Waldumbau: für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft (German Edition) 3540239804, 9783540239802

Das Buch untersucht die Auswirkungen von Änderungen der Waldbewirtschaftung, derzeit vorwiegend von nadelbaumdominierten

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English Pages 438 [432] Year 2005

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Konstantin von Teuffel Manuela Baumgarten Marc Hanewinkel Werner Konold Udo Hans Sauter Heinrich Spiecker Klaus von Wilpert Waldumbau für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft

Konstantin von Teuffel Manuela Baumgarten Marc Hanewinkel Werner Konold Udo Hans Sauter Heinrich Spiecker Klaus von Wilpert (Herausgeber)

Waldumbau für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft Ergebnisse aus dem Südschwarzwald Mit 118 Abbildungen und 53 Tabellen

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Prof. Konstantin Frhr. von Teuffel Dr. Manuela Baumgarten PD Dr. Marc Hanewinkel Dr. Udo Hans Sauter Dr. Klaus von Wilpert Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg Wonnhaldestr. 4, 79100 Freiburg, Deutschland Prof. Dr. Werner Konold Universität Freiburg, Institut für Landespflege Tennenbacher Str. 4, 79106 Freiburg, Deutschland Prof. Dr. Heinrich Spiecker Universität Freiburg, Institut für Waldwachstum Tennenbacher Str. 4, 79106 Freiburg, Deutschland

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 3-540-23980-4 Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner Herstellung: Luisa Tonarelli Satz: Druckreife Vorlage von Stephanie von Detten Druck: Mercedes Druck, Berlin Buchbinder: Stein + Lehmann, Berlin Gedruckt auf säurefreiem Papier

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Danksagung

Die Herausgeber danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für die großzügige Förderung der hier dargestellten Forschungsprojekte. Sie schließen in diesen Dank den Projektträger Jülich (PTJ) mit Sitz in Berlin und hier insbesondere, Frau Heike Neumann, Frau Beate Schütze, Frau Valeria Schütze sowie Herrn Dr. Erich Stüttgen ein, die durch ihre Begleitung und Koordination wesentlich zum Gelingen des Projektes beitrugen. Dank sei auch allen Kollegen für die viele und sorgfältige Arbeit, die dieses Buch mit Textbeiträgen bereichert haben. Insbesondere gebührt Frau Dr. Manuela Baumgarten Dank für ihre wissenschaftliche Koordination des Gesamtprojektes in den letzten Jahren, die sie mit Geduld, Zähigkeit und Charme durchführte. Wir schulden unseren Dank auch den wissenschaftlichen Gutachtern der einzelnen Kapitel, die mit ihren wertvollen Anregungen die Qualität der Publikation zweifellos verbessert haben: Prof. Dr. Michael Bredemeier PD Dr. Peter Deegen Prof. Dr. Jörn Erler Prof. Dr. Werner Härdtle Prof. Dr. Hubert Hasenauer Prof. Dr. Gerhard Hofmann Prof. Dr. Bernd Huwe PD Dr. Thomas Knoke Prof. Dr. Max Krott Prof. Dr. Karl Eugen Rehfuess Prof. Dr. Matthias Schäfer Prof. Dr. Hermann Spellmann Prof. Dr. Karl Stahr Prof. Dr. Hubert Sterba Prof. Dr. Sven Wagner PD Dr. Norbert Weber Schließlich sei Frau Maria Schiek und Frau Renate Krieg sowie Frau Stephanie von Detten für die Organisation, Zusammenstellung und Formatierung der Manuskripte gedankt. Freiburg im September 2004, Die Herausgeber

Einführung

Die Wälder, die heute in Deutschland anzutreffen sind, tragen noch vielfach die Spuren der Zeit, in der sie einst begründet wurden. Sie sind entstanden in einem Zeitraum, in dem die Phase großflächiger Übernutzung und Devastation noch spürbar war. Seither hat die Forstwirtschaft in Deutschland in einer großen Aufbauleistung viele Standorte wieder urbar gemacht und Wälder neu begründet. Heute steht die Forstwirtschaft vor einer anderen Aufgabe. Der Aufbau der Wälder ist weitestgehend abgeschlossen, die Herausforderungen der Branche für die kommende Waldgeneration liegt im Waldumbau. Es geht also nicht mehr vorrangig darum, große Kahlflächen wieder zu bestocken und Holzvorräte wieder aufzubauen. Die Hauptaufgabe für viele Forstbetriebe liegt heute darin, die vorhandenen Wälder umzustrukturieren, ihre Baumartenzusammensetzung und ihren horizontalen und vertikalen Aufbau anforderungsgerecht umzubauen. Unter „Waldumbau“ verstehen wir waldbauliche Maßnahmen in Reinbeständen, die durch Vorbau oder Förderung der Naturverjüngung eine Mischung der Baumarten herbeiführen. „Überführung“ ist ein aktiv v.a. über Pflegeeingriffe betriebener, allmählicher Wechsel vom Altersklassenwald zum strukturreichen, gemischten und ungleichaltrigen Dauerwald, der je nach Betriebsform einzelbaumweise oder kleinbestandsweise umgesetzt wird. Umbau und Überführung beschäftigen Autoren forstlicher Fachbücher schon lange, eine ganze Reihe wichtiger Erkenntnisse wurde dabei veröffentlicht. Alle großen öffentlichen Forstverwaltungen der Bundesrepublik haben sich zu einem naturnahen Waldbau bekannt. Als Folge davon sind großflächige Waldumbauprogramme im Gange, obwohl eine Reihe wichtiger Fragen noch immer nicht abschließend beantwortet sind. So sind weder die genauen ökonomischen Konsequenzen von Umbau und Überführung in und nach der Umbauphase, noch der „ökologische Ertrag“ eines Wechsels zu stark strukturierten, gemischten Waldaufbauformen sowohl in qualitativer wie auch quantitativer Hinsicht hinreichend belegt. Vielfach treten auch Zielkonflikte zu Tage. Das vorliegende Buch gibt die wesentlichen Forschungsergebnisse eines Verbundprojektes wieder. Innerhalb eines breit angelegten Forschungsprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das sich in fünf Projektregionen in Deutschland mit Waldumbau beschäftigt, hat sich dieses Verbundprojekt mit 26 Forschungsprojekten in der Projektregion Südschwarzwald dem Thema in den Jahren 1998 bis 2004 zugewandt. Im Rahmen dieser Forschung konnten wichtige Erkenntnisse interdisziplinär gewonnen und aufgearbeitet werden. Zahlreiche Ergebnisse dieser angewandten Forschung, die im Projektgebiet Südschwarzwald erzielt wurden, aber auch für andere Regionen von

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Einführung

Bedeutung sind, haben bereits Eingang in die forstliche Praxis der Landesforstverwaltungen und des kommunalen sowie privaten Waldbesitzes gefunden. Es ist im Rahmen dieses Projektes gelungen, ökologische, ökonomische und soziale Fragestellungen der Waldbewirtschaftung und ihren Bezug zu Waldumbau und Überführung gemeinsam und interdisziplinär zu bearbeiten. Dieses Buch soll dazu dienen, die Gesamtheit der bearbeiteten Fragen darzustellen und auf diese Weise eine auf das Arbeitsobjekt Wald bezogene Zusammenschau neuer Erkenntnisse zu ermöglichen. Die Herausgeber: Konstantin von Teuffel Manuela Baumgarten Marc Hanewinkel Werner Konold Udo Hans Sauter Heinrich Spiecker Klaus von Wilpert

Inhaltsverzeichnis

Danksagung........................................................................................................... V Einführung.........................................................................................................VII Inhaltsverzeichnis............................................................................................... IX 1 Nachhaltige Waldwirtschaft in Deutschland .................................................1 1.1 Nachhaltige, multifunktionale Waldwirtschaft ............................................2 1.2 Zukunftsorientierte Waldwirtschaft: naturnaher Waldbau und ökologischer Waldumbau.............................................................................3 1.2.1 Naturnaher Waldbau ...........................................................................4 1.2.2 Ökologischer Waldumbau...................................................................5 Literaturverzeichnis ...........................................................................................7 2 Forschung für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft............................11 2.1 Forschungsschwerpunkt - ökologischer Waldumbau.................................11 2.2 Der Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ - Möglichkeiten und Konsequenzen bei der Realisierung des ökologischen Waldumbaus am Beispiel des „Südlichen Schwarzwaldes“ ..................................................12 2.2.1 Charakterisierung der Forschungsregion „Südlicher Schwarzwald“.13 2.2.1.1 Das Wuchsgebiet Schwarzwald ...............................................13 2.2.1.2 Die Forschungsregion „Südlicher Schwarzwald“ ....................13 2.2.2 Forschungsaufgaben und Fragestellungen ........................................16 2.2.3 Struktur und beteiligte Institutionen..................................................19 Literaturverzeichnis .........................................................................................22 3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs ...........................25 3.1 Waldbauliche Situation in Baden-Württemberg ........................................25 3.1.1 Zustandsdaten zum öffentlichen Wald ..............................................25 3.1.2 Entwicklung des Waldes und einige mittelfristige Ziele der öffentlichen Forstverwaltung Baden-Württembergs .........................27 3.2 Herleitung des Umbaubedarfs für die Wälder Baden-Württembergs.........30 3.2.1 Natürliche Verbreitung der Fichte (Picea abies (L.) Karst.) .............30 3.2.2 Erläuterung des Umbaubedarfs ........................................................32 3.3 Methodik zur Feststellung des potentiellen Umbaubedarfs .......................33 3.3.1 Kriterien für einen potentiellen Waldumbau.....................................33 3.3.2 Datengrundlage und Auswertungsmethodik .....................................36 3.4 Ergebnisse ..................................................................................................38 3.4.1 Umbaubedarf für „ungeeignete Fichtenstandorte“ ............................38

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Inhaltsverzeichnis

3.4.2 Umbaubedarf für „wenig geeignete Fichtenstandorte“ Reduktion der Fichtenbeimischung Æ „Umbauziel d 30% Fichte + t 70% Buche bzw. andere Laubhölzer“) ...................................................... 42 3.4.3 Umbaubedarf für „mögliche bis geeignete Fichtenstandorte“ Mindestbeimischung von Laubholzarten Æ „Umbauziel t 30% Laubholz (v.a. Buche, Eiche und sonstiges Laubholz) + d 70% Fichte“............................................................................................... 45 3.4.4 Zusammenfassung und Diskussion ................................................... 47 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 55 4 Der Zusammenhang zwischen Wuchsleistung und Standort bei Fichte, Tanne und Buche auf den wichtigsten Standortseinheiten des Südschwarzwaldes ......................................................................................... 59 4.1 Einleitung................................................................................................... 59 4.2 Material und Methoden.............................................................................. 61 4.2.1 Untersuchungsgebiet......................................................................... 61 4.2.2 Untersuchungsstandorte .................................................................... 61 4.2.3 Wuchsleistungsgruppen .................................................................... 63 4.2.4 Bestandes- und Baumauswahl........................................................... 63 4.2.5 Erfassung der Baummerkmale .......................................................... 64 4.2.6 Analyse des Durchmesserwachstums................................................ 64 4.2.7 Höhenanalyse.................................................................................... 64 4.2.8 Ermittelte Zuwachsgrößen ................................................................ 65 4.2.9 Alters-Höhen-Bonitierung................................................................. 66 4.2.10 Ermittlung der Standflächen der Probebäume ................................ 67 4.2.11 Herleitung der Zuwachs- und Bonitierungswerte ........................... 68 4.2.12 Standortsfaktoren............................................................................ 70 4.2.13 Bestandesparameter ........................................................................ 70 4.3 Ergebnisse .................................................................................................. 71 4.3.1 Schätzung der Oberhöhe im Alter 100 ho 100 ..................................... 71 4.3.2 Schätzung des durchschnittlichen Gesamtzuwachses im Alter 100 dGZ100 ............................................................................................... 72 4.3.3 Schätzung des laufenden periodischen Zuwachses lZ....................... 73 4.4 Diskussion.................................................................................................. 75 4.5 Zusammenfassung...................................................................................... 80 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 81 Anhang ............................................................................................................ 83 5 Ökologische und landschaftliche Aspekte - Standort, Geschichte, Vegetation, Verjüngungsstruktur, Bodenfauna, Genetik .......................... 85 5.1 Einführung ................................................................................................. 85 5.2 Untersuchungsgebiet und Projektdesign .................................................... 86 5.2.1 Untersuchungsgebiet - Lage, Standorte, Waldvegetation ................. 86 5.2.1.1 Wuchsbedingungen, Standortsgliederung................................ 87 5.2.1.2 Waldvegetation ........................................................................ 88 5.2.2 Projektdesign..................................................................................... 89

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5.2.3 Wald- und Forstgeschichte................................................................92 5.3 Projekte ......................................................................................................96 5.3.1 Natürliche Baumartenzusammensetzung – Standortswald................96 5.3.1.1 Versuchsflächen, Material, Methodik ......................................97 5.3.1.2 Holzkohleanalytisches Ergebnis und Auswertung ...................97 5.3.1.3 Schlussfolgerung ......................................................................99 5.3.2 Wald als Kulturlandschaft...............................................................100 5.3.2.1 Forschungsziel........................................................................100 5.3.2.2 Methoden der Landschaftsanalyse .........................................101 5.3.2.3 Ergebnisse ..............................................................................101 5.3.3 Auswirkungen des Waldumbaus auf die Verjüngungsstruktur .......105 5.3.3.1 Ziele, Annahmen ....................................................................105 5.3.3.2 Untersuchungsgebiet und Methoden ......................................105 5.3.3.3 Ergebnisse ..............................................................................106 5.3.4 Auswirkungen des Waldumbaus auf die Vegetation.......................110 5.3.4.1 Ziele und methodologisches Vorgehen ..................................110 5.3.4.2 Ergebnisse ..............................................................................110 5.3.4.3 Schlussfolgerungen ................................................................113 5.3.5 Auswirkungen des Waldumbaus auf die Bodenfauna.....................113 5.3.5.1 Ziele und Annahmen ..............................................................113 5.3.5.2 Untersuchungsgebiet und Methoden ......................................114 5.3.5.3 Ergebnisse ..............................................................................114 5.3.5.4 Extrapolierbarkeit der Erkenntnisse von der untersuchten Raumebene auf höhere Raumebenen .....................................117 5.3.6 Genetische Aspekte der Einbringung von forstlichem Vermehrungsgut beim Waldumbau: Genetische Zusammensetzung zugelassener Saatguterntebestände der Weißtanne - Überprüfung der Herkunftssicherheit der Buche durch Referenzproben..............117 5.3.6.1 Ziele und Hypothese ..............................................................117 5.3.6.2 Material und Methoden ..........................................................118 5.3.6.3 Ergebnisse bei der Weißtanne mit besonderer Berücksichtigung von historischen Aspekten und vom Grad des menschlichen Einflusses ........................................................119 5.3.6.4 Ergebnisse zur Herkunftssicherung von Buche und Weißtanne ..............................................................................120 5.4 Diversität..................................................................................................121 5.4.1 Diversität im Kontext des Waldumbaus..........................................121 5.4.2 Landschaftliche Diversität...............................................................122 5.4.3 Einfluss des Waldumbaus auf die Bestandes- und Artendiversität .124 5.5 Ableitungen und Empfehlungen für den Waldumbau..............................134 5.5.1 Zusammenfassende Ableitungen.....................................................134 5.5.2 Detaillierte Empfehlungen zu einzelnen ökologischen Aspekten ...135 5.6 Praxismethoden ........................................................................................139 5.6.1 Gewinnung von Vermehrungsgut ...................................................139 5.6.2 Wald als Kulturlandschaft...............................................................140 Literaturverzeichnis .......................................................................................142

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6 Waldumbau und Stoffhaushalt .................................................................. 151 6.1 Stoffhaushaltskriterien für Bedarf und Möglichkeiten von Waldumbau . 151 6.1.1 Anthropogene Depositionen............................................................ 152 6.1.2 Bodenversauerung........................................................................... 152 6.1.3 Kohlenstoff- und Stickstoffhaushalt................................................ 155 6.2 Wirkung des Waldumbaus auf Bestandes- und Landschaftsniveau......... 159 6.2.1 Bestandesstruktur und Stoffhaushalt (eine Ökosystemstudie) ........ 159 6.2.2 Regionalisierung bodenchemischer Eigenschaften – Einschätzung der Verbesserung der Standortsnachhaltigkeit durch Waldumbau auf Landschaftsebene ....................................... 164 6.2.2.1 Untersuchungsgebiete und Probenahmedesign ...................... 165 6.2.2.2 Regionalisierungsmethode ..................................................... 168 6.2.2.3 Ergebnisse zur Basensättigung............................................... 171 6.2.2.4 Kohlenstoffvorräte ................................................................. 174 6.2.2.5 Diskussion der Regionalisierungsergebnisse und Schlussfolgerungen ................................................................ 175 6.3 Beitrag des Bodenskeletts zum Ionenvorrat von Böden........................... 179 6.3.1 Austauschbare Nährelemente der Grobbodenfraktion in Waldböden des südlichen Schwarzwaldes ...................................... 180 6.3.1.1 Material und Methoden.......................................................... 180 6.3.1.2 Ergebnisse .............................................................................. 183 6.3.1.3 Diskussion.............................................................................. 188 6.3.2 Sind Steine in Waldböden“hot spots“ der Nährelementaufnahme durch Feinwurzeln und Mykorrhizza-Pilze? ................................... 191 6.3.2.1 Einleitung............................................................................... 191 6.3.2.2 Mikropedologische Methoden ............................................... 192 6.3.2.3 Ergebnisse und Diskussion .................................................... 193 6.3.3 Zukünftige Integration des Nährelementvorrats des Grobbodens... 196 6.3.3.1 Einleitung............................................................................... 196 6.3.3.2 Methoden ............................................................................... 197 6.3.3.3 Ergebnisse .............................................................................. 199 6.3.3.4 Diskussion.............................................................................. 202 6.3.4 Zusammenfassung zum Nährelementpotential von Steinen............ 204 6.4 Zusammenfassende Schlussfolgerungen zu Waldumbau und Stoffhaushalt ................................................................................... 207 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 210 7 Waldwachstumskundliche Aspekte des Waldumbaus ............................. 215 7.1 Einleitung................................................................................................. 215 7.2 Das Zuwachspotenzial von Fichten (Picea abies [L.] Karst.) und Tannen (Abies alba Mill.) und deren Eignung für Überführungsvorhaben................................................................................................... 216 7.2.1 Einleitung........................................................................................ 216 7.2.2 Eine Methode zur Abschätzung des Zuwachspotenzials von Fichten und Tannen......................................................................... 218 7.2.2.1 Auswahl der Steuerungsparameter......................................... 218

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7.2.2.2 Untersuchungsmaterial für die retrospektive Analyse der Wuchsreaktion........................................................................220 7.2.2.3 Bildung von Klassenmittelwerten zur Beschreibung der Kronenlänge und des Entwicklungsstadiums.........................221 7.2.3 Ergebnisse .......................................................................................221 7.2.3.1 Veränderung des jährlichen Radialzuwachses in 1,3m Schafthöhe..............................................................................221 7.2.3.2 Veränderung der Schaftform..................................................224 7.2.3.3 Veränderung des jährlichen Höhenzuwachses .......................225 7.2.3 Waldbauliche Konsequenzen aus dem Zuwachsreaktionsverhalten stark freigestellter Fichten und Tannen ...........................226 7.3 Zum Wachstum älterer Buchen (Fagus sylvatica L.) in der Überführungsphase im südlichen Schwarzwald.......................................227 7.3.1 Einleitung ........................................................................................227 7.3.2 Material und Methode .....................................................................227 7.3.2.1 Untersuchungsflächen ............................................................228 7.3.2.2 Auswahl und Vermessung der Untersuchungsbäume ............228 7.3.2.3 Analyse des Grundflächenzuwachses ....................................230 7.3.2.4 Analyse des Höhenzuwachses................................................233 7.3.2.5 Kronenexpansion....................................................................234 7.3.3 Ergebnisse .......................................................................................234 7.3.3.1 Reaktion des Grundflächenzuwachses ...................................234 7.3.3.2 Plausibilität des Modells für Langzeitprognosen ...................235 7.3.3.3 Reaktion des Höhenzuwachses ..............................................236 7.3.3.4 Kronenausdehnung.................................................................237 7.3.3.5 Variation des Astlängenzuwachses ........................................237 7.3.4 Diskussion.......................................................................................239 7.3.4.1 Grundflächenzuwachs ............................................................239 7.3.4.2 Höhenzuwachs .......................................................................240 7.3.4.3 Kronenbreite...........................................................................240 7.3.5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die Praxis .............240 7.4 Folgerungen .............................................................................................241 Literaturverzeichnis .......................................................................................242 8 Finanzielle Konsequenzen des Waldumbaus und Methoden der Risikoprognose anhand von Fallbeispielen – Einführung........................247 8.1 Finanzielle Konsequenzen des Waldumbaus – Analyse mit Methoden der Investitionsrechnung .........................................................................248 8.1.1 Einleitung ........................................................................................248 8.1.2 Material und Methoden ...................................................................249 8.1.3 Ergebnisse – Finanzielle Konsequenzen des Waldumbaus - ein Fallbeispiel ......................................................................................252 8.1.4 Sensitivitätsanalysen .......................................................................258 8.1.5 Schlussfolgerungen .........................................................................259 8.2 Risikoprognose mit neuronalen Netzen – am Beispiel von Umbaubetrieben .......................................................................................261

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8.2.1 Einleitung........................................................................................ 261 8.2.2 Ermittlung des Risikos mit Hilfe von neuronalen Netzen auf der Basis von Verbuchungsdaten .................................................... 261 8.3 Quantifizierung von Risiko durch altersstufenweise Ermittlung von Übergangswahrscheinlichkeiten mit Hilfe von digitalisierten Forstkarten ............................................................................................... 269 8.3.1 Material und Methoden................................................................... 269 8.3.2 Ergebnisse am Fallbeispiel Staatswald St.Blasien .......................... 271 8.3.3 Diskussion....................................................................................... 275 8.3.4 Schlussfolgerungen zur Risikoanalyse............................................ 276 8.3.5 Zusammenfassende Schlussfolgerung aus Risikoerfassung und ökonomischer Analyse.................................................................... 277 8.4 Die Waldbewirtschaftung im bäuerlichen Privatwald.............................. 278 8.4.1 Waldbauliche Situation im Privatwald............................................ 279 8.4.2 Anzahl der Betriebe und Flächenausstattung .................................. 280 8.4.3 Veränderung der Rahmenbedingungen durch den Agrarstrukturwandel ....................................................................... 281 8.5 Akzeptanz und Umsetzung von Praktiken des ökologischen Waldumbaus und einer naturnahen Bewirtschaftung im Privatwald ................ 284 8.5.1 Hintergrund ..................................................................................... 284 8.5.2 Theoretischer Rahmen, Material und Methoden............................. 285 8.5.3 Wahrnehmung des Waldzustandes und der eigenen Einflussmöglichkeiten durch private Waldbesitzer......................... 288 8.5.4 Soziale Einflüsse auf das Handeln der Waldbesitzer ...................... 289 8.5.5 Typen von Waldbesitzern ............................................................... 289 8.5.6 Empfehlungen zur Förderung der Waldumbautätigkeit im Privatwald .................................................................................. 293 8.5.7 Zielgruppenspezifische Aspekte ..................................................... 294 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 297 9 Aspekte der Holznutzung und der Technikfolgenabschätzung beim Waldumbau im südlichen Schwarzwald.................................................... 301 9.1 Holznutzung im Dauerwald ..................................................................... 304 9.1.1 Rahmenbedingungen für die Holznutzung...................................... 305 9.1.1.1 Expertenbefragung zur Erhebung der modifizierten Rahmenbedingungen.............................................................. 305 9.1.1.2 Anforderungen des Waldbaus an die Holznutzung ................ 306 9.1.2 Arbeitsversuche zum Einsatz von Holzerntesystemen in Dauerwäldern.................................................................................. 307 9.1.2.1 Material und Methoden.......................................................... 308 9.1.2.2 Leistungsergebnisse der untersuchten Holzerntesysteme ...... 310 9.1.2.3 Arbeitssicherheit und Ergonomie........................................... 312 9.1.2.4 Organisation und Planung ...................................................... 313 9.1.2.5 Abschließende Beurteilung hinsichtlich Technikfolgenabschätzung..................................................... 313

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9.2 Konsequenzen aus der Holznutzung für Boden und Bestand im Sinne einer Technikfolgen-abschätzung.............................................................315 9.2.1 Bodenmechanische Wirkung von im Rahmen des Waldumbaus eingesetzten Maschinen...................................................................316 9.2.1.1 Material und Methoden ..........................................................317 9.2.1.2 Ergebnisse zur Messung der „Kontaktflächendrücke“...........322 9.2.1.3 Ergebnisse zur Bodenspannung .............................................324 9.2.1.4 Ergebnisse zur Vorbelastung..................................................326 9.2.1.5 Diskussion..............................................................................328 9.2.1.6 Fazit........................................................................................329 9.2.2 Systeme und Verfahren als Belastungsfaktoren - Probleme mit dem Einsatz moderner Holzerntetechnik ..................................330 9.2.2.1 Leistungspotentiale kontra Bodenverträglichkeit...................334 9.2.2.2 Auswirkungen moderner Holzerntefahrzeuge und deren Arbeitsabläufe auf das Widerlager Boden..............................336 9.2.2.3 Belastungen des Bodens durch Systemkomponenten ............342 9.2.3 Bodenverformung und Wurzelraum................................................345 9.2.3.1 Veränderung der Bodenstruktur und ihre Auswirkungen auf die Transferparameter ......................................................346 9.2.3.2 Regeneration von Bodenverformung .....................................355 9.2.3.3 Sicherung der ökologischen Bodenfunktionen bei der Holzernte in Überführungsbeständen.....................................362 9.2.4 Bestandespfleglichkeit von Holzerntesystemen in Dauerwäldern...362 9.3 Holzerntetechnik im Nicht-Altersklassenwald – Entscheidungskriterien und Steuerungsmöglichkeiten ..................................................................367 9.3.1 Hiebscharakteristika in Dauerwaldbeständen...................................367 9.3.2 Mensch ...........................................................................................368 9.3.3 Bestand............................................................................................369 9.3.4 Boden ..............................................................................................370 9.3.5 Gesellschaft – adäquate Technik zur nachhaltigen Nutzung naturnaher Wälder...........................................................................371 9.4 Erosionspotentiale beim Einsatz von Raupenvoll-erntern in Steillagen des Schwarzwaldes...................................................................................373 9.4.1 Problemstellung...............................................................................373 9.4.2 Material und Methoden ...................................................................376 9.4.2.1 Versuchsfläche .......................................................................376 9.4.3 Modellierung ...................................................................................377 9.4.4 Messfeldvorbereitung und Oberflächenscanning ............................379 9.4.4.1 Datenaufbereitung ..................................................................381 9.4.5 Feldversuche zur Abflussbildung....................................................383 9.4.6 Ergebnisse .......................................................................................384 9.4.6.1 Modellierung ..........................................................................384 9.4.6.2 Volumenbilanzen und Oberflächenrauhigkeit........................385 9.4.7 Diskussion.......................................................................................390 9.4.8 Folgerungen für die Praxis ..............................................................392 Literaturverzeichnis .......................................................................................393

XVI

Inhaltsverzeichnis

Waldumbau – eine Zusammenfassung............................................................ 401 Flächendimension.......................................................................................... 401 Biodiversität und Landschaft......................................................................... 402 Stoffhaushalt.................................................................................................. 403 Waldwachstum .............................................................................................. 405 Ökonomie und Risiko .................................................................................... 406 Sozioökonomie .............................................................................................. 408 Technikfolgenabschätzung ............................................................................ 410 Autorenverzeichnis............................................................................................ 415

1 Nachhaltige Waldwirtschaft in Deutschland M. Baumgarten, K. von Teuffel

Die Waldnutzung unterliegt im Laufe der Geschichte und in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage, den Eigentumsverhältnissen und gesellschaftlichen Ansprüchen wechselnden Anforderungen. Bis zum Mittelalter war Deutschland fast vollständig von buchendominierten Wälder bedeckt (Küster 2001). Mit dem Anstieg der Bevölkerung und der Entwicklung von Ballungszentren nahm die Rodungstätigkeit seit dem frühen Mittelalter zu und der Wald wurde bis heute auf rund ein Drittel seiner Ausgangsfläche zurückgedrängt. Vom Spätmittelalter und der frühen Neuzeit an diente der Wald der gesellschaftlichen Existenzsicherung, deren Grundlage das Waldgewerbe, Handwerk, Ernährungs- und v.a. die Energieversorgung war (Schmidt 2003). Unterschiedliche Nutzungsinteressen und Übernutzung führten bis zum 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Deutschland zu degradierten und devastierten, übernutzten Waldflächen und gebietsweise zur Zerstörung ganzer Waldkomplexe (Schmidt 1994, 2001). Die resultierende Knappheit bewirkte sehr bald neue sozio-ökonomische Interessenskonflikte verschiedener Waldnutzer, deren Ansprüche einer geregelten Forstwirtschaft bedurften (Schriewer 2001; Schmidt 2003). Die Anfänge einer geregelten Forstwirtschaft lagen bereits im 16. Jahrhundert, die eigentliche Entwicklung begann erst etwa zwei Jahrhunderte später (von Hornstein 1958). Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde im 18. Jahrhundert in der Waldwirtschaft geprägt. H.C. v. Carlowitz (1713) manifestierte 1713 einen auf die Gleichmäßigkeit der Holznutzung gerichteten Nachhaltigkeitsbegriff. Die Einbeziehung ökologischer Gesichtspunkte in den forstlichen Nachhaltigkeitsgedanken erfolgte etwa gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts (Gayer 1886). Aufgabe der modernen Forstwirtschaft war zunächst der Wiederaufbau der Wälder, wobei die schnelle Wiederbewaldung und eine nachhaltige Sicherung der Holzressourcen im Vordergrund standen. Schnellwüchsige Nadelbaumarten wie Fichte und Kiefer wurden aufgrund der guten Erträge sowie der leichten Kultivierbarkeit auch auf z.T. nährstoffverarmten, degradierten Böden bevorzugt und meist in Reinbeständen angepflanzt. Nachteile der Nadel-Reinbestandswirtschaft wie erhöhte Schädlingsempfindlichkeit, verringerte Stabilität gegenüber abiotischen Belastungen, Verringerung der Bodenfruchtbarkeit, Rückgang der Biodiversität, u.a. wurden erst allmählich offensichtlich. In der Wiederaufbauphase nach dem 2. Weltkrieg erlitt die nachhaltige naturnähere Waldbewirtschaftung aufgrund der ungünstigen ökonomischen Rahmenbedingungen und der durch überhöhe Wildbestände unzureichenden Naturverjüngung einen Rückschlag (Weidenbach 2001). Erst in den letzten Jahrzehnten K. von Teuffel et al (Hrsg.) Waldumbau für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft ” Springer Verlag Berlin Heidelberg 2005

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wurden die notwendigen Umstrukturierungen zur Walderneuerung in Richtung einer naturnäheren Waldwirtschaft gesellschaftlich wieder relevant (Mantel 1990; Schriewer 2001; Schmidt 2003). Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erlauben es und die gesellschaftlichen Anforderungen in Deutschland (Westeuropa) und die erweiterten Kenntnisse bedingen es, möglichst viele Waldfunktionen, wie Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion bei der Waldbewirtschaftung mit einzubeziehen (Kennedy et al. 1998; Farell et al. 2000). So vereinbarten die Ministerial Conference on the Protection of Forests in Europe in Helsinki (1993): „Nachhaltige Bewirtschaftung bedeutet die Betreuung von Waldflächen und ihre Nutzung auf eine Weise und in einem Maß, dass sie ihre biologische Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit und Vitalität behalten sowie ihre Fähigkeit, gegenwärtig und in Zukunft wichtige ökologische, wirtschaftliche und soziale Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfüllen, und dass anderen Ökosystemen kein Schaden zugefügt wird“. Die forstliche Nachhaltigkeit wird damit erweitert um die Begriffe multifunktional, naturnah und sozialverträglich.

1.1 Nachhaltige, multifunktionale Waldwirtschaft Seit dem Ende der 1970er Jahre hat sich in Deutschland eine nachhaltige, multifunktionale Waldwirtschaft durchgesetzt (Höltermann u. Oesten 2001). Die gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald umfassen heute neben der Erzeugung von Nutzholz immer weitere Bereiche, z. B. nachwachsende Rohstoffe, Energieerzeugung, Klimaschutz, CO2-Fixierung, Tourismus, Ästhetik, Naturerlebnis, Freizeitaktivitäten, Lawinenschutz, Hochwasserschutz, Bodenschutz, Biodiversitäts-/Artenreservoir, Trinkwasser etc. (Pelkonen et al. 1999; Krott 2000; Richter 2002; Nabuurs 2001). Zur praktischen Umsetzung der Multifunktionalität wurde das Konzept der ”Naturnahen Waldwirtschaft” aus gewachsenen Formen der Waldbewirtschaftung entwickelt. Naturnähere Waldbewirtschaftungsformen werden in Deutschland lokal seit langem betrieben, sie werden jedoch wegen der veränderten ökologischen und gesellschaftlichen Anforderungen an den Wald erst in den letzten Jahrzehnten auch großflächig umgesetzt. Nachdem die Waldzustands-Diskussion in Deutschland seit den 1980er Jahren großes öffentliches Interesse erfahren hat, wurde, auch unter starken Druck durch die Forstwissenschaft, eine rasche Hinwendung zur naturnahen Waldwirtschaft vollzogen. Eine der wichtigsten Aufgaben einer modernen, zukunftsorientierten Forstwirtschaft in Deutschland ist der Umbau der großflächig vorhandenen, nicht standortsgemäßen reinen Nadelwälder in naturnahe, standortsgerechte, stabile Mischwälder unter wesentlicher Beteiligung von Laubbaumarten sowie der Tanne. Die Wiedervereinigung und die Haushaltsprobleme aller öffentlichen Hände haben in letzter Zeit den Fokus der Öffentlichkeit von der Wahrnehmung und dem Interesse für Umweltprobleme eher abgelenkt (Schraml u. Winkler 1999). Auch

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die wirtschaftliche Krise zahlreicher Waldeigentümer hat die ökonomischen Aspekte der Waldnutzung wieder stärker in den Vordergrund rücken lassen. Auf internationaler Ebene einigten sich die beteiligten Staaten im Rahmen der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED) in Rio de Janeiro 1992 auf ein umfassendes Leitbild zur nachhaltigen Entwicklung (UNCED 1992). Zur Konkretisierung der dort gefassten waldbezogenen Beschlüsse wurde schließlich das Konzept der „nationalen Forstprogramme“ (NFP) beschlossen. Diese sehen vor, die wirtschaftliche, umweltbezogene und soziale Bedeutung des Waldes zu analysieren und, entsprechend der nationalen Anforderungen und der Beachtung vereinbarter Prinzipien, Maßnahmen zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung zu ergreifen. Weitere Vereinbarungen auf europäischer Ebene folgten (diverse Ministerkonferenzen zum Schutz der Wälder in Europa in Helsinki, Lissabon, Wien) (BMELF 2000a). Mittlerweile werden weltweit die Vorschläge und Ergebnisse in die nationalen Forstprogramme eingearbeitet. Obwohl sich Deutschland bei der Entwicklung des Konzeptes international stark engagiert hat, war der Start zu den NFP im europäischen Vergleich eher verspätet, so dass Deutschland im Mittelfeld rangiert (Zimmermann u. Mauderli 2001). Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland den Prozess eines Dialogs zur Ausarbeitung eines regionalen Forstprogramms vollzogen (Roscher u. Weber 2003). Damit soll in einem fortlaufenden sektorenübergreifenden politischen Dialog unter Einbezug aller gesellschaftlich relevanten Gruppen, der Prozess zur Förderung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung unter Berücksichtigung der vielfältigen Waldfunktionen auf einen breiten Konsens gestellt werden. Acht weitere Bundesländer haben die Ausarbeitung eines regionalen Forstprogramms veranlasst (Roscher u. Weber 2003). Die meisten europäischen Staaten beginnen vermehrt die Grundsätze einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung in ihre nationalen Konzepte und Gesetze einzubringen.

1.2 Zukunftsorientierte Waldwirtschaft: naturnaher Waldbau und ökologischer Waldumbau Gemäß dem Bundeswaldgesetz (BwaldG, BMELF 2000b) als Rahmengesetz für die Landeswaldgesetze wird als Grundsatz für die Waldbewirtschaftung festgesetzt, „den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung (Schutz- und Erholungsfunktion) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern, die Forstwirtschaft zu fördern und einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen“.

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Alle Waldeigentümer sind somit zu einer nachhaltigen und multifunktionalen Waldwirtschaft verpflichtet. 1.2.1 Naturnaher Waldbau Der naturnahe Waldbau entwickelte sich in den vergangenen Jahrzehnten aus historisch gewachsenen Formen der Waldbewirtschaftung (Weidenbach 1988; Otto 1990, 1991; Schütz 2001). Schon der Begriff „naturnah“ impliziert, dass bei dieser Art von Bewirtschaftung weiterhin der Mensch und dessen (veränderliche) Nutzung der Ressource Wald im Vordergrund steht. Es geht somit explizit nicht um eine Annäherung der Wälder an deren ursprünglichen Zustand (Urwälder), sondern im wesentlichen um die Orientierung der Bewirtschaftungsmaßnahmen an Prozessen, die ohne aktives Eingreifen des Menschen ablaufen. Die naturnahe Bewirtschaftung dient als Mittel, diese „kostenlos“ ablaufenden Prozesse (z.B. Naturverjüngung) möglichst effizient und risikosenkend, und zwar in ökonomischer und ökologischer Hinsicht, auszunutzen. Ein grundlegendes Ziel naturnaher Waldwirtschaft ist es, in den zukünftigen Wirtschaftswäldern die Baumarten, die gegenwärtig auch von Natur aus den Wald prägen würden, in angemessenen Anteilen zu berücksichtigen und gleichzeitig ungleichaltrige, strukturierte und stufige Mischwälder mit hoher Stabilität aufzubauen. Kennzeichnend für die meisten, aktuellen Waldbaukonzepte der Bundesländer, die sich einer naturnahen Waldbewirtschaftung verpflichtet sehen, ist ein waldbaulicher Übergang von Nadelreinbeständen hin zu Mischwäldern, eine Erhöhung des Laubbaumanteils sowie eine stärkere Strukturierung der Bestände mit Naturverjüngung und einem steigenden Anteil an Bäumen in der Alterungs- und Zerfallsphase. Eine standortsgerechte Baumartenwahl soll der Entwicklung einer standortsangepassten Arten- und Strukturvielfalt in Mischwäldern dienen. Dauerwälder sollen gefördert, große Kahlschläge möglichst vermieden werden. Übereinstimmend wird eine ökosystemverträgliche Waldbewirtschaftung postuliert. Dies setzt voraus, dass der Einsatz systemfremder Stoffe und auch die Belastung von Nachbarsystemen durch die Bewirtschaftung vermieden werden, solange keine existenzielle Gefährdung der Wälder selbst offensichtlich ist. Weitgehender Konsens besteht auch über die Notwendigkeit, den Umfang der Wildbestände zu regulieren, um die natürlichen dynamischen Prozesse zur Walderneuerung nutzen zu können. Die vollmechanisierte Holzernte mit schweren/mittelschweren Ernteund Rückefahrzeugen wird grundsätzlich in Kenntnis der ökonomischen Zwänge akzeptiert, die Standards bei der Feinerschließung sowie hinsichtlich Bodenschutz und Ökologie sind einzuhalten, obschon nicht immer einheitlich (ML 1992; MU 1993; TMNLF 1993; MURL 1994; MELF 1998; MUNF 1999; MLR 1999; SMUL 1999; StMLF 2001). Die öffentlichen Forstverwaltungen bekräftigen generell eine Zuwendung hin zum naturnahen Waldbau. Nach einer Auswertung der bestehenden Waldbaukonzepte oder Waldbauprogramme aus 16 Bundesländern hinsichtlich Bewirtschaftungs-

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weise und Hauptzielen betreiben 12 der Landesforstverwaltungen „naturnahe“, zwei „naturgemäße“ und eine sog. „ökogerechte“ Forstwirtschaft (Neumann 2000). Inhaltlich sind die Unterschiede jedoch gering. Historisch bedingt erfüllen heute nur einige Waldbestände die angestrebte Zielvorstellung (Tabelle 1.1), jedoch ist, regional unterschiedlich, schon seit geraumer Zeit ein Entwicklungsprozess zu den erwünschten waldbaulichen Verhältnissen im Gange (Burschel u. Huss 1997), der als ”ökologischer Waldumbau” bezeichnet wird. Dieser findet derzeit auf großer Fläche statt und führt zur sukzessiven Veränderung ganzer Landschaften. Tabelle 1.1: Flächen-/Anteile der Betriebsarten im Wirtschaftswald in Deutschland und Baden-Württemberg Gebiet

Betriebsart

Altersklassenwald BRD ° Ha 7.112.696 % 97 Baden-WürttemHa 1.259.932 berg * % 97 ° BMELF 1992, gesamter Wirtschaftswald * FVA 1993, gesamter Wirtschaftswald

Plenterwald, dauerwaldartig 143.395 2 45.661 3

1.2.2 Ökologischer Waldumbau Unter Waldumbau wird im Allgemeinen der durch Bewirtschaftungsmaßnahmen herbeigeführte Wechsel von Betriebsform und Baumartenmischung in Waldbeständen verstanden (Anonymus 2000). Der Begriff „ökologischer Waldumbau“ ist in zweierlei Hinsicht besetzt. Er wird als Leitvorstellung der Forstverwaltungen verwendet, welche als grundsätzliches Ziel eine Umstrukturierung ihrer Wälder beabsichtigen, um sowohl funktionelle als auch ökologische Diskrepanzen, die zwischen realen und zu erwartenden Wirkungen eines Waldökosystems auftreten, zu beseitigen (Thomasius 1996). Weiterhin ist der Waldumbau das Instrument zum Erreichen der Leitvorstellung (Gemende 2003). Zu den zentralen Zielen des ökologischen Waldumbaus gehört der Ersatz von Nadelbäumen (v.a. Fichte und Kiefer) auf für sie ungeeigneten Standorten durch standortsgerechte Baumarten sowie die Erhöhung des Laubholzanteils auf der Gesamtwaldfläche - je nach Bundesland soll dessen Anteil in Zukunft bei rund 40 bis 60 % liegen (Rosin 2000). Der Waldumbau als Umstrukturierung der Wälder ist Teil aller Waldbauprogramme. Aktuell bedeutet dies für die meisten Waldregionen Deutschlands den Wechsel vom nadelbaumdominierten schlagweisen Hochwaldbetrieb (Altersklassenwald) mit festen Umtriebszeiten und flächenhafter Nutzung gleichaltriger Bestände hin zum Dauerwaldbetrieb mit ständiger Überschirmung, ungleichaltrigen Bäumen, Einzelbaumwirtschaft und Verzicht auf flächiges Vorgehen (Griess u. Kurth 1998). Die Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung des Waldumbaus werden jedoch innerhalb der

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einzelnen Länderforstverwaltungen bisher eher uneinheitlich verwendet (Gemende 2003). Daher werden im Folgenden für den vorliegenden Buchbeitrag geltende Definitionen aufgestellt: Als konkrete Maßnahmen beim ökologischen Waldumbau zur Umstrukturierung in naturnahe Wälder kommen im Wesentlichen Umbau und Überführung in Betracht (Anonymus 2000). Beim Umbau finden waldbauliche Maßnahmen in Reinbeständen statt, die durch Vorbau oder Förderung der Naturverjüngung eine Mischung der Baumarten herbeiführen. Die Überführung ist ein aktiv v.a. über Pflegeeingriffe betriebener, allmählicher Wechsel vom Altersklassenwald zum strukturreichen, gemischten und ungleichaltrigen Dauerwald, der je nach Betriebsform einzelbaumweise oder kleinbestandsweise umgesetzt wird (Hasenauer 2004). Folgende Hypothesen sind mit dem ökologischen Waldumbau verknüpft: Durch eine deutliche Aufwandsreduzierung können positive ökonomische Effekte erzielt werden. Die Kosten werden gegenüber der klassischen Altersklassenwirtschaft v.a. durch natürliche Verjüngung reduziert. Voraussetzung ist die konsequente Regulierung der Wildbestände. Jungbestands-Pflegemaßnahmen werden durch die fortschreitende Ausdifferenzierung der Verjüngung unter dem schützenden Schirm der Altbestände deutlich verringert. Eine zukünftige Dauer(misch)waldbewirtschaftung löst sich von der flächigen Waldbehandlung und stellt auf einzelbaum, -gruppen- bis kleinbestandsweise Bewirtschaftung ab. Die Auswahl verschiedener Holzqualitäten und -sortimente in einem gemischten ungleichaltrigen Wald macht – nach dem Prinzip „Warenlager Holz“ – eine flexible Reaktion auf die Holzmarktpreise und die Konsumentenbedürfnisse möglich. Mit dem ökologischen Waldumbau wird eine Erhöhung der Biodiversität in Waldökosystemen erwartet, wobei hierunter nicht nur die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt, sondern auch die genetische Vielfalt und strukturelle Vielgestaltigkeit auf Landschaftsebene verstanden wird. Zyklische Waldentwicklungsmodelle beinhalten Sukzessionsabläufe innerhalb und außerhalb des Schlusswaldstadiums (z.B. Leibundgut 1978; Otto 1994). Das Zulassen einer ausgeprägten Altersphase und einer Zerfallphase in den Waldökosystemen führt auch zu positiven ökologischen Effekten wie z. B. zu einer erhöhten Biodiversität bestimmter Arthropoden und Pilze auf Grund des höheren Anteils an Starkholz, sowie durch das Vorhandensein von Totholz (Detsch et al. 1994; Ammer et al. 1998). Der Anbau naturnaher standortsgerechter Baumarten bei dauerwaldartiger Bedeckung trägt zum Schutz bzw. zur Verbesserung des Bodens und dessen Fruchtbarkeit bei und vermeidet oder vermindert Stoffausträge in das Grundwasser und Spurengasemissionen in die Atmosphäre. Insgesamt kann eine Verbesserung der Stabilität und Elastizität (Puffervermögen) der Waldökosysteme und deren benachbarter Ökosysteme gegenüber biotischen und abiotischen Störungen erreicht werden. Der ökologische Waldumbau soll somit insgesamt einen wesentlichen Beitrag für eine multifunktionale Waldwirtschaft leisten. Die aufgeführten Hypothesen sind in vielen Fällen nicht wissenschaftlich überprüft. Der Nutzen der großräumig geplanten Umstrukturierung für Wald,

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Wirtschaft und Gesellschaft wird allgemein positiv eingeschätzt. Die tatsächlichen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf das Ökosystem Wald, benachbarte Ökosysteme und die forst-/holzwirtschaftlichen Konsequenzen sind jedoch erst fragmentarisch belegt. Auch der ‚ökologische Ertrag’ des ökologischen Waldumbaus in Richtung stark strukturierter naturnaher Mischbestände ist sowohl qualitativ wie auch quantitativ noch nicht hinreichend bekannt, um diesen abschließend zu beurteilen. Es gibt beispielsweise nur geringe Kenntnisse über die Strukturdifferenzierung von im Umbau befindlichen Altersklassenwäldern, ebenso zu den Auswirkungen auf Stoffhaushalt, Biodiversität und das Baumwachstum, um z.B. im Sinn einer Ökobilanz eine Bewertung vorzunehmen. In Anbetracht der Langfristigkeit des Unternehmens können die Kosten und die ökonomischen Aspekte des Waldumbaus bisher nur grob abgeschätzt werden. Ökologischer Waldumbau wird derzeit bevorzugt im öffentlichen Wald umgesetzt und gründet auf der Annahme, dass so bewirtschaftete Wälder die vielfältigen Ansprüche der Multifunktionalität besser berücksichtigen. Die Umsetzung wird in unterschiedlichen Zeitrahmen und angepasst an die regionalen Besonderheiten vorangetrieben. Die wissenschaftliche Begleitung dieser Maßnahmen ist eine Chance, dem forstwirtschaftlichen Handeln eine fundierte Grundlage zu geben sowie auch das Wissen um Funktionen und Prozesskenntnisse in Ökosystemen zu erweitern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat diese Problematik aufgegriffen und mit dem Förderschwerpunkt zur „Zukunftsorientierten Waldwirtschaft“ (1998-2003) eines der für die deutsche Forstwissenschaft bedeutendsten Forschungsprogramme in dieser Zeit initiiert (siehe Kapitel 2).

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2 Forschung für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft M. Baumgarten, K. von Teuffel

2.1 Forschungsschwerpunkt - ökologischer Waldumbau Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Jahr 1998 im Rahmen des Forschungsprogramms der Bundesregierung „Forschung für die Umwelt“ den interdisziplinären BMBF-Förderschwerpunkt „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft“ durch öffentliche Ausschreibung im Bundesanzeiger vom 10.06.1998 initiiert. In diesem wurden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu verschiedenen Aspekten des naturnahen Waldbaus in Wirtschaftwäldern bearbeitet. Kernthema hierbei waren Fragen zur Realisierung eines ökologischen Waldumbaus in Deutschland sowie die mit den Maßnahmen einhergehenden Folgen. Ziel der Förderung des BMBF war die Schaffung wissenschaftlicher Grundlagen für eine nachhaltige, naturnahe, ressourcenschonende Waldbewirtschaftung unter Einbezug technischer, ökonomischer und sozialer Aspekte. Für eine umfassende Bewertung des Forschungsansatzes wurden fünf Forschungsregionen in Waldlandschaften mit flächenmäßig bedeutsamen, repräsentativen Waldökosystemen Deutschlands eingerichtet: „Nordostdeutsches Tiefland“ (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern), „Erzgebirge und Sächsisches Tiefland“ (Sachsen), „Nationalparke Bayerischer Wald und Berchtesgaden“ sowie „Mittelschwaben“ (Bayern), „Südlicher Schwarzwald“ (Baden-Württemberg); „Solling“ (Niedersachsen). Unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede und Besonderheiten wurden die Möglichkeiten und Konsequenzen für eine naturnahe, nachhaltige, multifunktionale Waldnutzung analysiert. Nach Feststellung der ökologischen Erfordernisse wurden die Auswirkungen naturnaher Waldwirtschaftsformen auf die verschiedenen Schutzfunktionen, die Nutz- wie auch der Gesellschaftsfunktion des Waldes wissenschaftlich untersucht. Die Forschungsfragen in den Forschungsregionen wurden jeweils den spezifischen regionalen Gegebenheiten und Problemlagen angepasst. Erhöhte Stickstoffeinträge in die Wälder über die Atmosphäre, die Emission klimarelevanter Spurengase aus Wäldern, die Instabilität von naturfernen Waldbeständen gegenüber biotischen und abiotischen Einflüssen sowie die Störung des natürlichen K. von Teuffel et al (Hrsg.) Waldumbau für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft ” Springer Verlag Berlin Heidelberg 2005

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Arteninventars gelten als gemeinsame Rahmenbedingungen für größtenteils alle Forschungsregionen. Ebenso behandelt werden Fragen zur Realisierung der Umsetzung des Waldumbaus (biologische Automation, Organisation, Technologie) und die ökonomischen Auswirkungen auf die Forstbetriebe sowie die sozialen Auswirkungen auf unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen (Privatwaldbesitzer, forstliche Unternehmer, Konsumenten, Tourismus, u.a.). Das Konzept dieses gemeinsamen Forschungsverbundes, unter Beachtung regionaler Besonderheiten, ist bisher einzigartig in Deutschland. Grundlagenforschung und anwendungsorientierte Forschung waren eng verknüpft, eine praxisorientierte Ausrichtung der Forschung ist durch die Einbindung von Vertretern der Landesforstverwaltungen gewährleistet. Der Förderschwerpunkt stand im Kontext mit einer Reihe internationaler Programme und erweist sich heute zugleich als nationale Vorleistung und Plattform für das 6. Forschungsrahmenprogramm der Europäschen Union v.a. im Forschungsbereich Nachhaltige Entwicklung, Globale Veränderungen und Ökosysteme (Amtsblatt der EU am 29.08.2002). In diesem Programm werden Forschungsanstrengungen für nötig erachtet, die dem Schutz der biologischen Vielfalt und dem Erhalt der Ökosysteme dienen und Beiträge zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Land- und Meeresressourcen leisten. Dabei kommt der Entwicklung von Strategien für eine integrierte, nachhaltige Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Ökosysteme einschließlich der Instrumente und Bewertungsmethoden für nachhaltiges Wirtschaften besondere Bedeutung zu – dies war auch das Ziel des Förderschwerpunkts „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft“ (Anonymus 2002).

2.2 Der Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ Möglichkeiten und Konsequenzen bei der Realisierung des ökologischen Waldumbaus am Beispiel des „Südlichen Schwarzwaldes“ Im Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ (Baden-Württemberg) wurden im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunkts „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft“ seit Anfang 1999 bis März 2004 die Möglichkeiten und Konsequenzen des ökologischen Waldumbaus in der Forschungsregion „Südlicher Schwarzwald“ untersucht. Die Forschungen begleiten einen auf großer Fläche initiierten Prozess der allmählichen Umstrukturierung gleichaltriger und einschichtiger, fichtendominierter Wälder in ungleichaltrige und mehrschichtige Dauermischwälder mit naturnaher Baumartenzusammensetzung (Fichte, Tanne, Buche). Das bevorzugte Verfahren zur Walderneuerung ist im Wesentlichen der ökologische Waldumbau, bei welchem Umbau und Überführung (s. Kapitel 1.2.2) mit einem möglichst hohen Anteil an Naturverjüngung eingesetzt werden. Ziel des Verbunds war es, die Auswirkungen verschiedener waldbaulicher Strategien des Waldumbaus auf relevanten Flächen im „Südlichen Schwarzwald“ auf das Ökosystem Wald und benachbarte Ökosysteme, auf Stoffhaushalt, Artenzusammensetzung und Biodiversität wie auch auf betrieblicher Ebene zu erforschen.

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2.2.1 Charakterisierung der Forschungsregion „Südlicher Schwarzwald“ Die historische und gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrhunderte sowie die Umweltveränderungen in jüngster Zeit (Klima, Stoffeinträge, Luftschadstoffe) prägen das Waldbild und die Waldentwicklung des Schwarzwaldes entscheidend (Küster 2001; Schmidt 2003). Eine detaillierte Beschreibung der Waldund Forstgeschichte des Schwarzwaldes findet sich bei Reinbolz und Ludemann in Kapitel 5. 2.2.1.1 Das Wuchsgebiet Schwarzwald Das Wuchsgebiet Schwarzwald (WG3) ist nach dem Neckarland das zweitgrößte Wuchsgebiet in Baden-Württemberg und hat mit einer Wirtschaftswaldfläche von ca. 380.000 ha (29% des Gesamtwaldes von Baden-Württemberg) den größten Waldflächenanteil. Der überwiegende Teil dieser Waldfläche wird als Altersklassenwald bewirtschaftet. Bei ca. der Hälfte des Wirtschaftswaldes handelt es sich um Mischbestände (mit über 30% Beimischung), je ca. ein Viertel sind Reinbestände mit oder ohne Beimischung (MLR 2002). Der Schwarzwald lässt sich geologisch-klimatisch in eine steile, atlantisch getönte Westseite und eine flache ”kontinentalere” Ostabdachung sowie von den vorkommenden Gesteinen her in den „Buntsandsteinschwarzwald“ (Norden und Osten) und den „Urgesteinsschwarzwald“ (Granit/Gneis im Süden und Westen) unterteilen. Das Wuchsgebiet ist überwiegend vertikal-zonal gegliedert. Die vorkommenden Zonalwälder sind von Westen nach Osten: Submontaner BuchenEichen-Tannen-Wald (ca. 400-650 m ü. NN), Montaner Buchen-Tannen-Wald, z.T. örtlich mit Fichte bzw. mit Kiefer (ca. 650-900 m ü. NN), Montaner TannenBuchen-Wald (örtlich) mit Fichte, Hochmontaner Buchen-Tannen/TannenFichten-Buchen-Wald (ca. > 900m ü. NN) (Hübner u. Mühlhäußer 1987). 2.2.1.2 Die Forschungsregion „Südlicher Schwarzwald“ Die Forschungsregion des Projektverbundes „Südlicher Schwarzwald“ liegt größtenteils innerhalb der Grenzen des Naturparks Südschwarzwald (Abbildung 2.1). Die Kern- und Zusatzforschungsflächen der verschiedenen Projekte wurden, je nach Fragestellung, im punktuellen und flächigen, z.T. im regionalen Maßstab untersucht. Innerhalb des Wuchsgebietes (WG) Schwarzwald und Baar-Wutach wurden unterschiedliche Einzelwuchsbezirke (EWB) in die Untersuchungen einbezogen (Abbildung 2.2). Die Forschung in den Einzelwuchsbezirken (EWB 3.03, 3.09, 3.10-3.14 und 5.01-5.04) decken die meisten für die Walderneuerung in Frage kommenden, wesentlichen Klimastufen sowie Regional- und Zonalwälder ab: submontaner Buchen Eichen-(Tannen)-Wald, montaner Buche-Tannen bzw. Tannen-Buchen-Wald, z.T. örtlich mit Fichte, montaner Tannen-Fichten-KiefernWald mit Buche (Schlenker 1987; FVA 1997; Aldinger et al. 1998).

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Höhenlage, Ausgangsgestein, Boden, natürliche Waldgesellschaften Die Wälder im Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ liegen vorwiegend in der montanen Höhenstufe, mit unterschiedlichen Hangneigungen und Expositionen (EWB s. oben). Als geologisches Ausgangsgestein finden sich vorwiegend verschiedene Granite, Gneise und Buntsandstein, was je nach Lage und Klima zu unterschiedlichen Standortsverhältnissen führt. Typisch für die natürliche Baumartenausstattung des Gebietes sind bodensaure artenarme Buchen(misch)wälder mit mittlerer bis geringer Nährstoffversorgung auf meist frischen bis mäßig trockenen Standorten. Mischbaumarten in den Bergregionen sind vorwiegend Tanne und Fichte. In der montan-hochmontanen Stufe ist der Übergang von Buchen-Tannen(misch)wäldern zu basenarmen Tannen-Fichtenwäldern fließend. Je ungünstiger die Standortsbedingungen aus klimatischen und edaphischen Gründen für die Buchen werden, desto stärker nimmt die Vorherrschaft der Tanne zu. Aufgrund der bisherigen Bevorzugung der Fichte werden Tannenmischwaldstandorte heute oft von Fichtenwäldern eingenommen (Schmidt 1995). Die Heterogenität der Wuchsbezirke macht eine Untergliederung in einen Westund Südteil und einen Ost- bzw. Südostteil sinnvoll (kolline bis hochmontane Höhestufe, Einzelwuchsbezirk z.T. 3/03, z.T. 3/09, 3/10, 3/11, 3/12, und montan bis hochmontan, Einzelwuchsbezirk z.T. 3/09, 3/13 bzw. 3/14; Abbildung 2.2) (Hübner u. Mühlhäußer 1987; Schlenker u. Müller 1978). Das im weiter östlich gelegenen WG Baar-Wutach befindliche EWG 5/01 umfasst die kühl-kontinentale, montane Höhenstufe mit montanem Tannen-Fichten-Kiefern-Wald mit nur vereinzelten Buchen als Regionalwald auf sehr nährstoffarmen, oft vernässenden Böden des Buntsandsteins. Im nährstoffreicheren und weniger zur Vernässung neigenden EWB 5/02 sowie im für die Buche klimatisch günstigeren EWB 5/03 nimmt die natürliche Konkurrenzstärke der Buche zu, natürliche Fichtenvorkommen beschränken sich größtenteils auf wenige Moorwälder (subborealer Tannen-Buchen-Wald örtlich mit Fichte). Der EWB 5/04 dagegen ist wärmeklimatisch begünstigt und fördert das Laubbaumwachstum mit dominierender Buche (kolliner und submontaner Buchen-Eichen-Wald und mit Tanne). Mit Höhenunterschieden zwischen 300 und 1500 m ü. NN am Feldberg weist der westliche Teil des südlichen Schwarzwalds die ausgeprägteste Höhendifferenz in Baden-Württemberg auf, wobei die Landschaft stark gegliedert ist mit steilen Hängen, verebneten Hochlagen und wenigen vermoorten Standorten (Aldinger et al. 1998). Nach Osten und Süden erstreckt sich ein Flachrelief mit wenig ausgeprägten Muldentälern und Hochflächen. Zum Teil zeigt die flachkuppige Landschaft häufiger Oberbodenversauerung als der westliche Teil. (Aldinger et al. 1998). Gneise und Granite dominieren im Westen, die Bodenbildung erfolgt größtenteils auf periglazialen z.T. auch glazialen (Hang-)Schuttdecken. Im Ostteil kommen zusätzlich als Ausgangsmaterial noch eiszeitlicher Schotter und Buntsandstein hinzu. Moorböden und staunässegeprägte Kristallin-Standorte nehmen größere Flächen ein. Die Bodenbildung reicht von Podsolen, über Braunerde bis zu Pseudo- und Stagnogleyen (Aldinger et al. 1998).

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Abbildung 2.1: Forschungsregion im Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ (BadenWürttemberg); schattierter Bereich: Forschungsregion innerhalb der Naturparkgrenze Südschwarzwald (mit Kern-/Zusatzflächen, punktuelle, flächige, z.T. regionale Untersuchungen innerhalb der Forschungsprojekte)

Abbildung 2.2: In die Forschungsregion des Projektverbunds „Südlicher Schwarzwald“ einbezogene Einzelwuchsbezirke (EWB) gemäß der standortskundlichen regionalen Gliederung Baden-Württembergs; verändert nach FVA (1997)

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Insgesamt herrschen im Westen der Forschungsregion Buchen-Tannenwälder vor (v.a. Galio- und Luzulo-Fageten), im Osten sind Tannenmisch- und Fichtenwälder typisch (v.a. Luzulo- und Vaccinio-Abieteten, Bazzanio-Piceetum). Aktuell finden sich im westlichen Teil Buchen-Fichten-Mischwälder mit wechselnden Fichtenanteilen, im östlichen Teil dominiert derzeit noch die früher stark geförderte Fichte. Der Tannenanteil ist mit ca. 14% im südlichen Schwarzwald insgesamt vergleichsweise hoch (MLR 2002). Regionenspezifische Besonderheiten Der südliche Schwarzwald ist weithin, vor allem in den montanen Lagen, geprägt durch atmosphärische Stickstoff- und Säureeinträge und z.T. durch sehr starke Hangneigung und Erosionsgefährdung. Es besteht eine erhöhte Gefahr der Auswaschung von Nährstoffen, was bei Kahlschlägen zu einer Verringerung der Bodenfruchtbarkeit und zur Beeinflussung von benachbarten Ökosystemen (z.B. Hydrosphäre) führen kann. In z.T. naturfernen Fichtenbeständen besteht, wie schon die Vergangenheit gezeigt hat, eine hohe Sturmwurf- und Schneebruchgefahr ebenso wie ein erhöhtes Risiko gegenüber Schädlings- oder Krankheitsbefall, insbesondere auf labilen Standorten. Die Etablierung von Naturverjüngung bei der Überführung in dauerwaldartige Bestände ist essentiell für den erfolgreichen ökologischen Waldumbau. Die technische Realisierung des ökologischen Waldumbaus und dessen Pfleglichkeit für Wald und Umwelt muss in der heterogenen Region des südlichen Schwarzwalds besonders berücksichtigt werden. Über die ökonomischen Bedingungen und die zeitliche Dimensionierung des Waldumbaus von Altersklassenwäldern in Dauerwälder bestehen noch zahlreiche Wissenslücken. Ebenso müssen die besonderen Waldbesitzverhältnisse, geprägt durch einen hohen Anteil an Kleinprivatwald, beachtet und Konzepte für deren Einbeziehung in den ökologischen Waldumbau ausgearbeitet werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine ausgeprägte höhenzonale standörtliche Gliederung bei einer überdurchschnittlich hohen Standortsdiversität kennzeichnend für die Forschungsregion des Projektverbundes „Südlicher Schwarzwald“ ist. Charakteristisch für das Gebiet ist der naturnahe Bergmischwald aus Buche, Tanne und Fichte, der jedoch in seiner Zusammensetzung durch vielfältige heterogene geologische und klimatische Faktoren sowie die speziellen Eigentumsverhältnisse (Brandl 2001) geprägt ist. Daraus ergibt sich eine große Bandbreite für die Rahmenbedingungen eines ökologischen Waldumbaus. Die Forschungsregion stellt somit auf relativ kleiner Fläche ein repräsentatives Gebiet für die Untersuchung von Fragen zur Walderneuerung und deren Auswirkungen dar. 2.2.2 Forschungsaufgaben und Fragestellungen Die Forschungsaufgaben und Fragestellungen im Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ betreffen die Möglichkeiten und Handlungsalternativen, die in der Forschungsregion unter Berücksichtigung des Standortes und der waldbaulichen Ausgangslage für den „ökologischen Waldumbau“ bestehen. Gleichzeitig werden

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die Konsequenzen der Umbaumaßnahmen aus der Sicht der jeweiligen Disziplin aufgezeigt. Die Erkenntnisse werden auf verschiedenen Skalenebenen erhoben. Unterschiedliche Arten von Informationen werden disziplinär und interdisziplinär diskutiert und überregional zusammengeführt. Die Extrapolation von Ergebnissen von einer Maßstabsebene auf die andere (up-scaling: z. B. flächig, regional, im Landschaftsmaßstab) ist in vielen Fällen Voraussetzung für die praktische Umsetzung der primär punktuell erhobenen Forschungsergebnisse und deren Verwendung als Planungsgrundlagen für die weitere Waldbewirtschaftung. Fallstudienexperimente liefern einen wertvollen Beitrag zur Klärung wissenschaftlicher Einzelfragen und ökosystemarer Zusammenhänge. Sie dienen als Kontrollinstrument zur Validierung und Plausibilisierung integrierender flächenhafter Aussagen und Verallgemeinerungen. Neben einer interdisziplinären wissenschaftlichen Gesamtbewertung der Ergebnisse und deren Transfer können schließlich Empfehlungen formuliert werden, die der Praxis (Forstwirtschaft, Natur-, Umweltschutz, Gesellschaft, u.a.) wie auch der Politik als Entscheidungshilfen dienen. Tabelle 2.1: Forschungsaufgaben und -fragen im Projektverbund Welche Möglichkeiten des ökologischen Waldumbaus bestehen, ausgehend von der aktuellen Situation? x Wie wird der Umbaubedarf definiert und wie hoch ist das Umbaupotential? x Welche Behandlungsstrategien und Bewirtschaftungskonzepte sind geeignet? x Welche organisatorischen und technologischen Neuerungen stehen zur Verfügung? x Welche Maßnahmen lassen die speziellen Eigentumsverhältnisse in der Forschungsregion zu? x Wie sehen die Ansprüche der Be- und Verarbeiter an Verwertbarkeit und Qualität des Holzes aus? x Wo sind die Schutzfunktionen des Waldes besonders gefährdet (Schutz von Biodiversität, Boden, Wasser, Atmosphäre, Lebensraum)? x Inwiefern sind Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung besonders dringlich (Erhalt von Boden/-Fruchtbarkeit, Struktur-, Arten-, genetische Diversität, Konkurrenzfähigkeit, Stabilität, Verjüngungspotential)? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den unterschiedlichen Möglichkeiten des ökologischen Waldumbaus? x Wie ist der Beitrag zu Erhalt und Erhöhung der natürlichen Biodiversität in Wäldern? x Wie werden die auf Nutz- und Schutzfunktionen des Waldes beeinflusst (Bestandesstabilität, Sturmereignisse, Schneebruch, Frost, Natur-, Boden-, Wasser-, Luft-, Lebensraum-Schutz)? x Wird die Nachhaltigkeit der Waldbewirtschaftung entscheidend gefördert (Erhalt der Boden/-Fruchtbarkeit, Struktur-, Arten-, genetischen Diversität, Konkurrenzfähigkeit, Verjüngungspotential, u.a.)? x Welche Wirkungen ergeben sich für Nachbarökosysteme (z.B. bezogen auf Hydrosphäre und Erosion)? x Welche Auswirkungen ergeben sich für Holzsortimentierung und Holzqualität? x Welche Erfordernisse ergeben sich für die forstliche Organisation, Logistik und Technologie? x Welche Technikfolgen resultieren aus der Holzernte?

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M. Baumgarten, K. von Teuffel x Wie sind die Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg bei der Waldbewirtschaftung ? Wie können Folgerungen in konkrete Maßnahmen/Empfehlungen für die Forstpraxis bzw. den Umwelt- und Naturschutz umgesetzt werden? Welche offenen Fragen stellen sich weiterhin für die praktische Forstwirtschaft? x Welche Schlussfolgerungen können auf der Basis einer ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Gesamtbewertung der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse gezogen werden x Welche fundierten Empfehlungen für Maßnahmen in der Praxis (Forstpraxis, Naturschutz, Umweltschutz, Gesellschaft, Politik, u.a.) können gemacht werden?

Im Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ werden folgende Themenschwerpunkte bearbeitet: ¾ Forstwirtschaftliche Ausgangssituation in der Forschungsregion (Kapitel 3 und 4) Für die Fichtenwälder Baden-Württembergs wird der potentielle Umbaubedarf ermittelt (Kapitel 3). Die aktuelle Wuchsleistung von Fichte, Tanne und Buche wird auf den wichtigsten Standorten des Südschwarzwaldes erhoben (Kapitel 4) ¾ Ökologische und landschaftliche Aspekte - Standort, Geschichte, Vegetation, Verjüngungsstruktur, Bodenfauna, Genetik (Kapitel 5) Es werden Kenntnisse über den Einfluss historischer Nutzungen auf Waldstandorte erarbeitet. Holzkohleuntersuchungen geben Aufschluss über die Baumartenzusammensetzung der Vergangenheit. Die Entwicklung von Bestandesstruktur, Naturverjüngung, Bodenvegetation, Epiphyten und saprophager Bodenfauna wird in Abhängigkeit von den Stadien des Waldumbaus analysiert und es wird die Wirkung auf die Diversität abgeleitet. Es werden Empfehlungen für Maßnahmen zur Erhaltung der genetischen Diversität im Rahmen von Waldumbaumaßnahmen am Beispiel der Weißtanne erarbeitet und Verfahren der Herkunftssicherung bei der Gewinnung und Vermehrung von forstlichem Vermehrungsgut entwickelt. ¾ Auswirkungen des ökologischen Waldumbaus auf die Nachhaltigkeit der Standortsressource Boden - Waldumbau und Stoffhaushalt (Kapitel 6) Der Einfluss von Umbaumaßnahmen auf die Stoffflussdynamik, den Stoffhaushalt und das Nährstoffpotential des Bodens werden an verschiedenen Waldstandorten auf Bestandesebene untersucht und auf Landschaftsebene extrapoliert. ¾ Möglichkeiten des ökologischen Waldumbaus aus waldwachstumskundlicher und waldbaulicher Sicht (Kapitel 7) Es werden waldbauliche Konzepte der Bestandesüberführung überprüft und Kenngrößen abgeleitet (Kapitel 7.3). Die Konsequenzen des Waldumbaus (Überführung) werden im Hinblick auf Wachstum von Fichte, Tanne und Buche (Kapitel 7.2), sowie den Eigenschaften und der Qualität des Fichtenholzes untersucht.

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¾ Auswirkungen des ökologischen Waldumbaus auf ökonomische und soziale Faktoren (Kapitel 8): Ökonomische Analyse von Waldumbau; Waldumbau im Privatwald Es werden ökonomische Risiken der Überführung quantifiziert und eine ökonomische Analyse des Waldumbaus für den Gesamtbetrieb durchgeführt (Kapitel 8.1). Die Situation der privaten Waldeigentümer wird dargestellt, und für diese Gruppe werden geeignete Waldumbau-Konzepte entwickelt (Kapitel 8.2). ¾ Aspekte der Holznutzung und der Technikfolgenabschätzung beim Waldumbau (Kapitel 9) Es erfolgte eine interdisziplinäre Untersuchung der Verfahrensgestaltung für die Bestandesüberführung bzw. die nachfolgende Dauerwaldbewirtschaftung. Im Mittelpunkt stehen technische und ökonomische Möglichkeiten der Waldnutzung (Kapitel 9.1) und ökologische Erfordernisse des Einsatzes moderner Holzerntemaschinen im Hinblick auf deren Wirkung auf die Umwelt (Bodenverdichtung, -gashaushalt, -erosion, Bestandesschäden). 2.2.3 Struktur und beteiligte Institutionen Eine Besonderheit des Projektverbundes „Südlicher Schwarzwald“ ist die multi- und interdisziplinäre Bearbeitung forstlich-wirtschaftlicher, technologischer, ökologischer und naturschutzfachlicher Themen. Hochschulinstitute verschiedener Universitäten, Landesanstalten und die Forstpraxis kooperieren eng miteinander. Der Projektverbund setzte sich aus Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen zusammen (Tabelle 2.2), welche in der Forschungsregion „Südlicher Schwarzwald“ 26 Teilprojekte im Rahmen des Förderschwerpunkts „Zukunftsorientierten Waldwirtschaft“ bearbeiten. Tabelle 2.2: Beteiligte Institutionen und Forschungsprojekte im Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ mit Projektleiter und -bearbeiter, FVA: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg, Baden-Württemberg; Uni. FR: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; in Klammern: Projekt-Code. Institution

Forschungsprojekt (Kurztitel)

FVA, Abt. Biometrie und Informatik, Dr. G. Kändler, Dr. M. Baumgarten

Koordination, Darstellung, Ermittlung des Umbaupotentials (Q1)

FVA, Abt. Biometrie und Informatik, Dr. G. Kändler, U. Riemer Uni. FR, Forstliche Biometrie, Prof. Dr. Dr. h.c. D.R. Pelz, J. Kretschmer

Kap.

1 2 3 Ermittlung der aktuellen Wuchsleistung von Fichte, 4 Tanne und Buche auf den wichtigsten Standorten des Südschwarzwaldes (A1) Naturverjüngungsstruktur in langfristigen 5 Femelschlag-, Plenterüberführungs- und Plenterwäldern (A5)

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M. Baumgarten, K. von Teuffel

Institution

Forschungsprojekt (Kurztitel)

Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Zoologie, Abt. Tierökologie, Prof. Dr. V. Wolters, Dr. J.A. Salamon FVA, Abt. Waldökologie, Dr. E. Aldinger, Dr. A. Dounavi

Auswirkungen von Waldumbaumaßnahmen im 5 Südschwarzwald auf die biogene Umwandlung der organischen Bodensubstanz: Struktur, Funktion und Indikatoreignung der Bodenorganismen (B4)

FVA, Abt. Waldökologie, Dr. E. Aldinger, Dr. A. Dounavi FVA, Abt. Waldökologie, Dr. E. Aldinger, Dr. T. Ludemann Uni. FR, Institut für Waldbau, Standorts- und Vegetationskunde, Prof. Dr. A. Reif, Dr. S. Gärtner Uni. FR, Institut für Landespflege, Prof. Dr. W. Konold, Dr. A. Reinbolz FVA, Abt. Bodenkunde und Waldernährung, Dr. K. v. Wilpert, Dr. D. Zierlewagen Uni. FR, Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre, Prof. Dr. E.E. Hildebrand, Dr. U. Heisner

FVA, Abt. Waldwachstum, Prof. Dr. G. Kenk, S. Gühne Uni. FR, Institut für Waldwachstum, Prof. Dr. H. Spiecker, Dr. P. Epp Uni. FR, Institut für Waldwachstum, Prof. Dr. H. Spiecker, Dr. A. Haywood Uni. FR, Institut für Forstbenutzung und Forstliche Arbeitswissenschaft, Prof.

Herkunftssicherung und Beurteilung genetischer Risiken bei der Umwandlung von Nadelholzreinbeständen in Mischbestände am Beispiel der Weißtanne (C1) Optimierung biochemisch-genetischer Methoden zur Herkunftssicherung von forstlichem Vermehrungsgut (C4) Historische Holznutzung in noch wenig berührten Wäldern – Holzkohleanalytische Untersuchungen als Beitrag zur Herleitung der Standortswälder (C3) Auswirkungen forstwirtschaftlicher Verfahren auf Vegetation und Naturnähe der Wälder im Südschwarzwald. Folgen des Umbaus fichtendominierter Altersklassenwälder in gemischtaltrige, gemischtartige Dauerwälder (C2) Wald als Kulturlandschaft: Differenzierte, zukunftsorientierte Waldbewirtschaftung auf Grundlage einer historischen und floristisch-vegetations-kundlichen Landschaftsanalyse (C5) Stoffhaushalt von Fichtenreinbestands- und BuchenTannen-Fichten-Mischbestandsbetriebs-klassen unter typischen Standorts- und Immissionsbedingungen (B1) Bedeutung der Überführung von Fichtenrein- in strukturreiche Mischbestände für Standortsnachhaltigkeit und Stoffhaushalt von Waldböden im Südschwarzwald. Die Rolle des Bodenskeletts bei der Sicherung der Nachhaltigkeit von Speicher- und Regelfunktionen in Waldböden (B2) Anwendungsorientierte Konzepte für den ökologischen Waldumbau im südlicher Schwarzwald: Modelle zur Übergangsphase (A2) Grundlagen und Modellentwicklungen zur Überführung von Tannen- und Fichtenbeständen (A3)

Kap.

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Überführung und Wertsteigerung von Buchen in Rein- und Mischbeständen (A4)

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Veränderung von Nutzungsmöglichkeiten, Holzqualität und -verwertung bei Überführung von einschichtigen Altersklassen- in strukturierte

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2 Forschung für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft Institution Dr. Dr. h.c. G. Becker, PD Dr. U. Seeling, K. Bleile Uni. FR, Institut für Forstökonomie, Prof. Dr. G. Oesten, PD Dr. M. Hanewinkel, C.H. Schmidt, Dr. C. Schill, G. Navarro FVA, Abt. Forstökonomie, Prof. Dr. H. Brandl, A. Selter

Uni. FR, Institut für Forstpolitik, Prof. Dr. K.-R. Volz, Dr. C. Bieling FVA, Abt. Arbeitswirtschaft u. Forstbenutzung, Dr. G. Mahler, M. Bacher FVA, Abt. Arbeitswirtschaft u. Forstbenutzung, Dr. G. Mahler, T. Wehner FVA, Abt. Bodenkunde und Waldernährung, Dr. K. v. Wilpert, Dr. R. Hartmann FVA, Abt. Waldwachstum, Prof. Dr. G. Kenk, T. Wehner Christian-Albrechts Universität Kiel, Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde, Prof. Dr. R. Horn, J. Voßbrink Uni. FR, Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre, Prof. Dr. E.E. Hildebrand, A. Gassmann Uni. FR, Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre, Prof. Dr. E.E. Hildebrand, Dr. T. Schmid FVA, Abt. Forstökonomie, Prof. Dr. H. Brandl, T. Wenzel

Forschungsprojekt (Kurztitel) Mischwälder (D3) Ökonomische und organisatorische Auswirkungen der Überführung und des Umbaus von Nadelbaumreinbeständen in naturnahe Bergmischwälder auf der Ebene des Forstbetriebs unter Berücksichtigung von Risiko (D1) Strukturwandel in gemischten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Südschwarzwald; Auswirkungen auf Planung und Durchführung von Maßnahmen des Waldumbaus im forstlichen Betriebsteil (D7) Bewertung und Umsetzung von Konzepten zur Entwicklung naturnaher und strukturreicher Wälder durch private Waldeigentümer (D5) Holzernte und Holzvermarktung - Konsequenzen für Verfahrenstechnologie, Arbeitsorganisation und Produktivität (D4) Technikfolgen neuer Holzerntekonzepte - Status quo und Verbesserungspotentiale im Bereich Verfahrenskonzeption, Technikdesign, Logistik und Arbeitsorganisation (D6a) Durchwurzelung und Bodenlufthaushalt mehrfach befahrener Rückegassen und Bestandesflächen (D6b) Waldwachstumskundliche Untersuchung des Einflusses von Erschließungsdichte und Bodenverdichtung auf das Baumwachstum (D6c) Technikfolgenabschätzung verschiedener Waldernte- und Umbauverfahren auf bodenphysikalische Faktoren der Standortökologie – Bodenmechanische Analyse (D6e)

21 Kap.

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Behandlungsstrategien zur Entwicklung und Erhal- * tung strukturreicher Bergmischwälder mit Tanne, Fichte und Buche: Extensive Bilanzierung von Stoffflüssen in Waldökosystemen (B3) Vereinbarkeit der Auswirkungen des Einsatzes über- * schwerer Baggerharvester mit vorsorgendem Bodenschutz; Erosionspotenzial in Fahrgassen in der Falllinie (D6d) Ökonomische und organisatorische Auswirkungen * eines ökologischen Waldumbaus in Beispielsbetrieben (D2)

*: Projekte waren zum Zeitpunkt der Publikation noch nicht abgeschlossen

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M. Baumgarten, K. von Teuffel

Interessens- und Zielkonflikte im Bezug auf die Aufgaben und Funktionen unserer Wälder erfordern objektive und fundierte Forschungsergebnisse zu den ungeklärten Fragestellungen bezüglich der Waldfunktionen und der Auswirkungen eines Waldumbaus. Die unabhängige Forschung liefert eine vorurteilsfreie Basis für eine sachliche Auseinandersetzung mit der Problematik. Die enge Zusammenarbeit unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen mit Akteuren der Praxis, Gesellschaft und Politik wie der Forst- und Holzwirtschaft sowie mit Vertretern von Umwelt- und Naturschutz ist eine Strategie zur problemorientierten Lösung von Spannungsverhältnissen und zur Darstellung verschiedener Handlungsalternativen sowie deren Risiken und Konsequenzen. Der Einbezug möglichst vieler Interessensvertreter ermöglicht eine Fokussierung auf dringliche und praxisrelevante Fragestellungen, gleichzeitig werden Zielkonflikte aufgedeckt und diskutiert, um schließlich eine Akzeptanz der Ergebnisse auf breiter Ebene zu erreichen. Eine umfassende und vernetzende Forschung in den beteiligten Disziplinen ist notwendig, um eine fundierte wissenschaftliche Grundlage für die Umsetzung einer naturnahen Waldwirtschaft zu schaffen. Die Erfahrung und die Bedürfnisse der forstlichen Praxis waren über eine enge Zusammenarbeit v.a. innerhalb der Freiland-Forschungsarbeiten in den Projektverbund integriert. Durch die starke Beteiligung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) wurde eine zielgerechte Ausrichtung auch auf anwendungsorientierte Forschungsfragen garantiert.

Literaturverzeichnis Aldinger E, Hübner W, Michiels H-G, Mühlhäußer G, Schreiner M, Wiebel M (1998) Überarbeitung der standortskundlichen regionalen Gliederung in Südwestdeutschen Standortskundlichen Verfahren. Mitteilungen des Vereins für Forstliche Standortskunde und Forstpflanzenzüchtung 38:5-67 Amtsblatt der EU am 29.08.2002 Bereich der Forschung, Technologischen Entwicklung und Demonstration Anonymus (2002) BMBF-FÖRDERPROGRAMM „FORSCHUNG FÜR DIE UMWELT“, Förderschwerpunkt „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft“, Beitrag des Sachverständigenkreises zum „Strategischen Programmaudit“, November 2002, unveröffentlicht Brandl H (2001) Bäuerlicher Waldbesitz in Baden-Württemberg. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.), Der Bürger im Staat, 51. Jahrgang, Heft 1: 59-66 Bundesanzeiger (1998) Bekanntmachung über die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Rahmen des Programms der Bundesregierung „Forschung für die Umwelt zum Thema „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft“, veröffentlicht am 10.06.1998 FVA (1997) Forstliche Standortskartierung Baden-Württemberg. Standortskundliche regionale Gliederung (Karte). Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), Abt. Botanik und Standortskunde

Literaturverzeichnis Kapitel 2

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Hübner W, Mühlhäußer G (1987) Fortschritte in der regionalen und vertikalzonalen Gliederung des Wuchsgebietes Schwarzwald – ein Zwischenbericht. Mitteilungen des Vereins für Forstliche Standortskunde und Forstpflanzenzüchtung 33: 27-35 Küster H (2001) Auch der Wald hat seine Geschichte. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.), Der Bürger im Staat, 51. Jahrgang, Heft 1:10-16 MLR (2002) Forsteinrichtungsstatistik 1991-2000 für die öffentlichen Waldungen in Baden-Württemberg, Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum (Hrsg.) Schlenker G, Müller S (1978) Erläuterungen zur Karte der Regionalen Gliederung von Baden-Württemberg III. Teil (Wuchsgebiet Schwarzwald). Unter Mitarbeit von Dieterich H, Hauff R, Hübner W, Jahn R, Mühlhäußer G, Schönamsgruber H, Sebald O, Stoffler HD, Werner H; Mitteilungen des Vereins für Forstliche Standortskunde und Forstpflanzenzüchtung 26: 3-52 Schlenker G (1987) Höhenstufen, Klimatypen und natürliche Bewaldung. Vorschläge für eine künftige Überarbeitung des klimatologisch-vegetationskundlichen Sektors der Regionalen Gliederung von Baden-Württemberg. Mitteilungen des Vereins für Forstliche Standortskunde und Forstpflanzenzüchtung 33: 9-26 Schmidt PA (1995) Übersicht der natürlichen Waldgesellschaften Deutschlands. Schriftenreihe des Sächsischen Landesanstalt für Forsten, Heft 4/95, S 95 Schmidt UE (2003) Der Wald in Deutschland im 18. und 19. Jahrhundert. Conte Forst Saarbrücken

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern BadenWürttembergs M. Baumgarten, J. Kayser, H.-G. Michiels, K. von Teuffel

Im Forschungskonzept des Projektverbundes wurde der „Südliche Schwarzwald“ als Forschungsregion ausgewählt, um die Möglichkeiten und Konsequenzen des Waldumbaus zu analysieren, und Risiken und Handlungsempfehlungen für Forstverwaltungen und Waldbesitzer aufzeigen zu können. Die Modellregion bildet exemplarisch die verschiedenen Alternativen und Fragestellungen für das Bundesland Baden-Württemberg ab (Kapitel 3.2). Zur Abschätzung der Dimension und der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Relevanz des ökologischen Waldumbaus wird in diesem Kapitel die waldbauliche Situation und der daraus resultierende potentielle Umbaubedarf für die Fichtenwälder Baden-Württembergs ermittelt.

3.1 Waldbauliche Situation in Baden-Württemberg Baden-Württemberg ist heute zu 38% mit Wald bedeckt. Mit einer Waldfläche von ca. 1,3 Mio. Hektar ist es nach Bayern das waldreichste Bundesland. Vor dem verstärkten Einsetzen der Siedlungsaktivitäten und des Bevölkerungswachstums im Mittelalter war ein Großteil der Landfläche Baden-Württembergs bewaldet, bezogen auf die heutige Waldfläche beträgt der Anteil an natürlichen Buchenwald-Ökosystemen ca. 80% (Mantel 1990; MLR 1994a, 2002). Der menschliche Einfluss führte zu einer stärkeren Betonung der Nadelbäume. Im ursprünglichen, vom Menschen wenig beeinflussten Wald waren schätzungsweise ca. 15% mit Tanne und nur 2% mit Fichten bedeckt (MLR 1994a, 2002). 3.1.1 Zustandsdaten zum öffentlichen Wald Im öffentlichen Wirtschaftswald Baden-Württembergs werden 93% als Altersklassenwald und 5% als Plenter-/Überführungs- oder Dauerwald bewirtschaftet, 2% der Fläche wird von Bannwald oder weiteren Waldflächen außer Nutzung eingenommen (MLR 2002). Die Situation im südlichen Schwarzwald ist ähnlich (Tabelle 3.1). Gegenüber der Forsteinrichtungsstatistik 1981-1990 ist 1991-2000 ein Rückgang der Altersklassenbewirtschaftung in Baden-Württemberg um 4 bzw. 5% zu verzeichnen (MLR 1994b, 2002). Nach den jüngsten Erhebungen (Tabelle K. von Teuffel et al (Hrsg.) Waldumbau für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft ” Springer Verlag Berlin Heidelberg 2005

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M. Baumgarten, J. Kayser, H.-G. Michiels, K. von Teuffel

3.1 a) sind 58% der öffentlichen Waldfläche Baden-Württembergs mit Nadelwald bestockt, mit einem Fichtenanteil von 35%, einem Kiefernanteil von 8% und einem Tannenanteil von 7%; Laubholzarten kommen auf 42% der Fläche vor, davon entfallen 23% auf die Buche. Im südlichen Schwarzwald beträgt der Nadelholzanteil 56%, wobei 46% auf die Fichte und nur 4% auf die Tanne entfallen. Im südlichen Schwarzwald herrschen in den Plenter-/Überführungswäldern hauptsächlich Nadelholzarten vor. Laubholzarten finden sich hier auf 24% der Fläche, vorherrschend ist hierbei die Buche (20%). Tabelle 3.1: Zusammenstellung der Waldflächen, Betriebsarten und Baumartenanteile (a) sowie der Waldentwicklungstypen (WET) (b) für den öffentlichen Wald Baden-Württembergs und das Wuchsgebiet „Südlicher Schwarzwald“; MW: Mischwald, DW: Dauerwald, Fo: Forche (Kiefer), Pa: Pappel, Lä: Lärche, [% ]*: Flächenanteil bezogen auf gesamten öffentlichen Wald; Quelle: MLR 2002 Quelle: MLR 2002 öffentlicher Wald

Baden-Württemberg

Südlicher Schwarzwald

[ha]

845.430 77.244 Altersklassen- Plenter/Über- Altersklassen- Plenter/Überwald führungswald wald führungswald DW DW [ha] 791.287 38.806 69.495 3.805 [%]* 93 5 90 5

a) Baumarten Fiche (Fi) Kiefer (Kie) Tanne (Ta) Buche (Bu) sonst. Nadelbäume (sNb) sonst. Laubbäume (sLb)

[ha] [%]* [ha] [%]* [ha] [%]* [ha] [%]* [ha] [%]* [ha] [%]*

296.454 35 64.981 8 61.176 7 183.117 22 47.559 6 138.002 16

7.061 1 4.637 0,5 4.586 0,5 11.126 1 218 0 22.304 3

35.752 46 896 1 8.899 12 14.750 19 5.647 7 3.243 4

1.217 1 109 0 1.199 1,5 1.013 1 1.314 2 247 0

1

30 7 14 2 2 5

3

b) WET FiMW labile Fi Ziel Bu/Ei/Ta Fo Ziel Bu/Ta FoMW DglMW TaMW Lä Ziel Bu BuMW EiMW PaMW sLbMW sNbMW Lb/Nbextensiv

[%]* 25 10 5 2 1 13 1 22 5 1 5 1 5

13

1 2

1 19 2

1 1

Die landeseinheitlichen Waldentwicklungstypen (WET, MLR 1999) wurden in der Tabelle 3.1b zusammengefasst: Im öffentlichen Wald Baden-Württembergs

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

27

nehmen mehr als 60% der Fläche Nadel- und Nadelmischwald-Bestandstypen ein. Ein Großteil davon ist fichtendominiert (37%), ca. 10% der Waldfläche sind mit rotfäulegefährdeten, standortswidrigen, labilen Fichtenbeständen bestockt. Tannen-Fichten-Buchenwälder finden sich auf 10% der Fläche, Tannen-FichtenPlenterwälder machen ca. 1% aus (MLR 2002). Laubmischwaldtypen kommen zu etwa 36% vor (Buchenmischwald 22%). Im südlichen Schwarzwald, der Forschungsregion des BMBF-Projektverbunds „Südlicher Schwarzwald“ (s. Kapitel 2) finden sich ca. 80% Nadel- bzw. Nadelmischwaldbestandstypen. Tannenmischwälder nehmen hier 5%, sonstige Nadelmischwälder (v.a. TannenFichten-Buchenwälder) sogar 19% der Fläche ein, Tannen-Fichten-Plenterwälder finden sich hier auf 3% der Fläche. Einen Anteil von 17% nehmen Laubmischwaldtypen ein, 13% entfallen auf den Buchenmischwald (MLR 2002). 3.1.2 Entwicklung des Waldes und einige mittelfristige Ziele der öffentlichen Forstverwaltung Baden-Württembergs In den Forsteinrichtungserhebungen (MLR 1994b; 2002) wird noch ein hoher Flächenanteil der Wirtschaftswälder Baden-Württembergs als einschichtiger Altersklassenwald aufgeführt (Tabelle 3.1). Tatsächlich ist jedoch eine Änderung der Bestockung in Richtung einer größeren strukturellen Vielfalt durch Waldumbau von Fichtenbeständen schon seit langem im Gange, welche durch die bisherigen Erhebungsmethoden nicht erfasst wird. Bei einer großen Zahl der Bestände handelt es sich inzwischen um strukturreichere, mehrschichtige Bestände mit Übergangsformen zum Dauerwald, mit sich auflösender Altersstruktur und mit einer deutlichen Zunahme der Naturverjüngungsvorräte. Bis in die 1970er Jahre des 20. Jahrhunderts stand der Aufbau der Wälder im Vordergrund (MLR 2002), der Waldflächenanteil hat seit den großflächigen Entwaldungen in der frühen Neuzeit wieder um ca. 40% auf schätzungsweise die Hälfte der ursprünglichen Waldfläche zugenommen (MLR 1994a). Der öffentliche Wald Baden-Württembergs hat im Vergleich zum Beginn der 1970er Jahre um rund 30.000 Hektar zugenommen (MLR 2002). Die Baumartenentwicklung (Abbildung 3.1) zeigt eine Zunahme des Nadelholzanteils v.a. der Fichte bis 1985. Zu Beginn der 1970er Jahre kommen noch geringe Anteile der Douglasie hinzu. Der Laubbaumanteil von vormals 80% nimmt bis Mitte des letzten Jahrhunderts kontinuierlich ab und bleibt seitdem auf einem relativ konstanten Niveau von rund 38% (Buche 22%). Ziel der Forstwirtschaft für die Phase der Walderneuerung ist der Umbau der Wälder mit einem zukünftig zunehmenden Anteil an Laubbäumen, v.a. der Buche (32%), Eiche (7%) und sonstiger Laubhölzer (11%) sowie der Tanne (10%) bei einer Reduzierung des Fichtenanteils auf ca. 29% (MLR 2002). Der Anteil an Naturverjüngung ist seit Beginn der 1980er Jahre von 25% auf inzwischen über 60% angestiegen (v. Gilsa u. Moosmayer 2002), ca. zwei Drittel davon sind Laubholz-Naturverjüngung, 13% entfallen auf die Tanne (MLR 2002). Durch die Kahlflächenbildung nach den ausgeprägten Sturmwurfereignissen im letzten Jahrzehnt v.a. auf labilen Standorten musste die Verjüngung für einen

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M. Baumgarten, J. Kayser, H.-G. Michiels, K. von Teuffel

Baumartenwechsel allerdings häufig gepflanzt werden (MLR 1994b, 2002; Dinkelaker u. v. Gilsa 2003). 100

andere Lb Eiche Buche Douglasie Lärche Kiefer Tanne Fichte

[%]

90 80 70 60 50 40 30 20 10

el Zi

18 50 18 75 19 00 19 25 19 50 19 65 19 75 19 80 19 85 19 90 20 00

80 0

v. C

hr .

0

Abbildung 3.1: Entwicklung der Baumartenanteile in öffentlichen Wald BadenWürttembergs seit 800 v. Chr. (Firbas IX) bis ins Jahr 2000 und Zielvorstellung der Forstwirtschaft; Lb: Laubbaumarten; verändert nach MLR (2002) Sturmereignisse – insbesondere der Sturm Lothar im Jahr 1999 – haben ca. 4,3% der öffentlichen Waldfläche kahlgelegt (v. Gilsa u. Moosmayer 2002). Dadurch wurde der Fichtenanteil um 3% gesenkt - dies entspricht etwa dem Anteil der Flächenreduktion durch die planmäßige Bewirtschaftung in den letzten 30 Jahren (MLR 2002). Auf den Sturmwurfflächen von Vivian und Wiebke im Jahr 1990 dominieren heute sturmstabile Mischwälder (24% EiMW, 14% LbMW, 2% Kie/LbMW, 20% TaMW), mit besonders stabilen Laubbaumarten und der Tanne (Bu 25%, Ei 17% sLB 24%, Ta 9%); die verjüngungsfreudige Fichte kommt in stabilen Fichtenbestandstypen und als Beimischung zu ca. 19% vor (MLR 1994a). Nach Lothar haben die vorhandenen Naturverjüngungsanteile zu einer weiteren Erhöhung der Laubholzanteile geführt (MLR 2002; Moosmayer u. v. Gilsa 2003). Mischbestände mit über 30% Beimischung nehmen über 51% (432000 Hektar) der Fläche im öffentlichen Wald ein. Bei rund 30% (254000 Hektar) der Fläche handelt es sich um Beimischungen von 10-30%. Von diesen Mischbeständen sind etwa die Hälfte fichtendominiert (MLR 2002). Reinbestände (bis 10% Beimischung) kommen nur noch auf 19% (161000 Hektar) der öffentlichen Waldfläche vor, wobei davon ca. 35% Laubholzreinbestände (21% Buchentypen) sind, über 60% nehmen noch Fichtenreinbestände mit einer Fläche von rund 100.000 ha ein, was ca. 11% der öffentlichen Waldfläche entspricht (MLR 2002). Reinbestände werden in der Verjüngungsplanung der Forsteinrichtung im öffentlichen Wald nicht mehr angestrebt (MLR 2002; Moosmayer u. v. Gilsa 2003).

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

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Fichtenbestandestypen nehmen nach der Forsteinrichtungsstatistik 1991/2000 ca. 37% (313000 Hektar) der Fläche ein (MLR 2002). Bei ca. 10% (31300 Hektar) der Fichtenbestandestypen handelt es sich um ungeeignete, nicht standortsgemäße Fichtenbestände (WET „labile Fichte – Ziel Buche/Eiche/Tanne“, MLR 2002).

sLb sNb 14% 60%)

3500

Gesamt

21000

Kriterium: klimatische Situation Anhand der überarbeiteten „Standortskundlichen regionalen Gliederung“ (Aldinger et al. 1998) wurden ausgehend von der klimatischen Situation die regional/zonalen Einheiten in Baden-Württemberg ausgewählt, die generell als nicht fichtengeeignet betrachtet werden, da diese u.a. aufgrund geringer Niederschläge und hoher Temperaturen Ertrags- und Qualitätseinbussen erwarten lassen, und u.U. eine hohe Anfälligkeit für Borkenkäferbefall begünstigen (Tabelle 3.6). Im Untersuchungsgebiet findet sich im Wuchsgebiet Hardtwald (WBgr 1/02b) und im Trockengebiet im Bereich der ehemaligen Rheinaue (WBgr 1/05al) ein relativ

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

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kleiner Anteil von insgesamt 300 Hektar „ungeeigneten Fichtenstandorten“ in der für das Fichtenwachstum ungeeigneten planaren Höhenstufe. Tabelle 3.6: Waldfläche (ha) „ungeeigneter Fichtenstandorte“ ausgeschieden nach den klimatischen Gegebenheiten in den regional/zonalen Einheiten getrennt nach Wuchsbezirksgruppen in Baden-Württemberg Ungeeignete Fi-Standorte

WBgr/WB Klimahaupttyp Regional/zonale Einheit (nach Aldinger et al. 1998) 1/01 1/02a 1/02b 1/02c 1/03a

planar (Rheinaue zwischen Mannheim und Rastatt) planar (Schwetzinger Hardt) planar (Hardtwald zwischen Walldorf und Karlsruhe) planar (Hardtwald zwischen Karlsruhe und Stollhofen) planar (Niederterrasse und Flußaue zwischen Rastatt und Kehl) 1/03b planar (Niederterrasse und Flußaue zwischen Kehl und Breisach) 1/03al planar (Staubereiche der ehemaligen Rheinaue) 1/04 planar (Freiburger Bucht) 1/05 planar (Rheinebene von Breisach bis Basel (Niederterrasse) 1/05al planar (Trockengebiet im Bereich der ehemaligen Rheinaue) 1/05b planar (Ehemaliger Ostrhein) Gesamt

Umbauziel| 0% Fi Fichtenfläche [Hektar] 0 0 200 0 0 0 0 0 0 100 0 300

Kriterium: fehlende Standortseignung auf Grund weiterer Standortseigenschaften Weitere Standortseigenschaften, welche für den Fichtenanbau ungeeignete Voraussetzungen bieten (standortswidrig), wurden auf der Basis der Zugehörigkeit zu den entsprechenden natürlichen Waldgesellschaften ausgeschieden (Tabelle 3.7). Den größten Flächenanteil mit ca. 8000 Hektar nehmen „ungeeignete Fichtenstandorte“ in den thermophilen Seggen-Buchenwäldern (Carici-Fagetum) ein. Deren Verbreitungsschwerpunkt liegt im Kalkberg- bzw. Kalkhügelland, die meisten Standorte in diesen Kalk-Buchenwäldern sind hangexponiert, flachgründig und warm-trocken. Die Fichte kommt nur als Nebenbaumart vor und führt auch bei forstlicher Förderung nur zu geringen Erfolgen. Der zweitgrößte Anteil (4600 ha) an „ungeeigneten Fichtenstandorten“ findet sich auf den grund- und stauwasserbeeinflussten, sandig-lehmigen Standorten des Sternmieren-Hainbuchen-Stieleichenwalds (Stellario holosteae-Carpinetum), welche für den Fichtenanbau ungeeignet sind. Ebenso nicht standortsgerecht sind die Fichtenbestände in den Bach- und Flussauen der nassen, z.T. überstauten Traubenkirschen-Erlen-Eschenwälder (Pruno-Fraxinetum, 2900 ha) und in den z.T. sickernassen, vergleyten Bach-Eschenwäldern (Carici remotae-Fraxinetum, 2400 ha), welche die Fichte nur vereinzelt kleinstandörtlich als Nebenbaumart

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M. Baumgarten, J. Kayser, H.-G. Michiels, K. von Teuffel

führen. Je ca. 1000 Hektar „ungeeignete Fichtenbestände“ stocken nicht standortsgemäß in den steinschutt- und blockreichen, feucht-frischen, oft hangexponierten, bodenbewegten Edellaubbaum-Steinschutt- und Blockhangwäldern (TilioAcerion) sowie auf den artenarmen, stark-sauren und extrem nährstoffarmen Sandböden der oft degradierten Birken-Steineichenwälder (Betulo-Quercetum roboris). Tabelle 3.7: Waldfläche (ha) „ungeeigneter Fichtenstandorte“ ausgeschieden nach der Standortseignung auf Grund der Standortseigenschaften auf der Basis der natürlichen Waldgesellschaften; Standortseigenschaften nach Schmidt 1995

Standortseigenschaften (nach Schmidt 1995) planar-kollin, feucht-mäßig trocken, sauer, nährstoffarm, artenarm trocken-mäßig trocken, lehmig-grusig warm-trocken, kalkreich, flachgründig häuftg felsige Steilhänge z.T. vernässend, sandig, stark sauer, extrem nährstoffarm thermophil, flachgründig, basenarm oft steinig grund-/stauwasserbeeinflusst, sandig/lehmig sommerwarm, trocken-nass, sandig/lehmig-tonig, nährstoffarm-reich Waldgrenzbereich, warm-trocken, oft steinig, kalk/basenreich feuchtkühl, instabile Stein/Blockschutthänge organische Nassstandorte: nass, überstaut, quellig-sumpfig grund-/stauwasser beeinflusst, überstaut/flutet wasserzügige Hänge, quellige Mulden sickernass, vergleyt mineralische Nassstandorte: sub/montan, bachbegleitend, überstaut-sickernass, vergleyt, nährstoffreich

Gesamt

Natürliche Waldgesellschaft Drahtschmielen-Buchenwald (Deschampsia-Fagetum) Buchen-Traubeneichenwald (Fageto-Quercetum petraea) Seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum) Birken-Stieleichenwald (Betulo-Quercetum roboris) Birken-Traubeneichenwald (BetuloQuercetum petraea) Sternmieren-Hainbuchen-Stieleichenwald (Stellaria holosteae-Carpinetum) Waldlabkraut-Hainbuchen-Eichenwald (Galio sylvatici-Carpinetum) Xerotherme Eichen-Mischwälder (Quercion pubescenti-petreae) Edellaubbaum-Steinschutt- & Blockhangwälder (Tilio-Acerion) Schwarzerlen-Bruch- und Sumpfwälder (Carici-Alnetum) Traubenkirschen-Erlen-Eschenwälder (Pruno-Fraxinetum) Bach-Eschenwälder (Carici remotaeFraxinetum) Hainmieren-Schwarzerlen-Auewald (Stellario-Alnetum)

ungeeignete FiStandorte Umbauziel| 0% Fi

Fichtenfläche [Hektar] 100 100 8000 900 100 4600 100 200 1000 200 2900 2400 600 21200

Zusammenfassung – Umbaubedarf für „ungeeignete Fichtenstandorte“ Die berücksichtigten standortsspezifischen, ursächlichen Faktoren für die Ausweisung „ungeeigneter Fichtenstandorte“ wurden bisher einzeln aufgeführt. Da für bestimmte Flächenanteile mehrere Faktoren gleichzeitig zutreffen können, wurde in Tabelle 3.8 das Auftreten der Labilitätsfaktoren zueinander und die sich überlappenden Flächenanteile „ungeeigneter Fichtenstandorte“ dargestellt.

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

41

Tabelle 3.8: Waldfläche (ha) „ungeeigneter Fichtenstandorte“, getrennt nach dem Auftreten der verwendeten Labilitätsfaktoren zueinander und der sich überlappenden Flächenanteile natürliche Waldgesellschaft + + + + + + -

Klimahaupttyp (Regional/zonale Einheit) + + -

WasserHaushaltsstufe

Bodenart „tonig“

+ + + + -

+ + +

ungeeignete Fi-Standorte Umbauziel 0% Fi Fichtenfläche [Hektar]

40 230 30 4250 400 16240 13080 3030 37300* * Auswertungsbedingt wird die Waldfläche „ungeeignete Fichtenstandorte“ hier überschätzt. Dies hat die Ursache darin, dass potentiell natürliche Fichtenwaldgesellschaften zum Teil nur sehr kleinflächig vorkommen und deren Flächenanteil hier zur Kategorie „ungeeignete Fichtenstandorte“ aufgenommen wurden. Unter Berücksichtigung dieser Flächenanteile ergeben sich 31200 Hektar für den Fichtenanbau ungeeigneter Flächen (siehe Tabelle 3.12.).

Nach den zugrundeliegenden Kriterien stocken auf 31200 Hektar Fichten auf „ungeeigneten Fichtenstandorten“. Für diese Standorte wird ein i.d.R. kompletter Ersatz der gesamten Fichtenbestockung („Umbauziel | 0% Fichte“) durch die den Standortswäldern entsprechenden Baumarten/-anteile empfohlen (MLR 1999). Eine ausführliche Beschreibung zur Herleitung des Standortswaldes im südwestdeutschen standortskundlichen Verfahren findet sich bei Michiels (1998). Als waldbauliche Maßnahme für den Umbau auf „ungeeigneten Fichtenstandorten“ in Baden-Württemberg kommt, je nach Waldentwicklungsziel, Störungsanfälligkeit, Stabilität und auch sukzessionalen Möglichkeiten ein kompletter, im Einzelfall möglichst rascher Umbau der Fichtenbestockung durch Kahlhieb oder femelartiges Vorgehen hauptsächlich mit nachfolgender Pflanzung (Vorbau), Saat, aber auch Naturverjüngung in Frage (MLR 1999). Die jeweiligen Entscheidungen sind im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Stabilität abzuwägen (MLR 1994a). Abhängig vom Standort wird als langfristiges Waldentwicklungsziel (MLR 1999) x auf Standorten mit freiem Kalk im Oberboden und für Fichte klimatisch ungünstigen, zu warmen und niederschlagsarmen Regionen ein naturnaher, strukturreicher Buchenmischwald mit Nadelholzmischungsanteilen (Fichte, Lärche, Douglasie, Tanne, u.a.) von maximal 30% und hohen Anteilen sukzessionaler Baumarten (Esche, Ahorn), x auf wechselfeuchten und vernässenden Standorten in kollinen und subalpinen Wuchsgebieten ein naturnaher bis bedingt naturnaher Stieleichen-Mischwald hauptsächlich mit Eiche (60-90%), verschiedenen Laubholzarten (10-30%) und

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M. Baumgarten, J. Kayser, H.-G. Michiels, K. von Teuffel

geringen Kiefer- z.T. je nach Sturmwurfrisiko auch Tannen- und Fichtenanteilen (0-30%), x auf wechselfeuchten und vernässenden, tonigen, verdichteten, schlecht durchlüfteten Standorten in submontanen bis hochmontanen Lagen ein stabiler, naturnaher Dauerwald mit hohen Tannenanteilen von 50-70% und trupp- bis gruppenweiser Laubbaum-(20-40%) und Kiefer- bzw., abhängig von der Bestandesstabilität und dem bodenchemischen Zustand, auch Fichten-Beimischung (0-30%) angestrebt. 3.4.2 Umbaubedarf für „wenig geeignete Fichtenstandorte“ Reduktion der Fichtenbeimischung Æ „Umbauziel d 30% Fichte + t 70% Buche bzw. andere Laubhölzer“) Der Fichtenanbau in den überwiegend kollinen und submontanen Höhenstufen mit geringen Niederschlägen birgt ebenso ein hohes Risiko wie auf den kühleren, niederschlagsreichen, oft tonigen Standorten (Borkenkäferbefall, Trockenheit, Windwurf, Fäulnis). Die Fichte ist v.a. in der Jugendphase konkurrenzschwach gegenüber Buchen und Eichen und verursacht hier Probleme bei der Verjüngung. Zur Reduzierung des Schadrisikos (Krankheiten; mögliche Beeinträchtigung der Bestandesstabilität, der Umweltleistungen und auch des Ertrags) soll der Fichtenanteil auf diesen Standorten auf maximal 30% reduziert werden. Zur Ausscheidung der Flächenanteile werden nur zur Fichtenbeimischung geeignete regionale/zonale Einheiten herangezogen, die Kriterien Wasserhaushaltsstufe und Bodenart werden daher nicht miteinbezogen. Kriterium: klimatische Situation Ausgehend von der klimatischen Situation wurden anhand der überarbeiteten „Standortskundlichen regionalen Gliederung“ (Aldinger et al. 1998) die regional/zonalen Einheiten in Baden-Württemberg ausgeschieden, die als für das Fichtenwachstum nur bedingt geeignet gelten (Tabelle 3.9). In diesen Regionen ist die Fichte nur als Nebenbaumart in gemäßigter Beimischung mit einem Fichtenanteil d 30% vertretbar. Derzeit liegt das Hauptvorkommen „wenig geeigneter Fichtenstandorte“ im Wuchsgebiet 4 „Neckarland“, einer in den tieferen, kalkreichen Lagen für den Weinanbau geeigneten Region mit eher geringen Niederschlägen und hohen Temperaturen. Natürlicherweise herrschen hier größtenteils kolline Buchen- und Eichen-/Traubeneichenwälder vor. Der höchste Anteil „bedingt geeigneter Fichtenstandorte“ findet sich in der Kocher-Jagst-Landschaft und am Südrand des Baulands (WBgr. 4/03, 3300 ha), im Taubergrund mit dem Westrand der Fränkischen Platte (WBgr. 4/01, 2500 ha), im Hinteren Kraichgau und Elsenzgau (WBgr. 4/05b,1500 ha) und im Vorderen Bauland (WBgr. 4/18, 2300 ha). Diese mäßig niederschlagsreichen und mäßig warmen kollinen, z.T. auch submontanen

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

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Regionen sind natürlicherweise v.a. mit kollinen Buchenwaldgesellschaften mit Eiche bzw. kollinen Buchen-Trauben-/Eichenwaldgesellschaften besiedelt. Relevante Vorkommen „bedingt geeigneter Fichtenstandorte“ finden sich auch im Wuchsgebiet 3 „Schwarzwald“ insbesondere im Vorgebirge zwischen Bühl und Offenburg (WBgr. 3/03b, 900 ha) und im Schwarzwaldvorland zwischen Kinzig und Elz (WBgr. 3/03c, 1400 ha). Hohe Niederschläge und Feinlehm-Standorte führen zu einer hohen Konkurrenzkraft der Buche sowie, bei abnehmenden Temperaturen, zu einer Stärkung des Tannenwachstums (kolliner Buchenwald). Im Wuchsgebiet 7 „Südwestdeutsches Alpenvorland“ mit den wuchskräftigsten und konkurrenzstärksten Buchenbeständen Baden-Württembergs finden sich im kollin-submontan gelegenen Bodensee- und Schussenbecken (WBgr. 7/06al) weitere 1400 Hektar „bedingt geeigneter Fichtenstandorte“ auf submontanen Buchen-Eichenwaldstandorten. Insgesamt wurde ausgehend von der klimatischen Höhenstufe noch ein Umbaubedarf für „wenig geeignete Fichtenstandorte“ von 21400 Hektar ausgewiesen. Tabelle 3.9: Waldfläche (ha) „wenig geeigneter Fichtenstandorte“, ausgeschieden nach den klimatischen Gegebenheiten in den regional/zonalen Einheiten und getrennt nach Wuchsbezirksgruppen in Baden-Württemberg

WBgr/WB Regional/zonale Einheit (nach Aldinger et al. 1998) 1/06 kollin (Rheinhügelland zwischen Baden-Baden & Emmendingen) 1/07 kollin (Kaiserstuhl) 1/08 kollin (Markgräflerland mit Schönberg und Tuniberg) 1/09 kollin (Dinkelberg) 2/01 kollin (Grundgebirgs-Odenwald) 2/02 kollin (Südwestlicher Buntsandstein-Odenwald) 3/01 kollin (Nördliches Schwarzwaldvorland) 3/03b kollin (Vorgebirg zwischen Bühl und Offenburg) 3/03c kollin (Schwarzwaldvorland zwischen Kinzig und Elz) 3/07 kollin (Mittl. Schwarzwald zw. Kinzig & Schwarzwaldhochstr.) 3/09 kollin (Mittlerer Schwarzwald zwischen Kinzig und Dreisam) 3/10 kollin (Westlicher Südschwarzwald) 4/01 kollin (Taubergrund (mit Westrand der Fränkischen Platte)) 4/02 kollin (Weinbaugebiet von Stuttgart, Maulbronn u. Heilbronn) 4/03 kollin (Kocher-Jagst-Landschaft und Südrand des Baulands) 4/04 kollin (Pfinzgau) 4/05a kollin (Vorderer Kraichgau) 4/05b kollin (Hinterer Kraichgau und Elsenzgau) 4/05al kollin (Langenbrücker Senke) 4/06 kollin (Nürtinger Bucht) 4/07 kollin (Backnanger Bucht)

wenig geeignete Fi-Standorte Umbauzield 30% Fi + t 70% Bu/sLb Fichtenfläche [Hektar]

500 0 200 600 100 300 0 900 1400 300 100 100 2500 1900 3300 600 500 1500 0 100 200

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M. Baumgarten, J. Kayser, H.-G. Michiels, K. von Teuffel

WBgr/WB Regional/zonale Einheit (nach Aldinger et al. 1998)

wenig geeignete Fi-Standorte Umbauzield 30% Fi + t 70% Bu/sLb Fichtenfläche [Hektar]

4/10 submontan (Stromberg) 400 4/18 submontan (Vorderes Bauland) 2300 4/19 submontan (Hinteres Bauland) 300 900 5/04 kollin (Untere Wutach und südöstlicher Hotzenwald) 600 7/04 kollin (Hegauniederung) 7/05al submontan (Weißjura-Moräne bei Engen) 400 7/06al submontan (Bodensee- und Schussenbecken) 1400 Gesamt 21400* * Diese Fläche beinhaltet, auf sehr kleinen Flächen, auch ungeeignete Standorte in potentiell natürlichen Fichtenwaldgesellschaften

Kriterium: fehlende Standortseignung auf Grund weiterer Standortseigenschaften Die Ausscheidung von Standortseigenschaften auf der Basis von natürlichen Waldgesellschaften, die ungünstig für den Fichtenanbau sind, ergibt sich für 10800 Hektar eine Fichtenbestockung von über 70% auf „wenig geeigneten Fichtenstandorten“ (ohne Berücksichtigung von ungeeigneten Standorten). Der Hauptanteil (6800 ha) findet sich auf Standorten des Waldmeister-Buchenwalds (Tabelle 3.10). Wegen ihres z.T. guten Wachstums und hohen Ertragsvermögen soll auf diesen Standorten nicht gänzlich auf die Fichte verzichtet werden. Zur Risikominimierung soll ein Fichtenanteil von 30% jedoch nicht überschritten werden. Waldbaulich hat diese Beimischung in Form der Fichten-Zeit-Mischung in großflächigen Buchenwäldern eine lange Tradition. Mittelfristiges waldbauliches Ziel auf diesen Standorten ist die Reduktion des Fichtenanteils auf maximal 30% („Umbauziel d 30% Fichte + t 70% Buche bzw. sonstiges Laubholzarten“) - die Fichte soll bevorzugt kleinstandörtlich als einzeloder truppweise Beimischung vorkommen (MLR 1999).

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

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Tabelle 3.10: Waldfläche (ha) „wenig geeigneter Fichtenstandorte“, ausgeschieden auf Grund ungünstiger Standortseigenschaften auf der Basis der natürlichen Waldgesellschaften; waldbauliches Ziel: Maximalbeimischung von 30% Fichte Standortseigenschaften (nach Schmidt 1995) kollin-sumontane Form

Natürliche Waldgesellschaft (nach Schmidt 1995)

Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum) Planar-submontane Form, kar- Waldmeister-Buchenwald bonat-/basenreiche Standorte (Galio odorati-fagetum) Kalk-/basenreiche Standorte Waldgersten-Buchenwald (Hordelymo-Fagetum) Gesamt

wenig geeignete Fi-Standorte Umbauziel d 30% Fi + t 70% Bu/sLb

Fichtenfläche [Hektar] 1700 6800 2300 10800

3.4.3 Umbaubedarf für „mögliche bis geeignete Fichtenstandorte“ Mindestbeimischung von Laubholzarten Æ „Umbauziel t 30% Laubholz (v.a. Buche, Eiche und sonstiges Laubholz) + d 70% Fichte“ Kriterium: fehlende Standortseignung auf Grund weiterer Standortseigenschaften Ausgehend von der fehlenden Standortseignung auf der Basis der natürlichen Waldgesellschaften wurden Flächen ausgeschieden, welche mit mehr als 70% mit Fichte bestockt, aber keine Fichtenwaldtypen sind (Tabelle 3.11). Es handelt sich fast ausschließlich um Buchenmischwaldtypen, welche hauptsächlich aus Gründen des Wasser- und Bodenschutzes sowie zum Erhalt der natürlichen standortsgerechten Biodiversität der Waldgesellschaft als „mögliche bis geeignete Fichtenstandorte“ gelten. Der Fichtenanbau ist hier meist erfolgreich möglich, da die Standortsbedingungen größtenteils optimal für das Fichtenwachstum sind. Das Hauptvorkommen (37600 ha) von „möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“ mit einem Fichtenanteil über 70% findet sich auf den Standorten der Hainsimsen-Buchen(misch)wälder (Luzulo-Fagetum). Diese bodensauren und artenarmen Buchen(misch)wälder sind verbreitet auf basenarmen Böden mit mittlerer bis geringer Nährstoffversorgung. Die Beimischung ändert sich abhängig von der Höhenstufe und kleinstandörtlichen Bedingungen. So führen sie neben der Hauptbaumart Buche in montaner Lage Tanne und in hochmontaner Lage auch Fichte. Natürlicherweise als Nebenbaumart auftretend, hat sich aufgrund forstlicher Förderung die Fichte zur vorherrschenden Baumart etabliert. Weitere ca. 30000 Hektar „möglicher bis geeigneter Fichten“ kommen im Bereich der krautreichen, frischen, karbonat- oder basenreichen, (mäßig) nährstoffreichen, mesophilen Standorten der Buchen(misch)wälder vor. Kennzeichnend für den in planarer bis (hoch)montaner Höhenstufe vorkommenden Waldmeister-Buchenwald (Galio odorati-Fagetum) ist die starke standörtliche Gliederung mit Mull als

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Humusform und lehmigem Substrat. Auf frischen kalk-/basenreichen Standorten findet sich der artenreichere Waldgersten-Buchenwald (Hordelymo-Fagetum). Beide Waldgesellschaften führen natürlicherweise als Nebenbaumart Fichte, welche sich bei forstlicher Förderung als ertragreich erweist und derzeit auf zahlreichen Standorten dominiert. Im Ahorn-Eschenwald (Fraxino-Aceretum) kommen 1400 Hektar „bedingt geeignete Fichenstandorte“ vor. Diese kühlfeuchten, schattigen, nährstoffreichen, meist hangexponierten, skelettreichen Standorte sind natürlicherweise v.a. Edellaubhölzern vorbehalten. Insgesamt gibt es 70600 Hektar umzubauende Fläche auf „möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“. Tabelle 3.11: Waldfläche (ha) „möglicher bis geeigneter Fichtenstandorte“, ausgeschieden nach der Standortseignung auf Grund der Standortseigenschaften auf der Basis der natürlichen Waldgesellschaften; waldbauliches Ziel a) Beimischung von 30% Buche, b) Beimischung von 30% sonstiger Laubhölzer Standortseigenschaften (nach Schmidt 1995)

Natürliche Waldgesell- Beimischung von Lb: schaft (nach Schmidt Umbauziel 1995)

Gesamt

a) t 30% Bu b) t30%sLb +d 70% Fi +d 70% Fi

montane-hochmontane Form, basenarm, bodensauer, nährstoffarm, artenarm standörtl. Differenzierung, karbonat-/basenreich, lehmige Braunerden, nährstofreich submontane-montane Form, frisch, kalk-/basenreich, artenreich montane-hochmontane Form, kalk-/basenreich, krautreich hochmontan-subalpine Form, wintermild, schneereich, kalk-/basenreiche Böden, artenreich montane – hochmontane Form, kühl-feucht, schattig, skelettreiche Böden, nährstoffreich

Hainsimsen-Buchenwald, z.T. mit Tanne (Luzulo-Fagetum) Waldmeister-Buchenwald, z.T. mit Tanne (Galio odorati-Fagetum) Waldgersten-Buchenwald, z.T. mit Tanne (Hordelymo-Fagetum) AlpenheckenkirschenTannen-Buchenwald (Lonicera alpigenaeFagetum)

37600

0

37600

15100

0

15100

14800

0

14800

1500

0

1500

200

0

200

0

1400

1400

69200

1400

70600

Bergahorn-Buchenwald (Aceri-Fagetum)

Ahorn-Eschenwald (Fraxino-Aceretum) Gesamt

Mittelfristiges waldbauliches Ziel auf diesen Standorten ist die Einbringung von etwa 30% Mischbaumarten, v.a. der Buche („Umbauziel t 30% Buche+ d 70% Fichte“), und standörtlich abhängig auch anderer Laubbaumarten, insbesondere

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

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der Eiche („Umbauziel t 30% Eiche + sonstiges Laubholz + d 70% Fichte“). Damit wird auch auf diesen Standorten, gemäß der Forderungen eines naturnahen Waldbaus, ein Anteil der Baumarten der potentiell natürlichen Vegetation berücksichtigt. Beim waldbaulichen Vorgehen sollten generell vorhandene Laubbäume möglichst gruppenweise begünstigt werden, die Verjüngung kann über Gruppenschirmstellung und nachfolgenden Femelschlag erfolgen, je nach Situation mit gruppenweisem Buchen-Vorbau und Fichten-Naturverjüngung. 3.4.4 Zusammenfassung und Diskussion Nach den zugrundeliegenden Auswertungen wird für die Wälder Baden-Württembergs insgesamt ein Umbau auf etwa 112000 Hektar (Tabelle 3.12) bzw. ca. 9% der Gesamtwaldfläche in unterschiedlicher Intensität und zeitlicher Dringlichkeit angestrebt. Umbaubedarf aufgrund fehlender Standortseignung ausgeschieden nach natürlichen Waldgesellschaften In Tabelle 3.12 ist der Umbaubedarf in den jeweiligen natürlichen Waldgesellschaften zusammengefasst dargestellt. Auf ca. einem Drittel der Fläche (31200 ha) ist ein möglichst vollständiger Umbau der „ungeeigneten Fichtenbestände“ auf Ausschluss-Flächen angeraten (Tabelle 3.12a, 3.5-3.8). Aus Gründen der Risikominimierung bezüglich Windwurf und Fäulnis sollte auf den betroffenen „wenig geeigneten Fichtenstandorten“ der Flächenanteil von Fichte auf maximal 30% reduziert werden. Diese Maßnahme wird auf 10800 Hektar notwendig (Tabelle 3.12b). Ein Hauptteil des bisherigen Fichtenanbaus erfolgte überwiegend auf „möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“, welche den physiologischen Ansprüchen für das Fichtenwachstum zumeist entgegen kommen. Aus ökologischen Gründen ist eine Erhöhung der Baumartenvielfalt in Anbindung der Bestockung an die Hauptbaumarten der natürlichen Waldgesellschaft und mit dem Ziel des Boden- und Wasserschutzes, zur Risikominimierung sowie zum Erhalt der Biodiversität angeraten. Auf 70600 Hektar ist daher eine mittelfristige Einbringung von Buche bzw. geeigneter Laubholzarten sinnvoll, um deren Anteil auf mindestens 30% anzuheben (Tabelle 3.12c). Diese Maßnahme wird derzeit in zahlreichen Landesforstverwaltungen in Deutschland empfohlen (MLR 1994b, 1999; LWF 2003). Die Höhe des beabsichtigten Buchen- bzw. Laubholzanteils von 30% in den fichtendominierten Beständen ist bisher noch eine auf Erfahrung basierende Größe. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass dieser Anteil die Bestandesstabilität verbessert und die waldbauliche Flexibilität zur Reaktion auf wirtschaftliche und umweltbedingte Veränderungen erhöht sowie auch den Forderungen nach einer vermehrten Berücksichtigung der ökologischen Schutzfunktionen verstärkt Rechnung trägt (MLR 1994a). Umfassende und fundierte wissenschaftliche Untersuchungen zu dieser Frage stehen jedoch weitgehend aus. Aus einer Studie von Rothe (1997) geht hervor, dass ein Anteil von 40% Buche in einem

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Fichtenbestand beispielsweise die Säurebelastung und die AuflagehumusMächtigkeit sowie den Stoffeintrag verringert und den Streuumsatz verbessert, wobei die Zuwachsleistung noch bei fast 90% des Fichtenreinbestandes liegt. Eine Verringerung der Nitratkonzentration im Sickerwasser ist an diesem Standort jedoch erst bei einem Buchenanteil von 70% zu erwarten (Rothe u. Kreutzer 1998). Tabelle 3.12: Umbaubedarf (ha) auf Fichtenflächen in Baden-Württemberg, ausgeschieden nach der Standortseignung auf Grund der Standortseigenschaften auf der Basis der natürlichen Waldgesellschaften und getrennt nach Umbauziel. a) „ungeeignete Fichtenstandorte“: für den Fichtenanbau ungeeignete Fläche, Umbauziel 0% Fichte; b) „wenig geeignete Fichtenstandorte“: Beimischung von maximal 30% Fichte; c) „mögliche bis geeignete Fichtenstandorte“: Beimischung von mindestens 30% Buchen- bzw. Laubholzarten. Bu: Buche, Ei: Eiche, Er: Erle, Ta: Tanne, *: für Umbauziel: t 30% sLb+d 70% Fi Fichtenstandorte

Standortseigenschaften (nach Schmidt 1995) (hoch)montan-, basenarm, bodensauer, nährstoffarm, artenarm planar-kollin, feuchtmäßig trocken, saure, nährstoffarme Böden, artenarm standörtl. Differenzierung, karbonat/basenreich, lehmige Braunerden, nährstoffreich submontane-montane Form, frisch, kalk/basenreiche Böden, artenreich trocken-mäßig trocken, lehmig-grusige Böden montane-hochmontane Form, kalk-/basenreiche Böden, krautreich warm-trocken, kalkreich, flachgründighäuftg felsige Steilhänge hochmontan-subalpine Form, wintermild, schneereich, kalk/basenreiche, artenreich z.T. vernässend, sandig, stark sauere, extrem nährstoffarme Böden thermophil, flachgründig,

Natürliche Waldgesellschaft Hainsimsen-Buchenwald, z.T. mit Ta (LuzuloFagetum)

Fichtenfläche [Hektar] a) unge- b) wenig c) möglich eignet geeignet -geeignet Umbau- d30%Fi+ t30%Bu/ ziel sLb+ t70% | 0% Fi Bu/sLb d70% Fi

Gesamt

4500

1700

37600

43800

100

0

0

100

Waldmeister-Buchenwald, z.T. mit Ta (Galio odoratifagetum)

3100

6800

15100

25000

Waldgersten-Buchenwald, z.T. mit Ta (HordelymoFagetum)

1300

2300

14800

18400

100

0

0

100

200

0

1500

1700

7900

0

0

7900

0

0

200

200

Birken-Stieleichenwald (Betulo-Quercetum roboris)

900

0

0

900

Birken-Traubeneichenwald

100

0

0

100

Drahtschmielen-Buchenwald (DeschampsioFagetum)

Buchen-Traubeneichenwald (Fagio-Quercetum petraeae) Alpenheckenkirschen-BuWald (Lonicero alpigenaeFagetum) Seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum) Bergahorn-Buchenwald (Acari-Fagetum)

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

Fichtenstandorte

Standortseigenschaften (nach Schmidt 1995) basenarme, oft steinige Böden grund/stauwasserbeeinflusst, sandig/lehmige Böden sommerwarm, trockennasse, sandig/lehmigtonige, nährstoffarmreiche Böden Waldgrenzbereich, warmtrocken, oft steinig, kalk/basenreich (hoch)montan, kühlfeucht, schattig, skelettreiche, nährstoffreiche Böden feuchtkühle, instabile Stein/Blockschutthänge planare-hochmontane Form, Torf-/anmoorige mineral. Nassböden, oligotroph, licht organische Nassstandorte: nass, überstaut, quelligsumpfig grund-/stauwasser beeinflusst, überstaut/flutet wasserzügige Hänge, quellige Mulden, sickernass, vergleyt mineral. Nassstandorte: sub/ montane Form, überstaut, sickernass, vergleyte, nährstoffreiche Böden

Natürliche Waldgesellschaft (Betulo-Quercetum petreae)

Fichtenfläche [Hektar] a) unge- b) wenig c) möglich eignet geeignet -geeignet Umbau- d30%Fi+ t30%Bu/ ziel sLb+ t70% | 0% Fi Bu/sLb d70% Fi

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Gesamt

Sternmieren-HainBuStielEi-Wald (Stellario holosteae-Carpinetum)

4600

0

0

4600

Waldlabkraut-HainBuTrauben Ei-Wald (Galio sylvatici-Carpinetum)

100

0

0

100

Xerotherme Eichen-Mischwälder (Quercion pubescens-petraeae)

200

0

0

200

0

0

1400*

1400

Edellaub-Steinschutt-& Blockhangwälder (TilioAcerion)

1000

0

0

1000

Rauschbeeren-Moorwälder (Vaccinio uliginosiPicetum)

1000

0

0

1000

200

0

0

200

2900

0

0

2900

Bach-Eschenwälder (Carici remotae-Fraxinetum)

2400

0

0

2400

Hainmieren-SchwarzerlenAuewald (StellarioAlnetum)

600

0

0

600

31200

10800

70600

112600

Ahorn-Eschenwald (Lunario-Acerenion)

Schwarzerlen-Bruch-& Sumpfwälder (Alnion glutinosae) Traubenkirschen-ErEschenwälder (PrunoFraxinetum)

Gesamt

Trotz ihrer Vorteile sind naturnahe Mischwaldbestände keine Patentlösung für alle ökonomischen und ökologischen Probleme. Je nachdem welches Ziel der Waldeigentümer bei der Waldbewirtschaftung in den Vordergrund stellt, ist eine entsprechende Auswahl der Baumartenanteile und der waldbaulichen Maßnahmen, abgestimmt auf regionale und standörtliche Gegebenheiten, erforderlich. Mit deutlicher Abnahme des Nadelbaumanteils kann der Reinertrag abnehmen, während die ökologischen Vorteile in der Regel zunehmen, wie z.B. verbesserte Bodenfruchtbarkeit, geringerer Schädlingsbefall, erhöhte Grundwasserneubildung und verbesserte Trinkwasserqualität (Heitz 1999; Spiecker et al. 2004). Konsens besteht darin, dass der erhöhte Anteil von Laubbäumen die Entwicklung natur-

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naher Artenzusammensetzung fördert, nicht jedoch unbedingt mit einer erhöhten Biodiversität einhergeht (Anders u. Hofmann 1995; Ammer et al. 1995; Matthes 1998; Jenssen u. Hofmann 2001; Engels u. Ammer 2001). Weitere standortsspezifische Fallstudien wie auch landschaftsbezogene Modelle sind notwendig, um die Empfehlungen zur Frage der Höhe des Laubholzanteils und dessen wirtschaftliche und ökologische Konsequenzen auf eine fundierte Grundlage zu stellen. Umbaubedarf in den Wuchsgebieten Der Hauptumbaubedarf mit einer Waldfläche von jeweils ca. 20-30000 Hektar verteilt sich auf die Wuchsgebiete „Neckarland“ (30400 ha), „Südwestdeutsches Alpenvorland“ (26600 ha), „Schwarzwald (25500 ha) und „Schwäbische Alb“ (22900 ha) (Tabelle 3.13). Ein hoher Anteil von „ungeeigneten Fichtenstandorten“ (Tabelle 3.13a) findet sich in den Wuchsgebieten „Neckarland“ (8600 ha) und „Südwestdeutsches Alpenvorland“ (9900 ha) sowie „Schwäbische Alb“ (7100 ha) insbesondere auf den wechselfeuchten, vernässenden sandig-lehmigen Standorten mit hochgradig sturmwurfgefährdeten Fichtenbeständen anstelle stabiler Stieleichen-Mischwälder, sowie auch auf für die Fichte klimatisch ungünstigen, warmen und niederschlagsarmen, kalkreichen Standorten mit hoher Rotfäulegefahr im Bereich der natürlicherweise meso- oder thermophilen Buchenmischwaldgesellschaften. 4500 Hektar „ungeeigneter Fichtenstandorte“ kommen im Wuchsgebiet „Schwarzwald“ (auch Gebiete im WG „Neckarland“) v.a. auf den submontan-montanen, wechselfeuchten bis vernässenden Standorten auf oft schlecht durchlüfteten und nur flach durchwurzelten Tonböden mit hoher Sturmwurf- und Rotfäulegefährdung vor. Stabile Mischwälder mit einem hohen Tannenanteil in bestimmten Gebieten des WG „Neckarland“ eignen sich für diese Standorte. Eine Reduktion des Fichtenanteils auf maximal 30% zugunsten von geeigneten Laubholzarten sollte auf rund 7000 Hektar „wenig geeigneten Fichtenstandorten“ (Tabelle 3.13b) v.a. im Wuchsgebiet „Neckarland“ (auch Gebiete im WG „Schwarzwald“ und „Südwestdeutsches Alpenvorland“) auf den kalkreichen und rotfäulegefährdeten Standorten aus wirtschaftlichen Gründen mit einer FichtenZeit-Mischung erfolgen. Um die Fichtenreinbestände zu reduzieren und das Umbauziel mit einem Anteil von mindestens 30% Buche bzw. Laubholz zu erreichen, wird in Zukunft noch auf jeweils rund 15-20000 Hektar die Einmischung von Buche bzw. anderen Laubholzarten auf „möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“ (Tabelle 3.13c) in den vier Wuchsgebieten „Schwarzwald“ (14100 ha), „Schwäbische Alb“ (15600 ha), „Südwestdeutsches Alpenvorland“ (15600 ha) und „Neckarland“ (19200 ha) angestrebt.

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

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Tabelle 3.13: Umbaubedarf (ha) auf den Fichtenflächen in Baden-Württemberg, differenziert nach Wuchsgebieten und Umbauziel; a) „ungeeignete Fichtenstandorte“: für den Fichtenanbau ungeeignete Fläche, Umbauziel 0% Fichte; b) „wenig geeignete Fichtenstandorte“: Beimischung von maximal 30% Fichte; c) „mögliche bis geeignete Fichtenstandorte“: Beimischung von mindestens 30% Buchen- bzw. Laubholzarten. Fichtenfläche [Hektar] a) ungeb) wenig c) möglich - Gesamt eignet geeignet geeignet Umbauziel d 30% Fi t 30%Bu/sLb Wuchsgebiet | 0% Fi +t70%Bu +d 70% Fi Oberrh. Tiefland (WG 1) 400 600 100 1100 Odenwald (WG 2) 2000 200 2700 4900 Schwarzwald (WG 3) 4500 1400 19600 25500 Neckarland (WG 4) 8600 7200 14600 30400 Baar-Wutach (WG 5) 2800 400 1700 4900 Schwäbische Alb (WG 6) 7100 0 15800 22900 Südwestdt. Alpenvorland (WG 7) 9900 1000 15700 26600 Gesamt 35300# 10800 70200* 116300 * 400 ha, die im WG 58 Bayrische Alpen liegen, wurden nicht berücksichtigt. Daraus ergibt sich ein Umbaubedarf auf 69800 Hektar # 4100 Hektar wurden auf Grund fehlender Standortsinformationen je Wuchsgebiet zusätzlich den ungeeigneten Standorten zugeordnet. Somit ergibt sich ein Umbaubedarf von 31200 Hektar Fichtenstandorte

Umbaubedarf nach Eigentumsarten In Baden-Württemberg ist der Wald zu ca. 64% in öffentlicher (Staats-, Gemeinde-, Körperschaftswald) und ca. 36% in privater Hand (MLR 2002). Die Waldeigentümerverhältnisse variieren regional z.T. stark (Abbildung 3.3). Aufgeschlüsselt nach Waldeigentumsarten erweist sich ein potentieller Waldumbaubedarf auf „ungeeigneten“, „wenig geeigneten“ und „möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“ auf ca. 7% (60700 ha) der öffentlichen Waldfläche und 12% (55300 ha) der privaten Waldfläche als sinnvoll (Tabelle 3.14). Dies entspricht etwa 13% bzw. 12% der fichtenbestockten Waldfläche in Baden-Württemberg. In den öffentlichen Wäldern Baden-Württembergs finden sich rund 60% der „ungeeigneten Fichtenstandorte“ und rund 50% der „wenig geeigneten bzw. möglichen bis geeigneten Standorte“ (Tabelle 3.14). Eine Reduzierung des Fichtenanteils auf maximal 30% auf „wenig geeigneten Fichtenstandorten“ aus Gründen der Risikoverminderung erscheint auf 7000 Hektar im öffentlichen und 3800 Hektar im privaten Wald als notwendig. Eine Erhöhung der Buchen- bzw. Laubbaumbeimischung auf mindestens 30% auf „möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“ wird mittel- bis langfristig auf ca. 15% (70700 ha) der fichtenbestockten Waldfläche für sinnvoll gehalten. Rund 46% davon entfallen auf den öffentlichen Waldbesitz. Knapp die Hälfte (48%) der postulierten Umbaunotwendigkeit wurde für Waldflächen des privaten Eigentums festgestellt. Legt man die vorgestellten Kriterien

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zur Definition des Umbaubedarfs an, so zeigt sich, dass ein Schwerpunkt im Privatwald zu sehen ist (36% Anteil an der Gesamtwaldfläche, 48% Anteil am Umbaubedarf, 12% Umbaubedarf auf Privatwaldfläche). Es ist damit zu rechnen, dass der Umbau im Privatwald aus ökonomischen Gründen nicht vollständig entsprechend den Zielsetzungen im ökologischen Waldumbau realisiert wird. Dies gilt besonders für die Beimischung von mindestens 30% Buche und anderen Laubbaumarten auf den „möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“. Konzepte zur Information der Privatwaldbesitzer und zum Transfer relevanter Forschungsergebnisse zum Waldumbau werden noch diskutiert. Die Bereitstellung von Fördermitteln gilt als wichtigstes Instrument zur Realisierung des ökologischen Waldumbaus im Privatwald. (siehe Kapitel 8.5). a)

b)

Abbildung 3.3: Verteilung der Waldfläche Baden-Württembergs auf a) öffentliches (Staatswald, Körperschaftswald, Bundeswald) und b) privates Waldeigentum.

Das Wuchsgebiet „Schwarzwald“ spiegelt die Verhältnisse in Baden-Württemberg hinsichtlich eines potentiellen Waldumbaubedarfs auf ungeeigneten und eingeschränkt standortsgeeigneten („wenig geeignete bzw. mögliche bis geeignete Fichtenstandorte“) Fichtenflächen auf unterschiedlichen Standorten (klimatische Situation, Wasserhaushalt, Boden, weitere Standortseigenschaften erfasst über die Zugehörigkeit zu natürlichen Waldgesellschaften) und für die Eigentumsverhältnisse in charakteristischer Weise wider. Der südliche Schwarzwald, gekennzeichnet durch seine heterogenen höhenzonalen, geologischen, klimatischen sowie auch eigentumsgeprägten Verhältnisse, vereint diese Merkmale auf relativ kleiner Fläche. Aus diesem Grund u.a. wurde das Gebiet im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunkts „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft“ als Untersuchungsregion für den Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ (s. Kapitel 2) ausgewählt.

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

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Tabelle 3.14: Potentieller Umbaubedarf (Hektar) auf fichtenbestockten Flächen in BadenWürttemberg, differenziert nach Eigentumsarten, getrennt nach Standortseignung und Umbauziel; a) „ungeeignete Fichtenstandorte“: für den Fichtenanbau ungeeignete Fläche, Umbauziel 0% Fichte; b) „wenig geeignete Fichtenstandorte“: Beimischung von maximal 30% Fichte; c) „mögliche bis geeignete Fichtenstandorte“: Beimischung von mindestens 30% Buchen- bzw. Laubholzarten. Fichtenfläche [Hektar] a) ungeb) wenig c) möglich - Gesamt eignet geeignet geeignet Umbauziel d 30% Fi t 30%Bu/sLb Eigentumsart | 0% Fi +t70%Bu/sLb +d 70% Fi Staatswald 8300 1600 13900 23800 Körperschaftswald 12500 5400 19000 36900 Privatwald 13700 3800 37800 55300 34500# Gesamt 10800 70700 116000 # 3300 Hektar wurden auf Grund fehlender Standortsinformationen je Eigentumsart zusätzlich den ungeeigneten Flächen zugeordnet. Daraus ergibt sich ein Umbaubedarf von 31200 Hektar Fichtenstandorte

Rückblick - bisherige Waldumbaumaßnahmen Die Ziele zum Waldumbau im öffentlichen Wald gelten mehr oder weniger seit Beginn der 1980er Jahre (LFV 1979). Im Vergleich zur ersten Bundeswaldinventur 1987 (BWI I, BMELF 1992) in Baden-Württemberg hat die nach den zugrundeliegenden Kriterien umzubauende Waldfläche in den letzten 15 Jahren bereits um 22% (32800 ha) abgenommen. Die Abnahme und der vollzogene Waldumbau betrug im öffentlichen Wald fast 30% (23600 ha) und im privaten Wald etwa 15% (9200 ha) und zwar zu etwa gleichen Teilen auf den „ungeeigneten“ (8800 ha bzw. 2600 ha) und „wenig geeigneten bzw. möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“ (14800 ha bzw. 6600 ha). Der Hauptteil des Umbaus erfolgte im Wuchsgebiet „Neckarland“ mit rund 15000 Hektar, wovon ca. ein Drittel auf die „ungeeigneten“ und zwei Drittel auf die „wenig geeigneten bzw. möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“ entfiel; damit wurden rund 33% des damaligen Umbauziels vollzogen. Beachtliche Umbauerfolge waren auch in den Wuchsgebieten „Südwestdeutsches Alpenvorland“ (5800 ha), „Schwäbische Alb“ (4400 ha) und „Schwarzwald“ (4000 ha) zu verzeichnen - in den WG „Schwäbische Alb“ und „Schwarzwald“ wurde bereits fast ein Viertel der damaligen „ungeeigneten Fichtenbestände“ umgebaut. Ein Umbau im öffentlichen Wald wurde jährlich auf durchschnittlich 1500 Hektar Waldfläche vollzogen. Einen beträchtlichen Beitrag zum Vollzug des Waldumbaus v.a. auf „ungeeigneten Fichtenstandorten“ bzw. zu einer relativ deutlichen Veränderung der Baumartenanteile in Richtung Laubholzbestockung auch auf „wenig geeigneten bzw. möglichen bis geeigneten Fichtenstandorten“ lieferten die Sturmereignisse Vivian/Wiebke 1990 und Lothar 1999. Die Sturmereignisse 1990 führten v.a. auf „ungeeigneten Standorten“ zu Kahlflächen (MLR 2002). Nach dem Sturm Lothar

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waren fast 40000 Hektar Waldfläche (zum großen Teil auch Mischwälder) in Baden-Württemberg geworfen. Während der Jahre 1961-2000 wurde der Fichtenanteil im öffentlichen Wald um 3% gesenkt. Diese Fichten-Flächenreduktion wurde zusätzlich innerhalb weniger Stunden durch den Sturm Lothar verursacht (MLR 2002). Besonders betroffen waren Teile der Wuchsgebiete im Neckarland, der Nordschwarzwald, „Schwäbische Alb“ und im „Südwestdeutschen Alpenvorland“. Ausblick - Voraussichtlicher Umbaubedarf in den nächsten Jahrzehnten Aus den vorliegenden Ergebnissen lässt sich folgern, dass auf der Grundlage der frühzeitig eingeleiteten Walderneuerungsbemühungen der Landesforstverwaltung Baden-Württembergs fast die Hälfte (45%) der öffentlichen Waldfläche Baden-Württembergs bereits weitgehend naturnah (sehr bis bedingt naturnah; MLR 1999; Aldinger 2001) bestockt ist. Ein großer Anteil der Fichtenbestandestypen befinden sich schon in der Überführungs- und Umbauphase, wobei der Flächenanteil weiter ansteigt. Der Anteil der Naturverjüngung am Verjüngungszugang nimmt weiter kontinuierlich zu, wobei sich das Verjüngungsgeschehen immer mehr von der Freifläche zur Vorausverjüngung unter Schirm verlagert, welche in den Statistiken der Forsteinrichtung häufig noch nicht aufgeführt wird (MLR 2002). Die gesamte geplante Verjüngungsfläche betrug 1981-1990 mehr als 5% der Waldfläche, 1991-2000 sind ca. 4% beabsichtigt, davon sind mehr als 60% Laubmischwaldtypen (v.a. Buchenmischwald) und 25% Tannenmischwald geplant. Die Ausweisung von dauerwaldartig bewirtschafteten Flächen hat zudem stark zugenommen (im vgl. zu FE 1981/1990 von ca. 6000 ha auf fast 40000 ha). Aus der Altersklassenverteilung für den gesamten Wald Baden-Württembergs geht hervor, dass bei einer Produktionszeit für die Fichte von 80-120 Jahren (Schmidt-Vogt 1977) und nach den vorausgesetzten Kriterien in den nächsten 20 Jahren etwa 48000 Hektar fichtenbestockter Waldfläche für einen Waldumbau in Frage kommen. Davon entfallen rund ein Drittel (15000 ha) auf „ungeeignete Fichtenstandorte“ und zwei Drittel (33000 ha) auf eingeschränkt standortsgeeignete („wenig geeignete bzw. mögliche bis geeignete“) Fichtenstandorte, wobei auf einem Hauptteil dieser Fläche (89%, 29400 ha) weiterhin die Anreicherung mit einem Buchen- bzw. Laubholzanteil mit etwa 30% im Vordergrund steht. Betrachtet man den Zeitraum von weiteren 20 Jahren, ergibt sich ein Umbaubedarf von rund 78000 Hektar für den Gesamtwald Baden-Württembergs – rund ein Viertel auf „ungeeigneten Fichtenstandorten“ und etwa drei Viertel auf eingeschränkt standortsgeeigneten („wenig geeignete bzw. mögliche bis geeignete“) Fichtenstandorten. Für den öffentlichen Wald in Baden-Württemberg (ca. 64%) bedeutet dies für die nächsten 40 Jahre einen jährlichen Umbaubedarf von rund 1300 Hektar. Insgesamt wird deutlich, dass die Konzepte naturnaher multifunktionaler Waldwirtschaft bei der Bewirtschaftung des öffentlichen Waldes in Baden-Württemberg bereits in der Vergangenheit berücksichtigt wurden, sichtbar an den sich

3 Umbaubedarf in Fichtenwäldern Baden-Württembergs

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allmählich vollziehenden Veränderungen. Auch für die zukünftige Bewirtschaftung sind die Weichen in Richtung nachhaltiger multifunktionaler Waldbewirtschaftung gestellt. Dennoch herrscht weiterhin ein erheblicher Forschungsbedarf sowohl in ökologischen und ökonomischen Belangen (s. Kap 5 und 8.5). Der Projektverbund „Südlicher Schwarzwald“ trägt im Rahmen des Förderschwerpunktes „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft“ bereits zur Klärung verschiedener Fragen der Anwendungs- und Grundlagenforschung bei.

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Der Zusammenhang zwischen Wuchsleistung und Standort bei Fichte, Tanne und Buche auf den wichtigsten Standortseinheiten des Südschwarzwaldes

G. Kändler, U. Riemer

4.1 Einleitung Die Kenntnis des Holzvolumenzuwachses ist eine Voraussetzung für die planmäßige und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes. Die Entwicklung von Methoden zur Bestimmung des Zuwachses und die Erforschung der wesentlichen, den Zuwachs beeinflussenden Faktoren gehören zu den ältesten Forschungsgebieten der Forstwissenschaften und waren Anlass für die Begründung des langfristigen forstlichen Versuchswesens. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählte von Anfang an die Aufstellung von Ertragstafeln (Ganghofer 1881). Wegen langfristig wirksamer Veränderungen der Standorte durch klimatische und anthropogene Einflüsse sowie Veränderungen im Aufbau und der Behandlung der Bestände (Pretzsch 1992) muss der Anspruch, dauerhaft gültige Ertragstafeln zu formulieren, in Frage gestellt werden. Andererseits liegen für viele Standorte immer noch nicht ausreichende, auf repräsentativen Erhebungen basierende Informationen über den Zuwachs und das Leistungsvermögen der Baumarten vor. Dies trifft insbesondere für den südlichen Schwarzwald zu. Unter Wuchsleistung wird die Fähigkeit einer Baumart verstanden, auf einem Standort in einer Zeit- und auf einer Flächeneinheit Biomasse zu produzieren (Ertragsvermögen, Ertragsfähigkeit). Ein anderer Begriff für Wuchsleistung ist die Produktivität als Ausdruck der Leistungskraft eines Waldstandorts. Sie müsste eigentlich durch den Biomassezuwachs, also die Zunahme an Trockensubstanz in kg ha-1 a-1 gemessen werden. Da aber der wirtschaftliche Wert der Holzproduktion durch das Volumen der Stämme bestimmt wird, kann die Produktivität von Wald auf die Volumenproduktion beschränkt werden. Zur Klassifikation der Wuchsleistung (Bonitierung) gibt es prinzipiell zwei Verfahren, einen ökologischen oder einen messenden Ansatz (Alemdag 1991). Die ökologische Standortsklassifikation basiert auf einer Vegetationsansprache, da Pflanzengesellschaften und ihre Zusammensetzung nach Arten und Häufigkeiten ohne wesentliche anthropogene Einflüsse Ausdruck wirksamer klimatischer und K. von Teuffel et al (Hrsg.) Waldumbau für eine zukunftsorientierte Waldwirtschaft ” Springer Verlag Berlin Heidelberg 2005

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edaphischer Faktoren sind, die das Leistungsvermögen eines Standorts bestimmen (ökologische Artengruppen und Zeigerpflanzen) (vgl. Cajander 1926). Eine Alternative hierzu ist die direkte Messung. Die Wuchsleistung eines Standorts kann auf verschiedene Weise quantifiziert werden: (1) als die baumarten- und altersspezifische Zunahme an Derbholzvolumen je Flächeneinheit innerhalb einer Zeitperiode oder (2) über die Höhe, die ein Bestand in einem bestimmten Alter erreicht. Die Quantifizierung der Wuchsleistung in Volumen je Zeit- und Flächeneinheit (in einer definierten Periode, z.B. bis zum Alter 100) ergibt anschauliche Werte, da der Ertrag in einer unmittelbar interessierenden Größe angegeben wird. Wegen der notwendigen langen Produktionsperiode bis zu einem bestimmten Alter besteht aber das praktische Problem, dass diese Größe nicht einfach zu ermitteln ist. Mit vertretbarem Aufwand kann allenfalls der laufende Zuwachs für kürzere Perioden berechnet werden. Als direkt messbare Größe hat sich daher die Höhe in einem definierten Bonitierungsalter als Weiser für die Wuchsleistung durchgesetzt. Die Alters-Höhen-Beziehung liegt den meisten Ertragstafeln als Bonitierungssystem zugrunde. Zwischen der von einem Bestand erreichten Höhe und seiner Gesamtwuchsleistung besteht ein Zusammenhang, der als erweitertes Eichhorn’sches Gesetz bekannt ist.1 Voraussetzung für die Kalibrierung und Anwendung messender Höhenbonitierungsverfahren ist jedoch, dass Alter und Mittelhöhe von Beständen definierbar sind. Diese Forderung wird streng genommen nur von gleichaltrigen Reinbeständen erfüllt. Als Höhenbonitätsmaß hat sich die Oberhöhe eines Bestandes durchgesetzt, welche als Höhe des Grundflächenmittelstamms der 100 oder 200 stärksten Bäume je ha berechnet wird.2 Im Rahmen des ökologischen Waldumbaus entstehen jedoch auf großer Fläche des Südschwarzwaldes ungleichaltrige und strukturreiche Mischbestände. Damit ist langfristig die Voraussetzung für die Anwendung der Alters-Höhen-Bonitierung nicht mehr gegeben. Untersuchungsziel ist die Ermittlung der aktuellen Wuchsleistung der Hauptbaumarten des Bergmischwalds Fichte, Tanne und Buche auf den wichtigsten Standortseinheiten des Südschwarzwaldes. Damit soll die Grundlage für eine künftige standortsbezogene Bestimmung der Wuchsleistung als Ersatz für die bis1

2

Nach Assmann (1966) wird dieser Zusammenhang als allgemeines Ertragsniveau bezeichnet. Da aber die tatsächliche Gesamtwuchsleistung (GWL) für eine gegebene Bestandeshöhe in einer nicht unerheblichen Bandbreite von r 30% und mehr schwanken kann, hat Assmann eine weitere Beziehung vorgeschlagen, die als spezielles Ertragsniveau bezeichnet wird. Sie gibt die Gesamtwuchsleistung bei gegebener Höhe und einem bestimmten Alter und damit bei einer festgelegten Höhenbonität an (GWL = f (h, t)). Über das Ertragsniveau kann aus der Höhe die Wuchsleistung als Volumenzuwachs je ha und Jahr hergeleitet werden (Durchschnittlicher Gesamtzuwachs (dGz) als Bonität). Wesentlicher Vorteil der Oberhöhe ist ihre Unempfindlichkeit gegenüber Durchforstungseingriffen. Die Definition des zugrundeliegenden Bestandeskollektivs ist nach Autor unterschiedlich: es gibt absolut gleichbleibende Stammzahlen je ha (die 100 oder 200 stärksten Bäume je ha) oder eine relativ gleichbleibende Anzahl stärkster Bäume je ha, z.B. die 20% stärksten Bäume (Oberhöhe nach Weise, vgl. Wenk et al. 1990).

4 Zusammenhang zw. Wuchsleistung und Standort im Südschwarzwald

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herige Alters-Höhen-Bonitierung geschaffen werden. Das Teilprojekt leistet somit einen Beitrag zum Themenkomplex „Planungs- und Kontrollsysteme für die Bewirtschaftung von Umbaubeständen und strukturreichen Mischbeständen“. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf die Analyse des Zusammenhangs zwischen Standort und Wuchsleistung mit dem Ziel zu prüfen, inwieweit sich die Wuchsleistung durch standörtliche Faktoren erklären lässt. Gelingt es, ein Schätzmodell zu kalibrieren, welches die baumartenspezifische Wuchsleistung anhand von Standortsfaktoren vorhersagt, kann dieses Modell die klassische Alters-Höhen-Bonitierung ersetzen. Die Ermittlung des aktuellen Zuwachsniveaus für das gesamte Untersuchungsgebiet erfordert dagegen repräsentative Stichproben, was beispielsweise bei der Bundeswaldinventur gewährleistet ist. Die in dieser Studie entwickelten Modelle können mit Inventurdaten verknüpft werden, um regional repräsentative Daten über das aktuelle Zuwachsniveau zu schätzen.3

4.2 Material und Methoden

4.2.1 Untersuchungsgebiet Das Untersuchungsgebiet liegt im Südwesten Baden-Württembergs zwischen Freiburg i. Br., Müllheim, Kandern und Waldshut-Tiengen. Die Geologie des Südschwarzwaldes ist überwiegend kristallinen Ursprungs. Die mesozoischen Schichten sind weitgehend freigelegt und bestehen vor allem aus kristallinen Schiefergesteinen (Gneise), Graniten und Porphyren. Bei der Bodenbildung spielt die Körnung der Gesteine eine deutlich wichtigere Rolle als die chemische Zusammensetzung. Die Granite bilden daher abhängig von der Körnung des Gesteins meist lehmige Böden, die Gneise verwittern meist zu flachgründigen und ärmeren Böden (Schlenker und Müller 1978). Nach Gradmann (1931) ist das Schwarzwaldklima überwiegend atlantisch geprägt: geringe Temperaturschwankungen, hohe Niederschlagsmengen, starkes Hervortreten der WinterNiederschläge sowie lange und schneereiche, aber relativ milde Winter (Schlenker und Müller 1978). 4.2.2 Untersuchungsstandorte Die Probenahme wurde im Staatswald durchgeführt, für den im Untersuchungsgebiet eine vollständige lokale Standortsgliederung vorliegt. Das System des südwestdeutschen standortkundlichen Verfahrens4 wird hier verkürzt 3 4

Diese Auswertungen sind in einer gesonderten Studie vorgesehen. Die Grundsätze des Verfahrens finden sich z.B. bei Arbeitskreis Standortskartierung (1980), bei Mühlhäußer et al. (1985) und Schlenker (1964).

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wiedergegeben: Als regionale Einheiten werden Wuchsgebiete und Wuchsbezirke ausgeschieden. Wuchsgebiete sind Großlandschaften Baden-Württembergs, die im Hinblick auf Landschaftsform und Gesteinscharakter Gemeinsamkeiten aufweisen. Die weitere Untergliederung in Einzelwuchsbezirke erfolgt nach regionaler Klimadifferenzierung, Landschaftsform und Geologie. In der lokalen Gliederung werden Ökoserien und Standorteinheiten unterschieden. Die Ökoserie fasst Bodenformen ähnlicher Substrate zusammen, die vor allem bezüglich des Wurzelraums vergleichbar sind. Die Ökoserie lässt sich in Standorteinheiten untergliedern. Diese sind zusammengefasste Einzelstandorte, die sich nach Wasser- und Nährstoffgehaltsstufen unterscheiden und dadurch ähnliche waldbauliche Möglichkeiten, Risiken und Leistungen der Hauptbaumarten erwarten lassen (Arbeitskreis Standortskartierung in der Arbeitsgemeinschaft Forsteinrichtung 1980). Nach dieser Gliederung wurde die Untersuchung im Wuchsgebiet 3 Schwarzwald in den Einzelwuchsbezirken (EWB) 3/09 Mittlerer Schwarzwald zwischen Kinzig und Dreisam5, 3/10 Südschwarzwald und 3/11 Hotzenwald durchgeführt. In den Einzelwuchsbezirken im Bereich des Südschwarzwaldes werden durch den Mittelgebirgscharakter klimatisch sehr uneinheitliche Gebiete ausgebildet. Dieser Gebietscharakteristik wird durch eine vertikal-zonale Gliederung in Höhenstufen Rechnung getragen. Die Untersuchung umfasst die Höhenstufen im Einzelwuchsbezirk EWB 3/09 montan, EWB 3/10 submontan, montan, hochmontan und EWB 3/11 montan. Ein Kriterium für die Standortsauswahl war die flächenmäßige Bedeutung der vorkommenden Standortseinheiten in der jeweiligen Höhenstufe. Mit Hilfe der Standortsdatenbank der Abt. Waldökologie der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg wurden zunächst die Regionalen Standorteinheiten mit einem Flächenvorkommen von über 1000 ha innerhalb der Höhenstufe für das Untersuchungsgebiet ausgeschieden. Als Folge der Sturmereignisse vom 26.12.1999 (Orkan „Lothar“) musste der Stichprobenumfang insgesamt deutlich reduziert werden. Darüber hinaus wurden Standortseinheiten beprobt, die nicht dem ursprünglichen Kriterium einer Mindestfläche von mehr als 1000 ha je Höhenstufe entsprachen. Wegen der Einbeziehung von regionalen Einzelstandorten mit deutlich geringerer Verbreitung in den drei Einzelwuchsbezirken wurde die Bildung von Standortseinheiten-Gruppen notwendig. Die nach der Datenbankabfrage geeigneten Bestände wurden mit den Forsteinrichtungsdaten nach den Kriterien Baumart, Altersstufe und Baumartenanteile verschnitten. Die Ergebnisliste diente als Entscheidungshilfe zur Auswahl der Untersuchungsbestände. Die endgültige Festlegung der Flächen wurde in enger Abstimmung mit den Forstämtern und Revieren vor Ort getroffen. An den Untersuchungsstandorten wurde die Hangneigung, die Lage am Hang, und die Exposition erfasst.

5

Das Projektgebiet Südschwarzwald wurde um das Forstamt St. Märgen im EWB 3/09 erweitert.

4 Zusammenhang zw. Wuchsleistung und Standort im Südschwarzwald

63

4.2.3 Wuchsleistungsgruppen Die Abteilung Waldökologie der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg hat die Vielzahl an verschiedenen regionalen Einzelstandorten zu Gruppen für den mittleren und südlichen Schwarzwald zusammengestellt und wie folgt definiert: Unter dem Begriff „Wuchsleistungsgruppen“ werden Gruppen von regionalen Standortseinheiten zusammengefasst, die den Hauptbaumarten vergleichbare Wuchsbedingungen bieten. Für den Bereich des Südschwarzwald wurden auf Basis von Kenntnis und Erfahrung der Kartierer fünf Klassen von „sehr gut wüchsig“ (1) bis „sehr mattwüchsig“ (5) gebildet. Die Wasserhaushaltsstufen sind hierbei das Hauptkriterium, es spielen, wenn auch mit geringerem Einfluss, Durchwurzelbarkeit, Nährstoffversorgung im Zusammenhang mit der Verwitterungsfähigkeit und Bodenbildung hinein. (Wiebel 2003, mündliche Mitteilung; Schreiner 2003, mündliche Mitteilung). 4.2.4 Bestandes- und Baumauswahl Für die Auswahl der Untersuchungsbestände war neben den standortskundlichen Kriterien auch der Zeitpunkt des letzten Durchforstungseingriffs entscheidend. Für den Zeitraum von 1990-1999 sollte das Nachbarschaftsverhältnis der Probebäume nahezu unbeeinträchtigt sein. Hinweise auf zurückliegende Durchforstungseingriffe wurden von den zuständigen Revierleitern gegeben. Es wurde darauf geachtet, dass in der näheren Umgebung der ausgewählten Probebäume keine frischen Stöcke (jünger als ca. 10 Jahre) oder ältere Stöcke größerer Dimension vorhanden waren, die erkennbaren Einfluss auf die Kronenform der zu analysierenden Bäume hatten. Die Probebäume der Baumarten Fichte, Tanne und Buche wurden nach den folgenden Kriterien (in der Reihenfolge abnehmender Präferenz) ausgewählt:  vorherrschende und herrschende Bäume (soziale Stellung nach Kraft: 1 und 2),  große relative Kronenlänge (> 30 % der Baumhöhe),  nach allen Seiten gut ausgeprägte Kronenform, keine erkennbaren Deformationen oder Stammbrüche im Kronenbereich,  keine erkennbaren Schäden am Schaft im Bereich des d1,3 und d7, die den Jahrringaufbau unnatürlich stören,  möglichst deutlich ausgeprägter Totastbereich (als Zeichen für die soziale Stellung in der Jugendphase),  Alter zwischen 40 und 100 Jahren,  keine Zwieselbildung unterhalb des d7 bei der Baumart Buche,  kein Befahrungseinfluss durch Wege, Rückegassen, etc.,  Abstand zur benachbarten Standorteinheit wenigstens 30m. Die Einhaltung der ursprünglich vorgesehenen Auswahlkriterien war im Laufe der Probenentnahme nicht immer konsequent möglich, da in Folge des Sturms „Lothar“, kurz nach Beginn des Projektes, aus forstbetrieblichen Gründen die Gewinnung von Probebäumen erschwert war (Einschlagsstopp).

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4.2.5 Erfassung der Baummerkmale Am stehenden Untersuchungsbaum wurden neben der Baumart, die Durchmesser in 50 cm (d0,5) und in 1,30 m (d1,3) Höhe gemessen, die Kraft´sche Klasse eingeschätzt sowie die Baumnummer, der d1,3 und die Nordrichtung markiert. Das aktuelle Konkurrenzverhältnis zu den Nachbarbäumen wurde über Azimut und Distanz festgehalten. Bei den Nachbarbäumen wurden ebenfalls Baumart, d1,3 und Kraft´sche Klasse erhoben. Anschließend wurde der Untersuchungsbaum gefällt und liegend vermessen. Dabei wurden weitere Stammdurchmesser (d2, d4, d7) mit dem Umfangmaßband erfasst; die Baumlänge (Höhe) und die Kronenansatzhöhe wurden mit einem Maßband zentimetergenau erhoben. Als Kronenansatz wurde bei Fichte und Tanne der Quirl mit den ersten drei grünen Ästen, bei Buche der erste grüne Ast der Primärkrone betrachtet. Die markierte d1,3 -Scheibe wurde entnommen, und bei 7m wurden zwei um 90° versetzte Bohrkernproben gezogen. 4.2.6 Analyse des Durchmesserwachstums Die Analyse des Dickenwachstums beschränkt sich in dieser Arbeit auf eine Stammscheibe aus 1,3 m und zwei Bohrkerne aus 7 m Höhe. Die Vermessung der Holzproben wurde mit Hilfe eines halbautomatischen Bildanalysesystems am Institut für Waldwachstum der Universität Freiburg durchgeführt. Bei der d1,3Scheibe wurden jeweils acht Radien vermessen und auf Plausibilität geprüft. Im Gegensatz zu der Radialzuwachsermittlung bei d1,3-Scheiben wurde bei den Bohrkernen die Jahrringbreite, die kürzeste Strecke zwischen zwei benachbarten Jahrringgrenzen, ermittelt.6 Es wurden nur vollständige Bohrkerne ausgewertet, die erkennbar von der Rinde bis zum inneren Bereich rekonstruierbar waren. Zur Plausibilitätsprüfung wurden die Jahrringbreiten der Bohrkerne mit den Radialzuwächsen der d1,3-Scheibe verglichen. 4.2.7 Höhenanalyse Die Höhenanalyse dient der Rekonstruktion des jährlichen Höhenzuwachses7 eines Baumes. Am gefällten Probebaum werden durch ein stammbündig ausgelegtes Maßband die jährlichen Höhentriebe zentimetergenau erfasst. Die Höhentriebgrenze bilden hierbei die unteren Schuppenblätter der Terminalknospe. Sie hinterlassen beim Austreiben Rindennarben, sog. Knospenschuppenspuren oder Triebbasisnarben.8 Die Absicherung der Höhenanalyse erfolgte für jeden Baum durch die Jahrringauszählung von mindestens einer Kontrollscheibe aus dem Gipfelbereich. Bei der Baumart Buche sind die Triebbasisnarben mit 6

7 8

Die Methodik der Stammscheiben- und Bohrkernanalyse folgt im Wesentlichen den Empfehlungen von Weise (1987). Der Begriff „Höhe“ wird hier statt des formal korrekten Begriffs „Länge“ verwendet. Die Durchführung der Höhenanalyse wird z.B. bei Roloff (1986) oder Untheim (1996) ausführlicher beschrieben.

4 Zusammenhang zw. Wuchsleistung und Standort im Südschwarzwald

65

zunehmender Rindenbildung kaum oder nur sehr schwer zu erkennen. Daher wurde das Aufnahmeverfahren dahingehend modifiziert, dass im Abstand von 50 cm fortlaufend Scheiben entnommen wurden, über deren Jahrringanzahl der jährlichen Höhenzuwachs durch Interpolation rekonstruiert werden konnte (vgl. Carmean 1972, Newberry 1991, Untheim 1996). Hierfür wurde das von Newberry (1991) verbesserte Verfahren von Carmean (1972) gewählt (vgl. Untheim 1996). In dieser Untersuchung beschränkte sich die Höhenanalyse auf die Rekonstruktion der letzten 15-20 Höhentriebe. 4.2.8 Ermittelte Zuwachsgrößen Auf der Grundlage der Radialzuwachs- und Jahrringbreitenanalyse (Stammscheibe in 1,3 m Höhe und Bohrkerne in 7 m Höhe) sowie der Höhentriebanalyse konnten für jeden Baum die das Volumen (v) bestimmenden Merkmale Durchmesser in 1,3 m (d1,3) und in 7 m Höhe (d7) sowie Höhe (h) und deren Zuwachs berechnet werden. Aus diesen Größen wurde schließlich das Volumen bzw. der Volumenzuwachs für eine Periode abgeleitet. Das aktuelle Einzelbaumvolumen wurde über Volumenfunktionen9 mit den Eingangsgrößen Baumart, d1,3, d7 und h hergeleitet (Kublin 2003). Tabelle 4.1: Beschreibung des Stichprobenkollektivs der Zuwachsperiode 1990 bis 1999 Baumart

N

Fichte

397

Tanne

133

Buche

240

™

770

Mittleres Alter10 66,8 (26,1) [37; 171] 84,4 (32,6) [40; 165] 68,2 (13,5) [44; 109]

Mittlerer d1,3

Mittlere Höhe

Mittleres Volumen

[cm mR]

[m]

[m³ mR]

36,6 (9,4) [18,7; 67,1] 40,9 (11,3) [18,7; 64,6] 26,7 (5,9) [13,7; 44,9]

24,8 (5,0) [13,4; 39,8] 23,6 (4,9) [13,2; 35,3] 21,3 (3,8) [12,5; 34,2]

1,417 (0,910) [0,197; 5,106] 1,742 (1,065) [0,208; 3,912] 0,689 (0,455) [0,101; 2,678]

Die Mittelwerte beziehen sich auf die Mitte der Periode 1990 bis 1999; Standardabweichung in runden Klammern; Minimum, Maximum in eckigen Klammern

Methodisch bedingt, konnte das Wachstum dieser drei Größen d1,3, d7 und h für unterschiedlich lange Zeiträume rekonstruiert werden: Die längste Zeitreihe liefert die Stammscheibe in 1,3 m Höhe für den d1,3, deutlich kürzer sind die Chronologien für den d7 (Bohrkern) und die Höhe h. Um die teilweise erheblichen interannuellen Schwankungen des Zuwachses auszugleichen, sollten die Probebäume 9 10

Programmbibliothek BDAT (Kublin 2003) Zu dem ermittelten Stammscheibenalter wurden pauschal 10 Jahre aufgeschlagen. Vergleichbare Untersuchungen ermittelten Alterszuschläge von 10 bis 12 Jahren bei der Fichte und 10 Jahren bei der Buche (vgl. Untheim 1986, S. 107).

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eine einheitliche 10 jährige Periode von 1990 bis 1999 abdecken. Für diese Zuwachsperiode standen 770 Bäume zur Verfügung. Anhand dieses Probebaumkollektivs ließ sich der Volumenzuwachs der 1990er Jahre charakterisieren. 4.2.9 Alters-Höhen-Bonitierung Wenngleich wesentliches Untersuchungsziel die Erarbeitung eines Bonitierungsmodells als Ersatz der Alters-Höhen-Bonitierung ist, musste zunächst ein Weg gefunden werden, die Wuchsleistung auf einer vergleichbaren Basis zu messen. Als Referenz konnte vorerst nur eine Alters-Höhen-Bonitierung genutzt werden. Im Übrigen können die Wälder im Untersuchungsgebiet auch heute noch Altersklassen zugeordnet werden, wenngleich die Bestände zunehmend ungleichaltrig werden. Da die Stammscheibenanalysen präzise Alterswerte (in 1,3m Höhe) und die Höhentriebmessungen relativ genaue Höhenzuwächse liefern, war es ermöglich, ein empirisches Bonitätssystem für das Untersuchungsgebiet anzupassen, allerdings als sogenannte unechte Zeitreihe. Denn die Alters-HöhenKurven wurden für jede Baumart anhand des Höhenzuwachses in der Periode 1990 bis 1999 berechnet. Als Modell wurde die Trendfunktion nach Sloboda (1972) verwendet. Diese Wachstumsfunktion gehört zu den Bezugsjahr-invarianten Modellen (Cao 1993, Cieszewski 2003) und erlaubt es, ausgehend von der in einem Zeitpunkt (Alter) t1 erreichten Höhe h1 die Höhe h2 im Alter t2 zu schätzen: h2 = f(t1, h1, t2) (Abbildung 4.1). Die Funktion stellt somit ein AltersHöhen-Bonitierungssystem dar, wie es jeder Ertragstafel mit Höhenbonitierung zugrunde liegt. Die Oberhöhe im Alter 100 als Bonitätsweiser wurde für jede Stichprobe anhand dieses Bonitätssystems geschätzt. In dieser Untersuchung wird unterstellt, dass die entnommenen Probebäume in etwa dem Kollektiv der Oberhöhenbäume entsprechen und die Stichprobenmittelwerte folglich die jeweiligen Bestandesoberhöhen repräsentieren. Anhand dieser Bonitätsfächer konnte für jede Stichprobe die Oberhöhe im Alter 100 als Weiser für die Wuchsleistung geschätzt werden. Die mit dieser Oberhöhe verbundene Gesamtwuchsleistung bzw. der durchschnittliche Gesamtzuwachs bis zum Alter 100 (dGZ100 [m³ ha-1 a-1]) kann unter der Annahme einer Konstanz des „erweiterten Eichhorn’schen Gesetzes“ bestimmt werden, indem die Oberhöhe ho100 in die Gleichung eingesetzt wird, welche die Gesamtwuchsleistung als Funktion der Oberhöhe (GWL = f (ho)) abbildet. In dieser Untersuchung wurden die GWL-Oberhöhen-Gleichungen verwendet, die auch dem aktualisierten Bonitierungssystem der Forsteinrichtung für Baden-Württemberg zugrunde liegen (Bösch 2002).

4 Zusammenhang zw. Wuchsleistung und Standort im Südschwarzwald

67

Abbildung 4.1: Alters-Höhen-Kurven (Bonitätsfächer) für die Fichte im UG Südschwarzwald, hergeleitet aus den Höhenzuwächsen der Periode 1990 bis 1999

4.2.10 Ermittlung der Standflächen der Probebäume Jedem Baum kann innerhalb eines Bestandes ein Standraum zugewiesen werden. Dieser Standraum ist ein Maß für den Entwicklungsraum, innerhalb dessen sich der Baum ausdehnen (wachsen) kann, wobei der Begriff „Raum“ die vertikale Dimension einschließt. Bei der Modellierung des Baumwachstums innerhalb von Beständen, also unter Konkurrenz, spielt der einem Baum innerhalb eines Bestandes zur Verfügung stehende Raum eine wichtige Rolle. Die horizontale Projektion des Standraums eines Baumes wird nach Assmann (1961) als Standfläche bezeichnet und wird von der Kronenschirmfläche zuzüglich des Anteils der nicht überschirmten Bestandesfläche zwischen den Bäumen gebildet. Die Standfläche ist unter Einbeziehung der Dimension der Bäume ein Maß für den Konkurrenzdruck, dem ein Baum ausgesetzt ist, und ist negativ mit der Stammzahl je Flächeneinheit korreliert. Die Standfläche ändert sich im Laufe des Bestandeswachstums auf Grund der Stammzahlabnahme infolge natürlicher Prozesse oder waldbaulicher Eingriffe. Für die Messung der aktuell einem Baum verfügbaren Standfläche wurde das APA-Konzept (area potentially available) verwendet (Brown 1965, Moore et al 1973, Pelz 1978). Wenk et al. (1990) verwenden den Begriff topologische bzw. ökologische Standfläche. Grundlage für die Berechnung der Standfläche eines Probebaums ist die Messung der Entfernungen zu den Nachbarbäumen, die als dessen Konkurrenten betrachtet werden können (Kronenkontakt und/oder vergleichbare soziologische Stellung im herrschenden Kollektiv). Die Abstände zwischen Probebaum und Nachbarn wer-

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G. Kändler, U. Riemer

den anhand des Verhältnisses der (d1,3-)Grundflächen zwischen Probebaum und dem jeweiligen Nachbarn aufgeteilt (Moore et al 1973, Pelz 1978); auf diese Weise wird auf jeder Abstandslinie zwischen Probebaum und Nachbar ein „Scheide“-Punkt festgelegt, in welchem die Senkrechte auf die Abstandsgerade errichtet wird. Sofern der Probebaum annähernd gleichmäßig von Nachbarbäumen umgeben ist, schneiden sich die Senkrechten und bilden ein geschlossenes Polygon. Die Standfläche des Probebaums wird anschließend als Fläche dieses sogenannten Voronoi-Polygons berechnet. Allgemein besteht zwischen dieser Standfläche und dem Volumenzuwachs ein Zusammenhang, ebenso zwischen Standfläche und d1,3 (Abbildung 4.3). Im Rahmen dieser Untersuchung diente die Berechnung der Standfläche in erster Linie dazu, den Volumenzuwachs des Probebaums in einen flächenbezogenen Zuwachswert [m³ ha-1 a-1] umzurechnen.

NB 1 NB 7 NB 2

NB 6

PB NB 3 NB 4

NB 5 PB: Probebaum NB: Nachbarbäume

Abbildung 4.2: Konstruktion der Standfläche eines Probebaums aus der Nachbarschaftskonstellation (Abstände zwischen Probebaum und Nachbarbäumen, die als Konkurrenten identifiziert werden)

4.2.11 Herleitung der Zuwachs- und Bonitierungswerte Die Wuchsleistung als Zielgröße der Analyse wird auf verschiedene Weise quantifiziert: als laufender periodischer, flächenbezogener Volumenzuwachs (lZ [m³ Vorratsderbholz in Rinde je ha und Jahr]), als durchschnittlicher Gesamtzuwachs im Bonitierungsalter 100 (dGZ100 [m³ Vorratsderbholz in Rinde je ha und Jahr]) oder als Oberhöhe im Alter 100 (ho 100 [m]).

4 Zusammenhang zw. Wuchsleistung und Standort im Südschwarzwald

69

Die bei der Modellbildung verwendeten Beobachtungen der untersuchten Zielgrößen (lZ, dGZ100 und ho 100) wurden aus Stichproben berechnet, die aus mindestens vier möglichst gleichaltrigen Probebäumen einer Baumart bestehen und aus demselben Untersuchungsbestand stammen. Dieses Vorgehen entspricht der von Wenk et al. (1990) skizzierten Idee des „Mikrobestands“.11 160 Einzelbeobachtung

140

Ausgleichskurve: Stfl = A*BHD**B

Standfläche [m²]

120 100 80 60 40 20 0 20

30

40

50

60

70

80

d1,3 [cm mR] Abbildung 4.3: Beziehung zwischen der Standfläche und dem d1,3 der Baumart Fichte im Untersuchungsgebiet EWB 3/09-3/11.

Für den laufenden jährlichen Zuwachs lZ wird als Bezugsfläche die nach dem APA-Konzept ermittelte Standfläche verwendet. Für eine Stichprobe i errechnet sich der lZ demnach: ni

¦ iVij lZ i

j 1

ni

¦ Stflij *10 j 1

mit: iVij Stflij

= Volumenzuwachs der Periode 1990 bis 1999 (10 Jahre) des j ten Probebaums in der i ten Stichprobe = Standfläche des j ten Probebaum in der i ten Stichprobe

Insgesamt konnten aus dem Untersuchungsmaterial 93 Stichproben gebildet werden (Fichte 48, Tanne 14, Buche 31). 11

Wenk et al. (1990) betrachten den Einzelbaum als Mikrobestand

70

G. Kändler, U. Riemer

4.2.12 Standortsfaktoren Für die Untersuchung des Standorteinflusses auf die Wuchsleistung müssen neben den die Wuchsleistung beschreibenden Größen (ho 100, dGZ100 und lZ) die Standortseinflüsse mit Hilfe messbarer oder qualitativer Faktoren charakterisiert werden. Für jede Stichprobe liegen folgende Informationen und Daten zum Standort vor (Tabelle 4.2): Tabelle 4.2: Übersicht über geprüfte Standortsfaktoren Faktor

Werte (Einheit)

Bemerkung, Erläuterung

Standortseinheit s. Übersicht (StE) bzw. „Standortseinheiten“ Standortseinheite ngruppe

Def.: Die StE ist die forstökologische Grundeinheit in welcher Einzelstandorte zusammengefasst werden, die zwar nicht völlig identisch sind, sich aber so nahe stehen, dass sie ähnliche waldbauliche Möglichkeiten und Gefahren aufweisen und ähnliche Leistungen der Hauptbaumarten erwarten lassen Ökoserie Def.: Die Ökoserie fasst Bodenformen zusammen, die für die Vegetation ähnliche Substrate bildet und sich im Hinblick auf Bodenart, Bodenschichtung und Struktur nahe stehen und als Wurzelräume der Waldbäume gemeinsame Züge aufweisen. Wuchsleistungsg 10 (sehr gut) Def.: Die Wuchsleistungsgruppe ist das Ergebnis ruppe 20 (durchschnittlich) der standörtlichen Beurteilung der Wüchsigkeit 30 (durchschnittlich mit und fasst Standortseinheiten zusammen, die eine Wasseranspannung) vergleichbare Wuchsleistung erwarten lassen. 40 (mattwüchsig), 50 (sehr mattwüchsig) Wasserhaushaltss 1 bis 5 bzw. „(sehr) tufe der frisch“, „Mäßig frisch“; Standortseinheit „(mäßig) trocken“ Höhe über NN (m) Exposition (gon) bzw. N, O, S, W, E(bene) Indikatoren für Klima (Energieangebot, Geländeneigung (%) Niederschlag, Länge der Vegetationsperiode) Reliefsituation Ebene, Oberhang, Mittelhang, Unterhang

4.2.13 Bestandesparameter Die Wuchsleistung hängt außer vom Standort auch von Bestandesmerkmalen und der waldbaulichen Behandlung ab. Die Bestandesbehandlung wurde nicht explizit charakterisiert, da die Stichproben zufällig aus Beständen des Staatswaldes entnommen wurden, die praxisüblich bewirtschaftet werden. Wie in Kapitel 4.2.4 ausgeführt wurden nur Probebäume aus der herrschenden Schicht

4 Zusammenhang zw. Wuchsleistung und Standort im Südschwarzwald

71

ausgewählt, um Konkurrenzeinflüsse zu minimieren. Als Bestandesmerkmale stehen das mittlere Alter sowie dendrometrische Kennwerte wie Durchmesser bzw. Höhe des Grundflächenmittelstamms oder das mittlere Volumen zur Verfügung.

4.3 Ergebnisse Für die drei die Wuchsleistung beschreibenden Zielgrößen Oberhöhe im Alter 100 (ho 100 [m]), durchschnittlicher Gesamtzuwachs bis zum Alter 100 (dGZ100 [m³ ha-1 a-1]) und laufender Volumenzuwachs (lZ [m³ ha-1 a-1]) wurden verschiedene Vorhersage-Modelle geprüft, welche Standortsfaktoren und Bestandesmerkmale als Prädiktoren enthalten. Die Datenanalyse erfolgte mit der Prozedur GLM (General Linear Model) aus dem Statistik-Paket SAS (Version 8.1). 4.3.1 Schätzung der Oberhöhe im Alter 100 ho 100 Von den geprüften Vorhersagemodellen für ho 100 erwies sich der in Tabelle 4.3 wiedergegebene Ansatz als geeignet. Aus der Menge möglicher Standortsfaktoren sind für die Vorhersage der Oberhöhe im Alter 100 lediglich drei Merkmale signifikant: Die Höhe über NN, in Wechselwirkung mit der Baumart, die Einschätzung des Wuchsleistung nach der Standortskartierung (in drei Klassen: gut bis sehr gut wüchsig, (unter)durchschnittlich, sehr mattwüchsig) sowie die Exposition, wobei nur die Ausprägung Süd signifikant ist. Erklärende Bestandesvariablen sind die Baumart und das mittlere Volumen der Oberhöhenbäume. Das Volumen ersetzt den Alterseinfluss, da es ein Ziel dieser Analyse ist, Schätzmodelle zu kalibrieren, die möglichst ohne das Alter als Prädiktor auskommen. Die Anwendung des Modells lässt sich an folgenden Rechenbeispielen illustrieren: In einer Seehöhe von 700 m erreicht die Fichte mit einem mittleren Volumen im herrschenden Kollektiv von 1,4 m³ m. R. auf einem durchschnittlichen südexponierten Standort eine Oberhöhe von 46,11 + 700* (-0,0117) + 1,4 * (-1,912) + 1,65 § 36,9 m; auf 1000 m Seehöhe beträgt die Oberhöhe unter sonst gleichen Bedingungen § 33,4 m, auf einem mattwüchsigen, nicht südexponierten Standort in 1000 m Höhe wird bei demselben mittleren Volumen eine Oberhöhe von § 25,3 m erreicht; Tannenbestände erreichen bei einem mittleren Volumen von 1,7 m³ m. R. in 1000 m Höhe auf einem sehr wüchsigen, südexponierten Standort eine Oberhöhe von § 29,3 m.

72

G. Kändler, U. Riemer

Tabelle 4.3: Schätzmodell für die Oberhöhen-Bonität im Alter 100 [m] Abhängige Variable: ho 100 Bestimmtheitsmaß: 0,644 (F-Wert 21,95 P 1,3 m“) bestimmt,

106

J. Kretschmer

wobei Verjüngung gemäß der Kluppschwelle für Bäume ab einem BHD < 4 cm definiert wurde (vgl. Foede 2002). Die Umbaustadien sollten hinsichtlich ihres unterschiedlichen Ausgangszustandes in Bezug auf ihre Artenzusammensetzung, räumliche Verteilung und Struktur getrennt für die Bestandes- und Verjüngungsebene statistisch bewertet werden können, um so zwischen einem direkten und einem indirekten anthropogenen Einfluss unterscheiden zu können. Daher wurden auch bei der Analyse zwei verschiedene Betrachtungsebenen differenziert, die zunächst getrennt voneinander im Verlauf des Umbauprozesses untersucht wurden, um sie anschließend zueinander in Beziehung zu setzen. Ziel der Analyse ist dabei sowohl die Ermittlung des gesamten Bestandesaufbaus hinsichtlich der Baumartenzusammensetzung und deren räumliche Struktur als auch die Analyse der Veränderungen der Strukturen auf Verjüngungsebene im Verlauf des Umbauprozesses. 5.3.3.3 Ergebnisse Abbildung 5 5 zeigt die Veränderung der Grundflächenanteile der Hauptbaumarten im Verlauf des Umbauprozesses auf Bestandesebene. Während in den beiden frühen Umbau- und Überführungsstadien noch die Fichte mit 81 bzw. 53 % dominiert, sind die Grundflächenanteile im Dauerwaldstadium mit annähernd einem Drittel je Hauptbaumart nahezu ausgeglichen. Da es sich, wie oben beschrieben, um den anthropogen direkt beeinflussten Bestandesteil handelt, war diese Verschiebung innerhalb des Umbauprozesses erwartungs- und definitionsgemäß, bildet aber dennoch eine wichtige Grundlage für die Analyse der Beziehung zwischen Verjüngung und Ausgangsbestand. G [%] 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.0

6 11

27

33

20

Buche

37

83

Tanne Fichte

53 30 Umbau

Überführung

Dauer

Umbauphase

Abbildung 5.5: Grundflächenanteile [%] der Hauptbaumarten auf Bestandesebene

Die Baumartenanteile der Verjüngungsschicht zeigen einen leicht modifizierten Verlauf wie die der Bestandesschicht (Abbildung 5.6). So dominiert zwar im Umbaustadium auch die Fichte (61 %), allerdings ist zusätzlich durch erste Auflichtungen ein 25 %-iger Anteil an sonstigen Laubbäumen, vor allem an Pioniergehölzen wie Eberesche und Birke, zu finden. Der in der Bestandesschicht erreichte ausgeglichene Zustand an Baumarten ist auf Verjüngungsebene bereits

5.3 Projekte

107

im Überführungsstadium vorzufinden. Im Dauerwaldstadium ergibt sich dagegen ein deutliches Übergewicht an Buchenverjüngung mit einem Anteil von 60 %, also knapp zwei Drittel. Die in den beiden vorherigen Stadien noch zu hohen Anteilen von 25% und 15% beigemischten sonstigen Laubhölzer spielen im Dauerwald aufgrund des höheren Überschirmungsanteils mit 2% keine Rolle mehr. Anteil 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2

6

2

25 6 8

31 60 10

sLb Buche Tanne

62

53

15

Fichte

23

0.1 0.0 Umbau

Überführung

Dauerwald

Umbauphase

Abbildung 5.6: Baumartenanteile der Verjüngungsschicht

Die Korrelation zwischen den Baumartenanteilen des Baumbestandes mit denen der Verjüngung ergab für die drei Umbauphasen Korrelationskoeffizienten zwischen rp = 0,70 (Umbauphase) und 0,77 (Überführungsphase) einer mit 5 % Irrtumswahrscheinlichkeit gesicherten Korrelation. Dies deutet auf einen positiven Zusammenhang, also einen Einfluss, zwischen der Baumartenkombination des Bestandes und der Verjüngung in allen Umbauphasen hin. Die Aufrissbilder aus Abbildung 5.7 zeigen exemplarisch den Aufbau einer Untersuchungsfläche des Forstbezirkes Schluchsee im Verlauf des Umbauprozesses. Dabei werden Unterschiede sowohl in der Baumartenzusammensetzung als auch in ihrer horizontalen und vertikalen Bestandesstruktur deutlich. Während im Umbaustadium noch ein einschichtiger Bestandesaufbau hauptsächlich aus Fichte charakteristisch ist, findet im Überführungsstadium eine trupp- bis horstweise Baumartenanreicherung, vor allem mit Buche, statt. Im Dauerwaldstadium ist zusätzlich zu einer verstärkt heterogenen einzelbaum- bis horstweisen Baumartenzusammensetzung ein mehrschichtiger Bestandesaufbau erkennbar.

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J. Kretschmer

Abbildung 5.7: Aufrissbilder der Umbauphasen des Forstbezirks Schluchsee; Umbau-, Überführungs- und Dauerwaldbestand1

Mit Hilfe geostatistischer Verfahren wurde eine Strukturanalyse auf Verjüngungsebene durchgeführt, die es ermöglicht, die horizontale Variabilität der Verjüngungsanzahl zu erfassen. Durch die Modellierung der räumlichen Autokorrelation der Verjüngungshäufigkeit mit Hilfe des Krigingverfahrens (Abbildung 5. 8) ist es möglich, die Veränderung der horizontalen Verjüngungsstruktur im Verlauf des Umbauprozesses auf ganzer Bestandesfläche darzustellen. Ziel dieses Verfahrens ist die Herleitung von Schätzwerten an Stellen, an denen keine Messungen vorliegen, unter Zurhilfenahme der vorliegenden Messwerte (vgl. Dutter 1985). „Vereinfacht ausgedrückt ist Kriging ein lokales Schätzverfahren mit gewichteter Mittelwertbildung“ (Hoffmann u. Mench 2001). Das abwechslungsreichste Krigingmuster zeigt sich im Überführungsstadium. Dies bedeutet, dass die Autokorrelation zwischen den Verjüngungshäufigkeiten schneller abnimmt und somit heterogenere Verjüngungsanzahlen im Vergleich zu den anderen beiden Phasen des Waldumbaus vorliegen. Dies lässt auf kleinflächig diversere Verjüngungssituationen schließen als im Umbau- und Dauerwaldstadium.

1

Mit WaldSim 3.0 © 1996-2000 by Pommerening u. Lewandowski 2000 erstellt.

5.3 Projekte

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Abbildung 5.8: Krigingmuster der Verjüngungsanzahl der Umbauphasen des Fbz. Schluchsee

Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Überschirmungs- und Verjüngungsdichte konnte jedoch nicht hergestellt werden. Extrapolierbarkeit Die vorgestellten Ergebnisse des Forstbezirkes Schluchsee stehen exemplarisch für die gesamten untersuchten Bestände. Es zeigt sich insgesamt der Trend, dass es trotz heterogeneren Bestandesstrukturen im Dauerwaldstadium zu einer kleinräumig diverseren Verjüngungsstruktur in dem vor allem in der vertikalen Struktur homogener aufgebauten Überführungsstadium kommt.

110

S. Gärtner

5.3.4 Auswirkungen des Waldumbaus auf die Vegetation S. Gärtner

5.3.4.1 Ziele und methodologisches Vorgehen Der „ökologische“ Waldumbau ist ein gezielter waldbaulicher Transformationsprozess der Bestandesstruktur. Mit dem Waldumbau ändern sich die Baumartenzusammensetzung, die Ausfüllung des vertikalen Bestandesraumes und das horizontale Mosaik bewirtschaftungsbedingter Substrukturen innerhalb der forstwirtschaftlichen Behandlungseinheit. Das Ziel dieses Teilprojektes war es, die Veränderung der Vegetation zu analysieren und anhand der Kriterien alpha-Diversität und Naturnähe naturschutzfachlich zu bewerten. Zentral war die Frage nach dem Zusammenhang der beiden Aspekte der Vegetation – der anthropogen direkt beeinflussten Bestandesstruktur und der indirekt beeinflussten Bodenvegetation. Der indirekte Einfluss der Bewirtschaftung wird hier so verstanden, dass beispielsweise das Lichtangebot oder die Veränderung der Förna ein Resultat der Bestandesbehandlung ist. Überprüft werden musste weiterhin, inwieweit die standörtliche Variabilität zwischen den vier untersuchten Forstbezirken (Todtmoos, Schopfheim, St. Blasien und Schluchsee) die Beziehung zwischen Bestandesstruktur und Bodenvegetation überprägt. In den vier genannten Forstbezirken wurden jeweils die vier Stadien des Waldumbaus entsprechend dem unter Abschnitt 5.2.2 (Abbildung 5.2) dargestellten Aufnahmedesign mit insgesamt 80 Aufnahmen erfasst. Für die drei Komponenten des Waldökosystems - die Bestandesstruktur, der Standort und die Bodenvegetation - wurde die Ausprägung verschiedener Variablen erhoben. Mit einer Kombination aus uni- und multivariaten statistischen Verfahren wurden die drei Waldökosystemkomponenten zuerst getrennt analysiert und anschließend die Relationen genauer betrachtet. Da die Beschreibung und ausführliche Erläuterung der Methoden und der statistischen Detailergebnisse einen großen Raum einnehmen würden, wird hier nur eine zusammenfassende Darstellung gegeben (ausführlich: Gärtner 2004). 5.3.4.2 Ergebnisse Die Analyse der Standortseigenschaften der vier Forstbezirke ergab eine Differenzierung in drei Standortstypen. Aufgrund klimatischer Unterschiede lassen sich die Aufnahmen in den beiden südwestlichen Forstbezirken Todtmoos und Schopfheim von jenen im Osten abtrennen. Allerdings können die beiden östlichen Forstbezirke Schluchsee und St. Blasien nicht als standörtliche Einheit betrachtet werden. Vor allem die durchgeführten Kalkungen unterscheiden einen nord-östlichen (Schluchsee) und einen östlichen (St. Blasien) Standortstyp. Eine

5.3 Projekte

111

Beschreibung der Bestandesstrukturveränderung mit dem Waldumbau ist unter Abschnitt 3.3 zu finden. Vier statistisch differenzierte Bodenvegetationstypen konnten klassifiziert werden. Sie wurden in Anlehnung an Oberdorfer (1992) und Ludemann (1994) in das pflanzensoziologische System eingeordnet. Der floristische Gradient der Bodenvegetation lässt durch die Assoziationen Hainsimsen-Tannenwald (LuzuloAbietetum) über den Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum) zu einer verjüngungsreichen sowie einer krautreichen Ausbildung des WaldmeisterBuchenwaldes (Galio-Fagetum) beschreiben. Während auf Seiten der HainsimsenBuchen- und Hainsimsen-Tannenwälder Waldbodenmoose, z. B. Etagenmoos (Hylocomium splendens), Rotstengelmoos (Pleurozium schreberi), Besenförmiges Gabelzahnmoos (Dicranum scoparium) und azidophytische Arten wie Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) und Drahtschmiele (Deschampsia flexuosa) dominieren, sind es auf der anderen Seite anspruchsvollere Kräuter und Farne wie beispielsweise Einbeere (Paris quadrifolia), Goldnessel (Lamium galeobdolon) und Waldmeister (Galium odoratum). Betrachtet man die sich mit dem Waldumbau verändernden einzelnen Bestandesstrukturmerkmale in ihrer Beziehung zur Bodenvegetation, so zeigt sich, dass der Überschirmungsanteil der Fichte und der Laubbaumanteil die entscheidenden Einflussfaktoren für die Vegetationsdifferenzierung sind. Mit der Zunahme des Fichtenanteils ist die Zunahme der Nadelstreu und des relativen Freilandstrahlungsanteils verbunden. In die gleiche Richtung wie der Laubbaumanteil wirken die folgenden Bestandesstrukturmerkmale: der Laubstreuanteil, der Anteil der Buche in der obersten Baumschicht, die Gesamtüberschirmung und der Artenprofilindex (Pretzsch 1996) - eine Maßzahl für die Bestandesstrukturdiversität. Weitere Bestandesstrukturmerkmale, wie z. B. der Tannenanteil, zeigen keinen signifikanten Einfluss auf die Vegetationsdifferenzierung. Die Überprüfung des Standortseinflusses auf die Bodenvegetationsausprägung ergab einen engeren Zusammenhang zwischen Bodenvegetation und Standort als zwischen Bestandesstruktur und Bodenvegetation. Aus diesem Grund muss der Bestandesstruktureinfluss für jeden Standortstyp getrennt betrachtet werden (Abbildung 5.9). Die mit dem Waldumbau einhergehende Vegetationsveränderung ist tendenziell in allen drei Standortstypen ähnlich. Sie pendelt vom aus azidophytischen Arten aufgebauten Bodenvegetationstyp (Luzulo-Abietetum oder Luzulo-Fagetum) zu einer, relativ gesehen, bessere Bedingungen indizierenden Artenkombination (Luzulo-Fagetum oder Galio-Fagetum) und wieder zurück zu Bodenvegetationstypen mit Schwerpunkt im bodensauren Bereich (vgl. Abbildung 5.9). Allerdings unterscheiden sich die Standorte im Ausgangs- und Endpunkt der Entwicklung. Im südwestlichen Standortstyp entspricht die Bodenvegetation im Fichtenreinbestand nicht der einer Nadelwaldgesellschaft. Die assoziierte Bodenvegetation lässt sich dem bodensauren Hainsimsen-Buchenwald zuordnen. Mit Zunahme des Buchen- und Tannenanteils verschiebt sich die Artenzusammensetzung hin zum reichen Waldmeister-Buchenwald. Die Änderung im Osten vollzieht sich fast ausschließlich zwischen dem Hainsimsen-Tannen- und Hainsimsen-Buchenwald.

112

S. Gärtner

Abbildung 5.9: Beziehung zwischen den vier Vegetationstypen (Luzulo-Abietetum, Luzulo-Fagetum, verjüngungsreiche Ausbildung (verjr. Galio-Fagetum) und der krautreichen Ausbildung des Galio-Fagetum (krautr. Galio-Fagetum)) und den vier Umbaustadien (Reinbestand: Reinb., Umbaubestand: Umbau., Überführungsbestand: Überführ. und Dauerwaldbestand: Dauerw. für die drei Standortstypen (südwest, nordost und ost).

5.3 Projekte

113

In Abhängigkeit vom relativen Buchenanteil kommen Buchenwaldarten wie beispielsweise Waldmeister, Himbeere (Rubus idaeus) und Buchenfarn (Thelypteris phegopteris) hinzu und die Nadelwaldbegleiter, beispielsweise Dreilappiges Peitschenmoos (Bazzania trilobata), Herz-Zweiblatt (Listera cordata) und Heidelbeere, treten zurück. Der nordöstliche Standortstyp vermittelt zwischen den beiden „Extremen“. Dort werden während des Waldumbaus alle Bodenvegetationstypen entlang des Gradienten ausgebildet. 5.3.4.3 Schlussfolgerungen Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung gelten für die exemplarisch untersuchten Bestände und Standorte. Der Trend, der sich aus den Ergebnissen herausarbeiten lässt, zeigt, dass die kleinräumige Diversifizierung der Bestandesstruktur im Dauerwald zu einem geringeren Differenzierungsgrad der Bodenvegetation führt als die im Vergleich dazu strukturell homogeneren und von der Baumartenzusammensetzung einheitlicheren frühen Umbaustadien.

5.3.5 Auswirkungen des Waldumbaus auf die Bodenfauna J.-A. Salamon, A. Zaitsev, V. Wolters

5.3.5.1 Ziele und Annahmen Mit dem ökologischen Waldumbau strebt die naturnahe Waldbewirtschaftung den Aufbau mehrschichtiger und strukturreicher Mischwälder an. Über den Einfluss des ökologischen Waldumbaus auf Bodenorganismen und damit auf den Zustand/Umsatz der organischen Bodensubstanz (OBS) ist bisher nur wenig bekannt. Ein zentrales Ziel der bodenökologischen Untersuchungen war es, die Auswirkungen des ökologischen Waldumbaus auf die Bodentiere zu erfassen. Dabei sollten folgende Annahmen überprüft werden: 1. Die Dichte der Primärzersetzer (z. B. Asseln) steigt mit der Zunahme des Deckungsgrades der Laubschicht von den Fichtenreinbeständen zu den Dauerwäldern an. 2. In den aufgelichteten Umbaubeständen (zweites Waldumbaustadium) nimmt die Diversität der Bodenvegetation zu, wovon saprophage (= Streu fressende) Gruppen wie z. B. Regenwürmer profitieren. 3. Änderungen der Populationsdichten der saprophagen Makrofauna im Zuge des ökologischen Waldumbaus wirken sich auch auf deren potenzielle Räuber aus (z. B. Hundertfüßer und Kurzflügelkäfer).

114

J.-A. Salamon, A. Zaitsev, V. Wolters

5.3.5.2 Untersuchungsgebiet und Methoden Als Untersuchungsflächen wurden in drei Forstbezirken des südlichen Schwarzwalds (Schluchsee, St. Blasien, Schopfheim-Gersbach) jeweils ein Fichtenrein-, ein Umbau-, ein Überführungsbestand und ein Dauerwald (strukturreicher Mischbestand) untersucht. An vier Untersuchungsterminen (Mai 2001, September 2001, April 2002, Oktober 2002) wurden die 12 Untersuchungsflächen umfassend beprobt. Erfasst wurden Gruppen der Bodenmakrofauna (z. B. Regenwürmer und Hundertfüßer), Mesofauna (Collembolen und Hornmilben) und Mikrofauna (Nematoden), die zentrale Bestandteile des Zersetzer-Nahrungsnetzes in Waldböden darstellen. Zusätzlich wurden wichtige mikrobielle und abiotische Bodenparameter bestimmt (z. B. die mikrobielle Biomasse und das C/N-Verhältnis). Die Abundanzen der einzelnen Bodentiergruppen wurden einer zweifaktoriellen Varianzanalyse (ANOVA) unterzogen (Faktoren: Standort und Umbaustadium). Die einzelnen Mittelwerte wurden mit dem Tukey-Test (Tukey’s studentized rank test; Sokal u. Rohlf 1995) auf signifikante Unterschiede gestestet. Zur Prüfung des Einflusses abiotischer und mikrobieller Faktoren auf die Verteilung der Arten der saprophagen Makrofauna in den vier untersuchten Umbaustadien wurde eine kanonische Korrespondenzanalyse (CCA) durchgeführt. 5.3.5.3 Ergebnisse In diesem Abschnitt wird speziell auf das Verteilungsmuster der Bodenmakrofauna im September 2001 eingegangen, da in diesen Proben zahlreiche Gruppen der Bodenmakrofauna auf Artniveau bestimmt wurden. Ein Hauptergebnis war, dass sich die verschiedenen Umbaustadien hinsichtlich der Struktur ihrer Bodentiergemeinschaft stark unterscheiden. In den Fichtenreinbeständen erreichten die räuberischen Kurzflügelkäfer (Staphylinidae) ihre höchsten Dichten (Abbildung 5.10a). Vermutlich profitieren die Kurzflügelkäfer in den Fichtenreinbeständen von den hohen Dichten wichtiger Beutetiergruppen wie Collembolen (siehe Hartmann 1979, Salamon 2001). Die Umbaubestände repräsentieren die Initialphase des ökologischen Waldumbaus (Stichwort „Einbringung neuer Baumarten und Auflichtung“) und zeichnen sich durch eine hohe bodenbiologische Aktivität aus: Durch die starke Auflichtung nahm die Artenzahl der Bodenvegetation in den Umbaubeständen zu (siehe Ergebnisse des Projektes „Vegetation“), was wiederum einen Anstieg der Dichte der Regenwürmer (Lumbricidae; Abbildung 5.10b) zur Folge hatte, die vermutlich von der erhöhten Qualität der Nahrungsressourcen (diverse Kraut- und Strauchstreu) profitierten (vgl. Campana et al. 2002). Die erhöhte Dichte der Regenwürmer in den Umbaubeständen begünstigte wiederum Prädatoren wie z. B. die Hundertfüßer (Chilopoda) (Abbildung 5.10c; vgl. Poser 1988, 1990). In der Fortführung zeichnet sich der ökologische Waldumbau vor allem durch die Zunahme des Deckungsgrades der Laubschicht von den Fichtenreinbeständen zu

5.3 Projekte

115

den artenreichen Dauerwäldern (Fichte, Buche, Tanne) hin aus. Damit verengt sich das C/N-Verhältnis der Streu von 30,9 (Fichtenreinbestände) auf 26,1 (Dauerwälder), wovon Primärzersetzer wie die Asseln (Isopoda) profitierten (Abbildung 5.10d), die Streu mit einem engen C/N-Verhältnis als Nahrungsquelle bevorzugen (Dunger 1983, Gisi et al. 1990). Abundanz Regenwürmer

Abundanz Kurzflügelkäfer 80

200

a

(b)

(a) 60 Ind./m²

Ind./m²

40

100

ab 20

50

b

ab

Abundanz Hundertfüßer 250

b

Abundanz Asseln 400

a

(d)

(c) 200

300

ab Ind./m²

150 100 ab 50

ab

0

0

Ind./m²

a

150

ab

200 a

100

b

0

a

a

a

0 Fi Um Üb Da

Fi Um Üb Da

Abbildung 5.10: Mittlere Abundanz der Kurzflügelkäfer (a), Regenwürmer (b), Hundertfüßer (c) und Asseln (d) in den Fichtenrein (Fi)-, Umbau (Um)-, Überführungsbeständen (Üb) und Dauerwäldern (Da). Balken mit gleichen Buchstaben unterscheiden sich nicht signifikant voneinander (p>0.05, Tukey`s minimum significant difference test).

Um den Einfluss der verschiedenen Umweltfaktoren auf die Verteilung der einzelnen Taxa der saprophagen Makrofauna in den vier Bestandestypen zu untersuchen, wurde eine kanonische Korrespondenzanalyse (CCA) durchgeführt (s. Abbildung 5.11). Am stärksten korrelierten die Umweltfaktoren Ergosterolgehalt (Ergo, Maß für die pilzliche Biomasse im Boden), mikrobielle Biomasse (Cmic) und das C/N-Verhältnis (C/N) mit der Verteilung der Taxa der saprophagen Makrofauna, was den Einfluss der Quantität und Qualität der Nahrungsressourcen auf die Streu fressenden Bodentiere widerspiegelt. Faktoren mit geringer Korrelation waren der Deckungsgrad der Laub-, Kraut- und Strauchschicht (Laub, Kraut, Strauch). Die mikrobielle Biomasse und der Ergosterolgehalt korrelierten

116

J.-A. Salamon, A. Zaitsev, V. Wolters

positiv mit den Fichtenreinbeständen. Die beiden Diplopodentaxa Glomeris spec. und Alljulus nitidus fanden sich häufig in den Fichtenreinbeständen und könnten dort das erhöhte Nahrungsangebot (mikrobielle Biomasse) genutzt haben. Der Deckungsgrad des Totholzes (Holz) korrelierte positiv mit den Umbaubeständen, was sich günstig auf die Dichten von Lumbricus spec. (j) und Lumbricus rubellus auswirkte (Stichwort „günstiges Mikroklima“). Lumbricus castaneus, Dendrobaena spec. sowie adulte und juvenile Trichoniscus spec. fanden sich häufig in den Überführungsbeständen und profitierten dort vermutlich von dem relativ engen C/N-Verhältnis der Streuauflage. Eine hohe Artenzahl der Bodenvegetation wirkte sich günstig auf die Dichten von juvenilen Julidae und Octolasion spec. aus. CCA saprophage Taxa

Allajulus nitidus Glomeris spec.

Fichte Ergo Chordeumatidae (j) Mycogona germanicum

Strauch

Cmic

C/N Lumbricus spec. Lumbricus rubellus (j)Holz

Umbau

Dendrodrillus rubidus

Laub Kraut Dauer

Lumbricus castaneus

Überf Dendrobena spec. (j)

Ophyiulus pilosus Julidae (j)

DivVeg Octolasion spec. (j)

Trichoniscus spec.

Trichoniscus spec. (j)

Abbildung 5.11: Ordinationsdiagramm einer kanonischen Korrespondenzanalyse mit Abundanzdaten der Taxa der saprophagen Makrofauna und verschiedenen Umweltfaktoren in den Fichtenrein- (Fichte), Umbau-, Überführungsbeständen (Überf) und Dauerwäldern (Da) (Erläuterungen der Abkürzungen der Umweltvariablen im Text).

Insgesamt weisen die bisherigen Untersuchungsergebnisse darauf hin, dass sich die Struktur der Bodenlebensgemeinschaft im Verlauf des ökologischen Waldumbaus stark verändert. Ein Auflichtungseffekt wie in den Umbaubeständen führt z. B. zu einer Zunahme der Dichte vieler Bodentiergruppen, z. B. der Regenwürmer und Hundertfüßer. Auch strukturelle und mikrobielle Parameter, z. B. der Tot-holzanteil und die pilzliche Biomasse, sind wichtige Steuergrößen für die Dichten einzelner saprophager Arten (z. B. Glomeris spec. und Lumbricus rubellus).

5.3 Projekte

117

Veränderungen im Zuge des ökologischen Waldumbaus wie die Zunahme des Laubbaumanteils von den Fichtenreinbeständen zu den Dauerwäldern verbessern vermutlich langfristig die Qualität der Nahrungsressourcen für Streu fressende Bodentiergruppen und haben somit einen starken Einfluss auf den Zustand und Umsatz der organischen Bodensubstanz. 5.3.5.4 Extrapolierbarkeit der Erkenntnisse von der untersuchten Raumebene auf höhere Raumebenen Die gewonnen Erkenntnisse lassen sich dann gut auf höhere Raumebenen extrapolieren, wenn bestimmte Tiergruppen die gleichen Waldumbaustadien (z. B. Fichtenreinbestände) in verschiedenen Untersuchungsgebieten (z. B. der Vergleich zwischen St. Blasien und Gersbach) bevorzugen. In der vorliegenden Untersuchung konnte eine starke Übereinstimmung bei den Kurzflügelkäfern festgestellt werden. Sie erreichten in allen drei Forstbezirken (Schluchsee, St. Blasien, Gersbach) jeweils in den Fichtenreinbeständen die höchsten Dichten. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Kurzflügelkäfer im südlichen Schwarzwald generell Fichtenreinbestände gegenüber anderen Bestandestypen bevorzugen. Diese Aussage lässt sich noch erweitern, wenn andere Mittelgebirgsräume in den Vergleich mit einbezogen werden. So konnten Sührig u. Schaefer (2001) nachweisen, dass auch im Solling die Kurzflügelkäfer die höchsten Abundanzen in Fichtenreinbeständen erreichen. Offenbar scheinen Kurzflügelkäfer auch im „überregionalen Vergleich“ Fichtenreinbestände gegenüber anderen Bestandestypen zu bevorzugen. 5.3.6 Genetische Aspekte der Einbringung von forstlichem Vermehrungsgut beim Waldumbau: Genetische Zusammensetzung zugelassener Saatguterntebestände der Weißtanne Überprüfung der Herkunftssicherheit der Buche durch Referenzproben A. Dounavi, M. Konnert, E. Cremer, E. Aldinger, E. Hussendörfer

5.3.6.1 Ziele und Hypothese Der Umbau von überwiegend oder ausschließlich mit Fichten bestockten Beständen in den Hochlagen des südlichen Schwarzwaldes hin zu gemischten Beständen aus standortgerechten Baumarten gesicherter Herkünfte wird in erheblichem Umfang nur mittels künstlicher Einbringung von forstlichem Vermehrungsgut, unter anderem der Baumart Weißtanne, zu verwirklichen sein. Für die Realisierung ökologischer und ökonomischer Zielsetzungen im Rahmen einer naturnah orientierten Waldwirtschaft ist es eine wesentliche Voraussetzung,

118

A. Dounavi, M. Konnert, E. Cremer, E. Aldinger, E. Hussendörfer

dass das zum Umbau künstlich einzubringende Vermehrungsgut geeignete genetische Eigenschaften hinsichtlich Angepasstheit, Anpassungsfähigkeit und Leistungsfähigkeit aufweist. Für die Weißtanne ist bekannt, dass zwischen Beständen im Nord- und Süd-Schwarzwald erhebliche genetische Unterschiede bestehen (Konnert 1993, 1995), die im Wesentlichen auf Selektions- und Anpassungsprozesse unter den jeweiligen standörtlichen Bedingungen beruhen dürften. Bei der Weißtanne werden weiterhin ausgeprägte genetische Unterschiede zwischen Beständen unterschiedlicher Höhenlagen beobachtet (Hussendörfer 1997). Für die künstliche Einbringung der Weißtanne in Bestände der höheren Lagen im Südschwarzwald gilt es daher, derartige geographische Variationsmuster genetischer Information zu berücksichtigen. Am Beispiel der Weißtanne wurden genetische Untersuchungen durchgeführt, die zur Herkunftssicherung und zur Beurteilung genetischer Risiken bei der Umwandlung von Nadelholzreinbeständen in Mischbestände in den Hochlagen des südlichen Schwarzwaldes beitragen. Dabei wurde die Einschätzung potentieller Risikosituationen einer Beeinträchtigung genetischer Variation in Abhängigkeit vom Beerntungsmodus zur Gewinnung von Saatgut vorgenommen. Untersucht wurden insbesondere Einflüsse der Anzahl an beernteten Beständen, der Anzahl an beernteten Bäumen je Bestand und der Auswahl der Samenerntebäume. Sowohl die Überprüfung der genetischen Eignung von Saatguterntebeständen als auch die genetischen Untersuchungen, beginnend bei der Gewinnung des Saatgutes bis hin zur praxisüblichen Pflanzenanzucht an Versuchsmaterial bekannter genetischer Zusammensetzung, sind erforderlich, um Beerntungs- und Anzuchtverfahren in Abhängigkeit von der erwünschten genetischen Zusammensetzung des Vermehrungsgutes zu optimieren. Darüber hinaus wurden methodische und technische Fragestellungen für einen effizienten Einsatz biochemisch-genetischer Verfahren, speziell der Isoenzymanalyse, zur Herkunftssicherung im Rahmen eines neuen Kontrollsystems auf der Grundlage von Referenzproben untersucht. Das Verfahren wurde vor seiner Anwendung als Kontrollinstrument in einem Praxistest geprüft und optimiert. 5.3.6.2 Material und Methoden Die genetische Inventur zur Risikoeinschätzung einer Beeinträchtigung genetischer Variation in Abhängigkeit vom Beerntungsmodus zur Gewinnung von Saatgut erfolgte in Buchen-Referenzproben und zehn zugelassenen WeißtannenSamenerntebeständen. Die genetischen Untersuchungen wurden mit Hilfe der Stärkegel-Elektrophorese an den folgenden Enzym-Genorten durchgeführt: LAP (3.4.11.1), AAT (2.6.1.1), IDH (1.1.1.42), MDH (1.1.1.37), MNR (1.6.99.2), NDH (1.6. 99.3), 6PGDH (1.1.1.44), PGM (2.7.5.1), PGI (5.3.1.9) (Konnert und Hussendörfer 2002; Hussendörfer 2003). Zusätzlich wurde die Mindestanzahl von Endospermen (haploide Gewebe) bestimmt, die auf einen diploiden Genotyp einer Tanne bzw. auf die Anzahl der beernteten Bäume schließen lässt. Die aus den Endospermen ermittelten Genotypen aus Einzelbaumsaatgutproben von 20 Weißtannen (Referenzproben R2; FA Spaichingen, Beerntung 2000) wurden als „angenommene“ Genotypen

5.3 Projekte

119

bezeichnet. Zur Kontrolle wurden von diesen 20 Bäumen zusätzlich Knospen entnommen und ebenfalls mittels Isoenzymanalyse untersucht. Aus dieser Untersuchung erhielt man den „tatsächlichen“ Genotyp der Tannen. Basierend auf Referenzproben wurde der Einfluss von verschiedenen Probeziehungen von Tannen- und Buchen-Saatgut auf die Überprüfbarkeit der Herkunftsidentität eingeschätzt. Tannen-Saatgutreferenzproben, die an unterschiedlichen Stellen des Gewinnungsund Produktionsprozesses von forstlichem Vermehrungsgut gewonnen wurden (Bestandesmischprobe: R1, Mischprobe nach der Aufbereitung: R3), wurden auf ihre genetische Struktur hin miteinander verglichen. Dabei wurden drei verschiedene Beerntungen berücksichtigt („FA Bad Herrenalb (Ernte 2002)“, „FA Spaichingen (Ernte 2001)“ und „FA Spaichingen (Ernte 2000)“ ). Die Ergebnisse der biochemisch-genetischen Untersuchungen aus einem BuchenBestand aus Baden-Württemberg (FA St. Märgen, Distrikt 4, Beerntung durch Staatsklenge Nagold) (Konnert u. Hussendörfer 2002) beziehen sich auf die Referenzproben bei der Saatguternte (geklumpt an 20 Stellen auf den Netzen, gleichmäßig verteilt über die ausgelegte Netzfläche und zufällig aus den Transportsäcken) und nach Aufbereitung in der Klenge (Probeziehung von drei verschiedenen Personen). Die genetischen Maße, die zur Beschreibung der genetischen Variation innerhalb der Bestände und der Referenzproben dienten, waren die folgenden: genetische Vielfalt (AL), Heterozygotenanteil (HA) und genetische Diversität (v) (Hattemer et al. 1993). Die genetische Differenzierung zwischen den Beständen und den Referenzproben wurde durch die Unterschiede der genetischen Strukturen jedes Bestandes (oder jeder Referenzprobe) vom gemeinsamen Genpool quantifiziert (d). Die Häufigkeitsverteilungen wurden mittels eines statistischen Tests auf Signifikanz der beobachteten Unterschiede zwischen den Beständen geprüft. Als geeigneter Test wurde der G-Test verwendet. 5.3.6.3 Ergebnisse bei der Weißtanne mit besonderer Berücksichtigung von historischen Aspekten und vom Grad des menschlichen Einflusses Die genetische Variation, wie sie sich in den verschiedenen genetischen Parametern widerspiegelt, war in allen Untersuchungsbeständen relativ gering, was als Folge einer positiv gerichteten Selektion bzw. einer Angepasstheit in die standörtlichen Bedingungen interpretiert werden kann. Allerdings waren die verschiedenen genetischen Parameter unterschiedlich groß für die unterschiedlichen Bestände, ohne dass eine Gruppierung festgestellt werden konnte (Ergebnisse nach Hussendörfer 2003). Dabei war aber ein Zusammenhang zwischen genetischer Variation und Populationsgröße deutlich zu erkennen. Je kleiner die Population, desto geringer war auch die genetische Variation. Dieser Zusammenhang könnte auf einen zufälligen Verlust genetischer Varianten, die so genannte genetische Drift, zurückgeführt werden. Darüber hinaus wurde ein geringer Heterozygotiegrad festgestellt, was weniger auf Anpassungsprozesse als vielmehr auf Paarungssystem zurück zu führen ist. Insbesondere wäre ein Über-

120

A. Dounavi, M. Konnert, E. Cremer, E. Aldinger, E. Hussendörfer

schuss an Homozygoten als Hinweis auf einen hohen Selbstbefruchtungsanteil zu interpretieren, was wiederum mit einem hohen Risiko für die Vitalität und Fertilität der daraus gezogenen Bäume verbunden ist. Noch risikoreicher wäre es, wenn das Saatgut von Bäumen gewonnen würde, die isoliert im Bestand stehen und durch Selbstbefruchtung belastet sind. Im Vergleich zu anderen Weißtannenuntersuchungen zeigen die Populationen von Südschwarzwald eine deutliche genetische Differenzierung (Hussendörfer 2003). Es wird deutlich, dass sich die untersuchten Bestände signifikant in ihren genetischen Strukturen unterscheiden. Solche Ergebnisse lassen sich mit einer räumlich klinalen Variation aufgrund der nachzeitlichen Rückwanderung, mit Anpassungsprozessen an kleinräumlich verschiedene Standorte, populationsgenetischen Prozessen oder anthropogenen Einflüssen erklären (Hussendörfer 2003). Interessanterweise ergaben sich aus der Bestandesgeschichte der Samenerntebestände wichtige Hinweise, die darauf hinweisen, dass die untersuchten Populationen ehemals landwirtschaftlich genutzt wurden und häufig mit forstlichem Vermehrungsgut bepflanzt wurden. Die Tatsache, dass in den untersuchten Beständen Genvarianten gefunden wurden, die eigentlich nur im südöstlichen Verbreitungsgebiet der Weißtanne bis etwa Österreich und das schweizerische Vorderrheintal zu erwarten sind, deutet darauf hin, dass Weißtannensaatgut weiter transportiert wurde, als bislang angenommen wurde (Hussendörfer 1999). Diese Hypothese wirft damit auch die Frage hinsichtlich der Autochthonie der Samenerntebestände auf. So wurde schon darauf hingewiesen, dass im Falle einer künstlichern Bestandesbegründung eine Beeinflussung durch die Art und Weise der Samenernte und/oder die Pflanzenanzucht möglich ist. 5.3.6.4 Ergebnisse zur Herkunftssicherung von Buche und Weißtanne ¾ Buche: Die in der Arbeit von Hussendörfer (2003) dargestellten Ergebnisse zeigen, dass, um eine repräsentative Referenzprobe bei der Buche zu ziehen, eine Mindestanzahl von 200 Bucheckern erforderlich ist. Zusätzlich ist der Einfluss der unterschiedlichen Referenzprobenziehungen im Bestand von großer Bedeutung. Nach der Aufbereitung in der Klenge scheint die Referenzprobenziehung von verschiedenen Personen weniger Einfluss auf die Repräsentativität der Proben zu haben. ¾ Weißtanne: Anhand der angenommenen und der tatsächlichen Genotypen der beernteten Tannen wurde festgestellt, dass mindestens 6-10 Endosperme pro Baum genetisch analysiert werden sollen, um den diploiden Genotyp des Baums bestimmen zu können (Cremer et al. 2003). Weiterhin zeigen die gleichen Ergebnisse, dass sich 19 der 20 untersuchten Tannen an mindestens einem Isoenzym-Genort voneinander unterscheiden. Nur zwei Tannen zeigen den

5.4 Diversität

121

gleichen Multi-Locus-Genotyp. In diesem Fall könnte die Anwendung von cpDNA-Markern (Haplotypen) sehr hilfreich sein. Grundsätzlich ist es also möglich, mittels Isoenzymanalysen am Endosperm der Einzelbaum-Samen einen Nachweis über die Anzahl der Erntebäume zu erbringen. Bei Bedarf muss allerdings der Einsatz von Isoenzym-Genmarkern und DNA-Markern kombiniert werden, um einen zuverlässigen Nachweis über die Anzahl der Erntebäume zu erhalten. Die geringen Unterschiede zwischen den Genpool-Werten der berechneten genetischen Variationsparameter für die R1- und R3-Proben zeigen, dass die beiden Referenzproben einer Beerntung jeweils eine große Ähnlichkeit haben. Daher lässt sich folgern, dass es für die Baumart Tanne möglich ist, eine repräsentative Referenzprobe zu ziehen (Hussendörfer 2003). Weiterhin kann gefolgert werden, dass für die Baumart Weißtanne die Möglichkeit zur Überprüfung der Identität einer Saatgutprobe bei vorhandenen Referenzproben als sehr günstig einzuschätzen ist.

5.4 Diversität

5.4.1 Diversität im Kontext des Waldumbaus J. Kretschmer

Ein aktuelles internationales und nationales Ziel der Waldbewirtschaftung ist der Umbau von Wäldern in standortgerechte, naturnahe Mischwälder, wobei es wichtig ist, die Diversität und Stabilität zukünftiger Bestände zu erhöhen. Seit der Dritten Ministerkonferenz zur Erhaltung der Wälder in Europa 1998 gilt dies insbesondere hinsichtlich ihrer vertikalen und horizontalen als auch ihrer genetischen Diversitäten (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft 1998). Im Sinne der Biodiversitäts-Konvention von Rio (1992) wird unter biologischer Vielfalt (Biodiversität) „die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören“, verstanden. Dies umfasst sowohl die Vielfalt innerhalb als auch zwischen Arten sowie die Vielfalt der Ökosysteme. Um Diversitäten zu quantifizieren und somit für verschiedene Betrachtungsebenen von Ökosystemen vergleichbar und anwendbar zu machen, ist eine Berücksichtigung der räumlichen und zeitlichen Skalenebene unerlässlich. Ansonsten kann die Beurteilung einzelner Systeme stark durch die Wahl der Bewertungsmethode beeinflusst werden (Köhl u. Zingg 1995; Pommerening et al. 2000). Nach Whittaker (1972) wird die Diversität eines abgeschlossenen Habitats, also eines einheitlichen Bezugsraumes, als alpha-

122

A. Reinbolz

Diversität definiert. Die Ermittlung der Variabilität zwischen Habitaten wird dagegen als beta-Diversität bezeichnet. Nach Beierkuhnlein (2001) kann die Varianz einer bestimmten Anzahl konkreter Bezugseinheiten, die zu einer abstrakten Kategorie zugeordnet sind, als eine Form der beta-Diversität aufgefasst werden. Die folgende Diversitätsanalyse im Kontext des Waldumbaus umfasst gemäß des Projektdesigns sowohl verschiedene räumliche als auch zeitliche Ebenen (vgl. Abschnitt 5.2.2). So werden auf einer großräumigen Landschaftsebene natürliche, standortsbedingte sowie historische und kulturhistorische Diversitäten analysiert (Abschnitt 5.4.2). Weiterhin wird die Reaktion von Verjüngung, Bodenvegetation und Bodenfauna auf kleinräumige Strukturveränderungen auf Bestandesebene untersucht (Abschnitt 5.4.3). 5.4.2 Landschaftliche Diversität A. Reinbolz

Diversität im Südschwarzwald ist kein statischer Zustand, sondern gegenwärtiger Status eines zeitlichen Kontinuums. Grundlage dieser heute messbaren Diversität auf allen Maßstabsebenen ist die ursprüngliche Fauna und Flora, die sich unter dem Einfluss edaphischer und klimatischer Faktoren entwickelt hat. Dieser Grundzustand mit seinen floristischen, faunistischen, genetischen und strukturellen Merkmalen enthält demnach die natürliche Ausgangsdiversität. Möglicherweise schon in frühgeschichtlicher Zeit begann der Mensch punktuell Einfluss auf diesen Grundzustand zu nehmen, um spätestens vom Beginn des 2. Jahrtausends n. Chr. an flächig und auf allen Skalenebenen die Landschaft zu verändern (vgl. Abschnitt 2.3). Die ursprüngliche Baumartenkombination der Wälder ist ein Merkmal der natürlichen Ausgangsdiversität und direkter Ausdruck des Standortes. Sie wurde im Projekt Standortswald anhand von historischen Holzkohlemeilern erschlossen (z.B. Ludemann 2002, Ludemann u. Nelle 2002). Auf Landschaftsebene fand sich hierbei eine deutliche regionale Differenzierung der Waldstandorte: Im Westen des Südschwarzwaldes (in der Region um Todtmoos) herrschten buchenreiche Wälder mit einem variablen Tannenanteil zwischen 4 % und 46 % und geringen Anteilen von Ahorn und Fichte vor. Östlich des Schluchsees jedoch überwog der Nadelholzanteil mit Fichte, Tanne und Kiefer und es gab nur wenig Buche; diesen Großgradienten überlagernd fanden sich weitergehende räumlich-standörtliche Differenzierungen zwischen flachen Hängen und Kuppen (Tanne/Fichte), Muldenlagen (Fichte, Kiefer) und steileren Taleinschnitten (Buche, Tanne, Fichte) (Ludemann 2002). Schon auf Landschaftsniveau lassen sich damit differenzierende und damit insgesamt diversifizierende Faktoren zeigen, die vor dem Einfluss des Menschen und auf mehreren Maßstabsebenen wirksam waren. Weiter differenzierend wirken innerhalb der Wälder und insbesondere auf deren Bodenvegetation/Krautschicht kleinräumige Variationen des Standorts (Beispiele

5.4 Diversität

123

bei Oberdorfer 1982, Ludemann 1994). Die Vielfalt der verschiedenen Vegetationstypen vor dem Eingriff des Menschen umfasste dabei nicht nur Waldgesellschaften, sondern auch deren Sukzessionsstadien sowie – kleinflächig in die Wälder eingesprengt – Moore, Felsflurgesellschaften, Wasserpflanzengesellschaften, Quellfluren, Schneebodengesellschaften, Lawinenbahnen und ähnliche Vegetationstypen auf Sonderstandorten (Wilmanns 1980, Oberdorfer 1982, Oberdorfer 1992). Auf der Grundlage der natürlichen Ausstattung begann der Mensch mit der Nutzung des Südlichen Schwarzwaldes und wurde damit als prägender Faktor wirksam. Dieser Einfluss lässt sich auf allen Maßstabsebenen nachweisen. Die Nutzungen waren dabei häufig an die standörtlichen Voraussetzungen angepasst und verstärkten die natürlichen Unterschiede der einzelnen Standorte (Wilmanns et al. 1979). Vor allem die Auflichtung der Bestände durch Holznutzung, Weidewirtschaft und Ackerbau führte eine völlig neue Gruppe von Biotopen in den Schwarzwald ein: das Grünland mit seinen vielfältigen Ausprägungen der Wiesen und Weiden, Ackerfluren und Staudengesellschaften (Wilmanns 1980). Vor allem in seiner extensiv genutzten Ausprägung ist der naturschutzfachliche Wert des reich strukturierten Grünlandes heute unumstritten (Kersting u. Ludemann 1991). Aber auch in den Wäldern führte die menschliche Nutzung zu einer Diversifizierung der natürlichen Bestände: Niederwälder und Reutberge unterscheiden sich als Elemente der historischen Nutzung auch nach ihrer Aufgabe deutlich von der ursprünglichen Bestockung (Wilmanns 1980). Moderne Nutzungen der vergangenen hundert Jahre brachten den Typus der intensiv genutzten Fichten- und Douglasienwälder in den Schwarzwald ein. Die menschliche Nutzung im Schwarzwald ist daher die Ursache für ein Mosaik von zusätzlichen Vegetationseinheiten und hat insgesamt die Vielfalt der flächigen Landschaftselemente im Schwarzwald erhöht. Diesem vielfältigen Mosaik wird heute sowohl aus ökologischer als auch aus ästhetischer Sicht ein besonderer Wert zugeschrieben (z. B. bei Kersting u. Ludemann 1991). Im Zuge der Nutzung des Schwarzwaldes führte der Mensch die scharfe Grenze zwischen verschiedenen Formationen als neues lineares Element ein. Diese Grenzen wurden teilweise mit Steinmauern und Hecken befestigt, an anderer Stelle sind sie Standort von Saum- und Strauchgesellschaften (Wilmanns 1980). Zwischen Weide und Wald wurden diese Grenzen häufig wieder durchbrochen und zu einem Gradienten aufgeweitet, der als neues, kulturgeprägtes Element in den Schwarzwald kam (Coch 1995). Während diese Randlinien einerseits zu einer Fragmentierung zusammenhängender Lebensräume führen können, bilden sie vor allem im Offenland und an der Kontaktfläche zwischen Wald und Offenland wichtige Lebensräume aus (Schwabe 1983, Primack 1995), von der z. B. heute seltene Vogelarten wie die Zippammer (Emberiza cia) oder der Neuntöter (Lanis collurio) profitieren (Kersting u. Ludemann 1991). Punktuelle Elemente historischer oder aktueller Landnutzung finden sich im Schwarzwald häufig. Diese können abiotischer Natur sein wie Lesesteinhaufen oder Viehtränken oder biotischer wie Solitärbäume (Schwabe u. Kratochwil 1987). Häufig sind Weidbuchen als Elemente des Offenlandes heute in jungem

124

S. Gärtner, J. Kretschmer

Wald zu finden und bieten wertvolle Mikrohabitate für Epiphyten (Wilmanns 1961, Nebel u. Philippi 2000) und Insekten (Bense 2002). Relikte ehemaliger Nutzung lassen sich auch im Boden finden. So ist die Samenbank als Teil der inaktiven Vegetation auch unter 100jährigen Wäldern noch deutlich von der ehemaligen Weidenutzung geprägt. Die ursprüngliche Diversität des Schwarzwaldes ist demnach durch großräumige und lokale Gradienten bestimmt, die zur Ausprägung verschiedener Waldgesellschaften führte. Diese wurden nur an Sonderstandorten durch andere Vegetationseinheiten ersetzt. Die menschliche Nutzung des Schwarzwaldes hat auf allen Maßstabsebenen neue Strukturmerkmale und neue Vegetationseinheiten geschaffen. Besonders bei der Betrachtung größerer Landschaftsausschnitte führte das zu einer Erhöhung der Arten- und Strukturdiversität. Dies ist nicht immer gleichbedeutend mit einem hohen Naturschutzwert (beispielsweise in ausgedehnten Fichtenkulturen), hat aber in vielen Bereichen des Südschwarzwaldes zu einer großen Vielfalt an wertvollen Artengemeinschaften geführt. Unbeschadet des Naturschutzwertes haben die Relikte menschlichen Wirkens auch einen eigenen kulturhistorischen Wert. Dieser ist sowohl an einzelne Elemente geknüpft, spiegelt sich aber besonders in der Vielfalt der Nutzungsrelikte und ihrer Zusammenhänge wider – bildet also einen eigenen Aspekt kulturlandschaftlicher Diversität aus (vgl. u.a. Hildebrandt et al. 1994, Konold 1996). 5.4.3 Einfluss des Waldumbaus auf die Bestandes- und Artendiversität Methode S. Gärtner, J. Kretschmer

Diversitäts- und Strukturindizes sind gemittelte Kennziffern oder empirische Verteilungen von Einzelwerten, durch die bestimmte Teildiversitäten (Artendiversität, vertikale und horizontale Strukturdiversität) des Bestandes abgebildet werden können. Um mit diesen Indizes eine adäquate Quantifizierung der gesamten Diversität eines Bestandes vornehmen zu können, werden verschiedene dieser Maßzahlen benötigt, die jeweils einen spezifischen Aspekt der Gesamtdiversität des Bestandes abbilden. Tabelle 5.3 zeigt die für die folgenden Auswertungen verwendeten Indizes und Maßzahlen zur Beschreibung der Teildiversitäten. Die Zusammenhänge zwischen Struktur und Verjüngungs- und Bodenvegetationsdiversität wurden weiterhin durch Rangkorrelationen quantifiziert.

5.4 Diversität

125

Tabelle 5.3: Verwendete Indizes und Maßzahlen zur Beschreibung der untersuchten Teildiversitäten Bestandesdiversität: Baumstruktur und Verjüngung

Bodenvegetation

Bodenfauna

Arten und Struktur Shannon-Index H’ Evenness EH’ Aggregationsindex R Artenprofilindex A Evenness EA Artenzahl der Moos- und Krautschicht Shannon-Index H’ Simpson-Index Gesamtartenzahl saprophage Makrofauna Mittlere Gattungszahl: Nematoden Mittlere Gattungszahl: Hornmilben

Bestandesdiversität J. Kretschmer

Aufgrund der vergleichsweise artenarmen Gehölzflora und der oftmals langfristigen Betrachtungszeiträume von mitteleuropäischen Wäldern spielt für die Bestandesdiversität neben der Diversität von Arten vor allem die Strukturdiversität eine wichtige Rolle (Köhl u. Zingg 1995). Somit kommt der Quantifizierung der Bestandesdiversität eine entscheidende Bedeutung zu, die sich aus der Artendiversität, der horizontalen (Baumposition und Durchmesserdimension) sowie der vertikalen Strukturdiversität (Bestandesschichten) des Baumbestandes und der Verjüngung einer Population zusammensetzt. Im Folgenden werden mögliche Veränderungen der Bestandesdiversität im Verlauf des Umbauprozesses für alle Teilstrukturen sowohl für den anthropogen direkt beeinflussten Baumbestand als auch für die Verjüngung quantifiziert. Während die Artendiversität der Baumebene ihr Maximum und somit die höchste Diversität in der Überführungsphase erreicht und in der Umbau- und Dauerwaldphase auf nahezu dem gleichen Niveau liegt (Abbildung 5.12), zeigt sowohl die horizontale Baumverteilung als auch die vertikale Struktur eine kontinuierlich steigende Strukturiertheit von der Umbau- zur Dauerwaldphase. Der Aggregationsindex R, also die horizontale Baumverteilung, lässt erkennen, dass sowohl die Umbau- als auch die Überführungsbestände mit Werten für R knapp >1 für alle Baumarten (1,06 bzw. 1,02) eine zufällige Baumanordnung aufweisen, mit einer Tendenz zur Regelmäßigkeit. Die Dauerwaldbestände

126

J. Kretschmer

tendieren dagegen mit einem R 40% Klasse 1: d 60% Klasse 2: > 60% d 90% Klasse 3: > 90%

Tanne Klasse 1: d 30% Klasse 2: > 30%

Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen Höhenindex, der relativen Kronenlänge und dem Zuwachs ¾ jährlicher Radialzuwachs in 1,3m Schafthöhe ¾ Verhältnis des jährlichen Radialzuwachses in 11,5m Schafthöhe zum jährlichen Radialzuwachs in 1,3m Schafthöhe ¾ jährlicher Höhenzuwachs. 7.2.3 Ergebnisse 7.2.3.1 Veränderung des jährlichen Radialzuwachses in 1,3m Schafthöhe Um ein umfassendes Bild der ermittelten Ergebnisse zu geben, werden zunächst die Einflüsse des Höhenindex und der relativen Kronenlänge getrennt voneinander beschrieben.

222

P. Epp, H. Spiecker

Tanne 3

2,5

2,5 ? ir [mm]

' ir [mm]

Fichte 3

2 1,5 1 0,5

2 1,5 1 0,5

0

0

-0,5

-0,5

-1

-1 hi90%

hi90%

n=16

n=63

n=16

n=35

n=34

n=34

Abbildung 7.3: Zusammenhang zwischen Höhenindex (hi) und der Veränderung des jährlichen Radialzuwachses (ǻir)nach der Freistellung. Insbesondere bei der Baumart Fichte zeigt sich ein deutlicher Trend zu verminderter Reaktionsfähigkeit bei Bäumen mit größerem Höhenindex.

In Abbildung 7.3 ist der Zusammenhang zwischen Höhenindex und der Reaktion des jährlichen Radialzuwachses in 1,3m Schafthöhe dargestellt. Die Fehlerbalken markieren ein Vertrauensintervall von 90%. Es wird deutlich, dass sich die ermittelten Klassenmittelwerte kaum signifikant voneinander unterscheiden. Allerdings sind die Trends bei der ebenfalls im Rahmen der Untersuchung durchgeführten, hier jedoch nicht gezeigten Regressionsanalyse für alle Einzeluntersuchungen signifikant (Epp, 2003). Bei der Betrachtung der Klassenmittelwerte wird besonders bei der Fichte deutlich, dass Bäume mit einem größeren Höhenindex, d.h. in fortgeschrittenem Entwicklungsstadium, nach einer Freistellung weniger in der Lage sind, ihren jährlichen Radialzuwachs zu steigern als Bäume mit kleinerem Höhenindex. Während Fichten mit einem Höhenindex von weniger als 60% im Mittel eine Steigerung ihres jährlichen Radialzuwachses von über einem Millimeter erreichten, lag der entsprechende Wert für die Klasse mit einem Höhenindex von 60-90% bei 0,7mm, bei einem Höhenindex von über 90% lediglich noch bei weniger als 0,2mm. Die untersuchten Tannen zeigen diesen Trend nicht in derselben Deutlichkeit wie die Fichten. Dies liegt zum einen an einer relativ geringem Radialzuwachssteigerung von 0,4mm für die kleinste Höhenindexklasse, vor allem aber an dem im Vergleich überraschend hohen Wert von ebenfalls 0,4mm für die Steigerung des Radialzuwachses in der größten Höhenindexklasse. Abbildung 7.4 zeigt den Einfluss der relativen Kronenlänge auf die Reaktion des jährlichen Radialzuwachses in 1,3m Schafthöhe. Es ist deutlich zu erkennen, dass Bäume mit längeren Kronen auf eine starke und plötzliche Freistellung mit einer stärkeren Zuwachssteigerung reagieren als Bäume mit kürzeren Kronen. Wie bereits bei der Darstellung des Einflusses des Höhenindex ausgeführt liegen die absoluten Werte auch bei dieser Untersuchung bei den Fichten höher als bei den Tannen.

7.2 Zuwachspotential und Überführungseignung von Fichten und Tannen

Tanne

3

3

2,5

2,5

2

¨ ir [mm]

¨ ir [mm]

Fichte

223

1,5

2

1,5

1 0,5

1

0,5

0

0

-0,5

-0,5

-1

-1 relKL40%

relKL30%

n=38

n=57

n=47

n=56

Abbildung 7.4: Einfluss der relativen Kronenlänge (rel Kl) auf die Veränderung des jährlichen Radialzuwachses (ǻir) nach der Freistellung. Die Tendenz zu einer stärkeren Reaktionsfähigkeit bei Bäumen mit größerer relativer Kronenlänge ist deutlich zu erkennen.

Fichte

¨ ir [mm]

3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 -0,5 -1 -1,5 n=5 relKL40% hi90%

Tanne ¨ ir [mm]

3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 -0,5 -1 -1,5 n=15

n=20

relKL120%); nach der Freistellung liegt der jährliche Radialzuwachs in

7.2 Zuwachspotential und Überführungseignung von Fichten und Tannen

225

11,5m Schafthöhe bei den untersuchten Tannen aber immer noch etwa 1,3 mal so hoch wie in 1,3m Höhe. Diese Beobachtungen decken sich mit Angaben von Zimmerle (1951), der bei einem Vergleich der Stammform der Fichte und der Tanne für letztere einen vollholzigeren Schaft beschreibt. Tanne 200

180

180 ir in 11.5m/ir in 1.3m [%]

ir in 11.5m/ir in 1.3m [%]

Fichte 200 160

160

140

140

120

120

100

100

80 60 40 20

80 60 40 20

0

0 vor der Freistellung

nach der Freistellung

vor der Freistellung

nach der Freistellung

Abbildung 7.6: Verhältnis des jährlichen Radialzuwachses in 11,5m Schafthöhe zum Radialzuwachs in 1,3m Schafthöhe vor und nach der Freistellung. Sowohl bei der Fichte als auch bei der Tanne kann der Radialzuwachs in 11,5m Schafthöhe der Reaktion des Radialzuwachses in 1,3m Schafthöhe nicht in vollem Umfang folgen.

7.2.3.3 Veränderung des jährlichen Höhenzuwachses

50,0 45,0 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0

Fichte N=30

50,0

Tanne N=40

45,0

ih [cm]

ih [cm]

Als dritte und letzte Zuwachskomponente soll eine kurze Betrachtung der Reaktion des jährlichen Höhenzuwachses auf die Freistellung folgen. Abbildung 7.7 zeigt den durchschnittlichen jährlichen Höhenzuwachs von 30 Fichten und 40 Tannen. Bei beiden Baumarten ist nach der Freistellung ein leichter, nicht signifikanter Rückgang des Höhenzuwachses festzustellen. Da es sich jeweils um Mittelwerte aus Zehnjahreszeiträumen handelt, ist in diesen zwanzig Jahren ein Einfluss eines Alterstrends nicht auszuschließen. Die genauere Betrachtung des Höhenzuwachsganges einzelner Bäume zeigte meist einen kurzfristigen Rückgang des jährlichen Höhenzuwachses nach der Freistellung, von dem sich die Bäume nach einigen Jahren wieder erholten. Die vorliegenden Befunde lassen den Einfluss der Freistellung auf den jährlichen Höhenzuwachs als eher gering erscheinen.

40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0

ih vor der Freistellung

ih nach der Freistellung

ih vor der Freistellung

ih nach der Freistellung

Abbildung 7.7: Durchschnittlicher jährlicher Höhenzuwachs untersuchter Fichten und Tannen vor und nach der Freistellung. Der Rückgang des Höhenzuwachses ist nicht signifikant und kann neben der Freistellung auch durch den natürlichen Alterstrend verursacht sein

226

P.Epp, H. Spieker

7.2.3 Waldbauliche Konsequenzen aus dem Zuwachsreaktionsverhalten stark freigestellter Fichten und Tannen Zusammenfassend lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: x Fichten und Tannen steigern ihren jährlichen Radialzuwachs in 1,3m Höhe nach einer starken Freistellung am stärksten, wenn sie zum Zeitpunkt dieser Freistellung o noch möglichst weit von ihrer potenziellen Endhöhe entfernt sind, sich also noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, o über ein hohes Kronenprozent, verfügen, was durch ein Aufwachsen unter geringem Konkurrenzdruck möglich ist. x Bei einer starken Steigerung des jährlichen Radialzuwachses in 1,3m Höhe in Folge einer starken Freistellung können Fichten und Tannen ihren jährlichen Radialzuwachs in höheren Schafthöhen nicht in gleichem Maße steigern; daraus ergibt sich vor allem bei der Fichte eine abholzigere Schaftform. x Der jährliche Höhenzuwachs von Fichten und Tannen wird durch eine starke Freistellung kaum nachhaltig beeinflusst. Als Konsequenz zur Beantwortung der eingangs formulierten Frage, welche Eigenschaften Fichten und Tannen aufweisen müssen, um für Überführungsvorhaben geeignet zu sein, lässt sich aus den oben zusammengefassten Ergebnissen ableiten, dass Überführungsvorhaben möglichst schon in jungen Altersklassenbeständen durchgeführt werden sollten. Dabei sollten die als Gerüstbäume im Bestand verbleibenden Fichten und Tannen möglichst lange Kronen aufweisen. Diese aus waldwachstumskundlicher Sicht zweckmäßig erscheinende Vorgehensweise zur Überführung von Altersklassenwäldern in strukturreiche Dauerwälder ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht jedoch kritisch zu hinterfragen. Problematisch ist insbesondere ein hoher Anfall relativ schwacher Sortimente in jüngeren Altersklassenbeständen (Hanewinkel 1999). Eine solche Überführung wäre mit einem Preis verbunden, den zu zahlen die forstliche Praxis kaum bereit ist (Gerecke 1999). Ziel des Handelns bei Überführungsvorhaben muss daher sein, das Reaktionspotenzial älterer Fichten und Tannen voll auszuschöpfen. Dies bedeutet, zumal für die Arbeit mit Bäumen fortgeschrittener Entwicklung mit einem Höhenindex über 90 %, Bäume mit langen Kronen zur Überführung vorzusehen. Dies kann nur durch ein konsequente und frühzeitige Pflege gut bekronter Einzelbäume im Zuge von Pflegemaßnahmen erfolgen, die angelehnt an Z-Baum-orientierte Durchforstungsverfahren gleichwohl mit einer intensiveren Förderung der Kronenentwicklung der späteren Gerüstbäume einhergeht. Trotz der fortgeschrittenen Entwicklung weisen derartige Bäume, wie in der vorliegenden Untersuchung gezeigt werden konnte, dank ihrer gut ausgebildeten Krone ein hohes Reaktionspotenzial auf. Eine Überführung kann auf diesem Wege mit geringem Aufwand eingeleitet sowie risikoarm umgesetzt werden; außerdem wahren derartige Ausgangsbedingungen verschiedene Handlungsoptionen für die Zukunft (Spiecker, 1999).

7.3 Wachstum älterer Buchen in der Überführungsphase

227

7.3 Zum Wachstum älterer Buchen (Fagus sylvatica L.) in der Überführungsphase im südlichen Schwarzwald A. Haywood, H. Spiecker

7.3.1 Einleitung Obwohl die Überführung von strukturarmen, gleichaltrigen Nadelbaumreinbeständen zu den vorrangigen Aufgaben der Überführung gehört, stehen auch in Laub- und Laubmischwäldern Überführungsmaßnahmen an, die mit der Entstehung gestufter und geschichteter ungleichaltriger Waldstrukturen einhergehen. Wenig untersucht und weithin unbekannt sind bislang die Auswirkungen der durch Freistellungseingriffe hervorgerufenen Änderungen der Konkurrenzsituation älterer Buchen auf das Zuwachsgeschehen. Für Überführungsentscheidungen ist neben dem Zuwachs der Bäume in der Oberschicht die Kronenexpansionsdynamik von entscheidender Bedeutung für den Überführungserfolg. Die vorliegende Untersuchung befasst sich daher mit dem Reaktionsverhalten des Grundflächen,-, Höhen- und Kronenzuwachses älterer Buchen in unterschiedlich stark aufgelichteten, gleichaltrigen Buchen- und Buchen-Mischbestände, in der Region Südschwarzwald. 7.3.2 Material und Methode Die ideale Versuchsanordung für die Untersuchung der Wachstumsreaktionen älterer Buchen auf Freistellungsmaßnahmen, wie sie im Rahmen der Überführung üblich sind, bieten langfristig beobachtete Versuchsflächen, da sie eine an die Fragestellung präzise angepasste Konkurrenzsteuerung erlauben und räumlich sowie zeitlich hoch auflösende Informationen zu Konkurrenz- und Zuwachsverhältnissen liefern können. Weil solche Versuche bislang nur in sehr begrenztem Umfang angelegt worden sind musste für eine zeitnahe Beantwortung der Fragestellung zum Reaktionsverhalten eine alternative Vorgehensweise gewählt werden. Hierzu wurden in der vorliegenden Arbeit Bestände ausgewählt, in denen einzelne Bäume Freistellungen, d.h. Konkurrenzveränderungen, unterschiedlichen Ausmaßes erfahren haben, die den Bedingungen bei der Überführung vergleichbar sind.. Diese Vorgehensweise erfordert eine retrospektive Erfassung des Zeitpunktes der Konkurrenzveränderung, der Art und des Ausmaßes der Maßnahme sowie der Zuwachsreaktion der verbliebenen Bäume. Die Wachstumsreaktionen werden im Hinblick auf den Grundflächenzuwachs, den Höhenzuwachs und die Veränderung der Kronenbreite von Bäumen unterschiedlicher Dimension und Konkurrenzsituation analysiert.

228

A. Haywood, H. Spiecker

7.3.2.1 Untersuchungsflächen Für die Untersuchung wurden in den Jahren 1999 bis 2001 vier Untersuchungsflächen in Buchenbeständen des Südschwarzwaldes angelegt. Ein wichtiges Kriterium für die Flächenauswahl war die Abbildung unterschiedlich starker Überführungseingriffe in den vorangegangenen rd. 25 Jahren. Geeignete Untersuchungsflächen werden in den Forstbezirken Bad Säckingen, Schopfheim, St. Märgen und Todtmoos gefunden. Die nachfolgende Tabelle 7.2 gibt einen Überblick über die wichtigsten Standorts- und Bestandeskennwerte der Untersuchungsbestände sowie über die jeweils untersuchten Baumkollektive. Tabelle 7.2: Übersicht über die Untersuchungsbestände

Jahr der Untersuchung Höhenlage [m ü. NN] Hangneigung [º] Exposition [º] Mittlere Lufttemperatur in der Vegetationszeit [ºC]* Mittlere jährliche Niederschlagsumme [mm]* Mittlere Niederschlagssummen in der Vegetationszeit [mm]*

Bad SchopfSäckingen heim 2001 2001 Standörtliche Kennwerte 550 600 0 30 265 259 16,4 15,0

St. Märgen

Todtmoos

2000

1999

950 5 288 12,0

1050 30 312 11,1

1104

1208

1736

1702

537

546

635

638

120 26,2

140 22,8

48 80 21

51 30 5 bzw. 14

300 50

300 50

44 12

46 12

Bestandeskennwerte Mittleres Alter der Buchen [a] 140 110 Oberhöhenbonität (h100) der 31,2 33,8 Buchen [m]** 44 48 d100 [cm] Anteil der Buche an der KSF [%] 70 90 Zeit seit dem letzten Eingriff [a] 6 bzw. 12 6 bzw. 17 Untersuchte Baumkollektive Zahl der Auswahlbäume 300 300 Zahl der stehend gemessenen 50 50 Bäume Zahl der gefällten Bäume 40 40 Zahl derunbehandelten 10 14 Referenzbäume

* Die Klimadaten beziehen sich auf die nächstgelegenen Klimastationen und den Zeitraum 1961-1990 (Müller-Westermeier 1996). **Ertragstafel Schober (1969)

7.3.2.2 Auswahl und Vermessung der Untersuchungsbäume Die Auswahl der Verfahren. In der Untersuchungsflächen zufällig ausgewählten

untersuchten Bäume erfolgte in einem zweistufigen ersten Stufe wurde zunächst auf jeder der vier das Niveau der bisherigen Konkurrenzsituation an 300 Bäumen ermittelt. Mit Blick auf die Zielsetzung dieser

7.3 Wachstum älterer Buchen in der Überführungsphase

229

Arbeit wurden ausschließlich Bäume mit einem Brusthöhendurchmesser von über 35 cm berücksichtigt, da in dem untersuchten Altersbereich von 110 - 140 Jahren Bäume mit deutlich geringeren Durchmessern für planmäßige Überführungsvorhaben in der Regel keine Rolle spielen. Die Konkurrenzsituation wurde anhand folgender Beurteilungsmerkmale durch Messung bzw. okulare Ansprache erhoben: Durchmesser in 1,3 m (d), Kronenklasse (KK) nach Smith (1986), die aktuelle Konkurrenz (K) und Konkurrenzveränderung (ǻK) durch die letzte Freistellung. Jedes der vier Merkmale wurde in vier Ausprägungsstufen erfasst, die in Tabelle 7.3 wiedergegeben sind. Tabelle 7.3: Klassifikation der Stichprobenkategorien Durchmesser (D) 35-44 cm 45-54 cm 55-64 cm >65 cm

Kronenklasse (KK) herrschend mitherrschend beherrscht unterdrückt

Aktuelle Konkurrenz (K) schwach mittel stark sehr stark

Veränderung der Konkurrenz (ǻK) keine schwach mittel stark

In einer zweiten Stufe wurde in jedem Bestand eine zur Gewinnung von Stammund Astproben vorgesehene Unterstichprobe von je 50 Bäumen so ausgewählt, dass sie das gesamte Spektrum der Stichprobenkategorien möglichst gleichmäßig abdeckte. Durch diese zweistufige Vorgehensweise konnte eine effiziente Untersuchung eines breiten Spektrums unterschiedlicher Konkurrenzsituationen erfasst und damit gute Voraussetzungen für eine genaue und präzise Schätzung der Parameter für die Regressionsmodelle erreicht werden. An den insgesamt 200 Bäumen wurden vor dem Einschlag die Baumhöhe, verschiedene Kronenparameter sowie die Lagekoordinaten heutiger Konkurrenzbäume und möglicher früherer Konkurrenzbäume anhand der verbliebenen Stöcke gemessen. Als Konkurrenzbäume wurden solche Bäume eingestuft, die mindestens den gleichen Kronenklasse (KK) wie der Untersuchungsbaum angehörten. An allen Konkurrenzbäumen wurde außerdem Baumart (B), BHD (d), Baumhöhe (h) sowie die Kronenklasse (KK) ermittelt. Die Vermessung der Triebentwicklungen an ausgewählten Ästen und die Gewinnung von Ast- und Stammscheiben erfolgten im unmittelbaren Anschluss an die Fällung. Durch die Fällarbeiten wurden 30 Bäume für die weitere Untersuchung unbrauchbar, so dass 170 Buchen für die Überprüfung der Hypothesen zum Dicken-, Höhen- und Astlängenwachstum zur Verfügung standen. Relative Höhe ( h / h) und relativer Durchmesser ( d / d ) eines jeden Baumes der ersten Stufe wurden als Quotient mit dem jeweiligen arithmetischen Mittel aller Bäume der Untersuchungsfläche gebildet. Die Höhe des Kronenansatzes wurde in der Untersuchung als die durchschnittliche Höhe der untersten lebenden Äste am Schaft in den vier Haupthimmelsrichtungen definiert. Die relative Kronenlänge (rKL) ergab sich aus dem Quotienten Kronenlänge/Baumhöhe. Die Kronenschirmfläche (KSF) wurde aus Polygonflächen auf der Basis von 8 erhobenen

230

A. Haywood, H. Spiecker

Kronenradien berechnet. Durch dieses Vorgehen wird die Kronenform ausreichend genau charakterisiert (Spiecker 1991). Die unbeschattete Kronenschirmfläche (uKSF) wurde im Anhalt daran berechnet; an Stelle der Kronenradien wurden jedoch die Radien der unbeschatteten Krone verwendet. Als Kenngröße für den Grad der Konkurrenzierung wird in dieser Studie die Zahl der Kronen-Quadranten verwendet, in denen die Krone nicht von benachbarten herrschenden, mitherrschenden und beherrschten Bäumen beschattet wurde. Als Kronenbreite (KB) wird nachfolgend der Durchmesser des kronenschirmflächenäquivalenten Kreises verwandt. Die Untersuchung der Kronenentwicklung erfolgte an vier jeweils einer Haupthimmelsrichtung zugeordneteten Ästen aus dem Bereich der größten Kronenbreite (Cole u. Lorimer 1994). An diesen Ästen wurden die seit der letzten Freistellungsmaßnahme gebildeten Jahrestriebe aufgesucht und ihre Länge vermessen. Analog wurde mit dem Terminal- bzw. Höhentrieb verfahren. Die Rekonstruktion des Radialzuwachses erfolgte an einer in 1,3 m Höhe gewonnenen Baumscheibe, die nach der Himmelsrichtung orientiert und entlang von acht gleichmäßig auf der Stammscheibe ausgerichteten Radien gemessen wurde. Für die weitere Berechnung wurde das geometrische Mittel der Radialzuwächse verwendet (Weise 1987, Biging u. Wensel 1998). Die Ermittlung des Baumalters erfolgte anhand einer möglichst den gesamten Bereich vom Mark bis zur Rinde umfassenden Holzprobe vom Stammfuß bzw. Stock des Probebaumes. 7.3.2.3 Analyse des Grundflächenzuwachses

Direkte Analyse der Reaktion des Grundflächenzuwachses auf Freistellung Zur Identifikation und Analyse der Zuwachsreaktion nach Freistellung beschreiben Näslund (1942) und Sundberg (1971) unterschiedliche Methoden: Die Erstgenannte quantifiziert die Zuwachsreaktion in 1,3 m Höhe durch Vergleich des Grundflächenzuwachses vor und nach der Freistellung. Hierzu werden entlang von acht Radien gemessen und für die Zeitabschnitte vor bzw. nach der Freistellung als Mittelwerte des jährlichen Grundflächenzuwachses einander gegenübergestellt. Die Betrachtung jeweils einer Dekade vor bzw. nach der Maßnahme hat sich bewährt, sofern der Eingriff nicht kürzere Zeit zurück liegt und damit zwangsläufig nur ein kürzerer Zeitabschnitt nach der Freistellung betrachtet werden kann. Die relative Veränderung des Grundflächezuwachses wurde nach folgender Formel berechnet (Formel 7.1):

%iG =

iGnach - iGvor iGvor

x 100 Formel 7.1

7.3 Wachstum älterer Buchen in der Überführungsphase

mit: %iG = iGvor = iGnach =

231

relativer Grundflächenzuwachs (%); Mittelwert des Grundflächenzuwachses in den 10 Jahren vor der Freistellung (cm2 Jahr-1); Mittelwert des Grundflächenzuwachses in 10 Jahren nach der Freistellung (cm2 Jahr-1)

Ein Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass die Zuwachsreaktion des Baumes unmittelbar in Bezug zu seinem Wachstum vor der Freistellungsmaßnahme gesetzt wird. Allerdings können auch andere Einflüsse, wie beispielsweise Fruktifikation, Witterungsschwankungen bzw. -extreme und andere Störeinflüsse Zuwachsveränderungen hervorrufen, die freistellungsbedingte Reaktionen überlagern können (Spiecker et al. 1996). Eine Trennung dieser Einflussgrößen vom Effekt der Freistellung ist mit der vorstehenden Verfahrensweise nicht möglich. Eine Möglichkeit diese Einflüsse zu trennen ist die Heranziehung einer Zuwachsreferenz hergeleitet aus unbehandelter, ansonsten aber unter vergleichbaren Bedingungen erwachsener Bäumen (Viro 1950). Auf den Untersuchungsflächen erwiesen sich insgesamt 48 Bäume, die offensichtlich keine Änderungen in den Konkurrenzsituation erfahren hatten, für diesen Zweck als geeignet. Mit Hilfe dieser Referenzbäume wurden die Relatioen zwischen den periodenbezogenen Zuwächsen vor bzw. nach der Freistellung als prozentuale Werte berechnet. Da jeder Bestand zu einem anderen Zeitpunkt durchforstet wurde (s. Tabelle 7.2), wurde dieser Prozentwert für verschiedene, den Untersuchungsbeständen jeweils angepasste Zeitpunkte berechnet werden. Während sich die Werte für die ersten vier Durchforstungszeitpunkte nicht signifikant unterschieden, ergaben sich für die beiden letzten Durchforstungszeitpunkte in den Jahren 1994 und 1995 Unterschiede. Allerdings lagen in diesen Fällen nur Reaktionsdaten für die letzten vier bis sechs Jahre nach der Durchforstung, also deutlich verkürzte Zeiträume, vor. Welchen Einfluss der verkürzte Zeitraum auf das Ergebnis hat, kann mit dem vorliegenden Material nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Da die Unterschiede zwischen den letzten beiden Zeitpunkten und den ersten vier Zeitpunkten ähnlich groß waren wie das Konfidenzintervall der mittleren Schätzung zu jedem Zeitpunkt, wurden alle Zeitpunkte zusammen verglichen, um eine gemeinsame Schätzung der Prozentwerte des Grundflächenzuwachses der Referenzbäume zu erhalten. Dabei wurde in Kauf genommen, dass die Zusammensetzung des Referenzbaumkollektives je nach Durchforstungszeitpunkt und Bestand zu einer leichten Unter- oder Überschätzung des Referenzzuwachses führen kann. Dieser Fehler ist im Vergleich zu der Zuwachsveränderung der freigestellten Bäume so gering, dass er sich nur unbedeutend auf das Ergebnis auswirkt. Da der mittlere Zuwachstrend aller unbehandelten Referenzbäume nach der Behandlung einen Grundflächenzuwachsrückgang um 3,5 % vorgibt, kann eine Zunahme des Grundflächenzuwachses der freigestellten Bäume nach der Durchforstung als eine konservative Schätzung der Zuwachsreaktion auf Freistellung gewertet werden.

232

A. Haywood, H. Spiecker

Da alle Referenzbäume ähnliche Reaktionsmuster aufweisen, werden die Ergebnisse für alle vier Probeflächen gemeinsam vorgestellt. Grundflächenreaktionen basierend auf einem Zuwachsmodell Die zweite Vorgehensweise zur Einschätzung der Zuwachsreaktionen basiert auf Regressionsgleichungen, die den jährlichen Zuwachs in Abhängigkeit von bestimmten Einflussgrößen vorhersagen. Für die Prognose des Zuwachses wurde ein Regressionsmodell folgender Form verwendet:

iG = ƒ(d, (d / d), A, K) mit: iG d

mittlerer 10jähriger Grundflächenzuwachs (cm2 Jahr-1) Durchmesser in 1,3 m Höhe (cm)

= =

(d / d ) = A K

Formel 7.2

relativer Durchmesser (s.o.) Alter (Jahr) lokale Konkurrenzvariable.

= =

Der Baumdurchmesser (d) ist eine weit verbreitete Größe zur Beschreibung eines Baumes. Der relative Durchmesser ( d / d ) dient in dem Modell als einfacher Weiserwert für die soziale Stellung bzw. den potenziellen Konkurrenzeinfluss. Die lokale Konkurrenzvariable ist ein indirektes Maß zur Beschreibung der Wirkung der Bestandesdichte und des Wettbewerbes um knappe Ressourcen wie das Licht. Regressionsmodelle dieser Art sind leicht zu parametrisieren und Zuwachsreaktionen von Bäumeninnerhalb des Gültigkeitsbereiches des Modells bestimmter Dimension auf alternative Behandlungen können problemlos prognostiziert werden. Die abhängige Variable ist der Grundflächenzuwachs selbst. Anhand von Scattergrammen konnte nachgewiesen werden, dass die Untersuchungsbäume im Durchmesserbereich zwischen 35 cm und mehr als 65 cm gleichmäßig verteilt waren. Die beobachtete Zuwachsveränderung wurde zur Kalibrierung des Modells für den jeweiligen Reaktionszeitraum nach der Freistellung verwendet. Das Ausmaß der Freistellung wurde mit Hilfe verschiedener Kenngrößen beschrieben. Die durch die Freistellung bedingte relative Veränderung der potentiell verfügbaren Standfläche (nach Nance et al. 1988) wurde nach folgender Gleichung berechnet:

% APA mit: APAvor APAnach

APAnach  APAvor x100 APAvor = =

APA unmittelbar vor der Durchforstung APA unmittelbar nach der Durchforstung.

Formel 7.3

7.3 Wachstum älterer Buchen in der Überführungsphase

233

7.3.2.4 Analyse des Höhenzuwachses

Analyse der relativen Höhenzuwachsveränderung nach Freistellung Die Quantifizierung der Reaktion des Höhenzuwachses auf eine Freistellung wurde in Anlehnung an das beim Grundflächenzuwachs erläuterte Vorgehen durchgeführt. Der jährliche Höhenzuwachs wurde aus Analysen der Höhentriebe bestimmt und der Zuwachs in den 10 Jahren vor der Freistellung dem in der nachfolgenden Dekade (in Ausnahmefällen mindestens jedoch der 4 nachfolgenden Jahre) gegenübergestellt.

%iH =

iHnach - iHvor x 100 iHvor

Formel 7.4

mit: %iH = iHvor = iHnach =

Veränderung des Höhezuwachses (%) durchschnittlicher jährlicher Höhenzuwachs in den 10 Jahren vor der Durchforstung (m Jahr-1) durchschnittlicher jährlicher Höhenzuwachs in den 10 Jahren nach der Durchforstung (m Jahr-1)

Da zeitspezifische Unterschiede in der Zuwachsreaktion erkennbar waren, wurde der durchschnittliche Prozentwert der Höhenzuwachsveränderung für die 48 Referenzbäume berechnet. Es konnte gezeigt werden, dass sich die Referenzbäume in dem Zeitraum um die Freistellungszeitpunkte ähnlich verhielten. Deshalb konnten alle Bäume gemeinsam als Referenz herangezogen werden. Für jeden Zeitpunkt zeigten die Referenzbäume eine abnehmende Höhenzuwachsveränderung von durchschnittlich nur -0,8%. Während 56% der Referenzbäume eine Grundflächenzuwachsabnahme nach dem Zeitpunkt der Durchforstung gezeigt hatten, war eine Veränderung des Höhenzuwachses bei den Referenzbäumen nach dem Durchforstungszeitpunkt kaum feststellbar. Die tatsächliche Veränderung des Höhenzuwachses nach der Freistellung durfte deshalb unmittelbar als Schätzwert für die freistellungsbedingte Höhenzuwachsreaktion interpretiert werden. Da sich die Bäume auf den vier Untersuchungsflächen ähnlich verhielten, erfolgt eine zusammenfassende Darstellung im Ergebnisteil. Ermittlung der Höhenzuwachsreaktion mit einem Zuwachsmodell Die zweite Methode für die Schätzung der Höhenzuwachsreaktionen verwendet Regressionsgleichungen mit verschiedenen unabhängigen Variablen. Die verwendete Regressionsgleichung für die jährlichen Höhenzuwachsreaktionen besitzt folgende Form:

234

A. Haywood, H. Spiecker

iH = ƒ (h,(h / h), A K) mit: iH h

= =

( h / h) = A K

= =

Formel 7.5

jährlicher Höhenzuwachs (cm Jahr-1) Baumhöhe (m) relative Baumhöhe Alter (Jahre) lokale Konkurrenz-Variable*

* Es wurden dieselben unabhängigen Variablen einbezogen wie bei dem Grundflächenzuwachs.

7.3.2.5 Kronenexpansion Die Untersuchung impliziert, dass die bestimmenden Faktoren für das Kronenexpansionsvermögen die Konkurrenz im Kronenraum sowie das Baumalter sind. Zur Herausarbeitung des konkurrenzbedingten Einflusses auf das Zweigwachstum wurde die Astkonkurrenz an den analysierten Bäumen in zwei Ausprägungsstufen angesprochen: Äste, die in Richtung von Bestandeslücken gerichtet waren, d.h. nicht direkt durch Äste benachbarter Bäume beeinflusst waren, wurden als konkurrenzfrei, solche, die eine Beeinflussung durch Nachbarbäume erfuhren, als konkurrenzbestimmt klassifiziert. Für die Untersuchung wurden die Astlängenzuwächse und die Höhenzuwächse der Bäume aus allen vier Beständen zusammengefasst. 7.3.3 Ergebnisse 7.3.3.1 Reaktion des Grundflächenzuwachses Es wurde zunächst untersucht inwieweit Unterschiede in der Grundflächenzuwachsreaktion der Bäume durch in der Praxis leicht ermittelbare Baum- bzw. Eingriffsmerkmale zu erklären sind. Als baumbezogene Merkmale dienten der relative Durchmesser ( d / d ) und der Ausgangsdurchmesser (dt=0) dazu, die relative Veränderung des Grundflächenzuwachses der Bäume zu erklären. Zur Beschreibung der Freistellungsstärke wurden zwei der oben vorgestellten vier alternative Erklärungsvariablen geprüft: Die relative Veränderung der potentiell verfügbaren Standfläche (%APA) und die Zahl der Kronensektoren ohne Bedränger (ZKOB). Die Einbeziehung des Baumalters als zusätzliche Erklärungsvariable zum Durchmesser führte erwartungsgemäß zu keiner weiter verbesserten Erklärung der Unterschiede im Grundflächenzuwachs, da es sich um mehr oder weniger gleichaltrige Bestände mit geringer Variation im Baumalter handelt. Die allgemeinen Modelle für die vier Untersuchungsflächen lauten wie folgt:

7.3 Wachstum älterer Buchen in der Überführungsphase

Modell

N

R2

F

%iG = 58.396 – 1.228(D) + 0.548(%APA)

170

0.22

22.2

%iG = 24.089 - 0.451(D) + 25.222 (ZKOB)

170

0.14

7.6

235

Die relative Veränderung des Grundflächenzuwachses (%iG) konnte durch die relative Veränderung der potentiell verfügbaren Standfläche (%APA) besser erklärt werden als durch die Zahl der unbeschattenden Kronenseiten (ZKOB), wie an dem multiplen Bestimmtheitsmaß R2 von 0,22 mit %APA bzw. von 0,14 mit ZKOB deutlich wird. Die Modelle lassen erkennen, dass bei älteren Buchen ein Anstieg des Grundflächenzuwachses nach einer starken Freistellung um 70 – 100 % realistisch möglich ist. Außerdem wurde ein Grundflächenzuwachsmodell entwickelt, mit dem der absolute jährliche Grundflächenzuwachs (iG) der Bäume nach der Freistellung sowohl für freigestellte und auch für nicht von dieser Maßnahme betroffene Individuen geschätzt werden kann. Als Erklärungsvariablen wurden auch in diesem Modell die beiden Merkmale APA und ZKOB verwendet. Die Modelle lauten wie folgt: Modell iG = 6.091 + 0.155(D) + 0.342(APAnach)

N 170

R2 0.45

F 27.5

iG = 18.881 + 0.191(D) + 6.085(ZKOB)

170

0.29

24.5

Wie in den Modellen zur Prognose der relativen Grundflächenzuwachsänderung war auch hier der absolute Grundflachenzuwachs mit dem Durchmesser, dem APAnach und den ZKOB korreliert. Auch dabei wies das Modell mit APAnach als Erklärungsvariable ein höheres multiples Bestimmtheitsmaß R2 auf als das Modell mit ZKOB. 7.3.3.2 Plausibilität des Modells für Langzeitprognosen Der im Folgenden dargestellte Ansatz dient der Prüfung der Plausibilität der Modelle für Prognosezeiträume, die weit über die bislang betrachteten, in der Regel eine Dekade umfassenden, hinausgehen. Der Durchmesserwachstumsgang eines Baumes mit einem Ausgangsdurchmesser von 35 cm wurde mit Hilfe des Grundflächenzuwachsmodells prognostiziert. Dabei wurde ein APAnach der unbehandelten Bäume mit einem Durchmesser von 35 cm von 30 m2 unterstellt. APAnach-Werte von 50, 70 bzw. 90 m2 definieren Entwicklungsgänge zunehmend stärker freigestellter Buchen. Diese Wachstumsvorhersage wurde mit der AlterDurchmesser-Regression von 130 herrschenden und mitherrschenden Bäumen verglichen, um den offensichtlichen langfristigen Zuwachstrend in die Auswertung einzubeziehen. Diese Alter-Durchmesser-Regression ist in Abbildung 7.8 dargestellt (durchgezogene Linie, die einzelnen Werte der 130 Bäume als

236

A. Haywood, H. Spiecker

Kreise). Die Gleichung wurde aus einer aus zwei Parametern bestehenden Schumacher-Gleichung der folgenden Form: D = d (4.688-110.069 / A) abgeleitet. Die prognostizierte Zeitdauer für ein Dickenwachstum von 35 auf 65 cm für nicht freigestellte Bäume beträgt bei einem APAnach von 30 m2 93 Jahre. Demgegenüber ergibt sich aus dem Regressionsmodell ein Zeitraum von 116 Jahren. Der daraus abgeleitete durchschnittliche jährliche Radialzuwachs beträgt 1,6 bzw. 1,3 mm je Jahr.

80

d1,3 [cm]

70 60 50 40 30 20 10 0 0

50

100

150

200

250

300

Alter [Jahre] Abbildung 7.8: Wachstumsprognosen für eine 35 cm dicke Oberhöhenbuche bei verschiedenen APAnach (gestrichelte Linien), im Vergleich dazu die Entwicklung aller 130 Oberhöhenbäume (durchgezogenen Linie). Jeder Punkt stellt eine der 170 untersuchten Buchen dar.

7.3.3.3 Reaktion des Höhenzuwachses Die Analyse der Höhenzuwachsreaktionen auf Freistellung und Vergleiche mit dem Zuwachs unbehandelter Referenzbäume zeigen, dass zwischen dem Höhenzuwachs und der Freistellung ein gewisser Zusammenhang besteht. Allerdings ergab sich bei der Auswertung der Daten aus allen vier Untersuchungsflächen keine enge Korrelation zwischen der relativen Höhenzuwachsveränderung (%iH), dem jährlichen Höhenzuwachs (iH) und einer der für die Charakterisierung der Freistellungsstärke verwendeten Variablen (%APA, APAnach, ZKOB).

7.3 Wachstum älterer Buchen in der Überführungsphase

237

Tabelle 7.4: Pearson Produkt-Moment-Korrelationskoeffizient zwischen dem relativen Höhenzuwachs (%iH), dem absoluten Höhenzuwachs (iH) und einer Konkurrenzvariablen Modell

N

Konkurrenzvariablen APAnach ZKOB

%APA %iH iH

170 170

0,09 0,03

0,04 0,14

-0,05 -0,02

7.3.3.4 Kronenausdehnung Der t-Test diente dem Vergleich des seitlichen Astlängenzuwachses zwischen den Astkonkurrenzklassen (oben bezeichnet als „Astkonkurrenz“) innerhalb der verschiedenen Kronenklassen. Der durchschnittliche seitliche Astlängenzuwachs für alle in eine Bestandeslücke gerichteten Äste beträgt 9,2 cm pro Jahr während nicht in eine Lücke ragenden Äste einen jährlichen Längenzuwachs von 6,2 cm aufweisen. Gesichert sind die Unterschiede bei den beherrschten und bei den mitherrschenden Bäumen. Die durchschnittlichen Unterschiede werden auf 3,0 cm je Jahr geschätzt. Tabelle 7.5: Zusammenfassung des Vergleichs der durchschnittlichen jährlichen Astlängenzuwächse zwischen den verschiedenen Kronenklassen und Astklassen mit Hilfe von t-Tests Klassen Beherrscht Mitherrschend Herrschend Total

Lücken-Äste N durchschn. 43 13.5 141 8.4 58 7.9 242 9.19

s 0.5 0.3 1.1 0.5

N 77 255 106 438

Nicht-Lücken-Äste durchschn. s 6.6 0.4 5.5 1.2 7.6 1.8 6.2 0.4

t-Test p