Wie hat der Schiedsmann sein Amt zu führen? [5. Aufl., Reprint 2021] 9783112603901, 9783112603895


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German Pages 122 [143] Year 1918

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Wie hat der Schiedsmann sein Amt zu führen? [5. Aufl., Reprint 2021]
 9783112603901, 9783112603895

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H. W- Müller,

Verlag,

Berlin SW. 68,

Schützenstr. 29/30.

Praktische Hilfsbücher für den Schiedsmann:

Strafgesetzbuch für das

Deutsche Reich vom 15. Mai 1871.

Mit den Entscheidungen des Reichsgerichts. Herausgegeben von

Dr. P. Daube»

Geh. Regierungsrat, Univerfiläisrichter in Berlin.

1916.

Zwölfte, vermehrte Auflage. Taschenformat. 528 Leiten. Gebunden M. 4.—.

,2)er Kommentar, der die Mitte zwischen größeren Erläuterungs­ werken und Textausgaben hält, erfreut sich seit langer Zeit in der Praxis großer Beliebtheit. Er zeichnet sich insonderheit durch eine sehr sorgfältige Bearbeitung der Rechtsprechung des Reichsgerichts aus und eignet sich schon allein dadurch für den Handgebrauch im täglichen Geschäftsverkehr in hervorragender Weise. Dies wird befördert durch die überaus treffende und klare Art und Weise, in der die Rechtsprechung zum Verständnis gebracht roltb.*

Strafprozeßordnung für das

Deutsche Reich vom 1. Februar 1877.

Mit den Entscheidungen des Reichsgerichts. Von

Dr. P. Daube, Geh. Regierungsrat, Universitätsrichter in Berlin.

Neunte Auflage von

Dr, K. Oppermann» Reichsgerichtsrat.

1917.

Taschenformat

447 Seilen.

Gebunden M. 4.—.

„Die Daudeschen Ausgaben sind, wie die Auflagenziffern be­ weisen, in den weitesten juristischen Kreisen nach Inhalt und Brauch« barkeit besonders geschätzt." Sie geben das Nötige und Wesentliche aus Rechtsprechung und Praxis in übersichtlicher Art.

Wie hat der Schiedsmann sein Amt zu führen? Eine gemeinverständliche Anleitung. Mit Beispielen für alle beim Schiedsmann vorkommenden Protokolle, Vermerke und sonstigen Nieder­

schriften, einem Abdruck der

ausführlichem

Schiedsmannsordnnng Sachregister.

Von

E. Christiani, wett. Geh. Iustizrat, AmtSgerichtSrat in Osterode a. L.

Fünfte neubearbeitete Auflage von

Dr. R. Reichau, Amtsrichter in Berlin.

Berlin 1917. Verlag von K. W. Müll er. SW. 68, Echuyennr. 29/30.

und

Druck: Dr. F. V. Datterrr » Lie. (Inh. Arthur Sellier), München-Yrrism-.

Vorbemerkung Der Herausgabe

dieses BucheS

liegt

die Absicht zu

Grunde, einen praktischen Wegweiser für den Handgebrauch

des Schiedsmanns zu schaffen. Bei der Besorgung der neuen (fünften) Auflage, die ich nach dem Tode des Herrn Ver­

fassers auf Wunsch des Verlages übernommen habe, bin ich

bemüht gewesen, diese Absicht zu wahren und das Buch dem­ entsprechend weiter auszugestalten.

Ich habe den gedachten

Zweck dadurch nicht zu gefährden geglaubt, daß ich in wei­

terem Umfange, als der Herr Verfasser es getan hat, Hin­ weise auf Gesetzesstellen, Erlasse der Aufsichtsbehörden und höchstrichterliche Entscheidungen ausgenommen habe.

Dabei

bin ich von folgenden Gesichtspunkten ausgegangen: Die zur Schiedsmannsordnung erlassenen ministeriellen Verfügungen,

soweit sie jetzt noch von Bedeutung sind und den Geschäfts­ kreis des Schiedsmanns selbst betreffen, habe ich in möglichster Vollständigkeit angeführt; an zuständiger Stelle ist

mir die Genehmigung dazu auch hinsichtlich derjenigen unter ihnen erteilt worden, die bisher im Druck nicht veröffentlicht waren, und von denen ich nur auf Grund des mir zugäng­ lich gewesenen Aktenmaterials des Justizministeriums Kenntnis erlangt habe.

Im übrigen habe ich die einschlägige Gesetz­

gebung, Literatur und Rechtsprechung zwar sorgfältig ver­

wertet, es im Sinne des Herrn Verfassers jedoch vermieden, durch allzuviele Zitate das Buch zu belasten; ich habe solche vielmehr nur dort angebracht, wo ich es für wünschenswert

hielt, dem Schiedsmann für den gegebenen Fall eine nähere eigene Information zu ermöglichen oder zu erleichtern. Berlin-Wilmersdorf, im Oktober 1916.

Reich««.

Inhaltsübersicht. I. Die ««t-sthr»»- M 8chleds«a«»s. Seite

1. 2. 3. 4.

6.

6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Die Aufgabe des SchiedSmanns...................................................... 7 Welche Sachen der Schiedsmann nicht annehmen darf . . 9 Welche Sachen der Schiedsmann nicht anzunehmen bumcht . 22 Die Ansetzung des Termins und die Vorladung der Parteien zum Termin....................................................................................24 Wie verhält sich der Schiedsmann, wenn die Parteien im Termin ausbleiben?.................................................................... 29 Die Verhandlung im Termin......................................................... 32 Was hat der SchiedSmann niederzuschreiben-..........................38 Besonderes Verfahren in Beleidigungssachen............................... 48 DaS Protokollbuch und seine Einrichtung.................................... 56 Der Terminskalender......................................................................... 58 Das Dienstsiegel....................................................................................61 Die Aufbewahrung der amtlichen Schriftstücke..........................62 Erteilung von Abschriften und Ausfertigungen der Protokolle durch den Schiedsmann.............................................................. 64 Welche Kosten haben die Parteien zu zahlen?..........................75 Verwendung von Stempeln zu Schiedsmannsprotokollen . . 78

II. Entemrrrug und öffentliche Stellung der SchiedSmLnuer. 16. Wahl, Bestätigung und eidliche Verpflichtung der SchiedSmänner 85 17. Öffentliche Stellung der Schiedsmänner. Dienstaufsicht. Re­ visionen .........................................................................................89 18. Die von den Schiedsmännern einzureichenden GeschästSnachweisungen.................................................................................93 19. Niederlegung des Amts undEnthebung vomAmte ... 94 20. SchiedSmanns-Stellvertreter.......................................................96 21. Die Kosten der Amtsführung desSchiedsmanns.... 97

Ankündigung, Formulare für Schiedsmänner betreffend . . . 110 Sachregister............................................................................................112

I. Die Amtsführung des Schiedsmauns.

1. Die Aufgabe des Schiedsmanns. Die Aufgabe des SchiedsmannS besteht in der güt­ lichen Schlichtung streitiger Rechtsangelegenheiten. Aber er ist nicht dazu berufen, Streitigkeiten, die fich seiner Bemühungen

ungeachtet nicht in Güte beilegen lassen, nun zu entscheiden, das heißt: auszusprechen, wer im Recht und wer im Unrecht sei, [bem einen oder anderen Teil Auflagen zu machen oder Strafen über ihn zu verhängen. Die Entscheidung von Streitsachen steht allein den Gerichten zu; denn dazu bedarf es der vollständigen GeseheSkunde und einer genauen Kennt­ nis der Regeln des gerichtlichen Verfahrens, die beide vom

Schiedsmanne, der meist den bürgerlichen Lebenskreisen an­ gehört, nicht erwartet werden können. Die vermittelnde Tätigkeit des Schiedsmanns soll den streitenden Parteien je­

doch Gelegenheit bieten, ihre Sache ohne die kostspielige An­ bestehende Meinungsver­ schiedenheiten unter dem verständigen Zuspruch eines unpartei­ ischen Vertrauensmannes auszugleichen oder auch einem durch

rufung des Gerichts zu ordnen,

eine strafbare Handlung Verletzten oder Beleidigten ohne Inanspruchnahme des Strafrichters eine angemessene Genug­

tuung zu verschaffen; der Schiedsmann soll darauf hinwirken, daß die Parteien selber, soweit nötig unter gegenseitigem Nachgeben, über das, was nun unter ihnen gelten soll, sich

verständigen.

8

Die Aufgabe des SchiedSmanns.

Es ist zwar im allgemeinen nicht die Aufgabe des SchiedSmannS, sich unaufgefordert in fremde Rechtsangelegenheiten einzumischen.

Mer er wird sein Amt erst dann recht ver­

stehen und zum Segen auSüben, wenn er sich nicht immer bloß abwartend verhält, sondern gegebenenfalls auch seiner­ seits darauf hinwirkt, daß in seinem Bezirke wohnende Per-

fönen, die miteinander in Streit geraten find, zunächst die

Sühne vor ihm versuchen, ehe sie das Gericht angehen und durch die dann unvermeidlich entstehenden größeren Kosten einen späteren Ausgleich erschweren oder unmöglich machen.

Dies gilt um so mehr, als die Inanspruchnahme der Schieds­ männer in den Angelegenheiten, in denen ihre Anrufung vor dem Angehen der Gerichte

gesetzlich niemals vorge­

schrieben ist, nämlich in den sogenannten bürgerlichen Rechts­

streitigkeiten (den Streitigkeiten um mein und dein) seit Jahren

in stetem Zurückgehen begriffen ist, obwohl ihre Inanspruch­

nahme in vielen Fällen — insbesondere auf dem Lande in Grenz-, Wasserlaufs- und Wegestreitigkeiten — im Interesse

beider Parteien liegen würde, die auf diese Weise zu dem Streitgegenstand oft ganz außer Verhältnis stehende Kosten und Generationen hindurch fortdauernden Arger sparen könnten.

Um seinen Beruf wirklich zu erfüllen,

darf der

Schiedsmann vor allem keinen Zweifel darüber aufkommen

fassen, daß er seine Vermittlung willig und gern ge-

währt, daß er es als eine Ehrensache betrachtet, ausgebrochene Zwistigkeiten nach Möglichkeit zum gütlichen Aus­ gleich zu bringen.

Die Tätigkeit des Schiedsmanns unterliegt aber ge­ wissen Beschränkungen.

Abschnitte.

Davon handeln die folgenden

Welche Sachen der Schiedsmann nicht annehmen darf.

9

2. Welche Sachen der Schiedsmann nicht annehmen darf. Gewisse Sachen darf der Schiedsmann nach dem Gesetz

nicht annehmen; er darf also in solcher Sache keinen Termin

ansetzen oder er muß, wenn er sich mit den Beteiligten bereits

in eine Verhandlung eingelassen hat, die weitere Ver­ handlung ablehnen.

Beachtet er das nicht, so tragen

seine Handlungen nicht den Charakter von Amtshandlungen, und ein von ihm aufgenommener Vergleich hat nicht die Wirkungen eines Schicdsmannsvergleichs. — Diese Fälle sind folgende:

1. Wenn es sich herausstellt, daß die Parteien gar nicht im Streit miteinander befangen find. Der Schiedsmann soll, wie oben bereits gesagt ist, nur streitige Rechtsangelegenheitcn schlichten.

Streitige Rechts­

sachen sind solche, die beim Mangel einer gütlichen Einigung

durch das Gericht (durch das Prozeßgericht oder durch das

Schöffengericht oder die Strafkammer) entschieden werden müßten.

Wenn daher die Parteien gar nicht streiten,

sondern, wie es häufig vorkommt, der Antragsteller nur des­

halb

den Schiedsmann angeht, weil er eine schriftliche

Festsetzung oder Anerkennung seiner (von dem anderen gar nicht bestrittenen) Forderurig haben möchte, so muß der Schiedsmann seine Tätigkeit ablehnen. Er darf also in solchem

Falle beispielsweise nicht zu Protokoll nehmen, Meyer und Müller seien vor ihm erschienen, und Müller habe anerkannt, daß er dem Meyer für die und die Zeit noch die Hausmiete

mit 50 Mk. verschulde, oder daß er dem Meyer aus einem von ihm erhaltenen Darlehn noch einen Rest von 10 Mk.

schuldig sei und binnen der und der Zeit zahlen wolle. Ist

10

Welche Sachen der Schiedsmann nicht annehmen darf.

aber die Forderung nur in irgendeiner Richtung be­ stritten, z. B. in betreff der ZahlungSzeit oder in betreff eines kleinen Teils der geforderten Summe, so ist ein Sühne­ versuch vor dem Schiedsmann zulässig. Der etwa erzielte Vergleich kann dann auch Punkte mitumfassen, hinsichtlich deren kein Streit zwischen den Parteien bestanden hatte. Ebensowenig darf der Schiedsmann Verträge, die die Parteien etwa schließen wollen, oder sonstige Erklärungen, z. B. Vollmachten, zu Protokoll nehmen. Er muß in allen solchen Fällen die Beteiligten an daS Gericht oder an den Notar verweisen, wenn sie sich mit einfachen münd­ lichen oder schriftlichen Erklärungen nicht begnügen wollen. Derartige Erklärungen kann der Schiedsmann zwar aufsetzen, wenn die Parteien ihn darum bitten, und er kann sie auch als Zeuge mit unterschreiben; aber er handelt in solchem Falle nur als Privatperson, nicht als Schiedsmann; er darf daher seiner Unterschrift die Bezeichnung „Schiedsmann" oder einen Abdruck seines Dienstsiegels nicht beifügen und vor allem nichts darüber in sein Protokollbuch eintragen. Auch die amtliche Beglaubigung von Unter­ schriften gehört im allgemeinen nicht zu den Geschäften des Schiedsmanns. Bon dieser Regel, die in einer Rundverfügung des Justizministersx) noch besonderen Ausdruck gefunden hat, besteht jedoch eine Ausnahme. In der Reichsversicherungs­ ordnung und im Bersicherungsgesetz für Angestellte ist bestimmt/) daß jede Person, die berechtigt ist, ein öffentliches Siegel zu führen, befugt sein soll, die Bescheinigungen zu erteilen und zu beglaubigen, die bei den auf Grund der ge*) Vom 8. Juli 1883 (I 2817), abgedruät im Ministerialblatt für die innere Verwaltung, Jahrgang 1883 S. 141. *) Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 §§ 727,988,1160, 1384; Bersicherungsgesetz für Angestellte vom 20. Dezember 1911 § 314.

Welche Sachen der SchiebSmann nicht annehmen darf.

11

nannten Gesetze zu bewirkenden Zahlungen (von Renten u. dgl.)

erforderlich find.

ES handelt fich dabei um Quittungen und

um Bestätigungen darüber, daß der Empfangsberechtigte am

Fälligkeitstage noch am Leben war.

Da die SchledSmänner

ein öffentliches Siegel führen (Seite 61), find sie, wie in einer weiteren Rundverfügung deS Justizministers *) anerkannt ist, auch berechtigt, fich in ihrer amtlichen Eigenschaft auf Antrag der

Erteilung

und

Beglaubigung

solcher Be-

scheinigungen zu unterziehen; die von ihnen erteilten oder

beglaubigten Bescheinigungen

haben

den

Charakter

öffentlicher Urkunden. Darüber ob die Vornahme einer Amtshandlung der gedachten Art in Frage steht, wird der

SchiedSmann sich um so weniger im Zweifel befinden können, als die zur Ausstellung der Bescheinigungen verwandten For­ mulare regelmäßig auf der Rückseite 'einen Vordruck enthalten, der auf die Zuständigkeit des SchiedsmannS szur Erteilung

(Beglaubigung) der Bescheinigung hinweist.

Es bedarf kaum der Erwähnung, daß der Schiedsmann

ein solches Amtsgeschäft nur vornehmen darf, wenn er sich in völlig einwandfreier Weise Gewißheit darüber verschafft hat,

daß die Bescheinigung, die er erteilen soll, mit dem wahren Sachverhalt in Einklang steht, daß also z. B. die Unterschrift

wirklich von demjenigen abgegeben ist, dessen Namen sie wiedergibt.

Würde der Schiedsmann diese gewissenhafte Prüfung

nicht vornehmen, so würde er sich einer Verletzung seiner Amtspflicht schuldig machen.

Wenn der Schiedsmann in anderen Fällen um Beglaubi­

gung von Unterschriften gebeten wird, so gilt das gleiche wie bei der Aufnahme von Verträgen durch den Schiedsmann; er hat die Befugnis zur Bestättgung einer Unterschrift in

•) Vom 7. Januar 1913 (18872).

12

Welche Sachen der Schiedsmann nicht annehmen darf.

keinem weiteren Umfang als jede andre glaubwürdige Privat-

Person und darf weder der ihn angehenden Partei gegenüber

noch in der Art, wie er die Bestätigung vornimmt, einen Zweifel darüber lassen, daß er nicht in amtlicher Eigen«

schäft handelt. Nur in wenigen, besonderen Fällen darf er sich dabei zur Kennzeichnung seiner Person seines Siegels bedienen; vgl. hierüber unten Seite 61.

Ein Schiedsmann, der die angegebenen Grenzen seiner Befugnisse nicht beachtet, kann sich, wie aus einer anläßlich

eines ähnlichen Falls ergangenen Reichsgerichtsentscheidung x) geschlossen werden muß, unter Umständen schadensersatzpflichtig

machen.

2. Wenn es sich zwischen -en Parteien nicht nm ver­ mögensrechtliche Ansprüche handelt. Der SchiedSmann darf nur über vermögensrecht­ liche Ansprüche, d. h. über Ansprüche, die Geld oder Geldeswert zum Gegenstand haben sz. B. Darlehens- und

Schadensersatzforderungen, Ansprüche aus Kauf«, Miet- und Dienstverträgen, auf Herausgabe von Sachen, auf Grenz­ festsetzung u. dgl.) mit den Parteien verhandeln, nicht aber

über Streitigkeiten aus dem sogenannten Personenrecht (z. B. Klagen auf Ehescheidung oder auf Herstellung des ehe« lichen Lebens, Ansprüche auf Anerkennung ehelicher Geburt u. dgl.). Sachen solcher Art muß er daher zurück­ weisen. Wollten sich übrigens Eheleute, die im Unfrieden

miteinander leben, zum Versuche einer Versöhnung der Hilfe

des Schiedsmanns bedienen, so steht dem nichts entgegen, wenn der Schiedsmann dazu bereit ist. Seine Tätigkeit ist aber, soweit die Sühneverhandlung das eheliche Verhältnis *) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 71 S. 60.

Welche Sachen der Schiedsmann nicht annehmen darf.

13

selbst betrifft, keine amtliche und er darf über einen etwa zustande gekommenen Vergleich nur insoweit ein Protokoll aufnehmen, als die Eheleute sich über vermögensrecht­ liche Ansprüche, z. B. Zahlung von Unterhaltsgeldern, Her­

ausgabe von Sachen usw., geeinigt haben. Bei

Beleidigungen

und

Körperverletzungen

kann jedoch der Verletzte außer einer Geldforderung (Schadens­ ersatz, Buße) auch einen Anspruch auf Widerruf oder Ehren­

erklärung vor dem Schiedsmann geltend wachem Mit Angelegenheiten, deren Entscheidung den Ausein­ andersetzungsbehörden zusteht (gutsherrlich-bäuerlichen

Regulierungen, Ablösung von Reallasten oder Grundgerechtig­ keiten, Teilungen, Verkoppelungen usw.) hat sich der Schieds­ mann nicht zu befaffen, obwohl hierbei vermögensrechtliche

Ansprüche zur Entstehung gelangen.

3. Wenn die Absicht des Klägers dahin geht, daß der Gegner bestraft werde (mit Geldstrafe, Haft, Gefäng­ nis nfw.). Ist jemand durch eine strafbare Handlung verletzt

oder geschädigt, z. B. durch einen Diebstahl oder einen Betrug, eine Unterschlagung, eine Sachbeschädigung, einen Hausfriedens­

bruch u. dgl., so kann er die Bestrafung des Schuldigen nach den Vorschriften des Strafgesetzes beantragen. Die z u -

ständige Stelle dafür ist aber nicht der Schieds­ mann; denn dieser hat keine Strafen zu verhängen.

Der

Verletzte hat sich vielmehr an den Staatsanwalt (AmtSanwalt)

oder die Polizei (Gendarmerie) oder auch an das Amtsgericht

zu wenden, welche verpflichtet find, Anzeigen behufs Ein­ leitung einer Untersuchung und Bestrafung des Schuldigen entgegenzunehmen.

14

Welche Sachen der Schiedsmann nicht annehmen darf.

Nur bei den auf Antrag zu verfolgenden Beleidigungen

und

Körperverletzungen

(Mißhand-

lungen) ist ausnahmsweise eine Sühneverhandlung vor dem

Schiedsmann zulSsfig, die den Zweck hat,

dem Beleidigten

oder Verletzten im gütlichen Wege eine Genugtuung zu ver­

schaffen und die Erhebung einer Privatklage*) vor Gericht auszuschließen. Hierzu ist zu bemerken, daß Mlle, in denen eine

Beleidigung 'auch ohne Strafantrag zu verfolgen fist,

für den Geschäftskreis deS Schiedsmanns nicht in Betracht

kommen, daß er daher in Deleidigungssachen stets in Tätigleit zu treten hat, wenn er darum angegangen wird.

Da­

gegen können Körperverletzungen in zahlreichen Fällen auch

ohne Strafantrag verfolgt werden. Handelt es fich um eine vorsätzliche Körperverletzung, so gilt dies stets dann, wenn

sie unter erschwerenden Umständen (z. B. mittels eines Messers,

einer Schußwaffe oder eines anderen Gegenstandes, der nach seiner Beschaffenheit eine erhebliche Gefährdung für den Miß­ handelten herbeiführt, oder auch von mehreren gemeinschastlich) begangen wird oder ernste Folgen (z. B. Verlust eines Gliedes, eines Auges) nach fich zieht; ist die Körperverletzung

durch Fahrläsfigkeit verursacht worden, so ist fie ohne Antrag nur dann verfolgbar, wenn der Täter mit Rückficht auf sein

Amt, seinen Beruf

oder sein Gewerbe zu besonderer Auf­

merksamkeit verpflichtet gewesen wäre. In allen diesen Fällen, in denen es eines Strafantrags nicht bedarf, ist die

Tätigkeit des Schiedsmanns also ausgeschlossen; er muß daher seine Vermittlung, ablehnen.

Das gleiche gilt bei allen anderen strafbaren Hand*) In dem durch die „Privatklage" eingelciteten, nur beschränkt

zulässigen Verfahren ist der Verletzte in die Lage versetzt, unmittelbar (ohne daß es der Vermittlung oder der Mitwirkung der Staatsanwalt­

schaft bedarf) bei Gericht aus die Bestrafung des Gegners hinzuwirken.

hingen, z. B. bei Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Dieb­ stahl, Betrug, Erpressung. Etwas anderes ist es aber, wenn der Verletzte nicht die Bestrafung des Schuldigen, sondern nur Ersatz deS ihm durch die strafbare Handlung -»gefügten Schadens, z. B. Entschädigung für Arzt- und Apothekerkosten, für ein­ getretene Arbeitsunfähigkeit, für beschädigte oder entwendete Sachen verlangt. Hierüber kann, da es fich dann lediglich um Geld oder Geldeswert handelt, eine Sühneverhandlung vor dem Schiedsmann stattfinden; es ist dann eine „bürgerliche Rechtsflreitigkeit", über die verhandelt wird.

4. Wen« der Cchirdimann ei« nahes Interesse an dem AvSgavge der Streitsache hat. Dann ist' der Cchiedsmann von der Ausübung seines Amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen und er muß sich un­ bedingt feder amtlichen Tätigkeit enthalten. Dieser Fall liegt noch ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzes vor, wenn der Schiedsmann in der betreffenden Sache selbst Partei ist oder zu einer Partei im Verhältnisse eines Mitberechtigten/) Mitverpflichteten oder Ersatzpflichtigen steht oder wenn die Ehefrau des Schiedsmanns oder nahe Angehörige desselben (Eltern, Kinder, Schwieger-, Stief-, Adoptiveltern oder-Kinder, Großeltern, Enkel, Geschwister, Onkel, Tanten, Neffen, Nichten, Schwäger, Schwägerinnen) bei der Streitsache beteiligt find, auch wenn die Ehe des Schiedsmanns oder die Ehe, durch welche die Schwögersckaft begründet wird, nicht mehr besteht, oder wenn der Schiedsmann in der Sache als Prozeßbevoll­ mächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetz*) Ein solches Verhältnis liegt aber nicht schon dann vor, wenn

die Gemeinde oder eine Genossenschaft, der der Schiedsmann als Mit­ glied angehört, einer der streitenden Teile ist.

16

Welche Sachen der Schiedsmann nicht annehmen darf.

licher Vertreter (Vater, Vormund, Pfleger) einer Partei auf­ zutreten berechtigt ist oder berechtigt gewesen ist.

In solchen Fällen wird der Schiedsmann den Antrag­ steller daher an seinen Stellvertreter (S. 96) oder auch an einen benachbarten Schiedsmann, wenn dieser zur Sühne­ verhandlung bereit ist (S. 22), verweisen.

5. Wen« der Antragsteller oder sein Gegner eine Sprache sprechen, die der SchiedSmauu nicht kennt oder die ihm nicht genügend gelänfig ist. Mit Parteien, die der Schiedsmann nicht versteht, kann er selbstverständlich nicht verhandeln. Da er auch einen Dol­

metscher nicht zuziehen darf, so • bleibt ihm nur übrig, die Verhandlung abzulehnen.

6. Wenn zur Gültigkeit des vor dem Schiedsmann abznfchlietztndtu Vergleichs vom Gesetz ausnahmsweise die Verhandlung (Verlautbarung, Beurkundung) vor Gericht oder einem Notar gefordert wird. Welche Verhandlungen dieses find, ergibt das Bürger­ liche Gesetzbuch?) Es seien hier als die wichtigsten erwähnt: die Übertragung eines Vermögens in seiner Gesamtheit

oder zu einem Bruchteil oder die Bestellung eines Nießbrauchs

an einem solchen Vermögen; ein Kauf- oder sonstiger Ver­ trag, in dem sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum ; über die Erfolglosigkeit eines Sühneversuchs 46, 50, 52, 53, 57, CO; über die Erteilung einer Erfolglosigkeitsbescheinigung 54; über die Erteilung einer Ausfertigung 66, 69; über die Erteilung einer neuen voll­ streckbaren Ausfertigung anstelle einer zurückgegebenen 74; über die vom Amtsgericht verfügte Genehmigung der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung 71,73,74; bei Entwertung von Stempel­ bogen 84; über Stempelverwendung 84; über die Aushändigung des Protokollbuches an den Schiedsmann 57.

Sachregister.

125

Vermittelnde Tätigkeit der Schiedsmänner 7,33. Vermögen, Übertragung und Belastung mit einem Nießbrauch 16. Vermögen-rechtliche Ansprüche 12. Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen durch den Schieds­

mann 37; des Schiedsmanns als Zeugen 90. Verpflichtung, eidliche, der Schiedsmänner 86. Bersöumui-, Entschädigung dafür 15. Verschluß der amtlichen Briefe 61. Verschwendung 18,87. Verschwiegenheit siehe Amtsverschwiegenheit. DerflcherungSgesetz für Angestellte 10. Verständigung, schriftliche, mit Tauben und Stummen, 20,36,42,

50, 74. Derstempelung der Vergleiche 78. Verträge, Unzuständigkeit des Schiedsmanns zur Aufnahme von

solchen 10; gerichtliche oder notarielle Form 16. Vertreter siehe Stellvertreter, siehe auch gesetzlicher Vertreter, siehe auch Bevollmächtigter. Verwahrung siehe Ausdewahrung. Verweigerung siehe Weigerung. Verweisung auf den Schiedsmannseid 87. Dollgeschriedene Protokollbücher, Ablieferung 58. Vollmachten, Unzuständigkeit des Schiedsmanns zur Aufnahme von

solchen 10; Prüfung durch den Schiedsmann 20; Vollmachten zur Empfangnahme von Postsendungen 62. Vollstreckbare Ausfertigungen siehe Ausfertigungen. VollstreckungSkläusel 67, 71, 75. Vorausbezahlung der Kosten 76. Vorausleistung des Gläubigers 73. Vorbehalt der gerichtlichen Verfolgung einer Beleidigung 34,41. Vorbildung der Schiedsmänner 87. Vorgesetzte des Schiedmanns 89, 91, 92; Genehmigung der Vor­ gesetzten zur Übernahme des Schiedsmannsamts 87. Vorladung siehe Ladung. Vorlegung des Protokolls zur Durchsicht 36, 43; des Protokollbuchs zur Prüfung 85, 92. Vorlesung des Protokolls 43. Vormund 18, 19, 45, 50, 52, 55, 56; Schiedsmann als Vormund 16. Vormundschaft 18, 87. Vorname siehe Name Vorstand des Stempelsteueramts 84.

W. Wahl der Schiedsmänner 86. Waisengelder 62. Wartegelder 62. Weigerung des Gewählten, das Schiedsmannsamt zu übernehmen 88;

126

Sachregister.

des Schiedsmanns, das Amt fortzuführen 95; des Schiedsmanns, Zeugnis abzulegen 90; des Verklagten, im Sühnetermin zu er­ scheinen 29; der Parteien, das Protokoll zu unterschreiben 44; des Schuldners, den Vergleich zu erfüllen 34. Weitere vollstreckbare Ausfertigung 74. Weitläufigkeit der Streitsache 23, 50. Wert des Streitgegenstandes 79. Widerruf einer Beleidigung 33, 34. Wiederwahl des Schiedsmanns 87. Witwengelder 62. Wohnort 22, 45, 49, 87, 88. Wohnung des Schiedsmanns als Amtslokal 26, 98.

Z. Zahlungsunfähigkeit des Verklagten 41. Zessionen 80. Zeuge, Vernehmung des Schiedsmanns als solcher 90; Vernehmung von Zeugen durch den Schiedsmann 37; Mitunterschreibung eines Schriftstücks durch den Schiedsmann als Zeugen 10, 11. Zeugnisverweigerung siehe Weigerung. Zivilpenfionsrechnungsordnung 62. Zivilprozeßordnung 90, 91. Zukleben von Seiten im Protokollbuch 58. Zurückweisung des Antrags auf Terminsanberaumung 24; von Bevollmächtigten und Beiständen 20, 21. Zuständigkeit des Schiedsmanns, örtliche 22, 30, 49, 55; sachliche 11, 61. Zustellung der Vorladung zum Termin 27, 52. Zwangsvollstreckung aus Schiedsmannsvergleichen 34, 40, 67; zur Beitreibung der Kosten 77. Zweite vollstreckbare Ausfertigung 74.W

H. W. Müller, Verlag, Berlin SW. 68, Schützenstr.29/30.

Das

Preußische Gesinderecht im Geltungsbereiche

der Gesindeordnung vom 8. Nov. X8H0 bearbeitet von

L. Lindenberg, Geh. Oberjustizrat, Landgerichtspräsident in Berlin.

Achte Ablage 1912.

des gleichnamigen P osseldt'schen Buches.

160 Seiten.

Kartoniert M. 1,80.

„Die preuß. Gesindeordnung vom 8. Nov. 1810 gilt in den Pro­ vinzen Ostpreußen, Westpreußen, Posen, Schlesien, Pommern (mit Ausschluß von Neuvorvommern und Rügen), Brandenburg; einschl. Berlin, Sachsen und Westfalen. — Unter eingehender Berücksichtigung der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der sonstigen neuen Gesetz­ gebung und der gerichtlichen Entscheidungen sind in dieser Schrift alle auf das Gesinderecht bezüglichen Rechtsverhältnisse und die dabei vor­ kommenden Streitigkeiten in einer jedermann verständlichen, einfachen und klaren Weise erörtert. Das dankenswerte Buch ist daher sehr geeignet, die so unerquicklichen Gesinde-Prozesse zu vermindern und dadurch Schaden und Unannehmlichkeiten zu ver­ hüten. Deutscher Reichs- und Königl. Preuß. Staatsanzeiger.

H.W. Müller, Verlag, Berlin SW. 68, Schützenstr. 29/30. Die LanLgemeindeor-NUNg

für die 7 östlichen Provinzen der Monarchie vom 3. Juli 1891 nebst den zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen. Erläutert von St. Genzmer, Senatspräsident am Ober­ verwaltungsgericht. 5 , verbesserte Auflage. 1914. Geb. M. 5,—.

Die preußische Iagdordnnng nnd die sonstigen jagdgesetzlichen Bestimmungen für Preußen. Zum praktischen Gebrauch erläutert von Görcke, Amtsrichter. 4. Auflage von Kohli, Die Preußischen Jagdgesetze". 1908. Mit Nachtrag: RerchS-Bogelschutzgesetz. kartoniert M. 3, -.

Das preußische Fischereigesetz

vom 11. Mai 1916 nebst Landessischereiordnung und Ausführungsbestimmungen. Von GÜrcke, Amts­ gerichtsrat in Eberswalde. 1917. Kartoniert ca. M. 3,— (im Druck).

Handelsgesetzbuch und Wechselordnung

nebst Emführnngs- nnd Nebengesetzen (Ausgabe ohne Seerecht), erläutert durch die Recht­ sprechung des Reichsgerichts und des vorm. Reichs-Oberhandels­ gerichts. Von I. Basch, Iustizrat u. Notar in Berlin. 7. Auflage. 1911. Gebunden M. 2,50.

Wechselordnung,

Scheckgesetz, Postscheckordnung und Wechselstempel­ gesetz. Erläutert durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des vorm. Reichs-Oberhandelsgerichts. Von I. Basch, Justizrat u. Notar in Berlin. 7. Auflage. 1911. Kartoniert M. 1,20.

Die Keichs-Gruudbuchordnung

vom 24. März 1897 mit An­ merkungen und Sachregister von Willeubücher, weil. Geh. Justizrat, Oberlandesgerichtsrat. 3., vermehrte Auflage. 1905. Ausgabe für Preußen. Kartoniert M. 2,40.

Das Zivilprozeß- und Zwangsvollstreckungsverfahren (vom 1. April 1910 ab). Grundriß mit zahlreichen Beispielen von Willen­ bücher, weil. Geh. Justizrat. 3. Auflage von Dr. A. Röldeke, Ober­ landesgerichtsrat. Mit Nachtrag: Gesetz vom 22./5. 1919. Ge­ bunden M. 8,—. ' Strafrecht uud Strafprozeß.

Eine Sammlung der wichtigsten, das Strafrecht und das Strafverfahren betreffenden Gesetze. Zum Handgebrauch für den preuß. Praktiker erläutert und herausgegeben von Dr. A. Dalcke, Ober-Staatsanwalt, Geh. Ober-Justi-rat. 13. Auf­ lage von P. Dalcke, Amtsrichter. 1916. Geb. M. 10,—.