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German Pages 3819 [330] Year 2008
Alexander von Humboldt
DARMSTÄDTER AUSGABE Sieben Bände
Herausgegeben von Hanno Beck
BAND VII/1
Alexander von Humboldt KOSMOS Entwurf einer physischen Weltbeschreibung Teilband 1
Herausgegeben und kommentiert von Hanno Beck in Verbindung mit Wolf-Dieter Grün, Sabine Melzer-Grün, Detlef Haberland, Paulgünther Kautenburger †, Eva Michels-Schwarz, Uwe Schwarz und Fabienne Orazie Vallino
Forschungsunternehmen der Humboldt-Gesellschaft, Nr. 40 Mit Förderung der Academia Cosmologica Nova
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Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. 2., durchgesehene Auflage 2008 © 2008 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt 1. Auflage 1987–1997 Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: Janß GmbH, Pfungstadt Umschlag- und Schubergestaltung: Peter Lohse, Büttelborn Abbildungen auf dem Schuber: Humboldt-Portrait von F. G. Weitsch 1806, Foto: Hanno Beck; Weltkarte aus dem Berghausatlas, V. Abteilung, Pflanzen-Geographie; „Plan du Port de Veracruz“ von A. v. Humboldt, Foto: Hanno Beck Umschlagabbildungen: Details aus den Karten und Illustrationen des Berghausatlas Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-darmstadt.de
ISBN 978-3-534-19691-3
Inhalt A. Textteil
Kosmos. Entwurf einerphysischenWeltbeschreibung [Widmung an den preußischen König]
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Vorrede
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ErsterBand Einleitende Betrachtungen überdie Verschiedenartigkeit des Naturgenusses und eine wissenschaftliche Ergründung der Weltgesetze Begrenzung undwissenschaftliche Behandlung einerphysischen Weltbeschreibung Naturgemälde AllgemeineÜbersichtder Erscheinungen. [ I. Uranalogischer Teil] [II. Tellurischer Teil]
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A Textteil
Kosmos Entwurf einerphysischen Weltbeschreibung
Kosmos. Entwurf
einerphysischenWeltbeschreibung von Alexander von Humboldt. ErsterBand. Naturae verorerumvis atquemajestasin omnibus momentis fide caret,si quis modo partes ejus ac non totam complectatur animo. Plin. H. N. lib. 7 c. 1. [Das Wesenunddie HoheitderNaturoffenbarensich, wennalleihreTeileauchals Ganzesbegriffenwerden. PliniusderÄltere:Historianaturalis, Buch7, Kapitell]
Stuttgart undAugsburg. J. G. Cotta'scher Verlag. 1845.
SeinerMajestät dem König
Friedrich Wilhelm IV. widmet in tieferEhrfurcht undmit herzlichem Dankgefühl diesen Entwurf einerphysischenWeltbeschreibung
v. Humboldt. Alexander
Vorrede Ich übergebeam spätenAbend eines vielbewegten Lebens dem deutschenPublikumein Werk, dessen Bild in unbestimmtenUmrissen mir fastein halbesJahrhundert langvor der Seeleschwebte.*In manchen Stimmungenhabe ich dieses Werk fürunausführbar gehalten und bin, wennich es aufgegeben,wieder,vielleicht unvorsichtig, zu demselben zurückgekehrt. Ich widme es meinen Zeitgenossenmit derSchüchternheit, die ein gerechtesMißtrauen in das Maß meiner Kräftemir einflößenmuß. Ich suche zu vergessen,daß langeerwartete Schriften gewöhnlich sich mindererNachsichtzu erfreuen haben. Wenndurchäußere Lebensverhältnisse unddurcheinenunwiderstehlichenDrang nach verschiedenartigem Wissen ich veranlaßt worden scheinbarausschließlich mit einzelnen Disbin, mich mehrereJahreund ziplinen:mit beschreibender Botanik,mit Geognosie,Chemie, astronomischen Ortsbestimmungen und ErdmagnetismusalsVorbereitung zu einergroßenReiseexpeditionzu beschäftigen, so wardoch immer der eigentliche Zweck des Erlernensein höherer.Was mir den Hauptanderkörperlichen triebgewährte, wardas Bestreben,die Erscheinungen Dinge in ihrem allgemeinen Zusammenhang,die Naturalsein durchinnereKräftebewegtesund belebtesGanzesaufzufassen. Ich wardurch den Umgang mit hochbegabten Männernfrühzu derEinsichtgelangt, daßohneden ernstenHangnachderKenntnisdes einzelnen allegroße undallgemeine Weltanschauung nurein Luftgebilde sein könne.Es sind aberdie Einzelheiten im Naturwissen ihrem innerenWesen nachfähig, wie durcheine aneignendeKraftsich gegenseitigzubefruchten. DiebeschreibendeBotanik,nichtmehr in den engenKreis der Bestimmung von Geschlechtern und Artenfestgebannt, führtden Beobachter,welcherferneLänderund hoheGebirgedurchwandert, zu der Lehrevon der geographischen Verteilung der Pflanzenüberden Erdbodennach vom Äquatorunddersenkrechten Erhöhung MaßgabederEntfernung des Standortes. Um nun wiederumdie verwickelten Ursachendieser Verteilung aufzuklären, müssen die Gesetzeder Temperaturverschiedenheitder Klimatewie der meteorologischen Prozesseim Luftkreis
* Zum Charakterdieser ältestenRückschreibungdes Kosmos-Planess. im Kommentar>KosmosAnsichtenderNatur< gleichnach meiner Rückkunftaus Mexico veröffentlicht habe, lange Zeit geschenkthat. Diese Schriftbehandelte einzelneTeile des Erdlebens(Pflanzengestaltung, Grasfluren und Wüsten)untergenerellen Beziehungen.Sie hatmehr durchdas gewirkt,was sie in empfänglichen, mit PhantasiebegabtenjungenGemüternerweckthat,als durchdas, was sie geben konnte.In dem >KosmosAnsichtenderNaturKosmos< habenalsonichts miteinandergemein alsetwadie Reihenfolge der Gegenstände,die sie Betrachtungen" habe ich die Form behandeln.Nur den "einleitenden waren. einerRede gelassen,in d~e sie teilweiseeingeflochten Den zahlreichen Zuhörern,welchemit so vielWohlwollen meinen Vorträgen im Universitäts-Gebäude gefolgtsind, ist es vielleicht angenehm, wennich alseine Erinnerung an jene längstverfloßne Zeit, zugleichaberauchalsein schwachesDenkmalmeiner Dankgefühle hier der einzelnabgehandelten Materienunterdie Gesamtdie Verteilung zahlder Vorlesungen(vom 3. November 1827 bis 26. April 1828, in 61 Vorträgen) einschalte: Wesen und Begrenzung der physischenWeltbeschreibung,allgemeinesNaturgemälde 5 Vorträge;Geschichteder Weltanschauung 3, Anregungenzum Naturstudium 2, Himmelsräume 16; Gestalt,Dichte,innereWärme, Magnetismusder Erde und PolarErdrinde,heißeQuellen,Erdbeben,Vulkanislicht5; Naturder starren Typen derFormationen 2; Gestalt derErdoberflämus 4; Gebirgsarten, che, Gliederung derKontinente, HebungaufSpalten2; tropfbar-flüssige
* Humboldthieltvon Ende 1825 bis Anfang1827 14 MonatehindurchVorlesungenüberPhysikalischeGeographiebei derMarquisede Montauban. ** Die ReihenfolgederVorträgewarumgekehrt:Vom 3. 11. 1827 bis zum 26. 4. 1828laser61malin derUniversität, vom 6. 12. 1827 bis zum 27. 4. 1828 16mal in der Singakademie,und zwarin beiden FälleneindeutigüberPhysikalische Geographie. *** MehrereKollegnachschriften habensich erhalten, nureine wurdepubliziert;darübers. den Kommentar,Teilband2, S. 364, Anm. 33.
Vorrede
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Umhüllung:Meer 3, elastisch-flüssige Umhüllung,Atmosphäre, Wärmeverteilung 10; geographischeVerteilung der Organismenim allgemeinen1; Geographieder Pflanzen3, GeographiederTiere 3, Menschenrassen 2. Der ersteBand meines Werks enthält: EinleitendeBetrachtungen über die Verschiedenartigkeit des Naturgenusses und die Ergründung der Weltgesetze,Begrenzungund wissenschaftliche Behandlungder physischenWeltbeschreibung; ein allgemeinesNaturgemälde alsÜbersicht der Erscheinungen im Kosmos. Indem das allgemeineNaturgemälde von den fernstenNebelflecken und kreisendenDoppelsternen der Geographieder des Weltraumszu den tellmischen Erscheinungen Organismen(Pflanzen, TiereundMenschenrassen) herabsteigt, enthält es schondas, was ich alsdas WichtigsteundWesentlichste meines ganzen Unternehmens betrachte: die innereVerkettung des Allgemeinen mit dem Besonderen;den Geist derBehandlung in AuswahlderErfahrungssätze, in Form und Stilder Komposition. Die beiden nachfolgenden Bände*sollendie Anregungsmittel zum Naturstudium (durchBelebungvon Naturschilderungen, durchLandschaftsmalerei und durch GruppierungexotischerPflanzengestalten in Treibhäusern),die Ged. h. derallmählichen Auffassungdes BeschichtederWeltanschauung, griffsvom ZusammenwirkenderKräftein einem Naturganzen unddas Spezielleder einzelnenDisziplinenenthalten, derengegenseitigeVerbindungim Naturgemälde des erstenBandes angedeutet wordenist. Überallsind die bibliographischen Quellen,gleichsamdie Zeugnisse von derWirklichkeit und dem WertderBeobachtungen, da, wo es mir nötigschien, sie in Erinnerung zu bringen,vom Textgetrennt und mit Angabe der Seitenzahl in Anmerkungenan das Ende eines jedenAbschnittesverwiesen.Von meinen eigenenSchriften, in denenihrerNaturnachdie Tatsachenmannigfaltig zerstreut sind, habe ich immer vorzugsweisenurdie Originalausgaben angeführt, da es hieraufgroßeGenauigkeitnumerischer Verhältnisse ankamundich in Beziehungaufdie der Übersetzer von großemMißtrauen erfüllt bin. Wo ich in Sorgfalt seltenen FällenkurzeSätzeaus den Schriften meinerFreundeentlehnt habe, ist die Entlehnung durchden Druckselbstzu erkennen.Ich ziehe derselben WortejederwillkürnachderArtderAltendie Wiederholung lichenSubstituierung uneigentlicher oder umschreibenderAusdrücke vor. Von der in einem friedlichen Werkso gefahrvoll zu behandelnden Geschichteder erstenEntdeckungen wie von vielbestrittenen Prioritätsrechten ist in den Anmerkungenseltendie Rede. Wenn ich biswei-
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Der Kosmos solltedamitursprünglich nurin dreiBändenerscheinen.
Vorrede
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len des klassischenAltertumsund der glücklichen Übergangsperiode des durchgroßegeographischeEntdeckungen wichtiggewordenen 15. und 16. Jahrhunderts erwähnt habe, so ist es nurgeschehen,weilin dem Bereichallgemeiner AnsichtenderNatures dem Menschenein Bedürfnisist, sich von Zeit zu Zeit dem Kreis strengdogmatisierender modernerMeinungenzu entziehen und sich in das freie,phantasiereiche Gebietälterer Ahnungenzu versenken. Man hates ofteine nichterfreuliche Betrachtung genannt,daß,indem rein literarische Geistesprodukte gewurzelt sind in denTiefender Gefühleund der schöpferischenEinbildungskraft, alles,was mit der Empirie, mit Ergründung von Naturerscheinungen und physischenGesetzen zusammenhängt,in wenigen Jahrzehnten, bei zunehmender Schärfeder Instrumente und allmählicher Erweiterung des Horizonts derBeobachtung eine andereGestaltung annimmt;ja daß,wie man sich auszudrücken pflegt,veraltete naturwissenschaftliche Schriftenals unübergebensind. Wer von einerechtenLiebe lesbarderVergessenheit zum Naturstudium undvon dererhabenen Würdedesselbenbeseeltist, kann durch nichts entmutigtwerden, was an eine künftigeVervollkommnungdes menschlichen Wissens erinnert. VieleundwichtigeTeile dieses Wissens, in den Erscheinungen der Himmelsräumewie in den tellmischen Verhältnissen, habenbereitseine feste,schwerzu erschütterndeGrundlageerlangt.In anderenTeilenwerdenallgemeineGesetzean die Stelleder partikularen treten,neue Kräfteergründet, für einfachgehaltene Stoffevermehrtoder zergliedert werden. Ein Versuch, die Naturlebendigundin ihrererhabenenGrößezu schildern,in dem wellenartig wiederkehrenden WechselphysischerVeränderlichkeit das Beharrliche aufzuspüren, wird daherauchin späterenZeitennicht ganzunbeachtet bleiben. Potsdam,im November1844
Erster Band Einleitende Betrachtungen über die Verschiedenartigkeit des Naturgenusses und eine wissenschaftliche Ergrundung der Weltgesetze (Vorgetragen am Tage derEröffnung derVorlesungen in dergroßenHalleder gehören SingakademiezuBerlin[6. Dezember1827)- MehrereEinschaltungen einerspäterenZeitan)
Wenn ich es unternehme,nachlangerAbwesenheitaus dem deutschenVaterland, in freienUnterhaltungen überdie Naturdie allgemeinenphysischenErscheinungen aufunseremErdkörperunddas Zusamzu entwickeln, so findeich mich mit eimenwirkenderKräfteim Weltall nerzweifachen Besorgniserfüllt. Einesteilsist derGegenstand,den ich unddie mir vorgeschriebene Zeitso zu behandeln habe,so unermeßlich beschränkt,daßich fürchten muß, in eine enzyklopädische Oberflächlichkeitzuverfallen oder,nachAllgemeinheit strebend,durchaphoristische Kürze zu ermüden. Anderenteils hat eine vielbewegteLebensVorträgegewöhnt,und in der Befanweise mich wenig an öffentliche genheitmeines Gemütswirdes mir nichtimmer gelingen,mich mit der Bestimmtheitund Klarheitauszudrücken, welchedie Größeund die Mannigfaltigkeit des Gegenstandeserheischen.Die Naturaberist das Reich derFreiheit,undum lebendigdie Anschauungen undGefühlezu schildern,welcheein reinerNatursinngewährt,sollteauchdie Rede stetssich mit derWürdeund Freiheitbewegen,welchenurhoheMeisterschaft ihrzu gebenvermag. Wer die Resultate der Naturforschung nichtin ihrem Verhältnis zu Bedürfnissen einzelnenStufender Bildungoderzu den individuellen des geselligenLebens, sondernin ihrergroßenBeziehungaufdie gedem bietetsich als die erfreulichste samte Menschheit*betrachtet, Fruchtdieser Forschungder Gewinn dar, durchEinsichtin den Zusammenhangder Erscheinungen den Genußder Naturvermehrtund veredelt zu sehen. Eine solcheVeredlungist aber das Werk der Beobachtung,der Intelligenz und der Zeit, in welcheralleRichtungender
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S. hierzuden Kommentar,Teilband2, S. 378f.
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ErsterBand
Geisteskräfte sich reflektieren. Wie seit Jahrtausenden das Menschengeschlecht dahingearbeitet hat,im ewig wiederkehrenden Wechselder Weltgestaltungen das Beharrliche des Gesetzesaufzufinden und so allmählichdurchdie Machtder Intelligenz den weitenErdkreiszu erobern, lehrtdie Geschichteden, welcherden uralten Stamm unseres Wissens durchdie tiefenSchichtenderVorzeitbis zu seinenWurzeln zu verfolgenweiß. Diese Vorzeitbefragen,heißtdem geheimnisvollen Gang der Ideen nachspüren,aufwelchemdasselbeBild, das frühdem innerenSinn als ein harmonischgeordnetesGanzes, Kosmos, vorschwebte,sich zuletzt wie das Ergebnislanger,mühevollgesammelter Erfahrungen darstellt. In diesenbeidenEpochenderWeltansicht, dem erstenErwachendes Anbaualler Bewußtseins derVölkerunddem endlichen,gleichzeitigen Zweige der Kultur,spiegelnsich zwei Artendes Genusses ab. Den einenerregt,in dem offenenkindlichenSinnedes Menschen,derEintritt in die freieNaturunddas dunkleGefühldes Einklangs,welcherim ewigen Wechselihresstillen Treibensherrscht.Der andereGenußgehört der vollendeteren Bildungdes Geschlechts und dem ReflexdieserBilaus derEinsichtin die Orddungaufdas Individuuman: Er entspringt nungdes Weltalls und in das Zusammenwirkender physischenKräfte. So wie derMenschsich nunOrganeschafft,um die Naturzu befragen undden engenRaum seinesflüchtigen Daseinszu überschreiten, wie er nichtmehr bloßbeobachtet, sondernErscheinungen unterbestimmten Bedingungenhervorzurufen weiß,wie endlichdie Philosophieder Natur,ihrem altendichterischen Gewandentzogen, denernstenCharakter einerdenkendenBetrachtung des Beobachteten annimmt, treten klare Erkenntnisund Begrenzungan die StelledumpferAhnungenund unvollständiger Induktionen.Die dogmatischenAnsichtender vorigen des Volksundin geJahrhunderte lebendannnurfortin denVorurteilen wissen Disziplinen,die, in dem Bewußtsein ihrerSchwäche,sich gernin Dunkelheit hüllen.Sie erhalten sich auchalsein lästigesErbteilin den Sprachen,die sich durchsymbolisierendeKunstwörter und geistlose Formen verunstalten. Nur eine kleineZahlsinnigerBilderderPhantasie, welche,wie vom Duftder Urzeitumflossen,auf uns gekommen sind, gewinnenbestimmtereUmrisse undeine erneuerte Gestalt. Die Naturist fürdie denkendeBetrachtung Einheitin derVielheit, Verbindungdes Mannigfaltigen in Form und Mischung,Inbegriffder Naturdinge undNaturkräfte, alsein lebendigesGanzes.Das wichtigste Resultat des sinnigenphysischenForschensistdaherdieses: in derMannigfaltigkeit die Einheitzu erkennen,von dem Individuellen alleszu umfassen,was die Entdeckungen derletzteren Zeitalter uns darbieten,
Einleitende Betrachtungen
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die Einzelheiten prüfendzu sondernund dochnichtihrerMasse zu unterliegen:der erhabenenBestimmung des Menscheneingedenk,den Geist der Naturzu ergreifen,welcherunterderDecke derErscheinungen verhüllt liegt.Auf diesem Wege reichtunserBestrebenüber die enge GrenzederSinnenwelt hinaus;und es kannuns gelingen,die Naturbegreifend,den rohenStoffempirischerAnschauunggleichsam durchIdeen zu beherrschen. Wenn wir zuvörderst über die verschiedenenStufendes Genusses nachdenken, welchenderAnblickderNaturgewährt, so findenwir, daß die ersteunabhängigvon derEinsichtin das WirkenderKräfte,ja fast unabhängig vom eigentümlichen Charakter derGegendist, die uns umden Bodenbedekgibt. Wo in derEbene, einförmig,geselligePflanzen ken und aufgrenzenloser Fernedas Auge ruht,wo des MeeresWellen das Ufersanftbespülenund durchUlven[Meersalat] und grünenden uns das Gefühlder SeetangihrenWeg bezeichnen:Überalldurchdringt freienNatur,ein dumpfes Ahnenihres"Bestehensnachinnerenewigen Gesetzen".In solchenAnregungen ruhteine geheimnisvolle Kraft;sie sind erheiternd und lindernd,stärkenund erfrischenden ermüdeten Geist, besänftigen oftdas Gemüt,wennes schmerzlich in seinenTiefen odervom wildenDrangderLeidenschaften bewegtist. Was erschüttert ihnen Ernstesund Feierlichesbeiwohnt,entspringtaus dem fastbeder wußtlosen GefühlhöhererOrdnungund innererGesetzmäßigkeit Natur,aus dem Eindruckewig wiederkehrender Gebilde, wo in dem Besonderstendes Organismusdas Allgemeinesich spiegelt;aus dem Kontrastzwischen dem sittlichUnendlichenund der eigenen Beschränktheit, derwir zu entfliehen streben.In jedem Erdstrich,überall wo die wechselnden Gestalten des Tier-undPflanzenlebens sich darbieten, aufjederStufeintellektueller Bildungsind dem Menschendiese Wohltaten gewährt. Ein andererNaturgenuß, ebenfalls nurdas Gefühlansprechend,ist der, welchenwir nichtdem bloßenEintritt in das Freie (wie wir tiefbedeutsamin unsererSprachesagen),sonderndem individuellen Charakter einer Gegend, gleichsam der physiognomischenGestaltung der Oberfläche unseresPlaneten verdanken.EindrückesolcherArtsind lebendiger,bestimmterund deshalbfür besondereGemütszustände geeignet.Baldergreift uns die GrößederNaturmassenim wildenKampf der entzweiten Elementeoder, ein Bild des Unbeweglich-Starren, die Öde der unermeßlichen Grasfluren und Steppen, wie im gestaltlosen Flachland der NeuenWeltund des nördlichen Asiens; baldfesseltuns, freundlicheren Bildernhingegeben,derAnblickderbebautenFlur,die ersteAnsiedlungdes Menschen,von schroffenFelsschichten umringt,
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ErsterBand
am Rande des schäumendenGießbachs.Denn es ist nichtsowohldie StärkederAnregung,welchedie Stufendes individuellen Naturgenusses bezeichnet,wie derbestimmteKreis von Ideen und Gefühlen,die sie erzeugenundwelchensie Dauerverleihen. Darfich mich hierdereigenenErinnerung großerNaturszenen überlassen,so gedenkeich des Ozeans,wennin derMildetropischer Nächte das Himmelsgewölbesein planetarisches, nichtfunkelndes Sternenlicht über die sanftwogende Wellenfläche ergießt,oder der Waldtäler der Cordilleren, wo mit kräftigemTrieb hohe Palmenstämmedas düstere Laubdachdurchbrechen und als Säulengänge hervorragen, "ein Wald über dem Wald"\oder des Pies von Teneriffa,wenn horizontale Wolkenschichten den Aschenkegelvon der unteren Erdfläche trennen und plötzlich durcheine Öffnung,die deraufsteigende Luftstrom bildet,der Blick vom Rand des Kraterssich auf die weinbekränzten Hügelvon Orotavaunddie Hesperidengärten derKüstehinabsenkt.In diesenSzenenist es nichtmehr das stille,schaffendeLeben derNatur,ihrruhiges TreibenundWirken,die uns ansprechen,es ist derindividuelle Charakter der Landschaft,ein Zusammenfließen der Umrisse von Wolken, Meer und Küstenim Morgenduft der Inseln;es ist die Schönheitder Pflanzenformen und ihrerGruppierung.Denn das Ungemessene, ja selbstdas Schrecklichein der Natur,alleswas unsereFassungskraft übersteigt,wird in einerromantischen GegendzurQuelledes Genusses. Die Phantasieübtdanndas freieSpiel ihrerSchöpfungenan dem, was von den Sinnennichtvollständig erreicht werdenkann;ihrWirken nimmt eine andereRichtungbei jedem Wechselin der Gemütsstimmung des Beobachters.Getäuscht,glaubenwir von derAußenwelt zu empfangen,was wir selbstin diese gelegthaben. WennnachlangerSeefahrt, fernvon derHeimat,wirzum erstenMal ein Tropenlandbetreten,erfreut uns an schroffenFelswändenderAnblick derselbenGebirgsarten (des Tonschiefersoder des basaltartigen Mandelsteins),die wir auf europäischemBoden verließen und deren Allverbreitung zu beweisenscheint,es habedie alteErdrindesich unabhängigvom äußeren Einfluß derjetzigenKlimate*gebildet;aberdiese wohlbekannte Erdrindeist mit den Gestalten einerfremdartigen Flora sich uns, den Bewohnernder nordischen geschmückt.Da offenbart• Zone, von ungewohnten Pflanzenformen, von der überwältigenden 1 Dieser Ausdruckist einerschönenWaldbeschreibung in Bernardinde St. Pierres>Paul_etVirginieFloraIndica Visit totheShatool, snow on thesouthern face forthepurposeof determiningthelineof perpetual of theHimalaya,in Aug. 1822Geographischen Analyseder Kartevon Inner-AsienIdeen zu einerGeographieder PflanzenAtlasgeogr. et phys. du NouveauContinentÜber die geographische Verteilung der PflanzenAsie centraleMemoire surIa profondema Ia quelleon trouveIa couche de temperature invariable sous !es tropiquesÜber die Kawi-SpracheIndischeAlterthumskundeElegieMargarita philosophicaAepitome omnis Philosophiae, aliasMargarita philosophicatractans de omni generescibiliAper9u historiquedes methodesen GeometrieMargarita philosophicaGeographiageneralisin qua affectiones generalestellurisexplicanturDe MundoGrundlinienzur Geschichtedes Verfallsder römischen 1837, S. 41-45. Wahrscheinlich schöpfteEnniusnichtaus den Staats-ReligionHistorianaturalisPhilosophieder Geschichte Laplace,Expos. du Syst. du Monde (ect.5.), p. 415. 6 Laplacea. a. 0., pp. 396 u. 414.
Naturgemälde. UranalogischerTeil des Kosmos
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Die teleskopischen Planeten: Vesta,Inno, CeresundPallas,mit ihren untersich verschlungenen, starkgeneigtenund mehr exzentrischen AbteiBahnen,hatman versuchtalseine scheidendeZone räumlicher lungenin unseremPlanetensystem, gleichsamalseine mittlere Gruppe zu betrachten. Nach dieser Ansichtbietetdie innerePlanetengruppe (Jupiter, (Merkur,Venus, Erde und Mars) in Vergleichmit deräußeren 7 dar. Die inneren, Saturnund Uranus)mehrereauffallende Kontraste sonnennäheren Planetensind von mäßigerGröße,dichter,ziemlich gleich und langsamrotierend(in fast 24stündigerUmdrehungszeit), minder abgeplattet und bis aufeinen gänzlichmondlos. Die äußeren, Planetensind mächtiggrößer,fünfmalundichter,mehr sonnenfernen alszweimalschneller in derUmdrehungszeit um ihreAchse, stärker abgeplattet undmondreicherim Verhältnis von 17 zu 1, wenndem Uranus wirklichsechs Satelliten zukommen. übergewisse charakteristische EiDiese allgemeinen Betrachtungen genschaften ganzerGruppenlassensich abernichtmit gleichemRecht jeglicherGruppe anwenden;nichtauf die auf die einzelnenPlaneten Größe,zur Verhältnisse des Abstandsvom Zentralkörper zurabsoluten Dichte,zurUmdrehungszeit, zurExzentrizität, zurNeigungder BahnenundAchsenkreisender Weltkörper. Wir kennenbisherkeineinnere Notwendigkeit,kein mechanisches Naturgesetz,welches (wie das schöne Gesetz,das die Quadrateder Umlaufzeiten an die Würfelder großenAchsenbindet)die eben genannten sechs Elementeder Planetenkörper undderForm ihrerBahnenvoneinander odervonden mittleMarsistkleiner renEntfernungen abhängigmachte.Dersonnenfernere größeren Planealsdie ErdeundVenus,ja unterallenlängstbekannten, tendem sonnennahen Merkurim Durchmesseram nächsten;Saturnist kleineralsJupiterunddochvielgrößer alsUranus.Die Zone derim Volumen so unbedeutenden teleskopischenPlanetenliegtin einerAbstandsreihe,die von der Sonne anhebt,unmittelbar vor Jupiter,dem mächtigstenallerplanetarischen Weltkörper; und doch habenmehrere dieser kleinenAsteroiden,derenScheibenwenig meßbarsind, kaum die Hälftemehr Oberfläche alsFrankreich,MadagaskaroderBorneo. So auffallend auchdie äußerst geringeDichteallderkolossalen Planetenist, welchederSonneam fernsten liegen,so läßt sich auchhierkeine 8 • Uranusscheintwiederdichter alsSaturn regelmäßige Folgeerkennen 7 Littrow, Astronomie,Th. II, 1825, S. 107; Mädler,Astr., 1841, S. 212 (Laplacea. a. 0., S. 210). 8 Keplerüberdie mit denAbständen von derSonnezunehmendeDichteund zunehmendesVolumenderPlaneten, indem der Zentralkörper (die Sonne)als
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zu sein, selbstwennman LamontskleinereMasse V24605 annimmt;und trotzder unbeträchtlichen Dichteverschiedenheit der ionerstenPlanetengruppe9finden wir doch, zu beiden Seitender Erde, Vepus und Mars undichter als sie selbst.Die Rotationszeit nimmt im ganzenfreilichin derSonnenferne ab; dochist sie im Marsgrößer alsbei derErde, im Saturngrößerals im Jupiter.Die stärksteExzentrizität unterallen Planeten habendie elliptischen Bahnender Juno, der Pallasund des Merkur,die kleinsteVenusunddie Erde, zwei unmittelbar aufeinander folgendePlaneten.MerkurundVenus bietendemnachdieselbenKontraste dar,die man in den vierin ihrenBahnenengverschlungenen AstederJuno roidenbemerkt.Die untersich sehrgleichenExzentrizitäten alsdie derCeresundVesta.Ebenso undPallassind jededreimalstärker ist es mit der NeigungderPlanetenbahnen gegendie Projektionsebene derEkliptikundmit derStellung derUmdrehungsachsen aufihrenBahdie nen: einerStellung, vonwelchermehrnochalsvonderExzentrizität undTageslängen abhängen. Verhältnisse des Klimas, der Jahreszeiten Die Planeten,welchedie gedehnteste elliptischeBahn zeigen, Juno, Pallasund Merkur,haben auch, aber nichtim selbenVerhältnis, die stärksten NeigungenderBahnengegendie Ekliptik.Die der Pallasist kometenartig, fast26mal größeralsdie Neigungdes Jupiter:während die kleineVesta,welchederPallasso naheist, den Neigungswinkel der Jupiterbahn kaum sechsmalübertrifft. Die Achsenstellungen derwenigen (4 bis 5) Planeten, derenRotationsebene wirmit einigerGewißheit kennen,bietenebenfalls keine regelmäßige Reihenfolgedar. Nach der Lage der Uranustrabanten zu urteilen,deren zwei (der zweiteund vierte)in den neuestenZeitenmit Sicherheitwiedergesehenworden sind, ist die Achse des äußersten allerPlaneten vielleicht kaum 11 o gegen seine Bahngeneigt;undSaturnbefindetsich mittenzwischenJupiter, dessen Rotationsachse fast senkrechtsteht,und dem Uranus,in welchemdie Achse fastmit derBahnzusammenfällt. Die Weltder Gestaltungen wird in dieser Aufzählung räumlicher Verhältnisse geschildert als etwasTatsächliches, als ein Daseiendesin der dichtesteallerWeltkörper beschriebenwird, in der >Epitome Astron.Copern.< in VII librosdigesta,1618-1622, p. 420. Auch LeibnizwarderMeinung Keplersund Ottovon Guerickeszugetan,daßdie Planeten im Verhältnis der Sonnenferne anVolumenzunehmen.S. dessenBriefan den Magdeburger Bürgermeister(Mainz 1671) in Leibniz, DeutscheSchriften,hrsg. von Guhrauer, Th. I, S. 264. 9 S. für die Zusammenstellung der Massen Encke in: Schum. Astr. Nachr., 1843, No. 488, S. 114.
Naturgemälde. UranologischerTeil des Kosmos
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der Natur,nichtals Gegenstandintellektueller Anschauung,innerer, ursächlich ergründeter Verkettung. Das Planetensystem in seinenVerhältnissenvon absoluterGröße und relativer Achsenstellung, von Dichte,Rotationszeit und verschiedenen GradenderExzentrizität der Bahnenhatfüruns nichtmehr Naturnotwendiges alsdas MaßderVerteilung vonWasserundLandaufunseremErdkörper,alsderUmrißder Kontinente oderderHöhe derBergketten. Kein allgemeinesGesetzist in dieser Hinsichtin den Himmelsräumenoder in den Unebenheiten derErdrindeaufzufinden. Es sindTatsachen derNatur,hervorgegangen aus dem Konflikt vielfacher, einstunterunbekannten BedingungenwirkenderKräfte.Zufälligabererscheintdem Menschenin derPlanetenbildung,was er nichtgenetischzu erklärenvermag. Haben sich die Planeten aus einzelnen um die SonnekreisendenRingendunstförmiger Stoffegebildet,so könnendie verschiedene Dicke, die ungleichförmige Dichte,die Temperaturund die elektromagnetische Spannungdieser Ringe zu den verschiedensten Gestaltungen der geballten Materiewie das Maß der Wurfgeschwindigkeit und kleineAbänderungenin die Richtungdes Wurfeszu den mannigfaltigsten Formen und Neigungen der elliptischenBahnenAnlaßgegeben haben. Massenanziehungen und Gravitationsgesetze habengewißhier wie in den geognostischen Verhältnissen der Kontinentalerhebungen gewirkt;aberaus dergegenwärtigenForm derDinge ist nichtaufdie ganzeReihe derZuständezu schließen, welchesie bis zu ihrerEntstehung durchlaufen haben.Selbst das sogenannte GesetzderAbständeder Planeten von der Sonne, die Progression,aus deren fehlendemGlied schon Kepler die Existenz eines die Lücke ausfüllenden Planetenzwischen Mars und Jupiter ahnte,ist als numerischungenaufür die DistanzenzwischenMerkur, Venus und Erde und wegendes supponiertenerstenGliedesalsgegen die BegriffeeinerReihe streitend befundenworden. Die elfbisherentdeckten, um unsereSonnekreisendenHauptplaneten finden sich gewißvon 14, wahrscheinlich von 18 Nebenplaneten (Monden,Satelliten) umgeben. Die Hauptplaneten sind alsowiederum Zentralkörper füruntergeordnete Systeme.Wir erkennenhierim Weltbau gleichsamdenselbenGestaltungsprozeß, den uns so oftdie Entfaltungdes organischen Lebens bei vielfachzusammengesetzten Tier-und Pflanzengruppen in der typischenFormwiederholung untergeordneter oderMondewerdenhäufigerin der Sphärenzeigt.Die Nebenplaneten äußerenRegion des Planetensystems, jenseitsder in sich verschlungenen Bahnen der sogenanntenkleinenPlaneten.Diesseits sind alle derenSatellit Hauptplaneten mondlos, einzig die Erde abgerechnet, verhältnismäßig sehr großist, da sein Durchmesserden viertenTeil
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des Erddurchmessersausmacht,währendder größteallerbekannten lf17 und der größte Monde, der sechsteder Saturntrabanten, vielleicht allerJupitertrabanten, der dritte,dem DurchmessernachnurV26 ihres Hauptplaneten oderZentralkörpers sind. Die mondreichsten Planeten findetman unterden fernsten,welchezugleichdie größeren, die sehr undichten und sehrabgeplatteten sind. Nach den neuestenMessungen von MädlerhatUranusdie stärkste aller planetarischen Abplattungen: V9.92. Bei derErde undihrem Mond, derenmittlere Entfernung vonein10 derMasander51800 geographische Meilenbeträgt, ist die Differenz sen und der DurchmesserbeiderWeltkörper weitgeringer,als wir sie Ordsonstbei Haupt-und Nebenplaneten und Körpernverschiedener nungim Sonnensystemanzutreffen gewohntsind. Währenddie Dichte 519 geringerals die der Erde selbstist, scheint,falls des Erdtrabanten man den Bestimmungender Größenund Massen hinlänglich trauen darf,unterden Monden,welchedenJupiterbegleiten, derzweitedichter zu sein. alsderHauptplanet mit einigerGewißheiterVon den 14 Monden, derenVerhältnisse gründetwordensind, bietetdas System dersieben Saturntrabanten die Beispieledes beträchtlichsten Kontrastes in derabsoluten Größeundin den Abständenvom Hauptplaneten dar. Der sechsteSaturnsatellit ist wahrscheinlich nichtvielkleineralsMars, währendunserErdmondgenau nur den halbenDurchmesserdieses Planetenhat.Am nächsten steht,dem Volumennach,den beidenäußersten (dem sechstenundsiebenten)Saturntrabanten der dritteund hellste unterden Jupitermonden. Dagegengehörendie durchdas 40füßigeTeleskopim Jahr1789 von WilhelmHerschelentdeckten, von John Herschelam Vorgebirge der GutenHoffnung,von Vico zu Rom und von Lamontzu München wiedergesehenen zwei ionerstenSaturntrabanten vielleicht neben den so fernenUranusmonden,zu den kleinstenund nurunterbesonders günstigenUmständenin den mächtigstenFernrohren sichtbaren Weltkörpern unseres Sonnensystems. Alle Bestimmungen der wahren Durchmesserder Satelliten, ihre Herleitungaus der Messung der 10 Wenn der Halbmesserdes Mondes nachBurckhardts Bestimmung0,2725 und sein Volum lj,j9,09 ist, so ergibtsich seine Dichte0,5596, naheS/9. Vgl. auch Wilh. Beer und H. Mädler,Der Mond, S. 2 und 10, wie MädlersAstr.,S. 157. Der körperliche Inhaltdes Mondes ist nachHansennahean Vs4 (nachMädler V49,6) des körperlichen Inhaltsder Erde, seine Masse V97.73 derMasse derErde. allerJupitertrabanten, dem dritten,sind die Verhältnisse zum Bei dem größten des Hauptplaneten im VolumenV15370, in derMasse Vmoo. Über die Abplattung Uranuss. Schum., Astron.Nachr.,1844, No. 493.
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scheinbaren GrößekleinerScheibensind vielenoptischenSchwierigkeitenunterworfen, unddie rechnende Astronomie,welchedie Bewegung derHimmelskörper,wie sie sich uns von unseremirdischenStandpunkt aus darstellen werden,numerischvorherbestimmt, ist alleinum Bewegungund Masse, wenig aberum die Voluminabekümmert. Der absoluteAbstandeines Mondes von seinem Hauptplaneten ist odersiebtenSaturntrabanten. Seine Entferam größten im äußersten übereine halbeMilliongeographischer Meinungvom Saturnbeträgt len,zehnmalsovielwie die Entfernung unseresMondes von der Erde. Bei dem Jupiterist derAbstanddes äußersten (vierten)Trabanten nur 260000 Meilen,beim Uranusaber,fallsdersechsteTrabant wirklichvorhandenist, erreicht er 340000 Meilen.Vergleicht man in jedem dieser untergeordneten Systemedas Volumendes Hauptplaneten mit derEntfernungderäußersten Bahn,in welchersich ein Mond gebildethat,so erscheinenganzanderenumerischeVerhältnisse. In Halbmesserndes Hauptplaneten ausgedrückt, sind die Distanzender letzten Trabanten Saturnbei Uranus,SaturnundJupiterwie 91, 64 und27. Der äußerste trabanterscheintdann nur um ein geringes(V1s) vom Zentrumdes Saturnentfernter alsunserMondvonderErde. Dereinem HauptplanetennächsteTrabantist zweifelsohne derersteoderionerstedes Saturn, welcherdazunochdas einzigeBeispiel eines Umlaufsvon wenigerals 24 Stundendarbietet. Seine Entfernung vom Zentrumdes Hauptplanetenbeträgt nachMädlerundWilhelmBeerin Halbmesserndes Saturn ausgedrückt 2,47, in Meilen20022. Der Abstandvon der Oberfläche des Hauptplaneten kanndahernur11870, derAbstandvom äußersten Rand des Rings nur1229 Meilenbetragen.Ein Reisenderversinnlicht sich gerneinenso kleinenRaum, indem eran denAussprucheines kühnen Seemannes,KapitänBeechey,erinnert, der erzählt, daßer in drei Jahren18200 geographische Meilenzurückgelegt habe.Wennman nicht die absoluten Entfernungen, sonderndie HalbmesserderHauptplanetenzum Maßanwendet,so findetman, daßselbstderersteodernächste Jupitermond,welcherdem Zentrumdes Planeten 6500 Meilenferner als der Mond der Erde liegt,vom Zentrumseines Hauptplaneten nur um 6 Jupiterhalbmesser absteht,währendderErdmondvolle60 1/3 Erdhalbmesservon uns entfernt ist. In den untergeordneten SystemenderTrabanten oderNebenplaneten spiegelnsich übrigensihrerBeziehungnach,zum Hauptplaneten und untereinander, alleGravitationsgesetze ab, welchein dem die Sonne umkreisendenHauptplaneten walten.Die 12 Monde des Saturn,Jupiter undderErdebewegensich allewie die Hauptplaneten vonWestennach Ostenund in elliptischen Bahnen,die überauswenigvon Kreisbahnen
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abweichen.Nur der Erdmond und wahrscheinlich der ersteund inner(0,068) habeneineExzentrizität, welchegrößer ist als steSaturntrabant die des Jupiter;bei dem von Bessel so genaubeobachteten sechsten Saturntrabanten (0,029) überwiegtsie die Exzentrizität der Erde. An der äußersten Grenzedes Planetensystems, wo die Zentralkraft der gemindertist, zeigtdas freiSonnein 19 Erdweitenschonbeträchtlich lich noch wenig ergründete System der Uranusmondedie auffallendstenKontraste. StattdaßalleanderenMonde wie die Planetenbahnen wenig gegendie Ekliptikgeneigtsind und sich, die Saturnringe (gleichoderungeteilte Trabanten) nichtabgerechnet, von sam verschmolzene WestennachOstenbewegen,stehendie Uranusmondefastsenkrecht aufderEkliptik,bewegensich aber, wie Sir John Herscheldurchviel-· jährigeBeobachtungen bestätigthat, rückläufig von Osten nachWesten.Wenn Haupt-und Nebenplaneten sich durchZusammenziehung· der altenSonnenund Planetenatmosphären aus rotierenden Dunstringen gebildethaben,so mußes in den Dunstringen, die um den Uranus kreisen,sonderbare,uns unbekannte Verhältnisse derRetardation oder des Gegenstoßes gegebenhaben,um genetischeine solchederRotation des Zentralkörpers entgegengesetzte Richtungder Umlaufbewegung im zweitenundviertenUranustrabanten hervorzurufen. Bei allenNebenplaneten ist höchstwahrscheinlich die RotationsperiodederPeriodedes Umlaufsum den Hautplaneten gleich,so daßsie alleimmerdardem letzteren dieselbeSeitezuwenden.Ungleichheiten alsFolgekleinerVeränderungen im Umlaufverursachen indes Schwankungenvon 6 bis 8 Grad (eine scheinbareLibration[ = scheinbare Mondschwankung]) sowohlin Länge als in Breite.So sehenwir z. B. nachund nachvom Erdmond mehr als die HälfteseinerOberfläche: baldetwasmehr vom östlichenund nördlichen, baldetwasmehr vom westlichenoder südlichenMondrand.Durchdie Libration11 werden uns sichtbarer das RinggebirgeMalapert, welchesbisweilenden Südpol des Mondes bedeckt, die arktischeLandschaftum den Kraterberg Gioja wie die großegraueEbene nahedem Endymion, welcheim Flächeninhalt das Mare Vaporum übertrifft. Überhauptbleiben 3f7 der Oberfläche gänzlich und,wennnichtneue,unerwartet störendeMächte eindringen,auf immer unserenBlickenentzogen.Diese kosmischen Verhältnisse mahnenunwillkürlich an fastgleichein derintellektuellen Welt,an die Ergebnissedes Denkens,wo in dem GebietdertiefenForschungüber die dunkleWerkstätte der Naturund die schaffendeUr11 Beer und Mädlera. a. 0., § 185, S. 208 und § 347, S. 332; ders. Verf., Phys. Kenntniß derhimml. Körper,S. 4 und69, Tab. I.
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kraftes ebenfalls abgewandte,unerreichbar scheinendeRegionengibt, von denensich seit Jahrtausenden dem Menschengeschlecht von Zeit zu Zeit, baldin wahrem, baldin trügerischem Lichterglimmend,ein schmalerSaum gezeigthat. und durch Wir habenbisherbetrachtet, alsProdukteeiner Wurfkraft enge Bande der gegenseitigenAnziehunganeinandergefesselt,die unddie Gewölbeformen konzentrischer Hauptplaneten, ihreTrabanten Planetenzugehören.Es Ringe, die wenigstenseinem der äußersten bleibtuns nochübrig,unterden um die Sonnein eigenenBahnenkreisendenundvon ihrerleuchteten Weltkörpern die ungezählte Scharder Kometen zu nennen.Wenn man eine gleichmäßigeVerteilung ihrer Bahnen,die GrenzeihrerPerihelien(Sonnennähen) und die MöglichkeitihresUnsichtbarbleibens fürdie Erdbewohner nachden Regelnder Wahrscheinlichkeitsrechnung abwägt, so findet man eine Zahl von Myriaden,über welchedie Einbildungskraft erstaunt.Schon Kepler sagtmit der ihm eigenenLebendigkeitdes Ausdrucks,es gebe in den Welträumen mehr KometenalsFische in denTiefendes Ozeans.Indes Bahnenkaum noch150, wenndie ZahlderKomesind derberechneten undLaufdurchbekannteSternbilder man ten,überderenErscheinung hat,aufsechs- odersiebenhunmehr oderminder roheAndeutungen dertgeschätzt werdenkann.Währenddie sogenannten klassischenVölker des Okzidents,Griechenund Römer, wohlbisweilenden Ortangeben, wo ein Komet zuerstam Himmel gesehenwurde,nie [aber]etwas überseine scheinbareBahn,so bietetdie reicheLiteratur dernaturbeobachtenden,allesaufzeichnenden Chinesen umständlicheNotizen überdie Sternbilder dar,welchejeglicher Komet durchlief. SolcheNotizen reichenbis mehr dennfünfJahrhunderte vorderchristlichen Zeitrechnunghinauf,und viele derselbenwerdennoch heute12 von den Astronomenbenutzt. 12 Die vier ältesten Kometen, derenBahn hatberechnetwerdenkönnen, und zwarnachchinesischenBeobachtungen, sind die von 240 (unterGordian III), 539 (unterJustinian),565 und837. Währenddieserletzte Komet, dernach du Sejour24 Stundenlangwenigerals 500 000 Meilenvon der Erde entfernt war, Ludwig den Frommen dermaßenerschreckte, daßer durchStiftungvon KlösterneinerdrohendenGefahrzu entgehenhoffte,verfolgten die chinesischenAstronomenganzwissenschaftlich die Bahndes Gestirns,dessen60° langerSchweifbaldeinfach,baldgeteilt erschien.DerersteKomet, welchernach europäischenBeobachtungen alleinhatberechnet werdenkönnen,ist dervon 1456 (derHalleysche in derErscheinung,welcheman lange,abermit Unrecht, für die erste,sicherbestimmte, gehalten hat).Aragoim Annuairepour l'an 1836, p. 204. Vgl. auchuntenAnm. 26.
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Von allenplanetarischen Weltkörpern erfüllen die Kometen,bei der kleinstenMasse (nach einzelnenbisherigenErfahrungen wahrscheinMeilen lichweitunterVsooo derErdmasse) mit ihrenoftvieleMillionen langenundweitausgebreiteten Schweifendengrößten Raum. Derlichtreflektierende Dunstkegel, den sie ausstrahlen, ist bisweilen(1680 und 1811) so langgefundenwordenwie die Entfernung der Erde von der Sonne: eine Linie, welchezwei Planetenbahnen, die derVenusunddes Merkur,schneidet.Es ist selbstwahrscheinlich, daßin den Jahren1819 und 1823 unsreAtmosphäremit dem Dunstder Kometenschweifegemischtwar. Die Kometenselbstzeigenso mannigfaltige Gestalten, oftmehrdem daßdie Beschreibungeinerdieser IndividuumalsderArtangehörend, reisendenLichtwolken (so nanntensie schonXenophanesundTheon vonAlexandrien, derZeitgenossedes Pappus) nurmit Vorsichtaufeine andereangewendet werdenkann.Die schwächsten teleskopischen Kometen sind meist ohnesichtbarenSchweifund gleichenden HerseheischenNebelsternen. Sie bildenrundliche, mattschimmerndeNebelmit konzentriertem Licht gegen die Mitte.Das ist der einfachsteTypus, aberdarum ebensowenigein rudimentärer Typus wie der eines durch In den größeren KoVerdampfungerschöpften, alternden Weltkörpers. Kernund einen meten unterscheidet man den Kopf odersogenannten einfachenoder vielfachenSchweif, den die chinesischenAstronomen sehrcharakteristisch den Besen (sui)nennen.Der Kernhatder Regel Fällenwie nachkeine bestimmteBegrenzung,ob er gleichin seltenen ein Sternersterund zweiterGröße,ja bei den großenKometen von 1402, 1532, 1577, 1744 und 1843 selbstam Tage bei hellemSonnengesehenwordenist. Dieserletztere Umstandzeugt schein13 , leuchtend demnachbei einzelnen Individuenfüreine dichtere,intensiver LichtreflexionfähigeMasse. Auch erscheinenin Herschelsgroßen Teleskopen nurzwei Kometen, der in Sizilienentdeckte von 1807 wie der schöne Scheiben14 , die eine untereinem Winkel von 1811, als wohlbegrenzte 13 Aragoim Ann. pour 1832, pp. 209-211. So wie bei hellemSonnenschein der Schweifdes Kometenvon 1402 gesehenwurde,sind auchvom letzten großenKometenvon 1843 KernundSchweifam 28. Februarin Nordamerika(laut J. G. Clarkezu Portland im StaatMaine) zwischen1 und 3 Uhr nachmittags sichtbargewesen. Man konnteAbständedes sehrdichtenKernsvom Sonnenrandmit vielGenauigkeit messen. KernundSchweiferschienen wie ein sehrreines, weißesGewölk;nurzwischendem Schweifund dem Kernwareine dunklereStelle.SillimansAmer. Journ.of ScienceandArts,Vol. XLV, 1843, p. 229. (Schum. Astr.Nachr.,1843, No. 491, S. 175.) 14 Philos.Transact. for 1808, P. II, p. 155 und for 1812, P. I, p. 118. Die von
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von 1", die anderevon 0,77", woraussich der wirklicheDurchmesser von 134 und107Meilenergebenwürde.Die minderbestimmtumgrenztenKernederKometenvon 1798 und 1805 gabengarnur6 bis 7 Meilen Durchmesser.Bei mehrerengenauuntersuchten Kometen, besonders beim eben genannten undso langegesehenenvon 1811, warenderKern unddie nebligeHülle,welcheihn umgab, durcheinendunkleren Raum vom Schweifgänzlichgetrennt. Die Intensität des Lichtsim Kern der Kometenistnichtgleichmäßig bis ins Zentrumzunehmend;starkleuchtendeZonensind mehrfachdurchkonzentrische Nebelhüllen getrennt. Die Schweifehabensich gezeigtbaldeinfach,balddoppelt,doch dies Länge der beiden seltenund (1807 und 1843) von sehrverschiedenerZweige, einmal sechsfach1744 (bei 60° Öffnung),geradeoder gekrümmt:sei es zu beidenSeiten,nachaußen(1811), oderkonvexgegen die Seitehin (1618), wohinderKomet sich bewegt,auchwohlgarflammenartiggeschwungen.Sie sind, wie (nachEduardBiot) die chinesischenAstronomenschonim Jahr837 bemerkten,in EuropaaberFracaauf eine bestimmtere staraund PeterApian erstim 16. Jahrhundert Weise verkündigten, stetsvon derSonnedergestalt abgewandt,daßdie verlängerte Achse durchdas Zentrumder Sonne geht.Man kanndie Ausströmungenals conoidische[kugelähnliche] Hüllenvon dickerer oder dünnererWandungbetrachten, eine Ansicht,durchwelchesehr auffallende optischeErscheinungen mit Leichtigkeit erklärt werden. Die einzelnen Kometensind abernichtbloßihrerForm nachso charakteristisch verschieden(ohneallensichtbaren Schweifodermit einem von 104 o Länge,wie im drittendes Jahres1618); wir sehensie auchin schnellaufeinanderfolgenden,veränderlichen Gestaltungsprozessen begriffen.Dieser Formenwechselist am genauestenund vortrefflichsten an dem Kometen von 1744 von Heinsius in Petersburgund am HalleyschenKometen bei seiner letzten Wiedererscheinung im Jahr 1835 von Besselin Königsbergbeschriebenworden.An dem derSonne zugekehrten vorderenTeildes Kernswurdeeine mehr oderminderbüschelförmigeAusströmungsichtbar.Die rückwärts gekrümmtenStrahKomelenbildeteneinenTeildes Schweifs."DerKerndes Halleyschen tenundseineAusströmungen gewährendas Anseheneinerbrennenden Rakete,derenSchweifdurchZugwindseitwärtsabgelenkt wird." Die vom Kopf ausgehenden Strahlen habenwir,Aragoundich, aufderPariser Sternwarte in aufeinanderfolgenden Nächtensehrverschiedenartig Hersehe!gefundenen DurchmesserderKernewaren538 und428 eng!. Meilen. Fürdie Dimension derKometenvon 1798 und 1805 s. Aragoim Annuairepour 1832, p. 203.
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15 gesehen.Der großeKönigsherger gestaltet Astronomschloßaus vielfältigen Messungenundtheoretischen Betrachtungen, "daßderausströmende Lichtkegel sich von der Richtungnachder Sonnesowohlrechts alslinksbeträchtlich entfernte, immer aberwiederzu dieserRichtung zurückkehrte, um aufdie andereSeitederselbenüberzugehen, daßder ausströmende Lichtkegel daher,so wie derKörperdes Kometenselbst, derihn ausstößt underzeugt,eine drehendeodervielmehreine schwingendeBewegungin derEbene derBahnerlitt". Er findet,"daßdie gewöhnlicheAnziehungskraft der Sonne,die sie aufschwereKörperausübt, zurErklärung solcherSchwingungennichthinreiche,und ist der Ansicht,daßdieselbeneine Polarkraft offenbaren, welcheeinen Halbmesser des Kometender Sonnezuwendet,den entgegengesetzten von ihr abzuwendenstrebt.Die magnetischePolarität, welchedie Erde besitze,bieteetwasAnalogesdar; und sollten sich die Gegensätzedieser tellmischen Polarität aufdie Sonnebeziehen,so könnesich ein Einfluß davonin der Vorrückung der Nachtgleichen zeigen."Es ist hier nicht der Ort,die Gründenäherzu entwickeln, aufwelcheErklärungen gestützt wordensind, die den Erscheinungen entsprechen,aberso denk16 , so großartige würdigeBeobachtungen Ansichtenüber die wunderbarsteKlassealler Weltkörper, die zu unseremSonnensystemgehören, durften in diesem Entwurf eines allgemeinen Naturgemäldes nichtübergangenwerden. Unerachtet der Regelnachdie Kometenschweife in derSonnennähe an GrößeundGlanzzunehmenundvom Zentralkörper abgewendet liegen, so hatdoch der Komet von 1823 das denkwürdigeBeispiel von zwei Schweifengegeben,dereneinerderSonnezu-, deranderevon ihr abgewandtwarund untereinander einenWinkelvon 160° bildeten.Eigene Modifikationen der Polarität und die ungleichzeitige Verteilung und Leitungderselbenkönnenin diesem seltenenFallzweierleiungehindertfortgesetzte Ausströmungender nebligenMaterieverursacht haben17 • 15 Arago,Des changemensphysiquesde laCometede Halley du 15-23 Oct. 1835 im Annuairepour 1836, pp. 218-221. Die gewöhnlichere Richtungder Ausströmungen warauchzu Neros Zeitenbemerktworden:comae radios solis effugiunt; Seneca,Nat. Quaest.VII, 20. 16 Besselin Schum. Astr.Nachr.,1836, No. 300-302: S. 188, 192, 197,200,202 und230; derselbein Schum. Jahrb.für1837, S. 149-168. WilliamHerschelglaubt auchin seinenBeobachtungen des schönenKometenvon 1811 Beweise derRotationdes KernsundSchweifes(Philos.Transact.for1812, P. I, p. 140) gefunden Dunlopim dritten Kometenvon 1825 zu Paramatta. zu haben,ebenfalls 17 Bessel in den Astr. Nachr. 1836, No. 302, S. 231 (Schum. Jahrb. 1837,
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In der Naturphilosophie des Aristoteles wird durchsolcheAusströmungendie Erscheinung derKometenmit derExistenzderMilchstraße in eine sonderbare Verbindunggebracht.Die zahllose Menge von Sternen, welchedie Milchstraße bilden,gebeneine sich selbstentzündende (leuchtende) Masse her.Der Nebelstreif, welcherdas Himmelsgewölbe teilt,wird dahervon dem Stagiriten [ = Aristoteles] wie ein großerKomet betrachtet, dersich unaufhörlich von neuem18 erzeugt. Bedeckungender Fixsternedurchden sogenannten Kern eines Kometenoderseinenächsten dunstförmigen HüllenkönnenLichtüberdie physische Beschaffenheit dieser wunderbaren Weltkörper verbreiten, 19 geaberes fehltan Beobachtungen, welchedie sichereÜberzeugung S. 175). Vgl. auchLehmann, Über Cometenschweife,in Bodes astron.Jahrb. für1826, S. 168. 18 Aristot., Meteor.I. 8, 11-14 und19-21 (ed. ldeler, T. I, pp. 32-34); Biese, Philos.des Aristoteles, Bd. II, S. 86. Bei dem Einfluß,den Aristoteles aufdas ganzeMittelalter ausgeübthat,ist es unendlich zubedauern,daßerdengroßen undderWahrheit mehr genäherten Ansichtenvom Weltbau, welchedie älteren Pythagoreer hatten,so abholdwar. Er erklärt die Kometenfürvergängliche, unsererAtmosphärezugehörige Meteorein demselbenBuch,in welchemerdie Meinungderpythagoreischen Schuleanführt (Aristot.I. 6, 2), nachderdie KometenPlaneten von langemUmlaufsind. Diese LehrederPythagoreer, welche nachdem Zeugnis des ApolloniusMyndiusnochvielälterbei den Chaldäern war, ging zu den immer nurwiederholenden Römern über. Der Myndierbeschreibtdie Bahnder Kometenals eine weitin die oberenHimmelsräumeabführende.DaherSeneca(Nat. Quaest.VII, 17): Cometes non est species falsa, sed proprium sidus sicut solis et lunae: altiora mundi secat et tune dem um apparet quum in imum cursum sui venit; und (VII, 27): Cometas aeternos esse et sortis ejusdem, cujus caetera (sidera), etiamsi faciem illis non habent similem. Plinius (11, 25) spieltebenfalls aufden ApolloniusMyndiusan, wenner sagt:Sunt qui et haec sidera perpetua esse credant suoque ambitu ire, sed non nisi relicta a sole cerm. 19 Olbersin denAstr.Nachr.,1828, S. 157 und 184; Arago,De laconstitution physique des cometesim Annuairepour 1832, pp. 203-208. Schonden Alten wares auffallend, daßman durchdie Kometenwie durcheine Flamme sehen kann. Das älteste Zeugnisvon den durchKometengesehenenSternenist das des Democritus(Aristot.Meteor.I. 6, 11). Diese AngabeführtAristoteles zu dernichtunwichtigen Bemerkung,daßerselbstdie BedeckungeinesderSterne der ZwillingedurchJupiterbeobachtete.Seneca erwähntbestimmt nur die Durchsichtigkeit des Schweifes."Man sieht",sagter, "Sternedurchden Kometenwie durchein Gewölk(Nat. Quaest.VII, 18); man siehtabernichtdurch den Körperselbstdes Kometen,sonderndurchdie Strahlen des Schweifes:non in ea parte qua sidus ipsum est spissi et solidi ignis; sed qua rarus splendar occur-
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währen,daßdie Bedeckungvollkommenzentral gewesensei; denn,wie wir bereitsoben bemerkten,in dem dem Kernnaheliegenden Teil der Hüllewechselnkonzentrische Schalenvon dichtemundsehrundichtem Dunst. Dagegenist es keinem Zweifelunterworfen, daßam 29. September 1835 nach Bessels sorgfältigsten Messungendas Licht eines vom Mittelpunkt des SternszehnterGröße,der in 7,78" Entfernung Kopfes des HalleyschenKometen durch einen sehr dichtenNebel durchging,währenddieses Durchgangs durchalleTeiledes Nebelsnicht von seiner geradlinigenBewegung20 abgelenktwurde. Ein solcher Mangelvon strahlenbrechender Kraft,wenner wirklichdem Zentrum des Kernszukommt,machtes schwer,den Kometenstoff füreinegasförmige Flüssigkeitzu halten.Ist derselbealleinige FolgederfastunendlichenDünnigkeiteinerFlüssigkeitoderbestehtderKomet "ausgetrenntenTeilchen":ein kosmisches Gewölkbildend,das den durchgehenden Lichtstrahl nichtmehr affiziert alsdie WolkenunsrerAtmosphäre,welche ebenfalls nichtdie Zenitdistanzen derGestirneoderderSonnenränderverändern? Beim Vorübergang derKometenvoreinem Sternistoft Schwächung ihresLichtsbemerkt eine mehr oderminderbeträchtliche worden.Man schreibtsie mit vielRechtdem hellenGrundzu, von dem währendderBedeckungdie Sternesich abzuhebenscheinen. Die wichtigsteund entscheidendste Beobachtung,welcheüber die Naturdes Kometenlichts gemachtwordenist, verdanken wirAragosPolarisationsversuchen. Sein Polariskopbelehrtuns über die physische deuKonstitution derSonnewie überdie derKometen;das Instrument derauseinerEntfernung von vielenMillionen tetan, ob ein Lichtstrahl, Lichtist, ob im ersten Meilenzu uns gelangt, direktesoderreflektiertes oderein gasförmiFalldie Lichtquelle ein festerodertropfbar-flüssiger in demselbenApger Körperist. Es wurdenaufderPariserSternwarte paratdas LichtderCapellaunddas Lichtdes großenKometenvon 1819 untersucht. Das letztere zeigte polarisiertes,also zurückgeworfenes rit et in crines dispergitur. Per intervalla ignium, non per ipsos, vides" (VII, 26). Der letzte Zusatzist überflüssig,da man allerdings, wie schonGalileiim >Saggiatore> 22 AragoimAnn. pour1832, pp. 217-220; SirJohnHerschel, Astron.,§ 488.
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Die so verschiedenartige Exzentrizität der elliptischen KometenbahBereicherung nen hatin neuerenZeiten(1819) zu einer glänzenden unsererKenntnisdes Sonnensystemsgeleitet. Enckehatdie Existenzeines Kometenvon so kurzerUmlaufzeit entdeckt, daßerganzinnerhalb Sonnenferne schonzwiunsererPlanetenbahnen bleibt,ja seine größte schen der Bahn der kleinenPlanetenund der Jupiterbahnerreicht. Seine Exzentrizität ist demnach0,845, wenn die der Juno (die größte Exzentrizität unterallenPlanetenbahnen) 0,255 ist. Enckes Komet ist [= mehrmals,wenngleichschwierig(in Buropa1819, in Neu-Holland Australien) nachRümker 1822) dem bloßenAuge sichtbargeworden. Seine Umlaufzeit ist ungefähr von 3V3 Jahren,aberaus dersorgfältigen Vergleichung derWiederkehrzum Perihelhatsich die merkwürdigeTatsacheergeben,daßdie Umläufevon 1786 bis 1838 sich aufdie regelmäßigsteWeise von Umlaufzu Umlaufverkürzt haben,nämlichin einem Zeitraumvon52 Jahrenum 18/w Tag. Eine so merkwürdigeErscheinung hat,um nachder sorgfältigsten Beobachtung allerplanetarischen StörungenBeobachtung undRechnungin Einklangzubringen,zudersehr Wiwahrscheinlichen Annahmeeinerin denWelträumen verbreiteten, derstandleistenden,dunstförmigenMateriegeleitet.Die Tangentialkraftwird vermindertund mit ihr die großeAchse der Kometenbahn. Der Wertder Konstante des Widerstandsscheintdazuetwasverschieden vorund nachdem Durchgangdurchdas Perihel,was vielleicht der in der Sonnennähe veränderten Form des kleinenNebelsterns undder Einwirkungder ungleichdichtenSchichtendes Weltäthers zuzuschreiundihreErgründung gehörenzudeninteresben ist23 . Diese Tatsachen Wenn außerdemder santestenErgebnissender neuerenSternkunde. Komet vonEnckefrüherdenAnstoßgegebenhat,die füralleStörungsrechnungen so wichtigeMasse Jupiterseinerschärferen Prüfungzu unterwerfen, so hatuns auchsein Laufspäterdie erste,wiewohlnurgenäherteBestimmungeinerverminderten Merkurmasseverschafft. Zu dem erstenKometenvon kurzerUmlaufzeit,Enckes Kometen planetarischer, von3V3 Jahren,hatsich bald,1826, ein zweiter,ebenfalls gesellt,dessen Sonnenferne jenseitsJupiters,doch weit diesseits der Saturnbahn liegt.EielasKomet hateine Umlaufzeit von 63,4 Jahren.Er ist nochlichtschwächer alsdervon Encke und rechtläufig in seinerBewegungwie dieser, währendder Halleysche Komet der Richtungaller eigentlichen Planeten entgegenkreist.Er hatdas erstesichereBeispiel eines unsereErdbahnschneidendenKometen dargeboten.Die Bahn des EielaschenKometenist dahereine Bahn,die Gefahrbringenkann, 23
Enckein denAstr.Nachr.,1843, No. 489, S. 130-132.
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wennman jedes außerordentliche, in historischen Zeitennochnichterlebteundin seinenFolgennichtmit Gewißheitzu bestimmendeNaturphänomengefahrbringend nennensoll.KleineMassen,mit ungeheurer Geschwindigkeitbegabt, können allerdingseine beträchtliche Kraft ausüben;aberwennLaplaceerweist,daßdem Kometenvon 1770 eine Masse zuzuschreiben ist, die 1/sooo der Masse der Erde noch nichterdie mittlere Masse derKometen reicht,so setzter sogarim allgemeinen mit einergewissenWahrscheinlichkeit tiefunterVwoooo der Erdmasse V12oo derMondmasse)herab24 • Man mußden Durchgang von (ungefähr BielasKometendurchunsereErdbahnnichtmit seinem ZusammentrefAls am fen mit der Erde oderseinerNähe zu derselbenverwechseln. erfolgte, brauchte die Erdenocheinen 29. Oktober1832 derDurchgang vollenMonat,um an den Durchschnittspunkt beiderBahnenzu gelangen. Die zwei Kometenvon kurzerUmlaufzeit schneidensich auchuntereinander in ihrenBahnen;und man hatmit Rechtbemerkt25 , daß bei den vielenStörungen, welcheso kleineWeltkörper von den Planeten erleiden,sie möglicherweise,wenn die Begegnungsich um die Mittedes Oktobersereignensollte,dem Erdbewohner das wunderbare kosmische Schauspieldes Kampfes, d. h. einerwechselseitigen Durchoder einer Zerstörungdurcherdringungoder einer Agglutination schöpfendeAusströmunggewährenkönnten.SolcheEreignisse,Folgen der AblenkungdurchstörendeMassen oder sich primitiv kreuzender Bahnen,mag es seitMillionen vonJahrenin derUnermeßlichkeit ätheBegebenheiten, so wenig rischerRäume vielegegebenhaben-isolierte oderweltumgestaltend, wie es in denengenirdischen allgemeinwirkend KreisenderAusbruchoderEinsturzeinesVulkanessind. Ein dritter innererKomet von kurzerUmlaufzeit ist der im vorigen Jahr (22. November 1843) auf der PariserSternwarte von Faye entdeckte.Seine elliptische Bahnkommt derkreisförmigenweitnäherals die irgendeinesbisherbekannten Kometen. Sie ist eingeschlossen zwischenden Bahnenvon Marsund Saturn.Fayes Komet, dernachGoldhinausgeht, gehörtalsozu den sehr schmidtnochüberdie Jupiterbahn wenigen, derenSonnennähejenseitsdes Mars gefundenwordenist. Laplace,Expos. du Syst. du Monde, pp. 216 und237. Littrow,BeschreibendeAstr., 1835, S. 274. Über den neuerliehst von HerrnFaye aufderPariserSternwarte entdeckten innerenKometen,dessenExzentrizität 0,551, perihelischeDistanz1,690 und aphelischeDistanz5,832 sind, s. Schum., Astron.Nachr.,1844, No. 495. (Überdie vermutete Identität des KoKometenvon1819 s. Astr.Nachr.,1833, N. 239; metenvon 1766 mit dem dritten überdie Identität des Kometenvon 1743 und des viertenKometenvon 1819 s. ebd. No. 237.) 24 25
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Seine Umlaufzeitist von 729!Joo Jahren,und die Form seinerjetzigen seinergroßenAnnäherung an den Jupiter Bahnverdankter vielleicht zu Ende des Jahres1839. Wennwirdie Kometenin ihrengeschlossenen elliptischen Bahnenals GliederunseresSonnensystemsnachderLängedergroßen Achse, nach dem MaßihrerExzentrizität und derDauerihresUmlaufsbetrachten, so stehenwahrscheinlich den drei planetarischen Kometenvon Encke, Biela und Faye in der Umlaufzeitam nächstender von Messier entKodeckteKomet von 1766, den ctausenfüridentischmit dem dritten meten von 1819 hält,und der viertedesselbenJahres,welcher,durch Blanpainentdeckt,aber von Clausenfüridentischmit dem Kometen seiner von 1743 gehalten,wie der LexeilsehegroßeVeränderungen Bahn durchNähe und Anziehungdes Jupitererlitten hat.Diese zwei letztgenannten Kometenscheinenebenfalls eine Umlaufzeit von nur5 bis 6 Jahrenzu haben,undihreSonnenfernen fallen in die Gegendder Jupiterbahn.Von 70- bis 76jährigemUmlaufsind der fürTheorieund physischeAstronomieso wichtiggewordeneHalleysche Komet, dessen letzteErscheinung(1835) wenigerglänzendwar, als man nach den früheren hättevermutendürfen,derKomet von Olbers(6. März1815) undder1812 vonPansentdeckte, dessenelliptische BahnvonEnckebestimmtwurde.Beide letzteren sind dem bloßen Auge unsichtbar geblieben. Vom großenHalleyschen Kometenkennenwir nunschonmit Ge26 wißheitdie neunmaligeWiederkehr,da durchLaugiersRechnungen neuerlich erwiesenwordenist, daßin dervon EduardBiot gelieferten chinesischenKometentafel die Bahndes Kometenvon 1378 mit derdes Halleyschen identischist. Die Umlaufzeit des letzteren hatvon 1378 bis 1835 geschwankt zwischen74,91 und77,58 Jahren;das Mittelwar76,1. Mit den eben genannten Weltkörpern kontrastiert eine Scharanderer Kometen,welchemehreretausendJahrezu ihrem nurschwerund unsicherzubestimmendenUmlaufbrauchen.So bedarfderschöneKomet 3065, der furchtbar großevon 1680 nach von 1811 nachArgelander Encke über8800 Jahre.Diese Weltkörper entfernen sich alsovon der Sonne21- und44mal weiteralsUranus,d. i. 8400 und 17600 Millionen Meilen.In so ungeheurer Entfernung wirktnochdie Anziehungskraft 53 derSonne;aberfreilichlegtderKomet von 1680 in derSonnennähe Meilen(überzwölfmal hundertausend Fuß),d. i. dreizehnmal mehr als die Erde,in derSonnenferne kaum 10 Fußin derSekundezurück.Das ist nur dreimalmehr als die Geschwindigkeitdes Wassers in unseren 26 Laugierin den Comptes rendusdes seances de l'Acad. des Sc. T. XVI, 1843, p. 1006.
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trägsten europäischen Flüssen;es ist die halbeGeschwindigkeit, welche ich in einem Arm des Orinoco,dem Casiquiare,gefundenhabe. Unter derzahllosen Mengeunberechneter odernichtaufgefundener Kometen gibtes höchstwahrscheinlich viele,derengroßeBahnachsedie des KoUm sich nuneinigermaßen durch metenvon 1680 nochweitübertrifft. Zahleneinen Begriffzu machen, ich sage nichtvon dem Attraktionskreise, sondernvon der räumlichenEntfernung eines Fixsterns,einer andernSonne,vom Apheliumdes Kometenvon 1680 (des Weltkörpers unseresSystems, der sich nachunsererjetzigenKenntnisam weitesten entfernt), mußhiererinnert werden,daßnachden neuestenParallaxenBestimmungender uns nächsteFixsternnochvolle250mal weitervon unsererSonne abstehtalsder Komet in seinerSonnenferne. Diese beträgtnur44 Uranusweiten, wenna des Zentauren 11000, undmit noch größerer Sicherheit,nachBessel,61 des Schwans31000 Uranusweiten abstehen. Nach der Betrachtung der größtenEntfernung der Kometen vom Zentralkörper bleibtuns übrig, die Beispiele der bisher gemessenen Den geringsten Abstandeines Kometenvon größten Nähe anzuführen. der Erde hatder durchdie Störungen,die er von Jupitererlitt,so berühmtgewordeneLexell-Burkhardtsche Komet von 1770 erreicht.Er standam 28. Juni nurum sechs Mondfernen von derErdeab. Derselbe Komet ist zweimal,1767 und 1779, durchdas System der vier Jupitermonde gegangen,ohnedie geringstemerkbareVeränderung in ihrerso wohlergründeten Bahnhervorzubringen. Acht-bis neunmalnäher,als derLexeilseheKomet derErdekam, ist aberdergroßeKometvon 1680 in seinem Periheliumder Oberflächeder Sonnegekommen. Er stand am 17. Dezember nur um den sechstenTeil des Sonnendurchmessers ab, d. i. 7fw einer Monddistanz.Perihele,welchedie Marsbahnüberschreiten,sind wegen Lichtschwäche fernerKometenfür den Erdbewohnerüberausseltenzu beobachten;und von allenbisherberechnetenKometenist der von 1729 der einzige,welcherin die Sonnennähe trat,mittenzwischenderPallas-undJupiterbahn, ja bis jenseitsderletzterenbeobachtet werdenkonnte. Seitdem wissenschaftliche Kenntnisse,einige gründliche neben vielenunklaren Halbkenntnissen, in größere Kreise des geselligen Lebens eingedrungensind, haben die Besorgnissevor den wenigstensmöglichenÜbeln,mit denendie Kometenwelt uns bedroht,an Gewichtzugenommen. Die Richtungdieser Besorgnisseist eine bestimmteregeworden.Die Gewißheit,daßes innerhalb der bekannten Planetenbahnenwiederkehrende, unsereRegionenin kurzenZeitabschnitten heimsuchendeKometengibt; die beträchtlichen Störungen,welcheJupiter
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und Saturnden Bahnenbeibringen,wodurchunschädlich scheinende in gefahrbringende Weltkörper verwandelt werdenkönnen;die unsere ErdbahnschneidendeBahnvon EielasKometen,derkosmische Nebel, deralswiderstrebendes, hemmendes FluidumalleBahnenzu verengen strebt;die individuelle Verschiedenheit derKometenkörper, welchebeträchtliche Abstufungen in derQuantität der Masse des Kernesvermutenläßt:sie alleersetzendurchMannigfaltigkeit der Motivereichlich, was die früherenJahrhunderte in der vagen Furchtvor brennenden Schwertern, vor einem durchHaarsterne zu erregendenallgemeinen Weltbrand zusammenfaßten. Da die Beruhigungsgründe, welchederWahrscheinlichkeitsrechnung entnommenwerden,alleinaufdie denkendeBetrachtung, aufdenVerstand,nichtaufdie dumpfe Stimmungder Gemüterund aufdie Einbilnichtganzmit dungskraft wirken,so hatman derneuerenWissenschaft Unrechtvorgeworfen, daßsie Besorgnissezu zerstören bemühtist, die sie selbsterregthat.Es liegttiefin dertrübenNaturdes Menschen,in einerernsterfüllten Ansichtder Dinge, daßdas Unerwartete, AußerordentlichenurFurcht,nichtFreudeoderHoffnung2 7 erregt.Die Wundergestalt eines großenKometen, sein matterNebelschimmer, sein plötzliches Auftreten am Himmelsgewölbesind unterallenErdzonen unddem Volkssinnfastimmer alseine neue,grauenvolle, deralten Verkettungdes BestehendenfeindlicheMachterschienen.Da das Phänoder Glaube,es men nuran eine kurzeDauergebundenist, so entsteht oder den müsse sich in den Weltbegebenheiten, den gleichzeitigen nächstfolgenden, abspiegeln.Die Verkettung dieserWeltbegebenheiten bietetdannleichtetwasdar, was man als das verkündete Unheilbeeine andere trachten kann.Nurin unsererZeit hatsich seltsamerweise und heiterereRichtungdes Volkssinnesoffenbart.Es ist in deutschen Gauen,in den anmutigenTälerndes RheinsundderMoseleinem jener langegeschmähtenWeltkörper etwasHeilbringendes,ein wohltätiger Einflußaufdas Gedeihendes Weinstocks,zugeschrieben worden.Entgegengesetzte Erfahrungen, an denen es in unsererkometenreichen Zeit nicht mangelt,haben den Glaubenan jene meteorologische Mythe, an das Dasein wärmestrahlender Irrsternenichterschüttern können. Ich gehevon den Kometenzu eineranderen,nochvielrätselhafteren 27 Fries, Vorlesungen über die Sternkunde,1833, S. 262-267. Ein nicht Kometen findetsich in glücklicher Beweis von der Existenzheilbringender Seneca,Nat. Quaest.VII, 17 und 21; der Philosophsprichtvon dem Kometen, quem nos Neronis principatu laetissimo vidimus et qui cometis detraxit infamiam.
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Klassegeballter Materie,zudenkleinsten aller Asteroidenüber,welche wir in ihrem fragmentarischen Zustand,undin unsererAtmosphäreanoderMeteorsteine bezeichnen. gelangt,mit dem Namen derAerolithen Wennich bei diesen, wie bei den Kometen,längerverweileundEinzelheitenaufzähle,die einem allgemeinenNaturgemälde fremd bleiben sollten,so ist dies nurmit Absichtgeschehen.Der ganzindividuellen Charakterverschiedenheit der Kometen ist schon frühergedachtworden. Nachdem wenigen,was wir bis jetztvon ihrerphysischenBeschaffenheitwissen, ist es schwer,in einerDarstellung, wie sie hiergefordert wird, von wiederkehrenden, aber mit sehr ungleicherGenauigkeit beobachteten Erscheinungendas Gemeinsame aufzufassen,das Notwendigevom Zufälligen zu trennen.Nur die messende und rechnende AstronomiederKometenhatbewundernswürdige Fortschritte gemacht. Bei diesem ZustandunsererKenntnismuß eine wissenschaftliche Betrachtung sich aufdie physiognomischeVerschiedenheit derGestaltung in Kernund Schweif,aufdie Beispielegroßer Annäherung zu anderen Weltkörpern, auf die Extremeim räumlichenVerhältnis der Bahnen beschränken.Naturwahrheit ist bei undin derDauerderUmlaufzeiten nurdurchSchildediesen Erscheinungen wie bei den nächstfolgenden rungdes einzelnen unddurchden lebendigen,anschaulichen Ausdruck derWirklichkeit zu erreichen. Sternschnuppen,Feuerkugelnund Meteorsteinesind mit großer Wahrscheinlichkeit alskleine,mit planetarischer Geschwindigkeitsich bewegendeMassenzu betrachten, welcheim Weltraum nachden Gesetzen der allgemeinen Schwerein Kegelschnitten um die Sonnekreisen. Wenn diese Massenin ihrem LaufederErdebegegnenund,von ihrangezogen,an den GrenzenunsererAtmosphäreleuchtend werden,so lassensie öftersmehr oderminder erhitzte, mit einerschwarzenglänzenden Rinde überzogene,steinartigeFragmenteherabfallen. Bei aufmerksamerZergliederung von dem, was in den Epochen,wo Sternschnuppenschwärmeperiodischfielen(in Cumana 1799, in Nordamerika 1833 und 1834), beobachtetwurde,bleibtes nichterlaubt,die Feuerkugeln von den Sternschnuppen zu trennen.Beide Phänomene sind oftnichtbloßgleichzeitig undgemischt,sie gehenauchineinander oder über:Man möge die GrößederScheibenoderdas Funkensprühen die Geschwindigkeiten der Bewegungmiteinandervergleichen. Währenddie platzenden, rauchausstoßenden, selbstin derTropenhelle des Feuerkugelnbisweilen den scheinbaren Tages28 alleserleuchtenden 28 Einer meiner Freunde,der an gerrauetrigonometrische MessungengeBreiteund in wöhntwar, sah in Popayan, einerStadt,die in 26' nördlicher
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Durchmesserdes Mondesübertreffen, sind dagegenauchSternschnuppen in zahlloser Menge von solcherKleinheitgesehenworden,daßsie in der Form fortschreitender Punktesich nur wie phosphorischeLinien29 sichtbarmachten.Ob übrigensunterden vielenleuchtenden Körpern,die am Himmel alssternähnliche FunkenfortschieBen, nicht aucheinige ganzverschiedenartiger Natursind, bleibtbis jetztunentschieden.Wennich gleichnachmeinerRückkunft aus derÄquinoktialzonevon dem Eindruckbefangenwar, alssei mir unterdenTropen,in den heißesten Ebenenwie aufHöhenvon zwölf-o derfünfzehntausend 5520 FußHöhe überdem Meerliegt,in der Mittagsstunde bei hellemSonnenscheinundwolkenlosemHimmel, im Jahr1788, sein ganzesZimmer durcheine Feuerkugel erleuchtet. Er standmit dem Rückengegendas Fenster;undalser sich umdrehte,warnochein großer Teildervon derFeuerkugel durchlaufenen Bahnvom hellsten Glanz.Ich würdemich gernin dem Naturgemälde stattdes der ebenfalls echtdeutschen WörterSternwidrigenAusdrucksSternschnuppe schußoderSternfall (schwed.stjernfall, engl.star-shoot, ital.stella cadente) bedienthaben, wenn ich es mir nichtin allenmeinen Schriftenzum Gesetzgemachthätte,da, wo etwasBestimmtesundallgemeinBekannteszu bezeichnen ist, das Ungewöhnlichere zu vermeiden.NachderrohenVolksphysiksehneuzen undputzensich die Himmelslichter. In derWaldgegend des Orinoco,an deneinsamen Uferndes Casiquiare,vernahmich aus dem MundderEingeborenenin der Mission Vasiva (Relationhistoriquedu Voy. aux Regionsequinox.,T. II, p. 513) noch unangenehmere Benennungen.Sternschnuppen wurdenvon ihnen HarnderSterne,undderTau, welcherperlartig die schönenBlätter derHelicooffenbart nien bedeckte,Speichelder Sternegenannt.Edlerund erfreulicher sich die symbolisierendeEinbildungskraft in dem litauischen Mythosvom Wesen und der BedeutungderSternschnuppen. "Die Spinnerin,werpeja, beginnt den Schicksalsfaden des neugeborenen Kindes am Himmel zu spinnen,und jederdieserFädenendetin einenStern.NahtnunderTod des Menschen,so reißt sein Faden, und der SternfällterbleichendzurErde nieder."Jacob Grimm, DeutscheMythologie,1843, S. 685. 29 Nach dem Berichtvon Denison Olmsted,Prof. am Yale-College zu New Haven(Connecticut). S. Poggend.AnnalenderPhysik, Bd. XXX, S. 194. Kepund Sternschnuppen aus derAstronomieverbannt,weil ler:der "Feuerkugeln der Erde entstanden, es nachihm Meteoresind, die, aus den Ausdünstungen sich dem hohenÄtherbeimischen"; drücktsich im ganzensehrvorsichtigüber sie aus. Stellae cadentes, sagter, sunt materia viscida inflammata. Earum aliquae inter cadendum absumuntur, aliquae vere in terram cadunt, pondere suo tractae. Nec est dissimile vero, quasdam conglobatas esse ex materia foeculenta, in ipsam auram aetheream immixta: exque aetheris regione, tractu rectilineo, per aerem trajicere, ceu minutos cometas, occulta causa motus utrorumque. Kepler,Epit. Astron.Copernicanae, T. I, p. 80.
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Fuß,der Fallder Sternschnuppen häufiger,farbigerund mehr von langen glänzenden Lichtbahnen begleitet erschienenalsin dergemäßigten und kaltenZone, so lagder Grunddieses Eindruckswohlnurin der herrlichen Durchsichtigkeit derTropenatmosphäre selbst30 . Man sieht dorttieferin den Dunstkreishinein.Auch SirAlexander Burnesrühmt in BucharaalsFolgeder Reinheitdes Himmels "das entzückende, immer wiederkehrende SchauspieldervielenfarbigenSternschnuppen". 30 Relation historique,T. I, pp. 80, 213 und 527. Wenn man in den Sternschnuppenwie in den KometenKopf (Kern)und Schweifunterscheidet, so erkenntman am längeren und stärkeren Glanzdes Schweifsdie größereDurchsichtigkeitder Atmosphäre in der Tropenregion.Die Erscheinungbraucht darumdortnichthäufigerzu sein, weilsie uns leichter sichtbarwird und sichtbar bleibt.Die Einwirkungder Beschaffenheit des Dunstkreiseszeigtsich bei Sternschnuppen bisweilenauch in unserergemäßigtenZone in sehr kleinen Entfernungen. Wartmannberichtet,daß in einem November-Phänomenan zwei einanderganznahegelegenenOrten,zu Genf und aux Planchettes, der Unterschied dergezählten Meteorewie 1: 7 war(Wartmann,mem. surlesetoiüberden Brandesso viel les filantes,p. 17). Der Schweifder Sternschnuppen, genaueund feine Beobachtungen angestellt hat,ist keineswegsder Fortdauer des Lichtreizesaufder Netzhaut zuzuschreiben. Seine Sichtbarkeit dauertbisweileneine ganzeMinute,in seltenen Fällenlängeralsdas Lichtdes Kernsder Sternschnuppe;die leuchtendeBahn stehtdann meist unbeweglich(Gilb. Ann., Bd. XIV, S. 251). Auch dieser Umstandbezeugtdie Analogiezwischen undFeuerkugeln. DerAdmiralKrusenstern sahaufseigroßenSternschnuppen ner Reise um die Weltden Schweifeinerlängstverschwundenen Feuerkugel eine Stundelangleuchten und sich überauswenig fortbewegen (Reise, Th. I, S. 58). Sir AlexanderBurnesgibt eine reizendeBeschreibungvon der Durchsichtigkeitder trocknen,die Liebe zurAstronomieeinst so begünstigenden Atmosphärevon Buchara,das 1200 Fußüberder Meeresfläche und in 39° 43' serenityin its atmosphereand a clearnessin Breiteliegt:"Thereis a constant thesky. At night,thestarshaveuncommonlustre,andthemilky way shinesglodisplayof themost brilriouslyin thefirmament.Thereis alsoa never-ceasing liantmeteors,whichdartlikerocketsin thesky: tenortwelveofthemaresometimes seeninanhour,assumingeverycolour:fiery,red, blue,paleandfaint.It isanoblecountry forastronomical science,andgreatmusthavebeentheadvanof Samarcand."Burnes,Travelsinto tageenjoyedby the famed observatory Bokhara,Vol. II (1834), p. 158. Man darfeinem einzelnen Reisendennichtvorschon10-12 in derStundenennt;erstdurch werfen,daßervielSternschnuppen sorgfältige, aufdenselbenGegenstandgerichtete Beobachtungen ist in Europa aufgefunden worden,daßman fürden GesichtskreiseinerPerson8 Meteoreals der Stundezu rechnenhabe (Quetelet, Corresp.mathem. et phys., Mittelzahl T. IX, 1837, p. 447), währendselbst der so fleißigbeobachtendeOlbers (Schum., Jahrb.für1838, S. 325) diese Annahmeauf5-6 beschränkte.
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Der Zusammenhangder Meteorsteine mit dem größeren und glänja daßjeneaus diesenniederfalzenderenPhänomenderFeuerkugeln, lenundbisweilen10 bis 15 Fußtiefin die Erde eindringen,ist untervielen anderenBeispielen durch die wohlbeobachteten Aerolithenfälle [Meteorsteinfälle] zu Barbotanim Departementdes Landes (24. Juli (14. Dezem1790), zu Siena (16. Juni 1794), zu Westonin Connecticut ber 1807) und zu Juvenasim Ardeche-Departement (15. Juni 1821) erwiesen worden.AndereErscheinungen der Steinfälle sind die, wo die Massen aus einem sich bei heiteremHimmel plötzlich bildendenkleinen, sehr dunklenGewölkuntereinem Getöse, das einzelnenKanonenschüssengleicht,herabgeschleudert werden.GanzeLandesstrecken findensich bisweilendurchein solchesfortziehendes Gewölkmit Tausendenvon Fragmentensehrungleicher Größe,abergleicherBeschaffenheitbedeckt. In selteneren Fällen,wie vor wenigenMonatenbei der unterdonnerartigem Krachen(16. Sept. dem großenAerolithen, 1843) zu Kleinwenden, unweitMühlhausen [in Thüringen],fiel,warder Himmel hell,und es entstand kein Gewölk.Die naheVerwandtschaft zwischenFeuerkugeln und Sternschnuppen zeigt sich auch dadurch, bisweilen daß die ersten,Meteorsteinezur Erde herabschleudernd, (9. Juni 1822 zuAngers)kaum den Durchmesserderkleinenrömischen Lichterin unserenFeuerwerken hatten. Was die formbildendeKraft,was der physischeund chemischeProzeß in diesen Erscheinungenist, ob die Teilchen,welchedie dichte Masse des Meteorsteins bilden, ursprünglich wie im Kometen dunstförmigvoneinander entfernt liegenundsich erstdann,wennsie füruns zu leuchten beginnen,innerhalb der flammendenFeuerkugeln zusammenziehen,was in derschwarzen Wolkevorgeht,in deres minutenlang ob auchaus den kleinenSterndonnert,ehe die Steineherabstürzen, schnuppenwirklichetwasKompaktesodernurein höhenrauchartiger, 31 niederfällt, eisen-undnickelhaltiger Meteorstaub das allesistbis jetzt 31 Über Meteorstaub s. Aragoim Annuairepour1832, p. 254. Ich habeganz neuerlich an einem anderenOrt(Asie centrale, T. I, p. 408) zu zeigengesucht, wie die skythischeSage vom heiligenGold, das glühendvom Himmel fielund der Besitz der goldenenHorde der Paralaten blieb (Herod. IV, 5-7), wahrscheinlichaus derdunklenErinnerung einesAerolithenfalls entstanden ist. Die Altenfabelten auch(Dio Cassius LXXV, 1259) sonderbarvon Silber,das vom Himmel fielundmit dem man bronzeneMünzenzuüberziehen versuchte unter dem Kaiser Severus;doch wurdedas metallische Eisen in den Meteorsteinen (Plin.II, 56) erkannt. DeroftvorkommendeAusdrucklapidibus pluit darfübrigens nichtimmer aufAerolithenfälle gedeutet werden.In Liv. XXV, 7 bezieht er sich wohlaufAuswürflinge (Bimsstein, rapilli) des nichtganzerloschenen
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in großesDunkelgehüllt. Wir kennendas räumlichGemessene, die ungeheure,wundersame, ganz planetarischeGeschwindigkeitder Sternschnuppen, der Feuerkugeln und der Meteorsteine; wir kennen das Allgemeineund in dieser Allgemeinheit Einförmigeder Erscheinung, nichtden genetischenkosmischenVorgang,die Folge der Umwandlungen. Kreisendie Meteorsteine schongeballt zu dichten32 MasVulkansMons Albanus,MonteCavo; s. Heyne, Opusculaacad.,T. III, p. 261 und meine Relat.hist., T. I, p. 394. In einen anderenIdeenkreisgehörtder Kampf des Herkulesgegendie Ligyer,aufdem Weg vom Kaukasuszu den Hesperiden;es ist ein Versuch,den Ursprungder rundenQuarzgeschiebe im ligyeinem schen Steinfeldan der Mündungdes Rhodanus,welchenAristoteles Spalten-Auswurf bei einem Erdbeben, Posidonius einem wellenschlagenden Binnenwasser zuschreibt, mythischzuerklären. In den Äsehyleischen Fragmentendes gelösten Prometheusgehtaberalleswie in einem Aerolithenfall vor: Jupiterziehtein Gewölkzusammen und läßt"mit runderSteineRegengußdas die geognostische Land umherbedecken".SchonPosidoniushatsich erlaubt, Mythevon Geschiebenund Blöckenzu bespötteln.Das ligyscheSteinfeldist beschrieben.Die Gegend heißtjetztIa übrigensbei den Altennaturgetreu Crau.S. Guerin,Mesuresbarometriques dans!es Alpes etMeteorologie d'Avignon,1829, chap. XII, p. 115. 32 Das spezifischeGewichtderAerolithen schwankt zwischen1,9 (Alais)und Dichteist 3, das Wasserzu 1 gesetzt.Was die 4,3 (Tabor.). Die gewöhnlichere betrifft, so beim Textangegebenenwirklichen Durchmesserder Feuerkugeln ziehensich die Zahlenaufdie wenigeneinigermaßen sicherenMessungen,welche man sammeln kann. Diese Messungen geben für die Feuerkugelvon Weston(Connecticut, 14. Dez. 1807) nur500, fürdie von Je Roi beobachtete (18. Jan. (10. Juli 1771) etwa1000, fürdie von Sir CharlesBlagdengeschätzte 1783) an 2600 Fußim Durchmesser.Brandes(Unterhaltungen, Bd. I, S. 42) gibt den Sternschnuppen 80-120 Fuß,mit leuchtenden Schweifenvon3-4Meilen Länge.Es fehltabernichtan optischenGründen,welchees wahrscheinlich maund Sternschnuppen chen, daßdie scheinbarenDurchmesserder Feuerkugeln sehrüberschätzt wordensind. Mitdem VolumenderCeres(sollte man auchdienur"70 englischeMeilenDurchmesser"gebenwollen)ist das Vosem Planeten lumenderFeuerkugeln wohlnichtzu vergleichen. S. die sonstimmer so gerraue und vortreffliche Schrift:On the Connexionof the PhysicalSciences, 1835, dessen, was S. 96 überden großen,noch p. 411.- Ich gebe hierzurErläuterung nichtwiederaufgefundenen Aerolithen im Flußbett bei Narnigesagtist, die von PertzbekanntgemachteStelleaus dem >ChroniconBenedicti,monachiSancti Andreaein MonteSoracte> (Poisson, Rech. sur laProbabilitedes jugements,1837, p. VI.) 34 Philos.transact., Vol. XXIX, pp. 161-163.
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kosmisches Phänomenerklärte, so ist es doch erstChladnigewesen, welcherin der größten Allgemeinheit (1794) den Zusammenhangzwischen den Feuerkugeln und den aus der Atmosphäreherabgefallenen 35 , aufdas scharfSteinen,wie die Bewegungder ersteren im Weltraum sinnigsteerkannt hat.Eine glänzende Bestätigung derAnsichtdes kosmischen UrsprungssolcherErscheinungenhat Denison Olmstedzu New-Haven(Massachusetts) dadurchgeliefert, daßererwiesenhat,wie bei dem so berühmtgewordenen Sternschnuppenschwarm in derNacht vom 12. zum 13. November 1833 nach dem Zeugnis allerBeobachter die Feuerkugeln und Sternschnuppen insgesamtvon einerund derselben Stelleam Himmelsgewölbe,nahebei y Leonis, ausgingenundvon diesem Ausgangspunkt nichtabwichen,obgleichderSternwährendder seine scheinbareHöhe undseinAzimut langenDauerderBeobachtung veränderte. Eine solcheUnabhängigkeit von der Rotationder Erde beweist,daßdie leuchtenden Körpervon außen,aus dem Weltraum,in 36 sämtlicher unsereAtmosphäregelangten. Nach Enckes Berechnung 35 Die ersteAusgabevon Chladnis wichtigerSchrift>Über den Ursprungder von Pallasgefundenenund anderenEisenmassen< erschienzwei Monatevor Behauptung im dem Steinregen in SienaundzweiJahrefrüheralsLichtenbergs Göttinger Taschenbuch,"daßSteineaus dem allgemeinen Weltraume in unsere Atmosphäregelangen".Vgl. auch OlbersBrief an Benzenbergvom 18. Nov. 1837 in des letzteren Schriftvon den Sternschnuppen, S. 186. 36 Encke in Poggend. Annalen,Bd. XXXIII, 1834, S. 213; Aragoim Ann. pour1836, p. 291; zweiBriefevon mir an Benzenberg vom 19. Mai und22. Okt. Fortrücken der Knotenin der Bahn periodischer 1837 über das mutmaßliche S. 207 und209). AuchOlbers Sternschnuppenströme (Benzenberg,Sternschn., hatsich späterdieserMeinungvon derallmählichen Verspätung des NovemberPhänomensangeschlossen(Astron.Nachr.,1838, No. 372, S. 180). Wenn ich Sternschnuppenfälle mit der von Boguzwei von den Arabernaufgezeichnete slawskiaufgefundenen Epoche des 14. Jahrhunderts verbindendarf,so ergeben sich mir folgende,mehr oderminderübereinstimmendeElementederKnotenbewegung: Im Oktober902, in derTodesnachtdes Königs Ibrahimben Ahmed, ein großerSternschnuppenfall, "einem feurigenRegen gleich".Das Jahrwurdedeshalbdas Jahrder Sternegenannt.(Conde, Hist. de la domin. de los Arabes, p. 346.) Am 19. Okt. 1202 schwankten die Sternedie ganzeNachthindurch."Sie fielen wie Heuschrecken."(Comptes rendus,T. IV, 1837, p. 294 und Frähnim T. III, p. 308.) Bull.de l'Acad.de St-Petersbourg, Am 21. Okt. a. St. 1366, die sequente post festurn XI millia Virginum ab hora matutina usque ad horam primam visae sunt quasi stellae de caelo cadere continuo, et in tanta multitudine, quod nemo narrare sufficit. Diese merkwürdigeNo-
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Beobachtungen, die in den VereinigtenStaatenvon Nordamerikazwiwordensind, kamen sie schen den Breitenvon 35 o und 42 o angestellt alleaus dem Punktdes Weltraums,aufwelchenzu derselbenEpoche war. Auch in den wiederkehrenden die Bewegungder Erde gerichtet Sternschnuppenschwärmen des Novembersvon 1834 und 1837 in Nord1838 zu Bremenbeobachteten wurdender amerikawie in den analogen Parallelismus derBahnenunddie RichtungderMeteoreaus allgemeine dem Sternbilddes Löwen erkannt.Wie bei periodischenSternschnuppen überhaupteine mehr parallele Richtungalsbei den gewöhnlichen sporadischen,so glaubtman auchin dem periodischwiederkehrenden August-Phänomen (Stromdes heil.Laurentius) bemerktzu haben,daß von einem Punktzwischendem Perseus die Meteore1839 größtenteils unddem Stierkamen; gegendas letztere Sternbild bewegtesich damals die Erde. Diese Eigenheitdes Phänomens(der Richtungrückläufiger Bahnenim November und im August)verdientbesondersdurchkünftigerechtgenaueBeobachtungen bekräftigt oderwiderlegt zu werden. d. h. des Anfangsund Endes ihrer Die Höhe der Sternschnuppen, tiz, von der nochweiteruntenim Textdie Rede sein wird, hatHerrvon BoguslawskiderSohnin Benesses ( de Horawie)de WeitmiloderWeithmül>ChroniDie Chronikstehtauchim zweicon EcclesiaePragensisScriptoresrerumBohemicarum>,so siehtman doch an einerandernStelle(chap. VI, p. 233), daß er, wahrscheinlich mit der ungeheurenplanetarischen Geschwindigkeit derMeteorsteine unbekannt, sich zuderSelenitischen Hypothese mit einigerVorliebehinneigte:aber immer voraussetzte, daßdie vom Mond
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Es ist sehrwahrscheinlich, daßein großerTeil dieserkosmischenKörper die Nähe unseresDunstkreisesunzerstört durchstreichen, um ihre durchAnziehungder Erdmasse nur in der Exzentrizität veränderte Bahnum die Sonnefortzusetzen. Man kannglauben,daßdieselbenuns nachmehrerenUmläufenund vielenJahrenerstwiedersichtbarwerSteine«deviennentdes satellites de laterre,decrivantautour ausgeworfenen d'elleune orbiteplus ou moins allongee,de sortequ'ilsn'atteignent l'atmosphere de laterrequ'apresplusieurset meme un tresgrandnombre de revolutions>>. So wie ein Italiener in Tortonaden Einfallhatte,die Aerolithen kämen aus dem Mond, so hatten griechischePhysikerauchden Einfallgehabt,sie kämen aus derSonne. Eine solcheMeinungerwähnt DiogenesLaertiusII, 9 vom Ursprungderbei Aigos Potamoiniedergefallenen Masse (s. obenNote32). Der allesregistrierende Plinius(II, 58) wiederholt die Meinungund bespöttelt sie um so lieber,weil er, mit Früheren(Diog. Laert.II. 3 und 5, p. 99, Hübner), zu den Anaxagoras beschuldigt, den Aerolithenfall aus derSonnevorhergesagt haben:celebrant Graeci Anaxagoram Clazomenium Olympiadis septuagesimae octavae secundo anno praedixisse caelestium litterarum scientia, quibus diebus saxum casurum esse e sole, idque factum interdiu in Thraciae parte ad Aegos flumen. - Quod si quis praedictum credat, simul fateatur necesse est, majoris miraculi divinitatem Anaxagorae fuisse, solvique rerum naturae intellectum, et confundi omnia, si aut ipse Sollapis esse aut unquam lapidem in eo fuisse credatur; decidere tarnen crebro non erit dubium. Auch den Falldes Steinsvon mäßiger Größe,der im Gymnasium zu Abydus aufbewahrt wird, sollAnaxagorasprophezeithaben.Aerolithenfälle bei hellemSonnenscheinund wenn die Mondscheibe nichtsichtbarwar,habenwahrscheinlich aufdie Idee derSonnensteine geführt. Auchwar,nacheinem derphysischenDogmen des Anaxagoras,die ihn (wie zu unsererZeitdie Geologen)theologischen Verfolgungen aussetzten, die Sonne"eine geschmolzenefeurigeMasse" (~uÖQO~ öubtUQO~). Im >Phaethon< des Euripides wurdenach denselbenAnsichtendes Klazomeniersdie Sonne ebenfallseine "goldeneScholle"genannt:d. h. eine feuerfarbene, helleuchtendeMaterie,worausman abernichtaufAerolithen alsgoldeneSonnensteine (s. oben Note 31) schließenmuß. Vgl. Valckenaer,Diatribein Eurip. perd. dram. reliquias1767, p. 30; Diog. Laert.II, 10.- Wir findendemnachbei den griechischenNaturforschern vierHypothesen:einentellmischen Ursprungder Sternschnuppen von aufsteigenden Dünsten;Steinmassenvon Orkanengehoben, bei Aristoteles (Meteor.,lib. I, cap. IV, 2-13 und cap. VII, 9); Ursprung aus der Sonne, Ursprungaus den Himmelsräumenalslangeunsichtbar gebliebenerHimmelskörper.Über diese letzte,mit der unsrigenganzübereinstimmende Meinungdes DiogenesvonApollonias. denTextS. 113 unddie Note58. Merkwürdigist es, daßman noch in Syrien,wie mir ein gelehrter Orientalist, mein persischerLehrer,HerrAndreade NerciatUetztin Smyrna), versichert hat,nacheinem altenVolksglauben in sehrhellenMondnächten Steinfälle aus der Luftfürchtet. Die Altenwarendagegensehraufmerksamaufden Fallder
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den. Die sogenannten aufwärts steigendenSternschnuppen und Feuerkugeln,welcheChladninichtglücklichdurchReflexionstarkzusammengepreßter Luftzu erklären suchte,erschienenaufden erstenAnblickals die Folgeeinerrätselhaften, die Körpervon der Erde entfernendenWurfgeschwindigkeit; aberBesselhattheoretisch erwiesenund durchFeldtssorgfältige Rechnungenbestätigt gefunden,daßbei dem Mangelan vollkommener Gleichzeitigkeit des beobachteten Verschwindens unterden veröffentlichten Beobachtungen keine vorkommt,welche derAnnahmedes AufsteigenseineWahrscheinlichkeit gäbe und er40 . Ob, wie laubte,sie als ein Resultat der Beobachtungen anzusehen Olbers glaubt,das Zerspringenvon Sternschnuppenund rauchend flammenden,nichtimmer geradlinigbewegtenFeuerkugeln die MeteorenachRaketenart in die Höhe treibenundob es in gewissenFällen auf die RichtungihrerBahn einwirkenkönne, muß der Gegenstand neuerBeobachtungen werden. Die Sternschnuppen fallenentwedervereinzelt und selten,alsosporadisch,oder in Schwärmenzu vielenTausenden;die letzteren Fälle (arabischeSchriftsteller vergleichensie mit Heuschrecken-Scharen) sind periodischundbewegensich in Strömenvon meist paralleler Richtung.Unterden periodischenSchwärmensind bis jetztdie berühmtestengewordendas sogenannte November-Phänomen(12.-14. November) und das des Festes des hl. Laurentius(10. August),dessen ,,feuwie in rigerTränen"in Englandschonlängstin einem Kirchenkalender 41 alseinerwiederkehrenden meteorologischen BegealtenTraditionen Meteormassenbei Mondfinsternissen; s. Plin. XXXVII, 10, p. 164, Solinus, cap. 37, Salmas. Exerc.,p. 531, unddie von UkertgesammeltenStellen in der Geogr. derGriechenundRömer, Th. II., Abth.1, S. 131, Note14. Über die Unwahrscheinlichkeit, daßdie Meteormassenausmetallauflösenden Gasarten entstehen,die nachFusinieriin den höchstenSchichtenunsererAtmosphäregelagertsein sollenund,vorherin ungeheure Räume zerstreut, plötzlich zusammengerinnen,wie überPenetration undMischbarkeitderGasartens. meine Relat. Hist., T. I, p. 525. 40 Besselin Schum., Astr.Nachr.,1839, No. 380 und381, S. 222 und346. Am SchlußderAbhandlung findetsich eine Zusammenstellung der Sonnenlängen mit den Epochen des November-Phänomenesseit der erstenBeobachtung in Cumami von 1799. 41 Dr. Thomas Forster (The pocketEncyclop.ofNatural Phaenomena,1827, p. 17) berichtet, daßzu Cambridgeim ChristChurchCollegeein Manuskript unterdem Titel>Ephemerides rerum naturalium< aufbewahrt wird, das man einem Mönch im vorigenJahrhundert zuschreibt.In diesem Manuskriptsind bei jedem Tag Naturerscheinungen angedeutet: das ersteBlühenderPflanzen,
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benheitgedachtwird. Unerachtet bereitsin der Nachtvom 12.-13. November 1823 nach Klödenin Potsdam und 1832 in ganzEuropavon Portsmouthbis Orenburgam Ural-Fluß, ja selbstin der südlichen Hemisphärein Ilede France[Mauritius],ein großesGemisch vonSternschnuppenund Feuerkugeln der verschiedensten Größegesehenworden war, so leitete docheigentlich erstderungeheure Sternschnuppenschwarm,den OlmstedundPalmerin Nordamerikaam 12.-13. Novemund in dem an einem Ort, wie Schneeflocken ber 1833 beobachteten zusammengedrängt, währendneunStundenwenigstens240000 fielen, auf die Periodizität der Erscheinung,auf die Idee, daßgroßeSternschnuppenschwärmean gewisse Tage geknüpftsind. Palmerin New Havenerinnerte sich des Meteorfalls von 1799, den Ellicotund ich zuerstbeschriebenhaben42 und von dem durchdie Zusammenstellung des Beobachteten, welcheich gab, erwiesenwordenist, daß er im in Neuen Kontinentgleichzeitigvom Äquatorbis zu Neu-Herrnhut Gränland (Br. 64° 14') zwischen46° und82° derLängegesehenwurde. Man erkannte mit Erstaunen die Identität der Zeitepoche.Der Strom, der am ganzenHimmelsgewölbeam 12.-13. November 1833 von Jasich 1834 in maica bis Boston(Br. 40° 21') gesehenwurde,wiederholte Staaten von Nordder Nachtvom 13.-14. Novemberin denVereinigten In Europahatsich seine amerika,dochmit etwasgeringerer Intensität. Periodizität seitdemmit großerRegelmäßigkeit bestätigt. Ein zweiter,ebensoregelmäßg eintretender Sternschnuppenschwarm wie das November-Phänomenistderdes August-Monats, derStromdes 4 3 hatteschon in der hl. Laurentius(9.-14. August). Muschenbroek die AnkunftderVögelusf. Der 10. Augustist durchdas Wortmetearades bezeichnet.Diese Bezeichnungund die Traditionder feurigenTränendes heil. Laurentius hatten HerrnForsterbesonders veranlaßt, dasAugustphänomen eifrigstzuverfolgen. (Quetelet, Corresp.mathem., Serie111, T. I, 1837, p. 433.) 42 Humb., Rel. Hist.,T. I, pp. 519-527; Ellicot in denTransact.oftheAmer. Philos.Soc., 1804, Vol.VI, p. 29. Aragosagtvom Novemberphänomen:«Ainsi se confirmede plusen plusanousl'existence d'unezonecomposee de millions de petitscorps dontles orbitesreneoutreut le plande l'ecliptique vers le point que Ia terreva occupertousles ans, du 11 au 13 novembre. C'est un nouveau monde planetaire qui commence ase reveler allOUS.>>(Annuairepourl'an1836, p. 296.) 43 Vgl. Muschenbroek, Introd.ad Phil. Nat., 1762, T. II, p. 1061; Howard, Climateof London,Vol. II, p. 23: Beobachtungen vom Jahr1806, also7 Jahre nach den frühestenBeobachtungen von Brandes (Benzenbergüber Sternschnuppen,S. 240-244); August-Beobachtungen vonThomas Forsters. in Queteleta. a. 0., pp. 438-453; von Adolph Erman, Boguslawskiund Kreil in
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Mitte des vorigen Jahrhunderts auf die Häufigkeitder Meteoreim August-Monat aufmerksamgemacht;aberihreperiodischesichereWiehaben erst Quetelet, derkehrum die Epoche des Laurentius-Festes OlbersundBenzenbergerwiesen.Man wirdmit derZeitgewißnochandereperiodischwiederkehrende Ströme44 entdecken:vielleicht um den Schum. Jahrb. für 1838, S. 317-330. Über den Anfangspunkt im Perseusam 10. Aug. 1839 s. die genauenMessungenvon BesselundErman (Schum., Astr. Nachr.,No. 385 und428); aberam 10. Aug. 1837 scheintdie Bahnnichtrückläufig gewesenzu sein: s. Aragoin den Comptes rendus,T. V, 1837, p. 183. 44 Am 25. April 1095 "sahenunzählbare Augenin Frankreich die Sterneso dichtwie Hagelvom Himmel fallen" (ut grando, nisi lucerent, pro densitate putaretur; Baldr.p. 88); und dieses Ereigniswurdeschonvor dem Konzilvon Clermont alseineVorbedeutung dergroßenBewegungin derChristenheit betrachtet(Wilken,Gesch. derKreuzzüge,Bd. I, S. 75). Am 22. April1800wurdeein großer Sternschnuppenfall in VirginienundMassachusetts gesehen;es war"ein Raketenfeuer, das zwei Stundendauerte".Aragohatzuerstaufdiese trafnee d'asteroides als eine wiederkehrende aufmerksamgemacht (Annuairepour 1836, p. 297). Merkwürdigsind auchdie Aerolithenfälle am Anfangdes Monats Dezember.FürihreperiodischeWiederkehralsMeteorstrom sprechendie alte Beobachtung von Brandesin derNachtvom 6.-7. Dezember1798 (wo er 2000 Sternschnuppen zählte) undvielleicht derungeheure Aerolithenfall vom 11. Dezember 1836 in Brasilienam Rio Assu bei dem DorfMacao (Brandes,Unterhalt.fürFreundeder Physik 1825, Heft1, S. 65, und Comptes rendus,T. V, p. 211), Capocci hatvon 1809 bis 1839 zwölfwirklicheAerolithenfälle zwischen dem 27.-29. Nov.; andeream 13. Nov., 10. Augustund 17. Juli aufgefunden (Comptes rendus,T. XI, p. 357). Es ist auffallend, daßin dem TeilderErdbahn, welcherden MonatenJanuarundFebruar,vielleicht auchMärzentspricht, bisher keine periodischenSternschnuppenoderAerolithenströmungen bemerkt wordensind; doch habe ich in der Südsee, den 15. März1803, auffallend viel Sternschnuppen beobachtet,wie auch ein Schwarm derselbenin der Stadt Quitokurzvordem ungeheuren Erdbebenvon Riobamba (4. Februar1797) gesehenwurde.BesondereAufmerksamkeitverdienendemnachbisherdie Epochen: 22.-25. April, 17. Juli(17.-26. Juli?)(Quetelet, Corr.,1837, p. 435), 10. August, 12.-14. November, 27.-29. November, 6.-12. Dezember. Die FrequenzdieserStrömungendarf,so großauchdie Verschiedenheit istzwischenisolierten Kometenundmit Asteroidengefüllten Ringen,nichtin Erstaunensetzen,wennman derRaumerfüllung des UniversumsdurchMyriadenvon Kometengedenkt.
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22.-25. Aprilwie zwischendem 6.-12. Dezember, und wegendervon Capocci aufgezählten wirklichen Aerolithenfälle am 27.- 29. November oder17. Juli. So unabhängig sich auchallebisherbeobachteten Erscheinungen von derPolhöhe,der Lufttemperatur und anderenklimatischen Verhältnissen gezeigthaben, so ist doch dabei eine vielleicht nurzufällig begleitendeErscheinung nichtganzzu übersehen.Das Nordlicht warvon großerIntensität währendderprachtvollsten aller dieserNaturbegebenheiten, währendder, welcheOlmsted(12.-13. November 1833) beschriewo aberderperioben hat.Es wurdeauchin Bremen1838 beobachtet, dische Meteorfall minder auffallend als in Richmond bei Londonwar. Ich habeauchin eineranderenSchriftdie sonderbare undmir oftmünd4 5 erwähnt, der an lich bestätigte Beobachtungdes AdmiralsWrangel den sibirischenKüstendes Eismeers währenddes Nordlichtes gewisse Regionendes Himmelsgewölbes,die nichtleuchteten, sich stetsentzünden unddannfortglühen sah, wenneineSternschnuppe sie durchstrich. Die verschiedenen Meteorströme, jederaus MyriadenkleinerWeltkörperzusammengesetzt,schneidenwahrscheinlich unsereErdbahn, wie es derKomet vonBielatut.Die Sternschnuppen-Asteroiden würde man sich nachdieserAnsichtalseinengeschlossenen Ring bildendund in demselben einerleiBahn befolgendvorstellen können. Die sogenanntenkleinenPlanetenzwischenMars und Jupiterbietenuns mit Ausschluß der Pallasin ihrenso engverschlungenen Bahnenein analoin den Epochen,zu welchender ges Verhältnis dar. Ob Veränderungen Stromuns sichtbarwird, ob Verspätungen der Erscheinungen, aufdie ich schon langeaufmerksamgemachthabe, ein regelmäßiges Fortrükder Erdken oder Schwankender Knoten(der Durchschnittspunkte Gruppierung bahn und der Ringe) andeuten,oder ob bei ungleicher undbei sehrungleichen AbständenderkleinenKörpervoneinander die Zone eine so beträchtliche Breitehat,daßdie Erdesie erstin mehreren 45 Ferd. von Wrangel, Reise längsder Nordküstevon Sibirienin den Jahren 1820-1824, Th. II, S. 259. - Über die 34jährigeWiederkehrdes dichteren Schwarmsder Novemberströmung s. Olbersim Jahrb.für1837, S. 280.- Man hatmir in Cumanagesagt,daßkurzvor dem furchtbaren Erdbebenvon 1766, alsowieder33 Jahrevor dem Sternschnuppenfall vom 11.-12. Nov. 1799, ein ebensolchesFeuerwerkam Himmel gesehenwordensei. Aber das Erdbeben war nichtam Anfangdes November, sondernbereitsam 21. Oktober1766. MöchtendochauchReisendein QuitodenTag ergründen können,an welchem dortderVulkanvon Cayambe eine Stundelangwie in Sternschnuppen eingehüllt erschien,so daßman den Himmel durchProzessionenbesänftigen wollte! (Relat.Rist.,T. I, chap. IV, p. 307, chap. X, pp. 520 und527.)
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Tagen durchschneiden kann, darüberist jetztnoch nichtzu entscheiden. Das Mondsystem des Saturnzeigt uns ebenfallseine Gruppe innigstmiteinander verbundener Weltkörper von ungeheurer Breite.In dieser Saturngruppe ist die Bahndes äußersten (siebten)Mondes von einem so beträchtlichen Durchmesser,daßdie Erde in ihrerBahnum die SonneeinengleichenRaum erstin dreiTagenzurücklegen würde. Wennin einem dergeschlossenen Ringe, welchewir uns alsdie Bahnen derperiodischenStrömebezeichnenddenken,die Asteroidendergestalt und schwarmungleichverteilt sind, daßes nurwenigedichtgedrängte erregendeGruppendaringibt, so begreiftman, warumglänzende Phänomene wie die im November 1799 und 1833 überausseltensind. Der scharfsinnigeOlberswargeneigt,die Wiederkehrder großenErscheinung,in derSternschnuppen mit Feuerkugeln gemengtwie Schneeflocken fielen,erstfürden 12.-14. November1867 zu verkünden. Bisweilen ist der Strom der November-Asteroidennur in einem schmalenErdraumsichtbargeworden.So zeigteer sich z. B. 1837 in Englandin großerPrachtals meteoric shower, währendein sehr aufmerksamerund geübterBeobachter zu Braunsbergin Preußenin derselbenNacht,die dortununterbrochen heiterwar,von7 Uhrabendsbis nureinigewenige,sporadischfallende Sternschnuppen Sonnenaufgang 46 daraus,"daßeine wenig ausgedehnte sah. Besselschloß Gruppe des großenmit jenen Körperngefüllten Ringes in Englandbis zur Erde gelangt ist, währendeine östlichgelegeneLänderstrecke durcheine verhältnismäßig leere Gegend des Meteorringesging". Erhältdie Anoder eines durchPerturbationahme eines regelmäßigen Fortrückens nen verursachten Schwankensder Knotenliniemehr Wahrscheinlichkeit, so gewinntdas Auffindenälterer Beobachtungen ein besonderes Interesse.Die chinesischenAnnalen,in denennebender Erscheinung von Kometen auch großeSternschnuppenschwärme angegebenwerden, reichenbis überdie Zeitendes Tyrtäusoderdes zweitenmessenischen Krieges hinaus. Sie beschreibenzwei Ströme im März-Monat, alsunserechristliche Zeitrechnung ist. Eduard dereneiner687 Jahreälter welcheer in Biothatschonbemerkt,daßunterden 52 Erscheinungen, den chinesischenAnnalengesammelthat,die am häufigsten wiederkehrendendie wären,welchedem 20.-22. Juli(altenStils)naheliegenund 46 Aus einem Briefan mich vom 24. Jan. 1838. Der ungeheure Sternschnuppenschwarmvom November 1799 wurdefastnurin Amerika, von Neu-Herrnbis zum Äquator gesehen.DerSchwarmvon 1831 und1832 war hutin Grönland nurin Europa,dervon 1833 und 1834 nurin denVereinigten Staaten von Nordamerikasichtbar.
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daherwohlder jetztvorgerückte Strom des hl. Laurentius sein könnten47 . Ist dervon Boguslawskidem Sohnin Benessiide Horawie>Chronicon Ecclesiae Pragensis< aufgefundeneSternschnuppenfall vom 21. Oktober1366 (a. St.) unserjetzigesNovember-Phänomen,aberdamals bei hellemTag gesehen,so lehrtdie Fortrückung in 477 Jahren, daßdieses Sternschnuppensystem (d. i. sein gemeinschaftlicher Schwerpunkt)eine rückläufige Bahnum die Sonne beschreibt.Es folgtauch aus den hierentwickelten Ansichten,daß,wennJahrevergehen,in denen beide bishererforschten Ströme(der November-und der Laurenwürden,die Ursachedatius-Strom)in keinemTeilderErdebeobachtet von entwederin der Unterbrechung des Rings (d. h. in den Lücken, welchedie aufeinander folgendenAsteroiden-Gruppen lassen)oder, 48 aufdie Gewie Poisson will,in derEinwirkungdergrößeren Planeten stalt undLage des Rings liegt. Die festenMassen, welcheman bei Nachtaus Feuerkugeln, bei Tage, und meist bei heiteremHimmel, aus einem kleinendunklenGewölk unterviel Getöseund beträchtlich erhitzt (doch nichtrotglühend) zur Erde fallensieht,zeigenim ganzen,ihreräußeren Form, der Beschaffenheitihrer Rinde und der chemischen Zusammensetzungihrer Hauptbestandteile nach, eine unverkennbare Übereinstimmung.Sie zeigen dieselbe durchalleJahrhunderte und in den verschiedensten RegionenderErde, in denenman sie gesammelthat.Aber eine so auf47 Lettre de Mr. EdouardBiot aMr. Quetelet sur les anciennesapparitions d'etoilesfilantes en Chineim Bulletin de l'Acad.de Bruxelles, T. X, 1843, Partie 2, p. 8. Über die Notizaus dem >ChroniconEcclesiaePragensisParalipom.in Vitell.Astron.parsopticaBritannia BaconicaCouronnement de Soliman< als in mehrerenStellenseiner Reisebeschreibung(ed. de Langles,T. IV, p. 326, T. X, p. 97) erwähnt Chardinalsniazouk (nyzek) oderpetite lance nur:«lagrandeetfameusecometequi parutpresquepartoutelaterre en 1668 etdontlaH~te etoitcacheedansl'occident de sortequ'onne pouvoiten rienapercevoirsurl'horizon d'Ispahan».(Atlasdu Voyagede Chardin,Tab. IV, nachden Beobachtungen in Schiras.)Der Kopf oderKerndieses Kometenist aber in Brasilienund in Indien gesehenworden(Pingre, Cometogr.,T. II, p. 22). Über die Vermutungder Identität des letzten großenKometenvom März 1843 mit dem, welchenCassini für das Zodiakallicht hielt,s. Schum., Astr. Nachr.,1843, No. 476 und 480. Im Persischenwerdennfzehi ateschfn (feurige SpießeoderLanzen)auchfürdie Strahlen derauf-oderuntergehenden Sonne gebraucht, wie nayazik nachFreytagsarabischemLexikonstellae cadentes bedeutet.Die Vergleichung der Kometenmit Lanzenund Schwertern war übrigens besondersdem Mittelalter in allenSprachensehrgewöhnlich.Selbstder großeKomet, welcher vom Aprilbis Juni 1500 gesehenwurde,heißtbei denitalienischenSchriftstellern derZeitimmer ilSignor Atsone (s. mein Examen critique de l'hist.de laGeographie,T. V, p. 80).- Die vielfachgeäußerten Vermutungen,daßDescartes(Cassini, p. 230, Mairan,p. 16) oder gar Kepler(Delambre,T. I, p. 601) das Zodiakallicht gekannthätten, scheinenmir ganzunhaltbar. Descartes(Principesde laPhilos.,Partie111, art.136 und 137) sprichtauf eine sehrdunkleWeise, wie Kometenschweife entstehen: «par des rayonsobliques qui, tombautsur diversespartiesdes orbesplanetaires, viennentdes partieslaterales a notreoeilpar une refraction extraordinaire»; auchwie morgens und abends Kometenschweife«comme une longuepoutre» gesehenwerden könnten,wenn die Sonne zwischendem Kometenund der Erde steht.Diese Stelleist so wenig aufdas Zodiakallicht zu deutenwie das, was Kepler(Epit. T. I, p. 57 undT. II, p. 893) von derExistenzeinerSonAstron.Copernicanae, nenatmosphäre (Iimbus circa solem, coma lucida) sagt,welchein totalen Sonnenfinsternissen hindert,"daßes ganz Nachtwerde". Noch unsichereroder vielmehrirrigerist die Behauptung, daßdie trabes quas öoxou~ vocant (Plin.II, 26 und 27) eine Andeutungdes zungenförmigaufsteigenden Zodiakallichts seien, wie Cassini (p. 231, art.XXXI) undMairan(p. 15) vorgeben.Überall bei den Altensind dietrabesmit Boliden(ardores et faces) und anderenfeurigen Meteorenin Verbindunggesetzt,auchwohlgarmit den langbärtigen Kometen.
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geheureSchweifeines Kometen,dessen Kopf sich in den Dünstendes Horizontsverbarg,und der selbstderLage und Erscheinungnachviel Ähnlichesmit dem großenKometenvon 1843 hatte.Mit nichtgeringer Wahrscheinlichkeit kannman vermuten,daßdas merkwürdige,von der Erde pyramidalaufsteigende Licht, welchesman auf der Hochebene Himmel beobachtete vonMexico 1509 vierzigNächtelangam östlichen und dessen Erwähnungich in einem alt-aztekischen Manuskripteder 63 , aufköniglichen PariserBibliothek,im >CodexTelleriano-Remensis< gefundenhabe, das Tierkreislicht war. Die in Europavon Childreyund Dominicus Cassini entdeckteund doch wohluralteErscheinungist nichtdie leuchtende Sonnen-Atmosphäreselbst,da diese nachmechanischenGesetzennichtabgeplatteter alsim Verhältnis von 2: 3 unddemnachnichtausgedehnter alsbis 9/zo der Merkurweite sein könnte.Eben diese Gesetzebestimmen, daßbei eiüberseinem Äquator,die Höhe deräußernem rotierenden Weltkörper, sten Grenzeder Atmosphäre,der Punktnämlich, wo Schwereund Schwungkraft im Gleichgewicht sind, nurdie ist, in welcherein Satellit gleichzeitig mit derAchsendrehung des Weltkörpers um diesen laufen der Sonnenatmosphäre in ihrem würde64 • Eine solcheBeschränktheit (Über öox6t;, öoxiat;,öoxtTl']t;s. Schäfer,Schol.Par. ad Apoll. Rhod., 1813, T. II, p. 206; Pseudo-Aristot., De Mundo2, 9; Comment. Alex.,Joh. Philop. et Olymp. in Aristot.Meteor.,lib. I, cap. VII, 3, p. 195, Ideler;Seneca,Nat. Quaest.I, 1.) 63 Humboldt,Monumensdes peuplesindigenesde l'Amerique, T. II, p. 301. Das selteneManuskript,welchesdem Erzbischofvon Reims, Le Tellier,gehört hat,enthält sehrverschiedenartige Auszügeaus einem aztekischen Ritualbuch, aus einem astrologischen Kalenderund aus historischenAnnalenvon 11971549. Die letztgenannten geben zugleichNaturerscheinungen, Epochen der Erdbeben, Kometen: wie die von 1490 und 1529, und für die mexicanische >Historia Chronologie wichtigeSonnenfinsternisse an. In derhandschriftlichen de TlascalaÜn Terrestrial MagnetismJointPhysicalandMeteorological CommitteeTheorie des phenomenes electro-dynamiques< du Globedes courants electro-ma(1826, p. 199), ProclamasRadjataranginiWitterungsverhältnisse von BerlinVida del AlmiranteKosmosMemnon< führte. 408 Joh. Müller, Physiologiedes Menschen,Bd. II, S. 768, 772-774.
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sammenhang,bloßaus der Gleichheit des menschlichenDichtensund Grübeins entstanden. Jene Sage trägtauch darin ganz das Gepräge menschlicher Erfindung,daßsie die außeraller Erfahrung liegendeErscheinungdes erstenEntstehens des Menschengeschlechts aufeine innerhalbheutigerErfahrung liegendeWeise und so erklären will,wie in Zeiten, wo das ganze Menschengeschlecht schon Jahrtausende hindurchbestandenhatte,eine wüsteInseloderein abgesondertes Gebirgstalmag bevölkert wordensein. Vergeblichwürdesich das Nachdenken in das ProblemjenererstenEntstehung vertieft haben,da derMensch so an sein Geschlecht undan die Zeitgebundenist, daßsich ein Einzelnerohnevorhandenes Geschlecht undohneVergangenheit garnichtin menschlichemDaseinfassenläßt.Ob alsoin dieserwederaufdem Weg derGedankennochderErfahrung zu entscheidenden Fragewirklichjenerangeblichtraditionelle Zustanddergeschichtliche war,oderob das Menschengeschlecht von seinem Beginnan völkerweiseden Erdboden bewohnte,darfdie Sprachkundewederaus sich bestimmen noch, die Entscheidunganderswohernehmend, zum Erklärungsgrund für sich brauchenwollen." Die Gliederung der Menschheitist nureine Gliederung in Abarten, die man mit dem freilichetwasunbestimmtenWortRassenbezeichnet. derVögelundFische die Wie im Gewächsreich,in derNaturgeschichte Gruppierungin vielekleineFamiliensichereralsdie in wenige, große MassenumfassendeAbteilungen ist, so scheintmir auchbei derBestimmung derRassendie Aufstellung kleinerer Völkerfamilien vorzuziehen. Man mag die alteKlassifikation meines LehrersBlumenbachnachfünf Rassen (der kaukasischen,mongolischen,amerikanischen,äthiopischen und malaiischen)befolgenoder mit Prichardsieben409 Rassen (die iranische,turanische,amerikanische,die der Hottentotten und Buschmänner,der Neger, der Papuas und der Alfourous)annehmen, immer ist keine typischeSchärfe,kein durchgeführtes natürliches Prinzip derEinteilung in solchenGruppierungen zu erkennen.Man sondert ab, was gleichsamdie Extremeder Gestaltung und Farbebildet,unbekümmert um die Völkerstämme,welchenichtin jene Klasseneinzuschalten sind und welcheman baldskythische,baldallophylische Rassen hatnennenwollen.Iranischist allerdings fürdie europäischen Völker ein minder schlechter Name als kaukasisch;aber im allgemeinen darfman behaupten,daßgeographischeBenennungenals Ausgangspunktder Rasse sehr unbestimmtsind, wenn das Land, welchesder zu verRasse den Namen geben soll,wie z. B. Turan(Mawerannahr), 4 09
Prichard,Th. I, S. 295, Th. III, S. 11.
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ErsterBand
schiedeneuZeiten410 von den verschiedensten Volksstämmen- indogermanischenundfinnischen,nichtabermongolischenUrsprungs-bewohntwordenist. Die SprachenalsgeistigeSchöpfungenderMenschheit,alstiefin ihre geistige Entwicklung verschlungen, haben, indem sie eine nationale Form offenbaren, eine hoheWichtigkeit fürdie zu erkennende ÄhnlichkeitoderVerschiedenheit derRassen. Sie habendiese Wichtigkeit,weil GemeinschaftderAbstammungin das geheimnisvolle Labyrinthführt, in welchem die Verknüpfungder physischen(körperlichen) Anlagen mit der geistigenKraftin tausendfältig verschiedener Gestaltung sich darstellt.Die glänzendenFortschritte, welche das philosophische Sprachstudiumim deutschenVaterland seit noch nichteinem halben Jahrhundert gemachthat,erleichtern die Untersuchungen überden na411 der Sprachen,über das, was die Abstammung tionalenCharakter 410 Die späteAnkunft türkischer undmongolischer Stämme sowohlam Oxus [Amu-darja]wie in der Kirgisen-SteppestehtderAnnahmeNiebuhrs,daßdie Skythendes Herodotund HippocratesMongolenwaren,entgegen.Es ist weit wahrscheinlicher, daßdie Skythen(Scoloten) zu denindogermanischen Massageten(Alanen)zu rechnensind. Die Mongolen,eigentliche Tartaren (derletztere Name ist späterfälschlich reintürkischen Stämmenin Rußland undSibiriengegebenworden),saßendamalsweitim OstenvonAsien. Vgl. meine Asie Centr., T. I, pp. 239 und400, Examen critiquede l'hist.de laGeogr.,T. II, p. 320. Ein ausgezeichneter Sprachforscher, ProfessorBuschmann,erinnert, daßFirdusiim Schahnameh,in seinenhalbmythischenhistorischen Anfängen,"eineFesteder Alanen"am Meer erwähnt,in welcheSeim, der älteste Sohn des Königs Feridun(gewißein paarJahrhunderte vorCyrus),sich flüchten wollte. Die Kirgisen dersogenannten skythischen Steppesind ursprünglich ein finnischerStamm; sie sind jetztwahrscheinlich in ihrendreiHordendas zahlreichste aller wandernden Völkerundlebtenschonim 6. Jahrhundert in derSteppe, in welcherich siegesehen.DerByzantiner Menander(pp. 380-382 ed. Nieb.) erzählt ausdrücklich, wie derChakanderTürken(Thu-khin)im Jahr569 dem von KaiserJustinusII. abgesandtenZemarchuseine Kirgisen-Sklavin schenkte;er nenntsie eine XEQXL~ und auchbei Abulgasi(>HistoriaMongolorum etTartarorum