegenständen und von Personen der häuslichen Gemeinschaft des Erblassers), § 2218 (Rechnungslegung des Testamentsvollstreckers), § 2314 (Auskunftsrecht des Plichtteilberechtigten). Außerhalb des BGB z.B. § 8 UmweltHG, § 19 MarkenG, § 84a AMG, § 178m VVG. 2561 342 BGHZ 85, 327, 332; 85, 339, 342 f.; 106, 146, 150; BVerfG NJW 2005, 1103, 1104; BVerfG NJW 2006, 1116, 1118. 43 2562 4 Dazu: BGHZ 93, 191, 208 = JZ 1985, 1086 m. krit. Anm. Stürner/Stadler JZ 1985, 1101 ff.; RGZ 69, 401 − Nietzsche Briefe (Begrenzung durch § 242 BGB a.a.O. S. 406; keine Ausnutzung zur Ermöglichung einer Eigenveröffentlichung der Klägerin bei urheberrechtlichem Un-
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aus dem HGB die §§ 118 (Recht zur Einsicht in Geschäftsbücher der OHG), 157 Abs. 3, 471 Abs. 1 S. 1 (Besichtigung eingelagerten Gutes)44. Näher dazu § 422 II Rdn. 5 ff. cc) Unmittelbar geltende prozessuale Pflichten. Das Recht des Urkundenbeweises zeigt in § 423, dass es auch prozessual begründete Mitwirkungspflichten gibt, die ihrerseits die Rechtsfolge des § 427 auslösen. Im Jahre 1998 ist für Unterhaltsprozesse die gleichartig zu qualifizierende Regelung des § 643 geschaffen worden, nach der das Gericht den Prozessparteien aufgeben kann, beleggestützte Informationen zu Einkünften und Vermögen zu erteilen; sie befugt das Gericht auch, die Anordnung subsidiär gegen dritte Auskunftspersonen zu richten. Der Anwendungsbereich der beweisrechtlichen Vorschrift des § 423 ist jedoch extrem schmal45. Sie befriedigt nicht das weiterreichende Regelungsbedürfnis.
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dd) Prozessrechtsverhältnis als Grundlage von Befundsicherungspflichten. Als Grundlage für eine weitergehende Mitwirkungspflicht kommt nur das Prozessrechtsverhältnis in Betracht. Ungeachtet des von Rechtsprechung und Teilen des Schrifttums betonten generellen prozessualen Grundsatzes, keine Partei sei gehalten, ihrem jeweiligen Gegner dadurch zum Prozesssieg zu verhelfen, dass sie ihm Material verschaffe, über das er nicht schon von sich aus verfüge46 (dazu oben Rdn. 12), hat die Rechtsprechung die Vereitelung der Einnahme des Augenscheins ohne triftigen Grund47 sowie die schuldhafte Vernichtung des Augenscheinsobjektes48 als Verstoß gegen Treu und Glauben49 und als Grund für die Anwendung des § 427 angesehen, dem kumulativ (also Rechtsanalogie?) § 444 und z.T. auch §§ 441 Abs. 3 S. 3, 446 zur Seite gestellt worden sind50. Diese Fälle sind nur ein Unterfall der Vereitelung bzw des Vorenthaltens der Benutzung von Beweismitteln in einem zu erwartenden oder bereits
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terlassungsbegehren zur Verhinderung einer Fremdveröffentlichung); KG GRUR 1919, 179 (zur Vorlage von Konstruktionszeichnungen); Bork NJW 1997, 1665, 1668 f. (zur Inspektion von Datenträgern durch Programmentwickler bei mutmaßlichen Raubkopierern). 44 2563 1 S. dazu Bruns Zivilprozessrecht § 34 Rdn. 181. 45 2564 2 Beispielhaft zu nennen ist RGZ 69, 401, 405 − Nietzsche Briefe: Die Klägerin begehrte Vorlage der Briefe, lehnte deren Benutzung als Beweismittel aber ab. 2565 346 BGH NJW 1990, 3151; Stein/Jonas/Leipold21 § 138 Rdn. 22, daran in der 22. Aufl. festhaltend, § 138 Rdn. 26 und 28. 47 2566 4 BGH NJW 1960, 821; OLG Nürnberg MDR 1961, 62 (LS); OLG Koblenz NJW 1968, 897; LG Köln NJW-RR 1994, 1487, 1488 (Nichtvorlage einer Originaldiskette im Streit um vertragsgemäße Herstellung von Software). S. ferner die Rechtsprechung zur Verweigerung ärztlicher Untersuchungen bei Erhebung eines Sachverständigenbeweises: BGH VersR 1973, 1028, 1029 (Verweigerung bei Aufklärung unfallbedingter Gesundheitseinbußen, Streit über Begutachtung durch Neurologen oder Psychiater); VersR 1958, 768, 769 (Verweigerung durch Bezieher einer Schadensrente); VersR 1958, 768, 769 (obiter dictum, ebenfalls im Streit um eine Rente); RGZ 63, 408, 410 (obiter dictum). Dazu auch
BGH NJW 1952, 1215 (Untersuchung des Geisteszustandes in Eheaufhebungssache nach früherem Recht); BGH NJW 1952, 1510, 1511 (Beurteilung der Prozessfähigkeit); sich dem anschließend OLG Schleswig SchlHA 1984, 1841 und BayObLG MDR 1972, 871 (Pflegschaftssache). 48 2567 5 BGH ZIP 1985, 312, 314 (Verlust eines der Grundstückszwangsverwaltung unterliegenden Zubehörstückes, Ausweichen in Dokumentationspflichtverletzung); VersR 1968, 58, 59 (Verkauf des Unfallwagens mit streitigem Reifenzustand); NJW 1963, 389, 390 (Nichtvorlage von Röntgenaufnahmen im Arzthaftungsprozess); VersR 1955, 344 (Nichtaufbewahrung des zunächst in OP-Wunde zurückgelassenen Tupfers); BGHZ 72, 132, 140/141 (Beseitigung eines Operationspräparates); OLG München OLGZ 1977, 79. 2568 649 BGH NJW 1962, 1510, 1511; NJW 1972, 1131 (Nichtentbindung von ärztlicher Schweigepflicht zur Feststellung eines Eheaufhebungsgrundes); Arens ZZP 96 (1983), 1, 24; Gerhardt AcP 169 (1969), 289, 309 f. Kritisch zu dieser Begründung Stürner, Aufklärungspflichten, S. 90. 2569 750 RGZ 101, 197, 198; MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 90 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald15 § 120 II 2 b.
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laufenden Prozess51. Die ZPO-Reform von 2001 hat mit § 371 Abs. 3 eine klarstellende Norm für den Augenscheinsbeweis geschaffen. Ausgedehnt worden ist die Rechtsprechung zur Beweisvereitelung schon vor der Reform von 2001 auf das Unterlassen der Schaffung von Beweismitteln bei bereits erkennbarem Beweisbedarf52. Neben der prozessual gebotenen Erzeugung eines Beweismittels gibt es eine materiellrechtliche Befundsicherungspflicht, die von der Befunderhebung bis zur Befundaufbewahrung reicht. An sie kann dieselbe Beweiserleichterung geknüpft werden, obwohl die materiellrechtliche Befundsicherung primär in Verfolgung anderer Ziele geboten ist, etwa bei der Erhebung eines Krankheitsstatus oder der Archivierung von Behandlungsunterlagen (z.B. Röntgenbildern, Laborbefunden) im ärztlichen Behandlungsverhältnis für therapeutische Zwecke53. Die bisherige Judikatur ist zunächst zu Fällen fehlgeschlagener medizinischer Behandlung ergangen, ist darauf aber nicht zu beschränken. Übertragen worden ist die Befundsicherungspflicht mit Konsequenzen für die Beweislastverteilung bereits auf die Produkthaftung wegen Fabrikationsfehlern54. ee) Dogmatische Erklärung der Beweisvereitelungsregeln. Soweit der Gewährung der Beweiserleichterung nicht eine materiellrechtliche Pflicht zur Befundsicherung zugrunde liegt, ist deren Existenz nur erklärbar, wenn eine prozessuale Pflicht zur Erhaltung des Beweismittels sowie zur Zugangsgewährung angenommen wird55, da derjenige, den eine solche Pflicht nicht trifft, weder in negativ zu bewerten2570 151 Allgemein zur Anwendung der §§ 427, 444, 446 ZPO auf die Beweisvereitelung: BGHZ 99, 391, 397; Baumgärtel FS Kralik (1986) S. 63 ff.; MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 80 ff. Rechtshistorisch und rechtsvergleichend (USRecht) zur Beweisvereitelung Paulus AcP 197 (1997), 136 ff. (zur materiellrechtlichen Qualifizierung der Beweismittelvernichtung als Delikt im Gegensatz zur deutschen innerprozessualen Behandlung). Zur Beweisvereitelung als Regelung des nationalen Rechts EuGH Urt. v. 8.2.2001, Rs. C-350/99, Lange/Schünemann GmbH, Slg. 2001, I − 1061, 1089 Rdn. 33 ff. 2571 252 BGH NJW 1998, 79, 81 (Verlust der Beweisführung durch Anscheinsbeweis bei Nichteinschaltung eines Havariekommissars nach Sturz des verpackten Transportgutes und Fortsetzung des Transportes ins Ausland). Hierher gehört wohl auch BGH NJW 1996, 315, 317 (Festhalten des Wohnungszustandes bei behördlicher Wiedereinweisung des obdachlos werdenden Mieters). 2572 353 BGHZ 99, 391, 397 f. = NJW 1987, 1482; BGHZ 132, 47, 50 = NJW 1996, 1589, 1590 (OriginalEKG); BGH NJW 1996, 779, 780 (Pflicht zur Dokumentation der Weitergabe von Röntgenaufnahmen bei Verlegung des Patienten). Soweit es um die Schaffung von Befunden geht, steckt dahinter die Umbenennung von haftbar machenden Diagnostikfehlern. Zur Reichweite der Beweiserleichterung über die Feststellung eines reaktionspflichtigen Befundergebnisses hinaus (Erstreckung auf Ursachenzusammenhang zwischen ärztlichem Fehler und Gesundheitsschaden)
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BGH NJW 1998, 1780, 1781; BGH NJW 1999, 860, 861; BGH NJW 1999, 862, 863; BGH NJW 2004, 1871, 1872 = VersR 2004, 790, 791 f. (Nichtfeststellung der Batteriekapazität eines Herzschrittmachers); BGH NJW 2005, 2614, 2616 = VersR 2005, 1238 (Dokumentation der Chargennummer des verabreichten Blutprodukts); OLG Dresden VersR 2004, 648 (zum Wahrscheinlichkeitsgrad); OLG Köln VersR 2004, 247 (zum Wahrscheinlichkeitsgrad); OLG Köln NJW 2006, 69, 70 (Voraussetzung eines groben Behandlungsfehlers bei Befunderhebung). Zustimmend und unter Aufhellung der tatbestandlichen Zusammenhänge Spickhoff NJW 2004, 2345 ff.; kritisch zu den Einzelanforderungen Hausch VersR 2003, 1489 ff. Zur fehlerhaften Lagerung von karzinomverdächtigen Gewebeproben, die zur Gewinnung von Erkenntnissen bei Nachbehandlungen zehn Jahre lang aufzubewahren waren, und den Schlussfolgerungen im Haftungsprozess über Diagnostikfehler gegen den lagerpflichtigen Pathologen OLG Hamm NJWRR 2003, 807, 808 = VersR 2005, 412, 413 f. 2573 454 BGHZ 104, 323, 333 = VersR 1988, 930, 932 − Limonadeflasche (Statussicherung bzgl. Fehlerfreiheit bei Inverkehrgabe des Produkts); BGH NJW 1993, 528, 529 − Mineralwasserflasche; BGH VersR 1993, 845, 848 = NJW-RR 1993, 988; BGH NJW 1995, 2162, 2164; OLG Braunschweig VersR 2005, 417. Ablehnend Knoche, FS Heldrich (2005) S. 1 ff. Keine Übertragung auf die Anlageberatung durch Kreditinstitute, BGH NJW 2006, 1429, 1430. 2574 555 Abgelehnt in BGH VersR 1958, 768, 769; s. ferner
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der Weise etwas vereitelt, noch sich schuldhaft verhält. Anderenfalls bleibt die Grundlage der Regel obskur, auch wenn § 371 Abs. 3 für den Augenscheinsbeweis eine vordergründige Regelungsergänzung durch richterrechtlichen Analogieschluss obsolet gemacht hat. Der frühere Hinweis auf den angeblichen Ausnahmecharakter des § 372a (bzw der früheren §§ 654, 656)56 konnte nicht tragen. Dort geht es um die Entfaltung unmittelbaren Zwangs, der nicht ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage ausgeübt werden darf. Für die Ansicht, materiellrechtlich begründete und in das Prozessrecht verlängerte sowie originär prozessrechtlich fundierte Beweismitwirkungspflichten seien zwangsweise durchsetzbar, finden sich ohnehin keine Befürworter57. § 286 war schon vor der Schaffung des § 371 Abs. 3 keine Rechtsgrundlage für die Konstituierung prozessualer Pflichten der hier erörterten Art58. ff) Unmittelbar erzwingbare Mitwirkungspflichten. Im Erkenntnisverfahren wird auf die Missachtung von Beweismitwirkungspflichten durch den Gegner wegen der darin zu sehenden Beweisvereitelung mit der indirekt wirkenden Rechtsfolge einer Beweiserleichterung reagiert (vgl. zuvor 3 a Rdn. 16, 3 b ee Rdn. 22 und § 444 III Rdn. 14, 18). Der Zugang zu beweisrelevanten Tatsachen und zu Beweisergebnissen wie etwa den Feststellungen eines Sachverständigen als Augenscheinsmittler oder als Gutachter kann freilich schon vorprozessual durch materiellrechtliche Hilfsansprüche eröffnet sein, die ihrerseits selbständig gerichtlich durchsetzbar sind. Neben vorbereitenden Auskunftsansprüchen gehört dazu der Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB. Sein Einsatz wird gemeinschaftsrechtlich durch das Beweisermittlungsrecht vorgegeben, das in Art. 7 der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums59 vorgesehen ist und das mit völkervertraglicher Bindungswirkung inhaltsgleich in Art. 43 TRIPS-Abkommen enthalten ist. Soweit § 809 BGB dort zur Aufklärung des Verdachts einer Schutzrechtsverletzung dient, etwa einer Patent-60 oder Urheberrechtsverletzung61, und eventuell sogar im Verfahren der einstweiligen Verfügung durch Beschluss tituliert wird62, tritt die Regelung funktional an die Stelle einer selbständigen Beweiserhebung nach § 485 Abs. 2. Würde § 485 Abs. 2 um eine Beweisaufnahme durch Augenscheinseinnahme erweitert, wäre auf dieser Grundlage gleichwohl kein unmittelbarer Zwang einsetzbar, da der Augenscheinsbeweis die direkte Erzwingbarkeit nur bei Beschaffung von Körpermaterial für Abstammungsgutachten (§ 372a Abs. 2 S. 2) kennt. BGH NJW 1958, 1491 f. = WM 1958, 961, 962 (Ablehnung der Prüfung eines OHG-Gesellschafters auf fachliche Eignung zur Geschäftsführung bei anscheinend fehlender Substantiierung des Verdachts mangelnder Eignung). Ebenso im Schrifttum Stein-Jonas/Berger21 vor § 371 Rdn. 38; Arens ZZP 96 (1983), 1, 23; Gerhardt AcP 169 (1969), 289, 308. Wie hier: AK/Rüßmann vor § 371 Rdn. 3; Bruns § 34 Rdn. 181; Peters, FS Schwab S. 399, 403 f.; ders. ZZP 82 (1969), 200, 209; Stürner, Aufklärungspflichten S. 86. 56 2575 1 BGH NJW 1952, 1215; BGH NJW 1962, 1510, 1511 (Entmündigungsverfahren); BayObLG MDR 1972, 871; wohl auch OLG Schleswig SchlHA 1984, 184; Gerhardt AcP 169 (1969), 289, 309. 2576 257 Vgl. dazu RG JW 1897, 166; OLG Koblenz NJW 1968, 897; AK/Rüßmann vor § 371 Rdn. 3; Schulte NJW 1988, 1006, 1009; Stürner, Aufklärungspflichten S. 98; Musielak/Huber6 § 371
Rdn. 19; Thomas/Putzo/Reichold28 vor § 371 Rdn. 2. 2577 358 So zu Recht Stürner, Aufklärungspflichten S. 86. 2578 459 Richtlinie 2004/48/EG vom 29.4.2004, berichtigte Fassung in ABl. EU v. 2.6.2004 Nr. L 195 S. 16 = GRUR Int. 2004, 615 ff.; dazu die Erklärung der Kommission über mindestens erfassbare Rechte in ABl. EU v. 13.4.2005 Nr. L 94 S. 37. 2579 560 So im Fall BGHZ 93, 191 = GRUR 1985, 512 = NJW-RR 1986, 480 − Druckbalken. 2580 661 So im Fall BGHZ 150, 377 = GRUR 2002, 1046 = NJW-RR 2002, 1617 − Faxkarte (Besichtigung des Quellcode einer Software). 62 2581 7 So die Praxis der Patentverletzungskammer des LG Düsseldorf; dazu u.a. Kühnen GRUR 2005, 185, 187. Ebenso für den Anspruch auf Besichtigung eines Quellcode OLG Frankfurt GRURRR 2006, 295, 296 m. Bspr. Rauschhofer GRURRR 2006, 249 ff. (unzutreffende Beschränkung auf Hinterlegung der vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen).
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Materiellrechtliche Duldungspflichten, die mit dem Anspruch auf Besichtigung einer Sache nach § 809 BGB verbunden sind, sind als titulierte Pflichten nach § 890 oder § 892 ZPO zu erzwingen. § 892 gestattet es, eine Handlung wie z.B. das Betreten eines Unternehmensgrundstücks unter Gewaltanwendung des Gerichtsvollziehers gegen Widerstand des Schuldners real durchzusetzen63. Der Gläubiger hat die Wahl zwischen diesem Weg und dem Antrag auf Verurteilung zu Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO64. Notwendige polizeiliche Hilfe kann der Gerichtsvollzieher nach § 758 Abs. 3 anfordern. Der Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB soll kein Recht zur Durchsuchung von Geschäftsräumen begründen, um Kenntnisse darüber zu erlangen, welche Art Photokopiergeräte der Schuldner im Besitz hat, um auf dieser Grundlage einen urheberrechtlichen Vergütungsanspruch berechnen zu können65. Diese als singulär einzustufende Aussage des BGH fügt sich nicht widerspruchsfrei an die frühere Grundsatzentscheidung „Faxkarte“ desselben Senats an, nach der der Verdacht einer Urheberrechtsverletzung in Ansehung von Sachen im Besitz des Schuldners über § 809 BGB aufzuklären ist.
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gg) Einsatz ausländischer Verfahren. Für ein inländisches Verfahren können extraterritoriale Beweisermittlungen durch ein ausländisches Gericht nach dessen Prozessrecht auch ohne inländisches Rechtshilfeersuchen in Betracht kommen. So lässt der US Supreme Court den Einsatz der pre-trial-discovery zugunsten von Klägern vor nichtamerikanischen Gerichten auch dann zu, wenn vor dem Hauptsachegericht gleichartige discovery-Regeln nicht angewandt werden dürfen66.
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c) Grenzen der Mitwirkung. Die Diskussion um die Existenz von Mitwirkungspflichten wird indirekt durch die Unsicherheit über die Grenzen der Pflichten bestimmt. Insoweit handelt es sich jedoch um ein selbständiges Argumentationsfeld, dem gesonderte Aufmerksamkeit zu widmen ist. Näher dazu unten III Rdn. 31 ff. 4. Die Mitwirkung Dritter
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Weigerte sich ein nicht am Prozess beteiligter Dritter, die Augenscheinseinnahme zu dulden, war das Beweismittel bis zur ZPO-Reform 2001 grundsätzlich unerreichbar. Anders als Zeugen und Sachverständige traf am Prozess nicht beteiligte Dritte beim Augenscheinsbeweis − von § 372a abgesehen − keine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Mitwirkung, also zur Duldung des Augenscheins (Betreten des Grundstücks, Blutentnahme, Herstellen von Fingerabdrücken, Fotografieren etc.) oder zur Vorlage von Augenscheinsobjekten67. Dies stellte zwar einen Wertungswiderspruch zur öffentlich-rechtlichen Zeugnispflicht dar. Dieser Widerspruch ließ sich aber wegen der vielfältig differenzierbaren Reichweite der Mitwirkungspflichten, der Weige-
2582 163 Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, Band I, 3. Aufl. 2002, § 892 Rdn. 1. 64 2583 2 Schuschke a.a.O. § 892 Rdn. 1; Stein/Jonas/ Brehm22 § 892 Rdn. 3; Zöller/Stöber25 § 892 Rdn. 1. 2584 365 BGH GRUR 2004, 420, 421 − Kontrollbesuch (Vorbereitung der Photokopierabgabe des Gerätebetreibers nach §§ 54g Abs. 2, 54h Abs. 1 UrhG). 2585 466 Intel Corp. v. Advanced Micro Devices Inc., 124
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S.Ct. 2466, 159 L.Ed. 2d 355 (2004); Bespr. von Rieckers RIW 2005, 19 ff. und Dietrich GRUR Int. 2006, 389 ff. Es ging um die Unterstützung kartellrechtlicher Ermittlungen der EU-Kommission. Grundlage ist Rule 28 U.S.C. § 1782 (a). S. ferner Eschenfelder IPRax 2006, 89 ff.; ders. RIW 2006, 443 ff.; Götz SchwJZ 102 (2006), 269 ff. 2586 567 AK-ZPO/Rüßmann vor § 371 Rdn. 5; MünchKommZPO/Damrau2 § 371 Rdn. 10; Stein/Jonas/Berger21 vor § 371 Rdn. 43.
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rungsgründe und der Erzwingungsmittel nicht durch eine entsprechende Anwendung der öffentlich-rechtlichen Zeugnispflicht, sondern nur de lege ferenda lösen68. Bestand allerdings eine materiellrechtliche Pflicht eines Dritten zur Duldung oder Vorlage gegenüber der beweisführenden Partei, etwa nach §§ 809, 810, 495 Abs. 2 BGB, 471 Abs. 1 S. 1 HGB, waren die §§ 431, 356 entsprechend anwendbar69. An der materiellrechtlich gestützten Durchsetzungsmöglichkeit hat sich nichts geändert70. Im übrigen hat aber die Neuregelung für eine erhebliche Erweiterung gesorgt. Auf Parteiantrag hin hat das Gericht das Hauptverfahren auszusetzen, damit der Beweisführer gem. § 371 Abs. 2 S. 2 in Verb. mit §§ 429 bis 432 in einem Nebenverfahren die Vorlegung des Augenscheinsobjekts auf materiellrechtlicher Grundlage erzwingen kann. Einfacher und wegen der Entbehrlichkeit eines materiellrechtlichen Anspruchs71 wesentlich weiter reichend ist der Antrag auf Erlass einer Anordnung von Amts wegen nach §§ 371 Abs. 2 S. 1, 144 Abs. 1. Das Betreten einer Wohnung ist wegen Art. 13 GG nur sehr eingeschränkt möglich. Sowohl das Gericht als auch ein von ihm als Augenscheinsmittler eingesetzter Sachverständiger können sich nicht auf Art. 13 Abs. 2 (Durchsuchungsmöglichkeit72) und wohl auch nicht auf Art. 13 Abs. 7 (Abs. 3 a.F., Gefahrenabwehrmaßnahmen) stützen73. Ohne besondere gesetzliche Grundlage zum Eingriff in die geschützte persönliche Lebenssphäre der Wohnräume ist man auf eine freiwillige Mitwirkung angewiesen74. Der Gesetzgeber hat eine derartige Eingriffsbefugnis nicht geschaffen, sondern im Gegenteil in § 144 Abs. 1 S. 3 die Wohnung einer Partei oder eines Dritten von Duldungspflichten generell ausgenommen. Die Pauschalität des § 144 Abs. 1 S. 3 hat die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten, die Art. 13 GG bei nichtpolizeilichen Aktivitäten eventuell eröffnet, nicht ausgelotet. Näher dazu § 371 IV 2 Rdn. 45. Handelt der Dritte bei einer Mitwirkungsverweigerung im Einvernehmen mit oder gar auf Weisung einer Partei, steht sein Verhalten der Weigerung dieser Partei gleich75. Dasselbe gilt bei einer Weigerung ihres Rechtsnachfolgers oder -vorgängers, ihres gesetzlichen oder gewillkürten Prozessvertreters oder des Rechtsinhabers bei Prozessstandschaft76.
2587 168 AK-ZPO/Rüßmann vor § 371 Rdn. 5; Schulte NJW 1988, 1006, 1009. 69 2588 2 MünchKommZPO/Damrau2 § 371 Rdn. 10; Bruns, Zivilprozessrecht § 34 Rdn. 181. 2589 370 Musielak/Huber6 § 371 Rdn. 14; Thomas/ Putzo/Reichold28 vor § 371 Rdn. 2; Zöller/ Greger26 § 371 Rdn. 6. 2590 471 Musielak/Huber6 § 371 Rdn. 14; Zöller/ Greger26 § 371 Rdn. 6. 2591 572 Zum Begriff der Durchsuchung und der Abgrenzung von Art. 13 Abs. 2 und 13 Abs. 7 GG BVerwG NJW 2006, 2504 (bauaufsichtliches Betreten und Besichtigung einer Wohnung). 2592 673 BVerfGE 75, 318, 327 f. = NJW 1987, 2500, 2501: offengelassen für Art. 13 Abs. 3 GG a.F. Dort ging es um eine Beschlussverfügung, die dem Dritten aufgab, das Aufstellen eines Messmikro-
phons für Schallmessungen eines Sachverständigen in einer Doppelhaushälfte zu dulden. Zur Begutachtung im Bürogebäude eines Dritten bei behaupteten Brandschutzmängeln KG NJW-RR 2006, 241. 2593 774 Zur fehlenden gesetzlichen Grundlage für eine Anordnung des Insolvenzgerichts gegenüber dem Schuldner, dem vorläufigen Insolvenzverwalter das Betreten der Wohn- und Geschäftsräume zu gestatten, s. BGH ZIP 2004, 915 m. Anm. Bähr EWiR § 5 InsO 1/04 S. 499 f. 75 2594 8 RGZ 101, 197, 198 (zu § 444); Zöller/Greger26 § 371 Rdn. 6; MünchKommZPO/Zimmermann3 § 371 Rdn. 29; Bruns, Zivilprozessrecht § 34 Rdn. 181; für Anwendung des § 286: Stein/Jonas/Berger22 vor § 371 Rdn. 42. 2595 976 RGZ 101, 197, 198.
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III. Grenzen der Mitwirkungspflichten bei der Beweisaufnahme 1. Differenzierung zwischen Prozessparteien und Dritten
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Unabhängig davon, ob eine allgemeine prozessuale Mitwirkungspflicht befürwortet wird, oder ob jenseits existierender materiellrechtlicher Duldungs- oder Handlungspflichten zur Ermöglichung einer Beweiserhebung (Augenscheinseinnahme) nur begrenzte Ersatzstrategien praktiziert werden, scheiden Beweiserleichterungen zugunsten des Beweisführers als Reaktion auf die schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige)77 Beweisvereitelung des Beweisgegners aus, wenn sich der Beweisgegner auf einen triftigen Grund für seine Weigerung berufen kann78. Je weitherziger prozessual motivierte Mitwirkungspflichten, gleich auf welcher Rechtsgrundlage, bejaht werden, desto stärker rücken die Gründe für eine berechtigte Weigerung des Prozessbzw Beweisgegners in den Mittelpunkt der Diskussion. Dies gilt dann, vom Standpunkt der Rechtsprechung aus gesehen, nicht nur für die Grenzen sekundärer Behauptungslasten, sondern auch für Pflichten zur Vorlage von Beweisgegenständen, zur Ermöglichung ihrer Besichtigung und − für die Augenscheinseinnahme nicht bedeutsam − zum Hinweis auf die Existenz von Beweismitteln, zur Benennung der ladungsfähigen Anschriften von Zeugen sowie zur Entbindung von Schweigepflichten. Diese Probleme bleiben weitgehend verdeckt, solange die pauschale Aussage in den Vordergrund gestellt wird, niemand müsse zum Prozesssieg seines Gegners beitragen. Solange außerhalb des Prozessrechtsverhältnisses stehende Dritte allenfalls auf der Grundlage materiellrechtlicher Pflichten zur Mitwirkung an der Beweisaufnahme verpflichtet waren, sorgte das materielle Recht für eine Pflichtengrenze, gegebenenfalls durch Anwendung des § 242 BGB (vgl. dazu auch § 422 II 3 c Rdn. 17). Dies gilt ungeachtet der Reform von 2001 auch weiterhin im Anwendungsbereich der Vorlagepflichten für Urkunden (§§ 422 bis 432) sowie für elektronische Dokumente (§ 371 Abs. 2 S. 2 in Verb. mit §§ 422 bis 432) oder sonstige vorlegungsfähige Augenscheinsobjekte (analog § 371 Abs. 2 S. 2) und für eventuelle Ansprüche auf Duldung der Besichtigung von Örtlichkeiten. Wird hingegen eine gerichtliche Anordnung nach § 144 Abs. 1 (gegebenenfalls auf Antrag nach § 371 Abs. 2 S. 1) auf Vorlage von Augenscheinsobjekten oder auf Besichtigungsduldung erlassen, folgt deren Begrenzung aus dem gesetzlichen Tatbestand des § 144 Abs. 2 S. 1, der auf die Zeugnisverweigerungsrechte nach §§ 383 bis 385 und auf sonstige Unzumutbarkeit abstellt. Dasselbe gilt für die von Amts wegen getroffene Urkundenvorlegungsanordnung nach § 142 Abs. 2 S. 1.79 In der Sache werden sich keine Unterschiede zwischen richterrechtlichen bestimmten und ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen Zumutbarkeitsgrenzen ergeben; die Bezugnahme auf §§ 383 ff. erleichtert freilich partiell die Rechtsanwendung. Unterschiedliche Reichweite haben die Zumutbarkeitsgrenzen für Prozessparteien und für Dritte. Durch Rechtsanwendung festgelegte Grenzen für den Prozessgegner (dazu nachfolgend 2 Rdn. 34 ff.) gelten erst recht für Dritte.
2596 177 BGH VersR 1963, 389, 390. 2597 278 Zur Notwendigkeit eines triftigen Grundes für die Verweigerung der Bekanntgabe der Anschriften von Unfallzeugen: BGH NJW 1960, 821, für die Nichtentbindung einer Bank von ihrer Verschwiegenheitspflicht zur Einholung einer Bankauskunft: BGH NJW 1967, 2012, oder für die
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Nichtentbindung von der beruflichen Verschwiegenheitspflicht: BGH MDR 1984, 48; BGH NJW-RR 1988, 962, 964; BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Prozessverhalten 1. 2598 379 Dazu BGH (III. ZS) NJW 2007, 155, Tz. 5; OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 250; s. ferner BGH (X. ZS) NJW-RR 2007, 106, Tz. 37.
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2. Unbenannte Grenzen zugunsten des Beweisgegners a) Zumutbarkeit, Verhältnismäßigkeit, Erforderlichkeit. Teilweise wird zur Gewinnung von Gegengründen auf die Zumutbarkeit80 abgestellt, teilweise der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit81 benannt. Während die Zumutbarkeit etwaige rechtlich geschützte bzw schützenswerte Gegeninteressen des Beweisgegners betrifft, erfasst die Verhältnismäßigkeit die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Augenscheinseinnahme zur Tatsachenfeststellung sowie die Proportionalität zwischen Feststellungsziel und Art und Intensität der Beeinträchtigung der Güter des Beweisgegners. Anzuwenden sind beide Gesichtspunkte. Zu den Kriterien der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit könnte der Gedanke der Subsidiarität von Beweisaufnahmen, die auf eine Mitwirkung des Gegners angewiesen sind, hinzutreten82, der sich aus einer streng durchgeführten Prüfung der Erforderlichkeit ergibt. Da das Ergebnis richterlicher Zumutbarkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfungen schwer prognostizierbar ist, darf der Beweisgegner, der redlich auf eine Anerkennung seines Weigerungsgrundes hofft, nicht durch eine richterliche Entscheidung überrascht werden, die (zumindest für die betreffende Instanz) nicht mehr korrigierbar ist. Daher hat das Gericht den Beweisgegner rechtzeitig auf die beabsichtigte Schlussfolgerung hinzuweisen83. Unzumutbar ist eine Mitwirkung bei fehlender Kostendeckung84. Für sie hat jedoch das JVEG 2004 gesorgt (näher dazu § 371 IV 2 b Rdn. 23 und § 420 III Rdn. 15). Prozessfremde Verwertungszwecke sind über § 242 BGB auszuschließen: So war es für das Begehren der Schwester von Nietzsche, eine Fremdveröffentlichung von dessen Briefen, deren Abschriften sich im Besitz der Beklagten befanden, auf urheberrechtlicher Grundlage zu unterbinden, nicht erforderlich, eine auf §§ 422, 425 ZPO, 809 BGB gestützte Vorlageanordnung zu erlassen; sie hätte diese Briefabschriften zur beabsichtigten eigenen Veröffentlichung benutzen können und damit die Verwertung durch die Beklagten gefährdet85.
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b) Körperliche Untersuchungen. Eingriffe in die Körpersubstanz, die nicht völlig belanglos sind, dürften so gut wie nie durch ein überwiegendes Interesse des Beweisführers zu rechtfertigen sein; für weiterreichende Beweisanordnungen lässt sich kein Erst-Recht-Schluss aus § 372a ableiten. Die Rechtsprechung hat Unzumutbarkeit z.B. angenommen bei einer Operation mit lebensgefährlichen und gesundheitsgefährdenden Risiken86. Zumutbarkeit wurde demgegenüber bejaht bei einem unerheblichen ärztlichen Eingriff, der nicht mit starken Schmerzen verbunden ist87. Bei körperlichen Eingriffen nicht völlig unerheblicher Art darf die Entscheidung nicht der von ihr betroffenen Prozesspartei überlassen werden; schon der indirekte staatliche Zwang infolge einer das Wahlrecht eröffnenden Beweisanordnung ist abzulehnen88.
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2599 180 BGH NJW-RR 2007, 106, 107, Tz. 42 (verfassungsrechtlich abgeleitet); BGH VersR 1958, 785, 786; OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 250, 251; OLG Düsseldorf VersR 1985, 457, 458; Peters ZZP 82 (1969), 200, 221 ff. 81 2600 2 BGH NJW-RR 2007, 106, 107, Tz. 42; BGH NJW-RR 2007, 2989, 2992, Tz. 20 = ZZP 120 (2007), 513 m. Anm. Völzmann-Stickelbrock; AK-ZPO/Rüßmann vor § 371 Rdn. 3; MünchKommZPO/Zimmermann3 § 371 Rdn. 28; Stürner, Aufklärungspflichten S. 138.
2601 382 Dafür Stein/Jonas/Berger22 vor § 371 Rdn. 41. 2602 483 Ebenso Stein/Jonas/Berger22 vor § 371 Rdn. 41. 2603 584 So schon RGZ 63, 408, 411. 2604 685 RGZ 69, 401, 406. 86 2605 7 OLG Düsseldorf VersR 1985, 457, 458 (dort: Operation zur Aufklärung eines ärztlichen Behandlungsfehlers bei fehlgeschlagener Tubensterilisation). 2606 887 BGH VersR 1958, 785, 786. 2607 988 So auch OLG Düsseldorf VersR 1985, 457, 458.
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Untersuchungen des Geisteszustands einer Prozesspartei waren früher spezialgesetzlich geregelt für das Entmündigungsverfahren (§ 654 a.F., Beteiligtenvernehmung unter Zuziehung eines Sachverständigen als Akt der Beweisaufnahme) und für Scheidungsgründe nach den früheren §§ 44 f. EheG (§ 623 a.F.), deren analoge Anwendung auf Eheaufhebungsklagen der BGH abgelehnt hat89. Sie kommen heute vor, wenn die Prozessfähigkeit gem. §§ 51, 52, 56 Abs. 1 von Amts wegen zu untersuchen ist. Eine zwangsweise psychiatrische Untersuchung kommt nicht in Betracht.90 In der Gesellschaft vorhandene Vorbehalte gegen psychiatrische Untersuchungen oder stationäre Behandlungen begründen kein Weigerungsrecht zu Lasten des Prozessgegners. Wird z.B. bei der Abwicklung der Folgen eines Verkehrsunfalls darüber gestritten, ob seit Jahren anhaltende Gesundheitseinbußen mit darauf beruhender Arbeitsunfähigkeit auf eine bisher nicht erkannte unfallbedingte Nervenverletzung oder auf die Fehlverarbeitung der Unfallfolgen zurückzuführen sind, kann der Geschädigte die angeordnete Begutachtung durch einen Psychiater nicht verweigern, weil er an organische Ursachen glaubt und einen Neurologen beauftragt sehen möchte91.
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c) Persönlichkeitsschutz. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das ein Recht auf Respektierung des geschützten Bereichs begründet92, setzt Grenzen, wenn Vorgänge oder Zustände des engeren persönlichen Lebensbereiches, u.a. der Privat- und Intimsphäre einschließlich des vertraulich gesprochenen Wortes und privater Aufzeichnungen, offenbart werden sollen, indem sie z.B. durch psychologische Untersuchungen93 oder Tests aufgeklärt oder ihre Geheimhaltung mit Sanktionen versehen werden sollen94. Vom absolut geschützten Kernbereich, den das Bundesverfassungsgericht dem Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG zuordnet95, den es allerdings in ihm vorgelegten Sachverhalten nicht als betroffen angesehen hat, ist der Bereich privater Lebensgestaltung zu unterscheiden, der im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter96 unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit durch staatliche Gewalt eingeschränkt werden darf97. Welche Verbote der Beweiserhebung mit direkten oder indirekten98 Sanktionen oder welche Verwendungsbeschränkungen für das Beweisprotokoll daraus folgen, ist nicht hinreichend geklärt. Allenfalls ist gesichert, dass die Wahrheitspflicht der
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2608 189 BGH NJW 1952, 1215. Eine Zwangsuntersuchung im Pflegschaftsverfahren verneinte BayObLG MDR 1972, 871. 2609 290 BGH NJW 1962, 1510, 1511; OLG Schleswig SchlHA 1984, 184. Es bleibt bei hinreichenden Anhaltspunkten für Prozessunfähigkeit nach Ausschöpfung aller erschließbaren Erkenntnisquellen nur eine Beweislastentscheidung zu Lasten der betroffenen Partei: BGH NJW 1996, 1059, 1060; NJW 2000, 289, 290. Zur psychiatrischen Untersuchung eines Schiedsrichters s. BGHZ 98, 32 und eines Gesellschafters im Hinblick auf seine Eignung als Geschäftsführer BGH NJW 1958, 1491. 91 2610 3 BGH VersR 1973, 1028, 1029. RGZ 60, 147, 149 f. verlangt von einem Unfallgeschädigten mit schwerer Neurasthenie unter dem Gesichtspunkt des § 254 Abs. 2 BGB stationäre Behandlung in einer Nervenheilanstalt zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. 2611 492 BVerfGE 54, 148, 153 ff. = NJW 1980, 2070, 2071 − Fall Eppler.
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2612 593 Zu behördlich angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachten BVerfGE 89, 69, 82 ff. = NJW 1993, 2365, 2366. 2613 694 Für enge Grenzen der Geheimhaltung im Zivilprozess Stürner, Aufklärungspflichten S. 207. 2614 795 BVerfGE 27, 1, 6 = NJW 1969, 1707 − Mikrozensus; 80, 367, 374 = NJW 1990, 563 − tagebuchähnliche Aufzeichnungen. 96 2615 8 BVerfG NJW 1997, 1769 – Abstammungsauskunft. 2616 997 BVerfGE 27, 344, 350 = NJW 1970, 555 – Scheidungsakten; 34, 238, 245 f. = NJW 1973, 891, 892 − heimliche Tonbandaufnahme; 80, 367, 374; NJW 1997, 1769 – Abstammungsauskunft; dazu v.Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl. Band 1 2005, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 16, 88, 173. 98 2617 10 Auch indirekte Sanktionen, die an eine Verweigerung der Teilnahme an einer Beweiserhebung anknüpfen, können Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG darstellen, vgl. BVerfG NJW 1993, 2365, 2366: drohender Entzug der Fahrerlaubnis.
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Parteien im Zivilprozess Grenzen hat99. Entscheidungen zum Strafprozessrecht lassen sich wegen der unterschiedlichen Kollision der Interessenlagen nicht auf den Zivilprozess übertragen; während im Strafprozess nur der staatliche Strafanspruch zurücktritt, bedeuten Beschränkungen der Stoffsammlung im Zivilprozess, dass eine Partei zu Lasten der anderen Partei begünstigt wird. Das BVerfG sieht demgegenüber für die Grundrechtsbindung keinen Unterschied, ob die Verwertung von „grundrechtsrelevanten Informationen“ in einem Strafprozess oder in einem Zivilprozess erfolgen soll100. Inwieweit aus der rechtswidrigen außergerichtlichen Beschaffung von Beweismitteln Verwertungsverbote abzuleiten sind, ist ein gesondertes Thema (dazu vor § 286 Teil B IV Rdn. 53 ff.). Die Entscheidungspraxis ist eklektisch: Eine Aussagepflicht des Schuldners gegen sich selbst besteht im Insolvenzverfahren nur, wenn eine Aufklärung anders nicht möglich ist; der Inhalt der Akten darf in anderen Verfahren nicht verwertet werden101. Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung begründet kein Recht auf Verschaffung von Kenntnissen gegen die Mutter102. Bezogen auf psychiatrische Gutachten besteht kein allgemeines Akteneinsichtsrecht103. Ehescheidungsakten dürfen, soweit sie − wie in der Zeit vor Einführung des Zerrüttungsprinzips − Angaben über die Ehepartner oder über die Ehe störende Dritte enthalten, an den Untersuchungsführer in einem Disziplinarverfahren nur übersandt werden, wenn das Dienstvergehen eines Beamten oder Soldaten in der qualifizierten Ehestörung besteht104. d) Substanzeingriff in Sachen. Eingriffe in Bauwerke oder die Substanz anderer Beweisgegenstände durch Öffnen von Bauteilen, Entnahme von Proben, Grabungen und Bohrungen auf Grundstücken etc., wie sie in Bauprozessen bei Begutachtungen die Regel sind, hat der Gegner hinzunehmen, wenn die Substanzbeeinträchtigung geringfügig ist, durch einen Fachmann erfolgt und die Wiederherstellung in natura technisch und finanziell sichergestellt ist105. Für diese Situationen wäre eine Bejahung der Subsidiarität der Beweiserhebung zu begrüßen. Ohne weiteres sind Augenscheinseinnahmen (funktional verstandene Besichtigungen) hinzunehmen, die durch Betasten, Vermessen, Wiegen, Klopfen oder unter Verwendung von Hilfsmitteln wie Mikroskop, Endoskop, Quarzlampe, Schallerzeugern etc. erfolgen106; objektiv unbegründete Ängste oder subjektive Abneigungen gegen Untersuchungsmethoden, etwa die Verwendung ionisierender Strahlungsquellen zur Aufklärung von Materialfehlern oder fehlerhaften Schweißnähten, begründen keine Unzumutbarkeit. Hinzunehmen ist auch die Demontage von Maschinen oder Geräten, wie sie ohne Beschädigung im Rahmen einer Wartung oder Reparatur ebenfalls vorgenommen werden könnte, und erst recht die Inbetriebsetzung nach Maßgabe der Betriebsanleitung. Bei notwendiger Unterbrechung von Betriebsabläufen (Produktionsprozessen) muss die Entschädigung des Betriebsausfalls sichergestellt sein, ebenso die Entschädigung für
2618 199 v.Mangoldt/Klein/Starck5 Art. 2 Abs. 1 Rdn. 105. 100 22619 BVerfGE 106, 28, 48 = NJW 2002, 3619, 3623 − Lauschzeuge. 101 32620 BVerfGE 56, 37, 42 ff. = NJW 1981, 1431, 1433. 102 2621 4 BVerfG NJW 1997, 1769, 1770. 103 52622 BPatG NJW 1975, 600 f. 104 62623 BVerfGE 27, 344, 350 f.; 34, 205, 208 f. S. auch die Begrenzung der Verwertung von Scheidungsakten im Streit um die einkommensteuerliche Zu-
sammenveranlagung von Ehegatten durch BFH DStR 1991, 1149. 105 72624 Zum Wiederherstellungserfordernis Stürner, Aufklärungspflichten, S. 139. Er bejaht a.a.O. Fn. 28 einen gegen den Staat gerichteten öffentlichrechtlichen Leistungsanspruch analog zum Entschädigungsanspruch der Zeugen und Sachverständigen. 106 82625 S. dazu BGHZ 93, 191, 208 = GRUR 1985, 512, 516 − Druckbalken = JZ 1985, 1096 m. Anm. Stürner/Stadler (zu § 809 BGB).
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den Verbrauch von Betriebsstoffen (Energie etc.) und Material für später unverwertbare Produktionsmuster. e) Technische und geschäftliche Geheimnisse
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aa) Schutzfähigkeit gewerblicher Geheimnisse. Gewerbliche Geheimnisse (technische Geheimnisse, Geschäftsgeheimnisse) begründen für Prozessparteien nicht schlechthin einen Weigerungsgrund, auch wenn sie verfassungsrechtlichen Schutz durch Art. 12 Abs. 1 GG genießen107. § 384 Nr. 3 ZPO, der den Zeugen vor Offenbarung derartiger Geheimnisse schützt, kann nicht analog herangezogen werden, weil für ihn als unbeteiligten Dritten die Zumutbarkeitsschwelle niedriger liegt108. In entsprechender Weise wird in § 142 Abs. 2 S. 1 und in § 144 Abs. 2 S. 1 zwischen Prozessparteien und Dritten differenziert und spricht § 451 bei der Parteivernehmung keine Verweisung auf § 384 Nr. 3 aus. Zu den schutzwürdigen Geschäftsgeheimnissen gehören u.a. Unterlagen über Kreditwürdigkeit, Kalkulation, Erträge, Kundenbeziehungen, Bezugsquellen und Marktstrategien, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind, die für Außenstehende, insbesondere Konkurrenten, wissenswert sind und deren Bekanntwerden dem Unternehmen erhebliche Nachteile bereiten kann109. Im Zivilrecht sind in besonderer Weise die materiellrechtlichen Gebiete des Kartellrechts, des Rechts gegen unlauteren Wettbewerb und der Sonderschutzrechte des geistigen Eigentums, insbesondere des Patentrechts und des Urheberrechts, betroffen. Dabei ist nicht nur an Sachsubstrate des geistigen Eigentums zu denken, sondern auch an Schutzmechanismen zur Aufklärung von Rechtsverletzungen, etwa an Merkmale zur Markierung der Echtheit einer Ware110. Unterschieden wird zwischen dem Schutz der beweisbelasteten und der nicht beweisbelasteten Partei. Die beweisbelastete Partei soll sich entscheiden müssen, ob sie die ihr günstigen streitigen Tatsachen, aus denen ihr Geheimnis besteht, vortragen und damit offenbaren will − gleichgestellt ist die Offenlegung von Befundtatsachen in trotz substanzarmen Parteivortrags eingeholten Sachverständigengutachten −, oder ob sie den Prozessverlust riskieren will; demgegenüber kann die nicht beweisbelastete Partei ihr schutzwürdiges Geheimnis bewahren, ohne sich dem Vorwurf der Beweisvereitelung auszusetzen und einen darauf gestützten Prozessverlust zu riskieren111. Gegenüber materiellrechtlichen Vorlageansprüchen wirkt ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse über § 242 BGB anspruchsbegrenzend112. Denkbar ist, dass sich beide Prozessparteien auf Geheimnisse berufen; sie können ineinander verwoben sein, etwa wenn der Kläger für ein Computerprogramm Urheberrechtsschutz behauptet und der Beklagte einwendet, seine Bearbeitung des klägerischen Programms verwende nur frei benutzbare, also schutzunfähige Programmteile, jedoch genieße die Bearbeitung ihrerseits Schutz113. Die Rechtsprechung hat sich mit dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen zum Teil bei der Aufstellung sekundärer Behauptungslasten in Entscheidungen zu § 5 UWG (Irreführungsverbot; § 3 UWG a.F.) zu befassen gehabt. So musste der Werbende, der 107 2626
1 BVerfG MMR 2006, 375, 376 − Dt. Telekom. 108 22627 Stürner, Aufklärungspflichten, S. 228; so wohl auch Gottwald BB 1979, 1780, 1782 f. (insbesondere bei Fn. 47); a.A. Schreiber, Urkunde im Zivilprozess, S. 181. 109 32628 Vgl. OVG Lüneburg NJW 2003, 1889 (LS) = NVwZ 2003, 629. 110 42629 OG Zürich sic! 2003, 433 − Levi’s Jeans II.
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Vgl. dazu Stürner JZ 1985, 453, 457, 458 ff.; Stadler NJW 1989, 1202, 1204 f.; nur referierend Mayen AnwBl. 2002, 495, 498. 112 62631 Zur Vorlegung nach § 422 ZPO: Schreiber, Urkunde im Zivilprozess, S. 180; näher dazu § 422 II 3 b Rdn. 14. 113 72632 Fallbeispiel von Lachmann NJW 1987, 2206, 2210.
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die Herstellung seines Produkts nach einem alten ostpreußischen Rezept behauptete, Angaben zur Herkunft dieses Rezepts machen, nicht jedoch den Rezeptinhalt verraten114. Bei Behauptung einer Spitzenstellung auf dem Markt („Euro-Spirituosen“) war es erforderlich, ungefähre Umsatzabgaben als Indiz für die Unternehmensgröße und die Stellung auf dem europäischen Markt zumachen115. Bei Bewerbung eines juristischen Pressedienstes unter Angabe einer großen Zahl hochrangiger Mitarbeiter musste dargelegt werden, wie viele der freien Mitarbeiter regelmäßig Beiträge lieferten, hingegen mussten deren Namen nicht benannt werden116. bb) Verfahrensrechtliche Schutzgewährung. Die Einführung eines einseitigen Geheimverfahrens, das nicht identisch ist mit dem bloßen Ausschluss der Öffentlichkeit gem. § 172 Nr. 2 GVG und der zusätzlichen Auferlegung einer strafbewehrten (§ 353d Nr. 2 StGB) Schweigepflicht gem. § 174 Abs. 3 S. 1 GVG, müsste den prozessualen Informationsfluss zur Gegenpartei begrenzen, ihr also die Einsicht in Urkunden, Augenscheinsobjekte sowie sonstige Unterlagen, in Anknüpfungs- und Befundtatsachen von Sachverständigengutachten und die Wahrnehmung einschlägiger Zeugenvernehmungen vorenthalten. Das ist wegen der Beeinträchtigung rechtlichen Gehörs zu Lasten der ausgeschlossenen Partei umstritten117. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, verankert im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), gebietet eine Lösung, die für die Effektuierung des Rechtsschutzes beider Parteien unter Wahrung des Geheimnisses sorgt. Ein Geheimverfahren sollte allerdings wegen der notwendigen Detailgestaltung nicht allein richterrechtlich eingeführt und gestaltet werden118, auch wenn dies aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes verfassungsrechtlich geboten sein kann. Vorbilder existieren für den Zivilprozess in den USA und in der Schweiz119. Für den Verwaltungsgerichtsprozess hat § 99 Abs. 2 VwGO durch Gesetz vom 20.12.2001120 ein In-Camera-Verfahren geschaffen. In diesem Zwischenverfahren werden auf Antrag eines Beteiligten von einem speziellen Fachsenat des OVG oder des BVerwG die Geheimhaltungsgründe des § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO geprüft, wenn eine Behörde die Aktenvorlage unter Berufung auf derartige Gründe verweigert. Der Antrag ist beim für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Das Zwischenverfah-
114 2633
1
BGH GRUR 1963, 270, 271 − Bärenfang = LM Nr. 56 zu § 3 UWG. 2634 2115 BGH GRUR 1970, 461, 463 − Eurospirituosen. S. auch BGH GRUR 1971, 164, 167 – Discountgeschäft. 116 2635 3 BGH GRUR 1961, 356, 359 − Pressedienst = NJW 1961, 826, 828. 117 42636 Befürwortend Stürner, Aufklärungspflichten, S. 223 ff.; Stürner/Stadler JZ 1985, 1104; Stadler NJW 1989, 1202, 1204 (Ausschluss der Parteien von der Verhandlung, mit rechtsvergleichenden Hinweisen); Ros. Werner, FS Pfeiffer, 1988, S. 821, 832 ff. Praktiziert in BAG NJW 1993, 612 (betr. anonymisierte Gewerkschaftsmitgliedschaft für Betriebsratswahl). Ablehnend BVerfG NJW 1995, 40 f. (abstellend auf Umstände des Einzelfalles); BGH NJW 1996, 391 − Anonymisierte Mitgliederliste; NJW 1994, 2899 (betr. Vergleichswohnungsdaten); BGHZ 116, 47, 48 = NJW 1992, 1817, 1819 − Amtsanzeiger; der Amtsanzeigerentscheidung folgend
BVerwG, Beschl. v. 15.8.2003, WuW/E DE-R 1213, 1215 − Kalkulationsgrundlagen; Baumgärtel FS Habscheid, 1989, S. 1, 6 ff.; Kürschner NJW 1992, 1804, 1805; Prütting/Weth DB 1989, 2273, 2278; dies. NJW 1993, 576, 577; Prütting ZZP 106 (1993), 427, 461; Giem WuW 1999, 1182, 1187 f. (zum Verfahren vor der Vergabekammer). Zur Geheimhaltung in allen Stadien des Verfahrens von der Darlegung im Sachvortrag über die Beweiserhebung bis zur Beurkundung im Urteil und zu den von der Geheimhaltung betroffenen Rechtsprinzipien Ahrens JZ 1996, 738 in Anm. zu BGH-Anonymisierte Mitgliederliste. 118 2637 5 Anders Wagner ZZP 108 (1995), 193, 217. 119 2638 6 Kurze rechtsvergleichende Hinweise bei Stadler NJW 1989, 1202, 1205; Wagner ZZP 108 (1995), 193, 211, 214; Cosack/Tomerius NVwZ 1993, 841, 844 f. 120 72639 BGBl. 2001 I S. 3987. Regelung als Reaktion auf die Entscheidung BVerfGE 101, 106 = NJW 2000, 1175.
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ren unterliegt den Regelungen des materiellen Geheimnisschutzes; anzuwenden sind die Sicherheitsüberprüfungsgesetze des Bundes und der Länder. Die Beteiligten haben kein Recht auf Akteneinsicht; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der Urkunden oder Akten nicht erkennen lassen. Das nichtrichterliche Personal ist in den Geheimnisschutz eingebunden. Zulässig ist der Antrag auf Durchführung des Zwischenverfahrens nur, wenn die Hauptsacheentscheidung nur von der Rechtmäßigkeit der Auskunftsverweigerung abhängt. Einbezogen sind nicht nur Verfahren, deren Streitgegenstand auf Einsichtnahme in Akten oder die Erteilung einer Auskunft gerichtet ist, sondern auch solche Verfahren, in denen sich der Informationszugang auf inzident entscheidungserhebliche Tatsachen bezieht. Ein In-Camera-Verfahren vor dem Gericht der Hauptsache schließt § 99 Abs. 2 VwGO aus121. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss vom 14.3.2006 die Mängel aufgedeckt, die dem Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO anhaften und die sich aus dessen Anwendung durch das BVerwG ergeben haben122. Gegenstand war ein mehrseitiges Rechtsverhältnis zwischen der TP-Regulierungsbehörde (jetzt: Bundesnetzagentur), der Deutschen Telekom und deren Wettbewerbern, die den entgeltlichen Zugang zu Teilnehmeranschlussleitungen der Telekom begehrten. Der Struktur nach sind die Probleme derartiger Rechtsverhältnisse denen eines Zivilprozesses vergleichbar. Das BVerwG hatte den durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Geheimnisschutz floskelhaft bis zur Grenze der Entstehung „nachhaltiger Nachteile“ zurücktreten lassen wollen. Die Mehrheitsauffassung des BVerfG verlangte eine konkretisierte und nachvollziehbare Abwägung des Interesses der Telekom am Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse gegen das Interesse ihrer Wettbewerber an der Erlangung effektiven Rechtsschutzes gegen eine überhöhte Entgeltfestsetzung zur Herstellung einer praktischen Konkordanz beider Positionen im Zwischenverfahren. Die abweichende Meinung des Richters Gaier hat zutreffend die mangelnde Praktikabilität der Mehrheitsauffassung kritisiert und eine rechtsfortbildende Hereinnahme des In-Camera-Verfahrens in das Hauptsacheverfahren verlangt. Dadurch sei es möglich, Geschäftsgeheimnisse zur Entscheidungsgrundlage zu machen und gleichzeitig die Gewährung rechtlichen Gehörs zu den Geschäftsgeheimnissen zurückzusetzen, soweit dies als ultima ratio zur Bereitstellung effektiven Rechtsschutzes sachlich erforderlich sei123. Dadurch werde die Spannung zwischen effektivem Rechtsschutz und Geheimnisschutz zu einem wirkungsoptimierten Ausgleich gebracht. Das entspricht der Konfliktlage, wie sie sich im Zivilprozess bei Anwendung des § 174 Abs. 3 S. 1 GVG stellt. Die Bereitstellung eines Prozessverfahrens zur Feststellung vertraulicher Informationen ist im Hinblick auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen nach Art. 42 S. 5, 43 des TRIPS-Abkommens124 in den Materien des gewerblichen Rechtsschutzes unabweisbar125; dazu nötigt überdies Art. 7 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des Geistigen Eigentums vom 29.4.2004126. § 174 Abs. 3 S. 1 in Verb. 121 2640
1
BVerwG, Beschl. v. 15.8.2003, WuW/E DE-R 1213, 1215 − Kalkulationsgrundlagen. 2 BVerfG MMR 2006, 375 ff. − Dt. Telekom. 123 2642 3 BVerfG MMR 2006, 375, 384. 124 42643 Übk. vom 15.4.1994, BGBl. 1994 II, S. 1730. TRIPS ist ein Teil der Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO). 125 52644 Dazu Mes FS Hertin (2000) S. 619, 634 f., der selbst allerdings meint (a.a.O. S. 637 f.), mit einem Ausschluss der Öffentlichkeit (§ 172 Nr. 2 122 2641
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GVG) und dem durch §§ 17 ff. UWG strafrechtlich bewehrten Geheimnisschutz sowie dem Gedanken der Treuwidrigkeit der Ausnutzung von Geschäftsgeheimnissen auskommen zu können. 126 2645 6 ABl. EU Nr. L 195 v. 2.6.2004 S. 16 (berichtigte Fassung). Zur Umsetzung Ahrens GRUR 2005, 837 ff. (mit Gesetzgebungsvorschlag); Bornkamm FS Ullmann (2006) S. 893 ff.; Tilmann FS Ullmann (2006) S. 1013 ff.
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mit § 172 Nr. 2 und 3 GVG drängt die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung von Informationen für eigene Zwecke der gegnerischen Prozesspartei nicht hinreichend zurück127. Die Vorschrift erlaubt nur, die fraglichen Tatsachen der Öffentlichkeit vorzuenthalten, nicht hingegen, die Verfahrensbeteiligten selbst von einer Kenntnisnahme auszuschließen oder sie darin zu behindern128. Eine rechtspolitische Verbesserung läge in der Aufrichtung einer gerichtlich anzuordnenden Informationssperre (chinese wall) zwischen anwaltlichem Prozessvertreter und seiner Naturalpartei129, die für den Fall der Missachtung von einer scharfen berufsrechtlichen Sanktion gegen den Anwalt flankiert werden müsste. Vorgeschlagen worden ist sogar, einen zusätzlichen, gerichtlich bestellten Rechtsanwalt zwischenzuschalten130. Notwendig wäre außerdem die partielle Anordnung der Inquisitionsmaxime. Ohne Tätigwerden des Gesetzgebers kann zugunsten der Prozesspartei, die das Geheimnis offenbaren müsste, interpretatorisch die Substantiierungslast einstweilen herabgesetzt werden, damit zunächst eine richterliche Geheimhaltungsanordnung ergehen kann131. Der im Rechtsschutz des geistigen Eigentums anerkannte Wirtschaftsprüfervorbehalt bewirkt eine Beweisführung durch einen neutralen und zur Verschwiegenheit verpflichteten Beweismittler. Die Zwischenschaltung eines Wirtschaftsprüfers ist nur auf akzessorische Auskunftsverpflichtungen anzuwenden132. Mit diesem Verfahren kann der Verletzte im Erfüllungsstadium der Auskunfterteilung stichprobenartig durch gezielte Fragen nach der Einbeziehung bestimmter Umsätze, Lieferzeiten oder Abnehmer in die mitgeteilten Unterlagen die Vollständigkeit der Informationserteilung überprüfen133. Die Beweismittlung sorgt nicht für eine Einschränkung der Parteiöffentlichkeit im Erkenntnisverfahren134. Der Geheimhaltungsschutz lässt sich allerdings rechtspolitisch gut begründet in diese Richtung entwickeln, wozu vorrangig der Gesetzgeber aufgerufen ist135. Der Wirtschaftsprüfervorbehalt würde dadurch in einen generellen Beweismittlervorbehalt verwandelt, der auch für gerichtlich bestellte technische Sachverständige gelten würde. Einer sinnvollen rechtspolitischen Lösung steht Art. 103 Abs. 1 GG nicht entgegen. Dieses Justizgrundrecht gewährleistet zwar die Einflussnahme der Parteien auf 127 2646
1
Stadler NJW 1989, 1202, hält eine gesetzliche Ergänzung um ein ausdrückliches Missbrauchsverbot für wünschenswert. 2647 2128 OLG München NJW 2005, 1130, 1131. 129 32648 Dafür bereits de lege lata Leppin GRUR 1984, 695, 697 f.; Stürner, Aufklärungspflichten, S. 223 Fn. 74; Ploch-Kumpf, Der Schutz von Unternehmensgeheimnissen im Zivilprozess, 1996, S. 209. Bedenken äußert Melullis FS Tilmann (2003) S. 843, 853 f. Zur Nutzung der Vorschriften durch die Patentverletzungskammer des LG Düsseldorf Tilmann/Schreibauer FS Erdmann (2002) S. 901, 922; Kühnen GRUR 2005, 185, 191. 130 42649 Stadler NJW 1989, 1202, 1204; Ploch-Kumpf, Der Schutz von Unternehmensgeheimnissen im Zivilprozess, S. 210, 220. 131 2650 5 OLG Nürnberg, BB 1984, 1252, 1253 = CR 1986, 197 m. krit. Anm. Ullmann (ihm folgend Stadler NJW 1989, 1202, 1206), hat unsubstantiierten Vortrag hinsichtlich der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit eines Computerprogramms als ausreichend erachtet, um das Urheberrecht der Klägerin zu schützen, hat aber überdies auch
selbst die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Tatsachen nicht zur Kenntnis genommen. Für Abschwächungen der Substantiierungslast Stürner JZ 1985, 453, 458; Stadler NJW 1989, 1202, 1203 f. Ablehnend Lachmann NJW 1987, 2206, 2209 f. Zu den Möglichkeiten einer das Geheimnis nicht offenbarenden, aber das Bestimmtheitserfordernis wahrenden Antragsfassung Doepner FS Tilmann (2003) S. 105, 117. 132 2651 6 Unanwendbar ist sie bei selbständigen Auskunftsansprüchen: BGHZ 128, 220, 228 = NJW 1995, 1905, 1907 − Kleiderbügel; BGH GRUR 2002, 709, 713 − Entfernung der Herstellungsnummer III; Teplitzky FS Tilmann (2003) S. 913, 916 f. 133 2652 7 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl. 2007, Kap. 38 Rdn. 28. 134 82653 OLG München NJW 2005, 1130, 1131. 135 2654 9 Für eine entsprechende richterrechtliche Handhabung die „Segelanweisung“ für das Berufungsgericht in BGHZ 150, 377, 389 − Faxkarte = GRUR 2002, 1046, 1049 m. Bspr. Tilmann/ Schreibauer GRUR 2002, 1015 ff.
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sämtliche Tatsachenfeststellungen, die die Grundlage der Entscheidung bilden136. Wie aber das BVerfG für das In-Camera-Verfahren in Verwaltungsrechtsstreitigkeiten ausgeführt hat, darf Art. 103 Abs. 1 GG ausnahmsweise eingeschränkt werden, wenn nur dadurch das Ziel verwirklicht werden kann, effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und die aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Rechtsschutzgarantie seien − so das BVerfG − nicht in Gegensatz zu stellen, sondern dienten demselben Ziel137. Für den zivilrechtlichen Rechtsschutz kann nichts anderes gelten. Allerdings darf die Durchführung eines In-Camera-Verfahrens im Rechtsschutzsystem nur eine ultima ratio bilden138. Ein In-Camera-Verfahren vor dem Hauptsachegericht und die gerichtlich angeordnete Schweigepflicht des Anwalts gegenüber der Naturalpartei sind im übrigen keine einander ausschließende rechtspolitische Lösungen139; sie lassen sich vielmehr sinnvoll kumulieren.
§ 284 Beweisaufnahme 1
Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. 2Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art aufnehmen. 3Das Einverständnis kann auf einzelne Beweiserhebungen beschränkt werden. 4Es kann nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage vor Beginn der Beweiserhebung, auf die es sich bezieht, widerrufen werden. Schrifttum (1) Grundlagen Arens Zur Aufklärungspflicht der nicht beweisbelasteten Partei im Zivilprozess, ZZP 96 (1983), 1; Balzer Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2. Aufl. 2005; BenderNack Tatsachenfeststellung vor Gericht, 2 Bände, 2. Aufl. 1995; Brehm Die Bindung des Richters an den Parteivortrag und Grenzen freier Verhandlungswürdigung, 1982; Bosch Grundsatzfragen des Beweisrechts, 1963; Döhring Die Erforschung des Sachverhalts im Prozeß, 1964; Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit, 1978; Habscheid Das Recht auf Beweis, ZZP 96 (1983), 306; Musielak Die Grundlagen der Beweislast im Zivilprozeß, 1975; ders. Zur Sachverhaltsaufklärung im Zivilprozess, Festgabe für Vollkommer, 2006, 237; ders./Stadler Grundfragen des Beweisrechts, 1984; Rödig Die Theorie des gerichtlichen Erkenntnisverfahrens, 1973, 112 ff; E. Schneider Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. 1994; Schreiber Theorie des Beweiswertes für Beweismittel im Zivilprozeß, 1968; Schulz Sachverhaltsfeststellung und Beweistheorie, 1992; Stahlmann Sozialwissenschaftliche Überlegungen zur zivilprozessualen Beweislehre, JA 1978, 157, 216, 268; Stein Das private Wissen des Richters, 1893; Walter Freie Beweiswürdigung, 1979. (2) Beweisarten Bruns Zur Systematik der gesetzlichen Beweisarten im Zivilprozeß, JZ 1957, 489; Hansen Der Indizienbeweis, JuS 1992, 327 und 417; Koch/Steinmetz Möglichkeiten und Grenzen des Freibeweises im Zivilprozeß, MDR 1980, 901; Meyke Die Funktion der Zeugenaussage im Zivil-
136 2655
1
BVerfGE 101, 106, 130 = NJW 2000, 1175, 1178; ebenso Bornkamm FS Ullmann (2006) S. 893, 901 ff. 137 22656 BVerfGE 101, 106, 130 = NJW 2000, 1175, 1178.
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Für eine Übertragung auf den Zivilprozess Bornkamm FS Ullmann S. 893, 909 ff. 138 2657 3 Stürner, Aufklärungspflichten im Zivilprozess, S. 223; Mayen AnwBl. 2002, 495, 502. 139 42658 So aber wohl Mayen AnwBl. 2002, 495, 502.
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prozeß, NJW 1989, 2032; Nack Der Indizienbeweis, MDR 1986, 366; Peters Der sog. Freibeweis im Zivilprozeß, 1962; Völzmann-Stickelbrock Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und Parteiöffentlichkeit – Nicht mehr zeitgemäße oder unverzichtbare Elemente des Zivilprozesses?, ZZP 118 (2005), 359. (3) Beweisanträge Bergmann/Streitz Beweiserhebung in EDV-Sachen, NJW 1992, 1726; Brehm Die Bindung des Richters an den Parteivortrag und Grenzen freier Verhandlungswürdigung, 1982; Ciyiltepe/ Pilarsky Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und seine Auswirkungen auf Beweisanordnungen, 1995; Kofmel Das Recht auf Beweis im Zivilverfahren, 1992; Kopp Die Ablehnung von Beweisanträgen und Beweisermittlungsanträgen als Verletzung des Rechts auf Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, NJW 1988, 1707; Krönig Die Kunst der Beweiserhebung im Zivilprozeß, 3. Aufl. 1959; Meyke Darlegen und Beweisen im Zivilprozess, 2. Aufl. 2001; Schlosser Beweisantrag und Sachverständigengutachten im Statusprozeß, FamRZ 1976, 6; E. Schneider Die zivilprozessuale Beweisantizipation in der neuen Rechtsprechung, MDR 1969, 268; Söllner Zur Bedeutung der Erfahrungssätze bei der Ablehnung von Beweisanträgen, MDR 1988, 363; Sturmberg Der Beweis im Zivilprozess, 1999; Teplitzky Der Beweisantrag im Zivilprozeß und seine Behandlung durch die Gerichte, JuS 1968, 71; ders. Der Beweisantrag im Zivilprozeß, DRiZ 1970, 280; Zöller Die Mikro-, Foto- und Telekopie im Zivilprozeß, NJW 1993, 429. (4) Beweisvereitelung Baumgärtel Die Beweisvereitelung im Zivilprozeß, FS Kralik, 1986, 63; Blomeyer Die Umkehr der Beweislast, AcP 158 (1959), 97; Gerhardt Beweisvereitelung im Zivilprozeßrecht, AcP 169 (1969), 289; Musielak Die Grundlagen der Beweislast im Zivilprozeß, 1975, 133 ff; ders. Hilfen bei Beweisschwierigkeiten im Zivilprozess, Festgabe BGH, Bd. III, 2000, 193, 218; Nolte Betriebliche Dokumentation und Beweismittelvernichtung in amerilanisch-deutschen Wirtschaftsprozessen, 1996; Paulus Die Beweisvereitelung in der Struktur des deutschen Zivilprozesses, AcP 197 (1997), 136; Peters Beweisvereitelung und Mitwirkungspflicht des Beweisgegners, ZZP 82 (1969), 200; Prütting Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983, 186 ff; ders. Beweiserleichterungen für den Geschädigten, Karlsruher Forum 1989, 3; E. Schneider Die Beweisvereitelung, MDR 1969, 4; Stürner Parteipflichten bei der Sachverhaltsaufklärung im Zivilprozeß, ZZP 98 (1985), 237.
Übersicht Rdn I. Die Verweisung des Satzes 1 . . . .
1
II. Recht auf Beweis . . . . . . . . .
4
III. Beweiserhebungsinitiative . . . . . IV. Ziel der Beweiserhebung
9
. . . . .
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V. Gegenstand des Beweises . . . . . 1. Tatsachen . . . . . . . . . . . a) Tatsachentypen . . . . . . . b) Tatsachenwahrnehmung, Tatsachenurteile . . . . . . . . . c) Abwesenheit von Tatsachen . . d) Juristische Tatsachen . . . . . e) Hilfstatsachen (Indizien) . . . f) Rechtsfortbildungstatsachen . . 2. Rechtssätze . . . . . . . . . . 3. Erfahrungssätze, Verkehrssitten, Handelsbräuche . . . . . . . .
12 12 12
VI. Arten und Formen des Beweises . . 1. Begriffliche Gegensatzpaare . . . 2. Hauptbeweis, Gegenbeweis, Gegenteilsbeweis . . . . . . . . .
13 14 15 18 19 21 24 30 30 31
Rdn a) Hauptbeweis . . . . . . . . b) Beweis des Gegenteils . . . . c) Gegenbeweis . . . . . . . . 3. Vollbeweis und Glaubhaftmachung 4. Freibeweis und Strengbeweis . . . a) Abgrenzung zum Strengbeweis, Verbindlichkeit des Strengbeweises . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen des Freibeweises . . . . . . . . . . . . . c) Amtliche Auskünfte, Akten und Urkunden . . . . . . . . . d) Ausländisches Recht . . . . . e) Erfahrungssätze . . . . . . . f) Prozesskostenhilfe . . . . . . g) Prozess- und Rechtsmittelvoraussetzungen . . . . . . . . h) Sachverständige . . . . . . . i) Verfahrensabschnitt ohne mündliche Verhandlung . . . . . . 5. Unmittelbarer Beweis und Indizienbeweis . . . . . . . . . . .
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rdn
VII. Beweismittel . . . . . . . . . . . 1. Beweismittel des Strengbeweises . 2. Sonstige Beweismittel . . . . . . VIII. In Stationen gegliederte Sachverhaltsaufklärung . . . . . . . . 1. Zielsetzung . . . . . . . . . 2. Notwendigkeit und Wirkung von Parteibehauptungen . . . . . 3. Klägerstation . . . . . . . . 4. Beklagtenstation . . . . . . . 5. Beweisstation . . . . . . . . a) Identifizierung streitiger Tatsachen . . . . . . . . . . . b) Beweisantritt . . . . . . . c) Beweisanordnung/Beweisbeschluss . . . . . . . . . . d) Beweisaufnahme . . . . . . e) Mündliche Verhandlung über das Beweisergebnis . . . . . f) Beweiswürdigung . . . . .
57 57 61
. .
65 65
. . . .
66 68 69 70
. .
70 72
. .
75 76
. .
79 80
Rdn IX. Der Beweisantrag . . . . . . . . 1. Antragstellung . . . . . . . . . 2. Inhalt des Antrages . . . . . . . 3. Rücknahme und Verzicht . . . . 4. Zurückweisung des Beweisantrags a) Zurückweisung als Ausnahme . b) Verspätetes Vorbringen . . . . c) Fehlende Beweisbedürftigkeit . d) Bereits erfolgter Beweis . . . . e) Unerheblichkeit der Tatsache . f) Ungeeignetheit der Beweismittel g) Tatsächliche Hindernisse . . . h) Wahrunterstellung . . . . . . i) Erleichterte Ablehnung bei gerichtlichem Ermessen . . . . . j) Sonstige Gründe . . . . . . .
82 82 84 87 90 90 92 93 94 95 96 98 99 100 101
X. Geheimverfahren, Beweisvereitelung . . . . . . . . . . . . . .
102
I. Die Verweisung des Satzes 1
1
2 3
Die Vorschrift beschränkte sich bis zum Erlass des 1. JuMoG vom 24.8.2004 (BGBl. I 2198) auf den heutigen Satz 1. Satz 1 enthält lediglich eine Verweisung auf die §§ 355 bis 484. Zum Beweisrecht zählen darüber hinaus die §§ 284 bis 287, die §§ 291 bis 294, die §§ 485 bis 494 (selbständiges Beweisverfahren), die §§ 142 bis 144 (Beweiserhebung von Amts wegen) sowie verschiedene weitere Vorschriften (etwa § 165 [Beweiskraft des Protokolls], § 313 [Beweiskraft des Urteilstatbestandes], §§ 174 Abs. 4, 175 S. 2, 182, 183 Abs. 2, 184 Abs. 2 S. 4, 195 Abs. 2 [Zustellungsnachweise], § 142 Abs. 3 [Richtigkeit von Urkundenübersetzungen]). In diesem Kommentar werden in den Vorbemerkungen zu § 286 die Darlegungs- und Beweislast und die Beweiserhebungsund Beweisverwertungsverbote dargestellt, in der Kommentierung zu § 286 das Beweismaß und der Anscheinsbeweis) und in der Kommentierung zu § 444 die Beweisvereitelung. Die Regeln der ZPO über die Beweisaufnahme gelten ergänzend kraft Verweisung in mehreren anderen Verfahrensordnungen (vgl. § 58 ArbGG, § 15 FGG, § 98 VwGO, § 82 FGO, § 118 SGG). Die im Jahre 2004 in § 284 eingefügte Regelung der Sätze 2 bis 4 ermöglicht es dem Gericht, mit Einverständnis der Parteien von den Regeln des Strengbeweises abzuweichen und die Beweise in einer geeignet erscheinenden Weise zu erheben, um das Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen (dazu unten VI 4 Rdn. 42 f.).
II. Recht auf Beweis
4
Die Parteien haben ein Recht auf Beweis.1 Es wird teilweise aus dem Justizgewährungsanspruch und dem Recht auf effektiven Rechtsschutz2, teilweise aus dem An1 12659 Zur Entwicklung dieser Rechsfigur Habscheid ZZP 96 (1983), 306 ff. 2 22660 Vgl. Habscheid ZZP 96 (1983) 306, 307; Dütz
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Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz im Privatrecht, 115 f; Walter Freie Beweiswürdigung, 302.
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spruch auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG3 hergeleitet. Der BGH sieht in der Nichtberücksichtigung eines entscheidungserheblichen Beweisangebots einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn das Übergehen des Beweisantrages im Prozessrecht keine Stütze findet.4 Dies stimmt mit der Ansicht des BVerfG überein.5 Das BVerfG hat allerdings auch – für die Beurteilung einer lediglich mittelbaren Beweisführung im Strafprozess (Vernehmung eines „Zeugen vom Hörensagen“) – den aus dem Rechtsstaatsprinzip iVm Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten Anspruch auf ein faires Verfahren herangezogen und von einem Anspruch auf materielle Beweisteilhabe bzw Zugang zu den Quellen der Sachverhaltsfeststellung gesprochen.6 Außerdem hat es zur Stützung der Rechtsstellung des Gegenbeweisführers nach einem Vier-AugenGespräch auf das Erfordernis grundsätzlicher Waffengleichheit und gleichmäßiger Verteilung des Prozessrisikos (Art. 3 Abs. 1 GG) Bezug genommen.7 Aus dem Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren folgt nicht, dass eine dagegen verstoßende Beweiserhebung stets zur (strafprozessualen) Unverwertbarkeit der gewonnenen Beweise führt.8 Die verfassungsrechtliche Unterlegung des Rechts auf Beweis bedeutet, dass Einschränkungen des Rechts verfassungsrechtlich legitimiert werden müssen (dazu auch vor § 286 Teil A VI 1 Rdn. 104).9 Ein angebotenes Beweismittel kann aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleiben.10 Fehlt es an derartigen Gründen, verstößt das Unterlassen der Beweisaufnahme auch dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn der Tatrichter das Beweisangebot zur Kenntnis genommen hat.11 Die Verfassung gebietet es nicht, Beweis von Amts wegen zu erheben, wenn nach den Verfahrensgrundsätzen der maßgeblichen Prozessordnung die zu treffenden Feststellungen von einer hierauf gerichteten Prozesshandlung einer Partei abhängen.12 Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme ist nicht grundrechtlich verankert.13 Nicht gerechtfertigt ist das Übergehen eines Beweisantrages als „unökonomisch“ angesichts des Streitwertes.14 Ein Beweisantrag darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil die zu beweisende Behauptung unwahrscheinlich ist; darin liegt eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung.15 Eine Ausnahme macht § 287 Abs. 1 S. 2 (dazu § 287 VII 2 Rdn. 51 ff.). Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des erstinstanzlichen Richters muss das Berufungsgericht nachgehen;16 es muss einen Zeugen, dessen Glaubwürdigkeit es abweichend vom Erstrichter beurteilen will, auch aus verfassungsrechtlichen Gründen erneut vornehmen.17
3 12661 Hertel Der Urkundenprozess, 34 ff; Schwab/ Gottwald Verfassung und Zivilprozess, 53. 2662 4 2 BGH VersR 2008, 138; BGH (IV. ZS) VersR 2008, 382; BGH (II. ZS) WM 2008, 1453, Tz. 3; BGH NJW 2008, 1311, Tz. 2 u. 6. 5 32663 BVerfGE 50, 32, 36 = NJW 1979, 413, 414; BVerfGE 60, 250, 252; BVerfGE 65, 305, 307 = NJW 1984, 1026; BVerfGE 69, 141, 144 = NJW 1986, 833; BVerfGE (Kammer) NJW 2005, 1487. Ebenso BayVerfGH FamRZ 2007, 1261, 1263 unter Heranziehung von Art. 91 Abs. 1 BV. 2664 6 4 BVerfG (Kammer) NJW 2001, 2245, 2246; BVerfG (Kammer) NJW 2007, 204, 205. S. auch BVerfG (Kammer) NJW 2001, 2531 und dem folgend BAG NJW 2008, 1179, 1180, Tz. 18. 7 52665 BVerfG (Kammer) NJW 2008, 2170, 2171.
8 62666 BGH NJW 2007, 204, 205. 9 72667 Dazu Habscheid ZZP 96 (1983), 306, 308 ff. 10 2668 8 BVerfGE 60, 1, 5 = NJW 1982, 1453; BVerfGE 69, 141, 143 f = NJW 1986, 833; BVerfG NJW 1992, 1875, 1877 (III 1); BVerfGE 96, 205, 216 = NJW 1997, 2310, 2312; BVerfG NJW 2004, 1710, 1712. 2669 911 BGH VersR 2007, 666. 12 2670 10 BVerfG NJW 2008, 2170, 2171. 13 2671 11 BVerfG NJW 2008, 2243, 2244, Tz. 20. 14 2672 12 BVerfG NJW 1979, 413, 414. 15 2673 13 BGH VersR 2008, 382. Auch die Deckungszusage eines Rechtsschutzversicherers darf davon nicht abhängig gemacht werden, OLG Celle VersR 2007, 204, 205. 16 2674 14 BVerfG NJW 2005, 1487. 17 2675 15 BVerfG NJW 2005, 1487.
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Bei der Beweiserhebung über den Inhalt von Vier-Augen-Gesprächen kann es geboten sein, nach einer Zeugenvernehmung die nicht beweispflichtige Naturalpartei im Rahmen der Gegenbeweisführung (erneut) nach § 448 zu vernehmen oder nach § 141 informatorisch anzuhören, um das Beweisergebnis zu erschüttern (dazu auch § 286 II 1 Rdn. 29);18 der geminderte Beweiswert einer Parteiaussage darf erst bei der abschließenden Beweiswürdigung berücksichtigt werden19. Ist der Beweisgegner bei der Zeugenvernehmung anwesend, genügt es, dass er die Möglichkeit hat, seine Version des Gesprächsverlaufs durch eine Wortmeldung nach § 137 Abs. 4 vorzutragen.20 Der Grad des substantiierten Bestreitens darf nicht unzumutbar hoch angesetzt werden, so dass es der nicht beweisbelasteten Partei unmöglich gemacht wird, den Sachverhalt zum Gegenstand einer Beweisaufnahme zu machen.21 Werden die Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten verkannt und Vorbringen des Gegners deshalb im Urteil als unstreitig dargestellt, kommt dieser Beurkundung keine Beweiskraft nach § 314 S. 1 zu; die Nichtberücksichtigung des Vorbringens der bestreitenden Partei hat dann keine verfahrensrechtliche Grundlage und verletzt Art. 103 Abs. 1 GG.22
III. Beweiserhebungsinitiative
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Die Beweiserhebung betrifft denjenigen Abschnitt des gerichtlichen Verfahrens, der der Tatsachenfeststellung dient, um die richterliche Überzeugung von ihrer Wahrheit herbeizuführen. Nach der Verhandlungsmaxime (Beibringungsgrundsatz) ist es grundsätzlich Aufgabe der Parteien, den jeweiligen Beweis anzutreten. Das Gericht muss demgegenüber ohne Rücksicht auf Parteivortrag und Beweisangebote der Parteien selbst tätig werden, soweit die Untersuchungsmaxime (Amtsermittlungsgrundsatz) gilt. Die Untersuchungsmaxime ist nicht identisch mit der Prüfung von Amts wegen. Die Befugnis zur Beweiserhebung von Amts wegen, die für alle Beweismittel bis auf den Zeugenbeweis gilt, durchbricht insofern den Beibringungsgrundsatz, als es nicht auf einen Beweisantrag der Parteien ankommt (§§ 142 Abs. 1, 144 Abs. 1 S. 1, 448) und Widerstände gegen die Vorlegung von Urkunden und Augenscheinsobjekten (vgl. §§ 371 Abs. 2, 428, 429 S. 2) mit eigenständigen Sanktionen (§§ 142 Abs. 2 S. 2, 144 Abs. 2 S. 2, 390) belegt werden können. Eine Prüfung von Amts wegen findet darüber hinaus bei Zweifeln am Vorliegen einer Prozessvoraussetzung statt; insoweit erfolgt die Aufklärung im Wege des Freibeweises (unten VI 4 g Rdn. 48).
IV. Ziel der Beweiserhebung
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Ziel der Beweiserhebung ist die Wahrheitsfindung. Mit Wahrheit ist dabei nicht eine objektive Wahrheit gemeint, wie sie ohnehin nicht festzustellen wäre, sondern eine subjektive Überzeugung von der Wahrheit in der Person des urteilenden Richters (dazu § 286 II 1 Rdn. 27). Die an die Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen sind vom jeweils gültigen Beweismaß abhängig, das durch §§ 284, 287, 294 unterschiedlich festgelegt wird. Einschränkungen der Tatsachenfeststellung ergeben 2676 118 BVerfG NJW 2001, 2531 f. 2677 219 BVerfG NJW 2001, 2531, 2532. 2678 320 BVerfG NJW 2008, 2170, 2171 (ohne Entschei-
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dung, ob ein Hinweis nach § 139 Abs. 1 zu erfolgen hat); OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 225, 226. 2679 421 BAG NJW 2008, 1179, 1180. 2680 522 BGH NJW-RR 2008, 112.
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sich, wenn Beweismittel aus Rechtsgründen nicht zur Überzeugungsfindung herangezogen werden dürfen: Beweismittel können unzulässig sein, verspätet beantragt oder nur mit unzumutbarer Verfahrensverzögerung erreichbar sein. Die Wahrheitsfindung steht unter dem Gebot der effektiven Justizgewährung. Sie ist deshalb nur so weit auszudehnen, wie die anzuwendende Rechtsnorm es erfordert. Ein Sachverhalt wird nur so weit aufgeklärt, dass eine Subsumtion der festgestellten Tatsachen unter die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale als Voraussetzung der begehrten Rechtsfolge möglich ist. Erforderlich ist eine Klärung des tatbestandsrelevanten Sachverhalts nur für unter den Parteien streitige Tatsachen (§§ 138 Abs. 3 und 4), soweit sie nicht bindend zugestanden wurden (§§ 288, 290), oder offenkundig sind (§ 291). Scheitert die Überzeugungsbildung, weil ein non liquet eintritt, so entscheiden die Regeln über die Beweislast, von welchen Tatsachen für die Normanwendung auszugehen ist (dazu vor § 286 Teil A).
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V. Gegenstand des Beweises 1. Tatsachen a) Tatsachentypen. Hauptsächlich sind durch den Beweis Tatsachen zu ermitteln. Welche Tatsachen beweisbedürftig sind, ergibt sich durch Anwendung des unten VIII Rdn. 65 ff. beschriebenen Verfahrens der Sachverhaltsermittlung. Unter Tatsachen versteht man konkrete Ereignisse und Zustände der Außenwelt (äußere Tatsachen) und der menschlichen Psyche (innere Tatsachen)23. Beide Tatsachentypen können auch als hypothetische, zukünftige, negative oder unmögliche Tatsachen in Erscheinung treten.24 Einzelne Tatsachen können zu einer Gesamttatsache oder einem Geschehenskomplex zusammengefasst werden (dazu nachfolgend d Rdn. 15 ff.).25 In dem zwecks Subsumtion zu bildenden Syllogismus gehören Tatsachen zum Untersatz, die anzuwendenden Rechtsnormen bilden den Obersatz.
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b) Tatsachenwahrnehmung, Tatsachenurteile. Tatsachen sind nur zum Teil einer unmittelbaren menschlichen Wahrnehmung zugänglich. Auch soweit dies zutrifft, gehen sie überwiegend als Tatsachenurteil in den Prozess ein, nämlich als Aussage einer Person über vergangene oder räumlich entfernte Tatsachen.26 Eine Ausnahme bildet der richterliche Augenschein, der zu einer direkten Wahrnehmung einer gegenwärtigen Tatsache führt. Weil in der Regel ohnehin Tatsachenurteile Beweisgegenstand sind, kann auch über solche Tatsachen Beweis erhoben werden, die zwar generell keiner Wahrnehmung, wohl aber einer Aussage über sie zugänglich sind. Dazu zählen die inneren Tatsachen, auf die nur aus äußeren Tatsachen geschlossen werden kann. Das betrifft aber auch die hypothetischen Tatsachen, die nur im Wege einer Denkoperation ermittelt werden können, und die zukünftigen Tatsachen, die mittels einer Prognose zu bestimmen sind, wobei deren Feststellung gegebenenfalls durch § 287 oder die Anwendung eines Anscheinsbeweises erleichtert wird.
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c) Abwesenheit von Tatsachen. Auch über das Nichtvorliegen einer Tatsache kann eine Aussage getroffen werden, wenngleich die Schlüssigkeit dieser Aussage im Einzelfall schwieriger zu begründen ist, als eine Aussage zum konkreten Vorliegen einer Tatsache. Es müssen sämtliche Möglichkeiten des Vorliegens der betreffenden Tatsache berücksichtigt und ausgeschlossen werden. Die daraus resultierenden Schwie-
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2681 123 Vgl. Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 9. 2682 224 Vgl. Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 12.
2683 325 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 41. 2684 426 Vgl. Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 9 und 11.
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rigkeiten können durch sekundäre Darlegungslasten der Gegenpartei bewältigt werden (dazu vor § 286 Teil A III 6 b Rdn. 59 ff.).
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d) Juristische Tatsachen. Keine Tatsachen im o.g. Sinne sind die sog. juristischen Tatsachen.27 Bei ihnen handelt es sich um rechtliche Schlussfolgerungen, die sich aus der Subsumtion einer Tatsache unter Rechtsnormen ergeben. Nicht diese Schlussfolgerungen selbst, sondern nur die Tatsachen, an die sie anknüpfen, können Gegenstand der Beweiserhebung sein. Rechtliche Folgerungen zu ziehen, ist Aufgabe des Richters. Gestattet wird aber, Tatsachenbündel der Einfachheit halber mit rechtlichen Termini zu bezeichnen, ohne dass damit vorrangig eine rechtliche Bewertung zum Ausdruck gebracht werden soll. Ein Lebenssachverhalt kann abgekürzt mit einem rechtlichen Begriff beschrieben werden, z.B. Kauf, Miete, Leihe etc. In diesen Fällen sind die damit bezeichneten Tatsachen einem Beweis zugänglich. Die sich an die Beweiserhebung anschließende rechtliche Bewertung ist dann freilich nicht an die als Beschreibung gewählte Bezeichnung gebunden, sondern hat allein anhand der bewiesenen Tatsachen zu erfolgen. Die Beschreibung eines Tatsachenbündels durch einen juristischen Begriff im schriftsätzlichen oder mündlichen Sachvortrag – eingeschlossen ein Geständnis nach § 288 – und zur Benennung eines Beweisthemas im Beweisbeschluss ist nur zulässig, wenn es sich um einfache Rechtsbegriffe handelt. Dies kann für den Begriff „Eigentum“ trotz laienhafter Verwechslungen mit „Besitz“ gerade noch zutreffen, gilt aber z.B. nicht für gesellschafts- und insolvenzrechtliche Begriffe wie „Überschuldung“, „Zahlungsunfähigkeit“ oder „Krise des Unternehmens“. Zulässig ist die Abkürzung ferner dann nicht, wenn es wegen des Streits der Parteien gerade auf die konkreten Einzeltatsachen ankommt.
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e) Hilfstatsachen (Indizien). Um echte Tatsachen im o.g. Sinne handelt es sich bei den tatbestandsfremden Hilfstatsachen (Indiztatsachen).28 Sie dienen als Anknüpfungspunkt für den mittelbaren Indizienbeweis oder zur Würdigung anderer Beweismittel, etwa als Anhaltspunkt für die Echtheit einer Urkunde oder die Glaubwürdigkeit eines Zeugen. Beim Indizienbeweis wird aus dem Zusammenwirken von Hilfstatsachen ein Schluss auf das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals gezogen.29 Damit auf die Indizien Schlussfolgerungen gestützt werden können, müssen sie ebenso zweifelsfrei feststehen wie die streitigen Haupttatsachen. Über sie muss Beweis erhoben werden, wenn sie streitig werden. In diesem Fall werden sie selbst zum Beweisthema. Vorstellbar ist eine mehrstufige Heranziehung von Hilfstatsachen.
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f) Rechtsfortbildungstatsachen. Einen besonderen Typus bilden die sog. Rechtsfortbildungstatsachen.30 Sie dienen der Ermittlung neuer Rechtssätze im Wege richterlicher Rechtsfortbildung.31 Es handelt sich um Tatsachen, die nicht den Sachverhalt des Rechtsstreits bilden, der nach einer bereits bestehenden Rechtsnorm zu entscheiden ist. Sie werden für die Feststellung herangezogen, welche generell-abstrakte Rechtsfortbildung für das durch den konkreten Rechtsstreit aufgeworfene Problem 2685 127 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 41; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 13 f. 2686 228 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 42; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 21. 2687 329 BGH NJW 1998, 1870. 2688 430 Der Begriff geht zurück auf Seiter FS Baur, 573, 574; Konzen FS Gaul, 335, 339 bevorzugt den Begriff „Normtatsache“.
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2689 531 Siehe Seiter FS Baur, 573 ff; Prütting FS 600 Jahre Universität zu Köln (1989), 305, 317 f; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 48 und § 291 Rdn. 20; Hirte ZZP 104 (1991), 11, 47 f; Hergenröder Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, 376 ff; Konzen FS Gaul, 335, 343 f.
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sinnvoll ist, wie also eine neue Rechtsnorm zu formulieren ist. Es kann sich z.B. um statistisches Material handeln, wie es auch für Gesetzgebungsverfahren herangezogen und der Normbildung zugrunde gelegt wird. Unter die durch richterliche Rechtsfortbildung geschaffene abstrakte Regel sind dann die Fakten des konkreten Falles (Subsumtionstatsachen) zu subsumieren. Rechtsfortbildungstatsachen sind im Syllogismus Grundlage der Entwicklung eines neuen Obersatzes, Subsumtionstatsachen bilden den Untersatz.32 Rechtsfortbildungstatsachen sind von Erfahrungssätzen zu unterscheiden.33 Wie Rechtsfortbildungstatsachen rechtlich zu behandeln sind, ist noch nicht abschließend geklärt.34 Rechtsfortbildung wird insbesondere von den Obergerichten vorgenommen. Ihnen steht jedoch nur eine eingeschränkte Kompetenz zur Tatsachenermittlung zu. Auch stellt sich die Frage, mit Hilfe welcher Beweismittel diese Tatsachen festgestellt werden können und welche Verfahrensmaximen dafür gelten.35 Anzuwenden ist der Freibeweis. Die Parteien sollten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.36
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2. Rechtssätze Rechtssätze sind keine Tatsachen im o.g. Sinne. Der Richter hat das geltende Recht zu kennen oder sich Kenntnis davon selbsttätig und ohne Rücksicht auf das Parteiverhalten zu verschaffen (iura novit curia). Über den Inhalt von Rechtssätzen darf kein Beweis erhoben werden, auch wenn ihr Text und ihre Exegese dem Richter unvertraut ist, weil sie im gegliederten Rechtswegesystem in der Regel von einer anderen Gerichtsbarkeit angewandt werden. Dies trifft aus der Sicht des Zivilrichters z.B. für Vorschriften des Steuerrechts zu; lediglich über betriebswirtschaftliche Auswirkungen im Streitfall darf ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Nicht zulässig ist es auch, Rechtssätze des primären und sekundären europäischen Gemeinschaftsrechts zum Beweisthema zu machen, selbst soweit sie nicht unmittelbar anwendbar sind, weil – so bei Richtliniengesetzgebung – eine Transformation in das nationale Recht durch den nationalen Gesetzgeber erforderlich ist. Eine Ausnahme gilt im Rahmen des § 293 für ausländische Rechtsnormen. Sie werden beweisrechtlich wie Tatsachen behandelt. Sofern keine anderen Informationsmöglichkeiten bestehen, ist über sie Beweis zu erheben. Dies geschieht in der Regel durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Alternativ kommt die Anwendung des Londoner Rechtsauskunftsübereinkommens vom 7.6.196837 in Betracht. Nicht unter § 293 fällt der Inhalt inländischer oder gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften des Internationalen Privatrechts (IPR), das über die anzuwendende Sachrechtsordnung entscheidet, wohl aber – bei Geltung einer Gesamtnormverweisung der deutschen lex fori – der über eine Rückverweisung oder Weiterverweisung entscheidende Inhalt einer ausländischen IPR-Norm. Unter § 293 fallen ferner dem Gericht unbekannte Gewohnheitsrechtssätze und Satzungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten („Statuten“). Analog anzuwenden ist § 293 auf Tarifvertragsnormen. Beweisgegenstand können auch ältere außer Kraft getretene Rechtssätze sein, die nur mit speziellen Kenntnissen eines 2690 132 Seiter FS Baur, 573, 574 f; Prütting FS 600 Jahre Universität zu Köln, 305, 317 f. 2691 233 Seiter FS Baur, 573, 581. 2692 334 Prütting FS 600 Jahre Universität zu Köln, 305, 318.
2693 435 Näher dazu Seiter FS Baur, 573, 585 ff; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 291 Rdn. 20. 2694 536 So auch der Normvorschlag von Prütting FS 600 Jahre Universität zu Köln, 305, 323. 2695 637 BGBl. 1974 II, 938.
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Rechtshistorikers verlässlich zu ermitteln sind, wie dies gelegentlich im Sachenrecht der Fall ist.
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3. Erfahrungssätze, Verkehrssitten, Handelsbräuche Zu den Erfahrungssätzen zählen die empirisch oder rational, auch unter Einsatz besonderer Fachkenntnisse gewonnenen Regeln der allgemeinen Lebenserfahrung, des Verkehrslebens, des Handels und Gewerbes, des Handwerks sowie der Kunst, Wissenschaft und Technik (dazu § 402 Rdn. 74 ff).38 Erfahrungssätze werden nicht als Tatsachen im Sinne des Beweisrechts eingestuft, weil sie wie Rechtsnormen bei Bildung der Obersätze und nicht der Untersätze des rechtlichen Syllogismus eingesetzt werden.39 Dennoch können sie nach allgemeiner Ansicht Gegenstand der Beweiserhebung sein.40 Auch sie haben eine Tatsachenbasis, ohne dass die Seriosität der Fakten im Wege einer Beweisaufnahme unter Parteikontrolle überprüft wird,41 wenn es sich um die allgemeine Lebenserfahrung handelt. Der Richter ist nicht gezwungen, Beweis über die von ihm herangezogenen Erfahrungssätze zu erheben. Er kann sich seiner eigenen Kenntnisse bedienen oder sich die erforderlichen Kenntnisse gezielt für eine konkrete Entscheidung aneignen. Mangels eigener Kenntnisse hat er über die Erfahrungssätze in der Regel von Amts wegen durch Heranziehung eines Sachverständigen Beweis zu erheben. Ob die eigenen Kenntnisse ausreichen oder ein Sachverständigengutachten erforderlich ist, hat der Richter nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die Parteien sind insoweit nicht darlegungs- und beweisbelastet,42 aber es steht ihnen frei, den Richter auf Erfahrungssätze hinzuweisen und Beweis dafür anzubieten. Der Richter muss Beweisanträge grundsätzlich berücksichtigen. Über Inhalt und Herkunft von Erfahrungssätzen aus dem Bereich besonderer Fachkunde, die der Richter ohne Zuziehung eines Sachverständigen anwenden will, muss er die Parteien informieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme und zum Beweisantritt geben. 43 Er hat zu begründen, worauf seine Sachkunde beruht.44 Allerdings muss er bei aus richterlicher Tätigkeit erworbener Erfahrung in der mündlichen Verhandlung und im Urteil nicht darlegen, welche Fälle und welche Begutachtungen die Grundlage seiner Entscheidung sind.45 In der Revision kann lediglich die verfahrenskonforme Ermittlung des Erfahrungssatzes46, nicht aber der diesem zuzumessende Beweiswert überprüft werden, weil letzterer allein Gegenstand der tatrichterlichen Beweiswürdigung ist.47 Grundsätzlich wie Erfahrungssätze zu behandeln sind Verkehrssitten und Handelsbräuche (§ 402 Rdn. 81), auch wenn es sich um tatsächliche Übungen und nicht um Erfahrungssätze handelt.48 Das Bestehen von Handelsbräuchen darf nach § 114 GVG von einer Kammer für Handelssachen auf Grund eigener Sachkunde festgestellt werden. Anderenfalls ist Sachverständigenbeweis zu erheben. 2696 138 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 44; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 16. Für Abgrenzung von Erfahrungswissen und Regeln der Technik Pieper BB 1987, 273, 277 f. 2697 239 Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 17. 2698 340 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 44. 2699 441 Dies beklagend Konzen FS Gaul, 335, 342 f, der § 293 anwenden will (a.a.O. 348 ff). 2700 542 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 44; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 17. 2701 643 BGH JZ 1968, 670 m. Bespr. Döhring JZ 1968,
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641 ff; Baumgärtel VersR 1975, 677, 678; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 46. 7 BGHZ 66, 62, 69; BGH JZ 1970, 375. 2703 845 BGH JZ 1968, 670, 671. 2704 946 Vgl. BGH NJW 1973, 1411, 1412 ( Abstammungsbeweismethode). 47 2705 10 BGH NJW 1973, 1411 f. 48 2706 11 Vgl. dazu Stein/Jonas/Leipold § 284 Rdn. 16; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 44, § 293 Rdn. 20. 44 2702
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VI. Arten und Formen des Beweises 1. Begriffliche Gegensatzpaare Verschiedene begriffliche Gegensatzpaare kennzeichnen bestimmte Eigenschaften des jeweiligen Beweises. Die Unterscheidung zwischen Hauptbeweis und Gegenbeweis knüpft an die Beweislastverteilung an. Der Gegensatz von Vollbeweis und Glaubhaftmachung betrifft das für eine erfolgreiche Beweisführung zu erfüllende Beweismaß. Das Begriffspaar Strengbeweis und Freibeweis bezieht sich auf die zur Beweisführung heranzuziehenden Beweismittel und das einzuhaltende Beweisverfahren. Der Unterschied zwischen unmittelbarem Beweis und Indizienbeweis besteht in der Art der Feststellung der zu beweisenden Haupttatsache.
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2. Hauptbeweis, Gegenbeweis, Gegenteilsbeweis a) Hauptbeweis. Der Hauptbeweis obliegt der beweisbelasteten Partei. Er dient dem Zweck, das Gericht von der Wahrheit der Tatsachenbehauptung dieser Partei zu überzeugen, damit die Subsumtion unter ein Merkmal des anzuwendenden Rechtssatzes erfolgen kann. Dazu muss das für § 286 und § 287 jeweils einschlägige Beweismaß erfüllt sein. Misslingt die Überzeugungsbildung, darf die betreffende Tatsachenbehauptung der Anwendung der relevanten Rechtsnorm nicht zugrunde gelegt werden.
31
b) Gegenbeweis. Der Gegenbeweis wird von der nicht beweisbelasteten Partei geführt. Er ist ein Störbeweis, der verhindern soll, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt, die Behauptung des Hauptbeweisführers sei wahr. Für einen Störerfolg genügt es, wenn dem Richter Zweifel verbleiben. Der Gegner der beweisbelasteten Partei muss das Gericht also nicht davon zu überzeugen, dass die Behauptung des Hauptbeweisführers unwahr ist. Der Gegenbeweis ist daher prinzipiell leichter zu führen als der Hauptbeweis.49 Um den Gegenbeweis zu erheben, braucht das vollständige Führen des Hauptbeweises nicht abgewartet zu werden.50 Es können also in einem einzigen Beweisaufnahmetermin die als Haupt- und Gegenbeweismittel benannten Zeugen vernommen werden. Ein zeitliches Nacheinander der Beweisaufnahmen kann aber aus Kostenund Beschleunigungsgründen bei erkennbaren Zweifeln an der Beweiseignung der Hauptbeweismittel geboten sein. Für den Gegenbeweis steht die Parteivernehmung nicht als Beweismittel zur Verfügung, § 445 Abs. 2.
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c) Beweis des Gegenteils. Der Beweis des Gegenteils ist kein Gegenbeweis, sondern ein Hauptbeweis.51 Er trägt seinen Namen, weil er darauf gerichtet ist, die volle richterliche Überzeugung vom Nichtvorliegen einer gesetzlich vermuteten Tatsache (vgl. § 292) zu begründen. Diese Form der Gesetzesformulierung dient der Beweislastverteilung und wird wegen des damit häufig einhergehenden Abweichens von der Grundregel der Beweislastverteilung auch als Beweislastumkehr bezeichnet. Abgesehen von dieser sprachlichen Besonderheit besteht jedoch kein Unterschied zu einem herkömmlichen Hauptbeweis, d.h. es ist zur einzelfallbezogenen Unterstützung der Vermutung auch ein gegen den Beweis des Gegenteils gerichteter Gegenbeweis möglich.
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2707 149 Vgl. BGH MDR 1983, 830 = NJW 1983, 1740 (LS); BGH MDR 1978, 914. 2708 250 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 21.
2709 351 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 22; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 6.
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3. Vollbeweis und Glaubhaftmachung
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In aller Regel ist für den Beweis einer Tatsache der Vollbeweis erforderlich, der die volle richterliche Überzeugung von der Wahrheit der behaupteten Tatsache verlangt. Auch das abgesenkte Beweismaß des § 287 begründet den vollen Beweis. Bloße Glaubhaftmachung, die nur in den gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen (z.B. § 236 Abs. 2 S. 1, § 920 Abs. 2) zulässig ist, senkt die Anforderungen an die richterliche Überzeugung ab. Die h.M. geht davon aus, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer behaupteten Tatsache ausreichend ist,52 ohne dass sich die Besonderheit der Glaubhaftmachung darauf beschränkt. Von überwiegender Wahrscheinlichkeit ist auszugehen, wenn das Vorliegen der Tatsache wahrscheinlicher erscheint als ihr Nichtvorliegen. Zur Glaubhaftmachung dürfen andere als die in den §§ 355 ff genannten Beweismittel herangezogen werden. Mittel der Glaubhaftmachung ist in der Regel die unter Strafandrohung stehende Versicherung an Eides statt (§ 294 Abs. 1), die auch von einer Partei abgegeben werden kann. Alle Beweismittel müssen gem. § 294 Abs. 2 sofort verfügbar sein. Gewährleistet ist dies auch durch das Sistieren von Zeugen oder Sachverständigen im Verhandlungstermin. Die Regeln über die Beweislastverteilung einschließlich einer Beweislastumkehr gelten im Verfahren der einstweiligen Verfügung nur, wenn mit mündlicher Verhandlung entschieden wird (§§ 922 Abs. 1, 924 Abs. 2) oder wenn das Beschlussverfahren wegen Einreichung einer Schutzschrift faktisch zweiseitig stattfindet. Anderenfalls muss der Antragsteller den gesamten Tatsachenstoff glaubhaft machen. 4. Freibeweis und Strengbeweis
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a) Abgrenzung zum Strengbeweis, Verbindlichkeit des Strengbeweises. Mit Strengbeweis ist gemeint, dass das Beweisverfahren den Regeln der §§ 355 ff entsprechend, also insbesondere unter Wahrung der Grundsätze der Unmittelbarkeit und der Parteiöffentlichkeit durchgeführt wird und dass nur die dort genannten Beweismittel herangezogen werden dürfen. Der Freibeweis erfolgt losgelöst von diesen Regeln,53 was die Wahrheitsfindung beeinträchtigen kann.54 Das Gericht besitzt Ermessen hinsichtlich des Verfahrens und der Auswahl der möglichen Beweismittel. Mit dem Freibeweis geht nach allgemeiner Ansicht keine Senkung des Beweismaßes einher.55 Die Dispensierung vom Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, der grundrechtlich nicht verankert ist,56 ist erst dann schädlich, wenn dadurch der rechtsstaatliche Charakter des Verfahrens ernstlich beeinträchtigt wird. Der Strengbeweis gilt vorbehaltlich einzelner Durchbrechungen, die vor allem Prozessabschnitt mit Amtsermittlung betreffen, grundsätzlich für alle Erkenntnisverfahren der ZPO.57 In vom Amtsermittlungsprinzip beherrschten Verfahren nach dem 2710 152 Vgl. BGH NJW 1998, 1870; BGH MDR 1983, 749; BGH VersR 1976, 928, 929; MünchKommZPO/Prütting3 § 294 Rdn. 24; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 25 und § 294 Rdn. 7; a.A. Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 217; Leipold Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, 98. 2711 253 Dazu Koch/Steinmetz MDR 1980, 901 ff. 2712 354 Habscheid ZZP 96 (1983), 306, 324. S. ferner MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 28.;
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Rosenberg/Schwab/Gottwald16 § 78 Rdn. 49 mwN; Stein/Jonas/Berger22 vor § 355 Rdn. 24 und Rdn. 31. 2713 455 Vgl. BGH NJW 1997, 3319, 3320; MünchKommZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 26; Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 10. 2714 556 BVerfG (Kammer) NJW 2008, 2243, 2244 (Tz. 20). 2715 657 Habscheid ZZP 96 (1983), 306, 323.
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FGG (dort: § 12) entscheidet der Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen über Art und Umfang seiner Ermittlungen und damit auch über die Durchführung einer förmlichen Beweisaufnahme gem. § 15 Abs. 1 FGG. Das förmliche Beweisverfahren hat den Vorrang vor formlosen Ermittlungen insbesondere dann, wenn das Recht eines Beteiligten, an der Wahrheitsfindung mitzuwirken, ansonsten nicht hinreichend gesichert ist,58 oder wenn eine hinreichend sichere Aufklärung anders nicht zu erreichen ist.59 Die mit dem 1. JuMoG vom 24.8.200460 zum 1.9.2004 eingefügten Sätze 2 bis 4 des § 284 stellen die erste und einzige gesetzliche Regelung des Freibeweises dar. Sie haben die frühere Diskussion um die fehlende gesetzliche Verankerung des Freibeweises für die Erkenntnisverfahren der ZPO beseitigt.61 Der Freibeweis ist damit nicht als dem Strengbeweis gleichwertig anzusehen.62 Vorzugswürdig wäre es gewesen, dem Bedarf für den Freibeweis durch punktuelle Regelungen zu entsprechen. Die Vorschriften über das Beweisverfahren des Strengbeweises sind insofern nicht zwingend, als ihre Verletzung durch Nichtrüge nach § 295 Abs. 1 heilbar ist. Voraussetzung dafür ist, dass die missachtete Vorschrift nicht wegen ihrer überindividuellen Bedeutung der Parteidisposition entzogen ist. U.a. ist heilbar die fehlerhafte Abgrenzung der Beweismittel untereinander, das Übergehen von Zeugnisverweigerungsrechten, der Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme63, die Verwertung eines unzulässigen Beweismittels. Voraussetzung ist allerdings, dass die Parteien nicht erst aus dem Urteil von dem Verstoß erfahren, weil es dann an einer Rügemöglichkeit gefehlt hat.64 b) Voraussetzungen des Freibeweises. Die Regelungen in § 284 S. 2 bis 4 enthalten über das Einwilligungserfordernis hinaus keine Beschränkung der Anwendbarkeit des Freibeweises. Der Freibeweis war bereits vor Inkrafttreten des 1. JuMoG für bestimmte Fallgruppen als zulässig anerkannt. Eine wesentliche Vereinfachung ist mit § 284 S. 2 wegen der Notwendigkeit umfangreicher Protokollierung und der anschließenden Gewährung der Gelegenheit zur Stellungnahme nicht verbunden.65 Allerdings soll die Übernahme der Beweisaufnahme aus einem anderen Verfahren bei lediglich streitiger gerichtlicher Würdigung des Beweisergebnisses ein Anwendungsfeld eröffnen.66 Die gesetzliche Regelung macht den Freibeweis über die bisherigen Fallgruppen hinaus bei Einwilligung der Parteien zulässig. § 284 S. 2 berührt solche Fallgruppen nicht, die schon bisher für andere Fragen als die Begründetheit anerkannt waren, etwa die Zulässigkeit der Klage oder eines Rechtsmittels.67 Die vor 2004 gebildeten Fallgruppen des Freibeweises betrafen überwiegend – wenn auch nicht ausschließlich –
2716 158 OLG München NJW-RR 2008, 164, 165 (Beweis der Demenz des Testators im Erbscheinsverfahren). 2717 259 OLG München NJW-RR 2008, 164, 165. 2718 360 BGBl. 2004 I, 2198, 2199. 61 2719 4 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 27. 2720 562 So zutreffend Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 127. 2721 663 BVerfG NJW 2008, 2243, 2244 (Tz. 19). 2722 764 Fölsch MDR 2004, 1029; Völzmann-Stickelbrock ZZP 118 (2005), 359, 365. Vehement a.A. Stein/ Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 129 f und Stein/Jo-
nas/Berger22 vor § 355 Rdn. 24 und 26; ferner Zöller/Greger26 § 284 Rdn. 1. 2723 865 Saenger ZZP 121 (2008), 139, 154 f. 2724 966 So Saenger ZZP 121 (2008), 139, 155 zu OLG Hamburg ZUM-RD 2006, 16. 67 2725 10 BGH FamRZ 2008, 390, 391 f; MünchKommZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 27; Fölsch MDR 2004, 1029; Völzmann-Stickelbrock ZZP 118 (2005), 359, 365. Vehement a.A. Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 129 f und Stein/Jonas/Berger22 vor § 355 Rdn. 24 und 26; ferner Zöller/Greger26 § 284 Rdn. 1
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die Klärung prozessualer Fragen. Anerkannt ist der Freibeweis in den nachfolgend lit. c) bis i) behandelten Gruppierungen.
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c) Amtliche Auskünfte, Akten und Urkunden. Amtliche Auskünfte, Akten und Urkunden können teilweise kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zur Tatsachenermittlung herangezogen werden. In diesen Fällen handelt es sich um eine – teilweise gesetzlich anerkannte – Tatsachenermittlung eigener Art (siehe § 273 Abs. 2 Nr. 2 und § 358a S. 2 Nr. 2 und unten VII 2 Rdn. 61 sowie eingehend § 402 Rdn. 25 ff).68 Zu den im Wege des Freibeweises heranzuziehenden Akten und Urkunden gehören behördliche und gerichtliche Schriftstücke aller Art, auch in früheren gerichtlichen Verfahren protokollierte Aussagen.69
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d) Ausländisches Recht. Für die Ermittlung ausländischen Rechts ist der Freibeweis zulässig.70 Teilweise wird allerdings angenommen, dass bei Beauftragung eines Sachverständigen ein förmliches Beweisverfahren nach §§ 402 ff stattfinde.71 Diese Einschränkung ist nicht konsistent mit der Grundaussage.
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e) Erfahrungssätze. Ob Erfahrungssätze (zu ihnen § 402 Rdn. 74 ff) im Wege des Freibeweises ermittelt werden können, ist umstritten.72 Dies ist zu verneinen. Teilweise werden Erfahrungssätze nicht im Rahmen eines Beweisverfahrens ermittelt, nämlich bei Gerichtsbekanntheit oder gerichtseigenen Nachforschungen. Überwiegend werden sie durch Sachverständige vermittelt, für die die Vorschriften des Strengbeweises voll zur Anwendung kommen.
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f) Prozesskostenhilfe. Zulässig ist der Freibeweis im Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 118), 73 in dem die tatsächlichen Feststellungen auf ein Minimum zu beschränken sind und eine Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden ist.
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g) Prozess- und Rechtsmittelvoraussetzungen. Eine umstrittene Fallgruppe stellt die amtswegige Feststellung von Prozess- und Rechtsmittelvoraussetzungen mit Hilfe des Freibeweises dar. Verschiedentlich wird gesetzlich angeordnet, dass diese von Amts wegen zu prüfen sind, z.B. in § 56 Abs. 1 für die Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit und die Legitimation eines gesetzlichen Vertreters sowie in § 88 Abs. 2 für den Mangel der Vollmacht bei Vertretung durch einen Nichtanwalt. Diese Regelungen verallgemeinernd sind auch die allgemeinen Prozessvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen.74 Die Rechtsprechung greift in diesen Fällen vor allem aus Gründen der Prozessökonomie auf den Freibeweis zurück.75 Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und Parteiöffentlichkeit sind dann nicht gewährleistet.
2726 168 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald § 121 II.; a. A. Stein/Jonas/Berger22 vor § 355 Rdn. 22: kein Freibeweis, inhaltsabhängig Zeugen-, Sachverständigen- oder Urkundenbeweis. 2727 269 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 30. 2728 370 Vgl. BGH NJW 1966, 296, 298; Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 8. 2729 471 BGH NJW 1975, 2142, 2143; BGH NJW 1994, 2959, 2960; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 32 und § 293 Rdn. 31; Stein/Jonas/Leipold22 § 293 Rdn. 43. 2730 572 Dafür Baumbach/Lauterbach/Hartmann66 vor § 284 Rdn. 9; Thomas/Putzo/Reichold vor § 284 Rdn. 6; a.A. Pieper BB 1987, 273, 280 (Ermittlung
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außerhalb des Verfahrens); MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 284 Rdn. 36; Rosenberg/Schwab/ Gottwald § 109 Rdn. 11. 2731 673 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 33; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 8. 2732 774 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 77 Rdn. 45 und § 93 Rdn. 34. 2733 875 BGHZ 143, 122 = NJW 2000, 289, 290; BGH NJW 1997, 3319; BGH NJW-RR 1992, 1338, 1339; BGH NJW 1992, 627, 628 (Wirksamkeit der Anwaltsvollmacht); BGH NJW 1987, 2875, 2876 (Zulässigkeit des Rechtsmittels) = ZZP 101 (1988), 294 m. krit. Anm. Peters; BGH NJW 1951, 441, 442 (Prozessfähigkeit).
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h) Sachverständige. Nur vereinzelt – und unzutreffend – hat die Rechtsprechung auch tatsachenfeststellende Tätigkeiten des Sachverständigen als Form des Freibeweises eingestuft, die dieser zur Vorbereitung seines Gutachtens durchführt.76 Sie sind jedoch nicht Teil des gerichtlichen Beweisverfahrens und finden unabhängig von den Vorschriften der ZPO statt.77 Das Verhalten des Sachverständigen wird erst dann prozessual relevant, wenn er beginnt, seine Sachkunde dem Gericht und den Parteien zur Verfügung zu stellen. Die Feststellung von Anknüpfungstatsachen obliegt dem Gericht. Führt der Sachverständige selbst Anknüpfungstatsachen oder von ihm (ohne Inanspruchnahme von Fachkunde) ermittelte Zusatztatsachen ein, die streitig werden, ist darüber Beweis zu erheben (näher dazu § 404a Rdn. 16 ff).
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i) Verfahren ohne mündliche Verhandlung. Anerkannt ist der Freibeweis auch für solche Fälle, in denen Tatsachen zu ermitteln sind, obwohl keine mündliche Verhandlung stattfindet78, etwa im Beschwerdeverfahren gem. §§ 567 ff79 oder im Bagatellverfahren gem. § 495a80. In diesen Fällen kommen die Verfahrensgrundsätze ohnehin nur reduziert zur Anwendung, so dass die Heranziehung des Freibeweises insoweit keine wesentlichen Einschränkungen bewirkt.
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5. Unmittelbarer Beweis und Indizienbeweis Beide Formen des Beweises unterscheiden sich durch die Verknüpfung der zu beweisenden Tatsachen mit dem anzuwendenden Rechtssatz. Während der unmittelbare Beweis der Feststellung von Tatsachen dient, die unmittelbar unter die anzuwendende Rechtsnorm zu subsumieren sind (Haupttatsachen), wird beim mittelbaren Beweis ein Schluss aus Tatsachen gezogen, die nicht selbst Gegenstand der rechtlichen Subsumtion sind, die aber den Schluss auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen der unmittelbar erheblichen Tatsachen ermöglichen (Indiztatsachen).81 Überzeugungskraft der Schlussziehung vorausgesetzt, verlagert sich die konkrete Beweiserhebung auf streitige Indiztatsachen. Um die volle Überzeugung des Gerichts von der Haupttatsache zu begründen, müssen beim Indizienbeweis sowohl der gedankliche Schluss auf die Haupttatsache als auch die Indiztatsachen hinreichend zweifelsfrei sein.82 Bevor Beweis über das Vorliegen der Indiztatsachen zu erheben ist, ist der gedankliche Schluss auf seine Tragfähigkeit zu überprüfen.83 Zum Vollbeweis ist erforderlich, dass andere Schlüsse aus dem Zusammenwirken der Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen.84 Bei einem Indizienbeweis muss der Richter vor der Beweiserhebung über die Hilfstatsachen prüfen, ob der Indizienbeweis schlüssig ist, ob nämlich die Gesamtheit aller vorgetragenen Indizien – ihre Richtigkeit unterstellt – ihn von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugt.85 Der Tatrichter ist frei, welche Beweiskraft er den Indizien 2734 176 BGHZ 23, 207, 214 (dort: einvernehmliche Zeugenvernehmung durch den Sachverständigen). 2735 277 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 34. 2736 378 Baumbach/Lauterbach/Hartmann vor § 284 Rdn. 9; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 31; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 8. 2737 479 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 31. 2738 580 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 31; Musielak/Wittschier6 § 495a Rdn. 6. Einschränkend Stein/Jonas/Berger22 vor § 355 Rdn. 27 f.
2739 681 BGHZ 53, 245, 260 = NJW 946, 950 – Anastasia. 2740 782 Vgl. BGH NJW 2004, 3423, 3424; Musielak Grundlagen der Beweislast, 43. 2741 883 Vgl. BGHZ 53, 246, 260 = NJW 1970, 946, 950; BGH NJW 1989, 2947; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 284 Rdn. 25. 84 2742 9 BGHZ 53, 245, 260 = NJW 1970, 946, 950; BGH NJW 1993, 935, 938; BGH NJW 1996, 1339; BGH NJW 1998, 1870. 85 2743 10 BGHZ 53, 245, 261; BGH NJW 1989, 2947; BGH NJW 1991, 1894, 1895/1896.
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im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit für seine Überzeugungsfindung beimisst.86 Er stellt die den Indizien zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrade und somit die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen fest.87 Bei hinreichender Tragfähigkeit der Schlussfolgerungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Indizienbeweis generell über eine geringere Beweiskraft verfügt als der unmittelbare Beweis. Es ist kein Verfahrensfehler, wenn der Tatrichter von einer Beweiserhebung über Indizien deshalb absieht, weil nach seiner Überzeugung der Schluss auf die Haupttatsache nicht gerechtfertigt ist;88 das ist keine verbotene vorweggenommene Beweiswürdigung, sondern die denkmäßige Anwendung richterlicher Erfahrungssätze.89 Der Beweisantritt unmittelbar zu einer Haupttatsache darf aber nicht auf Grund der Würdigung von Indiztatsachen übergangen werden, und zwar auch nicht im Rahmen von § 287 Abs. 1 S. 2.90 Der Tatrichter muss die für seine Überzeugungsbildung wesentlichen Gesichtspunkte nachvollziehbar darlegen.91 Revisionsrechtlich kommt nur die Überprüfung in Betracht, ob der Tatrichter alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungsgrundsätze verstoßen hat.92 Ist unmittelbar zur Haupttatsache Beweis oder Gegenbeweis angetreten, darf die Beweisaufnahme dazu nicht wegen möglicher Schlussfolgerungen aus Indizien unterbleiben.93 Eine besondere Ausprägung des Indizienbeweises ist der Anscheinsbeweis (§ 286 III 1 b Rdn. 50).
VII. Beweismittel 1. Beweismittel des Strengbeweises
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Damit das Gericht eine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen Tatsache gewinnen kann, muss es deren Existenz feststellen. Die Quelle dieser Feststellungen bilden in der Regel die fünf Beweismittel des Strengbeweises. Für den Freibeweis gelten dessen Bindungen nicht. Zum Strengbeweis gehören der Augenschein (§§ 371 ff), der Zeugenbeweis (§§ 373 ff), der Sachverständigenbeweis (§§ 402 ff), der Urkundenbeweis (§§ 415 ff) sowie die Parteivernehmung (§§ 445 ff). Beim Personalbeweis mittels Zeugen, Sachverständigen oder Parteien macht sich das Gericht die Wahrnehmungen Dritter zunutze. Beim Augenscheinsbeweis gewinnt das Gericht neue Erkenntnisse durch eigene unmittelbare Wahrnehmungen. Der Urkundenbeweis nimmt eine Sonderstellung ein. Häufigstes Beweismittel ist der Zeugenbeweis. Er ist für den Beweis sämtlicher Tatsachen geeignet, die der menschlichen Wahrnehmung zugänglich sind. Demgegenüber vermittelt der Sachverständige primär Erfahrungswissen. Die Parteivernehmung ist dem Zeugenbeweis in vielerlei Hinsicht ähnlich, kommt aber wegen der engen Voraussetzungen selten zur Anwendung; in der Praxis tritt die Parteianhörung zunehmend an die Stelle der förmlichen Vernehmung. Soweit Urkunden wegen ihres Inhalts in Augenschein genommen werden, handelt es sich um einen Urkunden- und nicht um einen Augenscheinsbeweis. Der zivilpro-
2744 186 BGH NJW 2004, 3423, 3424. 2745 287 BGH NJW 2004, 3423, 3424. 2746 388 BGH NJW 1992, 2489. 2747 489 BGHZ 53, 245, 261. 2748 590 BGH VersR 2003, 127; BGH VersR 2007, 666.
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2749 691 BGH NJW 2004, 3423, 3424. 2750 792 BGH NJW 1993, 935, 938. 2751 893 BGH NJW-RR 1997, 238; BGH NJW-RR 2002, 1072, 1073; BGH NJW 2004, 3423, 3424.
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zessuale Urkundenbegriff wird eng verstanden; die Träger anderer als durch Schriftzeichen verkörperter Gedankenerklärungen sind Augenscheinsobjekte (dazu § 371 Rdn. 5 ff). Vereinzelt gelten Beschränkungen der zulässigen Beweismittel oder der Anordnung der Beweisaufnahme, etwa im Urkundenprozess (§§ 592, 595 Abs. 2 und 3) oder bei der Parteivernehmung (§§ 445 Abs. 1, 448). Wenn das Gericht von Amts wegen tätig wird, kann es in gleicher Weise wie die Parteien frei entscheiden.
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2. Sonstige Beweismittel Eine Sonderstellung nehmen amtliche Auskünfte ein (s. oben VI 4 c Rdn. 44). Sie sind weder den fünf Beweismittel des Strengbeweises noch dem Freibeweis zuzuordnen (§ 402 Rdn. 29). Von amtlichen Auskünften wird u.a. gesprochen, wenn eine Behörde den Inhalt öffentlicher Register, Bücher, Verzeichnisse etc. wiedergibt.94 Eine ähnliche Sonderstellung kommt dienstlichen Äußerungen (vgl. § 44 Abs. 3) und behördlichen Zeugnissen (vgl. § 183 Abs. 2 S. 2, § 184 Abs. 2 S. 2) zu. Die Beiziehung von Akten kann zu Zwecken des Urkundenbeweises erfolgen, ist darauf aber nicht beschränkt. Soweit sie informationshalber verwertet werden sollen, müssen sie zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden (vgl. § 286 Abs. 1 S. 1). Urkunden anderer Behörden können nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 auch ohne ausdrücklichen Parteiantrag beigezogen und verwerteten werden, wenn der davon betroffene Vorgang im Parteivortrag angesprochen worden ist.95 Ein Beweismittel, auf das im Strengbeweisrecht nicht zurückgegriffen werden kann, ist die eidesstattliche Versicherung. Sie dient der Glaubhaftmachung (§ 294 Abs. 1). Nicht zu den Beweismitteln – weder für den Strengbeweis noch für den Freibeweis – zählt das gerichtliche Geständnis (§ 288). Es ist bereits bei der Ermittlung der Beweisbedürftigkeit zu berücksichtigen und führt vorbehaltlich des § 290 zu einer Bindung der gestehenden Partei an die betreffende Tatsache. Über sie ist daher kein Beweis zu erheben. Anders verhält es sich mit einem außergerichtlichen Geständnis. Es kann als Indiz für die zu beweisende Tatsache herangezogen werden und damit seinerseits Beweisthema werden.
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VIII. Nach Stationen gegliederte Sachverhaltsaufklärung 1. Zielsetzung Die Sachverhaltsaufklärung erfolgt in einer bestimmten, in einzelne Stationen gegliederten Reihenfolge. Sie trägt im Interesse effektiver Rechtsschutzgewährung dazu bei, dass nur Beweise erhoben werden, die für die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits notwendig sind. Dazu muss der streitgegenständliche Sachverhalt mittels des Vorbringens der Parteien zunächst soweit aufgeklärt werden, dass die streitigen Punkte vor dem Hintergrund der zu beantwortenden rechtlichen Fragen identifiziert werden können.
2752 194 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 60; Stein/Jonas/Berger22 vor § 373 Rdn. 44.
2753 295 KG VersR 2008, 797, 798 (dort: Signalzeitenplan für eine Ampelschaltung).
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2. Notwendigkeit und Wirkung von Parteibehauptungen
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Nach der Verhandlungsmaxime ist es Aufgabe der Parteien, die für die Entscheidung des Streits relevanten Tatsachen in den Prozess einzuführen (dazu auch oben III Rdn. 9). Das Gericht hat insofern nur eingeschränkte Rechte und Möglichkeiten, auf eine Klärung des Sachverhalts hinzuwirken, etwa durch Hinweise (§ 139). Die Parteien müssen in eigener Verantwortung ihr Begehren und den Lebenssachverhalt, auf den sie das Begehren stützen, vortragen. Grundsätzlich sind nur solche Tatsachen zu berücksichtigen, die die jeweilige Partei selbst vorgetragen hat. In aller Regel werden die Parteien nur solche Umstände vortragen, die ihrem Begehren förderlich sind. Bringen sie jedoch Gesichtspunkte ein, die (auch) der Gegenpartei nützen, ist davon auszugehen, dass die gegnerische Partei sich diese Behauptung hilfsweise konkludent zu eigen macht. Dies gilt auch für Umstände, die erst im Laufe der Beweisaufnahme über eine andere Tatsache als Nebenprodukt ans Licht kommen und bei der Ermittlung der beweisbedürftigen Tatsachen noch gar nicht berücksichtigt werden konnten.96 Soweit der Untersuchungsgrundsatz gilt (§§ 616, 640 Abs. 1, 661 Abs. 2), ist das Gericht nicht an Tatsachenvortrag der Parteien gebunden. Es darf auch Kenntnisse berücksichtigen, die es im Laufe des Verfahrens auf andere Weise, etwa im Zuge einer Anhörung erlangt hat, ohne dass sich die Parteien diese Tatsachen zu eigen gemacht haben müssen. Das Gericht kann nach pflichtgemäßem Ermessen von Amts wegen nach derartigen streitgegenstandsrelevanten Tatsachen forschen, soweit das Gericht keine Einschränkungen vorsieht (so in § 616 Abs. 3), und kann auch ohne Beweisanträge der Parteien die Aufnahme von Beweisen anordnen. Amtsermittlung bedeutet aber nicht, dass das Gericht ein eigenes Ermittlungsorgan, etwa die Staatsanwaltschaft oder eine andere Behörde, zur Sachverhaltsaufklärung einsetzt. Die Untersuchung wird durch die gestellten Sachanträge (den Streitgegenstand) begrenzt. 3. Klägerstation
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Einer Beweiserhebung bedarf es nur dann, wenn das Vorbringen des Klägers schlüssig ist, d.h. sein Begehren bei Wahrheit der von ihm vorgetragenen Tatsachen rechtlich begründet ist. Anderenfalls ist die Klage ohne Beweisaufnahme abzuweisen. Daher hat das Gericht das Klägervorbringen zunächst einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen, nämlich den Tatsachenvortrag unter Anspruchsgrundlagen zu subsumieren, die die begehrte Rechtsfolge zu tenorieren erlauben. 4. Beklagtenstation
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Ist das Klägervorbringen als solches schlüssig, bedarf es einer entsprechenden Prüfung des Beklagtenvortrags. Ist der Antrag des Klägers auch bei unterstellter Wahrheit der Beklagtenbehauptungen begründet, so ist das Beklagtenvorbringen nicht relevant und die Klage hat ohne Beweisaufnahme Erfolg. Sofern der Beklagte keine Einwendungen und Einreden vortragen kann, muss er zumindest die Wahrheit derjenigen Klägerbehauptungen bestreiten, aus denen sich die Schlüssigkeit des Klägerantrags ergibt.
2754 196 BGH NJW 1991, 1541, 1542; BGH NJW 2001, 2177, 2178.
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5. Beweisstation a) Identifizierung streitiger Tatsachen. Tatsachen, die unstreitig (§ 138 Abs. 3) oder gar Gegenstand eines Geständnisses (§ 288) sind, offenkundige Tatsachen (§ 291) und gesetzlich vermutete Tatsachen sind ohne Weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen. Nur streitige Tatsachen sind im Wege der Beweiserhebung festzustellen. Die Beweisstation ist in drei Abschnitte untergliedert: Die erforderlichen Beweise sind zunächst mit Hilfe der zulässigen Beweismittel zu erheben. Dazu bedarf es einer Beweisanordnung bzw eines Beweisbeschlusses des Gerichts (unten c Rdn. 75), auf deren Erlass hin dann die eigentliche Beweisaufnahme folgt. Anschließend ist über deren Ergebnisse mit den Parteien mündlich zu verhandeln (§ 285). Schließlich muss das Gericht auf dieser Grundlage die Beweise würdigen (§§ 286, 287) und eine Entscheidung darüber treffen, welche Tatsachen es als wahr behandeln und der rechtlichen Bewertung des Falles zugrunde legen will.
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b) Beweisantritt. Grundsätzlich ist es Aufgabe der beweisbelasteten Partei, Beweis für die jeweils zu klärende Tatsachenfrage anzubieten (Beibringungsgrundsatz). Dennoch kann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen97 die Beweisaufnahme auch von Amts wegen anordnen, nämlich gem. § 142 Abs. 1 für den Urkundenbeweis, gem. § 144 Abs. 1 für Augenscheinseinnahme und Sachverständigenbeweis sowie gem. § 448 für die Parteivernehmung. Für den Zeugenbeweis und die formelle Vernehmung der Gegenpartei besteht diese Möglichkeit jedoch nicht. Sofern keine Beweisaufnahme von Amts wegen stattfindet, muss die beweisbelastete Partei den Beweis antreten, indem sie einen Beweisantrag stellt (dazu unten VIII Rdn. 82 ff.) und damit das Gericht auffordert, mit Hilfe eines bestimmten Beweismittels die Wahrheit oder Unwahrheit der von der Partei behaupteten Tatsache zu klären. Für einen Urkundenbeweis ist zusätzlich die Vorlegung der betreffenden Urkunde erforderlich, sofern sie sich im Besitz des Beweisführers befindet (§ 420). Der Beweisantritt muss rechtzeitig erfolgen. § 282 Abs. 1 bestimmt als Maßstab eine nach der Prozesslage sorgfältige und auf Förderung des Verfahrens bedachte Prozessführung. Entspricht das Prozessverhalten nicht diesen Anforderungen, kann das Gericht einen Beweisantrag als verspätet zurückweisen, § 296 Abs. 2. Vorbehaltlich einer Zurückweisung wegen Verspätung kann ein Beweis bis zum Ende der mündlichen Verhandlung angetreten werden (vgl. § 296a).
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c) Beweisanordnung / Beweisbeschluss. Ist der Beweis durch einen Beweisantrag angetreten worden, muss das Gericht entscheiden, ob diesem Antrag entsprochen werden soll und die Durchführung der Beweisaufnahme durch eine formlose Beweisanordnung in der mündlichen Verhandlung oder einen formellen Beweisbeschluss (§§ 358, 358a) in die Wege zu leiten ist, oder ob der Antrag abgelehnt werden muss. Dazu hat das Gericht den Beweisantrag auf mögliche Ablehnungsgründe zu prüfen. Kommt es zu einer Beweisanordnung oder einem Beweisbeschluss, ist diese Entscheidung den Parteien in der jeweils vorgeschriebenen Form (§ 329 Abs. 1 S. 1, Abs. 2) mitzuteilen. Der Beweisbeschluss ist eine nach § 355 Abs. 2 durch die Prozessparteien grundsätzlich nicht anfechtbare Zwischenentscheidung.98
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2755 197 Vgl. BGHZ 66, 62, 68 = NJW 1976, 715, 716; BayObLGZ 1996, 165, 169; OLG Naumburg FamR 2003, 385, 386; MünchKomm-ZPO/Wagner3 §§ 142–144 Rdn. 3; Zöller/Greger § 144 Rdn. 2.
2756 298 BGH NJW-RR 2007, 1375, Tz. 8; BGH NJW-RR 2007, 1728, Tz. 8; OLG Jena NJW-RR 2007, 1306, 1307.
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d) Beweisaufnahme. Für die im Anschluss an die Beweisanordnung bzw den Beweisbeschluss durchzuführende eigentliche Beweisaufnahme gelten die Vorschriften des Beweisrechts gem. §§ 355 ff Zu beachten sind die Grundsätze der formellen Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme sowie der Parteiöffentlichkeit und die speziellen Regelungen des jeweils herangezogenen Beweismittels. Weil der Zivilprozess anders als der Strafprozess (§ 250 StPO) nur den Grundsatz der formellen, nicht aber der materiellen Beweisunmittelbarkeit kennt,99 können die Parteien grundsätzlich frei entscheiden, mit Hilfe welcher der verfügbaren Beweismittel sie das Gericht überzeugen wollen. Sie brauchen nicht auf das sachnächste Beweismittel zurückzugreifen.100 Die Parteien werden diese Taktik insbesondere dann anwenden, wenn sie von einem unmittelbaren Zeugen keine wahrheitsgemäße Aussage erwarten. Daher kann ein Zeuge vom Hörensagen (dazu § 286 II 1 Rdn. 30) benannt werden, ohne dass zuvor der eigentliche Zeuge über seine Wahrnehmungen gehört werden müsste.101 Ebenso dürfen ein Protokoll über eine frühere Zeugenaussage, ein früheres gerichtliches Sachverständigengutachten oder eine Privaturkunde, die ein Zeugnis oder Gutachten ersetzen soll, verwertet werden.102 Die h.M. versteht darunter die Ersetzung des Zeugen- oder Sachverständigenbeweises durch einen Urkundenbeweis. Der Beweiswert einer nicht in einem formellen Verfahren gewonnenen schriftlichen Zeugenäußerung wird allerdings oft gering sein.103 Auch muss ein derartiger Zeuge auf Antrag persönlich vernommen werden, wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme von der Aussage abhängt.104
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e) Mündliche Verhandlung über das Beweisergebnis. An die Beweisaufnahme schließt sich die mündliche Verhandlung über deren Ergebnisse an (§ 285 Abs. 1). Wenn die Beweisaufnahme nicht vor dem Prozessgericht stattgefunden hat, haben die Parteien ihr Ergebnis auf Grund der Beweisverhandlungen vorzutragen (§ 285 Abs. 2).
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f) Beweiswürdigung. Letzte Station des Beweisverfahrens ist die Beweiswürdigung. Ist die Beweiserhebung abgeschlossen und hat eine Verhandlung über deren Ergebnisse stattgefunden, muss das Gericht diese und den Inhalt der gesamten mündlichen Verhandlung nach freier Überzeugung würdigen. Ist das Gericht von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache überzeugt, so ist der Beweis gelungen. Anderenfalls ist der Beweis gescheitert, es sei denn, das Beweismaß verlangt im Einzelfall weniger als eine volle Wahrheitsüberzeugung (etwa nach § 287). Festgestellte Tatsachen sind unter die anzuwendenden Rechtsnormen zu subsumieren. Führt die Beweisaufnahme zu keiner hinreichenden Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit oder Unwahrheit der Parteibehauptungen und besteht weiterhin Unklarheit über den wahren Sachverhalt (non liquet), muss der Rechtsstreit nach den Regeln der Beweislast entschieden werden. Zur Beweislastverteilung s. vor § 286 Teil A.
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2757 199 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 51; Stein/Jonas/Berger22 § 355 Rdn. 29. 100 22758 Vgl. BGH NJW 1992, 1899, 1900; MünchKommZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 51. 101 32759 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 52; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 34. Zur Zulässigkeit im Strafprozess BVerfG NJW 1992, 168
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(Berücksichtigung der begrenzten Zuverlässigkeit erst bei der Beweiswürdigung). 4 BGH NJW-RR 2007, 1077, 1078, Tz. 17; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 52; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 35. 103 52761 BGH NJW-RR 2007, 1077, 1078, Tz. 17. 104 62762 BGH NJW-RR 2007, 1077, 1078, Tz. 18. 102 2760
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IX. Der Beweisantrag 1. Antragstellung Der Beweisantrag wird in aller Regel bereits in dem die mündliche Verhandlung vorbereitenden Schriftsatz gemeinsam mit dem erstmaligen Vorbringen der zugehörigen Tatsachenbehauptung gestellt. Der Beweisantrag muss in der Verhandlung nicht nochmals gestellt werden.105 Eine schriftsätzliche Antragstellung ist wegen § 358a sofort wirksam und bedarf nicht einer Inbezugnahme in der mündlichen Verhandlung nach § 137 Abs. 3. § 297 ist nicht anwendbar. Eine ausdrückliche Bezugnahme kann erforderlich sein, wenn das Gericht zum Ausdruck gebracht hat, dass es die durchgeführte Beweisaufnahme für abschließend hält.106 Von einem Fallenlassen schriftsätzlicher Beweisanträge kann ohne Nachfrage nicht ausgegangen werden.107 Wird ein Beweisantrag erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellt, kann er verspätet sein (vgl. §§ 282 Abs. 1, 296 Abs. 2 und unten 4 b Rdn. 92). In der Berufungsinstanz ist eine klare Bezugnahme auf in der ersten Instanz gestellte, dort aber nicht ausgeschöpfte Beweisanträge erforderlich; eine allgemeine Bezugnahme auf das gesamte Vorbringen im ersten Rechtszug reicht nicht aus.108 Diese Anforderungen sind mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vereinbar.109 Anträge auf Vernehmung eines bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen durch das Berufungsgericht gelten als Anträge auf erneute Vernehmung des Zeugen, wenn sich das Beweisthema nicht ändert.110
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2. Inhalt des Antrages Der Beweisantrag muss sowohl das Beweisthema als auch das heranzuziehende Beweismittel benennen. Es muss also angegeben werden, welche der zuvor behaupteten Tatsachen bewiesen werden sollen und mit welchem Beweismittel die Feststellung getroffen werden soll. Notwendiger Inhalt eines Beweisantrags ist die spezifizierte Bezeichnung der Tatsachen, welche bewiesen werden sollen.111 Davon zu trennen ist die Frage, wie substantiiert die jeweiligen Tatsachen behauptet werden müssen. Das ist unter Berücksichtigung der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht (§ 138 Abs. 1) nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Einlassung des Gegners, zu beurteilen.112 Zur Substantiierungslast s. vor § 286 Teil A III 1b Rdn. 40 ff. Der Beweisantrag zur Vernehmung eines Zeugen setzt nicht voraus, dass der Beweisführer sich dazu äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen der Zeugen gestellten Behauptungen hat.113 Beweismittel sind so präzise wie möglich zu bezeichnen, insbesondere Zeugen sind namentlich und mit ladungsfähiger Anschrift zu benennen. Gegebenenfalls muss das Gericht durch einen Hinweis gem. § 139 auf eine hinreichende Bezeichnung der Beweismittel hinwirken. Nicht erforderlich ist die Benennung eines konkreten Sachverständigen (vgl. § 404 Abs. 1 S. 1). Weil dessen Expertenwissen im Gegensatz zu den Beobachtungen eines Zeugen nicht einzigartig ist, können Fachleute mit ent105 2763
1
BGH NJW-RR 1996, 1459, 1460; OLG Hamm NJW-RR 1997, 764. 106 2764 2 BGH MDR 1969, 746. 107 32765 Vgl. BGH NJW 1998, 2977, 2978 (generell zu schriftsätzlichem Vorbringen nach Einholung eines Sachverständigengutachtens). 108 42766 Vgl. BGHZ 35, 103, 106 f; BGH NJW 1961, 1458.
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5 BVerfG NJW 1982, 1636, 1637. 110 62768 BGHZ 53, 245, 257 – Anastasia. 111 72769 BGH NJW-RR 2004, 1362, 1363. 112 82770 BGH NJW-RR 2004, 1362, 1363. 113 92771 BGH NJW-RR 1988, 1529; BGH, Beschl. v. 1.8.2007 – III ZR 35/07; KG MDR 2008, 588.
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sprechenden Kenntnissen in austauschbarer Weise herangezogen werden. Die benannten Beweismittel müssen verfügbar und zum Beweis geeignet sein. Auszuschließen sind lediglich solche Beweismittel, die für den durchzuführenden Beweis offensichtlich ungeeignet sind. 3. Rücknahme und Verzicht
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Rücknahme eines Beweisantrags und Verzicht auf ein Beweismittel sind möglich, solange der betreffende Beweis noch nicht vollständig erhoben worden ist.114 Dies ergibt ein Umkehrschluss aus §§ 399, 436. Eine Rücknahme ist auch konkludent möglich.115 Der Verzicht kann auf eine Instanz beschränkt erklärt werden. Allerdings kann die erneute Beantragung an §§ 282 Abs. 1, 296 Abs. 2 und § 531 Abs. 2 scheitern. Rücknahme und Verzicht sind widerruflich;116 im Widerruf ist eine erneute Antragstellung zu sehen. Solange ein Beweisantrag nicht präkludiert ist, kann er nach einer Rücknahme erneut gestellt werden.117 Zwischen Rücknahme und Verzicht besteht kein grundsätzlicher Unterschied,118 doch ist der Verzicht für den Zeugenbeweis und den Urkundenbeweis ausdrücklich geregelt und dadurch eingeschränkt. Ein Verzicht auf den Zeugenbeweis ist noch bis zur Beendigung der Zeugenvernehmung möglich. Jedoch kann die Gegenpartei dann gem. § 399 Halbs. 2 die Fortsetzung der Befragung verlangen. Dasselbe gilt, wenn der geladene Zeuge erschienen ist, die Vernehmung aber noch nicht begonnen hat. Für den Urkundenbeweis ist ein Verzicht nach Vorlegung der Urkunde nur noch mit Zustimmung der Gegenpartei möglich, § 436. Der Urkundeninhalt dürfte allerdings bei Zustimmung des Beweisgegners unstreitig werden und dann keines Beweises mehr bedürfen. Trifft dies nicht zu, kann das Gericht die Urkunde von Amts wegen verwerten, § 142 Abs. 1. 4. Zurückweisung des Beweisantrags
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a) Zurückweisung als Ausnahme. Grundsätzlich geht die ZPO von einer Pflicht des Gerichts zur Ausschöpfung der Beweisaufnahme aus.119 Der Beweisantrag kann abgelehnt werden, wenn ein anerkannter Ablehnungsgrund vorliegt. Weil die Ablehnung eines Beweisantrags mit grundgesetzlich garantierten Rechten des Antragstellers in Konflikt steht, die im Recht auf Beweis (oben II Rdn. 4 ff.) zusammengefasst sind, sind an eine Ablehnung strenge Anforderungen zu stellen. Als Orientierungshilfe können die in § 244 Abs. 3 StPO aufgezählten Beispiele dienen, die ein Ergebnis jahrzehntelanger Rechtsprechung sind.120 Wird ein Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt, liegt darin neben einer Verletzung der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen ein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Nr. 1.121
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MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 86; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 32; Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 33. 115 22773 BGH MDR 1969, 462; BGH FamRZ 1987, 1019, 1020; OLG Hamm NJW-RR 2002, 1653. 116 32774 BAG NJW 1974, 1349, 1350. 117 42775 BGH NJW 1994, 329, 330; BGH MDR 1969, 746. 1
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BAG NJW 1974, 1349, 1350; BGH NJW-RR 1996, 1459, 1460. 6 Vgl. BVerfGE 50, 32, 36 = NJW 1979, 413, 414; BGHZ 53, 245, 259 = NJW 1970, 946, 949. 120 2778 7 BGHZ 53, 245, 259; OLG München NJW 1972, 2048, 2049. 121 82779 OLG Düsseldorf NJW 1968, 1095; OLG München NJW 1972, 2048, 2049. 119 2777
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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b) Verspätetes Vorbringen. Beweisanträge können als verspätet zurückgewiesen werden, wenn sie nicht rechtzeitig gestellt werden, §§ 282 Abs. 1, 296 Abs. 2, 530, 531.122 In diesen Fällen wird von einem verfahrensrechtlichen Ausschlussgrund gesprochen, während die übrigen Zurückweisungsgründe als beweisrechtliche Gründe bezeichnet werden.123 Auf die im Strafprozess bedeutsame Feststellung einer Verschleppungsabsicht124 kommt es nicht an.125 Nach erstinstanzlichem Verzicht auf die Vernehmung eines geladenen und erschienenen Zeugen ist dessen erneute Benennung in der Berufungsinstanz als neues Parteivorbringen nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 zuzulassen.126
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c) Fehlende Beweisbedürftigkeit. Von vornherein kein Beweis zu erheben ist über Tatsachen, die nach dem Vortrag beider Parteien unzweifelhaft, weil unbestritten (§ 138 Abs. 3), zugestanden (§ 288), offenkundig (§ 291) oder Gegenstand einer gesetzlichen Vermutung (§ 292) sind.
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d) Bereits erfolgter Beweis. Ist über eine beweisbedürftige Tatsache schon Beweis erhoben worden und das Gericht von ihrem Vorliegen oder Nichtvorliegen überzeugt, darf ein weiterer darauf bezogener Beweisantrag nicht wegen der (vorläufigen) Überzeugungsbildung abgelehnt werden. Schlägt die Überzeugungsbildung fehl oder wird gar das Gegenteil der Tatsachenbehauptung als bewiesen betrachtet, kann der Beweisführer einen ergänzenden Beweisantrag stellen, um die (vorläufige) Überzeugung des Gerichts zu ändern.127 Sieht das Gericht eine Tatsache als erwiesen an, kann umgekehrt der Beweisgegner noch einen Gegenbeweis antreten. Eine Ablehnung weiterer Beweisanträge kommt nur in Betracht, wenn sie aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr zulässig sind; dann ist die Beweisaufnahme abgeschlossen und die Beweiswürdigung endgültig ist.
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e) Unerheblichkeit der Tatsache. Der Begriff der Unerheblichkeit ist nicht zu verwechseln mit der Untauglichkeit bzw Ungeeignetheit des Beweismittels. Die Unerheblichkeit betrifft die zu beweisende Tatsache selbst und ist eine regelmäßig bereits bei Schlüssigkeitsprüfung des Parteivortrags zu beantwortende Frage. Sie kann jedoch bei der Prüfung eines Beweisantrages auftreten, wenn die betreffende Tatsache als Indiztatsache zur Führung eines mittelbaren Beweises herangezogen wird. Der Antrag, die Indiztatsache mit Hilfe eine Beweises festzustellen, um von ihr auf die Haupttatsache schließen zu können, setzt eine Prüfung der Beweisschlüssigkeit voraus. Ist sie zu verneinen, ist ein Beweis der Indiztatsache unerheblich und der Antrag kann zurückgewiesen werden (dazu oben VI 5 Rdn. 52).128
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f) Ungeeignetheit des Beweismittels. Die Ungeeignetheit bzw Untauglichkeit eines Beweismittels stellt einen problematischen Ablehnungsgrund dar, weil einer solchen Einschätzung die Tendenz zu einer vorweggenommenen Beweiswürdigung innewohnt. Eine Beweisantizipation ist unzulässig (s. auch oben II Rdn. 6).129 Deshalb kann von einer Ungeeignetheit nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden, in denen
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1 Vgl. BGH VersR 2007, 373. 123 22781 Vgl. BGHZ 53, 245, 259. 124 32782 BGH NJW 2007, 2501, 2502, Tz. 21 ff. 125 42783 A.A. Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 83. 126 52784 BGH NJW-RR 2007, 774, 775, Tz. 5. 127 62785 BGHZ 53, 245, 260; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 99. 128 72786 Vgl. BGH NJW 1992, 2489, 2490. 129 82787 BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007; BVerfG NJW
1993, 254, 255; BGH Urt. v. 3.6.2008 – VI ZR 235/07, Tz. 15 (fachmedizin. Gutachten zu Schleudertrauma nach vorherigem biomechanischen Gutachten als vermeintlich nicht erkenntnisfördernd); BGH ZIP 2005, 28, 29 = MDR 2005, 164; BGH NJW-RR 2002, 1072, 1073; BGH NJW 2000, 3718, 3720; BGH NJW 1994, 1348, 1350; BGHZ 53, 245, 260.
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offensichtlich und unzweifelhaft ist, dass der angebotene Beweis die erhofften Erkenntnisse nicht zulässt.130 Das ist nicht der Fall, wenn ein Zeuge von vornherein als unglaubwürdig eingestuft wird,131 das Zutreffen einer Behauptung höchst unwahrscheinlich, aber nicht kategorisch ausgeschlossen ist,132 oder es sich um einen Zeugen vom Hörensagen handelt133. In Betracht kommen kann der Ablehnungsgrund, wenn nach Veränderung eines Augenscheinsobjekts ein Augenschein eingenommen werden soll oder wenn ein Sachverständigengutachten Befundtatsachen erheben soll, obwohl wegen Zeitablaufs eine tatsächliche Veränderung eingetreten ist134. Von Untauglichkeit darf ausgegangen werden, wenn der Beweisantrag mit anerkannten naturgesetzlichen oder empirischen Erkenntnissen unvereinbar135 oder gar die behauptete Tatsache selbst wegen eines solchen Widerspruchs nicht möglich ist. Einen umstrittenen Fall der Ungeeignetheit stellt der Polygraphentest (Lügendetektortest) dar (dazu vor § 286 Teil B VII 4 Rdn. 53). Die Rechtsprechung hat ihn sowohl für das Strafverfahren136 als auch für das Zivilverfahren137 für untauglich erklärt.
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g) Tatsächliche Hindernisse. Ein Beweisantrag kann zurückgewiesen werden, wenn ihm aus tatsächlichen Gründen nicht entsprochen werden kann. Das ist vor allem vorstellbar, wenn das benannte Beweismittel nicht verfügbar bzw nicht erreichbar ist. In diesen Fällen findet § 356 Anwendung. Von Unerreichbarkeit eines Zeugen darf das Gericht erst ausgehen, wenn es alle der Bedeutung des Zeugnisses entsprechende Bemühungen entfaltet hat und keine begründete Aussicht besteht, das Beweismittel in absehbarer Zeit beizubringen.138
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h) Wahrunterstellung. Zweifelhaft ist, welche Bedeutung der aus § 244 Abs. 3 StPO übernommene Ablehnungsgrund der Wahrunterstellung hat. Eine Beweiserhebung wird aus Sicht der beweisbelasteten Partei überflüssig und damit unerheblich, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache zugunsten des Beweisbelasteten als wahr unterstellt wird. Dies haben die Rechtsprechung des BVerfG139 und des BGH140 auch für den Zivilprozess als möglich angesehen. Eine Wahrunterstellung soll aber nur dann möglich sein, wenn sie der Gegenpartei, die die betreffende Behauptung bestritten hat, nicht zum Nachteil gereicht.141 Das kann nur angenommen werden, wenn diese Wahrunterstellung eine Tatsache betrifft, die nicht beweisbedürftig oder die unerheblich142 ist. In diesen Fällen bedarf es aber keines Rückgriffs auf einen weiteren Ablehnungsgrund, sondern der Beweisantrag kann ohnehin zurückgewiesen werden. Zu Recht wird daher der Schluss gezogen, die Wahrunterstellung sei im Zivilprozess überflüssig.143 130 2788
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BGH NJW 1956, 1480; BGH DRiZ 1962, 167, 168; OLG Köln VersR 1973, 643. 131 2789 2 Vgl. BGH ZZP 72 (1959), 198, 199 = VersR 1958, 847, 849; BGH FamRZ 1964, 150, 152; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 97. 132 32790 BGH NJW 1951, 481, 482; BGH VersR 1962, 177, 178; BGH VersR 1960, 225, 226; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 97; Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 64. 133 42791 BGH NJW 2006, 3416, 3418, Tz. 21. 134 52792 So in OLG Frankfurt ZIP 2008, 774, 777 (zur Sicherheitsarchitektur von Geldautomaten). 135 62793 Söllner MDR 1988, 363 f. 136 72794 BGHSt 44, 308 = NJW 1999, 657, 658. 137 82795 BGH NJW 2003, 2527, 2528.
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BGH NJW 2006, 3416, 3418, Tz. 25 (bei Geltung der Untersuchungsmaxime im dortigen Verfahren). 139 2797 10 BVerfG NJW 1992, 1875, 1877 (III 1); BVerfG NJW 1993, 254, 255. 140 2798 11 BGHZ 53, 245, 260; BGH VersR 2008, 382. 141 2799 12 BGHZ 53, 245, 260. 142 2800 13 So war die Beweislage wohl im Ausgangsverfahren zu BVerfG NJW 1992, 1875 (vgl. dort 1877 unter III 1). 143 2801 14 Vgl. Bauer MDR 1994, 953, 955; MünchKommZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 100; Schneider ZZP 75 (1962), 173, 207 Fn. 119; Musielak/Stadler JuS 1979, 721, 724; Teplitzky JuS 1968, 71, 74.
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§ 285
i) Erleichterte Ablehnung bei gerichtlichem Ermessen. Im Wesentlichen in zwei Ausnahmefällen kann das Gericht unter deutlich erleichterten Voraussetzungen einen Beweisantrag nach pflichtgemäßem Ermessen ablehnen. Dabei handelt es sich um den Sachverständigenbeweis, auf den das Gericht grundsätzlich verzichten kann, wenn es selbst über die erforderliche Sachkunde verfügt, was es allerdings kritisch überprüfen muss (§ 402 Rdn. 49 f). Ferner gestattet § 287 Abs. 1 S. 2 das Absehen von einer beantragten Beweisaufnahme (dazu § 287 VII 2 Rdn. 51 ff.).
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j) Sonstige Gründe. Ein Beweisantrag muss abgelehnt werden, wenn er die Heranziehung eines in der Prozesssituation unzulässigen Beweismittels vorsieht, also etwa im Rahmen des Strengbeweises Beweismittel außerhalb der §§ 355 ff benannt werden. Ferner dürfen Beweise nicht erhoben werden, die einem Beweiserhebungsverbot unterliegen oder die einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen.
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X. Geheimverfahren, Beweisvereitelung Das Geheimverfahren wird vor § 284 in Rdn. 47 ff behandelt. Die Beweisvereitelung wird bei § 444 kommentiert.
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§ 285 Verhandlung nach Beweisaufnahme (1) Über das Ergebnis der Beweisaufnahme haben die Parteien unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln. (2) Ist die Beweisaufnahme nicht vor dem Prozeßgericht erfolgt, so haben die Parteien ihr Ergebnis aufgrund der Beweisverhandlungen vorzutragen. Schrifttum Schneider Verhandlung über das Beweisergebnis, MDR 2001, 781; Schneider Säumnis durch Nichtverhandeln, MDR 1992, 827; Schulz/Sticken Die Erörterung der richterlichen Beweiswürdigung mit den Parteien, MDR 2005, 1.
I. Sicherung der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit § 285 sorgt dafür, dass die Parteien Gelegenheit erhalten, über das Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht mündlich zu verhandeln. Gesichert werden damit der Grundsatz der Mündlichkeit 1 und der formellen Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Zugleich wird die Gewährung rechtlichen Gehörs zum Beweisergebnis praktiziert, die allerdings auch durch schriftsätzliche Stellungnahmen ermöglicht würde und deshalb nicht in § 285 verankert ist.2
1 12802 BGH VersR 1960, 321, 322.
2 22803 A.A. BGHZ 63, 94, 95 = BGH NJW 1974, 2322.
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§ 285
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
II. Einheit von Beweisaufnahme und Beweisverhandlung
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Gem. § 279 Abs. 3 ist der Sach- und Streitstand im Anschluss an die Beweisaufnahme erneut mit den Parteien zu erörtern. Soweit bereits möglich – so die Fassung des § 279 Abs. 3 seit 2002 – ist das Ergebnis der Beweisaufnahme in die Erörterung einzubeziehen. Das Gericht muss seine endgültige Beweiswürdigung bei dieser Gelegenheit nicht offenbaren3, hat aber auf für wesentlich erachtete Aspekte der Beweiswürdigung hinzuweisen, damit die Parteien ihr weiteres Prozessverhalten hinsichtlich der Aufklärung des Tatsachenstoffes darauf einstellen können.4 Über eine erste vorläufige Einschätzung hinausgehende „Schnellschüsse“, die bei der Urteilsabfassung überdacht und geändert werden, begründen Angriffsmöglichkeiten in der Berufungsinstanz (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 in Verb. mit § 139).5 Das Gericht hat den Parteien Gelegenheit zu geben, zum Beweiswert Stellung zu nehmen, etwaige Beweiseinreden6 zu erheben, neue Beweisanträge zu stellen7, sich überraschende günstige Ergebnisse der Beweisaufnahme – gegebenenfalls konkludent – hilfsweise zu eigen zu machen8 oder bisher streitiges Vorbringen unstreitig zu stellen. Wird erneut in die Beweisaufnahme eingetreten, ist die Verhandlung über das Beweisergebnis zu wiederholen.9 Ein Termin zur Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht ist gem. § 370 Abs. 1 im Interesse der Verfahrenskonzentration zugleich zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung zu bestimmen, so dass bei Entscheidungsreife ein Urteil ergehen kann. In der Verhandlung über das Beweisergebnis müssen die früher gestellten Anträge nicht wiederholt werden,10 auch wenn dies vielfach geschieht. In das Verhandlungsprotokoll ist aufzunehmen, dass die Parteien Gelegenheit zum Verhandeln hatten11 und das Gericht das Beweisergebnis mit ihnen erörtert hat.
III. Verzicht der Parteien, Säumnis
5
6
Die Parteien können auf eine mündliche Verhandlung verzichten.12 Sie können statt dessen ihre Stellungnahme auch schriftlich abgeben,13 haben darauf aber grundsätzlich keinen Anspruch.14 Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann es gebieten, eine Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme einzuräumen, wenn die Komplexität der Beweisaufnahme dafür eine hinreichende Vorbereitung erfordert, etwa eine Informationsbeschaffung der nicht sachkundigen Partei zu einem mündlich erstatteten Sachverständigengutachten notwendig erscheinen lässt.15 Ist eine Partei im Beweisaufnahmetermin säumig, soll die Beweisaufnahme nach § 367 gleichwohl durchgeführt werden, soweit dies möglich ist. Anschließend kann auf
3 12804 Zur Rechtslage vor 2002 Schulz/Sticken MDR 2005, 1, 2. 4 22805 Strenger Gehrlein MDR 2003, 321, 423 (Zwischenberatung und Offenlegung des Beratungsergebnisses). 2806 5 3 Vgl. Schulz/Sticken MDR 2005, 1, 5. 2807 6 4 Dazu BGH MDR 1958, 501. 7 52808 BGH VersR 1960, 321, 322. 8 62809 Vgl. BGH NJW 1991, 1541, 1542; BGH NJW 2001, 2177, 2178; BGH NJW 2006, 64, 65. 9 72810 Vgl. die Verfahrensrüge in BGH NJW 1990, 121, 122.
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2811 810 BGHZ 63, 94, 95 = NJW 1974, 2322; BGH NJW 2004, 1732. 2812 911 BGH NJW 1990, 121, 122; BGH MDR 2001, 830. 12 2813 10 BGHZ 63, 94, 95 = NJW 1974, 2322; BGH NJW 2004, 1732. 13 2814 11 BGH VersR 1960, 321, 322. 14 2815 12 BGH NJW 1991, 1547, 1548 = MDR 1991, 343. 15 2816 13 BGH NJW 1982, 1335; BGH NJW 1984, 1823; BGH NJW 1988, 2302; BGH NJW 1991, 1547, 1548.
Hans-Jürgen Ahrens
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
A vor § 286
Antrag ein Versäumnisurteil erlassen werden. Ein Fall der Säumnis ist nicht gegeben, wenn der Anwalt nach der Beweisaufnahme erklärt, er trete nicht mehr auf.16 Es kann daher ein kontradiktatorisches Urteil ergehen, auch wenn der Kläger ein Urteil nach Lage der Akten oder ein Versäumnisurteil beantragt.17 Wird eine Entscheidung nach Lage der Akten erlassen (§ 251a, § 331a), ist das Beweisergebnis zu verwerten.
IV. Verstoß gegen § 285 Verstößt das Gericht gegen § 285 Abs. 1 oder 2, handelt es sich um einen heilbaren (§ 295) Verfahrensfehler.18 Der nicht geheilte Verstoß kann mit der Revision gerügt werden (§ 556).19
7
V. Beweisaufnahme vor dem beauftragten oder ersuchten Richter Findet die Beweisaufnahme ausnahmsweise20 nicht vor dem Prozessgericht statt, müssen die Parteien das Ergebnis dem Prozessgericht vortragen. Das betrifft sowohl Beweisaufnahmen vor dem beauftragten Richter (§§ 361, 375 Abs. 1a) oder dem Rechtshilferichter (§ 362, § 157 GVG; § 364) als auch Beweisaufnahmen im selbständigen Beweisverfahren (§ 493). Vorgetragen wird das Ergebnis durch Aufnahme in einen Schriftsatz und anschließende mündliche Verhandlung mit Bezugnahme darauf21 oder durch Beiziehung der Akten und mündliche Verhandlung.
Vor § 286 Teil A: Darlegungslast, Beweislast Schrifttum: H.-J. Ahrens in: Egon Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2008, Die Verteilung der Beweislast, Schriftenreihe Versicherungsrecht Band 40, 2008; Arens Zur Problematik von non liquet-Entscheidungen, FS Müller-Freienfels, 1986, 13; ders. Zur Beweislastproblematik im heutigen deutschen Produkthaftungsprozeß, ZZP 104 (1991), 123; Assmann Beweiserleichterungen und Beweislastumkehr zur Korrektur materiellen Rechts?, JbJZivilrechtswiss. 1994, 183; Baumgärtel Beweislastpraxis im Privatrecht, 1996; ders. Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, 2. Aufl. 1991, Band 2, 2. Aufl. 1999, Band 3, 1987, Band 4, 1988, Band 5, 1993; ders. Probleme der Beweislastverteilung in der Zwangsvollstreckung, FS Lücke, 1997, 1; ders. Das Verhältnis von Beweislastumkehr und Umkehr der konkreten Beweisführungslast, FS Nakamura, 1996, 41; ders. Das Wechselspiel der Beweislastverteilung im Arzthaftungsprozeß, GedS Bruns, 1980, 93; ders. Gedanken der Beweislastverteilung bei der positiven Forderungsverletzung, FS Carnacini, Band II, 1984, 913; ders. Die Beweislast im Zivilprozeß, FS Kralik, 1986, 63; ders. Die Auswirkungen von Parteivereinbarungen auf die Beweislast, FS Fasching, 1988, 67; ders. Die Befundsicherungspflicht, FA Walder, 1994, 143; Baumgärtel/Wahrendorf Beweislast und Treu und Glauben, FS Rammos, Band I, 1979, 41; Baumgärtel/Wittmann Die Beweislastverteilung im Arzthaftungsprozeß, JA 1979, 113; dies. Zur Beweislastverteilung im Rahmen von § 823 BGB, FS Schäfer, 1980, 13; Belling/Riesenhuber Beweislastumkehr und Mitverschulden, ZZP 108 (1995), 455; Berg
2817 116 BGH NJW 1974, 2322. 2818 217 BGH NJW 1974, 2322; BGH NJW 2004, 1732 (dort: Entscheidung nach Lage der Akten). 2819 318 Zöller/Greger § 285 Rdn. 1; E. Schneider MDR 2001, 781, 782; a.A. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 285 Rdn. 6.
2820 419 BGH VersR 1960, 321, 322; BGH MDR 2001, 781, 782. 2821 520 BGH NJW 1960, 1252, 1253. 2822 621 BGH NJW 1972, 773, 774; OLG Hamm MDR 1992, 713.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Die verwaltungsrechtliche Entscheidung bei ungewissem Sachverhalt, 1980; Blomeyer Beweislast und Beweiswürdigung im Zivil- und Verwaltungsprozeß, Gutachten für den 46. Deutschen Juristentag, Band I Teil 2A, 1966; Brandt/Brandes Die Beweislast für die Kausalität der Pflichtverletzung, VersR 1991, 1109; Broß Die Bedeutung der Beweislast im Zivilprozeß, JA 1979, 590; P. Bruns Beweislastverteilung bei missbräuchlicher Nutzung elektronischer Zahlungssysteme, MMR1999, 19; Brunske Beweiswürdigung und Beweislast bei Aufklärungspflichtverletzungen im Bankrecht, 1994; Bülow Beweislast und Beweismaß im Recht der Europäischen Gemeinschaften, EWS 1997, 155; Chiang Beweislast und Beweiserleichterungen bei der Haftung von Angehörigen der freien Berufe, 1999; Dubischar Grundsätze der Beweislastverteilung im Zivilund Verwaltungsprozeß, JuS 1971, 385; D. Franzki Die Beweisregeln im Arzthaftungsprozeß, 1982; Friedl Beweislastverteilung unter Berücksichtigung des Effizienzkriterium, 2003; Gerhardt Beweisvereitelung im Zivilprozeßrecht, AcP 169, 289; Gmehling Die Beweisvereitelung bei Schäden aus Industrieimmissionen, 1989; Gottwald Grundprobleme der Beweislastverteilung, Jura 1980, 225; ders. Sonderregeln der Beweislastverteilung, Jura 1980, 303; Gsell Die Beweislast für den Inhalt der vertraglichen Einigung, AcP 2003 (2003), 119; Habscheid Beweislast und Beweismaß – ein kontinentaleuropäisch-angelsächsischer Rechtsvergleich, FS Baumgärtel, 1990, 105; Hansen Beweislast und Beweiswürdigung im Versicherungsrecht, 1990; Harkem Zur Beweislastverteilung beim Bereicherungsausgleich im Dreiecksverhältnis, JZ 2002, 179; Heinemann Die Beweislastverteilung bei positiven Forderungsverletzungen, 1988; ders. Baustein anwaltlicher Berufshaftung: die Beweislast, NJW 1990, 2345; Heinrich Die Beweislast bei Rechtsgeschäften, 1996; ders. Zur Funktion der Beweislastnormen, FS Musielak, 2003, 219; Hendricks Zivilprozessuale Geltendmachung von Widerrufs- und Unterlassungsansprüchen im Medienrecht, 2001, 98 ff; Kaufmann Die Beweislastproblematik im Arzthaftungsprozeß, 1984; Kargados Zur Beweislast bei der Haftung für Umweltschäden, FS Baumgärtel, 1990, 187; Katzenmeier Arzthaftung, 2002; Kegel Der Individualanscheinsbeweis und die Verteilung der Beweislast nach überwiegender Wahrscheinlichkeit, FS Kronstein, 1967, 321; Kemper Beweisprobleme im Wettbewerbsrecht, 1991; Kiethe Die Beweislastverteilung im Zivilverfahrensrecht, 1995; Klicka Die Beweislastverteilung im Zivilverfahrensrecht, 1995; Krapoth Die Rechtsfolgen der Beweisvereitelung im Zivilprozeß, 1996; Kur Beweislast und Beweisführung im Wettbewerbsprozeß, 1981; ders. Beweislast und Beweisführung im Wettbewerbsprozeß, 1981; Lange Die Beweislast im Anwaltshaftungsprozess, 2002; Larenz Zur Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen, FS Hauß, 1978, 225; Laufs Die Beweislast im Arzthaftungsprozeß, in: Laufs/Uhlenbruck Handbuch des Arztrechts, 2. Aufl. 1999 (§§ 107–111); Laumen Die „Beweiserleichterung bis zur Beweislastumkehr“ – Ein beweisrechtliches Phänomen, NJW 2002, 3739; Leipold Beweislastregeln und gesetzliche Vermutungen, insbesondere bei Verweisungen zwischen verschiedenen Rechtsgebieten, 1966; ders. Rezension des Werkes Reinecke, AcP 179 (1979), 502; ders. Beweismaß und Beweislast im Zivilprozeß, 1985; ders. Beweis und Beweislast im Umwelthaftungsprozeß, in: Leipold, Umweltschutz und Recht in Deutschland und Japan, 2000, 191; Leonhard Die Beweislast, 2. Aufl. 1926; Lepa Beweislast und Beweiswürdigung im Haftungsprozeß, 1988; Lüke Über die Beweislast im Zivil- und Verwaltungsprozeß, JZ 1966, 587; G. Müller Beweislast und Beweisführung im Arzthaftungsprozeß, NJW 1997, 3049; Musielak Die Grundlagen der Beweislast im Zivilprozeß, 1975; ders. Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen, AcP 1976 (1976), 465; ders. Gegenwartsprobleme der Beweislast, ZZP 100 (1987), 385; ders. Die Beweislastregelung bei Zweifeln an der Prozeßfähigkeit, NJW 1997, 1736; ders. Hilfen bei Beweisschwierigkeiten im Zivilprozeß, Festgabe BGH, Bd. III, 2000, 194; Musielak/Stadler Grundfragen des Beweisrechts, 1984; Nierhaus Beweismaß und Beweislast, 1989; Nolte Betriebliche Dokumentation und Beweismittelvernichtung in amerikanisch-deutschen Wirtschaftsprozessen, 1996; Oberheim Beweiserleichterungen im Zivilprozeß, JuS 1996, 1111 und 1997, 61; Paulus Die Beweisvereitelung in der Struktur des deutschen Zivilprozesses, AcP 197 (1997), 136; Piper Darlegungs- und Beweisfragen im CMR-Prozeß, GS Helm, 1001, 289; Prölss Die Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen, VersR 1964, 901; ders. Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozeß, 1966; Prütting Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983; ders. Grundprobleme des Beweisrechts, JA 1983, 313; ders. Beweiserleichterungen für den Geschädigten, Karlsruher Forum 1989, 3; ders. Beweisprobleme im Arzthaftungsprozeß, FS 150 Jahre Landgericht Saarbrücken, 1985, 257; Raape Die Beweislast bei positiver Vertragsverletzung, AcP 147 (1941), 217; Reinecke Die Be-
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A vor § 286
weislastverteilung im Bürgerlichen Recht und im Arbeitsrecht als rechtpolitische Regelungsaufgabe, 1976; Reinhardt Die Umkehr der Beweislast aus verfassungsrechtlicher Sicht, NJW 1994, 93; Rosenberg Die Beweislast auf der Grundlage des BGB und der ZPO, 5. Aufl. 1965; H. Roth Beweismaß und Beweislast bei der Verletzung von bankvertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflichten, ZHR 154 (1990), 513; Sautter Beweiserleichterungen und Auskunftsansprüche im Umwelthaftungsrecht, 1996; Scheffen Beweislastfragen bei Sportunfällen, in: Beweisprobleme in der Sportrechtsprechung, Schriftenreihe des Württembergischen Fußballverbandes, 1984; Schlemmer/Schulte Beweislast und Grundgesetz, 1997; Schmidt E. Die Beweislast in Zivilsachen – Funktionen und Verteilungsregeln, JuS 2003, 1007; Schwab Zur Abkehr moderner Beweislastlehren von der Normentheorie, FS Bruns, 1978, 505; Spickhoff Gesetzesverstoß und Haftung, 1998, 283 ff; Steffen Beweislasten für den Arzt und den Produzenten aus ihren Aufgaben zur Befundsicherung, FS Brandner, 1996, 327; Stoll Die Beweislastverteilung bei positiven Vertragsverletzungen, FS v. Hippel, 1967, 517; ders. Haftungsverlagerung durch beweisrechtliche Mittel, AcP 176 (1976), 145; Stürner Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, 1976; ders. Die Informationsbeschaffung im Zivilprozess, FS Vollkommer, 2006, 2001; ders. Beweislastverteilung und Beweisführungslast in einem harmonisierten europäischen Zivilprozess, FS Stoll, 2001, 691; Taupitz Prozessuale Folgen der „vorzeitigen“ Vernichtung von Krankenunterlagen, ZZP 100 (1987), 287; Wacke Zur Behauptungs- und Beweislast des Beklagten für den Einwand der Schenkung, ZZP 114 (2001), 77; Wahrendorf Die Prinzipien der Beweislast im Haftungsrecht, 1976; H. Weber Der Kausalitätsbeweis im Zivilprozeß, 1997, 211 ff; ders. Die Beweislast im Arbeitsrecht, RdA 1999, 107; R. Weber Muß im Arzthaftungsrecht der Arzt seine Schuldlosigkeit beweisen? NJW 1997, 761.
Übersicht Rdn I. Notwendigkeit und Wirkung objektiver Beweislastregeln . . . . . . . 1. Unaufklärbarkeit einer streitigen Tatsache (Beweislosigkeit) . . . . 2. Entscheidungszwang trotz Beweislosigkeit . . . . . . . . . . . 3. Beweislastregeln als Entscheidungsnormen . . . . . . . . . a) Selbständiger Charakter der Beweislastnormen . . . . . . . b) Dogmatische Deutungen . . . c) Zuordnung zum materiellen Recht oder zum Prozessrecht, IPR . . . . . . . . . . . . 4. Zuweisung des Nachteils der Unaufklärbarkeit . . . . . . . . . 5. Generell-abstrakte Beweislastregeln . . . . . . . . . . . . . a) Normcharakter . . . . . . . b) Mehrdeutigkeit der Einordnung als „Beweiserleichterung“ . . . 6. Abgrenzung zur subjektiven Beweislast (Beweisführungslast) . . a) Aktivitätsdruck auf die Parteien b) Gleichgerichtetheit von objektiver und subjektiver Beweislast . c) Weitere prozessuale Folgen . . d) Abstrakte und konkrete Beweisführungslast . . . . . . . . .
1 1 3 5 5 7 11 13 15 15 18 21 21 24 25 27
Rdn 7. Parteiverhaltensunabhängige Beweislastwirkung . . . . . . . .
28
II. Grundregel der Beweislastverteilung
30
III. Verteilung der Darlegungslast . . . 1. Begrifflichkeiten . . . . . . . . a) Objektive und subjektive Komponente . . . . . . . . . . b) Substantiierungslast (konkrete Darlegungslast) . . . . . . . c) Sekundäre Darlegungslast / substantiiertes Bestreiten . . . . . 2. Grundregel . . . . . . . . . . 3. Darlegungslastnormen als dogmatischer Erklärungsgrund . . . . . 4. Eigenständige Aufgaben und Wirkungen der Darlegungslast . . . . 5. Schwierigkeiten der Prozessstoffbeschaffung als Abweichungsgrund 6. Spaltung von Beweislast und Darlegungslast . . . . . . . . . . a) Scheinbar abweichende Verteilung . . . . . . . . . . . . b) Sekundäre Darlegungslast . . . c) Dokumentationspflichten . . .
35 35
IV. Gesetzliche Beweislastregeln . . . . 1. Ausdrückliche Formulierungen . . 2. Gleichgerichtete Vermutungen . .
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35 40 45 51 52 53 56 57 57 59 62 65 65 67
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rdn
V. Beweislastermittlung durch Auslegung . . . . . . . . . . . . . . 1. Wertende Zergliederung des Tatbestandes . . . . . . . . . . . a) Grundregel als Ausgangspunkt . b) Rechtsvernichtende und rechtshemmende Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . c) Rechtshindernde Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . 2. Sprachliche Fassung der Rechtsnorm: Regel-Ausnahme-Schema . a) Wortlaut, Satzkonstruktion . . b) Unzuverlässigkeit von Negativformulierungen . . . . . . . 3. Das Versagen alleiniger Wortlautinterpretation, Interpretationsmethoden . . . . . . . . . . . . 4. Wertende Ermittlung von Regeltatbestand und Ausnahme . . . . . a) Wertungsschichten der Anspruchsnormen . . . . . . . b) Wertungsschichtenwechsel innerhalb desselben Tatbestandsmerkmals . . . . . . . . . . 5. Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . VI. Verfassungsrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Anforderungen . 1. Verfassungsrechtliche Vorgaben a) Mangelnde Aussagekraft der Verfassung . . . . . . . . b) Effektiver Rechtsschutz . . . c) Waffengleichheit . . . . . . 2. Gemeinschaftsrecht . . . . . .
72 72 74 78 81 81 84 86 89 89 98 103
. .
104 104
. . . .
104 106 107 111
VII. Sachgründe der Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung der Kriterien . . . . . 2. Prozessrechtliche Kriterien . . . a) Angriff contra status quo-Schutz b) Wahrscheinlichkeit . . . . . . c) Zugang zum Tatsachenstoff, Beweisnähe, Beweisnot . . . . . d) Gefahrenbereichslehre . . . . e) Negativbeweis . . . . . . . . f) Parteistellung . . . . . . . . 3. Materiellrechtliche Kriterien . . . a) Förderung materiellrechtlicher Zielsetzungen . . . . . . . . b) Verkehrsschutz, Erleichterung des Rechtsverkehrs . . . . . . c) Gefahrerhöhung . . . . . . . d) Grobe Berufspflichtverletzungen: Prävention, Kompensation des Beweisrisikos, Billigkeit . . e) Verantwortung für einen räumlich-gegenständlichen Bereich . 4. Ökonomische Kriterien . . . . .
792
72
114 114 117 117 119 122 125 131 135 137 137 138 139 140 142 143
Rdn 5. Umkehr der Beweislast durch Rechtsfortbildung . . . . . . . 6. Beweislastverträge . . . . . . . VIII. Beweislastverteilung in Einzelnen ausgewählten Rechtsgebieten . . . 1. Beweislastumkehr für Verkehrspflichtverletzungen . . . . . . . 2. Die Beweislastverteilung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . a) Aufhebung des Gleichlaufs von Darlegungs- und Beweislast? . . b) Erfolgsbezogene und verhaltensbezogene Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . c) Exkurs . . . . . . . . . . . 3. Aufklärungs- und Beratungsfehler a) Beweis der Reaktion des Aufklärungsadressaten . . . . . . b) Antworten der Rechtsprechung aa) Naheliegende Entscheidung bb) Offene Entscheidungssituation mit Handlungsalternativen . . . . . . . . . 4. Sonstige Einzelfälle . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . b) BGB . . . . . . . . . . . . aa) Wirksamer Vertragsschluss, Auslegung . . . . . . . . (1) Geschäftsfähigkeit . . . . (2) Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . (3) Abschluss und Inhalt von Rechtsgeschäften . . . . (4) Vertrags- und Testamentsauslegung . . . . . . . bb) Vertragliche Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . (1) Kauf . . . . . . . . . (2) Miete, Pacht . . . . . . (3) Werkvertragsrecht . . . . cc) Haftungsrecht . . . . . . (1) Rechtliche Berater . . . . (2) Arzthaftung . . . . . . (3) Produkthaftung . . . . . (4) Umwelthaftung . . . . . (5) Sonstige Fälle des allgemeinen Deliktsrechts . . . . (6) Rückgriffsansprüche . . . (7) Sonderdeliktsrecht . . . . dd) Familienrecht . . . . . . ee) Erbrecht . . . . . . . . c) Wettbewerbsrecht, Kartellrecht . d) Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht . . . . . (1) HGB . . . . . . . . . . (2) GmbH . . . . . . . . . (3) GenG . . . . . . . . . (4) InsO . . . . . . . . . .
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144 148 151 151 157 157 159 169 170 170 171 171 174 176 176 177 177 177 178 180 182 183 183 184 186 188 188 190 193 195 196 202 203 204 205 206 209 209 210 212 213
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
A vor § 286
Rdn e) Kapitalmarktrecht . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . (2) Aufklärungsfehler . . . . (a) Problemstellung . . . . . (b)Differenzierung nach Fallgruppen . . . . . . . . (c) Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistern .
214 214 215 215 216 219
Rdn (d)Informationspflichten der Emittenten gegenüber Ersterwerbern (Prospekthaftung) . . . . . . . . (e) Informationspflichten der Emittenten gegenüber Sekundärmarktteilnehmern . f) AGG . . . . . . . . . . .
222 225 228
Die Verteilung der Beweislast und der Darlegungslast I. Notwendigkeit und Wirkung objektiver Beweislastregeln 1. Unaufklärbarkeit einer streitigen Tatsache (Beweislosigkeit) Die Beweislast betrifft die gescheiterte Feststellung einer entscheidungsrelevanten Tatsache. Sie bestimmt das weitere Vorgehen, wenn das Gericht sich von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung nicht hat überzeugen können.1 Die Unaufklärbarkeit kann erst festgestellt werden, wenn sämtliche Möglichkeiten der Aufklärung und der Überzeugungsfindung ausgeschöpft worden, insbesondere alle prozessual zulässigen Beweise erhoben und ausgewertet worden sind. Das non-liquet, wie diese Entscheidungssituation genannt wird, kennzeichnet das Scheitern der Bemühungen um Sachverhaltsaufklärung. Die Unaufklärbarkeit wird außerhalb des Beweisrechts überwunden, wenn sich die begehrte Rechtsfolge zugleich auf ein Vorbringen der Gegenpartei stützen lässt, das sich die beweisbelastete Partei hilfsweise – ausdrücklich oder konkludent – zueigen macht.2
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2. Entscheidungszwang trotz Beweislosigkeit Der Richter darf der Sachentscheidung des Rechtsstreits auch dann nicht ausweichen, wenn er entscheidungsrelevante Tatsachen nicht sicher hat aufklären können. 3 Die gescheiterte Feststellung zu einer Tatsachenbehauptung entbindet ihn nicht davon, der Klage stattzugeben oder sie abzuweisen und damit für eine Entscheidung zu sorgen, die in materielle Rechtskraft erwachsen kann.4 Die Argumente gegen eine Entscheidungsverweigerung reichen von der Vereitelung der primären Zwecke eines jeden Prozesses wie der Gewährleistung von Rechtsfrieden und der Verhinderung der Rechtsdurchsetzung im Wege der Selbstjustiz über verfassungsrechtliche Prinzipien, insbesondere den Justizgewährungsanspruch, bis hin zu Art. 6 Abs. 1 EMRK.5 Dürfte das Gericht die Entscheidung im Falle eines 1 12823 Vgl. Rosenberg Beweislast5 2. 2 22824 Prütting Gegenwartsprobleme, 143 f. 3 32825 Prütting Gegenwartsprobleme, 124 ff; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 93; Stein/Jonas/Schumann ZPO, 20. Aufl. (1979), Einl. Rdn. 12. 4 42826 Vgl. Prütting Gegenwartsprobleme, 125. 5 52827 Vgl. Prütting Gegenwartsprobleme, 124 mwN. Dem von Prütting u.a. genannten Art. 10 der All-
gemeinen Erklärung der Menschenrechte dürfte dies allerdings nicht zu entnehmen sein, da diese Regelung im Gegensatz zu Art. 6 Abs. 1 EMRK lediglich verlangt, dass jedermann ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unparteiischen Gericht offen steht, nicht aber, dass dieses Gericht unter allen Umständen auch zu entscheiden hat.
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non-liquet verweigern, weil es sowohl die Wahrheit als auch die Unwahrheit entscheidungsrelevanter Tatsachenbehauptungen für möglich hält, wäre eine erneute Auseinandersetzung zu einem späteren Zeitpunkt möglich, eine Klärung der rechtlichen Streitfragen jedoch nach wie vor ungewiss. Die Pflicht zur Entscheidung des Rechtsstreits bedeutet allerdings nicht, dass sich das Gericht zu einer Überzeugung hinsichtlich des tatsächlichen Geschehens durchzuringen und damit die tatsächlichen Unklarheiten zu beseitigen hat.6 3. Beweislastregeln als Entscheidungsnormen
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a) Selbständiger Charakter der Beweislastnormen. Der Zustand der Beweislosigkeit wird durch Beweislastregeln überwunden. Sie stellen eine besondere normative Grundlage für die Sachentscheidung dar.7 Wer danach das Risiko der Unaufklärbarkeit trägt, verliert den Prozess. Beweislastregeln (Beweislastnormen) sind Entscheidungsnormen, die als Ergänzungssätze zu dem anzuwendenden Gesetzestatbestand hinzutreten.8 Wie deren Wirkung dogmatisch zu erklären ist, ist umstritten. Eindeutig ist nur, dass die beweisbelastete Partei den Prozess verlieren muss. Überwunden ist die Vorstellung, die Rechtsfolge des anzuwendenden Tatbestandes knüpfe an dessen Beweisbarkeit statt an das objektive Vorliegen der dafür benötigten Tatsachen an.9 Das materielle Recht besteht unabhängig von der Beweisbarkeit der Tatbestandsvoraussetzungen. b) Dogmatische Deutungen. Geklärt ist, dass auf Grund oder mittels einer Beweislastnorm nicht eine tatsächliche Feststellung über die zu beweisende Tatsache getroffen wird.10 Auch spricht die Norm nicht selbständig die Rechtsfolge des anzuwendenden Tatbestandes aus.11 Es bedarf einer anderen Deutung, wie materielles Recht und Beweislastentscheidung miteinander verknüpft sind. Rosenberg sah in der Regel eine spezielle Norm, die an die Stelle der primär streitentscheidenden Norm tritt und daher der darin enthaltene Rechtsbefehl keine Wirkung entfalte. Die Anwendung materieller Rechtsnormen setze voraus, dass deren Tatsachengrundlage positiv geklärt ist. Der richterlichen Überzeugung vom Nichtbestehen der Tatsachen sei der richterliche Zweifel über die Existenz der Tatsachen gleichzustellen.12 In der Begründung der Gleichstellung ist eine der Schwächen der Rechtsanwendungstheorie gesehen worden.13 Ein ungeklärter Sachverhalt kann nicht unter die anzuwendende Norm subsumiert werden.14 Allerdings können die Rechtsfolgen gleichgestellt werden. Für die weiteren Wirkungen ist aber zu unterscheiden, ob der Aufklärungszweifel ein rechtsbegründendes oder ein rechtshinderndes Merkmal betrifft. Heute hat sich – bei leichten Unterschieden der Begründung – die Sichtweise durchgesetzt, dass die Beweislastnorm die Unwahrheit der zu beweisenden Tatsachenbehauptung fingiert und damit die Grundlage zur Anwendung des rechtserheblichen Tatbestandsmerkmals schafft. 15 Auf den fingierten Sachverhalt kann die streit6 12828 Zu dieser früher vereinzelt vertretenen Auffassung Prütting Gegenwartsprobleme, 121 f. 2829 7 2 Prütting Gegenwartsprobleme, 152; Leipold Beweislastregeln, 22, 34; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 93. 8 32830 Prütting Gegenwartsprobleme, 173. 9 42831 Leipold Beweislastregeln, 22 f; Prütting Gegenwartsprobleme, 145 ff.
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2832 510 Prütting Gegenwartsprobleme, 152. 2833 611 Prütting Gegenwartsprobleme, 153. 12 2834 7 Rosenberg Beweislast5 12, 14. Zur Deutung der Auffassung von Rosenberg Leipold Beweislastregeln, 31, 33. 2835 813 Dazu Prütting Gegenwartsprobleme, 150 f. 2836 914 Musielak Grundlagen der Beweislast, 3, 19. 15 2837 10 Musielak Grundlagen der Beweislast, 24 f; Lei-
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entscheidende Norm in gleicher Weise angewandt werden, wie auf einen zur Überzeugung des Gerichts bewiesenen Sachverhalt. Damit wird das non-liquet zwar nicht beseitigt, wohl aber zum Zwecke der Normanwendung für die streitentscheidende Norm kaschiert. Die Fiktion hat nur Wirkung für das betreffende Merkmal in Anbetracht der betreffenden Rechtsnorm. Die Tatsachen werden also nicht für den gesamten Rechtsstreit fingiert. Bei der Anwendung einer weiteren Norm, die dieselbe Sachfrage in Bezug nimmt, kann die Beweislast anders zu verteilen und somit eine entgegengesetzte Fiktion vorzunehmen sein.16 Die Fiktion kann je nach konkreter Beweislastverteilung eine negative oder eine positive Folge auslösen.17 So bedeutet die Nichterweislichkeit der Bösgläubigkeit bei § 932 BGB, dass von einem gutgläubigen Erwerb auszugehen ist. Ebenso kann auf der Grundlage einer gesetzlichen Tatsachenvermutung ein ungeklärtes Merkmal positiv vermutet werden. c) Zuordnung zum materiellen Recht oder zum Prozessrecht, IPR. Streitig ist, ob Beweislastnormen dem materiellen Recht oder dem Prozessrecht zuzuordnen sind, oder ob sie gar einer dritten Kategorie angehören.18 Von einer generellen Aussage dürfen Rechtsfolgen nicht abhängig gemacht werden. Auswirkungen zeigen sich im Einzelfall bei der Zuordnung zum Bundesrecht oder zum Landesrecht für Fragen der Gesetzgebungszuständigkeit und der Revisibilität, bei der Rechtswahlmöglichkeit im IPR bzw IZPR oder bei Beurteilung der Wirksamkeit einer Beweislastvereinbarung (dazu unten VIII 6 Rdn. 148 f.). Zu befürworten ist die Qualifizierung als akzessorische Norm des anzuwendenden Rechtssatzes.19 Für außervertragliche Schuldverhältnisse regelt die VO (EG) Nr. 864/2007 vom 11.7.2007 („ROM II-Versordnung“)20, dass das anzuwendende materielle Recht über die Verteilung der Beweislast und die Anwendung gesetzliche Vermutungen entscheidet. Demgegenüber bestimmt Art. 22 Abs. 2, dass sich der Beweis einer Rechtshandlung nach der lex fori richtet.
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4. Zuweisung des Nachteils der Unaufklärbarkeit Unmittelbare Aufgabe der Entscheidungsnorm ist die Bewältigung der Beweislosigkeit durch Zuweisung des Nachteils der Unaufklärbarkeit einer Tatsache. Wer diesen Nachteil zu tragen hat, trägt damit die objektive Beweislast, die häufig auch Feststellungslast oder materielle Beweislast genannt wird. Unerheblich ist dafür, ob für das Verfahren der Verhandlungsgrundsatz (Beibringungsgrundsatz) oder der Untersuchungsgrundsatz gilt. Terminologisch verkürzt wird häufig nur von „Beweislast“ gesprochen; gemeint ist dann in der Regel die objektive Beweislast (zur gleichzeitigen Inbezugnahme der Darlegungslast unten III 2 Rdn. 51). Die objektive Beweislast betrifft Tatsachen, nicht aber Rechtsfragen. Darauf bezogene Kognitionsvorgänge greifen ineinander, sind aber zu unterscheiden. So ist die normative Auslegung des Inhalts einer Willenserklärung eine Rechtsfrage.21 Für sie kann es jedoch darauf ankommen, zuvor streitiges Auslegungsmaterial aufzuklären, pold Beweislastregeln, 65 f; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 286 Rdn. 106; Prütting Gegenwartsprobleme, 154, 167 f. 2838 116 Musielak Grundlagen der Beweislast, 25. 2839 217 Leipold Beweislastregeln, 65 f; Musielak Grundlagen, 22; Prütting Gegenwartsprobleme, 168 f. 2840 318 Vgl. dazu Leipold Beweislastregeln, 72 ff; Stein/
Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 78 f; Prütting Gegenwartsprobleme, 175 ff; Rosenberg Beweislast5 77 ff; Blomeyer Gutachten 46. DJT 1966, S. A 10. 2841 419 Von Ergänzungsnorm spricht Prütting Gegenwartsprobleme, 178. 2842 520 ABl. EU v. 31.7.2007 Nr. L 199 S. 40. 2843 621 BGH NJW 1984, 721, 722; BGHZ 20, 109, 111.
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das für die Auslegungsbeurteilung heranzuziehen ist.22 Die Bewertung eines Verhaltens als sorgfaltswidrig, also als Missachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, ist eine Rechtsfrage, deren Entscheidung aber bei mangelnder eigener Sachkunde des Richters eine tatsächliche Aufklärung vorauszugehen hat, welches Verhalten im Umgang mit der Gefahrenlage unter Fachleuten als üblich angesehen wird. 5. Generell-abstrakte Beweislastregeln
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a) Normcharakter. Beweislastregeln sind generell-abstrakte Normen.23 Daran ist gegenüber der Floskel von der „Beweiserleichterung bis hin zu Beweislastumkehr“ festzuhalten. Diese Formel könnte dahin missverstanden werden, als käme es auf Einzelfallgerechtigtkeit in Abhängigkeit von Sachverhaltsgegebenheiten des Streitfalles an. Bei rechtem Verständnis zählt die Formel hingegen nur in vergröberter Weise mögliche Rechtsfolgeanordnungen innerhalb des Beweisrechts auf. Individuelle Beweisschwierigkeiten oder die soziale Lage einer Prozesspartei im Einzelfall berechtigten nicht zu einer Beweislastverschiebung.24 Dies gilt auch bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht. Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken25, die in das UWG eingearbeitet worden ist, enthält in ihrem Art. 12 lit. a Vorgaben für das Beweisrecht. Für Tatsachenbehauptungen im Zusammenhang mit Geschäftspraktiken soll eine Beweislastumkehr stattfinden, wenn dies „unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Gewerbetreibenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint“. Eine derartige Offenheit der Bewertung ist nur akzeptabel, weil dem nationalen Gesetzgeber Regelungsspielraum gegeben werden soll. Die Bezugnahme auf Einzelfallumstände darf im übrigen nicht als Variabilität für den jeweiligen Streitfall verstanden werden, sondern muss als Hinweis auf die Notwendigkeit abstrakter Kriterien für vertypte Lebenssachverhalte begriffen werden. Da Beweislastnormen Rechtsnormcharakter haben, unterstehen sie in gleicher Weise revisionsrechtlicher Überprüfung, wie diejenige Norm, deren Anwendung von der festzustellenden Tatsache abhängt. Es gibt kein „Ermessen“ des Tatrichters bei der Anwendung von Beweislastregeln.26 Im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichheit der Rechtsanwendung darf die Beweislast nicht von Umständen des Einzelfalles abhängen.27 b) Mehrdeutigkeit der Einordnung als „Beweiserleichterung“. Die Zuweisung der Beweislast an eine Prozesspartei bedeutet eine Entlastung für die davon befreite Gegenpartei. Insoweit wird der Gegenpartei eine Beweiserleichterung gewährt. Beweiserleichterungen können aber auch andere Inhalte haben. Von Beweiserleichterungen wird auch gesprochen, wenn einer Partei im Prozessstadium vor einer eventuellen Beweiserhebung Erleichterungen gewährt werden, nämlich bei der Darlegung des Tatsachenstoffs. Um Beweiserleichterungen im Wortsinne geht es schließlich, wenn im Stadium der Beweiswürdigung die Überzeugungs2844 122 BGH NJW 1984, 721, 722. 2845 223 Vgl. BGHZ (VI. ZS) 159, 48, 55 = NJW 2004, 2011, 2013 = VersR 2004, 909, 911; BGHZ (IX. ZS) 123, 311, 315 („grundsätzlich normbezogene Beweislastumkehr“); s. auch BVerfG NJW 1979, 1925: „Dies will nicht besagen, dass Beweislastnormen nicht generell im voraus bestimmt, sondern in jeder Prozesslage erst zu erstellen wären“.
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2846 324 Leipold AcP 179 (1979), 502; G. Reinecke Die Beweislastverteilung, 88 f, 190. 25 2847 4 ABl. EU Nr. L 149 v. 11.6.2005 S. 22. 26 2848 5 Vgl. BGHZ 159, 48, 55. 2849 627 Vgl. Laumen NJW 2002, 3739, 3741; Leipold Beweismaß, 21, 25 f; Katzenmeier Arzthaftung, 468 f; Laufs/Uhlenbruck Handbuch des Arztrechts3 § 110 Rdn. 3.
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bildung durch richterrechtliche Beweisregeln gelenkt wird. Tatrichterliche Abweichungen von standardisiert zu würdigender Lebenserfahrung können für prozesswidrig erklärt werden. Darum handelt es sich bei der Figur des Anscheinsbeweises (dazu § 286 III 1 a Rdn. 48 f., III 2 Rdn. 64 ff.). Die Überzeugungsbildung ist ferner betroffen, wenn das Beweismaß herabgesetzt wird, indem etwa überwiegende Wahrscheinlichkeit anstelle voller Überzeugung für ausreichend erklärt wird (dazu § 287 VI Rdn. 48).28 Aus der Existenz von Sonderregeln über abgestufte Abschwächungen des Regelbeweismaßes (z.B. in § 287) ergibt sich, dass sich das Regelbeweismaß nicht mit bloßer Wahrscheinlichkeit begnügen darf.29 Zwischen der Entscheidung in Anwendung einer Beweismaßerleichterung und auf Grund einer Beweislastregel gibt es keinen gleitenden Übergang.30 Das Beweismaß beeinflusst die Überzeugungsbildung und deren Ergebnis (bewiesen, widerlegt), während die Beweislast für das non liquet einschlägig ist.
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6. Abgrenzung zur subjektiven Beweislast (Beweisführungslast) a) Aktivitätsdruck auf die Parteien. Von der objektiven Beweislast zu unterscheiden ist die subjektive Beweislast, auch Beweisführungslast oder formelle Beweislast genannt. In Verfahren, die der Verhandlungsmaxime unterstellt sind, ist die beweisbelastete Partei gezwungen, durch das Benennen von Beweismitteln und durch sonstige Beiträge des Sachvortrags den Eintritt der Beweislosigkeit und damit des Prozessverlustes zu vermeiden. Die nachteilige Folge des Prozessverlustes ist keine eigenständige Folge der Untätigkeit. Sie kann trotz Aktivität der Partei eintreten, wenn der Beweisversuch fehlschlägt. Die Folge des Prozessverlustes ergibt sich in Verfahren mit Verhandlungsmaxime zwangsläufig aus der objektiven Beweislast. In Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz, insbesondere solchen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (s. § 12 FGG), ist die Folge nicht unausweichlich, weil das Gericht von für die Partei günstigen Tatsachen auch auf anderem Wege, insbesondere durch Ermittlungen von Amts wegen, Kenntnis nehmen kann. Wegen der auch in diesen Verfahren bestehenden Motivation der Parteien, die Tatsachenfeststellung zu ihren Gunsten durch eigenes Tätigwerden zu beeinflussen sowie zu verhindern, dass das Gericht mangels Verfügbarkeit geeigneter Beweismittel nicht zu der betreffenden Überzeugung gelangt, handelt es sich um eine der Beweisführungslast vergleichbare Last.31 Soweit Prozessvoraussetzungen von Amts wegen durch Freibeweis aufzuklären sind (§ 284 VI 4 g Rdn. 48), etwa die Prozessfähigkeit einer Partei, soll die betroffene Partei keine Beweisführungslast treffen.32 Dem ist zu widersprechen. Soll etwa ein Sachverständigengutachten über den Geisteszustand einer Partei eingeholt werden, kann die Partei dies durch Nichteinzahlung eines Kostenvorschusses verhindern.
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b) Gleichgerichtetheit von objektiver und subjektiver Beweislast. Die subjektive Beweislast wird bestimmt durch die von der objektiven Beweislast in Aussicht gestellte nachteilige Konsequenz der Beweislosigkeit: Diejenige Partei, die im Falle der
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2850 128 Dafür: Kegel FS Kronstein, 321 ff; Bruns Zivilprozessrecht2 245 ff, Ekelöf ZZP 75 (1962), 289, 298, 301; Maassen Beweisprobleme im Schadensersatzrecht, 54 f, 153 ff. 2851 229 Prütting Gegenwartsprobleme, 79 ff (mit Nachweis zahlreicher einschlägiger Normen, S. 80– 83); Walter Freie Beweiswürdigung, 174 ff; Spickhoff Gesetzesverstoß, 287.
2852 330 Vgl. Prütting Gegenwartsprobleme, 66 f, 93. 2853 431 Musielak Grundlagen der Beweislast, 38 f. Ohne diese Differenzierung Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 33. 2854 532 BGH NJW 1996, 1059, 1060; ablehnend Rosenberg/Schwab/Gottwald § 114 Rdn. 4.
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Untätigkeit auf Grund der objektiven Beweislast unterliegen würde, trägt die subjektive Beweislast, so dass beide grundsätzlich gleichgerichtet sind. Wegen dieser Verknüpfung ist die subjektive Beweislast ebenfalls bereits zu Beginn des Verfahrens abstrakt und generell festgelegt.33 Dies ist auch notwendig, da verschiedene gesetzliche Vorschriften an diese anknüpfen, insbesondere im Rahmen der Parteivernehmung (vgl. §§ 445 Abs. 1, 447, 448); s. dazu auch nachfolgend Rdn 26.
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c) Weitere prozessuale Folgen. Die subjektive Beweislast hat rechtliche Auswirkungen über den Umstand hinaus, dass die beweisbelastete Partei zum Tätigwerden veranlasst wird. Kostenvorschüsse für die Beweiserhebung sind von der beweisbelasteten Partei einzufordern. Adressat richterlicher Hinweise gem. § 139 Abs. 1, die sich auf die Beweisführung beziehen, ist in erster Linie die beweisbelastete Partei.34 Nach h.M. ist ein Gegenbeweis nicht zu erheben, solange die beweisbelastete Partei für die von ihr aufgestellten Behauptungen keinen (Zeugen)Beweis angeboten hat.35 Im Urkundenprozess wird die Klage bei Nichtbeachtung der Anforderungen der Beweisführungslast selbst dann als in der gewählten Prozessart unstatthaft abgewiesen, wenn die Gegenpartei in der mündlichen Verhandlung säumig ist, oder wenn sie der Klage nur mit unstatthaften oder unschlüssigen Gründen widersprochen hat, § 597 Abs. 2. Bei der Parteivernehmung hängt das Recht zur Beantragung der Parteivernehmung von der subjektiven Beweisführungslast ab. Die beweisbelastete Partei kann die Vernehmung des prozessualen Gegners (§ 445 Abs. 1) und ihrer selbst (§ 447, mit Einverständnis des Gegners) beantragen, der nicht beweisbelasteten Partei steht hingegen nur der Antrag gem. § 447 auf Vernehmung des Gegners, nicht jedoch ihrer selbst zu. d) Abstrakte und konkrete Beweisführungslast. Die abstrakte, nämlich normativ festgelegte Beweisführungslast folgt generell der Verteilung der Feststellungslast. Die davon zu unterscheidende konkrete Beweisführungslast ist Konsequenz der jeweils konkreten prozessualen Situation.36 Der Begriff kennzeichnet, welche Partei in der konkreten Prozesssituation unterliegt, wenn sie fortan ihre Mitwirkung einstellt, also keine weiteren Beweise anbietet. Das Zwischenergebnis wird durch den Stand der Beweiswürdigung zum jeweiligen Betrachtungszeitpunkt bestimmt. Ist das Gericht von der Wahrheit der Tatsachenbehauptungen der beweisbelasteten Partei überzeugt, so wird diese Partei – die Schlüssigkeit ihres Tatsachenvortrags vorausgesetzt – obsiegen, wenn die Verhandlung zu diesem Zeitpunkt zu beenden ist. Die gegnerische Partei sieht sich somit vor die Wahl gestellt, weitere Beweise anzubieten und – vorbehaltlich von Verspätungseinwänden – die Überzeugung des Gerichts auf diesem Wege zu erschüttern, oder den Rechtsstreit zu verlieren. Daraus folgt, dass die konkrete Beweisführungslast im Laufe des Prozesses zwischen den Parteien hin- und herwechseln kann.37 7. Parteiverhaltensunabhängige Beweislastwirkung
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Die Parteien werden bemüht sein, die Folgen der Beweislosigkeit nicht zu ihren Lasten eintreten zu lassen. Sie werden daher versuchen, die Überzeugungsbildung des Gerichts zu beeinflussen, indem sie zunächst auf die Beweiserhebung Einfluss nehmen 2855 133 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 99. 2856 234 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 98. 2857 335 Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 33, Rosenberg/
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Schwab/Gottwald § 114 Rdn. 5; Weber NJW 1972, 896 f; a.A. Walther NJW 1972, 237 f. 2858 436 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 114 Rdn. 6. 2859 537 Vgl. Musielak Grundlagen der Beweislast, 47.
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und nach deren Abschluss das Beweis- und Verhandlungsergebnis würdigen. Darüber hinaus orientieren sie sich bei der Beschaffung des Tatsachenvortrags an der Beweislastverteilung. Vorprozessual werden sie im Wissen um eine etwaige Beweisbedürftigkeit Dokumentations- und Beweissicherungsbemühungen entfalten, die eine spätere Beweisführung ermöglichen sollen. Die Beweislast steuert also faktisch das Parteiverhalten. Bei der Beweislastwirkung handelt es sich gleichwohl nicht um eine Sanktion für unzureichende Parteiaktivität. Die objektive Beweislast ist in aller Regel (Ausnahme: Beweisvereitelung) vom Parteiverhalten unabhängig; sie ist vielmehr abstrakt und von Beginn an festgelegt und kann durch das Parteiverhalten auch nicht verändert werden.38 Streng genommen ist gar nicht die Partei Adressat der Beweislastregelung, sondern das Gericht, dem die Regelung als Anweisung für den Fall des Eintritts eines non-liquet dient.39 Die Beweislast knüpft statt an eine bestimmte Parteihandlung an die Realisierung eines Risikos an40, nämlich an die ausbleibende Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit oder Unwahrheit der Tatsachenbehauptung der beweisbelasteten Partei. Zwar kann das Parteiverhalten dazu führen, dass es auf die Überwindung der Beweislosigkeit nach den Regeln der Beweislastverteilung nicht ankommt, weil die betreffende Tatsache bewiesen werden konnte. Dieser Gesichtspunkt ist jedoch der subjektiven Beweislast zuzuordnen.
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II. Grundregel der Beweislastverteilung Die Grundregel der Beweislastverteilung wird als so selbstverständlich angesehen, dass ihre Verankerung in der Rechtsordnung als ius scriptum schon den Verfassern des BGB entbehrlich schien. Der erste Entwurf für das BGB schlug in § 193 BGB-E I ausdrücklich folgende Norm vor:
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„Wer einen Anspruch geltend macht, hat die zur Begründung desselben erforderlichen Tatsachen zu beweisen. Wer die Aufhebung eines Anspruchs oder die Hemmung der Wirksamkeit desselben geltend macht, hat die Tatsachen zu beweisen, welche zur Begründung der Aufhebung oder Hemmung erforderlich sind.“ Unter dem Begriff „Aufhebung“ wurden rechtsvernichtende Umstände verstanden, wie die Gesetzesmaterialien zeigen. 41 Diese Formulierung ist aus dem Normtext gestrichen worden weil der Gesetzgeber sie für selbstverständlich und daher überflüssig hielt.42 Heute wird allgemein akzeptiert, dass die zitierte Grundregel trotz fehlender Kodifizierung Teil des geltenden Gesetzesrechts ist.43 Dieses Ergebnis wird nicht nur aus der Gesetzesgeschichte abgeleitet, sondern auch aus dem Umstand, dass die im BGB verbliebenen ausdrücklichen Beweislastverteilungen stets eine Abweichung von der Grundregel formulieren. Indirekt benennt der Gesetzgeber damit zugleich die Grundregel.44 Sie gilt heute als Gewohnheitsrecht.45
2860 138 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 100. 2861 239 Vgl. Prütting Gegenwartsprobleme, 34. 2862 340 Vgl. Prütting Gegenwartsprobleme, 35. 2863 441 Motive 1 (1888), S. 382 f. 2864 542 Prot. I (1897), S. 259. 2865 643 Zur weitreichenden Übereinstimmung der Auf-
fassungen in den nationalen europ. Zivilprozessrechten Stürner FS Stoll, 691 ff. 2866 744 Prütting Gegenwartsprobleme, 280; a.A. Reinecke Beweislastverteilung, 31. 2867 845 So Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 61; Reinecke Beweislastverteilung, 31.
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Ohne sachliche Änderung, jedoch sprachlich anders formuliert ist die Grundregel in die Normentheorie eingegangen, die Rosenberg aufgestellt hat und die die Rechtsprechung gelegentlich – verkürzt – zitiert.46 In der verkürzten Fassung lautet sie folgendermaßen:47 „Jede Partei trägt die Beweislast für die Voraussetzungen der ihr günstigen Normen.“ Zu den Normen, die dem Anspruchsgegner günstig sind, zählen neben den rechtsvernichtenden und rechtshemmenden auch die rechtshindernden Tatbestandsmerkmale:48 Für die praktische Rechtsanwendung lässt sich Rosenbergs Formel wie folgt formulieren:49 „Der Anspruchsteller trägt die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale, der Anspruchsgegner für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden.“ Die Grundregel über die gesetzliche Zuteilung des Beweisrisikos beruht auf der Vorstellung, dass derjenige, der im Prozess angreift, den Tatsachenstoff zu beweisen hat, der für eine ihm günstige rechtliche Bewertung festgestellt werden muss (näher unten VII 2 a Rdn. 117). Dabei handelt es sich nicht bloß um die Beschreibung eines Faktums. Die Regel ist vielmehr tief im Gerechtigkeitsgefühl verankert; sie gehört zu den archaischen Gerechtigkeitsvorstellungen.50
III. Verteilung der Darlegungslast 1. Begrifflichkeiten
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a) Objektive und subjektive Komponente. Auch im Rahmen der Darlegungslast wird zwischen einer objektiven und einer subjektiven Komponente unterschieden.51 Die objektive Seite kennzeichnet den Umstand, dass im Falle eines ausbleibenden Darlegungserfolges die darlegungsbelastete Partei unterliegen muss, während die subjektive Seite die daraus folgende Notwendigkeit für die betreffende Partei betrifft, dieser Konsequenz durch ihr Handeln, nämlich das Aufstellen schlüssiger Behauptungen, entgegenzuwirken und somit durch ihr Prozessverhalten einen Darlegungserfolg herbeizuführen. Wie im Rahmen der Beweislast sind beide Gesichtspunkte eng miteinander verbunden. Die Darlegungslast existiert wie die Beweisführungslast nur in Verfahren mit Verhandlungsmaxime, da sich das Gericht bei Geltung der Untersuchungsmaxime selbst aktiv in die Sachverhaltserforschung einzuschalten hat. Ziel der Behauptung muss deren Schlüssigkeit im Sinne des § 331 Abs. 2 sein. Während es auf die Beweislast zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht ankommt, da der Erlass eines Versäumnisurteils den Beweis der behaupteten Tatsachen nicht voraussetzt, wirkt die Darlegungslast streitentscheidend.
2868 146 BGHZ 113, 222, 224 f = NJW 1991, 1052, 1053; BGH NJW 1999, 2168, 2170; BGH NJW 2005, 2395, 2396. 2869 247 Rosenberg Zivilprozessrecht, 8. Aufl. 1960, § 114 I 2 = S. 555. Etwas anders der Wortlaut in Rosenberg Beweislast5 12, 98. 2870 348 Rosenberg Beweislast5 100 f, 108.
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2871 449 So die Fassung von Prütting Gegenwartsprobleme, 266; ganz ähnlich Rosenberg Beweislast5 108 unter Bezugnahme auf ältere Autoren. 2872 550 Vgl. dazu Musielak Grundlagen der Beweislast, 272 ff; Schwab FS Bruns (1978), 505, 516 ff. 2873 651 Rosenberg Beweislast5 47; Prütting Gegenwartsprobleme, 44.
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Grundsätzlich sind Darlegungslast und Beweislast derselben Partei zugewiesen (dazu unten III 2 Rdn. 51). Da erst die Behauptungen ergeben, worüber anschließend Beweis zu erheben ist, sind nur diejenigen Tatsachen zu beweisen, die zuvor behauptet worden sind. Welche Partei welche Behauptung aufgestellt hat, ist aber kein Kriterium für die Verteilung der Beweislast, wenngleich es wahrscheinlich ist, dass eine Partei von vornherein nur ihr günstige Behauptungen aufstellt, für die sie dann in aller Regel auch die Feststellungslast trägt, sofern sie vom Gegner bestritten werden. Beweislast und Darlegungslast hängen trotz ihres praktisch häufigen Gleichlaufs nicht zwingend voneinander ab. Näher zur Verknüpfung zwischen Beweislast und Behauptungslast unten III 2 und 4 Rdn. 51 und 53. Wie im Rahmen der Beweisführungslast ist primär die darlegungsbelastete Partei Adressat richterlicher Hinweise nach § 139 Abs. 1. Auf Grund dessen hat die Verteilung der Darlegungslast weniger einschneidende Konsequenzen als die Verteilung der Beweislast. Offenkundige Tatsachen brauchen gem. § 291 nicht bewiesen zu werden. Umstritten ist, ob mit dem Beweiserfordernis auch die Notwendigkeit entfällt, die betreffenden Tatsachen zu behaupten, sie sich also für die eigene Sachverhaltsdarstellung zu eigen zu machen.52 Im Einzelnen dazu die Kommentierung zu § 291.
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b) Substantiierungslast (konkrete Darlegungslast). Die Substantiierungslast wird zum Teil als konkrete Darlegungslast bezeichnet.53 Vereinzelt wird sie allerdings vollständig mit der Darlegungslast gleichgesetzt,54 von anderen synonym mit dem substantiierten Bestreiten im Sinne einer sekundären Behauptungslast gebraucht55. Sie entspricht strukturell der konkreten Beweisführungslast,56 mit dem Unterschied, dass die Darlegungslast keine Beweise, sondern – einer Beweiserhebung vorgelagert – Behauptungen zum Gegenstand hat. Sie ist Ausprägung des Verhandlungsgrundsatzes und der Prozessförderungspflicht. Gesetzliche Grundlage ist § 138 Abs. 2. Der Grad der Substantiierung des Tatsachenvortrags kann am Beginn eines Prozesses sehr gering sein. Die Rechtsprechung lässt für diesen Zeitpunkt schlichte und allgemeine Behauptungen ausreichen, sofern sie im Subsumtionsschluss die maßgebliche Rechtsnorm ausfüllen, also das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen lassen.57 Der Umfang der Substantiierung hat sich am Zweck der Darlegung zu orientieren. Sie dient nicht dazu, die Wahrheitsermittlung zu fördern oder den Prozess zu beschleunigen.58 Die Angaben müssen nur dem Beweis zugänglich sein.59 Nicht erforderlich ist, dass die Partei vorträgt, woher sie ihr Wissen bezieht. Wird das Zustandekommen einer Abrede behauptet, muss nicht unbedingt zu Einzelheiten der Abredeumstände (z.B. Ort, Zeit) vorgetragen werden.60 Auch ein Beweisantritt bedarf keiner besonderen Substantiierungsanforderungen.61 Die Genügsamkeit der
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2874 152 Vgl. Musielak Grundlagen der Beweislast, 55; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 291 Rdn. 13; Stein/Jonas/Leipold22 § 291 Rdn. 18 f. 2875 253 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald § 114 Rdn. 41. 2876 354 Prütting Gegenwartsprobleme, 44, der allerdings zugleich auf eine fehlende Einheitlichkeit der Begriffsverwendung hinweist. 55 2877 4 Musielak Grundlagen der Beweislast, 54. 2878 556 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 114 Rdn. 41 mit Rdn. 6. 2879 657 BGH NJW 1984, 2888, 2889; BGH NJW 1991, 2707, 2709; BGH NJW 1992, 2427, 2428; BGHZ
127, 354, 358 = NJW 1995, 323, 324; BGH NJW 1996, 1826, 1827; BGH NJW-RR 1998, 712, 713; BGH NJW-RR 1998, 1409; BGH ZIP 1999, 1307, 1309 f = VersR 1999, 1279; BGH NJW 1999, 1859, 1860; BGH VersR 2007, 852, 854. 58 2880 7 BGH NJW 1962, 1394; BGH NJW 1992, 2427, 2428. 2881 859 BGH NJW 1997, 357. 2882 960 BGH NJW 2000, 3286, 3287. 61 2883 10 BGH, Beschl. v. 1.8.2007 – III ZR 35/07; BGH NJW-RR 1988, 1529.
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Rechtsprechung verführt zur Aufstellung wahrheitswidriger Behauptungen, rechtfertigt die Prozesslüge aber nicht (§ 138 Abs. 1). Wie die Beweisführungslast kann die konkrete Darlegungslast in Abhängigkeit von der prozessualen Situation zwischen den Parteien wechseln62 und dadurch zu einer immer weiter reichenden Eingrenzung der streitigen Tatsachen beitragen63. So kann es notwendig sein, auf die substantiierten Ausführungen der Gegenpartei mit der Darlegung weiterer Einzelheiten oder neuer Tatsachen zu reagieren:64 Hat diese z.B. auf die zunächst schlüssige Behauptung der der Klage zugrunde liegenden Tatsachen mit der wiederum schlüssigen Behauptung der Voraussetzungen einer Einwendung reagiert, so ist es Sache der anfänglich behauptungsbelasteten Partei, diesem Vorbringen Tatsachen entgegenzuhalten, die das Nichteingreifen der behaupteten Einwendung schlüssig begründen. Unterlässt sie dies, so gelten die Tatsachen, die die Einwendung begründen, als zugestanden im Sinne des § 138 Abs. 3 und die substantiierungsbelastete Partei verliert den Rechtsstreit. Vom substantiierten Bestreiten unterscheidet sich die Substantiierungslast insofern, als einem Bestreiten grundsätzlich eine substantiierte Behauptung des Gegners vorauszugehen hat65, die Gegenstand des Bestreitens ist. In Fällen der sekundären Darlegungslast fehlt es an einer solchen vorangegangenen substantiierten Behauptung; die Substantiierung erfolgt vielmehr erstmals durch den Bestreitensvortrag der gegnerischen Partei. Wie konkret eine substantiierte Behauptung ausfallen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls und den Ausführungen der Gegenpartei ab. Maßstab dafür ist die Beurteilung der Schlüssigkeit der Klage im Sinne des § 331 Abs. 2. Ein Überspannen der Substantiierungsanforderungen mit der Folge, dass der Tatrichter relevante Beweise wegen unzureichend substantiierter Behauptung nicht erhebt, verstößt gegen § 286.66 Die höchstrichterliche Rechtsprechung tritt diesem Instrument aus dem Werkzeugkasten des aufklärungsunwilligen Tatrichters zur Recht immer wieder entgegen. c) Sekundäre Darlegungslast/substantiiertes Bestreiten. Aus der allgemeinen Pflicht zu redlicher, mit den Geboten von Treu und Glauben zu vereinbarender Prozessführung67 ist richterrechtlich eine Darlegungslast der anfänglich nicht behauptungsbelasteten Partei entwickelt worden, die sog. sekundäre Darlegungslast. Statt von sekundärer Darlegungslast wird häufig auch von einer Pflicht zum substantiierten Bestreiten gesprochen.68 Eine gesetzliche Stütze findet das Erfordernis in § 138 Abs. 2.69 Im Einzelfall kann es verfassungsrechtlich geboten sein, dem Gegner der darlegungs- und beweisbelasteten Partei eine solche sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen, wenn die Gefahr besteht, dass ein durch materiellrechtliche Normen bezweckter Grundrechtsschutz auf Grund der Beweislastverteilung wirkungslos zu bleiben droht.70 Eine sekundäre Darlegungslast besteht nur in Fällen, in denen der Kläger außerhalb des betreffenden Geschehensablaufs steht und deshalb keine genaue Kenntnis der interessierenden Tatsachen hat, während der Beklagte über diese Kenntnis ver-
2884 162 Prütting Gegenwartsprobleme, 44. 2885 263 Dazu Brehm Bindung des Richters, 63, 88 f. 2886 364 BGH NJW 1999, 1859, 1860. 2887 465 Vgl. BGH NJW 1991, 2707, 2708 f. 2888 566 BGH NJW 1991, 2707, 2709.
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2889 667 BGH NJW 1961, 826, 828; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm UWG26 § 5 Rdn. 3.23. 2890 768 BGH NJW 1961, 826, 828; BGHZ 140, 156, 158. 2891 869 Vgl. Zöller/Greger vor § 284 Rdn. 34. 2892 970 BVerfG NJW 2000, 1483, 1484.
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fügt und daher ohne Weiteres die betreffenden Fragen zu klären in der Lage ist.71 Einfaches Bestreiten reicht in diesen Fällen nicht mehr aus;72 vielmehr müssen den zurückgewiesenen Behauptungen der Gegenseite substantielle eigene Behauptungen entgegengesetzt werden. Denkbar sind solche Konstellationen insbesondere, wenngleich keineswegs ausschließlich, wenn zu den materiellen Tatbestandsvoraussetzungen das Nichtvorliegen bestimmter Tatsachen zählt und dieses Nichtvorliegen somit durch den Anspruchsteller behauptet wird73: Sofern ein Informationsgefälle besteht, kann der Anspruchsgegner der Behauptung des Nichtvorliegens leicht dadurch begegnen, dass er das Vorliegen der betreffenden Tatsachen substantiiert positiv darlegt.74 Sekundäre Darlegungslasten können auch bei der Verletzung von Aufklärungsund Beratungspflichten bestehen.75 Das Erfordernis eines substantiierten Bestreitens kommt nicht in Betracht, wenn die ursprünglich behauptungsbelastete Partei selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt oder sie sich beschaffen kann.76 Voraussetzung für das Bestehen einer sekundären Behauptungslast ist neben dem genannten Informationsgefälle, dass dem Beklagten eine solche Aufklärung auch zugemutet werden kann.77 Von einer solchen Zumutbarkeit wird insbesondere ausgegangen, wenn der Beklagte in einem anderen, für ihn unausweichlichen Verfahren ohnehin zur Auskunftserteilung verpflichtet ist.78 Kann die darlegungsbelastete Partei auf öffentlich zugängliche Informationen zugreifen, ist ihr deren Ermittlung regelmäßig zuzumuten, auch wenn dafür finanzieller oder personeller Aufwand betrieben werden muss, etwa bei der Erlangung von Informationen über die Marktsituation, die Grundlage einer pflichtgemäßen Anlageentscheidung eines Vermögensverwalters war.79 Eine Darlegungslast der Gegenpartei besteht in dieser Situation nicht etwa deshalb, weil sie die Marktinformationen regelmäßig gesammelt, aufbereitet und archiviert hat; darin ist kein prozessual relevanter Wissensvorsprung zu sehen. Aus den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast ergibt sich keine Pflicht zur Vorlage von Urkunden und anderen Unterlagen der nicht beweisbelasteten Partei.80 Siehe zur sekundären Behauptungslast auch unten III 6 b Rdn. 59 ff. Kommt die betroffene Partei ihrer sekundären Behauptungslast nicht nach, beharrt sie also auf einfachem Bestreiten der von der ursprünglich darlegungsbelasteten Partei aufgestellten Behauptungen, so tritt mangels hinreichenden Bestreitens die Wirkung des § 138 Abs. 3 ein, d.h. die behauptete Tatsache gilt als zugestanden.81 Die Wirkung entspricht also der des einfachen Bestreitens einer substantiierten Behauptung des darlegungsbelasteten Gegners. Das substantiierte Bestreiten muss dem gegnerischen Vortrag zeitlich nicht folgen, sondern kann bereits in einem vorangegangenen widersprechenden Vortrag liegen.82 Mit der sekundären Darlegungslast geht nicht auch eine sekundäre Beweislast einher; sofern ein substantiiertes Bestreiten erfolgt, hat
2893 171 BGH NJW 1961, 826, 828; BGHZ 86, 23, 29; BGHZ 145, 170, 184 f = NJW-RR 2001, 396, 399; BGH NJW 1999, 1404, 1405 f; BGH NJW-RR 2008, 112. 72 2894 2 BGHZ 12, 49, 50; BGHZ 86, 23, 29. 73 2895 3 BGHZ 140, 156, 158 f. 2896 474 Vgl. BGH NJW-RR 1993, 746, 747 – fehlende Lieferfähigkeit; BGH NJW 1987, 2008, 2009. 2897 575 BGHZ 166, 56, 60 = NJW 2006, 1429, 1430; BGH WM 2008, 112, 114.
2898 676 BGHZ 140, 156, 158. 2899 777 BGHZ 86, 23, 29; BGH NJW 1961, 826, 828; BGH NJW-RR 2008, 112. 78 2900 8 BGH NJW 1961, 826, 828. 79 2901 9 BGH WM 2008, 112, 114. 80 2902 10 BGH NJW 2007, 2989, 2991 (Tz. 16 a.E.); BGH WM 2008, 112, 114. 81 2903 11 Zöller/Greger vor § 284 Rdn. 34c. 82 2904 12 BGH NJW-RR 2001, 1294; BGH NJW-RR 2008, 112.
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unverändert die ursprünglich darlegungsbelastete Partei ihre Behauptung zu beweisen. Die Rechtsprechung hat es abgelehnt, eine generelle prozessuale Aufklärungspflicht des Gegners der beweisbelasteten Partei anzuerkennen83, bzw das Verhältnis von Regel und Ausnahme umzukehren, so dass grundsätzlich immer eine Pflicht zu substantiiertem Bestreiten bestünde, von der nur im Falle der Unzumutbarkeit zu befreien wäre.84 Bisher hat die Rechtsprechung diesen Vorschlägen eine Absage erteilt.85 Im Einzelnen dazu vor § 284 Rdn. 10 ff. 2. Grundregel
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Die Orientierung des Parteiverhaltens an der Beweislastverteilung (oben I 7 Rdn. 28 f.) hängt zwar nicht voll, aber doch in nennenswertem Umfang damit zusammen, dass die Darlegungslast, auch Behauptungslast genannt, mit der Beweislast grundsätzlich parallel läuft.86 Darlegungslast und Beweislast sind allerdings nicht zwingend synchronisiert, wie die immer häufiger in der Rechtsprechung anzutreffenden sekundären Behauptungslasten zeigen. Auch kann die Notwendigkeit einer Behauptung entfallen, wie dies beim Inhalt der Rechtsvermutungen der Fall ist.87 Gemeinsam strukturieren die objektive Beweislast und die Darlegungslast als Vorwirkung der Beweislast das gesamte Prozessgeschehen.88 3. Darlegungslastnormen als dogmatischer Erklärungsgrund
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Die Beweislastnormen regeln zugleich die Darlegungslast, sind also auch Behauptungslastnormen.89 Dem ist Musielak mit dem Argument entgegengetreten, die Darlegungslast folge bereits aus der Verhandlungsmaxime; sie verlange, dass der Richter nicht vorgetragene Tatsachen als nicht geschehen behandele.90 Prütting hat der Auffassung von Musielak zutreffend entgegengehalten, die Verhandlungsmaxime untersage dem Richter lediglich, selbsttätig Tatsachen zu ermitteln und anschließend in den Prozess einzuführen, treffe jedoch keine Regelung darüber, wie der Richter nicht vorgetragene Tatsachen zu behandeln habe; zudem führe das Nichtvortragen von Tatsachen nicht notwendig dazu führe, dass sie vom Richter als nicht geschehen zu behandeln wären.91 4. Eigenständige Aufgaben und Wirkungen der Darlegungslast
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Vernachlässigt eine Partei die ihr zugewiesene Darlegungslast, löst dies eigenständige Folgen aus. Entweder ist dann der Sachvortrag zu einer Norm nicht ausreichend substantiiert oder gegnerischer Sachvortrag ist der Entscheidung mangels ausreichen2905 183 Für sie insbes. Stürner Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, 1976, 92 ff. Ähnlich oder ihm folgend Hackenberg Die Erklärung mit Nichtwissen, 117, 180 f; Schlosser NJW 1992, 3275 ff; ders. JZ 1991, 599, 607 f; Greger JZ 1997, 1077, 1080; Katzenmeier JZ 2002, 533, 538 ff; Wagner ZEuP 2001, 441, 467 f. 84 2906 2 Greger JZ 2000, 842, 847; Waterstraat ZZP 118 (2005), 459 ff, 484; Zöller/Greger vor § 284 Rdn. 34d (mit Plädoyer für eine Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses). 2907 385 BGH NJW 1990, 3151; den Widerstand gegen
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Stürners Thesen vorbereitend Arens ZZP 96 (1983), 1, 10 ff. 2908 486 Rosenberg Beweislast5 50; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 50. Prütting Gegenwartsprobleme, 46 sprach noch von „immer“. 87 2909 5 Leipold Beweislastregeln, 96; Prütting Gegenwartsprobleme, 47. Allerdings müssen Tatsachen zur Vermutungsbasis vorgetragen werden. 88 2910 6 Rosenberg Beweislast5 74 ff; MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 102. 2911 789 Prütting Gegenwartsprobleme, 46. 2912 890 Musielak Grundlagen der Beweislast, 51. 2913 991 Prütting Gegenwartsprobleme, 45.
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den Bestreitens als unstreitig zugrunde zu legen. Der Mangel an substantiierten Tatsachenbehauptungen bewirkt fehlende Schlüssigkeit des Sachvortrags, weshalb keine Beweisbedürftigkeit eintritt. Es kommt also gar nicht erst zur Beweiserhebung und zu einer Beweislosigkeit. Auch darf ein vom Kläger beantragtes Versäumnisurteil nicht erlassen werden. Für die Wirkung einer Missachtung der Darlegungslast kommt es nicht darauf an, dass die Beweislastnorm als Entscheidungsnorm eingreift, wie dies zur Überwindung der Beweislosigkeit der Fall ist. Häufig wird zusammenziehend von der „Darlegungs- und Beweislast“ gesprochen, so als sei dies eine einheitliche Rechtsfigur. Das trifft indes angesichts der aufgezeigten unterschiedlichen Wirkrichtungen nicht zu. Allerdings sind die Effekte für den Prozessausgang identisch. Sofern – sprachlich nachlässig – nur von „Beweislast“ gesprochen wird, kann damit außer der Feststellungslast auch oder sogar in erster Linie die Darlegungslast gemeint sein. Wegen des Gleichlaufs und der akzessorischen Steuerung der Darlegungslast durch die Verteilung der Beweislast wird nicht selten die Beweislastverteilung zur Diskussion gestellt, wenn tatsächlich nur die Verteilung der Darlegungslast und damit der Grad der Mitwirkung der Parteien an der Stoffsammlung umstritten ist. Ob die Wirkungen der Darlegungslast als Folgen der Vernachlässigung einer Last oder einer Pflicht zu qualifizieren sind,92 hängt von der Beantwortung der umfassenderen Frage ab, ob und wenn ja welche Mitwirkungspflichten auf der Grundlage eines Prozessrechtsverhältnisses zu bejahen sind. Ungeachtet dessen ist der Prozessverlust die einzig mögliche nachteilige Folge.
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5. Schwierigkeiten der Prozessstoffbeschaffung als Abweichungsgrund Abweichungen von der Grundregel über die Zuweisung der Darlegungslast beruhen auf dem Bedürfnis, die Beschaffung des Tatsachenstoffes den Prozessparteien in einer Weise zur Pflicht zu machen, die auf ihre Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht nimmt. Das Mantra von der Gefahr der Ausforschung wird zwar seit Beginn der 90er Jahre und vor allem seit Erweiterung der §§ 142 und 144 ZPO im Jahre 2001 weniger häufig als früher gebetet; gleichwohl ist keineswegs geklärt, welche Mitwirkungspflichten die nicht beweisbelastete Partei zu erfüllen hat. Insbesondere ist streitig, ob das Prozessrechtsverhältnis zur Grundlage innerprozessualer und vorprozessualer Informationspflichten zu machen ist, oder ob der Ansatz für eine Informationsverbesserung, die die prozessuale Darlegung erleichtert, vorwiegend im materiellen Recht zu suchen ist. Näher dazu vor § 284 Rdn. 10 ff.
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6. Spaltung von Beweislast und Darlegungslast a) Scheinbar abweichende Verteilung. Nicht als Fälle abweichender Verteilung sind diejenigen Sachverhalte anzusehen, in denen die gemachten Behauptungen unbestritten geblieben sind, daher als zugestanden gelten und keines Beweises mehr bedürfen. Dann kommt die Beweislast gar nicht erst zur Geltung, existiert konkret gewissermaßen nicht. Andere behauptete Fälle93 beruhen auf terminologisch eigenwilligen Differenzierungen. Musielak geht von einem Auseinanderfallen von Beweis- und Darlegungslast 2914 192 Zur Abgrenzung von Pflicht und Last Prütting Gegenwartsprobleme, 30 ff; Stürner Aufklärungspflicht, 71 ff.
2915 293 Musielak Grundlagen der Beweislast, 54 f; s. ferner Blunck MDR 1969, 99, 100.
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aus, sofern das Bestreiten eines klagebegründenden Tatbestandsmerkmals den Beweis einer die Klägerbehauptung widerlegenden Tatsache erfordert. Er unterscheidet kategorial zwischen Behaupten und Bestreiten, und zwar unabhängig davon, ob es sich um schlichtes oder substantiiertes Bestreiten handelt.94 Für Tatsachen, die den unmittelbaren Gegenbeweis erbringen sollen, bestehe zwar eine Beweisführungslast (subjektive Beweislast), jedoch sei eine Behauptungslast des Beklagten nicht anzuerkennen.95 Die Behauptungslast verbleibe vielmehr beim Kläger. Musielak begründet nur, wofür es auf diese Unterscheidung ankommen soll, nicht aber warum. Damit einher geht eine fehlende begriffliche Unterscheidung zwischen abstrakter Behauptungslast und konkreter Behauptungslast (Substantiierungslast), bei der das Bestreiten einer Tatsache nicht ohne das Behaupten einer alternativen Tatsache möglich ist, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass Musielak den Begriff der Substantiierungslast für die sekundäre Behauptungslast verwendet.96 Tatsächlich liegen daher in dem von ihm angeführten Beispiel sowohl die konkrete Behauptungslast als auch die konkrete Beweisführungslast beim Beklagten.
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b) Sekundäre Darlegungslast. Dem Gegner der an sich mit dem Sachvortrag belasteten Partei wird die Darlegungslast irregulär – nicht illegitim – auferlegt, wenn er aus eigener Kenntnis ohne Mühe zu einem Geschehen vortragen kann, das der eigentlich darlegungsbelasteten Partei ohne eigenes Verschulden verborgen geblieben ist.97 Die eigentlich darlegungsbelastete Partei darf sich mit einer „an sich“ unsubstantiierten Behauptung begnügen.98 Kommt der Gegner seiner sekundären Last nicht nach, greift § 138 Abs. 3 ein: Sein Bestreiten wird als unsubstantiiert angesehen und ist unbeachtlich.99 Bewältigt wird damit ein Informationsmangel, neudeutsch Informationsasymmetrie genannt. Behauptungen im Rahmen der sekundären Darlegungslast des Gegners der darlegungsbelasteten Partei müssen vom (sekundär) Behauptenden grundsätzlich nicht bewiesen werden. Kompensiert werden soll lediglich die fehlende Substanz der Behauptungen der beweis- und darlegungsbelasteten Partei. Die sekundäre Darlegungslast ist eine konkrete Behauptungslast; nur diese geht auf die zunächst nicht darlegungsbelastete Partei über. Die abstrakte Darlegungslast bleibt hingegen bei der ursprünglich darlegungsbelasteten Partei, ebenso die objektive Beweislast und die abstrakte wie die konkrete Beweisführungslast. Auseinander fallen die konkrete Darlegungslast und die konkrete Beweisführungslast.100 Es ist nicht außergewöhnlich, dass die konkrete Darlegungslast nicht mit der abstrakten Beweisführungslast zusammen fällt. Wenn allerdings das Informationsungleichgewicht zwischen den Parteien so gravierend ist, dass es eine Beweislastumkehr rechtfertigt (zur Beweislastumkehr unten VII 5 Rdn. 144 ff.), bleibt es nicht bei diesem Auseinanderfallen: Die ursprünglich beweisbelastete Partei wird in diesen Fällen zwar nicht zusätzlich von der Behauptungslast befreit, jedoch geht der Beweisführung der infolge der Beweislastumkehr beweisbelasteten Partei zwangsläufig eine dieser Beweisführung entsprechende Behauptung voraus, mindestens also ein Bestreiten der
2916 194 Musielak Grundlagen der Beweislast, 52 f. 2917 295 Musielak Grundlagen der Beweislast, 53 f. 96 2918 3 Vgl. Musielak Grundlagen der Beweislast, 54. 2919 497 Vgl. BGHZ 121, 357, 365 = NJW 1993, 2168, 2171; BGH NJW 1999, 579, 580; BGH NJW 1999, 3485, 3486; BGHZ 159, 1, 13; BGHZ 160, 308, 320.
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2920 598 Jauernig ZPR29 § 50 I. 2921 699 BGHZ 100, 190, 195 f; Jauernig ZPR29 § 43 III 2b. 100 72922 Abweichend Musielak Grundlagen der Beweislast, 55, 57. Er stuft die Mitwirkungslast, die nach herkömmlicher Terminologie als sekundäre Darlegungslast bezeichnet wird, terminologisch nicht als Darlegungslast ein.
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Behauptung der Gegenpartei. Konkrete Behauptungs- und konkrete Beweisführungslast fallen dann wieder zusammen. So hielt der BGH die Beklagte einer Wettbewerbsstreitigkeit, die sich in ihrer als irreführend angegriffenen Werbung auf die Verwendung eines alten Familienrezepts berief, wegen ihrer Sachverhaltsnähe für diese klagebegründende Tatsache für beweispflichtig, ging aber zugleich auch von einer ihr entsprechend obliegenden Darlegungslast aus.101 c) Dokumentationspflichten. Gelockert, wenn nicht sogar aufgehoben wird die Verbindung von Darlegungs- und Beweislast, wenn materielle Pflichten zur Dokumentation eines Geschehens und zur – fristgebundenen – Aufbewahrung der Dokumentation aufgestellt werden. Ihrer Wirkung nach beugen sie einer Beweisnot der beweisbelasteten Partei vor. Das trifft auf Befundsicherungs- und sonstige Dokumentationspflichten zu, wie sie insbesondere das Arzthaftungs102- und das Produkthaftungsrecht kennen.103 Ziel und Zweck der Dokumentationspflicht sind unklar. Im Arzthaftungsrecht gilt nach wie vor der Grundsatz, dass die Dokumentation für eine sachgerechte Behandlung medizinisch geboten sein muss,104 wodurch auch deren Umfang und Form begrenzt werden. Die forensische Beweissicherung steht in anderen Lebensbereichen aber wohl in Vordergrund. Das Unterbleiben der Dokumentation einer ärztlich gebotenen Maßnahme begründet für sich genommen keinen Anspruch und führt auch nicht zu einer Beweislastumkehr,105 kann aber den Schluss nahe legen, dass die Maßnahme unterblieben ist.106 Die schuldhafte Missachtung derartiger Pflichten wird als Beweisvereitelung qualifiziert mit der Folge, dass abhängig von den Einzelfallumständen Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr gewährt werden. Wird die Dokumentationspflicht erfüllt, steht der darlegungsbelasteten Partei der Zugriff darauf zu, sei es über vorprozessual realisierte materiellrechtliche Auskunftsansprüche, sei es über daran anknüpfende prozessuale Editionspflichten des Dokumentenbesitzers, oder es kommt zu Vorlageanordnungen von Amt wegen gem. §§ 142, 144. Die Einbringung der dokumentierten Information in den Prozess erspart eine Beweiserhebung über diese Tatsache; allenfalls wird über die Unversehrtheit oder die Echtheit des Dokuments (vgl. §§ 419, 440) gestritten. Wiederum bestätigt sich hier die Unterschiedlichkeit von Darlegungslast einerseits und Beweislast andererseits.
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IV. Gesetzliche Beweislastregeln 1. Ausdrückliche Formulierungen Der Gesetzgeber hat verhältnismäßig selten ausdrückliche gesetzliche Beweislastregeln geschaffen. Sie sind dann schon aus dem Wortlaut der anzuwendenden Norm zu entnehmen. So heißt es z.B. im Tatbestand über irreführende Werbung (§ 5 Abs. 4 Satz 2 UWG von 2004) in Bezug auf eine Irreführung mittels herabgesetzter sog. 101 2923
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BGH NJW 1962, 2149, 2150 = GRUR 1963, 270 – Bärenfang. Zu dieser Rechtsprechungslinie Hefermehl/Köhler/Bornkamm26 UWG § 5 Rdn. 3.23. 102 22924 Näher dazu Geiß/Greiner Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl. 2006, Rdn. B 202 ff. 103 32925 Gegen eine Dokumentationspflicht von Kreditinstituten bei der Anlageberatung BGH NJW 2006, 1429, 1430; BGH WM 2008, 1590, 1591, Tz. 18. Gegen eine Dokumentationspflicht der
Rechts- und Steuerberater BGH NJW 2008, 371, 372. 4 BGHZ 129, 6, 9 = NJW 1995, 1611 = VersR 1995, 706, 707; BGH NJW 1999, 3408, 3409 = VersR 1999, 1282, 1283; OLG Oldenburg VersR 2008, 691, 692; OLG Naumburg NJW-RR 2008, 408, 409/410. 2927 5105 Geiß/Greiner 5 Rdn. B 247–250 mwN. 106 62928 OLG Oldenburg VersR 2008, 691, 692; Geiß/ Greiner5 Rdn. B 206 mwN und B 247. 104 2926
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Mondpreise: „Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.“ Ausdrücklich von der Tragung der Beweislast spricht auch § 22 AGG. Andere Formulierungen sind ohne Verwendung des Begriffs der Beweislast nicht minder eindeutig, etwa wenn § 179 Abs. 1 BGB einen Handelnden, der andelnden, derden Vertrag in direkter Stellvertretung schließt, auf Erfüllung oder auf Schadensersatz haften lässt, „sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist“. Andere einschlägige Formulierungen lauten: „haftet nicht, wenn“; „sofern nicht“; „es sei denn, dass“. In diesen Fällen trifft der Gesetzgeber gezielte Vorgaben durch Satzkonstruktionen, die auf ein Regel-Ausnahme-Schema107 schließen lassen. Als weitere Beispiele sind aus dem BGB zu nennen die § 345, § 355 Abs. 2 S. 4, § 363, § 543 Abs. 4 S. 2, § 575 Abs. 3 S. 3, § 619a, § 641a Abs. 1 S. 2 Halbs. 2, § 2336 Abs. 3. 2. Gleichgerichtete Vermutungen
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Wie ausdrückliche Beweislastregeln wirken widerlegbare gesetzliche Vermutungen im Sinne des § 292.108 Die beweisbelastete Partei muss zwar die Tatsachen beweisen, die die Vermutungsbasis begründen.109 Die darauf gestützte Rechtslage hat aber der Vermutungsgegner, also die Gegenpartei, durch Führung eines Gegenteilsbeweises zu zerstören. Bei diesen Vermutungsregeln ist das non liquet Teil des Tatbestandes.110 Der Inhalt der Vermutung entspricht – anders als bei der Fiktion – vielfach der Lebenswirklichkeit und gilt ihr nicht als bloß gleichgestellt. Keinen Unterschied in den Wirkungen gibt es zwischen gesetzlichen Tatbestandsvermutungen und gesetzlichen Rechtsvermutungen.111 Durch Vermutungen wird die beweisbelastete Partei nicht vollkommen von ihrer Last befreit. Die Last verlagert sich jedoch auf den Beweis der Tatsachen, die die Voraussetzungen der Vermutungsbasis erfüllen. Diese sind meistens leichter zu beweisen, als die vermutete Tatsache selbst. So wird zu Lasten desjenigen, der für einen Kaufgegenstand eine Haltbarkeitsgarantie im Sinne des § 443 Abs. 2 BGB übernommen hat, vermutet, dass ein während der Garantiezeit auftretender Sachmangel die Garantierechte auslöst. Der Garant muss dagegen Tatsachen vortragen, die eine Herkunft des Sachmangels aus dem Verantwortungsbereich des Käufers belegen, etwa eine unsachgemäße Behandlung der Kaufsache durch den Käufer oder deren Beschädigung durch einen Dritten. Abzugrenzen sind gesetzliche Vermutungen im Sinne des § 292 von unwiderlegbaren Vermutungen. Bei ihnen handelt es sich nicht um eine Regelung der Beweislast, sondern sie machen einen Beweis wegen ihrer Unwiderleglichkeit unzulässig und überflüssig. Sie stehen wegen dieser Rechtsfolge materiellen Normen gleich.112 Abzugrenzen sind auch die sog. „tatsächlichen“ Vermutungen.113 Sie sind ein von der Rechtsprechung benutztes Hilfsmittel ohne gesetzliche Grundlage.114 Ihre 2929 1107 Zum Regel-Ausnahme-Prinzip (jeweils für das UN-Kaufrecht) BGH NJW 2002, 1651, 1653 (tatsächlich Anerkenntnis mit Folge der BWLUmkehr); BGH NJW 2004, 3181, 3182 (Art. 40 CISG, Bösgläubigkeit des Verkäufers). 108 2930 2 A. Blomeyer Zivilprozessrecht2 § 69 III 1; Prütting Gegenwartsprobleme, 49; Leipold Beweislastregeln, 85, 89 (zugleich gegen Qualifizierung als Beweisregel); Musielak Grundlagen der Beweislast, 71 ff (unter gleichzeitiger Betonung der Unterschiede zu Beweislastnormen).
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109 32931 A. Blomeyer Zivilprozessrecht2 § 6 II 2b. 110 42932 Prütting Gegenwartsprobleme, 134 f. 111 52933 Musielak Grundlagen der Beweislast, 76 ff, 82; Leipold Beweislastregeln, 90 ff. 112 62934 Musielak Grundlagen der Beweislast, 82; Leipold Beweislastregeln, 104; Prütting Gegenwartsprobleme, 49. 113 72935 Prütting Gegenwartsprobleme, 50. 114 82936 Prütting Gegenwartsprobleme, 57.
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Rechtsnatur ist umstritten. Sie sind im Einzelnen auf ihre Relevanz für die Beweislastverteilung zu untersuchen und keiner verallgemeinernden Beschreibung zugänglich. Es kann sich auch um eine standardisierte Würdigung des Beweiswertes eines Beweisanzeichens handeln. Näher dazu bei § 292. Beispiele gesetzlicher Vermutungen sind § 443 Abs. 2, § 476, § 558d Abs. 3, § 585b Abs. 3, § 641a Abs. 1 S. 4, § 641a Abs. 4 S. 2 Halbs. 1, § 891, § 921, § 938, § 1006, § 1117 Abs. 3, § 1248, § 1253 Abs. 2, § 1362 Abs. 1, § 1377 Abs. 1 und Abs. 3, § 1600c, § 1600d Abs. 2, § 1610a, § 1629a Abs. 4, § 1964 Abs. 2, § 2009, § 2255 S. 2, § 2365 BGB. Zu den gesetzlichen Vermutungen zählen auch die Zweifelsregelungen, z.B. § 30 S. 2, § 83 S. 4, § 113 Abs. 4, § 127 Abs. 1, § 311c etc. BGB. Diese enthalten häufig Vermutungen in rechtlicher Hinsicht. Beliebt sind gesetzliche Vermutungen im Haftungsrecht: § 18 Abs. 1 S. 2 StVG, § 120 BBergG, § 1 Abs. 4 S. 2 ProdHG, §§ 6 und 7 UmweltHG, § 34 GentTG, § 84 Abs. 2 AMG115, wobei es zumeist um nur unsicher aufklärbare Kausalzusammenhänge geht.aftungsrecht sehr beliebt: § 18 Abs. 1 S. 2Ha
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V. Beweislastermittlung durch Auslegung 1. Wertende Zergliederung des Tatbestandes a) Grundregel als Ausgangspunkt. Häufig fehlt eine gesetzliche Beweisregel, die bereits in der anzuwendenden Rechtsnorm durch gängige sprachliche Chiffren einen Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringt. Anzuwenden ist dann die gewohnheitsrechtlich geltende ungeschriebene Regel aus dem Entwurf zu § 193 BGB-E I (oben II Rdn. 30), die über das Bürgerliche Recht hinaus generelle Bedeutung hat. Nach ihr hat der Anspruchsteller lediglich diejenigen Tatsachen zu beweisen, die die rechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale der Anspruchsnorm erfüllen, während die Voraussetzungen sowohl der rechtshindernden, rechtshemmenden als auch rechtsvernichtenden Tatsachen vom Anspruchsgegner zu beweisen sind.116 Die Grundregel enthält damit eine Anweisung für die Generierung einer Beweislastnorm aus der in der Entscheidung anzuwendenden (meist materiellen) Norm. Beweislastregeln benötigt nicht nur das materielle Recht, sondern ebenso das Prozessrecht, etwa beim Beweis der Zustellung eines Schriftstücks. Die Grundregel zwingt zur Identifizierung rechtsvernichtender, rechtshemmender und rechtshindernder Tatbestandsmerkmale samt des diese Merkmale tragenden Tatsachenstoffes; ihnen stehen die rechtsbegründenden Merkmale gegenüber.117 Die Abgrenzung entspricht der Unterscheidung von Anspruchsvoraussetzungen einerseits und Einwendungen und Einreden andererseits.
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b) Rechtsvernichtende und rechtshemmende Tatbestandsmerkmale. Wenig Schwierigkeiten bereitet die Identifizierung rechtsvernichtender und rechtshemmender Merkmale. Die Vernichtung eines Rechts setzt dessen vorangegangene Entstehung voraus. Die Vernichtung bewirkt zeitlich nachfolgend das Erlöschen des zuvor existenten Rechts als eine eigene dauerhafte Rechtsfolge.118 Anders als beim Nichtentstehen eines Rechts wird in die bestehende Rechtswirklichkeit eingegriffen und diese verändert. Dies geschieht in der Regel durch Ausübung eines Gestaltungs-
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Dazu Lange/Schiemann Schadensersatz3 § 3 XIII 2a. 2938 2116 Vgl. statt vieler MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn.111; Leipold Beweislastregeln, 35; Stein/ Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 62. 1
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Dazu A. Blomeyer Zivilprozessrecht2 § 59 I 3 (von Grund- und Gegennorm sprechend); Jauernig ZPR29 § 43 IV. 118 42940 Vgl. Leipold Beweislastregeln, 36; Rosenberg Beweislast5 119 f. 3
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rechts. Anders als bei einer Hemmung ist diese Veränderung stets endgültig und dauerhaft, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Vernichtung zu einem späteren Zeitpunkt wieder entfallen sollten. So ist die Vereinbarung der „Aufhebung“ einer Anfechtung in Wirklichkeit die Neubegründung des Rechts; der Entstehungsprozess des Rechts wird in – möglicherweise verkürzter Form – wiederholt, nicht aber wird die Vernichtungswirkung „beseitigt“. Die Existenz einer Tatsache, die ein rechtsvernichtendes Tatbestandsmerkmal erfüllt, und die Nichtexistenz einer Tatsache, die für ein rechtsbegründendes Merkmal erforderlich wäre, führen zwar zu demselben Ergebnis, nämlich der Nichtexistenz des Rechts bzw des Nichteingreifens der Rechtsfolge der betreffenden Anspruchsnorm. Gleichwohl ist die Unterscheidbarkeit beider Merkmalstypen deshalb relevant, weil es materiellrechtlich keineswegs gleichgültig ist, ob ein Recht nie bestanden hat, oder ob es erst nachträglich erloschen ist.119 Rechtshemmende Tatbestandsmerkmale setzen ebenfalls die Existenz des zu hemmenden Rechts voraus; dessen Entstehung muss der Erfüllung des Hemmungstatbestandes also zeitlich vorausgegangen sein. Rechtshemmende Merkmale sind daher ebenfalls vergleichsweise einfach zu identifizieren. Sie unterscheiden sich von rechtsvernichtenden Tatbestandsmerkmalen dadurch, dass sie das betreffende Recht nicht zum Erlöschen bringen, sondern nur seine Durchsetzbarkeit ausschließen. Dieser Ausschluss muss nicht dauerhaft sein; er kann auch vorübergehend erfolgen. Sobald die tatsächlichen Voraussetzungen des Hemmungstatbestandes nicht mehr vorliegen, endet die Hemmung und das gehemmte Recht kommt wieder zu voller Geltung. Für die Beweislastverteilung kommt es auf eine präzise Unterscheidung zwischen rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Merkmalen nicht an.120 Beide Merkmalstatsachen sind gleichermaßen vom Anspruchsgegner zu beweisen; die Beweislasttrennlinie verläuft also nicht zwischen den beiden Kategorien. Trotz zahlreicher Parallelen121 ist die Trennlinie zwischen rechtshemmenden und rechtsvernichtenden Merkmalen nicht mit der zwischen Einreden und Einwendungen identisch, da es rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen gibt (z.B. § 986 Abs. 2 BGB einerseits, §§ 362, 387 ff BGB andererseits).122 Der Abgrenzung zwischen rechtsbegründenden Merkmalen einerseits und rechtsvernichtenden, rechtshemmenden und rechtshindernden Merkmalen andererseits entspricht hingegen die Unterscheidung zwischen Anspruchsvoraussetzungen einerseits und Einwendungen und Einreden andererseits.123 c) Rechtshindernde Tatbestandsmerkmale. Probleme bereitet die Qualifizierung als rechtshinderndes Merkmal. Darin liegt die Crux der Beweislastnormen. Für das materielle Recht ist die Unterscheidung rechtsbegründender und rechtshindernder Merkmale bedeutungslos.124 Daher gibt das materielle Recht dafür auch keine Hilfestellung. Ungeachtet der Schwierigkeit einer Abgrenzung125 geht man zu Recht davon aus, dass die Unterscheidung zweckmäßig ist.126 Die Differenzierung hat ausschließ119 2941
1
Leipold Beweislastregeln, 37; Musielak Grundlagen der Beweislast, 357 f. 120 2942 2 Leipold Beweislastregeln, 36. 121 2943 3 Vgl. z.B. Larenz/Wolf BGB AT8 § 18 Rdn. 50 ff und 56 ff; Medicus Allg. Teil des BGB9 Rdn. 92 ff. 122 42944 Vgl. Larenz/Wolf BGB AT8 § 18 Rdn. 53 f; Medicus Allg. Teil des BGB9 Rdn. 94. 123 52945 Vgl. Larenz/Wolf BGB AT8 § 18 Rdn. 47 f.
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6 Leipold Beweislastregeln, 42. 125 72947 Prütting Gegenwartsprobleme, 267. 126 82948 Z.B. Leipold Beweislastregeln, 38, 42 f; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 61 ff; MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 111; Prütting Gegenwartprobleme, 288; Musielak Grundlagen der Beweislast, 298 ff, 358.
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lich Bedeutung für das Prozessrecht, nämlich für die Beweislastverteilung. Ob ein anspruchsbegründendes oder ein rechtshinderndes Merkmal gegeben ist, folgt aus der Beweislastverteilung und nicht umgekehrt ergibt sich die Beweislastverteilung aus einer im materiellen Recht vorgenommenen Abgrenzung dieser Merkmalstypen.127 Der Terminus „rechtshindernde Tatsache“ ist nur eine abgekürzte Ausdrucksweise für die Existenz einer Beweislastnorm mit Zuweisung der Beweislast an den Gegner der Partei, die für die ihr günstigen Tatbestandsmerkmale eigentlich die Beweislast tragen müsste.128 Die Differenzierung zwischen rechtsbegründenden und rechtshindernden Tatsachen beruht auf der Erkenntnis, dass es zum Ausspruch einer Rechtsfolge nicht einer vollumfänglichen Aufklärung des Sachverhalts bedarf, sondern nur der Feststellung gewisser Mindestvoraussetzungen. Sind sie ermittelt und misslingt eine weiter gehende Sachverhaltsaufklärung, kann eine Norm in ihrer Grundform angewandt werden. Treten allerdings zum Tatsachenstoff des Grundtatbestandes weitere Sonderumstände hinzu, kann dies zu einer Änderung der Rechtsfolge führen; ihr Eintritt wird dann verneint.129 Zu Recht hat man von der Anerkennung eines Regel-AusnahmeVerhältnisses gesprochen.130 Leipold hat dies einen Aufbau des materiellen Rechts in „Wertungsschichten“ genannt,131 was eine interpretatorische Aufdeckung der Wertungsschichten gebietet. Derjenige, den eine weitere oder gegebenenfalls eine dritte Wertungsschicht begünstigt, hat dafür jeweils die Beweislast zu tragen. Die Zugehörigkeit zu einer Wertungsschicht hängt nicht davon ab, dass sie in einem Merkmal des anzuwendenden Tatbestandes geregelt ist. So wird die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts in § 125 BGB angeordnet. Trotz der isolierten Regelung wird die Einhaltung der vorgeschriebenen Form als rechtsbegründendes Merkmal eingestuft.
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2. Sprachliche Fassung der Rechtsnorm: Regel-Ausnahme-Schema a) Wortlaut, Satzkonstruktion. Der Gesetzgeber kann durch die gezielte Formulierung des Tatbestandes zugehörige Beweislastnormen schaffen. Von dieser Möglichkeit hat er mit unterschiedlicher Eindeutigkeit Gebrauch gemacht. Über die grundsätzliche Beachtlichkeit der sprachlichen Fassung der materiellen Anspruchsnormen für die Bestimmung der Beweislast herrscht heute weitgehend Einigkeit.132 Deutlicher Anhaltspunkt sind Formulierungen und Satzkonstruktionen, die auf ein Regel-Ausnahme-Schema schließen lassen. Diejenigen Merkmale, die dem Regeltatbestand zuzuordnen sind, sind vom Anspruchsteller zu beweisen, die Ausnahmemerkmale vom Anspruchsgegner. Eine solche Untergliederung kann durch separate Sätze, Absätze oder einzelne Paragraphen eines Gesetzes vorgenommen werden, z.B. § 122 Abs. 2 BGB: „Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn. . .“; vgl. ferner § 265 S. 2 BGB, § 617 Abs. 2 BGB, § 651d Abs. 2 BGB, § 701 Abs. 3 BGB, § 827 Halbs. 2 BGB, § 831 Abs. 1 S. 2
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Leipold Beweislastregeln, 43. Wohl ebenso A. Blomeyer, ZPR2 § 59 I 3b (= S. 307 a.E.): „Der Begriff der Einwendung als Berufung auf eine Gegennorm ist rein prozessual“; A. Blomeyer a.a.O. § 69 III 1 (= S. 366): „Bedeutung ausschließlich für die Beweislast.“ 128 22950 Leipold AcP 179 (1979), 502, 503; Stein/Jonas/ Leipold22 § 286 Rdn. 65.
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3 Leipold AcP 179 (1979), 502, 504. 130 42952 Leipold Beweislastregeln, 56 f. 131 52953 Leipold AcP 179 (1979), 502, 504. Ihm folgend Prütting Gegenwartsprobleme, 285 ff; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 118. 132 62954 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 115; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 83.
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BGB, § 832 Abs. 1 S. 2 BGB, § 833 S. 2 BGB, § 935 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB, etc. Weitere typische Formulierungen sind „Dies gilt nicht, wenn. . .“ (z.B. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB), „haftet nicht, wenn. . .“ (z.B. § 179 Abs. 3 BGB), „Die Verpflichtung beschränkt sich auf. . .“ (z.B. § 302 BGB), „Der Anspruch entfällt, wenn. . .“ (z.B. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Ausnahmeformulierung der Regel kann auch innerhalb desselben Satzes beigefügt werden: „. . ., wenn/sofern nicht. . .“ (z.B. § 552 Abs. 1 BGB, § 950 Abs. 1 S. 1 BGB), „. . ., es sei denn, dass. . .“ (z.B. § 651f Abs. 1 BGB, § 817 S. 2 Halbs. 1 BGB, § 932 Abs. 1 S. 1 BGB), „außer wenn. . .“ (§ 562a S. 1 BGB) usw. All diese Formulierungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht lediglich konditionalen Charakter haben, sondern zusätzlich zu erkennen geben, dass der von ihnen ins Auge gefasste Fall eine Sonderkonstellation gegenüber einer ebenfalls geregelten Gruppe von Normalfällen darstellt. Sie definieren also eine Untermenge einer größeren übergeordneten Menge. b) Unzuverlässigkeit von Negativformulierungen. Sprachliche Interpretation der anzuwendenden Rechtsnorm führt oftmals nicht zu einem eindeutigen Ergebnis für die Verteilung von anspruchsbegründenden Regelmerkmalen und rechtsvernichtenden Ausnahmemerkmalen. So lässt sich die Volljährigkeit als Voraussetzung einer wirksamen Willenserklärung ohne Weiteres in die Voraussetzung fehlender Minderjährigkeit umformulieren.133 Eine gewählte Negativformulierung lässt sich u.U. ebenfalls ohne Bedeutungsänderung umkehren. Dafür mag die Regelung des § 251 Abs. 1 BGB als Beispiel dienen. Geldersatz kann der Gläubiger danach fordern, „soweit die Herstellung [nämlich: Naturalrestitution nach § 249 BGB] nicht möglich ist“. Die fehlende „Möglichkeit der Herstellung“ lässt sich auch als „Unmöglichkeit der Herstellung“ beschreiben. Hier wie in anderen Zusammenhängen kann die gewählte Negativformulierung auf einer sprachlichen Laune der Gesetzesverfasser beruhen. Erst aus den Wertungen der Regelungsgesamtheit der §§ 249 bis 251 BGB ergibt sich eine Struktur des Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Regelfall ist die Naturalrestitution, Ausnahme der primäre Geldersatz; das Gesetz gibt dem Schutz der Rechtsgüter Vorrang vor dem bloßen Vermögensschutz134. Der auf Naturalrestitution in Anspruch genommene Schädiger hat deren Unmöglichkeit als rechtsvernichtende Tatsache zu beweisen.135 Umgekehrt kann von dem an Naturalrestitution interessierten Schädiger primärer Geldersatz nur verlangt werden, wenn der Gläubiger die Unmöglichkeit der Herstellung als rechtsbegründende Voraussetzung beweist.136 Die Unmöglichkeit ist im Sinne der Terminologie von Leipold einer zweiten Wertungsschicht zugeordnet. Sie ändert die Rechtsfolge zugunsten des Schuldners, der nicht in Natur leisten will und kann; daher sind die Voraussetzungen der Unmöglichkeit von ihm zu beweisen. 3. Das Versagen alleiniger Wortlautinterpretation, Interpretationsmethoden
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Die sprachliche Fassung des anzuwendenden Tatbestandes ist bei der Ermittlung der Beweislastnorm ein Anhaltspunkt, jedoch ist jeweils eine über den Wortlaut hinausgehende Analyse erforderlich. Häufig kommt der Wille des Gesetzgebers nicht 133 12955 Beispiel nach Prütting Gegenwartsprobleme, 267. 134 22956 Lange/Schiemann Schadensersatz3 Einl. III 2c; Schiemann Argumente und Prinzipien bei der Fortbildung des Schadensrechts, 1981, 206.
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135 32957 MünchKomm-BGB/Oetker5 § 251 Rdn. 72. 136 42958 Vgl. Lange/Schiemann Schadensersatz3 § 5 IV 6 (S. 237); MünchKomm-BGB/Oetker5 § 251 Rdn. 72.
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durch Verwendung einer gängigen sprachlichen Chiffre zum Ausdruck. Es gibt keine methodische Beschränkung auf einzelne Figuren des Kanons der Auslegungsmethoden, insbesondere keinen Vorrang der Wortlautinterpretation.137 Die im Zivilrecht bevorzugte teleologische Auslegungsmethode wird allerdings keine eindeutigen Ergebnisse erbringen. Mögliche Normzwecke ergeben sich aus den noch zu erörternden Sachgründen der Beweislastverteilung. Der Gesetzgeber äußert sich zur Teleologie einer besonderen Beweislastverteilung normalerweise nicht. Die vom Rechtsanwender an eine Beweislastnorm herangetragene Zweckbestimmung wird nicht frei von Zweifeln sein. Dazu trägt in nicht unerheblichem Maße bei, dass die beiden Funktionen der Beweislastnorm nicht sauber getrennt werden, nämlich die gerechte Verteilung der Darlegungslast nach Aufklärungsmöglichkeiten einerseits und die Überwindung der Beweislosigkeit andererseits. Im Hintergrund steht der ungelöste wissenschaftliche Streit über die Frage nach einer prozessualen Pflicht der nicht beweisbelasteten Partei zur Mitwirkung bei der Sammlung des Tatsachenstoffes (dazu oben IV 1 c Rdn. 50). Ziel der Auslegung ist jeweils die Gewinnung einer generell-abstrakten Beweislastnorm (dazu oben I 5 Rdn. 15). Ihre Ermittlung ist von der Formulierung herabgesetzter Substantiierungsanforderungen oder von der Bildung einer Regel des Anscheinsbeweises zu unterscheiden.
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4. Wertende Ermittlung von Regeltatbestand und Ausnahme a) Wertungsschichten der Anspruchsnormen. Die Beweislastverteilung schlägt sich auch in materiellrechtlichen Wertungen nieder.138 Beweislastrelevante Gesichtspunkte lassen sich deshalb in geeigneten Fällen durch Interpretation der Anspruchsnorm und ihres Normzusammenhangs aufzudecken. Die Anspruchsnormen sind dafür in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der Systematik und des Gesetzeszwecks auf beweislastrelevante Gesichtspunkte hin zu untersuchen. Die materiellen Rechtsnormen sind nicht auf einen in allen Einzelheiten bekannten, vollumfänglich aufgeklärten Sachverhalt zugeschnitten. Sie verlangen ein schrittweises Vorgehen des Rechtsanwenders, das zunächst zum Stillstand kommen kann, sobald die für die begehrte Rechtsfolge notwendigen Mindestvoraussetzungen ermittelt sind.139 Misslingt eine weiter gehende Sachverhaltsaufklärung, sind dennoch hinreichende Tatsachen für eine Anwendung der Norm in ihrer Grundform gegeben und es braucht hinsichtlich dieses Grundtatbestands nicht mehr auf Beweislastregeln zurückgegriffen zu werden. Diese kommen dann nur noch für die zusätzlichen unaufgeklärten Merkmale zum Tragen. Treten zu dem Mindesttatbestand in einem zweiten Schritt feststellbare besondere Umstände hinzu, führt dies zu einer Änderung der Rechtsfolge bis hin zu ihrem Nichteintritt.140 Leipold hat von einem Zerlegen der Normen in „Wertungsschichten“ gesprochen, die den materiellen Normen zugrunde liegen sollen.141 Offenzulegen sei „ein Wechselspiel von Gründen und Gegengründen“, in dem sich eine dialektische Natur des materiellrechtlichen Denkens spiegele.142 Die erste Wertungsschicht enthält die Minimalvoraussetzungen der begehrten Rechtsfolge. Zusätzliche Merkmale, die diese 137 2959
1
Prütting Gegenwartsprobleme, 283 f (zugleich gegen eine Alleinherrschaft der Satzbaulehre, mwN). 138 22960 Leipold AcP 179 (1979), 502, 503. 139 32961 Leipold AcP 179 (1979), 502, 503 f.
140 2962
4 Leipold AcP 179 (1979), 502, 504. 2963 5141 Leipold AcP 179 (1979), 502, 504; Stein/Jonas/ Leipold22 § 286 Rdn. 69; ihm folgend Prütting Gegenwartsprobleme, 285 ff. 142 62964 Vgl. Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 69.
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Rechtsfolge ändern, sind weiteren Wertungsschichten zuzuordnen. Abhängig davon, wem die betreffende Wertungsschicht günstig ist, verteilt sich die Beweislast. So wird z.B. die Einhaltung der für ein Rechtsgeschäft vorgeschriebenen Form trotz der isolierten Regelung ihrer Rechtsfolge in § 125 BGB als rechtsbegründendes Merkmal eingestuft, das vom Anspruchsteller zu beweisen ist.143 Gesetzesformulierungen, deren Wortlaut einen Ausnahmefall vom Regelfall abgrenzen, beruhen ebenfalls auf der Einteilung des Gesetzes in Wertungsschichten, legen diese aber schon durch ihre sprachliche Fassung offen. Ein Beispiel für verschiedene Wertungsschichten liefert auch der Schadensersatzanspruch des Anfechtungsgegners gem. § 122 Abs. 1 BGB. Die Unwirksamkeit der Willenserklärung, das Entstehen eines Vertrauensschadens und die eigene Anspruchsberechtigung bilden den Mindesttatbestand; dessen Voraussetzungen sind vom Anspruchsteller zu beweisen. Die Begrenzung der Anspruchshöhe auf das positive Interesse wird hingegen als eine Veränderung der Rechtsfolge (voller Ersatz des negativen Interesses) betrachtet und bildet eine zweite Wertungsschicht, deren Voraussetzungen durch den Anspruchsgegner zu beweisen sind. Dasselbe gilt für die Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis der Nichtigkeit bzw Anfechtbarkeit durch den Anspruchsteller gem. § 122 Abs. 2 BGB, die eine Ausnahme von der grundsätzlich bestehenden Ersatzpflicht bedeutet. Im zuvor genannten Beispiel aus dem Schadensrecht (Rdn. 85) sind die Voraussetzungen des § 249 Abs. 1 BGB als Minimalvoraussetzungen eines Anspruches auf Naturalrestitution vom Schadensersatzgläubiger zu beweisen. Die Unmöglichkeit der Naturalherstellung gem. § 251 Abs. 1 BGB kennzeichnet eine zweite Wertungsschicht, die die Rechtsfolge zu Gunsten des nicht in Natur leisten wollenden und könnenden Schuldners ändert und daher von diesem zu beweisen ist. Will der Anspruchsinhaber jedoch von vornherein einen Geldersatzanspruch geltend machen und ist er an Naturalherstellung nicht interessiert, so umfasst der Mindesttatbestand dieses Anspruchs auch die Unmöglichkeit der Naturalherstellung gem. § 251 Abs. 1 BGB.144 Weitere instruktive Beispiele nennt Prütting mit dem Hinweis auf die Haftung des Vertreters nach § 179 BGB und die Deliktshaftung des Zurechnungsunfähigen nach § 827 BGB.145 Der Vertreter haftet für eine im fremden Namen abgegebene Willenserklärung wegen § 164 BGB grundsätzlich nicht. Die Haftung ist begründet, wenn der Vertreter die Vertretungsmacht nicht nachweist (§ 179 Abs. 1 BGB) was wiederum unerheblich ist, wenn der Vertretene den Vertragsschluss genehmigt (§ 177 Abs. 1 BGB). Die Haftung entfällt, wenn dem Anspruchsteller der Mangel der Vertretungsmacht bekannt oder fahrlässig nicht bekannt war (§ 179 Abs. 3 S. 1 BGB). Misslingt dieser Nachweis, entfällt die Haftung, wenn der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war (§ 179 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BGB); sie ist jedoch gleichwohl begründet, wenn das Vertreterhandeln mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erfolgte (§ 179 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BGB). Die an sich gegebene Haftung des Deliktsschädigers entfällt, wenn seine freie Willensbildung durch eine Bewusstseinsstörung oder eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit aufgehoben war (§ 827 S. 1 BGB). Sie bleibt aber gleichwohl bestehen, wenn er sich durch Rauschmittel in diesen Zustand der Unzurechnungsfähigkeit ver2965 1143 Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 90; MünchKomm-BGB/Einsele5 § 125 Rdn. 35; Rosenberg Beweislast5 253.
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144 22966 BGH VersR 2008, 1116. 145 32967 Prütting Gegenwartsprobleme, 286.
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setzt hat (§ 827 S. 2 BGB), was wiederum nicht gilt, wenn er ohne sein Verschulden in den Rauschzustand geraten (§ 827 S. 2 Halbsatz 2 BGB). Jedoch kann es dann zu einer Billigkeitshaftung nach § 829 BGB kommen. Bei einer Tötung im hochgradigen Affekt, dessen Wirkung durch Alkoholgenuss zur Unzurechnungsfähigkeit verstärkt wurde, treffen diese Elemente zusammen, wenn dem Täter seine alkoholbedingte Jähzornigkeit aus früheren Vorfällen bekannt war. Das Ermitteln der Wertungsschichten erfordert es unter Umständen, auf den ersten Blick einheitliche Tatbestandsmerkmale weiter aufzuschlüsseln und somit innerhalb dieser Merkmale die Untergliederung in Wertungsschichten weiter fortzusetzen.146 Die Untergliederung ist also nicht zwingend dem äußeren Normaufbau zu entnehmen.147 Eine fortgesetzte Betrachtung ist insbesondere dann angezeigt, wenn die materiellrechtliche Interpretation des Tatbestandsmerkmals bereits zu dessen weiterer Untergliederung geführt hat. Das im Gesetz genannte Tatbestandsmerkmal kann also ein Oberbegriff für ein weiter ausdifferenziertes Regelungssystem sein. Diese materielle Differenzierung muss die Beweislast nachvollziehen; alle unter dem Tatbestandsmerkmal versammelten Gesichtspunkte pauschal einer Partei zum Beweis zuzuweisen, liefe der materiellrechtlichen Differenzierung zuwider und ebnete die verschiedenen Wertungsschichten ein. b) Wertungsschichtenwechsel innerhalb desselben Tatbestandsmerkmals. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis kann innerhalb eines gesetzlichen Tatbestandes bei situativ veränderbaren Anforderungen an ein Tatbestandsmerkmal mehrfach neu zu bestimmen sein. Dies zeigt etwa die haftungsbegründende Verletzung von Streupflichten. Schneit es auf einen Verkehrsweg, für den eine Verkehrssicherungspflicht besteht, hat der Sicherungspflichtige für das Räumen des Schnees und für das Abstumpfen der Verkehrsfläche innerhalb näher zu bestimmender Tageszeiten zu sorgen. Kommt jemand innerhalb relevanter Zeiten auf schnee- oder eisbedecktem Boden zu Fall, spricht dies dafür, dass der Sicherungspflichtige seine Räum- und Streupflichten nicht erfüllt hat. Das Opfer hat nur den Sturz auf der Verkehrsfläche und deren verkehrswidrigen Zustand zu beweisen. Das Erfüllen der Pflicht wird auf Grund dieser Würdigung zu einem Ausnahmesachverhalt, also einer rechtshindernden Tatsache. Gelingt dem Sicherungspflichtigen der Nachweis der Pflichterfüllung, können veränderte Witterungsbedingungen die Pflichtenlage verfeinern. Das Opfer kann vortragen, trotz ursprünglicher Pflichterfüllung in den Morgenstunden habe nachträglicher Schneefall ein Nachstreuen geboten. Für die Voraussetzungen der Nachstreupflicht, nämlich den weiteren Schneefall, ist grundsätzlich das Opfer darlegungs- und beweispflichtig. Die Pflicht beginnt freilich erst, wenn der Schneefall geendet hat und selbst dann erst eine angemessene Zeit nach dem Ende. Gerade diese Tatumstände können schwer aufklärbar sein, wenn es nur örtlichen Schneefall gegeben hat, die Messstationen des Wettergutachters weiter entfernt lagen und Zeugen mit verlässlicher Erinnerung nicht aufzufinden sind. Da es sich um pflichtenkonstituierende Tatsachen handelt, wird man die Folgen der Beweislosigkeit wohl das Opfer tragen lassen. Ähnliche Situationen ergeben sich bei Blitzeissachverhalten. Solange der Regen anhält, der den gefrorenen Boden in eine Rutschbahn verwandelt, besteht nur dann eine Streupflicht, wenn sie die Sturzgefahr zumindest abschwächen kann. Hingegen ist ein Streuen sinnlos und rechtlich unzumutbar, wenn das Streugut wegen des Starkregens ohnehin fortgespült wird. 146 2968
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Steht eine objektive Pflichtverletzung fest, kann eine verschuldensausschließende Unmöglichkeit der Pflichterfüllung darauf beruhen, dass der Sicherungspflichtige durch grassierende Rota-Viren und einen dadurch verursachten Magen-Darm-Infekt binnen weniger Minuten bettlägerig geworden ist und wegen seiner überraschenden Allgemeinschwäche nicht einmal telefonisch für Ersatz sorgen konnte. Für diesen Ausnahmetatbestand ist sicherlich er selbst und nicht das Unfallopfer beweispflichtig. Das Vorliegen eines verkehrswidrigen Zustandes spricht nicht schlechthin für eine Pflichtverletzung des Sicherungspflichtigen. Haben bösartige Zeitgenossen den Deckel eines Straßengullis von seinem Platz entfernt, muss die sicherungspflichtige Gemeinde darauf reagieren. Damit sie von reaktionspflichtigen Zuständen Kenntnis erlangt, muss sie zumutbare Straßenwärterkontrollen durchführen. In den Zeitintervallen zwischen den Kontrollfahrten fehlt es an einem pflichtwidrigen Verhalten. Wann das reaktionspflichtige Ereignis stattgefunden hat, ist weder dem Unfallopfer noch der Gemeinde bekannt. Den Beweisnachteil der Unaufklärbarkeit dieses Umstandes trägt das Opfer als Anspruchsteller. 5. Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung
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Die Bestimmung der Beweislastnorm und damit der Beweislastverteilung ist in gleicher Weise Gesetzesauslegung wie die Auslegung und Anwendung der anzuwendenden materiellen oder prozessualen Rechtsnorm selbst. Zu trennen ist das methodengerechte Herausarbeiten der Beweislastnorm durch Gesetzesauslegung von der richterlichen Rechtsfortbildung in Form der Gewährung von Beweiserleichterungen oder einer Umkehr der Beweislast, die eigene Legitimationsvoraussetzungen zu erfüllen hat. In der Praxis können diese Vorgänge dicht beieinander liegen, wie nicht zuletzt eine Formulierung des IX. Zivilsenats des BGH verdeutlicht, der die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens eines Mandanten als eines Anwendungsfalles des Anscheinsbeweises mit der Aussage verknüpfte, diese Beweisregel „rechtfertige keine volle Beweislastumkehr“.148 Der Anscheinsbeweis wird damit unter dem Gesichtspunkt der Beweiserleichterung in ein Stufenverhältnis zur Beweislastumkehr gesetzt.
VI. Verfassungsrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Anforderungen 1. Verfassungsrechtliche Vorgaben
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a) Mangelnde Aussagekraft der Verfassung. Für die Lösung konkreter Zweifelsfragen bei der Herleitung oder Gewinnung einer Beweislastnorm lassen sich kaum Aussagen mit Hilfe der Verfassung treffen, auch wenn man die Ausdifferenzierung ihrer Normen durch die Verfassungsrechtsprechung hinzunimmt. Die Bezugnahme auf Verfassungssätze dient eher dem Versuch, das Ergebnis einer rechtskräftigen Fachgerichtsentscheidung mittels einer Verfassungsbeschwerde aus der Welt zu schaffen. Es wird ganz überwiegend angenommen, dass eine Herleitung konkreter Beweislastverteilungsregelungen unmittelbar aus der Verfassung nicht wünschenswert ist.149 In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung haben der Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes und der Grundsatz der Waffengleichheit eine Rolle gespielt, am Rande auch das Recht auf ein faires Verfahren (dazu auch § 284 II Rdn. 4). 148 12970 BGHZ 123, 311, 315. 149 22971 Stürner NJW 1979, 2334, 2337; Stein/Jonas/ Leipold22 § 286 Rdn. 77; Huster NJW 1995, 112,
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113; dem gegenüber aufgeschlossener Reinhardt NJW 1994, 93 ff.
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Für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten ergibt sich das Grundrecht150 auf effektiven Rechtsschutz nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG, sondern aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).151 Der Grundsatz der Waffengleichheit im Prozess ergibt sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) im Zusammenspiel mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).152 b) Effektiver Rechtsschutz. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verlangt den Zugang zum Gericht und zu einer gerichtlichen Entscheidung in der Sache.153 Es hat wenig Bedeutung für die Verteilung der Beweislast zwischen zwei Parteien einer zivilrechtlichen Streitigkeit, kann aber berührt sein, wenn ein unaufklärbarer Tatsachenstreit über Vorgänge innerhalb der Gerichtsorganisation zu entscheiden ist, etwa über die Wahrung einer Frist bei zweifelhaftem Versagen der Technik eines Nachtbriefkastens154 oder wenn die Beschlussverwerfung einer Berufung gem. § 522 Abs. 2 von der Rechtsprechung des BGH zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich desselben Tatbestandsmerkmals abweicht155. Die Besonderheit dieser Konstellation liegt darin, dass der zu führende Beweis gerichtsinterne Vorgänge betrifft und von der Beweislastverteilung die Möglichkeit einer gerichtlichen Entscheidung über die zugrunde liegende materiellrechtliche Ausgangsfrage abhängt, somit also der Zugang zum Gericht an sich auf dem Spiel steht.156 Die Einflussnahme auf die richterliche Entscheidungsbildung ist hingegen kein Thema des Zugangs zum Gericht.
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c) Waffengleichheit, faires Verfahren. Dem Grundsatz der Waffengleichheit soll – z.T. vermischt mit dem Prinzip eines fairen Verfahrens157 – zu entnehmen sein, dass das Risiko der Beweislosigkeit und der Zwang zum Sachvortrag nicht einseitig einer Partei aufgebürdet werden dürfe, sondern zwischen beiden Parteien ausgewogen verteilt werden müsse.158 Darin ist nicht mehr zu sehen als ein allgemeines Gerechtigkeitspostulat, das im Kern bereits Teil der beweisrechtlichen Grundregel ist.159 Warnen muss man vor Fehlschlüssen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz. Das Erfordernis einer gerechten Ausbalancierung bedeutet nicht, dass das Beweisrisiko zu gleichen Teilen auf die Parteien zu verteilen ist; vielmehr ist eine unterschiedliche Verteilung gerade die Regel und bewusst gewollt.160 Soweit auf das Prinzip der Waffengleichheit rekurriert wird oder werden könnte, dürfte es eher darum gehen, konfligierende Grundrechte der Prozessparteien zum Ausgleich zu bringen und die eventuell erneute Frustrierung von Schutzgütern auf der Ebene der Darlegungslast bei asymmetrischer Informationslage zu verhindern. Die Herstellung eines Ausgleichs ist vorrangig Aufgabe des materiellen Rechts. Informationsungleichgewichte dürfen nicht auf Grund einzelfallbezogener Billigkeitserwägungen beseitigt werden. Im Sinne abstrakter Regelbildung muss es sich um den Aus-
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150 2972
1
Vgl. Isensee/Kirchhof Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, § 154 Rdn.1; v. Mangoldt/Klein/Starck/ Huber5 Art. 19 Abs. 4 Rdn. 367. 151 22973 BVerfG NJW 2007, 3118, 3119; BVerfGE 93, 99, 107; BVerfG NJW 2005, 1931, 1932. 152 32974 Vgl. BVerfGE 52, 131, 156 f = NJW 1979, 1925; Reinhardt NJW 1994, 93, 97; Dreier/Heun2 Art. 3 GG Rdn. 64; Sachs/Degenhart3 Art. 103 GG Rdn. 46. 153 42975 v. Mangoldt/Klein/Starck/Huber5 Art. 19 Abs. 4 GG Rdn. 455 mwN. 154 52976 BGH NJW 1981, 1673, 1674; vgl. Stein/Jonas/ Leipold22 § 286 Rdn. 76.
155 2977
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BVerfG (2. Kammer 1. Sen.) NJW 2007, 3118, 3120. 2978 7156 Vgl. BGH NJW 1981, 1673, 1674. 157 82979 BVerfG NJW 1979, 1925 f (Arzthaftungsprozess; nichttragender Teil der 4:4-Entscheidung). Isolierte Prüfung dieses Prinzips wegen gerügter unzulässiger Beweislastumkehr in BVerfG NJW 1992, 1855, 1857 (III 2). 158 2980 9 BVerfG NJW 1979, 1925 (nichttragender Entscheidungsteil). 159 2981 10 Prütting Gegenwartsprobleme, 261. 160 2982 11 Stürner NJW 1979, 2334, 2337; ähnlich Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 77.
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gleich einer für den Falltypus charakteristischen strukturellen Ungleichheit handeln, der die konkret beweisbelastete Partei nicht angemessen vorbeugen konnte.161 In diesen Fällen kann eine angepasste Interpretation der Beweislastregeln für die betreffende Fallgruppe notwendig sein. Vielfach wird sich das Ergebnis aber bereits aus einer Anwendung der zivilrechtlichen Interpretation ergeben,162 so dass es eines Rückgriffs auf die Verfassung nicht mehr bedarf. Das BVerfG verlangt aber, dass die Gerichte sich die typische beweisrechtliche Stellung der Parteien und mithin die beweisrechtliche Grundproblematik bewusst machen,163 was zumindest auf eine Begründungspflicht hinausläuft. Konkrete Bedeutung kann dem Gebot der Waffengleichheit demnach nur zukommen, wenn das Beweisrisiko auf Grund der Besonderheiten des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts in besonders auffälliger Weise ungleich verteilt ist, so dass die beweisbelastete Partei praktisch keinerlei Aussicht auf Erfolg hat und die in den materiellen Rechtsnormen enthaltene Ausbalancierung der betroffenen Grundrechte überlagert zu werden droht.164 Die verfassungsrechtliche Wertung kann Anlass und Rechtfertigung einer richterlichen Rechtsfortbildung sein. Unter den Aspekten fehlender Waffengleichheit und eines Verstoßes gegen das Gebot des fairen Verfahrens kommt auch eine Kontrolle durch den EGMR auf der Grundlage vor allem des Art. 6 EMRK in Betracht.165 2. Gemeinschaftsrecht
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Das Gemeinschaftsrecht ist für das Prozessrecht nicht zuständig, kann aber indirekte Auswirkungen auf die Beweislast haben. Wenn eine Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 EG) oder anderer Grundfreiheiten durch Abschottung nationaler Märkte droht, weil die Beweislastzuweisung eine entsprechende Handhabung nationalen Rechts ermöglicht, wird das materielle Gemeinschaftsrecht beeinträchtigt. Der EuGH hat auf dieses Problem in einem Markenrechtsstreit hingewiesen, in dem es um den Beweis ging, ob ein die Marke des Klägers nennendes Produkt ohne Zustimmung des Markeninhabers aus einem Drittstaat in den EU-Raum importiert worden war, was eine Markenverletzung bedeutet hätte, oder ob das Produkt bereits zuvor in einem anderen EU-Staat mit Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht worden war, das subjektive Markenrecht somit erschöpft war und das Produkt daher auch in anderen EU-Staaten frei zirkulieren durfte. Der Erfolg des streitentscheidenden Beweises der Erschöpfungstatsachen ist dann von der BeweislastZuordnung an den Markeninhaber oder an den vermeintlichen Verletzer abhängig.166 Die Bedeutung dieser Rechtsprechung ist eher gering. Sie fügt sich aber in die übergeordnete Erkenntnis ein, dass das Prozessrecht dienende Funktion gegenüber dem materiellen Recht hat und die Zwecke einer materiellrechtlichen Regelung nicht durch prozessrechtliche Handhabungen vereitelt werden dürfen. Wird Ge161 2983
1
Vgl. BVerfG NJW 1979, 1925; BGH NJW 1978, 1681, 1682. 162 2984 2 Siehe z.B. BVerfG NJW 2000, 1483: Zugänglichkeit des Beweismittels bzw Zugehörigkeit des Beweismittels zur Sphäre der nach der Grundregel nicht beweisbelasteten Partei. Auch in dieser Entscheidung standen freilich die betroffenen Grundrechte im Vordergrund.
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163 2985
3 BVerfG NJW 1979, 1925. 164 42986 Vgl. BVerfG NJW 2000, 1483, 1484; Stürner NJW 1979, 2334, 2337; ihm folgend Huster NJW 1995, 112, 113. 165 52987 Dazu Matscher FS Gaul, 435, 442 ff. 166 62988 EuGH, Urt. v. 8.4.2003, Rs. C–244/00 – van Doren/Lifestyle, Tz. 42, GRUR 2003, 512, 514, auf Vorlage von BGH GRUR 2000, 879 – stüssy.
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meinschaftsrecht durch die Anwendung von Beweislastvorschriften offenkundig verletzt, kann dies einen Amtshaftungsanspruch begründen.167
VII. Sachgründe der Beweislastverteilung 1. Bedeutung der Kriterien Sachgründe der Beweislastverteilung, die den Gesetzgeber rechtspolitisch leiten können oder die mangels gesetzgeberischer Entscheidung die richterrechtliche Normbildung tragen können, sind in ihren Grundzügen allgemein geläufig: Wahrung des Besitzstandes gegenüber einem Angreifer, Wahrscheinlichkeitserwägungen abstrakter Art, Beweisnähe, Vermeidung eines Negativbeweises sind die hauptsächlich zu nennenden Kriterien, zu denen sich weitere hinzugesellen können. Von Kriterien dieser Art lässt sich allerdings nur sagen, dass sie einen möglichen Sachgrund bilden können. Welcher Sachgrund eine konkrete gesetzgeberische Beweisregel trägt, wird häufig nicht eindeutig auszumachen sein. Der objektiven Auslegung bleibt insoweit ein erheblicher Spielraum für die Interpretation. Die Zuweisung der Beweislast an eine Partei eines Rechtsverhältnisses muss mit den materiellrechtlichen Wertungen des betroffenen Tatbestandes in Einklang stehen. Das Instrument der Beweislastumkehr darf auch vom Gesetzgeber nicht nach Gutdünken eingesetzt werden, sondern muss sich auf Sachgründe zurückführen lassen, die sich folgerichtig mit den materiellrechtlichen Wertungen des Tatbestandes verbinden lassen und Vorgaben materieller Grundrechtsverbürgungen des GG, der EU-Grundrechtscharta und der EMRK beachten. Zudem dürfen rechtliche Vorgaben der Grundfreiheiten des EG-Vertrages (künftig: des EU-Anwendungsvertrages) und des sekundären Gemeinschaftsrechts nicht durchkreuzt werden. Gescheitert sind ältere Anstrengungen, ein Gefüge von Kriterien der Beweislastverteilung mit einer festen Binnenbeziehung und Beziehung zum materiellen Recht zu entwickeln.168 Es gibt keine inhaltlichen Begründungszusammenhänge, die die Rechtserkenntnis erleichtern könnten. Vielmehr lassen sich nur Gründe feststellen, die die Beweislast bei einzelnen Normen tragen und die auf neue konkrete Problemlagen übertragbar sein können. Sachgesichtspunkte können in Zweifelsfällen dazu beitragen, die hinter einer Beweislastnorm stehenden Zwecksetzungen zu erhellen. Sie sind ferner Leitgesichtspunkte, wenn eine richterliche Rechtsfortbildung erforderlich ist.169
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2. Prozessrechtliche Kriterien a) Angriff contra status quo-Schutz. Die klageweise Durchsetzung eines Anspruchs ist auf eine Veränderung des status quo gerichtet.170 Die Prinzipien des Besitzschutzes und der Wahrung des Rechtsfriedens sind ein beharrendes Element der Rechtsordnung. Sie lassen dem status quo eine Vermutung der Legitimität zukommen und schützen ihn vor einem permanenten Rechtfertigungszwang.171 Dies gilt 167 2989
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EuGH, Urt. v. 13.6.2006, Rs. C–173/03 – Traghetti del Mediterraneo, Tz. 39, NJW 2006, 3337, 3339. 168 2990 2 Vgl. Prütting Gegenwartsprobleme, 264 (keine Beschränkung auf wenige ausgewählte Grundprinzipien). Siehe auch A. Blomeyer Zivilprozessrecht2 § 69 III 2: „Es gibt keinen einheitlichen Grundsatz, sondern eine Kombination einer gan-
zen Reihe von Prinzipien, von denen jedes auf einem neuen Gedanken beruht.“ 3 Prütting Gegenwartsprobleme, 264. 170 2992 4 Vgl. Leipold Beweislastregeln, 48. 171 52993 Vgl. Leipold Beweislastregeln, 49, 51 (dort mit Hinweis darauf, dass der status quo-Gedanke auf rechtsvernichtende Tatsachen nicht zu erstrecken ist); Prütting Gegenwartsprobleme, 250. 169 2991
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nicht nur für das Sachenrecht, sondern auch für das auf Güterveränderung ausgerichtete Schuldrecht und die Erfüllung seiner Leistungsprogramme. Dem Anspruchsteller als Angreifer wird ein Eingriff in den status quo nicht ohne Weiteres gestattet.172 Er hat prinzipiell die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des in den Besitzstand eingreifenden Anspruchs zu tragen. Ob man damit auch den Gedanken der Prozessverhütung und Prozessabschreckung verbinden sollte173, ist mehr eine Geschmacksfrage. Wer Angreifer ist, folgt nicht der formalen Stellung eines Prozessbeteiligten als Kläger; sie lässt sich beliebig umkehren, wie die negative Feststellungsklage zeigt.174 Das Angreiferprinzip deckt sich für die rechtsbegründenden Normen mit der Grundregel der Beweislastverteilung (oben II Rdn. 34). Der prozessuale Schutz des status quo im Falle eines non liquet darf allerdings nicht übertrieben werden. Anderenfalls würde die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen übermäßig erschwert.175 Die Darlegungs- und Beweislast muss deshalb angemessen zwischen den Prozessparteien verteilt werden, wobei dem Angreifer der Beweis der wesentlichen Voraussetzungen zuzuweisen ist. Mehr lässt sich dem Angreiferkriterium nicht entnehmen. Diese Wertung findet bereits in der beweisrechtlichen Grundregel (oben II Rdn. 30 und 33) ihren Niederschlag176 und darf nicht doppelt verwertet werden. Immerhin kann sie aber als Hemmschwelle gegen die Gewährung voreiliger Beweiserleichterungen dienen. b) Wahrscheinlichkeit. Abstrakte Wahrscheinlichkeitserwägungen können die Zuweisung der Beweislast tragen. Bei ihnen kommt es darauf an, welche Häufigkeitsverteilung für die Vielzahl der Fälle erwartet werden kann, auf die eine Norm potentiell anzuwenden ist. Ist das Vorliegen einer Tatsache signifikant wahrscheinlicher als deren Nichtvorliegen, kann dies ein Grund dafür sein, dass das Nichtvorliegen dieser Tatsache bzw das Vorliegen entgegenstehender Tatsachen zum Beweisgegenstand zu erheben ist. Die abstrakte Wahrscheinlichkeit wird mangels geeigneten statistischen Materials – sei es auch in Form von common sense-Anschauungen – nur eine geringe Bedeutung erlangen. Es handelt sich nicht um ein die Beweislastverteilung beherrschendes Prinzip.177 Unsinnig wäre die Grundannahme, die vom Kläger behaupteten Tatsachen seien unwahr.178 Damit lässt sich das Angreiferprinzip (oben VII 2 a Rdn. 117) nicht unterfüttern. Interferenzen bestehen mit den Voraussetzungen des Anscheinsbeweises, der sich auf gleichartige Erfahrungssätze stützen kann, jedoch weniger rigide wirkt, weil seine Erschütterung den Vollbeweis bei der beweisbelasteten Partei belässt (§ 286 III 4 Rdn. 82). Wahrscheinlichkeitserwägungen sind eher eine Angelegenheit der Beweiswürdigung statt der Beweislastzuweisung. Die eventuelle Beweislastumkehr wegen Beweisvereitelung lässt sich nicht mit der standardisierten Erwägung begründen, eine Prozesspartei, die schuldhaft einen Beweis vereitelt, habe wahrscheinlich etwas zu verbergen. Dies trifft in Fällen fahrlässiger 172 2994
1
Zum Angreiferprinzip Kegel Festschrift Kronstein, 321, 337; Leipold Beweislastregeln, 48 ff; Häsemeyer Schadenshaftung im Zivilrechtsstreit, 123 f; Schwab FS H.-J. Bruns, 505, 516 ff. 173 2995 2 So Lepa Die Verteilung der Beweislast im Privatrecht und ihre rationelle Begründung, Diss. Köln 1963, S. 69 ff; Reinecke Beweislastverteilung, 65; Kur Beweislast, 59 f; kritisch Leipold Beweislastregeln, S. 49 Fn. 20.
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Spickhoff Gesetzesverstoß und Haftung, 293; Prütting Gegenwartsprobleme, 261. 4 Vgl. Leipold Beweislastregeln, 50; Musielak Grundlagen der Beweislast, 356 f; Prütting Gegenwartsprobleme, 251. 176 2998 5 Prütting Gegenwartsprobleme, 251. 177 62999 Leipold Beweislastregeln, 48, 60. A.A. Reinecke Beweislastverteilung, 51; A. Blomeyer Zivilprozessrecht2 § 69 III 2a. 178 73000 Ebenso Spickhoff Gesetzesverstoß, 285. 175 2997
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Vernichtung eines Beweismittels keinesfalls zu, ist aber auch keine zwingende Erklärung für vorsätzliche Behinderungen der Beweisaufnahme, etwa der Nichtentbindung eines Geheimnisträgers von der Schweigepflicht. c) Zugang zum Tatsachenstoff, Beweisnähe, Beweisnot. Grundsätzlich erscheint es gerecht, eine Partei die Darlegungs- und Beweislast tragen zu lassen, die einen besseren Zugang zu den relevanten Tatsachen hat als die Gegenpartei, weil sich die Tatsachen in ihrem Herrschaftsbereich zugetragen haben und dort im Zeitpunkt des Prozesse noch aufklärbar sind oder doch in der Vergangenheit feststellbar und daher dokumentierbar waren. Dieser Sachgrund, auch Sphärengedanke genannt179, ist für die Verteilung der Darlegungslast evident angemessen, was zugleich ein Licht auf das Problem der Mitwirkung der an sich nicht beweisbelasteten Partei wirft. Er trägt aber auch die Bewältigung der Folgen von Beweislosigkeit, weil keine ausreichende Sicherung der Beweisbarkeit stattgefunden hat, die der den Tatsachen fernstehenden Partei von vornherein verschlossen war. Im Kupolofenfall, in dem es zunächst nur um die Umkehr der Darlegungslast ging, wurde u.a. – wie in der Produzentenhaftung – auf die mangelnde Einsicht des Geschädigten in die Betriebsverhältnisse des Emittenten abgestellt.180 Beweisnähe der einen Partei und Beweisnot der anderen Partei können korrespondieren, stehen aber nicht in einem kontradiktorischen Verhältnis.181 Individuelle Beweisnot einer Partei ist für sich genommen kein Grund für ein Überdenken der Beweislast, selbst wenn die Not unverschuldet besteht.182 Z.B. kann der Erbe im Prozess um ein Rechtsverhältnis des Erblassers aus eigenem Wissen oftmals keine Tatsachen vortragen. Entlastet wird er deshalb nicht schlechthin, sondern muss aus den vom Erblasser hinterlassenen Unterlagen Erkenntnisse schöpfen.183 Anders könnte es aussehen, wenn die Beweisnot durch eine Pflichtverletzung der Gegenpartei herbeigeführt worden ist, wenn nämlich die Kausalität für den Schaden aufzuklären ist. Für den Anwaltsregressprozess hat Stoll insoweit eine Beweislastumkehr gefordert;184 der BGH hält jedoch an der Beweislast des Mandanten fest.185 Strukturell bestehende Beweisnot einer Seite gibt zwar Anlass zur Prüfung der Beweisregel, ist aber nicht von vornherein ein Grund für eine Veränderung der Beweislast.186 Milder wirkende Beweiserleichterungen können ausreichend sein, etwa die Zulassung des Anscheinsbeweises, die Informationsbeschaffung über materiellrechtliche Auskunftsansprüche187 oder über die Anwendung des § 142 ZPO und die Bejahung einer sekundären Behauptungslast. Typische Beweisnot kann aber Anlass für eine Rechtsfortbildung sein,188 was für die Produzentenhaftung zutrifft. Darin ist allerdings kaum mehr als ein Motiv zu sehen, nach präziseren Sachgründen zu suchen.
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d) Gefahrenbereichslehre. Namentlich Prölss hat sich für eine Beweislastverteilung im Schadensersatzrecht nach Gefahrenbereichen ausgesprochen.189 Darin mischen sich prozessuale und materiellrechtliche Überlegungen, nämlich Beweisnähe
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1 A. Blomeyer Zivilprozessrecht2 § 69 III 2b. 180 23002 BGHZ 92, 143, 150. 181 33003 Prütting Gegenwartsprobleme, 260. 182 43004 Spickhoff Gesetzesverstoß, 295. 183 53005 BGH NJW 2003, 1039, 1040 (Abschwächung auf die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten). 184 63006 Stoll FS v. Hippel (1967), 517, 552. 185 73007 BGHZ 123, 311, 313 = NJW 1993, 3259, 3260; BGH NJW 1998, 1860, 1863; BGH NJW 2000,
1263, 1266; BGH NJW 2000, 1572, 1573. Für Berücksichtigung bei der Beweiswürdigung und gegen Schematismus Vollkommer/Heinemann2 Rdn. 686. 186 83008 Prütting Gegenwartsprobleme, 260. 187 93009 Prütting Gegenwartsprobleme, 261. 188 3010 10 Spickhoff Gesetzesverstoß, 295. 189 3011 11 Prölss Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozess, 65 ff; ders. VersR 1964, 901 ff.
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des vermeintlichen Schädigers, Beweisnot des Geschädigten und der Präventivzweck des Haftungsrechts. Gefahrenbereiche sollen der räumlich-gegenständliche Bereich des Schädigers sein, darüber hinausgehend Schadensursachen, die „aus dem Besitzstand des Beklagten hervorgegangen sind“, und sonstige Vorgänge in der Außenwelt, die der Schädiger gegenüber dem Geschädigten zu beherrschen vermag.190 Dieser Lehre ist nicht zu folgen.191 Die Gefahrbereichsabgrenzung ist ebenso vage wie der dahinter stehende generalisierte Gedanke der Beherrschbarkeit. Es fehlt auch die Orientierung an gesetzlichen Bestimmungen, soweit daraus ein durchgängiges Grundprinzip gemacht werden soll. Die räumliche Beherrschung einer Gefahrensphäre darf man nicht von vornherein mit einem besseren Beweiszugang gleichsetzen. Auch innerhalb einer Herrschaftssphäre können sich unkontrollierbare oder unbeobachtete Geschehnisse ereignen. So befindet sich der stationär aufgenommene Patient zwar in der Herrschaftssphäre des Krankenhauses. Sie erstreckt sich aber wie bei ambulanter Behandlung nicht auf die medizinisch-biologischen Vorgänge im menschlichen Körper, soweit diese sich nicht mit Messgeräten erfassen lassen. Hingegen sind die organisatorischen Arbeitsabläufe des Krankenhauses oder einer Arztpraxis und die Funktionsfähigkeit der dort eingesetzten technischen Geräte beherrschbar. So traf eine Klinik zu Recht die Beweislast für die Gründe der bakteriellen Kontamination einer Testlösung, die während ihrer Lagerung im Anschluss an die Zubereitung unsteril geworden war. Die Testsubstanz war vor dem abendlichen Schichtwechsel noch von der Tagesschwester angesetzt worden, deren Dienst um 20.00 Uhr endete. Das Legen der Infusion erfolgte üblicherweise gegen 21.00 Uhr, womit der im Interesse der Sterilität der Lösung einzuhaltende knappe Zeitrahmen zu sehr ausgedehnt wurde.192 Ebenso hat der BGH auf die Verursachung von Hautschäden durch ein Bestrahlungsgerät infolge Abgabe einer überhöhten Strahlendosis § 282 BGB a.F. angewandt und würde dies mit § 280 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. ebenfalls tun.193 Gefahrenkreise können sich zudem überschneiden.194 Das Unfallopfer, das auf Glatteis gestürzt ist, kann für die Witterungslage ungeeignetes Schuhwerk getragen haben oder sich unangepasst bewegt haben. Nicht ohne Berechtigung ist daher gefordert worden, dass zum Aufenthalt in einem fremden Gefahrenbereich ein zusätzlicher Anhaltspunkt hinzutreten müsse, um dem Gefahrenbereichsverantwortlichen das Beweisrisiko aufzuerlegen, und dass dieser Anhaltspunkt in einem verkehrswidrigen Zustand innerhalb seines Organisationsbereichs bestehe.195 Soweit sich allerdings der Gesetzgeber dieser Theorie als Motiv für eine eigene Beweislastverteilung bedient, wie dies bei § 280 Abs. 1 S. 2 und § 309 Nr. 12a BGB geschehen ist, kommt es nur auf die gesetzlichen Festlegungen an. Die Begrenzung der beweisrechtlichen Verantwortung für einen Herrschaftsbereich kann auch auf materiellrechtlichen Gründen beruhen. In den Fällen der Nachstreupflicht und des Blitzeises (oben V 4 b Rdn. 99 f.) trifft die Räum- und Streuverantwortung zwar auch im weiteren Tagesverlauf den Verkehrssicherungspflichtigen. Gleichwohl ist es ihm nicht zumutbar, bei gefährlichen Witterungslagen seinem Arbeitsplatz fernzubleiben, um im Falle eines eventuellen späteren Unfalls darlegen 190 3012
1 Prölss Beweiserleichterungen, 83 f. 3013 2191 Prütting Gegenwartsprobleme, 225 ff; Spickhoff Gesetzesverstoß, 289 f. Einschränkender Stein/ Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 74 und 116 Fn. 245. 192 33014 BGH NJW 1982, 699, 670.
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BGH VersR 2007, 1416 (Nichtzulassungsbeschluss). 194 3016 5 Musielak Grundlagen der Beweislast, 172. 195 63017 Musielak Grundlagen der Beweislast, 173.
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und beweisen zu können, von welchem Zeitpunkt an er auf das veränderte Wettergeschehen zur reagieren hatte. Bei der Unterteilung von Gefahrenbereichen können versteckt Wahrscheinlichkeitserwägungen Bedeutung erlangen. So mag die Neigung bestehen, einer Partei deshalb die Beweislast aufzuerlegen, weil eine abstrakte Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die Ursache eines Schadens aus ihrer Sphäre stammt. Dies sagt aber erstens wiederum nichts über die Beweisnähe aus und zweitens besteht die Gefahr einer unbewussten Doppelberücksichtigung des Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkts. Das Augenmerk ist daher streng auf die Frage zu richten, ob eine Partei auf Grund der tatsächlichen Beherrschung eines räumlichen Bereichs, mit der oft der Ausschluss Dritter aus eben dieser Sphäre einhergeht, eine deutlich erleichterte oder möglicherweise sogar ausschließliche Möglichkeit des Zugriffs auf bestimmte Beweismittel hat. e) Negativbeweis. Der Gesetzgeber pflegt den Beweis von Negativa zu vermeiden, woraus sich gleichwohl kein Kriterium der Beweislastverteilung ableiten lässt,196 auch wenn diese Überlegung in der Grundregel mitenthalten ist.197 Das Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen ist grundsätzlich schwieriger als der positive Nachweis einer Tatsache. Der Negativbeweis gelingt nur mittelbar durch den Beweis gegenläufiger Tatsachen, die nicht feststellbar wären, wenn die Tatsache vorläge, deren Nichtvorliegen zu beweisen ist.198 Der Beweis negativer Tatsachen ist nicht stets zu vermeiden, insbesondere wenn es um den Inhalt einer vermissten Aufklärung oder Beratung geht. Die Prozesssituation wird durch eine Modifizierung der Darlegungslast bewältigt. Hingegen kehrt sich die Beweislast nicht um.199 Die darlegungsbelastete Partei darf sich zunächst mit der Behauptung der negativen Tatsache begnügen. Anschließend obliegt es der Gegenpartei, im Rahmen des Zumutbaren200 substantiierte Gegenbehauptungen mit widerlegenden Umständen aufzustellen. Aufgabe der primär beweisbelasteten Partei ist es dann, die Unrichtigkeit der Gegenbehauptungen zu beweisen.201 Dies gilt etwa für die Rechtsgrundlosigkeit einer Leistung, die der Bereicherungsgläubiger als Kläger zurückfordert.202 Der Leistungsempfänger muss zu möglichen Behaltensgründen vortragen. Sie hat der Gläubiger dann auszuräumen. Weitere abstrakt-theoretisch denkbare Behaltensgründe werden ignoriert, weil sie keinen Bezug zum Prozessstoff haben.203 Will der Käufer – um ein weiteres Beispiel zu nennen – den Grundstückskaufvertrag nach § 123 BGB anfechten, weil ihm eine Kontaminierung verschwiegen wurde, ist es Sache des Käufers, den gesamten Arglisttatbestand dazulegen und zu beweisen. Dem genügt er aber bereits dadurch, dass er die vom Verkäufer vorzutragende konkrete, nämlich räumlich, zeitlich und inhaltlich spezifizierte Aufklärung widerlegt.204 Auf die Widerlegung des substantiierten Vortrags der Gegenpartei für das Positive kommt es auch an, wenn der Anleger nach misslungenen Warentermingeschäften die Verluste über § 826 BGB ausgeglichen sehen möchte, weil er vom Vermittler nicht ausreichend über die Geschäftsrisiken aufgeklärt worden sein soll.205 Soll die Finanz196 3018
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Prütting Gegenwartsprobleme, 259; Leipold Beweislastregeln, 47. 2 Prütting Gegenwartsprobleme, 259. 198 33020 Vgl. BGH NJW 2003, 1039; Rosenberg Beweislast5 331 mwN. 199 43021 BGH NJW 1985, 1774, 1775. 200 53022 BGH NJW-RR 1993, 746, 747 = GRUR 1993, 572, 574 – fehlende Lieferfähigkeit. 201 63023 BGH NJW 1987, 1322, 1323; BGH NJW 1987, 197 3019
2008, 2009; BGH NJW-RR 1990, 1422, 1423; BGH NJW-RR 1993, 746, 747; BGH NJW 1999, 579, 580; BGH NJW 2006, 1429, 1430. 202 3024 7 BGH NJW 2003, 1039 (dort: Geldleistung als Anzahlung für gescheiterten Kauf einer Eigentumswohnung oder als Mietvorauszahlung). 203 83025 BGH NJW 2003, 1039, 1040. 204 93026 BGH NJW 2001, 64, 65. 205 3027 10 BGHZ 105, 108, 115 = NJW 1988, 2882, 2884.
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hilfe eines Gesellschafters für seine GmbH als eigenkapitalersetzend qualifiziert werden, muss die Krise der Gesellschaft wegen Kreditunwürdigkeit vom Insolvenzverwalter bewiesen werden. Dafür muss er den konkreten Vortrag des Gesellschafters widerlegen, welche Vermögensgegenstände die (spätere) Gemeinschuldnerin noch als Kreditsicherheiten hätte anbieten können bzw welche stillen Reserven noch aufgedeckt werden konnten.206 Die Sachlage beim Beweis negativer Tatsachen weist eine große Schnittmenge mit den Fällen sekundärer Darlegungslasten auf.207 Häufig betreffen die Fälle, die unter dem Stichwort der sekundären Darlegungslast erörtert werden, den Beweis negativer Tatsachen.208 Beide Sachlagen decken sich aber nicht, u.a. deshalb, weil die Beweislosigkeit ebenfalls abgedeckt ist209 und weil Kriterien des Tatsachenwissens und der Zumutbarkeit nicht identisch gehandhabt werden müssen.210 Die Fälle der sekundären Behauptungslast sind nicht auf den Beweis negativer Tatsachen beschränkt.211 f) Parteistellung. Die Parteistellung ist für die Beweislastverteilung irrelevant. Dieses Ergebnis ist unbestritten.212 Statt dessen kommt es auf die materielle Rechtslage an, wie das Verhältnis von Leistungsklage zu negativer Feststellungsklage zeigt.213 Der Erbe rückt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht nur in die materiellrechtliche sondern auch in die beweisrechtliche Position des Erblassers ein, so dass für ihn dieselbe Beweislastverteilung gilt, wie sie für den Erblasser gegolten hätte.214 Die Abtretung eines Anspruchs stellt sich für den Zedenten als eine rechtsvernichtende Tatsache dar, für den Zessionar hingegen als eine rechtsbegründende;215 die prozessuale Rollenverteilung ist unerheblich. Die materiellrechtliche Rollenverteilung ist auch für hypothetische Inzidentprozesse maßgebend, die den Schadenseintritt beim Regress des Mandanten gegen den Anwalt zum Gegenstand haben. Zur Klärung der Frage, ob der Mandant im Vorprozess bei pflichtgemäßem Verhalten seines Rechtsanwalts obsiegt hätte und ihm somit ein Schaden entstanden ist, rückt der Anwalt in die beweisrechtliche Stellung des Prozessgegners des Vorprozesses ein, während der Mandant dieselben Darlegungs- und Beweislasten trägt, wie im Vorprozess. Der Mandant soll im Haftungsprozess nicht schlechter stehen als in dem betreffenden Vorprozess.216 Die Beweislastverteilung ergibt sich somit in beiden Fällen auf Grund der materiellrechtlichen Rollenverteilung: Im Vorprozess gilt dies auf Grund der bereits dargelegten Erwägungen; im Haftungsprozess folgt es aus der Position des Mandanten als Anspruchsteller des Haftungsan-
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BGH NJW 1997, 3171, 3173; BGH NJW 1998, 1143, 1144. 207 3029 2 Teilweise verweisen Entscheidungen zur Behauptung negativer Tatsachen auf Entscheidungen, die sich mit der sekundären Behauptungslast befassen: BGH NJW-RR 1994, 1068, 1069 – Malibu verweist auf BGH NJW 1962, 2149, 2150 – Bärenfang, zugleich aber auf BGH NJW-RR 1993, 746, 747 – fehlende Lieferfähigkeit. Als zwei verschiedene Fallgruppen mit identischer Rechtsfolge behandelt sie Musielak Grundlagen der Beweislast, 54. 208 3030 3 Z.B. BGH NJW 2005, 2395, 2397; BGH NJW 1962, 2149, 2150 – Bärenfang. BGH NJW 1961, 826, 828. 209 43031 So in BGH NJW 2003, 1039, 1040 (li. Sp. unten).
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Vgl. BGH NJW 2003, 1039, 1040 (dort: Erbe als Bereichungsschuldner ohne eigenes Wissen). 6 Vgl. BGH NJW 2005, 2614, 2615 f; BGHZ 145, 170 ff; BGH NJW 1990, 3151 ff; BGHZ 100, 190, 195 f = NJW 1987, 2008; BGH NJW 1987, 1201. 212 3034 7 Vgl. BGH NJW 1993, 1716, 1717; Stein/Jonas/ Leipold22 § 286 Rdn. 58. 213 83035 BGH NJW 1993, 1716; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 58. 214 93036 Vgl. BGH NJW-RR 1994, 323. 215 3037 10 Vgl. BGH NJW-RR 1994, 323. 216 3038 11 Vgl. BGHZ 30, 226, 231 f; BGH NJW-RR 2004, 1649; BGH NJW 2000, 730, 732; BGH NJW 1988, 3013, 3015; BGH NJW 1987, 3255; Borgmann/Jungk/Grams Anwaltshaftung4 § 46 Rdn. 37 (S. 337); Vollkommer/Heinemann Anwaltshaftungsrecht2 Rdn. 659. 211 3033
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spruchs und somit eines anderen Anspruchs als desjenigen, der im Ausgangsverfahren geltend gemacht worden ist. Ob er den Haftungsanspruch – wie in aller Regel – als Kläger geltend macht, oder ihn als Beklagter einer Honorarforderung des Anwalts im Wege der Aufrechnung entgegenhält, ist für die Beweislastverteilung unerheblich. 3. Materiellrechtliche Kriterien a) Förderung materiellrechtlicher Zielsetzungen. Wertungen des materiellen Rechts können zugleich einen Sachgrund für die Beweislastverteilung enthalten. Diese Möglichkeit folgt generell aus der dienenden Funktion des Prozessrechts für das materielle Recht. Die Handhabung des Prozessrechts darf die Zwecke des materiellen Rechts nicht vereiteln. Sie kann auch dazu beitragen, materiellrechtliche Wertungen zu verstärken. Wegen der Vielfalt der Zwecke des materiellen Rechts lassen sich daraus aber keine generalisierenden Prinzipien ableiten.217 Unrichtig wäre es etwa, im Haftungsrecht den Grundsatz „casum sentit dominus“218 nicht auch als Ausgangspunkt der Beweislastverteilung zu akzeptieren;219 der Träger eines Rechtes oder Rechtsgutes hat die erlittene Einbuße so lange zu tragen, wie nicht aus besonderem materiellrechtlichen Zurechnungsgrund eine Schadensabnahme durch den Verletzer angeordnet wird. Ebenso dürfen besondere gesetzliche Risikoverteilungen nicht beweisrechtlich konterkariert werden.220 Nachfolgend genannte Kriterien habe nur Beispielscharakter.
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b) Verkehrsschutz, Erleichterung des Rechtsverkehrs. Der Gedanke des Verkehrsschutzes und der damit verbundenen Förderung des Rechtsverkehrs wirkt sich in zahlreichen gesetzlichen Normen aus, denen eine Beweislastregelung zu entnehmen ist. Sehr klar tritt dies in den Regelungen über den gutgläubigen Erwerb hervor;221 nicht der Erwerber hat seinen guten Glauben darzulegen und zu beweisen, sondern der am Scheitern des Rechtserwerbs Interessierte den bösen Glauben des Erwerbers. Auf Beweismöglichkeiten wird dabei keinerlei Rücksicht genommen.222
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c) Gefahrerhöhung. Naheliegend scheint es zu sein, die durch eine Pflichtverletzung bewirkte Erhöhung der Gefahr einer Rechtsgutverletzung bzw Schädigung auf die Beweislastverteilung mit der Begründung durchschlagen zu lassen, dadurch sei auch das Beweisrisiko zum Nachteil des Geschädigten geschaffen worden.223 Einwenden lässt sich dagegen, dass in derartigen Fällen typischerweise die haftungsbegründende Kausalität umstritten sein wird, deren Unaufklärbarkeit dem Geschädigten nicht schlechthin abgenommen werden darf, wenn der haftungsbegründende Tatbestand nicht faktisch um das Element der Kausalität verkürzt bzw darin eine Kausalitätsvermutung eingefügt werden soll.224 Fragwürdig ist bereits die unausgesprochen aufgestellte generelle Vermutung, eine Beachtung der verletzten Pflicht hätte das nachfolgende Verletzungsgeschehen vermeiden helfen. Das hängt jedenfalls stark vom Inhalt der Pflicht und dem konkreten Gefährdungsgrad ab.
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d) Grobe Berufspflichtverletzungen: Prävention, Kompensation des Beweisrisikos, Billigkeit. Der Präventionsgedanke soll im Haftungsrecht auch die Zuweisung
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Spickhoff Gesetzesverstoß. 292, gegen Wahrendorf Die Prinzipien der Beweislast im Haftungsrecht (dort insbesondere S. 65 ff). 218 3040 2 Dazu Deutsch/Ahrens Deliktsrecht4 Rdn. 1. 219 33041 Spickhoff Gesetzesverstoß, 292. 220 43042 Spickhoff Gesetzesverstoß, 295. 221 53043 Prütting Gegenwartsprobleme, 261; s. auch A. Blomeyer Zivilprozessrecht2 § 69 III 2d.
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6 Prütting Gegenwartsprobleme, 261. 223 73045 Vgl. dazu – zurückhaltend – Deutsch Allgemeines Haftungsrecht2 Rdn. 225. 224 83046 Vgl. dazu Spickhoff Gesetzesverstoß, 293 f. Lediglich Anscheinsbeweis des verkehrspflichtwidrigen Straßenzustandes für Unfallursächlichkeit annehmend BGH NJW 2005, 2454.
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der Beweislast rechtfertigen.225 Dies könnte in der Beweislastumkehr für grobe ärztliche Behandlungsfehler226 mitschwingen.227 Näher liegt dafür aber wohl die Begründung, dem Opfer, dessen Rechtsgut durch die Pflichtverletzung einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt wurde, ein dadurch zugleich geschaffenes Beweisrisiko durch eine Beweislastumkehr abzunehmen. Ob durch das Gewicht des Behandlungsfehlers die Aufklärung des Behandlungsgeschehens erschwert wurde,228 ist bedeutungslos.229 Allerdings muss die beweismäßige Aufklärung ein biologisches Geschehen betreffen, das im Vermeidungsbereich der groben Pflichtverletzung liegt. Nicht ausgeschlossen ist es, die Beweislastumkehr in dieser Situation mit Billigkeitsgesichtspunkten zu rechtfertigen.230 Genannt wird überdies die Beweisnot des Patienten,231 die als Begründung allerdings zu undifferenziert erscheint, weil sie für leichte Fehler gleichermaßen besteht. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass für einzelne Stimmen im Schrifttum das Kriterium der „groben Pflichtverletzung“ einen zweifelhaften Gerechtigkeitswert besitzt.232 Umstritten ist, ob die Beweislastumkehr bei grober Pflichtverletzung als eine Besonderheit des Arzthaftungsrechts zu betrachten ist, oder ob sie auf andere Berufsgruppen und die dortige Beurteilung des Kausalnexus mit dem Schaden auszudehnen ist. Für Verträge mit rechtlichen Beratern hat der BGH die Übertragung auf die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten in einem Grundsatzurteil vom 09.06.1994 abgelehnt.233 Dagegen spreche die Vielgestaltigkeit der Sachverhalte, die der typisierenden Anwendung einer strikten Beweisregel unangemessen sei, die geringere existentielle Bedeutung und die Herkunft der Ereignisse und Überlegungen aus der Lebenssphäre des Mandanten. e) Verantwortung für einen räumlich-gegenständlichen Bereich. Die Verkehrssicherungspflicht bedeutet die Verantwortlichkeit für einen räumlich-gegenständlichen Bereich. Sie umschließt grundsätzlich die Kontrolle in Bezug auf die Beweisbarkeit des ordnungsmäßigen Zustands.234 Hier hat die Gefahrenbereichslehre im Deliktsrecht einen Anwendungsbereich gefunden. 4. Ökonomische Kriterien
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Ungeeignet ist die Berücksichtigung ökonomischer Kriterien. Sie lassen sich nicht mit Sachkriterien wertender rechtlicher Art kombinieren. Deshalb sind wohlfahrtstheoretische Konzeptionen, die im materiellen Recht Informationspflichten demjenigen auferlegen wollen, der sie mit den niedrigsten Kosten beschaffen und aufdecken kann,235 nicht auf die Zuweisung der Darlegungslast und der Beweislast zu übertragen. 225 3047
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Vgl. Prölss Beweiserleichterungen, 76 ff; Wahrendorf Prinzipien der Beweislast, 128; Reinecke Beweislastverteilung, 69 ff. 3048 2226 BGHZ 85, 212, 216 = NJW 1983, 333, 334; BGHZ 107, 222, 228 = NJW 1989, 2318, 2320. 227 33049 So Lange/Schiemann3 Einl. III 2d iVm § 3 XIII 2b. 228 43050 Darauf abstellend BGH NJW 1992, 754, 755 – Mehrfeldbestrahlung; zustimmend Lange/Schiemann3 § 3 XIII 2b bei Fn. 506. 229 3051 5 So richtig BGHZ 159, 48, 53 f = NJW 2004, 2011, 2012; BGH NJW 2007, 2767, 2769, Tz. 25. 230 63052 Vgl. BGH NJW 1971, 241, 243 (zur verschuldeten Erhöhung der Infektionsgefahr im Krankenhaus).
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7 Lange/Schiemann3 § 3 XIII 2b (= S. 168). 232 83054 So Foerste Produkthaftungshandbuch I2 § 30 Rdn. 97. 233 93055 BGHZ 126, 217, 223 f = NJW 1994, 3295, 3298; zustimmend BGH NJW 1997, 1008, 1011; Zugehör/Fischer Anwaltshaftung2 Rdn. 1045. 234 3056 10 Vgl. BGHZ 92, 143, 151 – Kupolofen zur erforderlichen Kontrolle der Einhaltung unschädlicher Emissionswerte. 235 3057 11 Vgl. dazu Leistner Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb (2007), 82 (in Auseinandersetzung mit Posner Economic Analysis und dessen Konzept des cheapest cost avoider).
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5. Umkehr der Beweislast durch Rechtsfortbildung Der Begriff der Beweislastumkehr wird unterschiedlich gebraucht.236 Gemeint sein kann ein Ausfüllen der Grundregel durch die Qualifizierung einer Tatsache als rechtshindernd. Die gesetzliche Beweislastverteilung wird dann nicht richterrechtlich korrigiert. Sie ist von vornherein nicht anders verteilt; allenfalls besteht der Anschein einer Abweichung von der Grundregel. Gemeint sein kann auch der Wechsel der konkreten Beweisführungslast in der jeweiligen prozessualen Situation. In diesem Fall ist die objektive Beweislast gar nicht betroffen. Schließlich betrifft der Terminus die richterrechtlich begründete Abweichung von einer durch gesetzliche Beweislastnormen oder in sonstiger Weise vorgegebenen Beweislastverteilung. Nur insoweit sollte von Beweislastumkehr gesprochen werden. Es handelt sich dann um eine abstrakt-generelle Entscheidung, nicht um eine Beweislastumkehr im Einzelfall. Als richterrechtliche Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben müssen die für eine Rechtsfortbildung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sein.237 Kritisiert wird vereinzelt, dass in der Vergangenheit nicht immer auf eine methodische Rechtfertigung geachtet worden sei und erst das Erstarken einer Regel zum Gewohnheitsrecht die Akzeptanz begründet habe.238 Beispiele für die dritte Gruppe sind die Produzentenhaftung, die Haftung für (Immissionsschäden an beweglichen Sachen wie im Kupolofenfall,239 die grobe Verletzung von Berufspflichten, die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten und die Beweisvereitelung. Dabei kann die Orientierung an einer anderen, spezialgesetzlichen Beweislastverteilung Argumentationshilfe geben, wie dies im Kupolofenfall praktiziert worden ist; dort wurde die gesetzgeberische Aussage in § 906 Abs. 1 S. 2 BGB zur Pflichtenstellung des Emittenten herangezogen, der die Darlegungs- und Beweislast u.a. dafür trägt, dass die schädlichen Emissionen durch mögliche und zumutbare Maßnahmen nicht verhindert werden konnten.240 Allerdings mischte sich dieses Argument mit der Parallelisierung zur Produzentenhaftung.241
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6. Beweislastverträge Die Verteilung der Beweislast kann Gegenstand einer Parteivereinbarung sein.242 Ein derartiger Vertrag ist Annex desjenigen Tatbestandes, dessen Anwendung durch den Vertrag beeinflusst wird.243 Er ist also materiellrechtlicher Natur, wenn der Tatbestand dem materiellen Recht zuzuordnen ist. Der Beweislastvertrag ist kein prozessualer Beweisvertrag (dazu § 286 II 6 Rdn. 46).244 Wirksam ist die Vereinbarung, soweit den Parteien im Rahmen der Privatautonomie245 eine Verfügungsbefugnis zusteht. Beweislastvereinbarungen dürfen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach dem Klauselverbot des § 309 Nr. 12 BGB nicht 236 3058
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Dazu Musielak Grundlagen der Beweislast, 132 f; Prütting Gegenwartsprobleme, 21 f. 237 3059 2 Ebenso MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 128; Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 34 ff. 238 33060 Vgl. Prütting Gegenwartsprobleme, 22 f und MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 128. 239 43061 BGHZ 92, 143. 240 53062 BGHZ 92, 143, 147 f. 241 63063 BGHZ 92, 143, 150 f.
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G. Wagner Prozessverträge, 697; A.Blomeyer ZPR2 § 70 IV 3. 8 G. Wagner Prozessverträge, 697 mit Hinweis auf ältere abweichende Ansichten; Leipold Beweislastregeln, 67 ff, 70, 73 f; Musielak Grundlagen der Beweislast, 26 ff, 30; Prütting Gegenwartsprobleme, 175 ff, 178; Rosenberg Beweislast, 80. 3066 9244 Baumgärtel Prozesshandlung, 249 f; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 166. 245 3067 10 A. Blomeyer ZPR2 § 70 IV 3. 243 3065
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unter Änderung einer gesetzlichen oder richterrechtlichen Regel zum Nachteil des Vertragspartners eines AGB-Verwenders getroffen werden.246 Die Regelung wird auch auf Verträge zwischen Unternehmern angewandt.247 Zurückführen lässt sich das Klauselverbot auf Rechtsprechung aus der Zeit vor der Entstehung des AGB-Gesetzes, das bis zur Einarbeitung seiner materiellen Normen in das BGB durch die Schuldrechtsreform von 2001 gegolten hat. Sie hat Klauseln als nichtig angesehen, die dem Vertragspartner die Beweislast für Umstände im Verantwortungsbereich des Verwenders aufbürdeten.248 Das Klauselverbot gilt heute nicht nur für ausdrückliche vertragliche Regelungen der Beweislast, sondern ebenso für Tatsachenbestätigungen, die de facto eine Beweislastverschiebung zugunsten des Verwenders bewirken. Individualvereinbarungen mit Beweislastverschiebung kann im Einzelfall § 242 BGB entgegenstehen.249 In die richterliche Beweiswürdigung wird mit der Zulassung von Beweislastverträgen nicht eingegriffen.250 Zu Verträgen über den Anscheinsbeweis251 s. § 286 III 1 f Rdn. 63.
VIII. Beweislastverteilung in Einzelnen ausgewählten Rechtsgebieten 1. Beweislastumkehr für Verkehrspflichtverletzungen
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Die Rechtsprechung zur Produzentenhaftung und der mit der Hühnerpest-Entscheidung begründeten Entscheidungslinie belegt beispielhaft, wie die Umkehr der Beweislast für das „Verschulden“ zu verstehen ist. Begründet worden ist damit der Zwang für den Hersteller, sich zu entlasten, dass weder ein Konstruktionsfehler252 noch ein Fabrikationsfehler253 die unfallursächliche Unsicherheit des Produkts hervorgerufen hat. Entlasten muss sich der Hersteller ferner dafür, dass notwendige Informationen als Grundlage für Gefahrenwarnungen zu den relevanten Zeitpunkten – Inverkehrgabe oder später – nicht vorhanden waren oder durch evtl. erforderliche Produktbeobachtungen nicht zu gewinnen waren. Die Beweislastumkehr bezieht sich nicht nur auf das Verschulden im engeren Sinne, sondern auch auf die Verkehrspflicht als Element des tatbestandsmäßigen Verhaltens.254 Die konstituierenden Elemente der Verkehrspflichtverletzung sind des weiteren in rechtsbegründende und rechtshindernde Elemente aufgespalten worden,255 wobei Terminologie und Gliederungsgepflogenheiten der strict liability des US-Rechts trotz anderen systematischen Ansatzes Anklang gefunden haben, was zugleich den trennenden Graben zum europäischen Produkthaftungsrecht zugeschüttet hat. Ungeachtet der Beweislastumkehr ist der Geschädigte verpflichtet, die Verkehrswidrigkeit des Produkts, nämlich dessen Sicherheitsdefizit, darzulegen und zu beweisen.256 Etwaige Beweiserleichterungen werden hier nur durch Anwendung eines 246 3068
1 Vgl. dazu BGH NJW-RR 2005, 1498. 247 23069 BGHZ 164, 196. 248 33070 BGHZ 41, 151, 155; BGH DB 1974, 1283. 249 43071 Musielak/Foerste 6 § 286 Rdn. 61. 250 53072 G. Wagner Prozessverträge, 698, s. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 10. 251 63073 Dazu G. Wagner Prozessverträge, 694 f. 252 73074 BGH VersR 1971, 80, 82 – Bremsen III; BGH NJW 1977, 379, 380 – Schwimmerschalter.
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BGHZ 51, 91, 107 = NJW 1969, 269 mit Anm. Diederichsen = JZ 1969, 387 m. Anm. Deutsch. 9 BGHZ 80, 186, 197 = NJW 1981, 1603, 1605 – Derosal I; BGH NJW 1996, 2507, 2508 – Chefbüro. 255 3077 10 Dazu Foerste in: Produkthaftungshandbuch I2 § 30 Rdn. 18 f. 256 3078 11 BGH NJW 1969, 269, 274 – Hühnerpest; BGHZ 80, 186, 196 = NJW 1981, 1603, 1605 – Derosal I; BGH NJW 1996, 2507, 2508 – Chefbüro. 254 3076
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Anscheinsbeweises gewährt. Ferner muss der Geschädigte beweisen, dass der Sicherheitsmangel im Organisations- und Gefahrenbereich des Herstellers entstanden ist, also nicht erst auf ein Ereignis nach der Inverkehrgabe zurückzuführen ist und dass das Produkt vom beklagten Hersteller stammt.257 Transportschäden, Sabotageakte, Produktfälschungen, Wartungs- und Reparaturfehler und Fehlgebrauch können aus der Herstellerverantwortung ausgegrenzt werden, sofern nicht anderstypische Pflichtverletzungen, etwa zur Befunderhebung, verletzt worden sind. Der Hersteller hat darzulegen und zu beweisen, dass das Sicherheitsdefizit nicht auf ein ihm zurechenbares Fehlverhalten zurückzuführen ist, also weder eine fehlerhafte Konstruktion, Fabrikation oder Instruktion verletzungsursächlich geworden ist.258 Damit widerlegt er den Schluss auf ein rechtswidriges Handeln.259 Dabei kann er auf die Beachtung ausreichender Qualitätssicherungssysteme zurückgreifen. Außerbetriebliche Umstände betreffen den Erkenntnisstand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Inverkehrgabe, durch den die Haftung für Entwicklungsfehler ausgegrenzt wird. Insoweit wird im Schrifttum gegen eine Entlastungspflicht opponiert, u.a. weil der Geschädigte einen gleichen Zugang zu den Wissensmöglichkeiten habe.260 Immerhin hat aber der Hersteller Anlass, sich nicht ohne Recherchen auf eine ihm in den Voraussetzungen unzureichend bekannte Produktion einzulassen; es schwingt also der Gedanke des Übernahmeverschuldens mit, nämlich des Verfehlens eines beruflichen Standards von Anfang an. Dies entspricht der Beweislastumkehr bei der Haftung für Instruktionsfehler im Zeitpunkt der Inverkehrgabe. Nach Inverkehrgabe notwendig werdende Instruktionen beruhen auf Gefahrwissen, das entweder ein Insiderwissen des Herstellers ist oder das allgemein zugänglich ist. Der BGH kehrt nur im ersten Fall die Beweislast um.261 Entsprechendes gilt wohl auch für die Pflicht zur Beobachtung des eigenen Produkts am Markt mit der Reaktion durch Produktrückruf.262 In jedem Falle des fehlenden Gefahrhinweises verlangt der BGH also wohl die Darlegung eines spezifischen Sicherheitsmangels. Weniger diffizil ist die Rechtslage beim ärztlichen Behandlungsfehler. Der Patient muss die Abweichung vom medizinischen Standard beweisen. Die Behandlungsseite, also Arzt bzw Krankenhausträger, kann dann entlastend darlegen und beweisen, dass Befundtatsachen eine Abweichung vom Standardvorgehen erlaubten oder notwendig machten.263 Anderes gilt nur bei voll beherrschbaren Risiken; sie betreffen vor allem Defizite bei Organisations- und/oder Koordinierungsaufgaben.264 Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass es dem Geschädigten nicht abgenommen werden kann, einen verkehrswidrigen Zustand darzulegen und zu beweisen, der gewissermaßen als „Anfangsbeweis“ einer Pflichtverletzung anzusehen ist.
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2. Die Beweislastverteilung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB a) Aufhebung des Gleichlaufs von Darlegungs- und Beweislast? Die Neufassung der Beweislastregelung zu § 280 BGB durch die Schuldrechtsreform von 2001 hat 257 3079
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Dazu Foerste a.A.O. § 30 Rdn. 30 ff, § 37 Rdn. 12. 258 3080 2 Beispiele bei Foerste a.A.O. § 30 Rdn. 53. 259 33081 Foerste a.A.O. § 30 Rdn. 52. 260 43082 Foerste a.A.O. § 30 Rdn. 57 mwN. 261 53083 BGH NJW 1981, 1603, 1605 f – Derosal I; BGH NJW 1981, 1606, 1608 – Benomyl. Wegen unzureichender Abgrenzung der Sphären kritisch Foerste a.A.O. § 30 Rdn. 80.
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Vgl. dazu BGHZ 99, 167, 175 ff – Honda-Lenkverkleidung. Kritisch dazu Foerste a.A.O. § 30 Rdn. 88 f. 263 3085 7 BGH NJW 1999, 1778, 1779 = VersR 1999, 716, 717; Geiß/Greiner5 Rdn. B 200. 264 83086 Dazu – m. Nachw. älterer Rspr. – BGH VersR 2007, 847 f, Tz. 11; Geiß/Greiner5 Rdn. B 200 a.E.
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Diskussionen ausgelöst. So wird erörtert, ob lediglich die eigentliche Beweislast auf den Schuldner verlagert wird, die Darlegungslast hingegen beim Gläubiger verbleibt.265 Das wäre trotz des Umstandes ungewöhnlich, dass § 280 BGB von der Grundregel abweicht. Auch bei der Vorläufervorschrift des § 282 BGB a.F. sind Darlegungslast und Beweislast getrennt behandelt worden. § 282 BGB a.F. galt seinem Wortlaut nach nur für die Kausalität und ist richterrechtlich auf das Vertretenmüssen erstreckt worden. Nur scheinbar hatte der Schadensersatzgläubiger nach der Fassung des § 280 BGB a.F. zum Vertretenmüssen vortragen müssen; es handelte sich in Wirklichkeit auf Grund der richterrechtlichen Ausdehnung des § 282 BGB a.F. um ein rechtshinderndes Tatbestandsmerkmal. Eine Ausnahme für die Darlegungslast wurde nur vereinzelt bei Beschränkung der Haftung auf Vorsatz vertreten,266 was z.T. heute fortgeschleppt wird.267 Wenn man den Gläubiger die Darlegungslast für Vorsatz tragen lassen will, lässt sich dies nur mit der Vermeidung von Schwierigkeiten des Schuldners beim Beweis negativer Tatsachen rechtfertigen. b) Erfolgsbezogene und verhaltensbezogene Pflichtverletzungen. Ein zweiter Problemkreis ist dadurch eröffnet worden, dass § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht dieselbe Flexibilität zu besitzen scheint, wie sie die analoge Anwendung des § 282 BGB a.F. erlaubt hatte. Das wirkt sich bei der Beurteilung von Pflichtverletzungen aus, die innerhalb von Vertragsbeziehungen ohne erfolgsbezogenes Leistungsprogramm relevant werden. Verdunkelt wird die Reichweite der Gesetzgebung durch das vieldeutige Kriterium der vertraglichen Pflichtverletzung und die verbale Abtrennung des Vertretenmüssens. Unklar ist, was im Bereich der Fahrlässigkeitshaftung der Pflichtverletzung und was dem Vertretenmüssen zuzuordnen ist.268 Unbrauchbar ist auch die Starrheit der Regelung. Im Abschlussbericht der Schuldrechtskommission wurde eine begriffliche Rückkehr von der Haftung für Nichterfüllung nach dem Vorbild des EKG, wie sie Huber als Reform vorgeschlagen hatte, zum traditionellen System der Haftung für Pflichtverletzung vollzogen.269 Dabei ist es im Gesetzgebungsverfahren ebenso geblieben wir bei der Art der Beweislastformulierung, gegen die der Bundesrat Bedenken geltend gemacht hatte.270 Die Schuldrechtskommission sah in der später Gesetz gewordenen Regelung ein Aufgreifen des damals geltenden Rechts in Bezug auf die positive Forderungsverletzung, nannte aber die Arzthaftung als Beispiel für Ausnahmen. Für eine gesetzliche Regelung der Ausnahmen sah die Kommission „zumindest derzeit“ keine Möglichkeit.271 So muss nun der Zentraltatbestand der Pflichtverletzung vom Gläubiger bewiesen werden, das Vertretenmüssen und somit in erster Linie die Fahrlässigkeit des § 276 Abs. 2 BGB vom Schuldner, so als ob darin keine Schuldnerpflichten steckten.272 Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung zur Bundesratsstellungnahme die Beweislastumkehr nur vage mit der Verantwortung des Schuldners für „seinen Bereich“ gerechtfertigt; die Beweislast solle in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung „nach Gefahren- und Verantwortungsbereichen“ verteilt werden.273 3087 1265 Dazu Staudinger/Otto (2004) § 280 Rdn. D 3; er stellt den Gleichlauf dadurch her, dass er § 280 Abs. 1 S. 2 als „materiellen Haftungsausschlussgrund“ qualifiziert; ihm folgend Ziegelmeier JuS 2007, 701 f. 266 3088 2 MünchKomm-BGB/Emmerich2 § 282 Rdn. 11; a.A. Soergel/Wiedemann12 § 282 Rdn. 14. 267 33089 MünchKomm-BGB/Ernst5 § 280 Rdn. 35.
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268 3090 4 Zu möglichen Deutungen Deutsch/Spickhoff Medizinrecht6 Rdn. 176 ff. 269 53091 Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts (1992) S. 130. 270 63092 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 14/ 6857 S. 12. 271 73093 Abschlussbericht S. 130. 272 83094 Vgl. die Kritik von Deutsch AcP 202 (2002), 889, 898.
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Beweislastregeln dürfen nicht den Zweck von materiellrechtlichen Regelungen vereiteln; durch ihre Anwendung darf keine Erfolgshaftung bewirkt werden, die nach materiellem Recht nicht besteht. Beim ärztlichen Behandlungsvertrag ist gesicherte Erkenntnis, dass für den Eintritt des medizinischen Behandlungserfolges nicht gehaftet werden soll. 274 Auch bei anderen Dienstleistungen, etwa von Rechtsund Steuerberatern, wird in der Regel nicht ein Erfolg geschuldet, sondern sind nur „gute Dienste“ zu erbringen .275 Allerdings wird § 280 Abs. 1 S. 2 BGB im Arzthaftungsrecht angewandt, soweit das Risiko aus dem Bereich sachgerechter Organisation und Koordination des Behandlungsgeschehens einschließlich der Gerätesicherheit und der Hygienegewähr stammt; diese Risiken werden als voll beherrschbar angesehen.276 Die Beweislastumkehr ist dann aber auf die Annahme eines objektiven Fehlers und des Verschuldens beschränkt, ergreift hingegen nicht die haftungsbegründende Kausalität,277 also die medizinisch-biologische Auswirkung. Über das sachgerechte Ergebnis besteht Einigkeit. Wie es bewirkt werden kann, ist noch unzureichend geklärt. Gelegentlich ist daran gedacht worden, den Wortlaut des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB durch eine teleologische Reduktion zu korrigieren.278 Das hätte allerdings zur Voraussetzung, dass der Wortlaut einer Einschränkung bedürfte, was nicht der Fall ist. Eine andere Auffassung geht dahin, die Beweislast für das Fehlen einer objektiven Pflichtverletzung und das Fehlen ihrer Ursächlichkeit sei auch weiterhin gesetzlich nicht geregelt.279 Vorzugswürdig ist folgende dogmatische Erklärung: Die objektive vertragliche Pflichtverletzung des § 280 Abs. 1 S. 1 BGB und das Vertretenmüssen nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB sind im übergreifenden Begriff der „zu vertretenden Pflichtverletzung“ zusammenzuziehen280 und dann für Beweislastzwecke in gleicher Weise in rechtsbegründende und rechtshindernde Einzelelemente richterrechtlich zu zergliedern wie die deliktische Verkehrspflicht; die für § 282 BGB a.F. behaupteten strukturellen Unterschiede zum Deliktsrecht281 sind nicht existent. Die Pflichtverletzung hat generalklauselartige Weite. Sie ist mal bloßer Nichteintritt eines Vertragserfolges, etwa wegen Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes, mal echte vorwerfbare Nichtbeachtung einer vertraglichen Verhaltenspflicht, so bei der Nacherfüllungspflicht, die aber immerhin noch auf einen Erfolg bezogen ist. Schließlich gibt es Abweichungen von einem Verhaltensprogramm, das – so bei Dienstleistungen – von vornherein nicht von einem vertraglich definierten Erfolg her gedacht wird. Der Begriff der schadensersatzbewehrten Pflichtverletzung ist Oberbegriff für näher zu konkretisierende Abweichungen vom vertraglichen Leistungsprogramm ein273 3095
1 BT-Drucks. 14/6857 S. 49. 274 23096 Zum Ergebnis Geiß/Greiner5 Rdn. B 213 f. Zum verbotenen Rückschluss vom Behandlungserfolg auf ein pflichtwidriges ärztliches Verhalten und zur Nichtanwendung des § 282 BGB a.F. BGH NJW 1978, 1681 = VersR 1978, 542, 543; BGH NJW 1978, 584; Deutsch/Spickhoff Medizinrecht6 Rdn. 168, 174; Lange/Schiemann Schadensersatz3 § 3 XIII 2 (= S. 167). 275 33097 Dazu Borgmann/Jungk/Grams Anwaltshaftung4 § 43 Rdn. 8; Vollkommer/Heinemann 2 Rdn. 669; Zugehör Beraterhaftung nach der Schuldrechtsreform Rdn. 169. 276 43098 Geiß/Greiner5 Rdn. B 214 und B 238 f. 277 53099 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.1.2005 – 8 U 18/04 – mit Nichtzulassungsbeschluss des BGH v.
22.11.2005 – VI ZR 30/05, zitiert nach Geiß/ Greiner5 Rdn. B 239. 6 So Deutsch AcP 202 (2002), 889, 896; Rolland in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland Das neue Schuldrecht (2002), Kap. 1 Rdn. 24; Katzenmeier VersR 2002, 1066, 1968; Keilmann JbJZivRW 2005, S. 209, 225 f; ablehnend Spickhoff NJW 2002, 2530, 2532. 279 73101 So Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 119. 280 3102 8 So auch beiläufig Zugehör/Fischer, Anwaltshaftung Rdn. 1100 („einheitliche Haftungsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch wegen einer zu vertretenden Pflichtverletzung“). 281 93103 Stein/Jonas/Leipold21 § 286 Rdn. 86a (bei Fn. 212); s. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald § 114 Rdn. 18 a.E. 278 3100
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schließlich der Gewährleistungshaftung, also für die Verletzung einer Vielzahl von Pflichtinhalten.282 Er umschließt das Einstehenmüssen für das dauernde oder vorübergehende qualitative oder quantitative Ausbleiben der Leistung, für behebbare und nicht behebbare Sach- oder Rechtsmängel, gleich ob sie bei Vertragsschluss vorhanden waren oder später eingetreten sind, und für die Vertragsabweichung beim Erfüllungsversuch sowie für das Fortbestehen der Abweichung trotz Nacherfüllungsbemühungen.283 Das Rechtsfolgensystem stellt sodann differenzierte zusätzliche Anforderungen. Auf das heterogene Pflichtenprogramm ist das Vertretenmüssen der Pflichtverletzung bezogen.284 Erst damit wird fixiert, ob der Schuldner für ein Hindernis der Leistungserbringung einzustehen hat. Hindernisse können ihre Ursache nicht nur im einen Verhalten des Schuldners haben, sondern auch im Verhalten Dritter oder in natürlichen Gründen, wofür der Schuldner nur begrenzt einzustehen hat, wenn er nicht eine Garantie abgegeben hat.285 Es geht um den Inhalt von Sorgfaltsanforderungen, die der Schuldner oder seine Erfüllungsgehilfen zu erfüllen haben, etwa um Nachforschungen zur Lieferfähigkeit oder um die stichprobenweise Untersuchung angelieferter Ware. Die dafür notwendigen Wertungen beziehen sich bei arbeitsteiligen Prozessen u.a. auf das marktwirtschaftliche Ordnungssystem, das Segmentierungen von Handel und Produktion akzeptiert und Untersuchungspflichten des Verkäufers286 oder Verarbeiters nicht generell vorsieht. Im Bereich der Fahrlässigkeitshaftung gibt es keinen Unterschied zwischen der Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB und dem objektiven Sorgfaltsverstoß, der das Vertretenmüssen begründen soll. Sowohl bei § 280 Abs. 1 S. 1 als auch bei § 280 Abs. 1 S. 2 BGB geht es um die Gesamtheit der Verhaltenserwartungen, die an einen Schuldner gestellt werden. Mit § 280 Abs. 1 S. 2 BGB wird nur festgelegt, dass bestimmte, freilich nicht näher definierte Elemente der Abweichung von den Verhaltensanforderungen vom Schuldner darzulegen und zu beweisen sind.287 Dieses Verständnis des § 280 Abs. 1 BGB hat einen wesentlichen rechtspraktischen Vorteil, den Vorteil nämlich, dass bei der beweisrechtlichen Zergliederung der ganz unterschiedlichen Pflichtinhalte in rechtsbegründende Regelvoraussetzungen und rechtshindernde Ausnahmeelemente richterliche Freiheit besteht. Es wird erklärbar, weshalb das Schrifttum zu § 280 Abs. 1 BGB, die älteren Rechtsprechungsergebnisse aufgreifend, die Beweislastaussagen mit salvatorischen Vorbehalten wie „grundsätzlich“ oder „in der Regel“ versehen kann288, ohne sich von den Vorgaben des Gesetzgebers zu entfernen. Für erfolgsorientierte Pflichten und für rein verhaltensbezogene Pflichten können die Zuweisungen sowohl der Darlegungslast als auch der Beweislast unverkrampft sachangemessen vorgenommen werden. Eine überschießende und beliebig erscheinende Qualifizierung als Pflicht im Sinne des Satzes 1 oder als Vertretenmüssen im Sinne des Satzes 2 in Verb. mit § 276 Abs. 2 BGB wird vermieden. Evident ist dies bei verhaltensbetonten Vertragsverhältnissen wie dem Behandlungsvertrag, die sich einer 282 3104
1
Schlechtriem/Schmidt-Kessel Schuldrecht, 6. Aufl., Rdn. 446 und 453. 283 3105 2 Vgl. MünchKomm-BGB/Westermann5 § 437 Rdn. 21. 284 33106 Schlechtriem/Schmidt-Kessel6 Rdn. 563. 285 43107 Vgl. Schlechtriem/Schmidt-Kessel6 Rdn. 563. 286 53108 Vgl. MünchKomm-BGB/Westermann5 § 437 Rdn. 28,
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Schlechtriem/Schmidt-Kessel6 Rdn. 566: Weitgehende Austauschbarkeit der Einordnung mit großen Spielräumen für den Richter. 288 3110 7 Vgl. nur Palandt/Heinrichs67 § 280 Rdn. 36, ferner 37 (Orientierung an Verantwortungsbereichen „modifiziert die Regel“); MünchKommBGB/Ernst5 § 280 Rdn. 146. 6
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Einheitslösung entziehen, weil für einzelne Pflichten die Darlegungs- und Beweislast der Behandlerseite zugewiesen wird. Wohl nur bei dieser Begründung kann die Verteilung zwanglos darauf Rücksicht nehmen, ob die Schadensursache tatsächlich aus dem vom Schuldner beherrschbaren Lebensbereich (anders ausgedrückt: Gefahrenbereich) stammt. c) § 21 Abs. 2 S. 2 AGG. In gleicher Weise wie § 280 Abs. 1 BGB verteilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz die Beweislast beim Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Benachteiligungsverbotes (§ 21 Abs. 2 S. 2 AGG). Auch hier erspart es die gesetzliche Regelung dem Anspruchsteller nicht, einzelne rechtsbegründende Elemente der Pflichtverletzung zu beweisen. Der Benachteiligende muss darlegen und beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (dazu auch unten 4 f Rdn. 228). Dieser Frage geht u.a. voran, dass der Anspruchsteller das Bestehen einer Benachteiligung beweist, was ihm nur z.T. durch die Vermutungsregelung des § 22 AGG erleichtert wird. Er muss gewissermaßen einen Anfangsbeweis der Pflichtverletzung führen, die in einer nicht gerechtfertigten Benachteiligung zu sehen ist. Dieser Anfangsbeweis besteht im Beweis von Indizien, die eine Vermutung der Benachteiligung begründen sollen.
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3. Aufklärungs- und Beratungsfehler: Hypothetische Reaktion auf pflichtgemäßes Verhalten a) Beweis der Reaktion des Aufklärungsadressaten. Die Schwierigkeiten im Umgang mit Aufklärungsfehlern liegen nicht nur darin begründet, dass der etwaige Inhalt des im Vier-Augen-Gespräch mündlich Gesagten aufgeklärt werden muss, sondern dass die Reaktion des Patienten, Mandanten oder sonstigen Adressaten ungewiss ist. Für die Anwaltshaftung berichtet Frau Borgmann, die frühere Leiterin der Schadensregulierungsabteilung der Allianz, die Bearbeitung tausender von Haftpflichtfällen habe ihr die ganze Bandbreite von Unvernunft und Dummheit vor Augen geführt; Warnungen würden nicht nur ausnahmsweise in den Wind geschlagen.289
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b)Antworten der Rechtsprechung. aa) Naheliegende Entscheidung. Wenn nur ein sinnvolles Entscheidungsverhalten in Betracht kommt, hat die Rechtsprechung eine widerlegbare Vermutung aufklärungsrichtigen bzw beratungsrichtigen Verhaltens aufgestellt. Dieser Satz der Lebenserfahrung wird als Anscheinsbeweis angesehen. In der Anwalts- und Steuerberaterhaftung hat der BGH 1993 ältere Rechtsprechung aufgegeben,290 die von einer Beweislastumkehr ausging. Die Annahme eines Ursachenzusammenhangs zwischen Pflichtverletzung des Beraters und einem bestimmten Verhaltens seines Mandanten beruhe auf nach der Lebenserfahrung zu würdigenden Umständen und auf der Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Geschehensablaufs, was die Einordnung bei der Beweiswürdigung gebiete, nicht aber eine „volle Beweislastumkehr“(!) rechtfertige.291 In der Produkthaftung hat der BGH verschiedentlich gesagt, dass für die Beachtung deutlicher Gefahrenhinweise eine „tatsächliche Vermutung“ spreche.292 Es gibt allerdings auch kritische Stimmen, die dort die Beweislast dem Hersteller auferlegen und umgekehrt ihm die Beweisführung durch Erfahrungssätze erleichtern wollen.293
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Borgmann/Jungk/Grams Anwaltshaftung4 § 45 Rdn. 26. 3112 2290 BGHZ 123, 311, 313 = NJW 1993, 3259, 3260. Nachfolgend z.B. BGH NJW 2000, 1572, 1573; BGH NJW 2008, 2041, 2042, Tz. 20. 1
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3 BGHZ 123, 311, 315 = NJW 1993, 3259. 3114 4292 BGH NJW 1993, 560, 562 – Kindertee I; BGH NJW 1994, 517, 520 – Gewindeschneidemittel I. 293 53115 So Foerste a.A.O. § 30 Rdn. 107 und 112.
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Bei ärztlichen Aufklärungsfehlern (Selbstbestimmungsaufklärung und therapeutische Aufklärung) hat der BGH substantiierte Darlegungen des Patienten dafür verlangt, dass er die Behandlung bei pflichtgemäß vermittelter Kenntnis der aufklärungsbedürftigen Umstände gleichwohl abgelehnt hätte, wobei es allerdings einschränkend nur auf einen Entscheidungskonflikt aus Sicht des Patienten ankommen soll.294
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bb) Offene Entscheidungssituation mit Handlungsalternativen. Von einer Vermutung aufklärungskonformen Verhaltens kann man nur ausgehen, wenn bei vernünftiger Betrachtungsweise im Entscheidungszeitpunkt eine einzige sachgerechte Entscheidung nahelag.295 Insbesondere in Anwalts- und Steuerberaterhaftungssachen gibt es jedoch Sachverhalte, in denen der Mandant bei korrekter Raterteilung Risiken unterschiedlicher Qualität gegeneinander abzuwägen gehabt hätte und daher eine offene Entscheidungssituation bestand, in der verschiedene Ursachenabläufe ernsthaft in Betracht kamen. Eine Vermutung greift dann nicht ein,296 es sei denn, alle Alternativen zum tatsächlichen Geschehen hätten ein für den Mandanten günstigeres Ergebnis erbracht.297 Denkbar ist nur eine indiziengestützte freie Beweiswürdigung. Im Kapitalmarkt- und Kapitalanlagenrecht sind gleichartige Probleme zu lösen für die vertragliche Beraterhaftung, die Emission von Wertpapieren und nichtbörslichen Anlagen (Prospekthaftung) sowie die Informationspflichten der Emittenten gegenüber dem Sekundärmarkt. Als dort befürwortete Beweiserleichterung wird in jüngerer Zeit selbst bei der Haftung der Wertpapierdienstleister nicht mehr die Beweislastumkehr genannt, sondern nur noch von einer Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gesprochen.298
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4. Sonstige Einzelfälle
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a) Allgemeines. Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist Gegenstand der Kommentierungen zu den davon betroffenen Tatbeständen sowie Gegenstand des Spezialwerkes von Baumgärtel/Laumen Handbuch der Beweislast, 3. Aufl. 2007. Die nachfolgende Zusammenstellung soll nur Hinweise auf wiederkehrende Fragestellungen geben, mit denen die Rechtspraxis zumeist in jüngerer Zeit befasst war.
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b) BGB. aa) Wirksamer Vertragsschluss, Auslegung. (1) Geschäftsfähigkeit. Die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit Volljähriger ist der Regeltatbestand. Wer sich auf die Ausnahme beruft, trägt für die zugrunde liegenden Tatsachen die Beweislast.299 Dasselbe gilt für die Berufung auf Geschäftsunfähigkeit von Minderjährigen in der Altersgruppe mit beschränkter Geschäftsfähigkeit. Steht die Geschäftsunfähigkeit wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit (§ 104 Nr. 2 BGB) fest, ist demgegenüber die rechtsgeschäftliche Handlung während eines lichten Moments als Ausnahme anzusehen.300 3116 1294 BGHZ 90, 103, 111 f; BGH NJW 2007, 2771, 2773, Tz. 17; BGH NJW 2007, 2774, 2776, Tz. 29; s.auch BGH NJW 1994, 2411, 2415 – Kniegelenkpunktion. Ebenso für die Anwaltshaftung Vollkommer/Heinemann Anwaltshaftung2 Rdn. 689. Zur Notwendigkeit erstinstanzlichen Vortrags OLG Oldenburg VersR 2008, 124, 125. 295 23117 So zur Anwaltshaftung BGHZ 123, 311, 313 = NJW 1993, 3259, 3260; BGH NJW 2000, 2814, 2815; BGH NJW 2002, 292, 294; BGH NJW 2002, 593, 594; Vollkommer/Heinemann2 Rdn. 688. Nicht einschlägig ist die Vermutung bei
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Ablehnung eines richtigen Vorschlags: BGH NJW 2007, 2485, 2489, Tz. 44; BGH NJW 2008, 2040, 2042, Tz. 21. 296 33118 BGH NJW-RR 1999, 641, 642; BGH NJW-RR 2001, 1351, 1353; BGH NJW 2008, 2647, Tz. 12.. 297 43119 BGH NJW-RR 2001, 201, 204. 298 3120 5 BGH NJW-RR 2004, 203, 205 = ZIP 2003, 2242. Die Rspr. weiterhin als Beweislastumkehr deutend Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 123. 299 63121 BayObLG Rpfleger 1982, 286. 300 73122 BGH NJW 1988, 3011.
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(2) Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften. Die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines Tatbestandes, der die Nichtigkeit (§§ 105, 116 S. 2, 117, 118, 134. 138 BGB) oder die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts zur Folge hat, sind von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der sich auf den Unwirksamkeitsgrund beruft. Den die Arglist bestreitenden Anfechtungsgegner trifft eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich des Zustandekommens falscher Angaben.301 Dies gilt nicht für die etwaige Formunwirksamkeit; die Formgültigkeit ist bei gesetzlich vorgeschriebener Form ein rechtsbegründendes Merkmal. Streit über die Einhaltung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form wird wohl nur aufkommen, wenn das Errichtungsdokument abhanden gekommen ist. Eine konstitutive gewillkürte Form ist Ausnahmetatbestand. (3) Abschluss und Inhalt von Rechtsgeschäften. Probleme bereitet der Nachweis des Vertragsabschlusses im Internet. Das Einstellen eines Warenangebots in eine Plattform wie eBay ist ein verbindliches Angebot; dessen Annahme durch einen Internetnutzer hat der Verkäufer zu beweisen.302 Aus der Verwendung eines geheimen Passworts ist nicht auf denjenigen als Verwender zu schließen, dem dieses Passwort ursprünglich zugeteilt worden ist, solange die Sicherheitsstandards im Internet Manipulationen erlauben.303 Der Internetnutzer trägt im Verhältnis zum Telefondienstleister die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass heimlich ein Dialer installiert worden ist; dazu gehört der konkrete Vortrag über die Existenz des Dialer auf dem PC und die gewählte Rufnummer.304 Sollen in einem Verbrauchervertrag die Klauseln einer AGB-Kontrolle unterworfen werden (§ 310 Abs. 3 BGB), trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die fraglichen Klauseln für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert worden sind; der Unternehmer hat darzulegen und zu beweisen, dass die vorformulierten Vertragsklauseln im Einzelnen ausgehandelt worden sind.305 (4) Vertrags- und Testamentsauslegung. Behauptet eine Vertragspartei einen übereinstimmenden Willen der Vertragspartner, der vom durch normative Auslegung ermittelten Parteiwillen abweicht, trägt sie dafür die Darlegungs- und Beweislast.306 Dies gilt u.a. für einen vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden Sinn des Wortlauts der Willenserklärung(en).307 Dafür soll die Partei allerdings keine Einzeltatsachen vortragen müssen,308 was die Substantiierung unbefriedigend herabsetzt und völlig spekulativen Beweiserhebungen Vorschub leistet.
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bb) Vertragliche Schuldverhältnisse. (1) Kauf. § 476 BGB enthält zugunsten des Verbraucher-Käufers eine Beweislastumkehr für den eventuellen Sachmangel des Kaufgegenstandes, die auf Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/ EG zurückgeht. Ihre Anwendung bereitet der Praxis erhebliche Schwierigkeiten.309
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3123 1301 BGH NJW-RR 2008, 343 (Lebensversicherung, Erstreckung auf Drittbegünstigten). 302 23124 OLG Hamm MMR 2007, 449. 303 33125 OLG Hamm MMR 2007, 449 mwN. 304 43126 AG Leer MMR 2007, 473. 305 53127 BGH NJW 2008, 2250, 2251, Tz. 14. 306 63128 BGH NJW 1995, 3258; BGH NJW-RR 2004, 630, 631. 307 73129 BGHZ 86, 41, 46 = NJW 1983, 672, 673; BGH NJW 2001, 144, 145. 308 83130 BGH NJW 2001, 144, 145. 309 93131 Vgl. dazu BGHZ 159, 215, 220 = NJW 2004,
2299, 2300 f – Zahnriemen; BGH NJW 2005, 3490, 3492 – Karosserie; BGH NJW 2006, 434, 435 – Turbolader; BGH NJW 2006, 1195, 1196, Tz. 13 – Katalysator; BGHZ 167, 40, 48 f, Tz. 21 ff = NJW 2006, 2250, 2252 – Araberpferde; BGH NJW 2007, 2619, 2660, Tz. 11 ff = VersR 2008, 928, 929 (Übergabe des später erkrankten Tieres während der Inkubationszeit) – Zuchtkater; BGH NJW 2007, 2621, 2622, Tz. 15 = VersR 2008, 930, 931, Tz. 15 – Zylinderkopfdichtung; s. ferner BGH NJW 2008, 214 – Kurbelwellenschaden (dort zur Gebrauchtwagengarantie); AG
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(2) Miete, Pacht. Baut der Pächter eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks staatlich zugelassenes gentechnisch verändertes Saatgut an, kehrt sich im Streit um die ordnungsgemäße vertragliche Nutzung die Darlegungs- und Beweislast für die Feststellung der Bodenwirkung nicht um.310 Das UN-Kaufrecht enthält implizit Beweislastregeln.311 Sie sind nach dem RegelAusnahme-Prinzip zu gewinnen. Dafür ist die Formulierung von Entlastungsgründen wegweisend. (3) Werkvertrag. Hat der Bauunternehmer Vorauszahlungen erhalten, muss er nach Abnahme des Werkes oder nach Vertragsbeendigung abrechnen und den etwaigen Überschuss an den Auftraggeber auszahlen, ohne dass die Darlegungs- und Beweislastgrundsätze des Bereicherungsrechts anzuwenden sind.312 Dasselbe gilt für die Rückzahlung überzahlten Architektenhonorars.313 Macht der Besteller Baumängel geltend, genügt er seiner Darlegungslast, wenn er die Mangelerscheinung hinreichend genau bezeichnet und der Leistung des Unternehmens zuordnet (Symptomtheorie).314 Einer vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung, die das Werk funktionsuntauglich macht, hat der Unternehmer durch Prüfungsund Beratungspflichten entgegenzuwirken; für deren Erfüllung ist er darlegungs- und beweispflichtig.315 cc) Haftungsrecht. (1) Rechtliche Berater. Der Mandant hat die Pflichtverletzung des Beraters als Voraussetzung eines Haftungsanspruchs darzulegen und zu beweisen.316 Dies gilt auch für die Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht, allerdings mit der Erleichterung, dass der Berater die behauptete Fehlberatung als negative Tatsache substantiiert bestreiten muss.317 Voraussetzung einer Pflichtverletzung ist die Bestimmung von Inhalt und Umfang des Mandats; dafür ist der Mandant beweispflichtig.318 Eine Dokumentationspflicht oder -obliegenheit hat der Berater ebenso wenig wie ein in der Anlageberatung tätiges Kreditinstitut.319 Zur Beweislastumkehr nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB s. oben VIII 2 b Rdn. 159 ff. Die Kausalität der Pflichtverletzung für den behaupteten Schaden ist gleichfalls anspruchsbegründendes Merkmal.320 Dasselbe gilt für den Schaden, für den aber ebenso wie für die haftungsausfüllende Kausalität § 287 zu beachten ist.321 Als haftungsausfüllend wird bereits die Kausalität zwischen Verletzung der vertraglichen Pflicht und dem nachfolgenden Vermögensschaden angesehen (dazu § 287 IV 2a und c, Rdn. 16 und 22 f.).322 Offenbach, NJW-RR 2007, 1546 (zur Vereitelung des Mangelbeweises bei Getriebeschaden). 310 3132 1 OLG Brandenburg NJW 2008, 2127, 2129. 311 3133 2 BGH NJW 2002, 1651, 1653; BGH NJW 2004, 3181, 3182; Müller RIW 2007, 673, 680. 312 33134 BGHZ 140, 365, 373; BGH NJW 1999, 1867, 1869; BGH NJW 2002, 1567, 1568. 313 43135 BGH NJW-RR 2008, 328, 329 Tz. 17. 314 53136 BGH WM 2005, 2291, 2292; BGH WM 2008, 804, 805. 315 63137 BGH NJW 2008, 511, 514, Tz. 26. 316 3138 7 BGH NJW 1985, 264, 265; BGH NJW 1991, 2280, 2281; BGH NJW 1996, 2571; BGH NJW 1999, 2437; BGH VersR 2007, 946. Weiterführende Praxisliteratur: Zugehör/Fischer/Sieg/ Schlee Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl. 2006.
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8 BGH NJW 2008, 371, 372. 318 93140 BGH NJW 1994, 1472, 1474; BGH VersR 2007, 946 (kein Erfahrungssatz zugunsten dem Grunde und der Höhe nach unbeschränkten Mandats); OLG Karlsruhe GRUR-RR 2008, 66, 67 – Tabakwerbung im Online-Shop. 319 3141 10 BGH NJW 2008, 371, 372. 320 3142 11 BGH NJW 1988, 200, 203; BGHZ 123, 311, 313 = NJW 1993, 3259, 3260; BGH NJW 1998, 1860, 1863. 321 3143 12 BGH NJW 1992, 2694, 2695; BGH NJW 1993, 734; BGH NJW 2000, 1572, 1573; BGH NJW 2004, 444, 445; BGH NJW 2004, 1521, 1522; BGH NJW 2007, 2485, 2489, Tz. 36; BGH NJW 2008, 2041, 2042, Tz. 21. 322 3144 13 BGH NJW 2004, 444; BGH NJW 2004, 1521, 1524.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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(2) Arzthaftung, Heimbetreuung. Der Patient trägt die Beweislast für den objektiven Behandlungsfehler.323 Die Substantiierungsanforderungen werden jedoch gering angesetzt. Beweiserleichterungen können sich aus Mängeln der ärztlichen Dokumentation oder der Verletzung von Befundsicherungspflichten ergeben (oben III 6 c Rdn. 62). Zur Beweislastumkehr nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB oben VIII 2 b Rdn. 159 ff. Die Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Schaden hat der Patient zu beweisen. Zur Haftungsbegründung und damit in den Anwendungsbereich des § 286 gehört aber nur der gesundheitliche Primärschaden. Eine Beweiserleichterung in Form der Beweislastumkehr wird gewährt, wenn es sich um einen groben Behandlungsfehler handelt;324 der Behandlungsfehler muss dafür generell geeignet sein, den konkreten Gesundheitsschaden herbeizuführen, ohne dass es auf die positive Feststellung einer gewissen Wahrscheinlichkeit des Kausalverlaufs ankommt. Die Beweislastumkehr gilt auch für grobe Befunderhebungsfehler, bei denen zu einem hinreichend wahrscheinlichen Befund keine Diagnose erhoben oder auf deren Ergebnis nicht reagiert wurde.325 Auf die Feststellung des Kausalzusammenhangs zwischen gesundheitlichem Primärschaden und Sekundärschaden, für den der Patient beweispflichtig ist, ist die Beweiserleichterung des § 287 anzuwenden.326 Unterbleibt eine aus therapeutischen Gründen notwendige Aufklärung, stellt dies einen Behandlungsfehler dar.327 Eine Pflicht zur Aufklärung über Behandlungsrisiken ergibt sich aus dem Erfordernis einer wirksamen Erteilung der Behandlungseinwilligung des Patienten. Für die tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechtfertigungsgrundes ist die Behandlungsseite darlegungs- und beweispflichtig.328 Zwischen der Haftung nach Vertragsrecht und nach Deliktsrecht besteht insofern kein rechtlicher Unterschied.329 Die Indizwirkung einer schriftlichen Einwilligungserklärung oder einer sonstigen Dokumentation kann dann den erforderlichen Anfangsbeweis für eine Parteivernehmung des Arztes nach § 448 erbringen.330 Zum Beweis aufklärungsgemäßen hypothetischen Verhaltens des Patienten oben VIII 3 b Rdn. 173. Für den Sturz einer Pflegeheimbewohnerin, die sich nicht in einer konkreten Gefahrensituation mit gesteigerten Obhutspflichten befindet, deren Beherrschung einer speziell dafür eingesetzten Pflegekraft anvertraut ist, kehrt sich die Beweislast nicht um.331 (3) Produkthaftung. Vgl. dazu zunächst oben VIII 1 Rdn. 151 ff. Im Anwendungsbereich des ProdHG trifft nach dessen § 1 Abs. 4 S. 1 der Geschädigte die Beweislast für den Fehler, den Schaden und dien Kausalzusammenhang zwischen Fehler und Schaden. Der Hersteller trägt nach § 1 Abs. 4 S. 2 die Beweislast für die Haftungs-ausschlussgründe nach § 1 Abs. 2 und 3.
3145 1323 Praxisliteratur: Geiß/Greiner Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl. 2006, Rdn. 200 ff. 324 23146 BGHZ 159, 48, 53 = VersR 2004, 909, 910; BGHZ 172, 1, 10 f = VersR 2007, 995, 997 f; BGH NJW 2008, 1304 f = VersR 2008, 490, 491 Tz. 9 und 11 (Hygienefehler bei intraartikuläre Injektion). 325 3147 3 BGHZ 138, 1, 4 f = NJW 1998, 1780, 1781 (Netzhautablösung); BGH NJW 1999, 3408, 3410; BGH NJW 2001, 2792, 2793; BGH NJW 2004, 1871, 1872 (Herzschrittmacheraustausch); OLG Koblenz NJW-RR 2007, 532, 533; OLG Koblenz NJW-RR 2008, 1055. Zu den Grenzen der revi-
sionsgerichtlichen Kontrolle einer rechtlichen Bewertung als grober Behandlungsfehler BGH NJW-RR 2007, 744, 745, Tz. 11 f. 326 43148 BGH NJW 1978, 1683, 1684. 327 3149 5 BGH NJW 2004, 3703, 3704. 328 63150 BGH NJW 2004, 3703, 3704. 329 73151 BGHZ 106, 153, 160 f = NJW 1989, 1538, 1539 (Deliktshaftung), 1540 (Vertragshaftung). 330 83152 BGH NJW 1985, 1399; BGH NJW 1999, 863, 864. 331 93153 BGHZ 163, 53, 56 = NJW 2005, 1937, 1838; OLG Düsseldorf VersR 2008, 1079, 1080.
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(4) Umwelthaftung. § 6 Abs. 1 S. 1 UmweltHG enthält eine gesetzliche Vermutung für die haftungsbegründende Kausalität zwischen einer anlagenbedingten Umwelteinwirkung und der eingetretenen Rechtsgutverletzung. Für die Feststellung der Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Schaden ist § 287 ZPO anzuwenden. (5) Sonstige Fälle des allgemeinen Deliktsrechts. Das BGB kehrt die Beweislast in Sondertatbeständen der deliktischen Haftung um: § 831 – Geschäftsherrnhaftung für den Verrichtungsgehilfen, § 832 – Haftung für die Aufsicht über eine Person, § 833 S. 2 – Tierhalterhaftung für Haus- und Nutztiere, § 834 – Tierhüterhaftung332, § 836 – Haftung des Grundstücksbesitzers für Gebäudemängel mit Erweiterungen des Kreises der Verantwortlichen in §§ 837 und 838. Umstritten ist, inwieweit die Regelungen des § 830 BGB Zurechnungs- oder Beweisregeln sind. Die Haftung für Verkehrspflichtverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB setzt beweisrechtlich voraus, dass der Geschädigte mindestens einen verkehrswidrigen Zustand darlegt und beweist (oben V 4 b Rdn. 99 und VIII 1 Rdn. 153). Ob eine Notlage mit der Pflicht zum rettenden Eingreifen einer aufsichtpflichtigen Person bestand, ist vom Schadensersatzgläubiger darzulegen und zu beweisen.333 Die Kategorien des Aufbaus eines Deliktstatbestandes geben zugleich Auskunft über die Beweislast. Die Formulierung von Rechtfertigungsgründen als Gegengründen bei der Gewinnung des Rechtswidrigkeitsurteils beruht auf der Vorstellung, dass der Verletzer ihre Tatsachengrundlage darzulegen und zu beweisen hat. Dies gilt etwa für die Notwehr334 oder die Einwilligung. Das Verschulden ist zu vermuten, wenn eine den Tatbestand konstituierende objektive Pflichtverletzung vorliegt. Ob Vorsatz gegeben ist, lässt sich nur aus indiziellen Umständen ableiten, die den Schluss auf innere Vorgänge des Verletzers im Rahmen freier Beweiswürdigung zulassen. Dafür kann bei der Haftung für Berufsfehler die Missachtung von Primitiv- oder Elementarwissen ein ausschlaggebender Umstand sein,335 auch wenn ein Rechtsirrtum regelmäßig den Vorsatz ausschließt336. Für die Anwendung des § 826 BGB auf kapitalmarktrechtliche Sachverhalte haben sich eigenständige richterrechtliche Regeln herausgebildet (s. oben zur Informationsdeliktshaftung VIII 3 b Rdn. 171 ff. und unten Rdn. 226). Dasselbe gilt für die Insolvenzverschleppung.337 Für den Amtshaftungsprozess trifft § 839 Abs. 3 BGB die Regelung, dass der Geschädigte die Rechtsverletzung durch Gebrauch eines Rechtsmittels abwehren muss. Für die Kausalität zwischen Nichteinlegung des Rechtsmittels und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig.338 (6) Rückgriffsansprüche. Im Falle der Legalzession tritt der Zessionar auch prozessual in die Rechtsstellung des früheren Forderungsinhabers ein. Davon zu unterscheiden sind originäre Regressansprüche. Macht der Sozialversicherungsträger bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung eines Unfalls gegen eine haftungsprivilegierte Person den Anspruch nach § 110 SGB VII geltend, trägt der SVT die 332 3154
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OLG Celle VersR 2007, 1661 (Anwendung auf das Mitverschulden des geschädigten Reiters). 333 3155 2 Vgl. LG Münster NJW-RR 2007, 904, 906 (eventuelle Fehldeutung des Verhaltens eines tauchenden Kindes im Nichtschwimmerbecken durch Bademeister). 334 33156 Dazu BGH NJW 2008, 571, 573, Tz. 21. 335 43157 Vgl. OLG Hamm VersR 2007, 1550, 1551 (dort zur Berufshaftpflichtversicherung).
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OLG München ZIP 2008, 66, 67 (Vorsatz von Bankmitarbeitern bei Kick-Back-Zahlungen als Pflichtverstoß nach § 31 WpHG). 337 3159 6 Vgl. BGHZ 108, 134, 144 f; BGH WM 2008, 456, 458, Tz. 17 = ZIP 2008, 361, 362. 338 73160 BGH NJW 2004, 1241; OLG München VersR 2007, 843 (Haftbedingungen).
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Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des fiktiven zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs.339 (7) Sonderdeliktsrecht (Verletzung geistigen und gewerblichen Eigentums). Soll der Unternehmer für von seinen Arbeitnehmern begangene Rechtsverletzungen haften (§ 100 UrhG, §§ 14 Abs. 7, 15 Abs. 6 MarkenG, § 8 Abs. 2 UWG), setzt dies voraus, dass die Verletzung nicht privat begangen wurde, was bei Internetaktivitäten unter Benutzung des Dienst-PC in Betracht kommen kann; insoweit trifft den beklagten Unternehmer eine sekundäre Darlegungslast.340
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dd) Familienrecht. Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können, hat der Unterhaltsverpflichtete darzulegen und zu beweisen; legen vorgetragene Umstände die Begrenzung nahe, muss der Berechtigte substantiiert das Gegenteil vortragen.341
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ee) Erbrecht. Wer aus einem Erbverzicht entgegen den Auslegungsregeln des § 2350 BGB Rechte herleiten will, trägt dafür die Beweislast.342
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c) Wettbewerbsrecht, Kartellrecht. Für einen Ausschnitt aus dem Bereich der irreführenden Werbung enthält § 5 Abs. 4 S. 2 UWG die Regelung, dass der mit einer Preisherabsetzung Werbende den Ausgangspreis und die Dauer seiner Geltung zu beweisen hat. Dasselbe gilt für die Vermutung ausreichender Dauer einer Bevorratung mit Lockvogelartikeln nach Art. 5 Abs. 5 S. 2 UWG. Weitergehend verlangt Art. 6 der Irreführungsrichtlinie 2006/114/EG (zuvor 84/450/EWG), dass der Werbende die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu beweisen hat. Dem kommt die Rechtspraxis ohne ausdrückliche Umsetzung mit Darlegungs- und Beweiserleichterungen nach; den Werbenden treffen prozessuale Aufklärungspflichten. Dies entspricht langjähriger Rechtsprechung.343 Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Werbenden auch für die Nachprüfbarkeit der Wareneigenschaften im Rahmen eines Werbevergleichs (§ 6 Abs. 2 UWG); er muss in der Lage sein, die Richtigkeit in einem Prozess kurzfristig nachzuweisen.344 Unzutreffend ist die Annahme, der Unterlassungskläger habe eine Marktbeobachtungspflicht, deren Beachtung ihm eigenständige Darlegungen zur Werbebehauptung im Unterlassungsprozess ermögliche.345 Der Gesetzgeber hat für die Umsetzung des Art. 12 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im UWG an dieser Konzeption festgehalten. Bei der privatrechtlichen Durchsetzung von kartellrechtlichen Ansprüchen trägt der aus § 20 GWB Verpflichtete die Darlegungs- und Beweislast, dass die Ungleichbehandlung oder Behinderung eines Wettbewerbers oder eines Dritten sachlich gerechtfertigt ist: Vermietet z.B. der Träger einer Kfz-Zulassungsstelle (Stadt, Kreis) in seinem Dienstgebäude gewerbliche Räume an ein Schilderprägerunternehmen und besitzt er dadurch auf dem Vermietungsmarkt für derartige Geschäftsräume eine marktbeherrschende Stellung, ist er gezwungen, die Räume jeweils für eine bestimmte Zeitperiode zur Abgabe von Mietangeboten auszuschreiben, damit Nachfrager gleiche Wettbewerbschancen erhalten und eine unbillige Behinderung verhindert wird. Un-
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1 BGH NJW 2008, 2033, 2034, Tz. 9. 340 23162 OLG München GRUR-RR 2007, 345, 346. 341 33163 BGH NJW 2008, 151, 152. 342 43164 BGH NJW 2008, 298, 299, Tz. 14. 343 53165 Beginnend mit BGH GRUR 1961, 356, 359 – Pressedienst; BGH GRUR 1963, 270, 271 – Bärenfang; zuletzt BGH NJW 2007, 919 Tz. 33 –
Regenwaldprojekt I; BGH GRUR 2007, 251 Tz. 31 – Regenwaldprojekt II. 6 BGH GRUR 2007, 605, 607, Tz. 34 – Umsatzzuwachs. 3167 7345 So aber Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 75 Fn. 146. 344 3166
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terbleibt die Ausschreibung oder wird sie nur beschränkt durchgeführt, kann ein dadurch ausgeschlossener Schilderpräger die Zuschlagserteilung untersagen lassen (§ 33 Abs. 1 GWB). Zum Merkmal des sachlich gerechtfertigten Grundes braucht der Verfügungskläger nur vorzutragen, dass Rechtfertigungsgründe nicht erkennbar seien. Dasselbe gilt für andere Behinderungsrechtfertigungen, etwa nach § 20 Abs. 4 GWB oder nach § 29 S. 1 Nr. 1 GWB (Energiepreismissbrauch); die Regeln über die Beweisführungslast, die für die Kartellbehörde gelten und für sie aus dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 57 GWB) folgen, sind auf das Kartellzivilverfahren nicht zu übertragen. Die Gegebenheiten der Marktverhältnisse hat grundsätzlich der Angreifer vorzutragen, der sich dafür privater Marktforschungsdienstleister bedienen kann. d) Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht. (1) HGB. Der Kommissionär trägt die Darlegungs- und Beweislast für den Verlust von Kommissionsgut, das ihm übergeben war, wie sich aus § 667 Alt. 1 BGB ergibt.346 (2) GmbH. Für die Einzahlung der Stammeinlage trägt grundsätzlich der GmbH-Gesellschafter die Beweislast, auch wenn der Vorgang längere Zeit zurückliegen soll.347 Verlangt die GmbH wegen pflichtwidrigen Verhaltens ihres Geschäftsleiters Schadensersatz, trifft sie nur eine eingeschränkte Darlegungs- und Beweislast. Analog § 93 Abs. 2 S. 2 AktG kehrt sich die Darlegungs- und Beweislast unter Geltung des § 286 ZPO bei Schadensersatzansprüchen gem. § 43 Abs. 2 GmbHG um;348 den Schaden hat die Gesellschaft mit den Erleichterungen des § 287 ZPO darzulegen und zu beweisen.349 Bei Inanspruchnahme des Geschäftsführers gem. § 64 Abs. 2 GmbHG hat der Insolvenzverwalter die Voraussetzungen einer Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne darzulegen und zu beweisen.350 (3) GenG. Eine Genossenschaft trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren Vorstand die Darlegungs- und Beweislast, inwieweit ihr durch ein Verhalten des Vorstandes in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist; demgegenüber hat der Geschäftsleiter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist oder ihn keine Verschulden trifft oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre.351 (4) InsO. Wird eine Rechtshandlung gem. §§ 130 ff InsO angefochten, von der der Anfechtungsgegner zunächst wusste, dass sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erfolgte, und beruft sich der Anfechtungsgegner auf einen nachträglichen Wegfall der objektiven Zahlungsunfähigkeit, ist er dafür beweispflichtig.352 Dasselbe gilt bei einer Anfechtung nach § 130 InsO für die Behauptung der subjektiven Annahme des Wiedereintritts der Zahlungsfähigkeit.353 Wird eine Forderungsverpfändung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO angefochten und legt der Insolvenzverwalter mit einer Eingangsbestätigung (vorläufig) dar, dass eine Verpfändungsanzeige (§ 1280 BGB) dem Drittschuldner innerhalb des Dreimonatszeitraums zugegangen ist, muss der Pfandgläubiger als Anfechtungsgegner einen früheren Zugangszeitpunkt beweisen.354 346 3168
1 BGH NJW-RR 2007, 1177,1178. 347 23169 BGH NJW 2007, 3067. 348 33170 BGH NJW-RR 2008, 905 = ZIP 2008, 736, 737, Tz. 5. 349 43171 BGHZ 152, 280, 284; BGH NJW-RR 2008, 905, 906, Tz. 8. 350 53172 BGH NJW-RR 2008, 495/496.
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6 BGH VersR 2007, 852, 855. 352 73174 BGHZ 149, 100, 109 = NJW 2002, 512, 514; BGHZ 149, 178, 188 = NJW 2002, 515, 518; BGH NJW 2006, 1348, 1351. 353 83175 BGH NJW 2008, 2190, 2192, Tz. 23. 354 93176 OLG München WM 2008, 1497, 1499.
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e) Kapitalmarktrecht, Kapitalanlagerecht. (1) Allgemeines. Die Darlegungs- und Beweislast des Wertpapieranlegers für ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Bank darf trotz fehlender Kenntnis von Unternehmensinterna und ungeachtet der Regelung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht umgekehrt werden, weil Vorsatz nicht zu vermuten ist.355 (2) Aufklärungsfehler. (a) Problemstellung. Schadensersatzforderung wegen fehlerhafter Informationserteilung im Zusammenhang mit Kapitalanlagen bereiten teilweise erhebliche Beweisschwierigkeiten. Keine Besonderheiten ergeben sich in diesen Fällen für die Frage, ob überhaupt falsch beraten oder informiert worden ist; die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Pflichtverletzung liegt unverändert beim Anspruchsteller. Dieser Nachweis bereitet grundsätzlich keine besonderen Schwierigkeiten. Anders verhält es sich mit dem Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen der fehlerhaften Aufklärung, Beratung oder Marktinformation und dem Schaden, den der Anleger auf Grund dessen erlitten haben will. Weil ein Glied der zur Schädigung führenden Kausalkette eine Willensentscheidung des Anspruchstellers selbst ist, wird für das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs verlangt, dass der Anleger bei zutreffender Aufklärung bzw Information eine andere Anlageentscheidung getroffen hätte. Das eigene hypothetische Verhalten zu beweisen, ist dem Anspruchsteller in der Mehrzahl der Fälle nicht möglich. (b) Differenzierung nach Fallgruppen. Damit der Anspruch gegen den Aufklärungsverpflichteten nicht brachliegt, wird der Beweisnot Rechnung getragen. Dabei ist zu unterscheiden, von wem eine bestimmte Informations- bzw Aufklärungspflicht zu erfüllen ist, an wen sie sich richtet und zu welchem Zeitpunkt die Information zu erteilen ist. Informationspflichtig sind Banken oder Anlageberater, wenn sie ihre Kunden über die Risiken und Eigenschaften eines ihnen zu vermittelnden Anlageprodukts aufzuklären haben. Im Falle der Investition in Aktien oder andere unternehmensbezogene Wertpapiere müssen auch die betreffenden Unternehmen bzw deren Repräsentanten den Markt mittels Pflichtmitteilungen oder freiwilligen Veröffentlichungen über unternehmensrelevante Tatsachen informieren. Beide Informantengruppen unterscheiden sich dadurch, dass zwischen der Bank bzw dem Anlageberater und dem Kunden grundsätzlich eine Vertragsbeziehung besteht, während es daran zwischen dem Emittenten eines Wertpapiers und den erwerbenden Anlegern regelmäßig fehlt. Nur bei der Emission neuer Wertpapiere, also auf dem Primärmarkt, kann es zu einem direkten Vertragsverhältnis zwischen Emittent und Anleger kommen, wenn der Emittent die Wertpapiere selbst statt über eine Bank veräußert. Doch auch ein solches Vertragsverhältnis ist wegen seiner Standardisierung und der fehlenden Ausrichtung auf die Bedürfnisse des einzelnen Anlegers nicht mit dem Verhältnis zwischen einer Bank bzw einem Anlageberater und dem Kunden zu vergleichen. Adressat der Beratungspflichten von Banken und Anlageberatern ist stets der individuelle Anleger. Die durch den Emittenten eines Wertpapiers zu veröffentlichenden Informationen richten sich hingegen grundsätzlich an das Anlegerpublikum als Gesamtheit. Innerhalb dieser Fallgruppe ist weiter zwischen Primär- und Sekundärmarktinformationen zu unterscheiden: Die Primärmarktinformationen werden grundsätzlich in einem Verkaufsprospekt zur Verfügung gestellt und unterliegen den Besonderheiten der allgemeinen und der sondergesetzlichen Prospekthaftung. Sekun-
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därmarktinformationen richten sich an den Markt für bereits emittierte Wertpapiere. Auch zwischen diesen Situationen bestehen Unterschiede, die für die Beweislastverteilung von Bedeutung sind. (c) Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistern. Für eine Haftung im Rahmen oder im Vorfeld eines Beratungsvertrages, wie er zwischen Anleger und Bank oder sonstigem Anlageberater abgeschlossen worden sein kann, muss der Anspruchsteller zunächst nachweisen, dass ein entsprechender Vertrag bzw ein vorvertragliches Schuldverhältnis zustande gekommen ist.356 Dies bereitet keine besonderen Schwierigkeiten. Ferner muss der Anspruchsteller gegebenenfalls darlegen und beweisen, dass eine Aufklärungs- bzw Beratungspflicht verletzt worden ist. Dazu muss zunächst bewiesen werden, dass eine vertragliche Pflicht zur Aufklärung bzw Beratung hinsichtlich eines bestimmten Umstands bestanden hat und nicht erfüllt wurde.357 Wurde eine bestimmte Information erteilt, ist deren Unrichtigkeit darzulegen und zu beweisen, unabhängig davon, ob insoweit überhaupt eine Pflicht zur Informationserteilung bestand.358 Eine Beweislastumkehr kommt dafür nicht in Betracht.359 Dies gilt auch dann, wenn dem Anleger eine unvollständige schriftliche Beratungsunterlage als Beispielsberechnung ausgehändigt wurde, weil dadurch keine Vermutung begründet werden sein soll, dass keine weiteren Informationen erteilt worden sind.360 Auch Beweiserleichterungen wegen Verletzung einer Dokumentationspflicht in Anlehnung an entsprechende Pflichten im Arzthaftungsrecht bestehen nicht (dazu oben III 6 c Rdn. 62). Bei der Heilbehandlung werden dem Arzt Dokumentationspflichten aus Behandlungsgründen auferlegt.361 Jedoch kann die aufklärungspflichtige Partei eine Darlegungslast unter dem Gesichtspunkt des Beweises negativer Tatsachen362 treffen. Sie muss dann darlegen, wann und auf welche Weise die betreffende Information erteilt worden sein soll, so dass der Anleger nur noch diese konkreten Behauptungen zu widerlegen braucht. Schwierigkeiten bereitet regelmäßig der Nachweis, dass die fehlerhafte oder unterbliebene Aufklärung für die tatsächlich getroffene Investitionsentscheidung des Anlegers und den daraus resultierenden Schaden kausal geworden ist. Dem soll durch eine auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gestützte Beweislastumkehr abgeholfen werden, so dass die aufklärungspflichtige Partei zu beweisen hat, dass der dem Anleger entstandene Schaden auch bei pflichtgemäßer Aufklärung eingetreten wäre, weil der Anleger sich trotz Information zu einer Investition entschlossen 356 3178
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Vgl. BGH WM 2000, 426, 427; BGH WM 1996, 906; BGH WM 1993, 1455, 1456; Ellenberger/ Schäfer Fehlgeschlagene Wertpapieranlagen, 352 ff. 357 3179 2 BGH WM 1999, 2300, 2302/2303; BGH WM 2000, 1685; MünchKomm-BGB/Wenzel5 § 363 Rdn. 1; Ellenberger/Schäfer Fehlgeschlagene Wertpapieranlagen, 354, 356. 358 33180 Ellenberger/Schäfer S. 354. 359 43181 Vgl. BGH NJW 1996, 2571, 2572; Ellenberger/ Schäfer S. 357. 360 53182 BGH WM 2008, 1590, 1591, Tz. 16 (Wohnungsverkauf zur Kapitalanlage). 361 63183 BGH WM 2006, 567, 568; BGH NJW 1987, 1482, 1483; Ellenberger/Schäfer S. 357; v. Heymann/ Edelmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 4 Rdn. 112.
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OLG Düsseldorf WM 1996, 2082, 1086 und Sprockhoff WM 2005, 1739, 1745 f gehen begrifflich fehlerhaft davon aus, es handele sich um einen Fall der sekundären Behauptungslast. Deren Voraussetzungen (siehe Rdn. 59) liegen in den betreffenden Fällen jedoch regelmäßig nicht vor, weil der Anleger im selben Umfang wie die Bank oder sein Berater Einblick in den Aufklärungsablauf hat und es sich somit nicht um Informationen handelt, auf die der Aufklärungsverpflichtete leichter zugreifen könnte, als der Anleger selbst. Diese Voraussetzungen sind für eine veränderte Darlegungslast beim Beweis negativer Tatsachen nicht zu erfüllen (s. Rdn. 134). Wie hier hingegen Ellenberger/Schäfer S. 359; ebenso wohl v. Heymann/Edelmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 4 Rdn. 112.
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hätte.363 Eine solche Vermutung ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die zu erbringende Aufklärung auf eine bestimmte Verhaltensweise des Anlegers gerichtet ist und sich der Anleger über diesen Rat vernünftigerweise nicht hinwegsetzen konnte364. Nicht ausreichend ist es im Umkehrschluss, wenn die Aufklärung dazu dienen soll, dem Anleger eine eigenverantwortliche Entscheidung über das Tätigen einer Investition zu ermöglichen, bei der sich ex ante nicht vorhersehen lässt, wie diese richtigerweise ausfallen sollte, es also mehrere rationale Entscheidungsmöglichkeiten gibt. (d) Informationspflichten der Emittenten gegenüber Ersterwerbern (Prospekthaftung). Wertpapiere werden gem. § 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG zum Handel im amtlichen Markt an der Börse zugelassen, wenn zuvor ein hinreichender Prospekt veröffentlicht worden ist. War dieser Prospekt fehlerhaft, so steht dem Anleger unter den Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 BörsG ein Anspruch auf Übernahme der erworbenen Wertpapiere durch den Anspruchsgegner gegen Erstattung des Erwerbspreises zu. Der bis zum Inkrafttreten des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes erforderliche Nachweises der haftungsbegründenden Kausalität wurde mit der Änderung des Börsengesetzes zum 1. Juli 2002 in § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG aufgehoben und die Beweislast für die fehlende Erwerbskausalität des fehlerhaften Prospekts dem Anspruchsgegner auferlegt.365 Der Anspruch gem. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG setzt jedoch voraus, dass die Wertpapiere innerhalb von sechs Monaten nach ihrer erstmaligen Markteinführung erworben worden sind. Damit hat das Gesetz die frühere Rechtsprechung zur sog. „Anlagestimmung“ übernommen366, die davon ausging, dass insbesondere Privatanleger die betreffenden Prospekte häufig nicht selbst gelesen haben und somit über keine positive Kenntnis der fehlerhaften Information verfügten. Es wurde eine vermutete Kausalität für ausreichend gehalten, die auf dem Umstand beruhen sollte, dass ein fehlerhafter Prospekt in der Lage sei, beim Anlegerpublikum eine investitionsfreundliche Stimmung zugunsten des betreffenden Papiers zu erzeugen und von dieser auch solche Anleger, die den Prospekt nicht wahrgenommen hätten, zu einer Investition in die Papiere hätten veranlasst werden können.367 Es handelt sich dabei um einen besonderen Fall des Anscheinsbeweises.368 Wegen dieser Grundlage sollte die Kausalität abweichend von der in § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG bestimmten Sechsmonatsfrist bereits entfallen, wenn die Anlagestimmung bereits zuvor geendet hatte.369 Die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung kommt demgegenüber grundsätzlich nur dann zum Tragen, wenn die Haftungsvorschriften der §§ 44 ff BörsG nicht anwendbar sind370. Sie gründet auf ein typischerweise in Anspruch genommenes Vertrauen (Prospekthaftung im engeren Sinne) oder auf persönlich in Anspruch genommenes Vertrauen nach den Prinzipien der c.i.c.371; sie wurde im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung entwickelt.372 Eine Haftung nach ihren Regeln setzt ebenfalls 3185 1363 BGHZ 61, 118, 123 = NJW 1974, 1688; BGH NJW-RR 2004, 203, 205. 364 23186 LG Göttingen WM 2006, 184, 186; v. Heymann/ Edelmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 4 Rdn. 112; Ellenberger/Schäfer S. 361. 365 3187 3 Assmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 6 Rdn. 233. 366 43188 Vgl. BT-Drucks. 13/8933 S. 76; Geibel Kapitalanlegerschaden, 196. 367 53189 BGHZ 139, 225, 233; Assmann in: Assmann/ Schütze Kapitalanlagerecht3 § 6 Rdn. 233; Geibel Kapitalanlegerschaden, 196.
3190 6368 Vgl. BGHZ 160, 134, 144 f – Infomatec I; BGH ZIP 2007, 1560, 1562, Rdn. 13 – ComROAD IV. 369 73191 Assmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 6 Rdn. 234 mwN 370 83192 Vgl. MünchKomm-BGB/Wagner4 § 826 Rdn. 61; Assmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 6 Rdn. 134; Groß in: Groß Kapitalmarktrecht3 § 47 BörsG Rdn. 3. 371 93193 Schwark in: Schwark Kapitalmarktrechts-Kommentar3 § 45 BörsG Rdn. 4. 372 3194 10 Assmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 6 Rdn. 130.
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Kausalität voraus, deren Nachweis ähnliche Schwierigkeiten bereitet, wie im Falle der spezialgesetzlichen Regelungen. Dennoch wurde und wird im Rahmen der allgemeinen Prospekthaftung nicht auf die Figur der Anlagestimmung zurückgegriffen, 373 sondern die Ursächlichkeit des Prospektfehlers für die Investitionsentscheidung des Anlegers bei entsprechender Darlegung des Anspruchstellers widerleglich vermutet, dies selbst dann, wenn der Anleger den Prospekt mangels Aushändigung gar nicht zur Kenntnis nehmen konnte374. Das steht der Beweislastumkehr bei Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten praktisch gleich.375 (e) Informationspflichten der Emittenten gegenüber Sekundärmarktteilnehmern. Weniger großzügig wird bei Fehlinformation der Sekundärmärkte durch fehlerhafte periodische Pflichtmitteilungen oder Ad-hoc-Meldungen verfahren. Einer Übertragung der Figur der Anlagestimmung auf diese Fälle hat sich der BGH zwar nicht grundsätzlich verschlossen, gibt aber zu bedenken, dass eine nur bestimmte Gesichtspunkte betreffende einzelne Meldung nicht dieselbe Bedeutung für die Bewertung eines Wertpapiers durch den Markt habe wie ein Prospekt, der vollumfänglich über das betreffende Unternehmen informieren solle. Der BGH hält deshalb nur im Einzelfall das Vorliegen einer Anlagestimmung für möglich, was dann jeweils ausdrücklich festgestellt werden müsste.376 Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Zweiterwerb noch unter dem Eindruck der durch den Verkaufsprospekt selbst erzeugten Anlagestimmung, also innerhalb der von § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG vorgesehenen Sechsmonatsfrist erfolgt ist; der Anspruch gem. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG besteht nicht nur im Falle des Ersterwerbs.377 Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB muss der konkrete Kausalzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung und der individuellen Anlageentscheidung auch dann geführt werden, wenn die Kapitalmarktinformation vielfältig und extrem unseriös gewesen ist.378 Für individuelle Willensentschlüsse, die – so bei Anlageentscheidungen – von vielfältigen rationalen und irrationalen Faktoren beeinflusst sein können gibt es grundsätzlich keinen Anscheinsbeweis, wie sich ein Mensch in einer bestimmten Lebenslage verhalten hätte (dazu auch § 286 III 5 Rdn. 106).379 Auch sonstigen Beweiserleichterungen hat sich der BGH weitgehend verschlossen. So hat er der aus dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht stammenden Markttäuschungstheorie (fraud on the market theory) eine Absage erteilt und die damit einhergehende Verlagerung des Beweisthemas von der persönlichen Veranlassung des Anlegers zur Investition auf die Veränderung des Marktpreises des betroffenen Wertpapiers durch die Falschmeldung abgelehnt.380 Deren Anwendung hätte jedenfalls für 373 3195
1
BGHZ 115, 213, 223; BGHZ 111, 314, 321; BGHZ 74, 103, 112 f; BGH WM 1982, 90, 91; Assmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 6 Rdn. 177. 374 23196 BGH ZIP 2008, 412, 414, Tz. 15 f – Securenta. 375 33197 Assmann in: Assmann/Schütze Kapitalanlagerecht3 § 6 Rdn. 177 in Fn. 452 mwN. 376 43198 BGHZ 160, 134, 146 f – Infomatec I; BGH, ZIP 2007, 1560, 1562 Tz. 13 – ComROAD IV; BGH ZIP 2007, 1564, 1565, Tz. 13 – ComROAD V. Zu dieser Rspr. Leuschner ZIP 2008, 1050 ff. 377 53199 Groß in: Groß Kapitalmarktrecht3 § 45 BörsG Rdn. 70 mwN. 378 63200 BGH NJW-RR 2007, 1532, 1534; s. ferner BGH
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ZIP 2008, 407, 409, Tz. 16 f – ComROAD VI; BGH ZIP 2008, 410, 411, Tz. 16 f – ComROAD VII; BGH ZIP 2008, 829, 830, Tz. 16 und 19 – ComROAD VIII. 379 73201 BGHZ 160, 134, 144 ff = NJW 2004, 2664 – Infomatec I; BGH NJW-RR 2007, 1532, 1533 – ComROAD V. 380 3202 8 BGH ZIP 2007, 1560, 1562, Rdn. 13 – ComROAD IV; nicht explizit ablehnend, aber ebenfalls ohne Rückgriff auf die fraud-on-themarket-theory: BGHZ 160, 134, 144 f – Infomatec I; BGH ZIP 2005, 1270 ,1274 – EM.TV; BGH ZIP 2007, 680 Tz. 8 – ComROAD II.
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auf den Ersatz des Differenzschadens gerichtete Ansprüche eine deutliche Beweiserleichterung für den Anleger bedeutet. f) AGG. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verlangt in § 22, dass für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche wegen Verletzung des in § 1 AGG normierten Benachteiligungsverbotes zunächst Indizien bewiesen werden, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Die andere Partei trägt dann die Beweislast für die Tatsachen, die die Vermutung widerlegen. Unabhängig von der Regelung des § 22 AGG hat die benachteiligende Partei die Gründe einer etwaigen Rechtfertigung der Benachteiligung zu beweisen. Beim Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Benachteiligungsverbotes trägt der Benachteiligende gem. § 21 Abs. 2 S. 2 AGG die Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Soweit Indizien für eine diskriminierende Benachteiligung zu beweisen sind, kann es auf internes Wissen der Gegenpartei ankommen, etwa um die Zusammensetzung des Bewerberkreises für eine Arbeitsstelle oder um eine schon seit Jahren in Bezug auf verpönte Merkmale unausgewogen zusammengesetzte Belegschaft. Dafür kann die Gegenpartei eine sekundäre Darlegungslast treffen, aus der allerdings keine Pflicht zur Vorlage interner Dokumente folgt.
vor § 286 Teil B: Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote Schrifttum Altenburg/Leister Die Verwertbarkeit mitbestimmungswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozess, NJW 2006, 469; Balthasar Beweisverwertungsverbote im Zivilprozess, JuS 2008, 35; Baumgärtel Die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozeß, FS Klug (1983), 477; Brinkmann Die Verwertbarkeit erlangter Beweismittel im Zivilprozess aus der Perspektive des Schadensrechts, AcP 206 (2006), 746; Dauster/Braun Verwendung fremder Daten im Zivilprozess und zivilprozessuale Beweisverbote, NJW 2000, 313; Foerste Lauschzeugen im Zivilprozess, NJW 2004, 262; Gemmeke Beweisverwertungsverbote im arbeitsgerichtlichen Verfahren, 2003; Habscheid Das Persönlichkeitsrecht als Schranke der Wahrheitsfindung im Zivilprozeß, Gedächtnisschrift für H. Peters (1967), 840; ders. Beweisverbot bei illegal, insbesondere unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts, beschafften Beweismitteln, SchwJZ 89 (1993), 185; Heinemann Rechtswidrig erlangter Tatsachenvortrag im Zivilprozess, MDR 2001, 137; Helle Der Telefonzeuge im Zivilprozess, JR 2000, 353; ders. Die heimliche Videoüberwachung – zivilrechtlich betrachtet, JZ 2004, 340; M. Jahn Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote im Spannungsfeld zwischen den Garantien des Rechtsstaates und der effektiven Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus, Gutachten C zum 67. DJT 2008; Kaissis Die Verwertbarkeit materiell-rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozeß, 1978; Kiethe Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozess, MDR 2005, 965; Kodek Rechtswidrig erlangte Beweismittel im Zivilprozeß, Wien 1987; ders. Die Verwertung rechtswidriger Tonbandaufnahmen und Abhörergebnisse im Zivilverfahren, ÖJZ 2001, 281 (Teil 1) und 334 (Teil 2); Kolz Das Selbstgespräch im Krankenzimmer und der „Große Lauschangriff“, NJW 2005, 3248; Lenz/Meurer Der heimliche Zeuge im Zivilprozess, MDR 2000, 73; Paglotke Notstand und Notwehr bei Bedrohungen innerhalb von Prozesssituationen, 2006 (m. Bespr. Foerste ZZP 120 (2007), 527 ff); Peters Die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise und Beweismittel im Zivilprozeß, ZZP 76 (1963), 145; Reichenbach Zivilprozessuale Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Informationen am Beispiel heimlicher Vaterschaftstests, AcP 206 (2006), 598; ders. § 1004 BGB als Grundlage von Beweisverboten, 2004; H. Roth Die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozeß, in: Erichsen/Kollhosser/Welp Recht der Persönlichkeit, 1996, 279; Schlosser Verwertungsbeschränkungen bei Informationen, die im Rahmen eines Zivilprozesses erlangt wurden, FS Vollkommer, 2006, 217; Schwab Unzulässigkeit von Beweismitteln bei Verletzung des Persön-
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lichkeitsrechts, FS Hubmann (1985), 421; Walker Videoüberwachung am Arbeitsplatz, FS Zezschwitz (2005), 222; Werner Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel, NJW 1988, 993; Zeiss Die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel, ZZP 89 (1976), 377.
Übersicht Rdn I. Gründe der Rechtswidrigkeit . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . 2. Heimlichkeit der Beweismittelentstehung . . . . . . . . . . . . 3. Insbesondere: Recht am gesprochenen und geschriebenen Wort . 4. Sonstige Gründe rechtswidriger Beweismittelbeschaffung . . . .
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II. Grenzen der Verwertbarkeit . . . . 1. Fehlen einer gesetzlichen Regelung 2. Differenzierung im Strafprozessrecht . . . . . . . . . . . . . 3. Eigenständigkeit des zivilprozessualen Beweisrechts . . . . . . . 4. Verfassungsrechtliche Ableitung .
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III. Beweiserhebung als Rechtswidrigkeitshandlung . . . . . . . . . .
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IV. Beweisverwertungsverbot wegen vorprozessualer Rechtswidrigkeit . 1. Stand der Diskussion . . . . . . 2. Spezifizierung der Argumente . . a) Wertungsunterschiede zwischen Straf- und Zivilprozess . . . . b) Maßgeblicher Rechtswidrigkeitszeitpunkt, Rechtswidrigkeitszusammenhang . . . . . c) Unredlichkeit . . . . . . . . d) Prozessuale Sanktionsverstärkung . . . . . . . . . . . . e) Fragwürdiger Beweiswert . . . f) Schutzzweck der verletzten Norm . . . . . . . . . . . 3. Kein Sachvortragsverwertungsverbot . . . . . . . . . . . . . .
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Rdn V. Anerkennung der Beweisbedürfnisse, Relativierung des Rechtswidrigkeitsurteils durch Güterabwägung . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Güterabwägungsproblem . . 2. Subsidiäre Beweisverwertung bei notwehrähnlicher Lage . . . . . VI. Einzelne Augenscheinsobjekte . . . 1. Ton(band)aufnahmen, Zeugenvernehmung von Mithörern . . . . 2. Einzelne Personen- und Sachfotos, Film- und Videoaufnahmen . . . a) Personenfotos . . . . . . . . b) Sachaufnahmen . . . . . . . c) Film- und Videoaufnahmen . . VII. Sonstige Informationsverwendungen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Persönlichkeitsbezogene Schriftstücke und Dateien . . . . . . . 2. Beweismittelerlangung durch Spyware . . . . . . . . . . . . . 3. Stasiunterlagen . . . . . . . . . 4. Polygraphische Gutachten . . . . 5. Informationsverwendungsbeschränkungen . . . . . . . . . a) Vermeidung von Grundrechtskonflikten . . . . . . . . . b) Akteneinsichtsrechte . . . . .
26 26 30 32 32 39 39 44 45 50 50 51 52 53 54 54 58
VIII. Ergänzende Zeugenvernehmung und Personalbeweissubstitute . . . 1. Persönlichkeitsrechtsverletzung . 2. Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis . . . . . . . . . . . .
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IX. Dokumente aus beruflichen Vertrauensbeziehungen . . . . . . .
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I. Gründe der Rechtswidrigkeit 1. Überblick
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Der Umgang mit rechtswidrig entstandenen oder beschafften Beweismitteln ist nicht nur ein Problem des Strafprozesses sondern auch des Zivilprozesses. Im Zivilprozess entzündet sich der Konflikt häufig bei der Verwertung von Augenscheinsobjekten; betroffen sind aber auch der Urkunden- und der Zeugenbeweis, so dass es sich um ein allgemeines Beweisrechtsproblem handelt.
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2. Heimlichkeit der Beweismittelentstehung Wenn Beweismittel durch Verwendung von „Schlüssellochtechniken“ erlangt werden, greift deren Verwendung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein. Dazu gehören Tonaufzeichnungen unerlaubt abgehörter nichtöffentlicher Gespräche1 und deren Transkripte ebenso wie gegen den Willen des Wohnungsinhabers nach dessen Überrumpelung aufgenommene Fotos2 und verdeckte Aufnahmen mit Videokameras oder getarnten Kleinstfotoapparaten3. In Betracht kommen des weiteren Lauschzeugen („Hörfalle“)4, das Zeugnis heimlicher Beobachter5 oder die Verwendung gestohlener Urkunden und gestohlener schriftlicher Aufzeichnungen (Tagebuchaufzeichnungen). Für die akustische Wohnraumüberwachung zur Aufklärung von Straftaten auf der Grundlage des Art. 13 Abs. 3 GG iVm §§ 100c ff StPO hat das BVerfG in seinem Urteil vom 3.3.2004 neben dem Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) auch die Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab herangezogen und einen absolut, also abwägungsfrei geschützten Bereich vertraulicher Kommunikation als Teil privater Lebensgestaltung bejaht.6 Dieser vom BVerfG nicht näher bestimmte Bereich7 darf zu Lasten eines Grundrechtsträgers auch im Zivilprozess nicht durch Abwägung gegen Beweisinteressen verletzt werden.8 Zum Schutz vor unbefugtem Ausspähen von Daten, die auf einem Computer gespeichert sind, hat das BVerfG im Jahre 2008 richterrechtlich ein Grundrecht auf Gewährleistung der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme entwickelt, das eine Ausformung des Persönlichkeitsschutzes nach Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG darstellt.9 Wegen Verstoßes gegen das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die individuelle Befugnis beschreibt, über die Preisgabe und Verwendung der persönlichen Daten zu bestimmen10, hat es die Rechtsprechung verboten, eine heimlich eingeholte und privat in Auftrag gegebene 1 13203 BGHZ 27, 284 = NJW 1958, 1344; BGH NJW 1982, 277; BVerfGE 34, 238 = NJW 1973, 891 (strafprozessuale Beschlagnahme mit Beweismaterial zur Hingabe einer Geldsumme als Darlehen oder als Schwarzgeldanteil des Kaufpreises). 3204 2 2 LG Düsseldorf NJW 1959, 629 (Aufnahme zum Nachweis gewerblicher Nutzung der Wohnung). 3 33205 Zur Technik Ernst NJW 2004, 1277, 1278. 4 43206 BVerfG NJW 1992, 815, 816 (Unbemerktes Mithören eines vom Chefredakteur geführten Dienstgespräches durch Verlagsvorstand bei Kenntnis der Abhöreinrichtung); BGH NJW 1964, 165, 166 (Mithören im geschäftlichen Bereich); BGH NJW 1982, 1397 (Mithören des Hotelzimmergesprächs); BGH NJW 1991, 1180 (Lauscher am Türspalt zur Küche zum Abhören eines Darlehensgesprächs) = JZ 1991, 927 m. Anm. Helle; BGH NJW 1994, 2289, 2292 (Gespräch in Gastwirtschaft bei Zusicherung der Vertraulichkeit, Abwehr eines kriminellen Angriffs auf die berufliche Existenz) = JZ 1994, 915 m. Anm. Helle; BAG NJW 1983, 1691 (Mithören über Bürosprechanlage im Nebenzimmer); BAGE 80, 366 = NZA 1996, 218, 221 (Mithören von Kundengesprächen in einer telefonischen Reservierungszentrale während der Probezeit des Arbeitnehmers zulässig); BAG NJW 1998,
1331 = JZ 1998, 790 m. abl. Anm. Foerste und krit. Bespr. Kopke NZA 1999, 917. 5 53207 BGH NJW 1970, 1848 (Lochbohrer-Fall, Einschleusung eines Zeugen in die Wohnung zur Beobachtung der Ehefrau). 3208 6 6 BVerfGE 109, 279, 313 f = NJW 2004, 999, 1003, 1004; Bspr. Gusy JuS 2004, 457 ff. Zur auf das Urteil zurückgehenden gesetzlichen Neufassung der §§ 100c ff StPO vgl. RegE BT-Drucks. 15/ 4533 v. 15.12.2004. Zur Anwendung des Art. 8 EMRK auf strafprozessuale akustische Überwachung EGMR, Urt. v. 12.5.2000, Rs. 35.394/97 – Khan/United Kingdom, ECHR 2000 – V = ÖJZ 2001, 654; zur Anwendung auf die Daten der Internetnutzung EGMR, Urt. v. 3.4.2007, Rs. 62617/00, MMR 2007, 431, 432, Tz. 44. 7 73209 Dazu Baldus JZ 2008, 218, 221 ff. 8 83210 Zum absolut geschützten Bereich des Krankenzimmers in einer Klinik BGH NJW 2005, 3295, 3297 (angeordnete akustische Überwachung, Selbstgespräche des Patienten); dazu Kolz NJW 2005, 3248. 3211 9 9 BVerfG NJW 2008, 822, 824, 827, Tz. 166, 203 – Online Durchsuchung NRW. 10 3212 10 BVerfGE 65, 1, 41 ff = NJW 1984, 419, 422; BVerfGE 84, 192, 194 = NJW 2004, 764, 765; BVerfG NJW 2008, 822, 826, Tz. 198.
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DNA-Analyse zu verwerten, mit der begründete Zweifel an der Abstammung eines Kindes vom Anfechtungskläger geweckt werden sollten11, um das Anfechtungsverfahren in das Stadium einer gerichtlichen Beweiserhebung über die Abstammungsverhältnisse zu bringen12 (näher dazu und zur gesetzlichen Neuordnung durch Schaffung eines Verfahrens der Vaterschaftsfeststellung gem. § 1598a BGB, losgelöst vom Anfechtungsverfahrens: § 372a II). Es kommen aber auch andere Verfahrensgegenstände für derartige DNA-Beweise in Betracht.13 Der Akzent liegt auf der fehlenden Einwilligung der Person, von der die untersuchten Körperzellen stammen, nicht auf einer etwaigen sonstigen Rechtswidrigkeit der Beschaffungshandlung. Rechtswidrig kann deshalb auch die Analyse von Speichelresten sein, die an einem Weinglas oder einer Kuchengabel anhaften,14 wenn das Trägermaterial erlaubt mitgenommen wird. Voraussetzung einer endgültigen Rechtswidrigkeitsbeurteilung ist aber die Einbeziehung der möglichen notwehrähnlichen Lage, in der sich der Beweisführer befinden kann15 (dazu unten II 4 Rdn. 11 und V 2 Rdn. 30 f.). 3. Insbesondere: Recht am gesprochenen oder geschriebenen Wort
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Rechtswidrig ist die Erlangung oftmals, weil sie das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Recht am gesprochenen oder geschriebenen Wort verletzt. Für den Beweis im Zivilprozess besonders bedeutsam ist die Verwertbarkeit auf Tonträger mitgeschnittener oder von Lauschzeugen mitgehörter Telefongespräche. Das Recht am gesprochenen Wort16 erstreckt sich auf die Auswahl der Personen, die Kenntnis vom Gesprächsinhalt erhalten sollen17. Es schützt vor der „Verdinglichung“ des Wortes durch Aufnahme auf einen Tonträger und darüber hinaus vor der Einbeziehung dritter Zuhörer in das Gespräch, deren unerkannte (heimliche) Gesprächsteilnahme nach den Rahmenbedingungen begründetermaßen nicht zu erwarten war.18 Gesichert wird dadurch die Unbefangenheit in der Kommunikation.19 Träger dieses Grundrechts sind auch juristische Personen.20 Unerheblich soll sein, ob das Gespräch einen vertraulichen Inhalt hat oder ob der Anrufer erkennbar Wert auf Vertraulichkeit legt.21 Eine rechtfertigende Einwilligung ist beachtlich, auch wenn sie stillschweigend erfolgt.22 Sie soll nach Auffassung des BVerfG aber nicht konkludent aus der faktischen Verbreitung und Nutzung technischer Mithöreinrichtungen des Telefonapparates folgen.23
3213 111 Zur Feststellung eines für die Vaterschaftsanfechtungsklage früher notwendigen Anfangsverdachts BGH NJW-RR 2008, 449. 12 3214 2 BGHZ 162, 1, 5 ff = BGH NJW 2005, 497, 498 f, bestätigt durch BVerfG NJW 2007, 753, 754, Tz. 65 m. Bespr. Brosius-Gersdorf NJW 2007, 806 ff; BGH NJW 2006, 1657, 1658, Tz. 10 (jedoch a.a.O. 1659 für Einzelfallanalyse); OLG Celle NJW 2004, 449, 450; kritisch Spickhoff FamRZ 2003, 1581 (in Anm. zu einer wettbewerbsrechtlichen Entscheidung des LG München). 13 3215 3 Vgl. VGH Mannheim NJW 2001, 1082 (Arbeitsrechtsstreitigkeit über Verdachtskündigung wegen Verfassens anonymer verleumdender Briefe). 3216 414 So die Konstellation in VGH Mannheim NJW 2001, 1082.
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3217 515 Nicht ausreichend gewürdigt in VGH Mannheim NJW 2001, 1082 (Schwierigkeit der Identifizierung des Briefverfassers anonymer Schreiben). 16 3218 6 BVerfGE 34, 238, 246 f = NJW 1973, 891, 892; 54, 148, 154 = NJW 1980, 2070, 2071; 106, 28, 39 = NJW 2002, 3619, 3621 – Lauschzeuge (zugleich gegen die Heranziehung des Art. 10 Abs. 1 GG). 3219 717 BVerfGE 106, 28, 39 = NJW 2002, 3619, 3621. 18 3220 8 BVerfG NJW 2002, 3619, 3621. 19 3221 9 BVerfG NJW 2002, 3619, 3622. 20 3222 10 BVerfG NJW 2002, 3619, 3622. 21 3223 11 BVerfG NJW 2002, 3619, 3622. 22 3224 12 BVerfG NJW 2002, 3619, 3622; NJW 2003, 2375. 23 3225 13 BVerfG NJW 2002, 3619, 3623; NJW 2003, 2375.
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4. Sonstige Gründe rechtswidriger Beweismittelbeschaffung Rechtswidrig kann auch das Eindringen in fremde Räume zur Aufnahme von Fotos oder die Beschaffung bereits existenter Beweismittel durch einen Diebstahl24 oder durch Täuschung eines Gewahrsamsinhabers sein. Zumeist ist die beweisführende Prozesspartei an der rechtswidrigen Handlung in irgendeiner Weise beteiligt. Zwingend ist dies jedoch nicht; auch Dritte können das spätere Beweismaterial hergestellt haben (z.B. Stasiunterlagen, Zufallsfunde, Rechtsnachfolge25). In Betracht kommt ferner eine Geheimnishehlerei nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG bei Verwendung von Urkunden oder sonstigen Unterlagen, die fremde Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse verkörpern.26 Im Arbeitsrecht kann ein Beweismittel vom Arbeitgeber unter Verstoß gegen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erlangt sein.27 Ohne Belang sind im vorliegenden Zusammenhang rechtswidrige Beweiserhebungen, die wegen eines Verstoßes gegen Vorschriften des Strengbeweisrechts zustande kommen, etwa die Vernehmung eines Zeugen ohne Belehrung über dessen Zeugnisverweigerungsrecht, die Vernehmung ohne Belehrung über das Recht auf konsularischen Beistand nach Art. 36 Abs. 1 lit. b S. 3 Wiener Konsularrechtsübereinkommen28 oder die Auslandsbeweiserhebung unter Verletzung fremder staatlicher Souveränität.
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II. Grenzen der Verwertbarkeit 1. Fehlen einer gesetzlichen Regelung Das Zivilprozessrecht enthält keine Regelungen über die Verwertung derartiger Beweismittel. Einigkeit besteht allerdings darüber, dass dem Persönlichkeitsschutz auch im Beweisrecht des Zivilprozesses Rechnung zu tragen ist. Die EMRK enthält keine Regelung, aus der sich grundsätzlich und abstrakt ein Verwertungsverbot entnehmen ließe.29
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2. Differenzierungen im Strafprozessrecht Für den Strafprozess wird zwischen Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverboten unterschieden.30 Ein Beweiserhebungsverbot betrifft die Rechtswidrigkeit der Beweisgewinnung. Es kann sich darauf richten, dass der Beweis nicht auf ein bestimmtes Beweisthema erstreckt werden darf, dass ein bestimmtes Beweismittel nicht verwandt werden darf, dass eine Beweismethode verboten ist31 oder dass der Beweis nur von einer besonders autorisierten Person erhoben werden darf32. Ein Verwertungsverbot untersagt die Berücksichtigung von beweismäßig bereits festgestellten Tatsachen. Es kann die Folge eines Beweiserhebungsverbotes sein (unselbständiges Verbot), kann aber auch unabhängig davon existieren (selbständiges Verbot).33 Nicht jedes rechtswidrige Handeln im Stadium der Beweiserhebung führt zu einem Verwertungsverbot;34 maßgebend sind insbesondere der Schutzzweck des Erhebungsverbotes und die Notwendigkeit seiner Sicherung durch ein nachfolgendes Verwertungsverbot. 3226 124 So in BAG NJW 2003, 1204. 3227 225 So in BGH NJW 1991, 1180. 26 3228 3 Kiethe JZ 2005, 1034, 1038. 27 3229 4 Dazu Altenburg/Leister NJW 2006, 469 ff (gegen ein daraus abgeleitetes Beweisverwertungsverbot). 3230 528 Verwertungsverbot verneint von BGH NJW 2008, 307, 309, Tz. 23 mwN. 3231 629 EGMR NJW 1989, 654, 655 – Fall Schenk, be-
stätigt in EGMR ÖJZ 2001, 654, 655 f – Fall Khan; a.A. BGHZ 27, 284, 285. 7 Jahn Gutachten 67. DJT S. C 37. 31 3233 8 Zur Strafhafthörfalle BGH NJW 2007, 3138, 3140, Tz. 27. 3234 932 Jahn Gutachten 67. DJT S. C 28 ff. 33 3235 10 Jahn Gutachten 67. DJT S. C 32. 34 3236 11 BGH NJW 2007, 2269, 2271, Tz. 20. 30 3232
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Davon unterscheidbar sind Verwendungsverbote, die jegliche Art der Nutzung einer Information zum Gegenstand haben, also nicht nur deren Verwendung zu Beweiszwecken, und Verwendungsbeschränkungen, bei denen es um die Beschränkung der Informationsverwertung auf einen bestimmten zugelassenen Verwendungszweck geht.35 Sie sind datenschutzrechtlich motiviert.36 3. Eigenständigkeit des zivilprozessualen Beweisrechts
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Die abstrakten Differenzierungen des Strafprozessrechts lassen sich grundsätzlich auch auf den Zivilprozess übertragen. Die konkreten Wertungen im Einzelfall sind für den Zivilprozess aber eigenständig zu entwickeln. Es geht dort nicht um die wechselseitige Ausbalancierung strafverfolgender Staatsmacht und Bürgerfreiheit, auch wenn der Zivilrichter durch seine Entscheidung und das dorthin führende Verfahren Staatsgewalt ausübt. Im Zivilprozess wirken sich Verfahrensrechtsbegünstigungen einer Partei in der Regel automatisch zu Lasten der anderen Partei aus. Die Eigenständigkeit der Wertungen des zivilprozessualen Beweisrechts zeigt sich auch daran, dass die Verwertung von Beweisen im Zivilprozess zugelassen, zugleich aber zur Wahrung des nemo tenetur-Grundsatzes für den Strafprozess gesperrt sein kann.37 4. Verfassungsrechtliche Ableitung
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Das BVerfG leitet aus dem Rechtsstaatsprinzip die Verpflichtung ab, das Beweisrecht, insbesondere die Beweislastregeln, fair zu handhaben und Anforderungen der materiellen Grundrechte wie etwa Art. 2 Abs. 1 GG im gerichtlichen Verfahren zu beachten.38 Daraus werden sodann Grenzen beweismäßiger Verwertung abgeleitet.39 Die Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs verlangt eine Abwägung zwischen dem gegen die Verwertung streitenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf der einen Seite und dem für die Verwertung sprechenden rechtlich geschützten Interesse auf der anderen Seite.40 Dazu zählt das BVerfG im Zivilprozess die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung als wichtigen Belangen des Gemeinwohls.41 Unterschieden wird jedoch zwischen – verfassungsrechtlich offenbar belanglosen – „schlichten“ Beweisinteressen und Beweiserhebungsinteressen mit besonderer Bedeutung für die Rechtsverwirklichung einer Partei.42 Unter Rückgriff auf fachgerichtliche Rechtsprechung wird ein besonderes Interesse angenommen, wenn sich der Beweisführer „in einer Notwehrsituation oder einer notwehrähnlichen Lage“ befindet.43 Die Legitimation zur Aufstellung von Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverboten hat nicht allein der Gesetzgeber,44 auch wenn wiederkehrende typische Konfliktlagen, sofern sie an3237 135 Jahn Gutachten 67. DJT S. C 32. 3238 236 Dazu sowie überhaupt zur Unterscheidung von Verwertungsund Verwendungsverboten Dencker FS Meyer-Goßner (2001), 237, 242 ff, 254. 3239 337 BGHZ 153, 165, 171 = NJW 2003, 1123, 1125. Zum Verbot der Selbstbezichtigung und dessen Reichweite BGH (GS St) NJW 1996, 2940, 2942 f. 3240 438 BVerfGE 106, 28, 48 = NJW 2002, 3619, 3623 = JZ 2003, 1104 m. abl. Anm. Foerste; s. ferner 101, 106, 122 = NJW 2000, 1175 (zu Anforderungen
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an das gerichtliche Verfahren auf Grund materieller Grundrechte). 3241 539 BVerfG NJW 2002, 3619, 3623. 3242 640 BVerfG NJW 2002, 3619, 3624. Ablehnend zur Abwägungslösung Brinkmann AcP 206 (2006), 746, 761. 41 3243 7 BVerfG NJW 2002, 3619, 3624. 3244 842 BVerfG NJW 2002, 3619, 3624. 3245 943 BVerfG NJW 2002, 3619, 3624 (unter Bezugnahme auf BGHZ 27, 284, 289 f = NJW 1958, 1344). 44 3246 10 So aber Dauster/Braun NJW 2000, 313, 319.
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hand der Judikatur ausreichend klar erkennbar werden, von ihm entschieden werden sollten. Der Richter steht unter Entscheidungszwang und kann sich notwendigen Güterabwägungen nicht entziehen.
III. Beweiserhebung als Rechtswidrigkeitshandlung Ob Beweisobjekte (Augenscheinsobjekte, Urkunden) verwertbar sind, die rechtswidrig erlangt wurden, ist zu trennen von der Frage, ob der Akt der Beweiserhebung für sich genommen rechtswidrig ist.45 Diese beiden Beurteilungen der Rechtswidrigkeit müssen sich nicht zwangsläufig decken. Die Einnahme eines Augenscheins durch das Gericht hat zu unterbleiben, wenn sie schon als solche rechtswidrig ist, etwa das Abspielen eines Tonbandes mit einer heimlichen Aufzeichnung nichtöffentlich gesprochener fremder Äußerungen im zivilrechtlichen Ehrenschutzprozess ohne Einwilligung des Betroffenen, die den Straftatbestand des § 201 Abs. 1 Nr. 2 StGB (Gebrauchen einer unerlaubten Aufzeichnung) verwirklicht.46 Dies folgt aus der Bindung der Gerichte an die einfachen Gesetze (Art. 20 Abs. 3 GG) und an die Verfassung (Art 1 Abs. 3 GG). Schief ist die Akzentuierung, das Gericht solle sich – so eine Formulierung des BGH47 – nicht zum Werkzeug einer strafbaren Handlung des Beweisführers machen dürfen; das Gericht wird generell nicht zum Werkzeug der Parteien, wenn es Beweisanträgen der Parteien folgt.48 Wollte man die figurative Argumentation des BGH gelten lassen, könnte man sie beliebig umdrehen und dadurch ad absurdum führen; es ließe sich nämlich auch sagen, dass sich das Gericht mit der Nichtbeachtung des Beweisantrages zum Werkzeug der der Wahrheit zuwider bestreitenden Prozesspartei machen lässt. Auf einem rechtlichen Fehlverständnis beruht die vom BAG unter Bezugnahme auf Beseitigungsansprüche nach §§ 12, 862, 1004 BGB aufgestellte Behauptung, es gebe ein allgemeines Rechtsprinzip, die Ausnutzung eines rechtswidrig herbeigeführten Zustandes zu versagen.49 So ist ein Beweisergebnis im Zivilprozess nicht schon deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil es unter Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts gewonnen wurde.50 Maßgebend ist, dass der Rechtsverstoß u.U. wiederholt und vertieft wird51, wenn etwa das unerlaubt abgehörte Telefongespräch einem weiteren Personenkreis offenbart und spätestens durch das Urteil der Öffentlichkeit bekannt wird52. Dasselbe gilt für erstmalige Verstöße, die durch die Beweiserhebung begangen werden.
3247 145 Helle Anm. zu BGH JZ 1991, 927, 929, 932; Brinkmann AcP 206 (2006), 746, 751. 3248 246 BGH NJW 1982, 277; BayObLG NJW 1990, 197, 198; Kaissis Verwertbarkeit, 150. 3249 347 BGH NJW 1982, 277. 3250 448 Ähnlich die Sicht des englischen Rechts, vgl. Jones v. University of Warwick, [2003] 3 All ER 760; dazu Brinkmann AcP 206 (2006), 746, 756. 49 3251 5 BAG JZ 1998, 790, 792. 50 3252 6 BGH (XII.ZS) NJW 2006, 1657, 1659; OLG Celle NJW-RR 2006, 1527, 1528. Für den Strafprozess ebenso BVerfG NJW 2005, 3205 (LS) = NVwZ 2005, 1175. Anders für eine strafprozessuale Beschlagnahme von Datenträgern in einer
Anwaltskanzlei bei „schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen“ mit „planmäßiger oder systematischer“ Außerachtlassung von Beschlagnahmebeschränkungen BVerfG NJW 2005, 1917, 1923. Für das Schweizer. Zivilprozessrecht gegen ein generelles Verbot BezG Zürich SchwJZ 92 (1996), 360. 51 3253 7 Auf die Perpetuierung weist BGH NJW 1988, 1016, hin (Klage auf Löschung eines mitgeschnittenen Telefongespräches); ebenso BAG JZ 1998, 790, 792 m. krit. Anm. Foerste. 3254 852 Schwab FS Hubmann, 421, 428 f, 432; Zeiss ZZP 89 (1976), 377, 389.
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Der durch die Beweiserhebung verletzte Gegner des Beweisführers kann nicht auf anderweitig bestehende Schutzmöglichkeiten des materiellen Straf- und/oder Zivilrechts verwiesen werden. Zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung einer Rechtsverletzung, die in der Nutzung eines rechtswidrig erlangten Beweismittels in Form der Stellung eines Beweisantrages53 besteht, wären nur in einem konkurrierenden Zivilprozess zu realisieren; sie hätten zudem keine Wirkung gegen die Erhebung des Beweises von Amts wegen.
IV. Beweisverwertungsverbot wegen vorprozessualer Rechtswidrigkeit 1. Stand der Diskussion
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Konkret erörterte Fallgestaltungen betreffen die Verwertung heimlich aufgezeichneter oder mitgehörter Telefongespräche. Sie stehen paradigmatisch für andere Fälle.54 Teilweise wird die Rechtswidrigkeit der prozessualen Verwertungshandlung als der einzige Grund anerkannt, der zu einer Unverwertbarkeit des Beweismittels führt; die Rechtswidrigkeit der Erlangungshandlung soll für die Verwertbarkeit grundsätzlich bedeutungslos sein.55 Dem stehen Positionen gegenüber, nach denen die Rechtswidrigkeit der Erlangung des Beweismittels entweder generell eine Unverwertbarkeit zur Folge hat56, oder die diese Konsequenz jedenfalls dann ziehen, wenn die Erlangungshandlung zugleich einen Grundrechtsverstoß darstellt57, wobei dann aber unter dem Einfluss der Rechtsprechungsentwicklung zumeist angenommen wird, dass sich die Unverwertbarkeit erst aus einer zusätzlichen Güterabwägung ergebe58. Das Rechtswidrigkeitsurteil kann je nach Bezugspunkt unterschiedlich ausfallen, wenn und soweit dafür Verhaltenselemente rechtserheblich sind, die nur im Zeitpunkt der Beweismittelerlangung vorliegen, oder wenn bei Divergenz von Abhörperson und Beweisführer ein Drittverhalten zugerechnet werden soll. Die Rechtsprechung lässt nicht deutlich erkennen, ob bereits die Rechtswidrigkeit der Erlangung zu einem Verwertungsverbot führen soll.59 Vielfach wird das Ergebnis davon nicht abhängen. Auch der Gesetzgeber, der für eine effektive Ausgestaltung des Schutzes der Person zu sorgen hat, kann frei nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten
3255 153 So ist wohl der Lösungsweg von Dauster/Braun NJW 2000, 313, 319, zu verstehen, die einen (zudem fehlerhaften) Hinweis auf eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO geben. 3256 254 Vgl. den von Dauster/Braun NJW 2000, 313, geschilderten Sachverhalt der beweismäßigen Nutzung gespeicherter Daten durch einen Netzwerkbetreiber im Vertragsrechtsstreit. 55 3257 3 Dauster/Braun NJW 2000, 313, 318; Kodek Rechtswidrig erlangte Beweismittel, 122 ff, 153 f, 191; H.Roth Verwertung, in: Erichsen/Kollhosser/Welp Recht der Persönlichkeit, 279, 287, 294 f; Werner NJW 1988, 993, 1000; Zeiss ZZP 89 (1976), 377, 394; wohl ebenso Schwab FS Hubmann, 421, 427, 431. 3258 456 LAG Berlin ZZP 96 (1983), 113; Pleyer ZZP 69 (1956), 321, 334 (pauschal mit Arglist argumentierend); Siegert NJW 1957, 689. 3259 557 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 24; Gamp DRiZ 1981, 41, 43; Gamp Anm. zu LAG Berlin ZZP 96 (1983), 113, 116; Habscheid Ge-
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dächtnisschrift H. Peters, 840, 865; Kiethe MDR 2005, 965, 966; ders. JZ 2005, 1034, 1037; nicht darauf sondern auf den Sinn und Zweck der verletzten Norm abstellend, jedoch dasselbe Ergebnis erzielend Stein/Jonas/Leipold22 § 284 Rdn. 88; zusätzlich auf die „Beweisintention“ abstellend Kaissis Verwertungsverbot, 125. 58 3260 6 Baumgärtel FS Klug, 477, 480, 484; Stein/Jonas/ Berger22 vor § 371 Rdn. 10; MünchKomm-ZPO/ Zimmermann3 § 371 Rdn. 6, 7 (ausnahmsweise bei notwehrähnlicher Lage); s. auch Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 25. 3261 759 Anders aber OLG Karlsruhe NJW 2000, 1577, 1578. Die mangelnde Unterscheidung rügt Helle JZ 1991, 929, 932 in Anm. zu BGH NJW 1991, 1180; s. auch Dauster/Braun NJW 2000, 313, 317. Von Konturenlosigkeit der Auffassungen zur Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise und Beweismittel spricht BGH NJW 2006, 1657, 1659 (Fall der heimlichen DNA-Analyse).
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entscheiden, wo er die Verbotsschwelle setzen will, etwa bereits beim heimlichen Aufnehmen des gesprochenen Wortes auf Tonträger oder erst bei dessen Verwertung.60 2. Spezifizierung der Argumente a) Wertungsunterschiede zwischen Straf- und Zivilprozess. Antworten, die für den Strafprozess gegeben werden, sind – entgegen der gegenteilig klingenden Ansicht des BVerfG61 – auf den Zivilprozess nicht übertragbar. Dass der staatliche Strafanspruch zurücktritt, weil die Wahrheitserforschung beschränkt werden soll, besagt nichts für den Konflikt zwischen gleichgeordneten Zivilprozessparteien.62 Setzt sich eine Partei mit ihrer beweisbedürftigen Behauptung nicht durch, weil das rechtswidrig geschaffene oder durch rechtswidrige Beschaffung erlangte Beweismittel nicht verwertet wird, obwohl der Beweis damit geführt werden könnte, obsiegt die Gegenpartei, die die Behauptung – u.U. im Vertrauen auf die Bejahung eines Verwertungsverbotes – wider besseres Wissen bestritten hat. Unergiebig ist aus denselben Gründen das Argument, die „Einheit der Rechtsordnung“ gebiete eine Unterlassung der Beweiserhebung.63
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b) Maßgeblicher Rechtswidrigkeitszeitpunkt, Rechtswidrigkeitszusammenhang. Materiellrechtlich rechtswidrige Handlungen aus der Phase der Beweismittelgewinnung schlagen nicht notwendig auf den Zeitpunkt der Verwertung im Prozess durch.64 Deutlich macht dies die Nachholbarkeit der Zustimmung des Abgehörten. Befugt im Sinne des § 201 StGB erfolgt eine Gesprächsaufzeichnung nicht nur, wenn im Aufnahmezeitpunkt eine Einwilligung vorliegt, sondern auch bei späterer Zustimmung. Sie macht die prozessuale Verwertung durch Beweisaufnahme zulässig. Gelangt ein Beweisobjekt (Urkunde, Augenscheinsobjekt) infolge Diebstahls, Unterschlagung, Betrugs oder sonstiger Straftat in die Verfügungsmacht des Beweisführers und hätte der Beweisführer die Verfügungsgewalt auch über einen materiellrechtlichen oder prozessualen Vorlegungsanspruch nach §§ 422, 423 (gegebenenfalls in Verb. mit § 371 Abs. 2 S. 2) erlangen können, so fehlt es am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Beschaffungsstraftat und der Verwendung als Beweismittel.65 Der strafrechtliche Schutz des Eigentums bezweckt nicht, den Eigentümer von Urkunden vor deren Verwertung als Beweismittel zu bewahren, wie sich neben den §§ 422 f ZPO auch aus § 810 BGB ergibt.66 Zudem kann eine Beweiserhebung trotz Rechtswidrigkeit der Beweismittelbeschaffung gerechtfertigt sein, weil sich der Beweisführer in einer notwehrähnlichen Lage befindet.67 Ein allgemeines Rechtsprinzip, wonach die Verwertung einer rechtswidrig herbeigeführten Lage unzulässig ist, gibt es nicht.68
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3262 160 Vgl. v.Mangoldt/Klein/Starck5 GG, Art. 1 Abs. 1 Rdn. 110. 3263 261 Vgl. BVerfG NJW 2002, 3619, 3623 a.E. (Pauschalaussage zur Verwertung grundrechtsrelevanter Informationen im Straf- und im Zivilprozess). Ausdrücklich für eine Gleichstellung aller Prozessarten bei gleichzeitig rigidem Verwertungsverbot Habscheid SJZ 89 (1993), 185, 191; gegen ihn BezG Zürich, Bl.f.Zürch.Rspr. 1995, 114, 115 f; Walder SJZ 89 (1993), 191 ff. 62 3264 3 So auch BGH NJW 1982, 277, 278; VersR 1984, 458, 459; BGHZ 153, 165, 171 = NJW 2003, 1123, 1125. 3265 463 Dafür aber LAG Berlin ZZP 96 (1983), 113; Siegert NJW 1957, 689, 690. Dagegen: Schwab FS
Hubmann, 421, 427 f; Zeiss ZZP 89 (1976), 377, 389. 5 Ebenso Zeiss ZZP 89 (1976), 377, 389, 394; W. Lang Ton- und Bildträger, 132. 3267 665 Im Ergebnis gleichfalls gegen ein Verwertungsverbot BAG NJW 2003, 1204, 1206; Musielak/ Foerste6 § 286 Rdnr. 6; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 25; Kodek ÖJZ 2001, 281, 294 (generell bei bestehender Mitwirkungspflicht der gegnerischen Partei); H.Roth in: Erichsen/Kollhosser/Welp Recht der Persönlichkeit, 279, 282. 3268 766 BAG NJW 2003, 1204, 1206. 3269 867 Vgl. BVerfG NJW 2002, 3619, 3624. Im Ergebnis ebenso Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 6 und 8. 3270 968 A.A. OLG Karlsruhe NJW 2000, 1577, 1578 im 64 3266
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Letztlich hängt das Urteil über die Reichweite eines Beweisverwertungsverbotes wegen der vorprozessualen Rechtswidrigkeit von der Grundrechtsexegese ab; deren Erkenntnisstand hat sich seit Abgabe älterer Stellungnahmen in der Prozessrechtsdiskussion verändert (zur Güterabwägung unten V 1 Rdn. 26 ff.).
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c) Unredlichkeit. Zu diffus ist die Argumentation, der Beweisführer verhalte sich unredlich, wenn er die Beweisaufnahme unter Verwendung eines von ihm materiell rechtswidrig erzeugten Beweismittels beantrage.69
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d) Prozessuale Sanktionsverstärkung. Ein generelles Verwertungsverbot wegen der außerprozessualen Rechtswidrigkeitshandlung muss nicht schon deshalb praktiziert werden, um die generelle Aussichtslosigkeit eines später gestellten Beweisantrages allseits bekannt werden zu lassen und den Anreiz zur rechtswidrigen Beweismittelerzeugung nehmen.70 Eine derartige präventionsverstärkende Entmutigung des Rechtsverletzers könnte ohnehin nur in den Fällen wirken, in denen die Persönlichkeitsrechtsverletzung von vornherein mit einer Beweisintention vorgenommen wird. Soweit die Rechtswidrigkeitshandlung gem. § 201 StGB mit Strafe bedroht ist, reicht die Strafsanktion aus;71 die Einbringung des Beweismittels in den Zivilprozess offenbart notwendig die Verletzung und eröffnet damit die Verfolgungsmöglichkeit. Einzuräumen ist allerdings, dass die Zulassung heimlicher Tonaufnahmen auf Grund einer Einzelfallabwägung um der Beweisinteressen des Betroffenen willen den Strafrechtsschutz in Fällen entwertet, in denen die Beweisinteressen nicht die Oberhand gewinnen; bei fehlschlagender Abwägung kann sich der spätere Beweisführer aus subjektiven Gründen (Berufung auf Irrtum) entlasten.72 Unzutreffend ist die Annahme, eine Sanktionsverstärkung durch Befürwortung eines Verwertungsverbotes scheide aus, weil für jede Rechtswidrigkeitshandlung eigenständige Sanktionen vorgesehen seien;73 ob die Sanktionen als jeweils abschließend anzusehen sind, ist gerade das Thema des Streites.
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e) Fragwürdiger Beweiswert. Das Überlisten einer Prozesspartei mit einem außergerichtlich rechtswidrig gewonnenen Beweismittel kann den Beweiswert herabsetzen. Ein angeblicher Lauschzeuge aus dem Lager des Beweisführers kann präsentiert werden, ohne das Gespräch überhaupt angehört zu haben. Auch mag der Beweisgegner im Vertrauen auf die Beweislosigkeit des Gesprächsinhalts bewusst auf eigene Beweissicherungen verzichtet haben. Mit der Fragwürdigkeit des Beweiswertes lässt sich kein generelles Verwertungsverbot legitimieren.74
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f) Schutzzweck der verletzten Norm. Den Schutzzweck der jeweils verletzten Norm zum Kriterium zu erheben, ob eine prozessuale Sanktion geboten ist75, greift Anschluss an Stein/Jonas/Leipold21 § 284 Rdn. 56, der allerdings nicht die rigorosen Konsequenzen des OLG Karlsruhe zieht. 3271 169 So aber Rosenberg/Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 25; Gemmeke Beweisverwertungsverbote, 163 ff, 199 ff, 221 ff; Baumgärtel FS Klug, 477, 484 (selbst eine Konkretisierung verlangend); Pleyer ZZP 69 (1956), 321, 334. Distanziert BGH NJW 2006, 1657, 1659. 70 3272 2 Ebenso MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 66; Kodek ÖJZ 2001, 281, 288 f; a.A. Kopke NZA 1999, 917, 920; die Berechtigung dieser Position für möglich haltend Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 6.
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3273 371 A.A. Kaissis Beweisverwertungsverbot, 121, 125. 3274 472 Dies konzediert BGH NJW 1982, 277, 278, ohne daraus generalisierende Schlussfolgerungen abzuleiten. 3275 573 So Gamp Anm. zu LAG Berlin ZZP 96 (1983), 113, 116; ders. DRiZ 1981, 41, 43. 74 3276 6 Ebenso MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 66; Foerste Anm. JZ 1998, 793, 794 (zum BAG). 75 3277 7 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 284 Rdn. 66; Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 6 (wohl unter Überinterpretation der Reichweite von BGHZ 153, 165, 172).
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zwar eine geläufige methodische Praxis auf, darf aber nicht verdecken, dass richterrechtlich eine rechtspolitische Festlegung de lege lata erfolgt. Eine einzelfallbezogene Entwicklung der Beurteilungskriterien auf der Grundlage einer Güterabwägung ist apodiktischen Behauptungen über Schutzzwecke trotz der Unsicherheit einer Ergebnisprognose vorzuziehen. 3. Kein Sachvortragsverwertungsverbot Sachvortrag, der unstreitig ist und daher keines Beweises bedarf, dessen Kenntnis aber aus einer Lauschaktion stammt, verfällt nicht einem Verwertungsverbot.76 Der unzutreffend behauptete Rechtssatz einer unzulässigen Ausnutzung einer rechtswidrig geschaffenen Lage wird damit über den Bereich der schon unsicheren Beweisverwertungsverbote hinausgeführt, obwohl eine Vertiefung der zuvor begangenen Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht stattfindet, vielmehr der rechtswidrig Abgehörte durch Nichtbestreiten der Tatsachenverwertung zustimmt. Anschauungsmaterial liefert auch die frühere Praxis des Vaterschaftsanfechtungsprozesses. Eine privat in Auftrag gegebene DNA-Analyse, die auf heimlich beschafftem körperlichen Untersuchungsmaterial beruhte (dazu oben I 2 Rdn. 3), wurde vor Schaffung der Regelung des § 1598a BGB im Jahre 2008 faktisch benötigt, um sie einer Abstammungsanfechtungsklage als qualifizierten Parteivortrag beizufügen. Da man die Informationserlangung als rechtswidrig ansah, scheiterte die Verwertung der Information im Anfechtungsprozess, weil der Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dadurch vertieft wurde;77 durch den schriftsätzlichen Vortrag musste das Gericht nämlich von Abstammungszweifeln überzeugt werden, damit auf die Vaterschaftsanfechtungsklage hin eine gezielte Begutachtung angeordnet wurde. Holte das Gericht aber gleichwohl ein Sachverständigengutachten ein, gegen dessen Befunderhebung sich die Testperson nicht zur Wehr gesetzt hatte, war dieses Gutachten verwertbar.78 Das erscheint richtig, weil es im Zivilprozess kein Fernwirkungsverbot gibt, eine rechtswidrig gewonnene Information, die Auslöser der Beweiserhebungsanordnung war, also nicht das zulässige Beweismittel „infiziert“.
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V. Anerkennung der Beweisbedürfnisse, Relativierung des Rechtswidrigkeitsurteils durch Güterabwägung 1. Das Güterabwägungsproblem Das Verbot rechtswidriger Beweiserhebung wegen Eindringens in die Persönlichkeitssphäre ist relativierbar. Signifikant ist dies, wenn der Persönlichkeitsschutz des Beweisgegners auf den vom Beweisführer mit der Beweiserhebung durchzusetzenden Persönlichkeitsschutz trifft.79 So versuchte der Beweisführer im Fall BGH NJW 1982, 277 einen anonymen Anrufer zu identifizieren, um eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung abzuwehren. Auch gegenüber wirtschaftlichen Interessen des Beweisführers, deren Schutz unter Art. 14 GG fällt, hat das Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners nicht per se einen höheren Rang.80 Freimachen muss man sich 3278 176 Zutreffend Heinemann MDR 2001, 137, 138, in Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Ansicht des OLG Karlsruhe NJW 2000, 1577, 1578 = MDR 2000, 847, 848 m. abl. Anm. Schneider 1029 f. 3279 277 So auch Rittner/Rittner NJW 2002, 1745, 1751. 3280 378 BGH NJW 2006, 1657, 1659 f (insoweit kein Ver-
stoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung). 4 Vgl. die Kritik von Helle JZ 1991, 929, 931, an der Verabsolutierung der Schutzes einer Prozesspartei; ebenso Kodek ÖJZ 2001, 281, 297. 3282 580 Ebenso Kodek ÖJZ 2001, 281, 297. Arzt JZ 1973, 506, 507, hat gegenüber der Schwarzgeldent79 3281
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dafür allerdings von dem Argumentations-Pathos, das durch pejorative Kennzeichnung der Mithöraktion („gedungener Spitzel“) zugunsten der Bejahung einer rechtswidrigen Persönlichkeitsverletzung des Beweisgegners erzeugt wird.81 Die paradigmatischen Fälle der heimlichen Tonaufnahme, zu denen zunehmend Fälle heimlicher Bildaufnahme treten, zeigen, dass die Verletzung des Rechts am gesprochenen Wort nicht mit einem Eingriff in den nach Art. 1 Abs. 1 GG unantastbaren, abwägungsfrei geschützten82 Kernbereich der Persönlichkeit gleichzusetzen ist83. Soweit die Menschenwürde nicht betroffen ist, darf eine – wenn auch strenge84 – Abwägung gegen andere Rechtspositionen erfolgen; es gilt also kein absolutes Verbot der Aufzeichnung und Verwertung. Die Straftatbestände der §§ 201 und 201a StGB bringen dies ihrerseits dadurch zum Ausdruck, dass sie den Schutz nur der „unbefugten“ Aufnahme zuteil werden lassen.85 Im Rahmen der Güterabwägung sind gleichzeitig ein möglichst umfassender Grundrechtsschutz und die möglichst ungeschmälerte Verfolgung der Aufgaben des Zivilprozesses, nämlich der Durchsetzung des materiellen Rechts und der hierfür notwendigen Sachverhaltsaufklärung zu verwirklichen.86 Die Güterabwägung soll sich nach Auffassung des BGH an den in § 34 StGB besonders normierten allgemeinen Grundsätzen ausrichten, nach denen dem Interesse des einen Schutzgutes ein anderes nur zu weichen hat, wenn jenes im konkreten Fall wesentlich überwiegt und auf anderem Weg nicht geschützt werden kann.87 Das Interesse an der Wahrheitsfindung muss danach das Schutzanliegen des gesprochenen Wortes deutlich übersteigen. Soweit im Ergebnis ein Verwertungsverbot besteht, darf es nicht durch die Vernehmung eines Zeugen über den Inhalt des Beweismittels umgangen werden.88 Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsprechung des BVerfG zu deuten, die im Lauschzeugenbeschluss v. 9.10.200289 ihren vorläufigen Abschluss gefunden hat (dazu die nachfolgende Rdn. 29 und schon oben Rdn. 11). Die zuvor dargelegte Güterabwägung geht unzutreffend von einer Prävalenz des Persönlichkeitsschutzes statt von einer offenen Abwägung aus. Die Argumentation wird damit Opfer eines an sich zutreffend beschrittenen methodischen Weges, Rahmenrechte wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht für einzelne Sachverhaltstypen in richterrechtlich geformte, konsolidierte Tatbestände mit Typisierung der die Rechtswidrigkeit regelmäßig konstituierenden Merkmale zu gießen, bei denen das abschließende Rechtswidrigkeitsurteil nur durch Eingreifen eines besonderen Rechtfertigungsgrundes vermieden werden kann. Einen solchen Tatbestand des „Rechts am gesprochenen Wort“ mit einer „Wortadressierungsmacht“90 einzelner Gesprächsteilnehmer gab es jedoch nicht.91 Faktisch wird aus dem Recht, unbefangen ins Unreine sprechen zu dürfen, ein „Recht auf Unbeweisbarkeit des eigenen Wortes“92. scheidung BVerfGE 34, 238 = NJW 1973, 891 angemerkt, der Persönlichkeitsschutz des Käufers habe den Kläger 70.000 DM gekostet. 3283 181 Kritisch zu diesem rhetorischen Trick sowie zur Zurücksetzung (vermeintlich nur) ökonomischer Interessen Helle JR 2000, 353, 354 Fn. 21; ders. RabelsZ 60 (1996), 448, 453. 82 3284 2 Unzutreffend a.A. BayObLG NJW 1992, 2370. 3285 383 v. Mangoldt/Klein/Starck5 Art. 1 Abs. 1 GG Rdn. 61 f, 109, Art. 2 Abs. 1 GG Rdn. 93, 95, 171, 174. 3286 484 v. Mangoldt/Klein/Starck5 Art. 1 Abs. 1 GG Rdn. 61. 3287 585 Zum (begrenzten) Schutz gegen Bildaufnahmen
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durch § 201a StGB Hoppe GRUR 2004, 990 ff; Ernst NJW 2004, 1277 ff. 3288 686 Werner NJW 1988, 993, 1000. 3289 787 So die Formel aus BGH NJW 1982, 277, 278, dort auch mit der Sentenz von der Feststellung einer „notwehrähnlichen Lage“. 88 3290 8 OLG Stuttgart MMR 2002, 746, 752 – PowerFlirtline; OLG Karlsruhe NJW 2000, 1577, 1578; BayObLG NJW 1990, 197, 198; MünchKommZPO/Zimmermann3 § 371 Rdn. 6; Pleyer ZZP 69 (1956), 321, 337. 3291 989 BVerfGE 106, 28 = NJW 2002, 3619. 90 3292 10 So Helle JR 2000, 353, 356. 91 3293 11 S. dazu Helle JR 2000, 356 f.
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2. Subsidiäre Beweisverwertung bei notwehrähnlicher Lage Das BVerfG hat eine Zurücksetzung der Grundrechtsbelange des Beweisgegners zugunsten einer materiell richtigen, nämlich auf zutreffend festgestellten Tatsachen beruhenden Entscheidung bei gesteigertem, über ein schlichtes Beweisinteresse hinausgehendem Beweisinteresse bejaht. Dafür muss sich der Beweisführer in einer Notwehrsituation oder in einer – mangels gegenwärtigen Angriffs – notwehrähnlichen Lage befinden (oben I 2 Rdn. 3).93 Sie muss offenbar mit einer Beweisnot einhergehen. Das mittels eines Grundrechtseingriffs erlangte Beweismittel wird unter diesen Voraussetzungen subsidiär verwertbar,94 wobei die Voraussetzungen der Beweissubsidiarität im Einzelnen noch unklar sind. Soweit das BVerfG das „allgemeine Beweisinteresse“ als nichtrechtfertigend qualifiziert und sich dafür auf eine „einhellige Auffassung der Zivilgerichte“ beruft95, suggeriert es einen breiten fachlichen Konsens, der jedoch weder auf eine größere Zahl argumentativ übereinstimmender Judikate, noch auf eine Zustimmung des Schrifttums zu stützen war. Es ist wenig einleuchtend, weshalb die Abwehr eines im Versuch eines Prozessbetruges stehenden Angriffs zunächst mit anderen Beweismitteln erfolgen soll. Geht man wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des BVerfG (§ 31 BVerfGG) von dessen Kriterien aus,96 bedarf der Klärung, wann eine notwehrähnliche Lage zu bejahen ist, die subsidiär zur Beweisverwertung berechtigt. Dies trifft in Telefonlauschfällen ohne Bedenken zu, wenn mittels des abgehörten Telefongesprächs eine Straftat oder sonstige Rechtsverletzung des Belauschten – z.B. Telefonterror oder Erpressung – begangen wird, die zivilrechtliche Abwehr- oder Schadensersatzansprüche auslöst.97 Ungeklärt sind die Fälle des Prozessbetruges.98 Zweifelhaft ist bei ihnen insbesondere, ob schon im Zeitpunkt des Belauschens ein begründeter Anfangsverdacht bestanden haben muss, der im späteren Prozess zunächst zu beweisen oder zumindest glaubhaft zu machen ist, etwa durch Vorlage vorprozessualer Korrespondenz oder durch das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme. Sinnvoll wäre es, den vom BVerfG eröffneten offenen Beweiserhebungstatbestand ohne Rücksichtnahme auf einen im Abhörzeitpunkt bestehenden Verdacht analog § 448 zu formulieren. Zu prüfen wäre dann, ob „das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme“ eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptung des Beweisführers erbringt, so dass mit der Beweiserhebung über das Telefongespräch nur restliche Zweifel ausgeräumt werden sollen. Hat der Beweisführer die Beweisnot selbst verursacht, indem er es versäumt hat, rechtzeitig für eine anderweitige Beweisbarkeit zu sorgen, soll dies nach Ansicht des XI. Zivilsenates des BGH der Vernehmung eines Lauschzeugen entgegenstehen;99 in dieser Pauschalität ist die Verneinung einer notwehrähnlichen Lage nicht überzeugend. 3294 192 So Kodek Rechtswidrig erlangte Beweismittel, 152. 3295 293 BVerfGE 106, 28, 50 = NJW 2002, 3619, 3624. Ebenso BGHZ 27, 284, 290 = NJW 1958, 1344; NJW 1982, 277, 278; NJW 2003, 1727, 1728 (unter Beachtung des BVerfG-Beschlusses); BAG NJW 2005, 313, 316; zur Güterabwägung auch BGH NJW 1994, 2289, 2292; NJW 1998, 155. 94 3296 3 Kritisch dazu schon vor dem Lauschzeugenbeschluss des BVerfG Kodek ÖJZ 2001, 334 f. 3297 495 BVerfG NJW 2002, 3619, 3624 (4 b). Genannt werden zuvor die Entscheidungen BGHZ 27,
284, 290; BGH NJW 1982, 277, 278; NJW 1988, 1016, 1018; NJW 1998, 155. 3298 596 So denn auch BGH NJW 2003, 1727, 1728. 3299 697 Vgl. Foerste NJW 2004, 262. 3300 798 Dazu auch Foerste NJW 2004, 262, 263. Bei Anhaltspunkten für einen Prozessbetrugsversuch auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme für eine Beweiserhebung durch Abhören der Tonbandgesprächsaufzeichnung (österr.) OGH JBl. 2000, 458, 460 = ÖJZ 2000, 347, 348. 3301 899 BGH NJW 2003, 1727, 1728 (bare Darlehensauszahlung von 180.000 DM in fünf Teilbeträgen in Freundschaftsbeziehung).
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VI. Einzelne Augenscheinsobjekte 1. Ton(band)aufnahmen, Zeugenvernehmung von Mithörern
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Die Behandlung von akustischen Gesprächsaufzeichnungen und deren abschriftlicher Wiedergabe sowie die gleichzustellende Vernehmung von Lauschzeugen richtet sich nach den Grundsätzen, die das BVerfG in seinem Beschluss vom 9.12.2002100 (oben V 1 Rdn. 28 f.) aufgestellt hat; in ihn ist ältere fachgerichtliche Praxis eingeflossen, die nachfolgend detailierter darzustellen ist. Zu beachten ist auch der durch Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützte Bereich (s. oben V 1 Rdn. 27). Tonaufnahmen sind unverwertbar, wenn die Verwertungshandlung selbst, also das Abspielen in der Beweisaufnahme, einen Rechtsverstoß darstellt. Das ist an Art. 2 Abs. 1 iVm Art 1 Abs. 1 GG zu messen. Parallel erfolgt die Prüfung des § 201 Abs. 1 Nr. 2 StGB, dessen Tatbestandsmerkmal „unbefugt“ gleichlaufend mit der Bestimmung der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht auszulegen ist.101 Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gilt auch für Zeugen.102 Ein Eingriff in den absolut geschützten Kernbereich persönlicher Lebensgestaltung ist stets rechtswidrig (s. oben V 1 Rdn. 27).103 Außerhalb dieses Kernbereichs ist die Rechtswidrigkeit typischerweise zu bejahen,104 jedoch können die Aufzeichnung und/oder deren Verwertung ausnahmsweise gerechtfertigt sein, insbesondere wenn die Verwertung wegen einer notwehrähnlichen Lage erfolgt105 (oben II 4 Rdn. 11). Das allgemeine Interesse an der Verschaffung einer Gedächtnisstütze oder eines Beweismittels für eine spätere Auseinandersetzung rechtfertigt die Aufzeichnung nicht.106 Jeweils gesondert zu prüfen ist die Rechtmäßigkeit der Verwertungshandlung. Die Verwertung findet u.a. rechtmäßig statt, wenn sie mit Einwilligung des Betroffenen erfolgt.107 Geschützt sind nicht nur Gespräche im privaten, häuslichen Bereich, sondern auch vertrauliche Gespräche in einem Hotelzimmer108, einem Krankenzimmer in einer Klinik109, einer Gastwirtschaft110 oder im Arbeitsbereich111. Geschützt sind neben Privatgesprächen auch geschäftliche (Vertrags)Verhandlungen.112 Verneint wurde der Schutz für den Mitschnitt der Predigt in einer Moschee.113 Der Schutzbereich ist nicht betroffen, wenn der objektive Gehalt des Gesprächs so sehr im Vordergrund steht,
100 13302 BVerfGE 106, 28 = NJW 2002, 3619. 101 23303 BGH NJW 1982, 277, 278. 102 33304 BayObLG NJW 1990, 197, 198; KG NJW 1967, 115; Pleyer ZZP 69 (1956), 321, 327. 103 43305 BVerfGE 34, 238, 245 = NJW 1973, 891, 892; BGH NJW 2003, 1727, 1728; NJW 1988, 1016, 1017; OLG Köln NJW 1987, 262, 263; Schwab FS Hubmann, 421, 428; unzutreffend a.A. BayObLG NJW 1992, 2370. 104 53306 BGHZ 27, 284, 289 („grundsätzlich widerrechtlich“); BGH NJW 1988, 1016, 1018; E.Peters ZZP 76 (1963), 144, 155 f. 105 3307 6 Entscheidungen zu Güterabwägungen: BGHZ 27, 284, 290; BGH NJW 1982, 277, 278; BGH NJW 1988, 1016, 1017 f; NJW 2003, 1727, 1728; BayObLG NJW 1990, 197; OLG Köln NJW 1987, 262, 263; LAG Berlin DB 1988, 1024 (Rechtmäßigkeit bejaht für Aufklärung der Unterschlagung von Kassenbeträgen durch Angestellte im Ladengeschäft).
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106 3308 7 BGHZ 27, 284, 290; BGH NJW 1970, 1848; BGH NJW 1982, 277, 278; BGH NJW 1988, 1016, 1018. 107 83309 BGH NJW 1988, 1016, 1017. 108 3310 9 BGH NJW 1982, 1397, 1398. 109 3311 10 Vgl. BGH NJW 2005, 3295, 3297 (zu strafprozessualen Raumüberwachung, mit eventueller Einschränkung bei behandlungsbedingter Überwachung). 110 3312 11 BGH NJW 1994, 2289, 2293. 111 3313 12 BVerfG NJW 1992, 815, 816. 112 3314 13 BGH NJW 1988, 1016 (Nachforderung von Transportlohn; Mithören bei sich anbahnender Auseinandersetzung); BGH NJW 2003, 1727 (Darlehen über 180.000 DM); OLG Köln NJW 1987, 262 (Behauptung arglistiger Täuschung beim PKW-Kauf). 113 3315 14 OLG Brandenburg GRUR-RR 2007, 334, 335 – Hassprediger.
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dass die Persönlichkeit des Sprechenden nahezu vollends dahinter zurücktritt und das gesprochene Wort damit seinen privaten Charakter verliert, etwa bei telefonischen Durchsagen, Bestellungen oder Börsennachrichten im geschäftlichen Verkehr.114 Daraus darf jedoch nicht abgeleitet werden, es käme bei anderen Gesprächen auf eine das Beweisverbot einschränkende Prüfung an, ob es sich bei den ausgetauschten Informationen um personale Kommunikationsinhalte oder gar um besonders persönlichkeitssensible Daten handelt.115 Tonaufzeichnungen über nichtverbale Lautäußerungen geistig schwer behinderter Menschen, die in einem benachbarten Heim betreut werden, sind ein zulässiges Beweismittel;116 bei ihnen geht es um die Charakteristik des Tons. Die Zulässigkeit dieser Beweiserhebung wäre im übrigen auch dann zu bejahen gewesen, wenn die Äußerungen einen Informationsgehalt gehabt hätten oder einer bestimmten Person hätten zugeordnet werden können, weil die Äußerungen auf dem Grundstück des Klägers ohne technische Hilfsmittel wahrnehmbar waren. Der Schutz des Rechts am gesprochenen Wort richtet sich nicht nur gegen die Verdinglichung durch Aufzeichnung, sondern ebenso gegen das Mithören ohne Zustimmung.117 Das BVerfG hat nicht gelten lassen wollen, dass auf Grund der heutigen technischen Ausstattung der Fernsprechgeräte mit Lautsprechern jeder geschäftliche wie private Benutzer damit rechnen muss, dass eine weitere Person bei eingeschaltetem Lautsprecher mithört118 (oben V 1 Rdn. 28). Durch die großzügige Bejahung einer mutmaßlichen Einwilligung in das Mithören wegen fehlender Vertraulichkeit des Gesprächs119 wird die Rechtsprechung des BVerfG konterkariert, auch wenn es sich um eine lebensnahe Würdigung handelt. Damit ist die erwogene rechtliche Differenzierung zwischen der Lautsprecherfunktion des Telefons und einer Büroabhöranlage120 gegenstandslos. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist auch beim Sachverhalt des Mithörens ohne technische Einrichtung durch Notwehr oder eine umfassende Güterabwägung zu rechtfertigen.121 Grundsätzlich gelten die Überlegungen für heimliche Tonaufnahmen, wenngleich heimliches Mithören und die darauf bezogene Zeugenaussage eine geringere Eingriffstiefe als eine dauerhafte Schallaufzeichnung hat.122 Ungeklärt ist, ob Beweiserhebungsbeschränkungen gegen die Vernehmung eines Mithörers bestehen, wenn dieser Zeuge das Gespräch ohne Einschaltung der Lautsprecherfunktion zwangsläufig anhören musste, weil die Lautstärkeregelung für die Ohrmuschel des Telefonhörers auf ein Maximum eingestellt war. Dagegen spricht, dass man immer mit der Anwesenheit fremder Personen in dem Raum rechnen muss, in dem sich das Telefon befindet.123 3316 1114 BVerfG NJW 1973, 891, 892, Formulierungen aus BGHZ 27, 284, 286 aufgreifend; BayObLG NJW 1990, 197, 198. 115 23317 BGH NJW 2003, 1727, 1728. 116 3318 3 OLG Köln NJW 1998, 763, 765 (zur nachbarrechtlichen Duldungspflicht nach § 906 Abs. 1 BGB). 117 43319 BVerfG NJW 2002, 3619, 3622; NJW 1992, 815, 816; BGH NJW 2003, 1727, 1728; NJW 1994, 2289, 2292 m. Anm. Helle JZ 1994, 915; NJW 1982, 1397, 1398; BAG NJW 1983, 1691, 1692; LAG Berlin ZZP 96 (1983), 113, 114. 118 3320 5 BVerfG NJW 2002, 3619, 3622; ebenso BAG NJW 1988, 1331, 1333 m. abl. Anm. Foerste JZ 1998, 793 f; LAG Berlin ZZP 96 (1983), 113, 114 m. abl. Anm. Gamp a.a.O. 117. A.A. BGH NJW
1982, 1397, 1398; OLG Düsseldorf NJW 2000, 1578, 1579. Wegen mutmaßlicher Einwilligung einen Verstoß gegen § 201 Abs. 2 Nr. 1 StGB verneinend BGH (2.StS) NJW 1994, 596, 598; BGH NJW 1982, 1397, 1398; OLG Düsseldorf NJW 2000, 1578, 1579; Schlund BB 1976, 1491, 1492 Fn. 19. 3321 6119 So OLG Jena MDR 2006, 533 (Telefongespräch über Abschluss eines Werkvertrages). 120 73322 Vgl. dazu BAG NJW 1983, 1691, 1692. 121 83323 BGH NJW 1970, 1848 f – Ehespion (Gleichstellung des Spitzels im Wohnbereich mit Abhöreinrichtung); BGH NJW 1991, 1180 (Lauscher am Türspalt); LAG Berlin ZZP 96 (1983), 113, 114; Helle Anm. JZ 1991, 929, 932. 122 93324 Vgl. Helle Anm. JZ 1991, 929, 932.
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Wird ein Raumgespräch am Telefon für einen Dritten mithörbar, weil einer der Gesprächsteilnehmer sein Mobiltelefon unbemerkt versehentlich eingeschaltet oder infolge Fehlbedienung nicht abgeschaltet hat,124 stellt die Zufallskenntnisnahme ebenso wenig einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer dar wie das Weiterverbreiten des Gesprächsinhalts. Nicht unter ein Beweisverbot fällt die Vernehmung eines Zeugen über die in seiner Anwesenheit gesprochenen Telefonaussagen des Beweisführers, aus denen sich Rückschlüsse auf den gesamten Gesprächsinhalt ziehen lassen; ein Telefonbenutzer muss seinen Telefonpartner werde auf die Anwesenheit einer weiteren Person hinweisen noch gar diese Person aus dem Raum schicken. 2. Einzelne Personen- und Sachfotos, Film- und Videoaufnahmen
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a) Personenfotos. Auf Personenfotos sind die Regeln für die Verwertbarkeit von Verletzungen des Rechts am gesprochenen Wort nur teilweise zu übertragen.125 Differenziert werden sollte auch zwischen unkonsentierten Personenaufnahmen für publizistische Zwecke und für Beweiszwecke. Die Herstellung von Bildnissen für publizistische Zwecke der sog. Yellow Press ist für die abgebildeten Prominenten psychisch stärker belastend, weil sie massenhaft und lang dauernd von Reportern verfolgt werden und ständig mit dem Gefühl leben, den Blicken von Beobachtern preisgegeben zu sein.126 Das Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG) ist allerdings ebenfalls ein Persönlichkeitsrecht. Der Bildnisschutz des § 22 KUG verbietet nur das Verbreiten und öffentliche Zurschaustellen ohne Einwilligung des Abgebildeten, sofern nicht eine Ausnahme nach §§ 23 oder 24 KUG einschlägig ist, nicht aber das Herstellen und das Vervielfältigen von Bildnissen. Die Anfertigung fotografischer Aufnahmen wird vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht erfasst, wenn sie im häuslichen oder für Dritte erkennbar sonstigen privaten Bereich (abhängig von der Beschaffenheit des Ortes, auch freie aber gleichwohl abgeschiedene Natur und Örtlichlichkeiten, die von der breiten Öffentlichkeit deutlich abgeschiedenen sind) erfolgt.127 Dieser Schutz gilt sowohl für Privatpersonen als auch für Personen der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG), an deren Darstellung die Öffentlichkeit wegen ihres Status oder ihrer Bedeutung ein Informationsinteresse hat.128 Personen, die nicht der Zeitgeschichte zuzuordnen sind, dürfen auch in der Öffentlichkeit nicht gezielt abgelichtet werden.129 In den schutzwürdigen Bereich der Privatsphäre wird durch das Anfertigen von Bildaufnahmen eingegriffen, wenn der Fotograf die Arglosigkeit des sich unbeobachtet Wähnenden für seine Zwecke ausnutzt, indem er heimliche oder offene, jedoch überrumpelnde Aufnahmen macht, auf die sich der Betroffene nicht einrichten kann.130
123 13325 BAG JZ 1998, 790, 792. 124 23326 So der Sachverhalt in der Strafsache BGH NJW 2003, 2034. 125 33327 A.A. Stein/Jonas/Berger22 vor § 371 Rdn. 11. 126 3328 4 Darauf hinweisend Helle JZ 2004, 340, 342. 127 53329 BVerfGE 101, 361, 384, 393 ff = NJW 2000, 1021, 1022/1023 – Caroline v. Monaco; BGH NJW 1996, 1128, 1129, 1130 – Caroline v. Monaco. 128 63330 Zur leichten Korrektur des Begriffs Person der Zeitgeschichte BVerfG NJW 2000, 1025 – Caroline v. Monaco.
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129 3331 7 BGH NJW 1995, 1955, 1957 – Videoüberwachung. 130 83332 BVerfG NJW 2000, 1021, 1025 f gegen BGH NJW 1996, 1128, 1130 – Caroline v. Monaco. Die Entscheidung des BVerfG als Verstoß gegen Art. 8 EMRK bewertend EGMR NJW 2004, 2647; dazu Heldrich NJW 2004, 2634 ff und Mann NJW 2004, 3220 ff (zur innerstaatlichen Bindungswirkung der Entscheidung des BVerfG).
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
B vor § 286
Der Gesetzgeber hatte dem strafrechtlichen Schutz des Bildes ursprünglich eine geringere Reichweite als dem des gesprochenen Wortes gegeben; § 33 KUG stellt anders als § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht schon die Herstellung unter Strafe. Diese Lücke ist 2004 durch die Schaffung des § 201a StGB131 geschlossen worden, neben dem § 33 KUG fortbesteht. Abwägungsfrei geschützt ist durch § 201a StGB nur der höchstpersönliche Lebensbereich;132 die abgebildete Person muss sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblicke besonders geschützten Raum befinden, so dass öffentlich zugängliche Orte ausgeklammert bleiben. Für Bildaufnahmen im Privatbereich wird man von einem vertypten Rechtswidrigkeitsurteil ausgehen müssen, das nur ausnahmsweise durch Rechtfertigungsgründe aufgehoben wird. Im übrigen ist die Rechtswidrigkeit positiv durch eine Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall festzustellen.133 Das Rechtswidrigkeitsurteil über das Fotografieren berücksichtigt bereits den geplanten Verwendungszweck,134 so dass insoweit die Trennung zwischen rechtswidriger Aufnahme und prozessualer Verwertung rechtswidrig erlangter Aufnahmen obsolet ist135. Ob das Herstellen einzelner Personenfotos für die Verwendung als Beweismittel in gerichtlichen Verfahren schlechthin zulässig ist, oder ob weitere Kriterien hinzutreten müssen, die eine notwehrähnliche Lage begründen, richtet sich nach der Intensität des Eingriffs, der wiederum durch das Maß an Abgeschiedenheit des Aufnahmeortes sowie den Grad der Arglosigkeit des Abgebildeten bestimmt wird. In besonderes hohem Maße verdient der Wohnbereich Schutz, doch kann z.B. die Aufnahme dort erfolgender Tätlichkeiten nach Einschreiten der hinzugezogenen Polizei136 ohne Weiteres durch Beweiszwecke gerechtfertigt sein. Unbedenklich sind ferner das beweissichernde Fotografieren eines auf dem Hof einer Schule spielenden Kindes137, die heimliche Videoaufnahme des Geldzählens im Zählraum eines Spielcasinos, das ohnehin schon der Kontrolle unterliegt138, das Fotografieren eines Nachbarn, der die Familie des Fotografen in ihrem Wohnbereich von seinem Garagendach aus beobachtet139, oder das Fotografieren einer Frau beim Bummel durch die Hamburger Innenstadt am Arm eines Prominenten zum Beweis der Vortäuschung einer dem Arbeitgeber angezeigten Erkrankung140. Ein gerichtlicher Beweiszweck ist hingegen zu verneinen, wenn der über einen auf einer Baustelle volltrunken torkelnden und lallenden Bauarbeiter gefertigte Videotonfilm der Anschwärzung beim Arbeitgeber dient und der Film zusätzlich in der Öffentlichkeit abgespielt wird.141 Selbständig zu beurteilen ist jeweils die spätere Verbreitung von Bild oder Film für andere Zwecke. In der Verwertung von Fotos vor Gericht durch Augenscheinseinnahme ist kein öffentliches Zurschaustellen im Sinne von § 22 KUG zu sehen142, wohl aber ein Ver131 3333
1
In Kraft getreten am 6.8.2004, zurückgehend auf den Abgeordnetenentwurf BT-Drucks. 15/2466 v. 20.2.2004 in der Fassung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/2995 v. 28.4.2004. Damit erledigten sich die Abgeordnetenentwürfe BTDrucks. 15/533 (CDU/CSU) und BT-Drucks. 15/361 (FDP) sowie der BR-Entwurf BTDrucks. 15/1891. Stellungnahmen: Hoppe GRUR 2004, 990 ff; Ernst NJW 2004, 1277 ff. 132 3334 2 Begr. des Abgeordnetenentwurfs BT-Drucks. 15/ 2466 S. 5. 133 33335 BGH NJW 1995, 1955, 1957 m. Anm. Helle JZ 1995, 1117; Erman/Ehmann BGB, 11. Aufl. 2004, Anh. § 12 Rdn. 140. Zu pauschal
die Rechtswidrigkeit bejahend MünchKommZPO/Zimmermann3 § 371 Rdn. 6. 4 Vgl. BGH NJW 1975, 2075, 2076 – polizeiliche Fotos eines Demonstrationszuges. 3337 5135 Anders Kaissis Beweisverwertungsverbot, 200 f. 136 63338 So die Situation in LG Oldenburg AfP 1991, 652. 137 73339 KG NJW 1980, 894. 138 83340 OLG Schleswig NJW 1980, 352, 353. 139 93341 A.A. OLG Hamm JZ 1988, 308 m. abl. Anm. Helle. 140 3342 10 OLG Hamburg GRUR 1990, 35 – Begleiterin. 141 3343 11 So der Fall OLG Frankfurt/M. NJW 1987, 1087. 142 3344 12 KG NJW 1980, 894; LG Oldenburg AfP 1991, 652, 653; a.A. für Videoaufnahmen OLG Schleswig NJW 1980, 352, 353. 134 3336
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breiten143. Auf die Rechtfertigung des § 24 KUG (Verwendung für Zwecke der Rechtspflege) kommt es nur an, wenn das Bild für diesen Verwendungszweck nicht schon rechtmäßig erlangt wurde.144 Ob § 24 KUG auf das Anfertigen analog anwendbar ist,145 ist zweifelhaft, weil dort ein anhängiges behördliches oder gerichtliches Verfahren gemeint ist. Die Pauschalität der Analogie gibt dem isolierten Beweiszweck u.U. – je nach Eingriffsintensität – einen zu hohen Rechtfertigungswert. Daraus resultieren auch Zweifel, ob das Verbreiten eines rechtswidrig aufgenommenen Bildes unter bloßer Bezugnahme auf § 24 KUG zu rechtfertigen wäre, was für die Prüfung bedeutsam ist, ob durch die Beweisaufnahme eine erneute Verletzung des Persönlichkeitsrechts eintritt; insoweit könnte § 24 KUG wegen zu geringer Rechtfertigungsanforderungen verfassungswidrig sein. Wenn § 24 KUG nicht einschlägig ist, ergibt sich die Rechtfertigung aus einer Güterabwägung. Die Erlangung eines Fotos durch Diebstahl oder Täuschung des Besitzers ist für die Rechtmäßigkeit der Augenscheinseinnahme ohne Belang.
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b) Sachaufnahmen. Persönlichkeitsneutral sind in der Regel Fotos von Sachgegenständen und Örtlichkeiten. Ihre Aufnahme zur Herstellung eines Augenscheinssurrogates erfolgt dann rechtmäßig; das Foto ist grundsätzlich verwertbar.146 Sollte im Einzelfall die Aufnahme einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen,147 ist wie bei Personenfotos auf Grund einer Güterabwägung die Rechtswidrigkeit der Verwertungshandlung festzustellen, an die keine strengeren Anforderungen als bei Personenfotos gestellt werden dürfen. Einschlägig sind Fotos von Sachen oder Sachgesamtheiten, die wegen ihres Zustandes unmittelbar Rückschlüsse auf Lebensgewohnheiten, Verhaltensweisen oder körperliche Befindlichkeiten ihres Besitzers ermöglichen. Dazu gehören z.B. Aufnahmen von Schlafstätten, Wäschestücken, Prothesen oder des Erscheinungsbildes einer Wohnung.148 Einen Eingriff in die geschützte Privatsphäre kann es darstellen, wenn der räumliche Lebensbereich eines anderen, etwa dessen Feriendomizil, unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln wie Teleobjektiven, Leitern oder per Hubschrauber ausgespäht wird.149
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c) Film- und Videoaufnahmen. Die Grundsätze für Einzelfotos lassen sich nur begrenzt auf Film- und Videoaufnahmen übertragen.150 Bei der Güterabwägung ist nämlich zu beachten, dass laufende Bilder einen stärkeren Eingriff als Einzelbilder bewirken. Eine automatisch gesteuerte Aufzeichnung laufender oder auch nur serieller
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LG Oldenburg AfP 1991, 652, 653 (letztlich dahingestellt geblieben); a.A. Baumgärtel FS Klug, 477, 486. Zu den datenschutzrechtlich motivierten Bedenken gegen den (Online)Zugriff einer Bußgeldstelle auf digitalisierte Fotos der Passregisterstelle OLG Stuttgart NJW 2004, 83, 84 (Verwertbarkeit bejaht); BayObLG NJW 2004, 241 (selbst bei Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des § 26 PersAuswG kein Beweisverwertungsverbot); OLG Frankfurt NJW 1997, 2963, 2964 (kein Verwertungsverbot trotz Verstoßes); BayObLG NJW 1998, 3656, 3657 (kein Verstoß). 3346 2144 Die Vorlage bei Gericht nach § 24 KUG rechtfertigend LG Oldenburg AfP 91, 652, 653 (obiter dictum). 145 33347 So BGH NJW 1975, 2075, 2076.
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Baumgärtel FS Klug, 477, 487; Kodek Rechtswidrig erlangte Beweismittel, 157. 5 LG Düsseldorf NJW 1959, 629 (Festhalten der Wohnsituation nach unerwartetem Eindringen in die Wohnung, Beweis für gewerbliche Arbeit als Schneider zur Verwendung im Räumungsprozess gesucht); Baumgärtel FS Klug, 477, 487. 148 63350 Kodek Rechtswidrig erlangte Beweismittel, 158. 149 73351 BGH NJW 2004, 762, 763/764 und NJW 2004, 766, 767. Dort ging es um publizistische Zwecke. 150 83352 Ohne Unterscheidung jedoch BGH NJW 1995, 1955, 1957 – Videoüberwachung m. krit. Anm. Helle JZ 1995, 1117; MünchKomm-ZPO/ Zimmermann3 § 371 Rdn. 6. Für die Übertragung der Regeln für Tonaufnahmen Stein/Jonas/ Berger22 vor § 371 Rdn. 11. 147 3349
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Bilder erzeugt Überwachungsdruck, der qualitativ nicht mit der Personenbeobachtung durch einen Detektiv auf eine Stufe gestellt werden darf.151 Der Druck wirkt noch intensiver als die Paparazzi-Verfolgung Prominenter, bei denen die Beobachteten immerhin an öffentliche Auftritte und damit verbundene permanente Selbstkontrolle gewöhnt sind. Zudem schafft die Überwachung einen Zustand der Unsicherheit für die aufgenommenen Personen, weil sie noch nach längerer Zeit mit Aufnahmen konfrontiert gegen Fehldeutungen wehren zu müssen, die aus den Authentizität vorgaukelnden Bildern vermeintlich zu schlussfolgern sind. Gestik und Mimik, bewusste und unbewusste Gebärden, der Gesichtsausdruck bei Verrichtungen und Gesprächen unterliegen dokumentierender Beobachtung, was den Zwang erzeugt, sich ständig möglichst unauffällig zu benehmen.152 Auch der durch heimliche Aufnahmen erzeugte spätere Rechtfertigungszwang bei möglicher Chancenlosigkeit, die Aufnahmesituation in allen Facetten nachträglich zu rekonstruieren, spricht gegen die beliebige Zulassung heimlicher Aufnahmen.153 Unabhängig davon ist wie bei akustischer Überwachung der durch Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützte, einer Abwägungsrelativierung nicht zugängliche private Lebensbereich zu beachten (dazu oben V 1 Rdn. 26). Rechtsprechung zur dauernden Videokontrolle bezieht sich vorrangig auf die Arbeitsplatzüberwachung154 und auf Nachbarschaftsstreitigkeiten155. Ältere Rechtsprechung zur Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Videoaufnahmen ist auf die Übereinstimmung mit § 6b BDSG 2001156 und § 201a StGB sowie deren Wertungen zu überprüfen. § 6b BDSG erfasst die Videoüberwachung sowohl an öffentlichen Stellen157 als auch an nicht-öffentlichen Stellen, also unter Privaten, wenn sie öffentlich zugänglich sind, nämlich von einer unbestimmten Zahl von Personen oder von einer nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmten Personengruppe betreten und genutzt werden. Heimliche Überwachung ist dort absolut verboten. Außerhalb dieses räumlichen Bereichs, also etwa in der Tiefgarage einer Wohnungseigentumsanlage158 oder an vielen Arbeitsplätzen, greift der Persönlichkeitsschutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein. Einen Ausschnitt daraus erfasst der Strafrechtsschutz des § 201a StGB.159 Die Güterabwägung zur Rechtswidrigkeitsbestimmung hat zu beachten, dass § 6b BDSG für öffentlich zugängliche Räume kein Beobachtungsverbot aufstellt, sondern Missbräuchen nur durch eine Verwendungsbeschränkung, eine Benachrichtigungspflicht und ein Löschungsgebot begegnet.160 Der Überwacher hat konkrete 151 3353
1
Helle JZ 2004, 340, 341 f. Zum Überwachungsdruck auch BAG (2. Sen.) NJW 2003, 3436, 3437; BAG (1.Sen.) NJW 2005, 313, 315. 152 3354 2 So die zutreffende Beschreibung in BAG NJW 2005, 313, 315. 153 33355 A.A. bei Verwendung heimlicher Filmaufnahmen aus einem Tierversuchslabor durch einen Journalisten OLG Hamm, Urt. v. 21.7.2004 – 3 U 77/ 04 (sich dabei auf den Wallraff-Beschluss BVerfGE 66, 116 = NJW 1984, 1741 stützend). 154 3356 4 BAG NJW 2005, 313; BAG NJW 2003, 3436. Strafverfahren betreffen die Entscheidungen OLG Schleswig NJW 1980, 352 (verborgene Videoaufnahmen im Zählraum eines Spielcasinos); LG Zweibrücken NJW 2004, 85. 155 53357 OLG Karlsruhe NJW 2002, 2799 = VersR 2002, 590; LG Braunschweig NJW 1998, 2457, 2458.
Weitere Angaben zur Instanzrechtsprechung bei Helle JZ 2004, 340, 343. 6 BGBl. 2001 I S. 904, dazu RegE BT-Drucks. 14/ 4329. 157 73359 Zur Rechtfertigung BVerfG NJW 2007, 2320 (LS) = NVwZ 2007, 688. Zur unberechtigten Verbreitung einer Monitoringaufzeichnung EGMR, 28.1.2003 – Peck/United Kingdom, ÖJZ 2004, 651 (Verstoß gegen Art. 8 EMRK). 158 3360 8 So die Fälle OLG Karlsruhe NJW 2002, 2799; BayObLG NJW-RR 2005, 384, 385; s. ferner KG NJW 2002, 2798; dazu auch Helle JZ 2004, 340, 346. 159 93361 Zum Schutz vor Foto-Handy-Voyeuren Bosch JZ 2005, 377 ff. 160 3362 10 So zutreffend Helle JZ 2004, 340, 346. 156 3358
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Überwachungszwecke festzulegen, z.B. die präventive Verhinderung und Verfolgung von Straftaten oder die Sicherung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche161, und gemessen an diesen Zwecken die Überwachung auf das Erforderliche zu beschränken. Das BAG scheint die Heranziehung der Wertungen des § 6b BDSG – dort nur erwogen unter dem methodischen Gesichtspunkt einer Analogiebildung – generell für ausgeschlossen zu erachten, weil die Dauerüberwachung am Arbeitsplatz während des gesamten Arbeitstages intensivere Wirkung habe als die Überwachung nur kurzfristig und vorübergehend genutzter öffentlich zugänglicher Räume.162 Dies trifft jedoch nicht typischerweise zu, sondern betrifft nur die Sachverhaltsbesonderheit der Arbeitsplatzüberwachung während des gesamten Arbeitstages. Zugelassen hat das BAG die Videoüberwachung am Arbeitsplatz zu Beweiszwecken, wenn sich der Arbeitgeber als Beweisführer in einer notwehrähnlichen Lage befindet.163 Dieses Erfordernis wurde weiter konkretisiert durch folgende Kriterien: konkreter Verdacht einer strafbare Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers, Ausschöpfung weniger einschneidender Mittel der Verdachtsaufklärung und Verengung auf eine verdeckte Videoüberwachung als einzig verbleibende Aufklärungsmöglichkeit, daraus folgende Verhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes164. Der Verdacht muss sich nicht gegen eine bestimmte Einzelperson sondern nur gegen einen Täter aus einem begrenzten, im übrigen unbeteiligten Personenkreis richten.165 In der Güterabwägung wurden die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers, die grundrechtlich durch die Art. 12 und 14 GG geschützt sind, zutreffend als dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gleichrangig angesehen.166 In seiner Entscheidung vom 27.3.2003 hatte das BAG noch über einen Sachverhalt zu befinden, für den § 6b BDSG nicht galt, so dass unentschieden bleiben konnte, ob derjenige Teil der Videoüberwachung, der nicht auf den Kassenarbeitsplatz, sondern einen den Kunden zugänglichen Gang gerichtet war und in dem die Unterschlagung erst endgültig stattfand, heimlich erfolgen durfte. Dies wird man als Fortsetzung der erlaubten heimlichen Beobachtung am Kassenplatz unter teleologischer Reduktion des § 6b BDSG gestatten müssen.167 Nicht gestattet ist dem Arbeitgeber die – sei es heimliche, sei es offene – Videoüberwachung im Arbeitsverhältnis allein auf Grund des Hausrechts, weil sich der Arbeitnehmer ihr nicht entziehen kann.168 Den vorstehend entwickelten Anforderungen an eine Videoüberwachung müssen auch Grundstücksüberwachungen nicht öffentlich zugänglicher Räume gerecht werden. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung hat dem Ziel der Aufklärung von Rechtsverletzungen (Beschädigungen, Schmierereien) durch verdeckte Überwachung gelegentlich einen zu geringen Wert beigemessen.169 Das dafür maßgebende Verhältnismäßigkeitsurteil kann anders ausfallen, wenn die Kriterien des § 6b BDSG auch in solchen Räumen, für den die Norm nicht unmittelbar gilt, eingehalten werden. Zu 161 3363
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So in AG Berlin-Mitte NJW-RR 2004, 531, 532, durch einen Kaufhausbetreiber. Sie fehlten in AG Frankfurt/M. NJW-RR 2003, 158, 159. 162 23364 BAG NJW 2005, 313, 316. 163 33365 BAG NJW 2003, 3436, 3437 (unter Berufung auf die Lauschzeugenentscheidung BVerfGE 106, 28 = NJW 2002, 3619; Rechtmäßigkeit im Ergebnis bejaht); NJW 2005, 313, 316 (Rechtmäßigkeit im Ergebnis verneint); BAG, Beschl. v. 26.8.2008 – 1 ABR 16/07. 164 43366 BAG NJW 2003, 3436, 3437. An der Verhältnismäßigkeit fehlte es bei der Präventivüberwachung in BAG NJW 2005, 313, 317.
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5 BAG NJW 2003, 3437 f. 166 3368 6 BAG NJW 2003, 3438; zustimmend Helle JZ 2004, 340, 344. 167 73369 So Helle JZ 2004, 340, 346. 168 83370 BAG NJW 2005, 313, 317. 169 93371 So etwa in OLG Karlsruhe NJW 2002, 2799 = VersR 2002, 590, 591; OLG Köln NJW 2005, 2997, 2998 (u.a. unter Berufung auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe); LG Berlin NZM 2001, 207 (bei gespanntem Verhältnis zwischen Mietern und Vermieterin).
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verwerten ist die Videoaufzeichnung einer an der Grundstückseinfahrt des Klägers angebrachten Kamera, mit der eine Tätlichkeit des mit ihm verfeindeten Nachbarn aufgenommen wurde.170 Rechtswidrig ist die Einbeziehung nachbarlicher Flächen in eine Überwachung, und zwar unabhängig davon, ob damit ein vollständiges Lebensbild des Nachbarn festgelegt wird.171 Das Aufstellen einer Kamera, die ausschließlich auf das eigene Grundstück gerichtet ist, stellt keine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar.172
VII. Sonstige Informationsverwendungen 1. Persönlichkeitsbezogene Schriftstücke und Dateien Die Beweiserhebung durch Verwertung von Tagebuchaufzeichnungen greift nicht stets in den durch Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung ein; außerhalb dieses Bereichs tangiert sie nur den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG).173 Daher kommt eine Abwägung gegen Beweisinteressen in Betracht.174 Der Inhalt von Briefen kann unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fallen. Dem Briefgeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG unterliegen Briefe nur, solange der Beförderungsvorgang andauert, was mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme der in den Briefkasten des Empfängers gelangten Sendung endet.175 Vom Arbeitnehmer aus dem Internet heruntergeladene Dateien mit pornographischem Inhalt, die von ihm selbst auf Datenträger gespeichert worden sind, dürfen vom Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel vorgelegt werden;176 darin liegt kein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis.
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2. Beweismittelerlangung durch Spyware Im Internet eingesetzte Software zur Ausspähung fremder Kommunikation (sog. Spyware) ermöglicht das Abfangen von E-Mails oder die Ermittlung des Besuchs bestimmter Webseiten. Darin liegt eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 Abs. 1 GG), die ein Beweisverwertungsverbot begründet.177 Der staatliche Schutzauftrag des Art. 10 Abs. 1 GG begründet ein Abwehrrecht gegen die Kenntnisnahme von Inhalt und näheren Umständen einer Telekommunikation; er bezieht sich auch auf von Privaten betriebene Anlagen.178
170 3372
1 OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 241. 171 23373 S. auch OLG München MDR 2005, 620 (Überwachung von Flächen im Gemeinschaftseigentum von Wohnungseigentümern); OLG Düsseldorf NJW 2007, 780 (Kfz-Stellplätze einer Wohnungseigentumsanlage). Weitere Rspr. bei Huff JuS 2005, 896, 897. Zum österr. Recht ebenso OGH ÖJZ 2006, 376 = JBl. 2006, 447, 449 f (zweimonatige getarnte Videoüberwachung eines Grundstückszugangs durch Privatdetektiv aus PKW). 172 3374 3 LG Koblenz GRUR-RR 2006, 301; LG Bielefeld NJW-RR 2008, 327. 173 43375 Zur Abgrenzung BVerfGE 80, 367, 374. Gegen die fotokopierte Wiedergabe handschriftlicher Tagebuchaufzeichnungen im Tatbestand eines Strafurteils BGH NStZ-RR 1999, 139 (LS).
174 3376
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So für den Strafprozess BerlVerfGH NJW 2004, 593 (Beweis einer Wahlfälschung); a.A. Kaissis Verwertbarkeit, 191; unentschieden Kodek Rechtswidrig erlangte Beweismittel, 166. Subsidiarität einer Tagebuchedition gegenüber anderen zur Verfügung stehenden Beweismitteln annehmend OG Zürich Bl.f.Zürch.Rspr. 99 (2000) Nr. 40, S. 108, 109. 175 63377 Gusy in: v.Mangoldt/Klein/Starck GG, 5. Aufl. 2005, Art. 10 Rdn. 28. 176 73378 ArbG Hannover NZA 2001, 1022, 1024. 177 3379 8 Zum verbotenen Eindringen des Arbeitgebers in die Internet-Nutzung seiner Arbeitnehmer s. auch ArbG Hannover NZA 2001, 1022, 1024. 178 93380 BVerfG NJW 2002, 3619, 3620.
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3. Stasiunterlagen
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Die Verwendung von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR richtet sich nach dem Stasi-Unterlagengesetz. Ihre Verwertung in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren zum Nachweis der politischen und privaten Vergangenheit einer Person verstößt nicht gegen Art. 8 und Art. 6 Abs. 1 EMRK.179 4. Polygraphische Gutachten
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Die Verwendung eines „Lügendetektors“ zur aussagepsychologischen Begutachtung durch einen Sachverständigen, bei der Puls-, Herz- und Atemfrequenz einer Person während ihrer Befragung gemessen werden, wird nicht als Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG angesehen.180 Die freiwillige Mitwirkung an der Verwendung ist daher verfassungsrechtlich zulässig.181 Der Test ist aber sowohl für den Strafprozess182 als auch für den Zivilprozess183 als völlig ungeeignetes Beweismittel angesehen worden (dazu § 284 IX 4 f Rdn. 97). 5. Informationsverwendungsbeschränkungen
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a) Vermeidung von Grundrechtskonflikten. Informationen, die der Staat zu Recht erhoben hat, können einer Verwendungsbeschränkung unterliegen. Sie dürfen dann nur für den zugelassenen Informationszweck verwendet werden, was ein Beweisverwertungsverbot für andere Verfahren bedeutet. Davon sind nicht nur Strafverfahren und öffentlich-rechtliche Verfahren betroffen. Für Zivilverfahren, etwa für sich daran anschließende Regressverfahren eines Geschädigten oder eines Versicherers, gelten sie gleichermaßen. Auch hier folgt aus der Verwendungsbeschränkung kein Sachdarlegungsverbot (s. oben Rdn. 24).184 § 393 AO enthält eine derartige Beschränkung für Steuerdaten. Mit ihnen kann ein Zwang zur Offenbarung strafbarer Handlungen verbunden sein. Das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung185 – gleiches ergibt sich aus Art. 6 EMRK186 – wird durch das Verbot gesichert, die erhobenen steuerrechtlichen Auskünfte für Strafzwecke zu verwerten187. Das Verwertungsverbot gilt aber nur für offenbarte Steuerstrafdelikte und mit ihnen in Tateinheit stehende Allgemeindelikte, nicht hingegen für Tatinformationen über andere Delikte, deren Offenbarung mit dem steuerrechtlichen Auskunftsanspruch nicht erzwingbar gewesen wären.188 Allgemeiner formuliert ist die funktionell gleichartige Beschränkung des § 97 Abs. 1 S. 3 InsO; sie schließt an die Pflicht zur Offenbarung von Tatsachen an, die die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung begründen.189 179 3381
1
EGMR, Urt. v. 22.11.2001, Rs. Nr. 41111/98 – Knauth/Deutschland, NJW 2003, 3041. 3382 2180 BGHSt (1.StS) 44, 308, 312 = NJW 1999, 657, 658 f; s. auch BVerfG NJW 1998, 1938, 1939. 181 33383 BGH NJW 1999, 657, 658. 182 43384 BGH NJW 1999, 657, 659 ff; s. auch BGH (3.StS) NJW 1999, 662, 663; s. auch Rill/Vossel NStZ 1998, 481 ff. 183 3385 5 BGH (6.ZS) NJW 2003, 2527, 2528. 184 63386 A.A. OLG Braunschweig NJW 2008, 3294, 3296. 185 73387 BVerfGE 56, 37, 41 f = NJW 1981, 1431; 95, 220, 241 = NJW 1997, 1841, 1843. Zum Schutz juristischer Personen gegen Selbstbelastung Arzt JZ 2003, 456 ff.
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186 3388
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EGMR, Urt. v. 17.12.1996, Rs. Saunders/United Kingdom, ECHR 1996 – VI. 187 3389 9 BVerfGE 56, 37, 50 f = NJW 1981, 1431, 1433; NJW 2005, 352. 188 3390 10 BVerfG NJW 2005, 352, 353. 189 3391 11 Aus Art. 6 EMRK hat der englische Court of Appeal in gleicher Weise abgeleitet, Tatsachen für eine Insolvenzstrafverfolgung zu verwerten, die auf Grund eines insolvenzrechtlichen Auskunftszwangs offenbart wurden, Attorney General’s Reference (No 7 of 2000) [2001] 1 WLR 1879, CA.
Hans-Jürgen Ahrens
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
B vor § 286
Verwendungsbeschränkungen gelten auch für Erkenntnisse, die aus einer im Rahmen eines Strafverfahrens rechtmäßig angeordneten Telefonüberwachung erlangt wurden. Sie dürfen nur für Zwecke verwertet werden, für die der Eingriff in die geschützte Telekommunikation zugelassen war, wegen des Verbots der Weitergabe an andere Behörden aber z.B. nicht für die Durchführung eines Besteuerungsverfahrens.190 Die Beschränkung der Telefonüberwachung auf bestimmte Straftatbestände schließt die Verwertung von Zufallserkenntnissen über eine Nicht-Katalogtat einer anderen Person aus.191 Die Verwendung von Informationen kann auch Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung der Prozessparteien sein.192
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b) Akteneinsichtsrechte. Informationsverwendungsbeschränkungen werden faktisch bewirkt, wenn die Einsichtnahme in die Akten behördlicher bzw gerichtlicher Verfahren verwehrt wird. Grundlage für das Einsichtsrecht nicht am Verfahren beteiligter Personen können z.B. § 299 Abs. 2 ZPO oder § 406e Abs. 1 StPO sein. Die Auslegung derartiger Normen hat zum Schutz von Verfahrensbeteiligten deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten, wie es aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet worden ist.193 Der Einsichtnahme steht der nemo tenetur – Grundsatz (Selbstbelastungsschutz) auch dann nicht entgegen, wenn ein Verfahrensbeteiligter – wie z.B. der Schuldner im Insolvenzverfahren (vgl. § 97 f InsO) – zur Erteilung von Auskünften zu den Akten verpflichtet war, die als Grundlage für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche gegen ihn durch den Einsichtnehmenden dienen können194. Auskunftserteilungspflichten sind häufig deshalb relevant, weil schriftliche Aufzeichnungen, etwa zu Geschäftsvorfällen (Buchungen etc.) des Insolvenzschuldners, nicht pflichtgemäß geführt worden sind; auf ordnungsgemäße Aufzeichnungen und deren Auswertung durch einen Sachverständigen würde sich das Einsichtsrecht erstrecken. Notwendig ist eine Interessenabwägung.195 Sie setzt regelmäßig196 die Darlegung eines berechtigten Interesses voraus (vgl. § 299 Abs. 2 ZPO), aus der abwägungsfähige Gesichtspunkte ersichtlich sind. Von der Einsicht Betroffene sind in der Regel anzuhören.197 Das Persönlichkeitsrecht eines Beteiligten kann es gebieten, psychiatrische oder psychologische Gutachten und andere persönliche Daten vor der Einsichtnahme aus den Akten zu entfernen.198 Begrenzend kann auch der Schutz von Geschäftsgeheimnissen wirken.199 Unberechtigt erteilte Akteneinsicht begründet kein Verbot der Informationsverwertung in darauf basierendem schriftsätzlichen Vortrag (dazu oben IV 3 Rdn. 24); der Grund der Begrenzung kann aber der Aktenbeziehung zu Beweiszwecken entgegenstehen. Der Rechtsschutz in Bezug auf die Akteneinsichtsrechte Dritter nach § 299 Abs. 2 richtet sich nach §§ 23 ff. EGGVG.200 Eigenständig geregelt ist das Recht auf Einsicht in öffentliche Register (z.B. § 9 Abs. 1 HGB, § 12 GBO) und in Personenstandsurkunden201.
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190 3392
1 BFH NJW 2001, 2118, 2119. 191 23393 OLG Karlsruhe NJW 2004, 2687. 192 33394 Dazu Schlosser FS Vollkommer, 217, 226, 229 f. 193 43395 BVerfG NJW 2003, 501, 502 (zur Einsicht in strafrechtliche Ermittlungsakten durch Verletzte); BVerfG NJW 2002, 2772; BVerfG NJW 2007, 1052. 194 53396 Zur Einsichtnahme in Insolvenzakten BGH ZIP 2006, 1154, 1154; Pape ZIP 2004, 598 ff. 195 63397 BVerfG NJW 2007, 1052, 1053.
196 3398
7
Anders bei Einsicht in Akten eines Patentnichtigkeitsverfahrens, BGH GRUR 2007, 133. 8 BVerfG NJW 2007, 1052. 198 3400 9 OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 1658 m. Anm. Spickhoff. 199 3401 10 Zur Definition des Geschäftsgeheimnisses OLG Düsseldorf, Bschl. v. 14.3.2007, WuW/E DE-R 1945 – Energiewirtschaftsverband. 200 3402 11 OLG Celle ZIP 2006, 1465 f. 201 3403 12 Dazu BVerfG NJW 2007, 1052 (u.a. Bundeszen197 3399
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B vor § 286
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Die Akteneinsicht für am Verfahren Beteiligte ist umfassender zu gewähren. In Kartellbußgeldverfahren kann der Verteidiger eines Nebenbetroffenen auch in die Bußgeldakten der anderen Betroffenen und Nebenbetroffenen Einsicht nehmen, selbst wenn unter Wettbewerbern dadurch Geschäftsgeheimnisse offenbar werden.202 Hinzuverbundene Parallelverfahren sind jedoch im formellen Sinne „fremde“ Akten.203 Für das Gemeinschaftsrecht gelten eigenständige Regeln über den Zugang zu Dokumenten. Bedeutsam ist die VO Nr. 1049/2001 (TransparenzVO)204, die sich auch auf die Einsicht in Akten aus Kartellrechtsverfahren bezieht und dadurch für nationale Schadensersatzansprüche Bedeutung erlangen kann205.
VIII. Ergänzende Zeugenvernehmung und Personalbeweissubstitute 1. Persönlichkeitsrechtsverletzung
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Das für ein heimliches Mithören von Telefongesprächen aufgestellte Verbot der Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen über den Gesprächsinhalt wird aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Ausprägung eines Rechts am gesprochenen Wort abgeleitet. Näher dazu oben V 1 Rdn. 26, VI 1 Rdn. 32 ff. Der nemo tenetur-Grundsatz schützt vor Selbstbelastung im Strafverfahren.206 Abgesichert wird das Schweigerecht eines Beschuldigten dort durch die der Vernehmung vorangehende Belehrung über ihr Schweigerecht (§§ 163a Abs. 4 S. 2, 136 Abs. 1 S. 2 StPO). Ein Verstoß dagegen begründet kein Verbot der Verwertung der Aussage im nachfolgend gegen den Beschuldigten geführten Zivilprozess.207 2. Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis
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Das heimliche Mithören von Ferngesprächen am Telefonlautsprecher verletzt nicht das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses, da Art. 10 Abs. 1 GG nur die Vertraulichkeit des zur Nachrichtenübermittlung eingesetzten Übertragungsmediums schützt.208 Wenn sie betroffen ist, ist sie auch auf von Privaten betriebenen Anlagen geschützt.209 Lässt der Betreiber einer Flirt-Line, die eine individuelle Kommunikation zwischen zwei Nutzern ermöglicht, auf Band gesprochene Nachrichten abhören, um das wettbewerbswidrige Verhalten eines sich in die Kundenbeziehungen einschaltenden Konkurrenten aufzuklären, dürfen die gewonnenen Erkenntnisse im UWGProzess nicht durch Zeugenbeweis festgestellt und verwertet werden; darin läge wegen der unbefugten Weitergabe von Nachrichteninhalten eine Verletzung des Fernmeltralregisterauszug); OLG München FamRZ 2006, 61 = MDR 2006, 931 f (Abstammungsurkunde des adoptierten Kindes). 3404 1202 BGH NJW 2007, 3652, 3653, Tz. 11, 18. 203 23405 BGH NJW 2007, 3652, 3653, Tz. 12. 204 33406 ABl. EG v. 31.5.2001 Nr. L 145 S. 43 = NJW 2001, 3172; dazu Partsch NJW 2001, 3154 ff. 205 43407 Dazu Tietje/Nowrot ZfRV 2004, 56 ff. 206 3408 5 Zur möglichen Erstreckung auf Zivilverfahren bzgl. zur Unehre gereichender oder eine strafbare Handlung offenbarender Tatsachen und daraus folgender Begrenzung der Wahrheitspflicht einer Partei s. BVerfGE 56, 37, 44 = NJW 1981, 1431 (dort ohne nähere Angaben als „anerkannt“ bezeichnet); BGH NJW 2003, 1123, 1125.
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BGH NJW 2003, 1123, 1125 (mit unnötigem Rückgriff auf eine Güterabwägung) = JZ 2003, 630 m. krit. Anm. Leipold = ZZP 116 (2003), 371 m. krit. Anm. Katzenmeier; kritisch auch Kiethe MDR 2005, 965, 969 a.E. 208 73410 BVerfG NJW 2002, 3619, 3621; BVerfG NJW 2006, 976, 978 – Bargatzky (zum Ergänzungsverhältnis von Art. 10 GG und dem Verfassungsrecht auf informationelle Selbstbestimmung a.a.O. 979) m. Bspr. Jahn JuS 2006, 491 ff Zur Reichweite des Fernmeldegeheimnisses auch BVerfG NJW 2005, 2603, 2604 mwN – NdsSOG. 209 83411 BVerfG NJW 2002, 3619, 3620.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
Vor § 286b
degeheimnisses.210 Geschützt sind durch Art. 10 Abs. 1 GG nicht nur die Kommunikationsinhalte, sondern auch Informationen über Ort, Zeit sowie Art und Weise der Kommunikation;211 geschützt sind die sog. Verkehrsdaten.212 Ausgegrenzt sind aber im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherte Inhalte und Umstände der Telekommunikation nach Abschluss eines Kommunikationsvorgangs.213 Die deshalb bestehende Schutzlücke hat das BVerfG durch ein richterrechtlich entwickeltes Grundrecht auf Gewährleistung der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme gefüllt.214
IX. Dokumente aus beruflichen Vertrauensbeziehungen Informationen, die der Träger einer beruflichen Schweigepflicht und eines darauf beruhenden Zeugnisverweigerungsrechtes im Rahmen der rechtlich geschützten Vertrauensbeziehung schriftlich oder elektronisch aufgezeichnet hat (Krankenblätter, anwaltliche Aktenvermerke etc.), nehmen an dem Geheimnisschutz teil, solange sie sich in der Verfügungsgewalt des Schweigepflichtigen befinden. Werden die Unterlagen ohne dessen Zustimmung aus seiner Verfügungsgewalt entfernt, etwa durch Diebstahl, dürfen sie nicht gegen den Willen des Schweigerechtsinhabers zu Beweiszwecken verwertet werden. Das Strafprozessrecht hat diesen Sachverhalt auschnittweise in §§ 97 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 1 Nr. 1 bis 3b StPO geregelt. Untersuchungsbefunde, schriftliche Mitteilungen des Beschuldigten oder eigene Aufzeichnungen über anvertraute Mitteilungen, die sich im Gewahrsam der beruflich zur Zeugnisverweigerung Berechtigten befinden, unterliegen nicht der im § 94 Abs. 2 StPO definierten Beschlagnahme.215 Im Wettbewerbsverfahrensrecht der Europäischen Gemeinschaft berührt die Beschlagnahme- und Verwertungsbefugnis der Kommission das Anwaltsgeheimnis (legal privilege), soweit die Korrespondenz zwischen Unternehmen und ihren Rechtsberatern betroffen ist.216 Zu den privilegierten, nämlich nicht der Beschlagnahme sowie Verwertung unterliegenden Dokumenten gehört die Korrespondenz mit externen Rechtsberatern.217 Die Entscheidung des EuG I. Instanz in der Rechtssache Akzo u.a. hat geklärt, inwieweit sich das Privileg auf Schriftverkehr mit unternehmensinternen Rechtsberatern sowie auf Unterlagen zur Vorbereitung eines Gesprächs mit externen Anwälten erstreckt.218 Der Schriftverkehr mit Syndikusanwälten genießt danach keinen Schutz, wohl aber Dokumente, die ausschließlich der Vorbereitung des Gesprächs mit dem externen Anwalt gedient haben. 210 3412
1
OLG Stuttgart MMR 2002, 746, 750, 751 – Power-Flirt-Line m. Anm. Spindler. 2 BVerfG NJW 2008, 822, 825, Tz. 183 f – OnlineDurchsuchung NRW; BVerfG (1. Kammer 1.Sen.) NJW 2007, 3055, Tz. 12. 3414 3212 BVerfG NJW 2007, 3055, 3056, Tz. 21. Zur Regelung des Gemeinschaftsrechts bei Weitergabe personenbezogener Verkehrsdaten, die zur Ermittlung der Verletzer von Urheberrechten benötigt werden, EuGH Urt. v. 29.1.2008, Rs. C – 275/06, Promusicae/Telefonica de Espana, GRUR 2008, 241. Zur Speicherung der Daten § 113a TKG i.d.F. des Gesetzes vom 29.12.2007, BGBl. 2007 I S. 3198, 3207. Zur Anwendung von Art. 8 EMRK EGMR, Urt. v. 3.4.2007, Rs. 62617/00, MMR 2007, 431, 432, Tz. 44. Zur Herausgabe von Verkehrsdaten unter Verstoß ge211 3413
gen § 100g StPO und daraus abgeleitetem Verwertungsverbot OLG Frankfurt MMR 2008, 603, 606. 213 3415 4 BVerfG NJW 2008, 822, 825, Tz. 185. 214 3416 5 BVerfG NJW 2008, 822, 827, Tz. 203. 215 63417 Zum verfassungsrechtlichen Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation bei Durchsuchung einer Anwaltskanzlei und Beschlagnahme von Datenträgern wegen eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Berufsträger BVerfG NJW 2005, 1917, 1919 m. Bspr. Kutzner NJW 2005, 2652 ff. 216 3418 7 Dazu Isabel Kehl Schutz von Informationen im europäischen Kartellverfahren, 2006. 217 83419 EuGH Slg. 1982, 1575, 1611 f – AMS. 218 93420 EuGH, Urt. v. 17.9.2007, verb. Rs. T–125/03 R und T–253/03, Tz. 87, 123 f, 132, 143, 155, 167 f, 171, 174.
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§ 286
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 286 Freie Beweiswürdigung (1) 1Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten sei. 2In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden. Schrifttum (1) Beweiswürdigung: Balzer Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2. Aufl. 2005; Baumgärtel Beweislastpraxis im Privatrecht, 1996, 27 ff; Bender/Nack/Treuer Glaubwürdigkeits- und Beweislehre, Vernehmungslehre, 3. Aufl. 2007; Bender Merkmalskombination in Aussagen, 1987; Bender/Nack Grundzüge einer Allgemeinen Beweislehre, DRiZ 1980, 121; Bendix Zur Psychologie der Urteilstätigkeit des Berufsrichters, 1968; Bohne Zur Psychologie der richterlichen Überzeugungsbildung, 1948; Brehm Die Bindung des Richters an den Parteivortrag und Grenzen der Verhandlungswürdigung, 1982; Brinkmann Das Beweismaß im Zivilprozess aus rechtsvergleichender Sicht, 2005; Britz Beschränkungen der freien Beweiswürdigung durch gesetzliche Beweisregeln?, ZZP 110 (1997), 61; Bürkle Richterliche Alltagstheorien im Bereich des Zivilrechts, 1984; Deppenkemper Beweiswürdigung als Mittel prozessualer Wahrheitskenntnis, 2004; Döhring Die Erforschung des Sachverhalts, 1964, 429; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 1979; Gräns Das Risiko materiell fehlerhafter Urteile, 2002; Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit, 1978 (Rezension Walter ZZP 93 (1980), 97); Hansen Der Indizienbeweis, JuS 1992, 327; Heeschwer Untersuchungen zum Merkmal der freien Überzeugung in § 286 ZPO und § 261 StPO, Diss. Münster 1974; Hohlweck Die Beweiswürdigung im Zivilurteil, JuS 2001, 584; Klein Gewissen und Beweis, 1992; Koch/Rüßmann Juristische Begründungslehre, 1982, 271 ff; Lampe Richterliche Überzeugung, FS Pfeiffer, 1988, 353; Leipold Wahrheit und Beweis im Zivilprozeß, FS Nakamura, 1996, 301; Nack Der Indizienbeweis, MDR 1986, 366; Nagel Die Grundzüge des Beweisrechts im europäischen Zivilprozeß, 1967, 72; Bobili Die freie richterliche Überzeugungsbildung, 2001; Patermann Die Entwicklung des Prinzips der freien Beweiswürdigung im ordentlichen deutschen Zivilprozeß in Gesetzgebung und Lehre, Diss. Bonn 1970; Perband Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2003; Prütting Beweiserleichterungen für den Geschädigten, Karlsruher Forum 1989 (Beiheft zum VersR 1990); Reinicke Die Krise der freien Beweiswürdigung im Zivilprozeß, MDR 1986, 630; Scherzberg Beweiserhebung als Kognition, ZZP 117, 2004, 163; A. Schmidt Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung im Strafprozeß, 1994; E. Schneider Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. 1994; Stahlmann Sozialwissenschaftliche Überlegungen zur zivilprozessualen Beweislehre, JA 1978, 157, 216, 268; Stein Das private Wissen des Richters: Untersuchungen zum Beweisrecht beider Prozesse, Leipzig 1893; Stickelbrock Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozess, 2002, 351 ff; Walter Freie Beweiswürdigung, 1979; H. Weber Der Kausalitätsbeweis im Zivilprozeß, 1997; Weimar Psychologische Strukturen richterlicher Entscheidung,1969; Wohlers Generelle Kausalität als Problem richterlicher Überzeugungsbildung, JuS 1995, 1019. (2) Beweismaß: Baumgärtel/Kargados Das Beweismaß, in: Grundfragen des Zivilprozeßrechts, 1991, 539 ff; Bender Das Beweismaß, FS Baur, 1981, 247; Bender/Nack Vom Umgang der Juristen mit der Wahrscheinlichkeit, FS für die Deutsche Richterakademie, 1983, 263; Brinkmann Das Beweismaß im Zivilprozess aus rechtsvergleichender Sicht, 2005; Bruns Beweiswert, ZZP 91 (1978), 64; Bruske Beweiswürdigung und Beweislast bei Aufklärungspflichtverletzungen im Bankrecht, 1994; Bülow Beweislast und Beweismaß im Recht der Europäischen Gemeinschaften, EWS 1997,
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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155; Deutsch Beweis und Beweiserleichterungen des Kausalzusammenhangs im deutschen Recht, FS Lange 1992, 433; Ekelöf Beweiswert, FS F. Baur (1981), 343; Fischer Zum Kausalitätsbeweis in der Anwaltshaftung, FS Odersky, 1996, 1023; Fuchs Das Beweismaß im Arzthaftungsprozess, 2005; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 1979, 186 ff; ders. Das relative Beweismaß im englischen und deutschen Zivilprozess, FS Henrich, 2000, 165; Gräns Das Risiko materiell fehlerhafter Urteile, 2002 (Rezension Jost ZZP 117 [2004], 387 ff); Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit, 1978; Habscheid Beweislast und Beweismaß – ein kontinental-europäischangelsächsischer Rechtsvergleich, FS Baumgärtel, 1990, 105; M. Huber Das Beweismaß im Zivilprozeß, 1983; Katzenmeier Arzthaftung, 2002, 503 ff; ders. Beweismaßreduzierung und probabilistische Proportionalhaftung, ZZP 114, 2004, 187; Kegel Der Individualanscheinsbeweis, FS Kronstein, 1967, 321; Koch/Rüßmann Juristische Begründungslehre, 1982, 271 ff; Koussoulis Beweismaßprobleme im Zivilprozeß, FS Schwab, 1990, 277; Leipold Beweismaß und Beweislast im Zivilprozeß, 1985; ders. Wahrheit und Beweis im Zivilprozeß, FS Nakamura, 1996, 301; Maassen Beweisprobleme im Schadensersatzprozeß, 1975; Motsch Vom rechtsgenügenden Beweis, 1983; Musielak Das Overviktsprinzip, FS Kegel, 1977, 451; Mummenhoff Das Beweismaß im Berufskrankheitenrecht, ZZP 100 (1987), 129; ders. Erfahrungssätze im Beweis der Kausalität, 1997; Musielak Das Överviktsprinzip, FS Kegel, 1977, 451; Nell Wahrscheinlichkeitsurteil in juristischen Entscheidungen, 1983; Nierhaus Beweismaß und Beweislast, 1989 (zur VwGO); Prütting Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983, 53 ff; ders. Beweiserleichterung für den Geschädigten, Karlsruher Forum 1989 (Beiheft zum Versicherungsrecht), 3; ders. Beweisprobleme im Arzthaftungsprozeß, FS 150 Jahre Landgericht Saarbrücken, 1985, 257; Rechberger Maß für Maß im Zivilprozeß?, Ein Beitrag zur Beweismaßdiskussion, FS Baumgärtel, 1990, 471; Romme´ Der Anscheinsbeweis im Gefüge von Beweiswürdigung, Beweismaß und Beweislast, 1989; Rüßmann Zur Mathematik des Zeugenbeweises, FS Nagel, 1987, 329; Scherer Das Beweismaß der Glaubhaftmachung, 1996; Schreiber Theorie des Beweiswertes für Beweismittel im Zivilprozeß, 1968; Schwab Das Beweismittel im Zivilprozeß, FS Fasching, 1988, 451; Walter Freie Beweiswürdigung, 1979; H. Weber Der Kausalitätsbeweis im Zivilprozeß, 1997, 13 ff, 137. ff; Weitnauer Wahrscheinlichkeit und Tatsachenfeststellung, Karlsruher Forum 1966, 3. (3) Anscheinsbeweis: Baumgärtel Beweislastpraxis im Privatrecht, 1996, 158 ff; Bruske Beweiswürdigkeit und Beweislast bei Aufklärungspflichtverletzungen im Bankrecht, 1994; Diederichsen Zur Rechtsnatur und systematischen Stellung von Beweislast und Anscheinsbeweis, VersR 1966, 211; ders. Fortschritte im dogmatischen Verständnis des Anscheinsbeweises, ZZP 81 (1968), 45; Engels Der Anscheinsbeweis der Kausalität, 1994; Gottwald Sonderregeln der Beweislastverteilung, Jura 1980, 303; Greger Praxis und Dogmatik des Anscheinsbeweises, VersR 1980, 1091; Hainmüller Der Anscheinsbeweis und die Fahrlässigkeit im heutigen deutschen Schadensersatzprozeß, 1966; Hasselblatt Die Grenzziehung zwischen verantwortlicher fremd- und eigenverantwortlicher Selbstgefährdung im Deliktsrecht, 1997, 188 ff; Henke Individualität und Anscheinsbeweis, JR 1961, 48; Jungmann Der Anscheinsbeweis ohne ersten Anschein, ZZP 120 (2007), 459; Katzenmeier Arzthaftung, 2002, 429 ff; Kegel Der Individualanscheinsbeweis, FS Kronstein, 1967, 321; Kollhosser Der Anscheinsbeweis in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, Diss. Mainz 1963; ders. Anscheinsbeweis und freie richterliche Beweiswürdigung, AcP 165 (1965), 46; ders. Beweiserleichterungen bei Entwendungsversicherungen, NJW 1997, 969; Lepa Beweiserleichterungen im Haftpflichtrecht, NZV 1992, 129; ders. Der Anscheinsbeweis im Amtshaftungsprozeß, FS Deutsch, 1999, 635; ders. Der Anscheinsbeweis in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, FS Merz, 1992, 387; D. Magnus Beweislast und Kausalität bei ärztlichen Behandlungsfehlern: Die jüngste Rechtsprechung des BGH zur Haftung für HIV-kontaminierte Bluttransfusionen, ZZP 120 (2007), 347; Mätzig Der Beweis der Kausalität im Anwaltshaftungsprozess, 2001; Marburger Wissenschaftlich-technischer Sachverstand und richterliche Entscheidung im Zivilprozeß, 1986; Mummenhoff Erfahrungssätze im Beweis der Kausalität, 1997; Musielak Die Grundlagen der Beweislast im Zivilprozeß, 1975, 83 ff; ders. Hilfen bei Beweisschwierigkeiten im Zivilprozess, Festgabe BGH, Bd. 3, 2000, 193, 198 ff; Musielak/Stadler Grundfragen des Beweisrechts, 1984; Pawlowski/Enka Der prima-facie-Beweis bei Schadensersatzansprüchen aus Delikt und Vertrag, 1966; Pieper Die Regeln der Technik im Zivilprozeß, BB 1987, 273; Prölss Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozeß, 1966; Prütting Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983; ders. Be-
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
weiserleichterungen für den Geschädigten, Karlsruher Forum 1989, 3; Romme´ Der Anscheinsbeweis im Gefüge von Beweiswürdigung, Beweismaß und Beweislast, 1989; Roßnagel/Pfitzmann Der Beweiswert von E-Mail, NJW 2003, 1209; E. Schneider Der Anscheinsbweis grober Fahrlässigkeit, MDR 1971, 535; Stück Der Anscheinsbeweis, JuS 1996, 153; Walter Der Anwendungsbereich des Anscheinsbeweises, ZZP 90 (1977), 270; ders. Freie Beweiswürdigung, 1979; H. Weber der Kausalitätsbeweis im Zivilprozeß, 1997; Wassermeyer Der prima-facie-Beweis und die benachbarten Erscheinungen, 1954 (Rezension Schwab JZ 1955, 255); Weyreuther Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis, DRiZ 1957, 55.
Übersicht Rdn I. Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Abs. 1 S. 1) . . . . . . . . . 1. Grundlegende Verfahrensnorm . . 2. Gegenstand der Verhandlungswürdigung . . . . . . . . . . . . a) Tatsachenvortrag als Voraussetzung der Würdigung . . . . . b) Inhalt der Verhandlung . . . . aa) Erhobene Beweise . . . . bb) Nichterhebung von Beweisen . . . . . . . . . . . c) Inhalt der Verhandlung . . . . d) Tatsachenfeststellung ohne Parteibehauptung . . . . . . . . e) Erfahrungssätze, Indizienbeweis 3. Kenntniserlangung . . . . . . . a) Fehlerfreie Kenntniserlangung . b) Amtliche und private Tatsachenkenntnis . . . . . . . . . . c) Eigene richterliche Sachkunde . aa) Verwertbarkeit . . . . . . bb) Offenbarung der Herkunft des Sachwissens . . . . . d) Erkenntnisse aus anderen Verfahren . . . . . . . . . . . II. Überzeugungsbildung . . . . . . 1. Subjektivität der persönlichen Überzeugung . . . . . . . . . 2. Beweiswürdigung und Beweismaß a) Zusammenhänge von Beweiswürdigung und Beweismaß . . b) Grad der richterlichen Überzeugung . . . . . . . . . . . . 3. Grenzen der Überzeugungsbildung 4. Nachprüfung durch Berufungsund Revisionsgericht . . . . . .
1 1 4 4 5 5 7 9 14 15 16 16 17 22 22 23 25 27 27 32 32 33 36
Rdn 5. Beweisverwertungsverbote . . . 6. Beweisverträge . . . . . . . . .
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III. Anscheinsbeweis . . . . . . . . . 1. Charakteristik des Anscheinsbeweises . . . . . . . . . . . . a) Standardisierte Schlussfolgerung im Rahmen freier Beweiswürdigung . . . . . . . . . . . . b) Das Verhältnis zum Indizienbeweis . . . . . . . . . . . . c) Teil der Beweiswürdigung, keine gewohnheitsrechtliche Regel . . d) Abgrenzung zur Beweislastumkehr und zur Beweisführungslast . . . . . . . . . . . . e) Keine Absenkung des Beweismaßes . . . . . . . . . . . f) Prozessrechtliche Natur . . . . 2. Überprüfung in der Revisionsinstanz . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendung des Anscheinsbeweises . . . . . . . . . . . . . . a) Typischer Geschehensablauf . . b) Basis und Verlässlichkeit der Erfahrungssätze . . . . . . . . c) Differenzierung der Erfahrungssätze . . . . . . . . . . . . d) Einsatzbereiche . . . . . . . e) Urteilsbegründung . . . . . . 4. Erschüttern des Anscheins . . . . 5. Kasuistik . . . . . . . . . . .
47
73 79 80 81 85
IV. Begründungspflicht (Abs. 1 S. 2) . .
110
V. Gesetzliche Beweisregeln (Abs. 2) . .
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47 47 50 52 55 58 61 64 67 67 71
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I. Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Abs. 1 S. 1) 1. Grundlegende Verfahrensnorm
1
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist ein zentrales Prinzip des Beweisrechts der ZPO. Er gilt auch in den anderen deutschen Verfahrensordnungen. Durchgesetzt hat er sich erst in der CPO von 1877 als Ergebnis einer langen historischen Entwicklung.1
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 286
§ 286 regelt, auf welche Weise und anhand welcher Maßstäbe das Gericht entscheidet, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder unwahr zu erachten ist. Maßgeblich ist dafür die persönliche subjektive Überzeugung des Richters, ohne dass die Entscheidung deshalb seinem Belieben anheim gestellt wäre. Auch wenn gesetzliche Beweisregeln nur nach Maßgabe des Abs. 2 zu berücksichtigen sind, darf die Entscheidung nicht den allgemein anerkannten Denkgesetzen, insbesondere den Gesetzen der Logik, den allgemeinen Erfahrungssätzen sowie den Naturgesetzen widersprechen (näher II 3 Rdn. 39). Eine weitere Beschränkung bringt Abs. 1 S. 2 mit sich. Danach muss das Gericht die Gründe, die zu seiner Überzeugung geführt haben, im Urteil angeben.
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2. Gegenstand der Verhandlungswürdigung a) Tatsachenvortrag als Voraussetzung der Würdigung. § 286 Abs. 1 S. 1 spricht von einer Entscheidung des Gerichts darüber, „ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten sei“. Damit das Gericht überhaupt in das Stadium der Verhandlungswürdigung eintreten kann, müssen die Parteien ihrer Darlegungslast (dazu vor § 286 Teil A III Rdn. 35 ff.) entsprochen haben; anderenfalls gibt es keinen Bezugspunkt für eine Würdigung.
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b) Beweisergebnisse. aa) Erhobene Beweise. Nach Abs. 1 S. 1 sind die Ergebnisse einer durchgeführten Beweisaufnahme zu berücksichtigen. Zweck ihrer Würdigung ist die Entscheidung, welche Tatsachen der rechtlichen Beurteilung des Falles zugrunde zu legen sind. Wandelt sich die Auffassung des Gerichts über die relevanten Beweisthemen im Verlaufe des Verfahrens, bedürfen Beweisergebnisse, die dadurch für die Entscheidung hinfällig geworden sind, keiner Würdigung im Urteil. Dasselbe gilt für Beweisergebnisse, die dadurch obsolet geworden sind, dass die zuvor streitigen Tatsachen unter dem Eindruck der Beweisaufnahme von den Parteien ausnahmsweise unstreitig gestellt worden sind. Welche Beweise zu erheben sind und auf die Gewinnung welcher Eindrücke das Gericht mit welchen Mitteln hinzuwirken hat, ergibt sich aus den jeweils einschlägigen Regeln, nicht jedoch aus § 286 Abs. 1 S. 1 selbst. Freilich bedeutet es einen Verstoß gegen § 286 und gegen das verfassungsrechtlich abgesicherte Recht auf Beweis (dazu § 284 II Rdn. 4 ff.), wenn Beweise nicht in die Würdigung einbezogen werden, obwohl sie ordnungsgemäß erhoben worden sind. Auch dürfen beigezogene Akten, sofern sie Inhalt der Verhandlung geworden sind, bei der Beweiswürdigung nicht übergangen werden.2 Die Beweisergebnisse sind unabhängig von der Beweislastverteilung zu berücksichtigen. Die objektive Beweislast greift erst im Falle der Beweislosigkeit einer Tatsache ein (vor § 286 Teil A I 1 Rdn. 1). Verfassungsrechtlich geboten sein kann es, Eindrücke dadurch zu gewinnen, dass eine Partei von Amts wegen nach § 141 angehört wird, ohne dass eine förmliche Parteivernehmung nach § 448 stattfindet.3
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1 13421 Näher dazu Walter Freie Beweiswürdigung, 7 ff; Deppenkämper Beweiswürdigung als Mittel prozessualer Wahrheitserkenntnis. Eine dogmengeschichtliche Studie, 2004. 2 23422 BGH FamRZ 1992, 537. 3 33423 BVerfG NJW 2001, 2531, 2532; BGH NJW 1999, 363, 364; BGH NJW 2006, 1429, 1431 f; BAG
NJW 2007, 2427, 2428; Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 2. Zur EMRK EGMR NJW 1995, 1413. Für eine Unterscheidung von Parteivernehmung und Parteianhörung Oberhammer ZZP 113 (2000), 295, 320 f; jedoch a.a.O. 316 ff für eine Neuinterpretation des § 448 unter Verzicht auf das Erfordernis einer Anfangswahrscheinlichkeit.
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bb) Nichterhebung von Beweisen. Keinen Verstoß unmittelbar gegen § 286 bedeutet es regelmäßig, wenn ein bestimmter Beweis nicht erhoben worden ist, obwohl er hätte erhoben werden müssen, etwa weil die Parteibehauptung nicht als unstreitig (vgl. § 138 Abs. 3 und 4) hätte behandelt werden dürfen oder weil von einer Beweiserhebung nicht gem. §§ 288, 291, 293 oder aus Präklusionsgründen abgesehen werden durfte.4 Ein derartiger Beweis ist nicht Teil der Beweisaufnahme geworden. Inwieweit dies einen Verfahrensfehler darstellt, richtet sich nach der Norm, die fehlerhaft angewandt wurde, um der Beweiserhebung auszuweichen. Zugleich verstößt die unzureichende Beweisaufnahme gegen das Recht auf Beweis (§ 284 II Rdn. 4 ff.). Allerdings verfährt die Praxis großzügiger und beruft sich zur Begründung einer Rechtsverletzung durch fehlerhafte Tatsachenfeststellung (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 546) auf einen Verstoß gegen § 286. Die Verletzung des § 286 und des Art. 103 Abs. 1 GG fallen zusammen, wenn der Tatrichter ohne Darlegung seiner eigenen Sachkunde einem Parteigutachten folgt, obwohl ein Beweisantrag auf Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens gestellt worden war.5 Insbesondere zu beachten ist das Verbot vorweggenommener Beweiswürdigung (näher dazu § 284 II und IX 4 f. Rdn. 6 und 96). So verstößt es bereits gegen dieses Verbot und nicht erst gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung, wenn ein Beweis nicht erhoben wird, weil das Gericht dem Beweismittel auf Grund abstrakter Erwägungen bereits vorab jede Beweiskraft abspricht.6 Auch eine vorweggenommene Würdigung, die den Anforderungen des § 286 genügen würde, wäre unzulässig. Keine vorweggenommene Beweiswürdigung stellt es dar, wenn die Beweiserhebung über Hilfstatsachen eines Indizienbeweises unterbleibt, weil der Schluss von den Indizien auf die Haupttatsache nach Überzeugung des Gerichts nicht ausreichend sicher gezogen werden kann (§ 284 VI 5 Rdn. 52). c) Inhalt der Verhandlung. Der Begriff der freien „Beweiswürdigung“ ist irreführend eng gewählt und sollte durch „Verhandlungswürdigung“ ersetzt werden, da Gegenstand der Würdigung nicht lediglich die während des Verfahrens erhobenen Beweise bzw deren Ergebnisse sind, sondern der gesamte Inhalt der mündlichen Verhandlung und des vorangegangenen Verfahrens. „Inhalt der Verhandlungen“ ist weit zu verstehen und umfasst das gesamte Verhalten der Parteien im Laufe des Prozesses. Zum Inhalt der Verhandlung zählt das Verhalten der Naturalparteien und ihrer Vertreter. Zu berücksichtigen sind Darstellungslücken, nachträgliche Korrekturen7, situativ der jeweiligen Prozesslage angepasster Vortrag, Widersprüche der Darstellung,8 die auf die Unwahrheit einzelner Punkte (vgl. § 138 Abs. 1) schließen lassen, die Weigerung, zuvor gemachte Darlegungen zu substantiieren9 oder auf Nachfragen zu antworten, die Nichtentbindung eines Geheimnisträgers von dessen Schweigepflicht10 oder allgemein das Zurückhalten von Beweismitteln, etwa die Nichtvorlage trotz entsprechender Aufforderung11. Das Vorenthalten von Beweismitteln kann weiterreichend auch als schuldhafte Beweisvereitelung zu qualifizieren sein (näher
4 13424 Anders BGH NJW-RR 1992, 1392, 1393. 5 23425 So die Konstellation in BGH WM 2008, 1453, vgl. Tz. 3. 6 33426 Vgl. BVerfG NJW-RR 1995, 441 (Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG). 7 43427 BGH NJW-RR 1995, 1340, 1341 – SesamstraßenAufnäher.
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8 53428 BGH VersR 1955, 251, 252. 9 63429 OLG Düsseldorf OLGZ 1994, 80, 84; Musielak/ Foerste6 § 286 Rdn. 2. 3430 710 BGH WM 1983, 653, 655 = ZIP 1983, 735, 738. 3431 811 So in Anwendung des EPÜ Beschwerdekammer des Europ. Patentamtes, GRUR Int. 2002, 86.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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dazu § 444 Rdn. 14 ff.). Prozessuale Vorgänge, die nicht beiden Parteien bekannt geworden sind, müssen zuvor in die Verhandlung eingeführt werden, damit Gelegenheit zur Stellungnahme besteht. In vergleichbarer Weise ist das Verhalten von Zeugen zu würdigen, so dass z.B. die Verweigerung der Eidesleistung12 oder die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts13 je nach Grund und Zusammenhang Rückschlüsse auf die Wahrheit der zu bewertenden Tatsachen zulassen. Einzubeziehen ist der persönliche Eindruck, den die Parteien durch ihr Auftreten vor Gericht hinterlassen.14 Dieser Eindruck wird freilich durch die zuvor genannten Gesichtspunkte mitgeprägt und darf nicht dazu führen, dass Widersprüche oder sonstige gravierende Mängel nicht hinreichend gewürdigt und unter Berufung auf den glaubwürdigen Gesamteindruck eines Zeugen oder einer Partei untergewichtet werden.15 Das gilt insbesondere, wenn die Darstellung der Partei oder ihres Zeugen ungewöhnlich und unplausibel erscheint.16 Wenn die Voraussetzungen des § 448 durch eine bloße Parteianhörung beiseite geschoben werden, darf die auf Lebenserfahrung beruhende Zurückhaltung des Gesetzgebers gegenüber der Parteivernehmung nicht auch noch bei der Verhandlungswürdigung unbeachtet gelassen werden.17 Die Würdigung des Beweisergebnisses unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung darf die einzelnen Eindrücke und Ergebnisse nicht nur separat analysieren. Vielmehr müssen sie zueinander in Beziehung gesetzt und in ihrer Gesamtheit betrachtet werden.18
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d) Tatsachenfeststellung ohne Parteibehauptung. Das Gericht kann im Rahmen der Beweisaufnahme rechtserhebliche Tatsachen feststellen, die bis dahin noch nicht Eingang in die mündliche Verhandlung gefunden hatten, weil sie noch von keiner Partei vorgetragen worden waren. Es muss sich um neue Tatsachen handeln, die schon für sich genommen rechtserheblich sind und nicht lediglich Rückschlüsse auf andere rechtserhebliche Tatsachen zulassen. Bei Geltung des Verhandlungsgrundsatzes dürfen diese Tatsachen der rechtlichen Würdigung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sich eine Partei die Tatsachen zu eigen macht.19 Dienen die Tatsachen lediglich mittelbar als Indizien zum Beweis anderer rechtserheblicher Tatsachen, sind sie zu berücksichtigen, ohne dass sich eine der Parteien auf sie beruft; dem Verhandlungsgrundsatz wurde bereits durch das Vortragen der rechtserheblichen Tatsache entsprochen, deren Beweis die neu aufgedeckten Tatsachen dienen.
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e) Erfahrungssätze, Indizienbeweis. In die Würdigung einzubeziehen sind relevante Erfahrungssätze (dazu § 284 V 3 Rdn. 24 ff.).20 Beim Indizienbeweis sind neben den festzustellenden Beweisanzeichen (Indizien) die Schlussfolgerungen auf die unmittelbar relevante Haupttatsache zu würdigen (dazu § 284 VI 5 Rdn. 51). Welche Beweiskraft Indizien beizumessen ist, hat der Tatrichter für die Indizien sowohl im Einzelnen als auch in der Gesamtschau und in Verbindung mit dem übrigen Prozessstoff zu beurteilen.21
15
3432 112 OGHZ 1, 226, 227; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 16. 3433 213 BGHZ 26, 391, 399 f = NJW 1958, 826, 827; Peters ZZP 77 (1964), 444 ff (mit berechtigter Warnung vor Spekulationen über die Motive des Zeugen). 3434 314 Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 2. 3435 415 Vgl. BGH NJW 1995, 966. 3436 516 BGH NJW 1995, 966.
3437 617 Musielak/Foerste6 § 286 Rdnr. 13a. 3438 718 Vgl. BGH NJW 1970, 946, 949 – Anastasia (für Indizienbeweis); BGH NJW 1995, 966. 19 3439 8 BGH NJW-RR 1990, 507; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 16. 3440 920 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 9; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 12. 21 3441 10 BGH NJW 1991, 1894, 1895/1896.
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3. Kenntniserlangung
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a) Fehlerfreie Kenntniserlangung. § 286 Abs. 1 S. 1 enthält keine Regelung darüber, welche Eindrücke zu gewinnen sind, die gewürdigt werden sollen.22 Das Gericht muss von den Beweisergebnissen und dem sonstigen Inhalt der Verhandlung prozessordnungsgemäß Kenntnis erlangt haben. Dafür müssen die wesentlichen Regeln des allgemeinen Beweisrechts über die Beweiserhebung eingehalten werden, etwa über die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme23, die Parteiöffentlichkeit24 oder die mündliche Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme (§ 285). Soweit Mängel heilbar sind, ist die Verhandlungswürdigung davon betroffener Tatsachen und Umstände möglich. Vorrang vor einer Heilung hat jedoch die mangelfreie Nachholung der Prozesshandlung.
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b) Amtliche und private Tatsachenkenntnis. Welche Kenntnisse und Erfahrungen das Gericht berücksichtigen darf, die es außerhalb der betreffenden Verhandlung erlangt hat, ist differenziert zu beantworten. Zu unterscheiden ist zunächst zwischen Tatsachenkenntnis und Erfahrungswissen. Tatsachenkenntnis bezieht sich auf Tatsachen im Sinne der §§ 288, 291, mithin auf Geschehnisse und Zustände der Außenwelt oder des menschlichen Seelenlebens. Tatsachen werden typischerweise durch die Vernehmung von Zeugen bewiesen. Erfahrungswissen bedeutet die Kenntnis bestimmter Regeln, Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge, die losgelöst von einem konkreten Zustand von Bedeutung sind. Erfahrungswissen ist vielfach sowohl beim Gericht als auch bei den Parteien vorhanden, soweit es alltägliche Zusammenhänge betrifft. Reicht das vorhandene allgemeine Erfahrungswissen für die Beurteilung des Tatsachenstoffs nicht aus, muss das Gericht das Erfahrungswissen von Sachverständigen hinzuziehen. Besonderheiten gelten für die Berücksichtigung privaten Erfahrungswissens (dazu unten c Rdn. 22). Der Richter kann von Tatsachen im Wege der Beweiserhebung Kenntnis erlangen, z.B. durch die Vernehmung eines Zeugen oder die Inaugenscheinnahme eines Gegenstandes. Außerhalb des Verfahrens kann er Kenntnis von bestimmten Tatsachen in Ausübung seines Amtes aus anderen Verfahren oder der Wahrnehmung sonstiger Aufgaben erlangen. Zu den auf Grund der Amtsausübung bekannten Tatsachen zählen alle gerichtskundigen Tatsachen, die eine Untergruppe der bei dem Gericht offenkundigen Tatsachen im Sinne des § 291 bilden. Sie bedürfen keines Beweises und können auch ohne entsprechende Parteibehauptung verwendet werden. Gerichtskundig sind Tatsachen, die dem Richter im Rahmen der Amtsausübung, also insbesondere im Zuge anderer Verfahren bekannt geworden sind.25 Sie müssen in die mündliche Verhandlung eingeführt werden, damit die Parteien dazu Stellung nehmen können.26 Alle Tatsachen, von denen der Richter auf anderem Wege als durch erforderliche Beweisaufnahme oder dem Gang der Verhandlung erfahren hat, zählen zu seinem privaten Wissen. Dies gilt streng genommen auch für allgemeinkundige Tatsachen, die die zweite Gruppe der bei dem Gericht offenkundigen Tatsachen bilden. Wegen § 291 bedürfen sie jedoch keines Beweises. Nicht berücksichtigt werden dürfen alle
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3442 122 Vgl. Zöller/Greger § 286 Rdn. 12. 3443 223 Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 24. Aus der Verletzung folgt kein Grundrechtsverstoß, BVerfG NJW 2008, 2243, 2244, Tz. 20.
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3444 324 Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 24. 3445 425 Vgl. BGH NJW 1991, 2824, 2825. 3446 526 BGH LM Nr. 23 zu § 286 (B) ZPO = MDR 1967, 745.
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sonstigen Tatsachen, von denen der Richter auf privatem Wege Kenntnis erlangt hat.27 Der Grund ist in der Vermeidung eines Verstoßes gegen § 41 Nr. 5 zu sehen, da der Richter mit dem Einbringen seiner privaten Tatsachenkenntnisse in die Rolle eines Zeugen schlüpfen würde und sich selbst würdigen müsste.28 Nicht gerichtskundig sind Tatsachen, die der Richter unter Verletzung der Beweiserhebungsvorschriften privat ermittelt hat, etwa durch eine Augenscheinseinnahme unter Ausschluss der Parteien.29 Entschieden abzulehnen ist eine Einschränkung, die der III. Zivilsenat des BGH gutgeheißen hat. Danach sollen die allgemeinen Lichtverhältnisse an einem Unfallort privat beobachtet werden dürfen, weil es sich um eine offenkundige Tatsache iSd § 291 handele; der Richter müsse seine Beobachtungen lediglich vor oder in der mündlichen Verhandlung bekannt geben.30 Insoweit liegt ein Missbrauch der Regeln über die ungeliebte Augenscheinseinnahme vor. Wenn es auf die Ermittlung und Verwertung einer derartigen Tatsache für die Entscheidung ankommt, sind die Formen des Strengbeweises einzuhalten.
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c) Eigene richterliche Sachkunde. aa) Verwertbarkeit. Erfahrungswissen betrifft keine Tatsachen und wird daher nicht von § 291 erfasst.31 Dennoch besteht Einigkeit darüber, dass der Richter sowohl sein amtliches als auch sein privates Erfahrungswissen berücksichtigen darf.32 Der Sachverständigenbeweis soll dem Richter diejenige fehlende Sachkunde verschaffen, die er für die Beurteilung der entscheidungsrelevanten Tatsachen benötigt. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Richter auf bereits vorhandene eigene Sachkunde zurückgreifen darf.
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bb) Offenbarung der Herkunft des Sachwissens. Woher die Sachkunde des Richters stammt, ist für deren Verwertung grundsätzlich unerheblich. Jedoch hängt von dem Gegenstand der Sachkunde und der Quelle der Kenntnis ab, ob der Richter sein Erfahrungswissen in die Verhandlung einführen und die Parteien darüber informieren muss, woher er sein Wissen bezieht. Allgemeine Lebenserfahrung muss vor der Entscheidung nicht offenbart und zur Diskussion gestellt werden. Bei Inanspruchnahme besonderen Fachwissens muss der Richter diesen Umstand den Parteien offenbaren (§ 402 Rdn. 55),33 damit sich die Parteien vergewissern können, ob das Gericht nicht Opfer einer Selbstüberschätzung ist und müssen auf den entsprechenden Verdacht durch Beweisanträge reagieren können. Allerdings bedarf selbst die Inanspruchnahme besonderen Fachwissens keiner näheren Darlegung in der mündlichen Verhandlung, wenn eigenes Fachwissen des Richters nur der Begründung dient, weshalb sich das Gericht einem in der zu entscheidenden Sache erstatteten gerichtlichen Sachverständigengutachten anschließt.34
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3447 127 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 7; Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 4. 3448 228 Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 26; s. auch Musielak/Foerste6 § 286 Rdn. 4. 3449 329 Leicht auf Abwege führt die Empfehlung bei Schneider/v.d.Hövel Richterliche Arbeitstechnik, 4. Aufl. 2007, 51, der einen Verkehrsunfall entscheidende Richter solle sich privat den Unfallort ansehen. 3450 430 BGH NJW 2007, 3211. 3451 531 BGHZ 156, 250, 253 = NJW 2004, 1163, 1164 = GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 291 Rdn. 3; Pie-
per BB 1987, 273, 280; Pantle MDR 1993, 1166, 1167. 3452 632 Vgl. BGHZ 156, 250, 253 = NJW 2004, 1163, 1164 = GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft; BGH NJW 1991, 2824, 2825 f; Pieper BB 1987, 273, 279 f. 33 3453 7 BGH NJW-RR 1997, 1108 (Inanspruchnahme von Fachwissen langjähriger Mitglieder eines Bausenats für Spezialkonstruktionen im Brückenbau). 3454 834 BGH MDR 1967, 745; BGH NJW 1991, 2824, 2825.
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Sieht der Richter von der Einholung eines Sachverständigenbeweises ab und stützt sich allein auf Erfahrungswissen, das er im Laufe der Berufstätigkeit aus Gutachten gewinnen konnte oder das er Fachpublikationen entnommen hat35, so muss er diese Quellen benennen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, diese Quellen einer kritischen Würdigung zu unterziehen (dazu § 402 Rdn. 56 ff).36 Da die Verwertbarkeit nicht von der Herkunft der Fachkenntnis abhängt, macht es keinen Unterschied, ob die Sachkenntnis in Ausübung des Amtes als Richter oder auf anderem Wege, etwa durch ein Zweitstudium erworben wurde.
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d) Erkenntnisse aus anderen Verfahren. Tatsachen, die noch nicht Gegenstand der bisherigen Verhandlung waren, müssen zur Wahrung rechtlichen Gehörs37 ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt werden. Dies gilt insbesondere für die Ergebnisse von Beweisaufnahmen, die in anderen Verfahren durchgeführt worden sind, aber ebenso für Eindrücke, die das Gericht im Laufe eines früheren Verfahrens von einer sachkundigen Person gewinnen konnte, die auch an dem aktuellen Verfahren beteiligt ist. Der BGH hat daher beanstandet, dass der Tatrichter eine neurologische privatgutachterliche Stellungnahme des behandelnden Arztes, die dem Gutachten des Gerichtssachverständigen widersprach, ohne Aufklärung des Widerspruchs bereits deshalb verwarf, weil sich der Behandler schon in früheren Verfahren in auffälligem Widerspruch zu den jeweiligen Gerichtsgutachten befunden hatte, und dieser beabsichtigte Schluss auf mangelnde Fachkunde und/oder diagnostische Sorgfalt, der aus Beobachtungen in anderen Verfahren stammte, nicht mit den Parteien erörtert worden war.38 Neben der Einführung der Tatsachen in den Rechtsstreit ist erforderlich, dass den Parteien Gelegenheit gegeben wird, zu den neu eingeführten Tatsachen Stellung zu nehmen. Zu berücksichtigen sind dann sowohl die neu eingeführten Tatsachen als auch die daraufhin abgegebenen Stellungnahmen der Parteien. Wurden die Tatsachen in die Verhandlung eingeführt, fehlte es aber an einer Gelegenheit zur Stellungnahme, bedeutet dies eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht aber einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung.
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II. Überzeugungsbildung 1. Subjektivität der persönlichen Überzeugung
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Die Würdigung ist auf Überzeugungsbildung gerichtet. Es kommt dafür auf die Überzeugung des erkennenden Gerichts an. Damit werden formelle Beweisregeln für unbeachtlich erklärt, soweit sie nicht von Abs. 2 legitimiert sind; das Gericht trifft seine Entscheidungen also grundsätzlich frei von Beweisregeln. Das subjektive Kriterium der Überzeugung steht im Mittelpunkt. Die Würdigung ist ein Vorgang, der sich im Kopf des Richters abspielt und dessen Regeln der Richter grundsätzlich selbst definiert. Er allein entscheidet, wann er wovon überzeugt ist. Die Überzeugungsbildung unterliegt im Grundsatz keiner ex-post-Kontrolle anhand eines objektiven Maßstabs, für den es auf die Überzeugung einer vernünftigen Durchschnittsperson als Beurteilungsperson ankäme.39 Grenzen werden allerdings gezogen durch das gesetz3455 135 BGH NJW 1984, 1408 (medizin. Lehrbücher); BGH NJW 1995, 1677, 1678 – Oxygenol II. 3456 236 BGHZ 66, 62, 69 = NJW 1976, 715, 716; BGH NJW 1991, 2824, 2826; BGH NJW 1995, 1677, 1678 – Oxygenol II; BGH NJW 1996, 584, 586; BGH NJW-RR 1997, 1108.
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3457 337 BVerfG NJW-RR 1996, 183, 184. 3458 438 BGH NJW 1993, 2382. 3459 539 Dazu Prütting Gegenwartsprobleme, 63 ff; Greger Beweis, 101 ff; Walter Freie Beweiswürdigung, 132 ff, 165 ff.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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lich bestimmte Beweismaß (unten 2 b Rdn. 33) und das Gebot, die Denk-, Natur- und Erfahrungssätze bzw -gesetze (unten 3 Rdn. 39) zu beachten. Die tatrichterliche Würdigung ist gem. § 559 Abs. 2 einer revisionsgerichtlichen Kontrolle weitgehend entzogen (unten II 4 Rdn. 41). Ausgangspunkt der Würdigung ist das Prinzip der grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller Beweismittel.40 Nicht die Überzeugung des Richters, sondern abstrakte und nicht von ihm selbst definierte Maßstäbe wären ausschlaggebend, wenn der Beweiswert bestimmter Beweismittel generell feststünde. Daher sind abstrakte Beweisregeln außerhalb des Regelungsbereichs des Abs. 2 unzulässig, also etwa nicht durch einen Erfahrungssatz gedeckte generell-abstrakte richterliche Beschränkungen, wie sie in der sog. „Beifahrerrechtsprechung“ wirksam werden, nach der den Aussagen von Insassen unfallbeteiligter Kraftfahrzeuge nur im Zusammenhang mit weiteren objektiven Anhaltspunkten Beweiswert zukommen soll.41 Nur für den jeweils konkreten Fall ist eine die Überzeugung des Gerichts widerspiegelnde Abstufung nach Relevanz, Gewicht und Glaubwürdigkeit zulässig. Die konkrete tatrichterliche Würdigung von Zeugenaussagen muss nach Wahrhaftigkeitskriterien im Aussageverhalten und im Inhalt sowie in der Struktur der Aussage suchen. Auch die Aussage eines Zeugen, der einer Partei nahe steht oder am Ergebnis des Prozesses ein eigenes Interesse hat, muss voll gewichtet werden und darf nicht allein wegen der Beziehung für grundsätzlich unzuverlässig und unglaubwürdig erklärt werden.42 Bei der Aufklärung eines Vier-Augen-Gesprächs kann der Parteibehauptung ein durch den Prozessgegner eingebrachtes Beweismittel entgegenstehen (dazu auch § 284 II Rdn. 7). Das Gericht darf der Partei Glauben schenken, wenn es die Parteiaussage in der Anhörung nach § 141 für überzeugender hält als die konträre Aussage eines Zeugen, der mit der Gegenpartei verwandt ist.43 Es besteht keine Notwendigkeit, bei Zugrundelegung des Parteivortrags die Parteiaussage in eine Parteivernehmung nach § 448 münden zu lassen.44 Allerdings muss das Gericht zu erkennen geben, dass es den unterschiedlichen Charakter von Parteianhörung und Parteivernehmung nicht verkannt hat.45 Der Aussage eines Zeugen, der nur Bekundungen Dritter über entscheidungserhebliche Tatsachen wiedergeben kann (Zeuge vom Hörensagen), ist nicht von vornherein bedeutungslos (dazu auch § 284 VIII 5 d Rdn. 77), auch wenn diesem Indiz in der Regel nur ein geringer Beweiswert zukommen wird.46 Wird eine Zeugenäußerung verwertet, die nicht in einem formellen Verfahren gewonnen worden ist, sondern die z.B. im Wege des Urkundenbeweises beigebracht worden ist, ist deren in der Regel geringer Beweiswert zu beachten.47 Sachverständigengutachten sind auf Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen48 (näher dazu § 412 Rdn. 9 ff).
3460 140 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 1. 3461 241 BGH NJW 1988, 566, 567. Dazu Greger NZV 1988, 13; Walter NJW 1988, 567 f; Reinecke MDR 1989, 114; Foerste NJW 2001, 321 ff; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 15; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 2. 3462 342 BGH NJW 1995, 955, 956. 3463 443 Vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 789, 790; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 15.
3464 544 Vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 225, 226. 3465 645 BGH NJW 1960, 100. 46 3466 7 BGH NJW 1984, 2039, 2040; BGH NJW 2006, 3416, 3418, Tz. 21. 3467 847 BGH NJW-RR 2007, 1077, 1078, Tz. 17. 3468 948 Vgl. BGH VersR 2008, 1126, 1127, Tz. 7; BGH VersR 2008, 1133, Tz. 8.
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2. Beweiswürdigung und Beweismaß
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a) Zusammenhänge von Beweiswürdigung und Beweismaß. Beweiswürdigung und Beweismaß sind zwei zu unterscheidende Kategorien, auch wenn zwischen ihnen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht.49 Die Beweiswürdigung bezieht sich auf die Frage, ob der Beweis gelungen ist. Sie kann nur für den konkreten Streitfall beantwortet werden. Das Beweismaß betrifft die Frage, welchen Grad an Wahrscheinlichkeit der Richter bei seiner Überzeugungsbildung zugrunde zu legen hat. Diese Festlegung trifft der Gesetzgeber abstrakt und generell.50 Sowohl hinsichtlich der Kriterien für das Ziehen der Grenze zwischen diesen als auch hinsichtlich der aus dieser Unterscheidung zu ziehenden Schlussfolgerungen besteht Uneinigkeit.
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b) Grad der richterlichen Überzeugung. Das Gesetz unterscheidet zwischen einem „Regelbeweismaß“, das für § 286 zugrunde zu legen ist, und erleichternden Abstufungen, die etwa durch § 287 und § 294 (Glaubhaftmachung) gestattet werden. Diese Differenzierung darf nicht dadurch funktionslos gemacht werden, dass interpretatorische Umgestaltungen des materiellen Rechts vorweggenommen werden, wie dies im Deliktsrecht (de lege lata?) gelegentlich gefordert wird, indem das Alles-oderNichts-Prinzip der Zuerkennung von Schadensersatz zugunsten einer dem Wahrscheinlichkeitsgrad angepassten Teilverurteilung (Proportionalhaftung) aufgeweicht werden soll. Das Beweismaß ist abstrakt-generell vom Gesetzgeber vorgegeben. Jedenfalls terminologisch verfehlt ist es deshalb, von dem vom Tatrichter „im Einzelfall zu fordernden Beweismaß“ zu sprechen.51 § 286 verlangt eine volle Überzeugung des Richters von der Wahrheit einer Tatsachenbehauptung, nicht nur eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung.52 Der Richter muss nach der Formulierung des § 286 die tatsächliche Behauptung „für wahr“ und nicht nur „für wahrscheinlich“ erachten.53 Keine Geltung hat im deutschen Recht die Tatsachenfeststellung auf Grund bloß überwiegender Wahrscheinlichkeit.54 Die für § 286 erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.55 Darin steht eine objektivierende Tendenz der Überzeugungsbildung, die eine revisionsrechtliche Kontrolle erlaubt.56
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3469 149 Näher dazu Prütting Gegenwartsprobleme, 59 ff. 3470 250 Dazu Prütting Gegenwartsprobleme, 59; Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit, 15. 3471 351 So BGH (II. ZS) NJW 2007, 3067 (zur längere Zeit zurückliegenden Einzahlung einer Stammeinlage, §§ 19 Abs. 1 GmbHG, 362 BGB). 52 3472 4 Anders die Überwiegenslehre der nordischen Prozessrechte; dazu u.a. Musielak FS Kegel, 451 ff. 53 3473 5 Betont von BGH NJW 1970, 946, 948; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 34, 36. 3474 654 Zu dieser nordeuropäischen Auffassung eingehend Prütting Gegenwartsprobleme, 76 ff; Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit, 94 ff; Walter
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Freie Beweiswürdigung, 142 f, 162, 178 f; Die Beweislastumkehr nach Feststellung eine groben ärztlichen Behandlungsfehlers als Reduktion des Beweismaßes für die Kausalität der Pflichtverletzung deutend und befürwortend MünchKommBGB/Wagner4 § 823 Rdn. 732. 55 3475 7 BGHZ 53, 245, 256 = NJW 1970, 946, 948 – Anastasia; BGH VersR 1977, 721; BGH NJW 1989, 2948, 2949; BGH NJW 2003, 1116, 1117; BGH NJW 2006, 3416, 3419, Tz. 39; BGH NJW 2008, 1381, 1382 = BGH VersR 2008, 644, 645, Tz. 9; BGH VersR 2008, 1126, 1127, Tz. 7; BGH VersR 2008, 1133, Tz. 8. 3476 856 Leipold FS Nakamura, 301, 309.
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3. Grenzen der Überzeugungsbildung Welche Tatsachen das Gericht der rechtlichen Beurteilung zugrunde legen muss, bestimmt § 286 Abs. 1 mit der Formulierung „das Gericht hat unter Berücksichtigung [. . .] zu entscheiden [. . .]“. Das Gericht kann nur frei entscheiden, ob und wovon es auf Grund der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte überzeugt ist, nicht aber, welche Gesichtpunkte es in den Überzeugungsgewinnungsprozess einbeziehen will. Werden wesentliche Gesichtspunkte ignoriert, liegt darin ein Verfahrensfehler (oben I 3 Rdn. 16 ff.). Auch das Beweismaß nimmt Einfluss darauf, welche Tatsachen für die rechtliche Bewertung des Falles maßgeblich sind. Dies geschieht jedoch nicht durch eine Regelung der Würdigung bzw der Überzeugungsfindung selbst, d.h. nicht durch Vorgaben, wie bestimmte Umstände zu interpretieren und zu gewichten sind, sondern durch die Bestimmung des Würdigungsziels: Das Beweismaß entscheidet darüber, mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit das Gericht überzeugt sein muss. Richterliche Freiheit ist durch die Beachtung des Gebotes der Rechtsanwendungsgleichheit begrenzt.57 Art. 3 Abs. 1 GG bindet wegen Art. 1 Abs. 3 GG auch die Rechtsprechung. Für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sorgt organisatorisch die Existenz der Bundesgerichte als Revisionsgerichte sowie des Gemeinsamen Senats (Art. 95 Abs. 3 GG).58 Im Rahmen des einfachen Gesetzesrechts einschließlich der Vorgaben über die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln sind daraus Konsequenzen auch für die Sachverhaltsfeststellung bei gleichartigen Sachverhalten zu ziehen. Geboten ist die Zuerkennung einer beschränkten Kontrollkompetenz der Revisionsgerichte für die Beweiswürdigung. Zwingend zu beachten sind allgemein anerkannte Denk-, Natur- und Erfahrungsgesetze. Deren Außerachtlassung verletzt § 286 Abs. 1 S. 1.59 Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des § 286 nicht von der Beachtung von Erfahrungsregeln dispensieren wollen, sondern nur von der Beachtung einer gesetzlichen Beweistheorie.60 Mit dem Erfordernis einer Verhandlungswürdigung, die der Feststellung dient, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr zu erachten ist, wird indirekt auf Sätze der richterlichen Lebenserfahrung Bezug genommen. Das Begründungserfordernis des § 286 Abs. 1 S. 2 zwingt das Gericht zur Offenlegung der zu seiner Überzeugung führenden Erwägungen. Dies führt zu einer gewissen Objektivierung der Würdigung, wenngleich ihr eigentlicher Kern unangetastet bleibt. Eine weitere Objektivierung erfolgt durch die Anwendung des Anscheinsbeweises (unten III 1 a Rdn. 47 ff.).
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4. Nachprüfung durch Berufungs- und Revisionsgericht Der Revisionsrichter darf die tatrichterliche Beweiswürdigung nur darauf überprüfen, ob die nach § 286 Abs. 1 S. 2 erforderliche Begründung widerspruchsfrei ist61, ob sie das Beweisergebnis ausschöpft62 und ob sie gegen Erfahrungssätze und Denkgesetze verstößt (s. auch unten III 2 Rdn. 66).63 3477 157 Für die Schweiz ebenso Bühler sic! 2007, 607. 3478 258 Starck in: v. Mangoldt/Klein/Starck GG, 5. Aufl., Art. 3 Abs. 1 Rdn. 283. 3479 359 BGH VersR 2008, 1126, 1127, Tz. 7; BGH VersR 2008, 1133, Tz. 8. 3480 460 Vgl. Blomeyer Gutachten 46. DJT 1966 S. A 14, eine Äußerung von Planck zitierend.
3481 561 BGH NJW 1987, 1557, 1558; BGH NJW-RR 1992, 920. 62 3482 6 BGH NJW 1995, 966, 967; BGH NJW 1998, 2736, 2737; BGH NJW 1999, 3481, 3482. 3483 763 BGH NJW 1987, 1557, 1558; BGH NJW 1998,
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Der Berufungsrichter ist seit der Reform von 2001, die das Berufungsrecht einer revisionsrichterlichen Rechtskontrolle angenähert hat, im Rahmen des § 529 Abs. 1 an Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und damit auch an die erstinstanzliche Beweiswürdigung gebunden. Die Überprüfungsmöglichkeit reicht allerdings weiter als die des Revisionsrichters.64 Zweifel im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 sind bereits dann gegeben, wenn eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle der erneuten Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden.65 Das Berufungsgericht darf die Glaubwürdigkeit eines Zeugen oder den protokollierten Aussageinhalt aber nicht ohne erneute Vernehmung (§ 398) anders beurteilen als der erstinstanzliche Richter.66 Dasselbe gilt für die Parteivernehmung.67 Kommt eine erneute Vernehmung nicht in Betracht, etwa weil der Zeuge zweitinstanzlich von einem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, ist das Berufungsgericht an die Glaubwürdigkeitsbeurteilung der ersten Instanz gebunden, es sei denn, das Berufungsgericht stützt sich auf Umstände, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen, die Wahrheitsliebe noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit der Zeugenaussage betreffen.68 Diese Bindung folgt aus dem Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit, nicht aus § 529 Abs. 1.69 Der EuGH hat die Möglichkeit einer Staatshaftung für Rechtsprechungsakte auch auf die Sachverhalts- und Beweiswürdigung bezogen.70 5. Beweisverwertungsverbote
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Von der Beweiswürdigung ausgeschlossen sind solche Ergebnisse der Beweisaufnahme, die einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Beweisverwertungsverbote werden in den Vorbemerkungen vor § 286 Teil B behandelt. 6. Beweisverträge
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Vertragliche Vereinbarungen, die dem Gericht eine bestimmte Beweiswürdigung vorschreiben oder die den Beweiswert eines Beweismittels festlegen, sind unwirksam, weil sie gegen § 286 Abs. 1 verstoßen.71 Die Parteien haben ihre Disposition im materiellen Recht, etwa durch Abschluss eines deklaratorischen Feststellungsvertrages, zu treffen. Ihre prozessuale Dispositionsmöglichkeit ist auf den anerkannten bzw ge2736, 2737; s. ferner BGH NJW 2007, 3067, Tz. 2 und 4. 3484 164 Zum Aufgreifen von dessen Maßstäben BGH NJW 2004, 1876. 65 3485 2 BGH NJW 2003, 3480, 3481; BGH NJW 2004, 1876 f; BGH NJW 2004, 2825, 2826; BGH NJW 2004, 2828, 2829; BGH NJW 2007, 372, 374, Tz. 23; BGH VersR 2008, 1133, Tz. 8. 3486 366 BGH NJW 1991, 1183; BGH NJW 1998, 566, 567; BGH NJW-RR 2002, 1649; BGH NJW 2007, 2919, 2921. Ebenso für das Richterkollegium anstelle des Einzelrichters BGH NJW 1991, 3284 oder beim Wechsel des Einzelrichters, OLG Hamm MDR 2007, 1153. 3487 467 BGH NJW 1999, 363, 364. 3488 568 BGH (IV. ZS) NJW 2007, 372, 274, Tz. 23; a.A. BGH (VIII. ZS) NJW 2007, 2919, 2921, Tz. 35. Unrichtige Schlussfolgerungen daraus für die
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zweite Berufungsverhandlung nach Rückverweisung ziehend OLG Hamm VersR 2007, 1512, 1513 = NJW 2008, 448 m. krit. Anm. Greger a.a.O. 450. 69 3489 6 Greger a.a.O. 70 3490 7 EuGH, Urt. v. 13.6.2006, Rs. C–173/03 – Traghetti del Mediterraneo, Tz. 37, NJW 2006, 3337, 3339. 3491 871 So gleich lautend für das österreichische Recht öOGH ÖJZ 2004, 188, 189. Gegen eine Beschränkung auch Baumgärtel Prozesshandlung, 254 f (soweit die richterliche Würdigung des Beweisergebnisses betroffen ist; anders für Beschränkung der zu würdigenden Tatsachen und der verwendbaren Beweismittel im Rahmen der Verhandlungs- und Dispositionsmaxime); Eickmann Beweisverträge, 92.
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setzlich fixierten Bereich der Dispositionsmaxime beschränkt. Von der generellen Unwirksamkeitsfolge sind Vereinbarungen über die Beweislastverteilung nicht betroffen (näher dazu vor § 286 Teil A VII 6, Rdn. 148). Eine gesonderte Beurteilung ist auch für Beweismittelverträge erforderlich, die – etwa im Zusammenhang mit Mediationsvereinbarungen – Beschränkungen für die Verwendung von Informationen vorsehen.72
III. Anscheinsbeweis 1. Charakteristik des Anscheinsbeweises a) Standardisierte Schlussfolgerung im Rahmen freier Beweiswürdigung. Der Beweis des ersten Anscheins, kurz Anscheinsbeweis oder Prima-facie-Beweis genannt, ist ein besonderer Fall des mittelbaren Beweises, bei dem von feststehenden Tatsachen auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen der streitigen Tatsache geschlossen wird. Die österreichische Rechtsprechung kleidet diese Erkenntnis in die Formel, der Anscheinsbeweis sei die Verschiebung des Beweisthemas von der tatbestandsmäßig geforderten Tatsache auf eine leichter erweisliche Tatsache, die mit ihr in einem typischen Erfahrungszusammenhang steht.73 Der Anscheinsbeweis ist kein besonderes Beweismittel.74 Er beruht auf der Anwendung von gesichertem Erfahrungswissen und zielt wie der unmittelbare Beweis auf richterliche Überzeugungsbildung. Dazu greift der Richter auf die allgemeine Lebenserfahrung zurück. Andere Rechtsordnungen in Europa, die den Anscheinsbeweis als Rechtsfigur nicht kennen, geben der Beachtung von Erfahrungssätzen gleichwohl eine herausgehobene Bedeutung.75 Bewirkt wird eine Beweiserleichterung im Rahmen des § 286, die vor einer wesentlich rigideren Anwendung der Beweislastumkehr (s. dazu vor § 286 Teil A VII 5 Rdn. 146) sowie vor einer noch stärkeren Ausdehnung des § 287 bewahrt.76 Die Heraushebung des Anscheinsbeweises aus dem normalen Indizienbeweis ist nur wegen der prozessualen Kontrollmöglichkeit der Rechtsmittelinstanzen, insbesondere der Revisionskontrolle im Interesse gleichmäßiger tatrichterliche Rechtsanwendung (dazu unten III 2 Rdn. 66) bedeutsam. Diese Funktionalität ist in der wissenschaftlichen Diskussion um die Dogmatik des Anscheinsbeweises vernachlässigt worden.77
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b) Das Verhältnis zum Indizienbeweis. Der Anscheinsbeweis stellt als praktizierte Beweiswürdigung einen Sonderfall des Indizienbeweises dar,78 bei dem Erfahrungssätze mit gesteigerter Gewissheit angewandt werden.79 Im Hinblick auf die unterschiedliche revisionsrechtliche Kontrolldichte ist eine Abgrenzung erforderlich.80 Mittels des Anscheinsbeweises wird bei Vorliegen der Anscheinstatsachen auf Grund des Erfahrungssatzes unmittelbar auf die zu beweisende Tatsache geschlossen. Die übergangenen, für den Anscheinsbeweis nicht entscheidungserheblichen Tatsachen können, sofern sie sich anders darstellen, als angesichts des angewandten Erfahrungs-
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3492 172 Dazu Schlosser FS Vollkommer, S. 217, 226, 229 f. 3493 273 öOGH JBl. 2008, 324, 325. 74 3494 3 BGH NJW 1998, 79, 80/81; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 286 Rdn. 48; Rosenberg/Schwab/ Gottwald § 12 Rdn. 16. 3495 475 Ältere Nachweise bei Prütting Gegenwartsprobleme, 102; ferner Garnon Verh. 46. DJT S. E 54 f zu Frankreich und Haardt Verh. 46. DJT S. E 58 ff zu den Niederlanden.
3496 576 Vgl. Prütting Gegenwartsprobleme, 109. 3497 677 Zutreffend aber Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 54. 78 3498 7 Prütting Gegenwartsprobleme, 100 („keine fundamentalen Unterschiede“). 3499 879 Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 24 (Anwendung von „Erfahrungsgrundsätzen“). 3500 980 A.A. Musielak Grundlagen der Beweislast, 131.
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satzes zu erwarten war, zur Erschütterung des Anscheinsbeweises herangezogen werden (dazu unten 4 Rdn. 81 ff.). Beim Indizienbeweis wird von der individuellen Sachlage des Streitfalles, also von individuellen Hilfstatsachen, auf die Haupttatsache geschlossen. Anders als in der Regel beim Indizienbeweis kann beim Anscheinsbeweis für das Ziehen des Schlusses ein einzelner Erfahrungssatz genügen.81 Der Indizienbeweis beruht demgegenüber auf der Kombination verschiedener, einzeln betrachtet weniger aussagekräftiger Erfahrungssätze und Schlüsse aus unstreitigen oder bewiesenen Indiztatsachen, die erst in ihrer Gesamtheit den Schluss auf die betreffende Tatsache tragen.82 Aus dieser komplexeren Gesamtschau, die nicht auf die Tragfähigkeit eines konkreten Erfahrungssatzes reduziert werden kann, ergibt sich für den Indizienbeweis eine gegenüber dem Anscheinsbeweis reduzierte Revisibilität.83 c) Teil der Beweiswürdigung, keine gewohnheitsrechtliche Regel. Der Anscheinsbeweis ist mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung vereinbar;84 er ist Teil derselben.85 Abzulehnen ist die Einstufung als gewohnheitsrechtliche Beweisregel.86 Die Bindung an verlässliche Erfahrungssätze folgt aus § 286 und musste nicht rechtsfortbildend gegen § 286 durchgesetzt werden.87 Von einem Anscheinsbeweis kann nur gesprochen werden, wenn ein Erfahrungssatz derart tragfähig ist, dass er die volle Überzeugung des Gerichts zu begründen vermag. Die Einstufung als Anscheinsbeweis ist Ergebnis der Beweiswürdigung, hingegen regelt sie nicht umgekehrt die Beweiswürdigung. Dass bestimmte Erfahrungssätze nicht beliebig übergangen werden können, ist lediglich Ausdruck der Begrenzung der freien Beweiswürdigung durch die anerkannten Denk-, Erfahrungs- und Naturgesetze, nicht jedoch eine unzulässige Beweisregel; Beweiswürdigung ist an menschliches Erfahrungswissen gebunden und auch durch den Grundsatz freier Beweiswürdigung von dessen Beachtung nicht freigestellt.88 Nur solche Erfahrungssätze sind für die Anwendung des Anscheinsbeweises geeignet, die auf Grund ihrer Belastbarkeit die volle Überzeugung des Gerichts zu begründen vermögen. Der Anscheinsbeweis muss schon für sich genommen überzeugen; es handelt sich nicht etwa umgekehrt um eine überzeugende Beweisführung, weil der Sachverhalt einer anerkannten Fallgruppe des Anscheinsbeweises zugeordnet werden kann. Besteht für das Gericht in einem konkreten Fall Anlass, einen grundsätzlich tragfähigen Erfahrungssatz nicht anzuwenden, weil tatsächliche Umstände des Einzelfalles entgegenstehen, dann ist es in den Grenzen der Denk-, Natur- und zwingenden Erfahrungsgesetze an der Außerachtlassung des Anscheinsbeweises nicht gehindert. Insofern besteht kein Grund zu der Annahme, die freie Beweiswürdigung würde durch die Heranziehung eines Anscheinsbeweises eingeengt. 3501 181 Gegen dieses Abgrenzungskriterium Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 18. 3502 282 Vgl. BGH VersR 1971, 80, 81; BGH NJW 1970, 946, 949 – Anastasia; BGH NJW 2007, 3067, Tz. 2 und 4. 83 3503 3 Blomeyer Zivilprozessrecht § 72 III 1; s. auch Foerste in: Graf v. Westphalen Produkthaftungshandbuch I2 § 30 Rdn. 11. 3504 484 Baur Verh. 46. DJT Bd. II S. E 92; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 201. 3505 585 BGHZ 160, 308, 317 = NJW 2004, 3623, 3625;
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Blomeyer Zivilprozessrecht § 72 I 1I; Prütting Gegenwartsprobleme, 111; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 286 Rdn. 49; Rosenberg/Schwab/ Gottwald § 112 Rdn. 32. 3506 686 So aber Kollhosser AcP 165 (1965), 46, 56; Stein/ Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 141. Wie hier: Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 28; Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 34. 3507 787 Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 47. 3508 888 Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 27 f.
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d) Abgrenzung zur Beweislastumkehr und zur Beweisführungslast. Nach h.M. betrifft der Anscheinsbeweis weder eine Beweislastregelung 89 noch eine materiellrechtliche Zurechnungsregel90. Daher bleiben Regelungen des Gemeinschaftsrechts oder in völkerrechtlichen Verträgen, die die Beweislastverteilung festlegen, von der Anwendung eines Anscheinsbeweises unberührt. Als Ausprägung der freien Beweiswürdigung91 führt er zu einer positiven Sachverhaltsfeststellung. Auf die Beweislastverteilung als Regel für die Bewältigung des Risikos eines non liquet kommt es nicht an. Von einer Umkehr der Beweislast unterscheidet sich der Anscheinsbeweis ferner dadurch, dass er durch einen Gegenbeweis entkräftet werden kann (unten 4 Rdn. 82).92 Bei einer Umkehr der (objektiven) Beweislast im Sinne einer Abweichung von der Grundregel der Beweislastverteilung muss der neue Träger der Beweislast hingegen den Beweis als Hauptbeweis zur vollen Überzeugung des Gerichts führen, was wie ein Beweis des Gegenteils wirkt.93 Der Anscheinsbeweis ist auch von der konkreten Beweisführungslast (dazu vor § 286 Teil A II 6 d Rdn. 27) zu unterscheiden (näher unten 4 Rdn. 82), stimmt in der Wirkung aber mit ihr überein. Ein Wechsel der konkreten Beweisführungslast findet statt, wenn die feststellungsbelastete Partei die volle Überzeugung des Gerichts vorläufig herbeigeführt hat, so dass es nun dem Beweisgegner obliegt, diese Überzeugung zu erschüttern. Dies kann er durch das Antreten eines Gegenbeweises erreichen, dessen Erhebung die vorläufige Überzeugung des Gerichts wieder beseitigt.94 Ein Beweis des Gegenteils ist in diesen Fällen nicht erforderlich.
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e) Keine Absenkung des Beweismaßes. Teilweise wird die Ansicht vertreten, der Anscheinsbeweis stelle geringere Anforderungen an die richterliche Überzeugung als ein herkömmlicher Beweis; es handele sich beim Anscheinbeweis nur um eine vorläufige Tatsachenfeststellung mit verminderter Gewissheit (Wahrscheinlichkeit).95 Eine Herabsetzung des Beweismaßes weicht indes vom Wortlaut des § 286 Abs. 1 ab, der die Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache vorschreibt; sie bedürfte der Legitimation. Eine solche Rechtfertigung könnte in einer zu Gewohnheitsrecht erstarkten richterlichen Rechtsfortbildung gesehen werden; dessen Bildung wird hier jedoch abgelehnt (zuvor III 1 c Rdn. 53). Rechtsprechung und Teile des Schrifttums verneinen ein Abweichen vom Regelbeweismaß.96 Danach sind nur solche Erfahrungssätze für den Anscheinsbeweis ge-
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3509 189 BGHZ 39, 103, 107 = NJW 1963, 953; BGHZ 100, 31, 34 = NJW 1987, 2876, 2877 – Raubpressungen; BGH NJW 2004, 3623, 3625 (keine Beweislastumkehr); Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 24; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 51; Musielak Grundlagen der Beweislast, 98, 130; Prütting Gegenwartsprobleme, 97 ff; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 33; Stein/ Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 140. A.A. Ekelöf ZZP 75 (1962), 289, 300; Wassermeyer Der prima facie Beweis, 2 ff, 30. 90 3510 2 So aber Diederichsen VersR 1966, 211, 219; ders. ZZP 81 (1968), 45, 64 ff. 3511 391 BGH NJW 1998, 79, 81. 3512 492 Vgl. Foerste in: Graf v. Westphalen Produkthaftungshandbuch I2 § 30 Rdn. 9; MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 51.
3513 593 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 109 Rdn. 14. 3514 694 Vgl. BGH MDR 1978, 914; BGH VersR 1983, 560, 561; Foerste in: Graf v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch I2 § 30 Rdn. 5. 95 3515 7 Musielak Grundlagen der Beweislast, 127 f (bei der Kausalitätsfeststellung); Wagner Prozessrechtsverträge, 695; Bender FS Baur, 247, 259 ff; Grunsky Grundlagen des Verfahrensrechts, 392; Maassen Beweismaßprobleme im Schadensersatzprozess, 66; Mummenhoff Erfahrungssätze im Beweis der Kausalität, 151; Walter Freie Beweiswürdigung, 156, 183, 206 ff. 3516 896 BGH NJW 1998, 79, 81; BGH NJW 2006, 300, 301; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 52; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 16; Hainmüller Anscheinsbeweis, 25, 46; Brehm Bindung des Richters, 186 ff; Gottwald
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eignet, die das Gewinnen der vollen Überzeugung des Gerichts ermöglichen. Nicht ausreichend sind bloße Indizien oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der zu beweisenden Tatsache.97 Die Judikatur des BGH weist allerdings widersprüchliche Formulierungen auf.98 Der Anscheinsbeweis soll zwar kein bloßer Wahrscheinlichkeitsbeweis sein, sondern ebenso wie jeder andere Beweis die volle Überzeugung des Gerichts erfordern,99 doch wird die Ernsthaftigkeit dieser Feststellung in Zweifel gezogen, wenn es heißt, der Erfahrungssatz müsse das Vorliegen der zu beweisenden Tatsache nahe legen100, oder wenn von Anscheinsbeweis und Vollbeweis im Sinne eines Gegensatzpaares gesprochen wird101. Das BVerfG hat sich ebenfalls zwiespältig geäußert und im Ergebnis den Anscheinsbeweis als dem Vollbeweis nicht für ebenbürtig erachtet, als es für das Ordnungsmittelverfahren nach § 890 ZPO davon ausging, dass der Anscheinsbeweis als Beweiserleichterung zugunsten des Vollstreckungsgläubigers für den Nachweis des Verschuldens trotz der Strafähnlichkeit geeignet, für echte strafrechtliche Verurteilungen aber dennoch nicht hinreichend sei.102 Die praktischen Ergebnisse beider Auffassungen liegen nicht weit auseinander. Die volle richterliche Überzeugung einerseits und die strenge Auslegung des Merkmals des typischen Geschehensablaufs andererseits stellen sehr ähnliche Anforderungen an die Tragfähigkeit des Schlusses, der aus dem typischen Geschehensablauf gezogen werden soll. Von einem typischen Geschehensablauf kann grundsätzlich nur dann gesprochen werden, wenn er dazu geeignet ist, die volle richterliche Überzeugung von der Wahrheit der zu erschließenden Tatsache zu begründen. Im Ergebnis ist also mit dem Anscheinsbeweis keine Absenkung des Beweismaßes verbunden. Gleichwohl bedeutet die Anwendung des Anscheinsbeweises eine Beweiserleichterung.103 f) Prozessrechtliche Natur. Umstritten ist die prozessrechtliche Qualifikation des Anscheinsbeweises. Die h.M. betrachtet ihn als Gegenstand der freien richterlichen Beweiswürdigung oder als Form der Beweismaßreduktion (s. oben zu b, c und d, Rdn. 50 ff.) und ordnet ihn dem Prozessrecht zu. Die Gegenansicht104 konstruiert den Anscheinsbeweis auf materiellrechtlicher Grundlage und geht davon aus, dass die Beweiswürdigung den Zweck der Haftungsnorm zu verwirklichen und sich an diesem zu orientieren habe. Notwendig sei eine Korrektur der anzuwendenden Norm im Einzelfall; diese sei so zu lesen, dass sie nicht nur auf vollkommen gewisse Sachverhalte Anwendung finde. Die materiellrechtliche Modifizierung des Haftungstatbestandes würde zwar Schwierigkeiten wie die Erklärung der Revisibilität lösen. Sie würde jedoch andere Unstimmigkeiten nach sich ziehen, z.B. eine fallgruppenspezifische Aufspaltung der jeweiligen Anspruchsnormen, deren Tatbestand in den Fällen der Anwendung des Anscheinsbeweises wegen der von ihm bewirkten Modifikation anders beschaffen wäre als in den übrigen FälSchadenszurechnung und Schadensschätzung, 202; Hasselblatt Die Grenzziehung zwischen verantworlicher Fremd- und eigenverantwortlicher Selbstgefährdung im Deliktsrecht, 191 f; Prütting Gegenwartsprobleme, 107, 110. 97 3517 1 BGH NJW 2006, 300, 301; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 130. 3518 298 Siehe dazu Musielak Grundlagen der Beweislast, 120 ff (zum Anscheinsbeweis der Kausalität); Prütting Gegenwartsprobleme, 101; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 52. 3519 399 BGH NJW 1982, 2668. 100 43520 BGH NJW 1982, 2668.
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BGH VersR 1954, 401, 402; BGH MDR 1981, 738; BGH NJW 2008, 2647. 102 3522 6 BVerfGE 84, 82, 87 = NJW 1991, 3139. 103 73523 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 17. 104 83524 Mit unterschiedlichen Nuancierungen Grege, Beweis und Wahrscheinlichkeit, 180; Greger VersR 1980, 1091, 1102 f; E. Pawlowski Primafacie-Beweis, 46, 51, 67; Diederichsen ZZP 81 (1968), 45, 64 ff; ders. VersR 1966, 211, 219;ders., Karlsruher Forum 1966, 21, 22 ff; ders. Verh. des 46. DJT S. E 79 ff; Ablehnend Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 30; Wagner Prozessverträge, 695.
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len.105 Unerklärbar wäre auch die enge Verwandtschaft mit dem Indizienbeweis.106 Nicht überzeugend ist eine rein negative Argumentation, die Zuflucht beim materiellen Recht sucht, weil die Einordnung bei der Beweiswürdigung oder der Beweismaßfestlegung abgelehnt wird.107 Von der prozessrechtlichen oder materiellrechtlichen Qualifizierung darf nicht die Entscheidung abhängig gemacht werden, ob über den Anscheinsbeweis eine vertragliche Disposition zuzulassen ist. Die Zulässigkeit entsprechender Vereinbarungen wird z.T. im Rahmen bestehender prozessualer Dispositionsfreiheit bejaht;108 sie ist als Beschränkung der richterlichen Kognitionsfreiheit zu verneinen (generell zu Beweisverträgen oben II 6 Rdn. 46). 109
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2. Überprüfung in der Revisionsinstanz Die von den Instanzgerichten getroffenen Tatsachenfeststellungen sind für das Revisionsgericht bindend, sofern sie nicht auf einem Rechtsfehler beruhen. Gleichwohl ist die Anwendung des Anscheinsbeweises in der Revision zu überprüfen,110 allerdings nur hinsichtlich der Bejahung oder Verneinung eines verlässlichen Erfahrungssatzes. Umstritten ist die Herleitung dieses Ergebnisses. Geht man (unzutreffend) davon aus, dass der Anscheinsbeweis eine auf richterlicher Rechtsfortbildung bzw Gewohnheitsrecht beruhende Abweichung von § 286 darstellt, die auf eigenen tatbestandlichen Voraussetzungen beruht und die ein Absenken des Beweismaßes legitimiert, so ergibt sich die Revisibilität zwanglos aus einem als Rechtsfehler einzuordnenden Verstoß gegen die durch diese Rechtsfortbildung geschaffenen Normmerkmale. Noch weiter reicht die Überprüfbarkeit, wenn man (ebenfalls unzutreffend) annimmt, dass nicht nur die Grundsätze des Anscheinsbeweises, sondern auch die im jeweiligen Einzelfall angewandten Erfahrungssätze Normcharakter haben.111 Eine Überprüfbarkeit in der Revisionsinstanz setzt beide Annahmen nicht voraus. Anerkannt ist, dass § 286 nicht von der Beachtung von Denk-, Natur- und zwingenden Erfahrungsgesetzen dispensiert (oben II 3 Rdn. 39). Das Außerachtlassen oder die fälschliche Annahme eines Erfahrungssatzes führt zu einem unmittelbaren Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung.112 Die Revisibilität ist erforderlich, weil es ungeachtet der Einordnung bei der tatrichterlichen Beweiswürdigung um die Sicherung gleichmäßiger Rechtsanwendung und die Vermeidung objektiver Willkür geht (oben II 3 Rdn. 38 und II 4 Rdn. 41). Unterschiedliche Ergebnisse bei der Anwendung zwingender Erfahrungssätze auf gleichartige Lebenssachverhalte je nach Rechtsprechungspraxis des dem erstinstanzlichen Tatrichter übergeordneten Oberlandesgerichts würde eine unerträgliche Rechtszersplitterung eintreten lassen. In der Revisibilität des Anscheinsbeweises und der Herbeifüh105 13525 So MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 54. 106 23526 Prütting Gegenwartsprobleme, 100. 107 33527 Zutreffend Prütting Gegenwartsprobleme, 99 (gegen Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit, 172 ff). 108 3528 4 Wagner Prozessverträge, 696 f. 109 53529 Im Ergebnis ebenso Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 210. 110 63530 Vgl. BGH NJW 1987, 1694 – Putenfutter; BGHZ 100, 31, 33 = NJW 1987, 2876, 2877 – Raubpressungen; BGHZ 160, 308, 313 = NJW 2004, 3623 –
Ausspähen der PIN; BGH NJW 2005, 2395, 2397; BGH NJW 2006, 300. 111 73531 So etwa Hainmüller 47 ff, 59 ff; Schwinge Revisionsrecht2, 157; A.A. Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 47. 112 83532 Vgl. BGH NJW 1987, 1694; Blomeyer Gutachten, 46. DJT S. 47; Prütting Gegenwartsprobleme, 111; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 37; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 66.
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rung einer gleichmäßigen Rechtsanwendung bei gleicher Sachverhaltsgestaltung liegt die wesentliche prozessuale Funktion dieses Rechtsinstituts. 3. Anwendung des Anscheinsbeweises
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a) Typischer Geschehensablauf. Der Anscheinsbeweis basiert auf der Anwendung von Erfahrungssätzen. Diese Erfahrungssätze greifen bereits feststehende Tatsachen auf und erlauben in Verbindung mit diesen den Schluss auf die eigentlich zu beweisenden Tatsachen. Die Tatsachen, an die angeknüpft wird, müssen entweder unstreitig sein oder zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden, wobei die Beweislast derjenigen Partei obliegt, die den Anscheinsbeweis führen will.113 Nur solche Erfahrungssätze sind für das Führen eines Anscheinsbeweises von Belang, die typische Geschehensabläufe zum Gegenstand haben.114 Zu diesen zählen solche, die in der jeweiligen Situation dem Üblichen, dem Gewöhnlichen oder Regulären entsprechen und somit einen gleichförmigen115, in Situationen dieser Art zu erwartenden Vorgang darstellen. Es muss ein Sachverhalt feststehen, der nach der Lebenserfahrung typischerweise auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist.116 Typizität bedeutet nicht, dass die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache bei allen Sachverhalten der einschlägigen Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muss aber so häufig gegeben sein, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist.117 Dies ermöglicht es, von der Anscheinstatsache auf die zu beweisende Tatsache zu schließen, ohne dass die konkreten Umstände dieses Zusammenhangs im Einzelnen aufzudecken und zu bewerten wären.118 Dies kann so weit reichen, dass auf das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals geschlossen wird, ohne dass damit ein Schluss auf eine konkrete Tatsache in der Lebenswirklichkeit verbunden wäre, aus deren Subsumtion sich dann die Erfüllung des Merkmals ergäbe. Man spricht insoweit von „Irgendwie-Feststellung“.119 Diese Schlussform ist vor allem bei der Feststellung von Kausalität und Verschulden anzutreffen: Der Anscheinsbeweis lässt den Schluss zu, dass ein Erfolg irgendwie verursacht und verschuldet wurde, ohne dass das betreffende Verhalten angegeben wird.120 Zugleich bilden Kausalität und Verschulden die wichtigsten Anwendungsgebiete für den Anscheinsbeweis. Im Interesse einheitlicher Rechtsanwendung ist für die Beurteilung der Typizität nicht von der persönlichen Lebenserfahrung des entscheidenden Richters auszugehen, sondern von einem objektivierten Maßstab, der auf allgemeine Erfahrungen in dem jeweiligen Sachzusammenhang abstellt. Gleichwohl lässt sich nicht vermeiden, dass die Auffassung über den Inhalt der allgemeinen Lebenserfahrung von der individuellen Lebenserfahrung der letztinstanzlich urteilenden Richter beeinflusst wird.
113 3533
BGHZ 7, 198, 200 f; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 130. 114 23534 BGH NJW 2006, 300, 301. 115 3535 3 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 48. 116 43536 BGHZ 160, 308, 313 = NJW 2004, 3623 – Ausspähen der PIN; BGH NJW 2005, 2395, 2398; BGH NJW 2006, 300, 301. 117 53537 BGH VersR 1991, 460, 462; BGH NJW 2004, 3623. 1
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MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 48; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 17. 119 73539 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 17; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 132 und 136. Siehe auch BGH NJW 1998, 79, 81 (Überbrückung fehlender konkreter Indizien). 120 83540 Vgl. BGH LM Nr. 20 zu § 286 (C) ZPO; Wassermeyer Der Prima-facie-Beweis, 15; Kollhosser AcP 165 (1965), 46, 62; Hainmüller Anscheinsbeweis, 230 ff; Lepa NVZ 1992, 129, 130. 6
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b) Basis und Verlässlichkeit der Erfahrungssätze. Der Anscheinsbeweis wird auf ein Wahrscheinlichkeitsurteil gestützt121, das mit dem Bezug auf die Lebenserfahrung keine statistischen Erhebungen zur macht, sondern eine weniger präzise allgemeine, von vielen Menschen geteilte Wahrnehmung.122 Die sich im Erfahrungssatz ausdrückende Allgemeinregel geht auf die Beobachtung gleichförmiger Einzeltatsachen zurück.123 Dieses quasi-empirische Vorgehen ist vielfach unerlässlich, weil für die zu beurteilenden Sachverhalte in der Regel keine statistischen Daten zur Verfügung stehen oder zu gewinnen sind, die eine präzise Berechnung der konkreten Wahrscheinlichkeit gestatten würden. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, einen mathematisch ausgedrückten Wahrscheinlichkeitsgrad als Maßstab der Eignung eines Erfahrungssatzes festzusetzen. Das Gericht darf statistisch-empirische Daten jedoch nicht außer acht lassen, sofern diese für die jeweils einzuschätzende Frage einschlägig sind und aus einer verlässlichen Quelle stammen. Erfahrungssätze dürfen nicht in Widerspruch zu aussagekräftigen empirischen Ergebnissen stehen. Die Vielzahl der zum Anscheinsbeweis ergangenen Entscheidungen und die darin offenbar werdende Uneinheitlichkeit des Maßstabs zeigen, dass für das Vorliegen eines typischen Geschehensablaufs keine eindeutigen Kriterien existieren. Diese Bestimmungsschwierigkeiten ähneln denen, die sich bei der konkreten Beschreibung des jeweils zu erfüllenden Beweismaßes stellen. Unzureichend sind Erfahrungen, nach denen lediglich die Möglichkeit des Vorliegens der zu beweisenden Tatsache besteht; zu fordern ist ein höheres Maß an Verlässlichkeit. Auch reicht es noch nicht aus, wenn der Erfahrungssatz einen bestimmten Verlauf nur wahrscheinlicher erscheinen lässt als andere Verläufe.124 Umgekehrt steht die bloße Möglichkeit eines anderen Verlaufs der Annahme eines typischen Geschehensablaufs nicht im Wege. Geht man davon aus, dass das Beweismaß unverändert bleibt, sind nur solche Erfahrungssätze als Grundlage eines Anscheinsbeweises geeignet, die eine volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache begründen können.
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c) Differenzierung der Erfahrungssätze. Es ist versucht worden, Erfahrungswissen nach abgestufter Überzeugungskraft in Gruppen zu gliedern und zwischen Lebensgesetzen (Natur-, Denk- und Erfahrungsgesetzen), Erfahrungsgrundsätzen, einfachen Erfahrungssätzen und reinen Vorurteilen zu unterscheiden125 und den Anscheinsbeweis der Anwendung von Erfahrungsgrundsätzen zuzuordnen126, aber unter dem Begriff des Anscheinsbeweises auch auf einfache Erfahrungssätze zurückzugreifen, wenn materiellrechtlich zur Feststellung der Kausalität eine Absenkung des Beweismaßes auf überwiegende Wahrscheinlichkeit erfolgen dürfe127. Die Differenzierung von Erfahrungssätzen nach ihrer Tragfähigkeit grenzt Erfahrungen von der Anwendung des Anscheinsbeweises aus, die entweder wegen ihrer hohen Überzeugungskraft über die Begründung eines ersten Anscheins hinausgehen, nämlich nach menschlichem Ermessen unerschütterbare Gewissheit gewährleis-
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MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 56; Weitnauer Verh. 46. DJT S. E 70 ff. 122 23542 Vgl. BGH NJW 2004, 3623, 3624 f; Musielak Grundlagen der Beweislast, 93; s. ferner Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 209. 123 33543 Musielak/Stadler Grundfragen des Beweisrechts, Rdn. 164. 124 43544 BGHZ 24, 308, 313; BGH NJW 1978, 2032, 2033; BGH NJW 1985, 3080, 3082; BGH NJW-RR 1
1988, 789, 790; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 50; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 130. 125 53545 Hainmüller Anscheinsbeweis, 26 ff; ihm folgend Prütting Gegenwartsprobleme, 106 ff; Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 17. 126 63546 Prütting Gegenwartsprobleme, 110 (bei Geltung des Regelbeweismaßes). 127 73547 Prütting Gegenwartsprobleme, 108 f, 111.
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ten, oder die wegen ihrer fehlenden Verlässlichkeit nicht geeignet sind, für sich genommen regelmäßig die volle Überzeugung des Gerichts zu begründen. Die phänomenologische Differenzierung ist zwar theoretisch überzeugend, jedoch für die konkrete Rechtsanwendung nicht praktikabel.128 Immerhin hat sie Appellfunktion. Zur verlässlichsten Gruppe zählen die sog. zwingenden Erfahrungssätze, die bei Gewissheit der Tatsachen, an die angeknüpft wird, nach den Naturgesetzen und den Gesetzen der Logik keine Zweifel mehr zulassen. Als Beispiel wird der Alibibeweis genannt. Erfahrungsgrundsätze gelten „grundsätzlich“, also nicht ausnahmslos, treffen aber nach anerkanntem Erfahrungswissen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu. Sie reichen aus, um die volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit der erschlossenen Tatsache zu begründen und bilden die Grundlage des Anscheinsbeweises, und dies auch in Verfahren mit Untersuchungsmaxime.129 Sie setzen die oben genannten Merkmale wie einen gleichmäßigen Vorgang als Beobachtungsgrundlage, Aktualität und überprüfbare Formulierung voraus. Sie müssen nicht wissenschaftlich verifizierbar sein.130 Typische Fallkonstellationen betreffen Schlüsse auf das Vorliegen von Kausalität und Verschulden bei Straßenverkehrsunfällen, etwa das Abkommen von der Fahrbahn ohne ersichtlichen Grund Für das Führen eines Anscheinsbeweises nicht geeignet sind sog. einfache Erfahrungssätze, die keine für eine volle richterliche Überzeugung hinreichende, sondern nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zu begründen vermögen. Sie können aber im Rahmen eines Indizienbeweises im Zusammenspiel mit weiteren Indizien von Bedeutung für die Beweisführung sein.131 Gleichwohl ist die Rechtsprechung gelegentlich auch dann von einem Anscheinsbeweis für die Kausalität eines Ereignisses statt von einem Indizienbeweis ausgegangen, wenn bei Abwesenheit von Anhaltspunkten für alternative taugliche Ursachen das identifizierte Ereignis allein ernsthaft in Betracht kam, hinsichtlich der Alternativursachen also nur abstrakte Vermutungen aufgestellt wurden;132 insoweit wurde ein Wahrscheinlichkeitsurteil zugelassen. 133 Schließlich existieren Annahmen, die die Bezeichnung Erfahrungssatz nicht verdienen, sondern die lediglich auf der grundsätzlichen Möglichkeit eines entsprechenden Verlaufs beruhen.134 Ihnen fehlt damit jede beweisrechtliche Relevanz. Beispiele, in denen gleichwohl ein Anscheinsbeweis auf sie gestützt wurde, haben wegen ihrer fehlenden Stichhaltigkeit zweifelhafte Berühmtheit erlangt: Dass Studenten nach einem Auswärtsstudium in den elterlichen Haushalt zurückkehren135, dass eine Braut zum Zeitpunkt des Verlöbnisses noch unberührt sei136, dass ein im Stadtverkehr erfahrener Taxifahrer keine stehenden Fahrzeuge ramme137, dass eine Ehe zerrüttet sei, weil der Beklagte einer Ladung zum Ehescheidungstermin dreimalig nicht Folge leistete.138 3548 1128 Ebenso Wassermeyer Der prima facie Beweis, 38, 60. 129 23549 Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 17. 130 33550 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 58; a.A. Walter ZZP 90 (1977), 270, 280. 131 43551 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 60. 132 3552 5 BGHZ 11, 227, 230 = NJW 1954, 718 (Anscheinsbeweis für Lueserkrankung nach Blutspende durch Spender im Lues III-Stadium); BGH NJW 1954, 1119 (Versinken eines Nichtschwimmers an tiefer Stelle, theoretisch denkbare andere Ursachen wie z.B. Bewusstlosigkeit). 133 63553 Vgl. dazu Musielak Grundlagen, 122 f; Musielak/
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Stadler Grundfragen des Beweisrechts, Rdn. 168 ff.; Prütting Gegenwartsprobleme S. 101; MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 47, 61; Walter, Freie Beweiswürdigung 206 ff; Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 34 ff und 50 („in Wirklichkeit Indizienbeweis“). 134 3554 7 MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 62 f spricht von „Vorurteilen“. 135 83555 Vgl. BVerwGE 38, 23 f zum vorinstanzlichen Urteil. 136 93556 OLG Bamberg FamRZ 1967, 334 f. 137 3557 10 AG München, Urt. v. 27.6.1979, zitiert nach Greger VersR 1980, 1091, 1099 Fn. 218.
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d) Einsatzbereiche. Die hauptsächlichen Einsatzbereiche des Anscheinsbeweises betreffen die Feststellung der Fahrlässigkeit im Rahmen von Haftungstatbeständen und die Feststellung von Kausalbeziehungen. Diese Feststellungen müssen häufig auf dürrer Tatsachenbasis über das vergangene Geschehen getroffen werden. Individuelle Willensentschlüsse sind wegen vielfältig sich mischender Entscheidungspräferenzen individueller Personen regelmäßig nicht mittels Erfahrungssätzen zu kanalisieren. Jedoch kann der Anscheinsbeweis zur Feststellung von Willensentschlüssen nicht generell ausgeschlossen werden (s. auch unten 5 Rdn. 106).139
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e) Urteilsbegründung. Nach der Rechtsprechung des BGH muss das entscheidende Gericht den einem Anscheinsbeweis zugrunde gelegten Erfahrungssatz in der Urteilsbegründung angeben.140
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4. Erschüttern des Anscheins Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten Ursachenverlauf, kann der Inanspruchgenommene den Beweis entkräften, indem er Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, die die ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahe legen.141 Dies erfolgt dadurch, dass die konkrete und ernsthafte Möglichkeit eines anderen, im Verhältnis zum Erfahrungssatz atypischen Geschehensablaufs aufgezeigt wird.142 Erschüttert wird der Anscheinsbeweis der Kausalität bereits dann, wenn ein schädigendes Ereignis durch zwei verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt worden sein kann und jede für sich allein den Schaden herbeigeführt haben kann; haftet der Inanspruchgenommene nur für eine der möglichen Ursachen, ist der Anscheinsbeweis nicht anwendbar.143 Der Anscheinsbeweis bewirkt weder eine Umkehr der objektiven Beweislast, noch eine Umkehr der konkreten Beweisführungslast.144 Der prozessuale Gegner muss nicht den Beweis des Gegenteils führen, um das Ergebnis des Anscheins zu zerstören, sondern es genügt das Führen eines Gegenbeweises.145 Dafür genügt es, wenn der Gegenbeweis die Tragfähigkeit des angewandten Erfahrungssatzes für den konkreten Fall in Zweifel zieht. Da allein die überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme eines typischen Geschehensablaufs nicht ausreicht, muss im Umkehrschluss der zur Erschütterung vorgebrachte atypische Geschehensablauf in der konkreten Situation nicht wahrscheinlicher sein, als der nach dem Erfahrungssatz vermutete.146 Die Möglichkeit eines atypischen Geschehensverlaufs muss sich aus den Tatsachen des konkreten Falls er138 3558
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LG Essen, Urt. v. 9.1.1970, zitiert nach Schwerdtner Rechtstheorie 1971, 224, 238. 2 Musielak Grundlagen der Beweislast, 129. Zweifelnd BGHZ 104, 256, 259 ff = NJW 1988, 2040, 2041 (dort: vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch Brandstiftung); BGH NJW 2005, 2395, 2397/2398 (vorgetäuschter Eigenbedarf des Vermieters). 140 3560 3 BGH VersR 1991, 460, 461; BGH NJW 1987, 1694 – Putenfutter. 141 43561 BGH NJW 1991, 230, 231; BGH VersR 1995, 723, 724; BGH NJW 2004, 3623, 3624 – Ausspähen der PIN; BGH NJW-RR 2007, 1077, Tz. 10. 142 53562 BGHZ 8, 239, 240 = NJW 1953, 584; BGH VersR 1995, 723, 724; BGH NJW 1978, 2032, 2033; OLG Köln VersR 1991, 1195; OLG Düsseldorf 139 3559
NJW-RR 1995, 1086, 1087; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 286 Rdn. 65; Rosenberg/Schwab/ Gottwald § 112 Rdn. 36. 143 63563 BGH NJW 1978, 2032, 2033; BGH NJW 2004, 3623, 3624. 144 73564 Vgl. BGHZ 2, 1, 5; BGHZ 100, 31, 34; Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 18 f; Hainmüller Anscheinsbeweis, 84; Rosenberg Beweislast5, 184; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 51, 65. 145 83565 BGHZ 100, 31, 34 = NJW 1987, 2876, 2877 – Raubpressungen; BGH NJW 1972, 1131; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 65; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 138. 146 93566 Vgl. BGHZ 6, 169, 170 f; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 139.
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geben. Anderenfalls handelt es sich nicht um eine Erschütterung des Anscheinsbeweises, sondern um ein grundsätzliches Anzweifeln der Tragfähigkeit des zugrunde liegenden Erfahrungssatzes. Wegen des Einzelfallbezugs ist der Revisionsrichter nicht zur Nachprüfung befugt, ob eine ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Verlaufs vom Tatrichter bejaht werden durfte.147 Die Darlegungs- und Beweislast für den vollen Beweis der zur Erschütterung herangezogenen Ausnahmetatsachen trifft den Beweisgegner.148 Bei diesen Tatsachen wird es sich in der Regel um solche handeln, auf deren nähere Betrachtung zuvor wegen der Heranziehung des Anscheinsbeweises verzichtet worden ist. Für eine Behinderung der Führung des Gegenbeweises gelten die Regeln zur Beweisvereitelung entsprechend; der Führer des Anscheinsbeweises kann sich im Falle einer Vereitelung des Gegenbeweises nicht mehr auf den Anscheinsbeweis berufen, sondern muss den Sachverhalt vollständig aufklären, um nicht beweisfällig zu bleiben.149 Keine Frage der Erschütterung soll die Frage sein, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung eines Erfahrungssatzes gegeben sind.150 5. Kasuistik Arbeitsrecht
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Die Anwendung des Anscheinsbeweises ist bejaht worden für den Nachweis des Vorliegens einer Fortsetzungserkrankung, d.h. für den Nachweis, dass die zeitlich spätere durch die frühere Erkrankung verursacht wurde,151 für den Nachweis von Kausalität und Verschulden im Rahmen der Lohnfortzahlung152 sowie dafür, dass eine in zeitlicher Nähe zu einer Krankmeldung erklärte Kündigung auf Grund der Arbeitsunfähigkeit erfolgt ist.153 Auch angewandt wurde der Anscheinsbeweis für den Schluss auf das Vorliegen eines einen Betriebsübergang begründenden Rechtsgeschäfts, wenn feststeht, dass die wesentlichen Betriebsmittel des bisherigen Betriebs nun in einem neuen, gleichartigen Betrieb eingesetzt werden.154 Für den Fall, dass nur eine geringe Summe Arbeitsentgelt überzahlt wurde, soll ein Anscheinsbeweis für die Entreicherung des Arbeitnehmers möglich sein.155 Verneint wurde die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises für die zu erwartende künftige Arbeitsunfähigkeit auf Grund der bisherigen Dauer der Arbeitsunfähigkeit.156 Aufgegeben wurde der Erfahrungssatz, dass der Arbeitnehmer seine krankhafte Alkoholabhängigkeit selbst verschuldet hat.157 Arzthaftung
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Die Regeln des Anscheinsbeweises können für den Nachweis ärztlichen Verschuldens in Betracht kommen, wenn die Art des Schadens typischerweise nur infolge eines Verschuldens und nicht infolge fehlender Beherrschbarkeit des menschlichen
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1 Blomeyer Gutachten 46. DJT S. A 51. 148 23568 BGHZ 6, 169, 171; BGHZ 8, 239, 240; BGHZ 17, 191, 196; BGH NJW-RR 1989, 670, 671 = VersR 1989, 54, 55; BGH NJW 1978, 2032, 2033; BGH NJW 1991, 230, 231; BGH VersR 1995, 723, 724; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 112 Rdn. 36; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 139. 149 33569 BGH NJW 1998, 79, 81; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 286 Rdn. 65.
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4 BGH NJW 2006, 300, 301 (zweifelhaft). 151 53571 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 67. 152 63572 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 67. 153 73573 BAG WM 1981, 315, 316. 154 83574 BAG NJW 1986, 454, 455. 155 93575 BAG NJW 1996, 411, 412. 156 3576 10 BAG NJW 1983, 2897, 2899. 157 3577 11 BAG NJW 1983, 2659, 2661.
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Organismus entstanden sein kann oder wenn sich die Schlussfolgerung typischerweise aus einem festgestellten Behandlungsfehler ergibt.158 Gängige Beispiele sind das Zurücklassen von Gegenständen im Operationsgebiet159 sowie der sofortige Eintritt einer Lähmung nach Setzen einer Injektion160. Auf einen Kausalzusammenhang zwischen einer Bluttransfusion von einem erkrankten Spender und einem später erkrankten Empfänger wurde geschlossen bei einer Lues-161 und HIV-Infektion162, ebenso bei einer Infektion unter Ehegatten163. Anwaltshaftung, Notarhaftung, Steuerberaterhaftung Für die Verletzung von Beratungspflichten gilt die Vermutung, dass der Mandant bei pflichtgemäßer Beratung den Hinweisen des Beraters gefolgt wäre, sofern bei vernünftiger Betrachtung aus der Sicht ex ante nur eine Entscheidung nahe lag.164 Der Berater kann die Vermutung entkräften, indem er Tatsachen beweist, die für ein atypisches Verhalten des Mandanten sprechen.165 S. dazu auch vor § 286 Teil A VIII 3 b Rdn. 171.
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Eisenbahnverkehr Wird eine Person trotz rechzeitig geschlossener Schranke von einem Zug erfasst, rechtfertigt dies den Schluss auf ein eigenes Verschulden des Verunglückten.166 Das Ausbleiben eines vorgeschriebenen Pfeifsignals vor dem Bahnübergang begründet den ersten Anschein der Kausalität für einen sich anschließend auf den Gleisen ereignenden Unfall.167 Werden Spurrillen an einem Wegübergang nicht von Bauschutt gereinigt, spricht dies prima facie für die Ursache der Entgleisung eines Waggons.168 Ein Anscheinsbeweis ist aber weder für das Verschulden des Beförderers noch für das des Reisenden möglich, wenn sich Unfälle auf Zu- oder Abgängen zum Zug bzw beim Ein- oder Aussteigen ereignen.169
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Gütertransport, Verbleib und Inhalt von Frachtsendungen Der störungsfreie Verlauf eines Straßengütertransports begründet nicht den Anschein, dass ein dabei eingetretener Schaden an den Transportgütern auf einer fehlerhaften Verpackung beruht.170 Soll beim Abhandenkommen einer Frachtsendung der streitige Wareninhalt eines verschlossenen Behältnisses und damit der vom Transportversicherer zu ersetzende Schaden bewiesen werden, ist zu differenzieren: Kein Anscheinsbeweis ist mit einem Lieferschein zu führen, wenn bereits streitig ist, ob 158 3578
1
Näher dazu Greiß/Greiner Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl. 2006, Rdn. 231 ff. 159 3579 2 BGHZ 4, 138, 143 f; abgelehnt jedoch für in der Wunde vergessene Tupfer: BGH VersR 1957, 786. 160 33580 Vgl. BGH VersR 1957, 336, 337; BGH VersR 1961, 1118, 1119. Zum Behandlungsfehler D. Franzki Die Beweisregeln im Arzthaftungsprozess, 46 ff; Katzenmeier Arzthaftung, 429 ff. 161 3581 4 BGHZ 11, 227, 231; BGH VersR 1957, 252. 162 3582 5 Sofern gewiss ist, dass die Konserve tatsächlich von einem HIV-infizierten Spender stammt: Vgl. OLG Düsseldorf NJW 1995, 3060; OLG Düsseldorf NJW 1996, 1599, 1600; BGH NJW 2005, 2614, 2615 m. Bspr. D. Magnus ZZP 120 (2007), 347, 350 ff.
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BGHZ 114, 284, 290 = NJW 1991, 1948, 1949 – AIDS-Infektion. 7 BGH NJW 2000, 1572, 1573; BGH NJW-RR 2005, 784, 785; BGH NJW 2005, 3275, 3276; BGH NJW 2007, 2485, 2489, Tz. 44; BGH NJW 2008, 2041, 2042, Tz. 20. 165 83585 BGHZ 123, 311, 317 f = NJW 1993, 3259, 3260; BGH NJW 1996, 3009, 3010; näher Fischer in Zugehör/Fischer/Schlee Handbuch der Anwaltshaftung2 Rdn. 1004 ff. 166 3586 9 BGH LM Nr. 11 zu § 1 HaftpflichtG. 167 3587 10 BGH VersR 1957, 800, 801. 168 3588 11 BGH VersR 1959, 670, 671. 169 3589 12 BGH LM Nr. 13 zu § 1 HaftpflichtG. 170 3590 13 BGH VersR 1985, 133. 164 3584
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zum Versand anstehende Ware in die Obhut des Frachtführers gelangt ist.171 Wird die Ware in verschlossenen Behältern zum Versand gebracht, ist bei kaufmännischen Absendern prima facie anzunehmen, dass die im Lieferschein und in der korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren.172 Mietrecht, Eigenbedarfskündigung
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Hat der Vermieter engen Eigenbedarfs gekündigt, die Einzugsabsicht aber bei gleichzeitig übermäßig verzögerter Sanierung des Mietobjekts nicht realisiert, sondern nach zweieinhalb Jahren erneut fremdvermietet, ist kein typischer Geschehensablauf gegeben, der auf anfänglich vorgetäuschten Eigenbedarf schließen lässt.173 Missbrauch von EC-Karten
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Der Anscheinsbeweis wird angewandt für die Feststellung, dass die persönliche Geheimzahl (PIN) vom Karteninhaber gemeinsam mit der zugehörigen ec-Karte aufbewahrt wurde, sofern mit der gestohlene Karte zeitnah nach dem Diebstahl unter Einsatz der richtigen PIN Geld abgehoben wurde.174 Mangel- und Fehlerhaftigkeit von Sach- und Werkleistungen
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Für den Ursachenzusammenhang zwischen einem Schaden und einem Produktfehler spricht es, wenn eine Produktveränderung nach Verlassen des Herrschaftsbereichs des Herstellers ausgeschlossen ist oder zumindest keine Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Veränderung bestehen, oder wenn bei verschiedenen Verwendern des Produkts bzw an mehreren Stellen gleiche oder ähnliche Schäden auftreten.175 Der Anscheinsbeweis erlaubt den Nachweis der Kausalität eines Mangels gelieferter Sachen für einen im Zusammenhang mit ihrer Verwendung an anderen Gütern entstandenen Schaden.176 Der Anschein spricht für ein Verschulden des Herstellers eines Lebensmittels, das vergiftet in Verkehr gekommen ist.177 Stürzt kurze Zeit nach der Errichtung ein Gebäude ein oder lösen sich Teile ab, begründet dies den Anschein des Verschuldens des Bauunternehmers oder des Architekten.178 Generell kommt bei Handwerksleistungen ein Anscheinsbeweis in Frage, sofern es sich bei dem aufgetretenen Fehler um einen solchen handelt, der bei Arbeiten dieser Art häufiger vorkommt. Ein bloßer räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen Handwerkerarbeiten und der Feststellung eines Schadens begründet noch nicht den Anschein der Ursächlichkeit.179 Ein zeitlich-räumlicher Zusammenhang mit einem Brand kann u.U. den Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit von Schweißarbeiten begründen.180 3591 1171 BHG TranspR 2007, 448, Tz. 14; BGH NJW-RR 2008, 119 f. 172 23592 BGH NJW-RR 2003, 754, 756; BGH NJW-RR 2007, 28, 29 f, Tz. 19; BGH Urt. v. 30.1.2008 – I ZR 165/04, Tz. 22. 173 3593 3 BGH NJW 2005, 2395, 2397 f. 174 3594 4 BGHZ 160, 308, 315 f = NJW 2004, 3623, 3624 m.w.Nachw.; OLG Frankfurt ZIP 2008, 774, 776; OLG Karlsruhe MDR 2008, 1112; davon abweichend AG Frankfurt EWiR § 254 BGB 1/08 S. 5 m. Anm. Meder/Beesch. 175 53595 Vgl. BGH NJW 1987, 1694 f; BGH VersR 1954,
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100, 101 – Trinkmilch; BGH NJW 1969, 269, 274 (1.) = VersR 1969, 155, 158 – Hühnerpest, insoweit nicht in BGHZ 51, 91 abgedr.; BGH NJW 1987, 1694, 1695. 176 3596 6 BGHZ 17, 191, 196 f (geliefertes Leitungswasser enthielt Chlor, darin eingelegte Gurken wurden weich). 177 3597 7 BGH LM Nr. 12 zu § 286 (C) ZPO. 178 83598 BGH LM Nr. 31 zu § 286 (C) ZPO. 179 93599 BGH VersR 1979, 822, 823. 180 3600 10 BGH VersR 1974, 750, 751; BGH VersR 1980, 532; BGH MDR 1984, 221.
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Schiffahrt Beim Zusammenstoß von zwei fahrenden Schiffen kann der Anscheinsbeweis herangezogen werden, um von einem Rechtsverstoß181 oder einer Verletzung der Regeln der seemännischen Praxis182 auf ein Verschulden zu schließen. Kommt es zu einem Zusammenstoß zweier hintereinander fahrender Schiffe183 oder befindet sich nur eines der beiden Schiffe in Bewegung oder fährt ein Schiff auf ein unbewegliches Hindernis auf184, so spricht der Anscheinsbeweis wie im Straßenverkehr für ein Verschulden des Auffahrenden. Ebenfalls ähnlich wie im Straßenverkehr fehlt es aber an einem das Verschulden begründenden Erfahrungssatz, wenn das stilliegende oder vorausfahrende Schiff nicht ordnungsgemäß beleuchtet war185 oder an einer unzulässigen Stelle festgemacht hat.186 Bei Bruch der Ankerkette ist der Anscheinsbeweis für ein Verschulden der Schiffsführung begründet, der allerdings durch den Nachweis eines unerkannten Materialfehlers erschüttert werden kann.187 Gerät eine Motoryacht in Brand und zeigen die Instrumente eine Motorüberhitzung an, spricht das Fehlen eines Motorbootführerscheins dafür, dass der Schiffsführer die Gefahrsignale verkannt hat.188
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Straßenverkehr Im Straßenverkehr spielt der Anscheinsbeweis eine besonders große Rolle. So kommt er regelmäßig für den Nachweis des Fahrerverschuldens zur Anwendung, wenn ein Fahrzeug ohne erkennbaren Grund von der Fahrbahn abgekommen189 bzw ins Schleudern geraten ist190 oder ein Hindernis gerammt hat191, ebenso wenn ein Motorradfahrer stürzt192 oder ein Fahrzeug ohne ersichtlichen Grund in die Gegenfahrbahn gerät193. Der so begründete Schluss auf ein Verschulden des Fahrers ermöglicht auch den weitergehenden Schluss, dass eine Alkoholisierung des Fahrers für dessen Fahrweise ursächlich war, wenn die Blutalkoholkonzentration 1,1 o/oo betrug (absolute Fahruntüchtigkeit).194 Unterhalb dieser Konzentrationsmenge muss zuvor zusätzlich die Fahruntüchtigkeit festgestellt werden.195 Bei Auffahrunfällen auf Fahrzeuge196 oder andere Hindernisse197 spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Auffahrenden, nämlich ungenügenden Abstand, zu 181 3601
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BGH MDR 1971, 562; BGH VersR 1969, 181, 182; BGH VersR 1974, 158, 159; OLG Hamburg VersR 1974, 1200 = MDR 1974, 675. 3602 2182 Wassermeyer VersR 1974, 1052. 183 33603 RhSchOG Köln VersR 1979, 439, 440. 184 43604 Vgl. BGH VersR 1982, 491; BGH VersR 1969, 1090, 1091; KG VersR 1976, 463. 185 53605 BGH MDR 1966, 578. 186 3606 6 OLG Hamburg VersR 1974, 1200, 1201. 187 73607 BGH VersR 1977, 247, 248. 188 83608 BGH NJW 2001, 1140 f (im konkreten Fall mangels Anscheinstatsachen verneint; Kaskoversicherungsschaden). 189 93609 BGHZ 8, 239, 240; 66, 693; BGH DAR 1984, 85; BAG NJW 1967, 269, 271; BGH NJW 1996, 1828; OLG Oldenburg VersR 1978, 1148, 1149; OLG Stuttgart VersR 1974, 502; für auf den Gehweg geratenes Kfz BGH NJW 1951, 195; für über den Grünstreifen der Autobahn auf die Gegenfahrbahn geratenes Kfz BGH LM Nr. 45 zu § 256 ZPO. Anders beim Platzen eines Reifens, OLG Düsseldorf NZV 1993, 393.
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10 BGH VersR 1961, 232, 233; OLG Bremen VersR 1966, 278; bei vom Fahrer erkannter Glätte: BGH NJW 1989, 3273, 3274; BGH VersR 1971, 842, 843 (verneint). 191 3611 11 BGHZ 8, 239; BGH VersR 1959, 445, 446; OLG München VersR 1970, 630, 631; OLG Hamburg VersR 1970, 188. 192 3612 12 Vgl. BGH VersR 1962, 1208; OLG Düsseldorf VersR 1981, 263, 264; OLG Hamburg VersR 1982, 873. 193 3613 13 BGH VersR 1969, 635, 636; OLG Frankfurt VersR 1978, 828. 194 3614 14 BGH NJW 1988, 1846. 195 3615 15 BGH NJW 1988, 1846. 196 3616 16 Vgl. BGH VersR 1989, 54, 55 = NJW-RR 1989, 670, 671; BGH VersR 1987, 1241; BGH VersR 1969, 859, 900; OLG Frankfurt NJW 2007, 87; OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 319 = NJW 2006, 1073 (LS); OLG Hamm NJW-RR 2004, 172, 173; OLG Düsseldorf NZV 1994, 28, 29 (Straßenbahn); OLG Hamm NZV 1993, 354, 355; OLG Köln VersR 1991, 1195; KG VRS 65
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schnelle Fahrweise oder zu spätes Bremsen. Besonderheiten gelten für den Serienunfall.198 War das andere Fahrzeug nicht ordnungsgemäß beleuchtet, begründet dies den Anschein der Ursächlichkeit für den Auffahrunfall.199 Der Anscheinsbeweis für das Verschulden des Auffahrenden greift auch nicht, wenn der Unfall sich im Zusammenhang mit dem Einfahren des Vorausfahrenden in die Autobahn ereignet hat.200 Der Anschein spricht gegen den aus einem Grundstück ausfahrenden Verkehrsteilnehmer, wenn sich der Unfall bei der Ausfahrt ereignet; sie dauert an, bis er sich endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet oder das Fahrzeug verkehrsgerecht abgestellt hat.201 Bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Anfahren vom Fahrbahnrand202 oder einem Parkstreifen203 spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Anfahrenden. Beim Vorbeifahren spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Vorbeifahrenden für die Kollision, wenn der vorgeschriebene Seitenabstand unterschritten wurde.204 Nach dem Anscheinsbeweis ist ferner ein Verschulden des Fahrers anzunehmen, dessen Fahrzeug auf der linken Fahrbahnseite einen Zusammenstoß verursacht, sofern nicht die Lenkeinrichtung versagt hat.205 Stoßen zwei entgegenkommende Fahrzeuge zusammen, rechtfertigt dies den Schluss auf einen ursächlichen Zusammenhang mit einem Überholmanöver.206 Stößt ein wendendes Kraftfahrzeug mit einem ihm entgegenkommenden Kraftwagen zusammen, so wird der für ein unfallursächliches Fehlverhalten des Wendenden sprechende Anscheinsbeweis durch die Feststellung erschüttert, dass der mit ihm kollidierende Verkehrsteilnehmer die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten hat.207 Werden Fußgänger auf der Fahrbahn angefahren, begründet dies allein noch keinen Anschein des Verschuldens des Kraftfahrers.208 Dies kommt erst recht nicht in Betracht, wenn der Fußgänger bei Dunkelheit so spät auf die Fahrbahn tritt, dass ein Zusammenstoß selbst bei Sichtgeschwindigkeit nicht zu vermeiden gewesen wäre.209 Vielmehr wird teilweise bei einem Unfall mit die Fahrbahn überquerenden Fußgängern ein Anscheinsbeweis für das (Mit-)Verschulden der Fußgänger für möglich gehalten.210 Ist der Verkehr an einer Kreuzung durch eine Ampel geregelt und ist nach einer Kollision unklar, für welche Richtung die Ampel grün geleuchtet hat, greift kein Anscheinsbeweis für das Verschulden eines der Fahrer, nur weil er bei fehlender Ampelregelung als Linksabbieger nicht bevorrechtigt gewesen wäre und besondere Sorgfaltsanforderungen zu erfüllen gehabt hätte.211 Fehlt es an einer Ampelregelung, so (1983), 189, 190; OLG Düsseldorf VersR 1983, 40; OLG Hamm VersR 1981, 788; OLG Hamburg VersR 1980, 1171, 1172; OLG Köln VersR 1978, 143; OLG Celle VersR 1975, 265; OLG Celle VersR 1974, 496; OLG Köln VersR 1971, 945; OLG Köln VersR 1970, 91, 92; OLG Hamburg DAR 1965, 301. Anders bei unmotiviertem Abbremsen des Vordermanns, OLG Frankfurt VersR 2006, 668, 669. 3617 1197 Vgl. BGH VersR 1966, 567, 568; BGH NJW 1960, 99. 198 23618 Dazu OLG Düsseldorf NZV 1998, 203; OLG Karlsruhe VersR 1982, 1150; OLG Karlsruhe NJW 1971, 1944; OLG Nürnberg DAR 1982, 329. 199 3619 3 BGH VersR 1964, 296; BGH VersR 1959, 805, 806; OLG Düsseldorf VersR 1972, 377, 378; OLG Düsseldorf VersR 1975, 143, 144.
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4 BGH NJW 1982, 1595, 1596. 201 53621 KG VersR 2008, 507. 202 63622 OLG Düsseldorf VersR 1978, 852. 203 73623 OLG Frankfurt VersR 1982, 1079. 204 83624 BGH LM Nr. 10 zu § 286 (C) ZPO. 205 93625 BGH NJW 1962, 796. 206 3626 10 BGH MDR 1983, 37 (unklar, ob Anscheinsbeweis). 207 3627 11 BGH NJW-RR 1986, 384. 208 3628 12 Vgl. OLG Düsseldorf DAR 1977, 268, 269. A.A. – trotz Dunkelheit – OLG München VersR 2008, 799, 800. 209 3629 13 BGH VersR 1968, 603. 210 3630 14 Vgl. BGH VersR 1974, 196, 197; BGH LM Nr. 13 zu § 286 (C) ZPO; a.A. OLG München VersR 1968, 480, 481. 211 3631 15 BGH NJW 1996, 1405, 1406; BGH NJW-RR 2007, 1077, 1078, Tz. 9.
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spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Wartepflichtigen.212 Das Nichtbeachten eines Verkehrszeichens begründet den Anschein des fahrlässigen Übersehens.213 Bestimmte Arten von Unfallverletzungen sprechen dafür, dass das Unfallopfer keinen Sicherheitsgurt benutzt hat.214
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Sportunfälle Von der Schwere einer beim Fußballspiel davongetragenen Verletzung kann nicht auf die Regelwidrigkeit des dafür ursächlichen Verhaltens des Gegenspielers geschlossen werden.215 Schwere Verletzungen können auch aus regelkonformen Spielaktionen resultieren. Für Unfälle auf der Skipiste greifen ähnliche Erwägungen wie im Straßenverkehr: Bei einem Auffahrunfall spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Auffahrenden.216 Kommt es beim Eislaufen zu einem Zusammenstoß zwischen überholendem und überholtem Eisläufer, greift jedoch kein Anscheinsbeweis für das Verschulden des Überholenden.217 Fällt jemand beim Reitunterricht vom Pferd, lässt dies nicht auf ein Verschulden des Reitlehrers schließen.218
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Telefonrechnung Bei überhöhten Telefonrechnungen stellt sich die durch den Telefonanbieter zu beweisende Frage der Richtigkeit der gestellten Rechnung. Die Behandlung dieser Fälle durch die Rechtsprechung ist überaus uneinheitlich; es sind kaum einschlägige obergerichtliche Entscheidungen vorhanden.219 Klarheit besteht nur hinsichtlich der Selbstverständlichkeit, dass Rechnungen, die konkreten Anhaltspunkte für technische Fehler enthalten, keinen Anschein der Richtigkeit begründen.
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Verkehrssicherungspflichten Die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten begründet den ersten Anschein der Ursächlichkeit für solche Schäden, deren Verhinderung durch die Verkehrssicherungspflicht bezweckt war.220 Die Verletzung der Verkehrspflicht muss dafür freilich feststehen.221 Daher begründet das Verletzen der Streupflicht den Anschein der Ursächlichkeit für einen Sturz, es sei denn, der Sturz ereignet sich erst längere Zeit nach dem Ende der Streupflicht.222 Umgekehrt kann aber nicht schon aus einem Sturz darauf geschlossen werden, dass nicht oder unzureichend gestreut wurde.223 Bei der Verletzung einer betrieblichen Unfallverhütungsvorschrift, die die Verhütung eines Schadens der eingetretenen Art bezweckt, kann durch den Anscheinsbeweis auf die 212 3632
1
BGH VersR 1958, 781; BGH VersR 1959, 792, 793; BGH VersR 2005, 702 f; BGH NJW-RR 2007, 1077, Tz. 8; OLG Celle VersR 1973, 1147, 1148; OLG Hamm VersR 1975, 161; OLG Köln VersR 1978, 830; OLG Köln VersR 1981, 340; OLG Stuttgart VersR 1982, 1175. 213 3633 2 BGH VersR 1955, 183 (gegenüber Behauptung, das Zeichen sei verdeckt gewesen). 214 33634 BGH NJW 1991, 230, 231. 215 43635 BGH NJW 1975, 109, 111/112. 216 53636 OLG Düsseldorf MDR 1966, 504, 505; s. ferner OLG Brandenburg MDR 2006, 1113. 217 63637 BGH NJW 1982, 2555, 2556.
218 3638
7 OLG Düsseldorf VersR 1980, 270. 3639 8219 Gegen Anscheinsbeweis OLG Celle NJW-RR 1997, 568, 569 mwN; dafür hingegen OLG Hamm EWiR 1994, 599. Aus der Rechtsprechung der Instanzgerichte: LG Aachen NJW 1995, 2364; LG Berlin NJW-RR 1996, 895; LG München NJW-RR 1996, 893; LG Wuppertal NJW-RR 1997, 701. 220 3640 9 Vgl. BGH NJW 2005, 2454; BGH NJW 2002, 2708, 2709; BGH NJW 1994, 945, 946. 221 3641 10 BGH VersR 1965, 520. 222 3642 11 BGH NJW 1984, 432, 433. 223 3643 12 Vgl. LG Mannheim VersR 1980, 1152.
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§ 286
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Kausalität des Verstoßes für einen Unfall 224 oder ein sonstiges Ereignis wie z.B. einen Gaststättenbrand225 geschlossen werden. Der Sturz auf einer Treppe begründet für sich genommen keinen Anscheinsbeweis.226 Unternehmereigenschaft und § 14 BGB
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Für den Nachweis der Unternehmereigenschaft eines ebay-Verkäufers kann der Anscheinsbeweis herangezogen werden, wenn dieser sich selbst als „PowerSeller“ bezeichnet und innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine Vielzahl von Verkäufen abschließt (im betreffenden Fall 252 in 31 Monaten).227 Willensentschlüsse und innere Tatsachen
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Individuelle Willensentschlüsse sind für gewöhnlich zu komplex, um den Gewissheitsanforderungen eines typischen Geschehensablaufs zu genügen, so dass die Kausalität für einen Willensentschluss – etwa der arglistigen Täuschung228 – mit dem Anscheinsbeweis grundsätzlich nicht bewiesen werden kann.229 Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Vielmehr handelt es sich bei der Konstruktion der „Anlagestimmung“ im Kapitalmarktrecht (dazu vor § 286 Teil A VIII 4 e Rdn. 225) um einen Fall des Anscheinsbeweises, der allerdings auf Wertpapierveräußerungen im Primärmarkt beschränkt ist und im Sekundärmarkt keine Anwendung findet. Ebenso wird für den Beweis aufklärungsrichtigen Verhaltens des Mandanten im Rahmen der Haftung von Rechtsanwälten und Steuerberatern der Anscheinsbeweis herangezogen (s. dazu vor § 286 Teil A VIII 3 b Rdnr. 171).230 Eine innere Tatsache kann sich in äußeren Tatsachen widerspiegeln, so dass von diesen auf die innere Tatsache geschlossen werden kann.231 Dennoch fehlt es an zuverlässigen Erfahrungssätzen, wenn es sich um individuelle Vorgänge handelt, die sich einer Typisierung entziehen.232 Ungeachtet dessen gibt es Beweisanzeichen, denen regelmäßig ein starkes Gewicht zukommt. So hat die Revisionsrechtsprechung Vorgaben für die Feststellung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes bei der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO gemacht.233 Zugang von Post, Fax und E-Mail
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Trotz geringer Verlustquote bei der Deutschen Post gibt es keinen Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein abgesandter Brief dem Empfänger zugegangen ist.234 Betrügerischen Behauptungen wird damit vorgebeugt, die wegen des faktisch geringen Strafbarkeitsrisikos für den Absenderzeugen mit hoher Dunkelziffer aufgestellt würden. An diesen Grundsätzen ändert sich auch bei Absendung eines Ein224 13644 BGH VersR 1972, 149, 150. 225 23645 BGH NJW 21978, 2032, 2033. 226 33646 BGH VersR 1965, 520. 227 43647 LG Mainz NJW 2006, 783; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 286 Rdn. 78. 228 53648 BGH NJW 1968, 2139. 229 63649 BGH NJW 1985, 3080, 3082 (Willensentschluss einer Bank zur Darlehensgewährung mit zwei Entscheidungsmöglichkeiten). Ebenso öOGH JBl. 2008, 324, 325. 230 73650 BGH NJW 1993, 3259, 3260. 231 83651 Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 174.
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232 3652 9 Vgl. BGHZ 104, 256, 259 = NJW 1988, 2040, 2041; BGHZ 100, 214, 216 = NJW 1987, 1944; OLG Frankfurt VersR 1984, 756, 757; OLG München VersR 1984, 576. 233 3653 10 Inkongruente Deckung als „regelmäßig“ erhebliches Beweisanzeichen: BGH ZIP 2004, 1060, 1062; BGH ZIP 2008, 190, 193, Tz. 33. 234 3654 11 BGH NJW 1995, 665, 666; BGH NJW 1964, 1176, 1177; BGH VersR 1957, 442; BGH VersR 1978, 671; vgl. ferner BVerfG NJW 1991, 2757; BVerfG NJW 1995, 2095.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 286
schreibens nichts,235 solange allein das Absenden als anscheinsbegründende Tatsache herangezogen wird, es an der bei Übergabeeinschreiben zu leistenden Empfängerunterschrift aber fehlt. Sofern vereinzelt für das Einwurfeinschreiben ein anderes Ergebnis gefunden wird,236 beruht dies auf der zusätzlichen Heranziehung der vom Postboten gefertigten schriftlichen Einwurfdokumentation und legt somit weiter reichende Anscheinstatsachen und auch einen anderen Erfahrungssatz zugrunde. Keinen hinreichenden Anschein begründet es hingegen, wenn lediglich der Eingang des Schreibens in der für die Zustellung zuständigen Poststelle, nicht aber der Einwurf in den Empfängerbriefkasten dokumentiert ist237. Der Grund für das Verweigern eines Anscheinsbeweises trotz überaus hoher und empirisch belegbarer Tragfähigkeit des Erfahrungssatzes liegt darin, dass dies im Ergebnis zu einer Modifizierung des Zugangserfordernisses gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zu einem bloßen Absendeerfordernis führen würde.238 Die Aushändigung einer Nachnahmesendung an den Empfänger begründet keinen Anscheinsbeweis der Bezahlung.239 Der BGH sieht in dem „ok“ – Vermerk des Sendeberichts eines Faxgeräts keinen hinreichenden Anschein für den Zugang der Sendung.240 Für im Ordner „gesendet“ des jeweiligen Programms gespeicherte E-Mails kann dann nichts anderes gelten.241 Erst recht kann dann der durch den Absender selbst gefertigte Ausdruck einer versandten E-Mail keinen hinreichenden Anschein für deren Zugang begründen.242
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IV. Begründungspflicht (Abs. 1 S. 2) Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte der Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes Parteivorbringen und alle Beweismittel ausführlich einzugehen.243 Es genügt, wenn nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat.244 Nicht ausreichend ist es, lediglich das Ergebnis der entscheidungsleitenden Tatsachenfeststellungen zu fixieren. Die Begründung dient neben der richterlichen Selbstkontrolle der Überprüfung durch die Parteien und das Rechtsmittelgericht. Bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit einer Zeugenaussage, darf abkürzend von der glaubhaften Bekundung des Zeugen gesprochen werden.
235 3655
1
BGHZ 24, 308, 312 f = NJW 1957, 1230, 1231; BGH VersR 1968, 241. 2 AG Paderborn NJW 2000, 3722, 3723; AG Erfurt MDR 2007, 1338, 1340. Gegen Anscheinsbeweis auch in diesen Fällen AG Kempen NJW 2007, 1215 m. Bespr. Putz NJW 2007, 2450; ebenso offenbar MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 71. 237 33657 LG Potsdam NJW 2000, 3722. 238 43658 BGHZ 24, 308 313 = NJW 1957, 1230, 1231; Stein/Jonas/Leipold22 § 286 Rdn. 180. 239 53659 BGH NJW 2006, 300, 301 (dort: Zweifel am Fortbestand der Kennzeichnung als Nachnahme in der Beförderungskette). 240 63660 BGH NJW 1995, 665, 666; ebenso BAG BB 2002, 2560; KG NJW 1994, 3172; OLG München NJW 236 3656
1993, 2447, 2448; a.A. OLG München NJW 1994, 527; OLG München MDR 1999, 286; OLG Celle K&R 2008, 612; AG Rudolfstadt NJW-RR 2004, 1151. Anscheinsbeweis für Scheitern des Zugangs wegen Funktionsunfähigkeit des Empfangsgeräts annehmend AG Hamburg-Altona MDR 2007, 705. 241 73661 Ebenso öOGH JBl. 2008, 324, 326 unter eingehender Verwertung deutscher Rspr. und Lit. Für eine Differenzierung zwischen Zugang der Mail und Zugang ihrer Anhänge Wietzorek MMR 2007, 156 ff. 242 83662 AG Bonn NJW-RR 2002, 1363; MünchKommZPO/Prütting3 § 286 Rdn. 71. 243 93663 KG NJW 2008, 1006, 1007. 244 3664 10 KG NJW 2008, 1006, 1007.
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§ 286
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
V. Gesetzliche Beweisregeln (Abs. 2)
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Beim Inkrafttreten der CPO existentes Landesrecht mit Beweisregeln ist durch Abs. 2 aufgehoben worden und darf nicht neu geschaffen werden. Betroffen sind Rechtssätze, die einem bestimmten Beweismittel einen bestimmten Beweiswert beimessen. Unberührt bleiben Beweisregeln des Bundesrechts, die entgegen dem Wortlaut des Abs. 2 auch außerhalb der ZPO zulässig sind. Die ZPO enthält formelle Beweisregeln für den Urkundenbeweis (§§ 415 bis 418, 438 Abs. 2, 440 Abs. 2) und für qualifiziert signierte elektronische Dokumente (§ 371a Abs. 1 S. 2 und Abs. 2), die Beweiskraft des Protokolls (§ 165) und des Urteilstatbestandes (§ 314) sowie den Nachweis von Zustellung und Zustellungszeitpunkt (§§ 175 S. 2, 270 S. 2, 357 Abs. 2 S. 2, 497 Abs. 1 S. 2). So wird z.B. das mündliche Parteivorbringen durch den Urteilstatbestand bewiesen, zu dem im Berufungsurteil auch der in Bezug genommene Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils gehört245; vorher eingereichte Schriftsätze sind überholt, sofern der Tatbestand nicht widersprüchlich ist.246 Soweit die formelle Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde reicht, darf zu ihrer Widerlegung nur auf die dafür aufgestellten Regeln zurückgegriffen werden, nicht aber auf eine freie Beweiswürdigung im Sinne des § 286.247 Gesetzliche Vermutungen iSd § 292 (dazu vor § 286 Teil A IV 2 Rdn. 67 ff.) haben die Wirkung von Beweislastregeln. Keine Beweisregeln sind Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen. Bindende Beweisregeln dürfen nicht richterrechtlich aufgestellt werden, sofern sie keine Grundlage in einer Norm des Bundesrechts oder des höherrangigen Gemeinschaftsrechts haben. Damit unvereinbar ist es, einem Beweismittel, etwa dem Zeugenbeweis, in einer bestimmten Sachverhaltskonstellation, etwa bei Unfallschilderungen aus der Sicht eines Beifahrers, a priori den Beweiswert abzusprechen (oben II 1 Rdn. 28). Keinen Verstoß gegen § 286 Abs. 2 stellt es dar, wenn das Revisionsgericht Beweisanzeichen für einen zu führenden Indizienbeweis einen starken Beweiswert zumisst und vom Tatrichter verlangt, dass er sich dieses Beweiswertes bei der Überzeugungsbildung bewusst sein und in den Entscheidungsgründen dazu Stellung nehmen müsse. Der Beweiswert ärztlicher Bescheinigungen, insbesondere von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Lohnfortzahlungsprozess, darf aus materiellrechtlichen Gründen festgelegt werden.248 Der Arbeitnehmer muss sich darauf verlassen können, dass die Vorlage einer derartigen Bescheinigung ohne nähere Beschreibung des Krankheitsbildes ausreicht, auch wenn die Lebenserfahrung nahe legt, dass derartige Bescheinigungen von Patienten z.T. ungerechtfertigt verlangt und von unter Wettbewerbsdruck stehenden Ärzten leichtfertig ausgestellt werden. Gemeinschaftsrechtlich steht die Sicherung der Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Abwehr versteckter Diskriminierung im Hintergrund. Zweifelhaft ist, ob die Rechtsprechung zu AUBescheinigungen auf die E 101-Bescheinigung ausländischer Behörden (Entsendebescheinigung) übertragbar ist.249 245 3665
1 BGH NJW-RR 2007, 1434, 1435, Tz. 11. 246 23666 BGHZ 140, 335, 339; BGH NJW-RR 2007, 1434, 1435, Tz. 11. Erleichterte Feststellung der Widersprüchlichkeit in BGH NJW-RR 2008, 112. 247 33667 OLG Celle NJW-RR 2006, 448, 449 f (zur Prüfungskompetenz des Grundbuchamts). 248 43668 Vgl. dazu BAG NJW 1993, 809, 810; BAG NZA
900
1997, 705; BAG NJW 1998, 2762; BAG NZA 2004, 564; BGH NJW 2002, 128; EuGH NJW 1992, 2687, 2688 Tz. 24 f; EuGH NJW 1996, 1881, 1882 Tz. 26 ff Kritisch zur Rspr. des EuGH Leipold FS Kissel S. 629 ff. 249 53669 Wank EuZW 2007, 300 ff.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 287
§ 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung (1) 1Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. 2Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. 3Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend. (2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Schrifttum Arens Dogmatik und Praxis der Schadensschätzung, ZZP 88 (1975), 1; Baumgärtel Beweislastpraxis im Privatrecht, 1996, 230 ff; Bruske Beweiswürdigung und Beweislast bei Aufklärungspflichtverletzungen im Bankrecht, 1994; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 1979; Greger Beweis und Wahrscheinlichkeit, 1978; ders. Der Streit um den Schaden, NZV 1994, 11; Großrichter Hypothetischer Geschehensverlauf und Schadensfeststellung, 2001; Hainmüller Der Anscheinsbeweis und die Fahrlässigkeit im heutigen deutschen Schadensersatzprozeß, 1966; Hanau Die Kausalität der Pflichtwidrigkeit, 1971; Henckel Grenzen richterlicher Schadensschätzung, JuS 1975, 221; v. Hoyningen-Huene/Boemke Beweisfragen bei Berufsfortkommensschäden, NJW 1994, 1757; Klauser Möglichkeit und Grenze richterlicher Schadensschätzung, JZ 1968, 167; Lepa Beweiserleichterungen im Haftpflichtrecht, NZV 1992, 129, 132; Maassen Beweisprobleme im Schadensersatzprozeß, 1975; Oberheim Beweiserleichterungen im Zivilprozeß, JuS 1996, 918; Prölss Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozeß, 1966; E. Schneider Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl., 1994; Spickhoff in Egon Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2007: Folgenzurechnung im Schadensersatzrecht: Gründe und Grenzen, Schriftenreihe Versicherungsrecht Band 39, 2008, 7 – 87; Stickelbrock Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozeß, 2002; Stoll Haftungsverlagerung durch beweisrechtliche Mittel, AcP 176 (1976), 145; Wagner Proportionalhaftung für ärztliche Behandlungsfehler de lege lata, FS Günter Hirsch, 2008, 452; Walter Freie Beweiswürdigung, 1979; H. Weber Der Kausalitätsbeweis im Zivilprozeß, 1997, 195 ff.
Übersicht Rdn I. Normzweck . . . . . . . . . . . 1. Beweismaßherabsetzung . . . . 2. Regelungsprobleme . . . . . . . a) Entwertung des materiellen Rechts mit prozessualen Mitteln b) Tatsachenfeststellung statt Billigkeitsentscheidung . . . . .
1 1 3 3 5
Rdn II. Erleichterter Sachvortrag des Schadensersatzklägers . . . . . . . . 1. Notwendige Anknüpfungstatsachen . . . . . . . . . . . . . 2. Verminderte Darlegungsanforderungen . . . . . . . . . . . . 3. Unveränderte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast . . . . . 4. Hinreichend bestimmter Antrag .
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6 6 7 9 10
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§ 287
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rdn
III. Anwendungsbereich des § 287 Abs. 1 IV. Beweismaßherabsetzung für Elemente der Schadensentstehung . . 1. Reichweite des Haftungsgrundes . 2. Problemlösungen . . . . . . . a) Erstes „Betroffensein“ des Geschädigten als Zäsur . . . . . b) Tatbestände des Deliktsrechts . aa) Rechtsprechung und h.L. . bb) Haftung für primäre Vermögensschäden . . . . . c) Weitere Haftungstatbestände . . d) Kritik des Schrifttums, Antwort des BGH . . . . . . . . . . e) Stellungnahme . . . . . . . . aa) Respektierung des materiellen Rechts . . . . . . . . bb) Zuordnung von Rechtsgutverletzungen . . . . . . . cc) Primäre Vermögensschäden 3. Mehrere mögliche Verursachungsbeiträge . . . . . . . . . . . . V. Schadenshöhe . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . 2. Gegenstände der Schätzung a) Sachgüter . . . . . . . b) Entgangener Gewinn . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
12 15 15 16 16 17 17 21 22 24 26 26 27 30 33 36 36 39 39 40
Rdn c) „Gesundheitsschäden“ . . . . d) Immaterielle Schäden . . . . . e) Schadensminderung . . . . .
44 45 46
VI. Freie Überzeugung als Entscheidungsmaßstab . . . . . . . . . .
47
VII. Erleichterungen für das Beweisverfahren, Abs. 1 S. 2 . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . 2. Eingeschränkte Beweisaufnahme 3. Sachverständigenbeweis . . . . 4. Parteivernehmung . . . . . .
50 50 51 55 57
. . . . .
VIII. Erstreckung auf andere als schadensrechtliche Streitigkeiten, § 287 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . 1. Beschränkter Inhalt der Verweisung . . . . . . . . . . . . . 2. Kasuistik . . . . . . . . . . .
59 61
IX. Urteilsbegründung und Rechtsmittelkontrolle . . . . . . . . . . . 1. Entscheidungsgründe . . . . . . 2. Berufungskontrolle . . . . . . . 3. Revisionskontrolle . . . . . . .
63 63 64 65
X. Anwendung im Versäumnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . .
67
XI. Zulässigkeit von Teilurteilen . . . .
68
59
I. Normzweck 1. Beweismaßherabsetzung
1
2
§ 287 verlangt abweichend von § 286 ein verringertes Beweismaß1 und bewirkt dadurch eine Beweiserleichterung. Einschlägige Regelungen gab es bereits vor dem Inkrafttreten der CPO. Mit ihnen wurde auf den Umstand reagiert, dass die strengen formellen Beweisanforderungen des Schadensersatzprozesses des gemeinen Rechts für Schadenseintritt und Schadenshöhe zu einer Entwertung der materiellen Ansprüche geführt hatten.2 Für die richterliche Überzeugung reicht eine überwiegende, freilich auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit.3 Zugleich werden die Anforderungen an die von der Beweislast abhängige objektive Darlegungslast reduziert. Es genügt der Vortrag (und gegebenenfalls Beweis) von Tatsachen, die für eine Beurteilung nach § 287 ausreichend greifbare Anhaltspunkte bieten.4 Die Absenkung des Beweismaßes gilt für die Frage der Schadensentstehung und der Schadenshöhe sowie nach h.M. über den Wortlaut hinaus für die haftungsausfüllende Kausalität. Neben einer Absenkung der Beweisanforderungen werden weitere prozessuale Erleichterungen für das Beweisverfahren gewährt, indem die Durchführung einer von den Parteien beantragten Beweisaufnahme sowie die Heran1 13670 BGH NJW 1992, 2694, 2695; BGH NJW 2003, 358, 359; BAG NJW 2005, 3164, 3166. 2 23671 Vgl. Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 1, 37 ff; Stoll AcP 197 (1976), 145, 183.
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3 33672 BGH NJW 1996, 775, 776; BGH NJW 2000, 509. 4 43673 BGH NJW 1993, 734; BGH NJW 1995, 3248, 3250; BGH NJW 2000, 509.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 287
ziehung eines Sachverständigen von Amts wegen gem. § 287 Abs. 1 S. 2 in das Ermessen des Gerichts gestellt werden. Diese Erleichterungen sollen einer Entwertung materiell begründeter Schadensersatzansprüche durch übertriebene Anforderungen insbesondere an den Beweis hypothetischer Verläufe entgegenwirken. 2. Regelungsprobleme a) Entwertung des materiellen Rechts mit prozessualen Mitteln. Die Gesetzesbegründung zur CPO5 legte ein Problem offen, das die Anwendung der Vorschrift bis heute unsicher macht: Beweiserleichterungen allein für die Feststellung der Schadenshöhe reichen nicht, um einer Entwertung der materiellen Ansprüche wirksam zu begegnen; sie müssen auf die Feststellung der Schadensentstehung erstreckt werden. Gleichwohl soll der Nachweis der materiellen Haftungsentstehungsvoraussetzungen nicht überflüssig gemacht und Schadensersatz ohne deren Vorliegen zugesprochen werden, was dazu zwingt, die die materielle Ersatzpflicht begründenden Tatsachen nach den allgemeinen Regeln zu beweisen. Die Beweiserleichterungen sind nach der Gesetzesbegründung auch auf den Kausalzusammenhang zu erstrecken, ohne dass klar ausgesprochen wurde, wie weit das Ermessen des Gerichts reichen soll.6 Es bedarf danach einer Abgrenzung zwischen den Merkmalen, die von den Beweiserleichterungen des § 287 profitieren, und den übrigen materiellen Tatbestandsmerkmalen, deren Beweis den strengeren Anforderungen des § 286 genügen muss. Die Einzelheiten dieser Abgrenzung sind umstritten (dazu unten IV Rdn. 15).
3
b) Tatsachenfeststellung statt Billigkeitsentscheidung. Ein zweites Problem besteht darin, die konkreten Anforderungen des reduzierten Beweismaßes zu bestimmen. Der Begriff „Schätzung“ meint nicht, dass es dem Gericht frei steht, das Vorliegen und die Höhe eines verursachten Schadens nach bloßer Billigkeit anzunehmen.7 Er bringt lediglich zum Ausdruck, dass anstelle der nach § 286 grundsätzlich zu verlangenden vollen Überzeugung des Gerichts ein geringerer Grad an Überzeugung ausreichend ist. Auch insoweit besteht in den Einzelheiten Uneinigkeit (dazu unten VI Rdn. 47 ff.).
5
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II. Erleichterter Sachvortrag des Schadensersatzklägers 1. Notwendige Anknüpfungstatsachen Eine Schätzung nach § 287 Abs. 1 S. 1 setzt tatsächliche Anhaltspunkte voraus, sog. Anknüpfungs- bzw Ausgangstatsachen. Die Schätzung darf nicht nach reinem Gutdünken erfolgen, sondern muss Realitätsbezug aufweisen; sie ist abzulehnen, wenn das Ergebnis mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde.8 Die Anforderungen variieren in Abhängigkeit vom jeweils zu ermittelnden Schadenstypus. Sie liegen besonders niedrig bei der Ermittlung eines entgangenen 5 13674 Entwurf der CPO von 1871, Hahn/Stegemann Mat., Bd. 2 (1881), 276 f (zu § 250). 3675 6 2 Vgl. Hahn/Stegemann Mat. Bd. 2, 277: „Dagegen unterliegt die Beurteilung der Frage, ob der Kausalnexus vorhanden sei, dem freien Ermessen des Gerichts“; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 40. 7 33676 Hanau Kausalität der Pflichtwidrigkeit, 136; v.
Hoyningen-Huene/Boemke NJW 1994, 1757, 1759. A.A. BGH NJW 1973, 1283, 1284; BGH NJW 1981, 1454; s. ferner BGH NJW 1970, 1970, 1972; BGH NJW 1973, 1283, 1284. 8 43677 Vgl. BGHZ 91, 243, 256 f; BGH NJW 1987, 909, 910; BGH NJW-RR 1993, 795, 796; BGH NJW 1994, 663, 665; BGH NJW 1995, 1023, 1024; BGH WRP 2007, 550, 551, Tz. 15.
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Gewinns, der schon kraft materiellen Rechts (§ 252 BGB) anhand einer Prognoseentscheidung festzustellen ist.9 Prinzipiell kann angenommen werden, dass die Anforderungen desto geringer ausfallen, je schwieriger sich die praktische Beweisführung in der jeweiligen Konstellation typischerweise darstellt. Vergleichsweise niedrig sind die Anforderungen, wenn im Wettbewerbsrecht oder im Recht des Geistigen Eigentums die Schadensberechnungsmethode der Herausgabe des rechtswidrig gezogenen Verletzergewinns zur Abgrenzung dieses Gewinnanteils vom übrigen Gewinn zwingt10. Allerdings ermöglichen vorbereitende Informationsansprüche die Ermittlung von Anknüpfungstatsachen. Die Gewährung derartiger Ansprüche darf nicht voreilig mit der spekulativen Begründung abgelehnt werden, auch nach Informationserteilung werde der Gläubiger keinen ersatzfähigen Schaden darlegen können.11 Das Vorliegen der Anknüpfungstatsachen selbst ist schlüssig darzulegen und grundsätzlich nach dem strengeren Maßstab des § 286 zu beweisen (dazu auch unten V 1 Rdn. 38).12 Der Gegner darf sich nicht darauf beschränken, den Schaden zu bestreiten. 2. Verminderte Darlegungsanforderungen
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Mit der Verminderung der Anforderungen an das Beweismaß geht eine Reduzierung der Darlegungsanforderungen einher.13 Es sind also keine Behauptungen erforderlich, die den zwingenden Schluss auf das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs in der geltend gemachten Höhe erlauben.14 Zwar dürfen sich die Parteien nicht jeglicher Mitwirkung enthalten,15 doch kann insbesondere im Hinblick auf hypothetische Verläufe, die im Rahmen der Schadensermittlung zu bestimmen sind, nicht erwartet werden, dass der Anspruchsteller so konkrete Darlegungen macht, wie dies bei nach § 286 zu beweisenden Umständen zu verlangen ist.16 Nicht entbehrlich ist die Behauptung, es sei ein Schaden in einer ungefähr bezifferten Höhe entstanden. Die Erleichterungen beziehen sich also vor allem auf die Darlegung der Umstände, aus denen der Schaden gefolgert werden kann. Die Klage darf nicht wegen eines lückenhaften Vortrags zur Schadensentstehung und Schadenshöhe abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung17 – wenn schon nicht des Gesamtschadens dann doch eines Mindestschadens18 – vorhanden sind. Anhaltspunkte für einen Mindestschaden muss der Beweisführer durch die Darlegung der tatsächlichen Umstände aufzeigen, an die eine Schätzung anknüpfen kann.19 Misslingt ihm dies trotz Hinweises nach § 139 Abs. 120 oder ver9 13678 Vgl. BGH NJW 1998, 1633, 1634; BGH NJW 1998,1634, 1636. 3679 210 Vgl. BGH NJW 1992, 2753, 2756 – Tchibo/Rolex II. 11 3680 3 BGH WRP 2007, 550, 552, Tz. 15. 12 3681 4 Nicht eindeutig ist die Rspr.: Vgl. BGH NJW 1964, 589; BGH NJW 1988, 3016, 3017; BGH NJW-RR 1998, 331, 333; BGH NJW-RR 2006, 1238 Tz. 13 (jeweils ohne Benennung des § 286). Für die Anwendung des § 287: BGH NJW 1995, 1023; BGH NJW 2008, 2041, 2042, Tz. 21. 13 3682 5 BGH NJW 1980, 1742, 1743; BGH NJW-RR 1987, 210, 211; BGH NJW-RR 1988, 410; BGH NJW-RR 1990, 171, 172; BGH NJW 1992, 2694, 2695 f; BGH NJW-RR 1992, 202, 203; BGH NJW 1994, 663, 664; BGH NJW 1996, 2924, 2925; BGH NJW 2003, 358, 359; MünchKommZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 28 f.
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3683 614 BGH NJW-RR 1992, 792; Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 32. 3684 715 Vgl. BGH NJW 1981, 1454. 16 3685 8 Vgl. BGH NJW-RR 1987, 210, 211. 17 3686 9 BGH WM 1969, 832, 834; BGHZ 29, 393, 400; BGH NJW 1980, 1742, 1743; BGH NJW-RR 1987, 210, 211; BGH NJW-RR 1992, 202, 203; BGH NJW 1994, 663, 664; BGH NJW 1996, 2924, 2925 – Optikprogramm. 18 3687 10 BGH NJW 1964, 589, 590; BGH NJW 1987, 909, 910; BGHZ 119, 20, 31 = NW 1992, 2753, 2757 – Tchibo/Rolex II; BGH NJW-RR 1992, 202, 203; BGH NJW 1994, 663, 664. 19 3688 11 BGHZ 77, 16, 19 – Tolbutamid; BGH NJW 1981, 1454; BGH NJW 1992, 2694, 2696. 20 3689 12 BGH NJW-RR 2000, 1340; BGH NJW 2002, 3317.
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weigert er eine zumutbare Substantiierung, so dass selbst für eine Schätzung brauchbare Anhaltspunkte vollkommen fehlen, ist eine Schadensschätzung abzulehnen.21 Liegen hinreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung vor, dann ist diese auch dann vorzunehmen, wenn die darlegungsbelastete Partei zu weiterreichenden Darlegungen in der Lage gewesen wäre, aber aus taktischen Gründen davon abgesehen hat. 3. Unveränderte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Die von § 287 vorgesehenen Erleichterungen für Beweismaß und Verfahren haben keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungslast und der Beweislast (dazu vor § 286 Teil A).22 Wenn das Gericht trotz der Erleichterungen zu keiner für eine Schätzung hinreichenden Überzeugung gelangen kann, ist das non-liquet nach den allgemeinen Regeln zu bewältigen.23
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4. Hinreichend bestimmter Antrag Die gelockerten Beweisanforderungen bis hin zu der Möglichkeit der Schadenschätzung vermindern auch die Anforderungen an die Antragsbezifferung (Antragsbestimmtheit gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2), dies allerdings nur, wenn es tatsächlich zu einer Schadensschätzung kommt und nicht bereits dann, wenn das Gericht unter Zugrundelegung eines reduzierten Beweismaßes allein darüber entscheidet, ob der haftungsausfüllende Kausalzusammenhang gegeben ist. Die Schadenshöhe muss konkret beziffert werden, wenn dies möglich ist. Beim Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB) gelten weiter gehende Besonderheiten. Der Ausgleich für immaterielle Einbußen kann nicht verbindlich beziffert werden. Auch in diesen Fällen ist aber die Angabe einer Größenordnung erforderlich.24 Für deren Bemessung kann der Antragsteller auf einschlägige Tabellen zur bisherigen Judikatur zurückgreifen. Die Größenordnung kann auch außerhalb des Klageantrags und auch konkludent, etwa durch eine Streitwertangabe, benannt werden.
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III. Anwendungsbereich des § 287 Abs. 1 § 287 Abs. 1 betrifft den Beweis für das Vorliegen und die Höhe eines Schadens. Die Norm ist nur anwendbar, wenn und soweit Schadensersatz, d.h. Ersatz für eine erlittene Einbuße verlangt wird. Die Rechtsfolge muss dafür nicht zwingend nach den §§ 249 ff BGB bestimmt werden, auch wenn dies der Regelfall ist. Die Art des Schadensersatzanspruchs ist ohne Bedeutung, so dass deliktische wie vertragliche Schadensersatzansprüche erfasst werden.25 Auch sind die Haftungsanforderungen unerheblich, so dass sämtliche Formen der Verschuldens-, Gefährdungs-, Garantie- und Risikohaftung einbezogen werden.26
3690 121 Vgl. BGH NJW 1981, 1454; BGH NJW 1987, 909, 910; OLG Hamm NJW-RR 1990, 42, 43. 22 3691 2 BGH NJW 1972, 1515, 1517; BGHZ 54, 45b, 55; BGH NJW 1986, 246, 247; BGH NJW-RR 1992, 997, 998; BGH NJW-RR 2006,1238, 1239. 3692 323 Vgl. BGH NJW 1970, 1970, 1971; BGH NJW 1972, 1515, 1517; BGH NJW 1973, 1283, 1284. 3693 424 Vgl. BGH NJW 1984, 1807, 1810; BGH NJW 2002, 3769; BGHZ 132, 341, 350 = NJW 1996,
2425; BGHZ 140, 335, 341 = NJW 1999, 1339 (zugleich zur Rechtsmittelbeschwer). 5 Vgl. BGH NJW 1993, 201; BGH NJW 2002, 2556, 2557; BGH NJW 2001, 821; BGH NJW 2005, 277; OLG Frankfurt MDR 1983, 494 = VersR 1983, 1045. 3695 626 Vgl. BGH NJW-RR 1989, 1401; Haftung nach § 945 ZPO: BGH NJW-RR 1992, 997, 998. 25 3694
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Um Schadensersatz geht es auch bei den Hilfsmethoden der Schadensermittlung im Recht des geistigen und gewerblichen Eigentums durch Berechnung einer fiktiven Lizenzgebühr (Lizenzanalogie) oder der Herausgabe des rechtswidrig gezogenen Verletzergewinns. Die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des Geistigen Eigentums27 hat die schadensersatzrechtliche Einordnung dieser Hilfsmethoden in Art. 13 unterstrichen. Nicht um Schadensersatz im eigentlichen Sinne handelt es sich bei Ansprüchen auf Entschädigung, Enteignung und Aufopferung, doch wird § 287 Abs. 1 auf sie ebenfalls angewandt.28 Diese Ansprüche sollen wie Schadensersatzansprüche Ausgleich für eine erlittene Einbuße gewähren. Unerheblich ist, ob der Entstehungsgrund im öffentlichen Recht oder im Zivilrecht (vgl. §§ 904 S. 2, 906 Abs. 2 S. 2 BGB) liegt. Erfasst werden Ansprüche auf eine angemessene oder billige Entschädigung (z.B. § 651f Abs. 2 BGB29, § 253 Abs. 2 BGB, § 97 Abs. 2 UrhG) und Entschädigungsansprüche, die an die Stelle unverhältnismäßig eingriffsintensiver Abwehr- und Schadensersatzansprüche treten (so § 101 UrhG, § 45 GeschmMG). Nicht anzuwenden ist § 287 Abs. 1 auf Vertragsstrafeansprüche30, bereicherungsrechtliche Ansprüche31 oder Gewährleistungsansprüche außerhalb des Schadensersatzes32. Für sie kommt es im Falle der Vertragsstrafe auf das Vorliegen der vereinbarten Verwirkungsvoraussetzung, für einen Bereicherungsanspruch insbesondere auf das Vorliegen einer Bereicherung beim Schuldner und für Gewährleistungsansprüche auf eine nicht vertragsgemäße Leistung an. Die zugrunde liegenden Sachverhalte können zwar den Eintritt eines Schadens mit sich bringen, doch ist dies weder zwingend, noch würden etwaige Schäden durch die betreffenden Ansprüche ausgeglichen. In Betracht kommt bei derartigen Ansprüchen jedoch die Anwendung des § 287 Abs. 2 (dazu unten VIII Rdn. 59 ff.). Wegen der Regelung des Abs. 2 besteht keine Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des Abs. 1 rechtfertigen könnte.33
IV. Beweismaßherabsetzung für Elemente der Schadensentstehung 1. Reichweite des Haftungsgrundes
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Für die Merkmale des konkreten Haftungsgrundes gilt § 286.34 Gemeint sind damit diejenigen Merkmale, die weder zum Schaden selbst noch zum unmittelbar zu ihm führenden Kausalzusammenhang zählen. Die Schwierigkeit der Abgrenzung von Haftungsgrund und Schaden wird durch den Wortlaut des § 287 erzeugt, der die Beweiserleichterungen auf die Schadensentstehung erstreckt, ohne den Beweis von Tatbestandselementen zu erleichtern, die ihr vorgelagert sind. Während sich bei § 823 Abs. 1 BGB Haftungsgrund und haftungsausfüllender Tatbestand einschließlich der zugehörigen Kausalitätsmerkmale leicht trennen lassen, bereitet die Abgrenzung bei allen vertraglichen und deliktischen Tatbeständen Schwierigkeiten, die Ersatz primärer Vermögensschäden gewähren. Insbesondere die Zuordnung der Kausalität zwischen Verletzungsverhalten und Schaden ist zweifelhaft, weil sie als Element des Haftungsgrundes angesehen werden kann, ohne dass eine zwischengeschaltete 3696 127 Richtlinie 2004/48/EG v. 29.4.2004, berichtigte Fassung ABl. EU Nr. L 195 v. 2.6.2004 S. 16. 28 3697 2 Vgl. BGH NJW 1962, 1441, 1442; BGH NJW 1962, 2051, 2052; BGHZ 39, 198, 219; BGH NJW 1980, 1679, 1680; BGH NJW 1985, 387. 3698 329 BGH NJW 1983, 35. 37. 3699 430 MünchKommZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 6. 3700 531 Vgl. BGH GRUR 1962, 261, 262 – Öl regiert die Welt.
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3701 632 BGH WM 1971, 1382, 1383 (Minderung). 3702 733 Anders jedoch Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdnr. 10 mwN. 3703 834 Vgl. BGH NJW 1968, 985; BGH NJW 1969, 1708, 1709; BGHZ 58, 48, 53 = NJW 1972, 1126, 1127; BGH NJW-RR 1987, 1019, 1020; Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 11.
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Rechtsgutverletzung eine Zäsur bewirkt. Im Einzelnen ist die Reichweite des konkreten Haftungsgrundes umstritten. Der Abgrenzung wird die Schärfe genommen, soweit die Rechtsprechung Beweiserleichterungen insbesondere für den Kausalitätsbeweis auch im Rahmen des § 286 gewährt; sie behält aber Bedeutung für das Beweiserhebungsermessen nach § 287 Abs. 1 S. 2 und 3.35 2. Problemlösungen a) Erstes „Betroffensein“ des Geschädigten als Zäsur. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der konkrete Haftungsgrund gegeben und das Ende des Anwendungsbereichs des § 286 erreicht ist, wenn das Verhalten des Schädigers den Geschädigten tatsächlich nachhaltig betroffen hat.36 Alle nachfolgenden Ereignisse einschließlich des zu ihnen führenden (haftungsausfüllenden) Kausalzusammenhangs sollen nicht mehr zum konkreten Haftungsgrund zählen, sondern nach § 287 zu beurteilen sein.37 Die Zuordnung wird somit durch die Anforderungen entschieden, die an das Betroffensein gestellt werden. Kritik wird an der Unbestimmtheit dieses Kriteriums geübt,38 die allerdings durch umfangreiche Judikatur weitgehend entfallen ist, sowie an der dadurch bewirkten Ausdünnung des Haftungsgrundes.
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b) Tatbestände des Deliktsrechts. aa) Rechtsprechung und h.L. Rechtsprechung und h.L. differenzieren wie folgt: Bei deliktischen Ansprüchen gem. § 823 Abs. 1 BGB zählt die erste Verletzung eines der einschlägigen Rechtsgüter (Primärverletzung) zum nach § 286 festzustellenden konkreten Haftungsgrund; dies gilt auch für den haftungsbegründenden Kausalzusammenhang zwischen der Verletzungshandlung des Schädigers und der Rechtsgutverletzung.39 Gleiches ist im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB anzunehmen, wenn das einschlägige Schutzgesetz ebenfalls einen bestimmten Verletzungserfolg voraussetzt. Die anschließenden weiteren Folgen und der zu ihnen führende Kausalzusammenhang, also die haftungsausfüllende Kausalität, sind auf der Grundlage des § 287 zu beweisen.40 Dazu zählen auch Folgeverletzungen, die auf die Erstverletzung zurückzuführen sind (dazu unten Rdn. 19 f.). Diese Differenzierung wird auf konkurrierende vertragliche Ansprüche übertragen.41 Deren konkreter Haftungsgrund ist dann noch nicht mit der Verletzung einer Vertragspflicht verwirklicht. Hinzutreten muss die erste Verletzung eines Rechtsguts. Die h.M. unterstellt Folgeschäden (Sekundärverletzungen) und den zu ihnen führenden Kausalzusammenhang dem § 287.42 Dies gilt auch für psychisch bedingte
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3704 135 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 113 II 3 Rdn. 14. 3705 236 Vgl. BGHZ 4, 192, 196 f = NJW 1952, 301, 302; BGH MDR 1964, 42, 43 (Bergschaden an Gebäude). BGH NJW 1983, 998; BGH NJW 1987, 705, 706; BGH NJW 1993, 3073, 3076; BGH NJW-RR 1996, 781; dazu auch Klauser JZ 1968, 167; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 10; Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 13 mwN; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 113 II 3 Rdn. 12; Lange/Schiemann Schadensersatz3 § 3 XIII 4a. 3706 337 Vgl. BGHZ 2, 138, 140; BGHZ 7, 198, 203 f; BGHZ 7, 287, 295; Teplitzky GRUR 1987, 215, 216 (§ 286 nur für wettbewerbl. Verletzungshandlung); Roth ZHR 154 (1990) 513, 525; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 13. 3707 438 Arens ZZP 98 (1975), 1, 7. ff, 27; Stoll AcP 176 (1976), 145, 185.
3708 539 BGHZ 58, 48, 53 = NJW 1972, 1126, 1127; BGH NJW 1973, 1413, 1414; BGH VersR 1975, 540, 541; BGH NJW 1993, 3073, 3076; BGH NJW 1998, 3417, 3418; BGH NJW 2004, 777, 778; BGH NJW 2003, 1116; BGH VersR 2008, 1126, 1127, Tz. 7; BGH VersR 2008, 1133, Tz. 7; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 113 II 3; Stein/Jonas/ Leipold22 § 287 Rdn. 14. 3709 640 BGH NJW 1993, 3073, 3076; BGH NJW 1987, 705, 706; BGH NJW 2003, 1116, 1117; BGH NJW 2004, 777, 778. A.A. Wahrendorf Prinzipien der Beweislast im Haftungsrecht, 47 ff. 41 3710 7 BGH NJW 1987, 705 (Vertragshaftung wegen ärztl. Behandlungsfehler); OLG Karlsruhe NJWRR 2006, 458, 459. 3711 842 BGH NJW 1958, 1579 (Selbstmord nach unfall-
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Folgewirkungen43, soweit es sich nicht um Folgen von Bagatellschädigungen handelt, allerdings mit Besonderheiten für neurotisch verarbeitete Unfallereignisse ohne biomechanische Einwirkungen44. Kritische Stimmen45 betonen demgegenüber, dass Folgeschäden in aller Regel mit weiteren Rechtsgutsverletzungen verbunden seien und daher insoweit dieselben Beweisanforderungen gelten sollten wie für die erste Rechtsgutsverletzung. Nicht als Folgeschaden ist eine Schädigung der Leibesfrucht infolge einer unfallbedingten Körperverletzung der Mutter angesehen worden, weil haftungsrechtlich zwei Verletzte nebeneinander stehen.46 Nach § 287 ist jedoch über Schwangerschaftskomplikationen zu entscheiden, die die Mutter als Folge ihrer Erstverletzung erleidet.47 § 286 ist anzuwenden auf das Urteil, ob der Unfallschädiger dafür verantwortlich ist, dass die Nachricht vom Unfallereignis bei der schwangeren Ehefrau des primären Unfallopfers eine Minderdurchblutung der Placenta mit Schäden für die Leibesfrucht verursacht haben soll; § 287 ist anschließend einschlägig für die Feststellung, ob die feststehende Beeinträchtigung zu einer Hirnschädigung des später geborenen Kindes geführt hat.48 bb) Haftung für primäre Vermögensschäden. Handelt es sich um eine Haftung für primäre Vermögensschäden, soll es darauf ankommen, ob für den Geschädigten nachteilige Folgen eingetreten sind. Für das Betroffensein genügt bereits die Gefahr eines Schadenseintritts. Deren anschließende Verwirklichung ist dann anhand des Maßstabs des § 287 festzustellen.49 So wird im Fall einer Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG das weitere Verhalten von Beteiligten bei pflichtgemäßem Vorgehen des Amtsträgers, das das Bindeglied zum Schaden herstellt, unter Heranziehung des § 287 festgestellt.50 Dasselbe gilt für die Notarhaftung.51 Teilweise hat die Rechtsprechung aber in Abweichung von diesem Konzept auch im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB bereits den Eintritt einer Verletzungsgefahr als für die Vollendung des konkreten Haftungsgrundes hinreichend betrachtet.52 Der Sache nach
bedingten Kopfverletzungen); BGH NJW 1970, 1970, 1971 (neurologische Dauerfolgen auf Grund leichter Gehirnerschütterung); BGH NJW 1973, 1413, 1414 (tödliche Lungenembolie nach einer unfallbedingten Körperverletzung); BGH NJW 1976, 1145, 1146 (Epilepsie als Unfallfolge des Sturzes eines Säuglings); BGH VersR 1971, 442, 443 (Verrenkungsbruch im Sprunggelenk nach Sturz in Fahrstuhlschacht mit Kreuzbandschädigung); BGH NJW-RR 1987, 339, 340 (Auffahrunfall mit HWS-Schleudertrauma und unklarer Ursache einer weiteren Hirnschädigung); BGH NJW 1992, 3298 (Sturz infolge Faustschlags, später Riss eines Aneurysmas); BGH NJW 1993, 201 (Invalidität als Folge eines Sturzes, Unfallversicherung); BGH NJW 2008, 1381, 1382, Tz. 13 = VersR 2008, 644, 645 (Morbus Sudeck nach ärztl. Fehlbehandlung). 43 3712 1 BGH NJW 2000, 862, 863; BGH NJW 2004, 1945, 1946. 3713 244 Dazu Spickhoff in: E. Lorenz Karlsruher Forum 2007 (2008), 79 f; Geiß/Greiner Arzthaftpflichtrecht5 Rdn. 193 ff; 3714 345 Arens ZZP 88 (1975), 1, 42; Hainmüller Der Anscheinsbeweis und die Fahrlässigkeitstat im heu-
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tigen deutschen Schadensersatzprozess, 140 ff; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 73 ff; Stoll AcP 176 (1976), 145, 193; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 113 II 4 Rdn. 18. 46 3715 4 BGH NJW 1972, 1126, 1127. 3716 547 BGH NJW 1972, 1126, 1127. 3717 648 BGH NJW 1985, 1390. 3718 749 Vgl. BGH JZ 1972, 320, 321; BGHZ 84, 244, 253 = NJW 1982, 2238; BGH NJW 1983, 2241; BGH NJW 1983, 998, 999; BGH NJW 1993, 3073, 3076. 50 3719 8 BGH VersR 1978, 281, 283 ( Verlauf eines Stellenbesetzungsverfahrens ohne Amtspflichtverletzung); BGH NJW 2000, 3358, 3359 (Bieterverhalten bei Korrekturfestlegung des geringsten Gebots in der Zwangsversteigerung); BGH NJW-RR 1994, 1171, 1172. Zum Ausgang von Verwaltungsverfahren: BGH NJW 1996, 2501, 2502. 51 3720 9 BGHZ 58, 343, 349 = NJW 1972, 1422, 1424; BGH VersR 1974, 782, 783; BGH NJW-RR 1995, 248, 249; BGH NJW-RR 1996, 781; BGH NJW 1996, 3009, 3010; BGH NJW 1996, 3343, 3344. 52 3721 10 Vgl. Arens ZZP 88 (1975), 1, 20 ff.
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geht es beim Eingriff in das Recht am Unternehmen ebenfalls um Ersatz primären Vermögensschadens, etwa wenn eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung ausgesprochen wird.53 c) Weitere Haftungstatbestände. Primäre Vermögensschäden sind im Gesellschaftsrecht nach Pflichtverletzungen der Geschäftsleiter gem. § 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG, § 34 Abs. 2 GenG zu ersetzen. Für den Schaden der Gesellschaft soll § 287 ebenso gelten wie für den als haftungsausfüllend begriffenen Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden.54 Dieselbe Erleichterung gilt für die Vertragshaftung, etwa die Kausalbeziehung zwischen anwaltlicher Pflichtverletzung und Schaden des Mandanten55, die Kausalität der Pflichtverletzung eines Zwangsverwalters für die Nichtregulierung eines Brandschadens durch den Feuerversicherer56 oder die Kausalität zwischen sorgfaltswidriger Inspektion vor Auslieferung eines Neufahrzeugs und dem Unfall des Käufers.57 Die Frage, ob und in welcher Höhe ein Vermögensschaden eingetreten ist, weil eine Bank bei der Vermittlung eines Aktienkaufs Informations- und Prüfungspflichten verletzt hat, ist nach § 287 zu beurteilen; zu den zuvor nach § 286 zu treffenden Feststellungen gehört die Frage, ob ihr Vertragspartner von dem Verstoß „so betroffen [ist], dass nachteilige Folgen für ihn eintreten können“.58 In der Unfallversicherung gilt § 287 für die Frage, ob die dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit auf die unfallbedingte Gesundheitsschädigung zurückzuführen ist.59
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d) Kritik des Schrifttums, Antwort des BGH. Kritik im Schrifttum ist nicht zuletzt als Reaktion auf teilweise schwankende Maßstäbe der Rechtsprechung zu verstehen. Vorgeschlagen wurde, die Anforderungen stärker anhand der Charakteristik des jeweiligen Haftungstatbestands zu differenzieren. Die einzelnen Vorschläge unterscheiden sich dabei deutlich. So geht Arens davon aus, es sei zwischen Verhaltensnorm- und Eingriffstatbeständen zu differenzieren; bei letzteren, insbesondere § 823 Abs. 1 BGB, sei der Eintritt des konkreten Verletzungserfolges uneingeschränkt noch nach Maßgabe des § 286 zu beurteilen, während bei der Verletzung von Verhaltensnormen diese allein für die Verwirklichung des konkreten Haftungsgrundes ausreiche.60 Gottwald61 und Hanau62, halten auch bei Eingriffstatbeständen den Eintritt einer Gefährdung der Rechtsgüter für ausreichend für die Verwirklichung des konkreten Haftungsgrundes und wollen dann frühzeitiger § 287 heranziehen. Gottwald und Rüßmann ordnen darüber hinaus wegen der oft fehlenden Trennbarkeit von Schadensprüfung und Kausalitätsprüfung sämtliche Kausalitätsfragen dem Anwendungsbereich des § 287 zu.63 Diese Vorschläge hat Spickhoff für die Kausalitätsbeurteilung zustimmend aufgegriffen.64 Gottwald misst der Differenzierung wegen seiner Annahme, § 286 und § 287 setzten ein einheitliches intersubjektives Beweismaß vor-
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3722 153 Vgl. BGH NJW-RR 1998, 331, 333 – Chinaherde; BGH (GSZ) NJW 2005, 3141, 3142. 3723 254 BGH NJW 2003, 358, 359. 3724 355 BGH VersR 1975, 540, 541; BGH NJW 2000, 509; BGH NJW-RR 2005, 784, 785; BGH NJW 2007, 2485, 2489, Tz. 43. Steuerberaterhaftung: BGH NJW 2008, 2647, Tz. 12. 56 3725 4 BGH NJW 2003, 295, 296 (dort: Nichtanzeige gefahrerhöhender Umstände). 3726 557 BGH NJW 1969, 1708, 1709. 3727 658 BGH NJW 1983, 998, 999. 3728 759 BGH NJW-RR 2002, 166, 167.
3729 860 Arens ZZP 88 (1975) 1, 20 ff; kritisch dazu Rosenberg/Schwab/Gottwald § 113 II 3 Rdn. 12. 3730 961 Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 49 ff, 89, 243. 62 3731 10 Hanau Die Kausalität der Pflichtwidrigkeit, 117 ff, 122, 135 f. 63 3732 11 AK-ZPO/Rüßmann § 287 Rdn. 3; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 79 ff. 64 3733 12 Spickhoff in: Lorenz Karlsruher Forum 2007, 82; ders. NJW 2008, 1636, 1641.
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aus, dessen sachlicher Gehalt je nach Fallgestaltung unterschiedlich groß sei, allerdings keine große Bedeutung bei.65 Die entgegengesetzte Position nehmen Prölss und Wahrendorf ein, die die Kausalität stets nach § 286 beurteilen wollen.66 Der BGH hat weiter gehende Erleichterungen durch Anwendung des § 287 zurückgewiesen, weil die Haftung dadurch ohne gesetzliche Grundlage überdehnt werde.67 Zur Bewältigung von Beweisschwierigkeiten des Geschädigten im Anwendungsbereich des § 286 verweist der BGH statt dessen auf gesetzliche oder tatsächliche Vermutungen (dazu vor § 286 IV 2 Rdn. 67 ff.), auf den Anscheinsbeweis (dazu § 286 III Rdn. 47 ff.) und auf sonstige Beweiserleichterungen sowie auf angemessene Anforderungen an den Sachvortrag und eine lebensnahe Würdigung der Beweise.68
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e) Stellungnahme. aa) Respektierung des materiellen Rechts. § 287 berechtigt nicht zur grundlegenden Veränderung der materiellrechtlichen Haftungstatbestände mit prozessualen Mitteln.69 Bezeichnend ist, dass einzelne kritische Äußerungen zur Gewährung von Beweiserleichterungen im Rahmen des § 286, insbesondere in der Arzthaftung, und damit vermeintlich verbundener Inkonsistenz mit § 287 eine Gesamtbereinigung durch Übergang zum bloßen Wahrscheinlichkeitsurteil fordern, wobei die Abschwächung der Anforderungen an die Überzeugungsbildung von einem materiellrechtlichen Übergang zur Proportionalhaftung begleitet werden soll.70 Beweisrechtlich ist vom Wortlaut des § 286 einerseits und des § 287 andererseits auszugehen. Beide Normen nennen den konkreten Haftungsgrund nicht als solchen, weshalb die Abgrenzung sich auch nicht daran auszurichten lässt. § 287 nimmt gezielt einzelne Merkmale aus dem Anwendungsbereich des § 286 heraus und trifft für sie eine Sonderregelung. Bei diesen Merkmalen geht es um die Schadensentstehung und die Schadenshöhe. Die Bemühungen sind deshalb darauf zu richten, die Reichweite des grundsätzlich der Rechtsfolgenseite zuzuordnenden Tatbestandsmerkmals „Schaden“ zu bestimmen. Für sämtliche Tatsachen, die dem Beweis der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Merkmals dienen, gilt der Maßstab des § 287. Die Reichweite des § 286 ist im Subtraktionsverfahren zu bestimmen. Nach dem Maßstab des § 286 sind solche Tatsachen festzustellen, die nicht unmittelbar der Feststellung der Schadensentstehung oder der Bemessung der Schadenshöhe dienen. Der konkrete Haftungsgrund wird danach nicht positiv, sondern in Abgrenzung zum Schaden negativ definiert.
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bb) Zuordnung von Rechtsgutverletzungen. Rechtsgutverletzungen im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gehören grundsätzlich ebenso zum Haftungsgrund wie die behauptete Ursächlichkeit des die Verletzung auslösenden tatbestandlichen Verhaltens. Dasselbe gilt für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes, die allerdings als rechtshindernde Tatsachen (vor § 286 Teil A V 1 c Rdn. 78) vom Verletzer darzulegen und zu beweisen sind. Der Eintritt einer Rechtsgutsverletzung kann aber nach § 287 zu beurteilen sein, wenn darin bereits der vom Anspruchsteller geltend gemachte Schaden besteht (zweite Rechtsgutverletzung als Folge einer vorangegangenen Rechtsgutverletzung). Zum Anwendungsbereich des § 287 ist der Kau3734 165 Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 218 f. 66 3735 2 J. Prölss Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozess, 53 ff; Wahrendorf Die Prinzipien der Beweislast im Haftungsrecht, 47 ff, 88. 3736 367 BGH NJW 2004, 777, 778 f. 3737 468 BGH NJW 2004, 777, 779. 3738 569 Insofern ist Stoll AcP 176 (1976), 145, 184 ff zuzustimmen.
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3739 670 Zur Haftung für verlorene Heilungschancen Mäsch ZEuP 2006, 656, 674 f (Bspr. der Arzthaftungsentscheidung des House of Lords v. 27.1.2005, Gregg v. Scott); Dopheide VersR 2007, 1050, 1052, 1054 (zur Rspr. der franz. Cour de Cassation; selbst ablehnend); Wagner FS G. Hirsch, 453, 454 ff, 465 ff. Allgemeiner dazu Wagner Gutachten 66. DJT (2006) S. A 53 ff.
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salzusammenhang zwischen dem Schaden und dem letzten Ereignis zu zählen, das ein noch nicht zum Schaden gehörendes Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Wie die Reichweite des Schadens genau zu bestimmen ist, ist eine Frage des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts. Soweit für den Eintritt von Folgeschäden keine weiteren selbständigen Handlungen des Schädigers relevant werden, sind die betreffenden Tatsachen nach § 287 zu beurteilen. Materiellrechtlich ist Voraussetzung, dass der ersten Rechts(gut)verletzung die weiteren Verletzungsfolgen zuzurechnen sind. Wird nach einem Verkehrsunfall bestritten, dass dem Fahrzeug des Geschädigten, das bereits zuvor in mehrere Unfälle verwickelt war, der behauptete Reparaturaufwand vom Unfallverursacher zugefügt wurde, hat der Geschädigte die fachgerechte Beseitigung von Vorschäden nach § 286 konkret darzulegen und zu beweisen; für § 287 ist kein Raum, weil die haftungsbegründende Kausalität der Eigentumsverletzung streitig ist.71 cc) Primäre Vermögensschäden. Bei § 826 BGB richtet sich der Vorsatz des Schädigers auf den Schaden und nicht auf eine bestimmte davor liegende Rechtsgutsverletzung. Der Schaden hat sowohl haftungsbegründenden als auch haftungsausfüllenden Charakter. Die künstliche Untergliederung des § 826 BGB in einen haftungsbegründenden und einen haftungsausfüllenden Tatbestandsteil und eine daraus gefolgerte Anwendung sowohl des § 286 als auch des § 287 ist abzulehnen. Stattdessen ist § 287 schlicht auf den Schaden anzuwenden. Verlangt ein Kapitalanleger von seinem Anlageberater Schadensersatz wegen mangelhafter Aufklärung über die Risiken einer Investition, so sind das Hervorrufen einer Fehlvorstellung und die damit einhergehende Beeinträchtigung der freien Willensbetätigung nach § 286 zu beweisen, weil die Willensbeeinträchtigung selbst noch nicht den geltend gemachten Schaden darstellt. Erst die Frage, ob die Anlageentscheidung auf dieser Grundlage fehlerhaft getroffen wurde und ob sie zu einem Schaden geführt hat, ist nach § 287 zu beurteilen. Ebenfalls nach § 286 ist zu beurteilen, in welchem Umfang ein Vertragspartner, der veruntreuend Wertmarken für einen Leistungsbezug gedruckt hat, den Kläger durch fortgesetzte Einzelakte geschädigt hat.72 3. Mehrere mögliche Verursachungsbeiträge § 287 findet grundsätzlich auch dann Anwendung, wenn festzustellen ist, ob ein Schadenseintritt auf der haftbar machenden ersten Rechtsgutsverletzung oder auf einem mitursächlichen zweiten Ereignis beruht.73 Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn nicht auf § 830 Abs. 1 S. 2 BGB zurückgegriffen werden kann. Das Zweitereignis kann auch von der Person des Geschädigten ausgehen.74 Ist der Geschädigte nach § 254 BGB oder § 846 BGB mitverantwortlich, sind die Verursachungsanteile mittels § 287 zu bestimmen.75 Diese Regel begünstigt auch den Schädiger. 3740 171 KG NJW 2008, 1006, 1007; s. ferner OLG Hamm NJW-RR 1990, 42, 43. 3741 272 BGH NJW-RR 1987, 1019, 1020. 3742 373 BGH NJW 2002, 504, 505 (Zweitunfall mit Dauerfolgen). Missverständlich BGH NJW 1963, 1828. 74 3743 4 So – unverschuldet – im Fall BGH NJW 1998, 810, 813 (mitwirkende psychische Struktur des
Geschädigten bei neurotischer Verarbeitung eines Unfalls) und im Fall BGH NJW 1997, 455, 456 (Schmerzensgeldminderung wegen ungesicherten Ergebnisses einer Operation, die vor dem Haftungsereignis stattgefunden hatte und deren Ausheilung durch den Unfall vereitelt wurde). 75 3744 5 Vgl. BGH NJW 1986, 2945; BGH NJW-RR 1988, 1373; BGH NJW 1993, 2674, 2676 (Verzugs-
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§ 287 ermöglicht es, einen denkbaren, nicht haftungsausfüllenden Verlauf als unwahrscheinlich außer Betracht zu lassen, wenn von mehreren haftungsausfüllenden Verläufen zwar keiner für sich allein eine deutlich größere Wahrscheinlichkeit besitzt, ihre jeweiligen Wahrscheinlichkeitsgrade zusammengenommen aber den Schluss auf die Unwahrscheinlichkeit desjenigen Verlaufs rechtfertigen, der zu Haftungsausfüllung nicht geeignet ist.76
V. Schadenshöhe 1. Allgemeines
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Auf die Feststellung der Schadenshöhe ist § 287 anzuwenden. Das Gesetz nimmt in Kauf, dass das Ergebnis der Schätzung mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt; allerdings soll die Schätzung möglichst nahe an die Wirklichkeit heranführen.77 Nach den einschlägigen Regeln des materiellen Rechts und nicht nach Ermessen des Gerichts bestimmt sich, welche Methode der Schadensberechnung anzuwenden und in welcher Form Schadensersatz zu leisten ist.78 Das gleiche gilt für die Frage, was unter einem Kausalzusammenhang zu verstehen ist.79 Es handelt sich insoweit nicht um eine Frage des Beweisrechts, sondern um die vorgelagerte Frage, welche Tatsachen des Beweises mit Hilfe des § 287 bedürfen, was also überhaupt zu schätzen ist. § 287 verlangt (ebenso wie § 252 BGB) die schlüssig Darlegung und den Beweis von Anknüpfungstatsachen.80 Eine völlig abstrakte Berechnung eines Erwerbsschadens, etwa in der Form der völlig freien Schätzung eines „Mindestschadens“, lässt die Norm nicht zu.81 Die benötigten Anknüpfungstatsachen der realen Welt sind grundsätzlich anhand von § 286 festzustellen82 (s. oben II 1 Rdn. 6). Nicht zulässig ist es also, vom Sachverständigen erhobene, jedoch streitige Anknüpfungstatsachen ohne Beweisaufnahme zugrunde zu legen.83 § 287 gilt allerdings nicht nur für die Wahrscheinlichkeitsbzw Wertungsentscheidung selbst, sondern auch für den Nachweis ihrer Natur nach unsicherer Tatsachen, an die die gerichtliche Entscheidung anknüpft, etwa bei hypothetischen Kausalverläufen.84 Dasselbe gilt für wertbildende Faktoren, etwa die stoffliche Beschaffenheit oder den Zustand eines abhanden gekommenen Gegenstandes, für den Ersatz zu leisten ist. Hingegen sind tatsächliche Ereignisse der Vergangenheit wie die Gewinnsituation des erwerbsgeschädigten Unfallopfers vor dem Unfallereignis nach § 286 festzustellen. Stehen widersprüchliche Zeugenaussagen einander gegenüber, die eine Tatsache der Schätzungsgrundlage aufklären sollen, besteht kein Anlass, Wahrnehmungs- oder Glaubwürdigkeitszweifel mit einem herabgesetzten Wahrscheinlichkeitsurteil zu überwinden. Ebenfalls gilt § 286 für die Frage, schaden mit Mitverschuldensanteil); Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 20 und 23. 3745 176 BGH NJW 1970, 1970, 1972 (psychomotorische Epilepsie als evtl. Folge einer höchstens leichten Gehirnerschütterung). 3746 277 BGH NJW-RR 1990, 997, 998; BGH NJW-RR 1993, 795, 796 (Wert eines abhanden gekommenen Smaragd-Ohrgehänges). 78 3747 3 Vgl. Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 124, 183; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 287 Rdn. 16. 3748 479 Vgl. BGHZ 2, 138, 140; BGHZ 3, 261, 265; Stein/ Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 22.
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3749 580 BGH NJW 1991, 3277, 3278; BGH NJW 1995, 1023, 1024; BGH NJW 2004, 1945, 1946. 3750 681 BGH NJW 1995, 1023, 1024; BGH NJW 1995, 2227, 2228; BGH NJW 2004, 1945, 1947. 3751 782 Wohl a.A. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 16; Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 23; s. ferner BGH NJW 1995, 1023. Wohl wie hier J. Prölss Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozess, 60. 83 3752 8 BGH NJW 1988, 3016, 3017. 3753 984 So für die Feststellung der hypothetischen Reaktion des Mandanten auf die pflichtgemäße Anwaltsbelehrung: BGH NJW 2008, 2040, 2042, Tz. 21.
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von welcher künftigen Leistungsfähigkeit des Verletzten im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand auszugehen ist. 2. Gegenstände der Schätzung a) Sachgüter. Bei der Ermittlung der Schadenshöhe kommt es auf die Bestimmung des Wertes des beschädigten, zerstörten oder abhanden gekommenen Gegenstandes an, für die eine Schätzung unerlässlich ist, wenn es sich nicht um ein Massenprodukt mit einem transparenten und leicht zu ermittelnden Marktpreis handelt,85 oder wenn es um die stoffliche Beschaffenheit verlorenen oder gestohlenen Gutes geht.86 Dies gilt auch für die Ermittlung des fiktiven Reparaturaufwandes eines Teilschadens nach einem Kettenauffahrunfall.87 Für die Berechnung des Kfz-Nutzungsausfalls sind die Tabellen von Sanden/ Danner/Küppersbusch88 oder die Schwacke-Mietpreisliste89 heranziehbar. Mietet der Geschädigte nach dem Verkehrsunfall ein Ersatzfahrzeug, ist die betriebswirtschaftliche Rechtfertigung eines Preisaufschlags auf den Normaltarif für Unfallabwicklungsleistungen des Mietwagenunternehmers nach § 287 zu schätzen.90 Die Kosten der Mängelbeseitigung sind zu schätzen, wenn der Besteller eines Werkes den erforderlichen Betrag nicht zur Beseitigung verwendet.91
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b) Entgangener Gewinn. Die Bestimmung der Schadenshöhe verschmilzt mit der Frage der Schadensentstehung, wenn auch für die Schadensentstehung auf den hypothetischen im Vergleich zum tatsächlichen Verlauf der Dinge zu achten ist; mit der Ermittlung dieses hypothetischen Verlaufs ist dann auch die Schadenshöhe geklärt. Auf eine präzise Unterscheidung kommt es wegen der Anwendbarkeit des § 287 auf beide Gesichtspunkte nicht an. Unterscheiden lässt sich zwischen ihnen, wenn die Schadensentstehung bereits mit einer groben Betrachtung des hypothetischen Verlaufs festgestellt werden kann, es aber für die Höhe des Schadens auf seine Einzelheiten ankommt. Als Frage allein der Schadenshöhe ist die Ermittlung eines entgangenen Gewinns zu betrachten, soweit nicht zweifelhaft ist, ob überhaupt ein Gewinn erzielt worden wäre. Eine volle Überzeugung des Gerichts von der konkreten Höhe des entgangenen Gewinns ist wegen der besonderen Unsicherheiten bei der Bestimmung des hypothetischen Verlaufs vielfach nicht zu erzielen. Die Anwendung des § 287 erlaubt es, diese Unsicherheiten selbst dann in Kauf zu nehmen, wenn der Geschädigte noch am Anfang seiner beruflichen Entwicklung steht.92 Verbleibenden Risken der Fehlprognose können durch gewisse Abschläge abgefangen werden.93 Beim Erwerbsschaden eines Selbständigen ist es in der Regel erforderlich und angebracht, an die Geschäftsentwicklung und die Geschäftsergebnisse in den letzten
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3754 185 Vgl. BGH NJW-RR 2002, 1027, 1028 (Verlust von Original-Diapositiven einer Bildagentur); BGH NJW-RR 1993, 795 (Verlust eines Smaragd-Ohrgehänges). 86 3755 2 Vgl. BGH NJW-RR 1988, 342, 343 (Diebstahlsversicherung). 3756 387 BGH NJW 1973, 1283, 1284. 3757 488 Dazu BGH NJW 2005, 277. 3758 589 Zur Liste 2003: BGH NJW 2006, 2106, 2107; BGH NJW 2006, 2693; BGH NJW 2007, 1129; BGH NJW 2007, 1449. Zur Liste 2004: BGH
NJW 2008, 2910, Tz. 15. Zur Liste 2006: BGH VersR 2008, 699, 700; OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 1113, Tz. 36; LG Bielefeld NJW 2008, 1601, 1602. 90 3759 6 BGH NJW 2005, 1933, 1934; BGH NJW 2006, 360, 361. 3760 791 BGH NJW-RR 2003, 878, 879. 3761 892 BGH NJW 2000, 3287, 3288. 3762 993 BGH NJW 1998, 1633, 1634; BGH NJW 1998, 1634, 1636.
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Jahren vor dem haftungsbegründenden Ereignis anzuknüpfen, wobei sich der zeitliche Prüfungsrahmen nach den Umständen des Einzelfalles bestimmt.94 Die bloße Vorlage einer Bilanz ist als Schätzungsgrundlage nicht ausreichend.95 Schätzbar ist die voraussichtliche Entwicklung der Unterhaltsbeziehungen zwischen unterhaltsberechtigtem Kind und getötetem Unterhaltsverpflichteten hinsichtlich voraussehbarer Veränderungen der Unterhaltsbedürftigkeit und der hypothetischen Leistungsfähigkeit.96 Schätzbar ist die angemessene Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung eines Bankdarlehens97, ebenso die entgangene Kapitalanlagechance (Verzinsung) bei rechtzeitiger Zahlung des geschuldeten Betrages98, der entgangene Wertzuwachs eines Grundstücks nach Nichterfüllung eines Grundstückskaufvertrages99, der durch unberechtigte Untersagung eines Räumungsverkaufs entgangene Unternehmergewinn100, der einen Belegarzt wegen mangelhafter Bereitstellung von Hilfspersonal entgangene Gewinn101, die ausgefallene Ersparnis an Energiekosten wegen verzögerter Fertigstellung eines Bauwerks und dadurch bedingten verzögerten Umzugs in günstiger zu beheizende Räume.102 Nicht geschätzt werden kann der durch Rückstufung in der Kaskoversicherung entstehende Rabattverlust; insoweit kann nur eine Feststellungsklage erhoben werden.103
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c) „Gesundheitsschäden“. Sind Heilungskosten für einen stationär versorgten Verletzten nach § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzen, dürfen die Aufwendungen für medizinisch notwendige Besuche naher Angehöriger, insbesondere hinsichtlich Fahrtkosten, Übernachtungskosten und Verpflegungsaufwand, geschätzt werden.104 Der Verlust der Fähigkeit zur Verrichtung von Haushaltsarbeiten ist Gegenstand einer Mindestschadensschätzung, wenn keine konkreten Angaben zum Haushaltstyp und zum Zeitaufwand vor dem Schadensereignis gemacht worden sind.105
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d) Immaterielle Schäden. Ähnlich verhält es sich beim Ausgleich immaterieller Schäden. Weil es für immaterielle Einbußen keine präzise Maßeinheit gibt, bedarf es hier schon materiell einer von Billigkeitsgesichtspunkten geprägten Ermessensentscheidung, von deren objektiver Richtigkeit im Sinne einer punktuellen Einmaligkeit das Gericht kaum vollkommen überzeugt sein kann, so dass § 287 insofern einen angemessenen Maßstab bereithält.106 Das eingeräumte Ermessen ermöglicht auch die Feststellung, dass Bagatellverletzungen nur vorübergehende, im Alltagsleben typische Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens ausgelöst haben, die nicht entschädigungswürdig sind.107
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e) Schadensminderung. Ob der Geschädigte gegen seine Obliegenheit nach § 254 Abs. 2 BGB verstoßen hat, den Schaden abzuwenden oder zu minimieren, ist nach § 286 zu beurteilen. Welchen Einfluss die Obliegenheitsverletzung auf den Umfang des zu ersetzenden Schadens hat, gehört dagegen zur haftungsausfüllenden Kausalität und § 287.108
3763 194 BGH NJW 2001, 1640, 1641; BGH NJW 2004, 1945, 1947. 95 3764 2 BGH NJW 1993, 2673. 96 3765 3 BGH NJW-RR 1990, 962, 963. 3766 497 BGH NJW 2005, 751, 752. 3767 598 BGH NJW 1995, 733. 3768 699 BGH NJW 1980, 1742, 1743. 100 73769 BGH NJW-RR 1992, 997, 998. 101 83770 BGH NJW-RR 1988, 410, 411.
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102 3771
9 BGH NJW-RR 1987, 797. 103 3772 10 BGH NJW 1992, 1035. 104 3773 11 BGH NJW 1991, 2340, 2341. 105 3774 12 BGH NJW 1989, 2539; OLG Düsseldorf NJWRR 2003, 87. 106 3775 13 Vgl. MünchKomm-BGB/Oetker5 § 253 Rdn. 68. 107 3776 14 BGH NJW 1992, 1043 – gasdichte Haustür. 108 3777 15 BGH NJW 1968, 985; BGH NJW 1986, 2945, 2946.
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VI. Freie Überzeugung als Entscheidungsmaßstab Über Entstehung und Höhe des Schadens ist unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung des Gerichts zu entscheiden. Es ist dem Gericht nicht gestattet, in die Verhandlung eingeführte Tatsachen bei der Entscheidung zu ignorieren, obwohl sie relevant sind. Abweichend von dem Wortlaut des § 286 ist Gegenstand der Entscheidung nach § 287 nicht die Wahrheit oder Unwahrheit der zu beweisenden Tatsache. In beiden Normen wird aber von der (freien) Überzeugung des Gerichts gesprochen. Daher kann der Tatrichter die haftungsausfüllende Kausalität und die anderen unter § 287 fallenden Merkmale nur feststellen, wenn er von ihnen überzeugt ist.109 Überwiegend wird angenommen, dass durch § 287 eine Absenkung des Beweismaßes gegenüber § 286 vorgenommen wird.110 Im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 werden also geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt. Es genügt nach Lage des Einzelfalls eine überwiegende, höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit.111 Abzulehnen ist die Schätzung, wenn ihr Ergebnis mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde.112 Der Tatrichter darf aber nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit einer Prognose von der Schätzung absehen113, sondern muss verbleibende Risiken gegebenenfalls durch Abschläge berücksichtigen.114 Bei einer Schadensschätzung im engeren Sinne ist das Gewinnen einer Überzeugung von der Wahrheit des Schätzergebnisses kaum möglich115, so dass eine Schätzung weitgehend einer Ermessensentscheidung gleicht.116 Fragen der Kausalität und das Vorliegen schätzungserheblicher Umstände können zwar konkreter beantwortet werden, doch ist hier ebenfalls keine volle Überzeugung vom Vorliegenden dieser Tatsachen erforderlich, sondern es genügt bereits die (deutlich?) überwiegende Wahrscheinlichkeit.117 In Kauf genommen wird die Möglichkeit, dass die Annahme unzutreffend ist.118 Bei der Feststellung der Kausalität muss der Tatrichter in einem der jeweiligen Sachlage angemessenen Umfang weniger wahrscheinliche Verlaufsmöglichkeiten nicht mit der sonst erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausschließen (s. auch oben Rdn. 27).119
3778 1109 BGH NJW 2003, 1116, 1117; BGH NJW 2004, 777, 778; s. ferner BGH NJW 1970, 1970, 1971. 110 23779 BGH NJW 1992, 2694, 2695; BGH NJW-RR 1996, 781; BGH NJW 2003, 358, 359; BAG NJW 2005, 3164, 3166; BGH NJW-RR 2006, 1238, 1239 (Tz. 13); Klauser JZ 1968, 167, 170; Lepa NZV 1992, 129, 133; Roth ZHR 154 (1990), 513, 522; v. Hoyningen-Huene/Boemke NJW 1994, 1757, 1759 mwN; a.A. Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 214 ff. 111 33780 BGH VersR 1970, 924, 926; BGH NJW 1991, 1412, 1413; BGH NJW 1995, 1023; BGH NJW 2003, 1116, 1117; BGH NJW 2008, 1381, 1382, Tz. 9. Kritisch zu den verbalen Schwankungen der Beschreibung des Wahrscheinlichkeitsgrades Arens ZZP 88 (1975), 1, 28. 112 43781 BGHZ 91, 243, 257 = NJW 1984, 2216; BGH NJW 1987, 909, 910; BGH NJW-RR 1992, 997,
998; BGH NJW 1994, 663, 665; BGH NJW 1995, 3248, 3250; BGH NJW 1996, 2924, 2925. 113 53782 BGH NJW 1998, 1633, 1634 (künftige Karriere eines Fußballtrainers am Beginn der Laufbahn). 114 63783 BGH NJW 1995, 1023, 1024 a.E.; BGH NJW 1998, 1633, 1634. 115 73784 Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 43. 116 83785 Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 43. 117 93786 BGH NJW 1991, 1412, 1413; BGH NJW-RR 1995, 248, 250; BGH NJW-RR 1996, 781 (Tz. 5); BGH NJW 1993, 734; BGH NJW 1992, 3298, 3299; BGH NJW 1992, 2694, 2695; BGH NJW 2004, 444, 445; BGH NJW 2004, 1521, 1522; BGH NJW-RR 2006, 1238, 1239 (Tz. 13); v. Hoyningen-Huene/Boemke NJW 1994, 1757, 1759. 118 3787 10 BGH NJW 1964, 589, 590; MünchKomm-ZPO/ Prütting3 § 287 Rdn. 3. 119 3788 11 BGH VersR 1970, 924, 926; BGH NJW 2004, 777, 778.
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VII. Erleichterungen für das Beweisverfahren, Abs. 1 S. 2 1. Überblick
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Die Verfahrenserleichterungen des Abs. 1 S. 2 gehen über die in Abs. 1 S. 1 angelegte Beweismaßsenkung hinaus. Die Durchführung einer Beweisaufnahme wird über die von § 287 Abs. 1 S. 1 erfassten Merkmale hinausgehend in das Ermessen des Gerichts gestellt. Damit werden das Recht auf Beweis120 des Beweisführers und die Pflicht des Gerichts zur vollständigen Beweiserhebung121 eingeschränkt; der Richter ist nicht gezwungen, alle Erkenntnis- und Beweismöglichkeiten auszuschöpfen.122 Gleichwohl muss der Tatrichter den gesamten Parteivortrag würdigen.123 Das Ermessen hinsichtlich der Heranziehung eines Sachverständigen reicht weiter als nach dem ebenfalls eine Ermessensentscheidung vorsehenden § 144 Abs. 1.124 Schließlich sieht § 287 Abs. 1 S. 3 die Möglichkeit einer Parteivernehmung von Amts wegen vor, ohne dass die Voraussetzungen des § 448 vorliegen müssen. 2. Eingeschränkte Beweisaufnahme
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§ 287 Abs. 1 S. 2 Var. 1 befreit von der Pflicht, sämtlichen zulässigen Beweisanträgen der Parteien zu folgen. Das Gericht kann Anträge nach pflichtgemäßem Ermessen ablehnen,125 wenn es über die dem § 287 unterfallenden Beweisthemen auch so entscheiden zu können glaubt.126 Daraus folgt nicht die Freiheit, sämtliche Beweise nach Ermessen von Amts wegen anzuordnen. In § 287 Abs. 1 S. 3 wird die Parteivernehmung von Amts wegen gesondert geregelt. Dies wäre überflüssig, wenn mit der Ermessenseinräumung eine generelle Befugnis zur Beweiserhebung von Amts wegen einherginge. Das Absehen von einer beantragten Beweiserhebung bildet eine Ausnahme zu dem Gebot zur Erschöpfung der gestellten Beweisanträge.127 Eine auf den Sachverständigenbeweis beschränkte Möglichkeit, von einer Beweiserhebung von Amts wegen abzusehen, enthält § 287 Abs. 1 S. 2 Var. 2 (unten Rdn. 55). Die Reichweite des § 287 Abs. 1 S. 2 Var. 1 ist umstritten. Vereinzelt wird davon ausgegangen, der Vollbeweis könne dem Anspruchsteller nicht verwehrt werden, wenn er sich von einer Schätzung keine hinreichend sichere Feststellung seines vollen Anspruchs verspreche.128 Die Norm solle primär den Anspruchsteller, nicht aber das Gericht entlasten. Dem kann nicht zugestimmt werden. Anderenfalls handelte es sich im Ergebnis nicht um das Ermessen des Gerichts, sondern um das Ermessen des Beweisführers, mit welchen Feststellungen er sich begnügen will. Dazu bedürfte es keiner gesonderten Regelung. Umgekehrt besteht kein Anlass zu weiteren Feststellungen, wenn der Antrag des Anspruchstellers überflüssig ist, weil sich das Gericht in der Lage sieht, anhand der bisher festgestellten Tatsachen eine Entscheidung zu treffen. Noch darüber hinausgehend wird das Ermessen in dem Sinne verstanden, dass das Gericht zur antizipierten Beweiswürdigung befugt sei.129 Beweisanträge können 120 3789
1 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald § 115 Rdn. 1. 121 23790 Vgl. BGH NJW 1991, 1412, 1413; BGH NJW 1996, 2501, 2502; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 23. 122 33791 Prütting Gegenwartprobleme der Beweislast, 141. 123 43792 BGH NJW 1993, 2383, 2384; BAG NJW 1963, 925, 926. 124 53793 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 24.
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BGH NJW 1986, 246, 247; BGH NJW 1991, 1412, 1413; BGH NJW 1996, 2501, 2502. 7 BGH NJW-RR 1998, 331, 333. 127 3796 8 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 23. 128 93797 BGH NJW-RR 2002, 1072, 1073; Musielak/ Foerste6 § 287 Rdn. 6 und 10; ähnlich Grunsky Grundlagen des Verfahrensrechts (1970) § 43 II, 395; Oberheim JuS 1996, 918, 923. 129 3798 10 BGH NJW 1996, 2501, 2502; MünchKomm126 3795
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dann auch abgelehnt werden, wenn das Gericht sich auf Grund der bisherigen Feststellungen nicht zu einer Entscheidung im Sinne des Anspruchstellers in der Lage sieht, von den beantragten Beweisen aber keine die Beweislage ändernden Erkenntnisse erwartet. Tatsächlich scheint fragwürdig, worauf die Ermessensentscheidung des Gerichts zielen soll, wenn nicht auf die Brauchbarkeit der bisherigen Feststellungen für eine Schätzung und die Erwartungen an den von weiteren Beweisangeboten ausgehenden Erkenntnisgewinn. Daher ist von einem echten Ermessensspielraum des Gerichts auszugehen. Das Ermessen ist pflichtgemäß auszuüben. Beweisanträge dürfen also nicht willkürlich abgelehnt werden.130 Zuvor muss sämtliches Parteivorbringen vollständig gewürdigt worden sein.131 Ferner sind die Gründe der Ermessenausübung anzugeben, so dass die Entscheidung auf Ermessensfehler kontrolliert werden kann.132 An eine Entscheidung, die trotz bestehender Aufklärungsdefizite wegen einer Beweisantizipation weitere Beweisanträge unbeachtet lässt, sind strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt vor allem dann, wenn mit dem beantragten Beweis Feststellungen getroffen werden sollen, die über die zu diesem Zeitpunkt mögliche Schätzung hinausgehen, oder wenn sie dazu dienen, einer antragsgemäßen Schätzung entgegenstehende Gesichtspunkte aufzuzeigen.
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3. Sachverständigenbeweis § 287 Abs. 1 S. 2 Var. 2 räumt dem Gericht einen erweiterten Ermessensspielraum ein, ob von Amts wegen ein Sachverständigenbeweis erhoben werden soll. Da gem. § 144 ein Sachverständigenbeweis von Amts wegen erhoben werden kann, kann die Ausweitung der gerichtlichen Kompetenzen wie bei § 287 Abs. 1 S. 2 Var. 1 nur darin bestehen, von der Gutachteneinholung abzusehen. 133 Eine Erweiterung der Möglichkeiten, von Amts wegen vorzugehen, ist wegen der durch § 144 eingeräumten Befugnisse nicht erforderlich. Nach §§ 144, 286 ist das Gericht verpflichtet, auch ohne Parteiantrag einen Sachverständigen hinzuzuziehen, wenn es selbst nicht über die notwendige Sachkunde verfügt. Diese Anforderungen an die Beweiserhebung von Amts wegen senkt § 287 Abs. 1 S. 2 Var. 2 ausdrücklich ab.134 Ginge es um die Möglichkeit der Verweigerung eines beantragten Sachverständigenbeweises, wäre dies bereits durch § 287 Abs. 1 S. 2 Var. 1 abgedeckt. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die amtswegige Heranziehung anderer Beweismittel als des Sachverständigenbeweises nicht unter erleichterten Voraussetzungen unterbleiben kann. Auch im Rahmen des § 287 ist es verfahrensfehlerhaft, trotz fehlender Sachkunde auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu verzichten.135 Der Tatrichter braucht aber nur soviel Sachverstand hinzuzuziehen, wie für eine qualifizierte Schätzung erforderlich ist und kann sich mit einem Sachverständigengutachten begnügen, ohne ein Gegengutachten einholen zu müssen.136
ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 23; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 230. 130 13799 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 23. 131 23800 Vgl. BGH NVwZ-RR 1989, 600, 602. 132 33801 Vgl. BGH NJW 1982, 32, 33; BAG NJW 1963, 925, 926. 133 43802 Vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 24. 134 53803 Dazu BGH NJW 1996, 2501, 2502.
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Vgl. BGH NJW 1972, 1515, 1517; BGH NJWRR 1988, 534, 535; BGH NJW 1988, 3016, 3017; BGH NVwZ-RR 1989, 600, 602; BGH NJW 1995, 1619 (ärztliches Fachwissen); BGH NJWRR 2002, 166, 167. 3805 7136 Vgl. BGH NJW 1989, 3009; BGH NJW 1996, 2501; MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 24
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4. Parteivernehmung
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§ 287 Abs. 1 S. 3 ermöglicht die Parteivernehmung von Amts wegen unter erleichterten Voraussetzungen. § 448 gestattet dies nur, wenn das Gericht nach Ausschöpfung aller anderen Beweismittel noch zu keiner Überzeugung gelangt ist, aber gewisse Anhaltspunkte für die Wahrheit der Behauptung des Beweisführers vorhanden sind. § 287 Abs. 1 S. 3 verlangt eine solche Ausschöpfung nicht. Durch die Verweisung auf § 452 in Halbsatz 2 wird klargestellt, dass auch eine Beeidigung möglich ist. Es handelt sich um eine echte Vernehmung, nicht um eine Anhörung nach § 141. Die Parteivernehmung darf nur zur Klärung derjenigen Fragen dienen, auf die § 287 anwendbar ist. Die Formulierung „über den Schaden oder das Interesse“ ist dahin zu verstehen, dass die Parteivernehmung nur für die Frage der Schadenshöhe, nicht aber der Schadensentstehung zulässig ist; eine Vernehmung über den Schaden setzt dessen Entstehung voraus.
VIII. Erstreckung auf andere als schadensrechtliche Streitigkeiten, § 287 Abs. 2 1. Beschränkter Inhalt der Verweisung
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§ 287 Abs. 2 erklärt § 287 Abs. 1 für andere vermögensrechtliche Streitigkeiten eingeschränkt als entsprechend anwendbar. Die erleichterte Parteivernehmung von Amts wegen (§ 287 Abs. 1 S. 3) ist von der Verweisung ausgenommen. Außerdem gelten § 287 Abs. 1 S. 1 und 2 nur für die Höhe der Forderung, nicht aber für deren Entstehung, die nach § 286 festzustellen ist.137 Vermögensrechtliche Streitigkeiten sind solche, die die Zahlung einer Geldsumme oder die Leistung vertretbarer Sachen zum Gegenstand haben; nur dann kann man davon sprechen, dass sich die Höhe einer Forderung nicht festmachen lässt.138 Die Verweisung gilt für vermögensrechtliche Streitigkeiten nur dann, wenn die Höhe der Forderung zwischen den Parteien streitig ist und wenn eine Sachverhaltsaufklärung, wie sie für § 286 erforderlich wäre, gemessen an der Höhe des umstrittenen Betrages unverhältnismäßig schwierig oder unmöglich wäre.139 Das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten reicht nicht aus, wenn um eine Summe gestritten wird, die im Verhältnis zu diesem Aufwand nicht geringfügig ist.140 2. Kasuistik
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Geschätzt werden kann: im Rahmen eines Unterhaltsrechtsstreits die Belastung des Unterhaltspflichtigen mit der Deckung von Sonderpflegebedarf eines Familienangehörigen141; im Mieterhöhungsverfahren die ortsübliche Vergleichsmiete142; im Rückgewährschuldverhältnis der Wert der gezogenen Nutzungen (§ 346 Abs. 2 BGB)143; die Höhe der Bereicherung bei einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung144; die Höhe des Wertersatzes nach § 818 Abs. 2 BGB145; der Mindestausgleich eines Vertragshändlers nach § 89b HGB146; der hypothetische Verlauf bei Anpassung 137 3806
1 BGH MDR 1985, 494. 138 23807 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 19; Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 26. 139 33808 Vgl. BGH JR 1961, 500; BGH NJW-RR 1993, 898, 900 f. 140 43809 Vgl. BGH NJW-RR 1992, 1077, 1078.
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141 3810
5 OLG Hamm NJW 2005, 369, 370. 142 63811 BGH NJW 2005, 2074. 143 73812 AG Köln NJW 2004, 3342, 3344. 144 83813 BGH NJW 2002, 3317, 3320. 145 93814 KG NJW-RR 1996, 431, 433. 146 3815 10 BGH NJW 2000, 1413, 1415.
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eines Vergleichsinhalts unter dem Gesichtspunkt einer Veränderung der Vergleichsgrundlage147; die Bestimmung des angemessenen Honorars für die werbemäßige Verwertung eines Fotos als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bei Zuerkennung eines Anspruchs aus Eingriffskondiktion148; die Höhe des Minderwertes einer gekauften Werkzeugmaschine wegen eingeschränkter Laufleistung149; die Bemessung des Ausgleichs ehebezogener Zuwendungen150; der Vermögensvorteil beim Ausgleich „neu für alt“; die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners151; die Ersparnis von Aufwendungen des Unternehmers nach Kündigung des Werkvertrages152. Nicht nach § 287 Abs. 2 zu schätzen ist, ob der Unterhaltsverpflichtete eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.153
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IX. Urteilsbegründung und Rechtsmittelkontrolle 1. Entscheidungsgründe Das Urteil muss erkennen lassen, dass und inwieweit das Gericht im Ansatz von § 287 Abs. 1 oder Abs. 2 ausgegangen ist, sich also nicht etwa zu Unrecht vor den Anforderungen des § 286 hat leiten lassen.154 Die Schadensschätzung muss an hinreichende Tatsachen anknüpfen. Diese Tatsachen und eine Erläuterung, inwieweit sie für die Schätzung berücksichtigt worden sind, sind in der Urteilsbegründung anzugeben.155 Darüber hinausgehende Angaben bzgl. der Einzelheiten des Schätzungsvorgangs selbst sind hingegen entbehrlich.156 Mitzuteilen sind also von vornherein nur diejenigen Tatsachen, die überhaupt einer objektiven Überprüfung zugänglich sind. Von Bedeutung sind diese Angaben für die Überprüfung der Entscheidung in Berufung und Revision.
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2. Berufungskontrolle Bis zur Rechtsmittelreform von 2001 konnten die Schätzung der Schadensentstehung und der Schadenshöhe sowie die Ausübung des Ermessens im Rahmen der Verfahrenserleichterungen gem. § 287 Abs. 1 S. 2 in der Berufungsinstanz vollumfänglich überprüft werden; das Berufungsgericht durfte die Entscheidung des Instanzgerichts durch eine eigene Schadensschätzung und die Ausübung eigenen Ermessens ersetzen.157 Feststellungen, die in Anwendung des § 287 getroffen werden, sind seit der Reform grundsätzlich bindend (§ 529).158 Rechtsfehlerhaft getroffene Feststellungen der ersten Instanz sind durch das Berufungsgericht zu ersetzen (§ 531); insoweit gelten die gleichen Grundsätze über die Ermessenskontrolle wie in der Revisionsinstanz. Dafür hat der Berufungsrichter die Gründe im selben Umfang wie der erstinstanzliche Richter anzugeben. 3816 1147 OLG Köln NJW 1994, 3236, 3237. Für § 287 Abs. 1 BGH NJW 1984, 1746, 1747. 148 23817 BGH NJW 1992, 2084, 2085. 149 33818 BGH NJW-RR 2005, 1157, 1158. 150 43819 BGH NJW-RR 2002, 1297. 151 53820 BGH NJW-RR 1993, 898, 900. 152 63821 BGH NJW-RR 1992, 1077, 1078. 153 73822 BGH NJW 1986, 3080, 3081. 154 83823 BGH NJW-RR 1992, 997, 998. 155 93824 BGHZ 6, 62, 63 = NJW 1952, 978; BGHZ 39, 198, 219; BGH VersR 1965, 239, 240; BGHZ 63,
353, 357; BGH VersR 1990, 907, 908; BAG NJW 1963, 925, 926. 156 3825 10 Vgl. BGHZ 3, 162, 175; BGHZ 6, 62, 63; BGHZ 39, 198, 219. 157 3826 11 BGHZ 63, 353, 358; BGH MDR 1988, 950, 951. 158 3827 12 OLG München NJW 2004, 959; Stein/Jonas/ Leipold22 § 287 Rdn. 49. A.A. OLG Köln VersR 2008, 364, 365 zur Erhöhung des Schmerzensgeldes auf der Grundlage der vom Landgericht festgestellten und einbezogenen Gesichtspunkte, jedoch unter Verkennung des Korrekturspielraums, den auch das Revisionsgericht hat.
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3. Revisionskontrolle
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Im Rahmen der Revision ist nur eine eingeschränkte Überprüfung des Ermessens möglich.159 Revisionsgerichtlich nachprüfbar ist, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Tatsachen oder Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen, seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt oder Rechtsvorschriften oder Erfahrungssätze verletzt hat.160 Teilweise wird angenommen, eine Prüfung der Beweiswürdigung (§ 287 Abs. 1 S. 1) sei generell nicht zulässig, während die verfahrensrechtliche Ermessensentscheidung (§ 287 Abs. 1 S. 2) auf Ermessensfehler überprüft werden können soll.161 Dem ist zuzustimmen, soweit damit die Beweiswürdigung als innerer Vorgang von einer Überprüfung ausgenommen sein soll. Überprüfbar muss allerdings das Resultat der Würdigung sein, so dass das Revisionsgericht befugt ist, in Ansehung der zugrunde gelegten Tatsachen offensichtlich falsche oder unsachliche Schätzungen ebenso zu beanstanden162, wie Entscheidungen, in denen das Gericht seinen Entscheidungsspielraum verkannt und deshalb von diesem keinen Gebrauch gemacht hat163. Anderenfalls wäre es auch überflüssig, dass die Instanzgerichte die der Schätzung zugrunde gelegten Annahmen mitteilen. Das Ersetzen einer ermessensfehlerfrei getroffenen Entscheidung des Instanzgerichts durch eine solche des Revisionsgerichts ist in jedem Fall ausgeschlossen.164
X. Anwendung im Versäumnisverfahren
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Im Versäumnisverfahren gelten bei Säumnis des Beklagten die tatsächlichen Behauptungen des Klägers als zugestanden. Dies gilt auch für die Behauptung zur Entstehung und Höhe des Schadens, ohne dass es auf eine richterliche Würdigung ankommt.165 Allerdings müssen die Behauptungen des Klägers hinreichend bestimmt sein. Daran fehlt es, wenn die Schadenshöhe nur ungefähr angegeben und die Entscheidung dem gerichtlichen Ermessen überlassen worden ist.166 In diesem Fall ist eine Würdigung der vorgetragenen Tatsachen durch das Gericht und damit eine Anwendung des § 287 notwendig. Die Geständnisfiktion gilt dann für die vorgetragenen Tatsachen, an die eine Schätzung anknüpfen kann.
XI. Zulässigkeit von Teilurteilen
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Die partielle Zuordnung des konkreten Haftungsgrundes zum Anwendungsbereich des § 287 bleibt ohne Wirkung auf die Voraussetzungen, unter denen ein Grundurteil gem. § 304 ergehen darf.167 Die prozessualen Voraussetzungen eines Teilurteils sind von den Anforderungen an den Beweis der einzelnen Tatbestandsmerkmale zu 3828 1159 BGH NJW 1991, 1412, 1413; BGH NJW 1995, 2227, 2228; BGH NJW 1995, 1619. 160 23829 BGHZ 92, 85, 86 ff = NJW 1984, 2282 – Modellboot; BGHZ 97, 37, 41 – Gema-Tarif; BGHZ 102, 322, 330 = NJW 1988, 1835, 1836; BGH NJW 1995, 1227, 1228; BGH NJW-RR 1998, 331, 333 – Chinaherde; BGH NJW-RR 1993, 795, 796; BGH NJW-RR 2002, 166, 167; BGH NJW-RR 2005, 397, 398. 161 33830 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 35. 162 43831 Vgl. BGHZ 3, 162, 175 f; BGHZ 6, 62, 63; BGHZ
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83, 61, 66; BGH NJW 1985, 387; BGH NJW-RR 1995, 248, 250. 163 53832 Vgl. BGHZ 60, 177, 184 = NJW 1973, 993, 994; BGH NJW 1980, 1679, 1680. 164 63833 BGH NJW 1982, 1765 (zur Streitwertfestsetzung nach § 3 ZPO). 165 73834 Vgl. Stein/Jonas/Leipold22 § 287 Rdn. 55. 166 83835 MünchKomm-ZPO/Prütting3 § 287 Rdn. 30. 167 93836 Zu diesem Problem Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 235 f mwN.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 288
trennen. Für den Erlass eines Grundurteils ist bedeutungslos, ob das Vorliegen einzelner Merkmale nach Maßgabe des § 287 und der übrigen Merkmale nach § 286 festzustellen ist. Verwirren darf nicht die Ähnlichkeit der verwendeten Begriffe und eine dadurch nahegelegte Parallelität der Abgrenzungsschwierigkeiten: Auf § 286 ist für den konkreten Haftungsgrund zurückzugreifen, während ein Grundurteil für den sog. Anspruchsgrund ergehen kann. Beide Begriffe sind nicht deckungsgleich; die für § 287 erarbeitete Abgrenzung kann nicht für § 304 genutzt werden. § 287 kann sowohl für die Schadenshöhe als auch für die Schadensentstehung anwendbar sein. Demgegenüber ist gem. § 304 nach Erlass des Grundurteils nur noch über den „Betrag“ des Anspruchs zu entscheiden, was am ehesten mit der Schadenshöhe gleichgesetzt werden kann. Ob ein Schaden entstanden ist, ist zum Anspruchsgrund im Sinne des § 304 zu zählen. Die Bindungswirkung eines Grundurteils erstreckt sich nur auf die tenorierte Rechtsfolge (§ 318), nicht auf die Schätzgrundlagen, die für die Höhe einer Forderung oder eines Schadens bedeutsam sind.168 Ein Teilurteil gem. § 301 kann ergehen, wenn ein Mindestbetrag nach § 287 geschätzt worden ist und weitere Beweiserhebungen den Mindestbetrag nicht infrage stellen können.169
§ 288 Gerichtliches Geständnis (1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind. (2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich. Schrifttum Arens Willensmängel bei Parteihandlungen im Zivilprozeß, 1968; Baur Vereinbarungen der Parteien über präjudizielle Rechtsverhältnisse im Zivilprozeß, Festschrift für Eduard Bötticher, 1969, S. 1; Brehm Die Bindung des Richters an den Parteivortrag und Grenzen freier Verhandlungswürdigung, 1982; Bülow Ueber den Begriff des gerichtlichen Geständnisses, AcP 88 (1898), 317; Häsemeyer Parteivereinbarungen über präjudizielle Rechtsverhältnisse −Fragwürdigkeit der Parteidisposition als Urteilsgrundlage, ZZP 85 (1972), 207; Hahn Kooperationsmaxime im Zivilprozeß, 1983, S. 265; ders. Der sog. Verhandlungsgrundsatz im Zivilprozeß, JA 1991, 319, 324 f.; Olzen Die Wahrheitspflicht der Parteien im Zivilprozeß, ZZP 98 (1985), 403; Orfanides Die Berücksichtigung von Willensmängeln im Zivilprozeß, 1982; ders. Das vorweggenommene Geständnis, Festschrift für Gottfried Baumgärtel, 1990, S. 427; ders. Probleme des gerichtlichen Geständnisses, NJW 1990, 3174; Pawlowski Keine Bindung an „Geständnisse“ im Zivilprozeß, MDR 1997, 7; Polyzogopoulos Parteianhörung und Parteivernehmung in ihrem gegenseitigen Verhältnis. Ein Beitrag zur Kritik der herrschenden Lehre unter besonderer Berücksichtigung der gerichtlichen Praxis, 1976; Scherer Zweifel des Gerichts an der Wahrheit unstreitiger Tatsachenbehauptungen, DRiZ 1996, 58; Schneider Das Geständnis im Zivilprozeß, MDR 1991, 297; Schmidt Teilbarkeit und Unteilbarkeit des Geständnisses im Zivilprozeß, 1972; Schmidt-Hieber
168 3837
1
BGH NJW-RR 2005, 1157, 1158.
169 3838
2
Vgl. BGH NJW 1996, 1478.
Hans-Jürgen Ahrens/Assmann
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§ 288
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Richtermacht und Parteiherrschaft über offenkundige Tatsachen, 1974; Schoofs Entwicklung und aktuelle Bedeutung der Regeln über Geständnis und Nichtbestreiten im Zivilprozeß, 1980; Wolf Das Anerkenntnis im Prozeßrecht, 1969; Wolf Geständnis zu eigenen Lasten und zu Lasten Dritter?, Festschrift für Hideo Nakamura, 1996, S. 685; Würthwein Umfang und Grenzen des Parteieinflusses auf die Urteilsgrundlagen im Zivilprozeß, 1977.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Allgemeines . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung . . . . . . . . . . a) Anerkenntnis . . . . . . . . b) Verzicht . . . . . . . . . . c) Vergleich . . . . . . . . . . d) Nichtbestreiten bzw nicht ordnungsgemäßes Bestreiten . . . e) Parteivernehmung . . . . . . f) Außergerichtliches Geständnis . 3. Anwendungsbereich . . . . . .
4 4 6 7 8 9 10 14 15 17
IV. Voraussetzungen . . . . . . . . . 1. Person . . . . . . . . . . . . a) Gesetzlicher Vertreter . . . .
21 22 23
Rdn b) Prozessbevollmächtigter/Partei . c) Streithelfer . . . . . . . . . 2. Gegenstand . . . . . . . . . . a) Tatsachenbehauptungen . . . . b) Auslegung . . . . . . . . . c) Werturteile und Erfahrungssätze d) Rechtsansichten . . . . . . . e) Rechtsverhältnisse und Rechtsbegriffe . . . . . . . . . . . 3. Erklärung . . . . . . . . . . . 4. Gerichtlich . . . . . . . . . . V. Wirkung . . . . . . . . . . . 1. Bindungswirkung . . . . . . 2. Grenzen der Bindungswirkung . 3. Verfassungsrechtliche Überprüfbarkeit . . . . . . . . . . .
24 26 28 28 30 31 32 33 36 43
. . .
50 51 55
.
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I. Gesetzesgeschichte
1
Die ursprünglich in § 261 enthaltene Regelung wurde durch die Bekanntmachung von 18981 unverändert zu § 288.
II. Normzweck
2
3
Der Verhandlungsgrundsatz legt es den Parteien auf, den Tatsachenstoff für die gerichtliche Entscheidung beizubringen. Auf dieser Grundlage lässt es das Gesetz zu, dass die Parteien über den Tatsachenstoff disponieren und damit dessen Umfang und Beweisbedürftigkeit festlegen. Diesem Grundsatz trägt § 288 Rechnung, indem er einer Partei vor Gericht eine bindende Erklärung darüber erlaubt, dass von dem Gegner behauptete und für sie ungünstige Tatsachen wahr seien. Werden von der darlegungspflichtigen Partei Tatsachenbehauptungen vorgetragen, hat der Gegner mehrere Möglichkeiten, auf diese zu reagieren und deren Beweisbedürftigkeit zu beeinflussen. Er kann die Behauptungen bestreiten und so die Beweisbedürftigkeit herbeiführen. Er kann aber auch schweigen mit der Folge, dass die von der darlegungspflichtigen Partei behaupteten Tatsachen als zugestanden angesehen werden (§ 138 Abs. 3). Dasselbe gilt, wenn er unberechtigt eine Erklärung mit Nichtwissen abgibt (§ 138 Abs. 4). Zugestanden iSd § 138 Abs. 3 ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem förmlichen Geständnis gem. § 288, sondern hat nur zur Folge, dass es eines Beweises nicht bedarf.2 1 13839 RGBl S. 410, 464.
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Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 288
Der Gegner kann sich aber auch der Tatsachenbehauptung der darlegungspflichtigen Partei anschließen, indem er die Wahrheit bestätigt. In diesem Fall handelt es sich um ein Geständnis iSd § 288. Mit der Regelung des § 288 soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das gerichtliche Geständnis kein die Überzeugung des Richters bestimmendes Beweismittel,3 sondern eine durch Verzicht auf den Beweis bewirkte Disposition über das streitige Recht ist.4 Dementsprechend stellt § 288 Abs. 2 klar, dass zur Wirksamkeit des Geständnisses dessen Annahme nicht erforderlich ist.
III. Allgemeines 1. Rechtsnatur Das Geständnis5 enthält die Erklärung (Rdn. 36) der Partei, dass eine vom Gegner behauptete, ihr im Rechtssinn ungünstige Tatsache (Rdn. 28) wahr sei.6 Es ist eine einseitige (§ 288 Abs. 2), dem Gericht gegenüber abzugebende, prozessuale Willenserklärung, soweit das Geständnis in dem Bewusstsein abgegeben wird, dass das Gericht diese Behauptung der Entscheidung zugrunde legen wird.7 Es handelt sich um eine Willenserklärung, da in ihr der Wille manifestiert wird, eine Tatsache gegen sich gelten lassen zu wollen, allerdings nicht rechtsgeschäftlicher Art. Prozessuale Rechtsfolge der Willenserklärung ist, dass das Gericht die zugestandene Tatsache seiner Entscheidung zugrunde legt. In dem Willensmoment liegt ein Einverständnis, die Tatsache ungeprüft zur Urteilsgrundlage zu machen.8 Das Geständnis enthält aber auch eine Wissenserklärung,9 sofern die Angabe, dass die Behauptung wahr ist, auf eigenen Wahrnehmungen beruht.10 Dem doppelten Charakter des Geständnisses entspricht auch der doppelte Nachweis, den § 290 für den Widerruf verlangt: den der Unwahrheit zur Beseitigung der Wissenserklärung und den des Irrtums zur Beseitigung der Willenserklärung (vgl. dazu § 290 Rdn. 9 ff.).11 Das Geständnis ist als Prozesshandlung12 grundsätzlich bedingungsfeindlich, es sei denn dass es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt, jedoch begrenzt durch die gesetzliche Pflicht zu wahrheitsgemäßem und vollständigem Vortrag (§ 138 Abs. 1) und zur Prozessförderung (§ 282 Abs. 1).13 Eine Befristung sowie die Beschränkung seiner Wirkung auf nur eine Instanz sind unzulässig. Grundsätzlich ist ein solches auf die Instanz beschränktes Geständnis wegen Perplexität und Verstoßes gegen § 535 unwirksam (aA § 535 Rdn. 2: Fortwirkung des Geständnisses14). In Ausnahmefällen kann die Wirksamkeit und damit eine Fortwirkung des Geständnisses in der Berufungsinstanz angenommen werden, wenn es sich um eine nur floskelhafte 2 23840 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1297, 1298. 3 13841 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4; aA Bernhardt FG Rosenberg (1949), S. 9, 33; Orfanides S. 97; Schmidt S. 110. 4 23842 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 278; RG Warn 1934 Nr. 191; RGZ 10, 364, 365; vgl. dazu Bernhardt JZ 1963, 245, 246. 3843 5 3 Zu dem Begriff vgl. Bülow AcP 88 (1898), 317 ff. 3844 6 4 Siehe nur BGH NJW 2006, 2181, 2182; BGH NJW-RR 2005, 1297, 1298; BGH NJW 1983, 1496, 1497. 7 53845 Vgl. Schoofs S. 157 ff., 165 und Würthwein S. 58, die von einer Wollenserklärung sprechen; ablehnend zum Begriff der Wollenserklärung, Bülow AcP 88 (1898), 317, 336 ff.; vgl. zu diesem Begriff
auch Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 64 Rdn. 17 f. 6 So BGH NJW-RR 2005, 1297, 1298; BGH NJW 1962, 1390, 1391; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4. 9 73847 Bernhardt FG Rosenberg (1949), S. 9, 32; Schmidt S. 150. 3848 810 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 17. 11 3849 9 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1297, 1298. 12 3850 10 BGH NJW 1987, 1947, 1948; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 17; Schoofs S. 18. 13 3851 11 BGH NJW-RR 2003, 1145, 1146. 14 3852 12 So auch OLG Köln FamRZ 2000, 1026 (LS), Urt. v. 27.4.1999 – 25 U 10/98. 3846 8
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4
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Beschränkung handelt.15 In der Regel ist von einem auf die Instanz beschränkten Nichtbestreiten gem. § 138 Abs. 3 auszugehen.16 Auch eine Anfechtung gem. §§ 119 ff. BGB (vgl. bei Drohung § 290 Rdn. 19) kommt wie bei allen anderen Prozesshandlungen nicht in Betracht.17 Es kann nur unter den engen Voraussetzungen des § 290 widerrufen werden. 2. Abgrenzung
6
Das Geständnis ist von anderen Prozesshandlungen sowie von anderen Handlungen mit Geständniswirkung abzugrenzen.
7
a) Anerkenntnis. Anerkenntnis und Geständnis unterscheiden sich in ihrer verfahrensrechtlichen Bedeutung und Wirkung.18 Mit dem Anerkenntnis unterwirft sich der Beklagte dem geltend gemachten Anspruch, während er beim Geständnis das Bestehen der dem Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen zugesteht. Das Geständnis betrifft also den tatsächlichen Streitstoff, der im Regelfall die Grundlage der Sachentscheidung bildet. Für die Entscheidung auf Grund des Anerkenntnisses kommt es dagegen auf diesen Streitstoff nicht an, da die Verurteilung gem. § 307 allein auf Grund des Anerkenntnisses erfolgt.19 Das Geständnis kann unter den Voraussetzungen des § 290 widerrufen werden. Das Anerkenntnis ist bindend und kann nur in Ausnahmefällen angefochten werden. In einem Anerkenntnis, auch in einem Teilanerkenntnis,20 liegt jedoch in der Regel21 nicht das Zugeständnis der dem geltend gemachten Anspruch zugrunde liegenden Tatsachen.22
8
b) Verzicht. Der Klageverzicht (§ 306) ist das Gegenstück zum Anerkenntnis und liegt vor, wenn der Kläger erklärt, der geltend gemachte prozessuale Anspruch bestehe nicht. Insoweit gelten die Ausführungen zum Anerkenntnis entsprechend. Die Ermäßigung der Klage durch den Kläger stellt kein Geständnis dar; die Klage kann deshalb später wieder erhöht werden, sofern nicht auf den Klageanspruch verzichtet wurde.23
9 10
c) Vergleich. Auch bei dem Abschluss eines Vergleichs wird nicht zugestanden. d) Nichtbestreiten bzw nicht ordnungsgemäßes Bestreiten. Die Gemeinsamkeit von Nichtbestreiten (§ 138 Abs. 3) bzw nicht ordnungsgemäßem Bestreiten oder Säumnis des Beklagten im Termin (§ 331 Abs. 1) und Geständnis liegt darin, dass die behauptete Tatsache als zugestanden gilt und deshalb nicht beweisbedürftig wird. Der Unterschied des Geständnisses zu dem Nicht- oder nicht ordnungsgemäßem Bestreiten24 liegt aber in der prozessualen Bindung an das Geständnis (§§ 290, 535), die stärker ist als beim Nichtbestreiten.25 3853 115 OLG Köln JurBüro 1975, 1251 mit Anm. Schneider. 3854 216 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10; MünchKomm/ Rimmelspacher § 535 Rdn. 3. 3855 317 Grunsky Grundlagen, § 20 Abs. 1 (S. 188); Henckel Prozeßrecht und materielles Recht (1970), S. 82; Schwab JuS 1976, 69, 70 f.; aA Arens S. 204. 18 3856 4 Vgl. dazu BGHZ 80, 389, 393 = NJW 1981, 2193, 2194; RGZ 67, 154, 155 f.; BayObLG SeuffArch 47 (1892), 345 f. 3857 519 BGHZ 80, 389, 393 f. = NJW 1981, 2193, 2194; BGHZ 10, 333, 335 = NJW 1953, 1830. 3858 620 BGH VersR 1957, 720; vgl. aber Schmidt-Hieber
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S. 69 f., der zwischen der Verfügung über Tatsachen und dem Anerkenntnis prozessualer Teilansprüche keinen wesentlichen Unterschied sieht. 3859 721 Vgl. zu einem Ausnahmefall, in dem der Beklagte unter Bezugnahme auf das Beweisergebnis ein Anerkenntnis erklärte, LG Heidelberg MDR 1965, 583 f. 22 3860 8 RG SeuffArch 57 (1902), 243, 244; aA BGHZ 10, 333, 335 = NJW 1953, 1830. 3861 923 RG JW 1899, 161. 24 3862 10 Zur Frage des zulässigen pauschalierten Bestreitens vgl. BGHZ 140, 156, 157 ff. = NJW 1999, 579, 580.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 288
Ein ähnliches Verhältnis wie zwischen Nichtbestreiten und Geständnis ergibt sich bei Erklärungen zur Echtheit von Privaturkunden. Erkennt der Prozessgegner die Echtheit der Urkunde an, liegt darin ein Geständnis gem. §§ 288, 290.26 Erklärt sich der Prozessgegner dagegen nicht zur Echtheit der Namensunterschrift, gilt deren Echtheit wie bei § 138 Abs. 327 mit der Wirkung eines Geständnisses als anerkannt (§§ 439 Abs. 3, 288),28 im amtsgerichtlichen Verfahren allerdings nur nach Aufforderung zur Erklärung (§ 510). Handelt es sich nicht um ein Geständnis, ist die Partei nicht gehindert, ihr Vorbringen im Lauf des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere auch zu berichtigen.29 Die nach § 138 Abs. 3 zugestandenen Tatsachen können, solange die Verspätungsregeln nicht eingreifen, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch bestritten werden mit der Folge, dass die Behauptungen damit wieder beweisbedürftig werden. Bei einer Geständnisfiktion nach § 138 Abs. 3 ist die Partei auch in der Berufungsinstanz nicht an ihr erstinstanzliches Vorbringen gebunden (§ 525),30 jedoch nur in den Grenzen der §§ 529, 531 (§ 536 Rdn. 4). Allerdings kann der Umstand, dass eine Partei im Lauf des Prozesses ihr Vorbringen ändert, im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden.31 In Ausnahmefällen kann das Nichtbestreiten als Geständnis gewertet werden (vgl. dazu Rdn. 38). Wendet das Berufungsgericht bei bloßem erstinstanzlichen Nichtbestreiten iSd § 138 Abs. 3 zu Unrecht §§ 288, 290 an mit der Folge, dass es die Behauptungen des Gegners präkludiert, verletzt es den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. dazu unten Rdn. 59).32
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e) Parteivernehmung. Die Bekundung einer Partei bei ihrer Vernehmung gemäß §§ 445 ff. ist nicht als Geständnis iSd § 288 zu werten, sondern unterliegt der freien Beweiswürdigung (§ 286) des Gerichts (§ 453 Abs. 1).33 Geständnis und Beweisaufnahme schließen sich gegenseitig aus.34 An das Geständnis ist der Richter gebunden (§ 288), während die Parteivernehmung der freien Beweiswürdigung unterliegt (§ 453 Abs. 1). Zudem sind die Voraussetzungen für ein Geständnis und eine Parteivernehmung unterschiedlich.35 Eine Aufspaltung der Aussage im Rahmen der Parteivernehmung in einen der Partei günstigen Teil, der der freien Beweiswürdigung unterliegt, und einen der Partei ungünstigen Teil, an den der Richter gebunden ist, ist im Gesetz
14
3863 125 BGH NJW-RR 2005, 1297, 1298; Arens S. 194; Schneider MDR 1991, 297, 298; Ullmann FS Ballhaus (1985), S. 809 f. (zum Patentverletzungsstreit); aA OLG München MDR 1984, 321, das für Fälle des § 138 Abs. 3 auch § 290 anwendet. 26 3864 2 RGZ 97, 162, 163; OLG Saarbrücken MDR 2002, 109; Stein/Jonas/Leipold § 439 Rdn. 6; MünchKomm/Schreiber § 439 Rdn. 3; Musielak/Huber § 439 Rdn. 2. 3865 327 Vgl. Stein/Jonas/Leipold § 439 Rdn. 8; MünchKomm/Schreiber § 439 Rdn. 4; Thomas/Putzo/ Reichold § 439 Rdn. 3. 3866 428 BGH NJW 2006, 154, 157. 29 3867 5 Bülow AcP 88 (1898), 317, 334. 30 3868 6 BGH VersR 1963, 530, 531; OLG Karlsruhe VersR 1981, 645. 3869 731 BGH NJW 2002, 1276, 1277; BGH GRUR 1995, 700, 701. 3870 832 BVerfG NJW 2001, 1565 f. 3871 933 BGHZ 129, 108, 109 ff. = LM Nr. 11 zu § 288
ZPO mit abl. Anm. Wax = NJW 1995, 1432 f. unter Aufgabe der gegenteiligen Meinung in BGHZ 8, 235, 237 f. = NJW 1953, 621 f. mit abl. Anm. Lent; RG JW 1938, 1772 (LS); RG JW 1936, 1778; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 606; vgl. auch OLG Zweibrücken OLGZ 1978, 357, 359 f.; Polyzogopoulos S. 76 ff., 79; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 122 Rdn. 6; vgl. auch Schmidt S. 142 ff., nach dessen Ansicht die §§ 288 ff. für den Anwendungsbereich der §§ 445 ff. außer Kraft gesetzt sind; aA Baumbach/Lauterbach/ Hartmann Rdn. 4; Wolf FS Nakamura (1996), S. 685, 692 ff., nach dessen Ansicht ein Geständnis, wenn ein dementsprechender Geständniswille vorhanden ist, auch im Rahmen einer Parteivernehmung möglich ist; ebenso Hülsmann NJW 1997, 617, 621. 34 3872 10 BGHZ 129, 108, 110 = NJW 1995, 1432 f. 35 3873 11 Orfanides NJW 1990, 3174, 3175.
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nicht vorgesehen.36 Das Gericht kann jedoch den Prozessbevollmächtigten zur Klärung auffordern, wenn sich sein Sachvortrag mit dem der Partei nicht deckt.
15
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f) Außergerichtliches Geständnis. Von dem gerichtlichen ist das außergerichtliche Geständnis zu unterscheiden. Bei dem außergerichtlichen Geständnis handelt es sich um ein außerhalb der mündlichen Verhandlung des jeweiligen Verfahrens abgegebenes Geständnis, das daher nicht eine den Voraussetzungen des § 288 entsprechende Erklärung darstellt. Das Geständnis kann im Zusammenhang mit dem laufenden Prozess, innerhalb eines anderen Prozesses37 oder bei sonstiger Gelegenheit abgegeben worden sein. Wenn es im laufenden Verfahren eingeführt werden soll, muss das Geständnis von einer Partei vorgetragen werden. Wird das außergerichtliche Geständnis von der Partei, die es abgegeben hat, eingeführt, kann es zu einem gerichtlichen iSd § 288 werden. Ein außerhalb des Verfahrens abgegebenes Geständnis, das ebenfalls keiner Annahme bedarf, entfaltet im Prozess nicht die Wirkungen der §§ 288, 290.38 Hat sich die Partei außerprozessual gegenteilig erklärt, so darf ihr das im Prozess entgegengehalten werden. So kann ein außergerichtliches Geständnis gegen das der anderen Partei stehen, wobei das Gericht dann zu bewerten hat, welche Bedeutung es diesen widerstreitenden Erklärungen beimisst. Das außergerichtliche Geständnis kann mit allen Beweismitteln bewiesen werden, falls es bestritten wird. Das Gericht wird jedoch regelmäßig den unmittelbaren Beweis vorziehen. Auch wenn der Vortrag einer Partei nicht als Geständnis iSd § 288 anzusehen ist, kann dieser als Erkenntnisquelle im Rahmen der freien Beweiswürdigung vom Gericht verwertet und als Indiz, nicht als Beweismittel, für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen berücksichtigt werden.39 3. Anwendungsbereich
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Die Geständnismöglichkeit ist Ausfluss des Verhandlungsgrundsatzes und besteht deshalb nicht in Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz, wo die Tatsachengrundlage unabhängig vom Parteiwillen festgestellt werden soll. Nicht anwendbar ist § 288 daher in Ehesachen (§ 617)40 und in Kindschaftssachen (§ 640 Abs. 1), im Insolvenzverfahren41 sowie in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit42. Hier kann ein Geständnis nur im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286) berücksichtigt werden.43 Im Aufgebotsverfahren kann das Gericht gemäß § 952 Abs. 3 bei der Feststellung des Sachverhalts von Amts wegen ermitteln.44 Der Verhandlungsgrundsatz ist daher hier eingeschränkt, so dass § 288 keine Anwendung findet. 3874 136 BGHZ 129, 108, 110 = NJW 1995, 1432; Polyzogopoulos S. 78; Lent NJW 1953, 621, 622; Orfanides NJW 1990, 3174. 3875 237 Vgl. BGH NJW-RR 2004, 1001 (Geständnis im Strafverfahren); OLG Bamberg NJW-RR 2003, 1223 (Geständnis im Strafverfahren). 38 3876 3 BGH NJW-RR 2004, 1001; OLG Bamberg NJW-RR 2003, 1223. 3877 439 BGH NJW-RR 2004, 1001 (Geständnis im Strafverfahren); BGH NJW 1994, 3165, 3167; BGH FamRZ 1985, 271, 273; BGH VersR 1985, 83, 85 (Indizwirkung eines außergerichtlichen Geständnisses auch nach Widerruf); RG Gruchot 58
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(1914), 835 f.; RG JW 1897, 565 Nr. 15; OLG Bamberg NJW-RR 2003, 1223 (Geständnis im Strafverfahren); OLG Koblenz Urt. v. 18.1.2007 – 6 U 536/06. 3878 540 Vgl. OLG Stuttgart NJW 1985, 207. 41 3879 6 MünchKomm-InsO2/Ganter (2007) § 4 Rdn. 56. 42 3880 7 BayObLGR 2004, 407 (LS), Beschl. v. 12.5.2004 – 2Z BR 070/04, 2Z BR 70/04; Jansen/Briesemeister FGG3 Bd. 1 (2006) § 12 Rdn. 41. 3881 843 BayObLGR 2004, 407 (LS), Beschl. v. 12.5.2004 – 2Z BR 070/04, 2Z BR 70/04; Keidel/Kuntze/ Winkler/Schmidt FGG15 (2003) § 12 Rdn. 6. 3882 944 Zöller/Geimer § 952 Rdn. 2.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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Im Klauselerteilungsverfahren nach §§ 726 ff. kommt ein Geständnis in Betracht, allerdings mit Einschränkungen.45 Bei § 727 ist der qualifizierte Nachweis der Rechtsnachfolge auf der Gläubigerseite dann entbehrlich, wenn der Schuldner, nicht aber der bisherige Gläubiger46, die Rechtsnachfolge iSv § 288 zugestanden und der bisherige Gläubiger der Erteilung der Vollstreckungsklausel an den Rechtsnachfolger zugestimmt hat.47 § 288 ist grundsätzlich auch in Verfahren ohne mündliche Verhandlung entsprechend anwendbar (vgl. Rdn. 47).48 Das gerichtliche Geständnis ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn bestimmte Tatsachen, wie z.B. die Prozessvoraussetzungen, von Amts wegen zu prüfen sind49 (Ausnahme bei zuständigkeitsbegründenden Tatsachen außerhalb des § 40 Abs. 2, vgl. Vor § 253 Rdn. 164). Es gilt hier zwar nicht der Untersuchungsgrundsatz, doch unterliegen diese Tatsachen nicht der Dispositionsbefugnis der Parteien, so dass sie durch ein Geständnis nicht der Beweiswürdigung entzogen werden dürfen.50 Außerhalb des Zivilprozesses gelten die Normen der §§ 288 ff. im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren (vgl. §§ 46 Abs. 2, 54 Abs. 2 S. 2 ArbGG), nicht im Beschlussverfahren.
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IV. Voraussetzungen Ob die Prozesshandlung einer Partei die vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen für ein Geständnis erfüllt, muss vom Gericht, kann aber auch vom Berufungs- bzw Revisionsgericht selbst und erstmalig geprüft werden.51
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1. Person Das gerichtliche Geständnis muss von dem Gegner dessen, der die Tatsachenbehauptungen aufgestellt hat, stammen. Es muss von einer prozessfähigen Partei bzw deren Vertreter bzw von einem postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten abgelegt werden.
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a) Gesetzlicher Vertreter. Das vom gesetzlichen Vertreter abgelegte gerichtliche Geständnis ist als ein von der Partei selbst abgelegtes Geständnis anzusehen.52 Voraussetzungen und Umfang der Vertretung von prozessunfähigen Minderjährigen durch ihre gesetzlichen Vertreter bei der Prozessführung und damit für das Geständnis bestimmen sich grundsätzlich nach bürgerlichem Recht (§ 51 Abs. 2), so dass in der Regel die in § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB angeordnete gemeinschaftliche Vertretung durch beide Elternteile besteht, soweit nicht auch nach materiellem Recht die elterliche Sorge nur einem Elternteil zusteht.53 Unerheblich ist hierbei, dass nur ein Elternteil über-
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3883 145 Vgl. dazu ausführlich Münzberg NJW 1992, 201 ff.; aA MünchKomm/Prütting Rdn. 14; Joswig Rpfleger 1991, 144, 146 f. wegen der fehlenden Widerrufsmöglichkeit im Anhörungsverfahren. 46 3884 2 BGH MDR 2006, 52; aA OLG Saarbrücken Rpfleger 2004, 430. 3885 347 BGH MDR 2006, 52; Münzberg NJW 1992, 201, 203; aA Joswig Rpfleger 1991, 144, 146 f. 3886 448 Münzberg NJW 1992, 201. 3887 549 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 17; MünchKomm/ Prütting Rdn. 14.
3888 650 BAG NJW 1958, 1699, 1700; Schönke/Kuchinke ZPR § 49 Abs. 4; Schmidt-Hieber S. 8; Marburger NJW 1974, 1921, 1923. 3889 751 BGH NJW 2006, 2181, 2182; BGH NJW 2001, 2550, 2551; BGH NJW-RR 1999, 1113; BGHZ 140, 156, 157 = NJW 1999, 579, 580; BGH NJWRR 1996, 699; BGH NJW 1994, 3109; BGH NJW 1992, 3106, 3107; BGH NJW 1992, 2818, 2820; BGH NJW 1991, 1683; BGH NJW 1981, 1562, 1563. 3890 852 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 278. 3891 953 BGH NJW 1987, 1947, 1948.
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haupt die Möglichkeit der Wahrnehmung der zuzugestehenden Tatsache hatte,54 ebenso wie das Recht des Gerichts, nach §§ 455 Abs. 1 S. 2, 449 nur einen von mehreren Gesamtvertretern als Partei zu vernehmen. Diese für die Beweisaufnahme getroffene Regelung bezieht sich nicht auf die Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Geständnisses.
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b) Prozessbevollmächtigter/Partei. Auch Geständnisse der Prozessbevollmächtigten oder Beistände (vgl. aber § 85 Abs. 1 S. 2) sind als solche der Partei zu betrachten.55 Ein bindendes Geständnis kann von diesen Personen auch in Abwesenheit des Gegners abgelegt werden. Umstritten ist, ob in Anwaltsprozessen ein gerichtliches Geständnis nur von dem Prozessbevollmächtigten abgegeben werden kann mit der Folge, dass ein Geständnis einer Partei nur dann Wirksamkeit erlangt, wenn es sich der Prozessbevollmächtigte zu Eigen macht.56 Dafür spricht, dass es sich bei dem Geständnis um eine Prozesshandlung handelt, die zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich Postulationsfähigkeit voraussetzt.57 Andererseits bleibt auch im Anwaltsprozess die Partei Herr des Verfahrens, während der Prozessbevollmächtigte lediglich Vertreter der Partei ist. Insbesondere § 137 Abs. 4, wonach der Partei neben dem Anwalt auf Antrag das Wort zu gestatten ist, und § 141 Abs. 1, wonach das persönliche Erscheinen der Partei zur Sachverhaltsaufklärung angeordnet werden kann, bringen deutlich zum Ausdruck, dass eigene tatsächliche Erklärungen der Partei auch im Anwaltsprozess berücksichtigt werden müssen.58 Widersprechen sich die Äußerungen der Partei und des Anwalts könnte man auf Grund des in § 85 Abs. 1 S. 2 enthaltenen Rechtsgedankens von dem Vorrang des Parteivortrags ausgehen.59 Nach neuerer Ansicht des BGH60 ist jedoch ein Geständnis der Partei im Rahmen einer Anhörung gem. §§ 137 Abs. 4, 141 genauso wenig möglich wie im Rahmen einer Parteivernehmung gem. §§ 445 ff. (vgl. Rdn. 14).61 c) Streithelfer. Der Streithelfer kann ebenfalls ein Geständnis ablegen, solange dieses nicht mit Erklärungen der Hauptpartei in Widerspruch steht (§§ 74 Abs. 1, 67).62 Umgekehrt bindet auch ein bewusst falsches Geständnis der Partei den Streithelfer. Die Bindungswirkung entfällt nur bei offenkundiger Unwahrheit oder betrügeri-
3892 154 BGH NJW 1987, 1947, 1948; BGH VersR 1970, 826, 827; BGH NJW 1962, 1390. 3893 255 OLG Hamm WM 1990, 1105, 1106. 3894 356 Bejahend RG JW 1936, 1778, 1779 mit abl. Anm. Herriger; Bruns ZPR § 38 Rdn. 199; Polyzogopoulos S. 106 f.; Voraufl. § 288 Anm. B III a; verneinend BGHZ 8, 235, 237 f. = NJW 1953, 621, 622 = LM Nr. 1 zu § 288 ZPO mit zust. Anm. Johannsen. 3895 457 So BGH NJW-RR 2006, 672, 673; nach Brehm S. 260 f. können im Anwaltsprozess wirksam Erklärungen nur vom Anwalt abgegeben werden; ebenso Polyzogopoulos S. 107; aA Stein/Jonas/ Bork § 78 Rdn. 53 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 8. 58 3896 5 BGHZ 8, 235, 237 f. = NJW 1953, 621, 622 = LM Nr. 1 zu § 288 ZPO mit zust. Anm. Johannsen; Herriger JW 1936, 1779. 3897 659 Vgl. BGH VersR 1966, 269, 270; dem zustimmend Polyzogopoulos S. 106, allerdings ohne Geständniswirkung mit Bindung des Richters, son-
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dern im Rahmen der freien Beweiswürdigung; BGH VersR 1965, 287, 288; BGH DB 1957, 356; BGH LM Nr. 2 zu § 141 ZPO; aA Brehm S. 262 ff. 3898 760 BGH NJW-RR 2006, 672, 673; aA noch BGH VersR 1966, 269, 270; offenlassend BGHZ 129, 108, 112 = NJW 1995, 1432, 1433. 61 3899 8 Ebenso OLG Köln VersR 2003, 384, 385 (jedenfalls, wenn Anwaltszwang besteht); OLG Hamm NJW-RR 1997, 999; Zöller/Greger Rdn. 3c: Behandlung wie bei der Parteivernehmung; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 4; Hk/Saenger Rdn. 13; Schmidt S. 144 f.; aA OLGR Brandenburg 1997, 326; LG Arnsberg NJW-RR 2003, 1186, 1187; Musielak/Huber Rdn. 7; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 8; Wolf FS Nakamura (1996), S. 685, 689; Orfanides NJW 1990, 3174, 3177. 3900 962 BGH NJW 1976, 292, 293 f. (Widerruf eines Geständnisses der Hauptpartei durch Streithelfer); BGH NJW 1955, 873, 874 f.
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schem Zusammenwirken63 oder wenn der Streithelfer dem Geständnis entgegengetreten ist bzw nicht entgegentreten konnte.64 Das Geständnis eines Streitgenossen bei nicht notwendiger Streitgenossenschaft wirkt nur für diesen, nicht für die anderen Streitgenossen.65
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2. Gegenstand a) Tatsachenbehauptungen. Gegenstand eines Geständnisses können grundsätzlich nur Tatsachenbehauptungen sein. Tatsachen66 iSd des Beweisrechts67 sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Seelenlebens.68 Dazu gehört z.B. die Baulandeigenschaft eines Grundstücks69 oder die Willensrichtung desjenigen, der eine Person in einem Testament mit einem Namen bezeichnet.70 Ein Geständnis iSd § 288 kann sich auch auf Tatsachen beziehen, die sich außerhalb der Wahrnehmungsmöglichkeiten der erklärenden Partei zugetragen haben.71 Dann kann darin aber nur eine Erklärung des Einverständnisses gesehen werden, dass diese Tatsachen zur Urteilsgrundlage gemacht werden.72 Deshalb liegt hier lediglich eine Willenserklärung73 und keine Wissenserklärung vor (vgl. Rdn. 4). Eine derartige Willenserklärung kann nicht auf andere neue Klagegründe erstreckt werden (vgl. zur Klageänderung und Erweiterung Rdn. 52), denen sich die erklärende Partei bei Abgabe der Erklärung noch nicht gegenübersah.74
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b) Auslegung. Dagegen handelt es sich bei der Auslegung nicht um eine Tatsachenfeststellung, sondern um eine nach bestimmten rechtlichen Regeln vorzunehmende Würdigung, die dazu dient, unter mehreren möglichen Bedeutungen einer Willenserklärung deren rechtlich maßgebenden Sinn aufzusuchen und festzulegen.75 Insoweit ist eine Bindung des Gerichts zu verneinen. Auch die übereinstimmende Erklärung der Parteien über die Auslegung eines Rechtsbegriffs oder einer Urkunde kann nicht als maßgebend angesehen werden (vgl. aber Rdn. 33).76
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c) Werturteile und Erfahrungssätze. Werturteilen kommt kein Tatsachenwert zu, so dass ein Geständnis darüber nicht möglich ist.77 Gleiches gilt für das Zugestehen von Erfahrungssätzen78 oder Einzelelementen der Beweiswürdigung79. Die Entschei-
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3901 163 OLG Schleswig NJW-RR 2000, 356; OLG Hamm NJW-RR 1998, 679, 680; LG Arnsberg NJW-RR 2003, 1186, 1187. 3902 264 BGH NJW 1976, 292, 293 f.; Wolf FS Nakamura (1996), S. 685, 690 f. 65 3903 3 OLG Koblenz BB 1971, 1384; Wolf FS Nakamura (1996), S. 685, 690. 3904 466 Zur Abgrenzung zwischen Tat- und Rechtsfrage im Patentverletzungsstreit siehe Ullmann FS Ballhaus (1985), S. 809, 810. 3905 567 Zur Abgrenzung von Subsumtionstatsachen zu den sog. Normtatsachen vgl. Konzen FS Gaul (1997), S. 335 ff.; Seiter FS Baur (1981), S. 573, 579 ff., der zwischen Subsumtionstatsachen und Rechtsfortbildungstatsachen unterscheidet; zu den Normtatsachen siehe auch Sander Normtatsachen im Zivilprozeß (1998). 3906 668 BGH NJW-RR 2003, 1578, 1579; BGH NJW 1981, 1562, 1563; BGH DRiZ 1974, 27. 3907 769 RG JW 1897, 417.
3908 870 BGH NJW 1981, 1562, 1563. 3909 971 BGH NJW 1994, 3109; BGH NJW 1962, 1390, 1391; OLG Hamm NJW-RR 1998, 679, 680; OLG Hamm VersR 1988, 796, 797; vgl. Zöller/ Greger Rdn. 7; aA Orfanides NJW 1990, 3174, 3178. 72 3910 10 BGH NJW 1994, 3109; BGH NJW 1962, 1390, 1391. 73 3911 11 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4. 74 3912 12 BGH NJW 1962, 1390, 1391. 75 3913 13 Vgl. BGH NJW-RR 1989, 1282. 76 3914 14 RG HRR 1932 Nr. 378; aA Schmidt-Hieber S. 72 ff., 128. 77 3915 15 BGHZ 129, 136, 155 = NJW 1995, 1739, 1744; BGHZ 8, 235, 239 = NJW 1953, 621, 622. 78 3916 16 MünchKomm/Prütting Rdn. 19; aA Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 5. 79 3917 17 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7; MünchKomm/ Prütting Rdn. 19.
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dung, ob es sich um eine geständnisfähige Tatsache oder um ein nicht geständnisfähiges Werturteil handelt, ist nicht immer leicht zu treffen. Als geständnisfähig ist z.B. die Höhe einer üblichen Provision anerkannt worden,80 ebenso der Inhalt einer Arbeitsplatzbeschreibung,81 nicht aber die Lebenserwartung,82 nicht die Leistungsfähigkeit,83 nicht die Fortführungsprognose84 und nicht die Frage, ob ein Schriftzug eine Namensunterschrift ist85.
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d) Rechtsansichten. Die rechtlichen Folgerungen, die aus diesen Tatsachen gezogen werden, können ebenfalls nicht Gegenstand eines Geständnisses sein,86 ebenso nicht bloße Rechtsansichten87. Für die Subsumtion der Tatsachen unter einen rechtlichen Tatbestand ist das Gericht zuständig. Die Parteien können die richterliche Tatsachenbeurteilung nur durch ein Anerkenntnis oder einen Verzicht verhindern (vgl. Rdn. 7 f.).88 e) Rechtsverhältnisse und Rechtsbegriffe. Rechtsverhältnisse oder Rechtsbegriffe können grundsätzlich nicht den Gegenstand eines Geständnisses bilden. Sie können allerdings dann als inhaltlich tatsächliches Vorbringen angesehen werden, wenn sie einfach und allgemein bekannt sind,89 soweit der Streit nicht gerade um diesen Rechtsbegriff geht.90 Genau genommen handelt es sich insoweit nicht um Rechtsbegriffe, sondern nur um die synonymen sozialen Begriffe z.B. des „Kaufs“ oder der „Miete“ oder der „Bürgschaft“91, mit denen die Parteien einen tatsächlichen Hergang, wie z.B. den Abschluss eines Kaufvertrags beschreiben.92 Tatsächlichen Umständen stehen demnach Tatsachen in ihrer juristischen Einkleidung gleich, wenn dies durch einen einfachen Rechtsbegriff geschieht, der jedem Teilnehmer des Rechtsverkehrs geläufig ist.93 Dies ist z.B. der Fall, wenn vorgetragen wird, dass eine Partei Eigentümer94 oder ein Vertrag zwischen den Parteien abgeschlossen95 oder wer Vertragspartei sei.96 Die Abnahme eines Werks ist als Rechtsbegriff des täglichen Lebens geständnisfähig,97 ebenso die Rechtsnachfolge,98 die Eigenschaft als Erbe oder Pflichtteilsberechtigter,99 die Kommanditistenstellung unter Kaufleuten,100 eventuell die Kaufmannseigenschaft,101 in Ausnahmefällen auch das Bestehen einer Forderung102. Bei dem Begriff der Schenkung kommt es auf den Einzelfall an.103 3918 180 RG JW 1907, 264 Nr. 26 spricht von Tatsachenurteil. 3919 281 BAG AP Nr. 1 zu § 288 ZPO. 3920 382 RGZ 64, 33, 34. 3921 483 BGH NJW 1989, 1083, 1084. 3922 584 BGHZ 129, 136, 155 = NJW 1995, 1739, 1744. 85 3923 6 BGH NJW 1978, 1255. 86 3924 7 BGH FamRZ 1958, 275, 276 (Nichtigkeit des Erbvertrags); RGZ 10, 364, 365 f.; aA Schönke/ Kuchinke ZPR § 49 I. 3925 887 BGH GRUR 2000, 886, 887 (rechtserhaltende Benutzung einer Marke nach § 26 MarkenG ist Rechtsfrage); BGH VersR 1978, 643; RG JW 1908, 44 f. 88 3926 9 Vgl. auch Wolf S. 62 ff., der sich für ein beschränktes Anerkenntnis bezüglich aller Rechte und Rechtsverhältnisse ausspricht; Würthwein S. 16. 89 3927 10 BGH NJW-RR 2003, 1578, 1579; BGH NJW-RR 1987, 416; BGH WM 1980, 193, 194; BGH NJW 1958, 1968; RGZ 161, 243, 247; RGZ 10, 364, 365; RGZ 35, 409, 411; RG JW 1902, 128; OLG Köln VersR 1996, 1520, 1521. 90 3928 11 RGZ 35, 409, 411 f.; RGZ 32, 407, 409.
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91 3929 12 BGH WM 1980, 193, 194. 92 3930 13 So zu Recht Henke ZZP 81 (1968), 196, 219; vgl. jedoch Würthwein S. 21 mwN, wonach der juristische Ausdruck zwar praktisch mit dem Ausdruck für den tatsächlichen Vorgang übereinstimmt, es sich aber dennoch um eine reine Rechtsaussage handle (S. 75). 93 3931 14 BGHZ 135, 92, 95 = MDR 1997, 724, 725. 94 3932 15 Vgl. BGH NJW 1958, 1968; RGZ 58, 54 (Zugeständnis des Eigentumsrechts); OLG Koblenz NJW-RR 1993, 571, 572, allerdings im konkreten Fall verneinend. 95 3933 16 BGH WM 1980, 193, 194; BGH NJW 1958, 1968; OLG Köln VersR 1996, 1520, 1521. 96 3934 17 BGH NJW-RR 2006, 281, 282; BGH NJW-RR 2003, 1578, 1579. 97 3935 18 OLG Frankfurt NJW-RR 1994, 530, 531. 98 3936 19 BGHZ 135, 92, 95 = MDR 1997, 724, 725; OLGR Hamm 1995, 50 f. 99 3937 20 BGH LM Nr. 1 zu § 260 BGB. 100 3938 21 BGH NJW-RR 1987, 416. 101 3939 22 BGH NJW 1997, 397, 399 lässt dies offen. 102 3940 23 BGH NJW 1974, 1865, 1866.
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Nicht zugestanden werden können dagegen schwierige Rechtsfragen, denn dann steht die rechtliche Beurteilung im Vordergrund, wie bei der Frage, ob ein Vertrag gegen die guten Sitten verstößt und deshalb nichtig ist.104 Nicht geständnisfähig ist auch die Frage der Kraftfahrzeughaltereigenschaft,105 oder die Eigenschaft als Schiffseigner106. Auch die rechtliche Aufarbeitung des Tatsachenvortrags in Form eines Rechenwerks, wie z.B. die Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung, ist einem prozessualen Geständnis nicht zugänglich.107 Ein Geständnis iSd § 288 kann sich auch auf präjudizielle Rechtsverhältnisse beziehen,108 jedoch nur für denselben Prozess.109 Der Umweg über einen Teilvergleich oder eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2) mit Anerkenntnis des Beklagten110 muss hier nicht gegangen werden.111
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3. Erklärung Ein Geständnis iSd § 288 beinhaltet die Erklärung einer Prozesspartei, dass die von der Gegenseite behaupteten Tatsachen wahr sind.112 Es kann sich also nur auf die vom Gegner erklärten, für die Prozesspartei ungünstigen113 Tatsachenbehauptungen beziehen.114 Es bedarf insoweit einer Erklärung, die unzweifelhaft zum Ausdruck bringt, dass die Behauptungen zugestanden werden sollen.115 Diese muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kann sich auch aus der Gesamtwürdigung des Parteivortrags konkludent ergeben.116 Das Verhalten des Gegners, aus dem ein Geständnis hergeleitet werden soll, unterliegt als Prozesshandlung der freien Auslegung des Gerichts. Dabei ist das gesamte Verhalten der Partei vor und während des Rechtsstreits zu berücksichtigen.117 So ist nach Ansicht des BGH die Geltendmachung der Aufrechnung und des dadurch eintretenden Erlöschens der Klageforderung im Prozess als Zugeständnis der den Klageanspruch begründenden tatsächlichen Behauptungen iSd § 288 anzusehen.118 Die Erklärung selbst ist daher an keinen bestimmten Wortlaut gebunden, der Ausdruck „Geständnis“ muss nicht verwendet werden.119 Formulierungen wie „die Tatsache steht fest“, „die Parteien sind sich darüber einig“, „es beruht im Parteieinverständnis“, „es wird eingeräumt“, „es wird als wahr anerkannt“, „es wird bejaht“, „es wird für richtig erklärt“, deuten in der Regel auf ein Geständnis hin.120 103 3941
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Verneinend BGH NJW 1992, 906 f. und BGH NJW 1987, 122, 124 bei der Frage einer Schenkung im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. 104 23942 BGH NJW 1958, 1968. 105 3943 3 RG SeuffArch 88 (1934) Nr. 10. 106 43944 OLG Schwerin NJ 1952, 90, 91. 107 53945 OLGR Zweibrücken 2001, 362, 364. 108 63946 BGH NJW-RR 2003, 1578, 1579; BAG NJW 1996, 1299, 1300; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 11 Rdn. 5; Würthwein S. 131 f.; SchmidtHieber S. 74; aA Zöller/Vollkommer Vor §§ 306, 307 Rdn. 2; Häsemeyer ZZP 85 (1972), 207, 228, der Parteivereinbarungen über präjudizielle Rechtsverhältnisse für unzulässig hält. 109 3947 7 BAG NJW 1996, 1299, 1300. 110 3948 8 Zur Zulässigkeit von beschränkten Anerkenntnissen vgl. Schmidt-Hieber S. 64 ff. 111 93949 Vgl. Baur FS Bötticher (1969), S. 1, 5, der eine Bindung des Richters auch für den Bereich zwingenden Rechts annimmt, außer bei einem Ver-
stoß gegen den ordre public, S. 10; Brehm S. 98; vgl. auch Wolf S. 62 f. 112 3950 10 BGH NJW-RR 1995, 1340, 1341; BGH NJW 1994, 3109; BGH NJW 1983, 1496, 1497; BGH JZ 1962, 252; so schon Bülow AcP 88 (1898), 317, 357. 113 3951 11 AA Schneider MDR 1991, 297, 298. 114 3952 12 RAGE 14, 236, 241; aA Orfanides FS Baumgärtel (1990), S. 427 ff., 437: ein Erfordernis der gegnerischen Behauptung besteht nicht. 115 3953 13 RG JW 1934, 412. 116 3954 14 BVerfG NJW 2001, 1565 (konkludenter Geständniswille); BGH MDR 1980, 45, 46; OLG Köln NJW-RR 1993, 573. 117 3955 15 BAG AP Nr. 2 zu § 18 BSeuchG. 118 3956 16 BGH NJW-RR 1996, 699 f. = WuB VII A § 288 1.96 mit abl. Anm. Batereau; MünchKomm/ Prütting Rdn. 30; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 5; aA RGZ 167, 257, 258; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10. 119 3957 17 OLG Köln ZIP 1985, 436, 437.
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Bloßes Nichtbestreiten oder Stillschweigen121 bzw Nichteingehen auf die Tatsachenbehauptungen genügt jedoch nicht.122 Unter Umständen kann ein Geständnis auch in der Äußerung liegen, dass die Ausführungen des Gegners nicht bestritten werden sollen.123 Allerdings haben derartige Erklärungen zunächst nur einen negativen Inhalt. Deshalb müssen zur Umdeutung in ein positives Geständnis noch weitere Umstände hinzutreten.124 In dem Widerruf einer Behauptung kann zugleich das Geständnis der Unwahrheit der widerrufenen Behauptung liegen, wenn die Parteien übereinstimmend von der Unwahrheit der Tatsache ausgehen.125 Im Regelfall liegt aber im Aufgeben einer Behauptung kein Geständnis.126 Die Erklärungen beider Parteien müssen sich im Wesentlichen decken,127 auch Teilgeständnisse sind möglich.128 Nur soweit die Übereinstimmung reicht, liegt ein Geständnis vor,129 wobei bei Gesamttatsachen die einzelnen Tatsachen nicht näher angegeben zu werden brauchen. Enthält bereits eine Erklärung Widersprüche, so kann kein Geständnis vorliegen, solange die Widersprüche nicht aufgelöst werden. Ohne Bedeutung ist es, in welchem Zusammenhang eine Partei Tatsachen zugesteht und ob ihr das Zugestehen überhaupt bewusst ist.130 Ein Geständniswille131 in dem Sinn, dass das Zugestandene vom Gericht als Urteilsgrundlage verwendet werden kann, ist jedoch erforderlich.132 Ein gerichtliches Geständnis kann sich grundsätzlich nur auf Behauptungen beziehen, die die Gegenpartei vorgetragen hat.133 Bringt die Partei ihr Ungünstiges vor, ohne dass der Gegner sich dazu bisher geäußert hat, handelt es sich lediglich um nachteiligen Parteivortrag.134 Ein solcher für die eigene Partei ungünstiger Vortrag kann jedoch dadurch zum Geständnis werden, dass er von der Gegenseite aufgegriffen und zum Bestandteil ihres Vortrags gemacht wird. Der Behauptung kommt Geständniswirkung in einem solchen Fall erst dann zu, wenn der Gegner diese zu seiner eigenen macht (sog. antizipiertes Geständnis)135 und darüber vorbehaltlos verhandelt
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Vgl. auch RG JW 1905, 25; weitere Beispiele bei Bülow AcP 88 (1898), 317, 349. 121 3959 2 Bülow AcP 88 (1898), 317, 323. 122 3960 3 BVerfG NJW 2001, 1565; BGHZ 140, 156, 157 = NJW 1999, 579, 580; BGH NJW 1994, 3109; BGH NJW 1991, 1683; BGH NJW 1983, 1496, 1497; RG JW 1912, 592, 593. 123 43961 BGHZ 140, 156, 157 = NJW 1999, 579, 580; BGH NJW 1987, 1947, 1948; BGH NJW 1983, 1496, 1497; BGH JZ 1962, 252; RG JR 1926 Nr. 732; RG JW 1912, 592, 593; OLG Köln JurBüro 1975, 1251. 124 3962 5 BVerfG NJW 2001, 1565; BGH NJW 2006, 2181, 2182; BGH NJW 1994, 3109; BGH NJW 1987, 1947, 1948; BGH NJW 1983, 1496, 1497; BGH MDR 1980, 45, 46; BGH JZ 1962, 252; RG JW 1912, 592, 593; OLG Köln NJW-RR 1997, 213 (richterlicher Hinweis auf fehlende substantiierte Einwände). 125 3963 6 Vgl. RG Warn 1914 Nr. 234, das zwar nicht von einem Geständnis spricht, aber dem Gericht die Möglichkeit abspricht, eine Tatsache als erwiesen anzusehen, obwohl bei beiden Parteien Einverständnis über die Unwahrheit besteht. 126 73964 RG JR 1926 B 732.
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127 3965
8 Schönke/Kuchinke ZPR § 49 II. 128 93966 RG Warn 1930 Nr. 126. 129 3967 10 AA Orfanides FS Baumgärtel (1990), S. 427, 428 ff. 130 3968 11 BGH LM Nr. 8 zu § 419 BGB; BGH VersR 1996, 583, 584; BGH NJW 1981, 1562, 1563. 131 3969 12 BVerfG NJW 2001, 1565; BGH NJW 2001, 2550, 2551; BGH NJW 1991, 1683; Musielak/Huber Rdn. 8; Hülsmann NJW 1997, 617, 621; Wolf FS Nakamura (1996), S. 685, 693. 132 3970 13 BGH NJW 1991, 1683; Hülsmann NJW 1997, 617, 621; Wolf FS Nakamura (1996), S. 685, 693. 133 3971 14 BGH NJW 1990, 392, 393; BGH NJW 1978, 884, 885. 134 3972 15 Zöller/Greger Rdn. 3a. 135 3973 16 BGH NJW 2004, 513, 515 f.; BGH NJW-RR 1994, 1405; BGH WM 1994, 525, 526; BGH NJW 1990, 392, 393; OLG Frankfurt NJW-RR 1994, 530, 531; RG Warn 1917 Nr. 95; vgl. aber den Fall von BGH NJW-RR 2004, 284 f., dazu Orfanides FS Baumgärtel (1990), S. 427, 429 ff., der eine Erklärung des Gegners für nicht erforderlich hält; aA Zöller/Greger Rdn. 3a, der eine vorhergehende Behauptung des Gegners fordert.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 288
wird.136 Wird aber die Behauptung vor der mündlichen Verhandlung oder bevor sich der Gegner diese zu Eigen macht137 widerrufen, kann das Vorbringen keine Bedeutung für § 288 gewinnen.138 Die Geständniswirkung kann daher nur eintreten, wenn sich beide Behauptungen deckungsgleich in wenigstens einer mündlichen Verhandlung gegenüberstanden.139 Auch die übereinstimmende Erklärung der Parteien über einen tatsächlichen Vorgang erfüllt den Tatbestand eines Geständnisses.140
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4. Gerichtlich Ein gerichtliches Geständnis liegt nur dann vor, wenn dieses in einer mündlichen Verhandlung vor dem Prozessgericht oder zu Protokoll des beauftragten oder ersuchten Richters (z.B. § 355 Abs. 1 S. 2) abgelegt worden ist.141 Dagegen sind Geständnisse, die in einem anderen Rechtsstreit142 oder in einem vorbereitenden Schriftsatz143 oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgelegt worden sind, keine Geständnisse iSd § 288 und können als außergerichtliche Geständnisse angesehen werden (vgl. dazu Rdn. 15 f.),144 ebenso ein nur dem Gegner gegenüber erklärtes Geständnis. Dagegen kann die Bezugnahme auf einen Schriftsatz in der mündlichen Verhandlung gem. § 137 Abs. 3 als Geständnis der darin enthaltenen Erklärungen angesehen werden.145 Dies kann auch in Form einer stillschweigenden Bezugnahme geschehen.146 So kann die Bezugnahme auf ein Mängelbeseitigungsanerbieten als Geständnis der Mängelverursachung betrachtet werden.147 Das in der Güteverhandlung abgegebene Geständnis ist kein solches iSd § 288, da die Güteverhandlung noch nicht die mündliche Verhandlung darstellt, sondern dieser vorgeschaltet ist (vgl. § 278 Abs. 2).148 Dies gilt auch für ein zu Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters im Rahmen der Güteverhandlung abgegebenes Geständnis (vgl. § 278 Rdn. 50). Das Geständnis kann in jedem Termin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erklärt werden (§ 296a), aber auch noch in einem nachgelassenen Schriftsatz149 sowie in der Berufungsinstanz, allerdings lediglich in den Grenzen der §§ 529, 531. Nur ausnahmsweise sollte ein Geständnis in der Revisionsinstanz aus prozessökonomischen Gründen in den Grenzen des § 559 zugelassen werden, wenn dies einer abschließenden Sachentscheidung dient.
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1
BGH NJW 1978, 884, 885; BGH NJW 1990, 392, 393 = MDR 1990, 324; BGH NJWE-MietR 1997, 150; OLG Frankfurt NJW-RR 1994, 530, 531. 137 3975 2 RG SeuffArch 54 (1899), 346, 347. 138 3976 3 BGH NJW 1968, 2373; BGH VRS 31, 404, 406 139 43977 BGH NJW 1978, 884, 885; dazu auch BGH NJW 1990, 392, 393. 140 53978 BGH NJW 1992, 2818, 2820; RG SeuffArch 73 (1918) Nr. 231. 141 63979 Vgl. OLG Koblenz MDR 2006, 871, wonach sich die Parteien in mindestens einer mündlichen Verhandlung über eine Frage tatsächlicher Art einig sein müssen. 142 73980 BGH NJW-RR 2004, 1001 (Strafverfahren); BGH VersR 1985, 83, 85; BAG NJW 1996, 1299, 1300 (keine Bindung für den späteren Prozess); OLG Koblenz Urt. v. 18.1.2007 – 6 U 536/06
(Strafverfahren); OLG Bamberg NJW-RR 2003, 1223 (Strafverfahren); OLG Hamm VersR 2002, 992, 993. 143 3981 8 BGH NJW 1997, 397, 399. 144 3982 9 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 278. 145 3983 10 BGH NJW-RR 1999, 1113; OLGR Köln 2003, 90; OLG Celle BauR 1996, 263 (Verhandlung auf der Grundlage des schriftsätzlichen Zugeständnisses); OLG Hamm WM 1990, 1105, 1106 f.; Deubner JuS 2000, 271, 274. 146 3984 11 BGH NJW-RR 1999, 1113; OLGR Zweibrücken 2005, 98 f. 147 3985 12 OLG Hamm NJW-RR 1997, 405. 148 3986 13 Für das arbeitsgerichtliche Güteverfahren BAG AP Nr. 27 zu § 138 BGB = BB 1968, 708. 149 3987 14 Meyke Darlegen und Beweisen im Zivilprozeß2 (2001) Rdn. 16.
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§ 288
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Das Geständnis kann auch in Abwesenheit des Gegners erklärt werden, da eine Annahme gem. § 288 Abs. 2 nicht erforderlich ist. Im schriftlichen Verfahren (§§ 128 Abs. 2, 251a, 331a) bzw dem mit freigestellter mündlicher Verhandlung steht das schriftsätzlich erklärte dem mündlich abgegebenen Geständnis gleich.150 Es ist mit dem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht abgegeben. Die Aufnahme des Geständnisses in das Protokoll ist nur vor dem beauftragten oder ersuchten Richter,151 nicht aber vor dem Prozessgericht eine Wirksamkeitsvoraussetzung.152 Wird das Geständnis entgegen §§ 162 Abs. 1, 160 Abs. 3 Nr. 3 nicht nach vorläufiger Aufzeichnung des Protokolls vorgelesen und genehmigt, hindert dies seine Wirksamkeit nicht.153 Es kann nicht wegen Verspätung gem. § 296 zurückgewiesen werden, da möglicherweise dadurch eine Beweisaufnahme erspart wird, aber keinesfalls eine Verzögerung eintritt.
V. Wirkung
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Dem gerichtlichen Geständnis kommt eine doppelte Wirkung zu. Es macht zunächst das Zugestandene ohne Weiteres zur Urteilsgrundlage und ist insoweit Ausdruck des Verhandlungsgrundsatzes. Darüber hinaus bindet es die Partei an ihr Wort, indem es für einen Widerruf gem. § 290 den Nachweis der Unwahrheit und des Irrtums verlangt.154 1. Bindungswirkung
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Das Geständnis wirkt sich auf die Beweisbedürftigkeit der von einer Partei behaupteten Tatsache aus. Das Gericht darf bei einem wirksamen Geständnis die Wahrheit155 der zugestandenen Tatsachen nicht durch eigenes Urteil nachprüfen.156 Das Gericht ist an das Geständnis gebunden und kann nicht nach freier Überzeugung über das Vorliegen der Tatsachen entscheiden. So hat es eine Tatsache, die von den Parteien übereinstimmend vorgetragen wird, als wahr zu unterstellen.157 Die bindende Wirkung eines Geständnisses tritt daher unabhängig von der Wahrheitspflicht ein. Auch ein bewusst unwahres Geständnis ist grundsätzlich wirksam.158 Das Geständnis entfaltet nur für den jeweiligen Rechtsstreit Wirkung159 und zwar für alle Instanzen, auch für die Berufungsinstanz (§ 535)160 und die Revisionsinstanz 150 3988
1 Vgl. Jauernig ZPR § 44 II. 151 23989 BGH NJW-RR 2003, 1578, 1579. 152 33990 BGH VersR 1996, 583, 584. 153 43991 BGH NJW 1994, 3109. 154 53992 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1297, 1298. 155 63993 Vgl. Schoofs S. 165, nach dessen Ansicht das Gericht „unangesehen der Wahrheit“ urteilt. 156 73994 RG JW 1912, 683; RG Warn 1907–1908 Nr. 185; Arens S. 195. 157 83995 LG Berlin NJW 1978, 1061; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 111 Rdn. 13; Wolf FS Nakamura (1996), S. 685, 687 f. (Vorrang der Parteiautonomie vor der Wahrheitspflicht); Würthwein S. 58, der den Parteien ein Dispositionsrecht über Tatsachen zugesteht; aA Cahn AcP 198 (1998), 35, 69, soweit es um die Derogation zwingenden materiellen Rechts geht; Olzen ZZP 98 (1985), 403,
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415 ff., 420; Scherer DRiZ 1996, 58, 61, die eine Beweisaufnahme für möglich hält, wenn das Gericht Zweifel an der Wahrheit der übereinstimmend vorgetragenen Tatsachen hat. 158 3996 9 BGHZ 129, 108, 111 = NJW 1995, 1432, 1433; BGH VersR 1970, 826, 827; BGHZ 37, 154, 155 = NJW 1962, 1395; Arens S. 295; Schoofs S. 165 f.; Wolf S. 68; aA Olzen ZZP 98 (1985), 403, 421, der den Begriff des Geständnisses auf nach Überzeugung des Gestehenden wahre Tatsachen beschränken will. 159 3997 10 BGH NJW 2006, 154, 157; BGH NJW-RR 2004, 1001; BAG NJW 1996, 1299, 1300. 160 3998 11 BGH NJW-RR 1999, 1113, 1114; vgl. OLG Köln FamRZ 2000, 1026 (LS), Urt. v. 27.4.1999 – 25 U 10/98; OLG Düsseldorf MDR 2000, 1211.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 288
(vgl. § 559).161 Ein Geständnis mit der Einschränkung „für die erste oder diese Instanz“ ist grundsätzlich unwirksam (vgl. Rdn. 5). Die Wirkung des Geständnisses ist aber auf den jeweiligen Streitgegenstand bezogen. Durch eine Klageänderung, eine nachträgliche Klagenhäufung oder Widerklage verliert ein vorher abgegebenes Geständnis bezüglich der neu eingeführten prozessualen Ansprüche wegen des Willenselements des Geständnisses seine Bindungswirkung.162 Ein Geständnis wird hinfällig, wenn die beweisbelastete Partei ihre Erklärung zurücknimmt.163 Mit Zustimmung des Gegners ist die Zurücknahme des Geständnisses bis zum Ende der mündlichen Verhandlung erster Instanz möglich (vgl. § 290 Rdn. 10). Eine einseitige Zurücknahme des Geständnisses ist nur unter den Voraussetzungen des § 290 zulässig. Im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess gilt das im Vorverfahren abgegebene Geständnis auch im Nachverfahren.164 Die die Klage begründenden Tatsachen bedürfen dort keiner Belegung durch Urkunden, soweit ein Geständnis vorliegt.165
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2. Grenzen der Bindungswirkung Die Partei kann im Rahmen des § 288 auch Tatsachen zugestehen, die außerhalb ihrer eigenen Wahrnehmung liegen (vgl. Rdn. 29) oder von deren Gegenteil sie Kenntnis hat oder deren Gegenteil sie zumindest für möglich hält (vgl. Rdn. 51). Die bindende Wirkung solcher Geständnisse steht insoweit in einem Spannungsverhältnis zur Wahrheitspflicht der Parteien (§ 138 Abs. 1) sowie der freien richterlichen Beweiswürdigung.166 Es ist hierbei umstritten, in welchem Umfang eine Disposition über Tatsachengrundlagen möglich ist.167 Letztendlich lässt das Gesetz diese Parteidisposition mit der strengen Bindungswirkung ohne Einschränkung zu,168 so dass diese lediglich auf Grund allgemeiner Rechtsgedanken in den folgenden Ausnahmefällen durchbrochen werden kann. So kann ein Geständnis keine Wirkung entfalten, wenn es offenkundigen Tatsachen widerspricht.169 Es bleibt gegenüber Gerichtskundigkeit und Allgemeinkundigkeit unbeachtlich.170 Auch bei betrügerischem Zusammenwirken von dem Beklagten mit dem Kläger entfaltet das Geständnis zu Lasten Dritter, wie z.B. der Haftpflichtversicherung,171
161 13999 MünchKomm/Prütting Rdn. 34. 162 24000 BGH VersR 1970, 826, 827; BGH NJW 1962, 1390, 1391 (Geständnis nicht ohne Weiteres auf neuen Klagegrund übertragbar); Stein/Jonas/ Leipold21 Rdn. 20; Roth ZZP 103 (1990), 5, 12. 163 4001 3 Vgl. OLG Kassel ZZP 39 (1909), 514, 515. 164 44002 OLG Saarbrücken MDR 2002, 109. 165 54003 BGHZ 62, 286, 289 ff. = NJW 1974, 1199 f. = WM 1974, 487, 488 f.; RG JW 1905, 344; OLG München MDR 2004, 531. 166 64004 MünchKomm/Prütting Rdn. 3. 167 4005 7 Vgl. zum Streitstand MünchKomm/Prütting Rdn. 3; für eine Dispositionsmöglichkeit die h.M.: BGH VersR 1970, 826, 827; BGHZ 37, 154, 155 = NJW 1962, 1395; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 23; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 7; Pawlowski MDR 1997, 7 ff.; gegen eine Dispositionsmöglichkeit der Parteien Scherer DRiZ 1996, 58,
61 f.; für eine beschränkte Dispositionsmöglichkeit AK/Rüßmann vor § 288 Rdn. 4 f. 168 84006 MünchKomm/Prütting Rdn. 4. 169 4007 9 BGHZ 37, 154, 156 = NJW 1962, 1395; BGH NJW 1979, 2089; OLG Schleswig NJW-RR 2000, 356; Arens S. 295; weitergehend Cahn AcP 198 (1998), 35, 69, auch wenn es um die Derogation zwingenden materiellen Rechts geht; Schoofs S. 166; vgl. dazu Pawlowski MDR 1997, 7, 8; aA Grunsky Grundlagen § 20 I (S. 187); SchmidtHieber S. 42 ff. 170 4008 10 Brüggemann Judex statutor und judex investigator (1968), S. 337; Stein Das private Wissen des Richters (1893), S. 167 f. 171 4009 11 OLG Schleswig NJW-RR 2000, 356; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 606; Olzen ZZP 98 (1985), 403, 421. Die Möglichkeiten des Schutzes der Haftpflichtversicherung behandelt Wolf FS Nakamura (1996), S. 685, 691 ff.
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§ 289
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
keine prozessuale Wirkung und enthebt den beweisbelasteten Kläger nicht seiner Beweispflicht.172 Dasselbe gilt, wenn die behauptete Tatsache unmöglich ist.173 Da das Geständnis kein Beweismittel ist, sondern einen Dispositionsakt enthält, greifen die Beweisverwertungsverbote, die für rechtswidrig erlangte Beweismittel gelten, nicht für das Geständnis (zur Möglichkeit der Beseitigung bei Drohung vgl. § 290 Rdn. 19).174 3. Verfassungsrechtliche Überprüfbarkeit
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Hat die Anwendung der §§ 288, 290 im konkreten Einzelfall wegen ihrer weitreichenden Wirkung die gleichen einschneidenden Folgen wie eine Präklusionsvorschrift, unterliegt die Entscheidung wegen einer möglichen Verletzung des rechtlichen Gehörs ebenfalls einer strengen verfassungsrechtlichen Kontrolle, die über eine bloße Willkürkontrolle hinausgeht.175 Aus diesem Grund kommt, wenn gegen die Entscheidung ein Rechtsbehelf nicht gegeben ist, die Anhörungsrüge gem. § 321a in Betracht.176
§ 289 Zusätze beim Geständnis (1) Die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses wird dadurch nicht beeinträchtigt, dass ihm eine Behauptung hinzugefügt wird, die ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel enthält. (2) Inwiefern eine vor Gericht erfolgte einräumende Erklärung ungeachtet anderer zusätzlicher oder einschränkender Behauptungen als ein Geständnis anzusehen sei, bestimmt sich nach der Beschaffenheit des einzelnen Falles. Schrifttum Gsell Die Beweislast für den Inhalt der vertraglichen Einigung, AcP 203 (2003), 119; Kitz Das sogenannte qualifizierte Geständnis und seine Bedeutung für die Beweislast, 1913; Musielak Die Grundlagen der Beweislast im Zivilprozeß, 1975; Rosenberg Die Beweislast, 5.Aufl. 1965; ders. Die Lehre vom sog. qualifizierten Geständnisse – Die Verteilung der Beweislast bei Streit über den Abschluß und den Inhalt eines Vertrages, AcP 94 (1903), 1; Schmidt Teilbarkeit und Unteilbarkeit des Geständnisses im Zivilprozeß, 1972.
4010 1172 BGH NJW 1978, 2154, 2157; BGH VersR 1970, 826, 827; OLG Schleswig NJW-RR 2000, 356; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 606; OLG Frankfurt VersR 1978, 260; vgl. Scherer DRiZ 1996, 58, 59, die die Feststellung von kollusivem Zusammenwirken in den seltensten Fällen für möglich hält. Pawlowski MDR 1997, 7, 8 sieht den Grund für diese Ausnahme in der Aufgabe des Richters, rechtswidriges Verhalten auszuschließen. 173 24011 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 13; Arens S. 295.
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174 4012 3 AA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 9; Orfanides S. 98 f., der allerdings das Geständnis als Beweismittel auffasst und dieses als rechtswidrig erlangt ansieht; Peters ZZP 76 (1963), 145, 152, der ein absolutes Verwertungsverbot erpresster Geständnisse für alle gerichtlichen Verfahren annimmt und dies aus Art. 1, 2 GG sowie § 136a StPO herleitet. 175 44013 BVerfG NJW 2001, 1565. 176 54014 Zöller/Vollkommer § 321a Rdn. 9.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 289
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
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II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Zusätze zum Geständnis . . . . . 1. Angriffs- und Verteidigungsmittel .
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Rdn 2. Andere Zusätze oder Einschränkungen . . . . . . . . . . . . 3. Abgrenzung von Abs. 1 und Abs. 2 4. Folgen der Zusätze . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte Die ursprünglich in § 262 enthaltene Regelung wurde durch die Bekanntmachung von 18981 unverändert zu § 289.
1
II. Normzweck § 289 behandelt die Fälle des sog. modifizierten Geständnisses. Darunter ist ein Geständnis zu verstehen, das neben dem Zugestehen einer Tatsache noch andere Zusätze oder Einschränkungen enthält.2 Die Regelung stellt klar, dass entgegen dem damaligen französischen Recht (Art. 1356 CC) die Unteilbarkeit des gerichtlichen Geständnisses im deutschen Zivilprozess nicht gelten soll. Deshalb bestimmt § 289, dass die Wirksamkeit eines gerichtlichen Geständnisses nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass diesem eine Behauptung hinzugefügt wird, die ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel enthält. Die Würdigung, ob und inwieweit bei anderen zusätzlichen oder einschränkenden Behauptungen ein Geständnis vorliegt, ist dem Gericht vorbehalten und je nach der Beschaffenheit des Falles zu entscheiden.
2
III. Zusätze zum Geständnis Sowohl § 289 Abs. 1 als auch Abs. 2 enthalten Regelungen über die Frage, welche Auswirkungen Zusätze oder Einschränkungen zum Geständnis auf dieses Geständnis haben. Sie unterscheiden jedoch bezüglich der Art der Zusätze. § 289 Abs. 1 betrifft Angriffs- und Verteidigungsmittel, § 289 Abs. 2 andere Zusätze. Hierbei ist zu beachten, dass nur die für den Erklärenden ungünstigen Tatsachen zugestanden werden können (vgl. § 288 Rdn. 36), die Zusätze des Zugeständnisses aber für den Erklärenden in der Regel günstige Tatsachen enthalten.
3
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1. Angriffs- und Verteidigungsmittel Gesteht der Gegner die von der anderen Partei behauptete Tatsache zwar zu, ergänzt dieses Vorbringen aber mit einem selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmittel, wie z.B. rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen,3 dann können beide Teile voneinander getrennt betrachtet werden. Dies hat zur Folge, dass die den Klagegrund betreffende Tatsache als zugestanden anzusehen ist, während das hinzugefügte Angriffs- oder Verteidigungsmittel, wenn dieses der zugestehenden Partei günstig ist, von dieser auch zu beweisen ist. 1 14015 RGBl S. 410, 464. 2 24016 Vgl. dazu Rosenberg AcP 94 (1903), 1 und 33.
3 34017 Schönke/Kuchinke ZPR § 49 III.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Beklagte den von dem Kläger behaupteten Abschluss eines Darlehensvertrags zugestanden hat, aber seine Erklärung mit einem selbständigen Verteidigungsmittel, der späteren Abänderung des Darlehensvertrags in einen Gesellschaftsvertrag, verbunden hat,4 oder wenn die zur Verfügungstellung eines Geldbetrags zugestanden, aber die Rückzahlungspflicht bestritten wird.5 Auch das Zugestehen einer Vertragsänderung, bei dem zugleich der Inhalt der Vertragsänderung bestritten wird, unterliegt § 289 Abs. 1,6 ebenso wenn der Vertragsschluss zugestanden, aber behauptet wird, dass nicht im eigenen Namen gehandelt wurde.7 2. Andere Zusätze oder Einschränkungen
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Handelt es sich um andere zusätzliche oder einschränkende Behauptungen, hat das Gericht die Frage nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob und inwieweit eine vor Gericht abgegebene einräumende Erklärung trotz zusätzlicher oder einschränkender Behauptungen als Geständnis zu werten ist.8 Mit „der Beschaffenheit des Falles“ meint § 289 Abs. 2 die auf den einzelnen Fall anzuwendenden Beweislastregeln.9 Die Zusätze beziehen sich hier auf denselben Tatbestand,10 nicht auf den Tatbestand eines selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmittels iSv § 289 Abs. 1. Wie derartige Zusätze zu einem Geständnis zu beurteilen sind, ist durch Auslegung der jeweiligen Erklärung zu ermitteln. Danach ist zu entscheiden, ob der Gegner des Zugeständnisses dadurch von dem Beweis seiner Behauptung völlig oder nur teilweise befreit ist. Das Hinzufügen rechtlicher Ansichten ist bedeutungslos.11 Gleiches gilt für lediglich erläuternde oder beschönigende Zusätze.12 Die Fälle des § 289 Abs. 2 werden zum Teil als qualifiziertes Bestreiten bzw motiviertes Leugnen bezeichnet, weil das Zugeständnis durch den Zusatz nicht den gesamten klagebegründenden Tatbestand, sondern nur einen Teil betrifft.13 Diese Bezeichnungen sind insoweit missverständlich, als man daraus den Schluss ziehen könnte, dass in diesen Fällen kein Geständnis vorliegt.14 Solange aber die einräumende Erklärung zumindest bezüglich eines Tatbestandsmerkmals mit der Behauptung des Gegners übereinstimmt, ist auch darin ein Geständnis iSd § 288 zu sehen.15 Nur wenn das Zugeständnis durch den Zusatz quasi wieder aufgehoben wird, liegt kein Geständnis vor. Inwieweit der Gegner durch das Zugeständnis eines Beweises seiner Behauptung enthoben ist, ist eine Frage des Umfangs des Geständnisses und der Beweislast. In den Fällen des § 289 Abs. 2 trägt der Kläger weiterhin die Beweislast für die nicht zugestandenen klagebegründenden Behauptungen.
4 14018 OLGR Saarbrücken 2001, 209, 210 f.; Rosenberg S. 262: die Beweislast für die nachfolgende Änderung trägt der Beklagte. 4019 5 2 RG Warn 1934 Nr. 191. 4020 6 3 Vgl. BGH NJW 1995, 49, 50 mit Anm. Messer WuB VII A § 286 ZPO 1.95 und Reineke IBR 1995, 148. 7 44021 BGH LM Nr. 1 zu § 517 ZPO; OLG Stuttgart MDR 1954, 415, 416; vgl. auch Rosenberg S. 247, 315 ff.; ders. AcP 94 (1903), 1, 121 ff. 8 54022 RG JW 1897, 461 Nr. 14.
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9 64023 Rosenberg S. 270; Schmidt S. 130. 4024 710 Jauernig ZPR § 44 I. 4025 811 Vgl. RG JW 1897, 461. 12 4026 9 Kitz S. 56. 13 4027 10 Vgl. Jauernig ZPR § 44 I. 14 4028 11 Vgl. etwa Schönke/Kuchinke ZPR § 49 III; siehe auch Rosenberg AcP 94 (1903), 1 f. 15 4029 12 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 12; Schmidt S. 130 f.; vgl. das Beispiel von Jauernig ZPR § 44 I.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 289
3. Abgrenzung von Abs. 1 und Abs. 2 Letztendlich entscheidet die Frage der Beweislast darüber, ob ein Fall des § 289 Abs. 1 − hier trägt die zugestehende Partei die Beweislast für den Zusatz − oder ein Fall des § 289 Abs. 2 vorliegt − hier trägt der Gegner der zugestehenden Partei die Beweislast für das Nichtvorliegen des Zusatzes.16 § 289 selbst hat dabei keinen Einfluss auf die Beweislastverteilung, so dass es bei den allgemeinen Regeln bleibt.17 Problematisch sind die Frage der Beweislast und damit die Einordnung in § 289 Abs. 1 oder 2 bei unklarem Vertragsinhalt.18 Seit langem ist umstritten,19 ob eine Partei bei Vortrag eines abweichenden Vertragsinhalts klagebegründende Tatsachen bestreitet (h.M.,20 sog. Leugnungstheorie) oder rechtshindernde bzw rechtsvernichtende Einwendungen als Gegenrechte geltend macht21 (sog. Einwendungstheorie). Der Streit wird insbesondere bei § 158 Abs. 1 BGB relevant.22 Nach der Leugnungstheorie können Verträge nur bedingt oder unbedingt geschlossen werden. Den Inhalt des Vertrags hat der Kläger zu beweisen, so dass Zweifel zu seinen Lasten gehen.23 Die Einwendungstheorie sieht insbesondere in § 158 Abs. 1 BGB eine rechtshindernde Norm24, so dass die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung als Einwendung vom Beklagten zu beweisen ist. Beispiele: Der Kläger verlangt Rückzahlung eines Darlehens. Der Beklagte erklärt, das Geld empfangen zu haben, aber nicht als Darlehen, sondern als Schenkung. Hier ist die Hingabe des Geldes zugestanden und damit nicht mehr beweisbedürftig, der Kläger muss aber immer noch beweisen, dass die Rückzahlung vereinbart war. Es handelt sich um einen Fall des § 289 Abs. 2.25 Dasselbe gilt, wenn behauptet wird, dass ein niedrigerer Kaufpreis als der vom Kläger geforderte angemessen sei26, oder eine bestimmte Eigenschaft der Ware bedungen sei.27 In all diesen Fällen wird bestritten, dass der Vertrag so, wie vom Kläger behauptet, geschlossen sei.28 Hier trägt der Kläger sowohl nach der Leugnungstheorie als auch nach der Einwendungstheorie die Beweislast.29 Letztendlich muss der Anspruchssteller also immer die Einigung über die essentialia negotii nachweisen.30 Gesteht der Beklagte den Vertragsschluss zu, behauptet er aber, der Vertrag sei unter einer Bedingung oder einer Befristung geschlossen, kommen die Theorien jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Nach der Einwendungstheorie müsste der Anspruchsgegner die Bedingung oder Befristung beweisen, da es sich bei § 158 BGB um eine Gegennorm handelt.31 Somit wäre hier § 289 Abs. 1 einschlägig. Dagegen 4030 116 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4; vgl. Gsell AcP 203 (2003), 119, 140. 4031 217 Heinrich Die Beweislast bei Rechtsgeschäften (1996), S. 127 f.; Gsell AcP 203 (2003), 119, 140. 4032 318 Musielak S. 320 ff. 19 4033 4 Zum Meinungsstand: Musielak S. 330 ff.; Gsell AcP 203 (2003), 119, 123 ff. 4034 520 BGH NJW 2002, 2862, 2863; BGH NJW 1985, 497; RGZ 107, 405, 406; OLG Jena MDR 1999, 1381; MünchKomm/Prütting § 286 Rdn. 157; Staudinger/Bork BGB (2003) Vorbem zu §§ 158– 163 Rdn. 50; Baumgärtel/Laumen/Prütting/ Laumen Handbuch der Beweislast3 Bd. 1 (2007) § 158 BGB Rdn. 7 f.; Reinecke JZ 1977, 159, 164. 4035 621 Rosenberg S. 244, 262 ff.; Soergel/Wolf BGB13 (1999) Vor § 158 Rdn. 40; Müller JZ 1953, 727 f. 4036 722 Gsell AcP 203 (2003), 119, 123 f.; Baumgärtel/
Laumen/Prütting/Laumen Handbuch der Beweislast3 Bd. 1 (2007) § 158 BGB Rdn. 4 ff. 4037 823 Baumgärtel/Laumen/Prütting/Laumen Handbuch der Beweislast3 Bd. 1 (2007) § 158 BGB Rdn. 5, 7. 4038 924 Rosenberg S. 247, 308 ff. 25 4039 10 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 12; Rosenberg AcP 94 (1903), 1, 78. 26 4040 11 Rosenberg AcP 94 (1903), 1, 83. 27 4041 12 RGZ 68, 305, 307 f.; RG JW 1903, 47 Nr. 8; Rosenberg S. 288 ff. 28 4042 13 RGZ 68, 305, 308. 29 4043 14 Auf die Übereinstimmung weist Gsell AcP 203 (2003), 119, 123 hin. 30 4044 15 Gsell AcP 203 (2003), 119, 123. 31 4045 16 So überzeugend Rosenberg S. 247, 270, 308 ff.; ders. AcP 94 (1903), 1, 38 f., 41.
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unterscheidet die h.M. (Leugnungstheorie)32 zwischen aufschiebender und auflösender Bedingung.33 Nur im letzten Fall geht sie von der Beweislast des Beklagten aus, da hier der bereits bestehende Anspruch vernichtet wird.34 Ansonsten müsse der Kläger den Nachweis des unbefristeten oder unbedingten Vertragschlusses führen.35 Allerdings hat das RG ein qualifiziertes Geständnis angenommen, wenn die Partei zugesteht, sich verpflichtet zu haben, eine eingetragene Last zu beseitigen, aber behauptet, dass sie dies nicht vor Ablauf einer bestimmten Frist zu tun brauche (selbständiges Verteidigungsmittel).36 4. Folgen der Zusätze
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Qualifiziertes Gestehen37 und qualifiziertes Bestreiten38 ändern jedenfalls nichts an der Beweislast, die nach den allgemeinen Regeln zu bestimmen ist.39 Der Unterschied zwischen qualifiziertem Geständnis und qualifiziertem Bestreiten (motiviertes Leugnen) liegt darin, wer die Beweislast für die zusätzliche Behauptung trägt, ob der Erklärende selbst, dann qualifiziertes Geständnis, oder der Gegner des Erklärenden, dann qualifiziertes Bestreiten bzw motiviertes Leugnen.40 Im ersten Fall handelt es sich immer um Angriffs- und Verteidigungsmittel,41 so dass gem. § 289 Abs. 1 von einem Geständnis auszugehen ist. Dagegen hängt es beim qualifizierten Bestreiten vom Einzelfall ab, ob ein Geständnis vorliegt. Das Gericht hat dann durch Auslegung zu ermitteln, ob und in welchem Umfang Tatsachenbehauptungen zugestanden worden sind, die dann von der Gegenseite nicht mehr zu beweisen sind.42 Wenn die im Zusammenhang mit dem Zugeständnis abgegebenen Zusätze bzw Einschränkungen die ursprüngliche Erklärung wieder aufheben, ist ein Geständnis zu verneinen.43 Ist dagegen eine Tatsache auf Grund der Erklärung nicht mehr beweisbedürftig, dann ist insoweit ein Geständnis anzunehmen. Das gilt auch, wenn sich das materielle Tatbestandsmerkmal aus mehreren Tatsachen zusammensetzt und nur eine Tatsache zugestanden worden ist. Macht z.B. der Kläger einen Anspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB geltend, weil er auf dem Gehsteig vor dem Haus des Klägers wegen Eisglätte gestürzt ist, und gesteht der Beklagte zu, dass es an diesem Tag glatt war, er jedoch gestreut hätte, dann ist die Tatsache, dass es glatt war und damit die Verkehrssicherungspflicht bestanden hat, zugestanden. Der Kläger muss nur noch nachweisen, dass der Gehsteig nicht gestreut war und der Beklagte die bestehende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.44
4046 132 BGH NJW 1985, 497; RGZ 107, 405, 406; RGZ 68, 305, 307 f.; RGZ 18, 157, 158 f.; vgl. MünchKomm/Prütting § 286 Rdn. 157. 4047 233 Nach Rosenberg S. 276 ist zwischen der Vereinbarung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung nicht zu unterscheiden, die Beweislast hierfür trage immer der Beklagte. Etwas anderes gelte für den Eintritt der aufschiebenden Bedingung – Beweislast des Klägers – und der auflösenden Bedingung – Beweislast des Beklagten. Vgl. auch Rosenberg AcP 94 (1903), 1, 63 ff., 66 ff. 4048 334 MünchKomm/Prütting § 286 Rdn. 157. 4049 435 BGH NJW 1985, 497; RGZ 107, 405, 406; RGZ 68, 305, 307 f.; RGZ 18, 157, 158 f.; Kitz S. 22; aA Rosenberg S. 247, 267.
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4050 536 RG Warn 1907–1908 Nr. 185. 4051 637 Zu dem Begriffswirrwarr vgl. Schmidt S. 130. 38 4052 7 Vgl. RG JW 1903, 47. 4053 839 MünchKomm/Prütting Rdn. 4; Gsell AcP 203 (2003), 119; 140; krit. Schmidt S. 136, der aus diesem Grund die Regelung des § 289 für entbehrlich hält. Zudem widerspreche § 289 dem heutigen Verständnis vom Prozesszweck (S. 140 ff.). 40 4054 9 So Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4. 41 4055 10 Vgl. RGZ 68, 305. 42 4056 11 Vgl. Schmidt S. 130. 43 4057 12 Vgl. BGH NJW 2001, 2550, 2551. 44 4058 13 Vgl. Schönke/Kuchinke ZPR § 49 III.
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§ 290
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 290 Widerruf des Geständnisses Der Widerruf hat auf die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses nur dann Einfluss, wenn die widerrufende Partei beweist, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlasst sei. In diesem Fall verliert das Geständnis seine Wirksamkeit. Schrifttum Arens Willensmängel bei Parteihandlungen im Zivilprozeß, 1968; Bernhardt Wahrheitspflicht und Geständnis im Zivilprozeß, JZ 1963, 245; Orfanides Die Berücksichtigung von Willensmängeln im Zivilprozeß, 1982; Schoofs Entwicklung und aktuelle Bedeutung der Regeln über Geständnis und Nichtbestreiten im Zivilprozeß, 1980; Wolf Das Anerkenntnis im Prozeßrecht, 1969; Würthwein Umfang und Grenzen des Parteieinflusses auf die Urteilsgrundlagen im Zivilprozeß, 1977.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendungsbereich . . . . . . .
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IV. Voraussetzungen des Widerrufs . .
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Rdn 1. 2. 3. 4.
Widerrufserklärung . Unwahrheit . . . . Irrtum . . . . . . Drohung . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
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V. Wirkung des Widerrufs . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte Die ursprünglich in § 263 enthaltene Regelung wurde durch die Bekanntmachung von 18981 unverändert zu § 290.
1
II. Normzweck Das Geständnis iSd § 288 ist eine Prozesshandlung, die grundsätzlich nach ihrer Vornahme unwiderruflich ist.2 Auch eine Anfechtung gem. §§ 119 ff. BGB ist nicht möglich (vgl. § 288 Rdn. 5). § 290 lässt als Ausnahme von diesem Grundsatz einen Widerruf unter den engen Voraussetzungen zu, dass die widerrufende Partei die Unwahrheit und die irrtümliche Abgabe des Geständnisses beweist. Damit bürdet § 290 dem Gegner der beweisbelasteten Partei die Beweislast auf, kehrt also die Beweislast um, so dass nunmehr diese die Beweislast für die Unwahrheit der zunächst zugestandenen Tatsache und den Irrtum trägt.3 In dieser Umkehr der Beweislast liegt auch heute noch die Bedeutung der Bestimmung. Darüber hinaus bringt § 290 die im Gegensatz zum bloßen Nichtbestreiten (§ 138 Abs. 3) bestehende Bindungswirkung des Geständnisses4 zum Ausdruck. 1 14059 RGBl S. 410, 464. 2 24060 Die Bindung der Partei an ihr Geständnis ist nach Auffassung von Häsemeyer ZZP 85 (1972), 207, 224 als Sanktion gegen Verfahrensverzögerung der Konzentrationsmaxime zuzurechnen. Dem ist nicht zuzustimmen.
3 34061 RGZ 58, 54; Arens S. 195; Deubner JuS 2000, 271, 275. 4 44062 Grunsky Taktik im Zivilprozeß3 (1985), S. 80 ff. sieht daher das Geständnis gegenüber dem ein-
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§ 290
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Indem die zugestehende Partei gem. § 290 an einem bewusst unwahren Geständnis festgehalten wird, da dieses nicht durch einen Irrtum veranlasst ist, dient § 290 auch der Erziehung zur Wahrheitspflicht gem. § 138 Abs. 1 (vgl. dazu Rdn. 15).5
III. Anwendungsbereich
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Das Geständnis kann gem. § 290 sowohl in der ersten Instanz als auch in der Berufungsinstanz6 (§ 525) in den Grenzen des § 531 (vgl. dazu § 535 Rdn. 3) widerrufen werden, nicht jedoch in der Revisionsinstanz. Auch der Streitgehilfe kann ein Geständnis der Partei gem. § 290 widerrufen, soweit die Partei dem nicht widerspricht (§ 67).7 Allerdings muss er dann die Voraussetzungen des § 290, den Irrtum der zugestehenden Partei und die Unwahrheit, darlegen und gegebenenfalls beweisen.8 Keine Anwendung findet § 290 auf das bloße Nichtbestreiten gem. § 138 Abs. 3.9 Das gilt auch für Zugeständnisse in Bezug auf Rechtsverhältnisse (vgl. § 288 Rdn. 33 ff.), sofern sie keinen Geständnischarakter haben.10 Diese sind deshalb frei widerruflich,11 ebenso das außergerichtliche Geständnis,12 obwohl hier auch die Indizwirkung, aber ohne Beweislastumkehr, entkräftet werden muss (vgl. § 288 Rdn. 15 f.). Auf das Anerkenntnis kann § 290 nicht entsprechend angewendet werden,13 da Geständnis und Anerkenntnis in ihrer verfahrensrechtlichen Bedeutung und Wirkung nicht vergleichbar sind (vgl. § 288 Rdn. 7). An der Wirksamkeit des Anerkenntnisses würde sich auch dann nichts ändern, wenn die anerkennende Partei auch die die Klage begründenden Tatsachen zugestanden hätte und hinsichtlich des Geständnisses die Widerrufsvoraussetzungen des § 290 vorliegen würden.14 Der sofortige Widerruf in den Fällen der §§ 85 Abs. 1 S. 2, 90 Abs. 2 unterliegt ebenfalls nicht dem Anwendungsbereich des § 290.15 Geständnisse von Prozessbevollmächtigten und Vorträge von Beiständen kann und muss die mit erschienene Partei sofort widerrufen, wenn sie deren Bindung vermeiden will (vgl. § 85 Rdn. 6 f.). Ansonsten ist nur ein Widerruf unter den Voraussetzungen des § 290 möglich.
fachen Nichtbestreiten als nachteilig an; vgl. auch Rinsche Prozeßtaktik4 (1999) Rdn. 302. 4063 5 1 BGHZ 37, 154, 155 = NJW 1962, 1395; vgl. auch BGHZ 80, 389, 393 = NJW 1981, 2193, 2194; Orfanides S. 108 (Widerruf dient der Wahrheitsfindung); aA Würthwein S. 59, der § 290 als Bindung an eine prozessuale Gestaltungserklärung versteht. 4064 6 2 RGZ 11, 405, 406; OLG Hamm NJW 1955, 873, 875; Bernhardt JZ 1963, 245. 7 34065 Vgl. BGH NJW 1976, 292, 293; OLG München NJW 1956, 1927; OLG Hamm NJW 1955, 873, 874 f. 8 44066 OLGR Celle 1995, 267, 268; OLG Hamm NJW 1955, 873, 874.
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9 54067 BGHZ 12, 49, 51 = NJW 1954, 600, 601; aA OLG München MDR 1984, 321, das § 290 auch für Fälle des § 138 Abs. 3 anwendet. 4068 610 RGZ 58, 54. 4069 711 RGZ 35, 409, 411 f.; RGZ 32, 407, 409. 4070 812 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 9. 4071 913 BGHZ 80, 389, 393 = NJW 1981, 2193, 2194; OLG Schleswig FamRZ 1993, 577; OLG Köln FamRZ 1991, 856; OLG Frankfurt AnwBl 1988, 118, 119; Arens S. 221; Wolf S. 68 f.; aA OLG Nürnberg MDR 1963, 419 f. 14 4072 10 BGHZ 80, 389, 393 = NJW 1981, 2193, 2194; aA LG Heidelberg MDR 1965, 583, 584. 15 4073 11 So auch Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7; Zöller/ Greger Rdn. 4.
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§ 290
IV. Voraussetzungen des Widerrufs Der Widerrufende muss schlüssig vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlasst sei.16 Der doppelte Nachweis, den § 290 für den Widerruf verlangt, entspricht dem doppelten Charakter des Geständnisses: den der Unwahrheit zur Beseitigung der Wissenserklärung und den des Irrtums zur Beseitigung der Willenserklärung (§ 288 Rdn. 4).17 Dies gilt auch für den Fall der Säumnis der anderen Partei.18 Allerdings ist ein Widerruf mit Zustimmung des Prozessgegners ohne die Voraussetzungen des § 290 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz möglich.19 Außerdem kann der Prozessgegner das Geständnis durch Zurücknahme der Behauptung ebenfalls hinfällig machen (vgl. § 288 Rdn. 53).
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1. Widerrufserklärung Der Widerruf ist eine einseitige, dem Gericht gegenüber abzugebende, prozessuale Willenserklärung. Er ist in derselben Form wie das Geständnis zu erklären. Der Widerruf kann sowohl von der gestehenden als auch von einer anderen Person erklärt werden, sei es von der Partei, wenn ihr im Anwaltsprozess gem. § 137 Abs. 4 das Wort gestattet wird (vgl. dazu § 288 Rdn. 25) oder von ihrem gesetzlichen bzw bevollmächtigten Vertreter. Der Widerruf kann auch konkludent erklärt werden.20
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2. Unwahrheit Voraussetzung für einen Widerruf ist zunächst die Unrichtigkeit der zugestandenen Tatsache. Für die Unwahrheit der zugestandenen Tatsache muss der Widerrufende Hauptbeweis erbringen.21 Er muss diese auch dann voll beweisen, wenn ihm ohne das Geständnis nach materiellem Recht Beweiserleichterungen zugute gekommen wären.22 Wird für die Unrichtigkeit der zugestandenen Tatsache im Bestreitensfall kein Beweis angetreten, ist der Widerruf unwirksam.23
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3. Irrtum Das Geständnis muss durch einen Irrtum über die Wahrheit der zugestandenen Tatsache24 veranlasst sein. Unter einem Irrtum ist die unbewusste Unkenntnis des wirklichen Sachverhalts zu verstehen.25 Dabei steht die bewusste Unkenntnis des wahren Sachverhalts nicht dem Irrtum gleich.26 Gibt die zugestehende Partei eine Erklärung in dem Bewusstsein ab, den tatsächlichen Sachverhalt nicht zu kennen, bzw 4074 116 OLGR Koblenz 2005, 305, 306. 4075 217 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1297, 1298. 4076 318 OLG Düsseldorf MDR 2000, 1211. 4077 419 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 1; Schönke/Kuchinke ZPR § 49 IV. 4078 520 BGH VersR 1999, 838, 839; Arens S. 198. 21 4079 6 Dies gilt auch bei Verständigungsschwierigkeiten des Zugestehenden vgl. BGHR 2005, 1552, 1553 mit Anm. Giers FamRB 2005, 362 f. 4080 722 OLG Düsseldorf r+s 1985, 202, 203; OLG Frankfurt MDR 1982, 329. 4081 823 RGZ 41, 43, 46. 4082 924 So Arens S. 195; Orfanides S. 84, 100; aA Schoofs
S. 169 ff., der auch einen Irrtum über die Erheblichkeit der Tatsache unter § 290 subsumiert und bei achtenswerten Gründen für das Geständnis allein den Beweis der Unrichtigkeit der Tatsache für einen Widerruf entscheidend sein lässt. Lediglich wenn die Partei grob nachlässig oder in Verschleppungsabsicht gehandelt habe, sei ein Widerruf ausgeschlossen. Insoweit will er den § 290 an § 296 Abs. 2 ausrichten. 25 4083 10 OLGR Düsseldorf 2001, 49, 50; OLGR Naumburg 1999, 455. 26 4084 11 RG JW 1902, 166 Nr. 16; vgl. OLG Düsseldorf MDR 2000, 1211; OLGR Naumburg 1999, 455.
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nimmt sie die Ungewissheit bewusst in Kauf, so handelt sie auf eigenes Risiko. Ein zum Widerruf des Geständnisses berechtigender Irrtum ist in diesen Fällen ausgeschlossen.27 Der Irrtum muss kausal für die Abgabe des Geständnisses gewesen sein. Erfasst werden alle Arten des Irrtums.28 Es handelt sich in der Regel um einen beachtlichen Motivirrtum,29 wenn die Partei das Geständnis nur deshalb abgibt, weil sie von der Wahrheit der behaupteten Tatsache ausgeht. Der Irrtum betrifft also das Willensmoment des Geständnisses, die Tatsachen ungeprüft zur Urteilsgrundlage zu machen.30 Dagegen liegt ein unbeachtlicher Motivirrtum vor, wenn die gestehende Partei über ihren Vorteil im Prozess irrte.31 Unterliegt die Partei bei Abgabe des Geständnisses einem Erklärungs- oder Inhaltsirrtum ist das ebenfalls beachtlich. Auch diese Irrtümer sind vom Wortlaut des § 290 erfasst.32 Ein Rückgriff auf die §§ 119 ff. BGB ist deshalb nicht erforderlich und wäre auch nicht zulässig.33 Unerheblich ist, ob der Irrtum ein tatsächlicher oder rechtlicher, ein verschuldeter oder unverschuldeter war.34 Ein bewusst unwahres Geständnis berechtigt nicht zum Widerruf gem. § 290, da dieses nicht durch einen Irrtum veranlasst ist.35 Dadurch wird der Grundsatz der Wahrheitspflicht gem. § 138 Abs. 1 nicht aufgegeben.36 Das Festhalten der Partei an einem bewusst unwahren Geständnis kann vielmehr als Sanktion für die Verletzung der Wahrheitspflicht aufgefasst werden.37 Auch Scherz- oder Scheinerklärungen lassen sich nicht über § 290 widerrufen,38 da es hier an einem Irrtum über äußere Tatsachen fehlt. Fraglich ist, wer einem Irrtum bei der Abgabe des Geständnisses unterlegen sein muss: die Partei oder der gesetzliche bzw bevollmächtigte Vertreter. Hier wird man wohl die Grundsätze des § 166 BGB heranziehen können.39 Das bedeutet, dass es grundsätzlich auf den Irrtum des gesetzlichen40 oder bevollmächtigten Vertreters und nicht der Partei selbst ankommt, wenn diese vertreten worden ist und das Geständnis auf einem Willensentschluss des Vertreters beruht41. Wird der Willensentschluss des Vertreters durch eine irrtümlich falsche Information der Partei veranlasst, setzt sich dieser Irrtum bei dem Vertreter fort.42 Missverständlich sind insoweit die Ausführun4085 127 OLGR Düsseldorf 2001, 49, 50; OLGR Naumburg 1999, 455; Zöller/Greger Rdn. 2. 4086 228 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 5 (mit Ausnahme des Motivirrtums); Musielak/Huber Rdn. 2. 29 4087 3 Würthwein S. 137. 30 4088 4 Vgl. BGH NJW 1981, 2193, 2194; Arens S. 197, 200; Orfanides S. 84; Wolf S. 67 f. 4089 531 BGH NJW 1962, 1395, 1396; Zöller/Greger Rdn. 2. 4090 632 Für eine analoge Anwendung des § 290 Arens S. 203 f.; Orfanides S. 106 ff., 110. 33 4091 7 Vgl. BGH NJW 1981, 2193, 2194. 34 4092 8 RGZ 11, 405, 408. 4093 935 Wolf S. 68; aA Voraufl. § 288 Anm. A I b 2; Bernhardt FG Rosenberg (1949), S. 9, 29 ff.; ders. JZ 1963, 245, 247; Cahn AcP 198 (1998), 35, 69 f., wenn dadurch zwingendes Recht ausgeschaltet wird; Orfanides S. 92 ff., 97; Schmidt S. 148 ff., 151. 36 4094 10 Arens S. 198; Pawlowski MDR 1997, 7; vgl. Schoofs S. 168 ff.; aA Bernhardt JZ 1963, 245, 247: Verstoß gegen die Wahrheitspflicht, die auch dem Gericht gegenüber bestehe.
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37 4095 11 BGHZ 37, 154, 155 = NJW 1962, 1395; dagegen Bernhardt JZ 1963, 245, der dem BGH Gesetzespositivismus vorwirft; ablehnend auch Würthwein S. 59, der den Parteien ein Dispositionsrecht zugesteht und deshalb eine Sanktion verneint. 38 4096 12 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 4. 39 4097 13 Einheitliche Meinung: RGZ 146, 348, 353 (zu § 166 Abs. 2 BGB); Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5; MünchKomm/Prütting Rdn. 7; Zöller/Greger Rdn. 2; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 2; Schilken Wissenszurechnung im Zivilrecht (1983), S. 202 ff. 40 4098 14 RAG 26, 343, 346. 41 4099 15 Zöller/Greger Rdn. 2. 42 4100 16 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5. Nicht zu folgen ist Schilken Wissenszurechnung im Zivilrecht (1983), S. 206 f., der nach dem äußeren Erscheinungsbild in diesem Fall lediglich eine Wissensübermittlung annimmt, so dass der Prozessbevollmächtigte nur als Bote auftritt und somit § 166 BGB nicht einschlägig ist. Hier übersieht Schilken das Willenselement des Geständnisses,
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 290
gen in der Literatur, wonach sich der Irrtum des Vertreters nicht auf die ihm von der Partei erteilte Information beziehen darf.43 Lediglich in den Fällen, in denen die Partei bewusst eine falsche Information an den Vertreter weitergegeben hat, ist dieser Irrtum des Vertreters nicht beachtlich.44 In diesem Fall irrt sich der Vertreter nicht über die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen, sondern über den Wahrheitsgehalt der Mitteilung der Partei. Hat der Prozessbevollmächtigte bei dem von ihm abgegebenen Geständnis auf eine Weisung hin gehandelt, ist der Rechtsgedanke des § 166 Abs. 2 BGB anzuwenden, so dass ein Irrtum des Prozessbevollmächtigten in diesem Fall als nicht beachtlich anzusehen ist.45 War zusätzlich noch ein Dritter zur Weisung des Prozessbevollmächtigten bevollmächtigt, muss der Irrtum entsprechend § 166 Abs. 1 BGB bei ihm vorgelegen haben und nicht bei der Partei.46 Der Widerrufende muss schlüssig vortragen und gegebenenfalls nachweisen, dass der Irrtum aus scheinbaren äußeren Tatsachen entstanden ist, die den Zugestehenden an der Erkenntnis des wahren Sachverhalts gehindert oder die unrichtige Darstellung herbeigeführt haben.47 Der Irrtum muss selbst dann bewiesen werden, wenn sich die Unwahrheit der angeblichen Tatsache aus der Beweisaufnahme ergibt.48
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4. Drohung Ob § 290 auch Fälle erfasst, in denen die Partei durch Drohung zu einem Geständnis gebracht wurde, ist zweifelhaft, denn für den Fall des dadurch veranlassten unwahren Geständnisses fehlt es an einem für § 290 relevanten Irrtum und für den Fall eines wahren Geständnisses ist der Beweis der Unwahrheit nicht möglich. Eine Anwendung des § 123 BGB verbietet sich wegen des Charakters des Geständnisses als Prozesshandlung (vgl. § 288 Rdn. 5), ebenso wie die Anwendung der Grundsätze von Beweisverwertungsverboten (vgl. § 288 Rdn. 58).49 Auf Grund der vergleichbaren Interessenlage beim irrtümlich abgegebenen Geständnis und bei Drohung bzw arglistiger Täuschung erscheint eine analoge Anwendung des § 290 angemessen. Zumindest kann ein durch Drohung bzw arglistige Täuschung erlangtes Geständnis genauso wie andere Prozesshandlungen bei Vorliegen eines Restitutionsgrunds iSd § 580 widerrufen werden.50
wenn das Geständnis auf dem Entschluss des Vertreters beruht. Andernfalls liegt ein Fall der Weisung vor, worauf § 166 Abs. 2 BGB entsprechend Anwendung findet. 4101 143 So Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5; MünchKomm/ Prütting Rdn. 7; Zöller/Greger Rdn. 2. 4102 244 Vgl. Staudinger/Schilken BGB (2004) § 166 Rdn. 20. 45 4103 3 RG Warn 1934 Nr. 191; RGZ 146, 348, 353. 46 4104 4 RGZ 146, 348, 353. 4105 547 RG JW 1902, 166 Nr. 16; RG SeuffArch 73 Nr. 231; OLG Köln NJW-RR 2000, 1478. 4106 648 RG Warn 1907–1908 Nr. 185; vgl. aber RGZ 11, 405, 408, wonach der Beweis des Irrtums nicht besonders geführt werden müsse, sondern sich auch aus den Begleitumständen ergeben könne,
z.B. daraus, dass das Nichtbestehen der vorausgesetzten Verbindlichkeit erwiesen ist. 7 AA Orfanides S. 98 f., der allerdings das Geständnis als Wissenserklärung und Beweismittel auffasst und dieses als rechtswidrig erlangt ansieht. Auf der Grundlage der h.M., die das Geständnis als Dispositionsakt ansieht, hält Orfanides eine Anfechtung gem. § 123 BGB für die sachgemäße Lösung (S. 111). 50 4108 8 Stein/Jonas/Leipold21 vor § 128 Rdn. 292, 286; vgl. BGH NJW-RR 1994, 386, 387 (Widerruf eines Rechtsmittelverzichts); BGHZ 80, 389, 394 = NJW 1981, 2193, 2194 (Widerruf eines Anerkenntnisses); OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1514 (Widerruf eines Anerkenntnisses). 49 4107
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§ 291
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V. Wirkung des Widerrufs
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Der Widerruf eines Geständnisses führt dazu, dass das Geständnis seine Wirksamkeit verliert (§ 290 S. 2). Die Tatsache wird wieder beweisbedürftig. Die Wirkung des Geständnisses, dass der Gegner seiner Beweislast enthoben ist, bleibt jedoch bestehen.51 Vielmehr muss nun der Widerrufende die Unwahrheit der zunächst zugestandenen Tatsache beweisen.
§ 291 Offenkundige Tatsachen Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises. Schrifttum Hohlfeld Die Einholung amtlicher Auskünfte im Zivilprozeß, 1994; Leipold Beweislastregeln und gesetzliche Vermutungen, 1966; Lipp Das private Wissen des Richters, Zur Unparteilichkeit des Richters im Prozeß, 1995; Oberheim Beweiserleichterungen im Zivilprozeß, JuS 1996, 636; Pantle Beweiserhebung über offenkundige Tatsachen, MDR 1993, 1166; Prütting Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983; Schmidt-Hieber Richtermacht und Parteiherrschaft über offenkundige Tatsachen, 1974; Schultz Die Gerichtskundigkeit von Tatsachen, Festgabe für Richard Schmidt, Bd. 1, 1932, S. 283; Spiegelberg Ueber das gegenseitige Verhältniss zwischen dem gerichtlichen Geständniss und der Offenkundigkeit bei dem Gericht nach der deutschen Civilprozessordnung, 1896; Stein Das private Wissen des Richters, 1893 (Nachdruck 1987); Walter Freie Beweiswürdigung, 1979.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendbarkeit
. . . . . . . . .
IV. Offenkundige Tatsachen 1. Tatsachen . . . . . . 2. Offenkundig . . . . a) Allgemeinkundig .
. . . .
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. . . .
. . . .
3 5 6 7 8
Rdn b) Gerichtskundig . . . . . . . 3. bei dem Gericht . . . . . . . . V. Folge . . . . . . . . . 1. Keine Beweiserhebung 2. Keine Behauptungslast 3. Verwertbarkeit . . . . 4. Überprüfbarkeit . . .
. . . . .
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11 15 17 17 18 19 20
I. Gesetzesgeschichte
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Die ursprünglich in § 264 enthaltene Regelung wurde durch die Bekanntmachung von 18981 unverändert zu § 291.
4109 151 RGZ 58, 54.
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1 24110 RGBl S. 410, 464.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 291
II. Normzweck § 291 bringt zum Ausdruck, dass offenkundige Tatsachen nicht beweisbedürftig sind. Die Vorschrift dient der Prozessökonomie, weil dadurch überflüssige Beweisaufnahmen verhindert werden sollen.2
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III. Anwendbarkeit § 291 gilt für alle Verfahrens- und Prozessarten, also auch für den Urkundenprozess (vgl. § 592 Rdn. 28 ff., wo allerdings bei den gerichtskundigen Tatsachen eine Einschränkung vorgenommen wird, Rdn. 31).3 In den anderen Verfahrensordnungen findet der in § 291 geregelte Grundsatz ebenfalls Anwendung (vgl. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO, über § 202 SGG4, vgl. § 96 VwGO5, vgl. § 81 FGO,6 vgl. § 58 ArbGG,7 vgl. § 12 FGG8. Die Offenkundigkeit von Tatsachen, insbesondere in Form der Gerichtskundigkeit, ist noch in anderen Vorschriften relevant, so in § 727, §§ 1310 Abs. 1 S. 2, 2356 Abs. 3 BGB, §§ 71 Abs. 2, 147 Abs. 2, 164, 177 ZVG, § 29 GBO, § 37 SchRegO.
3
4
IV. Offenkundige Tatsachen Unter § 291 fallen Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig (notorisch)9 sind. Ob eine Tatsache iSd § 291 offenkundig ist, ist nicht Rechtsfrage, sondern Tatfrage. Sie ist deshalb einem Rechtsentscheid nicht zugänglich.10
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1. Tatsachen Unter Tatsachen iSd § 291 sind diejenigen zu verstehen, die das konkrete zum Streitfall gehörende Geschehen betreffen (zum Tatsachenbegriff vgl. § 288 Rdn. 28). Nicht unter § 291 fallen Rechtsgesetze oder Erfahrungssätze.11 So kann die Verkehrsauffassung nicht iSd Vorschrift offenkundig sein.12 Die Feststellung der Ver2 14111 Dies ist für Walter S. 273 ff. das entscheidende Kriterium für die Feststellung des Anwendungsbereichs des § 291. 3 24112 BGHZ 62, 286, 289 ff. = NJW 1974, 1199, 1200 = WM 1974, 487, 488 f.; RGZ 113, 17, 19; RGZ 109, 70, 71; OLG München MDR 2004, 531, 532; aA Gloede MDR 1974, 895, 897 Fn. 8; Stürner NJW 1972, 1257, 1260, die zwischen allgemeinkundigen Tatsachen, bei denen § 291 anwendbar sein soll, und gerichtskundigen Tatsachen, bei denen § 291 keine Anwendung finden soll, differenzieren. 4 34113 BSG NJW 1979, 1063. 5 44114 BVerwG NVwZ 1983, 99. 4115 6 5 Gräber/Koch FGO6 (2006) § 81 Rdn. 3. 4116 7 6 Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge/ Prütting ArbGG6 (2008) § 58 Rdn. 41. 8 74117 Jansen/Briesemeister FGG3 Bd. 1 (2006) § 12 Rdn. 60 ff. 9 84118 Zu dem Begriff der Notorietät vgl. Langenbeck ZZP 4 (1887), 470 ff. Zur geschichtlichen Ent-
wicklung der Notorietät Schultz FG Schmidt (1932), S. 283 ff. sowie Spiegelberg S. 68 f. 4119 910 BayObLG WuM 1984, 16, 17. 11 4120 10 RG JW 1928, 1230 f.; Schmidt-Hieber S. 10 f.; Bornkamm WRP 2000, 630, 634; vgl. dazu Pantle MDR 1993, 1166, 1167 f., der auf die unterschiedliche Überprüfung von offenkundigen Tatsachen und Erfahrungssätzen hinweist. 12 4121 11 BGHZ 156, 250, 253 f. = NJW 2004, 1163, 1164 unter Aufgabe von BGH NJW-RR 1990, 1376; Lindacher BB 1991, 1524; Pantle MDR 1993, 1166, 1167 f., allerdings will er § 291 anwenden, wenn der Richter das Verkehrsverständnis durch eigenen Eindruck etwa bei dem Lesen einer Anzeige gewonnen hat; zweifelnd RG SeuffArch 50 (1895), 223, 224 für Handelsbrauch; zweifelnd auch Bornkamm WRP 2000, 830, 834, ob es sich beim Verkehrsverständnis um eine Tatsache handelt; aA RG JW 1933, 1655, 1656 (dass ein Name vom Verkehr als kennzeichnender Firmenbestandteil angesehen werde, sei gerichtskundig); RGZ 130, 242, 248.
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kehrsauffassung stützt sich jedoch auf Erfahrungswissen, das der Richter auf Grund eigener Sachkunde besitzen kann (vgl. Rdn. 14).13 2. Offenkundig
7
Offenkundig iSd Vorschrift sind solche Tatsachen, die einer beliebig großen Zahl von Menschen bekannt oder für diese ohne Weiteres zuverlässig wahrnehmbar sind (sog. allgemeinkundige Tatsachen)14 bzw die das erkennende Gericht amtlich wahrgenommen hat (sog. gerichtskundige Tatsachen).15
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a) Allgemeinkundig. Allgemeinkundige Tatsachen sind solche, die in weiten Kreisen so bekannt sind16 oder von denen man sich durch Benützung allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen17, wie z.B. Nachschlagwerke, Medien oder Fahrpläne, allgemein zugängliche und zuverlässige Datenbanken im Internet18 unschwer überzeugen kann,19 dass kein vernünftiger Grund besteht, sie in Zweifel zu ziehen.20 Maßgebend ist die Kenntnis von besonnenen, vernünftigen, verständigen und erfahrenen Menschen.21 Dies gilt für Vorgänge der Weltgeschichte22 und des Naturlebens sowie für geographische Gegebenheiten.23 Diese Allgemeinkundigkeit kann sich auf einen begrenzten Kreis von Personen oder eine bestimmte Ortschaft beschränken (Ortskundigkeit)24, wie z.B. hinsichtlich der besonderen Verkehrsverhältnisse in einer Gemeinde,25 und muss nicht in allen Landesteilen vorhanden sein.26 Was in Europa allgemeinkundig ist, ist es nicht notwendigerweise in Amerika; was heute als allgemeinkundig angesehen wird, war es nicht unbedingt auch vor einigen Jahren und muss es auch in Zukunft nicht mehr sein. Allgemeinkundig können also auch zeitlich oder nur örtlich begrenzte Ereignisse sein, wie z.B. Gebräuche und Gewohnheiten, Unruhen,27 die Bekanntgabe von Unglücksfällen, Wetterberichten, die Entfernung zweier Orte voneinander, die Lage und der Zustand öffentlicher Wege, Plätze, Grundstücke, Gebiete, die Verkehrsmittel, der in der Vergangenheit oder Gegenwart übliche Zins. Auch die Tatsache, dass ein Warenzeichen nur für eine bestimmte Herkunft, Herstellungsart usw verwendet wird,28 kann offenkundig sein. Die Offenkundigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass die Tatsachen in der Presse verbreitet wurden.29 Die Zahlenangaben in den statistischen Jahrbüchern sind offenkundig iSd § 291,30 ebenso deren Veröffentlichung in der Fachpresse, wie z.B. die
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4122 113 BGHZ 156, 250, 253 f. = NJW 2004, 1163, 1164 unter Aufgabe von BGH NJW-RR 1990, 1376 (Meister Kaffee). Kritisch zur eigenen Sachkunde des Gerichts Müller JR 1992, 8, 9. 14 4123 2 Vgl. dazu Schmidt-Hieber S. 11 ff. mwN. 15 4124 3 OLG Schleswig NJW-RR 1991, 715; vgl. dazu Schmidt-Hieber S. 13 ff.; Walter S. 279 hält eine Unterscheidung allgemeinkundig – gerichtskundig für überflüssig. 4125 416 Spiegelberg S. 78 f. 4126 517 Walter S. 274 spricht hier von potentieller Kenntnis und sieht darin eine Erweiterung des § 291 auf Tatsachen, deren Offenkundigkeit nach einem „vereinfachten Feststellungsverfahren“ (Erkenntnisquellen) festgestellt werden kann. 18 4127 6 ArbG Siegen DB 2006, 1436. 4128 719 BVerfGE 10, 177, 183 = NJW 1960, 31. 4129 820 RGSt 16, 327, 329; RG JW 1929, 48. 4130 921 BVerfGE 10, 177, 183 = NJW 1960, 31; BVerwG
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NJW 1987, 1431, 1433; OLG Saarbrücken VersR 1989, 955; Oberheim JuS 1996, 636, 638. 22 4131 10 BVerwG NJW 1987, 1431, 1433 (Kriegsschuld der Hitler-Regierung). 23 4132 11 RGZ 17, 269, 271; BSG NJW 1973, 392; BVerwG NVwZ 1983, 99. 24 4133 12 Vgl. Langenbeck ZZP 4 (1887), 470, 472. 25 4134 13 Nicht aber bezüglich der Frage, ob von einem bestimmten Standpunkt aus bei Dunkelheit der Lichtschein einer Lichtzeichenanlage wahrgenommen werden kann, vgl. OLG Frankfurt StV 1983, 192, 193. 26 4135 14 BGHSt 6, 292, 293 = NJW 1954, 1656. 27 4136 15 RGZ 102, 339, 343 f. 28 4137 16 RGZ 143, 175, 182 f. 29 4138 17 RGZ 102, 339, 343 f.; vgl. aber bezüglich der Zuverlässigkeit solcher Angaben in einer Illustrierten KG JR 1972, 476, 477. 30 4139 18 BGH NJW-RR 1993, 1122, 1123; BGH NJW 1990, 2620, 2622.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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statistische monatliche Indexentwicklung der Lebenshaltungskosten in der NJW,31 auch die Angaben einer Mikrozensus-Erhebung32 oder die Veröffentlichungen des Patentamts über Warenzeichen33. Als offenkundig wird z.B. der hohe Bekanntheitsgrad einer Marke,34 die Intention der KPD,35 der knappe Wohnraum für Gastarbeiter36 oder die Unmöglichkeit von parapsychologischen Kräften37 angesehen. Bloße Wahrscheinlichkeit einer Tatsachenbehauptung genügt für die Allgemeinkundigkeit nicht.38 Als nicht allgemeinkundig wurde daher die Rechtsnachfolge des Landes angesehen, wenn lediglich der Posteinlieferungsschein für die Überleitung der Ansprüche vorgelegt und nicht der Zugang des Schreibens nachgewiesen ist,39 ebenso für die Rechtsnachfolge gem. § 7 UnterhVG bei Nachweis durch privatschriftliche Bestätigung des Empfängers über die Auszahlung der Vorschussleistungen40 oder die Rechtsnachfolge eines Versicherers.41 Offenkundig ist, dass von einer Tennisanlage Lärm ausgeht, nicht aber ob dieser zu einer konkreten Belästigung der Nachbarn führt.42 Die Auswirkungen der Machtübernahme in der Türkei durch das Militär am 12.9.1980 stellen anders als die Machtübernahme selbst keine allgemeinkundige Tatsache dar.43 b) Gerichtskundig. Die Gerichtskundigkeit ist ein Unterfall der Offenkundigkeit.44 Als offenkundig sind deshalb auch gerichtsbekannte Tatsachen anzusehen,45 wie z.B. Kenntnisse, die das Gericht auf Grund seiner dienstlichen Befassung in früheren Rechtsstreitigkeiten erworben hat.46 Für die dienstliche Befassung ist die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Aufgaben des Gerichts in Zivil- und Strafrechtspflege oder Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung usw unbeachtlich.47 Gerichtskundige Tatsachen können z.B. sein: Übereignungen, Verträge, der Inhalt einer Urkunde, Betrügereien der Beklagten aus früheren Prozessen,48 Vorstrafen des Angeklagten, die der Richter selbst verhängt hat,49 die Kenntnis von der Anhängigkeit eines anderen Prozesses, das Wirksamwerden eines Tarifvertrags50 oder aus der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Anordnung der Betreuung, Volljährigkeit, Todeserklärung, Vormundbestellung, die Eintragung in ein öffentliches Register51 oder in die Liste der Rechtsanwälte. 4140 131 BGH NJW 1992, 2088. 4141 232 BAGE 68, 320, 326 = NJW 1992, 1125, 1126. 33 4142 3 RGZ 155, 108, 119. 4143 434 OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 274, 275; OLG München GRUR-RR 2001, 303, 304. 4144 535 LG Berlin NJW 1977, 251, 252. 4145 636 LG Mannheim NJW 1977, 1729. 4146 737 LG Aachen MDR 1989, 63; LG Kassel NJW-RR 1988, 1517; LG Kassel NJW 1985, 1642; Oberheim JuS 1996, 636, 637 f. (irreführend jedoch die Bezeichnung Beweiserleichterung); aA Walter S. 278 f., der die Nichtexistenz der Parapsychologie mangels wissenschaftlichen Nachweises nicht als Fall der Offenkundigkeit ansieht. 4147 838 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 8, der wegen des Wegfalls des förmlichen Beweisverfahrens die sorgfältige Prüfung durch den Richter fordert. 39 4148 9 KG Rpfleger 1974, 119, 121. 40 4149 10 OLG Koblenz FamRZ 1987, 83 f.; OLG Hamburg FamRZ 1982, 425, 426. 41 4150 11 OLG Köln VersR 1994, 1372, 1373; OLG Karlsruhe MDR 1989, 363. 42 4151 12 OLG Schleswig NJW-RR 1991, 715; aA OLG
München MDR 2004, 531, 532 (Lärmbelästigung durch Schulbetrieb ist offenkundig und führt wegen Belästigung zur Minderung des Mietzinses). 43 4152 13 BVerwG NVwZ 1983, 99. 44 4153 14 BVerfG JZ 1960, 124; BVerfGE 10, 177, 183 = NJW 1960, 31; aA Schultz FG Schmidt (1932), S. 283, 294, der die Anwendung des § 291 wegen fehlender Kontrollmöglichkeit auf gerichtskundige Tatsachen ablehnt. 45 4154 15 BGHSt 6, 292, 293 = NJW 1954, 1656; RG JW 1929, 1051; RG LZ 1915, 754 Nr. 24. 46 4155 16 RG JW 1911, 102; BAG NZA 1996, 994, 996; einschränkend Schlosser ZPR I Rdn. 170: Gerichtskundig sei nur alles, was dem Gericht nicht erst durch Beweisaufnahme in früheren Verfahren zur Kenntnis gelangt sei. 47 4156 17 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5; MünchKomm/ Prütting Rdn. 12; vgl. Stein S. 160 f. 48 4157 18 RG Warn 1908 Nr. 93. 49 4158 19 Stein S. 161. 50 4159 20 BAG NZA 1996, 994, 996. 51 4160 21 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 29; Schlosser ZPR I Rdn. 170.
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Gerichtskundig sind insbesondere Tatsachen, die in eigenen amtlichen Handlungen des Richters bestehen oder den Gegenstand der amtlichen Wahrnehmung gebildet haben,52 wie z.B. die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, oder die von dem Präsidium beschlossene Geschäftsverteilung.53 Hat der Richter aus amtlicher Veranlassung ein sicheres Bild von tatsächlichen Verhältnissen, Ereignissen oder Zuständen gewonnen, kann er dieses Wissen in späteren Verfahren ohne Beweisführung verwerten.54 Neu erworbene Kenntnis stellt keine Offenkundigkeit her. Aktenkundigkeit allein genügt deshalb nicht.55 Das gerichtskundige Wissen muss präsent sein, ansonsten handelt es sich um einen Urkundenbeweis.56 Muss also die Kenntnis des Gerichts erst durch Erkundigungen, z.B. bei der Industrie- und Handelskammer,57 oder durch Feststellung aus den Akten58 oder Vorlage einer Urkunde, wie z.B. Registereintragungen herbeigeführt werden, dann handelt es sich nicht um eine Offenkundigkeit iSd § 291.59 Auch Erfahrungssätze können nicht gerichtskundig sein.60 Die Grenze des § 291 liegt in § 41 Nr. 5.61 Bezieht sich die Kenntnis des Richters auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt, dann ist diese nicht verwertbar.62 Die Wahrnehmung kann nur über die Zeugenstellung in den Prozess eingeführt werden. Daraus folgt, dass gerichtskundig nicht alles sein kann, was der Richter weiß.63 Hat der Richter die Kenntnis auf privatem Wege erlangt, liegt keine gerichtskundige Tatsache vor.64 Nicht gerichtskundig ist deshalb z.B. die Beobachtung eines Verkehrsunfalls aus dem Fenster eines Dienstzimmers.65 Abzugrenzen ist der Begriff der Gerichtskundigkeit von dem der Sachkunde eines Gerichts. Die eigene Sachkunde des Gerichts kann lediglich einen Sachverständigenbeweis entbehrlich machen, führt aber nicht zur Offenkundigkeit gem. § 291.66 In diesen Fällen kann das Gericht die (Un)Wahrheit einer neuen Tatsache auf Grund seiner in früheren Verfahren gewonnenen Kenntnisse ohne Beweisaufnahme selbst beurteilen, während sich im Fall der Gerichtskundigkeit die Kenntnis des Richters genau auf die behauptete Tatsache bezieht. Kein Fall von Gerichtskundigkeit liegt daher vor, wenn das Gericht aus früheren Verfahren die Erfahrung und Sachkunde mitbringt, die etwa zu Fragen der Ernährungswissenschaft67 oder für das Verständnis und die Reichweite von Werbeaussagen68 notwendig sind.
4161 152 BGH VersR 1960, 511, 512; RG Warn 1908 Nr. 294; AG Tempelhof-Kreuzberg FamRZ 2005, 1260, 1261; Spiegelberg S. 81 f.; Stein S. 157. 53 4162 2 BGHSt 6, 292, 293 = NJW 1954, 1656. 4163 354 BGHSt 6, 292, 295 = NJW 1954, 1656, 1657; BVerwG NVwZ 1990, 571, 572. 4164 455 RGZ 13, 369, 371; OLG Jena InVo 2002, 422, 423; OLG Hamburg OLGRspr 37 (1918), 157; aA Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 2; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 28. 56 4165 5 Vgl. RGZ 8, 42, 45; Stein S. 159 f.; weitergehend MünchKomm/Prütting Rdn. 9, der ein Studium der Akte zur Auffrischung für zulässig hält. 4166 657 AA RG JW 1926, 2630 mit abl. Anm. Heilberg. 4167 758 OLG Frankfurt NJW 1977, 767, 768.
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4168 859 RGZ 13, 369, 372; OLG Hamburg OLGRspr 37 (1918), 157. 60 4169 9 Hohlfeld S. 62 f.; aA Walter S. 283 f. 61 4170 10 Walter S. 273, 281. 62 4171 11 Vgl. Lipp S. 63 f. 63 4172 12 Hohlfeld S. 58. 64 4173 13 BGH NJW 1987, 1021; RG JW 1911, 102; OLG Frankfurt StV 1993, 192 f.; aA Walter S. 283. 65 4174 14 Schlosser ZPR I Rdn. 170. 66 4175 15 Zöller/Greger Rdn. 1; Musielak/Huber Rdn. 2; Hk/Saenger Rdn. 7. 67 4176 16 AA BGH NJW 1998, 3498 f. 68 4177 17 BGHZ 156, 250, 253 = NJW 2004, 1163, 1164 unter Aufgabe von BGH NJW-RR 1990, 1376 (Meister Kaffee); vgl. auch Pantle MDR 1993, 1166, 1168.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 291
3. bei dem Gericht Bei der Gerichtskundigkeit kommt es auf die Kenntnis des Richters an und nicht auf die des Gerichts als Behörde.69 Muss sich der Richter selbst erst Kenntnis von der Tatsache verschaffen, weil sie nur bei Gericht bekannt ist, dann bleibt eine Beweisaufnahme erforderlich.70 Die Gerichtskundigkeit muss nicht für alle Mitglieder des Gerichts bestanden haben.71 Es genügt die Kenntnis der Mehrheit des Kollegiums,72 es reicht aber nicht, wenn sich die Mehrheit eines Kollegialgerichts erst durch Vorlage der Akten Kenntnis davon verschaffen muss.73 Auch bei der Frage der Allgemeinkundigkeit genügt die Stimmenmehrheit (§ 196 GVG).74 Das Gericht braucht nicht notwendig anzugeben, worauf seine Kenntnis beruht.75 Eine solche Angabe ist jedoch dann geboten, wenn auf Grund der Besonderheit der Tatsache die Annahme der Verkennung des Rechtsbegriffs der Gerichtskundigkeit zu befürchten steht.76
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V. Folge 1. Keine Beweiserhebung Offenkundige Tatsachen bedürfen keines Beweises. Eine Beweisaufnahme ist nicht erforderlich.77 § 291 schließt jedoch die Möglichkeit, den Beweis für die Unrichtigkeit von allgemein- oder gerichtskundigen Tatsachen zu führen, nicht aus.78 Die Feststellung der Allgemeinkundigkeit bzw Offenkundigkeit unterliegt jedoch nicht der Beweiserhebung, weswegen Offenkundigkeit als solche bzw ihr Fehlen nicht Gegenstand eines Beweisantritts sein kann.79 Wie bei jeder anderen erwiesenen Tatsache kann jedoch die Überzeugung des Gerichts, je nachdem wer die Beweislast trägt, durch einen Gegenbeweis erschüttert oder durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden.80 Deshalb muss das Gericht, wenn die Unrichtigkeit geltend gemacht wird, den angebotenen Beweis erheben.81
4178 169 Hohlfeld S. 59; Schmidt-Hieber S. 16 ff. mwN. 4179 270 Stein S. 159. 4180 371 RAG JW 1929, 1325, 1326. 4181 472 BGH VersR 1960, 511, 512 f.; RG Warn 1917 Nr. 95; Schmidt-Hieber S. 19 mwN; Walter S. 280; aA RG JW 1930, 715; RG JW 1929, 48, 49 (beide für das Strafverfahren: sämtliche Richter einschließlich Laienrichtern); OLG Karlsruhe Justiz 1964, 287, 288 (Kenntnis aller Richter erforderlich); Voraufl. Anm. A III c. 4182 573 OLG Celle MDR 1995, 1262. 74 4183 6 RG JW 1929, 48 ; aA Voraufl. Anm. A III b 3. 75 4184 7 RG JW 1911, 102. 4185 876 RG Gruchot 54 (1910), 1141, 1142 f.; Alsberg JW 1918, 792, 795. 4186 977 Hohlfeld S. 58 f.; Oberheim JuS 1996, 636, 639, der es allerdings in das Ermessen des Gerichts stellen will, ob es angebotene Beweise erhebt oder nicht.
78 4187 10 BGHZ 156, 250, 253 = NJW 2004, 1163, 1164; BGH NJW-RR 1990, 1376; Lindacher BB 1991, 1524; Schultz FG Schmidt (1932), S. 283, 293; aA Zöller/Greger Rdn. 4; Pantle MDR 1993, 1166, 1168. 79 4188 11 OLGR Frankfurt 2006, 814, 815; Stein/Jonas/ Leipold21 Rdn. 7; Zöller/Greger Rdn. 4. 80 4189 12 BGHZ 156, 250, 253 f. = NJW 2004, 1163, 1164; BGH NJW-RR 1990, 1376 (Meister Kaffee); Bornkamm WRP 2000, 830, 833; Stein S. 171; aA RG JW 1896, 228, 229; Pantle MDR 1993, 1166, 1168; Walter S. 274 f. sieht darin bezüglich echter offenkundiger Tatsachen einen Widerspruch, nicht aber bezüglich der Tatsachen, die der Richter auf einfache Weise feststellen könne. 81 4190 13 BGH NJW-RR 1990, 1376 mit abl. Anm. Lindacher BB 1991, 1524; Oberheim JuS 1996, 636, 639; aA Zöller/Greger § 291 Rdn. 4.
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§ 291
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
2. Keine Behauptungslast
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Ob § 291 bei offenkundigen Tatsachen nur die Beweiserhebung für nicht erforderlich erklärt oder auch die Behauptungslast entfallen lässt, so dass offenkundige Tatsachen vom Gericht ohne Vortrag der Parteien berücksichtigt werden dürfen, ist umstritten.82 Gegen den Wegfall der Behauptungslast wird die Verhandlungsmaxime angeführt, wonach nur der von den Parteien vorgetragene Tatsachenstoff Urteilsgrundlage werden kann.83 Der Dispositionsfreiheit der Parteien sind jedoch insoweit Grenzen zu setzen, als die Parteien offenkundige Tatsachen der Urteilsgrundlage nicht entziehen dürfen.84 Deshalb ist der Ansicht zu folgen, die ein Vorbringen der Parteien für nicht erforderlich hält.85 So können allgemeinkundige und gerichtskundige86 Tatsachen vom Richter von Amts wegen berücksichtigt werden.87 Diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, dass das Gegenteil offenkundiger Tatsachen nicht geständnisfähig ist (vgl. § 288 Rdn. 56).88 Ebenso darf das Gericht seinem Urteil solche Tatsachen nicht zugrunde legen, deren Gegenteil offenkundig ist.89 3. Verwertbarkeit
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Fehlende Beweisbedürftigkeit und Behauptungslast sind aber nicht gleichzusetzen mit der Verwertbarkeit einer Tatsache. Das Gericht hat die Pflicht, die gerichtskundige Tatsache, wenn es sie verwerten will, in den Prozess einzuführen (§ 139), damit die Parteien Stellung nehmen können.90 Im Beschlussverfahren ist ein schriftlicher Hinweis des Gerichts geboten.91 Ansonsten liegt ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) vor.92 Dies gilt in der Regel auch für allgemeinkundige Tatsachen, allerdings nicht für derartige allgemein bekannte Tatsachen, die allen Be4191 182 Vgl. zum Streitstand ausführlich MünchKomm/ Prütting Rdn. 13; Hk/Saenger Rdn. 10; Prütting S. 46. 4192 283 Vgl. RGZ 143, 175, 183 (Mündlichkeitsgrundsatz); RG Warn 1916 Nr. 92; BAGE 28, 196, 201 = NJW 1977, 695; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 7; Oberheim JuS 1996, 637, 639, der allerdings eine vorherige Einführung der Tatsachen durch das Gericht zulässt und konkludentes Zueigenmachen der Partei bereits dann annimmt, wenn die Tatsache der Partei günstig ist und zu ihrem bisherigen Vorbringen nicht im Widerspruch steht. 4193 384 BAG NZA 1998, 661, 663; MünchKomm/Prütting Rdn. 13; Zöller/Greger Rdn. 2; Musielak/ Huber Rdn. 4; Hk/Saenger Rdn. 10; Hergenröder Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung (1995), S. 409; Prütting S. 46 f.; Hahn JA 1991, 319, 323 f. 4194 485 RG Warn 1916 Nr. 92; AG Dortmund WuM 2004, 721 (LS); aA Voraufl. Anm. A I. 4195 586 OLG Frankfurt MDR 1977, 849. 87 4196 6 Bernhardt FG Rosenberg (1949), S. 9, 22 ff., 23; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 111 Rdn. 25 mwN; aA RGZ 143, 175, 183; RG JW 1899, 485 Nr. 11; BAG NJW 1977, 695; Voraufl. § 291 Anm. A I; Walter S. 280; differenzierend Brüggemann Judex statutor und judex investigator (1968), S. 340 ff. danach, ob die rechtserzeugende Tatsache als allgemeinkundige Auffangtat-
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sache nur eine sachverhaltsmäßige Variante innerhalb des gesetzlichen Tatbestands ist (dann Berücksichtigung ohne Sachvortrag) oder ob sie einen besonderen konkurrierenden oder subsidiären Anspruchsgrund herstellt (dann keine Berücksichtigung), rechtshindernde oder rechtsvernichtende allgemeinkundige Tatsachen dürfen nur von Amts wegen berücksichtigt werden, wenn der gerichtliche Ausspruch in den tenorierten Widersinn führen würde, nur gerichtskundige gar nicht; einschränkend Cahn AcP 198 (1998), 35, 69, wenn es sich um Tatsachen für die Anwendung zwingender Normen handelt. 4197 788 BGH NJW 1979, 2089; BGHZ 37, 154, 156 = NJW 1962, 1395; OLG Schleswig NJW-RR 2000, 356; MünchKomm/Prütting Rdn. 13. 89 4198 8 BAGE 87, 234, 241 = NZA 1998, 661, 663; vgl. BAG NZA 1997, 155, 156; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10. 4199 990 BVerfGE 48, 206, 209; BVerfGE 10, 177, 183 = NJW 1960, 31; BGH WRP 1997, 762, 763 f.; BGH NJW-RR 1993, 1122, 1123; BSG MDR 1975, 965; BSG NJW 1973, 392; OLG Köln Rpfleger 1985, 498 f.; OLG Schleswig SchlHA 1974, 168; vgl. AG Tempelhof-Kreuzberg FamRZ 2005, 1260, 1261; Gerber FamRZ 1997, 230. 91 4200 10 OLG Köln Rpfleger 1985, 498 f. 92 4201 11 BVerfGE 48, 206, 209; BSG NJW 1973, 392.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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teiligten mit Sicherheit gegenwärtig sind und von denen sie auch wissen, dass sie für die Entscheidung erheblich sein können.93 4. Überprüfbarkeit Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung grundsätzlich auch die offenkundigen und gerichtsbekannten Tatsachen zu Grunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1).94 Soweit das Erstgericht die Tatsachengrundlage fehlerhaft erfasst hat, ist eine Korrektur jedoch möglich.95 Das Revisionsgericht darf nur überprüfen, ob das Berufungsgericht den Begriff der Offenkundigkeit verkannt hat.96 Die Tatsachenfeststellung selbst ist der Nachprüfung entzogen (§ 559 Abs. 2).97 Dies gilt ausnahmsweise nicht, soweit es sich um von Amts wegen zu berücksichtigende bzw unstreitige Tatsachen98 handelt, die die Begründetheit des Verfahrens betreffen und erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten sind. Außerdem dürfen schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (vgl. § 559 Rd. 54 f.). Hier kann das Revisionsgericht die Offenkundigkeit selbständig beurteilen.99 Der Begriff Offenkundigkeit und die richtige Anwendung des § 291 sind als Rechtsfragen revisibel. Damit das Urteil einer Überprüfung zugänglich ist, ist Folgendes zu beachten: Sind allgemeinkundige Tatsachen auch in den höheren Instanzen bekannt oder zumindest zugänglich, dann bedarf es keiner weiteren Begründung.100 Handelt es sich allerdings um eine Allgemeinkundigkeit, die auf einen räumlichen oder persönlichen Kreis beschränkt ist, oder um gerichtskundige Tatsachen, die dem oberen Gericht unbekannt sind, und kann sich das Gericht auch keine Kenntnis von ihrer Richtigkeit verschaffen, dann muss aus den Gründen des Urteils zumindest hervorgehen, dass die Voraussetzungen des § 291 nicht verkannt worden sind.101 Kennt das Revisionsgericht eine allgemeinkundige Tatsache, die das untere Gericht verkannt hat, so ist sie in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen. An tatsächliche Feststellungen, die im Widerspruch zu offenkundigen Tatsachen stehen, ist das Revisionsgericht nicht gebunden.102
4202 193 BGH WRP 1997, 762, 764; BGHZ 31, 43, 45 = NJW 1959, 2213, 2214; BGH VersR 1965, 1153; BSG NJW 1979, 1063. 94 4203 2 BGHZ 158, 295, 300 = NJW 2004, 2152, 2153; MünchKomm/Rimmelspacher § 529 Rdn. 6; Gaier NJW 2004, 2041, 2043. 4204 395 Vgl. BGHZ 159, 254, 258 = NJW 2004, 2828, 2830; BGHZ 158, 269, 273 = NJW 2004, 1876; Zöller/Gummer/Heßler § 529 Rdn. 2. 96 4205 4 BGH NJW 1993, 2674, 2675 (Gerichtskundigkeit); RGZ 143, 175, 184. 4206 597 BGH NJW 1993, 2674, 2675; RGZ 143, 175, 184; RG JW 1911, 102. 4207 698 Zu den Rechtsfortbildungstatsachen mit z.B. statistischem Inhalt vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 20; zu den sog. Normtatsachen vgl. Sander Normtatsachen im Zivilprozeß (1998).
4208 799 Vgl. Hk/Saenger Rdn. 13. 100 84209 Walter S. 279. 101 4210 9 RG Warn 1910 Nr. 300 (Gerichtskunde in einer technischen Frage); Oberheim JuS 1996, 636, 640; vgl. aber RG SeuffArch 50 (1895), 223: grundsätzlich keine Begründung; RG Gruchot 66 (1923), 475, 480 mwN: Die Quelle, aus der das Gericht seine Kenntnis für die Gerichtskundigkeit schöpft, muss nicht angegeben werden. Vgl. dazu auch Walter S. 279, der eine Begründungspflicht bejaht, wenn die Tatsachen nicht allgemeinkundig sind. 102 4211 10 BAGE 87, 234, 241 = NZA 1998, 661, 663; BAGE 83, 1, 4 = NZA 1997, 155, 156; BAGE 80, 316, 321 f. = NZA 1996, 994, 996.
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§ 292
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§ 292 Gesetzliche Vermutungen Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden. Schrifttum Allner Die tatsächliche Vermutung mit besonderer Berücksichtigung der GEMA-Vermutung, 1993; Baumgärtel Beweislastpraxis im Privatrecht, 1996; ders. Die Bedeutung der sog. „tatsächlichen Vermutung“ im Zivilprozeß − eine Analyse der Rechtsprechung, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 1990, S. 43; Donau Die Bedeutung von Fiktionen, Vermutungen und Auslegungsregeln im summarischen Prozeß, ZZP 67 (1954), 451; Guggenbühl Die gesetzlichen Vermutungen des Privatrechts und ihre Wirkungen im Zivilprozeß, 1990; Habscheid Vermutungen im neuen Scheidungsrecht, Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch, 1976, S. 355; Hedemann Die Vermutung nach dem Recht des Deutschen Reiches, 1904; Leipold Beweislastregeln und gesetzliche Vermutungen, 1966; Medicus Ist Schweigen Gold? Zur Widerlegung der Rechtsvermutung gem. §§ 891, 1006, Festschrift für Fritz Baur, 1981, S. 63; Musielak Die Grundlagen der Beweislast im Zivilprozeß, 1975; Prütting Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983; Rosenberg Die Beweislast, 5. Aufl. 1965; Werner Grundprobleme des § 1006 BGB, JA 1983, 617.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
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III. Anwendbarkeit
. . . . . . . . .
4
IV. Abgrenzung . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Vermutungen . . . . a) Tatsachenvermutungen . . . . b) Rechtsvermutungen . . . . . c) Unwiderlegbare Vermutungen . 2. Vertraglich vereinbarte Vermutungen . . . . . . . . . . . . . 3. Andere Beweislastnormen . . . . 4. Auslegungsregeln . . . . . . .
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Rdn 5. Tatsächliche Vermutungen . . . . 6. Fiktionen . . . . . . . . . . . V. Vermutungen im Einzelnen . . 1. Widerlegbare Vermutungen . a) im materiellen Recht . . . b) im Prozessrecht . . . . . 2. Unwiderlegbare Vermutungen a) im materiellen Recht . . . b) im Prozessrecht . . . . .
. . . . . . .
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19 20 20 25 26 26 27
VI. Wirkung der Vermutung . . . . .
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VII. Der Beweis des Gegenteils . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
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§ 264a wurde durch die Novelle von 18981 eingefügt und durch die Bekanntmachung von 18982 unverändert zu § 292. Eine sprachliche Änderung hat die Regelung in Satz 2 durch das Gesetz zur Änderung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 27.10.19333 erfahren.
1 14212 RGBl S. 256, 271. 2 24213 RGBl S. 410, 464. 3 34214 Statt „Eideszuschiebung“ nun „Antrag auf Par-
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teivernehmung“; vgl. RGBl I S. 780, 786; RGBl I S. 821, 849 (Bekanntmachung v. 8.11.1933).
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§ 292
II. Normzweck Gesetzlich vermutete Tatsachen bedürfen keines Beweises (§ 292). Das gilt bei gesetzlichen Tatsachenvermutungen für die bestimmte Tatsache, für die die Vermutung spricht (vgl. dazu Rdn. 7). In analoger Anwendung gilt § 2924 auch für Rechtsvermutungen im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechts, auf das sich die Vermutung bezieht (vgl. Rdn. 8).5 Allerdings ist der Beweis des Gegenteils zulässig, solange es sich nicht um eine unwiderlegbare Vermutung (praesumtio iuris et de iure) handelt. Die Unwiderlegbarkeit muss jedoch im Gesetz ausdrücklich angeordnet sein, ansonsten ist von einer widerlegbaren Vermutung (praesumtio iuris) auszugehen (§ 292 S. 1). Die bloße Erschütterung der gesetzlichen Vermutung durch Beweis ihrer möglichen Unrichtigkeit genügt nicht, erforderlich ist der volle Beweis des Gegenteils der gesetzlichen Vermutung. Es handelt sich um eine Beweislastnorm, nicht um eine Beweisregel.6 Sie führt zu einer Veränderung der Behauptungslast und auch der Beweislast, da die Partei nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm, die die Rechtsfolge vorsieht, behaupten und beweisen muss, sondern lediglich die Vermutungsbasis, aus der auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsfolgenorm geschlossen wird (vgl. Rdn. 29). Diese Vermutungsbasis kann bereits durch einen einfachen Gegenbeweis entkräftet werden.7 Gelingt dies dem Gegner jedoch nicht, obliegt ihm der Beweis des Gegenteils der Tatsachenvermutung (Vermutungsfolge).8 Insoweit tritt eine Beweislastumkehr zu Lasten des Vermutungsgegners ein.9
2
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III. Anwendbarkeit § 292 gilt in allen Verfahrens- und Prozessarten. Er findet gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG entsprechende Anwendung im Arbeitsgerichtsverfahren10 und gem. § 173 VwGO entsprechende Anwendung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit11. Nicht anwendbar ist § 292 auf vertraglich vereinbarte Vermutungen, wie z.B. in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. Rdn. 10).
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IV. Abgrenzung Die gesetzlichen Vermutungen sind abzugrenzen von den vertraglich vereinbarten Vermutungen, den anderen Beweislastnormen, den Auslegungsregeln, den tatsächlichen Vermutungen und den Fiktionen.
4 14215 Medicus FS Baur (1981), S. 63, 64 Fn. 8; Rosenberg S. 232. 4216 5 2 Rosenberg S. 225 ff.; Werner JA 1983, 617, 620 (für § 1006 BGB); vgl. auch Leipold S. 93 ff.; aA Musielak S. 76 ff., 82 (Vermutungsgegenstand sind die Rechtsbegründungstatsachen); Schulte BB 1977, 269, 272 f. (indirekte Tatsachenvermutung bei § 1006 BGB). 6 34217 Leipold S. 85 ff.; Musielak S. 73; Prütting S. 48.
7 44218 Rosenberg S. 216 f. 8 54219 Guggenbühl S. 140. 4220 9 6 Guggenbühl S. 74 f.; aA Vollmer Auslegung und „Auslegungsregeln“ (1990), S. 289, 292, nach dessen Ansicht die Beweislastentscheidung durch die Tatsachenvermutung ausgeschlossen wird. 4221 710 BAG ZIP 1998, 1809, 1810. 4222 811 BVerwGE 85, 314, 321 = FamRZ 1991, 327, 329.
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§ 292
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
1. Gesetzliche Vermutungen
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Gesetzliche Vermutungen sind in widerlegbare und unwiderlegbare Vermutungen zu unterteilen, wobei letztere nicht unter § 292 fallen. Bei den gesetzlichen Vermutungen lassen sich wiederum Tatsachenvermutungen von Rechtsvermutungen unterscheiden. Zwar ist heute anerkannt, dass gesetzliche Tatsachen- und Rechtsvermutungen ihrer Struktur und Wirkung nach im Wesentlichen gleich sind.12 Doch ist diese Unterscheidung sinnvoll, da Rechtsvermutungen unter § 292 wegen seines engen Wortlauts nur im Wege der Analogie fallen.
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a) Tatsachenvermutungen. Unter Tatsachenvermutungen iSd § 292 sind Rechtssätze zu verstehen, die das Vorliegen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals auf Grund eines tatbestandsfremden Umstands annehmen.13 Gesetzliche Vermutungen von Tatsachen sind Rechtssätze, die für den Fall der Ungewissheit ein Tatbestandsmerkmal einer anderen Norm bei Vorliegen bestimmter Umstände als bestehend ansehen.14 Die Vermutungsbasis ist also ein außerhalb des Tatbestands, aus dem die Rechtsfolge hergeleitet wird, liegender Umstand, wie z.B. der Besitz der Pfandsache (§ 1253 Abs. 2 BGB) für den Tatbestand des Erlöschens des Pfandrechts durch Rückgabe der Pfandsache (§ 1253 Abs. 1 BGB). Bei Vorliegen dieses Umstands (Besitz der Pfandsache) wird auf das Vorhandensein des Tatbestandsmerkmals (Rückgabe der Pfandsache) geschlossen.15 Gesetzliche Vermutungen können, müssen aber nicht ausdrücklich als Vermutung gekennzeichnet sein, so in §§ 476,16 891, 921, 938, 1006, 1117 Abs. 3, 1253 Abs. 2, 1362, 2009, 2365, 2368 Abs. 3 BGB.
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b) Rechtsvermutungen. Obwohl Rechtsvermutungen vom Wortlaut des § 292 nicht erfasst sind, ist diese Vorschrift auch auf die gesetzlichen Rechtsvermutungen entsprechend anwendbar. Eine Rechtsvermutung liegt vor, wenn auf Grund einer Tatsache unmittelbar auf das Bestehen bzw Nichtbestehen eines Rechts oder Rechtsverhältnisses geschlossen wird.17 Als Beispiel dient die Eigentumsvermutung auf Grund des Besitzes (§ 1006 Abs. 1 S. 1 BGB). Auch die §§ 891 Abs. 1 und 2, 921, 1006 Abs. 2 und 3, 1362, 1964 Abs. 2, 2365 BGB enthalten Rechtsvermutungen.
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c) Unwiderlegbare Vermutungen. Bei den gesetzlichen Vermutungen handelt es sich grundsätzlich um widerlegbare Vermutungen. Sie sind nur dann unwiderlegbar, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 292 S. 1). Die widerlegbaren Vermutungen stellen Beweislastregeln dar.18 Im Gesetz finden sich lediglich § 1566 Abs. 1 und 2 BGB, die ausdrücklich als unwiderlegliche Vermutungen bezeichnet werden. Es ist deshalb umstritten, welche Vorschriften als unwiderlegliche Vermutungen anzusehen sind.19 Letztendlich ist dies aber ohne Bedeutung, da es sich bei den unwiderleglichen Vermutungen nicht um Vermutungen im eigentlichen Sinn, sondern um Fiktionen handelt.20 Allerdings ist die Motivation des Gesetzgebers für eine Fiktion eine andere als bei einer unwiderleglichen Vermutung. Bei einer Fiktion geht er davon aus, 4223 112 Leipold S. 76 ff.; Prütting S. 48. 4224 213 Baumgärtel FS Schwab (1990), S. 43, 44. 4225 314 Vgl. Musielak S. 75; Prütting S. 48; Rosenberg S. 203; gegen die Definitionen und Einordnung der gesetzlichen Vermutungen durch die h.L. Vollmer Auslegung und „Auslegungsregeln“ (1990), S. 260 ff. 4226 415 Rosenberg S. 202 f. 4227 516 Von Rosenberg S. 207 wurde die ähnlich lautende Vorschrift des § 484 a.F. als Scheinvermutung bezeichnet.
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4228 617 Musielak/Huber Rdn. 3; vgl. Hk/Saenger Rdn. 3, der von Rechts(zustands)vermutungen spricht. 4229 718 Habscheid FS Bosch (1976), S. 355, 363; Leipold S. 85; Prütting S. 49; Rosenberg S. 216. 19 4230 8 Habscheid FS Bosch (1976), S. 355, 364. 20 4231 9 BGH NJW 1965, 584; Rosenberg S. 213; Guggenbühl S. 91; Musielak S. 83 (der Fiktion angenähert); vgl. auch Prütting S. 49 (gleiche sachliche Wirkung); Diederichsen NJW 1965, 671, 673.
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dass die fingierte Tatsache nicht besteht (näher Rdn. 17), während bei der unwiderlegbaren Vermutung in der Regel die vermutete Tatsache vorliegen wird,21 es aber in Kauf genommen wird, dass dies nicht der Fall ist.22 Die Anwendung des § 292 auf unwiderlegbare Vermutungen macht keinen Sinn, da hier die Vermutung gerade nicht durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden kann. 2. Vertraglich vereinbarte Vermutungen Es besteht aber auch die Möglichkeit, Vermutungen in Individualverträgen oder in allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbaren.23 Bei vertraglich vereinbarten Vermutungen findet § 292 keine Anwendung.24 Vielmehr sind sie wie vertragliche Beweislastverträge zu behandeln.25 Bei der Vereinbarung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen26 ist § 309 Nr. 12 BGB zu beachten.27 Ebenso wie die Parteien Vermutungen vertraglich vereinbaren können, können sie auch auf die Vermutungsanwendung vertraglich verzichten28. Einschränkungen ergeben sich aber bei bestimmten gesetzlichen Vermutungen, insbesondere aus Gründen des Verbraucherschutzes wie z.B. aus § 475 Abs. 1 bei § 476 BGB.29
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3. Andere Beweislastnormen Gesetzliche Vermutungen unterscheiden sich nicht von anderen Beweislastnormen, in denen im Zweifel eine bestimmte Tatsache angenommen wird, wie z.B. §§ 685 Abs. 2, 1213 Abs. 2, 1625, 2270 Abs. 2 BGB.30 Sie sind auch mit den besonderen Beweislastnormen zu vergleichen, die die Beweislast ausdrücklich umkehren.31 Allerdings führen die widerlegbaren gesetzlichen Vermutungen anders als die besonderen Beweislastregeln nicht nur zu einer Umkehr der Beweislast, sondern auch zu einer Verschiebung des Beweisthemas. Sobald die sog. Vermutungsbasis – eine tatbestandsfremde Voraussetzung – bewiesen ist, wird die Beweislast für die vermutete Tatsache umgekehrt.32
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4. Auslegungsregeln Einen gewissen Gegensatz zu den gesetzlichen Vermutungen bilden die Auslegungsregeln,33 nach denen im Zweifel etwas gelten soll, wie z.B. §§ 154 Abs. 134 und 2, 4232 121 Diederichsen FS Gernhuber (1993), S. 597, 604. 4233 222 Habscheid FS Bosch (1976), S. 355, 365; Leipold S. 103; Prütting S. 49. 23 4234 3 Vgl. Bennemann Fiktionen und Beweislastregelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (1987), S. 160 f. 4235 424 BGH NJW 1962, 2099; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 1; Werner NJW 1971, 1924, 1925. 4236 525 MünchKomm/Prütting Rdn. 6; vgl. Werner NJW 1971, 1924 f. 26 4237 6 Z.B. die sog. Vorkenntnisklauseln in den AGB der Makler, BGH NJW 1962, 2099; Werner NJW 1971, 1924, 1925; zur Unwirksamkeit solcher Klauseln vgl. Bennemann Fiktionen und Beweislastregeln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (1987), S. 206 ff. 4238 727 Vgl. Staudinger/Coester-Waltjen BGB (2006) § 309 Nr. 12 Rdn. 8.
4239 828 Diederichsen NJW 1965, 671, 674 Fn. 36. 4240 929 Vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann BGB (2004) § 476 Rdn. 25. 30 4241 10 Musielak S. 75 zählt diese auch zu den Tatsachenvermutungen. 31 4242 11 Vgl. auch Leipold S. 91 f., der den Unterschied lediglich darin sieht, dass die gesetzlichen Vermutungen voraussetzungsgebundene Beweislastregeln sind. Nach Musielak S. 72 besteht der Unterschied darin, dass gesetzliche Vermutungen zweigliedrig (Ungewissheit über die erforderliche Tatsache und Vermutungsbasis) und gewöhnliche Beweislastnormen eingliedrig sind (nur Ungewissheit). 32 4243 12 Habscheid FS Bosch (1976), S. 355, 363; Leipold S. 93. 33 4244 13 AA Vollmer Auslegung und „Auslegungsregeln“ (1990), S. 295 f., der die besonderen Auslegungs-
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329–332, 336–338, 364 Abs. 2, 415 Abs. 3, 613 Abs. 1, 685 Abs. 2,35 742, 2257, 2258 Abs. 2, 2269 Abs. 2, 2304 BGB. In diesen Fällen legt das Gesetz den Sinn einer Willenserklärung in einer bestimmten Richtung fest,36 wenn nicht die Parteien nachweisbar etwas anderes gewollt haben. Dagegen können die gesetzlichen Vermutungen auch äußere Tatsachen betreffen.37 Wird ein anderer Wille als der vom Gesetz unterstellte behauptet, muss der Hauptbeweis geführt werden.38 Darin liegt aber nicht die Widerlegung der Vorschrift, sondern die Unanwendbarkeit der Auslegungsregel im konkreten Fall.39 Durch die Auslegungsregel wird dem Richter die Arbeit vereinfacht, indem ihm das Gesetz zur Beurteilung bestimmter Rechtsgeschäfte Auslegungsregeln zur Verfügung stellt.40 5. Tatsächliche Vermutungen
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Von den gesetzlichen Tatsachenvermutungen sind die sog. tatsächlichen Vermutungen (unechte Vermutungen; praesumtiones facti) zu unterscheiden.41 „Die tatsächliche Vermutung ist eine Regel, wonach eine zu beweisende Tatsache auf Grund eines allgemeinen Erfahrungssatzes bis zur Widerlegung durch Gegenbeweis für nachgewiesen angesehen werden kann, wenn eine andere Tatsache feststeht, von welcher aus im Wege der Induktion auf die zu beweisende geschlossen werden kann.“42 Solche Vermutungen fallen nicht unter § 292.43 Sie sind von der Rechtsprechung44 entwickelt worden und werden meist dem Anscheinsbeweis zugerechnet.45 Wenn sie nicht als Anscheinsbeweis eingestuft werden, dann werden sie als auf der Lebenserfahrung beruhende Schlüsse46 und Beweisanzeichen, die aus der freien richterlichen Überzeugung hervorgegangen sind,47 bezeichnet. Grundlage für tatsächliche Vermutungen regeln als gesetzliche Vermutungen ansieht. 4245 134 BGH NJW 1951, 397, 398. 35 4246 2 Erman/Ehmann BGB12 (2008) § 685 Rdn. 2, der allerdings trotz Annahme einer gesetzlichen Auslegungsregel zu einer Umkehr der Beweislast kommt; aA BGH NJW 1998, 978, 979, der von der Entkräftung der Vermutung spricht; BGHZ 38, 302, 305 = NJW 1963, 483 (Rechtsvermutung); Palandt/Sprau BGB67 (2008) § 685 Rdn. 3 (Rechtsvermutung); Staudinger/Bergmann BGB (2006) § 685 Rdn. 15 (Rechtsvermutung);widersprüchlich MünchKommBGB4/Seiler (2005) § 685 Rdn. 3 (Auslegungsregel als Fall der sog. gesetzlichen Tatsachenvermutung). 4247 336 Diederichsen NJW 1965, 671, 672. 37 4248 4 Hedemann S. 227, der allerdings sogleich klarstellt, dass der Wille nicht immer nur Gegenstand der Auslegung und die äußere Tatsache nicht immer nur Gegenstand der Vermutung sei. 4249 538 Donau ZZP 67 (1954), 451, 455. 4250 639 Rosenberg S. 213; Diederichsen NJW 1965, 671, 673. 4251 740 Diederichsen NJW 1965, 671, 672. 41 4252 8 Vgl. zu den tatsächlichen Vermutungen die Nachweise bei Allner S. 21 ff. und weitere Beispielsfälle, S. 42 ff.; Baumgärtel Beweislastpraxis (1996), Rdn. 355 ff. sowie bei Prütting S. 50 ff. 4253 942 Dänzer Die tatsächliche Vermutung (1914), 1; die Definition etwas abändernd Allner S. 125; vgl. auch Rosenberg S. 210 f. 43 4254 10 MünchKomm/Prütting Rdn. 7; Hk/Saenger
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Rdn. 4; aA Bruns ZPR Rdn. 171c, der bei Herabsetzung des Beweismaßes für den Beweis des Gegenteils § 292 für anwendbar hält; Hirtz MDR 1988, 182, 185, der die tatsächlichen Vermutungen analog § 292 behandelt. 44 4255 11 Vgl. BVerwG ZIP 1999, 202, 204 (tatsächliche Vermutung für Nutzungsziehung); BAG AP Nr. 47 zu Art. 9 GG Arbeitskampf (tatsächliche Vermutung für die Verfolgung legaler Ziele beim Streik), dazu Lieb FS Herschel (1982), S. 223 ff.; OLG Saarbrücken NJW 1993, 3077, 3078 (widerlegbare Vermutung der Kausalität). 45 4256 12 Vgl. z.B. BGH NJW 1993, 3259 (Vermutung bei Verstößen gegen Beraterpflicht); BGH NJW 1992, 240, 241 (Vermutung des beratungsgemäßen Verhaltens des Mandanten bei Beratungspflichtverletzung des Anwalts); vgl. zur Haftung des Anwalts bei Verstoß gegen Beratungspflichten Heinemann NJW 1990, 2345, 2352 f.; Baumgärtel FS Schwab (1990), S. 43, 48; Walter Freie Beweiswürdigung (1979), S. 211 ff. 46 4257 13 Die allerdings zwingend sein müssen, was zu verneinen ist, wenn nicht gänzlich entfernt liegende Möglichkeiten entgegenstehen, vgl. BGH ZIP 1993, 458, 461; vgl. auch Guggenbühl S. 16 f. 47 4258 14 BSGE 19, 52, 54, das diese Vermutungen auch als natürliche oder unechte Vermutungen bezeichnet; Prütting S. 57 f., der eine eigene Figur der „tatsächlichen Vermutungen“ für überflüssig und gefährlich hält.
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sind in den meisten Fällen ebenso wie beim Anscheinsbeweis sog. Erfahrungsgrundsätze.48 Allerdings unterscheidet sich das Beweisthema beim Anscheinsbeweis von demjenigen der tatsächlichen Vermutung. Während sich der Anscheinsbeweis in der Regel auf den Beweis der Kausalität und des Verschuldens bezieht, ist Gegenstand einer tatsächlichen Vermutung eine Tatsache.49 Beide führen aber nicht zu einer Beweislastumkehr.50 Beim Anscheinsbeweis und auch bei der tatsächlichen Vermutung handelt es sich lediglich um eine Frage der Beweiswürdigung.51 Sie können durch einfachen Gegenbeweis erschüttert werden.52 Dagegen wird aber in einigen Fällen der Beweis des Gegenteils verlangt, so dass die tatsächliche Vermutung letztendlich zu einer Beweislastumkehr führt.53 Dies wird z.B. für die sog. GEMA-Vermutung vertreten.54 Diese besagt, dass zugunsten der GEMA angesichts ihres umfassenden In- und Auslandsrepertoires eine tatsächliche Vermutung ihrer Wahrnehmungsbefugnis für die Aufführungsrechte an in- und ausländischer Tanz- und Unterhaltungsmusik und für die sog. mechanischen Rechte besteht; die Vermutung erstreckt sich auch darauf, dass die Werke urheberrechtlich geschützt sind.55 Zur Entkräftung der Vermutung wird von der Rechtsprechung56 und Teilen der Literatur57 entsprechend § 292 der Beweis des Gegenteils verlangt. Aber auch in diesen Fällen handelt es sich nur um eine Beweiswürdigungsregel, so dass die Erschütterung durch einfachen Gegenbeweis genügen muss.58 Eine tatsächliche Vermutung59 wird auch für die Wiederholungsgefahr bei Wettbewerbsverstößen angenommen,60 deren Vorliegen der Beklagte zu widerlegen hat.61 Zum Teil wird dies entsprechend § 292 angenommen.62 Der Gegner muss nachweisen, dass künftige Verletzungen mit Sicherheit nicht zu erwarten sind. Die bloße Erklärung des Verletzers, er wolle das beanstandete Verhalten einstellen, genügt zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht. Vielmehr ist hierfür grundsätzlich eine durch Strafversprechen gesicherte Unterlassungsverpflichtung notwendig.63 Neben einer solchen 4259 148 Allner S. 73; zu den Einteilungen der Erfahrungssätze in Erfahrungsgesetze, Erfahrungsgrundsätze und einfache Erfahrungssätze vgl. Hainmüller Der Anscheinsbeweis und die Fahrlässigkeitstat im heutigen Schadensersatzprozeß (1966), S. 26 ff.; Prütting S. 106 ff. 4260 249 So zu Recht Allner S. 63, 65. 4261 350 BGH JZ 1988, 1126, 1129; BGH NJW-RR 1988, 1380, 1381; BGH VersR 1957, 429, 430; Prütting S. 55; aA BGH NJW 1988, 200, 204; BGH WM 1978, 1049, 1050; Wassermeyer Der prima-facieBeweis (1954), S. 35. 51 4262 4 BGH MDR 1959, 114, 115. 52 4263 5 BGH MDR 2003, 649, 650; Allner S. 73. 4264 653 Dagegen Prütting S. 53 ff. 4265 754 Zum Anwendungsbereich der GEMA-Vermutung siehe die Aufstellung bei Allner S. 84 f. mwN. 4266 855 BGHZ 95, 274, 276 = NJW 1986, 1244 mwN; BGHZ 95, 285, 288 = NJW 1986, 1247, 1248. 56 4267 9 BGH GRUR 1988, 373, 375; BGH NJW 1986, 1247, 1249; BGH NJW 1986, 1249, 1250. 57 4268 10 Melichar Die Wahrnehmung von Urheberrechten durch Verwertungsgesellschaften am Beispiel der VG WORT (1983), S. 46; vgl. v. Movsessian/ Seifert Einführung in das Urheberrecht der Musik2 (1995), S. 300 f.
58 4269 11 Allner S. 88 ff. 59 4270 12 Es handelt sich nicht um eine gesetzliche Vermutung iSd § 292, Eltzbacher Die Unterlassungsklage, Ein Mittel vorbeugenden Rechtsschutzes (1906), S. 182 Fn. 1; Gruber WRP 1991, 368, 375; Stephan Die Unterlassungsklage (1908), S. 131 f. 60 4271 13 St. Rspr. BGH NJW 2003, 3702 = GRUR 2004, 263, 264; BGHZ 140, 1, 11 = NJW 1999, 356, 358; RGZ 125, 391, 393; vgl. OLG Köln JMBlNRW 1990, 246; siehe dazu auch Ritter Zur Unterlassungsklage: Urteilstenor und Klageantrag (1994), S. 120 ff. mwN; Piper/Ohly/Piper UWG4 (2006) § 8 Rdn. 8. 61 4272 14 BGH GRUR 1998, 1045; BGH NJW 1987, 3251, 3252; vgl. Fritzsche Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage (2002), S. 172; vgl. Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren9 (2007) Kap. 6 Rdn. 9 f.; Hesse GRUR 1972, 675, 682; Hirtz MDR 1988, 182, 185. Zur Wirkung der Unterwerfungserklärung vgl. ausführlich Ahrens/Schulte Der Wettbewerbsprozeß5 (2005), S. 187 ff. 62 4273 15 Fritzsche Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage (2002), S. 172; Hirtz MDR 1988, 182, 184. 63 4274 16 BGH GRUR 1998, 1045, 1046; BGH GRUR 1964, 274, 275.
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strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung sind jedoch auch andere Beweismittel zur Widerlegung der Vermutung zulässig.64 Außerdem nimmt die Rechtsprechung65 eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit und Vollständigkeit von Privaturkunden an, zu deren Entkräftung teils der Beweis des Gegenteils66 teils der Gegenbeweis67 gefordert wird. Diese tatsächliche Vermutung ist von der gesetzlichen Vermutung gem. § 440 Abs. 2 zu unterscheiden (vgl. Rdn. 25). 6. Fiktionen
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Bei den Fiktionen wird vom Gesetz in der Regel ein Sachverhalt angenommen, der in Wirklichkeit nicht besteht, oder umgekehrt ein in Wirklichkeit bestehender Sachverhalt als nicht bestehend angenommen.68 Dadurch wird es ermöglicht, eine bestimmte Rechtsfolge trotz nicht existierender Voraussetzungen abzuleiten bzw trotz existierender Voraussetzungen zu verneinen.69 Das Gesetz verwendet meist die Formulierung „gilt“, um eine Fiktion auszudrücken, wie z.B. in §§ 108 Abs. 2 S. 2, 119 Abs. 2, 177 Abs. 2 S. 2, 812 Abs. 2, 892, 1058,70 1148,71 1923 Abs. 2 BGB, §§ 39, 267, 547, 755 ZPO. Bei der Fiktion handelt es sich um keine Beweislastregel. Deshalb kann diese im Gegensatz zu den widerlegbaren Vermutungen nicht durch den Beweis des Gegenteils entkräftet werden.72 Vielmehr ist der Richter bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen an das Gesetz gebunden. Ihm wird die Entscheidung abgenommen.73 Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen müssen jedoch vom Begünstigten behauptet und bewiesen werden.
V. Vermutungen im Einzelnen
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Es gibt gesetzliche Vermutungen sowohl im prozessualen als auch im materiellen Recht. 1. Widerlegbare Vermutungen
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a) im materiellen Recht. Widerlegbare gesetzliche Tatsachenvermutungen sind in § 476 BGB (Vermutung der Mangelhaftigkeit bereits bei Gefahrübergang im Ver-
4275 164 Ahrens/Schulte Der Wettbewerbsprozeß5 (2005) S. 200 f., der von der Entkräftung der tatsächlichen Vermutung durch Gegentatsachen spricht. 65 4276 2 BGH MDR 2004, 678; BGH NJW 2002, 3164 f.; BGH NJW 1980, 1680, 1681; BGH VersR 1960, 812, 813; vgl. RGZ 88, 370, 372; OLGR Celle 2004, 295, 296; KGR 2004, 79; KG OLGZ 1977, 487, 488. 4277 366 BGH NJW 1980, 1680, 1681 (voller Beweis); vgl. BGHZ 20, 109, 111 = NJW 1956, 665 (Hauptbeweis); wohl auch KG OLGZ 1977, 487, 488 (Gegenbeweis, der voll geführt werden muss). 67 4278 4 BGH NJW-RR 2003, 384 f.; BGH MDR 1978, 567; BGH NJW 2000, 1179, 1181 (zu widerlegen); vgl. dazu Baumgärtel Beweislastpraxis (1996), Rdn. 356 mwN; MünchKomm/Schreiber § 416 Rdn. 10; Elzer JR 2006, 447, 450.
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4279 568 Vgl. Diederichsen NJW 1965, 671, 673. 4280 669 Esser Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen2 (1969), S. 25 sieht gesetzliche Fiktionen als eine besondere Form der Verweisung an; ebenso Larenz/Canaris Methodenlehre3 (1995), S. 83 f. 4281 770 Staudinger/Frank BGB (2002) § 1058 Rdn. 8; MünchKommBGB4/Pohlmann (2004) § 1058 Rdn. 4; aA Erman/Michalski BGB12 (2008) § 1058 Rdn. 1 (unwiderlegbare Vermutung). 4282 871 RGZ 94, 55, 57 (unwiderlegbare Fiktion); MünchKommBGB4/Eickmann (2004) § 1148 Rdn. 3; Bamberger/Roth/Rohe BGB (1.10.2007) § 1148 Rdn. 1; Palandt/Bassenge BGB67 (2008) § 1148 Rdn. 1. 4283 972 Vgl. Donau ZZP 67 (1954), 451, 453; Schwab ZZP 68 (1955), 121, 127. 73 4284 10 Diederichsen NJW 1965, 671, 672.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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brauchsgüterkauf),74 § 558d Abs. 3 BGB75, § 938 BGB (Vermutung des Eigenbesitzes), § 1117 Abs. 3 BGB (Vermutung der Briefübergabe), § 1253 Abs. 2 BGB (Vermutung für Rückgabe des Pfandes), § 1377 Abs. 1 und 3 BGB (Vermutung der Richtigkeit des Verzeichnisses bzw des Zugewinns), § 1610a BGB (Deckungsvermutung),76 § 2009 BGB (Vermutung für Richtigkeit des Inventars) enthalten. Gesetzliche Rechtsvermutungen sind in § 891 BGB (Vermutung für das Bestehen der im Grundbuch eingetragenen Rechte),77 § 921 BGB (Vermutung für gemeinschaftliche Benutzung von Grenzanlagen), § 938 BGB (Vermutung für Eigenbesitz), § 1006 BGB (Eigentumsvermutung),78 § 1138 BGB (Vermutung für Bestehen der Forderung),79 § 1362 BGB (Eigentumsvermutung), § 1964 Abs. 2 BGB (Erbvermutung für den Fiskus), § 2255 S. 2 BGB (Vermutung der Testamentsaufhebung),80 § 2365 BGB (Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins),81 § 2368 Abs. 3 BGB (Vermutung der Richtigkeit des Testamentsvollstreckerzeugnisses)82 enthalten. Weitere gesetzliche Vermutungen finden sich in bürgerlichrechtlichen Nebengesetzen, wie z.B. in §§ 15 Abs. 4, 28 Abs. 2, 31 Abs. 2 BEG83, § 783 Abs. 2 HGB, §§ 9 Abs. 1,84 10, 11, 44 Abs. 2 S. 1 VerschollenheitsG (Vermutungen für Leben und Tod der Menschen)85. Gesetzliche Vermutungen sind außerdem enthalten in § 120 BundesbergG (Bergschadensvermutung),86 Art. 37 § 2, Art. 38 § 1, Art. 39 § 1 CIM, Art. 36 § 2, Art. 37 § 1 CIV, Art. 9 Abs. 2, Art. 18 Abs. 2, Art. 30 Abs. 2 CMR,87 § 34 GenTG,88 §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GBW,89 § 48b Abs. 1 S. 2 LuftVG, § 46 Abs. 2a SGB VI (Vermutung der Versorgungsehe)90, §§ 6 Abs. 1 S. 1, 7 UmwelthaftG (Ursachenvermutung)91, § 10 UrhG (Vermutung der Urheberschaft), § 3 Abs. 1 S. 6 VermG (Vermutung der Anschaffung von Gegenständen des Unternehmens mit Unternehmensmitteln)92, § 178 Abs. 2 S. 2 VVG (Vermutung der unfreiwilligen Gesundheitsbeschädigung).
4285 174 Vgl. dazu BGH NJW 2007, 2621, 2622; BGH NJW 2005, 3490, 3492; BGHZ 159, 215, 218 = NJW 2004, 2299, 2300; LG Aurich ZGS 2005, 40, das im konkreten Fall die Vermutungswirkung abgelehnt hat mit zutreffender abl. Anm. Westphalen ZGS 2005, 101, 102. 4286 275 OVG Münster NVwZ-RR 2007, 78 (qualifizierter Mietspiegel); LG Berlin GE 2003, 1082 (Vermutungswirkung des Mietspiegels, nicht aber der Mietspiegel-Orientierungshilfe). 76 4287 3 Vgl. dazu Drerup NJW 1991, 683 f.; Kalthoener NJW 1991, 1037; Diederichsen FS Gernhuber (1993), S. 597. 77 4288 4 Vgl. dazu Medicus FS Baur (1981), S. 63, 71 ff. 4289 578 BGH NJW-RR 2005, 280, 281; vgl. Medicus FS Baur (1981), S. 63, 74 ff. 4290 679 RGZ 49, 6, 8 f.; RG JW 1922, 490 f.; aber gesetzliche Fiktion in Bezug auf §§ 892, 893, Zöller/ Greger Rdn. 1. 80 4291 7 Musielak S. 74 f. zählt § 2255 S. 2 nicht zu den gesetzlichen Vermutungen, sondern zu den eingliedrigen Beweislastnormen; Rosenberg S. 206 sieht darin eine Scheinvermutung. 4292 881 Vgl. dazu AG Charlottenburg WuM 2003, 86, 87. 4293 982 RGZ 92, 68, 71 f. 83 4294 10 BGH MDR 1959, 114.
84 4295 11 BGH MDR 1959, 29, 30; OLG Neustadt NJW 1952, 940. 85 4296 12 AG Hameln NJW 2006, 1441 f. zu § 10 VerschG. 86 4297 13 Nölscher NJW 1981, 2039 ff., der allerdings, obwohl es sich eindeutig um eine gesetzliche Vermutung iSd § 292 handelt, fälschlich zum einen von einem Anscheinsbeweis (widerlegbarer Beweis des ersten Anscheins), zum anderen von einer gesetzlichen Fiktion spricht. 87 4298 14 BGBl 1961 II S. 1119; BGBl 1962 II S. 12; BGBl 1980 II S. 733, 1443. 88 4299 15 Vgl. dazu Stecher Die Ursachenvermutungen des Umwelthaftungs- und des Gentechnikgesetzes (1995), S. 103 ff. 89 4300 16 Vgl. dazu Ittner Die Vermutungen des GWB (1998), S. 254 ff. (zu §§ 22 Abs. 3, 26 Abs. 2 GWB a.F.); Prütting FS Vieregge (1995), S. 733, 734 f., 737 (zu §§ 22 Abs. 3, 26 Abs. 2 GWB a.F.). 90 4301 17 LSG Schleswig NZS 2007, 321, 322; vgl. SG Dortmund Urt. v. 12.10.2005 – S 34 RJ 219/04; (2003) § 46 Kreikebohm/Löns SGB VI2 Rdn. 20 f. 91 4302 18 Vgl. dazu Stecher Die Ursachenvermutungen des Umwelthaftungs- und des Gentechnikgesetzes (1995), S. 103 ff.; Hager NJW 1991, 134, 137. 92 4303 19 VG Gera Urt. v. 11.10.2005 – 3 K 791/02.GE.
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Liegen die vom Arbeitgeber zu behauptenden und gegebenenfalls zu beweisenden Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG vor, wird die Betriebsbedingtheit der Kündigung gesetzlich vermutet.93 Gleiches gilt für §§ 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 128 Abs. 2 InsO.94 Soweit Landesrecht95 oder ausländisches Recht96 zur Anwendung kommen, gelten auch die dort bestehenden Vermutungen. Die Vermutungen sind nach dem Recht zu beurteilen, das für das in Betracht kommende Rechtsverhältnis maßgebend ist.97 b) im Prozessrecht. In §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 298 sind gesetzliche Vermutungen für die Echtheit von Urkunden geregelt, vgl. auch §§ 14, 16 Abs. 1 S. 1,99 17 EGZPO, § 81 Abs. 3 InsO. Auch § 13b UrhWahrnG100 (Vermutung für die Wahrnehmungsbefugnis) ist dem Prozessrecht zuzurechnen.101 2. Unwiderlegbare Vermutungen
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a) im materiellen Recht. Der allgemein anerkannte Grundsatz für das Recht des eingetragenen Vereins wie für das Recht anderer körperschaftlich organisierter Verbände des Privatrechts, dass Personen, die als Vorstand im Vereinsregister eingetragen sind, in jedem Fall als zur Einberufung der Mitgliederversammlung befugt gelten,102 auch wenn die Unrichtigkeit der Eintragung feststeht,103 stellt eine unwiderlegbare Vermutung dar. Auch die in § 1566 Abs. 1 und 2 BGB enthaltene Vermutung des Scheiterns der Ehe ist unwiderlegbar.104 b) im Prozessrecht. Unwiderlegbare Vermutungen enthalten §§ 267, 739.
VI. Wirkung der Vermutung
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Die Vermutung ersetzt das Urteil des Richters bezüglich der vermuteten Tatsache kraft Gesetzes. Der Richter wird angewiesen, so zu entscheiden, als ob das Tatbestandsmerkmal vorliegt, obwohl die zugrunde liegende Tatsache nicht bewiesen ist.105 Eine Beweiserhebung ist nicht erforderlich. Dies gilt unabhängig von dem Grad der Wahrscheinlichkeit, die im konkreten Fall für die vermutete Tatsache besteht.106 Wie weit die Vermutung reicht, ergibt sich aus dem Gesetz.107 Die vermutete Tatsache selbst muss nicht behauptet werden.108 Dies gilt auch für die den Rechtsvermutungen zugrunde liegenden Tatsachen.109 4304 193 BAG ZIP 1998, 1809, 1810; ArbG Siegburg MDR 1997, 1038. 94 4305 2 LAGR Hamm 2005, 308, 310. 95 4306 3 RG JW 1901, 663; RGZ 160, 285; vgl. dazu Hedemann S. 346 ff. 4307 496 OLG Dresden SeuffArch 66 Nr. 33; Hedemann S. 344 f. 4308 597 OLG Dresden SeuffArch 66 Nr. 33. 4309 698 BGH NJW 2000, 1179, 1181; BGHZ 104, 172, 176 f. = NJW 1988, 2741; OLG Köln WuM 1996, 266; LAGR Berlin 2003, 297, 298. 99 4310 7 RGZ 68, 60, 63; RG JW 1898, 59. 100 4311 8 BGH NJW 1991, 2025 f. 101 94312 BGH NJW 1990, 451, 452. 102 4313 10 BayObLGZ 1985, 24, 26; BayObLGZ 1972, 329, 330; KG OLGZ 1978, 272, 274; KG OLGZ 1971, 480, 481.
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11 BayObLGZ 1985, 24, 27. 104 4315 12 OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1417; zu § 1566 Abs. 1 und 2 vgl. Habscheid FS Bosch (1976), S. 355, 366 ff. 105 4316 13 Prütting S. 50; vgl. auch Leipold S. 93. 106 4317 14 BGH MDR 1959, 114. 107 4318 15 RG JW 1901, 663; vgl. dazu Hedemann S. 314 f. 108 4319 16 Baumgärtel Beweislastpraxis (1996), Rdn. 32; Leipold S. 89; Prütting S. 46; Rosenberg S. 218; Stecher Die Ursachenvermutungen des Umwelthaftungs- und des Gentechnikgesetzes (1995), 94; aA Hedemann S. 283 ff.; Musielak S. 55. 109 4320 17 Hedemann S. 287 f. (aber das Recht selbst als Surrogat des detaillierten tatsächlichen Behauptens; dagegen Leipold S. 98 f.).
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Allerdings müssen die Tatbestandsvoraussetzungen für die gesetzliche Vermutung (Vermutungsbasis)110 von der durch sie begünstigten Partei behauptet und gegebenenfalls bewiesen werden. Damit verschiebt sich das Beweisthema.111 Insoweit kann der Gegner durch einen einfachen Gegenbeweis die Vermutungsbasis zu Fall bringen112 und damit die gesetzliche Vermutung beseitigen.113
VII. Der Beweis des Gegenteils Der Beweis des Gegenteils bezieht sich dagegen auf die Widerlegung der vermuteten Tatsachen selbst. Er ist erst dann geführt, wenn die Unwahrheit der vermuteten Tatsache durch substantiierte Tatsachen vorgetragen und voll bewiesen ist.114 Der Richter muss von der Unrichtigkeit der Vermutung überzeugt sein.115 Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gem. § 286.116 An diesen Beweis sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als an den Beweis einer sonstigen Tatsache.117 Er kann jedoch auch wie jeder andere Beweis auf Grund von Indizien geführt werden.118 Unproblematisch ist der Inhalt des Beweises des Gegenteils, wenn es sich um eine Tatsachenvermutung handelt. Dagegen besteht bei den Rechtsvermutungen ein Spannungsverhältnis zwischen deren Inhalt und dem möglichen Thema des Beweises des Gegenteils.119 So trägt z.B. der Vermutungsbegünstigte bei § 1006 BGB lediglich die Behauptungslast für den Eigenbesitz,120 nicht aber für den Erwerbstatbestand,121 so dass der Beweis des Gegenteils der Erwerbsvermutung122 kaum möglich wäre, wenn sich der Begünstigte nicht zum Besitzerwerb äußert.123 Als Lösungsmöglichkeit wird vorgeschlagen, dass der Begünstigte, wenn der Gegner den vermuteten Rechtserwerb in allgemeiner Form leugnet, auf Grund seiner sekundären Beweislast die konkreten Erwerbstatsachen anführen müsse, soweit er sie kennt (§ 138 Abs. 4).124 Zum Teil wird eine Auskunftspflicht des Besitzers angenommen, wie er den Eigenbesitz erworben habe.125 Nach Ansicht der Rechtsprechung verletzt das Gericht jedenfalls § 286, wenn es bei der Beweiswürdigung für die Widerlegung einer Eigentumsvermutung aus § 1006 BGB diese als nicht widerlegt behandelt, weil es einen Sachverhalt als möglich ansieht, den keine Partei behauptet und der sich auch nicht auf Grund allgemeiner Erfahrungen aufdrängt.126 Zur Widerlegung der Vermutung des § 1362 Abs. 1 S. 1
110 14321 Vgl. Holzhammer FS Kralik (1986), S. 205 ff. 111 24322 Vgl. BGH NJW 1951, 397, 398; Guggenbühl S. 73. 112 34323 Donau ZZP 67 (1954), 451, 452. 113 4324 4 Rosenberg S. 222. 114 54325 BAG ZIP 1998, 1809, 1810 f. (Umkehr der Beweislast und der Darlegungslast), vgl. aber Hiendl NJW 1963, 1662, der die Angabe neuer Tatsachen nicht für erforderlich hält; Westphalen ZGS 2005, 101, 102 und 210, 213. 115 64326 BGH NJW 1980, 1047, 1048; Guggenbühl S. 144; vgl. auch BVerwGE 85, 314, 321. 116 74327 BGH MDR 1959, 29, 30; RGZ 49, 6, 9. 117 4328 8 BGH MDR 1959, 114. 118 94329 BGH MDR 1959, 29, 30; Rosenberg S. 233. 119 4330 10 Medicus FS Baur (1981), S. 63 ff. 120 4331 11 Wobei die Rspr. bei Nachweis des Besitzes von einer tatsächlichen Vermutung des Eigenbesitzes ausgeht, vgl. BGHZ 54, 319, 324 f. = NJW 1970, 2212, 2213.
121 4332 12 BGH LM Nr. 1 zu § 985 BGB; Werner JA 1983, 617, 620. 122 4333 13 Bei §§ 1006, 891 BGB handelt es sich um eine Erwerbsvermutung (BGH NJW 1984, 1456, 1457), so dass lediglich der Erwerb des Rechts mit der Eintragung bzw des Eigentums mit dem Besitzerwerb vermutet wird, Medicus FS Baur (1981), S. 63, 65 f., 81 f.; Werner JA 1983, 617, 620 f., der auch auf die Bestandsvermutung hinweist, ebenso Wolf JuS 1985, 941, 943. 123 4334 14 Medicus FS Baur (1981), S. 63, 67; Werner JA 1983, 617, 620. 124 4335 15 Leipold S. 97 f.; Diederichsen FS Gernhuber (1993), S. 597, 608; Musielak S. 82; Wolf JuS 1985, 941, 944; dazu Medicus FS Baur (1981), S. 63, 77 f. 125 4336 16 Medicus FS Baur (1981), S. 63, 78 ff.; dagegen Werner JA 1983, 617, 622. 126 4337 17 BGH LM Nr. 16 zu § 1006 BGB = JR 1978, 18 mit zust. Anm. Baumgärtel/Wittmann; vgl. aber KG JR 1978, 378 f. mit abweichender Begrün-
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BGB braucht der nicht schuldende Ehegatte lediglich seinen Eigentumserwerb, nicht jedoch den Fortbestand seines Eigentums zu beweisen.127 Der Beweis des Gegenteils ist Hauptbeweis.128 Dieser ist zu unterscheiden vom Gegenbeweis, der lediglich die Überzeugung des Gerichts wieder erschüttern muss. Anders als beim Gegenbeweis (§ 445 Abs. 2) ist beim Beweis des Gegenteils jedes Beweismittel129, auch die Parteivernehmung zulässig.130 Letzteres stellt § 292 S. 2 ausdrücklich klar. Das Gericht kann gegebenenfalls auch eine Parteivernehmung von Amts wegen anordnen (§ 448). Zur Beweiserhebung kommt es jedoch nur, wenn die erheblichen vermuteten Tatsachen bestritten werden. Der Beweis muss von demjenigen geführt werden, gegen den die Vermutung spricht.131 Zu dessen Lasten geht es dann auch, wenn das Gegenteil nicht bewiesen werden kann.132 Ein Anscheinsbeweis reicht nicht aus.133 Gesteht jedoch derjenige, zu dessen Gunsten die Vermutung spricht, das Gegenteil zu (§ 288), dann bedarf es keines Beweises.134 Nicht möglich ist der Beweis des Gegenteils bei unwiderlegbaren Vermutungen. Eine ärztliche Bescheinigung begründet keine gesetzliche Vermutung iSd § 292 für die in der Bescheinigung bestätigte Erkrankung, so dass ein Gegenbeweis zur Erschütterung des Hauptbeweises ausreicht.135 In den summarischen Verfahren genügt zur Beweisführung die Glaubhaftmachung (§ 294). Dies bedeutet für gesetzliche Vermutungen, dass die Vermutungsbasis vom Antragsteller lediglich glaubhaft gemacht werden muss. Dementsprechend genügt die Glaubhaftmachung des Gegenteils zur Erschütterung der Vermutung. Ist dagegen die Vermutungsgrundlage bewiesen oder unstreitig, genügt bloße Glaubhaftmachung des Gegenteils nicht.136
§ 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen. Schrifttum Arens Prozessuale Probleme bei der Anwendung ausländischen Rechts im deutschen Zivilprozess, FS Zajtay, 1982, S. 7 ff.; Artz Kollisionsrecht und ausländisches Recht in spanischen und deutschen Zivilverfahren, 2004; Brauksiepe Die Anwendung ausländischen Rechts im Zivilpro-
dung; dazu Medicus FS Baur (1981), S. 63, 70 f.; vgl. auch Rosenberg S. 233 f. zu § 891 BGB. 1 BGH NJW 1976, 238, 239. 128 24339 Hiendl NJW 1963, 1662; Westphalen ZGS 2005, 210, 213; vgl. dazu Musielak S. 66 f. 129 34340 RGZ 49, 6, 9. 130 44341 BGHZ 104, 172, 177 = NJW 1988, 2741. 131 54342 RGZ 99, 152, 153; zu den Anforderungen an die 127 4338
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Widerlegung der Vermutung vgl. RGZ 114, 73, 75 f. 6 Vgl. BGH MDR 1959, 115 f. 133 4344 7 BAG ZIP 1998, 1809, 1810 f; BGH MDR 1959, 114, 115. 134 84345 RGZ 49, 6, 9. 135 94346 BAG NJW 1977, 350. 136 4347 10 So Donau ZZP 67 (1954), 451, 456 ff. 132 4343
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zess, Diss. Bonn 1965; Broggini Die Maxime „iura novit curia“ und das ausländische Recht, AcP 155 (1956), 469 ff.; Caduff Die Feststellung des anwendbaren Rechts im Prozess (Art. 16 IPRG): Ein Leitfaden für die Abwicklung von Verfahren mit internationalen Sachverhalten, 2000; Dethloff Ausländisches Wettbewerbsrecht im einstweiligen Rechtsschutz, RabelsZ 62 (1998), 286 ff.; Dölle Über die Anwendung ausländischen Rechts, GRUR 1957, 56 ff.; ders. Bemerkungen zu § 293 ZPO, FS Nikisch, 1958, S. 185 ff.; ders. De l’application du droit e´tranger par le juge interne, Rev. crit. 1955, 233 ff.; Drobnig The use of foreign law by German Courts, in: Jayme (Herausg.), German National Reports in Civil Law Matters for the XIVth Congress of Comparative Law, 1994, S. 5 ff.; Fastrich Revisibilität der Ermittlung ausländischen Rechts, ZZP 97 (1984), 423 ff.; Ferid Überlegungen, wie der Misere bei der Behandlung von Auslandsrechtsfällen in der deutschen Rechtspraxis abgeholfen werden kann, FS O. Möhring, 1973, S. 1 ff.; Flessner Diskriminierung von grenzübergreifenden Rechtsverhältnissen im europäischen Zivilprozess, ZeuP 14 (2006), 737 ff.; Fuchs Die Ermittlung ausländischen Rechts durch Sachverständige, RIW 1995, 807 ff.; Geisler Zur Ermittlung ausländischen Rechts durch „Beweis“ im Prozess, ZZP 91 (1978), 176 ff.; Gruber Die Anwendung ausländischen Rechts durch deutsche Gerichte, ZRP 1992, 6 ff.; Hau Gerichtssachverständige in Fällen mit Auslandsbezug, RIW 2003, 822 ff.; Heldrich Probleme bei der Ermittlung ausländischen Rechts in der gerichtlichen Praxis, FS Nakamura, 1996, S. 243 ff.; ders. Heimwärtsstreben auf neuen Wegen, Zur Anwendung der lex fori bei Schwierigkeiten der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Ferid, 1978, S. 209 ff.; Hetger Die Ermittlung ausländischen Rechts, FamRZ 1995, 654 f.; Hök Zur Mitwirkungspflicht der Prozessparteien bei der Ermittlung ausländischen Rechts, JurBüro 1987, 1760 ff.; Huzel Zur Zulässigkeit eines „Auflagenbeschlusses“ im Rahmen des § 293 ZPO, IPRax 1990, 77 ff.; Jansen/Michaels Die Auslegung und Fortbildung ausländischen Rechts, ZZP 116 (2003), 3 ff.; Jastrow Zur Ermittlung ausländischen Rechts: Was leistet das Londoner Auskunftsübereinkommen in der Praxis?, IPRax 2004, 402 ff.; Jayme Die Expertise über fremdes Recht, in: Nicklisch (Herausg.), Der Experte im Verfahren, 2005, S. 109 ff.; Jessurun d’Oliveira Foreign Law in summary proceedings, FS Voskuil, 1992, S. 119 ff.; Kegel Die Ermittlung ausländischen Rechts, in: Müller (Herausg.), Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 157 ff.; ders. Zur Organisation der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Nipperdey, 1965, Bd. I, S. 453 ff.; Kindl Ausländisches Recht vor deutschen Gerichten, ZZP 111 (1998), 177 ff.; Koehler Die Feststellung ausländischen Rechts im Prozess, JR 1951, 549 ff.; Kötz Allgemeine Rechtsgrundsätze als Ersatzrecht, RabelsZ 34 (1970), 663 ff.; Kralik Iura novit curia und das ausländische Recht, ZfRV 3 (1962), 75 ff.; Krause Ausländisches Recht und deutscher Zivilprozess, Diss. Konstanz 1990; Kreutzer Einheitsrecht als Ersatzrecht, NJW 1983, 1943 ff.; Krüger Zur Ermittlung ausländischen Rechts in Deutschland: Ein Bericht aus der Praxis, FS Nomer, 2003, S. 357 ff.; Küppers Zum Nachweis ausländischen Rechts im Versäumnisverfahren, NJW 1976, 489 ff.; Küster Ermittlung ausländischen Rechts im deutschen Zivilprozess und ihre Kostenfolgen, Diss. Hannover 1995; ders. Zur richterlichen Ermessensausübung bei er Ermittlung ausländischen Rechts, RIW 1998, 275 ff.; Langenbeck Beiträge zur Lehre vom Beweise fremder Rechte vor inländischen Gerichten, AcP 41 (1858), 160 ff.; Lindacher Zur Mitwirkung der Parteien bei der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Schumann, 2001, S. 283 ff.; ders. Zur Anwendung ausländischen Rechts, FS Beys, 2003, S. 909 ff.; Luther Kollisions- und Fremdrechtsanwendung in der Gerichtspraxis, RabelsZ 37 (1973), 660 ff.; Mankowski Privatgutachten über ausländisches Recht − Erstattungsfähigkeit der Kosten, MDR 2001, 194 ff.; Mankowski/Kerfack Arrest, einstweilige Verfügung und die Anwendung ausländischen Rechts, IPRax 1990, S. 372 ff.; Matsumoto Folgen der Nichtfeststellbarkeit ausländischen Rechts im japanischen Zivilprozess, GS Arens, 1993, S. 207 ff.; Meier Iura novit curia, Diss. Zürich 1975; Mittermaier Über den Beweis ausländischer Gesetze in Rechtsstreitigkeiten, AcP 18 (1835), 67 ff.; Müller Zur Nichtfeststellbarkeit des kollisionsrechtlich berufenen ausländischen Rechts, NJW 1981, 481 ff.; Otto Die gerichtliche Praxis und ihre Erfahrungen mit dem Europäischen Übereinkommen vom 7.6.1968 betr. Auskünfte über ausländisches Recht, FS Firsching, 1985, S. 209 ff.; ders. Das Europäische Übereinkommen vom 7.6.1968 betreffend die Auskünfte über ausländischen Recht in der deutsch-italienischen Rechtspraxis, Jahrbücher für Italienisches Recht, Bd. 4 (1991), S. 139 ff.; ders. Das Europäische Übereinkommen vom 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht − im Abseits?, Jahrbücher für Italienisches Recht, Bd. 7 (1994), S. 231 ff.; ders. Die Schwierigkeiten der Anwen-
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§ 293
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
dung ausländischen Rechts − Besonderheiten des italienischen und französischen Kindschaftsrechts, StAZ 1994, 178 ff.; ders. Der verunglückte § 293 ZPO und die Ermittlung ausländischen Rechts durch „Beweiserhebung“, IPRax 1995, 299 ff.; ders. Missstände in der deutsch-italienischen Praxis des Europäischen Übereinkommens vom 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, Jahrbücher für Italienisches Recht Bd. 8 (1995), S. 229 f.; Picone Die „Anwendung“ einer ausländischen „Rechtsordnung“ im Forumstaat: ...perseverare est diabolicum!, FS Siehr, 2000, S. 569 ff.; Remien Iura novit curia und die Ermittlung fremden Rechts im europäischen Rechtsraum der Artt. 61 ff. EGV − für ein neues Vorabentscheidungsverfahren bei mitgliedstaatlichen Gerichten, FS 75 Jahre Max Planck Institut für Privatrecht, 2001, S. 617 ff.; Reu Anwendung fremden Rechts, 1938; Rodger/van Doorn Proof of Foreign Law: The Impact of the London Convention, ILCQ 46 (1997), 151 ff.; Sangiovanni La conoscenza, l’interpretazione e l’applicazione della legge straniera da parte del giudice civile tedesco, Riv. 35 (1999), 913 ff.; Schack Subrogation und Prozessstandschaft, Ermittlung ausländischen Rechts im einstweiligen Verfügungsverfahren, IPRax 1995, 158 ff.; Schellak Selbstermittlung oder ausländische Auskunft unter dem europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen, 1998; Schilken Zur Rechtsnatur der Ermittlung ausländischen Rechts nach § 293 ZPO, FS Schumann, 2001, S. 373 ff.; Schnyder Die Anwendung des zuständigen fremden Sachrechts im internationalen Privatrecht, Diss. Zürich, 1981; Schütze Ausländisches Recht als beweisbedürftige Tatsache, NJW 1965, 1652 f.; ders. EGRecht im deutschen Zivilprozess, EWS 1990, 49 ff.; ders. Feststellung und Revisibilität europäischen Rechts im deutschen Zivilprozess, GS Baur, 1992, S. 93 ff.; Schwartze Die Ermittlung und Anwendung des Vertragsrechtes anderer EU-Staaten im deutschen Zivilprozess nach § 293 ZPO − ein besonderer Fall, FS Fenge, 1997, S. 127 ff.; Schwung Das Ersatzrecht bei einem Verstoß des ausländischen Rechts gegen den ordre public, RabelsZ 49 (1985), 407 ff.; Sommerlad Grundsätze für die Ermittlung ausländischen Rechts im Zivilprozess, RIW 1991, 856 ff.; Sommerlad/Schrey Die Ermittlung ausländischen Rechts im Zivilprozess und die Folgen der Nichtermittlung, NJW 1991, 1377 ff.; Spickhoff Fremdes Recht vor inländischen Gerichten: Rechts- oder Tatfrage, ZZP 112 (1999), 265 ff.; ders. Die neue Sachverständigenhaftung und die Ermittlung ausländischen Rechts, FS Heldrich, 2005, S. 419 ff.; Theiss Die Behandlung fremden Rechts im deutschen und italienischen Zivilprozess, 1990; Trautmann Ausländisches Recht vor deutschen und englischen Gerichten, ZeuP 14 (2006), 283 ff.; Troller Prozessrechtliche Überlegungen zu Anwendung fremden Rechts, FS Wengler, 1973, S. 839 ff.; Vrellis Überlegungen betreffend die Auslegung fremder Rechtsnormen, FS Siehr, 2000, S. 829 ff.; Wengler Der deutsche Richter vor unaufklärbarem und unbestimmten ausländischen Recht, JR 1983, 221 ff.; Wolf Das europäische Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, NJW 1975, 1583 ff.; Wollny Auskünfte über ausländisches Recht, StAZ 1984, 479 f.; Zajtay Grundfragen der Anwendung ausländischen Rechts im Zivilprozess, ZfRV 1971, 271 ff. Belgien: Krings L’interpre´tation de la loi e´trange`re par le juge du for et le controˆle de cette interpre´tation par la Cour de cassation − Quelques bre`ves conside´rations, FS Baumgärtel 1990, S. 267 ff. Brasilien: Barbosa Moreira Le juge bre´silien et le droit e´tranger, FS Nagel, 1987, S. 14 ff. England: Cohn Neue Regeln zum Beweis ausländischen Rechts im englischen Zivilprozess, RabelsZ 38 (1974), 155 ff. ; Fentiman Foreign Law in English Courts, Law Quarterly Review 108 (1992), 142 ff. ; Geeroms Foreign Law in Civil Litigation, 2004 ; Schmitthoff Länderbericht England, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 88 ff. ; Trautmann Ausländisches Recht vor deutschen und englischen Gerichten, ZeuP 2006, 283 ff.; Webb/Auburn La „pre´somption“ d’identite´ de la loi e´trange`re et de la loi du for en l’absence de preuve, Journal Clunet 105 (1978), 272 ff. Frankreich: Bureau L’application d’office de la loi e´trange`re, Journal Clunet 117 (1990), 317 ff.; Ferrand Die Behandlung ausländischen Rechts durch die französische Cour de Cassation, ZeuP 1994, 126 ff.; Louis-Lucas Existe-t-il une compe´tence ge´ne´rale du droit franc¸ais pour le re`glement des conflits de lois ?, Rev. crit. 1959, 405 ff.; Me´gnin Zu einer systematischeren Anwendung fremden Rechts durch den französischen Richter, IPRax 2005, 459 ff.; Ponsard L’office du juge et l’application du droit e´trange`re, Rev. crit. 1990, 607 ff.; Zajtay Länderbericht Frankreich in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 15 ff.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 293
Italien: Cappelleti „ Iura novit curia “ e impossibilta` di conoscere il diritto straniero richiamato dalle normendi diritto internazionale provato, Giur.It. 1966 I, 1403 ff.; ders. Mandatory Ex-Officio Application of Foreign Law: The Comparative Method as an Answer in Cases where the Foreign Law cannot be ascertained, CILSA 3 (1970), 49 ff.; ders. Länderbericht Italien, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 28 ff.; Franchi, Alla riceca del diritto ignoto, Giur.It. 1979 I 1, 333 ff.; Picone La prova del diritto straniero nella legge italiana di riforma del diritto internazionale privato, FS Jayme 2004, S. 691 ff.; Pocar Sulle conseguenze della mancata conoscenza del diritto straniero richiamato dalla norma di conflitto, FS Broggini, 1997, S. 413 ff.; Sangiovanni Die neue italienische Rechtsprechung zur Ermittlung des ausländischen Rechts, IPRax 2006, 513 ff.; Theiss Die Behandlung fremden Rechts im deutschen und italienischen Zivilprozess, 1990. Japan: Matsumoto Folgen der Nichtfeststellbarkeit ausländischen Rechts im japanischen Zivilprozess, GS Arens 1993, S. 297 ff.; ders. Einige prozessuale Probleme bei der Anwendung ausländischen Rechts im japanischen Zivilprozess, Recht in Japan, 1993/3, 27 ff.; Peterson Das internationale Zivilprozessrecht Japans, 2003, S. 425 ff.; Prütting Ermittlung und Anwendung von ausländischem Recht in Japan und Deutschland, FS Ishikawa, 2001, S. 397 ff. Kanada: Kadletz Fremdes Recht im kanadischen Zivilprozess, IPRax 1999, 183 ff. Korea: Stiller Das internationale Zivilprozessrecht der Republik Korea, 1989, S. 124 ff. Niederlande: Mostermans De processuele behandeling van het conflictenrecht, 1996. Österreich: Kralik Das fremde Recht vor dem Obersten Gerichtshof, FS Fasching, 1988, S. 297 ff.; Schwimann Länderbericht Österreich, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 81 ff. Portugal: Samtleben Länderbericht Spanien, Portugal und Lateinamerika, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 49 ff. Russland: Timochow Die Pflicht zur Ermittlung ausländischen Rechts im Prozess, FS Boguslavskij, 2004, S. 259 ff. Schweden: Jänterä-Jareborg Svensk domstol och utländsk rätt, 1997. Schweiz: Schnyder Die Anwendung des zuständigen fremden Sachrechts im IPR, 1981. Spanien: Artz Kollisionsrecht und ausländisches Recht im deutschen und spanischen Zivilverfahren, 2004; Calvo Caravaca/Carrascosa Gonza´lez The proof of foreign law in the new Spanish Civil Code 1/2000, IPRax 2005, 170 ff.; Garau Sobrino Der Beweis ausländischen Rechts in der neuen spanischen Zivilprozessordnung vom 7. Januar 2000, FS 75 Jahre Max Planck Institut für Privatrecht, 2001, S. 685 ff.; Ramos Mendez, La Prueba del Derecho extranjero, 1980; Samtleben Länderbericht Spanien, Portugal und Lateinamerika, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 49 ff. USA: Fine American Courts and Foreign Law: The New Debate, DAJV-Newsletter 2006, 107 ff.; Hay Länderbericht Vereinigte Staaten von Amerika, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 102 ff.; Hay/Hampe Nichtermittelbarkeit ausländischen Rechts und Forum Non Conveniens, RIW 1998, 760 ff.; Henley Note: The Effect of a Failure to Prove The Law of a Foreign Country: A Presumption of Fundamental Principles Recognized by All Civilized Nations, Cal.L.Rev. 51 (1963), 632 ff.; Merryman Foreign Law as a problem, StanfordJIntL 19 (1983), 151 ff.; Miner The Reception of Foreign Law in the U.S. Federal Courts, AmJCompL 1995, 581 ff.; Sass Foreign Law in Federal Courts, AmJCompL 29 (1981), 97 ff.; Schlesinger A Recurrent Problem in Transnational Litigation: The Effect of Failure to Invoke or Prove the Applicable Foreign Law, Cornell L.Rev. 59 (1973), 1 ff.; ders. Die Behandlung des Fremdrechts im amerikanischen Zivilprozess, RabelsZ 27 (1963), 54 ff.; Sprankling/Lanyi Pleading and Proof of Foreign Law in American Courts, StanfordJIntL 19 (1983), 3 ff. Mehrere Rechtsordnungen: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, O (Länderberichte); Hartley Pleading and Proof of Foreign Law, ICLQ 45 (1996), 271 ff.; Lando Länderbericht Skandinavien, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 128 ff.; Mayer Le juge et la loi e´trange`re, Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht 1991, 481 ff.; Samtleben Länderbericht Spanien, Portugal und Lateinamerika, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 49 ff.; Sass Foreign Law in Civil Litigation:
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§ 293
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
A Comparative Survey, AmJCompL 16 (1968), 332 ff.; Zajtay The application of foreign law, in: Internationale Encyclopedia Comparative Law, vol II, ch.14, 1972.
Übersicht Rdn I. Anwendung ausländischen Rechts als Recht oder Tatsache . . . . . 1. Grundregel des § 293 . . . . . 2. Ausländisches Recht . . . . . a) Kollisionsnormen . . . . . b) Europäisches Recht . . . . c) Rezipiertes Recht . . . . . d) „entlegenes Recht“ . . . . . e) lex mercatoria . . . . . . . f) Völkerrecht . . . . . . . . g) Besonderheiten bei materiellrechtlicher Verweisung . . . h) Einstweiliger Rechtsschutz . i) Versäumnisverfahren . . . . j) Urkundsverfahren . . . . . 3. Ermittlung von Amts wegen . .
. . . . . . . . .
1 2 3 4 5 6 7 8 9
. . . . .
10 11 12 13 14
II. Feststellung ausländischen Rechts . 1. Mitwirkung der Parteien . . . . a) Mitwirkungsrecht der Parteien . b) Mitwirkungspflicht der Parteien 2. Rechtsauskünfte . . . . . . . . a) Europäisches Rechtsauskunftsübereinkommen . . . . . . . b) Bilaterale Staatsverträge . . . . 3. Sachverständigengutachten . . . 4. Weitere Erkenntnisquellen . . . . 5. Der „Beweis“ ausländischen Rechts
15 16 17 18 19
III. Anwendung und Auslegung ausländischen Rechts . . . . . . . . . . 1. Maßgeblichkeit ausländischer Rechtspraxis . . . . . . . . . . 2. ordre public Vorbehalt . . . . .
19 21 23 24 25 27
Rdn IV. Fehlerhafte Anwendung ausländischen Rechts . . . . . . . . . 1. Revisiblität der Verletzung des § 293 ZPO . . . . . . . . . 2. Die Grenzen der Überprüfung . a) Der unfähige Gutachter . . . b) Das missbilligte Ergebnis . .
.
29
. . . .
29 30 31 32
. . . . .
33 34 35 36 37
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38
. .
40 41
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42
VI. Ersatzrecht bei ordre public Widrigkeit des ausländischen Rechts . . .
43
V. Nichtfeststellbarkeit des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes . 1. Keine Klagabweisung . . . . . 2. Ersatzrecht . . . . . . . . . a) Hilfsanknüpfung . . . . . . b) lex fori als Ersatzrecht . . . c) Verwandtes Recht als Ersatzrecht . . . . . . . . . . . d) Allgemeine Rechtsgrundsätze als Ersatzrecht . . . . . . . e) Einheitsrecht als Ersatzrecht . f) Sonderregelung für ungeklärte Staatsangehörigkeit . . . . .
VII. Analoge Anwendung im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . .
44
VIII. Gewohnheitsrecht . . . . . . . . 1. Begriff . . . . . . . . . . . . 2. Nichtermittelbarkeit . . . . . .
45 45 46
IX. Statuten
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. . . . . . . . . . . .
27 28
I. Anwendung ausländischen Rechts als Recht oder Tatsache
1
§ 293 regelt die Feststellung ausländischen Rechts im inländischen Prozess, wenn und soweit dieses auf Grund kollisionsrechtlicher Verweisung anwendbar ist. Dabei ist es praktisch nicht bedeutsam, ob die Anwendung einer „ausländischen Rechtsordnung“ möglich ist, was Picone leugnet1, da „unter einer Rechtsordnung ein gesamtes und einheitliches normatives System zu verstehen ist, welches sich nicht an der Grenze der internen Gesetzgebung erschöpft, sondern auch alle aus ausländischen Gesetzen (oder aus dem Völkerrecht) abzuleitenden Regelungen oder konkreten normativen Beurteilungen enthält, auf die sie verweist und die sie in ihrem Bereich konkret geltend macht.“ Jedenfalls geht es Prozess regelmäßig um die Anwendung eines konkreten Rechtssatzes, dessen Inhalt festgestellt und der angewendet werden muss. 1 14348 Vgl. Picone FS Siehr S. 569 ff.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 293
Dem ausländischen Recht kommt nach allgemeiner Ansicht Rechtsqualität zu2; es hat keinen Tatsachencharakter. Das hat nicht nur Folgen für den Beweis seines Inhalts − der übereinstimmende Tatvortrag der Parteien zum Inhalt eines Rechtssatzes bindet das Gericht nicht3 – auch die Geständnisfunktion des § 331 Abs. 1 ZPO tritt hinsichtlich des Inhalts ausländischen Rechts nicht ein4. 1. Grundregel des § 293 Der Grundsatz iura novit curia gilt trotz der missverständlichen Fassung des § 293 auch für die Anwendung ausländischen Rechts im deutschen Prozess5. Das deutsche Gericht muss ausländisches Recht, soweit dies kollisionsrechtlich zur Anwendung kommt anwenden, ohne dass sich die Parteien hierauf berufen müssen. Das deutsche Kollisionsrecht ist insoweit zwingend6.
2
2. Ausländisches Recht Zum ausländischen Recht ist jede Rechtsnorm zu rechnen, die nicht im Inland gilt, mag sie auch − wie im Wechsel- und Kaufrecht (auf Grund des UN Kaufrechts) – mit inländischem Recht übereinstimmen7.
3
a) Kollisionsnormen. Kollisionsnormen sind kein ausländisches Recht. Das EGBGB ist die Zusammenfassung deutscher Rechtsnormen8. Deshalb ist jede Beweiserhebung über den Inhalt einer Norm des deutschen internationalen Privatrechts unzulässig9. Der deutsche Richter muss deutsches Kollisionsrecht kennen und − wenn er die IPR Vorlesung geschwänzt hat − sich die erforderliche Kenntnis im Eigenstudium verschaffen. Deutsches Kollisionsrecht ist von Amts wegen anzuwenden10. Die Lehre vom fakultativen Kollisionsrecht11 hat sich in Deutschland − zu Recht – nicht durchsetzen können.
4
b) Europäisches Recht. Europäisches Recht ist kein ausländisches Recht. § 293 ZPO ist deshalb nicht anwendbar12. Deshalb fällt das Auffinden der anwendbaren Norm nicht unter die Regelung für ausländisches Recht. Gemeinschaftsrecht ist wie inländisches Recht zu behandeln, da europäisches Recht nicht kraft kollisionsrechtlicher Verweisung, sondern unmittelbar in Deutschland gilt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Transformationsakt erforderlich und erfolgt ist13. Bei der Auslegung seines Inhalts ist der besondere Charakter des EG-Rechts zu berücksichtigen. Der inländische Richter kann und muss in gewissen Fällen die Auslegung den EuGH überlassen.
5
2 14349 Vgl. Geimer IZPR Rdn. 2577; Grosch Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, 2002, S. 286 f.; MünchKomm/Prütting Rdn. 1, 4; Zöller/Geimer Rdn. 14. 3 24350 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 2586. 4 34351 Vgl. BGHZ 36, 348; Geimer IZPR, Rdn. 2592; Stein/Jonas/Leipold Rdn. 54. 4352 5 4 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 252. 6 54353 Vgl. BGH RIW 1995, 1027; MünchKomm-BGB/ Sonnenberger Einl. IPR, Rdn. 630; Nagel/Gottwald § 10, Rdn. 14. 7 64354 Vgl. BGH LM Nr. 1 zu Art. 92 WG; BGH RIW/ AWD 1978, 618 (zur Nichtrevisibilität ausländischen Wechselrechts, das mit dem deutschen inhaltlich übereinstimmt).
8 74355 Vgl. Schütze DIZPR Rdn. 293. 9 84356 Vgl. Schack IZVR, Rdn. 621. 10 4357 9 Vgl. BGH NJW 1993, 2305; 1996, 54; Schack IZVR, Rdn. 622; Zöller/Geimer Rdn. 10. 11 4358 10 Vgl. dazu de Boer Facultative Choice of Law, RdC 257 (1997), S. 223 ff. 12 4359 11 Vgl. Artz Kollisionsrecht und ausländisches Recht, S. 40; MünchKomm/Prütting Rdn. 9; Musielak/Huber Rdn. 2; Schütze EG-Recht im deutschen Zivilprozess, EWS 1990, 49 ff.; ders. Feststellung und Revisibilität europäischen Rechts im deutschen Zivilprozess, GS Baur, 1992, S. 93 ff.; Sommerlad/Schrey NJW 1991, 1377 ff.; Stein/Jonas/Leipold Rdn. 7. 13 4360 12 AA OLG München, EuR 1988, 409.
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§ 293
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
6
c) Rezipiertes Recht. Ein ausländischer Rechtssatz wird mit seiner Rezeption zum inländischen. Rezipiertes Recht ist kein ausländisches Recht. Das gilt zunächst für Rechtssätze aus anderen Rechtsordnungen, die vom deutschen Gesetzgeber übernommen worden sind, z.B. Teile des Kartellrechts, die ursprünglich auf US.-amerikanischem Recht basieren. Das gilt aber auch für Mustergesetze und internationale Übereinkommen. Beispiel für die Übernahme eines Mustergesetzes ist die Novellierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts 1998 auf Grund des UNCITRAL-Model Law; Beispiel für ein internationales Übereinkommen ist das UN Kaufrecht, das in Deutschland als nationales Recht gilt. § 293 ZPO findet auf übernommenes Recht jeglicher Schattierung keine Anwendung.
7
d) „Entlegenes“ Recht. Zuweilen muss der deutsche Richter Rechtssätze anwenden, mit denen er nicht vertraut ist, für die die Gerichtsbibliothek keine Literatur bereit hat und wo wegen mangelnder praktischer Erfahrung in dem „entlegenen“ Rechtsgebiet die Fehlerwahrscheinlichkeit bei der Entscheidungsfindung größer als üblich ist. Das ist etwa der Fall, wenn eine Zivilkammer in Stuttgart deutsches Seerecht anwenden muss. Auch das Steuerrecht ist für den Zivilrichter regelmäßig ein „entlegenes“ Rechtsgebiet. Aber auch in diesen Fällen darf das Gericht kein Gutachten einholen. Der Grundsatz iura novit curia gilt für deutsches Recht uneingeschränkt14. Sonst würden alle Grenzen fallen. Welchem Richter sollte man die Einholung eines Gutachtens gestatten? Bei individualisierender Betrachtungsweise müsste man auf die Rechtskenntnis des einzelnen Richters abstellen. Der BGH sieht das für das Steuerrecht offenbar anders. Er hat Mitleid mit den Instanzrichtern, denen er wohl die Zuziehung eines Steuersachverständigen zubilligt15.
8
e) lex mercatoria. Teilweise −insbesondere in internationalen Schiedsverfahren − wird die Anwendung der lex mercatoria16, vom nationalen Recht losgelöster allgemeiner Grundsätze des internationalen Handels favorisiert17. Man mag zweifeln, ob es sich bei der lex mercatoria wirklich um eine Rechtsquelle handelt, die Anwendung dieses schwammigen Gebildes den Richter oder Schiedsrichter nicht vielmehr zu einem amiable compositeur macht18. Wegen der mangelnden Rechtsqualität findet § 293 ZPO keine Anwendung. Wenn man der lex mercatoria in einzelnen Bereichen − z.B. bei Dokumentenakkreditiven19 − rechtliche Bedeutung zumessen will, dann als Gewohnheitsrecht, was zur Anwendung der Norm führt. 4361 114 Vgl. Artz aaO., S. 41; MünchKomm/Prütting Rdn. 7 ff., FN 2. 15 4362 2 Vgl. BGH NJW 1999, 638; ablehnend Artz aaO, S. 41; Spickhoff Anmerkung JZ 1999, 302 ff.; schon früher Tipke Ist Steuerrecht für die Zivilgerichte ausländisches Recht? NJW 1976, 2199 f. 4363 316 Zu der von Schmitthoff entwickelten Theorie eines Welthandelsrechts vgl. insbes. das von ihm herausgegebene Sammelwerk „The Sources of the Law of International Trade“, 1964; Vgl. aus der deutschen Literatur Grundmann Lex mecatoria und Rechtsquellenlehre, Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler, 1991, S. 43 ff.; Langen Transnationales Recht, 1981; Lorenz Die lex mercatoria eine internationale Rechtsquelle, FS Neumayer, 1985, S. 407 ff. 17 4364 4 Vgl. zur Anwendung der lex mercatoria im Schiedsverfahren − befürwortend und ablehnend – Berger Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 1992, S. 361 ff. mwN; Dasser Inter-
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nationale Schiedsgerichtsbarkeit und lex mercatoria, 1989; von Hoffmann Grundsätzliches zur Anwendung der „lex mercatoria“ durch internationale Schiedsgerichte, FS Kegel II, 1987, S. 215 ff.; Triebel/Petzold Grenzen der lex mercatoria in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, RIW 1988, 245 ff.; Weise Lex mercatoria. Materielles Recht vor internationalen Schiedsgerichten, 1990. 4365 518 Vgl. Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 4. Aufl., 2007, Rdn. 202; Triebel/Petzold RIW 1988, 245 ff. (247). 4366 619 Von einem Teil des Schrifttums werden die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive ganz oder teilweise als Gewohnheitsrecht qualifiziert, so von Herold/ Lippisch Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl., 1962, S. 51; aA Schütze Das Dokumentenakkreditiv im Internationalen Handelsverkehr, 5. Aufl., 1999, Rdn. 14 mwN
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 293
Im Übrigen stellt sich die Frage der Anwendung der lex mercatoria im Schiedsverfahren für den staatlichen Richter allenfalls aus der Sicht der §§ 1059 ff. ZPO20. Da der Schiedsspruch aber nicht auf seine inhaltliche Richtigkeit überprüft werden kann, ist wegen des Verbots der re´vision au fond eine Anwendung des § 293 ZPO im Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren praktisch ausgeschlossen. f) Völkerrecht. Für das Völkerrecht gilt § 293 ZPO nicht, da es − gemäß Art. 25 GG oder durch Transformationsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 GG − Bundesrecht ist21. Soweit Zweifel bestehen, ob eine Norm des Völkerrechts Bestandteil des deutschen Rechts ist, muss das Gericht dem Bundesverfassungsgericht vorlegen (Art. 100 Abs. 2 GG)22.
9
g) Besonderheiten bei materiellrechtlicher Verweisung. Ein ausländischer Rechtssatz verliert den Charakter einer Rechtsnorm dann, wenn er nicht auf Grund kollisionsrechtlicher, sondern materiellrechtlicher Verweisung angewendet wird23. Die Verweisung ist in diesem Falle von derselben Qualität wie jede andere Parteivereinbarung auch. Der ausländische Rechtssatz hat Tatsachencharakter und unterliegt den Beweisregeln der ZPO. Derjenige, der sich auf den Inhalt einer auf Grund materiellrechtlicher Verweisung anwendbaren ausländischen Norm beruft, trägt die volle Beweislast.
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h) Einstweiliger Rechtsschutz. Die Feststellung des Inhalts ausländischen Rechts kann im Rahmen von Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gelegentlich zu zeitaufwendig sein. In solchen Fällen muss der Antragsteller − zugegebenerweise systemwidrig − den Inhalt des ausländischen Rechts glaubhaft machen, um einen effektiven Rechtsschutz nicht zu gefährden24. Gelingt dies nicht, so ist der Antrag nicht zurückzuweisen, sondern ein Ersatzrecht anzuwenden25. Die Zurückweisung des Antrags könnte man allenfalls aus der vom BGH postulierten Mitwirkungspflicht der Parteien bei der Feststellung des kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen ausländischen Rechts26 hergeleitet werden, gibt den Parteien aber Steine statt Brot27. Prütting28 differenziert. Er will im Einzelfall eine Abwägung der Interessen der Parteien an einer schnellen Entscheidung und einer richtigen Entscheidung vornehmen.
11
i) Versäumnisverfahren. Die Geständnisfiktion des § 331 Abs. 1 ZPO wirkt nur für das tatsächliche Vorbringen. Da ausländisches Recht im Prozess als Recht − nicht als Tatsache − behandelt wird, findet § 331 Abs. 1 ZPO insoweit keine Anwendung29. Das Gericht muss den Inhalt des behaupteten ausländischen Rechtssatzes ermitteln, notfalls ein Ersatzrecht anwenden. Ist das Gericht von den Darlegungen des Klägers zum ausländischen Recht überzeugt, dann braucht es keine weiteren Ermittlungen
12
4367 120 Vgl. Zöller/Geimer Rdn. 4a. 4368 221 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 10; Musielak/ Huber Rdn. 2; Stein/Jonas/Leipold Rdn. 6; Zöller/Geimer Rdn. 5. 4369 322 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 10. 4370 423 Vgl. Schütze Ausländisches Recht als beweisbedürftige Tatsache, NJW 1975, 1652 f. 24 4371 5 Vgl. OLG Frankfurt/Main NJW 1969, 991 mit kritischer Urteilsanmerkung Franz NJW 1969, 1569 f.; Schack Subrogation und Prozessstandschaft, Ermittlung ausländischen Rechts im einstweiligen Verfügungsverfahren, IPRax 1995, 158 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 429. 4372 625 Vgl. OLG Karlsruhe IPRax 1985, 106; OLG
Köln GRUR 1994, 646; Geimer IZPR, Rdn. 2593; Lindacher FS Schumann, S. 283 ff.; Mankowski/Kerfack Arrest, einstweilige Verfügung und die Anwendung ausländischen Rechts, IPRax 1990, 372 ff.; Nagel/Gottwald IZPR, § 10, Rdn. 40; Zöller/Geimer Rdn. 19. 26 4373 7 Vgl. BGH NJW 1976, 1581; auch OLG Frankfurt, OLGR 1994, 120. 4374 827 Ablehnend auch Artz S. 188 ff. 28 4375 9 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 56. 29 4376 10 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 55; Nagel/ Gottwald IZPR, § 10, Rdn. 36; Stein/Jonas/ Leipold Rdn. 54; Zöller/Geimer Rdn. 18; aA OLG München NJW 1976, 489.
Schütze
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§ 293
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
anzustellen. Der Kläger tut deshalb gut daran, schon im Vorfeld ein Gutachten einzuholen und dieses30, sowie Gesetzeskopien und Urteilsabschriften vorzulegen.
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j) Urkundsverfahren. Die Notwendigkeit des Beweises durch Urkunden nach § 592 ZPO bezieht sich nur auf das tatsächliche Vorbringen. Angesichts der Qualität ausländischen Rechts als Recht ist das Gericht verpflichtet, auch im Urkundsprozess den Inhalt des kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen Rechts von Amts wegen zu ermitteln. Es kann deshalb auch ein Sachverständigengutachten einholen31. 3. Ermittlung von Amts wegen
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Das Gericht hat den Inhalt des kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen Rechts von Amts wegen zu ermitteln32. Das folgt daraus, dass ausländisches Recht als Recht, nicht als Tatsache angewendet wird und der Grundsatz iura novit curia auch im Anwendungsbereich des § 293 ZPO gilt. Geständnis und Nichtbestreiten der Parteien binden das Gericht nicht und entheben es nicht von der Verpflichtung zur Ermittlung des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes33. Gehören die Parteien aber beide dem Staat an, dessen Recht anzuwenden ist, so mag das Gericht − wenn es von dem Vortrag überzeugt ist − den zugestandenen Vortrag zugrunde legen, für dessen Richtigkeit dann eine Vermutung spricht34.
II. Feststellung ausländischen Rechts
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Das Gericht kann die Erkenntnisquellen nach seinem Ermessen wählen und nutzen35. 1. Mitwirkung der Parteien
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Die Partei, die sich auf einen ausländischen Rechtssatz beruft, wird sich in der Regel über seinen Inhalt informiert haben. Sie hat ein Interesse daran, dass diese Norm ausländischen Rechts in einer − nach ihrem Verständnis und ihrer Auslegung − richtigen Art angewendet wird. § 293 ZPO gibt den Parteien das Recht, nach der Rechtsprechung des BGH auch die Pflicht, an der Feststellung ausländischen Rechts mitzuwirken.
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a) Mitwirkungsrecht der Parteien. Die Parteien haben ein Mitwirkungsrecht bei der Ermittlung ausländischen Rechts. Sie können Belege über den Inhalt der von ihnen behaupteten ausländischen Rechtsnorm durch Privatgutachten36, Gesetzestexte, Entscheidungsabschriften pp. vorlegen. Das Gericht kann diese Mithilfe fordern37, ohne dass dadurch eine (prozessuale) Beweisführungslast entstünde. Für die Entscheidungsfindung sind diese Nachweise allerdings von allen Erkenntnismöglichkeiten am
4377 130 So die Empfehlung von Nagel/Gottwald IZPR, § 10, Rdn. 36. 31 4378 2 Vgl. BGH RIW 1997, 687; Zöller/Geimer Rdn. 18. 4379 332 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1071; BGH MDR 1985, 1001; BGH MDR 1997, 680; BGH IPRax 2002, 302 ; BGH RIW 2006, 389; OLG Saarbrücken NJW 2002, 1209; Jayme Die Expertise über fremdes Recht, S. 109 ff. (110); Zöller/Geimer Rdn. 14.
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4380 433 Vgl. Zöller/Geimer Rdn. 17. 4381 534 Vgl. BAG RIW/AWD 1975, 521; Zöller/Geimer Rdn. 17. 35 4382 6 Unstr. vgl. BGHZ 118, 151; BGH RIW 2006, 389; Huzel Zur Zulässigkeit eines „Auflagenbeschlusses“ im Rahmen des § 293 ZPO, IPRax 1990, 77 ff.; Zöller/Geimer Rdn. 15. 4383 736 Vgl. dazu OLG Frankfurt/Main MDR 1983, 410. 4384 837 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 258.
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ungeeignetsten. Sie sind von der Subjektivität und den Interessen der interessierten Partei belastet. Was kann man von einer Partei an Nachweisen erwarten, die sich auf einen ausländischen Rechtssatz stützt, dessen Auslegung in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten ist? Sie wird kaum in objektiver Weise den Streitstand darstellen, vielmehr lediglich die Belegstellen für die ihr günstige Interpretation vorlegen. b) Mitwirkungspflicht der Parteien. Im Grundsatz gilt, dass den Parteien keine (prozessuale) Beweisführungslast obliegt38. Sie haben keine Verpflichtung, sich zu Fragen des Inhalts ausländischen Rechts zu äußern oder Beweismittel vorzulegen39. Etwas anderes ist auch nicht aus BGH NJW 1976, 1581 herzuleiten. Hier hatte das Berufungsgericht den Inhalt türkischen Rechts durch Sachverständigengutachten ermittelt. Der BGH hat im Revisionsverfahren lediglich darauf hingewiesen, dass von einer Partei, die die Unrichtigkeit des Gutachtens unter Berufung auf ausländische Rechtsprechung geltend macht, erwartet werden kann, dass sie Urteile, auf die sie sich beruft in Abschrift vorgelegt oder in anderer Weise über deren Inhalt informiert. Etwas anderes mag in Eilverfahren gelten, wo der Antragsteller den Inhalt eines ausländischen Rechtssatzes glaubhaft machen muss40. Vgl. dazu Rdn. 11
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2. Rechtsauskünfte a) Europäisches Rechtsauskunftsübereinkommen. Schrifttum: Vgl. dazu Bartoli Considerazioni sulle posizione del giudice rispetto al problema della conoscenza del diritto straniero a seguito della Convenzione di Londra del 7 giugnio 1968, Rivista di Diritto Internazionale Privato e Processuale 19 (1983), 333 ff.; Brulliard La convention europe´enne du 7 juin 1968 relative a` l’information sur le droit e´tranger, J.C.P. 1973.I.2580; ders. Convention europe´enne relative a` l’information sur les droits e´trangers, Revue internationale de droit compare´ XXV (1973), 389 ff.; Erauw De eerste belgische ervaringen met het Europees verdrag inzake inlichtingen over buitenlands recht, Rechtskundig Weekblad 1981/1982, 1503 ff.; Geimer/ Schütze (Pirrung), Internationaler Rechtsverkehr, 380.1 ff.; Heldrich Probleme bei der Ermittlung ausländischen Rechts in der Praxis, FS Nakamura, 1996, S. 243 ff.; Jastrow Zur Ermittlung ausländischen Rechts: Was leistet das Londoner Auskunftsübereinkommen in der Praxis?, IPRax 2004, 402 ff.; Jessurun d’Oliveira De Europese overeenkonst opens het verstrekkenvan inlichtingen over buitenlands recht en het art. 48 Rv., Nederlands Juristenblad 54 (1979), 637 ff.; Kegel Zur Organisation der Ermittlung ausländischen Privatrechts, FS Nipperdey, Bd. I, 1965, S. 453 ff.; Otto Die gerichtliche Praxis und ihre Erfahrungen mit dem Europäischen Übereinkommen vom 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, FS Firsching, 1985, S. 209 ff.; ders. Der verunglückte § 293 ZPO und die Ermittlung ausländischen Rechts durch „Beweiserhebung“, IPRax 1995, 299 ff. (mit statistischem Material zur praktischen Umsetzung des Übereinkommens); ders. Das Übereinkommen vom 7.6.1968 betr. Auskünfte über ausländisches Recht − im Abseits?, Jb.Ital.Recht 7 (1994), S. 233 ff.; Rodger/van Doorn Proof of Foreign Law: The Impact of the London convention, ILCQ 46 (1997), 151 ff.; Schellak Selbstermittlung oder Auskunft unter dem europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen, 1998; Wolf Das Europäische Übereinkommen v. 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, NJW 1975, 1583 ff.; Wollny Auskünfte über ausländisches Recht, DRiZ 1984, 479 f. 4385 138 Vgl. BGHZ 120, 334 (342); BGH NJW-RR 2005, 1071. 4386 239 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 6.
4387 340 Vgl. OLG Frankfurt/Main NJW 1969, 991 mit kritischer Anm. Franz ebenda 1569 f.
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Das europäische Übereinkommen betreffend Rechtsauskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.196841 ermöglicht die Einholung von Rechtsauskünften über eine zentrale Stelle nach dem Vorbild der französischen certificats de coutuˆmes. Das Übereinkommen ist zur Zeit in Kraft im Verhältnis zu: Albanien, Aserbaidschan, Belarus, Belgien, Bulgarien, Costa Rica, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik), Mexiko, Moldau (Republik), Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Sowjetunion (ehemalige), Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Zypern. Durch den großen Kreis der Vertragsstaaten ist auch die Möglichkeit der Auskünfte über sonst − schon aus sprachlichen Gründen – schwer zugängliche Rechte zu erhalten. Der BGH hat in einer Entscheidung v. 13.4.198342 die Nichtanwendung des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens durch das Instanzgericht gerügt. Der Wert der Auskünfte leidet darunter43, dass sie sich regelmäßig auf abstrakte Rechtsfragen beziehen, die für die Entscheidungsfindung häufig nicht ausreichend sind. Zu dem Übereinkommen ist ein deutsches Ausführungsgesetz ergangen44. Der Rechtshilfeverkehr nach dem Übereinkommen wird über staatliche Verbindungsstellen (Empfangsstellen und Übermittlungsstellen) abgewickelt. Empfangsstelle für eingehende Ersuchen ist der Bundesminister der Justiz (§ 9 Abs. 1 AusfG), Übermittlungsstelle für ausgehende Ersuchen des Bundesverfassungsgerichts und oberer Bundesgerichte ist der Bundesminister der Justiz (§ 9 Abs. 2 AusfG), im Übrigen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen (§ 9 Abs. 2 AusfG)45. b) Bilaterale Staatsverträge. Eine eigenständige Regelung der Auskünfte über Rechtsvorschriften bringen Artt. 18 ff. des deutsch-marokkanischen Rechtshilfevertrages 198546. Nach Art. 18 erteilen sich das deutsche und das marokkanische Justizministerium Auskünfte über Gesetze Gerichtsentscheidungen in einer bestimmten Frage sowie jegliche sonstigen Rechtauskünfte in Zivil- und Handelssachen. Diese allgemeine Rechtsauskunftsverpflichtung auf Justizministeriumsebene wird ergänzt durch die Möglichkeit für Gerichte im Rahmen eines Gerichtsverfahrens von den Behörden des anderen Vertragsstaaten Auskünfte über dessen Zivil- und Handelsrecht, das Verfahrensrecht auf diesen Gebieten und die Gerichtsverfassung einzuholen. Das Gesuch muss von einem Gericht ausgehen und muss von einer Sachverhaltsdarstellung begleitet sein. Das Ersuchen wird über die Justizministerien Deutschlands und Marokkos übermittelt. Die Auskunft bindet die Gerichte nicht.
4388 141 BGBl. 1974 II 938, abgedruckt auch Bd. VI, sub 3, a, ee, S. 663 ff. 42 4389 2 Vgl. BGH IPRax 1985, 154; dazu Prütting Probleme des europäischen Vollstreckungsrechts, IPRax 1985, 137 ff. (139). 4390 343 Vgl. zur Kritik auch Kegel/Schurig Internationales Privatrecht, 9. Aufl., 2004, S. 508; Schütze DIZPR, Rdn. 260.
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4391 444 BGBl. I, 1974, 1453; abgedruckt auch Bd. VI, sub 3, a, cc, β, S. 680 ff. 45 4392 5 Vgl. für die Verordnungen, Anordnungen und Beschlüsse Geimer/Schütze (Pirrung), Internationaler Rechtsverkehr, 382. 3, Fn 7. 4393 646 Vgl. für den Text Bd. VI,sub 3,b,cc,α, S. 712 ff. (720 f.).
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3. Sachverständigengutachten Die in der Praxis der Gerichte gängige Methode zur Ermittlung des Inhalts ausländischen Rechts ist die Einholung von Sachverständigengutachten47. In Betracht kommen in erster Linie wissenschaftliche Institute, z.B. die Universitätsinstitute in Freiburg/Brsg., Göttingen, Heidelberg, Köln, München und die Max Planck Institute, insbesondere das für ausländischen und internationales Privatrecht in Hamburg48. Aber auch ausgewiesene Fachleute − z.B. Universitätsprofessoren – können als Gutachter bestellt werden49. Die bedeutenden Institute − allen voran das Max Planck Institut in Hamburg − sind durch die steigende Zahl der Auslandsrechtsfälle, die zur Begutachtung anstehen, überlastet und lehnen zuweilen Gutachtenaufträge ab oder können sie nur in überlanger Zeit erledigen. Gutachten haben den Vorteil gegenüber bloßen Rechtsauskünften, fallbezogen zu sein, bergen aber die Gefahr in sich, die richterliche Tätigkeit auf den Sachverständigen zu verlagern50. Das ist aber das kleinere Übel gegenüber der Gefahr einer falschen Entscheidung wegen unzulänglicher Ermittlung des anwendbaren ausländischen Rechts. Das Ergebnis der Gutachtenpraxis ist sicherlich besser, als es ein Autor51 – schnoddrig – glauben machen will (mit welchem Material eigentlich?), 50 % aller Fälle, die kollisionsrechtliche Fragen zum Gegenstand haben, würden falsch entschieden.
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4. Weitere Erkenntnisquellen Das Gericht darf auch Behörden befragen52 und Aussagen aus anderen Prozessen verwerten53, kurz, es ist nicht an eine Erkenntnisquelle gebunden. Eine Erkenntnisquelle ist allerdings ungeeignet: Die Befragung deutscher Rechtsanwälte in dem Staat, dessen Rechtspraxis festgestellt werden soll, die Neelmeier empfiehlt54. Die Qualifikation der so Befragten ist völlig ungesichert. Überdies stellt sich die Frage der Honorierung. Kein honoriger Anwalt wird eine Rechtsauskunft pro bono erteilen. Als wenig geeignet haben sich auch Rechtsauskünfte deutscher Auslandsvertretungen erwiesen. Diese sind mit dem Recht des jeweiligen Staates nur oberflächlich vertraut. Die Auskünfte sich deshalb regelmäßig nicht ausführlich, gelegentlich falsch55.
4394 147 Vgl. dazu Fuchs Die Ermittlung ausländischen Rechts durch Sachverständige, RIW 1995, 807 ff. ; Jayme Die Expertise über fremdes Recht, in: Nicklisch (Herausg.), Der Experte im Verfahren, 2005, S. 109 ff. (111 ff.). 48 4395 2 Vgl. Jayme Die Expertise über fremdes Recht, S. 111; Krüger Zur Ermittlung ausländisches Rechts in Deutschland: Ein Bericht aus der Praxis, FS Nomer, 2003, S. 357 ff. (375 ff.). 4396 349 Vgl. dazu die Zusammenstellung von Hetger Sachverständige für ausländisches und internationales Privatrecht, DNotZ 1994, 88 ff., bei der die Sachkenntnis der dort aufgeführten Gutachter allerdings weitgehend auf Selbsteinschätzung beruht. 4397 450 Vgl. dazu Müller Länderbericht Deutschland, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 70 ff.
4398 551 Vgl. Bendref Gerichtliche Beweisbeschlüsse zum ausländischen und internationalen Privatrecht, MDR 1983, 892 ff. 52 4399 6 Vgl. RG N § 293, 4. 53 4400 7 Vgl. RG JW 1910, 152. 4401 854 Vgl. Neelmeier Verbürgung der Gegenseitigkeit zwischen Deutschland und China, SchiedsVZ 2007, 102 ff. 4402 955 So war die Antwort der deutschen Botschaft in Tripolis auf eine Anfrage des LG NürnbergFürth nach der Prozesskostensicherheit für Ausländer in Libyen insoweit falsch als sie mit dem Prozesskostenvorschuss, der nichts mit der cautio iudicatum solvi zu tun hat, vermengt worden ist. Das führte dann auch zu einer unrichtigen Entscheidung des Gerichts, IPRax 1990, 109; vgl. Schütze Die verkannte Funktion der Ausländersicherheit, IPRax 1990, 87 f.
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5. Der „Beweis“ ausländischen Rechts
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Angesichts der Geltung des Grundsatzes iura novit curia auch hinsichtlich der Anwendung kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen ausländisches Rechts dürfte es an sich keine Beweiserhebung geben. In der Praxis erfolgt jedoch die Ermittlung ausländischen Rechts regelmäßig in einem Beweisverfahren56 auf Grund eines Beweisbeschlusses57. Dieser darf sich nur auf die Mitwirkung der Parteien, die Erstattung eines Gutachtens oder die Einholung einer Rechtsauskunft zum Inhalt ausländischen Rechts beziehen. Die Erstreckung auf Fragen des deutschen Kollisionsrechts − wenngleich of praktiziert − ist unzulässig58. Denn das IPR ist deutsches Recht, auf das § 293 ZPO keine Anwendung findet. Anders ist es mit ausländischem Kollisionsrecht, das im Rahmen einer etwaigen Rück- oder Weiterverweisung relevant werden kann. Dieses kann Gegenstand des „Beweises“ sein. Zu den durch Mithilfe der Parteien, Gutachten oder Rechtsauskünften erlangten Erkenntnissen zum Inhalt ausländischen Rechts ist den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben59. Wenn sich das Gericht bei Einholung eines Sachverständigengutachtens für den Weg über §§ 402 ff. ZPO wählt, dann muss es auch auf Antrag einer Partei den Sachverständigen in die Sitzung laden, damit er sein Gutachten erläutern und auf Fragen der Parteien antworten kann60. Da keine der Parteien für den Inhalt ausländischen Rechts beweispflichtig ist, können Vorschüsse für Sachverständigengutachten und Rechtsauskünfte nicht verlangt werden. Die Praxis der Gerichte sieht das anders. Jedenfalls dürfen einer Partei durch die Nichtzahlung von Vorschüssen keine Rechtsnachteile entstehen, soweit man nicht einen Verstoß gegen die vom BGH postulierte Mitwirkungspflicht der Parteien61 annehmen will.
III. Anwendung und Auslegung ausländischen Rechts 1. Maßgeblichkeit ausländischer Rechtspraxis
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Der Richter ist an die Rechtspraxis im ausländischen Staat bei der Anwendung eines Rechtssatzes dieses Staates gebunden. Der deutsche Richter muss so entscheiden, wie es der ausländische täte62. Der deutsche Richter darf den ausländischen Rechtssatz nicht selbständig interpretieren. Der ausländische Rechtssatz ist so zu übernehmen, wie er seine Ausprägung in der ausländischen Rechtsprechung und Lehre erhalten hat. Die Auslegungsmöglichkeiten des Richters sind damit bei ausländischem Recht gegenüber deutschem Recht begrenzt. Fehlt eine ausländische Rechtspraxis, so ist der deutsche Richter gehalten, eine ausländischen Rechtssatz nach den Auslegungsmethoden zu interpretieren und anzu4403 156 Fuchs Die Ermittlung ausländischen Rechts durch Sachverständige, RIW 1995, 807 ff. (807) bezeichnet den Begriff „Beweis“ als wenig glücklich. 57 4404 2 Vgl. dazu Bendref MDR 1983, 892 ff. 58 4405 3 So jedoch unrichtig Bendref IPR und Anwaltschaft, AnwBl 1982, 468 f.; ders. Gerichtliche Beweisbeschlüsse zum ausländischen und internationalen Privatrecht, MDR 1983, 892 ff. 4406 459 Vgl. Fuchs RIW 1995, 807 ff. (809). 4407 560 Vgl. BGH RIW 1994, 878; NJW 175, 2142; Nagel/Gottwald IZPR, § 10 Rdn. 32.
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4408 661 Problematisch BGH NJW 1976, 1581, der die mangelnde Nichtwirkung der Parteien bei Feststellung des Inhalts des anwendbaren ausländischen Rechts mit dessen Nichtberücksichtigung ahnden will. 62 4409 7 Vgl. BGH RIW 1990, 581; Dölle Über die Anwendung fremden Rechts, GRUR 1957, 56 ff. (60); Neuhaus Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, 2. Aufl., 1976, S. 334; Kegel/ Schurig IPR, § 15 III; Siehr Internationales Privatrecht, 2001, S. 468.
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wenden, den das anwendbare Recht vorschreibt63. Das deutsche Gericht muss deshalb in common law Ländern im Rahmen der Verbindlichkeit von Präjudizien das stare decisis Prinzip anwenden, muss auf der anderen Seite Auslegungsberücksichtigungsverbote respektieren, so die Untersagung, bestimmte Quellen heranzuziehen64. 2. ordre public Vorbehalt Die Anwendung ausländischen Rechts findet ihre Grenze am deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB). Das deutsche Kollisionsrecht verbietet die Anwendung eines ausländischen Rechtssatzes, wenn dieser mit den tragenden Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung unvereinbar ist. Dieses Ergebnis kann nicht dadurch umgangen werden, dass dem an sich kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen ausländischen Rechtssatz durch eine anwendungsfreundliche Interpretation ein mit dem ordre public vereinbarer Inhalt gegeben wird. Führt die ausländische Rechtspraxis zur ordre public Widrigkeit, dann ist der ausländische Rechtssatz nicht anzuwenden.
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IV. Fehlerhafte Anwendung ausländischen Rechts 1. Revisibilität der Verletzung des § 293 ZPO Die Verletzung des § 293 ZPO ist revisibel65. Der BGH nimmt das Recht zur Überprüfung der Feststellungen der Tatsacheninstanz dann für sich in Anspruch, wenn diese unter Verletzung der Grundsätze des § 293 ZPO schlampig ermittelt hat66. Der fehlerhafte Gebrauch tatrichterlichen Ermessens bei der Ermittlung des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes ist revisibel67, und zwar auch dann, wenn die Überprüfung ausländischen − nach § 545 Abs. 1 ZPO nicht revisiblen − Rechts erforderlich ist68. Dabei verwirren die grundsätzlichen Ausführungen des BGH in der Entscheidung vom 30.4.199269 mehr als sie helfen: „Im Allgemeinen werden die Grenzen der Ermessenausübung des Tatrichters durch die jeweiligen Umstände gezogen. An die Ermittlungspflicht werden umso höhere Anforderungen zu stellen sein, je komplexer oder fremder im Vergleich zum eigenen das fremde Recht ist“. Der BGH benutzt in vielen Fällen den Weg über § 293 ZPO um ausländisches Recht, das nach § 545 Abs. 1 ZPO nicht revisibel ist − nachzuprüfen und stellt − wenn ihm das Ergebnis nicht gefällt − Fehler bei der Ermittlung des Inhalts ausländischen Rechts fest.
4410 163 Zu den unterschiedlichen Auslegungsregeln vgl. beispielsweise Vogenauer Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent, 2001. 4411 264 Vgl. Brauksiepe Die Anwendung ausländischen Rechts im deutschen Zivilprozess, Diss. Bonn 1965, S. 91; Kegel/Schurig IPR, § 15 III; Jansen/ Michaels ZZP 116 (2003), 3 ff. (27 f.), differenzierend. 4412 365 Vgl. Zöller/Geimer Rdn. 6; im übrigen Wieczorek/Schütze/Prütting § 545, Rdn. 24 ff. mwN
4413 466 Vgl. BGHZ 118, 151 = RIW 1992, 761. 4414 567 Vgl. BGH IPRax 1992, 324; Geimer IZPR, Rdn. 2616, der diese Kontrolle als „Gratwanderung“ bezeichnet; Schack IZVR, Rdn. 649. 4415 668 Vgl. BGH NJW 2002, 3335; Pfeiffer Die revisionsrechtliche Kontrolle der Anwendung ausländischen Rechts, NJW 2002, 3306 ff.; Wieczorek/ Schütze/Prütting § 545, Rdn. 25. 4416 769 BGHZ 118, 151.
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2. Die Grenzen der Überprüfung
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In der Rechtsprechung des BGH zur Überprüfung der Feststellung ausländischen Rechts im Rahmen des § 293 ZPO sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:
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a) Der unfähige Gutachter. Hat die Tatsacheninstanz im Rahmen der Ermittlung des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes einen unfähigen Gutachter bestellt, so liegt eine revisible Verletzung des § 293 ZPO vor. Das war der Fall, der der Entscheidung vom 21.1.199170 zugrunde lag. Es ging um „prendas navales“ venezolanischen Rechts. Das Instanzgericht hatte ein Gutachten des renommierten Max Planck Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt. Ein Ermessensfehler bei der Gutachterauswahl lag also wohl kaum vor. Mit der Qualifizierung des Gutachters als „unfähig“ wollte der BGH in Wahrheit ein ihm falsch erscheinendes Ergebnis korrigieren.
32
b) Das missbilligte Ergebnis. Gefallen hat dem BGH auch das Ergebnis in einer Entscheidung vom 13.5.199771 nicht. Auch hier hat er eine Korrektur über eine Verletzung des § 293 ZPO vorgenommen. Es ging um die Wirksamkeit einer Garantie auf erstes Anfordern nach luxemburgischem Recht. Das Instanzgericht hatte auch hier das Gutachten eines renommierten Kenners des internationalen und ausländischen Rechts der Garantie, Welter, eingeholt. Dem BGH erschien es ungerecht, dass ein Student aus einer − nach dem anwendbaren luxemburgischen Recht − wirksamen Garantie verpflichtet sein sollt. Er schrieb dem Tatrichter ins Stammbuch, dass er in dem Fall, dass auch weitere Ermittlungen zum luxemburgischen Recht kein anderes Ergebnis brächten, ein Verstoß gegen den deutschen ordre public zu prüfen sei. Das also war des Pudels Kern.
V. Nichtfeststellbarkeit des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes
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Fälle der Nichtermittelbarkeit des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes kommen heute kaum noch vor. Immerhin mag das bei „exotischen“ Rechten der Fall sein72. Lösungen werden vielfach angeboten. 1. Keine Klagabweisung
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Da das ausländische Recht nicht als Tatsache angewendet wird, finden die Beweislastregelungen keine Anwendung. Keine Partei kann beweisfällig werden. Eine Klagabweisung oder Klagzusprechung wegen Nichterweislichkeit eines ausländischen Rechtssatzes ist unzulässig. Die in der älteren Literatur vereinzelt vertretene Klagabweisungstheorie73 findet heute keine Anhänger mehr.
4417 170 Vgl. RIW 1991, 514 = EWS 1991, 396 = NJW-RR 1991, 1211; dazu Samtleben Der unfähige Gutachter und die ausländische Rechtspraxis, NJW 1992, 3057 ff.; Schütze Der Abschied von der Nichtrevisiblität ausländischen Rechts?, EWS 1991, 372 f.; Sommerlad Grundsätze für die Ermittlung ausländischen Rechts im Zivilprozess, RIW 1991, 856. 4418 271 Vgl. BGH RIW 1997, 687 = DZWiR 1997, 329 mit Anm. Schütze.
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4419 372 Besondere Schwierigkeiten bereitet dabei offenbar das afghanische Recht, vgl. BGH NJW 1961, 410 zum afghanischen Wechselrecht, KG FamRZ 2002, 166 zum afghanischen Scheidungsrecht und AG Salzgitter, IPRspr. 1968/69 zum afghanischen Legitimationsrecht. Vgl. auch BGHZ 69, 387 zum tunesischen Recht. 4420 473 Vgl. Hellwig System des deutschen Civilprozessrechts, Bd. I, 1012, S. 677; Zitelmann Internationales Privatrecht, 1914, S. 289.
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2. Ersatzrecht Einigkeit besteht insoweit, dass ein Ersatzrecht angewendet werden muss. Es wird ein bunter Strauss von Lösungsmöglichkeiten angeboten74:
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a) Hilfsanknüpfung. Teilweise wird die Anwendung von Ersatzkollisionsnormen als Ersatzrecht favorisiert75. Müller argumentiert, dass es keinen Unterschied machen könne, ob die Erbfolge deshalb nicht nach dem durch Art. 25 EGBGB bestimmten Recht beurteilt werden kann, weil der Erblasser staatenlos ist oder die Beurteilung nach seinem Heimatrecht unmöglich ist, weil dessen Inhalt nicht feststellbar ist76. Die Hilfsanknüpfung ist sicherlich die schonendste Lösungsmöglichkeit, sie führt aber nicht in allen Fällen zum Ziel. Auch Vertreter dieser Lehre müssen letztlich bei ihrem Scheitern ein Ersatzrecht anwenden, das durch keine analoge Anwendung kollisionsrechtlicher Normen bestimmt wird, selbst wenn man mit Müller noch eine Ersatzanknüpfung „unter Berücksichtigung des deutschen international-privatrechtlichen Anknüpfungssystems“ dazwischenschaltet.
36
b) lex fori als Ersatzrecht. Die Anwendung der lex fori als Ersatzrecht wird von der Rechtsprechung77 und der älteren Literatur78 favorisiert. Dabei wird unterstellt, dass bei Nichtfeststellbarkeit eines kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen ausländischen Rechtssatzes dieser inhaltlich mit dem deutschen Recht übereinstimmt. Diese Lösung ist die am wenigsten sachgerechte. Bei den seltenen Fällen der Nichtfeststellbarkeit des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes wird es sich regelmäßig um ein „exotisches“ Recht handeln, das dem deutschen Recht nicht nur nicht verwandt, sondern gerade weit entfernt ist79. Umso unwahrscheinlicher ist es, dass die Anwendung deutschen anstelle des ausländischen Rechts zum richtigen Ergebnis führt. Die Anwendung der lex fori als Ersatzrecht kann deshalb nur die ultima ratio sein80, wenn alle anderen Lösungsmöglichkeiten versagen, quasi der Rollstuhl, wenn die Krücken nicht mehr tragen.
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c) Verwandtes Recht als Ersatzrecht. Sachgerechter als die Anwendung der lex fori ist die Zugrundelegung des verwandten Rechts81, insbesondere bei rezipierten
38
4421 174 Vgl. u.a. zur Diskussion Kreuzer Einheitsrecht als Ersatzrecht − Zur Frage der Nichtermittelbarkeit fremden Rechts, NJW 1983, 1943 ff.; Müller Zur Nichtfeststellbarkeit des kollisionsrechtlich berufenen ausländischen Rechts, NJW 1981, 481 ff.; Wengler Der deutsche Richter vor unaufklärbarem und unbestimmten ausländischen Recht, JR 1983, 221 ff.; zur gleichen Diskussion im spanischen Recht vgl. Calvo Caravaca/Carrascosa Gonza´lez The Proof of Foreign Law in the new Spanish Civil Procedure Code 1/2000, IPRax 2005, 170 ff. (173 f.). 4422 275 Vgl. dazu Kreuzer Einheitsrecht als Ersatzrecht − Zur Frage der Nichtfeststellbarkeit fremden Rechts, NJW 1983, 1943 ff.; Müller Zur Nichtfeststellbarkeit des kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen Rechts, NJW 1981, 481 ff. 76 4423 3 NJW 1981, 481 ff. (485). 77 4424 4 Vgl. z.B. BGHZ 69, 387; BGH StAZ 1978, 124; BGH NJW 1992, 1215; BGH RIW 1982, 199; BGH NJW-RR 1986, 484; OLG Stuttgart StAZ 1984, 423; OLG Frankfurt/Main FamRZ 2000, 37; KG FamRZ 2002, 840.
4425 578 So von Riezler IZPR, S. 497 mwN. 4426 679 So ging es in BGH NJW 1961, 410 um die Gültigkeit eines 1937 von der afghanischen Regierung ausgestellten Wechsels. Auch in der Entscheidung KG FamRZ 2002, 166 ging es um die Nichtermittelbarkeit afghanischen Rechts. 4427 780 In diesem Sinne z.B. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdn. 9; Geimer IZPR, Rdn. 2600; Kegel Die Ermittlung ausländischen Rechts, in: Müller u.a. (Herausg.), Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 157; Kegel/Schurig IPR, § 15 III; Schack IZVR, Rdn. 644; Schütze DIZPR., Rdn. 265. 4428 881 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 2600; Heldrich Heimwärtsstreben auf neuen Wegen. Zur Anwendung der lex fori bei Schwierigkeiten bei der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Ferid, 1978, S. 209 ff. (216); Kegel/Schurig IPR, § 15 III; Linke IZZPR, Rdn. 283; Nagel/Gottwald IZPR, § 10, Rdn. 44; Schack IZVR., Rdn. 644; Schütze DIZPR, Rdn. 266.
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Rechtsordnungen. Hier führt die Anwendung des Mutterrechts zu praktikableren Ergebnissen als die lex fori. Das gilt vor allem für Rechtsordnungen, bei denen die Anbindung an das Mutterrecht auch nach der Erlangung der Unabhängigkeit nicht unterbrochen worden ist. So sah sect. 5 Civil Law Act in Singapur bis 1993 eine permanente Rezeption des englischen Rechts auf gewissen Gebieten des Handels- und Wirtschaftsrechts bis 1993 vor82. Auch danach werden singapurische Entscheidungen noch weitgehend auf englische Präzedenzfälle gestützt83. Es ist deshalb sachgerechter bei (wenig wahrscheinlicher) Nichtfeststellbarkeit eines singapurischen Rechtssatzes auf englisches als auf deutsches Recht zurückzugreifen. Der BGH hat in der Syrienentscheidung84 wegen der Nichtfeststellbarkeit syrischer Rechtspraxis zur Gegenseitigkeitsfrage ägyptisches und französisches Recht angewandt und hat ausgeführt: „Da Syrien zumindest im Hinblick auf sein Verfahrensrecht dem französischen Rechtskreis zuzurechnen ist, bestehen keine Bedenken, das gleiche für die syrische Rechtspraxis anzunehmen“. Die Rechtsvergleichung ist hier wichtiges Hilfsmittel85. Vorsicht ist jedoch geboten. Das „verwandte“ Recht ist nur mit Zurückhaltung anzuwenden86. Nur bei rezipierten Rechtsordnungen oder solchen, die zur gleichen Rechtsfamilie gehören, vermag die Lösung zu angemessenen Ergebnissen zu führen. In den meisten Fällen der Nichtfeststellbarkeit eines ausländischen Rechtssatzes wird es sich aber um ein Recht handeln, bei dem keine derartige Verwandtschaft zu einer bekannten Rechtsordnung festzustellen ist, wie etwa beim afghanischen Recht87. Denn sonst kommt es regelmäßig nicht zu einem non liquet.
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d) Allgemeine Rechtsgrundsätze als Ersatzrecht. Im Schrifttum wird als Ersatzrecht teilweise die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze vorgeschlagen88. Die Vertreter dieser Ansicht finden das Ersatzrecht auf rechtsvergleichender Grundlage, wobei sie wie die Verfechter der Anwendbarkeit des „verwandten“ Rechts die Rechtsfamilie berücksichtigen müssen, zu der das unbekannte Recht gehört. In der Praxis sind deshalb keine großen Unterschiede vorhanden. Allgemeine Rechtsgrundsätze mögen vorhanden sein, wie das Prinzip „pacta sunt servanda“. Aber auch hier ist Vorsicht geboten, da gerade die Rechtsfolgen des Grundsatzes unterschiedlich sein mögen89.
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e) Einheitsrecht als Ersatzrecht. Kreuzer90 favorisiert für den Fall des Scheiterns einer Hilfsanknüpfung die Anwendung internationalen Einheitsrechts. Hierunter begreift er „alle Sachnormen für nationale und transnationale Sachverhalte des Privatrechts (Schuldrechts), deren Geltung auf internationalem Konsens, d.h. insbesondere auf multilateralen Konventionen und supranationalen Rechtssetzungsakten beruht“. Dabei stellt er klar, dass er weder regional faktisch übereinstimmendes Recht noch die lex mercatoria als Ersatzrecht sieht. 4429 182 Vgl. dazu Schütze Handels-, und Wirtschaftsrecht von Singapur und Malaysia, 1987, S. 20 ff. 4430 283 Vgl. eingehend Woon The Applicability of English Law in Singapore, in: Tan (Herausg.), The Singapore Legal System, 2. Aufl., 1999 (Reprint 2003), S. 230 ff. (238 ff.). 84 4431 3 Vgl. BGHZ 49, 50 = AWD 1968, 266 mit Anm. Schütze. 4432 485 Vgl. dazu auch Schütze Internationales Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung, Recht in Ost und West, FS Waseda, 1988, S. 323 ff. 4433 586 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 266.
980
4434 687 Vgl. dazu KG FamRZ 2002, 166. 4435 788 Vgl. Broggini Die Maxime „iura novit curia“ und das ausländische Recht, AcP 155 (1956), 469 ff.; Kötz Allgemeine Rechtsgrundsätze als Ersatzrecht, RabelsZ 34 (1970), 663 ff.; Neuhaus Die Grundbegriffe des internationalen Privatrechts, 2. Aufl., 1976, S. 391 f. 89 4436 8 Vgl. Kegel/Schurig IPR, § 15 V. 4437 990 Vgl. Kreuzer Einheitsrecht als Ersatzrecht. Zur Frage der Nichtermittelbarkeit fremden Rechts, NJW 1983, 1943 ff.
Schütze
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 293
f) Sonderregelung für ungeklärte Staatsangehörigkeit. Ist die Staatsangehörigkeit einer Person nicht feststellbar, so ist nach Art. 5 Abs. 2 EGBGB anstelle an die Staatsangehörigkeit an den gewöhnlichen Aufenthalt oder in Ermangelung eines solchen an den schlichten Aufenthalt anzuknüpfen91. Das wurde schon vor der gesetzlichen Regelung in Rechtsprechung und Literatur vertreten92.
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VI. Ersatzrecht bei ordre public Widrigkeit des ausländischen Rechts Verstößt der kollisionsrechtlich zur Anwendung berufene ausländische Rechtssatz gegen den deutsche ordre public, so darf er im deutschen Prozess nicht angewendet werden (Art. 6 EGBGB)93. Es ist − ebenso wie bei der Nichtfeststellbarkeit des Inhalts eines Rechtssatzes − ein Ersatzrecht anzuwenden94. Jedoch ist § 293 ZPO nicht anwendbar. Es handelt sich nicht um ein international-zivilprozessuales, sondern ein internationalprivatrechtliches Problem. Es liegt nahe, die durch das Verbot des Art. 6 EGBGB zur Anwendung des ausländischen Rechtssatzes entstehende Lücke durch die lex fori auszufüllen. Das ist in der Tat die Praxis romanischer Rechtsordnungen95. Diese Betrachtungsweise ist jedoch zu undifferenziert. Man wird unterscheiden müssen, ob es sich um einen Wegfall von „Alternativnormen“ oder „Nichtalternativnomen“ handelt96. Im ersteren Fall ist die Anwendung der lex fori − also deutsches Recht − geboten, im zweiten Fall, in dem Rechtsfolge der ausgeschalteten ausländischen Vorschrift nicht „ja“ oder „nein“ lautet, ist primär der kollisionsrechtlichen Verweisen − soweit möglich − Rechnung zu tragen.
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VII. Analoge Anwendung im Schiedsverfahren Teilweise wird die Meinung vertreten, das Schiedsverfahren unterscheide nicht zwischen eigenem und fremdem Recht97. Diese Ansicht geht von der Prämisse aus, dass das Schiedsgericht keine lex fori kenne. Aber auch das Schiedsverfahren muss in einer Rechtsordnung wurzeln, die mangels abweichender Regelung das Schiedsverfahrensrecht und die Nationalität von Schiedsverfahren und Schiedsspruch bestimmt98. Das Recht, das nicht mit dem Rechts am Schiedsort übereinstimmt, ist für das Schiedsverfahren ausländisches Recht99. Aber selbst wenn man dem nicht folgt, so bleibt die Tatsache, dass es auch im Schiedsverfahren Rechtsnormen gibt, die einzelnen oder allen Schiedsrichtern unbekannt sind. In diesen Fällen ist die analoge Anwendung des § 293 angezeigt100. 4438 191 Vgl. dazu Kegel/Schurig IPR, § 15 V, 1b. 4439 292 Vgl. dazu Mühl-Jäckel Rechtsfragen einer ungeklärten Staatsangehörigkeit, FS Berge, 1989, S. 43 ff. 4440 393 Vgl. dazu Lorenz Renvoi und ausländischer ordre public, FS Geimer 2002, S. 555 ff. ; Schwung Die Rechtsfolgen aus der Anwendung der ordre public-Klausel im IPR, Diss. Mainz 1983. 94 4441 4 Vgl. dazu eingehend Schwung Das Ersatzrecht bei einem Verstoß des ausländischen Rechts gegen den ordre public, RabelsZ 49 (1985), 407 ff. 4442 595 Vgl. für Nachweise Schwung Die Rechtsfolgen aus der Anwendung der ordre public-Klausel im IPR, S. 139.
4443 696 Vgl. dazu Schwung RabelsZ 49 (1985), 407 ff. (422 ff.). 4444 797 Vgl. Schlosser Das Recht der privaten internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 1989, Rdn. 747. 4445 898 Vgl. Schütze Die Bestimmung des anwendbaren Rechts im Schiedsverfahren und die Feststellung seines Inhalts, FS Böckstiegel, 2001, S. 715 ff. (722). 99 4446 9 Vgl. Schütze FS Böckstiegel, S. 715 ff. (722); ders. Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 4. Aufl., 2007, Rdn. 201. 100 4447 10 Vgl. Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 4. Aufl., 2007, Rdn. 201.
Schütze
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44
§ 293
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
VIII. Gewohnheitsrecht 1. Begriff
45
Gewohnheitsrecht ist nicht gesatztes Recht, das sich in einer allgemeinen Übung manifestiert, die von den beteiligten Rechtsgenossen als Recht anerkannt wird. „Rechtsbildend ist eine Gewohnheit nur, wenn sie sich durch lange dauernde Übung äußerlich betätigt und wenn sie auf der ernstlichen, gemeinsamen Überzeugung beruht, dass hier Recht geübt werde“101. Das Bundesverfassungsgericht definiert in einem Beschluss vom 28.7.1967102: Gewohnheitsrecht ist „Recht, das nicht durch förmliche Setzung, sondern durch längere tatsächliche Übung entstanden ist, die eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine sein muss und von den beteiligten Rechtsgenossen als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird (vgl. BVerfG 9, 109 (117); 15, 226 (232 ff.))“. Gewohnheitsrecht hat man angenommen bei Streupflichten gegen Glatteis103, bei einer Kirchenbaulast gegen die politische an Stelle der kirchlichen Gemeinde104, bei einem auf alter Verleihung beruhenden Wassernutzungsrecht105, bei der Frage der Verteilung des Bergelohns106. Gewohnheitsrecht muss der Richter nicht kennen. Ihm stehen alle Methoden der Ermittlung nach § 293 wie bei ausländischem Recht zur Verfügung. 2. Nichtermittelbarkeit
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Zur Nichtermittelbarkeit des Inhalts von Gewohnheitsrecht und der Anwendung eines Ersatzrechts kann es nur bei ausländischem Gewohnheitsrecht kommen, nie bei inländischem. Wenn der Inhalt einer ständigen Übung und der Rechtsüberzeugung der Rechtsgenossen nicht feststellbar ist, liegt kein Gewohnheitsrecht vor.
IX. Statuten
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Statuten sind Rechtsnormen, die durch autonome Rechtssetzung „engerer Kreise“ entstehen107. Damit scheiden privatrechtliche Formularverträge, Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vereinssatzungen aus dem Anwendungsbereich des § 293 aus108. Es bleiben Satzungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften im Rahmen derer Selbstverwaltung (Satzungen, Anstaltsordnungen)109. Hierhin gehören auch Ortsvorschriften, z.B. über die Streupflicht110. Auch Tarifverträge (§ 1 Abs. 1 TVG) sind Statuten i.S. von § 293 ZPO111. Das RAG112 dagegen wollte sie wie inländische Gesetze behandelt wissen, ließ aber offen, ob das Revisionsgericht verpflichtet sein sollte, Material über sie hinzuzuziehen. Später verlangte das RAG113 dann, dass sich der Richter die Kenntnis (auch aus der Vorgeschichte) von Tarifverträgen selbst beschaffen muss. Nach der historischen Auffassung von Leipold114 dagegen hat der Begriff der Statuten in § 293 ZPO seine Bedeutung weitgehend verloren. Man müsse davon ausge101 4448
1 Vgl. RGZ 75, 40 (41). 102 24449 Vgl. BVerfGE 22, 114 (121). 103 34450 Vgl. RGZ, 93, 124; RG Gruch 55, 77. 104 44451 Vgl. RGZ 102, 9 (12 f.). 105 54452 Vgl. RGZ 161, 243 (248). 106 64453 Vgl. RGZ 165, 166 (185). 107 74454 Vgl. Stein/Jonas/Leipold Rdn. 3. 108 84455 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 19; Spickhoff Fremdes Recht vor inländischen Gerichten:
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Rechts- oder Tatfrage?, ZZP 112 (1999), 265 ff. (267); Zöller/Geimer Rdn. 4. 9 Vgl. RG Gruch 50, 1070 (1072); MünchKomm/ Prütting Rdn. 19; Zöller/Geimer Rdn. 4 110 4457 10 Vgl. Zöller/Geimer Rdn. 4. 111 4458 11 Vgl. BAG 4, 37 (39); 39, 322 (328); Spickhoff ZZP 112 (1999), 265 ff. (267 f.); Zöller/Geimer Rdn. 4. 112 4459 12 Vgl. RAGE 18, 72 (78). 113 4460 13 Vgl. RAGE 20, 171 (173). 114 4461 14 Vgl. Stein/Jonas/Leipold Rdn. 30. 109 4456
Schütze
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 294
hen, dass der Begriff „auf Grund des Wandels der staatsrechtlichen Verhältnisse und der Rechtsquellenlehre als weitgehend gegenstandslos“ zu betrachten sei mit der Folge, dass der Grundsatz iura novit curia uneingeschränkt gilt und dem Richter die Erkundungsquellen des § 293 ZPO nicht zur Verfügung stehen. Aber auch nach dieser historischen Auffassung unterfallen ausländische Statuten als „Recht“ dem Anwendungsbereich der Norm.
§ 294 Glaubhaftmachung (1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides Statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft. Schrifttum Compensis Die einstweilige Verfügung auf Unterhaltsleistung, 1991; van Els Die Glaubhaftmachung im summarischen Eilverfahren, FPR 1998, 121; Gießler/Soyka Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen, 4. Aufl. 2005; Gottwald Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 1979; Leipold Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, 1971; Peters Der sogenannte Freibeweis im Zivilprozeß, 1962; Scherer Das Beweismaß bei der Glaubhaftmachung, 1996; Tiedemann Die Versicherung an Eides statt − Form, Inhalt und Strafbarkeitsrisiken, ArbRB 2007, 312; Walker Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozeß und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, 1993.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Glaubhaftmachung . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . a) Gesetzlich geregelte Fälle . b) Entsprechende Anwendung c) Andere Fälle . . . . . . 2. Inhalt . . . . . . . . . . a) Beweismaß . . . . . . . b) Beweisbedürftigkeit . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
3 4 4 7 8 9 10 11
Rdn c) Grundsatz der freien Beweiswürdigung . . . . . . . . . d) Gegenstand der Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . .
15
IV. Mittel der Glaubhaftmachung . . .
16
13
V. Gegenwärtigkeit des Beweises . . .
25
VI. Gegenglaubhaftmachung . . . . .
32
VII. Kosten . . . . . . . . . . . . .
33
I. Gesetzesgeschichte Ursprünglich waren die Regelungen zur Glaubhaftmachung in § 266 CPO 18771 enthalten. Nach geringfügigen Modifikationen infolge der Änderungen des Eidesrechts durch die Novelle 18982 wurde § 266 CPO durch die Neunummerierung in der Bekanntmachung 18983 zu § 294. Seit dem Gesetz zur Änderung des Verfahrens in 1 14462 RGBl S. 83, 130. 2 24463 RGBl S. 256, 271.
3 34464 RGBl S. 410, 465.
Schütze/Assmann
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1
§ 294
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 27.10.1933,4 in dem das ausgeschlossene Beweismittel der „Eideszuschiebung“, das abgeschafft worden war, gestrichen wurde, änderte sich der Wortlaut von § 294 nicht.
II. Normzweck
2
Dem Gericht soll durch § 294 im Fall der Glaubhaftmachung eine möglichst freie Stellung eingeräumt werden.5 Die Abweichungen zum allgemeinen Beweisverfahren6 rechtfertigen sich damit, dass es sich in Fällen, in denen die Glaubhaftmachung genügt, um solche Entscheidungen handelt, durch die über die Rechte des Gegners nicht endgültig entschieden wird,7 und für diesen Zweck daher auch eine vorläufige Bescheinigung der Tatsachenbehauptung statt des vollen Beweises ausreicht.8 Die Glaubhaftmachung ist deshalb meist bei Entscheidungen verfahrensrechtlicher Natur9 oder solchen zugelassen, bei denen eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist.10 Um eine Verzögerung des Rechtsstreits zu verhindern, wurde die Glaubhaftmachung davon abhängig gemacht, dass die Beweisaufnahme sofort erfolgen kann.11
III. Glaubhaftmachung
3
Grundsätzlich ist für eine zu beweisende Tatsache der Vollbeweis erforderlich. Darunter ist die volle richterliche Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache iSd § 286 zu verstehen. Bei der Glaubhaftmachung ist ein geringerer Grad von Überzeugung erforderlich. § 294 regelt lediglich die Form, wie etwas glaubhaft zu machen ist. Wann etwas glaubhaft zu machen ist, ist kasuistisch im Gesetz geregelt. 1. Anwendungsbereich
4
a) Gesetzlich geregelte Fälle. Das Gesetz lässt nur in einzelnen Fällen eine Glaubhaftmachung anstelle des Vollbeweises ausreichen. Die Glaubhaftmachung genügt in folgenden Fällen: §§ 44 Abs. 2 und 4, 71 Abs. 1 S. 2, 104 Abs. 2 S. 1, 118 Abs. 2 S. 1,12 156 Abs. 2 Nr. 2, 224 Abs. 2, 236 Abs. 2 S. 1,13 251a Abs. 2 S. 4, 270 S. 2, 296 Abs. 4, 299 Abs. 2, § 331a S. 2, 357 Abs. 2 S. 2, 367 Abs. 2, 381 Abs. 1 S. 2, 386 Abs. 1 und 2, 406 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 424 Nr. 5, 430, 435 S. 1, 441 Abs. 4, 487 Nr. 4,14 494 Abs. 1, 511 Abs. 3, 531 Abs. 2, 532 S. 3, 589 Abs. 2, 605 Abs. 2, 620a Abs. 2 S. 3, 641d Abs. 2 S. 3, 707 Abs. 1 S. 2, 714 Abs. 2, 719 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, 765a Abs. 2, 769 Abs. 1 S. 2, 771 Abs. 3 S. 2, 805 Abs. 4, 807 Abs. 1 Nr. 215 und Nr. 4, 815 Abs. 2 S. 1, 903 S. 1,16 914 Abs. 1, 920 Abs. 2 (dazu § 920 Rdn. 11 ff.), 928, 936, 980, 985, 986 Abs. 1, 2 und 3, 988, 996 Abs. 2, 1001, 1007 Nr. 2, 1010 Abs. 1, 1011 Abs. 1 S. 1.
4 14465 RGBl I S. 780, 786. 5 24466 OLG Köln WRP 1983, 355, 356 (Verfahrensvereinfachung). 4467 6 3 Hk/Saenger Rdn. 1 spricht daher von einer besonderen Form der Beweisführung; ebenso AK/ Rüßmann Rdn. 1 (besonderes Beweisverfahren). 7 44468 Vgl. Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 281; eine Gruppenbildung versucht Peters S. 68 ff.; Scherer S. 83. 8 54469 RGZ 30, 376, 378.
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9 64470 Peters S. 68 f.; Scherer S. 83. 4471 710 Stein/Jonas/Leipold21 § 294 Rdn. 3. 11 4472 8 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 281. 4473 912 Vgl. OLG Köln NJW-FER 1997, 174, 175. 13 4474 10 Vgl. hierzu Prechtel ZAP Fach 13, 1335, 1340 ff. (ZAP 2006, 321, 326 ff.). 14 4475 11 Vgl. Schwartmann ProzRB 2004, 258, 259. 15 4476 12 Vgl. dazu Dressel DGVZ 1988, 22, 23; Jenisch Rpfleger 1988, 461 ff. 16 4477 13 Vgl. hierzu OLG München NJW 1962, 497, 498.
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 294
Muss der Gegenbeweis bei einer Beweisregel geführt werden (vgl. § 418 Abs. 2), um diese zu entkräften, reicht in den oben genannten Fällen die Glaubhaftmachung aus.17 § 104 Abs. 2 S. 1 und § 605 Abs. 2 lassen die Glaubhaftmachung genügen, so dass auch die Führung des vollen Beweises mit nicht präsenten Beweismitteln möglich ist.
5
b) Entsprechende Anwendung. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auf andere Fälle ist grundsätzlich unzulässig.18 Dies gilt auch, wenn eine mündliche Verhandlung nicht notwendig ist.19 Bei § 294 handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die im Allgemeinen zu einer rechtsähnlichen Anwendung nicht geeignet ist. Eine entsprechende Anwendung käme allenfalls dann in Betracht, wenn dem Ausnahmesatz seinerseits ein engeres Prinzip zugrunde liegt.20 Dies ist für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Nur wenn das Verfahren dem Gericht völlig freigestellt ist21, darf es sich mit der bloßen Glaubhaftmachung begnügen. Genügt im ersten Rechtszug Glaubhaftmachung, so reicht sie auch in dem anschließenden Beschwerdeverfahren aus.22
7
c) Andere Fälle. § 294 findet auch bei anderen, zT außerprozessualen Vorschriften Anwendung, wie z.B. bei §§ 885 Abs. 1 S. 2, 899 Abs. 2 S. 2, 1786 Abs. 1 Nr. 1, 1953 Abs. 3, 1994 Abs. 2 S. 1, 2010, 2081 Abs. 2 S. 2, 2146 Abs. 2, 2228, 2264, 2384 Abs. 2 BGB, §§ 14 Abs. 1,23 290 Abs. 2,24 296 Abs. 1 S. 325 iVm § 4 InsO, § 43 MarkenG,26 § 5 Abs. 2 S. 2 KSchG, jedoch nicht bei § 22 AGG bzw § 611a Abs. 1 S. 3 BGB a.F.27. Die Glaubhaftmachung hat für das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine eigenständige Regelung in § 15 Abs. 2 FGG erfahren, in der ebenfalls die eidesstattliche Versicherung zugelassen ist. Eine Beschränkung auf präsente Beweismittel wie in § 294 Abs. 2 gilt hier nicht.28
8
4478 117 BGH VersR 1983, 491 = MDR 1983, 749 (Widerlegung der Beweiskraft eines Eingangsstempels bei Antrag auf Verlängerung einer Frist); anders aber BGH VersR 1986, 60 und BGH VersR 1973, 186 f., wenn es nicht um den Nachweis einer unverschuldeten Versäumung der Frist, sondern um den Nachweis geht, dass eine Fristversäumnis überhaupt nicht vorliegt. 4479 218 Vgl. BGH VersR 1973, 186, 187 (offengelassen für die Fälle, in denen eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist); RGZ 21, 395, 398; RG JW 1899, 180; MünchKomm/Prütting Rdn. 4; Hk/ Saenger Rdn. 5. 19 4480 3 Vgl. aber Stein/Jonas/Schumann § 294 Rdn. 3 und Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 2 (vereinzelt zulässig). 4481 420 BGH VersR 1973, 186 (Widerlegung der Beweiskraft des Eingangsstempels). 21 4482 5 Dies gilt nicht für § 495a, vgl. BT-Drucks. 11/ 4155 S. 11. 4483 622 Werner NuR 1992, 149, 153 (Verfügungsverfahren). 4484 723 BayObLG KTS 2002, 145, 146 f.; OLG Celle NJW-RR 2001, 702, 703; vgl. zu den geringeren Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch eine Behörde OLG Zweibrücken MDR 2001,
413, OLG Köln NJW-RR 2000, 427, 428, OLG Dresden ZInsO 2000, 560, 561, siehe auch Pannen EWiR 2000, 779, 780; Plagemann EWiR 2000, 1025, 1026; Smid DZWIR 2007, 45, 49; Vallender ZAP Fach 14, 455, 457 (ZAP 2003, 667, 669); zur eingeschränkten Überprüfung der Glaubhaftmachung im Rechtsbeschwerdeverfahren gem. § 7 InsO, OLG Naumburg NZI 2000, 263, 264. 4485 824 BGH ZVI 2005, 614; BGHZ 156, 139 ff. = NJW 2003, 3558 f.; Fischer NZI 2004, 281, 294 f. 25 4486 9 LG Aachen ZVI 2007, 386. 26 4487 10 BGH GRUR 2006, 152, 154; Kochendörfer WRP 2007, 258, 263. 27 4488 11 MünchKommBGB5/Thüsing (2007) § 22 AGG Rdn. 2: § 22 AGG spricht deshalb auch nicht von Glaubhaftmachung, regelt aber eine Herabsetzung des Beweismaßes auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit; Boesche EuZW 2005, 264, 265; Klumpp NZA 2005, 848, 852; Prütting FS BAG (2004), S. 1311, 1316. 28 4489 12 Bumiller/Winkler FGG8 (2006) § 15 Rdn. 31; Jansen/von König FGG3 (2006), Bd. 1 § 15 Rdn. 85; Keidel/Schmidt FGG15 (2003) § 15 Rdn. 70.
Assmann
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§ 294
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
2. Inhalt
9
Hat eine Partei ihre Behauptung glaubhaft zu machen, unterscheidet sich das Verfahren im Wesentlichen von den für das Beweisverfahren allgemein geltenden Regeln gem. §§ 355 ff.29 Die Partei, der die Last der Glaubhaftmachung obliegt,30 hat die Beweismittel beizubringen. Diese müssen in der mündlichen Verhandlung präsent sein. Die Partei kann sich grundsätzlich aller Beweismittel bedienen, auch zur eidesstattlichen Versicherung zugelassen werden. Außerdem genügt ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung.31
10
a) Beweismaß. Bei der Glaubhaftmachung muss das Gericht nicht voll überzeugt sein. Vielmehr reicht schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufs aus.32 Dies bedeutet mehr als die bloße Möglichkeit, aber weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit.33 Es muss jedenfalls mehr für die Richtigkeit der Tatsachenbehauptung sprechen als für das Gegenteil.34 Glaubhaftmachung ist also weniger als der volle Beweis.35 Für die Glaubhaftmachung muss das Gericht nicht abschließend alle Gründe des Für und Wider abwägen, so dass noch gewisse Zweifel, nicht aber ernsthafte Zweifel,36 bestehen bleiben können.37 Bei der Führung eines Indizienbeweises ist die Haupttatsache glaubhaft gemacht, wenn die auf die Hilfstatsachen gestützte Schlussfolgerung überwiegend wahrscheinlich erscheint, ohne dass dadurch bereits alle anderen Möglichkeiten praktisch ausgeschlossen sein müssen.38
11
b) Beweisbedürftigkeit. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die Tatsachen, die zur Antrags-/Anspruchsbegründung notwendig sind.39 Erforderlich ist die Glaubhaftmachung grundsätzlich nur, wenn die Tatsache beweisbedürftig ist,40 also nicht
4490 129 BGHZ 156, 139, 141 = NJW 2003, 3558; OLG Karlsruhe/Freiburg WRP 1985, 357, 358. 4491 230 Zur Glaubhaftmachungslast im einstweiligen Rechtsschutz vgl. Hirtz NJW 1986, 110 ff.; Teplitzky DRiZ 1982, 41, 44. 31 4492 3 Zu den Maßstäben richterlicher Überzeugung vgl. Gottwald Schadenszurechnung, S. 186 ff. 4493 432 BGH NJW-RR 2007, 776, 777; BGHZ 156, 139, 142 = NJW 2003, 3558 = NZI 2003, 662 mit Anm. Fuchs; BGH NJW-RR 2002, 1571; BGH NJW 1998, 1870; BGH FamRZ 1996, 408, 409; BGH NJW 1994, 2898; BGH VersR 1991, 896; BGHR ZPO § 236 Abs. 2 S. 1 Glaubhaftmachung 1; BGH VersR 1986, 463; BGH VersR 1976, 928, 929; BFH/NV 1992, 604, 605 f.; BFH/NV 1987, 720; OLGR Frankfurt 2004, 151, 155; OLG Frankfurt ZUM 2001, 322; OLG Hamburg WM 1998, 522 f.; OLG Frankfurt BB 1983, 1751; vgl. auch FG Kassel EFG 1981, 580, 581; Scherer S. 75 ff., 85, die allerdings ausnahmsweise in den Fällen, in denen partiell oder de facto eine endgültige Entscheidung getroffen wird, den Vollbeweis fordert, S. 85 ff., 92. 33 4494 5 BSG NJW 1958, 1989; vgl. auch Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 109 Rdn. 4 (gute Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat); Goldschmidt Der Prozeß als Rechtslage (1925), S. 449 (bloße Wahrscheinlichmachung); aA Com-
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pensis S. 185, die bezüglich § 920 Abs. 2 lediglich Überzeugung fehlender Leichtfertigkeit, Schikane oder Arglist als Minimum fordert; Gottwald Schadenszurechnung, S. 217, der die Glaubhaftmachung als volle Überzeugungsbildung anhand präsenter bzw begrenzter Beweismittel ansieht. 34 4495 6 LG Passau DGVZ 1989, 43, 44; Gießler/Soyka Rdn. 56; vgl. Prütting Gegenwartsprobleme der Beweislast (1983), S. 74; Walker Rdn. 321; Zepos FS Larenz (1973), S. 289, 290; vgl. Borck WRP 1978, 776. 35 4496 7 Vgl. RG JW 1927, 1309; MünchKomm/Prütting Rdn. 24; Compensis S. 178; zum Unterschied zwischen dem normalen Beweis und der Glaubhaftmachung vgl. Peters S. 65 ff.; zur Abgrenzung zum Anscheinsbeweis vgl. Bertrams DVBl 1987, 1181, 1184 f. 4497 836 BGH NJW-RR 2002, 1571. 4498 937 RG JW 1927, 1309. Beim vorläufigen Rechtsschutz sind die Anforderungen an das Maß der Glaubhaftmachung umso höher, je schwerer der Eingriff in die Sphäre des Gegners ist, Baur BB 1964, 607, 608. 38 4499 10 BGH NJW 1998, 1870. 39 4500 11 Tiedemann ArbRB 2007, 312, 314. 40 4501 12 OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1419.
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wenn die Tatsache nicht bestritten (§ 138 Abs. 3),41 zugestanden (§ 288)42 oder offenkundig (§ 291)43 ist, eine gesetzliche Vermutung (§ 292) besteht44 oder eine Beweisregel eingreift. Was bereits bewiesen ist, muss nicht glaubhaft gemacht werden. Eine besondere Glaubhaftmachung erübrigt sich auch dann, wenn die glaubhaft zu machenden Tatsachen bereits nach den Umständen des Falles als glaubhaft anzusehen sind.45 Eine Glaubhaftmachung vorab und unabhängig von ihrer Beweisbedürftigkeit ist jedoch in einzelnen, gesetzlich besonders angeordneten Fällen (z.B. §§ 920 Abs. 2, 935, 936) notwendig, da das Verfahren ohne vorheriges Gehör des Gegners stattfindet.46 Dies gilt nicht, wenn der Antragsgegner zuvor gehört worden ist oder sich zuvor in einer Schutzschrift zu den behaupteten Tatsachen geäußert hat.47
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c) Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gem. § 286 gilt auch für die Glaubhaftmachung.48 Das freie Ermessen des Richters erstreckt sich hierbei nicht nur auf das Maß der Überzeugung, sondern auch auf das zu deren Erlangung dienende Beweisverfahren.49 Die Grundsätze der Unmittelbarkeit (§ 355) und Parteiöffentlichkeit (§ 357) der Beweisaufnahme gelten bei der Glaubhaftmachung nicht.50 Bei einer Vernehmung steht es dem Gericht frei, eine Beeidigung vorzunehmen oder von einer Beeidigung abzusehen, wenn es hiervon keinen Einfluss auf seinen Glauben erwartet.51 Der Richter kann nach freiem Ermessen entscheiden, ob die zur Glaubhaftmachung vorgebrachten Beweismittel auf seine Überzeugung zu wirken geeignet sind,52 wenn ihm nicht durch das Gesetz gewisse Schranken gezogen sind (vgl. § 294 Abs. 2).53 Das Gericht darf also über die Glaubhaftmachung hinweggehen, wenn es sie als unrichtig oder unglaubwürdig ansieht.54 § 286 Abs. 1 S. 2 findet jedoch keine Anwendung, so dass eine Begründung für die erfolgreiche Glaubhaftmachung nicht erforderlich ist.55 Es genügt die allgemeine Feststellung der Glaubhaftmachung. Diese ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen,56 soweit es nicht um die Prozessvoraussetzungen geht.
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d) Gegenstand der Glaubhaftmachung. Die Glaubhaftmachung erstreckt sich auf alle Tatsachen (vgl. § 288 Rdn. 28 ff.),57 die einer Behauptung und einem Beweis zugänglich sind, also auch auf einfache Rechtsbegriffe, wie z.B. Eigentum.58
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4502 141 BGH ZVI 2005, 614; LAG Nürnberg NZA-RR 2007, 194 f. 4503 242 Van Els FPR 1998, 121, 122. 4504 343 Missverständlich LG Wuppertal HV-Info 1993, 1077, 1078, das die Bezugnahme auf gerichtskundige Tatsachen als Mittel der Glaubhaftmachung ansieht. 44 4505 4 Teplitzky JuS 1981, 122, 125. 4506 545 RG Gruchot 52 (1908), 1142, 1143; Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 281; vgl. LG Paderborn JurBüro 1997, 440, 441. 4507 646 OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1419; MünchKomm/Prütting Rdn. 12; Walker Rdn. 328. 47 4508 7 Vgl. Gießler/Soyka Rdn. 358 iVm Rdn. 60; van Els FPR 1998, 121, 122. 4509 848 BGH NJW-RR 2007, 776, 777; RG JW 1926, 1561. 4510 949 RGZ 30, 376, 378; OLG Frankfurt ZUM 2001, 322.
50 4511 10 Compensis S. 180; Gießler/Soyka Rdn. 53; van Els FPR 1998, 121, 123. 51 4512 11 RGZ 30, 376, 379. 52 4513 12 BPatGE 33, 228, 231. 53 4514 13 RGZ 50, 360. 54 4515 14 FG Düsseldorf DStR 74, 44 (LS) = EFG 1973, 552 f. 55 4516 15 Einschränkend Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 3, der jedoch eine Begründung empfiehlt; aA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7; MünchKomm/Prütting Rdn. 27, der die Pflicht aus dem Rechtsstaatsprinzip herleitet. 56 4517 16 RGZ 136, 275, 282. 57 4518 17 Ausführlich zum Gegenstand der Glaubhaftmachung Scherer S. 49 ff.; vgl. Brannekämper WRP 1994, 661, 667 (keine Glaubhaftmachung der anzuwendenden ausländischen Sachnorm); Borck WRP 1978, 776; Walker Rdn. 322 (zu § 920 Abs. 2); aA Leipold S. 64 f. zu § 920 Abs. 2. 58 4519 18 RGSt JW 1927, 1641.
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Die Besonderheit der Glaubhaftmachung besteht gem. § 294 darin, dass jedes Beweismittel zulässig ist, auch die Versicherung an Eides statt.59 Hierbei handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung der möglichen Mittel der Glaubhaftmachung. § 294 beschränkt diese nicht auf die in den §§ 373 bis 455 angesprochenen Beweismittel und die eidesstattliche Versicherung, sondern lässt alle Erkenntnismöglichkeiten, die im Rahmen des Freibeweises herangezogen werden können, zu.60 § 294 enthält also keine verbindliche Anordnung, auf welche Weise das Gericht sich die für seine Entscheidung erforderlichen Kenntnisse verschaffen muss.61 Das Gericht kann auch die schriftliche Bescheinigung eines Dritten, die anwaltliche Versicherung über Handlungen in seiner Berufstätigkeit,62 nicht aber für die Glaubhaftmachung des Verhaltens Dritter, das sich der eigenen Wahrnehmung entzieht,63 oder das Wissen jeder Auskunftsperson ohne Rücksicht auf die Beurkundung frei würdigen.64 Gegebenenfalls reicht sogar eine schlichte Parteierklärung,65 die telefonische Bestätigung eines Dritten,66 eine rechtmäßig erlangte Tonbandaufzeichnung,67 Lichtbilder68 oder eine unbeglaubigte Kopie69 aus, nicht aber die Kopie einer eidesstattlichen Versicherung70 oder die einfache Ablichtung eines Eigenbelegs71 oder ein firmeninterner Vermerk72. Es genügt die amtliche Erklärung einer Behörde,73 ein Faxsendeprotokoll zum Nachweis der rechtzeitigen Versendung eines Schriftsatzes,74 die Vorlage des Pfändungsprotokolls zum Nachweis der Entstehung der Vollstreckungskosten75. Ein Privatgutachten ist als taugliches Mittel der Glaubhaftmachung anzuerkennen.76 Dies gilt auch für ein ärztliches Attest zur Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit.77 Statt der Vernehmung können eidesstattliche Versicherungen vorgelegt werden, auch wenn mündlich verhandelt wird, über deren Echtheit das Gericht frei entscheidet.78 Die Versicherung braucht nicht mündlich vor Gericht abgegeben werden, 4520 159 OLG Dresden NJW-RR 2001, 1342, 1343. 4521 260 OLG Köln GRUR 1986, 196; Gießler/Soyka Rdn. 51. 4522 361 BayVGH MDR 1975, 873, 874. 4523 462 RG JW 1926, 1561; BAG AP Nr. 1 zu § 251a ZPO; BayObLG WuM 1994, 296, 297; OLG Stuttgart MDR 2007, 545, 546; OLG Köln MDR 1986, 152 = GRUR 1986, 196; OLG Köln NJW 1964, 1038, 1039; LAG Stuttgart MDR 1978, 788, 789; LAG München AMBl BY 1980 C 19; AG Köln AnwBl 1982, 25, 26; Prechtel ZAP Fach 13, 1335, 1341 (ZAP 2006, 321, 327); aA AG Köln JMBl 1966, 210; LG Köln AnwBl 1982, 83, 84 (Glaubhaftmachung von der Entstehung bestimmter Gebühren im Rahmen der Beratungshilfe); AG Braunschweig AnwBl 1985, 539 (eidesstattliche Versicherung erforderlich). 4524 563 BGH NJW 2004, 3491, 3492; OLGR Dresden 2000, 324, 325. 4525 664 BayVGH MDR 1975, 873, 874; BSG NJW 1958, 1989, 1990; OLG München Rpfleger 1985, 457; aA RG JW 1911, 217, 218. 65 4526 7 BVerfG NJW-RR 1994, 316; BVerfGE 38, 35, 39. 66 4527 8 BVerwG Buchholz 303 § 227 ZPO Nr. 13 (eines Arztes zur Bestätigung einer Erkrankung); van Els FPR 1998, 121, 123 f., wobei diese aktenkun-
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dig und den Verfahrensbeteiligten zugänglich gemacht werden muss. 4528 967 Gießler/Soyka Rdn. 51; van Els FPR 1998, 121, 124. 68 4529 10 OLGR Jena 1997, 94, 95; OLG Köln FamRZ 1983, 709, 711; LG Dortmund AnwBl 1978, 242 69 4530 11 BGH NJW-RR 1987, 900 (Ablichtung einer Eintragung im Fristenkalender); BayObLG NJWRR 1992, 1159; OLG Köln FamRZ 1983, 709, 711. 70 4531 12 OLG Düsseldorf StV 1994, 284; FG Brandenburg EFG 1996, 717. 71 4532 13 AG Potsdam NZI 2001, 495. 72 4533 14 Vgl. BPatGE 33, 228, 232. 73 4534 15 OLG Hamm ZIP 1980, 258, 259. 74 4535 16 OLGR Frankfurt 2006, 205, 206. 75 4536 17 LG Darmstadt Rpfleger 1988, 332, 333. 76 4537 18 LG München DAVorm 1976, 210, 211 (ärztl. Privatgutachten); vgl. auch Krüger WRP 1991, 68, 71. 77 4538 19 OLG Karlsruhe NZA-RR 1998, 31, 32. 78 4539 20 Vgl. RG JW 1899, 338 (Vorlegung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens statt Gestellung des Sachverständigen im Prozess).
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schriftliche Versicherung genügt,79 nicht jedoch die Kopie der Versicherung80. Allerdings sollte eine eidesstattliche Versicherung mit eigener Sachdarstellung vorgelegt werden; eine Bezugnahme auf einen anwaltlichen Schriftsatz kann nicht ausreichend sein,81 jedenfalls wenn dieser Schriftsatz nicht nur die Schilderung von Tatsachen, sondern auch Rechtsausführungen enthält.82 Gleiches gilt bei formularmäßigen eidesstattlichen Versicherungen83 oder firmenmäßigen Erklärungen84. Bei eidesstattlichen Versicherungen nicht eidesfähiger Personen handelt es sich zwar nicht um solche iSd § 156 StGB. Diese Versicherungen sind jedoch als weitere zulässige Mittel der Glaubhaftmachung anzusehen.85 An Stelle der eidesstattlichen Versicherung genügt gem. § 386 Abs. 2 die Berufung auf den geleisteten Diensteid. Die eigene eidesstattliche Versicherung der Partei86 oder ihres Anwalts87 ist in der Regel88 zulässig. In folgenden Fällen ist eine eidesstattliche Versicherung jedoch ausgeschlossen: §§ 44 Abs. 2 S. 1, 406 Abs. 3, 511 Abs. 3. Ungenügend ist die eidesstattliche Versicherung auch dann, wenn sie sich auf die Richtigkeit nicht näher dargelegter Behauptungen beschränkt.89 Von dem Sachverständigen wird der Nachweis seiner Sachkunde zu verlangen sein,90 sofern sie sich nicht schon aus dem Gutachten oder anderen Umständen, wie die öffentliche Bestellung iSd § 404 Abs. 2, ergibt. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten kommt jedoch zur Glaubhaftmachung nicht in Betracht.91 Grundsätzlich sind sämtliche rechtlich zulässigen Mittel der Glaubhaftmachung gleichermaßen und gleichrangig geeignet.92 Welche Glaubhaftmachungsmittel in Betracht kommen, um das notwendige Maß der Überzeugung beim Gericht herbeizuführen, ist einzelfallabhängig.93 4540 179 RGZ 50, 360; BayObLG NJW 1996, 406, 407 (auch per Telefax), krit. dazu Hinz WuM 2005, 615, 616; Tiedemann ArbRB 2007, 312, 313 f.; aA RG JW 1902, 396; RG Gruchot 46 (1902), 902, 905 für die schriftliche eidesstattliche Versicherung einer Prozesspartei. 80 4541 2 OLG Düsseldorf StV 1994, 284 (LS), Original oder gerichtlich/notariell beglaubigte Abschrift ist erforderlich; FG Brandenburg EFG 1996, 717. 4542 381 BGH NJW 1988, 2045 (Bezugnahme auf das Wiedereinsetzungsgesuch); vgl. auch BVerfG NJW 1988, 250; OLGR Celle 2004, 597; OLGR Brandenburg 2003, 561, 562; OLGR Karlsruhe 1998, 95 (LS), auch bei wörtlicher Wiedergabe des anwaltlichen Schriftsatzes; OLGR Jena 1995, 94; zu streng OLGR Dresden 1997, 74; OLG Frankfurt FamRZ 1984, 312, 313; vgl. auch Prechtel ZAP Fach 13, 1335, 1340 f. (ZAP 2006, 321, 326 f.). 4543 482 OLG Koblenz MDR 2005, 827, 828; OLG Düsseldorf MDR 1986, 152; Tiedemann ArbRB 2007, 312, 313 f.; vgl. auch Schneider JurBüro 1969, 487, 490. 4544 583 OLG Frankfurt GRUR 1984, 304 f. 84 4545 6 BPatGE 33, 228, 231 (keine Erklärung als natürliche Person, sondern als Funktionsträger). 4546 785 OLG Karlsruhe NJWE-WettbR 1996, 149, 150. 4547 886 BGH FamRZ 1996, 408, 409; vgl. aber LAG Düsseldorf (bei der Würdigung ist Vorsicht ge-
boten); aber ungenügend für den Nachweis des Rechtsmissbrauchs einer Bankgarantie, OLGR Stuttgart 1997, 103, 104 = MDR 1998, 435, 436; ungenügend auch im finanzgerichtlichen Wiedereinsetzungsverfahren, FG Düsseldorf EFG 1980, 512, 513. 87 4548 9 Vgl. BVerfG NJW 1996, 409; BGH NJW 1999, 3051, 3052; vgl. auch BGH VersR 1974, 1021, der eine grundsätzliche Sonderstellung der Rechtsanwälte als Beweispersonen nicht anerkennt (Entscheidung aber nicht bezüglich Glaubhaftmachung, sondern bezüglich Vollbeweises). 88 4549 10 OLG Breslau OLGRspr 18 (1909), 33 f. (Ausnahme bei tief einschneidenden Anordnungen). 89 4550 11 FG Düsseldorf EFG 1984, 240, 241. 90 4551 12 Vgl. RG JW 1906, 118; RG JW 1903, 401. 91 4552 13 BGH NJW-RR 1998, 573; Krüger WRP 1991, 68. 92 4553 14 OLG Celle NJW-RR 2001, 702, 704; vgl. OLG Stuttgart MDR 2007, 545, 546 (anwaltliche Versicherung nicht geringwertiger als dienstliche Äußerung eines Richters); aA OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 1117, 1122, das ein Privatgutachten für geringwertiger als eine eidesstattliche Versicherung ansieht; van Els FPR 1998, 121, 125 (geringerer Wert von eidesstattlicher Versicherung und Privatgutachten); Walker Rdn. 336 f. (begrenzte Eignung von eidesstattlichen Versicherungen der Partei und Privatgutachten). 93 4554 15 Eichmann GRUR 1990, 575, 587.
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V. Gegenwärtigkeit des Beweises
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§ 294 Abs. 2 beschränkt die Beweismittel auf gegenwärtige.94 Deshalb ist eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, unstatthaft.95 Das bedeutet, dass in der mündlichen Verhandlung (spätestens bis zu deren Schluss) die Partei, der Zeuge oder die Urkunde zur Stelle sein muss.96 Es darf nicht zum Zweck einer Beweisaufnahme vertagt werden.97 Allein die Benennung eines Zeugen genügt daher nicht zur Glaubhaftmachung.98 Eine Ladung des Zeugen zur Vorbereitung des Termins gem. § 273 Nr. 4 verstößt jedoch nicht gegen § 294 Abs. 2. Gestellte Zeugen sind grundsätzlich zu vernehmen. Bei sehr großer Anzahl der Zeugen ist das Gericht jedoch nicht verpflichtet, sämtliche erschienenen Zeugen zu vernehmen oder zu vertagen.99 Bei schriftlicher Glaubhaftmachung können nur schriftliche Beweismittel verwendet werden. Eine fremdsprachige Urkunde ohne Beifügung einer beglaubigten Übersetzung kann nur berücksichtigt werden, wenn das Gericht den Inhalt sprachlich versteht und ohne Hilfe anderer feststellen kann.100 Ein Parteiverzicht auf die Vorschrift des § 294 Abs. 2 ist bedeutungslos.101 Wenn bei entsprechender Terminierung ein Augenschein sofort stattfinden kann, scheidet ein solcher als präsentes Beweismittel nicht aus.102 Die Vernehmung von Zeugen durch einen ersuchten Richter ist unzulässig.103 Auskünfte von dritten Personen oder Behörden, die erst vom Gericht eingeholt werden müssen, reichen zur Glaubhaftmachung nicht aus.104 Dasselbe gilt für Beweisantritte gem. §§ 421, 428, 432.105 Allerdings müssen Akten desselben Gerichts als präsent behandelt werden, sofern sie nicht versandt sind.106 Ebenso kann wegen § 294 Abs. 2 kein Sachverständigengutachten eingeholt werden.107 Dies bleibt gegebenenfalls einem Hauptsacheverfahren vorbehalten.108 Möglich ist hingegen die Stellung eines Sachverständigen durch die Partei in der mündlichen Verhandlung.109 Auch ein selbständiges Beweisverfahren (§ 485 ff.), das parallel durchgeführt werden soll, ist kein präsenter Beweis.110 Beweisergebnisse, die unter Verstoß gegen § 294 Abs. 2 gewonnen worden sind, sind jedoch im Interesse der Wahrheitsfindung zu verwerten.111
4555 194 Auf die praktische Bedeutung dieser Vorschrift weisen zutreffend Walker Rdn. 320 und van Els FPR 1998, 121, 124 hin. 4556 295 BFH/NV 1986, 290 f. 4557 396 RGZ 14, 436, 438; RGZ 10, 321, 322; LAG Stuttgart LAGE § 5 KSchG Nr. 37 S. 6 f. mit zust. Anm. Löwisch (S. 9). 97 4558 4 BGH FamRZ 1989, 373; RGZ 16, 368, 369; OLG Hamm FamRZ 1998, 687 (für das einstweilige Verfügungsverfahren); OLG Koblenz NJW-RR 1987, 509, 510; LAG Köln NZA 1998, 280 (LS); aA Wenzel NZA 1984, 112, 115 (bei unverschuldeten Beweisführungshindernissen). 98 4559 5 Van Els FPR 1998, 121, 124. 99 4560 6 Van Els FPR 1998, 121, 124; vgl. Walker Rdn. 320. 100 74561 AG Duisburg NZI 2007, 596, 597; aA OLG Frankfurt NJW 1969, 991, 992. 101 84562 Vgl. BGH FamRZ 1989, 373, allerdings auf die konkrete Vorschrift, Wiedereinsetzungsverfahren, abstellend.
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102 94563 OLG Frankfurt NJW 1987, 1411, 1412. 103 4564 10 BGH FamRZ 1989, 373; RGZ 16, 368, 369. 104 4565 11 BGH VersR 1958, 342 = MDR 1958, 418 (LS) = NJW 1958, 712 (LS) = LM Nr. 1 zu § 294 ZPO; BVerwG Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 36; BayObLG ZWE 2001, 26, 27; KG JW 1934, 3075. 105 4566 12 RGZ 10, 321, 322. 106 4567 13 AA Walker Rdn. 320, wenn die Akten erst aufwendig herausgesucht werden müssten. 107 4568 14 RGZ 10, 321, 322; BFH/NV 1987, 451, 452; van Els FPR 1998, 121, 124. 108 4569 15 KGR 2005, 642. 109 4570 16 BFH/NV 1987, 451 f.; OLG Frankfurt NJW 1985, 811; OLG Düsseldorf DB 1981, 785; Schellhammer ZPR Rdn. 508. 110 4571 17 OLG Frankfurt MDR 1984, 1034; Gießler/ Soyka Rdn. 59. 111 4572 18 BGH FamRZ 1989, 373.
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§ 294 Abs. 2 findet in Verfahren, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, keine Anwendung.112 Allerdings sind Beweismittel, die nicht in angemessener Zeit herbeigeschafft werden, nicht zu berücksichtigen; die Beteiligten können also keinen Aufschub der Entscheidung verlangen, um solche Beweismittel erst zu beschaffen.113
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VI. Gegenglaubhaftmachung In einer Reihe von Fällen, in denen Glaubhaftmachung zugelassen wird, wird der Gegner anfangs nicht gehört. Allerdings darf ihm das Gehör nicht endgültig abgeschnitten werden (Art. 103 Abs. 1 GG). Deshalb darf er sich in diesen, aber auch in den anderen Fällen der Gegenglaubhaftmachung bedienen.114 Diese erfordert entsprechend dem Gegenbeweis weniger als die Glaubhaftmachung. Es genügt, wenn die Gründe für die Glaubhaftmachung unwahrscheinlich gemacht werden.115 Hierbei ist auch die Glaubhaftmachung von Gegenrechten bzw Gegenansprüchen möglich.116 Die Gegenglaubhaftmachung vollzieht sich in derselben Form wie die Glaubhaftmachung.117 Hat die Partei allerdings den Vollbeweis geführt, reicht für den Gegenbeweis die Glaubhaftmachung nicht aus. Er kann dann nur mit den Strengbeweismitteln geführt werden.118
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VII. Kosten Die Kosten der Vernehmung eines Zeugen sind nicht erstattungsfähig, wenn seine eidesstattliche Versicherung ausgereicht hätte.119 Bei der Beurteilung der Notwendigkeit eines Privatgutachtens als Mittel der Glaubhaftmachung ist bei Eilverfahren hingegen ein großzügiger Maßstab anzulegen.120
§ 295 Verfahrensrügen (1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.
4573 1112 Einschränkend van Els FPR 1998, 121, 124, nach dessen Ansicht das Ermessen des Gerichts bei Bestimmung des Umfangs der Beweisaufnahme wegen des Eilcharakters eingeschränkt ist und zeitraubende Beweisaufnahmen verbietet; vgl. auch OLGR Düsseldorf 1994, 273 (zu § 620a Abs. 2 S. 3). 113 24574 Rüsken BB 1994, 761, 768. 114 34575 OLG Köln ZIP 1988, 664, 665 (für das Konkursverfahren); OLG München FamRZ 1976, 696. 115 44576 Vgl. Gießler/Soyka Rdn. 63.
4577 5116 LG Göttingen DZWiR 2000, 342, 343 (eidesstattliche Versicherung von aufrechenbaren Gegenansprüchen beim Insolvenzantrag); Vallender ZAP Fach 14, 455, 457 (ZAP 2003, 667, 669). 117 4578 6 RGZ 82, 268, 273; RGZ 30, 414, 415 f.; RG JW 1899, 338; OLG München FamRZ 1976, 696. 118 74579 OLG Köln OLGZ 1981, 444, 445 = MDR 1981, 765. 119 84580 RG Recht 1905 Nr. 1158. 120 94581 KGR 2006, 1009, 1010; Hansens JurBüro 1983, 641, 643 f.
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(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann. Schrifttum Bischof Heilung durch „rügelose Einlassung“ im schriftlichen Verfahren gem. § 128 II und III ZPO, NJW 1985, 1143; Göcker Die Heilung von Mängeln im Zivilprozeß, 1933; Güntzel Die Fehlerhaftigkeit von Prozeßhandlungen der Partei im Zivilprozeß und die Möglichkeit ihrer Heilung, 1966; Kondring Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Rechtsverkehr, 1995; Oertmann Zustellungs- und Ladungsmängel ZZP 48 (1920), 437.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendbarkeit
. . . . . . . . .
4
IV. Verfahrensverstöße . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . 2. Verzichtbare Verfahrensverstöße iSd § 295 Abs. 1 . . . . . . . . 3. Unverzichtbare Verfahrensverstöße iSd § 295 Abs. 2 . . . . . . 4. Keine Verfahrensverstöße iSd § 295
5 5
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V. Voraussetzungen des § 295 . . . . 1. Rügeverlust . . . . . . . . . . a) Rüge . . . . . . . . . . . .
38 39 40
Rdn b) Nächste mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . c) Rügelose Einlassung . . . . d) Keine Säumnis . . . . . . . e) Kenntnis oder Kennenmüssen f) Kein Verzichtswille . . . . . 2. Rügeverzicht . . . . . . . . a) Rechtsnatur . . . . . . . . b) Widerruf . . . . . . . . .
. . . . . . . .
46 50 52 53 56 57 60 62
VI. Heilung . . . . . . . . . . . . .
63
VII. Keine Heilung durch Zweckerreichung . . . . . . . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
1
In sprachlich geringfügig anderer Fassung war die Regelung bereits in § 267 CPO 18771 enthalten. Durch die Bekanntmachung von 18982 wurde § 267 ohne inhaltliche Änderung zu § 295.
II. Normzweck
2
Verfahrensmängel können zur Aufhebbarkeit von Entscheidungen oder dazu führen, dass Prozesshandlungen keine Wirkungen entfalten. Dies gilt nicht, wenn sie geheilt worden sind. So können Zustellungsmängel gem. § 189 geheilt werden; verspätete Rügen bezüglich der Zulässigkeit des Verfahrens werden unter bestimmten Voraussetzungen gem. § 296 Abs. 3 nicht mehr zugelassen usw. Einen speziellen Heilungstatbestand stellt § 43 dar.3
1 14582 RGBl S. 83, 130 f. 2 24583 RGBl S. 410, 465. 3 34584 BGHZ 165, 223, 227 = NJW 2006, 695, 696; MünchKomm/Gehrlein § 43 Rdn. 1; G. Vollkommer Der ablehnbare Richter (2001), S. 99 f.;
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Vossler MDR 2007, 992; vgl. aber OLG Brandenburg FamRZ 2001, 1004, 1005, OLG Köln NJWRR 1998, 857 und Musielak/Heinrich § 43 Rdn. 1 (allgemeine Prozessförderungspflicht gem. § 282).
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 295
§ 295 beschränkt das Recht der Parteien zur Rüge einer Verletzung von Verfahrensvorschriften.4 Er regelt die Heilung von verzichtbaren Verfahrensfehlern während des Verfahrens durch Rügeverzicht oder Verlust des Rügerechts.5 Die Vorschrift bezweckt, die Zahl der formellen Beschwerden zu verringern und einen ordnungsgemäßen Gang des Verfahrens zu sichern.6 Verzichtbaren Verfahrensmängeln soll im weiteren Verlaufe des Rechtsstreits die Bedeutung genommen und es soll verhindert werden, dass dessen Ergebnisse nachträglich wegen solcher Mängel in Zweifel gezogen werden können.7 Die Regelung soll die Berufung auf einen Verfahrensmangel ausschließen, wenn die Partei, deren Interesse die betreffende Vorschrift dienen soll, auf deren Beachtung nachträglich verzichtet hat.8 Sie beruht auf dem Gedanken der Parteiherrschaft, die allerdings durch vorrangige öffentliche Interessen begrenzt wird.9
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III. Anwendbarkeit10 § 295 gilt zunächst in der ersten Instanz, allerdings über §§ 525, 555 auch in der zweiten11 und dritten Instanz. § 295 findet entsprechende Anwendung in den Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit,12 auch im Spruchverfahren.13
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IV. Verfahrensverstöße 1. Allgemeines § 295 erfasst Verfahrensverstöße, die von dem Gericht14, den Parteien, ihren Vertretern, den Zustellungs- oder Urkundsbeamten begangen worden sind. Allerdings fallen nur Verstöße gegen verfahrensrechtliche, nicht gegen außerprozessuale Vorschriften darunter. Die rechtlich falsche Beurteilung einer Vorschrift ist kein Verstoß gegen eine verfahrensrechtliche Vorschrift, sondern betrifft den Inhalt der Entscheidung.15 Auch die fehlende Einholung eines außergerichtlichen Schiedsgutachtens ist keine das Verfahren betreffende Vorschrift, sondern betrifft die Begründetheit (zur Zeit).16 Mängel der sachlichen Begründung bezüglich der Angriffs- und Verteidigungsmittel, der Beweisantritte und Beweiseinreden fallen ebenfalls nicht unter § 295. Gleiches gilt für mögliche Willensmängel, die einer mangelhaften Prozesshandlung zu Grunde liegen.17 4 14585 Hahn/Mugdan Bd. 2 Abt. 1 S. 281 f. 5 24586 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 67 Rdn. 18; Güntzel S. 10 f.; Kondring S. 58 f.; aA Süß ZZP 54 (1929), 12, 40 f. und Reiner Die Zurückweisung einer beabsichtigten Klage durch Beschluß (1959), S. 27, nach denen § 295 lediglich den Verlust des Rügerechts, nicht jedoch eine Heilung bewirkt. 6 34587 BGHZ 25, 66, 71 f. = NJW 1957, 1517, 1518; RGZ 3, 365, 368; vgl. OLG Rostock OLG-NL 1994, 68, 69. 4588 7 4 BGHZ 25, 66, 71 = NJW 1957, 1517, 1518. 4589 8 5 OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1453, 1454. 9 64590 Hagen JZ 1972, 505, 509. 4591 710 Zur Anwendbarkeit des § 295 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren siehe Kohlndorfer DVBl 1988, 474 ff.
4592 811 BGH NJW 2005, 1660, 1661; BGHZ 86, 104, 113 f. = NJW 1983, 1793, 1795 (zu § 524 Abs. 2 a.F.). 12 4593 9 BGH NJW-RR 2000, 1664, 1665; OLG Celle NJW-RR 2006, 1076, 1077; Jansen/Briesemeister FGG3 Bd. 1 Vor §§ 8−18 Rdn. 61, § 27 Rdn. 97 (in Antragsverfahren, nicht nur in echten Streitsachen); Keidel/Meyer-Holz FGG15 §§ 8 bis 18 Rdn. 4; zweifelnd BayObLG FamRZ 1988, 422, 423 für das Erbscheinsverfahren (kein echtes Streitverfahren). 13 4594 10 OLG Karlsruhe AG 2005, 300. 14 4595 11 RGZ 9, 388, 389; RGZ 3, 365, 368; Göcker S. 23. 15 4596 12 Vgl. RGZ 132, 330, 335. 16 4597 13 OLGR Bremen 1998, 35, 36. 17 4598 14 Schönke/Kuchinke ZPR § 31 V (S. 139).
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Die Partei, die den Verfahrensverstoß begeht, darf sich grundsätzlich nicht zu ihren Gunsten auf ihn berufen,18 es sei denn, dass dieser von Amts wegen zu beachten ist. Dagegen steht das Rüge- und Verzichtsrecht bei Verfahrensverstößen des Gerichts beiden Parteien zu.19 § 295 betrifft nur die innerprozessualen Verstöße, nicht solche in anderen Verfahren.20 2. Verzichtbare Verfahrensverstöße iSd § 295 Abs. 1
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Verfahrensverstöße sind in der Regel dann verzichtbar, wenn die verletzte Vorschrift lediglich das Interesse der Partei schützen soll.21 So ist § 295 Abs. 1 auf Verletzungen des Beibringungsgrundsatzes anwendbar.22 Mängel bei der Zustellung der Klageschrift sind grundsätzlich verzichtbar.23 Die fehlerhafte Zustellung kann gem. § 295 Abs. 1 in dem Augenblick geheilt werden,24 in dem die Gegenpartei sich in der mündlichen Verhandlung zur Sache eingelassen hat, ohne den Mangel zu rügen.25 Dies gilt nicht für Mängel der Zustellung zur Wahrung der Vollziehungsfrist gem. § 929 Abs. 2 (vgl. Rdn. 25). Soweit trotz Klageeinreichung zunächst lediglich im isolierten Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren verhandelt wird, kann nicht auf die Klagezustellung verzichtet und so die Anberaumung eines Termins erzwungen werden.26 Bei Zustellungsmängeln kommt auch eine Heilung gem. § 189 in Betracht (vgl. § 189 Rdn. 7 ff.). Auch wesentliche Mängel der Klageschrift sind verzichtbar.27 So kann der in der Nichtunterzeichnung einer Klageschrift liegende Verfahrensmangel im Anwaltsprozess gemäß § 295 geheilt werden (vgl. § 253 Rdn. 178), wenn in der mündlichen Verhandlung auf eine nicht unterschriebene Klageschrift Bezug genommen wird.28 Verstöße gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 sind jedoch unverzichtbar (vgl. § 253 Rdn. 200); soweit es sich nicht lediglich um eine unzuverlässige Bezugnahme handelt (vgl. § 253 Rdn. 161) 29. 4599 118 Göcker S. 23. 4600 219 Göcker S. 23. 20 4601 3 RG Gruchot 48 (1904), 108, 110. 21 4602 4 OLG Koblenz WRP 1980, 643, 645. 4603 522 BGH VersR 1977, 1124, 1125; aA Stein/Jonas/ Rdn. 6; MünchKomm/Prütting Leipold21 Rdn. 15. 4604 623 BGH NJW 1995, 1032; BGH NJW 1984, 926; BGH NJW 1974, 1557 (Zustellung nur an den Vorstand und nicht auch an den Aufsichtsrat); BGH NJW 1972, 1373, 1374; BGH NJW 1960, 820; BGH NJW 1960, 1947 = LM Nr. 9 zu § 209 BGB (Klageerweiterung, selbst wenn der erweiterte Antrag in der mündlichen Verhandlung nur beschränkt gestellt wird); BGHZ 25, 66, 72 = NJW 1957, 1517, 1518 (Klageerweiterung); BGHZ 4, 328, 335; BGH RzW 1979, 186, 187 (auch bei ausländischer Partei); OLG Köln NJWRR 2002, 1682, 1683 (Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 HZÜ); OLG Nürnberg OLGZ 1994, 454, 456 f. (Zustellung einer gegen den Gemeinschuldner gerichteten Klage an den Konkursverwalter); OLG Rostock OLG-NL 1994, 68, 69; differenzierend Becker-Eberhard FamRZ 1986, 279, 282 f. (zu OLG Köln FamRZ 1986, 278): Ver-
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zicht nur möglich bezüglich der Einhaltung der den förmlichen Zustellungstatbestand betreffenden Vorschriften, nicht bezüglich des Zustellungswillens des betreffenden Organs; zur Berufungsschrift vgl. BGHZ 65, 114, 116 f. = NJW 1976, 108. 4605 724 Vgl. aber Kondring S. 60: Heilung der Prozesshandlung, nicht der formal unwirksamen Zustellung. 25 4606 8 OLGR Zweibrücken 2005, 822, 823; OLGR Jena 2003, 531 (Widerklage); OLG Jena FamRZ 1998, 1446, 1447; OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 970, 971. 4607 926 OLG Schleswig SchlHA 1978, 69; vgl. BGH NJW-RR 2000, 1453, 1454. 27 4608 10 Vgl. zu den einzelnen Klagemängeln Güntzel S. 133 ff. 28 4609 11 BGH NJW 1996, 1351; BGHZ 65, 46, 47 f. = NJW 1975, 1704, 1705 = LM Nr. 28 zu § 295 ZPO (Hoffmann); vgl. auch BAG NJW 1986, 3224, 3225; vgl. auch OLG Köln NJW-RR 1997, 1291 (bei Kenntniserlangung erst in der Berufungsinstanz). 29 4610 12 BGHZ 22, 254, 257 = NJW 1957, 263, 264; BGH LM Nr. 12 zu § 295 ZPO.
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Verzichtbar ist ein Verstoß gegen die Zulässigkeit der Widerklage (vgl. § 33 Rdn. 36) außer in den Fällen der §§ 610 Abs. 2, 640c Abs. 2.30 Auf die Einhaltung von Ladungs- und Einlassungsfristen kann verzichtet werden.31 Die versehentliche Nichtverlesung des Antrags bzw die unterbliebene Erklärung zu Protokoll32 gem. § 297 kann gem. § 295 geheilt werden.33 Protokollierungsmängel in Bezug auf den Gang der Verhandlung werden durch unterlassene Rüge bzw Verzicht gegenstandslos.34 Verstöße gegen die Mündlichkeit des Verfahrens (§ 128 Abs. 1) sind verzichtbar.35 Dies folgt bereits aus § 128 Abs. 2. Übersetzungsmängel als Verstöße gegen § 185 Abs. 1 GVG sind ebenfalls heilbar.36 Verstöße gegen die Vorschriften über die Streitgenossen (§§ 59 ff.) und über die Streitgehilfen (§§ 65 ff.) können, soweit es sich nicht um die Wirksamkeit der Prozesshandlung handelt, die von Amts wegen zu prüfen ist (§ 66 Rdn. 83),37 geheilt werden (vgl. § 59 Rdn. 41),38 so ein Verstoß gegen § 70 bei dem Beitritt eines Nebenintervenienten.39 Zuwiderhandlungen gegen die Aufnahmevorschriften (§ 249 f.) sind heilbar, insbesondere die Unwirksamkeit der Prozesshandlungen während der Aussetzung oder der Unterbrechung des Verfahrens40 sowie Mängel bei der Zustellung einer Anzeige oder Aufnahmeerklärung41. Zu den verzichtbaren Mängeln gehören auch Verfahrensverstöße im Rahmen des Beweisverfahrens,42 wie z.B. die Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme,43 etwa die unzulässige Übertragung der Beweisaufnahme auf einen beauftragten Richter,44 ein Verstoß gegen die Parteiöffentlichkeit gem. § 357,45 ein feh4611 130 BGH LM Nr. 7 zu § 1025 ZPO; Rosenberg/ Schwab/Gottwald ZPR § 95 Rdn. 22; Heinsheimer ZZP 38 (1909), 1, 18 ff.; vgl. aber Rimmelspacher FS Lüke (1997), 655, 667 f., der § 267 entsprechend anwendet. 4612 231 BGHZ 10, 91, 94. 32 4613 3 OLG Frankfurt FamRZ 1982, 809, 812. 4614 433 BGH FamRZ 1981, 944 f. (Heilung in zweiter Instanz). 34 4615 5 Vgl. RGZ 14, 383, 385; BVerwG NJW 1988, 579 f. 4616 635 RG Warn 1937 Nr. 140; RGZ 115, 222, 223 f. 4617 736 BVerwG NJW 1988, 722, 723 (Übersetzung durch den Vorsitzenden); BVerwG NVwZ 1983, 668 f. 37 4618 8 RGZ 163, 361, 365. 38 4619 9 RGZ 163, 361, 365; RGZ 42, 401, 403 f.; RGZ 15, 396, 398; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10; zur Wirksamkeit der Streitverkündung vgl. Bischof JurBüro 1984, 1309 ff. mwN. 39 4620 10 OLGR Nürnberg 2005, 217, 218; OLG München BauR 2003, 1438 f. 40 4621 11 BGHZ 50, 397, 400 = NJW 1969, 48, 49; RGZ 66, 399, 401 (Rechtsmitteleinlegung vor Aufnahme); KGR 2003, 146 f. 41 4622 12 BGHZ 23, 172, 175 = NJW 1957, 713, 714. 42 4623 13 BGH WM 1977, 478, 479; RGZ 12, 436, 437 f.; OLG Zweibrücken NJW-RR 1999, 1368; KG VersR 1980, 653, 654; vgl. Schneider JurBüro 1970, 222 mwN. 43 4624 14 BGH NJW 1991, 1180; BGHZ 40, 179, 183 =
NJW 1964, 108, 109; BFH/NV 2002, 667, 668; OLGR Schleswig 1999, 96, 97; OLG Düsseldorf MDR 1978, 60 f.; OLG Hamm MDR 1978, 676 f.; OLG Köln NJW 1976, 2218 f.; Lindacher FamRZ 1967, 195 ff. (anders jedoch im Eheprozess bzgl. § 295 Abs. 1 Alt. 2); Walter Freie Beweiswürdigung (1979), S. 342 ff.; einschränkend OLG Köln MDR 1978, 321 f., wenn der durch die Beweisaufnahme bewirkte unmittelbare Eindruck die Grundlage des Urteils bildet; aA Werner/Pastor NJW 1975, 329, 330 f.; Weth JuS 1991, 34, 36. Pantle Die Beweisunmittelbarkeit im Zivilprozeß (1990), S. 108 ff. unterscheidet zwischen Fehlern in der Verfahrensweise und solchen in der Beweiswürdigung. Führt der Fehler in der Verfahrensweise zu einem Fehler in der Beweiswürdigung, komme eine Heilung gem. § 295 Abs. 1 nicht in Betracht. 44 4625 15 BGH NJW 1979, 2518 (nicht jedoch, soweit dieser Verstoß regelmäßige Praxis ist, vgl. auch OLG Köln NJW-RR 1998, 1143); BGHZ 40, 179, 183 = NJW 1964, 108, 109; OLG Düsseldorf MDR 1978, 60 f.; OLG Hamm MDR 1978, 676 f.; Nagel DRiZ 1977, 321, 322; Schultze NJW 1977, 409, 411 f.; aA OLG Düsseldorf NJW 1976, 1103 ff., dazu krit. Dinslage NJW 1976, 1509 f.; OLG Düsseldorf BB 1977, 1376 f.; OLG Köln NJW 1976, 1101 (bei einem Verstoß gegen § 348 a.F.) mit zust. Anm. Müller MDR 1976, 849, 850 f.; Müller DRiZ 1977, 305, 306 f.; Schneider
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lender Beweisbeschluss gem. § 358 oder § 450,46 eine Beweiserhebung ohne Beweisantritt,47 eine unvollständige Beweisaufnahme,48 die unterlassene Ermahnung zur Wahrheit und die Befragung zu den Personalien, die unterlassene Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 Abs. 2),49 die unberechtigte Zeugnisverweigerung (vgl. § 387 Abs. 1),50 ein Verstoß gegen die Ladung gem. § 389 Abs. 2,51 die Vernehmung einer Partei als Zeugen,52 ein Verstoß gegen § 404 Abs. 1 S. 1 bei der Bestimmung des Sachverständigen53 oder gegen § 40654 oder gegen § 407a Abs. 255 oder gegen den Grundsatz der Beauftragung einer natürlichen Person56 oder gegen § 44857. Verzichtbar ist die Rüge, wenn ein Ausforschungsbeweis erhoben worden ist,58 wie umgekehrt diejenige, einen Beweis nicht zu erheben, weil er ein Ausforschungsbeweis sei. Auf die Beweisverhandlung gem. § 285 Abs. 159 sowie den Vortrag des Ergebnisses einer Beweisaufnahme gem. § 285 Abs. 260 kann verzichtet werden. Die Einführung in den Sach- und Streitstand ist gem. § 295 verzichtbar.61 Eine vorsorgliche Bewilligung einer Schriftsatzfrist, wenn nicht überblickt werden kann, ob in dem verspätet eingereichten Schriftsatz neues Vorbringen enthalten ist, unterliegt § 295 Abs. 1 (vgl. § 283 Rdn. 29).62 Die versehentlich unterbliebene Unterzeichnung eines Kammerbeschlusses ist ein verzichtbarer Verfahrensverstoß.63 Auch ein Verkündungsmangel ist verzichtbar.64 Verstöße gegen § 62365 oder gegen § 62866 sind ebenfalls heilbar. 3. Unverzichtbare Verfahrensverstöße iSd § 295 Abs. 2
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Verfahrensverstöße sind dann unverzichtbar, wenn sie vorwiegend dem öffentlichen Interesse dienen67 und deren Einhaltung von Amts wegen zu prüfen sind.68 Unverzichtbare Verfahrensverstöße des Gerichts sind deshalb die absoluten Revisionsgründe gem. § 547 Nr. 1−5, also Verstöße gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG).69 So führt das Verhandeln vor einem unzulässig DRiZ 1977, 13, 15 (bei Umgehung des § 348 a.F.); vgl. dazu auch Seidel ZZP 99 (1986), 65, 74 ff., insbesondere zu einem dadurch erfolgten Verstoß gegen die funktionelle Zuständigkeit, der keinem Rügeverzicht zugänglich sei. 45 4626 1 Vgl. BGH LM Nr. 7 zu § 295 ZPO (LS); RG Warn 1910 Nr. 358 (S. 370, 371); vgl. BFH/NV 2004, 50, 51 zur Beteiligtenöffentlichkeit. 4627 246 BGH MDR 1959, 638 f. (LS) = LM Nr. 3 zu § 516 BGB. 4628 347 BAG BB 1972, 1455, 1456. 48 4629 4 RArbG ArbRspr 1929, 228. 49 4630 5 BGH NJW 1985, 1158, 1159; RG Warn 1911 Nr. 206 (S. 224). 4631 650 BGH NJW-RR 1987, 445; BGH NJW 1964, 449, 450; BGH LM Nr. 9 zu § 295 ZPO. 4632 751 OLG München NJW 1968, 202, 203. 4633 852 BGH VersR 1967, 755, 756 (Vernehmung eines geschäftsführenden Gesellschafters der Beklagten); BGH LM Nr. 2 zu § 27 DBG (Vernehmung des Bürgermeisters einer Stadt). 53 4634 9 BGH RzW 1980, 105, 106, zustimmend Gießler RzW 1981, 41, 43, dagegen Friederichs RzW 1981, 39, 40; OLG Frankfurt ZfSch 2002, 133, 134. 54 4635 10 BGH VersR 1955, 573, 574.
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55 4636 11 OLG Zweibrücken NJW-RR 1999, 1368. 56 4637 12 Neuhaus/Krause MDR 2006, 605, 607. 57 4638 13 BGH VersR 1981, 1175, 1176; BGH VersR 1977, 1124, 1125. 58 4639 14 OLG Freiburg NJW 1953, 834. 59 4640 15 BGHZ 63, 94, 95; Zöller/Greger § 285 Rdn. 1; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 285 Rdn. 9; Schneider MDR 2001, 781, 782; aA MünchKomm/Prütting § 285 Rdn. 6. 60 4641 16 Zöller/Greger § 285 Rdn. 3; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 285 Rdn. 9; aA MünchKomm/Prütting § 285 Rdn. 9; Thomas/Putzo/ Reichold § 285 Rdn. 3. 61 4642 17 BSG NJW 1966, 223. 62 4643 18 BGH NJW 1965, 297, 298. 63 4644 19 OLGR Zweibrücken 2002, 36, 37. 64 4645 20 OLG Düsseldorf MDR 1977, 144. 65 4646 21 OLG Köln FamRZ 1980, 388. 66 4647 22 OLG Düsseldorf FamRZ 1980, 146. 67 4648 23 Schönke/Kuchinke ZPR § 31 V (S. 139). 68 4649 24 OLG Koblenz WRP 1980, 643, 645; KG KGBl 1905, 96, 97. 69 4650 25 BGH NJW 1993, 600, 601; BVerwG NJW 1997, 674; BAGE 43, 258, 263 = MDR 1984, 347; OLG Celle NJW-RR 2006, 1076, 1077.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 295
amtierenden Richter nicht zu einem Rügeverlust.70 Dagegen stellt die Abgabe des erkennenden Gerichts an eine andere Abteilung desselben Gerichts nach Abschluss der mündlichen Verhandlung keine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG und damit einen verzichtbaren Verfahrensverstoß dar.71 Dasselbe gilt, wenn eine andere als die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer das Urteil fällt.72 Entscheidet der Einzelrichter statt der Kammer73 oder umgekehrt74 oder ein Berufsrichter ohne die ehrenamtlichen Richter in Landwirtschaftssachen75 oder der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen entgegen § 349 Abs. 3,76 ist eine Heilung nicht möglich. Dasselbe gilt bei Besetzung durch einen Richter, der zum Richteramt nicht befähigt ist (§§ 10, 109 GVG, § 5 DRiG),77 bei Verstößen gegen den Ausschluss vom Richteramt, sei es von Gesetzes wegen (§§ 547 Nr. 2, 41) oder kraft Ablehnung (§§ 547 Nr. 3, 42). Unverzichtbar sind auch Verstöße gegen die Prozessvoraussetzungen, die von Amts wegen zu beachten sind, wie die Verstöße gegen die Zulässigkeit des Rechtswegs, gegen die Zuständigkeit des Gerichts, soweit eine Gerichtsstandsvereinbarung ausgeschlossen ist (§ 40)78, gegen die Partei- und Prozessfähigkeit sowie die ordnungsgemäße Vertretung der Partei (§ 547 Nr. 4), gegen die Postulationsfähigkeit,79 soweit von ihr die Wirksamkeit einer bestimmten Prozesshandlung abhängt, gegen die obligatorische Streitschlichtung gem. § 15a EGZPO80 oder gem. § 111 Abs. 2 S. 5 ArbGG81, sowie gegen die Rechtskraft82 als auch gegen das Rechtsschutzbedürfnis83. Ein Mangel der Zustellung, die der Wahrung der Vollziehungsfrist gem. § 929 Abs. 2 dient, ist nicht gem. § 295 heilbar, da § 929 Abs. 2 zwingendes Recht darstellt und von Amts wegen zu beachten ist.84 Verstöße gegen die Öffentlichkeit des Verfahrens sind ebenfalls grundsätzlich unverzichtbar (§ 547 Nr. 5).85 Unverzichtbar ist ferner die Eidesleistung des Dolmetschers gem. § 189 GVG.86 Unverzichtbar ist auch die fehlende Begründung einer Entscheidung entgegen den Bestimmungen des Gesetzes (§ 547 Nr. 6). Liegen die Voraussetzungen des § 313a 4651 170 Im Ergebnis auch BAGE 9, 218, 222 = NJW 1960, 1542 f. 71 4652 2 BGHZ 6, 178, 182 = NJW 1952, 879. 4653 372 BGHZ 40, 148, 154 = NJW 1964, 200, 201. 4654 473 BGH NJW 2001, 1357; BGH NJW 1993, 600, 601; OLG Celle NJW-RR 2006, 1076, 1077 (FGG-Beschwerdeverfahren); vgl. OLGR Jena 1999, 24 (Übertragung auf Einzelrichter nach mündlicher Verhandlung vor der Kammer); OLG Köln NJW-RR 1995, 512 = FamRZ 1995, 943 mit Anm. Gottwald; KG MDR 1979, 764, 765; OLG Schleswig NJW 1988, 69 (Übertragung nach zweitem Haupttermin vor der Kammer); OLG Düsseldorf JMBlNW 1979, 15, 16 (Übertragung nach mündlicher Verhandlung vor der Kammer); OLG Karlsruhe Justiz 1979, 15; Rasehorn NJW 1977, 789, 792; aA Deubner JuS 1993, 493, 496. 74 4655 5 OLG Frankfurt MDR 2003, 1375; OLG Koblenz MDR 1986, 151; aA Rasehorn NJW 1977, 789, 792 (noch zum alten Recht). 4656 675 BGH WM 1993, 1656, 1657 f. 4657 776 OLGR Hamm 1995, 276. 4658 877 KG NJW 1974, 2094, 2095. 4659 978 Vgl. BGHZ 45, 237, 242 = NJW 1966, 1511, 1512
(negative ausschließliche Zuständigkeit); Stein/ Jonas/Leipold21 Rdn. 8; vgl. Vossler NJW 2002, 2373, 2374; strenger wohl MünchKomm/Prütting Rdn. 22, nur soweit Gerichtsstandsvereinbarung zulässig ist. 79 4660 10 BGH NJW 1990, 3085, 3086; OLG Koblenz NJW-RR 2002, 1509, 1510; OLG Hamm DNotZ 1989, 632, 633; differenzierend Urbanczyk ZZP 95 (1982), 339, 358: soweit der Mangel das gesamte Verfahren betrifft, ist eine Heilung gem. § 295 Abs. 2 nicht möglich, wenn nur einzelne Prozesshandlungen von der Postulationsunfähigkeit betroffen sind, kommt eine Heilung der Unwirksamkeit der einzelnen Prozesshandlung in Betracht. 80 4661 11 Hartmann NJW 1999, 3745, 3747. 81 4662 12 BAGE 61, 258, 265. 82 4663 13 Vgl. KG OLGRspr 17, 321. 83 4664 14 BGH DB 1960, 783. 84 4665 15 OLG Köln NJW-RR 1987, 575, 576; OLG Koblenz WRP 1980, 643, 645. 85 4666 16 RGZ 157, 341, 347; OLG Köln NJW-RR 1986, 560 f. (Verstoß gegen den Nichtausschluss der Öffentlichkeit, § 170 GVG); aA Voraufl. B II a 1. 86 4667 17 BGH NJW 1987, 260, 261.
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Abs. 1 S. 1 (unzweifelhafte Unanfechtbarkeit) oder des § 313a Abs. 2 (Rechtsmittelverzicht) für ein Weglassen der Entscheidungsgründe nicht vor, ist die Begründung unverzichtbar iSd § 295 Abs. 2, weil sie im öffentlichen Interesse an einer geordneten Rechtspflege zur Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht unerlässlich ist.87 Unverzichtbar ist ein Verstoß gegen die Zulässigkeit einer Klagenhäufung (§ 260 Rdn. 73)88, insbesondere gem. §§ 610 Abs. 2, 640c Abs. 2. Auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs stellt einen unverzichtbaren Verfahrensmangel dar.89 Allerdings besteht die Möglichkeit der Heilung dieses Mangels, wenn sich später die Gelegenheit zur Äußerung bot, auch wenn sie nicht benutzt wurde.90 Ein Verstoß gegen die Protokollierungspflicht gem. § 160 Abs. 3 Nr. 4 oder Nr. 5 unterliegt nicht der Parteidisposition, wenn er einen Tatbestandsmangel zur Folge hat,91 ebenso nicht ein Verstoß gegen § 160 Abs. 3 Nr. 192. Die Verwertung einer nicht protokollierten Aussage beim Wechsel des Kollegiums ist kein Verfahrensmangel gem. § 295 Abs. 1, sondern ein Fehler bei der Urteilsfällung (vgl. Rdn. 37).93 Die Heilung einer mangelhaften Fristsetzung, an deren Versäumung das Gesetz die Möglichkeit des Eintritts der in Frage stehenden Präklusionswirkungen knüpft, kommt nicht in Betracht.94 Auf die Einhaltung gesetzlicher oder richterlicher Fristen kann dagegen im Allgemeinen verzichtet werden.95 Nicht verzichtbar ist die Beachtung von Notfristen.96 Mängel der Urteilszustellung können ebenfalls nicht geheilt werden, da dadurch Notfristen in Gang gesetzt werden.97 Die Versäumung einer Klageausschlussfrist ist ein unverzichtbarer Verfahrensverstoß.98 Ein Verstoß des Gerichts gegen § 308 ist nicht verzichtbar (vgl. § 308 Rdn. 36).99 Auf die Einhaltung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. §§ 233 ff.,100 über die Zulässigkeit der Rechtsbehelfe,101 über die Zulässigkeit der Rechtsmittel,102 also des Einspruchs (§ 341),103 der Berufung (§ 522), der Re4668 187 BGH FamRZ 2007, 1314. 4669 288 RGZ 5, 165, 167; KG NJW 1967, 2215. 89 4670 3 RGZ 93, 152, 155; OLG Frankfurt NJW 1962, 449, 450; MünchKomm/Prütting Rdn. 31; aA BFH/NV 2002, 667, 668; Schur DAngVers 1988, 446, 449 f. 4671 490 Vgl. BayVerfGH NJW 1961, 1523; Zöller/Greger Rdn. 5. 91 4672 5 BGH NJW 2003, 3057, 3058; BGH NJW-RR 1993, 1034, 1035; BGH NJW-RR 1993, 519, 520; BGH NJW 1987, 1200, 1201; OLG Hamm NJWRR 2003, 1006 (§ 160 Abs. 3 Nr. 5). 4673 692 OLG Oldenburg MDR 1958, 850. 4674 793 BGH LM Nr. 1 zu § 1421 BGB. 4675 894 BGH NJW 1991, 2773 und BGH NJW 1991, 2774, 2775 (Verstoß gegen gesetzliche Zuständigkeitsregelung, § 276 Abs. 1 S. 2); BGH NJW 1990, 2389, 2390; OLGR Celle 1995, 226, 227; OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 799, 800. 4676 995 MünchKomm/Prütting Rdn. 25; aA RGZ 109, 341, 344. 96 4677 10 RG JW 1936, 2709; RGZ 37, 378, 379; OLG München RzW 1970, 31; aA Oertmann ZZP 48
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(1920), 437, 456 f., sofern die Heilung bei noch laufender Frist erfolgt. 11 BGH NJW 1976, 2263, 2264; BGH NJW 1952, 934, 935; RGZ 159, 25, 27; RGZ 99, 140, 141 f.; BayObLGZ 1960, 111, 118 (zu § 22 Abs. 1 FGG). 98 4679 12 BGHZ 111, 339, 341 = NJW 1990, 3085, 3086; BGH NJW 1961, 1627, 1629; Arndt VersR 1973, 481, 489. 99 4680 13 RGZ 156, 372, 376; RGZ 110, 150, 151; Stein/ Jonas/Leipold21 Rdn. 16; vgl. aber MünchKomm/ Musielak § 308 Rdn. 19, der § 308 als materielles Prozessrecht ansieht und nicht als Verfahrensvorschrift. 100 4681 14 RGZ 136, 275, 281; RGZ 131, 261, 262 f. 101 4682 15 BGH NJW-RR 1989, 441; RG JW 1928, 3042, 3043 (Schriftform der Anschlussberufung); RG JW 1920, 144; Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 136 Rdn. 20. 102 4683 16 BGHZ 65, 46, 48 = NJW 1975, 1704. 103 4684 17 BGHZ 101, 134, 140 f. = NJW 1987, 2588, 2589, dazu Schneider EWiR 1987, 1033, 1034 und Teske JR 1988, 421, 424 f. 97 4678
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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vision (§ 552), der sofortigen Beschwerde (§ 572 Abs. 2), der Rechtsbeschwerde (§ 577 Abs. 1), des Widerspruchs (§ 924), der Aufhebung (§ 1049), der Erinnerung (§ 11 RPflG) kann nicht verzichtet werden, obwohl ein Verzicht auf die Einlegung der Rechtsbehelfe und Rechtsmittel möglich ist. Ferner handelt es sich um unverzichtbare Mängel, wenn die Rechtsmittelbegründungsfristen,104 die Frist für die Wiederaufnahmeklage (§ 586) wie die Fristen der §§ 320 f.105 nicht gewahrt worden sind. Unverzichtbar sind die Befolgung der gegebenen Rechtsmittelzuständigkeit und die dadurch bedingte Besetzung des Rechtsmittelgerichts.106
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4. Keine Verfahrensverstöße iSd § 295 Keine Verfahrensverstöße stellen Fehler in der Urteilsfällung dar, weil nicht mehr in derselben Instanz verhandelt wird.107 Die Parteien haben hier auch keine Kenntnis vom Verstoß.108
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V. Voraussetzungen des § 295 Ein erheblicher Verfahrensmangel wird durch Rügeverlust oder durch Rügeverzicht des Betroffenen geheilt. Der Gegner kann sich dann nicht auf den Mangel, der unter § 295 Abs. 1 fällt, berufen.
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1. Rügeverlust Der Rügeverlust tritt unterschiedlich ein, je nachdem ob notwendigerweise mündlich verhandelt oder schriftlich verfahren wird.
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a) Rüge. Die erforderliche Rüge stellt eine einseitige prozessuale, gegenüber dem Gericht abzugebende Willenserklärung dar, die frei widerruflich ist. Sie kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten109 erfolgen.110 Die Partei muss allerdings eindeutig zum Ausdruck gebracht haben, dass sie sich mit dem Verfahrensverstoß nicht abfinden werde.111 An die Formulierung dürfen keine zu strengen Anforderungen gestellt werden.112 Eine Annahme der Erklärung durch den Gegner ist nicht erforderlich. Deshalb kann ein Verlust des Rügerechts auch dann eintreten, wenn der Gegner im Termin nicht erscheint oder nicht verhandelt. Für die Heilung eines Verfahrensmangels nach § 295 kommt es allein auf das Verhalten der zur Rüge berechtigten Partei an. Diese kann ihr Rügerecht deshalb nicht verlieren, wenn sie im Termin ausbleibt oder nicht verhandelt (§ 333).113 Im schriftlichen Verfahren (§ 128 Abs. 2) verliert die Partei das Rügerecht hinsichtlich bekannter Verfahrensmängel114, wenn sie sich mit dem schriftlichen Verfah-
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4685 1104 RG JW 1927, 792; auch bei der Anschlussberufungsbegründung (§ 524 Abs. 3). 105 24686 Vgl. Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 16; aA RGZ 47, 397, 399; OLG Hamburg SeuffArch 39, 218 (Nr. 149). 106 4687 3 BGH NJW-RR 1992, 1152; RG JW 1928, 1298, 1300. 107 44688 BGH LM Nr. 1 zu § 1421 BGB. 108 54689 OLGR Düsseldorf 1993, 328, 329. 109 64690 OLG Königsberg OLGRspr 81, 127. 110 74691 OLG Jena FamRZ 2003, 1843.
4692 8111 Vgl. BVerwG NJW 1989, 601; OLGR Koblenz 2001, 257, 258 („gebe zu bedenken“ genügt); RG Warn 1910 Nr. 358 (bloße Aufklärung eines Verfahrensverstoßes genügt nicht). 112 4693 9 OLGR Koblenz 2001, 257, 258. 113 4694 10 OLG Jena FamRZ 2003, 1843. 114 4695 11 Vgl. BFH/NV 1993, 483, 484, der das Einverständnis mit der Begründung verneint, da ansonsten alle künftigen Verfahrensverstöße geheilt werden würden.
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ren einverstanden erklärt, ohne die Mängel zu rügen. Hatte sie sich vor dem Verstoß dem schriftlichen Verfahren unterworfen, dann geht das Rügerecht nicht verloren, sondern erst mit der nächsten schriftlichen Erklärung.115 Gleiches gilt bei Ablauf der Schriftsatzfrist gem. § 128 Abs. 2 S. 2.116 Bei Verfahren mit freigestellter mündlicher Verhandlung gilt, wenn das Verfahren schriftlich durchgeführt wird, dasselbe wie im schriftlichen Verfahren, ansonsten dasselbe wie bei mündlicher Verhandlung. In den Verfahren gem. §§ 251a, 331a verliert der Nichterschienene nicht das Rügerecht, sondern erst in dem nächsten Termin, in dem mündlich verhandelt wird. Die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Norm kann auch im Berufungs(§ 534) und im Revisionsverfahren (§ 556) nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei ihr Rügerecht bereits in erster bzw zweiter Instanz verloren hat. b) Nächste mündliche Verhandlung. Der Rügeverlust kommt erst in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht117 nach dem Verfahrensverstoß in Betracht. Die Rüge kann bis zum Schluss der nächsten mündlichen Verhandlung erhoben werden.118 Dies gilt nicht, wenn zuvor auf die Rüge verzichtet worden ist. Die „nächste“ mündliche Verhandlung kann auch die sich unmittelbar an den Verfahrensfehler anschließende Verhandlung sein.119 Es muss also kein getrennter Termin sein, so wenn sich an die Beweisaufnahme, bei der ein Verfahrensverstoß begangen worden ist, ein Verhandlungstermin anschließt.120 Dagegen ist die Beweisaufnahme selbst keine mündliche Verhandlung,121 ebenso nicht die Güteverhandlung (vgl. § 278 Rdn. 53). Andererseits reicht die dort mündlich vorgebrachte Rüge nicht aus. Sie muss entweder schriftlich eingereicht und darauf Bezug genommen oder in der nächsten mündlichen Verhandlung erneut mündlich vorgebracht werden. Ist ein Termin ausschließlich zur Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage bestimmt (vgl. § 280 Abs. 1), so muss eine nur den materiellen Anspruch betreffende Rüge erst in dem Termin erhoben werden, in dem über ihn verhandelt wird. Eine Wiederholung der Rüge in der Schlussverhandlung ist nicht erforderlich,122 ebenso nicht bei der späteren Beeidigung123. Ist nicht die nächste mündliche Verhandlung maßgebend, sondern der Ablauf einer Schriftsatzfrist, dann geht das Rügerecht verloren, wenn bis zum Ablauf der Frist keine Erklärung eingeht.124 Eine im vorbereitenden Schriftsatz enthaltene Verfahrensrüge ist unbeachtlich, wenn sie in der nachfolgenden mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen oder in Bezug genommen wird.125 Mit der bloßen Aufnahme des Rechtsstreits durch einen Schriftsatz kann noch kein Rügeverlust eintreten.126 Mängel des Inhalts der Streitverkündungsschrift oder ihrer Zustellung, wenn der Streitverkündete dem Rechtsstreit nicht beigetreten ist, sind im Folgeprozess in der ersten mündlichen Verhandlung geltend zu machen; andernfalls sind sie geheilt.127
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1 Bischof NJW 1985, 1143, 1144. 116 24697 Zöller/Greger Rdn. 8; aA Bischof NJW 1985, 1143, 1144. 117 34698 RG JW 1902, 19. 118 44699 Güntzel S. 13. 119 54700 BFH/NV 2002, 667, 668. 120 64701 RGZ 14, 383, 385; RGZ 12, 436, 437; BVerwG
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NJW 1988, 579. 7 RG JW 1902, 19 (Vernehmungstermin). 122 4703 8 RGZ 33, 372, 374. 123 94704 RG JW 1900, 71. 124 4705 10 OLG Karlsruhe AG 2005, 300, 301. 125 4706 11 OLG Köln MDR 1970, 596 (LS). 126 4707 12 KGR 2003, 146 f.; vgl. RG JW 1907, 713, 714. 127 4708 13 BGH NJW 1976, 292, 293. 121 4702
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
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c) Rügelose Einlassung. Für eine rügelose Einlassung ist in der Regel128 die Stellung eines Sachantrags erforderlich.129 Verhandelt die einen Verfahrensverstoß beim Parteibeitritt rügende Partei trotzdem mit dem Beitretenden, kann darin der Widerruf der Rüge gesehen werden.130 Bei Nichtverhandeln tritt kein Rügeverlust ein.131
50
51 d) Keine Säumnis. Eine Heilung gem. § 295 kommt grundsätzlich nur dann in 52
Betracht, wenn die Partei in der nächsten mündlichen Verhandlung erschienen ist.132 Jedoch findet § 295 trotz Säumnis Anwendung, wenn gem. § 295 Abs. 3 BEG einseitig verhandelt oder eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung getroffen worden ist.133
e) Kenntnis oder Kennenmüssen. Ferner tritt ein Rügeverlust nur dann ein, wenn die zur Rüge berechtigte Partei den Mangel kannte bzw ihn jedenfalls bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte kennen müssen.134 Verschuldete Unkenntnis wird zumindest im Anwaltsprozess vermutet,135 mangelndes Verschulden hat die Partei nachzuweisen, die sich darauf beruft.136 Auf die Kenntnis oder Unkenntnis von dem Rügeverlust kommt es jedenfalls nicht an. Im Allgemeinen kann die Partei jedoch auf die Rechtmäßigkeit gerichtsinterner Vorgänge vertrauen.137 Im Parteiprozess sind für das Kennenmüssen der Partei andere Maßstäbe anzulegen als sie bei der Vertretung durch einen Rechtsanwalt geboten sind.138 Unter Umständen ist das Gericht gem. § 139 verpflichtet, die nicht anwaltlich vertretene Partei auf den Mangel hinzuweisen und sie zu fragen, ob sie auf eine Rüge verzichten wolle.139 Dagegen ist im Anwaltsprozess grundsätzlich eine Befragung nicht erforderlich,140 es sei denn, dass die Partei durch die Entscheidung des Gerichts in unzulässiger Weise überrascht wird.141
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f) Kein Verzichtswille. Ein verzichtbarer Verfahrensmangel wird ohne Rücksicht darauf geheilt, ob die von dem Mangel betroffene Partei auf die Rüge verzichten wollte.142 Aus diesem Grund ist auch das Gericht in der Regel nicht gem. § 139 verpflichtet, die Partei auf das ihr zustehende Rügerecht hinzuweisen.143
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4709 1128 Nicht jedoch bei abgesonderter Verhandlung über die Zulässigkeit gem. § 280 Abs. 1, soweit es um die Rüge bezüglich der Zulässigkeit geht, vgl. (Rdn. 46). 129 4710 2 OLG Brandenburg FamRZ 1998, 1439, 1440; vgl. OLG Rostock OLG-NL 1994, 68, 69; zweifelnd für einen Verweisungsantrag OLG Hamburg OLGRspr 73, 169 f.; aA Voraufl. C II d 2 (Vertagungsantrag genügt). 130 34711 RGZ 33, 372, 374 f. 131 4712 4 RG JW 1900, 185. 132 54713 RGZ 47, 397, 399. 133 64714 BGH MDR 1975, 839. 134 74715 BGH NJW 1994, 329, 330; OLG Jena FamRZ 2003, 1843; OLGR Köln 1997, 179, 180. 135 84716 Vgl. BGHZ 25, 66, 72 = NJW 1957, 1517, 1518; BSG NJW 1964, 2227, 2228; Haueisen NJW 1965, 191, 192 f.
4717 9136 Vgl. BGH NJW-RR 1999, 1251, 1252; MünchKomm/Prütting Rdn. 40. 137 4718 10 BAGE 218, 222 = NJW 1960, 1542 f. 138 4719 11 Vgl. Stürner Die richterliche Aufklärung im Zivilprozeß (1982), Rdn. 17 f. 139 4720 12 BGHZ 25, 66, 72 = NJW 1957, 1517, 1518. 140 4721 13 BGHZ 25, 66, 72 = NJW 1957, 1517, 1518; vgl. aber RG SeuffArch 86 (1932), 125 (Nr. 72). 141 4722 14 BGH NJW 1958, 104; Güntzel S. 13; Stürner Die richterliche Aufklärung im Zivilprozeß (1982), Rdn. 90; Schneider JurBüro 1984, 222. 142 4723 15 BGH NJW 1974, 1557; BGH NJW 1958, 104; BGHZ 25, 66, 71 f. = NJW 1957, 1517, 1518 = JZ 1958, 57 mit zust. Anm. Rosenberg; OLG Rostock OLG-NL 1994, 68, 69; Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR § 67 Rdn. 16; vgl. Schneider JurBüro 1970, 222 mwN; aA RGZ 103, 334, 338. 143 4724 16 BGH NJW 1958, 104.
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§ 295
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
2. Rügeverzicht
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Der Beklagte kann nur zugunsten und nicht zu Lasten des Klägers verzichten.144 Ein Rügeverzicht scheidet aus, wenn der Verfahrensfehler erst aus dem Urteil ersichtlich wird.145 Er kann nicht bereits im Voraus, sondern erst, nachdem der Verfahrensfehler begangen worden ist, ausgesprochen werden.146 Ein Verzicht kann auch noch nach erfolgter Rüge erklärt werden.147 Eine Heilung von Zustellungsmängeln durch Rügeverzicht ist selbst in der Revisionsinstanz noch möglich.148 Nach Erlass des Urteils kann auch auf wesentliche Verfahrensmängel verzichtet werden, die vom Gericht von Amts wegen zu beachten sind, indem die Entscheidung nicht angefochten wird. a) Rechtsnatur. Der Verzicht ist eine einseitige, grundsätzlich unwiderrufliche, prozessuale Willenserklärung.149 Ob er in den Verfahren mit notwendiger mündlicher Verhandlung erst in dieser wirksam, also erst dann unwiderruflich wird, ist umstritten.150 In anderen Verfahren wird er, wenn er schriftsätzlich erklärt wird, bereits mit dem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht und nicht erst mit dem Schluss der mündlichen Verhandlung wirksam. Der Rügeverzicht kann ausdrücklich, aber auch konkludent151 erklärt werden,152 auch durch Rücknahme einer bereits erhobenen Rüge.153 Der Verzicht muss gewollt sein. Der konkrete Erklärungswille muss erkennbar sein.154 Wenn diesbezüglich Zweifel bestehen, muss das Gericht gem. § 139 aufklären. Der Verzicht bedarf nicht der Annahme durch den Gegner. b) Widerruf. Der Verzicht ist grundsätzlich unwiderruflich155 und unanfechtbar. Dies gilt auch für die weiteren Instanzen.
VI. Heilung
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Die Verletzung der Verfahrensvorschrift wird durch Rügeverzicht und Rügeverlust geheilt.156 Die Heilung erfolgt grundsätzlich mit rückwirkender Kraft, auch in den höheren Instanzen.157 Bei Mängeln der Zustellung bewirkt die rügelose Verhandlung den Eintritt der Rechtshängigkeit. Zu welchem Zeitpunkt die Rechtshängigkeit eintritt, hängt davon ab, ob eine Zustellung nicht oder nur fehlerhaft erfolgte.158 Wurde die Klage überhaupt nicht zugestellt, wird es so angesehen, als sei sie in dem Augen144 4725
1 OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1453, 1454. 145 24726 BGH NJW 1991, 1180; vgl. auch BGH NJW 1999, 363, 364; BGH VersR 1992, 883, 884; OLGR Schleswig 1999, 96, 97. 146 4727 3 RG Warn 1937, 318, 319 f. (Nr. 140); RGZ 135, 118, 119; RGZ 133, 215, 218; OLG München NJW-RR 1997, 1425, 1426. 147 44728 Göcker S. 26. 148 54729 OLG Stuttgart NJW-RR 2001, 970, 971. 149 64730 MünchKomm/Prütting Rdn. 34. 150 74731 Dafür RG Warn 1937, 318, 320 (Nr. 140); aA KG OLGRspr 17, 151, 152; KG KGBl 1905, 96, 97; Oertmann ZZP 48 (1920), 437, 452. 151 84732 OLG Celle NdsRpfl 1952, 5, 6 und NdsRpfl 1950, 77 f. (Kostenantrag des Beklagten gem. § 269 Abs. 4 nach Klagerücknahme bei fehlender Zustellung); vgl. BVerwG NJW 1992, 1186 f.
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152 4733
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RG JW 1900, 310 (Widerspruch gegen die Beeidigung als Verzicht auf die Rüge der Nichtbeeidigung); KG KGBl 1905, 96, 97. 153 4734 10 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 67 Rdn. 15. 154 4735 11 OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 429. 155 4736 12 Göcker S. 26; ausnahmsweise ließ die Voraufl. C I b einen Widerruf bei einem Irrtum der Partei entsprechend § 290 zu mit dem Argument, dass wenn man eine Rüge, die auf Grund eines Irrtums unterblieb, nachholen lässt, dann auch einen irrtümlich abgegebenen Verzicht für widerruflich halten müsse. 156 4737 13 Zöller/Greger Rdn. 10; Musielak/Huber Rdn. 7; aA Süß ZZP 54 (1929), 12, 40 f. (nur Verlust des Rügerechts). 157 4738 14 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 67 Rdn. 18. 158 4739 15 Vgl. Oertmann ZZP 48 (1920), 437, 452 ff.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 295
blick zugestellt, in dem dieser Mangel nach § 295 geheilt wird. Die Rechtshängigkeit tritt dann mit dem Verlust des Rügerechts ex nunc ein.159 Hier ist jedoch § 167 zu beachten.160 Dagegen bewirkt der Verlust des Rügerechts bei zwar erfolgter, aber fehlerhafter Zustellung, dass der Anspruch − ex tunc − in dem Augenblick rechtshängig geworden ist, in dem die Klage fehlerhaft zugestellt worden war.161 Entsprechend treten die materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit, wie die Verjährungshemmung, rückwirkend ein.162 Eine rückwirkende Heilung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit nicht zur Disposition der Parteien steht, wie z.B. bei Klageausschlussfristen163 oder dem Ende der Ehezeit gem. § 1587 Abs. 2 BGB164 oder einer Abänderungsklage gem. § 323 Abs. 3165. Auch bei Verstößen gegen den wesentlichen Inhalt der Klageschrift gem. § 253 Abs. 2, soweit eine Heilung überhaupt möglich ist (vgl. Rdn. 12), erfolgt die Heilung ex nunc.166 Durch die Heilung kann die materiellrechtliche Wirkung der Klageerhebung, wie die Hemmung der Verjährung, nach § 167 als mit der Einreichung der Klageschrift eingetreten gelten, wenn die Einreichung der Klageschrift und der Eintritt der Rechtshängigkeit durch die Heilung des Verfahrensverstoßes zueinander in dem Verhältnis stehen, das einer der Einreichung folgenden demnächstigen Zustellung entspricht.167
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VII. Keine Heilung durch Zweckerreichung Neben der Heilung von Verstößen gegen auch unverzichtbare Verfahrensvorschriften durch die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung168 (siehe Rdn. 59) wird teilweise eine Heilung über § 295 hinaus durch offenbare Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks der verletzen Formvorschrift für möglich gehalten.169 Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen, da § 295 Abs. 2 auf Kosten der Rechtssicherheit unterlaufen würde.170
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BGH NJW 1984, 926; BGHZ 25, 66, 75 = NJW 1957, 1517, 1519; BGH NJW 1953, 620, 621; OLG München RzW 1970, 31; Johannsen LM Nr. 13 zu § 295 ZPO; OLG Jena FamRZ 1998, 1446, 1447. 160 24741 BGHZ 25, 66, 76 = NJW 1957, 1517, 1519. 161 4742 3 BGH NJW 1984, 926; RGZ 113, 335, 341; RGZ 87, 271, 272 f.; Johannsen LM Nr. 13 zu § 295 ZPO. 162 4743 4 Vgl. BGH VersR 1967, 395, 398. 163 54744 Vgl. BGH NJW 1984, 926; BGHZ 22, 254, 257 = NJW 1957, 263, 264 = LM Nr. 11 zu § 295 ZPO mit Anm. Pagendarm; OLG Stuttgart FamRZ 1981, 789; aA BAGE 52, 263, 269 ff. =
NJW 1986, 3224, 3225 f. (zur Kündigungsschutzklage), dazu Vollkommer EWiR 1987, 1039, 1040; Hk/Saenger Rdn. 19. 4745 6164 BGH NJW 1984, 926; OLGR Zweibrücken 1999, 14, 15; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 1439, 1440. 165 4746 7 OLG Hamburg FamRZ 1985, 93, 94. 166 4747 8 BGH LM Nr. 12 zu § 295 ZPO. 167 94748 Vgl. BGHZ 25, 67, 76 = NJW 1957, 1517, 1519; 168 4749 10 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 67 Rdn. 8. 169 4750 11 Vollkommer S. 378 ff. 170 4751 12 MünchKomm/Prütting Rdn. 43; Musielak/ Huber Rdn. 8.
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§ 296
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 296 Zurückweisung verspäteten Vorbringens (1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. (2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. (3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt. (4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Schrifttum Abrahams Präklusion und Fluchtwege im Zivilprozess, AnwBl. 1999, 168; Bischof Streitfragen der Vereinfachungsnovelle, NJW 1977, 1897; Borgmann Präklusion bei Prozessverzögerung nach verspätetem Vorbringen (Haftpflichtfragen), AnwBl. 1983, 212, 274; dies. Neue Rechtsprechung zu den Präklusionsvorschriften der ZPO, AnwBl. 1989, 284; Bräutigam Präklusionsrechte der Richter in den Prozessen vor den Zivil-, Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichten; Brinkmann Zur Behandlung zu Recht, aber mit fehlerhafter Begründung zurückgewiesenen verspäteten Vorbringens in der Berufungsinstanz, ZZP 119 (2006), 500; Brückner Bindung des Rechtsmittelgerichts an den Rechtsweg im Fall der unterbliebenen oder verspäteten Rechtswegrüge, NJW 2006, 13; Burgard Die Präklusion der zweiten Vollstreckungsgegenklage, ZZP 106 (1993), 23; Buß Prozessaufrechnung und materielles Recht, JuS 1994, 147; Damrau-Schellhammer Die Behandlung verspätet vorgebrachter Angriffs- und Verteidigungsmittel im Gutachten, JuS 1984, 203; Deckers Nochmals: Die Vorlage einer neuen Schlussrechnung in der zweiten Instanz, NZBau 2007, 550; Dengler Verfassungsmäßigkeit des § 528 III ZPO, NJW 1980,163; Deubner Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens und der Anspruch auf rechtliches Gehör – BayVerfGH, NJW 1977, 243; ders. Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach der Vereinfachungsnovelle, NJW 1977, 921; ders. Die Praxis der Zurückweisung verspäteten Vorbringens, NJW 1979, 337; ders. Zurückweisung verspäteten Vorbringens, NJW 1979, 880; ders. Zur Zurückweisung verspäteten Vorbringens, NJW 1983, 403; ders. Zurückweisung verspäteten Vorbringens oder die Prozessförderungspflicht, NJW 1983, 1000; ders. Die Zurückweisung fristwidrigen Vorbringens im frühen ersten Termin, NJW 1983, 1026; ders. Das Ende der Zurückweisung verspäteten Vorbringens im frühen ersten Termin, NJW 1985, 1140; ders. Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens als Rechtsmissbrauch, NJW 1987, 465; ders. Das unbewältigte Gesetz, neue Entscheidungen zur Zurückweisung verspäteten Vorbringens, NJW 1987, 1583; ders. Gedanken zur richterlichen Verfahrensbeschleunigungspflicht, Festschrift Lüke, 1997, 51; Diller Fristversäumung und verspäteter Vortrag – Was tun? FA 1998, 70; Fastrich Heilung der Verspätungsfolgen des § 296 I ZPO durch Versäumnis? NJW 1979, 2598; Fellner Verspätetes Vorbringen im frühen ersten Termin, MDR 2006, 1366; Fey Die Behandlung verspäteten Vorbringens, DRiZ 1978, 180; Franke Rechtliches Gehör und Präklusion, NJW 1986, 3049–3053; Franzki Das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren (Vereinfachungsnovelle), DRiZ 1977, 161; ders. Die Vereinfachungsnovelle und ihre bisherige Bewährung in der Verfah-
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
renswirklichkeit, NJW 1979, 9; Fuhrmann Die Zurückweisung schuldhaft verspäteter und verzögerter Angriffs- und Verteidigungsmittel im Zivilprozess; Geipel/Geisler/Nill Präklusion versus Prozesstaktik, ZAP Fach 13, 1407; Geisler Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmittel, AnwBl. 2006, 524, 531; ders. Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmittel, Teil 2: Das Berufungsverfahren, AnwBl. 2006, 609; Gottwald Neue höchstrichterliche Rechtsprechung zum Zivilprozessrecht, JZ 1983, 523–531; Gounalakis Die Flucht vor Präklusion bei verspätetem Vorbringen im Zivilprozess, 1995; dies. Flucht in die Widerklage – Eine wirksame Umgehung der Präklusionsvorschriften? MDR 1997, 216; Greger Rechtstatsächliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Vereinfachungsnovelle in der Praxis, ZZP 100 (1987), 377, 384; Gremmer Der unsubstantiierte Vortrag – ein Phantomproblem? MDR 2007, 1172, 1175; Grunsky Die Straffung des Verfahrens durch die Vereinfachungsnovelle, JZ 1977, 201; ders. Grenzen der Rechtsgewährung im Zivilverfahrensrecht, DRiZ 1983, 390; Habermann Die Flucht in die Widerklage zur Umgehung der Verspätungspräklusion, 2004; ders. Ein Jahr Vereinfachungsnovelle, NJW 1978, 1457; ders. Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im arbeitsgerichtlichen Verfahren, NZA 1990, 3, 9; Hensen Der Parteivortrag „im Termin“ – verspätet, aber beachtlich, NJW 1984, 1672; Hermisson Die Rechtsprechung des BGH und des BVerfG zur Zurückweisung von verspätetem Vorbringen im Zivilprozeß, NJW 1983, 2229; ders. Richterlicher Hinweis auf Einrede- und Gestaltungsmöglichkeiten, NJW 1985, 2558; Hill Rechtsschutz des Bürgers und Überlastung der Gerichte, JZ 1981, 805; Hirtz Zum Ausschluss des Parteivorbringens bei nicht rechtzeitiger Vorlage eines Schriftsatzes, NJW 1981, 2234; Hölzer Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens, JurBüro 1990, 1533; Kallweit Die Prozessförderungspflicht der Parteien und die Präklusion verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß nach der Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1976, 1983; Katzenstein Der Schriftsatznachlass nach § 283 ZPO, ZZP 121 (2008), 41; Kinne Zur Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß, DRiZ 1985, 15; Kloepfer Verfahrensdauer und Verfassungsrecht, JZ 1979, 209; Knöringer Der Begriff der Verzögerung nach der Vereinfachungsnovelle, NJW 1977, 2336; Kramer Überprüfung der Zulassung unstreitigen neuen Vorbringens im Berufungsverfahren, BGH-Report 2004, 615; Lange Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im ersten Termin, DRiZ 1980, 408; ders. Zum Umfang der Substantiierungspflicht im Zivilprozess, DRiZ 1985, 247; ders. Der frühe erste Termin als Vorbereitungstermin, NJW 1986, 1728; ders. Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Vorbereitungstermin, NJW 1986, 3043; ders. Verspätetes Vorbringen im „Durchlauftermin“, NJW 1988, 1644; Leipold Prozessförderungspflicht der Parteien und richterliche Verantwortung, ZZP 93 (1980), 237, 265; ders. Auf der Suche nach dem richtigen Maß bei der Zurückweisung verspäteten Vorbringens, ZZP 97 (1984), 395, 410; Leonardy Rechtsstaat und Begrenzung der Rechtsgewährung, DRiZ 1982, 121; Luckey Die Widerklage gegen Dritte – Zeugen zum Abschuss freigeben? MDR 2002, 743; Lüke Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß, JuS 1981, 503; ders. 20 Jahre Vereinfachungsnovelle – Versuch einer Reform des Zivilverfahrens, JuS 1997, 681; ders. Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach der Vereinfachungsnovelle zur ZPO, Recht und Gesetz im Dialog, Saarbrücker Vorträge, hrsg. von Elmar Wadle, Köln 1982; Mackh Präklusion verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß, 1991; Mertins Fluchtwege zur Vermeidung der Zurückweisung wegen Verspätung und ihre Abwehr, DRiZ 1985, 344; ders. 10 Jahre Vereinfachungsnovelle – Versuch einer Bilanz –, DRiZ 1988, 91; Meyke Plausibilitätskontrolle und Beweis, NJW 2000, 2230; Mischke Zurückweisung verspäteten Vorbringens über die in § 296 ZPO aufgezählten Fälle hinaus, NJW 1981, 564; Moeller Prozessförderungspflicht der Gerichte und Präklusion, ZTR 1990, 141; Müller-Eising Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach § 296 I ZPO in besonderen zivilprozessualen Verfahrensarten, 1993; Nottebaum Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach der Vereinfachungsnovelle, 1984; Otto Die BGH-Rechtsprechung zur Präklusion verspäteten Vorbringens, Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof (2000) Festgabe aus der Wissenschaft – Band III, Zivilprozeß, Insolvenz, Öffentliches Recht, 161; ders. Die Präklusion, Ein Beitrag zum Prozessrecht, 1970; Overath Prozessbeschleunigung durch Verspätung? DRiZ 1980, 253; Pieper Eiljustiz statt materieller Richtigkeit? Zu den Grenzen einer Präklusion verspäteten Vorbringens im Zivilprozeß, Festschrift für Rudolf Wassermann, 1985, 773; Prechtel Präventive Maßnahmen zur Vermeidung der Präklusion wegen Fristversäumung, ZAP Fach 13, 1431; ders. Die Prozeßaufrechnung in der Praxis, ZAP Fach 13, 1367; Prütting Die Grundlagen des Zivilprozesses im Wandel der Gesetzgebung, NJW 1980, 361; Prütting/Weth Teilurteil zur
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§ 296
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Verhinderung der Flucht in die Widerklage, ZZP 98 (1985), 131, 159; Rauter Zielkonflikte zwischen Schnelligkeit und Gründlichkeit bei der Rechtsgewährung im Zivilprozess; Reichold Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S. der Präklusionsvorschriften – Änderung der materiellen Rechtslage durch neue Schlussrechnung, LMK 2004, 54; Reinert Zur Zurückweisung verspäteten Vorbringens im frühen ersten Termin, LMK 2006, 176; Rixecker Vermeintliche Randprobleme der Beschleunigung des Zivilprozesses, NJW 1984, 2135; Schafft/Schmidt Verspätungsfolgen – Das System im zivil- und arbeitsgerichtlichen Verfahren, MDR 2001, 436; Seibel Das Unterlassen von Einwendungen im selbstständigen Beweisverfahren und die Konsequenzen für den anschließenden Hauptsacheprozess, ZfBR 2008, 126; Schenkel Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne der prozessrechtlichen Präklusionsvorschriften, MDR 2004, 790; Schlee Das Damoklesschwert der Präklusion, AnwBl. 1987, 91; Schmidt Die Prozessaufrechnung im Spannungsfeld von Widerklage und prozessualer Einrede, ZZP 87 (1974), 29, 49; ders. Verspäteter Beweisantritt in der Berufungsinstanz, NJW 1992, 2005; Schneider Nichtzulassung verspäteten Vorbringens gegen den Willen beider Parteien? NJW 1979, 2506; ders. Strapaziertes Verspätungsrecht, MDR 1982, 902; ders. Problemfälle aus der Prozesspraxis: Höchstrichterlich verzögerte Beschleunigung, MDR 1984, 726; ders. Die Belehrung über Verspätungsfolgen, MDR 1985, 287; ders. Problemfälle aus der Praxis – scheiternde Verzögerungsmaßnahmen, MDR 1985, 729; ders. Verzögerungsrecht, MDR 1986, 896; ders. Problemfälle aus der Praxis, Rechtsausführung in nicht nachgelassenen Schriftsätzen, MDR 1986, 903; ders. Problemfälle aus der Praxis, Die Beweislast im zivilprozessualen Verspätungsrecht, MDR 1987, 900; ders. Problemfälle aus der Praxis – Verspätungsrecht im Eilverfahren, MDR 1988, 1024; ders. Problemfälle aus der Praxis: Richterliche Hinweispflicht und Präklusion, MDR 1991, 707; ders. Präklusionsrecht – Gefahrenstellen und Abwehrstrategien im Überblick, MDR 2002, 684; Schöpflin Zur Präklusion von Sachvortrag im Zivilrecht, JR 2004, 508; Schur Die Behandlung neuer Sachanträge nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Zivilprozeß, ZZP 114 (2001), 319; Schumann Keine Präklusion im Beschwerdeverfahren: Das Bundesverfassungsgericht als Bundesgerichtshof, NJW 1982, 1609; Bundesverfassungsgericht, Grundgesetz und Zivilprozeß, ZZP 96 (1983), 137; Schwarz Die Präklusion verspäteten Vorbringens in der ersten Instanz (§ 296 ZPO), JA 1984, 458; Spah Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Zivilprozess, Jura 1985, 633; Stolz Richterliche Präklusionsrechte im sozialgerichtlichen Verfahren, AnwBl. 1996, 207; Strohs Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach § 296 Abs. 1 und 2 ZPO in der Fassung der Vereinfachungsnovelle, JA 1981, 457; Stürner Die Einwirkungen der Verfassung auf das Zivilrecht und den Zivilprozeß, NJW 1979, 2334; Vietze Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Zivilprozess nach § 296 ZPO, JA 2003, 235; Völker Familienprozessrecht – Wirkungsvolle Instrumente zur rascheren Erledigung des Verfahrens, MDR 2001, 1325; Waldner Der Anspruch auf rechtliches Gehör, 2. Aufl. 2000; ders. Präklusion im Zivilprozeß und rechtliches Gehör, NJW 1984, 2925; Wassermann Zur Bedeutung, zum Inhalt und zum Unfang des Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), DRiZ 1984, 425; Weth Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Zivilprozess, 1988; Wolf Die Berücksichtigung verspäteten Vorbringens in der Berufungsinstanz, ZZP 94 (1981), 310; Zuck Wann verletzt ein Verstoß gegen ZPO-Vorschriften zugleich den Grundsatz des rechtlichen Gehör? NJW 2005, 3753
Übersicht Rdn I. Allgemeines 1. Zweck der Norm . . . . . . . . 2. Praxisprobleme der Norm . . . . II. Verfassungsrechtliche Vorgaben 1. Zurückweisungsvorschriften und rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) a) Inhalt des Art. 103 Abs. 1 GG . aa) Das Recht der Partei auf Orientierung . . . . . .
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Rdn bb) Das Recht der Partei auf Äußerung . . . . . . . . . cc) Das Recht der Partei auf Berücksichtigung ihres Vorbringens durch den Richter b) Die Vereinbarkeit der Zurückweisungsvorschriften mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör aa) Die Vereinbarkeit von § 296 Abs. 1 mit Art 103 Abs. 1 GG . . . . . . . . . .
1 3
4 5
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6 7 13 13
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
Rdn bb) Die Vereinbarkeit des § 296 Abs. 2 mit Art. 103 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . cc) Die Vereinbarkeit des § 296 Abs. 3 mit Art. 103 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . c) Auswirkungen des Art. 103 Abs. 1 GG auf die Anwendung der Zurückweisungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . d) Überprüfung der fehlerhaften Zurückweisung durch das entscheidende Gericht (§ 321 a ZPO) . . . . . . . . . . . e) Überprüfung der fehlerhaften Zurückweisung durch das Bundesverfassungsgericht . . . . . 2. Zurückweisungsvorschriften und der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) . . . . . . . a) Die prozessuale Waffengleichheit . . . . . . . . . . . . b) Das prozessuale Willkürverbot . 3. Zurückweisungsvorschriften und das Rechtsstaatsprinzip a) Das Gebot materieller Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . b) Das Übermaßverbot . . . . . III. Die Zurückweisung nach § 296 Abs. 1 ZPO 1. Angriffs- und Verteidigungsmittel . a) Definition . . . . . . . . . b) Selbständige und unselbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel . . . . . . . . . . . . . c) Einzelne Angriffs- und Verteidigungsmittel . . . . . . . . d) Parteihandlungen, die keine Angriffs- und Verteidigungsmittel sind . . . . . . . . . . . . 2. Das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln . . . . . . 3. Verspätung (Verstoß gegen die besondere Prozessförderungspflicht) a) Fristversäumung . . . . . . . b) Inhaltliche Anforderungen an das Vorbringen der Parteien innerhalb der Fristen . . . . . . c) Die Abhängigkeit der Prozessförderungspflicht vom Verhalten des Gerichts . . . . . . . aa) Unwirksame Fristsetzung . bb) Unwirksame oder unterbliebene Belehrung . . . . . 4. Verzögerung . . . . . . . . . . a) Die relative Theorie . . . . . b) Die absolute Theorie . . . . . c) Weitere Theorien . . . . . .
Rdn d) Verzögerung und früher erster Termin . . . . . . . . . . . e) Verzögerung und Durchlauftermin . . . . . . . . . . . . f) Verzögerung und Güteverhandlung gem. § 278 Abs. 2 . . . . g) Verzögerung durch Einräumung einer Frist gem. § 283 . . . . . h) Die Voraussetzungen der Verzögerung . . . . . . . . . . aa) streitiges und erhebliches Vorbringen . . . . . . . bb) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Verzögerung . . . . . . . . . cc) Erhebliche Verzögerung? . dd) Verzögerung des gesamten Rechtsstreits? . . . . . . i) Die freie Überzeugung des Gerichts . . . . . . . . . . .
14 17
19
23 25 27
5. Kausalität a) Die Verursachung der Verzögerung allein durch die Partei . . b) Mitverursachung der Verzögerung durch das Gericht . . . . aa) Verletzung der Vorbereitungspflicht . . . . . . . bb) Verletzung der Hinweisund Aufklärungspflichten . c) Verursachung der Verzögerung durch Dritte . . . . . . . . 6. Das Verschulden . . . . . . . . 7. Der Hinweis des Gerichts auf die beabsichtigte Zurückweisung . . . 8. Rechtsfolge des § 296 Abs. 1 ZPO
28 29
30 34
38 39 41 42 50 58 60 61 72 81 82 90 94 95 99 103
IV. Die Zurückweisung nach § 296 Abs. 2 ZPO 1. Verspätung ohne Fristsetzung (Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht) . . . . . a) § 296 Abs. 2 iVm 282 Abs. 1 . . b) § 296 Abs. 2 iVm 282 Abs. 2 . . 2. Verzögerung . . . . . . . . . . 3. Kausalität . . . . . . . . . . . 4. Verschulden . . . . . . . . . . 5. Der Hinweis des Gerichts auf die beabsichtigte Zurückweisung . . . 6. Rechtsfolge des § 296 Abs. 2 . . . V. Die Zurückweisung nach § 296 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . 1. Verzichtbare Zulässigkeitsrügen 2. Verspätung . . . . . . . . . 3. Verzögerung . . . . . . . . . 4. Verschulden . . . . . . . . . 5. Der Hinweis des Gerichts auf die beabsichtigte Zurückweisung . . 6. Rechtsfolge des § 296 Abs. 3 . .
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104 109 114 116 119 120 121 126 129 131
133 136 137 142 143 144 149 150
151 152 155 161 163 164 165 166
. . . . .
167 169 172 175 176
. .
177 178
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§ 296
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Rdn
VI. Die Feststellung der Zurückweisungsvoraussetzungen . . . . . . 1. Die Behauptungslast . . . . . . a) Behauptungslast für das Vorliegen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln . . . . . . . . b) Behauptungslast für die Verletzung der Prozessförderungspflicht . . . . . . . . . . . c) Behauptungslast für die Verzögerung sowie die kausale Verknüpfung zwischen Verspätung und Verzögerung . . . . . . d) Behauptungslast für das Verschulden . . . . . . . . . . 2. Die Beweislast und das Beweismaß a) Für die Verletzung der Prozessförderungspflicht sowie die kausale Verknüpfung zwischen Verspätung und Verzögerung . . . b) Für die Verzögerung . . . . . c) Für das Verschulden . . . . .
179 180 180 181
182 183 185
186 187 189
Rdn VII. Die Entscheidung über die Zurückweisung 1. Notwendige Zurückweisung . . . 2. Freigestellte Zurückweisung . . . 3. Ausspruch der Zurückweisung . . 4. Wirkung der Zurückweisung . . .
191 195 196 197
VIII. Umgehungsmöglichkeiten . . 1. Flucht in die Säumnis . . . . a) Vorgehen . . . . . . . . b) Risiken . . . . . . . . . 2. Flucht in die Widerklage . . a) Vorgehen . . . . . . . . b) Risiken . . . . . . . . . 3. Flucht in die Klageerweiterung
. . . . . . . .
198 199 199 200 202 202 203 205
IX. Rechtsmittel 1. Nichtzulassung verspäteter Angriffs- und Verteidigungsmittel . . 2. Zulassung verspäteter Angriffsund Verteidigungsmittel . . . . .
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. . . . . . . .
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I. Allgemeines 1. Zweck der Norm
1
Die Vorschriften über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens (darunter § 296) sind wesentlicher Teil der am 1.7.1977 in Kraft getretenen Vereinfachungsnovelle.1 Ziel der Vereinfachungsnovelle war es, der überlangen Verfahrensdauer entgegenzuwirken. Eine „tropfenweise“ Information des Gerichts sollte verhindert werden.2 Eine lange Verfahrensdauer birgt erhebliche Gefahren; sie entwertet nicht selten den Prozesssieg bzw mindert den Wert des schließlich ergehenden Urteils für die Partei erheblich (z.B. der Beklagte, gegen den nach vielen Jahren ein Zahlungstitel erstritten worden ist, ist inzwischen insolvent). In Grenzfällen wird durch die überlange Verfahrensdauer die materielle Richtigkeit des Urteils gefährdet, wenn die Erinnerung der Parteien und Zeugen mit der Zeit so verblasst ist, dass die Aufklärung der Streitpunkte nicht mehr möglich ist. Lange Verfahrensdauer beeinträchtigt die Wirksamkeit des Rechtsschutzes, sie hindert den Staat, seinem Recht wirksam zur Durchsetzung zu verhelfen. Mangelnde Durchsetzbarkeit des Rechts stellt aber – zumindest auf lange Sicht gesehen – die Geltung des Rechts in Frage; durch sie wird darüber hinaus das Vertrauen der Bürger in eine geordnete Rechtspflege gefährdet.3 Um diesen Gefahren zu begegnen, sollten die Parteien durch die mit der Vereinfachungsnovelle eingeführten Zurückweisungsvorschriften angehalten werden, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel rechtzeitig und umfassend vorzubringen, um so den Prozess zu beschleunigen.4 Hierbei hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass die im Interesse der Verfahrensbeschleunigung gebotene Zurückweisung verspäteten Vorbringens möglicherweise eine materiell gerechte Entscheidung verhindert.5 1 14752 Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren (Vereinfachungsnovelle) vom 3.12.1976, BGBl. I 1976, 3281. 2 24753 Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/ 5250, S. 4.
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3 34754 Regierungsentwurf, Rn. 7, S. 32; Weth S. 2f. 4 44755 Prütting/Weth ZZP 1985, 131, 151; Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/2729, S. 37, 38.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
Rechtstatsächlich lässt sich nicht feststellen, dass die Zurückeisungsvorschriften zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer geführt haben.
2
2. Praxisprobleme der Norm Die Anforderungen die die höchstrichterliche Rechtsprechung an die Wirksamkeit der Zurückweisung verspäteten Vorbringens stellt, sind zu hoch. Die Zurückweisungsvorschriften sind in der Form, die sie durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gefunden haben, nicht mehr praxistauglich. Die Zahl der Entscheidungen, die auf Grund unrichtiger Zurückweisung verspäteten Vorbringens aufgehoben worden sind, ist beachtlich. Der zurückweisende Richter muss bei einer Zurückweisung verspäteten Vorbringens damit rechnen, dass seine Entscheidung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs aufgehoben wird.6 Wird hingegen verspätetes Vorbringen, trotz gegebener Zurückweisungsvoraussetzungen berücksichtigt, so ist dies selbstheilend.7 Der BGH hat dazu in seiner Entscheidung vom 2.4.2004 ausgeführt, dass die fehlerhafte Berücksichtigung neuen Tatsachenvortrags durch das Berufungsgericht mit der Revision nicht geltend gemacht werden könne. Das Berufungsgericht solle das erstinstanzliche Urteil in erster Linie mit dem Ziel der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung überprüfen und deshalb neuen Tatsachenvortrag nur in besonderen Ausnahmefällen berücksichtigen. Dieses Ziel lasse sich nicht mehr erreichen, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen zugelassen habe. In diesem Fall bestehe kein Grund, den in der Berufung bereits berücksichtigten Sachvortrag wieder auszuscheiden und damit eine Entscheidung in Kauf zu nehmen, die dem wahren Sachverhalt nicht in jeder Hinsicht entspreche.8 An anderer Stelle hat der BGH davon gesprochen, nach seiner gefestigter Rechtsprechung dürfe das im Rechtszug übergeordnete Gericht eine von der Vorinstanz unterlassene Zurückweisung nicht nachholen.9 Das BAG hat im Beschluss vom 19.2.2008 ausgeführt, die Präklusionsvorschriften dienten der Beschleunigung nicht der Sanktion. Ihrem Zweck widerspräche es, wenn die Zulassung verspäteten Vorbringens nachträglich durch das Revisionsgericht beseitigt werden könnte. Die Beschleunigungswirkung, die die Verspätungsvorschriften sichern sollten, könnte nicht mehr erzielt werden, sobald das Berufungsgericht dem Vortrag nachgegangen sei. Stattdessen würde die Feststellung des wahren Sachverhalts ohne zwingenden Grund eingeschränkt.10 Den genannten Entscheidungen ist zuzustimmen; es würde einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstellen, wollte man den bereits berücksichtigten Sachvortrag wieder ausscheiden. Der Richter, der nicht zurückweist, muss daher nicht die Aufhebung seines Urteils befürchten.11 Das mag der Grund dafür sein, dass in der Praxis von den Zurückweisungsvorschriften nur äußerst zögerlich Gebrauch gemacht wird. Prechtel12 macht die Ausdifferenzierung der Zurückweisungsvorschriften durch die Rechtsprechung dafür verantwortlich, dass viele Instanzrichter sie völlig ignorierten und jegliche Versäumnisse tolerierten. So seien richterliche Fristsetzungen oft nur nicht ernstgemeinte Scheingeschäfte zur Vorspiegelung eigener prozessfördernder Aktivität.
5 14756 BGHZ 75, 138, 143 = NJW 1979, 1988. 6 24757 Weth ZRP 2005, 119, 122. 7 34758 Weth ZRP 2005, 119, 122. 8 44759 BGH NJW 2004, 2382, 2383.
9 54760 BGHZ 166, 227, 230 mwN. 4761 610 BAG NJW 2008, 2362, 2363. 4762 711 Weth ZRP 2005, 119, 122. 4763 812 ZAP Fach 13, S. 1431.
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§ 296
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
II. Verfassungsrechtliche Vorgaben 1. Zurückweisungsvorschriften und rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)
4
a) Inhalt des Art. 103 Abs. 1 GG. Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, sich zu dem für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt zu äußern; dementsprechend haben die Gerichte das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.13 Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll sicherstellen, dass die von den Fachgerichten zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachverhalts der Parteien haben.14 Er besteht aus drei Komponenten: dem Recht der Parteien auf Orientierung, dem Recht der Parteien auf Äußerung und der Verpflichtung des Gerichts zur Berücksichtigung des Parteivorbringens.15
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aa) Das Recht der Partei auf Orientierung. Das Recht der Partei auf Orientierung besagt, dass das Gericht den Parteien den Zugang zu den ihm vorliegenden Informationen eröffnen muss, sofern diese für die gerichtliche Entscheidung verwertbar sein sollen.16 Nur wenn die Partei Kenntnis hat, kann sie sich zum Streitstoff des Verfahrens äußern. Das Gericht trifft also eine Informationspflicht; es muss beispielsweise die Partei darüber benachrichtigen, dass ein Verfahren anhängig ist.17 Zudem müssen Äußerungen anderer am Verfahren Beteiligter sowie Beweisergebnisse mitgeteilt werden, sofern die Partei davon keine Kenntnis hat.18 Das Gericht ist auch verpflichtet Akteneinsicht19 zu gewähren und die Beiziehung von Akten mitzuteilen.20 Die Zurückweisungsvorschriften ermöglichen dem Gericht ein bestimmtes Vorbringen bei der Entscheidung unberücksichtigt zu lassen. Sie betreffen also den Anspruch der Partei auf Berücksichtigung ihres Vorbringens, nicht aber das Recht der Partei auf Orientierung.21 Dieses wird durch die Zurückweisungsvorschriften nicht berührt.
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bb) Das Recht der Partei auf Äußerung. Das Recht auf Äußerung gibt den Verfahrensbeteiligten das Recht sich zu dem für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt zu äußern.22 Es soll den Parteien Gelegenheit geben auf die gerichtliche Entscheidung einzuwirken, weshalb eine vorherige Anhörung in der Regel geboten ist.23 Das Recht auf Äußerung berechtigt beispielsweise Tatsachen vorzutragen, Rechtsausführungen zu machen24 und Beweise anzubieten.25 Zudem verpflichtet es das Gericht selbstgesetzte Fristen zu beachten.26 Da die Zurückweisungsvorschriften nur die Frage regeln, was mit den Äußerungen zu geschehen hat, wird das Recht zur Äußerung durch sie nicht verletzt, es bleibt unberührt.27
4764 113 BVerfGE 59, 330 = NJW 1982, 1635; BVerfGE 60, 1= NJW 1982, 1453; BVerfGE 66, 260; BVerfGE 64, 135, 144 = NJW 1983, 2762; BVerfGE 69, 145 = NJW 1985, 1150; BVerfGE 69, 141 = NJW 1986, 833. 14 4765 2 BVerfGE 69, 141 = NJW 1986, 833; BVerfG NJW-RR 2004, 1150. 4766 315 Weth S. 11 f. 16 4767 4 BVerfG NJW 1983, 2762, 2763. 4768 517 Waldner Rdn 29. 4769 618 BVerfG NJW 1983, 2762, 2763. 4770 719 Waldner Rdn 50; Wassermann DRiZ 1984, 425, 428.
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4771 820 BVerfG NJW 1983, 2762, 2763. 4772 921 Weth S. 12. 22 4773 10 BVerfGE 59, 330 = NJW 1982, 1635; BVerfGE 60, 1 = NJW 1982, 1453; BVerfG NJW 1983, 2762, 2763; BVerfGE 66, 260; BVerfGE 69, 145 = NJW 1985, 1150; BVerfGE 69, 141 = NJW 1986, 833. 23 4774 11 BVerfGE 9, 89, 96; BVerfGE 65, 227, 233 = NJW 1984, 719; BVerfGE 66, 260, 263. 24 4775 12 Waldner Rdn 63. 25 4776 13 Waldner Rdn 66. 26 4777 14 BVerfGE 64, 224, 227. 27 4778 15 MünchKomm/Prütting Rdn 11; Weth S. 13.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
cc) Das Recht der Partei auf Berücksichtigung ihres Vorbringens durch den Richter. Art 103 Abs. 1 GG beinhaltet zudem das Recht der Partei auf Berücksichtigung ihres Vorbringens durch den Richter. Entscheidend ist, dass die Parteien die Möglichkeit haben sollen, auf die Willensbildung und somit die Entscheidungsfindung des Gerichts einzuwirken.28 Folglich ist das Gericht verpflichtet, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.29 Art. 103 Abs. 1 GG gebietet die Gewährung rechtlichen Gehörs auch deshalb, um im Interesse eines wirkungsvollen Rechtsschutzes die Klärung der tatsächlichen Grundlagen einer Entscheidung zu fördern. Die Parteien eines Zivilprozesses müssen die Möglichkeit erhalten, sich im Rechtsstreit nicht nur mit rechtlichen, sondern auch mit tatsächlichen Argumenten zu behaupten.30 Ob das Gericht die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, ist der Begründung der gerichtlichen Entscheidung zu entnehmen.31 Die Gerichte sind allerdings nicht dazu verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Parteivorbringen ausdrücklich zu befassen. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die Gerichte das entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und auch in Erwägung gezogen haben. Damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, müssen besondere Umstände vorliegen, die verdeutlichen, dass ein tatsächliches Vorbringen gar nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist.32 Die Zurückweisungsvorschriften lassen die Verpflichtung des Gerichts, verspätetes Vorbringen zu berücksichtigen, unberührt. Um feststellen zu können, dass ein verspätetes Vorbringen vorliegt, ist bereits eine Kenntnisnahme erforderlich.33 Die Zurückweisungsvorschriften sehen keine Zurückweisung ohne Kenntnisnahme vor. Das Gericht muss vielmehr überprüfen, ob das verspätete Vorbringen erheblich ist, ob es sich um streitiges Vorbringen handelt, ob die Verspätung verschuldet ist und ob das verspätete Vorbringen den Prozess verzögert.34 Nur wenn dies alles der Fall ist, ist eine Zurückweisung möglich. Die Verpflichtung des Gerichts zur Kenntnisnahme des Parteivortrags, der im Rahmen des § 296 für die Frage entscheidungserheblich ist, ob verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen sind, ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG.35 Mit der Überprüfung, ob das Vorbringen als verspätet zurückgewiesen werden kann, hat das Gericht das Vorbringen aber noch nicht in Erwägung gezogen. Hiervon kann erst gesprochen werden, wenn das Gericht das verspätete Vorbringen auf seine Richtigkeit hin überprüft hat und, falls diese bejaht wird, unter Zugrundelegung des Vorgebrachten entschieden hat.36 Ziel der Zurückweisungsvorschriften ist es, das Gericht von der Verpflichtung die Richtigkeit des Parteivorbringens zu überprüfen und das Vorgebrachte seiner Entscheidung zugrunde zulegen, zu befreien. Sie gestatten (Abs. 2) bzw zwingen (Abs. 1) das Gericht das Parteivorbringen nicht in Erwägung zu ziehen. In den Zurückweisungsvorschriften liegt eine Begrenzung des Anspruchs auf
4779 128 BVerfGE 49, 212, 215 = VerfRspr Art. 103 Abs. 1 GG, Nr. 388. 29 4780 2 BVerfGE 59, 330 = NJW 1982, 1635; BVerfGE 60, 1 = NJW 1982, 1453; BVerfG NJW 1983, 2762, 2763; BVerfGE 66, 260; BVerfGE 69, 141 = NJW 1986, 833; BVerfGE 69, 145 = NJW 1985, 1150. 4781 330 BVerfG NJW 2008, 2170. 4782 431 Wassermann DRiZ 1984, 425, 428. 4783 532 BVerfGE 47, 182, 187 = NJW 1978, 127;
BVerfGE 51, 126, 128 = NJW 1980, 278; BAG NJW 2008, 2362, 2363. 6 BVerfG JZ 1985, 905 = NJW 1987, 485. 34 4785 7 MünchKomm/Prütting Rdn 11; Waldner Rdn 190 ff; Weth S. 14. 4786 835 BVerfGE 70, 215, 218 f = NJW 1987, 485. 4787 936 Deubner NJW 1980, 263,264; ders. NJW 1976, 2113. 33 4784
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
rechtliches Gehör. Diese ist im Interesse der Verfahrensbeschleunigung zulässig37. Die nähere Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs muss nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG den einzelnen Verfahrensordnungen vorbehalten bleiben.38 Art. 103 Abs. 1 GG gewährt deshalb keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachverhalt aus Gründen des formellen oder des materiellen Rechts – soweit dieses selbst verfassungsmäßig ist – ganz oder teilweise unberücksichtigt lassen.39 Das BVerfG hat allerdings stets betont, dass die Präklusionsvorschriften strengen Ausnahmecharakter haben, weil sie sich zwangsläufig auf das Bemühen um eine richtige Entscheidung auswirken und einschneidende Folgen für die säumige Partei nach sich ziehen.40 Präklusionsvorschriften sind verfassungsgemäß, wenn die Partei ausreichend Gelegenheit zur Äußerung hatte, dies aber aus von ihr zu vertretenen Gründen nicht getan hat, oder – anders formuliert – wenn die Partei die Gelegenheit zu ihrem Sachvortrag schuldhaft ungenutzt verstreichen ließ.41 Ein Verschulden der Partei liegt nur dann vor, wenn sie gegen ihre Prozessförderungspflicht verstoßen hat. Eine Zurückweisung ohne ein vorwerfbares Verhalten der Partei verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Problematisch ist, ob die Zurückweisung verspäteten Vorbringens verfassungsrechtlich verboten ist, wenn die Zulassung verspäteten Vorbringens nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens führt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG können auch solche Rechtsnormen mit Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar sein, die eine Zurückweisung solchen Vorbringens vorsehen, das den Rechtsstreit nicht verzögert. Das Gericht hat das für § 528 Abs. 3 ZPO a.F. entschieden. Nach dieser Vorschrift blieben in der Berufungsinstanz Angriffs- und Verteidigungsmittel ausgeschlossen, die im ersten Rechtszug zu Recht ausgeschlossen worden waren. Das BVerfG hat – wie folgt – begründet: Das Recht auf Gehör gebe den Verfahrensberechtigten ein Recht darauf, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern; dem entspreche die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten bei seiner Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Diesen Anforderungen genüge § 528 Abs. 3 ZPO a.F. Denn seine Anwendung setze voraus, dass die Prozessparteien zu Recht mit ihrem verspäteten Vorbringen ausgeschlossen worden seien, nachdem sie hinreichend Gelegenheit zur Äußerung hatten.42 Der Gesetzgeber ist also verfassungsrechtlich nicht gehindert, Normen zu schaffen, die eine Zurückweisung von Vorbringen vorsehen, das das Verfahren nicht verzögert. Hat der Gesetzgeber allerdings die Verzögerung zur Voraussetzung der Zurückweisung gemacht – wie etwa in § 296 Abs. 1 ZPO – so ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, wenn das Gericht neues Vorbringen zurückweist, das nicht zu einer Verzögerung der Prozesserledigung geführt haben würde.43 Darüber hinaus ist die Zurückweisung verspäteten Vorbringens durch das Gericht, ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn richterliches Fehlverhalten, etwa eine unzulängliche Verfahrensleitung oder eine Verletzung der gerichtlichen Fürsorgepflicht, die Verzögerung mitverursacht hat. Auch die missbräuchliche Anwendung einer Präklusionsvorschrift, etwa die Zurückweisung trotz erkennbar unzureichender Termins-
4788 137 BVerfGE 69, 145,149 = NJW 1985, 1150; NJW 2000, 945, 946. 38 4789 2 BVerfGE 60, 1, 5 = NJW 1982, 1453; BVerfGE 66, 260, 263; BVerfGE 69, 145, 148= NJW 1985, 1150. 4790 339 BVerfGE 51, 188, 191 = NJW 1980, 277; BVerfGE 54, 117,123 = NJW 1980, 1737; BVerfGE 60, 1, 5 = NJW 1982, 1453; BVerfGE 62,
1012
249, 254 = NJW 1983, 1307; BVerfGE 66, 260, 263; BVerfGE 69, 141, 144 = NJW 1985, 833; BVerfGE 69, 145, 149 = NJW 1985, 1150; BVerfGE 69, 248, 253 = NJW 1985, 3005. 4791 440 BVerfGE 75, 302, 312 = NJW 1987, 2733, 2736. 4792 541 BVerfGE 69, 145, 149 = NJW 1985, 1150, 1151. 4793 642 BVerfGE 55, 72, 94f = NJW 1981, 271, 273. 4794 743 BVerfGE 63, 177, 180 = NJW 1983, 2187, 2188.
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vorbereitung durch das Gericht, ist verfassungswidrig.44 Ist eine Verzögerung nämlich durch zumutbare und damit prozessrechtlich gebotene richterliche Maßnahmen vermeidbar, diene – so das BVerfG – die Zurückweisung des verspäteten Vorbringens nicht mehr der Verhinderung von Folgen säumigen Parteiverhaltens. Sie wirke vielmehr einer Verzögerung entgegen, die erst infolge unzureichender richterlicher Verfahrensleitung drohe.45 Obwohl die Partei die erste Ursache für die Verzögerung gesetzt habe, sei es unter solchen Umständen mit rechtsstaatlichen Erfordernissen nicht zu vereinbaren, an ihre Säumnis Sanktionen anzuknüpfen, die sich als eine Versagung rechtlichen Gehörs auswirken würden. Ein solcher Eingriff in ein grundlegendes Verfahrensrecht sei jedenfalls dann nicht erlaubt, wenn der Staat die dazu notwendigen Voraussetzungen unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften selbst herbeiführe.46 Allgemein formuliert: „Aus Fehlern des Gerichts dürfen . . . keine Verfahrensnachteile für die Beteiligten abgeleitet werden.“47 Rechtsmissbräuchlich ist eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens auch dann, wenn ohne jeden Aufwand erkennbar ist, dass die Pflichtwidrigkeit, die Verspätung allein, nicht kausal für eine Verzögerung ist;48 wenn sich ohne weitere Erwägungen aufdrängt, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre.49 Die Zurückweisungsvorschriften haben wegen der weitreichenden Folgen, die sie für die Partei nach sich ziehen einen strengen Ausnahmecharakter50. Es verbietet sich eine analoge Anwendung.51 Das Gericht ist nach ganz h.M. aus Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet auf die beabsichtigte Zurückweisung hinzuweisen52.
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b) Die Vereinbarkeit der Zurückweisungsvorschriften mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör. aa) Die Vereinbarkeit von § 296 Abs. 1 mit Art. 103 Abs. 1 GG. Gemäß § 296 Abs. 1 kann eine Zurückweisung von Vorbringen nur nach fruchtlosem Ablauf einer hierfür gesetzten Frist erfolgen. Das Recht der Parteien auf Äußerung ist somit gewahrt. Streitig ist, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör auf die Beweislast im Rahmen des § 296 Abs. 1 ZPO einwirkt. Mit Hinweis auf den Wortlaut des § 296 Abs. 1 ZPO „wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt“, geht die h.M. davon aus, dass die verspätete Partei die Behauptungs- und Beweislast für ihr Nichtverschulden trägt.53 Das führt nach Auffassung von Prütting aber nicht dazu, dass im Falle des non liquet eine Zurückweisung erfolgen muss, obwohl ein Verschulden der Partei nicht feststeht. Zu einem non liquet werde es regelmäßig nicht kommen. Die Partei müsse nämlich auf Verlangen des Gerichts ihren Entschuldigungsgrund glaubhaft machen (§ 296 Abs. 4); sie müsse nicht vollen Beweis erbringen. Für die Glaubhaftmachung genüge eine eidesstattliche Versicherung der verspäteten Partei (§ 294 Abs. 1). Eine Entschuldigung werde der Partei nur dann gelingen, wenn sie ihrer Behauptungs4795 144 BVerfGE 75, 302, 312 f mwN = NJW 1987, 2733; BVerfGE 81, 264, 273 = NJW 1990, 2373, 2374; BVerfG NJW 1992, 680. 45 4796 2 BVerfG NJW-RR 1995, 377, 378. 46 4797 3 BVerfGE 81, 264, 273 f = NJW 1990, 2373, 2374. 4798 447 BVerfG NJW 2008, 2167, 2168. 4799 548 BVerfGE 75, 302, 316 = NJW 1987, 2733, 2736. 4800 649 BVerfGE 75, 302, 316 = NJW 1987, 2733, 2736. 4801 750 BVerfGE 75, 302, 312; BVerfGE 69, 126, 136 =
NJW 1985, 1149; BVerfGE 69, 145, 149 = NJW 1985, 150; st. Rspr. 8 BGH NJW 1982, 1533,1534; vgl. auch Weth S. 20 ff. 4803 952 Vgl. nur BGH NJW 1989, 717, 718; OLG Karlsruhe NJW 1979, 879, OLG Bamberg NJW-RR 1998,1607. 53 4804 10 Vgl. nur MünchKomm/Prütting Rdn 18; Musielak/Huber Rdn 254; Thomas/Putzo/Reichold Rdn 28. 51 4802
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oder Beweisführungspflicht nicht nachkomme oder wenn das Gericht der eidesstattlichen Versicherung der Partei nicht glaube. In einem solchen Ausnahmefall stehe das Verschulden zur Überzeugung des Gerichts fest.54 Es ist Prütting zuzustimmen, dass es in der Regel zu einem non liquet nicht kommen wird. Ist dies aber doch der Fall, darf wegen Art. 103 Abs. 1 GG, eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens nicht erfolgen. Dem aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Erfordernis, dass nur eine Zurückweisung verschuldet verspäteten Vorbringens erfolgen darf, ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die Partei die Behauptungs- und die subjektive Beweislast, nicht aber die objektive Beweislast für ihr Nichtverschulden trägt.55
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bb) Die Vereinbarkeit des § 296 Abs. 2 mit Art. 103 Abs. 1 GG. Präklusionsvorschriften sind nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG mit Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die betroffene Partei ausreichend Gelegenheit hatte sich in allen für sie wichtigen Punkten zur Sache zu äußern, dies aber aus von ihr zu vertretenden Gründen versäumt hat. Diesen Anforderungen genügt § 296 Abs. 2 ZPO nach Auffassung des BVerfG.56 Bei Abs. 2 stellt sich – ebenso wie bei Abs. 1 – die Frage, wer die Behauptungs- und Beweislast für das Verschulden trägt. Er kann hier auf die Ausführungen zu Abs. 1 verwiesen werden; auch im Rahmen des Abs. 2 gilt, dass die Partei die Behauptungslast und die subjektive Beweislast, nicht aber die objektive Beweislast für ihr Nichtverschulden trägt. Im Fall eines non – liquet darf daher die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nicht erfolgen.57 Was die Anwendung des § 296 Abs. 2 betrifft, so liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dann vor, wenn ein Beweisantrag nach § 296 Abs. 2 zurückgewiesen wird, ohne dass der Richter festgestellt hat, dass das Unterbleiben einer Vorschusszahlung auf grober Nachlässigkeit beruht.58 cc) Die Vereinbarkeit des § 296 Abs. 3 mit Art. 103 Abs. 1 GG. Auch die Vorschrift des § 296 Abs.3 ist mit Art. 103 Abs. 1 vereinbar. Bezüglich des Verschuldens ist – wie bei Abs. 1 (vgl. dort Rdn 13) – eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend erforderlich, dass die Parteien nicht die Beweislast für ihr Nichtverschulden tragen.59 Dass § 296 Abs. 3 eine Verfahrensverzögerung nicht zur Voraussetzung der Zurückweisung macht, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber ist nämlich verfassungsrechtlich nicht gehindert Normen zu schaffen, die eine Zurückweisung von Vorbringen vorsehen, das das Verfahren nicht verzögert (vgl. oben Rdn 10). Im Übrigen lässt sich die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Norm auch darauf stützen, dass der Gesetzgeber in Abs. 3 stillschweigend davon ausgehen durfte, dass das verspätete Vorbringen von Zulässigkeitsrügen regelmäßig zu einer Verfahrensverzögerung führt, weil bei Zulassung verspäteter Zulässigkeitsrügen die Begründetheitsprüfung abgebrochen und die Zulässigkeit der Klage geklärt werden muss.60 c) Auswirkungen des Art. 103 Abs. 1 GG auf die Anwendung der Zurückweisungsvorschriften. Art. 103 Abs. 1 GG schützt vor Überraschungsentscheidungen.61 Eine solche liegt vor, wenn das Gericht sein Urteil auf einen rechtlichen Ge4805 154 MünchKomm/Prütting Rdn 18. 4806 255 Weth S. 29. 4807 356 BVerfGE 69, 126, 137 = NJW 1985, 1149. 4808 457 Weth S. 31. 58 4809 5 BVerfG NJW 2000, 1327; OLG Saarbrücken, OLG Report 1999, 453, 455.
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4810 659 Weth S. 31. 4811 760 MünchKomm/Prütting Rdn 18. 4812 861 BVerfG BB 1984, 1118, 1119; Stein/Jonas/Leipold Vor § 128 Rdn 74; Benda/Weber ZZP (1983), 285, 302; Weth S. 32.
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sichtspunkt stützt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat.62 Um Überraschungsentscheidungen zu vermeiden, muss das Gericht auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen hat oder für unerheblich gehalten hat, hinweisen und der Partei „Gelegenheit zur Äußerung dazu“ geben (§ 139 Abs. 2 ZPO). Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet, dass die Parteien auf diesen Hinweis des Gerichts hin, neuen Tatsachenstoff in den Prozess einführen können. Diese Tatsachen müssen berücksichtigt werden und dürfen nicht als verspätet zurückgewiesen werden.63 Im Übrigen fallen prozessuale Hinweis-, Aufklärungs- und Erörterungspflichten grundsätzlich nicht in den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG.64 Da die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nur dann keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstellt, wenn die Partei die Gelegenheit, sich zu äußern, schuldhaft verstreichen lässt65 und das Gericht dies vor Erlass seiner Zurückweisungsentscheidung prüfen muss, muss der Partei durch einen Hinweis des Gerichts Gelegenheit gegeben werden, sich zum Verschulden zu äußern und sich gegebenenfalls zu entschuldigen. Das Gericht muss also auf die beabsichtigte Zurückweisung hinweisen; diese Hinweispflicht ist verfassungsrechtlich abgesichert.66 Nach erfolgtem Hinweis muss das Gericht der Partei Gelegenheit geben, Tatsachen zur Entschuldigung vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen.67 Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt weiter, dass nicht zurückgewiesen werden darf, wenn die Verzögerung auch auf einer Verletzung der Prozessförderungs- und Fürsorgepflicht des Richters beruht.68 Das rechtsstaatliche Gebot der fairen Verfahrensführung schließt dann eine Präklusion aus.69 In diesen Fällen dient die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nicht mehr der Verhinderung von Folgen säumigen Parteiverhaltens, sondern wirkt einer infolge unzureichender richterlicher Verfahrensleistung drohenden Verzögerung entgegen.70 Dies ist etwa der Fall, wenn das Gericht eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits damit begründet, eine rechtzeitige Umterminierung und Ladung des in der Klageerwiderung benannten Zeugen sei wegen Gerichtsferien nicht möglich und wegen des Urlaubs des mit der Sache befassten Richters auch nicht zumutbar gewesen,71 oder wenn trotz erkennbar unzureichender Terminsvorbereitung zurückgewiesen wird.72 d) Überprüfung der fehlerhaften Zurückweisung durch das entscheidende Gericht (§ 321a ZPO). Ist die Partei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, ist ihr nach § 321a die Möglichkeit eröffnet, eine Gehörsrüge zu erheben. Nach dieser Norm ist das Verfahren auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Sinn und Zweck der Norm ist die Entlastung des BVerfG. Dieses soll sich 4813 162 Weth S. 33; vgl. auch BVerfGE 84, 188, 190 = NJW 1991, 2823; BVerfGE 98, 218, 263 = NJW 1998, 2515; Waldner Rdn 216. 63 4814 2 Weth S. 34. 64 4815 3 BVerfG BB 1984, 1118, 1119; BVerfG ZIP 1984, 1278, 1279; BVerfG NJW 1980, 1093. 4816 465 Vgl. oben Rdn. 10. 4817 566 Weth S. 35; vgl. BGH NJW 1982, 1533, 1534. 4818 667 BGH NJW 1986, 3193, 3194; Weth S. 36. 4819 768 BVerfGE 51, 188, 192 = NJW 1980, 277;
BVerfGE 60, 1, 6= NJW 1982, 1453; BVerfGE 75, 183, 190 = NJW 1987, 2003; BVerfGE 75, 302, 312f = NJW 1987, 2733; BVerfGE 81, 264, 273 = NJW 1990, 2373. 69 4820 8 BVerfGE 75, 183, 192 = NJW 1987, 2003. 70 4821 9 BVerfGE 81, 264, 273f = NJW 1990, 2373; NJWRR 1995, 377. 71 4822 10 BVerfG NJW-RR 1995, 1469. 72 4823 11 BVerfG WuM 1994, 122 f.
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nicht mit einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG befassen müssen, den das Verfahrensgericht aus Gleichgültigkeit oder Gedankenlosigkeit oder ohne jede Vorwerfbarkeit begangen hat und bei einer nochmaligen Prüfung voraussichtlich selbst beheben kann.73 Die fehlerhafte Präklusion kann eine Gehörsverletzung iSd § 321a ZPO darstellen74 die, wenn die übrigen Voraussetzungen dieser Norm vorliegen, mit der Gehörsrüge angefochten werden kann.75 e) Überprüfung der fehlerhaften Zurückweisung durch das Bundesverfassungsgericht. Nach Erschöpfung des Rechtswegs, wozu auch eine erfolglose Gehörsrüge nach § 321 a gehört, kommt gegen rechtskräftige Urteile, die auf einer fehlerhaften Zurückweisung verspäteten Vorbringens beruhen, die Verfassungsbeschwerde in Betracht.76 Mit dieser kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht werden. Fraglich ist allerdings, ob jede fehlerhafte Anwendung einer einfachrechtlichen Präklusionsvorschrift stets eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG darstellt. Nachdem das BVerfG diese Frage zunächst offen gelassen hatte77, hat es in seiner Entscheidung vom 5.5.198778 die Frage geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine rechtsfehlerhafte Präklusion grundgesetzwidrig ist. Das Gericht ist in seiner Entscheidung von den in der Rechtsprechung entwickelten Grenzen verfassungsgerichtlicher Überprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen ausgegangen. Danach sei es nicht Aufgabe des BVerfG in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren über die Richtigkeit der Auslegung des einfachen Rechts durch die Gerichte zu befinden. Es sei kein Revisionsgericht, sondern prüfe nur, ob die Rechtsanwendung Verfassungsrecht verletze. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn die Entscheidung darauf beruhe, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts verkannt habe. Verfassungsrecht sei also nicht schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung am einfachen Recht gemessen objektiv fehlerhaft sei. Der Fehler müsse gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen.79 Das müsse grundsätzlich auch für die Überprüfung der Anwendung und Auslegung von Präklusionsvorschriften gelten; denn auch sie seien zunächst einfachrechtlicher Natur, und das BVerfG sei – unabhängig vom Prüfungsgegenstand – auf den Prüfungsmaßstab des Verfassungsrechts beschränkt. Unterschiede hinsichtlich der Prüfungsintensität könnten sich nur daraus ergeben, dass die angewandten einfachrechtlichen Normen unterschiedliche Grundrechtsrelevanz hätten. Je weiter diese in den Schutzbereich von Grundrechten eingriffen oder – auf der anderen Seite – den Schutzbereich von Grundrechten sicherten, desto intensiver sei die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Normanwendung. Präklusionsvorschriften schränkten die Möglichkeit zur Wahrnehmung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Prozess ein und bewegten sich damit regelmäßig im grundrechtsrelevanten Bereich. Daraus folge zwangsläufig, dass bei ihrer Anwendung die Schwelle der Grundrechtsverletzung eher erreicht werden könne, als dies üblicherweise bei der Anwendung einfachen Rechts der Fall sei. Geprüft werden müsse hier ebenso wie bei der Anwendung jeder anderen Norm einfachen Rechts, ob die jeweilige Rechtsanwendung verfassungswidrig sei. Das bedeute, dass die bisher offengelassene Frage, ob die fehler-
4824 173 BVerfG NJW 2007, 2241, 2243. 4825 274 Vgl. die folgende Randnummer zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die fehlerhafte Präklusion eine Gehörsverletzung darstellt. 4826 375 Stein/Jonas/Leipold Rdn 182. 4827 476 Stein/Jonas/Leipold Rdn 183.
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4828 577 BVerfGE 54, 117, 124 = NJW 1980, 222; BVerfGE 66, 260, 264; BVerfGE 69, 145, 149 = NJW 1985, 1150; BVerfGE 69, 249,253 = NJW 1985, 3005. 4829 678 BVerfGE 75, 302,314 = NJW 1987, 2733. 4830 779 BVerfGE 18, 85, 92 f = NJW 1964, 1715.
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hafte Anwendung einer einfachrechtlichen Präklusionsvorschrift stets eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG darstellt, nur dann bejaht werden könnte, wenn in diesem Fall immer der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs missachtet wäre. Das werde bei den vielfältigen Möglichkeiten falscher Rechtsanwendung im Präklusionsrecht nicht ernsthaft vertreten werden können, wolle man nicht die Präklusionsvorschriften als äußerste verfassungsrechtliche Grenze für die Beschränkung des Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG betrachten und sie damit zuletzt selbst auf die Ebene des Verfassungsrechts erheben. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs könne auch bei der fehlerhaften Anwendung von Präklusionsvorschriften nur dann verletzt sein, wenn dadurch eine verfassungsrechtlich erforderliche Anhörung nicht stattgefunden habe.80 Zur verfassungsrechtlich erforderlichen Anhörung hat das BVerfG in steter Rechtsprechung ausgeführt, die betroffene Partei müsse ausreichend Gelegenheit gehabt haben, sich zu allen für sie wichtigen Punkten zur Sache zu äußern, dies aber aus von ihr zu vertretenden Gründen versäumt haben.81 Nach alldem wird man immer dann von einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ausgehen können, wenn das Vorbringen der Partei zurückgewiesen worden ist, obwohl sie nicht ausreichend Gelegenheit zur Äußerung hatte. Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist auch dann zu bejahen, wenn das Vorbringen der Partei zurückgewiesen worden ist, obwohl sie an der Verspätung kein bzw nicht das alleinige Verschulden trifft, weil etwa richterliches Verhalten die Verzögerung mitverursacht hat.82 Darüber hinaus ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gegeben, wenn die Zurückweisung auf Grund offenkundig unrichtiger Rechtsanwendung oder auf Grund missbräuchlicher Anwendung einer Präklusionsvorschrift erfolgt ist.83
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2. Zurückweisungsvorschriften und der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) Der allgemeine Gleichheitssatz gewährleistet im Zivilverfahren die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung vor dem Richter (prozessuale Waffengleichheit) und schützt die Parteien vor prozessualer Willkür.84 Obwohl diese beiden Gewährleistungen ineinander übergreifen und sich überschneiden, sind sie strikt voneinander zu trennen.85 Während die prozessuale Waffengleichheit auf „Vergleichen“ und „Unterscheiden“ abstellt, geht es bei dem prozessualen Willkürverbot darum gerade nicht; es geht vielmehr – wenn man so will – um eine „Willkür per se“.86 Demnach ist die Vereinbarkeit der Präklusionsvorschriften mit dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit und dem prozessualen Willkürverbot gesondert zu untersuchen.
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a) Die prozessuale Waffengleichheit. Prozessuale Waffengleichheit bedeutet Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter und gebietet die Gleichheit der Rechtsanwendung durch den Richter im Interesse materialer Gerechtigkeit.87 Die Parteien haben also ohne Rücksicht auf ihre Stellung als Angreifer oder Gegner oder eines etwa bestehenden Über- oder Unterordnungsverhältnisses im gerichtlichen Verfahren die gleiche Rechtsstellung.88 Bedenken gegen die Vereinbar-
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4831 180 BVerfGE 75, 302, 314 = NJW 1987, 2733, 2736. 4832 281 BVerfGE 69, 145, 149 mwN = NJW 1985, 1150, 1151; vgl. nur BVerfGE 75, 302, 315 =NJW 1987, 2733. 4833 382 BVerfGE 75, 302, 312 f = NJW 1987, 2733, 2736. 4834 483 BVerfGE 75, 302, 312 = NJW 1987, 2733, 2736. 4835 584 BVerfGE 55, 72, 89 = NJW 1981, 271; vgl. auch Münch/Komm/Prütting Rdn 32; Weth S. 48.
4836 685 Schumann ZZP 96 (1983), 137, 157 f; Weth S. 39. 4837 786 Maunz/Dürig, Art. 3 Abs. 1 Rdn 305, 337; Weth S. 40. 87 4838 8 BVerfGE 69, 248, 254 = NJW 1985, 3005; BVerfGE 54, 117 = NJW 1980, 1737. 4839 988 Von Münch/Kunig/Gubelt Art 3 Rdn 46; Schumann ZZP 96 (1983), 137, 158; Weth S. 39.
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keit der Zurückweisungsvorschriften mit dem Gebot der prozessualen Waffengleichheit waren hinsichtlich des § 528 Abs. 3 a.F. vorgebracht worden.89 Nach § 528 Abs. 3 a.F. blieben Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, ausgeschlossen. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 7.10.198090 klargestellt, dass § 528 Abs. 3 a.F. mit dem Gebot der prozessualen Waffengleichheit vereinbar ist. Einen Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit lehnte das Gericht mit dem Argument ab, durch § 528 Abs. 3 a.F. einerseits und § 528 Abs. 1, 2 a.F. andererseits würden nicht verschiedene Normadressaten ungleich behandelt. Denn die verspätet geltend gemachten Angriffs− und Verteidigungsmittel seien von dem Zeitpunkt, in dem sie vorgebracht werden abhängig und würden daher in der Berufungsinstanz ein unterschiedliches Schicksal erleiden.91 Dies verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Auch sei die Norm nicht willkürlich oder evident unsachlich.
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b) Das prozessuale Willkürverbot. Der allgemeine Gleichheitssatz erschöpft sich allerdings nicht in der Gewährleistung der prozessualen Waffengleichheit. In ihm kommt daneben ein „Willkürverbot als fundamentales Rechtsprinzip zum Ausdruck, das nicht nur der Rechtsprechung, sondern auch der Gesetzgebung gewisse äußerste Grenzen setzt.“92 Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt vor, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine prozessuale Regelung oder deren Anwendung nicht finden lässt bzw wenn bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken die gesetzliche Regelung oder deren Anwendung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Norm oder ihre Anwendung auf sachfremden Erwägungen beruht.93 Die Zurückweisungsvorschriften verstoßen weder gegen „das Grundgesetz beherrschende Gedanken“94 noch beruhen sie auf sachfremden Erwägungen, da sie der Prozessökonomie dienen. Ein Verstoß der Zurückweisungsvorschriften gegen das Willkürverbot ist also nicht festzustellen; wohl kann sich aber im Einzelfall ein solcher Verstoß aus einer falschen Anwendung der Normen ergeben.95 3. Zurückweisungsvorschriften und das Rechtsstaatsprinzip
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a) Das Gebot materieller Gerechtigkeit. Da die Zurückweisungsvorschriften die Möglichkeit der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung einschränken, wirken sie sich nachteilig auf das Bemühen um eine materiell richtige Entscheidung aus.96 Bei diesem Gebot handelt es sich um ein rechtsstaatliches Grundgebot97; es ist Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips.98 Die nachteilige Auswirkung der Zurückweisungsvorschriften auf das Bemühen um eine materiell richtige Entscheidung wird als Folge des 4840 189 § 528 Abs. 3 a.F. entspricht § 531 Abs. 1 n.F. 4841 290 BVerfGE 55, 72 = NJW 1981, 271. 91 4842 3 Das BVerfG stellt insoweit darauf ab, dass § 528 a.F. in Abs. 1 und in Abs. 2 die Zurückweisung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel vorsah, also solcher Angriffs- und Verteidigungsmittel, die in erster Instanz nicht vorgebracht worden waren, während Abs. 3 solche Angriffs- und Verteidigungsmittel betraf, die in erster Instanz vorgebracht, aber dort als verspätet zurückgewiesen worden waren. 92 4843 4 BVerfGE 55, 72, 89 = NJW 1981, 271, 273. 4844 593 BVerfGE 42, 64, 73 = NJW 1976, 1391; BVerfGE 55, 72, 90 = NJW 1981, 271, 273. 4845 694 BVerfGE, 67. Rspr. vgl. nur BVerfGE 75, 302, 312 = NJW 1987, 2733.
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4846 795 BVerfGE 54, 117, 124 = NJW 1980, 1737; BVerfGE 69, 248, 254 = NJW 1985, 3005. 96 4847 8 BVerfGE 55, 72, 94 = NJW 1981, 271; BVerfGE 67, 39, 41 = NJW 1984, 2203; BVerfGE 69, 126, 135 = NJW 1985, 1149; BGHZ 75, 138, 142 = NJW 1979, 1988; BGHZ 76, 133, 136 = NJW 1980, 945; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdn 2, 4; Weth S. 49. 97 4848 9 BVerfGE 60, 253, 268 = NJW 1982, 253; Weth S. 52. 98 4849 10 BVerfGE 49, 148, 164 = NJW 1979, 151; BVerfGE 55, 72, 94 = NJW 1981, 271; BVerfGE 67, 39, 41 = NJW 1984, 2203; MünchKomm/ Prütting Rdn 35; Weth S. 40.
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Bemühens um Verfahrensbeschleunigung gesehen und einhellig als zulässig betrachtet.99 Die Zulässigkeit folgt daraus, dass der Gesetzgeber den Konflikt zwischen materieller Gerechtigkeit auf der einen und der Rechtssicherheit und effektivem Rechtsschutz auf der anderen Seite lösen muss100 und zugunsten der letztgenannten Gebote entschieden hat. Die Zurückweisungsvorschriften dienen sowohl dem Gebot der Rechtssicherheit als auch dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes.101 Das Gebot der Rechtssicherheit verlangt Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit des Verfahrens, einen Abschluss des Verfahrens dessen Rechtsbeständigkeit gesichert ist und einen Abschluss binnen angemessener Frist. Diesem Ziel einer Beschleunigung des Verfahrens und damit einen Abschluss des Verfahrens binnen angemessener Frist, dienen die Zurückweisungsvorschriften. Sie dienen also der Rechtssicherheit.102 Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes umschließt die Möglichkeit, Gerichte anzurufen, und gewährleistet darüber hinaus einen raschen Rechtsschutz, Rechtsschutz in angemessener Zeit. Genau darauf zielen die Zurückweisungsvorschriften, die verhindern wollen, dass eine Partei den Prozess in die Länge ziehen kann.103 Die Entscheidung, welches Rechtsgebot hinter dem anderen zurückstehen muss (materielle Gerechtigkeit hinter effektivem Rechtsschutz und Rechtssicherheit oder umgekehrt), obliegt dem Gesetzgeber. Es ist seine Aufgabe, den Widerstreit bald nach der Seite der Rechtssicherheit, bald nach der Seite der materiellen Gerechtigkeit zu entscheiden. Geschieht dies ohne Willkür, so kann die gesetzgeberische Entscheidung aus Verfassungsgründen nicht beanstandet werden.104 Bei den Zurückweisungsvorschriften hat sich der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich zulässiger Weise dafür entschieden, der Rechtssicherheit und dem effektiven Rechtsschutz den Vorrang vor dem Gebot materieller Gerechtigkeit zu geben, um ein zügiges Verfahren zu ermöglichen und Rechtsschutz innerhalb einer angemessen Zeit zu gewähren.105 Dass die materielle Gerechtigkeit der nachlässigen Partei dabei ggf. beeinträchtigt wird, scheint gut hinnehmbar. Zu Recht hat insoweit Dürig darauf hingewiesen, der Bürger dürfe in die Pflicht genommen werden, seinen Prozess mitzufördern, voranzutreiben und die Risiken seiner Lässigkeit als Prozesssubjekt zu tragen. Der Streit mündiger Bürger vor Gericht sei niemals eine Veranstaltung bevormundeter risikoloser Sozialhilfe.106 Die Zurückweisungsvorschriften zwingen den Richter nicht „sehenden Auges Unrecht zu sprechen“, weil Voraussetzung für eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens ist, dass ein streitiger Parteivortrag vorliegt und der Rechtsstreit durch die Berücksichtigung des verspäteten Parteivortrags verzögert würde.107 § 296 kommt also nur bei Ungewissheit über die erheblichen und streitigen Tatsachen und damit den 4850 199 BVerfGE 55, 72, 94 = NJW 1981, 271; BVerfGE 67, 39, 41 = NJW 1984, 2203; BVerfGE 69, 126, 135 = NJW 1985, 1149; BGHZ 75, 138, 142 = NJW 1979, 1988; BGHZ 76, 133, 136 = NJW 1980, 945; Weth S. 49. 100 4851 2 BVerfGE 3, 225, 237; BVerfGE 15, 313, 319 = NJW 1963, 851; BVerfGE 35, 41, 47 = NJW 1973, 1315, 1319; MünchKomm/Prütting Rdn 36. 101 4852 3 BVerfGE 54, 277, 291 = NJW 1981, 39; BVerfGE 60, 253, 266 = NJW 1982, 2425; Münch/Komm/ Prütting Rdn 37; Weth S. 52. 102 44853 Benda/Weber ZZP 96 (1983), 285, 291; Weth S. 52 f mwN
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5 Weth S. 52 f. 4855 6104 BVerfGE 3, 225, 237; BVerfGE 15, 313, 319 = NJW 1963, 851; BVerfGE 22, 322, 328f = NJW 1968, 147; BVerfGE 25, 269, 290 = NJW 1969, 1059; BVerfGE 35, 41, 47 = NJW 1973, 1315; vgl. Weth S. 56. 105 4856 7 MünchKomm/Prütting Rdn 37. 106 4857 8 Maunz/Dürig Art 3. Abs. 1 Rdn 391; zitiert nach Weth S. 56. 107 94858 Münch/Komm/Prütting Rdn 35; Weth S. 49 ff; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdn 5.
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Prozessausgang in Betracht.108 Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens kann also nicht dazu führen, dass der Richter sehenden Auges Unrecht spricht; vielmehr ist es ungewiss, ob die unter Zurückweisung verspäteten Vorbringens ergehende Entscheidung materiell ungerecht ist oder nicht. Die Zurückweisungsvorschriften führen daher nie zu einer gewiss ungerechten Entscheidung, sondern immer nur zu einer möglicherweise ungerechten Entscheidung.109
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b) Das Übermaßverbot. Teilweise wurde in der Literatur auch vertreten, dass die Zurückweisungsvorschriften gegen das Übermaßverbot verstoßen.110 Das Übermaßverbot ist Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips und besagt, dass jeder Eingriff in einen grundrechtlich geschützten Bereich zur Erreichung des vom Gesetzgeber erstrebten Ziels geeignet und erforderlich sein muss. Darüber hinaus dürfe der Eingriff nicht außer Verhältnis zu den mit ihm verbundenen Nachteilen stehen.111 Deubner sieht in der Zurückweisung des Parteivortags wegen verspäteten Vorbringens einen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich der betroffenen Partei. Bei der Zurückweisung werde nämlich eine unrichtige Entscheidung zu Lasten der betroffenen Partei in Kauf genommen. Unrichtige Entscheidungen im Prozess stellten zwar in jedem Verfahren ein Risiko dar, in dem Fall einer Zurückweisung von verspätetem Vorbringen werde dieses Risiko aber bewusst erhöht, indem das Prinzip der Berücksichtigung des gesamten Parteivortrags, welches die Wahrheitsfindung am bestmöglichsten gewährleiste, teilweise außer Kraft gesetzt werde. In dieser Risikoerhöhung sieht Deubner einen Eingriff. Auch die Tatsache, dass nur ein Teil der auf der Zurückweisung beruhenden Entscheidungen unrichtig sei, beseitige den Eingriffscharakter der Zurückweisung nicht. Ziel der Zurückweisung sei eine Beschleunigung des Verfahrensablaufs. Um dieses Ziel zu erreichen, sei die Zurückweisung aber nur dann erforderlich, wenn das verspätete Vorbringen für die Verzögerung des Rechtsstreits ursächlich sei und das Gericht bei rechtzeitigem Vorbringen eine schnellere Entscheidung getroffen hätte. Insofern setze das Verhältnismäßigkeitsprinzip die absolute Theorie zur Bestimmung des Verzögerungsbegriffs außer Kraft und schaffe die Überbeschleunigung ab. Deubner bejaht zwar in dem Fall, dass bei rechtzeitigem Vorbringen schneller entschieden worden wäre, die Erforderlichkeit der Zurückweisung für die Beschleunigung des Verfahrens, allerdings verneint er die Verhältnismäßigkeit, da das Mittel (Inkaufnahme einer unrichtigen Entscheidung) und der Zweck (Beschleunigung des Verfahrens) in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander stünden.112 Die Ansicht von Deubner ist abzulehnen. Er bestimmt das Ziel der Beschleunigungsvorschriften falsch, wenn er deren Sinn und Zweck lediglich in der Beschleunigung des einzelnen Verfahrens sieht. Das Ziel des § 296 geht nämlich weit darüber hinaus.113 Denn die Norm dient auch der Rechtssicherheit und dem effektiven Rechtsschutz. Über den Einzelfall hinaus, ist es Ziel der Präklusionsvorschriften „generalpräventiv“ auf die Parteien einzuwirken. Die Sanktion der Präklusion soll die Parteien generell zu rechtzeitigem und vollständigem Vorbringen anhalten. Die Verfahren können nach Vorstellung des Gesetzgebers bei einem solchen Vorbringen zügig abgeschlossen werden; das führt wiederum zu einer Entlastung der Gerichte. Zurückweisungsvorschriften sollen also auch die Gerichte entlasten und damit einer vielfach zu langen Verfahrensdauer entgegenwirken.114 Für die Beurteilung der Frage, ob die Zu108 4859
1 Weth S. 51. 109 24860 MünchKomm/Prütting Rdn 35; Weth S. 51. 110 34861 Deubner NJW 1983, 1026 f. 111 44862 Maunz/Dürig/Grzeszick Art. 20 VII Rdn 117; Vgl. Weth S. 58 f.
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Vgl. zu dem Ganzen Deubner NJW 1983, 1226 ff; NJW 1985, 1140 ff. 113 4864 6 Weth S. 61. 114 74865 Vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung gericht-
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rückweisungsvorschriften geeignet sind dieses Ziel zu erreichen, kommt es darauf an, ob der Gesetzgeber aus damaliger Sicht von der Eignung ausgehen durfte.115 Das ist zu bejahen. Die Zurückweisungsvorschriften sind auch erforderlich, da mildere, gleich geeignete Mittel nicht ersichtlich sind, um das doppelte Ziel des Gesetzgebers, Abkürzung des Einzelfalls auf der einen und Entlastung der Gerichte und Beschleunigung der Verfahren insgesamt auf der anderen Seite ebenso effektiv zu gewährleisten.116 Des Weiteren sind sie auch verhältnismäßig im engeren Sinne, denn das angewandte Mittel der Zurückweisung und die Ziele der Zurückweisung stehen in einem angemessen Verhältnis. Es wird was die Zurückweisungsvorschriften betrifft, eben nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen.117 Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot ist nicht ersichtlich.
III. Die Zurückweisung nach § 296 Abs. 1 ZPO 1. Angriffs- und Verteidigungsmittel Voraussetzung für die Anwendung des § 296 Abs. 1 ist, dass es sich bei dem Vorbringen um Angriffs- und Verteidigungsmittel handelt. Der Begriff der Angriffs- und Verteidigungsmittel ist weit zu verstehen.118 Eine Definition dieses Begriffs findet sich im Gesetz nicht, allerdings finden sich Beispiele für Angriffs- und Verteidigungsmittel in § 282 Abs. 1 sowie in § 146.
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a) Definition. Die Angriffs- und Verteidigungsmittel, die § 296 meint, lassen sich abschließend definieren als Tatsachenbehauptungen, Bestreiten, Beweismittel und Beweiseinreden zur Begründung (Angriffsmittel) bzw Abwehr (Verteidigungsmittel) der Klage.119 Alle übrigen Parteihandlungen werden nicht vom Begriff der Angriffs- und Verteidigungsmittel umfasst.120 Die Unterscheidung zwischen Angriffs- und Verteidigungsmitteln hat im Rahmen der Zurückweisungsvorschriften keine Auswirkungen; es gilt in allen Punkten für Angriffs- und Verteidigungsmittel das Gleiche.121
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b) Selbständige und unselbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel. Die Unterscheidung zwischen selbständigen und unselbständigen Beweismitteln ist für die Zurückweisungsvorschriften ohne Bedeutung.122 Von selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln spricht man, wenn sie den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bilden und daher für sich allein einen Klagegrund, eine Einrede oder eine Replik enthalten (z.B. Notwehr, Behauptung eines Vertragsschlusses, des Verstoßes gegen die guten Sitten, Aufrechnung, Verwirkung).123 Von unselbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln spricht man, wenn sie bloß ein einzelnes Tatbestandelement einer Rechtsnorm darstellen (z.B. Verschulden in § 823)124.
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licher Verfahren (Vereinfachungsnovelle), BTDrucks. 7/2729, S. 32 ff; Weth S. 62 f. 115 4866 1 BVerfGE 30, 250, 263 = NJW 1971, 1603;Leibholz/Rinck/Burghart Art. 20 Rdn 801;vgl. Weth S. 63. 116 4867 2 Weth S. 63. 117 34868 Vgl. Weth S. 65. 118 44869 BGH NJW 1982, 1533; Stein/Jonas/Leipold Rdn 40. 119 54870 Weth S. 69 ff; MünchKomm/Prütting Rdn 40.
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6 Weth S. 94; MünchKomm/Prütting Rdn 40. 121 74872 Weth S. 70. 122 84873 MünchKomm/Prütting Rdn 40; Musielak/ Huber Rdn 4; Stein/Jonas/Leipold Rdn 40; Weth, S. 74 ff. 123 94874 MünchKomm/Prütting Rdn 55; Weth S. 75 mwN; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 64 Rdn 10. 124 4875 10 MünchKomm/Prütting Rdn 55; Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 64 Rdn 10.
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c) Einzelne Angriffs- und Verteidigungsmittel. Bei den in § 146 als Beispiele für Angriffs- oder Verteidigungsmittel genannten Beispielen, nämlich Klagegründen, Einreden und Repliken handelt es sich jeweils um Tatsachenbehauptungen. Den Klagegrund bilden nämlich die Tatsachen, die der Kläger zur Rechtfertigung der Klage anführt; das sind diejenigen tatsächlichen Behauptungen, die die Voraussetzungen der der Klage zugrunde liegenden Normen ergeben sollen und die man daher als die rechtsoder klagebegründenden Tatsachen bezeichnet. Einreden im prozessualen Sinn sind diejenigen tatsächlichen Behauptungen, die den Tatbestand einer Gegennorm ergeben. Repliken sind schließlich die tatsächlichen Behauptungen, mit denen sich der Kläger auf eine (weitere) Norm beruft, welche der der Einrede zugrunde liegenden Gegennorm entgegensteht und deren Wirkung von Anfang an nicht aufkommen lässt oder nach ihrem Erhalt wieder beseitigt.125 Auch bei den in § 282 Abs. 1 genannten Beispielen handelt es sich, bis auf die dort genannten Beweismittel, um Tatsachenbehauptungen. Soweit das Gesetz von Behauptungen spricht, meint es ausweislich der Gesetzesmaterialien, Tatsachenbehauptungen.126 Unter Einwendungen werden das Klageleugnen und das Vorbringen von Einreden zusammengefasst. Einreden sind Tatsachenbehauptungen.127 Klageleugnen ist jedes Vorbringen der Beklagten, das sich auf klagebegründende Tatsachen bezieht und sie als nicht vorhanden oder als anders geschehen hinzustellen sucht. Auch insoweit geht es also um Tatsachenbehauptungen. Schließlich sind Bestreitungen solche Ausführungen des Gegners der beweisbelasteten Partei, die ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal als nicht vorhanden hinstellen und den Beweis der bestrittenen Behauptungen nötig machen. Auch insoweit geht es um Tatsachenbehauptungen.128 Die Aufrechnung ist Verteidigungsmittel; sie ist rechtsvernichtende Einrede.129 Bei ihr ist zwischen der Aufrechnungserklärung und der Geltendmachung der Aufrechnung im Prozess zu unterscheiden.130 Die Aufrechnungserklärung ist ein privatrechtliches Gestaltungsgeschäft. Die Geltendmachung der vorprozessualen Aufrechung ist hingegen eine Prozesshandlung. Es handelt sich um die Tatsachenbehauptung des Beklagten, dass die Aufrechnung erklärt ist.131 Bei der Prozessaufrechung nimmt die Partei im Prozess ein materielles Rechtsgeschäft vor, auf dessen Vornahme sie sich zugleich in Form einer Prozesshandlung beruft.132 Wie bei der Aufrechnung ist auch bei anderen Gestaltungsrechten zwischen der Ausübung der Gestaltungsrechte und ihrer Geltendmachung zu unterscheiden. Nur bei der Geltendmachung des Gestaltungsrechts, also der Tatsachenbehauptung, dass das Recht ausgeübt worden ist, handelt es sich um ein Verteidigungsmittel.133 Gleiches gilt für Einreden aus dem BGB. Hier ist die Tatsachenbehauptung, dass die Einrede erhoben wurde, Verteidigungsmittel.134 Die Anfechtungserklärung selbst ist kein Verteidigungsmittel135. Die Anfechtung wird erst dann zu einem Angriffs- und Verteidigungsmittel, wenn sie erklärt ist und 125 4876
1 Vgl. zum Ganzen Weth S. 68. 126 24877 Vgl. BT-Drucks. 7/2729, S. 73. 127 34878 Vgl. oben Rdn 42. 128 44879 Vgl. zum Ganzen Weth S. 68 f. 129 54880 HM vgl. nur BGHZ 91, 293, 303 = NJW 1984, 1964; Stein/Jonas/Leipold Rdn 41; a.A. Hermisson NJW 1983, 2229, 2230. 130 64881 MünchKomm/Prütting Rdn 51; Musielak/ Huber § 145 Rdn 13; Thomas/Putzo/Reichold § 145 Rdn 11.
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7 MünchKomm/Prütting Rdn 51; Weth S. 72. 132 84883 MünchKomm/Prütting Rdn 51; Buß JuS 1994, S. 147 f; Weth S. 72. 133 94884 MünchKomm/Prütting Rdn 53; Weth S. 74. 134 4885 10 OLG Hamm NJW-RR 1993, 1150; OLG Oldenburg MDR 2004, 292; MünchKomm/Prütting Rdn 54; Weth S. 74. 135 4886 11 BAG BB 1984, 345; MünchKomm/Prütting Rdn 52.
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von der anfechtungsberechtigten Partei im Prozess geltend gemacht wird. Demnach handelt es sich bei der Tatsachenbehauptung, dass die Anfechtung erklärt ist, um ein Verteidigungsmittel.136 Zulässigkeitsrügen sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, sie sind nämlich Tatsachenbehauptungen und Beweismittel der Parteien zur Zulässigkeit der Klage.137 Für einen Teil der Zulässigkeitsrügen, nämlich die verzichtbaren, gibt es Sonderregelungen, etwa in § 296 Abs. 3. Verfahrensrügen stellen ebenfalls Angriffs- und Verteidigungsmittel dar. Sie haben in §§ 295, 529 Abs. 2 und 557 Abs. 3 abschließende Regelungen gefunden, so dass § 296 auf sie nicht anwendbar ist.138 Beweisanträge sind Angriffs- und Verteidigungsmittel.139 Hier ist aber zu beachten, dass der Beweisantrag nicht deshalb zurückgewiesen werden darf, weil seiner Erledigung ein Hindernis entgegensteht, welches behoben werden kann, z.B. wenn eine ladungsfähige Anschrift fehlt.140 Insoweit geht § 356 vor, weshalb nur danach verfahren werden darf.141 d) Parteihandlungen, die keine Angriffs- und Verteidigungsmittel sind. Keine Angriffs- und Verteidigungsmittel sind verfahrensbestimmende Anträge (Sachanträge);142 sie stellen den Angriff bzw die Verteidigung selbst dar. Sachanträge können nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden.143 Ist ein ordnungsgemäßer Sachantrag gestellt, dann ist zu entscheiden, ggf. ist der Antrag als unzulässig abweisen.144 Als Beispiele für den „Angriff selbst“ lassen sich nennen die Klage145, die Klageänderung146 einschließlich der nachträglichen objektiven Klagenhäufung147, die Parteiänderung148, die Klageerweiterung149, die Widerklage150, der Berufungsantrag und der Anschlussberufungsantrag;151 der Musterfeststellungsantrag gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 KapMuG.152 Klageabweisungsantrag und der Antrag auf Verwerfung oder Zurückweisung eines Rechtsmittels153 sind Beispiele für die Verteidigung. Tatsachen- und Beweismitteln, die zur Begründung der genannten Anträge vorgebracht werden, sind Angriffs- und Verteidigungsmittel.154 Jedoch dürfen sie nicht zurückgewiesen werden, wenn sie gleichzeitig mit dem verfahrensbestimmenden Antrag eingereicht werden, um diesen zu begründen.155 Prozessanträge wie die Anträge auf Verlängerung und Verkürzung von Fristen (etwa §§ 224 Abs. 2) Vertagung nach § 227, Aussetzung nach §§ 148, 246 Abs. 1 fallen ebenfalls nicht unter den Begriff der Angriffs- und Verteidigungsmittel. 136 4887
1 BAG BB 1984, 345. 137 24888 MünchKomm/Prütting Rdn 49, 151; Weth S. 76 f. 138 34889 MünchKomm/Prütting Rdn 50; Weth S. 80. 139 44890 BGHZ 159, 254 = NJW 2004, 2828; Thomas/ Putzo/Reichold Rdn 2. 140 54891 OLG Düsseldorf, OLG-Report 2001, 466, 468. 141 64892 BVerfGE 65, 305, 307 = NJW 1984, 1026; BVerfG NJW 2000, 945, 946; BGH NJW 1993, 1926; OLG Düsseldorf OLG-Report 2001, 466, 468; Musielak/Huber Rdn 4; Gottschalk NJW 2004, 2939, 2940; Rixecker NJW 1984, 2135. 142 74893 BGH NJW-RR 1996, 961; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdn 29; MünchKomm/ Prütting Rdn 41; Musielak/Huber Rdn 6; Weth S. 86. 143 4894 8 BGH NJW-RR 1996, 961; Deubner JuS 1996, 1102, 1105.
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BGH NJW-RR 1996, 961; Deubner JuS 1996, 1102, 1105. 10 BGH NJW-RR 1996, 961. 146 4897 11 BGH NJW 1982, 1533, 1534. 147 4898 12 BGH NJW 2001, 1210 = DB 2001, 586. 148 4899 13 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdn 29; Thomas/Putzo/Reichold § 147 Rdn 2. 149 4900 14 BGHZ 83, 371, 377 = NJW 1982, 1708; NJW 2001, 1210. 150 4901 15 BGH NJW 1981, 1217; BGHZ 83, 371, 377 = NJW 1982, 1708; BGH NJW 1995, 1223, 1124. 151 4902 16 BGH NJW 1982, 1533, 1534. 152 4903 17 Bergdold/Hell BKR 2007, 145. 153 4904 18 MünchKomm/Prütting Rdn 42; Stein/Jonas/ Leipold Rdn 46. 154 4905 19 MünchKomm/Prütting Rdn 42. 155 4906 20 Weth S. 86. 145 4896
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Unstreitig ist der Beweisantrag Angriffs- und Verteidigungsmittel. Das lässt sich entweder damit begründen, dass die Beweisantretung eben kein Beweisantrag ist, und die ZPO den Begriff Beweisantrag nicht kennt. Oder man betrachtet den Beweisantrag als Ausnahme, der anders als andere Anträge der Zurückweisung unterliegt.156 Auch zugestandene Tatsachen (§ 288) oder offenkundige Tatsachen (§ 291) sind keine Angriffs- und Verteidigungsmittel, denn sie verzögern den Rechtsstreit nicht und sind damit immer zu beachten.157 Darüber hinaus dienen zugestandene Tatsachen weder der Begründung noch der Abwehr der Klage, so dass sie schon begrifflich nicht von dem Begriff der Angriffs- und Verteidigungsmittel erfasst sind.158 Ebenso wenig fällt unstreitiges Vorbringen unter § 296, weil es sich dabei um ein aus einem oder mehreren Angriffs- und Verteidigungsmitteln auf der einen und einem Geständnis auf der anderen Seite zusammengesetzten Vorbringen handelt. Voraussetzung des Geständnisses ist, dass die Tatsache dem Zugestehenden ungünstig ist. Zugestehen ungünstiger Tatsachen ist aber – wie bereits ausgeführt – nicht vom Begriff Angriffs- bzw Verteidigungsmittel umfasst. Im Übrigen würde der Richter, wenn er ein Geständnis, das ihm die Überzeugung von der Richtigkeit der (nunmehr von beiden Parteien) vorgetragenen Tatsachen verschafft, zurückweisen müsste, gezwungen, sehenden Auges Unrecht zu sprechen. Das wäre ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip. Neuer unstreitiger Vortrag ist selbst dann zu berücksichtigen, wenn dadurch eine Beweisaufnahme erforderlich wird.159 Rechtsansichten sind keine Angriffs- und Verteidigungsmittel, da die Partei ohnehin nicht zum Vortrag allgemeiner Rechtsausführungen verpflichtet ist (iura novit curia), Rechtsansichten können niemals verspätet sein.160 Angriffs- und Verteidigungsmittel gehören zu den Erwirkungshandlungen.161 Das sind diejenigen Parteihandlungen, die das Gericht oder ein Gerichtsorgan zu einer bestimmten Entscheidung veranlassen sollen und den Stoff für deren Begründung liefern; sie sind entweder Anträge, Behauptungen oder Beweisführungen.162 Neben den Erwirkungshandlungen gibt es Bewirkungshandlungen. Sie lösen unmittelbar, d.h. ohne die Vermittlung durch eine gerichtliche Tätigkeit, prozessuale Wirkungen aus und schaffen eine bestimmte Prozesslage.163 Zu den Bewirkungshandlungen gehört etwa die Rücknahme der Klage (§ 269), der Einspruch (§ 346), die Rücknahme von Rechtsmitteln (§§ 516, 565).164 Bewirkungshandlungen sind auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen. Je nach Ausgang dieser Prüfung sind sie im weiteren Prozess beachtlich oder unbeachtlich. Da Wirksamkeit und damit Beachtlichkeit der Bewirkungshandlungen ohne gerichtliche Entscheidung eintritt, ist für eine Zurückweisung, die gerichtliche Entscheidung ist, kein Raum. Bewirkungshandlungen sind daher keine Angriffs- und Verteidigungsmittel.165
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MünchKomm/Prütting Rdn 43; Musielak/ Huber Rdn 4; vgl. Weth S. 86 ff. 2 BVerfGE 55, 72, 84 = NJW 1981, 271; Musielak/ Huber Rdn 5; MünchKomm/Prütting Rdn 44; Geisler AnwBl. 2006, 524, 524. 4909 3158 MünchKomm/Prütting Rdn 44; Weth S. 70. 159 44910 BGHZ 161, 138 = NJW 2005, 291. 160 54911 BayVerfGH NJW-RR 1992, 895, 896; Thomas/ Putzo/Reichhold § 146 Rdn 2; Zöller/Greger 157 4908
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Rdn 2b; Deubner NJW 1977, 921; Weth S. 90; Schwarz JA 1984, 458, 459. 6 MünchKomm/Prütting Rdn 48; Weth S. 93. 162 74913 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 64 Rdn 1 f. 163 84914 Weth S. 93; vgl. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald § 64 Rdn 16; Weth S. 93. 164 94915 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 64 Rdn 16. 165 4916 10 MünchKomm/Prütting Rdn 48; Weth S. 93 f. 161 4912
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2. Das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln Nach § 296 müssen die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht worden sein, damit sie der Zurückweisung unterliegen. Eine Ausschließung mit etwaigem Vorbringen gibt es nicht.166 Wann ein Vorbringen im Sinne des § 296 vorliegt, lässt sich der ZPO nicht eindeutig entnehmen, da diese den Begriff des Vorbringens im Rahmen der Zurückweisungsvorschriften in drei verschiedenen Bedeutungen gebraucht.167 Gemäß §§ 340 Abs. 3, 530 bedeutet vorgebracht das Geltendmachen von Angriffsund Verteidigungsmitteln in Schriftsätzen. Nach § 296 Abs. 1 sind vorgebracht solche Angriffs- und Verteidigungsmittel, die nach einer gesetzten Frist, sei es in einem Schriftsatz, sei es in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht werden. Nach § 296 Abs. 2 iVm § 282 Abs. 1 sind vorgebracht solche Angriffs- und Verteidigungsmittel, die in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht werden. In Schriftsätzen geltend gemachte Angriffs- und Verteidigungsmittel sind mitgeteilt (vgl. § 282 Abs. 2).168
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3. Verspätung (Verstoß gegen die besondere Prozessförderungspflicht) Verspätung ist ein Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht.169 Die Prozessförderungspflicht der Parteien hat zwei Komponenten, eine zeitliche und eine inhaltliche d.h. die Parteien müssen rechtzeitig und mit genügendem Inhalt vortragen.170 Die Verpflichtung mit genügendem Inhalt in dem nach der Prozesslage angezeigten Zeitpunkt vorzubringen wird als allgemeine Prozessförderungspflicht bezeichnet (vgl. unten IV., Rdn 151 ff.), die Verpflichtung, mit genügendem Inhalt innerhalb einer bestimmten Frist vorzubringen, wird als besondere Prozessförderungspflicht bezeichnet. § 296 Abs. 1 sanktioniert einen Verstoß gegen die besondere Prozessförderungspflicht und sieht eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens für den Fall vor, dass eine Partei überhaupt nicht innerhalb einer dort genannten Frist (vgl. dazu unten a, Rdn 61 ff.) vorgetragen hat oder für den Fall, dass die Partei zwar rechtzeitig (innerhalb der Frist), aber nicht mit genügendem Inhalt (vgl. dazu unten b, Rdn 72) vorgetragen hat. Zurückgewiesen werden kann dann der Vortrag, den die Partei nach Ablauf der Frist nachholt oder ergänzt.
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a) Fristversäumung. § 296 Abs. 1 erfasst folgende Fristen: §§ 273 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5, 275 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, Abs. 4, § 276 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 und § 277. Nach § 273 Abs. 2 Nr. 1 kann der Vorsitzende, oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts, den Parteien zur Vorbereitung jedes Termins die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere auch eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen. § 273 Abs. 2 Nr. 1 nimmt insoweit eine Sonderstellung ein, als hier der Gegenstand des vom Fristzwang erfassten Vorbringens weitgehend durch das Gericht konkretisiert wird171. Die Parteien werden zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Einzelpunkte aufgefordert. Die allgemeine Aufforderung, zu einem übersandten Schriftsatz des Gegners Stellung zu nehmen, stellt keine wirksame Fristsetzung i.S. der Vorschrift dar.172
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1 RGZ 132, 330, 338. 4918 2167 Weth S. 119; vgl. auch MünchKomm/Prütting Rdn 57. 168 34919 Weth S. 120; vgl. auch MünchKomm/Prütting Rdn 57.
169 4920
4 MünchKomm/Prütting Rdn 58. 4921 5170 MünchKomm/Prütting Rdn 58; Weth S. 188. 171 64922 Deubner NJW 1977, 921, 922. 172 74923 Weth S. 121.
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Gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 5 kann das Gericht gegenüber der Partei Anordnungen nach §§ 142 (Frist zur Urkundenvorlegung), 144 (Frist zur Vorlegung eines Gegenstandes) treffen. Eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens ist aber nach § 296 Abs. 1 nur unter der Einschränkung möglich, dass die Frist gegenüber der Partei bestimmte wurde nicht – wie es nach §§ 142, 144 auch möglich wäre – gegenüber einem Dritten. Gemäß § 275 Abs. 1 S. 1 kann dem Beklagten zur Vorbereitung des frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung eine Frist zur schriftlichen Klageerwiderung gesetzt werden. Diese beträgt nach § 277 Abs. 3 mindestens 2 Wochen. Nach § 275 Abs. 3 kann das Gericht dem Beklagten im frühen ersten Termin eine Frist zur Klageerwiderung setzen, wenn dieser noch nicht oder nicht ausreichend auf die Klage erwidert hat und ihm noch keine Frist nach § 275 Abs. 1 S. 1 gesetzt war. Auch diese Frist beträgt mindestens zwei Wochen (§ 277 Abs. 3). Gemäß 275 Abs. 4 kann das Gericht dem Kläger in dem Termin oder nach Eingang der Klageerwiderung eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen. Außerhalb der Verhandlung kann die Frist auch von dem Vorsitzenden gesetzt werden. Nach § 276 Abs. 1 S. 2 muss dem Beklagten im schriftlichen Vorverfahren eine Frist zur schriftlichen Klageerwiderung gesetzt werden. § 276 Abs. 3 regelt den Fall der sog. Replik. Danach kann das Gericht dem Kläger eine Frist zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen. § 277, auf den § 296 Abs. 1 ebenfalls verweist, enthält selbst keine Fristbestimmung. Hintergrund seiner Nennung in § 296 Abs.1 ist, dass es nicht ausreicht die Schriftsätze innerhalb der von dem Gericht gesetzten Frist vorzubringen. Vielmehr soll die Bezugnahme auf § 277 verdeutlichen, dass die Schriftsätze dem Inhalt des § 277 Abs. 1 und 4 genügen müssen. Eine Anwendung der § 296 Abs. 1 kommt nicht nur dann in Betracht, wenn eine der dort genannten Fristen versäumt wurde, sondern auch dann, wenn andere Normen § 296 Abs. 1 für entsprechend anwendbar erklären. Dies ist etwa der Fall in den §§ 340 Abs. 3 S. 3, 697 Abs. 3 S. 3, 700 Abs. 5 iVm 697 Abs. 3 S. 2. Da die Zurückweisungsvorschriften insgesamt einer analogen Anwendung nicht fähig sind, kommt eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens ohne ausdrückliche gesetzliche Anwendung nicht in Betracht.173 Es ist daher § 296 Abs. 1 nicht auf die Versäumung der Fristen nach § 132174 oder nach § 283175 nicht auf die verspätete Versäumung der Frist zur Zahlung eines Auslagenvorschusses nach §§ 379, 402176 und nicht auf die verspätete Anspruchsbegründung im Mahnverfahren177 anwendbar. Nur eine wirksam gesetzte Frist löst die Rechtsfolgen des § 296 Abs. 1 aus.178 Im Fall einer unwirksam gesetzten Frist liegt kein Verstoß gegen die besondere Prozessförderungspflicht vor.179 In Betracht kommt dann allenfalls ein Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht.180 Zu den Voraussetzungen der wirksamen Fristsetzung, vgl. unten c) aa, Rdn 82 ff. 173 4924
1
Vgl. nur BVerfGE 59, 330, 334 = NJW 1982, 1635; BVerfGE 60, 1, 6 = NJW 1982, 1453 ; BGH JZ 1979, 645, 646; BGH NJW 1981, 1218; BGHZ 86, 218, 224 = NJW 1983, 822. 4925 2174 BGH NJW 1986, 716. 175 34926 BVerfG NJW 1992, 679.
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BGH NJW 1982, 2559; OLG Hamm, NJW-RR 1995, 1151; Musielak/Huber § 379 Rdn 9. 5 BGH NJW 1982, 1533. 178 4929 6 BVerfGE 75, 302, 315 = NJW 1987, 2733. 179 74930 BGHZ 86, 218, 222 = NJW 1983, 822; BGH NJW 1986, 133; BGHZ 124, 71, 74 = NJW 1999, 736. 180 84931 MünchKomm/Prütting Rdn 58; Weth S. 181. 177 4928
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b) Inhaltliche Anforderungen an das Vorbringen der Parteien innerhalb der Fristen. Um sicherzustellen, „dass der Sachvortrag nicht nur rechtzeitig, sondern auch in dem jeweils gebotenen Umfang vorgebracht wird“181 bestimmen §§ 277 und 282, dass die Parteien ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so vorzubringen haben, wie es „nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht“. Damit ist die Prozessförderungspflicht umschrieben. Der Wortlaut der §§ 277 und 282 ist aber wenig aussagekräftig und hilft im Einzelfall weder der Partei noch dem Gericht, die Frage zu entscheiden, was vorgetragen werden muss bzw hätte vorgetragen werden müssen182. Immerhin lässt sich dem Wortlauf („nach der Prozesslage“) entnehmen, dass die inhaltlichen Anforderungen an den Parteivortrag nicht statisch sind, sondern sich im Laufe des Prozesses ändern können.183 Darüber hinaus steht außer Streit,184 dass es – wie es der Regierungsentwurf zur Vereinfachungsnovelle formuliert hat – „durchaus anerkennenswerte, auch prozesstaktische Gründe“ geben kann, „einen bestimmten Vertrag zunächst zurückzuhalten bis er nach der Prozesslage erforderlich wird.“185 Der Rechtsausschuss hat insoweit ausgeführt, die Pflicht zur Prozessförderung bedeute nach seiner Ansicht nicht, dass die Parteien sich jeder Prozesstaktik enthalten müssten. Es sei nur nicht erlaubt, eine Verzögerungs- und Verschleppungstaktik zu betreiben. „Eine Eventualmaxime, welche die Parteien zwingt, auf einmal alle irgendwie erheblichen Tatsachen dem Gericht mitzuteilen ist dem deutschen Zivilprozessrecht fremd und soll durch den vorliegenden Gesetzesentwurf nicht eingeführt werden.“186 Die Parteien sind daher insbesondere nicht gezwungen Erklärungen zu gegnerischen Angriffs- und Verteidigungsmitteln, die ihr zwar bekannt sind, die der Gegner aber noch nicht in den Prozess eingeführt hat, abzugeben.187 Der Gesetzgeber wollte also ausweislich der Gesetzesmaterialien verhindern, dass die Parteien unerhebliche oder nebensächliche Tatsachenbehauptungen vorbringen.188 Er wollte nicht Prozesstaktik unterbinden und nicht ausschließen, dass die Parteien sich in Ausnahmefällen auf das Vorbringen einzelner Angriffs- und Verteidigungsmittel beschränken.189 Der Gesetzgeber wollte andererseits aber verhindern, dass die Parteien das Gericht nur tropfenweise informieren und gewährleisten, dass im Regelfall sämtliche Angriffs- und Verteidigungsmittel möglichst frühzeitig vorgebracht werden.190 Gestützt auf diesen historischen Befund und eine teleologische Auslegung der §§ 282 Abs. 1 und 277 Abs. 1 in Verbindung mit der Auslegung der Zurückweisungsvorschriften ergibt sich, dass folgende inhaltlichen Anforderungen an die Prozessförderungspflicht zu stellen sind: Der Kläger muss in der schriftlichen Stellungnahme zur Klageerwiderung bzw in der mündlichen Verhandlung eine oder mehrere Tatsachen vortragen, die den substantiierten Prozessvortrag des Beklagten entkräften und die Klage als begründet erscheinen lassen. Für diese Tatsache(n) muss er zumindest mit einem Beweismittel Beweis antreten. Weiterer Beweismittel, die er benennen will, falls sich der angetretene Beweis nicht als ausreichend herausstellt, sowie Gegenbeweismittel muss er umfassend angeben. Weitere Tatsachen, auf die er sich berufen will, 181 4932
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Regierungsentwurf zur Vereinfachungsnovelle, BT-Drucks. 7/2729, S. 71. 182 4933 2 Weth S. 128. 183 4934 3 Weth S. 137 ff. 184 44935 Weth S. 138 mwN 185 54936 BT-Drucks. 7/2729, S. 37; vgl. auch Bericht und Antrag des Rechtsausschusses zur Vereinfachungsnovelle, BT-Drucks. 7/5250, S. 4.
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Bericht und Antrag des Rechtsausschusses zur Vereinfachungsnovelle, BT-Drucks. 7/5250, S. 4. 7 Weth S. 146 f. 188 4939 8 Vgl. neben den genannten Stellen aus den Gesetzesmaterialien auch BR-Drucks. 386/76, S. 3. 189 94940 Vgl. BT-Drucks. 386/76, S. 3. 190 4941 10 Vgl. BT-Drucks. 386/76, S. 3. 187 4938
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sowie Gegenrechte, die er geltend machen will, wenn sich seine zunächst vorgetragenen Angriffsmittel nicht als ausreichend herausstellen, muss er dergestalt angeben, dass das Gericht weiß, was er – beim Eintritt dieses Falles – zum Gegenstand seines Angriffs machen wird. Angegebene Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nicht vorgebracht, also nicht in den Prozess eingeführt. Sie dienen lediglich der Vorausinformation des Gerichts, was die Partei vortragen wird, wenn ihre bisher vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel keinen Erfolg haben. Angegebene Angriffs- und Verteidigungsmittel dürfen vom Gericht nicht geprüft und nicht verwertet werden. Allerdings kann das Gericht die Partei auffordern umfassend vorzutragen191 und so erreichen, dass die angekündigten (angegebenen) Angriffs- und Verteidigungsmittel zum Prozessstoff werden. Die Partei muss also die bloß angegebenen (benannten) Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorbringen, so dass sie vom Gericht geprüft und verwertet werden können, wenn das Gericht die Partei hinweist und den Vortrag der angegebenen Tatsachen verlangt oder wenn die von der Partei vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel sich als nicht mehr ausreichend darstellen, weil die Gegenpartei inzwischen ihrerseits weiter vorgetragen hat.192 Die Frage, ob der Kläger schon bezüglich der Klagebegründung in der Klageschrift der Prozessförderungspflicht unterliegt, lässt sich mit dem Hinweis auf den klaren Wortlaut der Vorschriften der §§ 282 Abs. 1 und 277 verneinen. Die Klage ist daraufhin zu überprüfen, ob sie schlüssig ist. Der Prozessförderungspflicht – die über die Anforderungen der Schlüssigkeit hinausgeht – unterliegt der Kläger in der Klageschrift (noch) nicht.193 Der Beklagte muss in der Klageerwiderung bzw in der mündlichen Verhandlung eine oder mehrere Tatsachen vortragen, die den substantiierten Prozessvortrag des Klägers entkräften und die Klage als unbegründet erscheinen lassen. Für diese Tatsache(n) muss er zumindest mit einem Beweismittel Beweis antreten. Weitere Beweismittel, die er benennen will, falls sich der angetretene Beweis nicht als ausreichend herausstellt, sowie Gegenbeweismittel muss er umfassend angeben. Weiterer Tatsachen, auf die er sich berufen will, sowie Gegenrechte, die er geltend machen will, wenn sich seine zunächst vorgetragenen Verteidigungsmittel nicht als ausreichend herausstellen, muss er dergestalt angeben, dass das Gericht weiß, was er – beim Eintritt dieses Falles – zum Gegenstand seiner Verteidigung machen wird. Für beide Parteien gilt: Ausnahmsweise müssen solche Gegenrechte, deren Hauptzweck es ist, dem Gestaltungsberechtigten die Wahl des Zeitpunkts der Gestaltung zu überlassen, erst in den Prozess eingeführt werden, wenn die Gestaltungserklärung erfolgt ist; sie müssen nicht schon dann geltend gemacht werden, wenn die Gestaltungslage entstanden ist. Als solche Gestaltungsrechte lassen sich das Optionsrecht, das vertragliche Rücktrittsrecht und das Recht zur ordentlichen Kündigung nennen. Bei diesen Rechten ist die Wahl des Zeitpunktes ein so entscheidender Zweck (Hauptzweck) des Gestaltungsrechts, dass die Erreichung dieses Zwecks nicht durch das Prozessrecht zerstört werden darf, da soweit das Wesen dieser Gestaltungsrechte völlig verändert würde. Bei der Aufrechnung, beim Anfechtungsrecht sowie bei der Einrede der Verjährung ist die Wahl des Zeitpunkts nicht Hauptzweck.194 Bei diesen Gestaltungsrechten kommt es nicht auf die Gestaltungserklärung, sondern auf die Gestaltungslage an oder wie Leipold formuliert hat, es kommt bei bestimmten Ge191 4942
1 Weth S. 157. 192 24943 Weth S. 172.
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3 Vgl. Weth S. 149 ff, insb. S.153. 194 44945 Weth S. 177f.
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staltungsrechten (er nennt Aufrechnung und Anfechtung) eine Zurückweisung auch dann in Betracht, wenn nicht nur der prozessuale Vortrag, sondern auch die Herbeiführung der materiellrechtlich relevanten Tatsachen verspätet erfolgt.195 Dem ist zuzustimmen. Es würden die Beschleunigungsvorschriften weitgehend leer laufen, wenn eine Partei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine schon lange vorher bestehende Gestaltungslage wahrnehmen könnte. Es könnte dann nämlich der versierte Beklagte mit der Aufrechnung jeden Prozess erheblich in die Länge ziehen, indem er mit einer bestehenden Forderung im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung aufrechnet.196 Die Formulierung des BGH im Urteil vom 9.10.2003, es handle sich nicht um neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im prozessrechtlichen Sinne, wenn eine Partei im Laufe die materiellrechtlichen Voraussetzungen erst schaffe und sie alsdann in den Prozess einführe,197 ist zu weit. Sie ist – wie gezeigt – nur zutreffend, für solche Gegenrechte, deren Hauptzweck es ist, dem Gestaltungsberechtigten die Wahl des Zeitpunkts der Gestaltung zu überlassen. In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es darum, dass im Prozess eine neue prüfbare Schlussrechnung erstellt und damit die Fälligkeit des Anspruchs herbeigeführt wurde. Zu Recht hat der BGH hier eine Zurückweisung wegen Verspätung abgelehnt. Es darf das Prozessrecht hier nicht das Entstehen des Anspruchs hindern. Das ist nicht Sinn und Zweck der Präklusionsvorschriften.198 Es gilt weiter für beide Parteien, dass innerhalb der Frist des § 273 Abs. 2 Nr. 1 zu bestimmten klärungsbedürftigen Punkten vorgetragen werden muss. Die hier vorgeschlagene Aufteilung zwischen Vortrag einerseits und Benennung von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln vermeidet eine unnötige Aufblähung des Prozessstoffs,199 und ist ein Versuch der Lösung des Verhältnisses von Prozesstaktik versus Präklusion, (ein Verhältnis das nach einer Auffassung in der Literatur immer noch nicht gelöst ist)200 näher zu kommen.
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c) Die Abhängigkeit der Prozessförderungspflicht vom Verhalten des Gerichts. Die Prozessförderungspflicht ist nicht statisch. Sie kann sich durch das Verhalten des Gerichts ändern.201 Bei unwirksamer Fristsetzung, sowie bei unwirksamer oder unterbliebener Belehrung durch das Gericht ist ein Verstoß gegen die besondere Prozessförderungspflicht nicht möglich (dazu unten).
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aa) Unwirksame Fristsetzung. Die besondere Prozessförderungspflicht ist – wie gezeigt (vgl. oben Rdn 60) – die Verpflichtung mit genügendem Inhalt innerhalb einer bestimmten Frist vorzubringen. Voraussetzung einer Verletzung dieser Pflicht ist, dass die Frist wirksam vom Gericht gesetzt worden. Bei unwirksam gesetzter Frist ist ein Verstoß gegen die besondere Prozessförderungspflicht nicht möglich.202 Es kann dann allenfalls ein Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht vorliegen, wenn die Voraussetzungen des § 282 gegeben sind.203 Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Frist wirksam gesetzt ist: Die Frist muss in richtiger Anwendung einer der in Abs. 1 genannten Rechtsgrundlagen gesetzt werden. Fehlerhaft wäre etwa eine Frist gemäß § 276, wenn das schriftliche Vorverfahren nicht angeordnet ist.204
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195 4946
1 Stein/Jonas/Leipold Rdn 43. 196 24947 Vgl. Weth S. 178. 197 34948 BGH WM 2004, 288, 289. 198 44949 Stein/Jonas/Leipold Rdn 44. 199 54950 Weth S. 160. 200 64951 Geipel/Geisler/Nill ZAP Fach 13 S. 1407, bei der Lösung dieses Spannungsverhältnisses werde eine Leerformel durch die andere ersetzt.
201 4952
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Weth S. 181; vgl. auch MünchKomm/Prütting Rdn 72; Zöller/Greger § 277 Rdn 1. 4953 8202 Vgl. auch BVerfGE 60, 1, 7 = NJW 1982, 1453; BGHZ 86, 218, 222 = NJW 1983, 822; BGH NJW 1986, 133. 203 94954 MünchKomm/Prütting Rdn 58; Weth S. 181.
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Die Fristsetzung muss klar sein, wobei der Beginn und das Ende der Frist schon bei der Anordnung feststehen und für die Partei erkennbar sein müssen.205 Die Dauer der Frist muss angemessen sein.206 Dabei sind die vom Gesetz vorgeschriebenen Mindestfristen in §§ 276 Abs. 1 S. 2, 275 Abs. 1 S.1, Abs. 3 einzuhalten. Ggf. muss das Gericht die Frist über die Mindestfrist hinaus ausdehnen. Insoweit sind die Umstände des Einzelfalls, der Umfang des Streitstoffs und dessen Schwierigkeitsgrad zu berücksichtigen.207 Bei Bemessung der Frist sollte – darauf ist in der Literatur zu Recht hingewiesen worden – das Gericht großzügig verfahren und die Fristen nicht zu knapp bemessen. Die Frist muss von dem zuständigen Organ gesetzt sein. Die Verfügung muss vom Richter ordnungsgemäß unterschrieben sein. Eine Paraphe reicht nicht aus.208 Es muss, sofern die Fristsetzung nicht in einer im Termin verkündeten Entscheidung enthalten ist, eine beglaubigte Abschrift der Verfügung nach § 329 Abs. 2 S. 2 an die Partei209 zugestellt werden. Hat die Partei einen Prozessbevollmächtigten bestellt, ist gemäß § 172 an diesen zuzustellen.210 Eine formlose Übersendung einer Mitteilung der Geschäftsstelle genügt nicht.211 Bei nicht ordnungsgemäß erfolgter Zustellung gilt die Verfügung als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem das Dokument der Partei tatsächlich zugegangen ist (§ 189)212. Eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung (§ 276 Abs. 3) darf erst nach Eingang der Klageerwiderung gesetzt werden.213 Die Partei muss ordnungsgemäß belehrt werden (§§ 276 Abs. 2, 277 Abs. 2, 277 Abs. 4).214 bb) Unwirksame oder unterbliebene Belehrung. Eine Belehrung ist in §§ 276 Abs. 2, 277 Abs. 2, 277 Abs. 4 gesetzlich vorgeschrieben. Unterbleibt die gesetzlich geforderte Belehrung oder ist sie nicht ordnungsgemäß, ist eine Frist nicht wirksam gesetzt. Ein Verstoß gegen die besondere Prozessförderungspflicht ist nicht möglich. Es bleibt allerdings ein Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht möglich, wenn die Voraussetzungen des § 282 gegeben sind.215 Eine ordnungsgemäße Belehrung darf sich nicht in der bloßen Wiederholung des gesetzlichen Wortlauts erschöpfen, sondern muss allgemein verständlich sein und dem Beklagten vor Augen führen, dass er den Prozess auch dann verlieren kann, wenn er eigentlich im Recht ist.216 Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, „dass die Anwendung der harten Sanktion des § 296 Abs. 1 voraussetzt, dass der beklagten Partei durch die Belehrung in aller Deutlichkeit klargemacht wird, welcher Nachteil ihr bei Nichteinhaltung der gesetzten Frist bevorsteht, und dass es hierfür nicht genügt, ihr lediglich formularmäßig den Wortlaut des § 296 Abs. 1 mitzuteilen. Dem Beklagten ist vielmehr sinnfällig vor Augen zu führen und klarzumachen, dass er sich gegen die Klage grund204 14955 Stein/Jonas/Leipold Rdn 31. 205 24956 BVerfGE 60, 1, 7 = NJW 1982, 1453; BGHZ 76, 236, 240 = NJW 1980, 1167; OLG Düsseldorf NJW 1984, 1567. 206 4957 3 BGHZ 124, 71, 74 = NJW 1994, 736; OLG Karlsruhe NJW-RR 1997, 828; OLG Dresden NJWRR 1999, 214, 216. 207 44958 Weth S. 182; MünchKomm/Prütting Rdn 69. 208 54959 BGHZ 76, 236, 241 = NJW 1980, 1167; BGH WM 1982, 1281, 1282; BGH NJW 1991, 2774. 209 64960 BGHZ 76, 236, 241 = NJW 1980, 1167; BGH NJW 1980, 1960; BGH WM 1982, 1281, 1282; vgl. BGH VersR 1990, 673.
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210 74961 OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 799, 800 211 84962 BGHZ 76, 236, 241= NJW 1980, 1167; BVerfG Urteil vom 3.10.1991, Az: 2 BvR 983/91, juris. 212 94963 Stein/Jonas/Leipold Rdn 34. 213 4964 10 BGHZ 76, 236, 240 = NJW 1980, 1167; MünchKomm/Prütting Rdn 69; Weth S. 183. 214 4965 11 Siehe hierzu 3 b, Rdn 90 ff. 215 4966 12 MünchKomm/Prütting Rdn 58; Weth S. 183. 216 4967 13 BGHZ 86, 218, 225 = NJW 1983, 822; BGH NJW 1986, 133; BGH NJW 1991, 2773; BGH VersR 1992, 77, 78.
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sätzlich nur innerhalb der gesetzten Frist verteidigen kann, dass ihm bei Versäumung dieser Frist im Allgemeinen jede Verteidigung abgeschnitten ist und er Gefahr läuft, den Prozess vollständig zu verlieren“.217 Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn der Beklagte selbst Rechtsanwalt ist.218 Der Beklagte ist auch dann nach §§ 277 Abs. 2, 276 Abs. 2 zu belehren, wenn er anwaltlich vertreten ist, jedoch kann hier ein Hinweis auf die gesetzlichen Vorschriften, die das Gericht bei Fristablauf anzuwenden gedenkt, ausreichen.219 Einer kommentierenden Erläuterung der Gesetzesvorschriften bedarf es gegenüber dem Anwalt nicht. Die einfachgesetzlich vorgesehene Belehrung der anwaltlich vertretenen Partei ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Von Rechtsanwälten – so das BVerfG – könne und müsse erwartet werden, dass sie sich über die Folgen der Nichteinhaltung einer richterlichen Pflicht im Klaren seien. Eine verfassungsrechtliche Belehrungspflicht ihnen gegenüber überspanne die durch Art. 103 Abs. 1 GG geforderte Fürsorgepflicht des Gerichts.220 Eine Belehrung könnte etwa folgenden Wortlaut haben: „Achtung! Die Versäumung der Frist kann dazu führen, dass Sie den Prozess verlieren, obwohl Sie im Recht sind.“221 In den Fällen in denen eine Belehrung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 273 Abs. 2 Nr.1, Nr.5), ist diese aber dennoch ratsam.222 Unterbleibt in diesen Fällen eine Belehrung, liegt allerdings kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor.223
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4. Verzögerung Die Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits ist Voraussetzung der Zurückweisung nach § 296 Abs. 1. Wann eine solche Verzögerung vorliegt, war höchst umstritten. Inzwischen hat sich die absolute Theorie (der absolute Verzögerungsbegriff) gegenüber der relativen Theorie durchgesetzt.224
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a) Die relative Theorie. Der relative Verzögerungsbegriff (auch hypothetischer oder kausaler Verzögerungsbegriff oder Gesamtdauerbetrachtung genannt) stellt einen Vergleich zwischen der Prozessdauer bei rechtzeitigem und verspätetem Vorbringen an.225 Nach der relativen Theorie liegt eine Verzögerung vor, wenn bei rechtzeitigem Vorbringen die Instanzbeendigung früher eingetreten wäre, als sie bei Zulassung des verspäteten Vorbringens eintreten würde. Maßgeblich für die Beurteilung der Verzögerung ist also zunächst die Dauer des Prozesses, wenn das verspätete Vorbringen noch Berücksichtigung findet (voraussichtliche Verfahrensdauer). Die Länge des Verfahrens wird dann verglichen mit einer hypothetisch zu bestimmenden Gesamtdauer, die das Verfahren gehabt hätte, wenn die Partei ihren verspäteten Vortrag rechtzeitig
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4968 1217 BGHZ 86, 218, 225, 226 = NJW 1983, 822; BGHZ 88, 180, 183 = NJW 1983, 2507; BGH NJW 1986, 133; BGH NJW 1991, 493; BGH NJW 1991, 2773. 218 4969 2 BGH NJW 1991, 493; BayVerfGH 7.7.1994, Vf. 147-VI–92, juris. 219 34970 BayVerfGH 7.7.1994, Vf. 147-VI–92, juris; BGH NJW 1991, 493; OLG Hamm NJW 1984, 1566.; OLGR Oldenburg 1999, 60 = NdsRPfl 1999, 148. 220 44971 BVerfGE 75, 302, 318 = NJW 1987, 2733.
221 54972 Bender/Belz/Wax Rdn 66. 222 64973 Musielak/Huber Rdn 11. 223 74974 BVerfGE 75, 302, 318 = NJW 1987, 2733. 224 84975 MünchKomm/Prütting Rdn 74; Musielak/ Huber Rdn 13; Thomas/Putzo/Reichold Rdn 14; vgl. auch Saenger/Saenger Rdn 14; Stein/Jonas/ Leipold Rdn 58. 225 94976 OLG Frankfurt NJW 1979, 375, vgl. nur Rosenberg/Schwab Zivilprozessrecht, 14. Aufl. 1986. § 698 II 1a, S. 409.
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vorgebracht hätte (hypothetische Verfahrensdauer). Ergibt der Vergleich, dass die hypothetische Verfahrensdauer kürzer ist, so liegt nach dieser Theorie eine Verzögerung vor.226 Zusätzlich zu diesen Voraussetzungen, sollen nach Auffassung einiger Vertreter der relativen Theorie auch die Voraussetzungen der absoluten Theorie vorliegen müssen (sog. kumulative Theorie).227 Der BGH hat die relative Theorie zu Recht, mit der Begründung abgelehnt, eine hypothetische Betrachtungsweise der Prozessdauer sei von zu vielen Einflussfaktoren abhängig, die nicht verlässlich vorausgesagt werden könnten.228 Die relative Theorie sei daher wenig praktikabel und führe dazu, dass das Gericht Feststellungen über die inneren Vorgänge und den mutmaßlichen Geschehensablauf anstellen müsse, was mit einer Unsicherheit und Schwierigkeiten verbunden sei. Es sei nicht Sinn der Präklusionsvorschriften, das Gericht mit solchen Erwägungen und Feststellungen zu belasten.229 Dem BGH ist zuzustimmen. Wegen der Vielzahl der bei der Bestimmung der hypothetischen Verfahrensdauer zu berücksichtigenden Einflussfaktoren sowie die erheblichen Schwierigkeiten der Bewertung dieser Einflussfaktoren, ist eine verlässliche Bestimmung oder auch nur einigermaßen fundierte, an tatsächlichen Anhaltspunkten orientierte Prognose der hypothetischen Verfahrensdauer in der Regel nicht möglich.230 Dazu zwei Fragen: Wer weiß, ob der Rechtsstreit bei rechtzeitiger Klageerwiderung und daraufhin veranlasster Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien verglichen worden wäre?231 Wenn der Beklagte die Einrede der Verjährung verspätet erhebt und für die die Verjährung begründenden Tatsachen Zeugen benennt, gibt es zwei Möglichkeiten. Hätte der Beklagte dieses Verteidigungsmittel rechtzeitig in der Klageerwiderung vorgebracht, hätte die Zeugen im ersten Termin vernommen werden können. Hätte sich auf der Grundlage deren Aussage ergeben, dass der Anspruch des Klägers verjährt ist, wäre der Prozess schon da entscheidungsreif gewesen. Hätte die Einrede der Verjährung keinen Erfolg gehabt, hätte der Prozess fortgeführt und andere Einwendungen des Beklagten überprüft werden müssen. Muss nun aber bei der Bestimmung der hypothetischen Gesamtdauer vom Erfolg oder Nichterfolg des Beklagtenvorbringens ausgegangen werden?232 Die beiden Fragen geben einen deutlichen Hinweis dahin, dass die relative Theorie nicht praktikabel ist. Im Übrigen hat es die Partei bei Anwendung des relativen Verzögerungsbegriffs in der Hand durch geschicktes Vorbringen zu verhindern, dass das Gericht die Feststellung der Verzögerung überhaupt trifft und damit eine Zurückweisung ausscheidet.233 Die Partei wird dies – um nur ein Beispiel zu nennen – erreichen können, indem sie ein Beweismittel nennt, das früher nicht zur Verfügung stand (etwa der Sachverständige, der völlig überlastet, der Zeuge, der im Ausland war. . .).234 b) Die absolute Theorie. Die absolute Theorie (auch als realer Verzögerungsbegriff oder Restdauertheorie bezeichnet) wird vom BGH235 vertreten und entspricht der herrschenden Auffassung in der Literatur.236 226 4977
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Für den relativen Verzögerungsbegriff: OLG Frankfurt NJW 1979, 375; OLG Frankfurt NJW 1979, 1715; OLG Hamburg NJW 1979, 1717; OLG Hamm MDR 1979, 765; Rosenberg/ Schwab Zivilprozessrecht, 14. Aufl. 1986, § 69 II 1o, S. 409; Knöringer NJW 1977, 2336, 2337; Schwarz JA 1984, 458, 461. 227 24978 Kallweit S. 48 ff. 228 34979 BGHZ 75, 138 = NJW 1979, 1988; BGHZ 86, 31, 37 = NJW 1983, 575; BGHZ 86, 198, 202 = NJW 1983, 1495; Weth S. 227.
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229 4980
4 BGH NJW 1989, 719, 720. 230 54981 Weth S. 225. 231 64982 Vgl. Lange DRiZ 1980, 408, 410. 232 74983 Vgl. Weth S. 225. 233 84984 Weth S. 226. 234 94985 Weth S. 227. 235 4986 10 BGHZ 75, 138, 141 = NJW 1979, 1988; BGHZ 76, 133, 135 = NJW 1980, 945; BGHZ 76, 236, 239 = NJW 1980, 1167; BGHZ 83, 310, 313 =
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Nach der absoluten Theorie kommt es für eine Verzögerung des Rechtsstreits allein darauf an, ob der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Dagegen ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Rechtsstreit bei rechtzeitigem Vorbringen ebenso lange gedauert hätte.237 Für die relative Theorie spricht insbesondere ihre Praktikabilität. Von Teilen der Literatur ist die absolute Theorie allerdings als verfassungswidrig bezeichnet worden.238 Das BVerfG hat jedoch in seinem Urteil vom 5.5.1987239 hervorgehoben, dass der absolute Verzögerungsbegriff grundsätzlich mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vereinbar ist. Verspätetes Vorbringen dürfe jedoch dann nicht ausgeschlossen werden, wenn offenkundig sei, dass „dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre.“240 Das BVerfG hat insoweit ausgeführt: „Diesen Vorwurf des Rechtsmissbrauchs kann man gegen die Anwendung des absoluten Verzögerungsbegriffs nicht generell erheben, obwohl er zu einer schnelleren Beendigung des Prozesses als bei korrektem Alternativ – Verhalten der säumigen Partei und damit zu einer Überbeschleunigung führen kann. Dieses Ergebnis ist jedoch dann nicht untragbar und daher auch nicht unverhältnismäßig, wenn die Feststellung des mutmaßlichen Geschehensablaufs bei korrektem Alternativ – Verhalten mit Unsicherheiten belastet ist oder zumindest Schwierigkeiten aufwirft. . . Die Zulässigkeit einer Präklusion wird verfassungsrechtlich erst problematisch, wenn sich ohne weitere Erwägungen aufdrängt, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre.“241 Zu Recht hat Prütting darauf hingewiesen, dass das BVerfG in dieser Entscheidung nicht den absoluten Verzögerungsbegriff modifiziert hat, sondern dass die Ausführungen des Gerichts die Kausalität zwischen Verspätung und Verzögerung betreffen. Das Gericht habe vielmehr die Ausfüllung des Begriffs der Verzögerung ausdrücklich den Fachgerichten überlassen.242 Das BVerfG hat zum Verzögerungsbegriff und zur Kausalität – wie folgt – formuliert: „Dazu hat das BVerfG bisher nur insoweit eindeutig Stellung bezogen, als es die Ausfüllung der Begriffe „Verzögerung“ und „grobe Nachlässigkeit“ den Fachgerichten zugewiesen hat. . . Diese Vorschriften (gemeint sind die Präklusionsvorschriften) dürfen aber andererseits auch nicht dazu benutzt werden, verspätetes Vorbringen auszuschließen, wenn ohne jeden Aufwand erkennbar ist, dass die Pflichtwidrigkeit – die Verspätung allein – nicht kausal für die Verzögerung ist.“243
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c) Weitere Theorien. Neben der absoluten und der relativen Theorie werden noch andere Theorien zur Bestimmung einer Verzögerung vertreten; so die kumulative Theorie244 und die normative Theorie.245 Beide Theorien erweisen sich bei näherem Hinsehen nicht als eigenständige Theorien, sondern Klarstellungen bzw Modifikationen der relativen Theorie. Sie sind aus den gleichen Gründen wie die relative Theorie abzulehnen; sie haben sich zu recht nicht durchgesetzt.246
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NJW 1982, 1535; BGHZ 86, 31, 34 = NJW 1983, 575; BGHZ 86, 198, 202= NJW 1983, 1495. 236 14987 MünchKomm/Prütting Rdn 74; Musielak/ Huber Rdn 13; Thomas/Putzo/Reichold Rdn 14; Lüke JuS 1981, 503, 504; Overrath DRiZ 1980, 253; Spahn Jura 1985, 633, 634; Walchshofer ZZP 93 (1980), 184. 237 24988 BGHZ 75, 138, 141,142 = NJW 1979, 1988; BGHZ 76, 133, 135/136 = NJW 1980, 945; Wolf JZ 1983, 301, 310.
4989 3238 Deubner NJW 1985, 1140, 1142; Waldner ZZP 98 (1985), 451, 453. 239 44990 BVerfGE 75, 302 = NJW 1987, 2733. 240 54991 BVerfGE 75, 302 = NJW 1987, 2733. 241 64992 BVerfG NJW 1987, 2733, 2735. 242 74993 MünchKomm/Prütting Rdn 82. 243 84994 BVerGE NJW 1987, 2733, 2735. 244 94995 Kallweit S. 58. 245 4996 10 Anm. zum BGH-Urteil vom 2.12.1982, JZ 1983, 312; Weth S. 213; auch Wolf JZ 1987, 418. 246 4997 11 Vgl. zu dem Ganzen Weth S. 211 ff.
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d) Verzögerung und früher erster Termin. Wie die Verzögerung im frühen ersten Termin zu bestimmen ist, ist umstritten. Nach dem Urteil des BGH vom 2.12.1982 liegt eine Verzögerung des Verfahrens vor, wenn durch die Zulassung des verspäteten Vorbringens eine sonst mögliche Entscheidung im frühen ersten Termin verhindert wird.247 Der BGH stellte in seiner sehr sorgfältigen Begründung für die Zulässigkeit der Zurückweisung des Vorbringens im frühen ersten Termin zum einen auf den Willen des Gesetzgebers ab. Dieser habe den frühen ersten Termin als vollwertigen Termin angesehen, der nicht allein der Vorbereitung des Verfahrens dienen, sondern in geeigneten Fällen auch zu einem streitigen Urteil führen solle.248 Das Gericht könne ihn durch Setzen einer Klageerwiderungsfrist und durch weitere Maßnahmen nach § 273 Abs. 2 so wirkungsvoll ausgestalten, dass er eine unverzügliche Schlussverhandlung (ohne Haupttermin) zulasse.249 Ein solcher Verfahrensablauf sei aber nur gesichert, wenn die Partei ihre Mitwirkungspflichten erfülle und sich nicht folgenlos über die Anordnungen des Gerichts hinwegsetzen könne. § 296 Abs. 1 stelle durch die Bezugnahme auf § 275 Abs. 1 deshalb ausdrücklich klar, dass verspätetes Vorbringen auch dann zurückgewiesen werden könne, wenn die Klageerwiderungsfrist zur Vorbereitung des frühen ersten Termins unentschuldigt und prozessverzögernd versäumt werde.250 Es widerspräche der Beschleunigungstendenz, würde man die drohende Verzögerung ausschließlich an der unbeeinträchtigen Durchführbarkeit eines verspäteten Haupttermins messen. Dem Beklagten sei es nicht gestattet, die richterlichen Bemühungen um eine frühzeitige Erledigung zu unterlaufen.251 Nach alledem bestehe kein Anlass dafür, den Verzögerungsbegriff in § 296 Abs. 1 je nach der vom Gericht gewählten Verfahrensart unterschiedlich auszulegen. Der Beklagte solle durch die drohende Zurückweisung nachdrücklich veranlasst werden, dem Gericht den gesamten Streitstoff so rechtzeitig zu unterbreiten, dass auch der frühe erste Termin sachdienlich vorbereitet werden könne. Eine Zurückweisung unentschuldigten verspäteten Vorbringens ist also nach Auffassung des BGH grundsätzlich auch im frühen ersten Termin möglich.252 Eine Ausnahme gilt nach Auffassung des BGH jedoch dann, wenn nach der Sach- und Rechtslage eine Streitbeendigung in diesem Termin von vornherein ausscheidet253, etwa weil es sich erkennbar um einen Durchlauftermin254 handelt (vgl. dazu unten e, Rdn 109 ff). Das BVerfG hat zur Frage, ob die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im frühen ersten Termin zulässig ist nicht Stellung bezogen, sondern die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit der Präklusion im frühen ersten Termin den Fachgerichten zugewiesen.255 Die Ansicht des BGH ist kritisiert worden. Nach der Gegenauffassung muss der Haupttermin mit in die Betrachtung einbezogen werden.256 Eine Zurückweisung ist nach dieser Ansicht nur dann möglich, wenn bei Zulassung des fristwidrigen Vorbrin4998 1247 BGHZ 86, 31 = NJW 1983, 575; Anm. Wolf JZ 1983, 309; vgl. auch BGHZ 88, 180, 182 = NJW 1983, 2507; OLG Karlsruhe NJW 1983, 403. 248 24999 BGHZ 86, 31, 36 = NJW 1983, 575; BGHZ 88, 180, 182 = NJW 1983, 2507; vgl. auch BTDrucks. 7/2729, S. 35 und S. 69/70. 249 5000 3 BGHZ 86, 31, 36 = NJW 1983, 575. 250 5001 4 BGHZ 88, 180, 182 = NJW 1983, 2507; KG NJW 1980, 2362, 2362. 251 55002 BGHZ 86, 31, 37 = NJW 1983, 575. 252 65003 BGHZ 86, 31 = NJW 1983, 575; BGH NJW-RR
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2005, 1296; so auch MünchKomm/Prütting Rdn 100. 253 75004 Vgl. BVerfGE 69, 126 = NJW 1985, 1149; BGHZ 86, 31, 39 = NJW 1983, 575; BGHZ 98, 368 = NJW 1987, 500; BGH NJW-RR 2005, 1296. 254 5005 8 BGHZ 86, 31 = NJW 1983, 575; zum Durchlauftermin Punkt ee). 255 95006 BVerfGE 69, 126, 138 f = NJW 1985, 1149; BVerfG NJW 1987, 2733, 2735. 256 5007 10 OLG Karlsruhe NJW 1980, 296; OLG Hamm NJW 1983, 401; OLG München NJW 1983, 402; vgl. auch Hermisson NJW 1983, 2229, 2231.
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gens die Ansetzung des Haupttermins verzögert wird. Hingegen sei eine Zurückweisung nach § 296 Abs. 1 nicht möglich, wenn durch die Verspätung die Vorbereitung des Haupttermins nicht wesentlich behindert werde und dieser in gleicher Weise wie bei rechtzeitigem Vorbringen durchgeführt werden könne.257 Die Gegenauffassung begründet ihre Ansicht damit, dass dem BGH zwar darin zuzustimmen sei, dass eine Verzögerung vorliege. Jedoch sei diese Verzögerung nicht erheblich, solange sich die Prozessdauer im Rahmen des vom Gesetzgeber Gewollten halte. Diese Voraussetzung sei dann erfüllt, wenn trotz der Verspätung noch eine Entscheidung im Haupttermin getroffen werden könne.258 Bei der Betrachtung sei deshalb auf den Haupttermin abzustellen, weil dieser nach der Regelvorstellung des Gesetzgebers dem frühen ersten Termin folge. Der frühe erste Termin sei nicht auf eine endgültige Erledigung des Prozesses angelegt.259 Die genannten unterschiedlichen Auffassungen gehen von unterschiedlichen Funktionen des frühen ersten Termins aus und kommen daher zu unterschiedlichen Ergebnissen. Nach einer Auffassung dient er lediglich der Vorbereitung der Hauptverhandlung, nach der anderer Auffassung ist er ein vollwertiger Termin zur mündlichen Verhandlung. Die Streitfrage, welcher Ansicht zu folgen ist, lässt sich anhand der Gesetzesmaterialien lösen.260 Aus ihnen ergibt sich, dass der frühe erste Termin mehrere Funktionen hat. Der frühe erste Termin hat sowohl Vorbereitungs- als auch Filterfunktion. Die Filterfunktion bedeutet, dass im frühen ersten Termin solche Fälle auszusondern und rasch zu erledigen sind, die sich schon jetzt auf nichtstreitige Art und Weise erledigen lassen, sei es durch Versäumnis-, Anerkenntnis-, Verzichtsurteil oder durch Vergleich.261 Die Vorbereitungsfunktion umfasst die Sammlung und Sichtung des Prozessstoffes und die Herausarbeitung der rechtserheblichen sowie streitig gebliebenen Punkte. Auf dieser Basis ist dann der Haupttermin umfassend vorzubereiten.262 Darin erschöpft sich jedoch nicht die Funktion des frühen ersten Termins. Aus dem Regierungsentwurf zur Vereinfachungsnovelle ergibt sich, dass der frühe erste Termin auch „echter Verhandlungstermin“263 ist oder, wie es an anderer Stelle heißt: „Der frühe erste Termin soll eine echte mündliche Verhandlung sein. . .. Er ermöglicht danach zunächst ein Ausscheiden der nicht echt streitigen Sachen. . . In den echt streitigen Sachen soll er zur Eingrenzung und Erörterung des entscheidungserheblichen Streitstoffs und, wenn Entscheidungsreife herbeigeführt werden kann, auch bereits zu einer Streitentscheidung führen.“264 Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich also in aller Deutlichkeit, dass der frühe erste Termin nicht nur der Vorbereitung der Hauptverhandlung dient und sich daran immer eine Hauptverhandlung anschließt. Der frühe erste Termin ist vielmehr auf die endgültige Erledigung des Prozesses (ohne Haupttermin) angelegt, eine Hauptverhandlung soll sich nur dann anschließen, wenn die endgültige Erledigung des Rechtsstreits ohne Hauptverhandlung nicht erreicht werden kann.265 Nimmt man die sich aus den Gesetzesmaterialien ergebende Funktion zum Ausgangspunkt, so ergeben sich die vom BGH gezogenen Schlussfolgerungen zwingend. Diese Funktion kann der frühe erste Termin nämlich nur erfüllen, wenn zur
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OLG Karlsruhe NJW 1980, 296; Deubner NJW 1977, 921, 923; Deubner NJW 1979, 337, 340; Deubner NJW 1983, 1026. 258 5009 2 Deubner NJW 1983, 1026; OLG Karlsuhe NJW 1980, 296. 259 35010 OLG München NJW 1983, 402; OLG Saarbrücken, MDR 1979, 1030; Deubner NJW 1984, 620. 260 45011 Weth S. 235.
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5 Weth S. 235. 262 65013 Vgl. Entwurf der Bundesregierung zur Vereinfachungsnovelle, BT-Drucks. 7/2729, S. 35 und S. 69 f; Weth S. 235. 263 75014 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/2729, S. 35. 264 85015 Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/2729, S. 69. 265 95016 Weth S. 236.
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Bestimmung der Verzögerung nicht auf den Haupttermin abgestellt wird. Dies hätte nämlich zur Folge, dass eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens im frühen ersten Termin nicht erfolgen könnte. Die Funktion der Streitentscheidung könnte bei verspätetem Vorbringen der Partei nicht erfüllt werden, mit der Folge, dass ein Haupttermin stattfinden müsste.266 Insofern könnte die Partei jederzeit verhindern, dass der Prozess im frühen ersten Termin beendet werden kann. Daher ist zur Bestimmung der Verzögerung im frühen ersten Termin auf die Verzögerung des Verfahrens und nicht auf die Verzögerung des Haupttermins abzustellen. Die Verzögerung ist also danach zu bestimmen, ob der Rechtsstreit bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Es gibt also auch hier die absolute Theorie ohne jede Besonderheit.
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e) Verzögerung und Durchlauftermin. Wie bereits erwähnt, macht der BGH eine Ausnahme für die Zulässigkeit der Zurückweisung von verspätetem Vorbringen im frühen ersten Termin, wenn der Termin eindeutig und erkennbar nur einen Durchlauftermin darstellt.267 Das entspricht auch der Rechtsprechung des BVerfG, das in seinem Beschluss vom 30.01.1985 ausgeführt hat: „Soweit das Gericht einen frühen ersten Termin als Durchlauftermin geplant und auch abgehalten hat, lässt sich indessen der Ausschluss von Angriffs- und Verteidigungsmitteln nicht mehr mit Art. 103 Abs. 1 GG vereinbaren. Wenn das Gericht eine zur Streitentscheidung geeignete Verfahrensvorbereitung für den frühen ersten Termin erkennbar nicht getroffen hat, so liegt in der Zurückweisung von Vorbringen der Missbrauch einer Präklusionsvorschrift, der gleichzeitig eine Verletzung des Anspruchs der Partei auf rechtliches Gehör darstellt.“268 Problematisch ist allerdings, in welchen Fällen von einem Durchlauftermin gesprochen werden kann. Die Rechtsprechung des BGH zu dieser Frage ist nicht einheitlich. Nach Auffassung des VI. Senats im Urteil vom 21.12.1986 liegt ein Durchlauftermin immer dann vor, wenn der Termin nicht der letzte Termin zur mündlichen Verhandlung ist. Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist nach Auffassung des Senats dann erkennbar und eindeutig von vornherein als Durchlauftermin geplant und damit eine Zurückweisung im frühen ersten Termin ausgeschlossen, wenn nach der Sach- und Rechtslage des Streitfalls eine Streiterledigung in diesem Termin von vornherein ausscheidet. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Streiterledigung von vornherein ausscheidet, sei auch die Art des Prozesses zu berücksichtigen. In einfach gelagerten Fällen könne der frühe erste Termin sicherlich auch schon für eine abschließende Erledigung des Prozesses geplant und geeignet sein. In einem schon nach dem Klagevorbringen offensichtlich schwierigen und komplizierten Arzthaftungsprozess sei das kaum jemals möglich. Die Entscheidung des VI. Senats ist nicht haltbar. Das zeigen folgende Überlegungen: Mit der im Leitsatz formulierten Erkenntnis, verspätetes Vorbringen dürfe im frühen ersten Termin nicht zurückgewiesen werden, wenn nach der Sach- und Rechtslage des Streitfalles eine Streiterledigung von vornherein ausscheidet, ist eine Zurückweisung auch für den Fall ausgeschlossen, dass durch das verspätete Vorbringen der Haupttermin verzögert wird. Warum bei einem Durchlauftermin jede Verzögerung ausgeschlossen sein soll, bleibt unerfindlich.
266 15017 Weth S. 236. 267 25018 BGHZ 86, 31, 39 = NJW 1983, 575. 268 35019 BVerfGE 69, 126, 139 = NJW 1985, 1149; vgl.
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auch BVerfG NJW 1992, 300; BGHZ 86, 31, 39 = NJW 1983, 575; BGH NJW 1987, 500; BayVerfGH NJW 1990, 502.
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Ob ein Durchlauftermin von Gericht eindeutig von vornherein als solcher geplant ist, ist in der Regel nur erkennbar, wenn das Gericht seiner Prozessförderungspflicht nicht genügt, es also prozessordnungswidrig handelt. Das trifft etwa zu, wenn das Gericht über 50 Sachen auf 9:00 Uhr terminiert269, wenn also wegen der Vielzahl der angesetzten Sachen für eine streitige Verhandlung keine angemessene Zeit zur Verfügung steht; es trifft auch zu, wenn die Zeitspanne zwischen Fristablauf und Termin für eine zur Streitentscheidung geeignete Verfahrensvorbereitung zu kurz ist270. In den genannten Fällen ist klar vorhersehbar, dass der Prozess nur als Durchlauftermin geplant ist. Entgegen der Auffassung des VI. Senats kann aber nicht schon daraus, dass es sich nach dem Klagevorbringen um einen offensichtlich schwierigen und komplizierten Arzthaftungsprozess handelt, geschlossen werden, der frühe erste Termin sei ein Durchlauftermin.271 Zu Recht hat insoweit der X. Senat272 darauf hingewiesen, dass das Gericht nicht hinreichend zuverlässig vorhersagen kann, ob und wie sich die beklagte Partei im Prozess verteidigen wird. Es lässt sich daher eben nicht, wie der VI. Senat dies getan hat, die Regel aufstellen, dass eine Erledigung im frühen ersten Termin in einem offensichtlich schwierigen und komplizierten Arzthaftungsprozess kaum jemals möglich sein wird. Diese Auffassung verkennt nämlich, dass zum einen, wie ausgeführt, die Partei unter dem Eindruck der Klageschrift Streitpunkte fallen lassen kann; sie verkennt darüber hinaus, dass unter dem Eindruck der Argumente eines gut vorbereiteten Gerichts die Parteien sich im frühen ersten Termin vergleichen können. Da für den Vorsitzenden mit Einreichung der Klageschrift nicht erkennbar ist, welches Ausmaß das Verfahren annimmt (dafür bedarf es des Beklagtenvortrags), gibt es entgegen der Auffassung des VI. Senats keine Prozesse, die schon nach dem Klagevorbringen offensichtlich schwierig und kompliziert sind und kaum jemals in einem frühen ersten Termin erledigt werden können. Weiß der Vorsitzende aber ohne Kenntnis des Beklagtenvorbringens noch nicht, welches Ausmaß das Verfahren annehmen wird, ist für die Frage, ob er eindeutig nur einen Durchlauftermin plant, die Zeitspanne zwischen Ablauf der Klageerwiderungsfrist und dem Termin zur mündlichen Verhandlung entscheidend. Wenn dieser Termin nur ein bis zwei Tage beträgt, reicht diese Zeitspanne sicher nicht aus, den frühen ersten Termin ordnungsgemäß vorzubereiten. Er ist Durchlauftermin. Wenn der Vorsitzende aber, wie im Falle des X. Senats, drei Monate vorsieht, reicht dies Zeitspanne sicherlich für eine ordnungsgemäße Vorbereitung aus. Dem VII. Senat hat im Urteil vom 2.12.1982 schon eine Frist von acht Tagen ausgereicht.273 Ob dem zugestimmt werden kann, mag hier dahinstehen. Jedenfalls wird man eine Zeitspanne von knapp einem Monat für ausreichend erachten müssen.274 Der X. Senat hat in seiner Entscheidung den Durchlauftermin als einen solchen Termin angesehen, in dem eine abschließende mündliche Verhandlung mit Erörterung und Beweisaufnahme von vornherein nicht möglich ist, weil – und das ergibt sich aus den von Senat genannten Beispielen – der Termin unter Verletzung der Prozessförderungspflicht des Gerichts zustande gekommen ist.275 Dem ist zuzustimmen. Von einem Durchlauftermin kann nur gesprochen werden, wenn ein Fehlverhalten des Gerichts vorliegt.276 269 5020
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So in einem vom BVerfG entschiedenen Fall, BVerfGE 69, 126, 140 = NJW 1998, 1149. 5021 2270 Vgl. BGH NJW 1987, 499. 271 35022 BGH NJW 1987, 500; BGH NJW-RR 2005, 1296. 272 45023 BGH NJW 1987, 499.
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5 BGHZ 86, 31 39 = NJW 1983, 575. 274 65025 Diese Zeitspanne stand dem Vorsitzenden in dem vom VI. Senat entschiedenen Fall zu. 275 75026 BGH NJW 1987, 499. 276 85027 MünchKomm/Prütting Rdn 101.
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f) Verzögerung und Güteverhandlung gemäß § 278 Abs. 2. Vorbringen in der Güteverhandlung, das verspätet ist, weil es unter Versäumung einer in Abs. 1 genannten Frist vorgebracht ist, darf in der Güteverhandlung nicht unberücksichtigt bleiben und nicht zurückgewiesen werden.277 Im übrigen gilt nichts Besonderes. Schließt sich an die gescheiterte Güteverhandlung unmittelbar die mündliche Verhandlung an (§ 279 Abs. 1 S. 1), ist auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen und zu prüfen, ob das verspätete Vorbringen, wenn es jetzt zurückgewiesen wird, den Rechtsstreit verlängert. Schließt sich die mündliche Verhandlung nicht unmittelbar an die Güteverhandlung an und wird Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt (§ 279 Abs. 1 S. 2), muss das Gericht prüfen, ob die Verzögerung noch durch zumutbare Maßnahmen ausgeglichen werden kann.278 g) Verzögerung durch Einräumung einer Frist gemäß § 283. § 283 beantwortet die Frage, was die Partei tun kann, die in der mündlichen Verhandlung zum gegnerischen Vorbringen nicht Stellung nehmen kann, weil der Gegner seiner Prozessförderungspflicht nicht nachgekommen ist und seine Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht rechtzeitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat. Gem. § 283 kann sie in diesem Fall beantragen, dass das Gericht eine Frist bestimmt, innerhalb der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann. Die Partei wird aber häufig überhaupt kein Interesse haben, einen solchen Antrag zu stellen. Der Prozess kann dann nämlich nicht sofort, sondern frühestens nach Eingang des nachzureichenden Schriftsatzes beendet werden. Für die Partei stellt sich daher die Frage, ob sie einen Antrag nach § 283 stellen muss. Was geschieht, wenn sie einen solchen Antrag nicht stellt? Kann dann das gegnerische Vorbringen zurückgewiesen werden? Diese Fragen sind äußerst kontrovers diskutiert worden. Unterschiedliche Auffassungen bestehen zunächst darüber, ob eine gem. § 283 zu gewährende Frist den Rechtsstreit verzögert und daher der verspätete gegnerische Vortrag, ohne dass eine solche Frist gesetzt werden muss, zurückgewiesen werden kann. Das OLG Stuttgart hat diese Frage bejaht.279 Der BGH hat sie verneint.280 Ausgangspunkt für die Lösung der Frage muss sein, ob eine Partei sich zum gegnerischen Vorbringen äußern muss. Bejaht man das, kommt es auf die Frage, ob durch die Frist die der Partei gemäß § 283 zur Äußerung gesetzt wird, der Prozess verzögert wird, nicht mehr an. Die Verpflichtung zur Stellungnahme zum verspäteten Vorbringen schließt die Zurückweisung dieses Vorbringens – bevor die Partei dazu Stellung genommen hat – nämlich aus. Die h.M. verweist im vorliegenden Zusammenhang zu Recht auf § 138 Abs. 2, der bestimmt, dass jede Partei sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären hat. Tut sie dies nicht, gelten diese Tatsachen als zugestanden (§ 138 Abs. 3).281 Das OLG Stuttgart behauptet nun, eine solche Verpflichtung zur Äußerung bestehe nur insoweit, als dies ohne Verzögerung des Rechtsstreits möglich sei.282 Diese Auffassung widerspricht klar der Bestimmung des § 138 Abs. 2. Sie findet im Gesetz, insbesondere auch in § 283, keine Stütze.
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Musielak/Huber Rdn 26; Stein/Jonas/Leipold Rdn 29. 5029 2278 Vgl. Musielak/Huber Rdn 27; Stein/Jonas/Leipold Rdn 30. 279 35030 OLG Stuttgart NJW 1984, 2538 f. 280 45031 BGH WM 1985, 264, 267; BGHZ 94, 195, 213 f =
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NJW 1985, 1539; offen gelassen BGH NJW 1982, 1533, 1534. 281 5032 5 OLG Naumburg NJW-RR 1994, 704; vgl. dazu Weth S. 245 mwN. 282 65033 OLG Stuttgart NJW 1984, 2538.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
Es ist daher der h.M. zuzustimmen, dass eine Zurückweisung verspäteten gegnerischen Vorbringens ohne Stellungnahme der Partei zu diesem Vorbringen nicht möglich ist. Erst wenn die Stellungnahme der Partei vorliegt, kann das Gericht abschließend klären, ob das verspätete Vorbringen des Gegners den Rechtsstreit verzögert. Für die Feststellung der Verzögerung gilt dann aber nichts Besonderes, sie erfolgt nach der absoluten Theorie. Es ist also zu fragen, ob bei Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens der Prozess länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung.283
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h) Die Voraussetzungen der Verzögerung. Auch wenn man – wie hier – dem absoluten Verzögerungsbegriff folgt, bleiben eine Reihe von Fragen, etwa die Frage, ob die Verzögerung erheblich sein muss, oder ob eine Verzögerung in der Erledigung des ganzen Rechtsstreits eintreten muss. Im Folgenden sollen diese Fragen beantwortet werden.
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aa) Streitiges und erhebliches Vorbringen. Einigkeit besteht darüber, dass nur erhebliches Vorbringen den Rechtsstreit verzögert.284 Unerhebliches Vorbringen bleibt bei der Entscheidung des Rechtsstreits unbeachtet und kann diesen nicht verzögern, mit der Folge, dass eine Zurückweisung nicht möglich ist.285 Eine Zurückweisung von unstreitigem Vorbringen scheitert, wie oben bereits erwähnt, nicht an der fehlenden Verzögerung, sondern bereits daran, dass unstreitiges Vorbringen schon kein Angriffs- und Verteidigungsmittel ist.286
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bb) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Verzögerung. Legt man die absolute Theorie zugrunde, so ist die Verzögerung anhand eines Vergleichs der Verfahrensdauer bei Zulassung und bei Nichtzulassung des verspäteten Vorbringens zu bestimmen. Fraglich ist allerdings, auf welchen Zeitpunkt für die Bestimmung der Verzögerung abzustellen ist: auf den Zeitpunkt des Vorbringens oder den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung? Auf welchen Zeitpunkt bei der Verzögerung abzustellen ist, hängt zunächst davon ab, ob das Vorbringen durch Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung verspätet vorgebracht wird.287 Wird in der mündlichen Verhandlung verspätet vorgebracht, muss das Gericht zunächst den Gegner hören. Nach dessen Stellungnahme muss es prüfen, ob das verspätete Vorbringen, wenn es jetzt nicht zurückgewiesen wird, den Rechtsstreit verlängert. Zur Bestimmung der Verzögerung muss also auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt werden, der aber hier mit dem Zeitpunkt des Vorbringens zusammenfällt.288 Im Fall des nachgelassenen Schriftsatzes nach § 283, kommt es auf den Eingang des nachgelassenen Schriftsatzes an. Geht dieser rechtzeitig ein, berücksichtigt das Gericht die nachgebrachte Stellungnahme und prüft auf Grund dieser Stellungnahme, ob im Zeitpunkt des nachgebrachten Vorbringens die Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens den Prozess verlängert.289
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1 Wie hier MünchKomm/Prütting Rdn 102. 284 25035 BGHZ 94, 195, 212 = NJW 1985, 1539; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdn 35; Deubner NJW 1989, 717; OLG Düsseldorf NJW 1987, 508; OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 1405; OLG Hamm MDR 1992, 186; OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.10.2003, juris; MünchKomm/Prütting Rdn 103.
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3 MünchKomm/Prütting Rdn 103; Weth S. 247. 286 45037 S.o. 287 55038 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn 104; Weth S. 247. 288 65039 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn 104; Weth S. 247 f. 289 75040 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn 104; Weth S. 248.
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Wenn in einem vorbereitenden Schriftsatz verspätet vorgetragen wird, muss das Gericht beim Eingang des Schriftsatzes die Frage der Verzögerung prüfen, um festzustellen, ob die Verzögerung noch durch zumutbare Maßnahmen ausgeglichen werden kann.290 Schließlich muss das Gericht, gleichgültig ob es vorbereitende Maßnahmen getroffen hat oder nicht, die Frage abschließend in der mündlichen Verhandlung klären. Das ergibt sich daraus, dass in dieser mündlichen Verhandlung etwa verspätetes Vorbringen ganz oder teilweise unstreitig werden kann; es ist auch denkbar, dass verspätet vorgebrachte Tatsachen durch präsente Beweismittel bewiesen werden können.291 Nach alledem lässt sich sagen: Die Frage, ob das verspätete Vorbringen verzögert, muss das Gericht mit einer Ausnahme im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung beantworten. Diese Ausnahme betrifft den nachgelassenen Schriftsatz. Hier kann die Frage der Verzögerung erst nach Eingang dieses Schriftsatzes beantwortet werden. Im Fall des vorbereitenden Schriftsatzes muss die Frage der Verzögerung bei Eingang dieses Schriftsatzes und im Termin zur mündlichen Verhandlung nochmals geprüft werden.292 cc) Erhebliche Verzögerung? Die Frage, ob die Verzögerung erheblich sein muss, ist umstritten. Das OLG Stuttgart293 hat diese Frage verneint. Es komme nicht darauf an, ob die Verzögerung völlig unerheblich, unerheblich oder erheblich, aber nicht ernsthaft sei und ob das Ausmaß des Verschuldens bei der Fristüberschreitung und der Verzögerung sowie die Schwere der Präklusionsfolgen die Zurückweisung als im Rahmen der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt erscheinen lassen. Denn diese Entscheidung habe bereits der Gesetzgeber getroffen. Die Gegenauffassungen sind uneinheitlich. Die Bandbreite der hier vertretenen Auffassungen reicht von der Aussage, die Verzögerung dürfe nicht geringfügig294 oder nicht völlig unerheblich sein295. Andere wiederum fordern, dass die Verzögerung von einigem Gewicht sein müsse und an der voraussichtlichen Prozessdauer zu messen sei.296 Da nach der absoluten Theorie eine Verzögerung nur dann zu bejahen ist, wenn bei Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens ein weiterer Termin zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden müsste, kann es zu einer unerheblichen Verzögerung bei richtiger Anwendung der absoluten Theorie nicht kommen.297 Für die Auffassung, die Verzögerung müsse von einigem Gewicht sein und die Erheblichkeit der Verzögerung sie an der voraussichtlichen Prozessdauer zu bemessen,298 findet sich im Gesetz keine Stütze; sie ist abzulehnen.299 dd) Verzögerung des gesamten Rechtsstreits? Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens setzt nach Auffassung des BGH im Urteil vom 26.6.1980300 die Verzögerung des gesamten Rechtsstreits voraus. Das Gericht begründet das damit, dass 5041 1290 St. Rspr. BGHZ 75, 139, 142 = NJW 1979, 2614; BGH NJW 1980, 1102; BGHZ 86, 198, 203 = NJW 1983, 1495. 291 5042 2 MünchKomm/Prütting Rdn 104; Weth S. 250. 292 5043 3 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn 104; Weth S. 260. 293 45044 OLG Stuttgart NJW 1984, 2538, 2529. 294 55045 Rosenberg/Schwab Zivilprozessrecht, 14. Aufl. 1986, § 69 II 1a, S. 410. 295 65046 Mayer NJW 1985, 937, 940. 296 75047 Mayer NJW 1985, 937, 940; Deubner NJW1983,
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1026; Kallweit S. 59; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdn 40, 43; Lange DRiZ 1980, 408, 410. 297 5048 8 MünchKomm/Prütting Rdn 107; Weth S. 255. 298 95049 OLG Hamburg NJW 1979, 1717, 1719; Kallweit S. 59. 299 5050 10 MünchKomm/Prütting Rdn 106; vgl. Weth S. 255. 300 5051 11 BGHZ 77, 306, 308 = NJW 1980, 2355; BGH NJW 1981, 1217; BGH NJW 1985, 3079.
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solange der Rechtsstreit nicht für die Instanz im Ganzen entschieden sei und das Urteil nicht auch im ganzen Rechtsfrieden stiften könne, eine Verspätung erheblichen Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögere. Nur wenn der ganze Rechtsstreit bei Außerachtlassung des verspäteten Vorbringens beendet werden könne, erscheine es gerechtfertigt, dieses nicht mehr zuzulassen, sofern die Verspätung nicht genügend entschuldigt werde.301 Folge dieser Rechtsprechung ist, dass in einem Rechtsstreit, in dem Klage und Widerklage erhoben sind, verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht durch ein allein die Klage oder die Widerklage betreffendes Teilurteil zurückgewiesen werden dürfen. Die Zurückweisung darf nur dann erfolgen, wenn bei der Zurückweisung gleichzeitig über Klage und Widerklage, also über den Prozess im Gesamten entschieden werden kann. Diese Rechtsprechung hat für den Beklagten die Flucht in die Widerklage eröffnet. Sie ist abzulehnen, weil sie sich weder auf die Zurückweisungsvorschriften noch auf § 301 stützen lässt (vgl. dazu unten Rdn 202 ff.).302 Eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens ist also nicht nur dann möglich, wenn der Rechtsstreit insgesamt entscheidungsreif ist. Vielmehr ist eine Verzögerung schon dann zu bejahen, wenn bei Außerachtlassen des verspäteten Vorbringens Entscheidungsreife gegeben ist. Ob Entscheidungsreife etwa für den Erlass eines Teilurteils, Grundurteils oder eines den gesamten Rechtsstreit abschließenden Urteils vorliegt, ist ohne Bedeutung.303 i) Die freie Überzeugung des Gerichts. Verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel sind gem. § 296 Abs. 1 nur zuzulassen, „wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde“. Damit ist die Frage angesprochen, auf welche Weise die tatsächlichen Voraussetzungen der Verzögerung festgestellt werden sollen.304 Die zur Ermittlung der Verzögerung erforderliche Prognose, wie lange das Verfahren bei Zurückweisung des Vorbringens dauert und wie lange es bei der Zulassung des Vorbringens dauert, muss sich auf Tatsachen stützen; etwas die Tatsache, dass ein Sachverständigengutachten notwendig ist, und dass es ein Jahr dauert bis der Sachverständige sein Gutachten vorlegen kann. Diese letztgenannte Tatsache könnte zum Gegenstand einer Beweisaufnahme gemacht werden, indem etwa der Sachverständige über den von ihm für das Gutachten benötigten Zeitaufwand befragt wird. Der Gesetzgeber hat „um langwierige Beweisaufnahmen . . . zu verhindern, die dem Ziel einer Beschleunigung des Verfahrens zuwiderlaufen würden“, die Feststellung der Präklusionsvorschriften in die freie Überzeugung des Gerichts gestellt.305 Über die Frage, ob das verspätete Vorbringen verzögert, darf also eine Beweisaufnahme nicht stattfinden.306 Das Gericht muss daher abschätzen wie lange das Verfahren bei Zurückweisung und wie lange es bei Zulassung des verspäteten Vorbringens dauert.307
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5. Kausalität a) Die Verursachung der Verzögerung allein durch die Partei. Das Gericht darf verspätetes Vorbringen nur dann zurückweisen, wenn zwischen der Verspätung und 301 5052
1 BGHZ 77, 306, 308 = NJW 1980, 2355. 302 25053 Vgl. dazu im Einzelnen Prütting/Weth ZZP 98, (1985), 131. 303 35054 MünchKomm/Prütting Rdn 110; Weth S. 256 ff. 304 45055 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn 117, 174; Weth S. 221.
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Vgl. Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/2729, S. 75. 5057 6306 Weth S. 221 mwN. 307 75058 Weth S. 221.
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der Verzögerung eine kausale Verknüpfung besteht. Ein Vorbringen darf daher nicht als verspätet zurückgewiesen werden, wenn für die Verzögerung nicht nur das Verhalten der Partei alleinige Ursache ist, sondern auch ein Fehler des Gerichts mitursächlich geworden ist. Dieses Ergebnis ist unstreitig308, es folgt daraus, dass die Partei nicht durch Verfahrensfehler des Gerichts benachteiligt werden darf.309 Eine Präklusion ist nach st. Rspr. des BVerfG nicht mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör zu vereinbaren, wenn richterliches Fehlverhalten die Verzögerung mit verursacht hat.310 Wenn sich ohne weitere Erwägung aufdrängt, dass die Pflichtwidrigkeit der Partei nicht kausal für die Verzögerung ist, weil dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen aufgetreten wäre, ist sie rechtsmissbräuchlich; in einem solchen Rechtsmissbrauch liegt zugleich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.311 Da die Verletzung der Prozessförderungspflicht durch die Partei alleinige Ursache der Verzögerung sein muss, kommt eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens auch dann nicht in Betracht, wenn das Verhalten eines Dritten (z.B. Zeugen) mitursächlich für die Verzögerung ist (dazu unten c, Rdn 143 ff).
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b) Mitverursachung der Verzögerung durch das Gericht. Ein Mitverursachen der Verzögerung durch das Gericht kommt in Betracht, bei unzureichender Terminsvorbereitung durch das Gericht,312 bei unzulänglicher Verfahrensleitung,313 bei Verletzung der gerichtlichen Fürsorgepflicht,314 insbesondere wenn das Gericht seinen Aufklärungs- und Hinweispflichten nach §§ 138, 278 Abs. 3 nicht nachkommt.315
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aa) Verletzung der Vorbereitungspflicht. Die Vorbereitungspflicht des Gerichts ergibt sich aus § 273 Abs. 1. Gemäß § 273 Abs. 1 hat das Gericht die erforderlichen vorbereitenden Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen. Dabei bestimmt § 273 Abs. 2, welche vorbereitenden Maßnahmen der Vorsitzende oder ein von diesem bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts zur Vorbereitung „jedes Termins“ treffen kann. Das Gericht muss zur Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung alles ihm Zumutbare tun, um eine Verzögerung des Rechtsstreits zu verhindern.316 Das Gericht muss in jeder Lage des Verfahrens anhand der eingegangenen Schriftsätze rechtzeitig und sorgfältig prüfen, ob Maßnahmen zur Vorbereitung des Termins ratsam oder sogar notwendig sind.317 Zumutbar ist für das Gericht dasjenige, was ohne einen unangemessenen zeitlichen oder sonstigen Aufwand in der Verhandlung geklärt werden kann.318 Das Gericht hat auch bei verspätetem Vorbringen zu prüfen, ob nicht zur Vermeidung einer Verzögerung in der Erledigung des Rechtsstreits vorbereitende Maßnahmen möglich und geboten sind.319 Zumutbar ist einem Gericht, die Verspätung eines Parteivorbringens durch im normalen Geschäftsgang mögliche Anordnungen zu treffen.320 Nicht zumutbar ist es Eil-
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5059 1308 BVerfGE 75, 302, 312f = NJW 1987, 2733; BVerfGE 81, 264, 273 = NJW 1990, 2773; BVerfG NJW 1992, 680; BGH NJW 1983, 2030, 2031; KG NJW 1979, 1369; OLG Köln NJW 1980, 2421, 2422; MünchKomm/Prütting Rdn 118. 309 5060 2 Deubner NJW 1977, 921, 924; Deubner JuS 1977, 583, 585; Deubner NJW 1979, 337, 341. 310 35061 BVerfG, Beschl. v. 10.2.1993, 2 BvR 22218/92, juris. 311 45062 BVerfGE 75, 302, 316 f = NJW 1987, 2733. 312 55063 BVerfGE 75, 302, 313 = NJW 1987, 2733.
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313 65064 BVerfGE 75, 302, 313 = NJW 1987, 2733. 314 75065 BVerfGE 75, 302, 313 = NJW 1987, 2733. 315 85066 Weth S. 262. 316 95067 BGHZ 75, 138, 142 = NJW 1979, 1988; BGH NJW 1980, 1102, 1103; BGH NJW 1981, 286; BGH NJW 1984, 1964. 317 5068 10 BVerfG NJW 1989, 706; Deubner NJW 1977, 924. 318 5069 11 BGH MDR 1999, 1401. 319 5070 12 St. Rspr. BGHZ 75, 138, 142 = NJW 1979, 1988. 320 5071 13 BGH NJW 1980, 1102, 1103.
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anordnungen zu treffen. Weiterhin sind vorbereitende Maßnahmen zumutbar, wenn es sich um einfache und klar abgegrenzte Streitpunkte handelt, die sich durch Vernehmung weniger greifbarer Zeugen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ohne unzumutbaren Aufwand klären lassen321. Es ist dagegen nicht Aufgabe des Vorsitzenden oder eines von ihm bestimmten Mitglieds des Berufungsgerichts, eine umfangreiche, in ihrem Ergebnis nicht überschaubare Beweisaufnahme in der ersten mündlichen Verhandlung zu ermöglichen, nur um den säumigen Beklagten davor zu bewahren, dass sein verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleibt.322 Nicht zumutbar ist in der Regel eine umfangreiche Beweisaufnahme, sei es, dass zahlreiche Zeugen gehört werden sollen, oder dass ein Streitstoff von erheblichem Ausmaß geklärt werden soll.323 Nicht zumutbar ist es ebenfalls, den Termin zur mündlichen Verhandlung so weit hinauszuschieben, dass in diesem Termin das verspätete Vorbringen ebenfalls berücksichtigt werden kann, da ein solches Vorgehen nicht mit § 272 Abs. 3 ZPO vereinbar wäre, wonach die mündliche Verhandlung so früh wie möglich stattfinden soll.324 Der Termin zur mündlichen Verhandlung muss insbesondere nicht soweit hinausgeschoben werden, dass ein Sachverständigengutachten eingeholt werden kann.325 Ist es dem Gericht nicht möglich, die Verzögerung durch eigene Maßnahmen zu verhindern, so erfordert die Prozessförderungspflicht unter Umständen, dass das Gericht in geeigneten Fällen den Parteien aufgibt, diese Verzögerung selbst zu verhindern.326 Beispielsweise muss das Gericht den Parteien aufgeben, die Zeugen zum Termin zu bestellen, wenn eine gerichtliche Ladung nicht möglich ist.327 Diese Verpflichtung trifft das Gericht allerdings nur dann, wenn durch die Vernehmung der Zeugen der Verhandlungstermin nicht in unzumutbarer Weise gesprengt würde.328
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bb) Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflichten. Wenn das Gericht seine aus § 139 resultierenden Hinweis- und Aufklärungspflichten verletzt und die Partei nicht oder nicht rechtzeitig auf die Ergänzungsbedürftigkeit ihres Vorbringens hinweist, ist auch dieser Fehler für die Verzögerung mitursächlich, wenn das Vorbringen dann dennoch in den Prozess eingeführt wird. Eine Zurückweisung nach § 296 Abs. 1 ZPO kommt dann nicht in Betracht.329 Ein solcher Fall kann allerdings nicht nur dann vorliegen, wenn der rechtzeitige Vortrag der Partei deshalb unterblieben ist, weil das Gericht seinen Hinweispflichten überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist.330 Dasselbe gilt, wenn das Gericht durch vage und unklare Formulierungen die Grundlage für ein Missverständnis legt und der Prozessbevollmächtigte oder die Partei die Verfügung aus der Sicht des Gerichts falsch interpretiert und dadurch ihren Vortrag verspätet vorbringen.331
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c) Verursachung der Verzögerung durch Dritte. Wird die Verzögerung durch ein Verhalten Dritter (mit)verursacht ist die Zurückweisung nach § 296 Abs. 1 unzulässig. Das hat der BGH in Urt. v. 5.5.1982 ausgesprochen.332 Grundlage dieser Entscheidung war der Fall, dass der Vorsitzende des Gerichts, um die Verspätung des Klägers aus-
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BGH NJW 1984, 1964; BGH Urt. v. 9.11.1990, juris. 322 5073 2 BGH NJW 1984, 1964. 323 5074 3 BGH NJW 1971, 1564; BGH NJW 1980, 1103; Deubner NJW 1979, 337; Wolf ZZP 94, 315. 324 45075 BGH NJW 1981, 286; Weth S. 263. 325 55076 BGH NJW 1981, 286. 326 65077 Weth S. 263
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7 BGH NJW 1980, 1848, 1849. 328 85079 BGH NJW-RR 1980, 1848, 1849. 329 95080 OLG Bamberg NJW-RR 1998, 1607. 330 5081 10 OLG Celle NJW-RR 1998, 499. 331 5082 11 BGH NJW-RR 1990, 856. 332 5083 12 BGH NJW 1982, 2559, 2561; zust. MünchKomm/Prütting Rdn 129.
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zugleichen gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 4 die Ladung von drei Zeugen angeordnet hatte. Ein Zeuge war trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Nach Auffassung des BGH beruht bei dieser Fallkonstellation die durch eine erneute Ladung der Zeugen eintretende Verzögerung nicht mehr auf dem Verhalten des Klägers, sondern auf dem Nichterscheinen des Zeugen. Es sei daher eine Zurückweisung des verspäteten Vorbringens nicht zulässig. Diese Entscheidung ist hart kritisiert worden. Der BGH beziehe das Verschulden der Partei nicht lediglich auf das Vorbringen der Partei, sondern auch auf dessen zukünftige Auswirkungen. Insofern verkenne der BGH, dass sich das Parteiverschulden nur auf die Verspätung beziehe und dass es genüge, wenn die Verspätung für die Verzögerung ursächlich sei.333 Dem ist nicht zuzustimmen. Die Ausführungen des BGH beziehen sich nicht auf die Anforderungen an das Verschulden der Partei, sondern auf die Kausalität zwischen Verzögerung und der Verspätung.334 Dies hat der BGH auch in seinem Urteil vom 23.4.1986 klargestellt.335 Voraussetzung einer Zurückweisung ist demnach, dass die Verletzung der Prozessförderungspflicht für die Verzögerung kausal ist. Diese Kausalität liegt aber nicht vor, wenn Dritte ihren Pflichten nicht nachkommen, etwa ein ordnungsgemäß geladener Sachverständiger zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint oder eine angeforderte amtliche Auskunft bis zur Verhandlung nicht eingeht.336 6. Das Verschulden
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Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens ist nur zulässig, wenn die Partei ein Verschulden an der Verspätung, also an der Verletzung der Prozessförderungspflicht, trifft. Erfolgt die Zurückweisung, ohne dass ein Verschulden der Partei vorliegt, wird der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.337 Das Verschulden des gesetzlichen Vertreters sowie des Prozessbevollmächtigten steht einem Verschulden der Partei gemäß §§ 51 Abs. 2, 85 Abs. 2 ZPO gleich. Für einen Ausschluss verspäteten Vorbringens nach § 296 Abs. 1 ZPO reicht es aus, dass die Partei einfaches Verschulden, also Fahrlässigkeit trifft. Dieses liegt vor, wenn die Partei nicht diejenige Sorgfalt entwickelt, zu der sie nach der konkreten prozessualen Situation und auf Grund ihrer persönlichen Verhältnisse in der Lage war.338 Als unverschuldet gilt z.B. wenn eine Partei erkrankt ist.339 Kein Verschulden liegt vor, wenn der Partei das verspätet vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel bis zum Fristablauf nicht bekannt war und sie es auch nicht unschwer durch Erkundigung ermitteln konnte340 oder wenn sie einen gerichtlichen Hinweis infolge einer unklaren Formulierung missverstanden hat.341 Im Fall, dass die Partei anwaltlich vertreten ist, ist ein Verschulden zu bejahen, wenn nicht diejenige übliche Sorgfalt aufgewendet wurde, die ein ordentlicher Anwalt aufzubringen hat, und wenn die Beachtung dieser Sorgfalt ihm im Einzelfall auch zumutbar war.342 Das Gericht kann nach § 296 Abs. 4 ZPO verlangen, dass der Entschuldigungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Zurückweisung von verspätetem Vorbringen nach 333 5084
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OLG Köln ZIP 1984, 759, 760; Hermisson NJW 1983, 2229, 2233; E. Schneider MDR 1984, 726. 334 5085 2 Weth S. 266. 335 35086 BGH NJW 1986, 2319, 2320. 336 45087 Stein/Jonas/Leipold Rdn 98. 337 55088 BVerfGE 75, 183, 191 = NJW 1987, 2003; BVerfG VersR 1991, 1268.
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6 MünchKomm/Prütting Rdn 132; Weth S. 271. 339 75090 OLG Hamm NJW-RR 1992, 122. 340 85091 BGH NJW 1988, 60; Thomas/Putzo/Reichold Rdn 28. 341 95092 BGH WM 1190, 1421. 342 5093 10 BGH NJW 1985, 1710, 1711; Weth S. 270.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
§ 296 Abs. 1 ZPO kann nicht auf fehlende Glaubhaftmachung von Entschuldigungsgründen gestützt werden, wenn das Gericht eine solche nicht verlangt hat.343 7. Der Hinweis des Gerichts auf die beabsichtige Zurückweisung Eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens durch das Gericht darf nur erfolgen, wenn dieses auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen hat344, weil der Partei Gelegenheit gegeben werden muss, sich gegebenenfalls zu entschuldigen. Nach erfolgtem Hinweis muss der Partei Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden345, um Tatsachen zur Entschuldigung vorzubringen und gegebenenfalls zu beweisen.346 Ein solcher Hinweis ist auch dann nicht entbehrlich, wenn der Gegner die Verspätung rügt und eine Zurückweisung beantragt.347
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8. Rechtsfolge des § 296 Abs. 1 ZPO Liegen die Voraussetzungen des § 296 Abs. 1 ZPO vor, muss das Gericht die Angriffs- und Verteidigungsmittel zurückweisen. Zur Feststellung der Zurückweisungsvoraussetzungen vgl. unten VI., Rdn 179 ff und zur Entscheidung über die Zurückweisung, siehe unten VII., Rdn 191 ff.
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IV. Die Zurückweisung nach § 296 Abs. 2 ZPO 1. Verspätung ohne Fristsetzung (Verstoß gegen die allgemeine Prozessforderungspflicht) Wie bereits ausgeführt (vgl. oben Rdn 60) wird die Verpflichtung der Parteien, innerhalb der in § 296 Abs. 1 genannten Fristen in dem in § 277 Abs. 1 genannten Umfang vorzutragen, als besondere Prozessförderungspflicht bezeichnet. Die sich aus § 282 ergebende Verpflichtung der Partei, ihr Vorbringen, in dem nach der Prozesslage angezeigten Zeitpunkt vorzubringen, wird als allgemeine Prozessförderungspflicht bezeichnet.348 Wird unter Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht vorgetragen, so ist das Vorbringen verspätet und kann gem. § 296 Abs. 2 zurückgewiesen werden. Diese Norm beinhaltet die Zurückweisung von nicht fristgebundenem Vorbringen.349
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a) § 296 Abs. 2 iVm 282 Abs. 1. Gem. § 296 Abs. 2 kann ein Vorbringen zurückgewiesen werden, das entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht worden ist. Gemäß § 282 Abs. 1 ZPO hat jede Partei in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffsund Verteidigungsmittel so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf die Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Finden mehrere Verhandlungstermine statt, muss das Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgen.350 Darüber besteht Einigkeit. Entgegen der Auffassung von Kallweit 351 muss die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel
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343 5094
1 OLG Brandenburg NJW-RR 1998, 498. 344 25095 BGH NJW 1989, 717. 345 35096 OLG Bamberg NJW-RR 1998, 1607; OLG Koblenz OLGR 2003, 115, 116; Musielak/Huber Rdn 35. 346 45097 BGH NJW 1989, 717. 347 55098 A.A. Musielak/Huber Rdn 35.
348 5099
6
Vgl. nur Weth S. 126; MünchKomm/Prütting Rdn 58; Musielak/Huber Rdn 29. 7 Weth S. 191. 5101 8350 BGH NJW 1987, 260; NJW 1992, 1965, BGH MDR 2005, 1006, 1007. 351 95102 Kallweit S. 130. 349 5100
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nicht stets zu Beginn der mündlichen Verhandlung vortragen. In einem Termin zur mündlichen Verhandlung kann bis zu dessen Ende ohne einen Verstoß gegen § 282 Abs. 1 ZPO vorgetragen werden.352 Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung kann dagegen nie nach § 282 Abs.1 ZPO verspätet sein.353 Für die Frage, was vorgetragen werden muss, macht es keinen Unterschied, ob innerhalb bestimmter Fristen oder rechtzeitig gem. § 282 Abs. 1 vorgetragen werden muss.354 Es kann daher bezüglich der inhaltlichen Anforderungen an den Vortrag der Parteien in der mündlichen Verhandlung auf die obigen Ausführungen (vgl. oben Rdn 72 ff.) verwiesen werden. b) § 296 Abs. 2 iVm 282 Abs. 2. Nach § 296 Abs. 2 können Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, zurückgewiesen werden. Gemäß § 282 Abs. 2 müssen bestimmte Angriffs- und Verteidigungsmittel vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz mitgeteilt werden. § 282 Abs. 2 ist im Anwaltsprozess anwendbar, da dort die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet wird (§ 129 Abs. 1). Im Parteiprozess ist § 282 Abs. 2 nur anwendbar, wenn die mündliche Verhandlung auf Anordnung des Gerichts (§ 129 Abs. 2) durch Schriftsätze oder durch zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugebende Erklärung vorbereitet wird.355 Ausgangspunkt für die Frage welche Angriffs- und Verteidigungsmittel gemäß § 282 Abs. 2 vor der mündlichen Verhandlung mitzuteilen sind, ist § 282 Abs. 1 ZPO. Aus dem Kreis der Tatsachen, die demnach in der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden müssen, sind diejenigen, vorher mitzuteilen „auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann“. Schriftsätzliche Ankündigung des Vorbringens ist daher überflüssig, wenn der Gegner sich vor der mündlichen Verhandlung schon zum einschlägigen Tatsachenstoff geäußert hat.356 Im Übrigen lässt sich eine allgemein gültige Antwort auf die Frage, in welchen Fällen der Gegner sich ohne vorhergehende Erkundigungen nicht erklären kann, nicht geben.357 Vielmehr muss das Gericht, wenn der Gegner sich nicht äußert, jeweils im Einzelfall prüfen, ob die Partei aus ihrer damaligen Sicht davon ausgehen durfte, dass der Gegner sich zu ihrem Vorbringen ohne Erkundigung äußern kann.358 Abzustellen ist hierbei auf einen ordentlich vorbereiteten und mit dem Sachverhalt vertrauten Gegner. So wird die Partei in der Regel davon ausgehen können, dass der Gegner zu Angriffs- und Verteidigungsmitteln, die schon in der vorprozessualen Korrespondenz streitig waren, Stellung nehmen kann. Werden dagegen erstmals umfangreiche Ausführungen zu schwierigen technischen Fragen gemacht, wird man nicht davon ausgehen können, dass der Gegner sich dazu ohne Erkundigungen erklären kann.359 Bei seiner Prüfung wird das Gericht berücksichtigen, dass Ziel des § 282 Abs. 2 ist, den Gegner vor Überraschungen zu schützen.360 Die Partei ist nicht zur Mitteilung verpflichtet, wenn nach dem bisherigen Prozessgeschehen anzunehmen ist, dass sich der Anwalt erst noch um Informationen seitens der Partei bemühen muss.361 Würde § 282 Abs. 2 ZPO eine solch weite Mitteilungs352 5103
1 Stein/Jonas/Leipold § 282 Rdn 12. 353 25104 BGH NJW 1992, 1965; BGH NJW 1993, 1926, 1928; BGH MDR 2005, 1006. 354 35105 Weth S. 136 f, 193. 355 45106 Vgl. BVerfG NJW 1989, 707; BVerfG NJW 1993, 1319; Weth S. 193. 356 55107 Weth S. 193.
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357 5108
6 Weth S. 193. 358 75109 BGH 16.12.1981, NJW 1982, 1533, 1534; Kallweit S. 131. 359 85110 Weth S. 194. 360 95111 Weth S. 194 mwN 361 5112 10 So aber Stein/Jonas/Leipold § 282 Rdn 29; wie hier MünchKomm/Prütting Rdn 141.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
pflicht begründen, würde nicht nur der Gegner vor Überraschungen seitens der Partei, sondern auch der nachlässige Anwalt geschützt. Könnte die Partei aus dessen Schriftsatz entnehmen, dass er die Angelegenheit mit der Partei ungenügend besprochen hat wäre sie zur Mitteilung des Vorbringens verpflichtet. Man wird daher die Ankündigungspflicht dahin einschränken müssen, dass eine Informationspflicht der Partei nur dann greift, wenn Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgetragen werden, die solche Erklärungen des gegnerischen Anwalts erfordern, die dieser auch bei sorgfältiger Vorbereitung des Rechtsstreits und Besprechung zwischen Anwalt und Mandant nicht geben kann, ohne vorher mit dem Mandanten gesprochen zu haben.362 Der nach § 282 Abs.2 ZPO erforderliche Vortrag ist vor der mündlichen Verhandlung so rechtzeitig mitzuteilen, dass der Gegner erforderliche Erkundigungen noch einzuholen vermag. Der BGH hat eine Frist von drei Wochen vom Eingang des Schriftsatzes bei Gericht bis zur mündlichen Verhandlung für erforderlich gehalten.363 Eine dreiwöchige Frist wird man unter normalen Umständen als ausreichend ansehen müssen. Wird diese Frist eingehalten, wird in der Regel kein Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht vorliegen.364 Konnte eine Partei die Frist nicht einhalten, weil ihr das Angriffs- oder Verteidigungsmittel erst später bekannt wurde, reicht es aus, wenn sie die Angriffs- und Verteidigungsmittel sofort nach Bekanntwerden mitteilt. Im Übrigen wird das Gericht im Einzelfall prüfen müssen, ob die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel rechtzeitig mitgeteilt hat.365 Von einer Verspätung wird man mit dem OLG Hamm ausgehen können, wenn die Stellungnahme zu einem schriftlichen Sachverständigengutachten und der Antrag auf Ladung des Sachverständigen zum Termin erst vier Werktage vor dem Verhandlungstermin bei Gericht eingehen.366 Was den Inhalt des Parteivorbringens entspricht, so lassen sich keine geringeren Anforderungen daraus herleiten, dass das Gesetz in § 282 Abs. 2 von mitteilen und nicht von vorbringen spricht. Die inhaltlichen Anforderungen ändern sich nicht danach, ob Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der mündlichen Verhandlung vorgetragen oder vor der mündlichen Verhandlung in einem vorbereiteten Schriftsatz mitgeteilt werden.367 Folge des Verstoßes gegen § 282 Abs. 2 ist, dass die Angriffs- und Verteidigungsmittel der Partei, wenn sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden, verspätet sind.368 Bevor eine Zurückweisung nach § 296 Abs. 2 erfolgen kann, muss der Gegner zu diesen Angriffs- und Verteidigungsmitteln Stellung nehmen. Ihm muss dazu auf seinen Antrag hin eine Frist gemäß § 283 eingeräumt werden. Auf Grund des dann eingehenden Schriftsatzes des Gegners entscheidet das Gericht, ob die Angriffsund Verteidigungsmittel den Prozess verzögern.369
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2. Verzögerung Wie Abs. 1 setzt auch Abs. 2 des § 296 eine Verzögerung voraus. Die Verzögerung ist nach der absoluten Theorie zu bestimmen und liegt vor, wenn der Rechtsstreit bei Zulassung der Angriffs- und Verteidigungsmittel länger dauern würde als bei deren Zurückweisung. Zu den Einzelheiten vgl. oben Rdn 99. 362 5113
1 Weth S. 195. 5114 2363 BGH NJW 1982, 1533, 1534; zust. MünchKomm/Prütting Rdn 142. 364 35115 Weth S. 195. 365 45116 Kallweit S. 132.
366 5117
5 OLG Hamm BauR 2007, 1610, 1612. 5118 6367 Weth S. 195; MünchKomm/Prütting Rdn 147. 368 75119 BGHZ 94, 195, 213 f = NJW 1985, 1539. 369 85120 Weth S. 196; MünchKomm/Prütting Rdn 143 f.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Eine Zurückweisung gem. § 296 Abs. 2 iVm § 282 Abs. 1 im frühen ersten Termin darf nicht erfolgen, da der frühe erste Termin die erste Gelegenheit zum Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ist.370 Es kommt dann allerdings eine Zurückweisung gem. §§ 296 Abs. 2 iVm 282 Abs. 2 in Betracht. Wenn der frühe erste Termin, wie hier vertreten, vollwertiger Termin zur mündlichen Verhandlung ist, muss er wie ein solcher Termin vorbereitet werden, d.h., die Partei trifft die Verpflichtung aus § 282 Abs. 2, sie muss ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die sich der Gegner ohne vorherige Erkundigung voraussichtlich nicht erklären kann, rechtzeitig vor dem frühen ersten Termin mitteilen. Kommt die Partei dieser Verpflichtung nicht nach, liegt eine Verzögerung dann vor, wenn durch die Zulassung des verspäteten Vorbringens eine sonst mögliche Entscheidung im frühen ersten Termin verhindert wird.371 3. Kausalität
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Wie bei Abs. 1 gilt auch bei Abs. 2, dass nur dann eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens erfolgen darf, wenn die Verletzung der Prozessförderungspflicht durch die Partei die alleinige Ursache der Verzögerung ist. Ist das Verhalten des Gerichts oder eines Dritten mitursächlich für die Verzögerung, darf das Vorbringen nicht zurückgewiesen werden. Zu den Einzelheiten vgl. oben Rdn 133 ff. 4. Verschulden
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Gemäß § 296 Abs. 2 muss die Verspätung im Sinne grober Nachlässigkeit verschuldet sein. Die Verspätung ist dann infolge grober Nachlässigkeit eingetreten, wenn die Partei, die ihr obliegende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich großem Umfang verletzt hat und dasjenige unbeachtet gelassen hat, was jedem Prozessbeteiligtem hätte einleuchten müssen.372 Im Urt. v. 20.3.1997 hat der BGH davon gesprochen, grob nachlässig i.S. des § 296 Abs. 2 handele die Partei, wenn sie ihre Prozessförderungspflicht in besonders hohem Maße vernachlässige, also dasjenige unterlasse, was jeder Partei nach dem Stand des Verfahrens als notwendig hätte einleuchten müssen. Gleiches gilt auch für den Prozessbevollmächtigten und den gesetzlichen Vertreter. Die Feststellung des Vorliegens grober Nachlässigkeit erfordert eine Würdigung aller Umstände, die nötigenfalls gemäß § 139 festzustellen und von der betreffenden Partei darzulegen sind.373 5. Der Hinweis des Gerichts auf die beabsichtigte Zurückweisung
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Eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens durch das Gericht darf nur erfolgen, wenn dieses auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat (vgl. im Einzelnen oben Rdn 149). 6. Rechtsfolge des § 296 Abs. 2
166
Liegen die Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 vor, so können die verspätet vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel zurückgewiesen werden. Nach dem Wortlaut des § 296 Abs. 2 und der ganz h.M374 steht die Zurückweisung im Ermessen 370 5121
1 Deubner NJW 1985, 1140; Weth S. 237. 5122 2371 Weth S. 238. 372 35123 BVerfGE 69, 126, 137 = NJW 1985, 1149; BGH NJW 1982, 1533, 1534; BGH NJW 1983, 2030, 2031; BGH NJW 1987, 501, 502; OLG Düssel-
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dorf NJW 1982, 1888, 1889; OLG Köln ZIP 1984, 759; OLG Oldenburg OLGR Oldenburg, 289. 373 45124 OLG Oldenburg OLGR Oldenburg, 289. 374 55125 BGH NJW 1981, 1218; BGH NJW 1981, 2255;
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
des Gerichts. Zu den Einzelheiten der Feststellung der Zurückweisungsvoraussetzungen und der Entscheidung über die Zurückweisung s. unten VI., Rdn 179 ff und VII., Rdn 191 ff.
V. Die Zurückweisung nach § 296 Abs. 3 ZPO Zulässigkeitsrügen sind Tatsachen und Beweismittel zur Zulässigkeit der Klage.375 Zulässigkeitsrügen des Klägers sind solche, die der Kläger zur Rechtfertigung der Zulässigkeit der Klage in den Prozess einführt. Sie haben keine besondere gesetzliche Regelung erfahren und sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die den „allgemeinen“ Zurückweisungsvorschriften, etwa §§ 296 Abs. 1 und 2 unterfallen.376 Zulässigkeitsrügen des Beklagten sind solche, die der Beklagte in den Prozess einführt, um die Unzulässigkeit der Klage darzutun und gegebenenfalls zu beweisen. Sie unterliegen, insoweit sie verzichtbar sind, der Zurückweisung gem. § 296 Abs. 3, soweit sie von Amts wegen zu berücksichtigen sind, können sie nicht als verspätet zurückgewiesen werden.377 § 296 Abs. 3 ist eine Sonderregelung, die den Bestimmungen der § 296 Abs. 1 und 2 und der § 282 Abs. 1 und 2 vorgeht und diese verdrängt.378 § 296 Abs. 3 ZPO weicht insofern von den „allgemeinen“ Zurückweisungsvorschriften ab, als dass die Verzögerung des Rechtsstreits nicht Voraussetzung der Zurückweisung ist.
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1. Verzichtbare Zulässigkeitsrügen Unstreitig verzichtbare Zulässigkeitsrügen sind die Rüge der fehlenden Ausländersicherheit (§§ 110 ff ZPO)379, die Rüge der fehlenden Kostenerstattung (§ 269 Abs. 6 ZPO) und die Rüge der Schiedsklausel (§ 1032 ZPO)380. Auch die Zulässigkeitsrüge gemäß § 39 ZPO ist, soweit § 40 Abs. 2 nicht entgegensteht, verzichtbar. § 39 geht allerdings als Spezialvorschrift dem § 296 Abs. 3 ZPO vor, wenn der Beklagte sich rügelos zur Hauptsache eingelassen hat. In diesem Fall ist er, ohne dass es auf sein Verschulden ankäme, mit der Zuständigkeitsrüge ausgeschlossen. Nach § 296 Abs. 3 könnte er die Rüge auch noch nach Einlassung zur Hauptsache geltend machen, wenn er dartun könnte, dass er sie ohne sein Verschulden nicht vorher vorgebracht hat.381 § 39 behandelt aber nicht den Fall, dass die Zuständigkeitsrüge innerhalb einer gesetzten Klageerwiderungsfrist (vor der mündlichen Verhandlung) geltend gemacht werden muss. Was die Geltendmachung in der schriftsätzlichen Vorbereitung der mündlichen Verhandlung betrifft, geht § 39 auch nicht § 296 Abs. 3 als Spezialvorschrift vor. Vielmehr ist § 296 Abs. 3 iVm § 282 Abs. 3 einschlägig.382 Versäumt es der Beklagte innerhalb einer gesetzten Klageerwiderungsfrist, die Unzuständigkeit geltend zu machen, ist in der mündlichen Verhandlung gemäß § 296 Abs. 3 iVm § 282 Abs. 3 zu prüfen, ob er mit der verspäteten Rüge zuzulassen ist. Ist dies nicht der Fall, so weist das Gericht die Zuständigkeitsrüge als verspätet zurück mit der
BGH WM 1982, 1281, 1282; OLG Stuttgart NJW 1981, 2581, 2582; Musielak/Huber Rdn 26. 375 5126 1 Vgl. Schröder ZZP 91(1978), 302, 313; Weth S. 76 f. 376 25127 Weth S. 111; MünchKomm/Prütting Rdn 152. 377 35128 Weth S. 111 mwN; MünchKomm/Prütting Rdn 153; Musielak/Huber Rdn 34. 378 45129 BGH WM 2006, 636, 637; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 959.
379 5130
5
BGH NJW 1981, 2646; BGH WM 1990, 374; BGH WM 2006, 636, 638; OLG Hamburg RIW 1983, 124. 380 5131 6 BGH NJW-RR 1988, 1526 f; OLG Frankfurt MDR 1982, 329. 381 75132 MünchKomm/Prütting Rdn 156; vgl. Weth S. 112. 382 85133 OLG Frankfurt OLGZ 19, 99.
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Folge, dass diese als nicht in den Prozess eingeführt gilt. Wird dann zur Hauptsache verhandelt, tritt die Wirkung des § 39 ein, wodurch die Zuständigkeit des Gerichts begründet ist. Daher ist der h.M. darin zu folgen, dass die verspätete Zuständigkeitsrüge in den Anwendungsbereich des § 296 Abs. 3 fällt.383 Während der BGH für Inlandsfälle die Frage offen gelassen hat, ob § 39 Vorrang vor §§ 282 Abs. 3, 296 Abs. 3 hat, hat er die Frage bezüglich der Internationalen Zuständigkeit bejaht. Es kann daher das Fehlen der internationalen Zuständigkeit noch in der mündlichen Verhandlung gerügt werden.384 2. Verspätung
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Die Frage, wann eine Zulässigkeitsrüge verspätet ist, beantwortet § 282 Abs. 3, der die Prozessförderungspflicht der Beklagten hinsichtlich der Tatsachen und Beweismittel zur Zulässigkeit der Klage zum Gegenstand hat. Nach dieser Vorschrift muss der Beklagte sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Zulässigkeitsrügen gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache bzw wenn eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt ist, innerhalb dieser Frist vorbringen. Der Beklagte muss also alle ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel zur Unzulässigkeit der Klage vortragen. 385 Es dürfen nicht bestimmte Zulässigkeitsrügen zunächst einmal zurückgehalten werden.386 Ob der Beklagte rechtzeitig vorgetragen hat, richtet sich danach, ob eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt worden ist. Ist eine Frist nach § 275 Abs.1 S.1 oder § 276 Abs. 1 S. 2 gesetzt worden, muss der Beklagte innerhalb dieser Frist vortragen. Wurde keine Frist gesetzt, so muss der Beklagte seine Zulässigkeitsrügen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor seiner Verhandlung zur Hauptsache (Ausnahme § 1032 Abs. 1 a.E.), und zwar für alle Rechtszüge vortragen.387 Er muss die Zulässigkeitsrügen also vortragen, bevor er zur entscheidenden Streitsache selbst Stellung nimmt. Bringt der Beklagte innerhalb der genannten Frist bzw vor seiner Verhandlung zur Hauptsache Zulässigkeitsrügen überhaupt nicht oder mit ungenügendem Inhalt vor, sind die Zulässigkeitsrügen verspätet, wenn sie dann (nachträglich) in den Prozess eingeführt werden. Hierbei kommt es – anders bei den Angriffs- und Verteidigungsmitteln zur Begründetheit der Klage – nicht darauf an, ob die Klage schlüssig ist. Dies zeigt auch der Wortlaut des § 282 Abs. 3, der anders als der des Abs. 1 nicht auf das nach der Prozesslage Erforderliche abstellt. Es ist auch der Zweck der §§ 296 Abs. 3, 282 Abs. 3, über die Zulässigkeit der Klage umfassend und vor einer Prüfung ihrer Begründetheit, möglichst bereits im ersten Rechtszug, eine abschließende Entscheidung herbeizuführen. Um die Prozessförderungspflicht des § 282 Abs. 3 auszulösen, genügt folglich, dass die Klage erhoben ist. 3. Verzögerung
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Die Verzögerung ist nicht Voraussetzung der Zurückweisung verspäteter Zulässigkeitsrügen. Das Gericht darf daher nicht prüfen, ob die verspäteten Zulässigkeitsrügen den Prozess verzögern.388 383 5134
1
Vgl. nur Weth S. 112 ff; der BGH hat die Frage offen gelassen, BGHZ 134, 127, 134 = NJW 1997, 397. 5135 2384 BGH BGHZ 134, 127,135 = NJW 1997, 397; MünchKomm/Prütting Rdn 156. 385 35136 BGH NJW 1985, 743, 744.
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386 5137
4
OLG Frankfurt MDR 1982, 329; a.A. Grunsky § 529 Rdn 3. 387 5138 5 RGZ 155, 239, 241; BGHZ 37, 264, 267 = NJW 1962, 345 = LM § 110 ZPO Nr. 5; BGH NJW 2001, 3630; BGH NJW-RR 2005, 148.
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4. Verschulden Voraussetzung der Zurückweisung gem. § 296 Abs. 3 ist einfaches Verschulden; es reicht also Fahrlässigkeit aus.389 Zu den Einzelheiten vgl. oben Rdn 144 ff.
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5. Der Hinweis des Gerichts auf die beabsichtigte Zurückweisung Eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens durch das Gericht darf nur erfolgen, wenn dieses auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen hat. Vgl. dazu im Einzelnen oben Rdn 149 ff.
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6. Rechtsfolge des § 296 Abs. 3 Liegen die Voraussetzungen des § 296 Abs. 3 vor, darf die verspätete Zulässigkeitsrüge nicht zugelassen werden. Zu den Einzelheiten der Feststellung der Zurückweisungsvoraussetzungen und der Entscheidung über die Zurückweisung siehe unten VI., Rdn 179 ff und VII., Rdn 191 ff.
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VI. Die Feststellung der Zurückweisungsvoraussetzungen Das Problem der Feststellung der Präklusionsvoraussetzungen hat nicht nur im Gesetzgebungsverfahren eine wichtige Rolle gespielt, es hat auch für die verspätete Partei erhebliche Relevanz. Für diese stellt sich nämlich die Frage, ob sie eine Mitwirkungspflicht bei der Feststellung der Präklusionsvoraussetzungen trifft (etwa bei der Entschuldigung), ob sie also von sich aus tätig werden muss oder ob die Feststellung der Verzögerungsvoraussetzungen allein Aufgabe des Gerichts ist.390
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1. Behauptungslast a) Behauptungslast für das Vorliegen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln. Ob es sich bei dem Parteivorbringen um Angriffs- und Verteidigungsmittel handelt ist eine reine Rechtsfrage. Diese ist vom Gericht zu entscheiden, so dass die Partei insoweit weder eine Behauptungs- noch eine Beweislast trifft. Zulässigkeitsrügen sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, so dass für sie das gleiche gilt.391
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b) Behauptungslast für die Verletzung der Prozessförderungspflicht. Die Entscheidung, ob die Prozessförderungspflicht verletzt wurde, beruht auf Tatsachen. So muss beispielsweise die Tatsache festgestellt werden, wann ein Schriftsatz eingegangen ist. Für dieses Ergebnis spricht die historische Auslegung des § 296 und der Wortlaut des Abs. 1 „wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.“ Die Partei trägt also nur die Behauptungslast für die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sie ein Verschulden an der Verspätung nicht trifft.392 Die Partei trägt die Behauptungslast für die übrigen Zurückweisungsvoraussetzungen nicht. Das Gericht muss diese Tatsachen in den Prozess einbringen.
181
c) Behauptungslast für die Verzögerung sowie die kausale Verknüpfung zwischen Verspätung und Verzögerung. Die Entscheidung über die Verzögerung ist eine Prognoseentscheidung, die sich auf tatsächliche Grundlagen stützt. Für diese Tat-
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388 15139 Weth S. 203. 389 25140 Weth S. 207 mwN 390 35141 Weth S. 273.
391 45142 MünchKomm/Prütting Rdn 164; Weth S. 275. 392 55143 MünchKomm/Prütting Rdn 165; Weth S. 275 ff.
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sachen trägt die Partei nicht die Behauptungslast (vgl. oben Rdn 181). Dies gilt auch für die tatsächlichen Voraussetzungen der Kausalität zwischen Verspätung und Verzögerung.393
183
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d) Behauptungslast für das Verschulden. Im Rahmen der §§ 296 Abs. 1 und 3 muss die Partei die Verspätung entschuldigen, d.h. sie trägt die Behauptungslast für die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sie ein Verschulden an der Verspätung trifft. Hierüber besteht Einigkeit. Entgegen der h.M.394 trägt die Partei auch die Behauptungslast bezüglich derjenigen Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass ihr grobe Nachlässigkeit nicht zur Last fällt (§ 296 Abs. 2).395 Hierfür sprechen die historische und die teleologische Auslegung der Zurückweisungsvorschriften. § 296 Abs. 2 wäre in der Regel nicht anwendbar, wenn die Partei nicht die Behauptungs- und Beweislast bezüglich des Verschuldens treffen würde. Die Tatsachen, die für die Entschuldigung sprechen, werden sich nämlich in aller Regel im internen Bereich der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten abspielen. Das Gericht wird diese Tatsachen in aller Regel gar nicht ohne die Mithilfe der Partei ermitteln können. Können die Tatsachen, die Voraussetzung für die grobe Nachlässigkeit sind, aber nicht ermittelt werden, kann eine Zurückweisung nicht erfolgen. Der Wortlaut des § 296 Abs. 2 spricht nicht gegen diese Auffassung. Diesem lässt sich nichts über die Behauptungs- und Beweislast entnehmen.396 2. Die Beweislast und das Beweismaß
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In der Regel fallen Behauptungs- und Beweislast nicht auseinander. Trägt die Partei nicht die Behauptungslast, so trägt sie auch nicht die Beweislast. Hier bleibt allerdings die Frage zu erörtern, welches Beweismaß in diesen Fällen gilt.
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a) Für die Verletzung der Prozessförderungspflicht sowie die kausale Verknüpfung zwischen Verspätung und Verzögerung. Die Partei trägt nicht die Beweislast. Im Gesetz ist nichts Besonderes geregelt, so dass das Regelbeweismaß gilt. Das Gericht darf folglich nur zurückweisen, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen zu seiner Überzeugung feststehen.397
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b) Für die Verzögerung. Die Partei trägt die Beweislast nicht. Es gilt weder das Beweismaß des § 286 noch des § 287. Nach den Worten des Gesetzes hat die Feststellung der Verzögerung „nach der freien Überzeugung des Gerichts“ zu erfolgen (vgl. dazu oben Rdn 131). Dieses Tatbestandsmerkmal betrifft die Frage, auf welche Weise die tatsächlichen Voraussetzungen der Verzögerung festgestellt und wie diese Feststellungen gewertet werden sollen. Es geht also um Beweisfragen. Die Entscheidung über die Verzögerung ist eine Prognoseentscheidung, die sich auf tatsächliche Grundlagen stützt. Eine Beweisaufnahme für diese Tatsachen darf nicht stattfinden. Das Gericht ist daher, soweit ihm die Tatsachen nicht bekannt sind, auf Schätzungen angewiesen (z.B. wie lange ein Sachverständiger für ein Gutachten braucht).398 Bei dieser Schätzung hat das Gericht gewisse Grenzen zu beachten. Innerhalb dieser hat es aber einen erheblichen Entscheidungsspielraum. Zur Beantwor-
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393 5144
1 Weth S. 279. 394 25145 Vgl. nur BGH NJW 1982, 2559, 2561; BGH WM 1984, 1620, 1622; BGH WM 1985, 264, 267; OLG Köln OLGZ 1985, 488, 489; OLG Köln ZIP 1985, 436, 437; MünchKomm/Prütting Rdn 169. 395 35146 OLG Saarbrücken MDR 1979, 1030; Deubner
1052
NJW 1977, 921, 924; Kallweit S. 70; Schwarz JA 1984, 458, 462. 396 5147 4 Weth S. 279 f. 397 55148 MünchKomm/Prütting Rdn 173; Weth S. 281. 398 65149 Weth S. 222.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
tung, wie dieser auszunutzen ist, können die Ausführungen des Gesetzgebers, es solle bei der Feststellung der Verzögerung die freie Überzeugung des Gerichts gelten, damit das Ziel einer materiell gerechten Entscheidungsfindung nicht stärker als im Interesse der Verfahrenskonzentration notwendig, eingeschränkt werden.399 Dem lässt sich entnehmen, dass der Richter bei der Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen der Verzögerung seinen Spielraum zugunsten des Verspäteten nutzen muss.400 c) Für das Verschulden. Für das Verschulden trägt die Partei die subjektive Beweislast, sie muss auf Verlangen des Gerichts den Beweis für die Tatsache führen, dass sie kein Verschulden trifft. Die Partei trägt aber nicht die objektive Beweislast. Dies folgt aus der verfassungskonformen Auslegung der Zurückweisungsvorschriften (vgl. oben Rdn 13). Wie sich aus § 296 Abs. 4 ergibt, ist bezüglich des einfachen Verschuldens (Abs. 1, Abs. 3) das Beweismaß gesenkt. Es gilt nicht das Regelbeweismaß, sondern die Glaubhaftmachung, d.h. es muss eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Behauptungen der Partei sprechen. Die tatsächlichen Voraussetzungen der groben Nachlässigkeit (Abs. 2) müssen zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen. Insoweit gilt also das Regelbeweismaß.401
189
190
VII. Die Entscheidung über die Zurückweisung 1. Notwendige Zurückweisung Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 296 Abs. 1, 296 Abs. 3 vor, muss das Gericht das verspätete Vorbringen zurückweisen. Die Zurückweisung steht nicht im Ermessen des Gerichts; sie ist zwingende Rechtsfolge.402 Die Partei kann im Fall des § 296 Abs. 1 die Zurückweisung des verspäteten Vorbringens nicht erzwingen. Die Zulassung dieses Vorbringens ist nämlich unanfechtbar. Eine Nachholung der Zurückweisung ist unstreitig nicht möglich.403 Hat das Gericht eine verspätete Zulässigkeitsrüge, die es gem. § 296 Abs. 3 hätte zurückweisen müssen, zugelassen, so ist dies mit Rechtsmittel anfechtbar. Die Zurückweisung dieser Rüge kann nachgeholt werden404, mit dem Ergebnis, dass das Gericht dann in die Sachprüfung eintreten kann. Eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens kann nicht durch übereinstimmende Forderung der Parteien nach Berücksichtigung dieses Vorbringens verhindert werden.405
191 192 193
194
2. Freigestellte Zurückweisung Liegen die Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 vor, können verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel zurückgewiesen werden. Nach dem Wortlaut des § 296 Abs. 2 und der ganz h.M.406 steht die Zurückweisung im Ermessen des Gerichts. Diese Ansicht ist abzulehnen. Stünde die Zurückweisung im Ermessen des Gerichts, läge ein 399 5150
1 BT-Drucks. 7/5250, S. 4. 400 25151 Weth S. 282. 401 35152 MünchKomm/Prütting Rdn 176; Stein/Jonas/ Leipold Rdn 146. 402 45153 Stein/Jonas/Leipold Rdn 123. 403 55154 Vgl. nur BGH NJW 1981, 928; BGH NJW 1981, 1217, 1218; BGH NJW 1981, 1218; BGH NJW 1981, 2255; BGH NJW 1983, 2030.
404 5155
6 BGH NJW 1985, 743. 405 75156 Vgl. Weth S. 286 f. mwN; MünchKomm/Prütting Rdn 178; a.A. Stein/Jonas/Leipold Rdn 124. 406 85157 BGH WM 1982, 1281, 1282; BGH NJW 1981, 1218; BGH NJW 1981, 2255; OLG Stuttgart NJW 1981, 2581, 2582; Musielak/Huber Rdn 26.
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§ 296
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Verstoß gegen das Gebot der prozessualen Waffengleichheit als Ausprägung der Rechtstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes vor. Der Richter könnte nach seinem Belieben in gleicher Situation einmal zurückweisen und ein andermal die Zurückweisung unterlassen. Für eine unterschiedliche Ermessensausübung lassen sich keine tragfähigen Argumente finden. § 296 Abs. 2 ist daher verfassungskonform so auszulegen, dass im Falle des Vorliegens seiner Tatbestandsvoraussetzungen eine Zurückweisung erfolgen muss.407 3. Ausspruch der Zurückweisung
196
Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens erfolgt nicht in einem besonderen Beschluss, sondern ist in den Entscheidungsgrünen des Urteils auszusprechen.408 Bei diesem muss es sich nicht um ein instanzabschließendes Urteil handeln. Die Zurückweisung kann auch in einem Teilurteil, Grundurteil oder Vorbehaltsurteil ausgesprochen werden (str. vgl. oben Rdn 129 ff). Die Tatsachen, die die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zurückweisung erfüllen, müssen in den Entscheidungsgründen angegeben werden.409 4. Wirkung der Zurückweisung
197
Das zurückgewiesene Vorbringen bleibt bei der Entscheidung unberücksichtigt. Die Sachprüfung ist so vorzunehmen, als hätte die Partei das verspätete Vorbringen gar nicht vorgetragen.410 Zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt auch in der Berufungsinstanz ausgeschlossen (§ 531 Abs.1). Die Partei kann die Berücksichtigung des Vorbringens auch nicht dadurch erreichen, dass sie eine neue Klage mit dem gleichen Anspruch unter rechtzeitigem Vorbringen erhebt. Diese Klage wäre unzulässig, da das zurückgewiesene Vorbringen von der Präklusionswirkung der materiellen Rechtskraft erfasst wird. Nur so können die Zurückweisungsvorschriften ihren Zweck erfüllen.411
VIII. Umgehungsmöglichkeiten
198
Die Partei, die weiß oder mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnet, dass ihrem unentschuldigt verspäteten Vorbringen die Zurückweisung droht, wird um den Prozess dennoch zu gewinnen, nach Auswegen suchen.412 Es kommen folgende Möglichkeiten zur Umgehung der Präklusion in Betracht: die Flucht in die Säumnis, die Flucht in die Widerklage, die Flucht in die Klageerweiterung. Die Flucht in die Berufung, die früher ebenfalls in diesem Zusammenhang genannt worden ist, war ein gangbarer Weg, der nunmehr auf Grund von § 531 Abs. 2 nicht mehr beschnitten werden kann.413 1. Flucht in die Säumnis
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a) Vorgehen. Die zurückweisungsbedrohte Partei erscheint oder verhandelt im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so dass gegen sie ein Versäumnisurteil nach §§ 330, 331 ergeht. Hiergegen legt die Partei Einspruch ein (§ 338). Auf Grund 407 5158
1 Vgl. Stickelbrock S. 520 ff; Weth S. 289 f. 5159 2408 Weth S. 295; MünchKomm/Prütting Rdn 177. 409 35160 Vgl. auch BVerfG NJW 1987, 1621 BGH NJWRR 1996, 961. 410 45161 BGH NJW-RR 1996, 961.
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411 5162
5
Weth S. 296; Lüke Recht und Gesetz im Dialog, S. 31, 32. 412 5163 6 Prütting/Weth ZZP 98 (1985), 131, 132. 413 75164 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn 115 f.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296
des Einspruchs wird ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt (§ 341 a). Der Prozess wird in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (§ 342). Damit werden alle früheren Prozesshandlungen bzw Unterlassungen wieder erheblich.414 b) Risiken. Verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im Termin verspätet waren, bleiben dies auch. Der Vorteil der Flucht in die Säumnis ist darin zu sehen, dass das Gericht verpflichtet ist, bei der Vorbereitung des Einspruchstermins alles Zumutbare zu tun, um die Folgen der Fristversäumung auszugleichen. So können im Einspruchstermin verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel Berücksichtigung finden, so dass eine Verzögerung des Rechtsstreits vermieden wird. Die Vorbereitungspflicht des Gerichts ist jedoch begrenzt. So ist es dem Gericht nicht zuzumuten, den Termin zur mündlichen Verhandlung so weit nach hinten zu schieben, dass in diesem Termin verspätetes Vorbringen in vollem Umfang berücksichtigt werden kann. Unzumutbar ist auch eine umfangreiche Beweisaufnahme. Verspätet vorgebrachte Beweisanträge verzögern den Prozess nur dann nicht, wenn die Beweise, die Gegenbeweise und die Folgebeweise im Einspruchstermin erhoben werden können und kein weiterer Termin erforderlich wird. Die Flucht in die Säumnis ist schon von daher riskant. Zudem kann die Gegenpartei die Zulassung verspäteten Vorbringens verhindern, indem sie etwa zahlreiche Zeugen nennt, wodurch eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich wird. Dies schließt die Vorbereitungspflicht des Gerichts aus.415 Weiterhin kann die Gegenpartei den Prozessstoff erheblich ausweiten, indem sie umfänglich – sei es auch ins Blaue hinein – vorträgt. Ihr Vortrag muss lediglich erheblich und schlüssig sein. Ein weiteres Risiko für den Säumigen besteht darin, wenn die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Lage der Akten vorliegen (§ 331a). Die Flucht in die Säumnis wird somit verhindert. Ein weiterer Nachteil dieses Fluchtwegs besteht darin, dass der Säumige die Kostennachteile trägt und gegen ihn ein vorläufig vollstreckbares Urteil besteht.416 Obwohl die Flucht in die Säumnis mit zahlreichen Risiken behaftet ist, muss ein Anwalt bei der Gefahr einer Zurückweisung verspäteten Vorbringens diese Umgehungsmöglichkeit nach Auffassung des OLG Saarbrücken wählen, wenn die Flucht in die Säumnis ein sicherer und erfolgsversprechender Weg zur Vermeidung der Verspätungspräklusion ist.417 Stehe im Einzelfall fest, dass durch die Flucht in die Säumnis die Verspätungspräklusion sicher vermieden werden könne und sich die Gefahren des Vorgehens nicht realisieren werden, so sei der Anwalt aus seiner vertraglichen Pflicht Schaden von seinem Mandanten abzuwenden verpflichtet, entsprechend vorzugehen. Hiergegen bestünden auch keine rechtlichen Bedenken. Zwar werde eine Lücke im Gesetz ausgenutzt, dies sei jedoch nicht illegal.418
200
201
2. Flucht in die Widerklage a) Vorgehen. § 296 ist nach Auffassung der Rechtsprechung des BGH nur anwendbar, wenn der „ganze Rechtsstreit bei Außerachtlassung des verspäteten Vorbringens beendet werden kann“419 Deshalb muss der Rechtsstreit bis zur Entscheidungsreife der Widerklage nicht nur über diese, sondern auch über die verspäteten Angriffs- und 414 5165
1 Prütting/Weth ZZP 98 (1985), 131, 132. 415 25166 BGH NJW 1980, 1102, 1103; BGHZ 76, 173, 179 = NJW 1980, 1105; BGH NJW 1984, 1964, 1965, 1967. 416 35167 Vgl. zum Ganzen Prütting/Weth ZZP 98 (1985), 131, 132; Stein/Jonas/Leipold Rdn 101 ff.
417 5168
4 BGH NJW 2002, 290. 418 55169 OLG Saarbrücken, 6.8.2002, OLG Report 2003, 221, 225. 419 65170 BGHZ 77, 306, 308 = NJW 1980, 2355.
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§ 296
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Verteidigungsmittel zur Klage verhandelt werden. Erst bei Entscheidungsreife der Widerklage kommt eine Präklusion nach § 296 in Betracht. Voraussetzung ist, dass die Erledigung des Rechtsstreits andernfalls verzögert würde. Dies wird nur der Fall sein, wenn die Zeit, bis die Widerklage entscheidungsreif ist, ausreicht, um die verspätet vorgebrachten Tatsachen umfassend zu erörtern und abschließend Beweis darüber zu erheben.420
203
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b) Risiken. Die Flucht in die Widerklage ist ein sicherer Fluchtweg. Der Widerbeklagte könnte lediglich die Entscheidungsreife durch ein sofortiges Anerkenntnis bzw ein Nichtbestreiten der Tatsachen herbeiführen. Um diese Gefahr weiß jedoch der Widerkläger, der die Widerklage als „Zurückweisungsschutzantrag“421 einsetzt, und kann ihr dadurch begegnen, dass er seine Ansprüche und seinen Vortrag geschickt wählt.422 Der Flucht in die Widerklage könnte wirksam nur dann begegnet werde, wenn über die Klage durch Teilurteil entschieden werden könnte. Genau das aber lässt der BGH nicht zu.423 Die Auffassung des BGH ist abzulehnen.424 Ein gewisses (Rest-) Risiko besteht insoweit, als der BGH die Flucht in die Widerklage dann ausschließt, wenn die Widerklage rechtsmissbräuchlich ist, insbesondere nur den Sinn haben kann, den Verspätungsfolgen zu entgehen.425 3. Flucht in die Klageerweiterung
205
206
Bei der Flucht in die Klageerweiterung wird der geltend gemachte Betrag von Seiten des Klägers erhöht.426 Die Klageerweiterung ist der Angriff selbst.427 Er kann nicht zurückgewiesen werden. Auch das Vorbringen, das die Klageerweiterung stützt, ist nicht verspätetet, wenn es mit dieser vorgetragen wird, und kann daher ebenfalls nicht zurückgewiesen werden.428 Entscheidend ist aber, dass nach Auffassung des BGH auch das verspätete Vorbringen zum ursprünglich eingeklagten Betrag nicht zurückgewiesen werden darf.429 So kann der Kläger sein verspätetes Vorbringen dadurch der Zurückweisung entziehen, dass er die Klageforderung geringwertig erhöht. Ein Teilurteil darf nach Ansicht des BGH nicht ergehen.430 Die Auffassung des BGH ist abzulehnen.431 Solange der BGH seine Rechtsprechung nicht ändert, kann die Flucht in die Klageerweiterung als sicherer Fluchtweg bezeichnet werden.
IX. Rechtsmittel 1. Nichtzulassung verspäteter Angriffs- und Verteidigungsmittel
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Die Zurückweisung kann im Wege der ordentlichen Rechtsmittel gegen das Endurteil überprüft werden.432 Liegt die Zurückweisung im Ermessen des erstinstanzlichen Gerichts, wird nur auf Ermessensfehler hin überprüft. Das Rechtsmittelgericht 420 5171
1 Prütting/Weth ZZP 98 (1985) S. 131, 138. 421 25172 Deubner NJW 1980, 2355. 422 35173 Prütting/Weth ZZP 98 (1985), S. 131, 139. 423 45174 BGH MDR 1995, 408. 424 55175 Vgl. Prütting/Weth ZZP 98 (1985), S. 131 ff; eine vermittelnde Lösung vertritt Leipold, vgl. Stein/ Jonas/Leipold Rdn 69 ff. 425 65176 BGH NJW 1986, 2257, 2258. 426 75177 Weth S. 258.
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8 BGH NJW 1986, 2257, 2258. 428 95179 Weth S. 258. 429 5180 10 BGH NJW 1986, 2257, 2258. 430 5181 11 BGH NJW 1986, 2257, 2258. 431 5182 12 MünchKomm/Prütting Rdn 111; Weth S. 257 f. mwN; eine vermittelnde Lösung vertritt Leipold, vgl. Stein/Jonas/Leipold Rdn 69 ff. 432 5183 13 Stein/Jonas/Leipold Rdn 178.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296a
ist nicht befugt die Ermessensausübung zu ersetzen.433 Die Rechtsbegriffe „Verzögerung“, „Verspätung“, „Verschulden“ und „grobe Nachlässigkeit“ unterliegen der vollen Unterprüfung durch das Rechtmittelgericht.434 Das Urteil muss erkennen lassen, auf welche Tatsachen das Gericht die Zurückweisung stützt. Ist dies nicht der Fall und ist deshalb eine Nachprüfung nicht möglich, so liegt ein Verfahrensmangel vor. Erfolgte die Zurückweisung zu Unrecht oder lässt sich nicht erkennen, ob die Zurückweisung auf § 296 Abs. 1 oder Abs. 2 gestützt wird, liegt ebenfalls ein Verfahrensmangel vor.435 Das übergeordnete Gericht ist nicht befugt, die Zurückweisung auf eine andere als die vom Vorgericht angewandte Vorschrift zu stützen. Ein Wechsel der Präklusionsbegründung durch das Rechtsmittelgericht kommt grds. nicht in Betracht.436 Kann das Urteil nicht mit einem Rechtsmittel angefochten werden, kann die fehlerhafte Zurückweisung ggf. mit der Gehörsrüge (vgl. oben II 1 d Rdn 23) und, wenn diese erfolglos ist, mit der Verfassungsbeschwerde angefochten werden (vgl. oben II 1 d Rdn 25).
208
2. Zulassung verspäteter Angriffs- und Verteidigungsmittel Eine Zulassung verspäteten Vorbringens ist nur in den Fällen des § 296 Abs. 3, bei den Zulässigkeitsrügen, anfechtbar.437 Ist in der ersten Instanz die Zurückweisung unterblieben, obwohl das Gericht dazu verpflichtet gewesen wäre, kann sie nicht in den höheren Instanzen nachgeholt werden. Da das Ziel der Verfahrensbeschleunigung nicht mehr erreicht werden kann, darf kein materiell unrichtiges Urteil mehr in Kauf genommen werden.438 Mit der Begründung, das verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel hätte in erster Instanz keine Berücksichtigung finden dürfen, kann somit kein Rechtsmittel gerechtfertigt werden.439
§ 296a Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung 1
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. 2§ 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt. Schrifttum Buchholz Das Einreichen von Schriftsätzen nach der letzten mündlichen Verhandlung, NJW 1955, 535; Bull Aktivierung des Zivilprozesses ZZP 72 (1959), 337; Erdsiek Rückgabe nachträglich eingereichter Schriftsätze? NJW 1955, 939; Fischer Die Berücksichtigung „nachgereichter Schriftsätze“ im Zivilprozeß, NJW 1994, 1315; Geisler Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln Teil 1: Verfahren in der ersten Instanz, AnwBl 2006, 524; Heilberg Das Nachschieben von Schriftsätzen im Zivilprozeß, Seine Ursachen. Seine Beseitigung, JW 1933, 816;
433 5184
1 OLG Köln MDR 1976, 407. 434 25185 BGH VersR 2007, 633. 435 35186 BGH NJW 1987, 501; LG Aurich MDR 2000, 106. 436 45187 BGHZ 166, 227, 230 = NJW 2006, 1741; BGH NJW 1990, 1302, 1304; BGH NJW 1992, 1965; NJW-RR 2005, 1007.
437 5188
5
Stein/Jonas/Leipold Rdn 185; Zöller/Greger Rdn 35. 6 Stein/Jonas/Leipold Rdn 184. 5190 7439 BGH NJW 1981, 928; NJW 1983, 2030; BGH NJW 1991, 1896, 1897; BGHZ 166, 227,232 = NJW 2006, 1741. 438 5189
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§ 296a
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Schneider Problemfälle aus der Prozeßpraxis, Rechtsausführungen in nicht nachgelassenen Schriftsätzen, MDR 1986, 903; Schumann Das Nachschieben von Schriftsätzen im Zivilprozeß, Seine Ursachen. Seine Beseitigung, JW 1933, 814; Schur Die Behandlung neuer Sachanträge nach Schluss der mündlichen Verhandlung ZZP 114 (2001), 319; Walchshöfer Die Berücksichtigung nachgereichter Schriftsätze im Zivilprozeß, NJW 1972, 1028.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Normzweck . . . . . . . . . . . III. Anwendbarkeit
. . . . . . . . .
IV. Eingang nach Schluss mündlicher Verhandlung, auf die das Urteil ergeht . . . . . . . . . . . . . . 1. Schluss der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . 2. Eingang nach Schluss . . . . . .
1
Rdn V. Angriffs- und Verteidigungsmittel .
2
VI. Grundsatz
3
VII. Ausnahmen . . . . . . . . . . 1. Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 . . . . 2. Schriftsatznachlass gem. § 283 . 3. Schriftsatznachlass gem. § 139 Abs. 5 . . . . . . . . . . .
7 7 8
. . . . . . . . . . .
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.
17
. .
18 19
.
20
VIII. Folgen der Nichtberücksichtigung .
21
I. Gesetzesgeschichte
1
Der letztmögliche Zeitpunkt zum Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln war ursprünglich in § 251 CPO 18771 geregelt, der durch die Bekanntmachung 18982 zu § 278 wurde. Mit der Vereinfachungs-Novelle vom 3.12.19763 wurde der heutige § 296a eingefügt, der an die Stelle von §§ 278, 283 getreten ist. Die bisherige Formulierung in § 278, dass Angriffs- und Verteidigungsmittel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, geltend gemacht werden können, wurde durch die negative Ausdrucksweise „nach Schluss der mündlichen Verhandlung, . . ., können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden“ in § 296a ersetzt. Durch das ZPO-RG vom 27.7.20014 wurde in S. 2 der Verweis auf § 139 Abs. 5 aufgenommen.
II. Normzweck
2
Grundsätzlich können Angriffs- und Verteidigungsmittel bis zu dem Zeitpunkt vorgebracht werden, in dem der Vorsitzende die Verhandlung schließt (§ 136 Abs. 4). Allerdings sind diese, selbst wenn sie vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorgebracht wurden, bei einem Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht unter den Voraussetzungen des § 296 zurückzuweisen. Ein nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachter Schriftsatz kann in der Regel nicht mehr berücksichtigt werden.5 Darin liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG.6 § 296a bringt die Prozessförderungspflicht der Parteien7 und den 1 15191 RGBl S. 83, 128. 2 25192 RGBl S. 410, 463. 3 35193 BGBl I S. 3281, 3286. 4 45194 BGBl I S. 1887, 1892. 5 55195 Schneider ZAP Fach 13, 1093, 1094 (ZAP 2001,
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1223, 1224) spricht insofern vom „Schlusspfiff“ im Zivilprozess. 6 65196 BVerfG NJW-RR 1993, 636, 637; BVerfG WuM 1991, 465, 466; BVerfGE 69, 248, 253 = NJW 1985, 3005 f. 7 75197 BT-Drucks. 7/2729 S. 76.
Assmann
1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296a
Vorrang der Prozesswirtschaftlichkeit8 zum Ausdruck. Die Vorschrift dient dem Interesse der Recht suchenden Parteien und der Allgemeinheit, dass Rechtsstreitigkeiten zu einem möglichst schnellen Ende geführt werden. Damit soll einer grob fahrlässigen oder gar absichtlichen Prozessverschleppung entgegengetreten werden.9 § 296a ergänzt insofern § 296.10 Außerdem soll die Vorschrift gewährleisten, dass nach Schluss der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung getroffen wird, die von Vorbringen unbeeinflusst ist, zu dem sich eine Partei nicht äußern konnte.11 Insofern dient die Vorschrift dem Schutz der gegnerischen Partei.12
III. Anwendbarkeit § 296a findet grundsätzlich Anwendung in Verfahren mit notwendiger mündlicher Verhandlung. Im Beschlussverfahren bei freigestellter mündlicher Verhandlung ist § 296a nur dann anwendbar, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.13 § 296a gilt seinem Wortlaut nach nur für Verfahren mit mündlicher Verhandlung. Eine entsprechende Anwendung auf das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ist nicht erforderlich, da dort eine eigene Regelung existiert. Die Bestimmung des Zeitpunkts, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, bringt zum Ausdruck, dass Schriftsätze nach diesem Zeitpunkt nicht mehr berücksichtigt werden. Im Übrigen würde es einer analogen Anwendung widersprechen, wenn man § 296a als Ausdruck des Mündlichkeitsprinzips14 versteht. Im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren gilt § 296a gem. § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren, in dem der Amtsermittlungsgrundsatz herrscht und eine mündliche Verhandlung grundsätzlich obligatorisch ist, ist die Anwendbarkeit des § 296a umstritten.15 § 296a ist auch anwendbar, wenn eine gem. § 79 Abs. 1 S. 3 MarkenG an Verkündungs Statt zugestellte Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung ergeht, nicht dagegen bei Zustellung einer ohne mündliche Verhandlung ergangenen Entscheidung gem. § 79 Abs. 1 S. 4 MarkenG.16 In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet § 296a keine Anwendung.17 Im Beschwerdeverfahren gem. § 111 Abs. 4 BNotO ist § 296a ebenfalls nicht ohne Weiteres anwendbar, jedenfalls dann nicht, wenn nach der Verhandlung eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen soll, der Zeitpunkt ihres Erlasses unsicher ist und für den Antragsteller, den Antragsgegner und andere Verfahrensbeteiligte ungewiss ist, ob sie abschließenden Charakter haben wird.18
8 15198 Haertlein EWiR 2000, 311, 312. 9 25199 Vgl. BGHZ 30, 60, 66 = NJW 1959, 1369, 1370. 10 5200 3 MünchKomm/Prütting Rdn. 1; Hk/Saenger Rdn. 1. 5201 411 Vgl. Hülk/Timme JA 2000, 359, 360; Fischer NJW 1994, 1315, 1316. 5202 512 Hülk/Timme JA 2000, 359, 361; Musielak/ Huber Rdn. 1. 5203 613 MünchKomm/Prütting Rdn. 3; Musielak/
Huber Rdn. 2; Hk/Saenger Rdn. 2; aA OLG München MDR 1981, 1025 für das Beschlussverfahren gem. § 890; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 7. 5204 714 So Musielak/Huber Rdn. 1; Hk/Saenger Rdn. 1. 5205 815 Für die Anwendung Luczak NZA 1992, 917, 918; dagegen Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 17. 5206 916 BPatG GRUR 2001, 166, 168. 17 5207 10 BVerfG NJW 1983, 2017 (Höfeverfahrensrecht). 18 5208 11 BGH DNotZ 1991, 72, 76.
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§ 296a
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
IV. Eingang nach Schluss mündlicher Verhandlung, auf die das Urteil ergeht 1. Schluss der mündlichen Verhandlung
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Schließt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung gem. § 136 Abs. 4 ausdrücklich oder konkludent, indem er einen Termin zur Verkündung der Entscheidung (§ 310) bestimmt, findet § 296a Anwendung. Dies gilt nicht, wenn die Verhandlung vertagt oder ein Beweistermin bestimmt wird. Ergeht nach Schluss der mündlichen Verhandlung lediglich ein Teilurteil (§ 301), findet § 296a keine Anwendung,19 jedenfalls dann, wenn die anschließende Verhandlung noch den im nachgereichten Schriftsatz maßgeblichen Stoff erfassen kann.20 2. Eingang nach Schluss
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Der Schriftsatz muss nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingehen. Geht ein Schriftsatz bereits vor mündlicher Verhandlung bei Gericht ein, ist er zu berücksichtigen, auch wenn er dem Gericht beim Verhandlungstermin nicht vorliegt.21 § 296a findet ebenfalls keine Anwendung, wenn das Gericht den von der Partei in der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz nicht annimmt, den diesbezüglichen Vortrag nicht zur Kenntnis nimmt und die Partei den Schriftsatz nochmals nach der mündlichen Verhandlung bei der Geschäftsstelle einreicht.22
V. Angriffs- und Verteidigungsmittel
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Als Angriffs- und Verteidigungsmittel werden in § 282 Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden beispielhaft aufgeführt (vgl. § 282 Rdn. 15). So handelt es sich bei Berufung auf eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Ermächtigung zur Prozessführung durch den Anspruchsinhaber um Vorbringen eines neuen Angriffsmittels, das gem. § 296a unberücksichtigt bleibt.23 Eine Prozessaufrechnung ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung ebenso ausgeschlossen. Ferner gilt § 296a für die Rüge des Mangels der anwaltlichen Vollmacht (§ 88 Abs. 1),24 nicht jedoch wenn der Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen ist (§ 88 Abs. 2). Keine Angriffs- und Verteidigungsmittel sind der Angriff und die Verteidigung selbst (§ 282 Rdn. 16), so dass § 296a nicht für Sachanträge gilt.25 Diese sind jedoch gem. §§ 256 Abs. 2, 261 Abs. 2 und § 297 nach Schluss der mündlichen Verhandlung unzulässig und deshalb nicht zu berücksichtigen.26 Umstritten ist, ob eine Abweisung als unzulässig zu erfolgen hat, wenn die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet wird.27 5209 119 OLGR Köln 1992, 303. 5210 220 Mit dieser Einschränkung OLGR Celle 2004, 110, 112. 21 5211 3 OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1530. 22 5212 4 Vgl. OLGR Köln 2000, 400, 401. 5213 523 OLGR Brandenburg 1997, 351, 353. 5214 624 MünchKomm/v. Mettenheim § 88 Rdn. 5; offen gelassen von BGH NJW 2006, 60, 61. 5215 725 Zöller/Greger Rdn. 2a; aA OLG Hamburg MDR 1995, 526 (direkte oder analoge Anwendung); OLG München MDR 1981, 502, 503.
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5216 826 Vgl. BGH NJW 2000, 2512, 2513 (Widerklage); BGH NJW-RR 1992, 1085; OLG Karlsruhe NJOZ 2007, 2052, 2053 (Klageerweiterung); OLGR Stuttgart 2003, 395, 396 (Widerklage); OLG Düsseldorf MDR 2000, 1457, 1458 (Klageerweiterung); OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 173 (Widerklage); Fischer NJW 1994, 1315, 1316; Schur ZZP 114 (2001), 319, 320. 5217 927 Dafür: BGH NJW-RR 1992, 1085; OLGR Stuttgart 2003, 395, 396 (Abweisung möglich; Wiederholung des Widerklageantrags in der Berufung ist
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 296a
Nicht unter § 296a fallen auch Rechtsauffassungen (§ 282 Rdn. 18).28 Will das Gericht jedoch das nachträgliche Rechtsvorbringen in seiner Entscheidung berücksichtigen und ist dieser Gesichtspunkt bisher für nicht erheblich gehalten worden (§ 139 Abs. 2), muss es die mündliche Verhandlung wieder eröffnen (§ 156), um der Gegenpartei Gelegenheit zur Äußerung zu geben.29 Schriftsätze, die das bereits Vorgetragene nochmals zusammenfassen, sind an sich überflüssig, können aber auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung berücksichtigt werden.30 Dagegen sind beweiswürdigende Schriftsätze nach erfolgter Beweisaufnahme, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingehen, nicht zu berücksichtigen.31 § 296a gilt nicht für den Beitritt des Streithelfers, weil es sich nicht um ein Angriffsoder Verteidigungsmittel handelt.32 Allerdings kann deren Vorbringen gem. § 296a unberücksichtigt bleiben. Ein Anspruch auf Wiedereröffnung des Verfahrens besteht nicht (vgl. § 66 Rdn. 18). Auch die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache kann nach Schluss der mündlichen Verhandlung erklärt werden, nachdem § 91a die Einreichung eines Schriftsatzes genügen lässt.33
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VI. Grundsatz Grundsätzlich können in Verfahren mit notwendiger mündlicher Verhandlung nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, vorbehaltlich der Regelungen in § 296a S. 2 iVm § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 keine Angriffs- und Verteidigungsmittel mehr vorgebracht werden.34 Dies gilt auch, wenn das nachgeschobene Vorbringen entscheidungserheblich ist und unabhängig davon, ob die Partei die Verspätung verschuldet hat oder nicht.35 Würde das Vorbringen ohne die Voraussetzungen der §§ 283, 156 berücksichtigt, läge ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG und gegen den Mündlichkeitsgrundsatz vor.36 Darin wäre ein wesentlicher Mangel iSd § 538 Abs. 2 Nr. 1 zu sehen.37
als Erhebung einer neuen Widerklage anzusehen); vgl. auch Schur ZZP 114 (2001), 319, 320, der jedoch eine förmliche Zustellung für erforderlich hält, um die Rechtshängigkeit herbeizuführen (348); wohl auch BGH NJW-RR 1997, 1486 (im konkreten Fall die Rechtshängigkeit ablehnend); dagegen: OLG Karlsruhe NJOZ 2007, 2052, 2054; OLG Düsseldorf MDR 2000, 1457, 1458; OLG Hamburg MDR 1995, 526; Fischer NJW 1994, 1315, 1316; offengelassen BGH NJW 2000, 2512, 2513. 5218 128 OVG Münster NJW 1958, 1842; BayVerfGH BayVBl 1987, 157; Geisler AnwBl 2006, 524, 528; Erdsiek NJW 1955, 939; Bull DRiZ 1955, 220, 221; Schur ZZP 114 (2001), 319, 320; vgl. OLGR Hamburg 1999, 48, 50 (Abgrenzung zu Sachvortrag); aA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10; Schneider MDR 1986, 903, 904. 5219 229 Weitergehend Schneider MDR 1986, 903, 905; ders. ZAP Fach 13, 1093, 1094 (ZAP 2001, 1223, 1224).
5220 330 Heilberg JW 1933, 816; Walchshöfer NJW 1972, 1028, 1029; aA Buchholz NJW 1955, 535 f.; Schumann JW 1933, 814, 815 (kein schriftliches Nachverfahren). 5221 431 Walchshöfer NJW 1972, 1028, 1029; Schönke/ Kuchinke ZPR § 58 III 4 (S. 272); aA Bull ZZP 72 (1959), 337, 346 f. 5222 532 AA OLGR München 1994, 142; MünchKomm/ Schultes § 66 Rdn. 24. 5223 633 LG Hamburg MDR 1995, 204, weshalb einer zur Erledigungserklärung eingelegten Berufung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. 5224 734 BayVerfGH NJW-RR 2001, 1645; OLG Düsseldorf NJW 1987, 507, 508. 35 5225 8 Vgl. BVerfG WuM 1991, 465, 466. 36 5226 9 Vgl. Schneider MDR 1986, 903, 904 f.; Verstoß gegen den Verhandlungsgrundsatz, OLG Düsseldorf NJW 1987, 507, 508. 37 5227 10 OLG Düsseldorf DRiZ 1988, 416 (zum alten Recht); Geisler AnwBl 2006, 524, 529.
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§ 296a
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
§ 296a ist zwingendes Recht, so dass eine Heilung gem. § 295 nicht in Betracht kommt.38
VII. Ausnahmen
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Werden Angriffs- und Verteidigungsmittel nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dürfen diese nicht allein unter Berufung auf § 296a unberücksichtigt bleiben. Vielmehr hat das Gericht den Schriftsatz zur Kenntnis zu nehmen und zu prüfen, ob eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten ist,39 selbst wenn das Urteil bereits gefällt, aber noch nicht verkündet ist.40 1. Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156
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Eine Pflicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auf Grund neuen, nicht gem. § 283 nachgelassenen Vorbringens besteht nur dann, wenn dieses Vorbringen auf Grund eines nicht prozessordnungsgemäßen Verhaltens des Gerichts, insbesondere einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 139) oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführt worden ist.41 Ansonsten steht die Wiedereröffnung im freien Ermessen des Gerichts,42 es sei denn, dass ein Wiederaufnahmegrund vorliegt.43 Eine Zurückweisung von nachgereichten entscheidungserheblichen Unterlagen, deren Vorlage die Partei in der mündlichen Verhandlung zugesagt hat, ist unzulässig.44 Allerdings muss die mündliche Verhandlung wieder eröffnet werden, wenn die Unterlagen bei der Entscheidung berücksichtigt werden.45 Will das Gericht das neue Vorbringen trotz § 296a bei seiner Entscheidung berücksichtigen, muss es die mündliche Verhandlung wieder eröffnen, um der Gegenpartei Gelegenheit zur Äußerung zu geben.46 2. Schriftsatznachlass gem. § 283
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Schriftsätze, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung gem. § 283 fristgerecht (§ 283 Rdn. 35) eingereicht worden sind und zulässiges Vorbringen enthalten (vgl. § 283 Rdn. 31 f.), müssen, verspätet eingereichte Erklärungen können berücksichtigt werden (§ 283 S. 2). Dagegen ist Vorbringen, das nicht im Zusammenhang mit dem verspäteten Vortrag steht, von § 283 nicht mehr gedeckt und deshalb gem. § 296a nicht zu beachten.47
5228 138 OLG München MDR 1981, 502, 503. 5229 239 OLGR München 1993, 198, 199; Bull ZZP 72 (1959), 337, 347; Erdsiek NJW 1955, 939; Fischer NJW 1994, 1315, 1317; Dolderer DÖV 2000, 491, 493 für das verwaltungsgerichtliche Verfahren. 5230 340 BGH NJW 2002, 1426, 1427; Geisler AnwBl 2006, 524, 528. 41 5231 4 BGH NJW 2000, 142, 143; BGH NJW 1999, 2123, 2124 f.; BGH NJW 1993, 134; BGHZ 30, 60, 65 = NJW 1959, 1369, 1370; BPatG GRUR 2003, 530, 531; vgl. dazu auch Fischer NJW 1994, 1315, 1317 f.; Schneider ZAP Fach 13, 741, 742 (ZAP 1998, 903, 904); Schur ZZP 114 (2001), 319, 324 ff.; Walchshöfer NJW 1972, 1028, 1030.
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5232 542 BGH NJW 2000, 142, 143; BGH NJW 1986, 1867, 1868; BayVerfGH NJW 1984, 1026, 1027; Geisler AnwBl 2006, 524, 528; vgl. dazu Fischer NJW 1994, 1315, 1318 f. 5233 643 Vgl. BGHZ 53, 245, 262 = NJW 1970, 946, 950; BGHZ 30, 60, 66 = NJW 1959, 1369. 44 5234 7 BGH FamRZ 1996, 1067, 1069. 45 5235 8 OLGR Zweibrücken 2004, 439. 5236 946 BayVerfGH Urt. v. 25.2.1996,Vf. 35-VI–95. 47 5237 10 Vgl. OLG Brandenburg Urt. v. 19.04.07, 12 U 218/06; OLG Nürnberg GesR 2007, 400 f.; OLG München NZG 2000, 202, 203.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 297
3. Schriftsatznachlass gem. § 139 Abs. 5 Für den Fall, dass eine Partei auf einen Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung sich nicht sofort äußern kann, ist dieser auf Antrag ein Schriftsatznachlass innerhalb einer bestimmten Frist zu gewähren (§ 139 Abs. 5). Stellt die Partei keinen dementsprechenden Antrag und erkennt das Gericht auf Grund eines nicht nachgelassenen Schriftsatzes der betroffenen Partei, dass diese sich offensichtlich in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend hat erklären können, ist es gem. § 156 Abs. 2 Nr. 1 zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verpflichtet.48
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VIII. Folgen der Nichtberücksichtigung Angriffs- und Verteidigungsmittel, die gem. § 296a in erster Instanz nicht berücksichtigt worden sind, sind in zweiter Instanz als neue Angriffs- und Verteidigungsmittel anzusehen,49 so dass sie nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.50 Eine Bezugnahme auf diesen Vortrag in der Berufungsbegründungsschrift dürfte wegen § 520 Abs. 3 Nr. 4 nicht genügen.51 Hat dagegen das Gericht erster Instanz den Vortrag entgegen § 296a berücksichtigt, kann dieser Vortrag in zweiter Instanz nicht gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ausgeschlossen werden.52 Nicht berücksichtigte Schriftsätze werden im Original zur Akte genommen53 und Abschriften der Gegenseite lediglich formlos zugesendet.54
§ 297 Form der Antragstellung (1) 1Die Anträge sind aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen. Soweit sie darin nicht enthalten sind, müssen sie aus einer dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schrift verlesen werden. 3Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge zu Protokoll erklärt werden. (2) Die Verlesung kann dadurch ersetzt werden, dass die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, die die Anträge enthalten. 2
Schrifttum A. Blomeyer Antrag und Beschwer, Festschrift für Charalambos N. Fragistas Bd. 1, 1966, S. 462. 5238 148 BGH NJW-RR 2007, 412; BGH FamRZ 2005, 700, 701. 5239 249 Noch zum alten Recht BGH NJW 1983, 2030, 2031; BGH NJW 1979, 2109, 2110; OLG Köln NJW-RR 1990, 1342; vgl. Katzenstein ZZP 121 (2008), 41, 56. 50 5240 3 OLGR Köln 2004, 60, 61; OLGR Düsseldorf 2004, 394, 396 (allerdings zu Unrecht auch auf § 531 Abs. 1 abstellend); OLGR Saarbrücken 2003, 179, 181. 5241 451 Anders noch zum alten Recht BGH NJW-RR 1998, 1514; vgl. auch BGH GRUR 2004, 532,
535. Eine pauschale Bezugnahme genügt jedenfalls nicht, OLGR Naumburg 1998, 131. 5242 552 OLG Hamm VersR 2005, 1444, 1445. 5243 653 Zöller/Greger Rdn. 3; Erdsiek NJW 1955, 939; Fischer NJW 1994, 1315, 1320; Heilberg JW 1933, 816; Walchshöfer NJW 1972, 1028, 1034; aA OLG Düsseldorf OLGRspr 37 (1918), 134 (freies Ermessen); Buchholz NJW 1955, 535, 536; Schumann JW 1933, 814, 815. 5244 754 MünchKomm/Prütting Rdn. 6; Fischer NJW 1994, 1315, 1320.
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§ 297
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug Übersicht Rdn
I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendbarkeit
. . . . . . . . .
IV. Form der Antragstellung . . . . . 1. Antrag iSd § 297 . . . . . . . .
3 4 4
Rdn 2. Form . . . . . . . . . . . . . 3. Zeitpunkt . . . . . . . . . . .
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V. Nichtstellung von Anträgen . . . .
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VI. Beweis der Antragstellung . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
1
Eine ähnliche Regelung enthielt ursprünglich § 269 CPO 18771, der durch die Bekanntmachung 18982 inhaltsgleich zu § 297 wurde. Die Vorschrift sah in Abs. 4 als Rechtsfolge für die Nichtbeachtung die Nichtberücksichtigung der Anträge vor. Außerdem war eine Bezugnahme auf die den Antrag enthaltenden Schriftsätze nicht möglich. Letztere wurde mit dem Änderungsgesetz vom 1.6.19093 durch eine dem heutigen Abs. 2 entsprechende Regelung ermöglicht. Durch das Gesetz zur Entlastung der Landgerichte und zur Vereinfachung des gerichtlichen Protokolls vom 20.12.19744 erhielt § 297 seine heutige Fassung, in der § 297 Abs. 1 S. 3 die Möglichkeit eröffnet, dass ein Antrag auch zu Protokoll erklärt werden kann und nicht stets zunächst selbst schriftlich niedergelegt werden muss. Außerdem ist die Bezugnahme in Abs. 2 (bisher Abs. 4) nicht mehr davon abhängig, ob das Gericht sie für ausreichend hält. Die bisherigen Abs. 3 und Abs. 5 sind als überflüssig entfallen.
II. Normzweck
2
§ 297 ist im Zusammenhang mit § 137 zu sehen. Beide Vorschriften, die eine ausdrückliche Antragstellung erfordern, dienen der prozessualen Klarheit und dem Erfordernis, dass der Gegenstand des Prozesses durch eine konkrete auf die Sachentscheidung des Gerichts ausgerichtete Antragstellung bestimmt werden muss (§ 308).5 § 297 will zu Beweiszwecken sicherstellen, dass Anträge schriftlich formuliert werden, entweder durch den Postulationsfähigen selbst in einem vorbereitenden Schriftsatz (§ 130 Nr. 2) oder in einer Protokollanlage.6 Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge zu Protokoll erklärt werden, also nicht vorher schriftlich niedergelegt werden müssen. Dadurch soll einer Verzögerung des Verfahrens entgegengewirkt werden.7
III. Anwendbarkeit
3
§ 297 gilt auch im amtsgerichtlichen Verfahren, ebenso im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren (§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG).8 Im Schiedsverfahren findet § 297 keine Anwendung, da dort Anträge auch stillschweigend gestellt werden dürfen.9 1 15245 RGBl S. 83, 131. 2 25246 RGBl S. 410, 465. 3 35247 RGBl S. 475, 481. 4 45248 BGBl I S. 3651, 3652 f., in Kraft getreten am 1.1.1975. 5 55249 BAG NJW 2003, 1548, 1549; OLG Frankfurt
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NJW-RR 1998, 280; vgl. auch Schur ZZP 114 (2001), 319, 322. 6 65250 Vgl. Blomeyer FS Fragistas (1966), S. 462, 470. 7 75251 BT-Drucks. 7/2729 S. 76. 8 85252 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 22.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 297
IV. Form der Antragstellung 1. Antrag iSd § 297 § 297 betrifft nur Sachanträge (zum Begriff und Beispielen vgl. § 270 Rdn. 9 ff.), nicht Prozessanträge (zum Begriff und Beispielen vgl. § 270 Rdn. 21 ff.).10 Unter einem Sachantrag ist ein Antrag zu verstehen, durch den die Partei den Inhalt der vom Gericht erbetenen Sachentscheidung bestimmen und nach § 308 Abs. 1 begrenzen will.11 So gilt § 297 für den Klageantrag, den Rechtsmittelantrag einschließlich des Anschließungsantrags, aber auch für die Erweiterung der Klage oder des Berufungsantrags.12 Auch bei dem Musterfeststellungsantrag nach dem KapMuG handelt es sich um einen Sachantrag iSd § 297.13 Die Zustimmung zu einem Parteiwechsel des alten Beklagten stellt einen Sachantrag bezüglich der Entlassung aus dem Rechtsstreit dar.14 Der Schutzantrag gem. § 712 ist Sachantrag, der in der mündlichen Verhandlung gem. § 297 gestellt werden muss.15 Ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils ist hingegen kein Sachantrag,16 obwohl er nur in Verbindung mit einem Sachantrag Bedeutung hat. Gleiches gilt für die Anträge auf Verzichtsurteil oder Entscheidung nach Aktenlage (§ 331a)17, die ebenfalls nicht § 297 unterworfen sind. Abweisungs- und Zurückweisungsanträge des Beklagten stellen lediglich sachbezogene Anträge dar, die nicht unter § 29718 fallen (§ 270 Rdn. 24).19 Die Abstandnahme vom Urkundenprozess20 gem. § 596 bedarf nicht der Verlesung in der mündlichen Verhandlung. Auch Befangenheitsgesuche stellen Prozessanträge dar, die nicht von § 297 erfasst werden.21
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2. Form Die Anträge sind gem. § 297 Abs. 1 S. 1 aus den vorbereitenden Schriftsätzen (§§ 129, 130) oder aus einer dem Protokoll beizufügenden Schrift zu verlesen. Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung des § 297 Abs. 1, Abs. 5, nach der die schriftsatzmäßige Niederlegung unverzichtbar war und ein nur mündlich gestellter Antrag nicht berücksichtigt werden durfte,22 kann der Vorsitzende nach der seit 1.1.1975 gel9 15253 RGZ 149, 45, 49. 5254 210 Blomeyer FS Fragistas (1966), S. 462, 469 f.; Fitting ZZP 7 (1884), 229, 241. 5255 311 Vgl. BGHZ 52, 385, 387 = NJW 1970, 99, 100; KG Rpfleger 2000, 238; OLG Hamm MDR 1992, 308. 12 5256 4 BGH NJW 1993, 269, 270. 13 5257 5 Assmann FG Vollkommer (2006), S. 119, 124; Reuschle NZG 2004, 590, 591; aA OLGR München 2007, 437, 438; vgl. auch Bergdolt/Hell BKR 2007, 145, 146 f. (verfahrensbestimmender Antrag). 5258 614 OLG München NJW 1967, 1812. 5259 715 BGH FamRZ 2003, 598; vgl. auch Wolff ZZP 64 (1950/51), 97, 102 zu Anträgen auf Einräumung von Verurteilungsvorbehalten. 5260 816 Vgl. KG NJW-RR 1994, 1344; Geffert NJW 1978, 1418 (aber dennoch Zustellung erforderlich); aA zugleich Sachantrag enthalten: OLG München MDR 1980, 235; Zöller/Greger Rdn. 3. 5261 917 RGZ 159, 357, 360. 18 5262 10 Anders jedoch im Gebührenrecht, dort Sachan-
trag: OLG München MDR 1991, 165; OLG Koblenz JurBüro 1981, 1518, 1519 (zu § 32 Abs. 1 BRAGO); OLG Koblenz VersR 1978, 353 (LS); Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/MüllerRabe RVG17 (2006) VV 3101 Rdn. 27a. 19 5263 11 BGH NJW 1972, 1373, 1374; BGH NJW 1965, 397; vgl. BGHZ 52, 385, 389; BAG AP Nr. 1 zu § 239 ZPO; OLG Hamm NJW 1972, 773; vgl. dazu auch KG NJW 1970, 616, 617 f.; Thomas/ Putzo/Reichold Rdn. 2; Blomeyer FS Fragistas (1966), S. 462, 470; Schlicht NJW 1970, 1630, 1631; vgl. Münzberg NJW 1961, 540, 541; aA MünchKomm/Prütting Rdn. 6; Musielak/ Huber Rdn. 1 (geringe praktische Bedeutung des Meinungsstreits); Schwab ZZP 72 (1959), 127, 133 f. 20 5264 12 OLG Naumburg NZM 1999, 1007, 1008; aA OLG Köln OLGZ 1994, 466, 469 = VersR 1993, 901, 902. 21 5265 13 OLGR Schleswig 2004, 561, 562. 22 5266 14 RGZ 136, 373, 375 f.; RG JW 1936, 1125; RG JW 1928, 1491 mit Anm. Fürst.
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§ 297
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
tenden Fassung die mündliche Antragstellung zu Protokoll gestatten.23 Sind in den Anträgen, die verlesen worden sind, handschriftliche Veränderungen vorgenommen worden, müssen diese den Zeitpunkt und den Urheber erkennen lassen, da ansonsten Unklarheit darüber herrschen kann, über welchen Antrag entschieden worden ist.24 Die Verlesung von Anträgen gem. § 297 Abs. 1 ist jedoch nicht unbedingt erforderlich. Sie kann gem. § 297 Abs. 2 durch die Bezugnahme auf die Schriftsätze, die die Anträge enthalten, ersetzt werden. Davon wird in der Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht. Die Bezugnahme muss zum Zwecke der Antragstellung erfolgen und es muss deutlich werden, dass es um die Antragstellung geht. Deshalb genügt eine allgemeine Bezugnahme auf Sachvortrag in Schriftsätzen nicht, sondern es muss grundsätzlich ausdrücklich auf bestimmte schriftliche Anträge Bezug genommen werden.25 Gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 2 ist die erfolgte Stellung der Anträge in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen (vgl. § 160 Rdn. 34 f.). Im schriftlichen Verfahren (§ 128 Abs. 2) genügt die schriftliche Niederlegung. Eine Verlesung ist nicht möglich und eine Bezugnahme unnötig. 3. Zeitpunkt
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Die Antragstellung erfolgt grundsätzlich zu Beginn der mündlichen Verhandlung (§ 137 Abs. 1). Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit oder Unteilbarkeit der mündlichen Verhandlung genügt es, wenn die Anträge der Parteien einmal nach § 137 Abs. 1 wirksam gestellt worden sind.26 Eine Wiederholung der Antragstellung in späteren Terminen ist nicht erforderlich,27 auch nicht wenn sich die Besetzung des Gerichts ändert.28 Eine Widerklage kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der erleichterten Form des § 261 Abs. 2 verbunden mit einer der Formen des § 297 erhoben werden. Die beabsichtigte Antragstellung darf nicht abgelehnt werden, auch wenn der Prozessbevollmächtigte der Gegenpartei den Antrag, der den Schriftsatz enthält, nicht als zugestellt annimmt.29
V. Nichtstellung von Anträgen
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Anträge, die nicht verlesen oder auf die nicht Bezug genommen wird, sind nicht zu beachten.30 Die Nichtverlesung in der mündlichen Verhandlung bedeutet aber noch keine Klagerücknahme, sie beseitigt also nicht die Rechtshängigkeit.31 Bei lediglich teilweiser Verlesung hat das Gericht aufzuklären, ob hierin eine teilweise Klagerücknahme liegen soll.32 Die versehentliche Nichtverlesung eines Antrags in erster Instanz kann jedoch gem. § 295 (vgl. § 295 Rdn. 14) oder durch einen in der zweiten Instanz gestellten Antrag geheilt werden.33
5267 123 BGH NJW 1993, 269, 270. 5268 224 So im Fall des OLG Köln NJW 1973, 1848 f. 25 5269 3 BAG NJW 2003, 1548, 1549. 26 5270 4 OLG München FamRZ 1984, 407. 5271 527 OVG Berlin NJW 1968, 1845. 5272 628 OLGR Jena 2004, 170; MünchKomm/Prütting Rdn. 8; aA BAG NJW 1971, 1332, hierzu krit. Kirchner NJW 1971, 2158 f.
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5273 729 OLGR Köln 2004, 137; aA wohl OLG Köln NJW-RR 1999, 882, 883. 30 5274 8 BGH FamRZ 1970, 17, 18; RGZ 59, 397, 398 f. 5275 931 RGZ 169, 249, 253; RGZ 59, 397, 399. 32 5276 10 Zöller/Greger Rdn. 8. 33 5277 11 BGH FamRZ 1981, 944 f.; KG FamRZ 1979, 140.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 298
Auch eine bloß angekündigte Antragsänderung darf nicht berücksichtigt werden.34 Will aber eine Partei einen Antrag stellen und bringt sie dies zum Ausdruck, dann hat das Gericht gem. § 139 auf die richtige Form hinzuweisen. Anträge, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden, sind ebenfalls unbeachtlich (§ 296a Rdn. 10).35 Aus § 297 ergibt sich, dass Sachanträge, wenn sie Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung sein sollen, in der mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen.36 Eine Sachentscheidung kann bei fehlendem Antrag nicht ergehen. Insofern kommt bei entsprechender Antragstellung ein Versäumnisurteil (§§ 330 ff.), ansonsten das Ruhen des Verfahrens (§ 251) in Betracht.37 Wird über einen nicht gestellten Antrag entschieden, ist § 308 verletzt.38
16 17
18 19
VI. Beweis der Antragstellung Bewiesen wird die Verlesung bzw die Bezugnahme durch das Protokoll (§ 165). Durch den Tatbestand (§ 314) kann zwar die Tatsache bewiesen werden, dass Anträge gestellt wurden, aber nicht zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Inhalt. Allerdings kann der Beweis durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden (§ 314 S. 2).39 Fraglich ist, ob bei Schweigen des Sitzungsprotokolls der Tatbestand dem Sitzungsprotokoll vorgeht (vgl. hierzu § 160 Rdn. 35).
§ 298 Aktenausdruck (1) Von einem elektronischen Dokument (§§ 130a, 130b) kann ein Ausdruck für die Akten gefertigt werden. (2) Der Ausdruck muss den Vermerk enthalten, 1. welches Ergebnis die Integritätsprüfung des Dokumentes ausweist, 2. wen die Signaturprüfung als Inhaber der Signatur ausweist, 3. welchen Zeitpunkt die Signaturprüfung für die Anbringung der Signatur ausweist. (3) Das elektronische Dokument ist mindestens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu speichern. Schrifttum Becker Elektronische Dokumente als Beweismittel im Zivilprozess, 2004; Fischer Reform der „Reform der Form“?, KritV 2006, 43; Scherf/Schmieszek/Viefhues Elektronischer Rechtsverkehr, 2006; Schwoerer Die elektronische Justiz, Ein Beitrag zum elektronischen Rechtsverkehr und zur elektronischen Akte unter Berücksichtigung des Justizkommunikationsgesetzes, 2005; Viefhues Das neue Justizkommunikationsgesetz in der anwaltlichen Praxis, ZAP Fach 23, 671
5278 134 Vgl. RG JW 1936, 1125. 5279 235 BGH NJW-RR 1997, 1486; BGH NJW-RR 1992, 1085; OLGR Düsseldorf 2000, 477, 478. 5280 336 BGH NJW-RR 1992, 1085; OLGR Düsseldorf 2000, 477, 478; OLGR Düsseldorf 2000, 415, 417.
5281 437 MünchKomm/Prütting Rdn. 15; Musielak/ Huber Rdn. 4. 5282 538 RG JW 1936, 1125; vgl. RG JW 1903, 48. 5283 639 BAG NJW 1971, 1332.
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§ 298
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
(ZAP 2005, 365); ders. Das Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz, NJW 2005, 1009.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . . III. Elektronische Dokumente . . . . .
Rdn IV. Aktenausdruck
. . . . . . . . .
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2
V. Formerfordernisse für den Ausdruck
12
7
VI. Speicherpflicht gem. § 298 Abs. 3 . .
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I. Gesetzesgeschichte
1
Die Regelung wurde durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22.3.20051 im Rahmen der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz in die ZPO eingefügt. Die Norm ist bisher unverändert geblieben. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung2 enthielt keine Integritätsprüfung. Diese wurde auf Anregung des Bundesrats und des Rechtsausschusses des Bundestags in § 298 Abs. 2 Nr. 1 eingefügt, um die Rechtssicherheit im Umgang mit elektronischen Dokumenten zu erhöhen.3
II. Normzweck
2
Der elektronische Rechtsverkehr4 mit der Justiz ist durch das Formvorschriftenanpassungsgesetz5 gem. § 130a und die Zustellung elektronischer Dokumente durch das Zustellungsreformgesetz6 gem. § 174 Abs. 3 sowie der elektronische Rechtsverkehr innerhalb der Justiz durch das Justizkommunikationsgesetz7 gem. § 130b ermöglicht worden.8 Hierdurch sind die gesetzlichen Grundlagen für die Einreichung von elektronischen Dokumenten bei Gericht und deren Zustellung geschaffen worden. An einigen Bundesgerichten und in den meisten Ländern laufen hierzu bereits mehrere Pilotprojekte.9 Rechtsverordnungen für die Art und Weise der Einreichung von elektronischen Dokumenten sind bereits für die Gerichte des Bundes (§ 130a Rdn. 25)10 und in den Ländern Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen,
1 15284 BGBl I S. 837, 839; in Kraft getreten am 1.4.2005. 2 25285 BT-Drucks. 15/4067 S. 6. 5286 3 3 BT-Drucks. 15/4952 S. 47 f. Das Ergebnis der Integritätsprüfung enthält wichtige Informationen zur Beurteilung der Integrität, der Authentizität und der Gültigkeit der Signatur. 4 45287 Zu den Anfängen des elektronischen Rechtsverkehrs vgl. Fischer KritV 2006, 43, 44 ff.; Viefhues ZAP Fach 23, 671, 672 (ZAP 2005, 365, 366); zu den internationalen Erfahrungen mit der elektronischen Justiz Schwoerer S. 73 ff. mwN. 5288 5 5 Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13.7.2001, BGBl I S. 1542, 1543. 6 65289 Vom 25.6.2001, BGBl I S. 1206, 1207.
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7 75290 Vom 1.4.2005, BGBl I S. 837, 838. 8 85291 Die Justizverwaltungen des Bundes und der Länder und die Berufskammern und -verbände der Rechtsanwälte und Notare streben an, bis zum Jahr 2010 die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizbehörden möglichst flächendeckend in die Lage zu versetzen, die gesamte Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten rechtswirksam elektronisch abzuwickeln, und haben dazu einen Zehn-Punkte-Plan entwickelt, vgl. www.edvgt.de/pages/gemeinsame-kommissionelektronischer-rechtsverkehr.php. 9 95292 Hierzu ausführlich Scherf/Schmieszek/Viefhues/Kuntz A II S. 9 ff.; Schwoerer S. 64 ff. 10 5293 10 Elektronische Rechtsverkehrsverordnung (ERVVOBGH) v. 26.11.2001, BGBl I S. 2335.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 298
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erlassen.11 Da es auch zukünftig Verfahrensbeteiligte geben wird, die noch nicht am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen, muss die Kommunikation mit diesen auf dem herkömmlichen Weg erfolgen, also über formlose Mitteilungen oder Zustellungen von Schriftstücken in Papierformat.12 Die Verfahrensbeteiligten können nicht zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr gezwungen werden.13 Aus diesem Grund ist es erforderlich geworden, die Verfahrensweise für einen Medientransfer14 von einem bei Gericht eingegangenen (§ 130a) oder bei Gericht erstellten elektronischen Dokument (§ 130b) in die Papierform zu regeln. § 298 Abs. 1 lässt diesen Medientransfer zu. Dadurch soll z.B. die Zusendung eines elektronischen Dokuments als Schriftstück an Prozessbeteiligte ermöglicht werden, die nicht über einen elektronischen Zugang verfügen.15 Ein Medientransfer kann auch deshalb erforderlich werden, weil die Gerichtsakte in Papierform geführt wird und ein elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht wird.16 § 298 Abs. 2 trifft eine Regelung für die Formerfordernisse bei dem Medientransfer von einem elektronischen Dokument in einen Aktenausdruck. Die in § 298 Abs. 3 geregelte Speicherpflicht soll einen Beweisverlust vermeiden. § 298 wird ergänzt durch § 298a, der den Transfer von in Papierform eingereichten Schriftstücken in elektronische Dokumente zulässt.17
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III. Elektronische Dokumente Der Begriff „Elektronisches Dokument“ wird in der ZPO, aber auch in anderen Gesetzen nicht definiert, sondern als bekannt vorausgesetzt.18 Unter einem elektronischen Dokument ist die Aufzeichnung einer Erklärung in elektronischer Form zu verstehen, also eine Datei, die unter Verwendung eines Computerprogramms erstellt und abgespeichert wurde.19 Als elektronische Dokumente sind zum einen die in § 130a (vgl. dazu § 130a Rdn. 3 ff.) genannten anzusehen, die von den Prozessbeteiligten erstellt worden sind, und zum anderen die in § 130b (vgl. dazu § 130b Rdn. 2 f.) genannten, die von den Rechtspflegeorganen angefertigt worden sind. Dabei handelt es sich, wenn man die Aufzählung in § 130a betrachtet, in der Regel um Textdateien. Allerdings müssen davon auch Grafik-, Audio- und Videodateien umfasst sein,20 da insbesondere im Hinblick auf § 298a diese bei einer elektronischen Aktenführung ebenfalls in elektronischer Form vorhanden sein müssen. Außerdem ist der Wortlaut des § 130a zu eng, wenn hier nur vorbereitende Schriftsätze erwähnt werden. § 130a findet auch auf bestimmende Schriftsätze Anwendung.21 Nicht erforderlich ist für die Einordnung eines elektronischen Dokuments, dass es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (vgl. § 130b Rdn. 3).22 Nicht als elektro5294 111 Vgl. hierzu www.justiz.de/ERV/. 5295 212 Viefhues ZAP Fach 23, 671, 674 (ZAP 2005, 365, 368). 13 5296 3 Scherf/Schmieszek/Viefhues A I Rdn. 2, S. 3; für eine Verpflichtung der Beteiligten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr spricht sich Schwoerer S. 96 aus. 5297 414 Zu den Problemen bei der Transformation vgl. Roßnagel/Fischer-Dieskau/Wilke CR 2005, 903 ff. 5298 515 BT-Drucks. 15/4067 S. 32.
5299 616 Scherf/Schmieszek/Viefhues/Schmieszek B II § 298 Rdn. 1, S. 34. 5300 717 MünchKomm/Prütting Rdn. 4. 18 5301 8 Vgl. Becker S. 8. 5302 919 Vgl. Becker S. 8 f. 20 5303 10 Für die weite Auffassung im Rahmen des § 371 Berger NJW 2005, 1016, 1017. 21 5304 11 Vgl. zu den Auslegungsproblemen des § 130a Gilles ZZP 118 (2005), 399, 418 f. 22 5305 12 Krüger/Büttner MDR 2003, 181, 185 f. plädieren für den Einsatz einfacher Emails in den Fällen, in
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nisches Dokument ist ein Dokument anzusehen, das durch einen Telefaxdienst, die sog. Telekopie (vgl. § 130 Nr. 6), übermittelt worden ist.23 Die Beweiskraft des Ausdrucks eines öffentlichen elektronischen Dokuments gem. § 298 Abs. 2 regelt § 416a.
IV. Aktenausdruck
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Nach dem Wortlaut des § 298 Abs. 1 kann von elektronischen Dokumenten iSd §§ 130a, 130b ein Ausdruck für die Akten gefertigt werden. Da Zweck des Ausdrucks auch die Zustellung des Schriftstücks an einen Verfahrensbeteiligten sein kann, der über keinen elektronischen Zugang verfügt (Rdn. 2), ist auch ein Ausdruck aus den Akten, wenn diese elektronisch geführt werden, möglich (vgl. § 317 Abs. 3).24 Es handelt sich zwar um eine Kannvorschrift. Allerdings ist ein Papierausdruck eines elektronischen Dokuments dann anzufertigen, wenn die Gerichtsakte in der herkömmlichen Papierform geführt wird, um sog. Hybridakten, die zT elektronisch und zT in Papierform geführt werden, zu vermeiden.25 Von einem gem. § 298 Abs. 1 gefertigten Urteilsausdruck eines in elektronischer Form vorliegenden Urteils können gem. § 317 Abs. 3 Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilt werden, die allerdings noch zusätzlich gem. § 317 Abs. 4 von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtsstempel zu versehen sind.
V. Formerfordernisse für den Ausdruck
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Gem. § 298 Abs. 2 muss der Ausdruck einen Transfervermerk enthalten, der zum einen das Ergebnis der Integritätsprüfung des Dokuments ausweist (Nr. 1).26 Elektronische Dokumente gem. § 130a und § 130b sollen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur27 versehen sein.28 Diese muss dahingehend überprüft werden, ob die übermittelten Daten auf dem Transport nicht verändert worden sind.29 Das geschieht dadurch, dass der sog. Hash-Wert im Zeitpunkt des Signierens und im Zeitpunkt des Ausdrucks verglichen wird. Die Prüfung kann automatisiert erfolgen.30 Außerdem muss in dem Transfervermerk festgestellt werden, wer der Inhaber des mit dem Dokument verbundenen Signaturschlüssels ist (vgl. § 2 Nr. 9 SignaturG) und wann die elektronische Signatur mit dem Dokument verbunden wurde (Nr. 2 und Nr. 3).31 Eine Bestimmung des Zeitpunkts ist z.B. anhand einer mit einem Zeitstempel denen eine formlose Mitteilung genügt (Anwendungsbereiche S. 186 ff.); anders wohl Scherf/ Schmieszek/Viefhues A I Rdn. 15, S. 5 für die Eingangsseite der Justiz (nach erfolgter Signatur), nicht aber für die Ausgangsseite bei formloser Übermittlung (A I Rdn. 27, S. 6). 5306 123 Becker S. 8; Dästner NJW 2001, 3469, 3470. 24 5307 2 Viefhues NJW 2005, 1009, 1012. 25 5308 3 Vgl. Scherf/Schmieszek/Viefhues/Schmieszek B II § 298 Rdn. 13, S. 35. 5309 426 Musielak/Huber Rdn. 3 (zwingende Vorschrift). 5310 527 Vgl. dazu Gassen Digitale Signaturen in der Praxis (2003); einen Überblick über das SignG vom 16.5.2001, in Kraft getreten am 22.5.2001, BGBl I S. 876 gibt Roßnagel NJW 2001, 1817, 1819 ff.
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5311 628 Die Sollvorschrift ist genauso auszulegen wie § 130, nämlich als Mussvorschrift, wenn nicht die Beifügung der Unterschrift aus technischen Gründen ausgeschlossen ist, vgl. Dästner NJW 2001, 3469, 3470 mwN; Stadler ZZP 115 (2002), 413, 420 unter Verweis auf die Niederschrift der 765. Sitzung des BR vom 22.6.2001, S. 322. 5312 729 Vgl. Becker S. 14; Viefhues ZAP Fach 23, 671, 672 f. (ZAP 2005, 365, 366 f.). 30 5313 8 Vgl. BT-Drucks. 15/4952 S. 48. 31 5314 9 Kritisch Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 2, der die dreifache Sorgfaltsprüfung praktisch für zu kompliziert hält.
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versehenen qualifizierten elektronischen Signatur eines akkreditierten Zertifizierungsdiensteanbieters möglich.32 Die genannten Formerfordernisse sind weitgehend denjenigen angeglichen, die für die behördliche Beglaubigung von Ausdrucken öffentlicher elektronischer Dokumente gem. § 33 Abs. 5 VwVfG bestehen.33 Der Ausdruck und der Transfervermerk können maschinell erstellt werden. Deshalb wird auch eine handschriftliche Unterzeichnung des Transfervermerks nicht gefordert.34 Die Rechtsfolgen, die sich an einen mangelhaften Transfervermerk anschließen, hat der Gesetzgeber nicht geregelt und der Rechtsprechung überlassen.35 Der Verweis auf die differenzierten Ergebnisse der Rechtsprechung bei mangelhaften Ausfertigungsvermerken und unrichtigen Ausfertigungen ist wenig hilfreich, da die mögliche Rechtsfolge einer eventuellen Unwirksamkeit der Zustellung für die Konstellationen der §§ 298, 298a wenig brauchbar ist.36 Allenfalls wenn es um die Zustellung von Ausdrucken geht, kann diese Rechtsprechung übertragen werden. § 298 ist als bloße Ordnungsvorschrift konzipiert, so dass ein Verstoß grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Prozesshandlungen oder die Wirksamkeit von gerichtlichen Verfügungen hat.37 Allerdings führt ein Verstoß zum Wegfall der Beweiskraft des Ausdrucks eines öffentlichen elektronischen Dokuments gem. § 416a.38
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VI. Speicherpflicht gem. § 298 Abs. 3 § 298 Abs. 3 sieht bei einem Medientransfer von einem elektronischen Dokument in ein Papierformat vor, dass das elektronische Dokument zu Beweiszwecken mindestens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu speichern ist. Dies gilt allerdings nur, wenn der Ausdruck gem. § 298 Abs. 1 für die Akte gemacht worden ist, also keine elektronische Akte geführt wird.39 Besteht eine elektronische Akte, muss diese für einen längeren Zeitraum nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens aufbewahrt werden, dh das elektronische Dokument darf nicht gelöscht werden, soweit es Teil der elektronischen Akte ist.40 Die Speicherpflicht des elektronischen Dokuments gem. § 298 Abs. 3 entspricht der Aufbewahrungspflicht für das eingescannte Papierformat gem. § 298a Abs. 2 S. 2.41 Damit wird eine aufwendige Identitätsprüfung vermieden, da bei Identitätszweifeln im Laufe des Verfahrens jederzeit auf das gespeicherte elektronische Dokument zurückgegriffen werden kann. Soweit bereits elektronische Akten geführt werden, hat die Regelung keine Bedeutung mehr.42 Die Speicherpflicht betrifft nur originäre elektronische Dokumente iSd § 298 Abs. 1, nicht dagegen schriftliche Papierdokumente, die nachträglich eingescannt wurden.43
5315 132 BT-Drucks. 15/4067 S. 32. 5316 233 BT-Drucks. 15/4067 S. 32. 34 5317 3 BT-Drucks. 15/4067 S. 32. 5318 435 BT-Drucks. 15/4067 S. 32. 5319 536 Vgl. MünchKomm/Prütting Rdn. 11. 5320 637 Scherf/Schmieszek/Viefhues/Schmieszek B II § 298 Rdn. 16, S. 36.
5321 738 MünchKomm/Prütting Rdn. 11. 5322 839 Schwoerer S. 151. 40 5323 9 Viefhues NJW 2005, 1009, 1012. 41 5324 10 BT-Drucks. 15/4067 S. 32. 42 5325 11 Musielak/Huber Rdn. 9; Hk/Saenger Rdn. 4. 43 5326 12 BT-Drucks. 15/4067 S. 32; Viefhues NJW 2005, 1009, 1012.
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§ 298a Elektronische Akte (1) 1Die Prozessakten können elektronisch geführt werden. 2Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Akten geführt werden sowie die hierfür geltenden organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten. 3Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 4Die Zulassung der elektronischen Akte kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden. (2) 1In Papierform eingereichte Schriftstücke und sonstige Unterlagen sollen zur Ersetzung der Urschrift in ein elektronisches Dokument übertragen werden. 2 Die Unterlagen sind, sofern sie in Papierform weiter benötigt werden, mindestens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aufzubewahren. (3) Das elektronische Dokument muss den Vermerk enthalten, wann und durch wen die Unterlagen in ein elektronisches Dokument übertragen worden sind. Schrifttum Gretemann Computer und Justiz, Informationstechnik in der Rechtspflege: Anwendungsmöglichkeiten, Probleme und Lösungen, 1996; Scherf/Schmieszek/Viefhues Elektronischer Rechtsverkehr, 2006; Schwoerer Die elektronische Justiz, Ein Beitrag zum elektronischen Rechtsverkehr und zur elektronischen Akte unter Berücksichtigung des Justizkommunikationsgesetzes, 2005; Viefhues Das Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz, NJW 2005, 1009; ders. Das neue Justizkommunikationsgesetz in der anwaltlichen Praxis, ZAP Fach 23, 671 (ZAP 2005, 365).
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Ermächtigung zur Einführung einer elektronischen Akte . . . . . . .
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Rdn IV. Die elektronische Akte . . . . . . V. Medientransfer
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. . . . . . . . .
8
VI. Aufbewahrungspflicht . . . . . .
11
VII. Transfervermerk . . . . . . . . .
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I. Gesetzesgeschichte
1
§ 298a wurde durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22.3.20051 im Rahmen der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz in die ZPO eingefügt. Die Norm ist bisher unverändert geblieben. Nur im Laufe der Entstehung der Norm wurde in Abs. 2 auf Anregung des Bundesrats klarstellend das Wort „mindestens“ eingefügt, um eine Mindestaufbewahrungsdauer festzulegen.2
1 15327 BGBl I S. 837, 839; in Kraft getreten am 1.4.2005.
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2 25328 BT-Drucks. 15/4952 S. 48.
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II. Normzweck Ebenso wie § 298 ist § 298a durch die Einführung des justiziellen elektronischen Rechtsverkehrs erforderlich geworden. § 298a ermöglicht dem Gericht die Führung elektronischer Akten unter den in § 298a Abs. 1 genannten Bedingungen. Dadurch erhofft man sich eine effizientere Gestaltung von gerichtsinternen Arbeitsabläufen.3 Den §§ 298, 298a entsprechende Regelungen finden sich in § 46d ArbGG, § 55b VwGO, § 52b FGO und § 65b SGG. Zur elektronischen Aktenführung müssen Schriftstücke und Unterlagen, die lediglich in Papierform vorliegen in ein elektronisches Dokument übertragen werden.4 Während also § 298 den Medientransfer vom elektronischen Dokument zur Papierform ermöglicht, regelt § 298a umgekehrt den Medientransfer von der Papierform in ein elektronisches Dokument. In welchen Verfahren und bei welchen Gerichten eine elektronische Aktenführung möglich ist, liegt letztendlich in der Entscheidungsgewalt der Exekutive.5 § 298a wird ergänzt durch § 299 Abs. 3, der die Akteneinsicht in die elektronische Akte regelt.
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III. Ermächtigung zur Einführung einer elektronischen Akte Die Einführung6 einer elektronischen Akte setzt eine Rechtsverordnung der zuständigen Bundes- bzw Landesregierung voraus. Diese werden in § 298a Abs. 1 S. 2 ermächtigt, den Zeitpunkt für die Einführung einer elektronischen Akte sowie die organisatorisch- technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten zu bestimmen. Dabei kann die Zulassung der elektronischen Akte auf bestimmte Gerichte und Verfahren beschränkt werden. Die Landesregierungen können diese Verordnungsermächtigung auf die jeweiligen Landesjustizverwaltungen übertragen. Eine derartige Rechtsverordnung hat bisher die Landesregierung des Landes Hamburg erlassen.7 Außerdem werden einige Pilotprojekte durchgeführt, so z.B. am Bundespatentgericht,8 beim Oberverwaltungsgericht Koblenz,9 beim Finanzgericht Hamburg10 sowie beim Amtsgericht Olpe11. Die verbindliche Einführung einer elektronischen Akte verstößt nicht gegen den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 GG).12
3 15329 Vgl. die von Viefhues ZAP Fach 23, 671 (ZAP 2005, 365) genannte Pressemitteilung der Bundesministerin der Justiz. 4 25330 Zu den Problemen bei der Transformation vgl. Roßnagel/Fischer-Dieskau/Wilke CR 2005, 903 ff. 5 35331 Fischer KritV 2006, 43, 47. 6 45332 Zu den rechtlichen und praktischen Problemen vgl. Hähnchen NJW 2005, 2257, 2258 f. mwN; Fischer DRiZ 2005, 90, 94 f. befürchtet eine duplizierte Aktenführung und fordert zeitgleich eine Änderung der Organisationsstrukturen. 7 55333 HmbGVBl 2006 S. 455. 8 65334 Vgl. dazu das Protokoll der Sitzung des Arbeitskreises „Die elektronische Akte beim Bundespa-
tentgericht − ein Erfahrungsbericht“, www.edvgt.de/media/Tagung07/Protokolle/ eakte-geiger.pdf. 9 75335 Vgl. www.justiz-rlp-portal.de. 5336 810 Vgl. fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/justiz/gerichte/finanzgericht/elektronischer-rechtsverkehr/kurzinfo/start.html. 5337 911 Vgl. www.ag-olpe.nrw.de/service/erv/ziele/intro.htm. 12 5338 10 Schwoerer S. 99 ff. (S. 102); differenzierend Gretemann S. 153 ff.; nach Ansicht von Scherf/ Schmieszek/Viefhues/Schmieszek B II Rdn. 11, S. 37 fällt die Entscheidung über die Aktenführung nicht unter Art. 97 GG.
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§ 298a
Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
IV. Die elektronische Akte
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Als elektronische Akte13 ist die Gesamtheit der bezüglich einer bestimmten Angelegenheit angefallenen und geordneten Schriftstücke in elektronischer Form zu verstehen.14 Sie ersetzt die Akte in Papierform vollständig15 durch elektronisch gespeicherte Dokumente.16 An die Stelle eines Aktendeckels und Blattnummern tritt ein sog. Dokument-Management-System oder ein vergleichbares Programm.17
V. Medientransfer
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Für die Führung einer elektronischen Akte müssen die Dokumente in Papierform in elektronische Dokumente übertragen werden. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass auch nach Umstellung auf eine elektronische Aktenführung noch Schriftstücke in Papierform eingereicht werden.18 Es müssen sämtliche Schriftstücke in elektronische Form umgewandelt werden. Dazu zählen auch sonstige Unterlagen wie z.B. Pläne oder Zeichnungen, nicht aber die Akten der Vorinstanz. Es sollen keine Aktenreste verbleiben. Lediglich bei Unterlagen mit besonders großem Umfang kann ein Medientransfer unterbleiben.19 § 298a Abs. 2 gilt nur für die elektronische Aktenführung während eines laufenden Verfahrens.20 Entscheidet die zuständige Stelle erst nach rechtskräftigem Abschluss eines Verfahrens über den Datentransfer der Prozessakten in eine elektronische Akte, findet § 299a Anwendung. Auch bei § 298a handelt es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift, so dass Verstöße die Wirksamkeit von Prozesshandlungen oder von gerichtlichen Verfügungen nicht berühren.21
VI. Aufbewahrungspflicht
11
Die Aufbewahrungspflicht gem. § 298a Abs. 2 S. 2 betrifft nur solche Unterlagen, die bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter benötigt werden. Dies gilt z.B. für Unterlagen, deren eingescannte Bilddatei nicht denselben Beweiswert hat wie die Originalurkunde.22 Ist das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen, können die eingereichten Unterlagen an die Parteien zurückgegeben werden. 5339 113 Zu den Vorteilen der elektronischen Aktenbearbeitung siehe die Begründung zum Gesetzesentwurf des JKomG BT-Drucks. 15/4067 S. 24; Bacher JurPC Web-Dok. 160/2003, Abs. 2 f.; Gretemann S. 61 ff.; Hähnchen NJW 2005, 2257, 2258; Kodek ZZP 111 (2002), 445, 455 f.; zu den Vor- und Nachteilen Suermann DRiZ 2001, 2293 ff., der sich letztendlich für die Beibehaltung der herkömmlichen Akte ausspricht; vgl. auch Scherf/Schmieszek/Viefhues C IV Rdn. 42 ff., S. 151 ff. 14 5340 2 Vgl. dazu Schwoerer S. 24 f. 5341 315 Dies erscheint allerdings beim Bundespatentgericht nicht möglich bzw unpraktikabel, so dass die elektronische Akte auch Papierbestandteile aufweist, vgl. das Protokoll der Sitzung des Arbeitskreises „die elektronische Akte beim Bundespatentgericht − ein Erfahrungsbericht“,
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www.edvgt.de/media/Tagung07/Protokolle/ eakte-geiger.pdf. 4 Suermann DRiZ 2001, 291. 17 5343 5 Scherf/Schmieszek/Viefhues C IV Rdn. 46, S. 152; Viefhues NJW 2005, 1009, 1013; zutreffend weist hier Hk/Saenger Rdn. 1 auf die anzustrebende Kompatibilität der eingesetzten Systeme hin. 5344 618 BT-Drucks. 15/4067 S. 33. 5345 719 BT-Drucks. 15/4067 S. 33. 5346 820 BT-Drucks. 15/4067 S. 33. 21 5347 9 Scherf/Schmieszek/Viefhues/Schmieszek B II Rdn. 20, S. 39. 22 5348 10 BT-Drucks. 15/4067 S. 33; kritisch hierzu Viefhues NJW 2005, 1009, 1013, der für die Aufbewahrungspflicht auf die Bedeutung des Schriftstücks und die Wahrscheinlichkeit von Streitigkeiten über die Echtheit abstellen will; vgl. 16 5342
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 299
§ 298a Abs. 2 enthält keine Regelung darüber, wer über die Aufbewahrungspflicht entscheidet. Da der Vorsitzende die Verfügungsgewalt über die Akten hat, wird er auch hierfür zuständig sein (vgl. § 299 Rdn. 34). Sinnvoll wäre es, sämtliche eingescannten Dokumente an die Absender zurückzugeben, damit nicht neben der elektronischen Akte auch noch eine Papierakte geführt werden muss.23
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VII. Transfervermerk Gem. § 298a Abs. 3 muss das elektronische Dokument den Vermerk enthalten, wann und von wem24 der Datentransfer vorgenommen worden ist. Dieser kann maschinell erstellt werden. Wo der Vermerk anzubringen ist, wird nicht geregelt. Es dürfte deshalb genügen, diesen Vermerk in den Dokumenteigenschaften der Grafikdatei abzulegen.25 Eine elektronische Signatur ist mangels Außenwirkung nicht erforderlich. Auch eine ausdrückliche Feststellung, dass das Original mit dem elektronischen Dokument übereinstimmt, ist auf Grund der Aufbewahrungspflicht gem. § 298a Abs. 2 S. 2 überflüssig.26 Die Aufbewahrungspflicht und die formalen Voraussetzungen für den Datentransfer gelten nur für den justiziellen Bereich, nicht für den Datentransfer, den der Anwalt selbst durchgeführt hat. Verfahrensrechtlich sind die vom Anwalt eingescannten Dokumente wie Fotokopien zu behandeln.27
§ 299 Akteneinsicht; Abschriften (1) Die Parteien können die Prozessakten einsehen und sich aus ihnen durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. (2) Dritten Personen kann der Vorstand des Gerichts ohne Einwilligung der Parteien die Einsicht der Akten nur gestatten, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird. (3) 1Werden die Prozessakten elektronisch geführt, gewährt die Geschäftsstelle Akteneinsicht durch Erteilung eines Aktenausdrucks, durch Wiedergabe auf einem Bildschirm oder Übermittlung von elektronischen Dokumenten. 2Nach dem Ermessen des Vorsitzenden kann Bevollmächtigten, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, der elektronische Zugriff auf den Inhalt der Akten gestattet werden. 3Bei einem elektronischen Zugriff auf den Inhalt der Akten ist sicherzustellen, dass der Zugriff nur durch den Bevollmächtigten erfolgt. 4Für die Übermittlung ist die Gesamtheit der Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen und gegen unbefugte Kenntnisnahme zu schützen.
auch Viefhues CR 2003, 541, 545; Hk/Saenger Rdn. 3. 1 So der Vorschlag von Viefhues NJW 2005, 1009, 1013, den MünchKomm/Prütting Rdn. 7 wegen der Gesetzesformulierung jedoch nicht oder nur teilweise für gangbar hält. 5350 224 Dies hält Viefhues CR 2003, 541, 545 für überflüssig, wenn keine Bestätigung der inhaltlichen 23 5349
Übereinstimmung des Originals mit dem elektronischen Dokument gefordert wird; ebenfalls kritisch Hk/Saenger Rdn. 4, da dadurch keine Steigerung des Beweiswerts erreicht werde. 5351 325 Viefhues NJW 2005, 1009, 1013. 5352 426 Vgl. BT-Drucks. 15/4067 S. 33. 5353 527 Viefhues ZAP Fach 23, 671, 675 (ZAP 2005, 365, 369).
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
(4) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung gelieferten Arbeiten sowie die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt. Schrifttum Bruns Informationsbeschaffung der Gläubiger bei insolventer GmbH, MDR 2006, 904; Graf/ Wunsch Akteneinsicht im Insolvenzverfahren, ZIP 2001, 1800; Gottwald Auswirkungen des elektronischen Rechtsverkehrs auf Parteivortrag und richterliche Sachbearbeitung im Zivilprozess, Festgabe für Max Vollkommer (2006), S. 259; Haarmeyer/Seibt Akteneinsicht durch Gläubiger und „Dritte“ im Insolvenzverfahren, Rpfleger 1996, 221; Haertlein Die Erteilung von Abschriften gerichtlicher Entscheidungen an wissenschaftlich Interessierte und die Erhebung von Kosten, ZZP 114 (2001), 441; Heil Akteneinsicht und Auskunft im Konkurs, 1995; Hirte Mitteilung und Publikation von Gerichtsentscheidungen − Zum Spannungsverhältnis von Persönlichkeitsschutz und Interessen der Öffentlichkeit, NJW 1988, 1698; Holch Zur Einsicht in Gerichtsakten durch Behörden und Gerichte ZZP 87 (1974), 14; Holzer Die Akteneinsicht im Insolvenzverfahren, ZIP 1998, 1333; Jessnitzer Abschriften gerichtlicher Entscheidungen für Sachverständige, Rpfleger 1974, 423; Liebscher Datenschutz bei der Datenübermittlung im Zivilverfahren, 1994; Pape Akteneinsicht für Insolvenzgläubiger − Ein ständiges Ärgernis, ZIP 2004, 598; ders. Recht auf Einsicht in Konkursakten − ein Versteckspiel für die Gläubiger, ZIP 1997, 1367; Pawlita Die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts im gerichtlichen und behördlichen Verfahren durch Überlassung der Akten in die Rechtsanwaltskanzlei, AnwBl 1986, 1; Prütting Datenschutz und Zivilverfahrensrecht in Deutschland, ZZP 106 (1993), 427; Scherf/ Schmieszek/Viefhues Elektronischer Rechtsverkehr, 2006; Schneider Akteneinsicht durch Aktenüberlassung, MDR 1984, 108; Sendler Anspruch auf Gehör und Effizienz richterlicher Tätigkeit − Urteilsentwurf vor mündlicher Verhandlung?, Festschrift für Peter Lerche (1993), S. 833; Teschner Einsicht in Gerichtsakten und Auskunft aus Gerichtsakten, SchlHA 2002, 221; Uhlenbruck Das Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht im Konkurs- und Vergleichsverfahren, KTS 1989, 527; Wagner Datenschutz im Zivilprozeß, ZZP 108 (1995), 193; Werner Beginn und Ende der Stellung als Prozeßpartei am Beispiel des § 299 ZPO, Festschrift für Hyung-Bae Kim (1995), S. 311; Wullweber Datenschutz im Zivilprozess, in Abel (Hrsg.) Datenschutz in Anwaltschaft, Notariat und Justiz2 (2003), § 9; Zipperer Private und behördliche Einsicht in Insolvenzakten − eine systematische Bestandsaufnahme, NZI 2002, 244.
Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . .
1
II. Normzweck . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendungsbereich . . . . . . .
6
IV. Akteneinsicht und Erteilung von Abschriften usw gem. § 299 Abs. 1 1. Zur Prozessführung . . . . . 2. Begriff der Prozessakten . . . . 3. Kein Verweigerungsrecht . . . 4. Berechtigte Personen . . . . . a) Parteien . . . . . . . . . b) Vertreter . . . . . . . . . c) Insolvenzverfahren . . . . .
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. . . . . . . .
7 9 10 17 18 18 22 23
Rdn 5. Ort der Akteneinsicht . . . . . . 6. Form der Gewährung von Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . 7. Erteilung von Abschriften usw. . . 8. Zuständigkeit . . . . . . . . .
24 26 31 34
V. Akteneinsicht durch Dritte gem. § 299 Abs. 2 . . . . . . . . . . .
35
VI. Ablehnung der Akteneinsicht . . .
42
VII. Kosten . . . . . . . . . . . . .
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VIII. Datenschutz
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 299
I. Gesetzesgeschichte Eine Regelung zur Akteneinsicht befand sich schon in § 271 CPO 18771, der durch die Bekanntmachung von 18982 inhaltsgleich zu § 299 wurde. Das Änderungsgesetz vom 9.7.19273 ersetzte den Begriff „Gerichtsschreiber“ in Abs. 1 durch „Geschäftsstelle“ und durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2.3.19744 wurde Abs. 3 (heute Abs. 4) angepasst.5 Größere Änderungen erfuhr § 299 durch das Formvorschriftenanpassungsgesetz vom 13.7.20016, durch das im neuen Abs. 3 das Einsichtsrecht bei elektronischer Aktenführung auf die Zurverfügungstellung eines Ausdrucks beschränkt wurde7. Der bisherige Abs. 3 wurde zu Abs. 4. Durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22.3.20058 änderte sich der neue Abs. 3 dahingehend, dass die Einsichtnahme auch durch Wiedergabe am Bildschirm oder durch elektronische Übermittlung erfolgen kann, bei Rechtsanwälten auch durch Online-Zugriff auf die elektronische Akte selbst.9
1
II. Normzweck § 299 öffnet den Parteien die Akten bezüglich des Urteilsstoffes (Abs. 1), nimmt davon aber die vorbereitenden richterlichen Arbeiten aus, die noch zu keinen erlassenen Verfügungen oder Erkenntnissen geworden sind (Abs. 4). Er gibt den Parteien die Möglichkeit, sich von den dem Gericht vorliegenden Entscheidungsgrundlagen Kenntnis zu verschaffen und auf Grund dieser Kenntnis dazu Stellung zu nehmen.10 Damit wird dem Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)11 und dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit12 Rechnung getragen. Das Einsichtsrecht gewährleistet die Waffengleichheit der Beteiligten und soll außerdem die effektive Mitwirkung bei der Wahrheitsfindung des Gerichts ermöglichen.13 Weil Art. 103 Abs. 1 GG rechtliches Gehör ohne jegliche Einschränkung gewährt,14 kann die Gegenpartei die Akteneinsicht auch nicht dadurch verhindern, dass sie sich auf ihr Geheimhaltungsinteresse beruft.15 Die Partei hat grundsätzlich ein Einsichtsrecht in sämtliche Dokumente.16 1 15354 RGBl S. 83, 131, § 271 Abs. 1 und 2 CPO entsprachen weitgehend § 299 Abs. 1 und 2, die Regelung in § 299 Abs. 4 fand sich in § 271 Abs. 3 CPO. 2 25355 RGBl S. 410, 466. 3 35356 Gesetz zur Änderung der Bezeichnung Gerichtsschreiberei, Gerichtsschreiber und Gerichtsdiener RGBl S. 175. 5357 4 4 BGBl I S. 469. 5358 5 5 Die Strafverfügung war abgeschafft, so dass sie nicht mehr als Ausnahme zum Einsichtsrecht aufgeführt werden musste. 6 65359 BGBl I S. 1542, 1543. 7 75360 Vgl. BT-Drucks. 14/5561 S. 6 f., 37, 44 f., im ursprünglichen Gesetzesentwurf war keine Änderung des § 299 vorgesehen, während der Bundesrat anregte, generell von jedem elektronisch eingehenden Dokument einen Ausdruck zu machen und somit parallel noch eine „Papierakte“ zu führen. Der Kompromiss im Rechtsausschuss sah dann eine Beschränkung des Einsichtsrechts auf den Ausdruck vor.
8 85361 BGBl I S. 837, 839. 9 95362 Vgl. BT-Drucks. 15/4067 S. 33 und BT-Drucks. 15/4952 S. 7, 48; mit dieser Änderung sollten die Einsichtnahmemöglichkeiten erweitert werden. 10 5363 10 Vgl. BFH NJW 2006, 399, 400. 11 5364 11 Vgl. BVerfGE 18, 399, 405 f. (Einsicht in Strafakten); vgl. BVerfGE 63, 45, 60 (Einsicht in Strafakten); BVerwG NJW 1988, 1280; vgl. Waldner Der Anspruch auf rechtliches Gehör (1989), S. 19 f.; Werner FS Kim (1995), S. 311, 327; Wullweber § 9 Rdn. 11; Wassermann DRiZ 1984, 425, 428. 12 5365 12 Werner FS Kim (1995), S. 311, 327 ff. 13 5366 13 BVerwG NJW 1988, 1280; LG München JurBüro 2000, 260. 14 5367 14 Prütting ZZP 106 (1993), 427, 456; aA Wagner ZZP 108 (1995), 193, 217 f.; vgl. auch Teschner SchlHA 2002, 221, 222. 15 5368 15 Vgl. auch OLG München NJW 2005, 1130, 1131; Wullweber § 9 Rdn. 11. 16 5369 16 Hk/Saenger Rdn. 1.
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Zweites Buch. Verfahren im ersten Rechtszug
Dagegen wird dritten Personen das Einsichtsrecht nur gewährt, wenn die Parteien zustimmen oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird (Abs. 2). Die Regelung in Abs. 3 wurde mit der Eröffnung der Möglichkeit, elektronische Dokumente bei Gericht einzureichen sowie eine elektronische Akte zu führen, erforderlich. Sie bestimmt, auf welche Weise die Akteneinsicht von elektronischen Dokumenten durchgeführt werden kann. Mit der Nichtgewährung von Akteneinsicht in Voten und interne Beratungsunterlagen gemäß Abs. 4 werden die richterliche Unabhängigkeit und die Unbefangenheit der Beratung geschützt.17
III. Anwendungsbereich
6
§ 299 gilt für die Einsicht in die Prozessakten eines Zivilverfahrens. Im Arbeitsgerichtsverfahren findet § 299 gem. § 46 Abs. 2 ArbGG im Urteilsverfahren entsprechende Anwendung,18 aber auch im Beschlussverfahren,19 ebenso im Insolvenzverfahren gem. § 4 InsO20. Besondere Regelungen bestehen für das Schuldnerverzeichnis in § 915, für Aufgebotsakten in §§ 996 Abs. 2, 1001, 1016, 1022 Abs. 2, 1023, für Gerichtsvollzieherakten in § 760, für Akten in der Zwangsversteigerung in § 42 ZVG, für Patentakten in §§ 30 ff. PatG, für Akten des Nichtigkeitsverfahrens und für Rechtsbeschwerdeakten in § 99 Abs. 3 PatG,21 für Kartellakten in §§ 72, 111 GWB, für finanzgerichtliche Prozessakten in § 78 FGO, für sozialgerichtliche Prozessakten in § 120 SGG, für verwaltungsgerichtliche Prozessakten in § 100 VwGO, für Strafakten in § 147 StPO, für Akten im Bußgeldverfahren in §§ 46, 49 OWiG, für Gerichtsakten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in §§ 34, 78 FGG, für das Grundbuch in § 12 GBO, für die Akten der Entschädigungsbehörde in § 193 BEG,22 nicht jedoch im Entschädigungsverfahren, in dem § 299 auch bezüglich der Behördenakten gilt, wenn diese Verfahrensgegenstand werden23. § 100 VwGO, § 78 FGO und § 120 SGG schließen eine entsprechende Anwendung des § 299 Abs. 2 über § 173 VwGO, § 155 FGO und § 202 SGG aus.24
IV. Akteneinsicht und Erteilung von Abschriften usw gem. § 299 Abs. 1
7
Das Akteneinsichtsrecht in § 299 Abs. 1 ist Ausfluss des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).25 Das Einsichtsrecht besteht kraft Gesetzes, so dass es keines Antrags bedarf.26 Wird dennoch ein Antrag gestellt, ist zur Gewährung der Akteneinsicht kein gesonderter Beschluss erforderlich,27 wobei bei nichtanwaltlicher Vertretung des Antragstellers eine schriftliche Beantwortung angezeigt sein kann.28 Das Einsichtsrecht darf auch wiederholt wahrgenommen werden.29 5370 117 Sendler FS Lerche (1993), S. 833, 844 ff. 5371 218 LAG Hamm NJW 1974, 1920; Pawlita AnwBl 1986, 1, 3. 5372 319 Haertlein ZZP 114 (2001), 441, 447. 5373 420 OLGR Celle 2006, 725, 726; OLG Frankfurt ZInsO 2005, 1327, 1328; OLG Celle NJW 2004, 863; OLGR Celle 2004, 191; OLG Celle ZInsO 2004, 204; Wullweber § 9 Rdn. 29; App BuW 2000, 888, 889; Graf/Wunsch ZIP 2001, 1800; Pape ZIP 2004, 598; Zipperer NZI 2002, 244, 251. 5374 521 Vgl. BGH WRP 2007, 1006; BGH NJW 1983, 2448 (unter Aufgabe der Rechtsprechung in
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BGH BIPMZ 1971, 345); vgl. dazu Boehme GRUR 1987, 668 ff. 5375 622 BGH LM Nr. 1 zu § 193 BEG 1956. 5376 723 BGH LM Nr. 2 zu § 193 BEG 1956 = MDR 1973, 580. 24 5377 8 Haertlein ZZP 114 (2001), 441, 450 mwN; Hirte NJW 1988, 1698, 1699; Peglau NJ 1993, 440, 442. 5378 925 OLGR Koblenz 1997, 179; Oswald AnwBl 1983, 253; vgl. auch Marly BB 1989, 770, 771. 26 5379 10 OLG Köln NJW-RR 1986, 1124, 1125. 27 5380 11 OLG Köln NJW-RR 1986, 1124, 1125.
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1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
§ 299
Aus dem Einsichtsrecht folgt kein Rechtsanspruch auf Erteilung von Auskünften aus den Prozessakten.30 Diesbezüglich enthält § 299 Abs. 1 keine Regelung.31 So ist ein Auskunftsverlangen, ob ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet worden ist, nicht von § 299 Abs. 1 erfasst.32
8
1. Zur Prozessführung Den Parteien dient dieses Recht zwar hauptsächlich zur Prozessführung während eines laufenden Verfahrens. Man wird den Parteien jedoch auch nach Rechtskraft des Urteils dieses Recht gewähren müssen.33 Ansonsten setzt § 299 Abs. 1 grundsätzlich ein bestehendes Prozessrechtsverhältnis voraus, so dass vor der Zustellung der Klageschrift34 kein Einsichtsrecht besteht. Da im einstweiligen Verfügungsverfahren das Prozessrechtsverhältnis bereits mit Einreichung des Verfügungsantrags entsteht und eine Zustellung an den Antragsgegner nicht erforderlich ist, kann der Antragsteller die Schutzschrift und der Antragsgegner den Antrag einsehen.35 Dies gilt nicht, wenn lediglich die Schutzschrift, aber noch kein Verfügungsantrag eingegangen ist.36
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2. Begriff der Prozessakten § 299 definiert den Begriff Prozessakten nicht. Der Begriff ist nach dem Zweck des § 299 (Rdn. 2) zu bestimmen und beschränkt sich nicht auf den büromäßigen Begriff von Akten.37 Für jeden Rechtsstreit sind vom Gericht, genauer der Geschäftsstelle, Akten anzulegen (vgl. die AktO der verschiedenen Länder38). Unter Akten versteht man die Sammlung von schriftlichen Dokumenten, in der Reihenfolge des Eingangs bei Gericht geordnet und zusammengelegt oder geheftet oder gebunden. Zu den Prozessakten gehören alle schriftlichen oder elektronischen Dokumente (im Fall einer elektro5381 128 Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 9. 5382 229 Scherf/Schmieszek/Viefhues/Schmieszek § 299 Rdn. 9. 5383 330 OLG Frankfurt Rpfleger 1992, 267, das allerdings eine Erteilung von Auskünften unter Berücksichtigung der Belange der Verfahrensbeteiligten nach pflichtgemäßem Ermessen für angebracht hält, wenn die nachgesuchte Auskunft mit Leichtigkeit und ohne besondere Verantwortlichkeit erteilt werden kann; noch weitergehender Uhlenbruck KTS 1989, 527, 530, nach dessen Ansicht im Insolvenzeröffnungsverfahren die Verfahrensbeteiligten, Insolvenzantragsteller und Antragsgegner, unbeschränkt Auskunft erhalten. 5384 431 BGHZ 51, 193, 197. Geht es um Erteilung von Auskünften im Wege der Amtshilfe, handelt es sich um richterliche Tätigkeit, die der Unabhängigkeitsgarantie des § 25 DRiG untersteht. 32 5385 5 OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1630; vgl. dazu Haarmeyer/Seibt Rpfleger 1996, 221, 226; Uhlenbruck KTS 1989, 527, 529 f. will entsprechend § 299 Abs. 2 verfahren. 5386 633 OLG Hamburg NJOZ 2002, 19, 20; Stein/Jonas/ Rdn. 17; MünchKomm/Prütting Leipold21 Rdn. 9; aA vgl. BFH NJW 2006, 399, 400; OLG Colmar OLGRspr 25 (1912), 96; Scherf/
Schmieszek/Viefhues/Schmieszek § 299 Rdn. 8; Werner FS Kim (1995), S. 311, 319; Schneider MDR 1984, 108, 109. 34 5387 7 Werner FS Kim (1995), S. 311, 324. 5388 835 Deutsch GRUR 1990, 327, 330 f.; Krahe Die Schutzschrift (1991), S. 180 ff. 36 5389 9 Prütting ZZP 106 (1993), 427, 458 unter Hinweis auch auf den Datenschutz; Lüke FS Jahr (1993), S. 293, 299 f.; Liebscher S. 95 ff. weist auf die Geltung der Datenschutzgesetze hin, die gegen eine Analogie spricht; gegen eine analoge Anwendung auch Krahe Die Schutzschrift (1991), S. 186 ff.; aA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 5b; May Die Schutzschrift im Arrest und Einstweiligen Verfügungs-Verfahren (1983), S. 99 f. (entsprechend § 299 Abs. 2); Marly BB 1989, 770, 771 ff., der § 299 Abs. 1 analog anwenden will auf in der (arbeitsgerichtlichen) Schutzschrift namentlich bezeichnete potenzielle Antragsteller oder bei einer Schutzschrift gegen unbekannt auf jeden potenziellen Antragsteller; Willikonsky BB 1987, 2013, 2015 will § 299 Abs. 2 anwenden. 37 5390 10 LG München JurBüro 2000, 260; Schneider MDR 1984, 108, 109. 38 5391 11 Vgl. Piller/Hermann Justizverwaltungsvorschriften, 1. Aktenwesen und Geschäftsgang (Fundstellenübersicht).
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nischen Aktenführung), die aus Anlass des Rechtsstreits entstanden und entweder dem Gericht übergeben oder übersendet worden sind oder von ihm selbst herrühren,39 also bestimmende sowie vorbereitende Schriftsätze bzw elektronische Dokumente der Parteien, Protokolle nebst Anlagen (§§ 159, 160, 297), die Prozessvollmacht, die Urschrift der Urteile, Beschlüsse und Verfügungen, Sachverständigengutachten einschließlich des Gutachtens im Insolvenzeröffnungsverfahren40. Zu den Akten zählen auch das Ablehnungsgesuch einer Partei und die dienstliche Äußerung des Richters zu seiner Ablehnung gem. § 4441 oder zu seiner Selbstablehnung42, die Urkunden über die von Amts wegen zu bewirkenden Zustellungen und die Nachweise für öffentliche Zustellungen.43 Außerdem gehören zu den Akten auch die Anlagen zu den Akten, sofern sie lose in den Akten oder auch getrennt von ihnen aufbewahrt werden. Keine Aktenbestandteile sind gerichtsinterne Aufzeichnungen, wie z.B. Nebenprotokollbände.44 Zu den Akten gehören auch Zwangsversteigerungsakten.45 Beiakten sind nur dann den Prozessakten zuzurechnen, wenn auf die darin enthaltenen Schriftstücke in den eigentlichen Prozessakten Bezug genommen ist und sie insoweit einen Teil des Prozess- und Beweismaterials bilden,46 nicht aber wenn diese zur Erledigung von Beweisbeschlüssen herangezogen worden sind47. Sind Strafakten uneingeschränkt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden, unterliegen sie auch der Akteneinsicht.48 Urteile anderer Verfahren, die weder vom Gericht als Beiakte beigezogen noch dem Gericht von einer Prozesspartei vorgelegt worden sind, sondern von einer nicht am Zivilprozess beteiligten Person, werden nicht zum Aktenbestandteil und sind auf Grund des Beibringungsgrundsatzes auch nicht zu berücksichtigen.49 Kopien von Aktenteilen aus anderen Prozessen, die von den Parteien eingereicht worden sind, gehören dagegen zum Akteninhalt.50 Unterhefte des Prozesskostenhilfe-Verfahrens (§ 117 Abs. 2 S. 2) gehören nicht zu den Verfahrensakten (vgl. auch Rdn. 20).51 § 299 betrifft nur die eigenen Akten des Gerichts.52 Werden in einem Zivilprozess Akten einer Behörde beigezogen, wie z.B. Bauakten, Nachlassakten oder Registerakten, entscheidet grundsätzlich die Behörde über das Einsichtsrecht.53 Bei einem Verbot 5392 139 OLG Hamburg OLGRspr 15 (1907), 129. 5393 240 OLGR Celle 2006, 725, 728; OLG Celle NJW 2004, 863, 864; OLG Hamburg NJW-RR 2002, 408, zust. Bork EWiR 2002, 267, 268; OLGR Celle 2002, 114 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 926; OLG Brandenburg KTS 1999, 379, 380; LG Potsdam Rpfleger 1997, 450; Bruns MDR 2006, 904, 906; Graf/Wunsch ZIP 2001, 1800, 1803; Holzer ZIP 1998, 1333; vgl. auch Pape ZIP 2004, 598, 602 und ZIP 1997, 1367, 1369 ff.; Zipperer NZI 2002, 244, 251; dagegen LG Magdeburg Rpfleger 1996, 364, 365 (§ 299 Abs. 3 = Abs. 4 n.F. analog); AG Potsdam Rpfleger 1998, 37. 41 5394 3 OLG Hamburg OLGRspr 15 (1907), 129; aA LG Oldenburg MDR 1972, 615, 616. 5395 442 Vgl. BVerfGE 89, 28, 35 ff. = NJW 1993, 2229, 2230; aA BGH NJW 1970, 1644 noch zum alten Recht, wo § 48 Abs. 2 das rechtliche Gehör versagte, dagegen Schneider JR 1977, 270, 271 ff. 5396 543 OLG Rostock OLGRpsr 1 (1900), 94, 95. 5397 644 OLG Karlsruhe Justiz 1981, 482.
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5398 745 OLG Köln KTS 1991, 204, 205. 5399 846 RG SeuffArch 56 (1901) Nr. 117 (S. 206, 207); RG JW 1901, 35, 36; vgl. auch OLGR Koblenz 1997, 179. 5400 947 RG JW 1904, 67; vgl. auch RG SeuffArch 56 (1901) Nr. 117 (S. 206, 207, Vorlage der Beiakten an den Zeugen nur zur Auffrischung seines Gedächtnisses). 48 5401 10 BayObLG 1975, 275, 281. 49 5402 11 OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 1454, 1455. 50 5403 12 BPatG GRUR 1983, 264, 265. 51 5404 13 Bruns MDR 2006, 904, 906. 52 5405 14 BGH NJW 1952, 305, 306; OLGR Stuttgart 1997, 66, 67. 53 5406 15 OLG München HRR 1936 Nr. 568; LG Lübeck SchlHA 1970, 115 (Beschränkung auf Einsicht durch Rechtsanwälte der Parteien); Schneider MDR 1984, 108, 109 geht grundsätzlich von einer stillschweigenden Ermächtigung der Behörde aus; ebenso Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 12 f., sofern kein Vermerk über Einsichtsverweigerung beigefügt wurde.
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§ 299
durch die Behörde darf das Gericht die Einsicht nicht gewähren. Dies hat aber zur Folge, dass die Behördenakten auch nicht zum Gegenstand der Verhandlung gemacht und dementsprechend auch nicht in der Entscheidung verwertet werden können.54 Auch die Akten des Insolvenzverwalters oder des Zwangsverwalters gehören nicht zu den Akten des Gerichts.55 Überreichte Schriftstücke privater Personen, auf die im Prozess Bezug genommen worden ist, sowie die von Zeugen und Sachverständigen überreichten Hilfsakten unterliegen nicht § 299.56 Das gilt auch für vorgelegte Originalurkunden der Parteien, wie z.B. lose Wechsel, selbst wenn sie zum Zweck der Verwahrung in die Akten genommen worden sind, da diese keine Aktenbestandteile darstellen und zurückzugeben sind,57 ebenso für Handelsbücher58. Verweigert allerdings die Privatperson die Einsicht, dann folgt daraus die Unverwertbarkeit der Unterlagen.59 Sind diese bereits als Beweismittel verwendet worden, muss dementsprechend ein Einsichtsrecht analog § 299 Abs. 1 gewährt werden,60 ebenso wie sie durch Vorlegung gem. §§ 142, 421 ff. in den Prozess einzuführen sind61. Dies gilt auch für Augenscheinsobjekte wie Lichtbilder oder Röntgenaufnahmen, wenn diese Entscheidungsgrundlage werden.62 Verwehrt wird den Parteien im Allgemeinen, Voten63 und Entwürfe richterlicher Verfügungen einzusehen, die nicht existent geworden sind (§ 299 Abs. 4). Gleiches gilt für die mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung angefertigten Textdateien bis zu ihrer endgültigen Fertigstellung, da diese als reine Hilfsmittel anzusehen sind.64 Auf eine Ausarbeitung, die der Vorbereitung für die mündliche Verhandlung dient, ist § 299 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.65 Es darf deshalb auch keinem Anwalt im Regressprozess zum Vorwurf gemacht werden, dass er sie bei der Prüfung der Erfolgsaussichten nicht eingesehen hat.66 Ein Verstoß gegen § 299 Abs. 4 führt jedoch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.67
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3. Kein Verweigerungsrecht Verbote der Mitteilung von Beschlüssen (§§ 834, 922 Abs. 3) sowie der Benachrichtigung von Terminen (§ 336 Abs. 1 S. 2) begründen nicht das Recht, die Einsicht oder das Verlangen nach Abschriften zu verweigern. Die Verweigerung einer rechtzeitig beantragten Akteneinsicht kann eine Ablehnung des Richters rechtfertigen.68
5407 154 BGH LM Nr. 2 zu § 193 BEG 1956 = MDR 1973, 580; BGH NJW 1952, 305, 306. 5408 255 OLGR Stuttgart 1997, 66, 67; Graf/Wunsch ZIP 2001, 1800. 56 5409 3 OLG Hamburg MDR 1960, 501 (Krankheitsgeschichte, also Handakten des verklagten Arztes); KG OLGRspr 9 (1904), 103. 5410 457 RG JW 1905, 438; OLG Kassel ZZP 44 (1914), 271, 272; Schneider MDR 1984, 108, 109. 5411 558 RG JW 1893, 197. 5412 659 OLG Stuttgart BB 1962, 614; Schneider MDR 1984, 108, 109, der darauf hinweist, dass der Richter solche Unterlagen nicht einmal lesen darf; eventuell anders, wenn der Gegner der Verwertung dennoch zustimmt, Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 14. 5413 760 OLGR Schleswig 2007, 614, 615. 5414 861 Bannasch SächsVBl 2007, 6, 7; aA MünchKomm/ Prütting Rdn. 5.
5415 962 OLGR Schleswig 2007, 614, 615 für Lichtbilder auf einer CD-ROM, die von einem gerichtlichen Sachverständigen ausgewertet worden sind. 63 5416 10 Sendler FS Lerche (1993), S. 833, 847; Teschner SchlHA 2002, 221, 222. 64 5417 11 Werner Untersuchungen zum Datenschutz und zur Datensicherung bei der Anwendung Elektronischer Datenverarbeitung im Zivilprozeß (1994), S. 140. 65 5418 12 OLG Frankfurt NJW 2007, 928 mit Anm. Kroppenberg. 66 5419 13 RGZ 154, 41, 47. 67 5420 14 OLG Frankfurt NJW 2007, 928 mit Anm. Kroppenberg. 68 5421 15 BayObLG NJW-RR 2001, 642, 643, zust. Vollkommer EWiR 2000, 937, 938; OLG Köln MDR 2001, 891.
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a) Parteien. Die in § 299 Abs. 1 gewährten Rechte stehen den Parteien zu, dh jeder prozessfähigen Partei, jedem prozessfähigen Streitgehilfen (§§ 66 ff.),69 jedoch nicht schon demjenigen, dem der Streit verkündet worden ist.70 Auch im Anwaltsprozess ist das Einsichtsrecht der prozessfähigen Parteien nicht ausgeschlossen.71 Im einstweiligen Verfügungsverfahren ist der Antragsgegner Partei, auch wenn er nicht angehört und ihm der den Antrag auf einstweilige Verfügung abweisende Beschluss nicht zugestellt wird.72 Im Prozesskostenhilfeverfahren ist dem Gegner zwar Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 118 Abs. 1 S. 1 bezieht sich jedoch nur auf die Stellungnahme zu den sachlichen Voraussetzungen der Bewilligung, also der Erfolglosigkeit oder der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung.73 Insoweit ist der Gegner kraft Gesetzes am Prozesskostenhilfeverfahren beteiligt, so dass ihm diesbezüglich auch ein Einsichtsrecht zusteht. Dies gilt jedoch nicht für die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 S. 2). Insoweit ist er kein Verfahrensbeteiligter und hat dementsprechend weder ein Anhörungs- noch ein Einsichtsrecht.74 Darin liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.75 Der Bezirksrevisor ist jedoch im Fall des § 127 Abs. 3 als Vertreter des Staates im Prozesskostenhilfeverfahren als Verfahrensbeteiligter anzusehen, so dass ihm ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht zu gewähren ist.76 Dem Schuldner steht im Versteigerungsverfahren ein Einsichtsrecht in das Versteigerungsprotokoll zu.77 Drittgläubigern, die einen Vollstreckungstitel besitzen, aber nicht selbst die eidesstattliche Versicherung herbeigeführt haben und davon gem. § 903 innerhalb der nächsten 3 Jahre ausgeschlossen sind, werden den Beteiligten des durchgeführten Vollstreckungsverfahrens gleichgestellt. Ihnen steht deshalb ein Einsichtsrecht in das Schuldnerverzeichnis und das Protokoll, nicht aber in die gesamten Akten78 gem. § 299 Abs. 1 zu.79 Ansonsten sind sie als Dritte gem. § 299 Abs. 2 zu behandeln.80 5422 169 Vgl. BGH VersR 1983, 1043, 1044, wenn er dem Rechtsstreit noch nicht beigetreten ist, steht ihm ein Einsichtsrecht gem. § 299 Abs. 2 zu. 70 5423 2 MünchKomm/Prütting Rdn. 10; Liebscher S. 70. 5424 371 OLG Celle SeuffArch 48 (1893) Nr. 142 (S. 225). 5425 472 OLG Hamburg NJOZ 2002, 19, 20; OLGR Hamm 1994, 96; aA OLG Frankfurt JurBüro 1980, 1913; Zöller/Greger Rdn. 2. 73 5426 5 Holch NJW 1981, 151, 153. 74 5427 6 BGHZ 89, 65, 66 f. = NJW 1984, 740, 741; Holch NJW 1981, 151, 154 f.; Pentz NJW 1983, 1037; Schmid JR 1983, 353 ff.; vgl. dazu auch im Hinblick auf den Datenschutz Prütting ZZP 106 (1993), 427, 442 ff.; aA OLG Hamburg OLGZ 1983, 312, 313; OLG Bremen FamRZ 1982, 832, 833; OLG Celle MDR 1982, 761; OLG Karlsruhe NJW 1982, 2507; OLG Frankfurt JurBüro 1982, 1260, 1262. 75 5428 7 BVerfG NJW 1991, 2078; Holch NJW 1981, 151, 155. 5429 876 OLG Karlsruhe Rpfleger 1988, 425 f. 5430 977 OLG Celle Rpfleger 1982, 388. 78 5431 10 LG Frankenthal Rpfleger 1992, 306; LG Berlin Rpfleger 1989, 468 und Rpfleger 1991, 428 (hier
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allerdings unter Anwendung des § 299 Abs. 2); aA LG Kaiserslautern JurBüro 1993, 436; Mümmler JurBüro 1989, 1746 und 1991, 268. 79 5432 11 OLG Düsseldorf JurBüro 1993, 550 f.; OLG Hamm MDR 1990, 255; KG NJW 1989, 534; OLG Bamberg JurBüro 1989, 1744, 1746 mit Anm. Mümmler; OLG Frankfurt MDR 1989, 465; OLG Celle Rpfleger 1983, 160, 161; LG Krefeld JurBüro 1990, 1346, 1347; LG BadenBaden JurBüro 1990, 1348; LG Hof JurBüro 1990, 1349; vgl. auch Wagner ZZP 108 (1995), 193, 207 f. unter Berücksichtigung des Datenschutzes; Mümmler JurBüro 1991, 268; aA OLG Schleswig MDR 1990, 254; LG Mönchengladbach NJW 1989, 3164 f. 80 5433 12 KG NJW 1989, 534, anders verstanden von BGH NJW 1990, 841, 842, nach dessen Ansicht das KG dem Gläubiger bei fehlendem Vollstreckungstitel das rechtliche Interesse gem. § 299 Abs. 2 abspricht; berechtigt können auch die Gläubiger der Ehefrau sein, die eine Pfändung des Taschengeldanspruchs beabsichtigen, OLG Hamm NJW 1989, 533.
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b) Vertreter. Ein Einsichtsrecht hat außerdem jeder prozessfähige nichtanwaltliche Vertreter der Parteien (§§ 79, 83 Abs. 2), ebenso ihre Anwälte, die im Anwaltsprozess im Gegensatz zu den übrigen Vertretern keine Vollmacht vorzulegen brauchen,81 jedoch nicht der minderjährige Prokurist oder ein sonstiger minderjähriger Bevollmächtigter (§ 165 BGB).
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c) Insolvenzverfahren. Im Insolvenzverfahren steht den Beteiligten, die an die Stelle der Partei treten, also grundsätzlich zunächst nur dem Antragsteller und dem Antragsgegner,82 aber auch dem Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes83 das Einsichtsrecht zu. Durch die Verfahrenseröffnung werden mit der Aufforderung zur Anmeldung ihrer Forderung sämtliche Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO in den Kreis der Beteiligten aufgenommen, die das Akteneinsichtsrecht für sich in Anspruch nehmen können.84 Das Akteneinsichtsrecht im eröffneten Verfahren ist jedoch grundsätzlich auf diejenigen Gläubiger zu beschränken, deren Forderung angemeldet worden ist.85 Ein Einsichtsrecht der Gläubiger kann sich aber auch bereits bei der Anordnung von sichernden Maßnahmen ergeben.86 Bei Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse bzw Rücknahme des Insolvenzantrags oder vor der Verfahrenseröffnung87 können die Gläubiger das Einsichtsrecht nur bei einem rechtlichen Interesse gem. § 299 Abs. 2 geltend machen.88 Dagegen ist den Insolvenzgläubigern bei Einstellung des Verfahrens mangels Masse oder bei sonstiger Beendigung ein Einsichtsrecht gem. § 299 Abs. 1 zu gewähren.89
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5. Ort der Akteneinsicht Die Parteien haben das Recht auf Akteneinsicht in der Geschäftsstelle, grundsätzlich nicht an einem anderen auswärtigen Ort.90 Eine Versendung der Akten ist zulässig 5434 181 KG OLGRspr 2 (1901), 293; aA OLG Breslau OLGRspr 1 (1900), 414. 5435 282 LG Düsseldorf ZIP 2007, 1388; Heil Rdn. 170; vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck InsO12 (2003) § 4 Rdn. 26; Haarmeyer/Seibt Rpfleger 1996, 221, 223; Pape ZIP 2004, 598, 600. 5436 383 Graf/Wunsch ZIP 2001, 1800; Haarmeyer/Seibt Rpfleger 1996, 221, 225; auch dem vorläufigen Insolvenzverwalter und dem Sequester, Holzer ZIP 1998, 1333, 1334. 5437 484 OLGR Celle 2004, 191; OLG Celle ZInsO 2004, 204; LG Düsseldorf ZIP 2007, 1388; LG Karlsruhe ZInsO 2004, 690; einschränkend LG Darmstadt ZIP 1990, 1424, 1425 bei Einsicht in die Protokolle des Gläubigerausschusses, auch App BuW 2000, 888, 889; Pape ZIP 1997, 1367, 1368 (absoluter Ausnahmefall); vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck InsO12 (2003) § 4 Rdn. 29; Graf/Wunsch ZIP 2001, 1800, 1801; Haarmeyer/Seibt Rpfleger 1996, 221, 223; Heil Rdn. 171; Uhlenbruck KTS 1989, 527, 536; dies gilt auch für das Finanzamt als Insolvenzgläubiger, App DStZ 2001, 83. 85 5438 5 OLG Frankfurt ZInsO 2005, 1327, 1328; OLGR Celle 2004, 191, 192; Bruns MDR 2006, 904, 905; zu streng LG Karlsruhe NZI 2003, 327, das darüber hinaus verlangt, dass deren Forderung auch im Insolvenzverfahren zu berücksichtigen ist; vgl. auch Haarmeyer/Seibt Rpfleger 1996, 221, 224; aA LG Bad Kreuznach NZI 2006, 111; Hol-
zer ZIP 1998, 1333, 1336. Dies soll nach Fuchs EWiR 2006, 703 und Bruns MDR 2006, 904, 905 nicht gelten, wenn der Insolvenzgläubiger an der Verfahrensbeteiligung gehindert wird, so dass § 299 Abs. 1 Anwendung findet, das OLG Celle NZI 2006, 475, 476 hat dies dahingestellt sein lassen. 86 5439 6 Graf/Wunsch ZIP 2001, 1800, 1801; vgl. auch Henckel ZZP 109 (1996), 250, 252. 5440 787 Pape ZIP 2004, 598, 600 f.; Uhlenbruck KTS 1989, 527, 533. 5441 888 BGH MDR 2006, 947, 948, dazu Bruns MDR 2006, 904, 905 f., Kind/Heinrich NZI 2006, 433 ff. sowie Smid jurisPR-InsR 16/2006 Anm. 4; OLG Celle NJW 2004, 863; OLG Köln KTS 1989, 439, 440, zust. Brehm EWiR 1989, 99, 100; OLG Braunschweig Rpfleger 1997, 229 f.; Heil Rdn. 174 f.; Bruns MDR 2006, 904, 905; Graf/ Wunsch ZIP 2001, 1800, 1801. 5442 989 Heil Rdn. 176; Graf/Wunsch ZIP 2001, 1800, 1801; Pape ZIP 2004, 598, 601. 90 5443 10 BGH NJW 1961, 559; OLG Naumburg NJOZ 2002, 26, 27; OLG Colmar OLGRspr 15 (1912), 96; kritisch hierzu Schneider MDR 1984, 108, 110 (Recht auf Versendung besteht auch, wenn Ermessensausübung zu der Entscheidung führen muss, dass Akteneinsicht außerhalb der Geschäftsstelle zu gewähren ist.); vgl. BFH NJW 1994, 751, 752 zu § 78 Abs. 1 S. 1 FGO.
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und steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.91 Damit verbietet sich aber eine verbindliche Regelung der Ablehnung oder der Zulassung der Aktenversendung.92 Ebenso wenig besteht ein Recht auf Mitgabe oder Übersendung der Akten in die Wohnung oder in die Kanzlei93, auch wenn dies Anwälten94 oder Sachverständigen oder dem Insolvenzverwalter95 bewilligt werden kann.96 Es kommt auch eine Aktenversendung an das Amtsgericht am Ort des Anwalts in Betracht,97 erforderlichenfalls unter Setzung von Rückgabefristen98. Dagegen bestehen grundsätzliche Bedenken, der Prozesspartei die Prozessakten zur Einsichtnahme in ihren Räumen auszuhändigen.99 Das Interesse an einem reibungslosen Geschäftsgang kann nicht ohne Abwägung mit den Interessen der Parteien in den Vordergrund gestellt werden,100 allerdings kann z.B. bei wiederholtem Antrag101 oder noch zu erledigenden Anträgen auf Akteneinsicht102 der Geschäftsbetrieb erheblich gestört sein. Bei der Ermessensausübung103 können persönliche oder sachliche Gründe von Bedeutung sein, wie z.B. die Zuverlässigkeit des Anwalts oder die Verlustgefahr von unersetzlichen Akten,104 auch der Umfang der Akten,105 die Unentbehrlichkeit der Akte106 oder das Einsichtsrecht mehrerer Beteiligter107. Im Rahmen der Ermessensausübung kann auch überprüft werden, ob eine Versendung überhaupt erforderlich ist.108 Das Einsichtsrecht besteht nur, soweit die Akten nicht versandt sind. Ist die Stelle, an die sie gesendet worden sind, ein Gericht, kann die Einsicht auch am Ort dieses Gerichts gefordert werden. Bei Versendung an Behörden (Staatsanwaltschaften usw) bedarf es dagegen der Genehmigung durch das Gericht, von dem sie versandt sind. Diese wird allerdings in Eilfällen regelmäßig zu erteilen sein, andernfalls müssten die Akten sofort zurückgefordert werden.
5444 191 BGH NJW 1961, 559; OLG Hamm NJW 1990, 843, 844; OLG Schleswig Rpfleger 1976, 108 f.; OLG Nürnberg BayJMBl 1959, 116, 117; Pawlita AnwBl 1986, 1, 3; Teschner SchlHA 2002, 221, 222, der eine Versendung auf dem Postweg für problematisch hält. 5445 292 BSG MDR 1977, 1051; LG Osnabrück JurBüro 1991, 267; LG Krefeld JurBüro 1990, 1346, 1348; Schneider MDR 1984, 108, 109. 93 5446 3 Vgl. VGH München AnwBl 1967, 158, 159 mit krit. Anm. Leeb; OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 1091 (allenfalls an die Geschäftsstelle des örtlichen Amtsgerichts); Gottwald FG Vollkommer (2006), S. 259, 267; aA AK/Deppe-Hilgenberg Rdn. 2. 5447 494 Auch Rechtsbeiständen, die gem. § 209 BRAO in die Rechtsanwaltskammer aufgenommen worden sind, vgl. BVerfG AnwBl 1998, 410, 411. 95 5448 5 LG Hagen Rpfleger 1987, 427 f. mit Anm. Schneider. 5449 696 RGZ 7, 341, 342; OLG Hamm FamRZ 1991, 93 f. (großzügige Ermessensausübung); Hk/ Saenger Rdn. 7 spricht sich unter Hinweis auf § 1 BRAO für grundsätzliche Aktenübersendung an Anwälte aus; Gottwald FG Vollkommer (2006),
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S. 259, 267 (Aktenübersendung ist regelmäßige Praxis). 7 OLG Brandenburg FamRZ 2004, 387, 388. 98 5451 8 Hk/Saenger Rdn. 7. 5452 999 OLG Stuttgart AnwBl 1958, 95. 100 5453 10 LAG Hamm NJW 1974, 1920. 101 5454 11 Vgl. OLG Nürnberg BayJMBl 1959, 116, 117. 102 5455 12 OLG Hamm Rpfleger 1989, 469. 103 5456 13 Vgl. zu den Kriterien im Einzelnen Pawlita AnwBl 1986, 1, 6 f.; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 1 plädiert dabei für großzügige Ermessensausübung. 104 5457 14 BGH NJW 1961, 559; OLG Köln Rpfleger 1983, 325; vgl. auch OLG Dresden NJW 1997, 667, 668; Schneider Rpfleger 1987, 428. 105 5458 15 BSG MDR 1977, 1051. 106 5459 16 Pape ZIP 1997, 1367, 1368. 107 5460 17 Wie z.B. bei der Einsicht in das Schuldnerverzeichnis, LG Heilbronn Rpfleger 1989, 468; LG Berlin Rpfleger 1991, 428; hier kommt eine Erteilung von Abschriften des Schuldnerverzeichnisses und des Protokolls in Betracht, LG Hamburg Rpfleger 1992, 306. 108 5461 18 OLG Nürnberg BayJMBl 1959, 116, 117. 97 5450
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6. Form der Gewährung von Akteneinsicht Wird die Prozessakte in Papierform geführt, kann ohne Probleme in die Akte auf der Geschäftsstelle kostenfrei109 eingesehen werden. Besteht jedoch eine elektronische Prozessakte, muss man sich zur Akteneinsicht weiterer Hilfsmittel bedienen. § 299 Abs. 3 beschreibt die Möglichkeiten der Akteneinsicht in diesem Fall. Es kann ein Aktenausdruck iSd § 298 erteilt werden.110 Dies bedeutet, dass auch ein Transfervermerk gem. § 298 Abs. 2 erforderlich ist.111 Damit ist zugleich ein Aktenauszug erteilt, wenn die Partei diesen mitnimmt. Die elektronische Akte kann aber auch auf einem Bildschirm angezeigt und eingesehen werden. So können die mit den elektronischen Dokumenten verbundenen Signaturen überprüft werden.112 Die Bildschirme können in den Räumen des Gerichts aufgestellt sein. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die elektronischen Dokumente an die dem Wohnsitz des Betroffenen nächstgelegene Verwaltungsbehörde oder das nächstgelegene Gericht zu übermitteln und dort die Akteneinsicht auf einem Bildschirm zu gewähren.113 Außerdem kann auch eine Übermittlung von elektronischen Dokumenten per Email erfolgen. Obwohl § 299 Abs. 3 S. 1 nur von der Übermittlung elektronischer Dokumente und nicht von der Übermittlung der Prozessakte spricht, ist davon auszugehen, dass auch die Übermittlung der gesamten Akte114 damit gemeint ist. Dies ergibt sich aus Nr. 9003 KV-GKG und der Gesetzesbegründung, bei der eine qualifizierte elektronische Signatur der gesamten Akte („elektronischer Container“) gefordert wird, um die vollständige und unversehrte Übermittlung von elektronischen Dokumenten zu gewährleisten (§ 299 Abs. 3 S. 4).115 Außerdem sollte die Datei bei Übermittlung im öffentlichen Netz verschlüsselt werden, um sie vor der Kenntnisnahme durch Unbefugte zu schützen. Zudem kann der Vorsitzende die Online-Einsicht dem Bevollmächtigten nach pflichtgemäßem Ermessen116 gewähren, wenn dieser Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ist.117 Allerdings muss hier sichergestellt werden, dass der Zugriff auf den Inhalt der Akten nur durch den Bevollmächtigten erfolgt (§ 299 Abs. 3 S. 3).118 Dies kann z.B. durch einen Antrag mittels eines qualifizierten elektronischen Dokuments und einer verschlüsselten Email mit Passwort durch das Gericht gewährleistet werden.119 Die elektronische Akteneinsicht hat vielfache Vorteile und kann insbesondere zur Ersparnis von Personal-, Zeit-, Raum- und Portokosten führen.120
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1 Zöller/Greger Rdn. 9; Hk/Saenger Rdn. 6. 110 25463 So BT-Drucks. 15/4067 S. 33. 111 35464 AA Scherf/Schmieszek/Viefhues/Schmieszek § 299 Rdn. 14. 112 45465 BT-Drucks. 15/4067 S. 33. 113 55466 BT-Drucks. 15/4067 S. 33. 114 65467 Scherf/Schmieszek/Viefhues/Schmieszek § 299 Rdn. 14. 115 75468 BT-Drucks. 15/4067 S. 33. 116 5469 8 Gottwald FG Vollkommer (2006), S. 259, 267. 117 95470 Technisch schlägt Viefhues NJW 2005, 1009, 1014 vor, den Datenbestand der Akte für den Anwalt zu spiegeln und so praktisch eine Kopie auszulagern.
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10 Gottwald FG Vollkommer (2006), S. 259, 267, hält diese Regel für nicht praktikabel. 119 5472 11 Siehe Projektgruppe Elektronischer Rechtsverkehr, OVG Koblenz: elba-Der elektronische Rechtsverkehr für die Fachgerichtsbarkeit (2006), S. 14, www.ovg.justiz.rlp.de; vgl. auch Scherf/Schmieszek/Viefhues/Schmieszek § 299 Rdn. 5, 17. 120 5473 12 Vgl. dazu Projektgruppe Elektronischer Rechtsverkehr, OVG Koblenz: elba-Der elektronische Rechtsverkehr für die Fachgerichtsbarkeit (2006), S. 13, www.ovg.justiz.rlp.de.
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7. Erteilung von Abschriften usw
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Die Einsicht schließt das Recht ein, sich selbst Auszüge und Abschriften zu fertigen.121 Die Parteien haben außerdem das Recht (gesetzlicher Anspruch)122, sich von der Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und einfache sowie beglaubigte123 Abschriften erteilen zu lassen (für elektronische Dokumente vgl. Rdn. 27). Ein Interesse an den Abschriften braucht die Partei dabei nicht darzulegen.124 Durch die Erteilung von Abschriften wird die Durchdringung und Aufbereitung des Prozessstoffes erleichtert.125 In der Verweigerung der Übermittlung von Abschriften liegt jedoch dann kein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn eine Information im Wege der Akteneinsicht und die Notierung der für die Rechtsverteidigung wesentlichen Informationen zumutbar waren.126 Ausfertigungen können nur insoweit verlangt werden, als die Geschäftsstelle überhaupt eine Ausfertigung erteilen darf. Den Umfang des Auszugs müssen die Parteien selbst bestimmen. Auf die Menge der geforderten Abschriften kommt es grundsätzlich nicht an, da kaum Schwierigkeiten bestehen, beliebig viele Abschriften zu erteilen.127 Allerdings gilt dies nur, solange die Partei die Kosten zahlt (Nr. 9000 KV-GKG) und auf Verlangen vorschießt (§ 17 Abs. 2 GKG). 8. Zuständigkeit
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Über die Akten hat der Vorsitzende die Verfügungsgewalt.128 Dies ist weitgehend anerkannt für die Bewilligung der Übersendung der Akten (vgl. Rdn. 24).129 Die Zuständigkeit des Vorsitzenden ergibt sich auch aus § 299 Abs. 3 S. 2.130 Aus § 299 Abs. 1 lässt sich nicht herleiten, dass die Geschäftsstelle für die Akteneinsicht zuständig ist. Sie ist bei der Erteilung der Ausfertigungen usw lediglich als ausführende Stelle anzusehen. Daher ist der Vorsitzende zur Entscheidung über die Ablehnung der Akteneinsicht bzw über die Gewährung der Akteneinsicht außerhalb der Geschäftsstelle zuständig. Besteht das Recht auf Akteneinsicht ohne Zweifel, ist die Geschäftsstelle jedoch als ermächtigt anzusehen, diese in ihren Räumen zu gewähren. Hat sie Zweifel bezüglich der Berechtigung, so entscheidet der Vorsitzende und erteilt in der Praxis Anweisungen an die Geschäftsstelle. Will die Geschäftsstelle also die Einsicht ablehnen, muss sie dem Vorsitzenden den Antrag zur Entscheidung vorlegen. Es besteht 121 15474 OLG Celle OLGRspr 29 (1914), 180 f. 122 25475 RGZ 84, 142, 143. Eine Einschränkung ist nur bei Rechtsmissbrauch möglich, vgl. BVerwG NJW 1988, 1280; KG OLGRspr 25 (1912), 95. 123 5476 3 OLG Dresden SächsAnn 26, 354, 355. 124 5477 4 KG OLGRspr 25 (1912), 95. 125 55478 BVerwG NJW 1988, 1280. 126 65479 BVerwG NJW 1988, 1280. 127 75480 MünchKomm/Prütting Rdn. 13; anders im Insolvenzverfahren, wo das Gesuch um Abschriften eingeschränkt werden kann, wenn dadurch die personellen und sächlichen Möglichkeiten des Insolvenzgerichts überfordert werden, OLGR Celle 2004, 191, 192; LG Karlsruhe ZInsO 2004, 690 (keine grundsätzliche Befreiung), dazu Pape EWiR 2004, 1157, 1158; vgl. auch Pape ZIP 2004, 598, 604 und 1997, 1367, 1368. 128 85481 AA Voraufl. B II (Gericht, Geschäftsstelle gilt
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aber als ermächtigt); Musielak/Huber Rdn. 2 (Urkundsbeamte der Geschäftsstelle); Schneider MDR 1984, 108 (Geschäftsstelle). 129 5482 9 BGH NJW 1961, 559 f.; BGH LM Nr. 2 zu § 193 BEG 1956 = MDR 1973, 580; LAG Hamm NJW 1974, 1920; Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 10; MünchKomm/Prütting Rdn. 11; Zöller/Greger Rdn. 4a; Thomas/Putzo/Reichold Rdn. 1; aA Baumbach/Lauterbach/Hartmann Rdn. 6 (Gerichtsvorstand); Hk/Saenger Rdn. 7 (Gerichtsvorstand, aber delegierbar auf Abteilungsrichter); Schneider MDR 1984, 108 (Kollegium, aber stillschweigende Ermächtigung des Vorsitzenden bzw des Berichterstatters). 130 5483 10 AA Zöller/Greger Rdn. 4a; Scherf/Schmieszek/ Viefhues/Schmieszek § 299 Rdn. 10: in den anderen Fällen (außer Abs. 3) entscheidet der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle.
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auch die Möglichkeit auf Grund eines allgemeinen Ersuchens der Rechtsanwälte eines Kammerbezirks, den beteiligten Rechtsanwälten jeweils die Abschriften verkündeter Entscheidungen in vollständiger Form mitzuteilen.131
V. Akteneinsicht durch Dritte gem. § 299 Abs. 2 Gem. § 299 Abs. 2 kann auch dritten Personen Einsicht gewährt werden, wenn sie ein rechtliches (anders in § 34 FGG132 und § 31 Abs. 1 PatG133: „berechtigtes“) Interesse134 glaubhaft machen (§ 294) oder beide Parteien einwilligen135. Dritte iSd Vorschrift sind alle Personen, die nicht zur Gruppe der Parteien gehören. Behörden oder andere Gerichte fallen nicht darunter.136 Akteneinsicht kann hier im Rahmen der Rechts- oder Amtshilfe (Art. 35 Abs. 1 GG) gewährt werden.137 Dabei sind die §§ 12 ff. EGGVG zu beachten.138 Auch ein öffentlich verkündetes Urteil unterliegt nicht der freien Akteneinsicht, sondern kann nur unter den Voraussetzungen des § 299 Abs. 2 eingesehen werden.139 Ein derartiges rechtliches Interesse muss sich unmittelbar aus der Rechtsordnung ergeben. Es setzt ein auf Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes, gegenwärtig bestehendes Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache voraus.140 Es liegt nur dann vor, wenn Rechte des Antragstellers durch den Akteninhalt, wenn auch nur mittelbar, berührt werden können.141 Dazu zählen auch wirtschaftliche Interessen.142 Diese müssen allerdings einen rechtlichen Bezug zu dem Streitstoff des Verfahrens aufweisen.143 Dafür genügt es nicht, wenn der Gläubiger durch Einsicht in die Zwangsversteigerungsakten möglicherweise irgendwelche Anhaltspunkte gewinnen könnte, ob das Betreiben eines Zwangsversteigerungsverfahrens zum gegenwärtigen Zeitpunkt wirtschaftlich sinnvoll ist.144 Die Akteneinsicht darf nicht zu einer unzulässigen Ausforschung dienen.145 Wird aber ein Parallelverfahren durch eine Partei in den Rechtsstreit eingeführt, besteht für den Gegner ein rechtliches Interesse an der Einsicht in die Akten dieses Parallelverfahrens.146 Dies gilt auch, 131 15484 Vgl. BVerfGE 9, 109 ff. 132 25485 Vgl. dazu OLG Hamm FGPrax 2004, 141, 142 = OLGR Hamm 2004, 196, 197 f.; zum Erfordernis verfassungskonformer Eingrenzung des Akteneinsichtsrechts im FGG-Verfahren Pardey NJW 1989, 1647 ff. 133 5486 3 BGH NJW-RR 1994, 381. 134 45487 Zu dem Begriff vgl. BGHZ 4, 323, 324 f. 135 55488 Aus der Einwilligung der Parteien schließt Werner FS Kim (1995), S. 311, 330 f., dass auch für Dritte nur im Laufe des Verfahrens, also nicht nach rechtskräftigem Abschluss ein Einsichtsrecht in Betracht kommt. 136 5489 6 MünchKomm/Prütting Rdn. 20; Prütting ZZP 106 (1993), 427, 462; aA Stein/Jonas/Leipold21 Rdn. 27. 137 75490 Vgl. BVerfGE 27, 344, 351 f. = NJW 1970, 555 mit Anm. Becker NJW 1970, 1075; OLG Köln NJW 1994, 1075, 1076 (zu Unrecht im LS 1 auf § 296 Abs. 2 hinweisend); KG OLGZ 1990, 298, 299; Dörner NZA 1989, 950, 952; Holch ZZP 87 (1974), 14, 16 ff.; Wullweber § 9 Rdn. 19; aA wohl Krause Datenschutz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in Abel (Hrsg.) Datenschutz in Anwaltschaft, Notariat und Justiz2 (2003) § 12
Rdn. 2 aE; zum Akteneinsichtsrecht im Wege der Dienstaufsicht vgl. BGH DRiZ 1987, 57 f. 138 85491 Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPR § 21 Rdn. 22. 139 95492 Vgl. BPatG NJW 1984, 342, 343. 140 5493 10 BGH MDR 2006, 947, 948; vgl. allgemein zum rechtlichen Interesse RGZ 151, 57, 63; OLG Köln NJW-RR 1999, 1561, 1562; OLG Hamm NJW-RR 1997, 1489, 1490; KG NJW 1988, 1738, 1739; Haarmeyer/Seibt Rpfleger 1996, 221, 225; Teschner SchlHA 2002, 221, 222 f. 141 5494 11 OLG Köln NJW-RR 1999, 1561, 1562; OLGR Stuttgart 1997, 66, 67. 142 5495 12 OLG Köln MDR 1988, 502; vgl. aber Haarmeyer/Seibt Rpfleger 1996, 221, 225. 143 5496 13 OLG Brandenburg Beschl. v. 26.7.2007, 11 VA 7/ 07, juris Rdn. 7; OLG Brandenburg KTS 1999, 379, 380; KG NJW 1988, 1738, 1739; vgl. auch BGH MDR 2006, 947, 948. 144 5497 14 OLG Köln KTS 1991, 204, 205. 145 5498 15 OLG Hamburg NJW-RR 2002, 139 (im konkreten Fall das Interesse jedoch bejahend); OLG Dresden VersR 2003, 85 = NZV 2002, 569 mit Anm. Uhlmann. 146 5499 16 OLG Dresden VersR 2003, 85 = NZV 2002, 569 mit Anm. Uhlmann; OLGR Saarbrücken 2000, 297, 298.
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wenn von einem Dritten Einsicht in die Akten eines Prozesses begehrt wird, in dem es um denselben Sachverhalt geht wie in dem Verfahren gegen den Dritten, in dem dieser von einer der Parteien verklagt wird.147 Ist ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet worden, hat jeder, der als Insolvenzgläubiger in Betracht gekommen wäre, ein rechtliches Interesse iSd § 299 Abs. 2.148 Dieses rechtliche Interesse entfällt nicht dadurch, dass das Ziel des Gläubigers darin besteht, durch die Akteneinsicht festzustellen, ob ihm Durchgriffs- und Schadensersatzansprüche gegen Dritte, insbesondere Geschäftsführer oder Gesellschafter der Schuldnerin, zustehen.149 Möglich ist auch eine Einsichtnahme zu Forschungszwecken150 sowie für Fachverbände und Fachzeitschriften,151 für die Mitteilung und Publikation von Gerichtsentscheidungen152. Die Überlassung einer anonymisierten Kopie einer Entscheidung fällt unter § 299 Abs. 2.153 Auch das Interesse eines Sachverständigen am Ausgang des Prozesses, in dem er ein Gutachten erstellt hat, ist anerkannt.154 Dasselbe gilt für das Informationsbedürfnis eines Rechtssuchenden und seines Rechtsanwalts bezüglich der Rechtsprechungspraxis des Gerichts in ähnlich gelagerten Fällen.155 § 299 Abs. 2 ist nicht auf rechtliche Interessen begrenzt, die im Rahmen der deutschen Gerichtsbarkeit erwachsen.156 An das Vorliegen eines rechtlichen Interesses sind insgesamt eher hohe Anforderungen zu stellen.157
147 15500 OLG Hamburg OLGZ 1988, 51, 52 f. 148 25501 OLG Celle NJW 2004, 863; OLGR Celle 2002, 114; OLG Hamm ZIP 2004, 283 f.; OLG Dresden ZIP 2003, 39, 41 f.; OLG Stuttgart NZI 2002, 663, 664; OLG Brandenburg KTS 1999, 379, 380 und MDR 1998, 1433 f.; OLG Köln NJW-RR 1999, 1561, 1562; OLG Braunschweig Rpfleger 1997, 229, 230; OLG Naumburg ZIP 1997, 895; OLG Frankfurt MDR 1996, 379; einschränkend Haarmeyer/Seibt Rpfleger 1996, 221, 227. 149 35502 BGH MDR 2006, 947, 948 = ZIP 2006, 1154, 1155 f., zust. Pape EWiR 2006, 447, 448; OLGR Celle 2006, 725, 726; vgl. OLG Hamburg NJWRR 2002, 408, 409 (jedenfalls nicht, wenn es sich nur um ein zusätzliches Interesse neben anderen handelt), zust. Bork EWiR 2002, 267, 268; Graf/ Wunsch ZIP 2001, 1800, 1802 f.; Pape ZIP 2004, 598, 603; aA OLG Brandenburg Beschl. v. 26.7.2007, 11 VA 7/07, juris Rdn. 7; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1419, zust. Frind EWIR 2000, 1079, 1080; OLG Brandenburg ZIP 2001, 1922, 1924 und ZIP 2002, 2320, 2321; OLGR Celle 2000, 58 f.; OLG Köln NJW-RR 1998, 407; Zipperer NZI 2002, 244, 252. 150 45503 Dazu Keller NJW 2004, 413 f.; Haertlein ZZP 114 (2001), 441 ff. Es besteht kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Akteneinsicht zu Forschungszwecken aus Art. 5 Abs. 3 GG, BVerwG NJW 1986, 1277, 1278 und BVerfG NJW 1986, 1243, zweifelnd Peglau NJ 1993, 440 f.; aA Haertlein ZZP 114 (2001), 441, 454. 151 5504 5 Hirte NJW 1988, 1698, 1699; Jessnitzer Rpfleger 1974, 423, 4