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German Pages 1624 Year 2013
Großkommentare der Praxis
Bruck/Möller
Versicherungsvertragsgesetz Großkommentar 9., völlig neu bearbeitete Auflage herausgegeben von
Horst Baumann, Roland Michael Beckmann, Katharina Johannsen, Ralf Johannsen (†), Robert Koch
Vierter Band Haftpflichtversicherung §§ 100–124 VVG Allgemeine Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung D&O-Versicherung Produkthaftpflichtversicherung Umwelthaftpflichtversicherung Umweltschadensversicherung
Bearbeiter:
§§ 100–112, AHB, ProdHM, UmweltHM, USV: Robert Koch §§ 113–124: Roland Michael Beckmann AVB-AVG: Horst Baumann, Thomas Gädtke, Jörg Henzler
De Gruyter
Stand der Bearbeitung: Juni 2013
Zitiervorschlag: Bruck/Möller/R. Koch 9 § 110 VVG Rn. 6 Bruck/Möller/Baumann 9 Ziff. 1 AVB-AVG 2011/2013 Rn. 29 Sachregister: Thomas Vetter
ISBN 978-3-89949-506-5 e-ISBN 978-3-11-025230-9
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2013 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung/Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Verzeichnis der Bearbeiter der 9. Auflage Erwin Abele, Rechtsanwalt in München Dr. Horst Baumann, Professor an der Technischen Universität Berlin Dr. Roland Michael Beckmann, Professor an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken Dr. Oliver Brand, LL.M. (Cambridge), Professor an der Universität Mannheim Dr. Christoph Brömmelmeyer, Professor an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder) Dr. Alexander Bruns, Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Dr. Heinrich Dörner, Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Dr. Jan Dreyer, Rechtsanwalt in Hamburg Charlotte Echarti, Rechtsanwältin in Rellingen Dr. Jan Eichhorn, Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Thomas Gädtke, Rechtsanwalt in München Dr. Sven Gerhard, Allianz Global Corporate & Speciality AG, Hamburg Dr. Olaf Hartenstein, Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Helmut Heiss, LL.M. (Chicago), Professor an der Universität Zürich Dr. Jörg Henzler, Rechtsanwalt in Stuttgart Dr. Harald Herrmann, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Leiter des Instituts für Versicherungswissenschaft Dr. Knut Höra, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Frankfurt am Main Dr. Detlef A. Huber, Rechtsanwalt in Freiburg i.Br. Jens Jaeger, Abteilungsleiter Transport- und Luftfahrtversicherung beim GDV, Berlin Dr. Katharina Johannsen, Vorsitzende Richterin am Hanseatischen OLG a.D., Hamburg Dr. Ralf Johannsen (†), Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Rocco Jula, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Berlin Dr. Kai-Oliver Knops, Professor an der Universität Hamburg Dr. Robert Koch, LL.M. (McGill), Professor an der Universität Hamburg Dr. Hubertus W. Labes, Rechtsanwalt in Rellingen Dr. Kent Leverenz, Richter in Hamburg Dr. Annemarie Matusche-Beckmann, Professor an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken Dr. Helmut Müller, Präsident des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen a.D., Berlin Dr. Ernst Niederleithinger, Ministerialdirektor beim Bundesministerium der Justiz a.D., Honorarprofessor, Berlin Dr. Peter Präve, Syndikus beim GDV, Berlin Jürgen Raab, Kravag-Logistic Versicherungs AG, Hamburg Dr. Reinhard Renger, Ministerialrat beim Bundesministerium der Justiz a.D., Bonn Dr. Thomas Richter, Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Jens-Berghe Riemer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht sowie Transport- und Speditionsrecht in Nürnberg Dr. Claus von Rintelen, Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Christian Rolfs, Professor an der Universität zu Köln Dr. Christian Schneider, Rechtsanwalt in Köln
V
Dr. Winfried Schnepp, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Köln Arno Schubach, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Koblenz Dr. Dieter Schwampe, Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Hans-Peter Schwintowski, Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Ansgar Staudinger, Professor an der Universität Bielefeld Dr. Wolfgang Voit, Professor an der Philipps-Universität Marburg Dr. Eckhardt Wilkens, Vorstand der R+V Versicherung AG und Vorsitzender des Vorstandes der Vereinigten Tierversicherung Gesellschaft auf Gegenseitigkeit a.D., Burgwedel Dr. Gerrit Winter, Professor an der Universität Hamburg
VI
Vorwort zu Band 4 Gegenstand von Band 4 ist die „Haftpflichtversicherung“. Abweichend von der 8. Auflage werden die Allgemeinen Vorschriften für diesen Versicherungszweig (§§ 100–112 VVG) wie auch die Vorschriften des VVG über die Pflichthaftpflichtversicherung (§§ 113–124 VVG) zum Ausgangspunkt der Kommentierung gemacht. Die Kfz-Haftpflichtversicherung wird wie bereits in der Vorauflage zusammen mit den weiteren Arten der Kfz-Versicherung in einem gesonderten Band bearbeitet. Zentrales Anliegen war es, neben dem Gesetz die einschlägigen Versicherungsbedingungen wissenschaftlich vertieft zu analysieren. Neben der unverzichtbaren Bearbeitung der AHB (unter Berücksichtigung der gebräuchlichsten Deckungserweiterungen der Betriebsund Privathaftpflichtversicherung) musste angesichts der Vielzahl von speziellen Bedingungen naturgemäß eine Auswahl getroffen werden. Mit dem Produkthaftpflichtmodell, den Bedingungswerken für die Umwelthaftpflicht- und die Umweltschadensversicherung sowie den Bedingungen für die D&O-Versicherung ist eine Konzentration auf für die Unternehmenspraxis besonders wichtige Bestimmungen erfolgt. Insgesamt soll damit der Kommentar ein zuverlässiger Ratgeber für den Bereich der privaten wie der betrieblich-unternehmerischen Haftpflichtversicherungen sein. Der Verein zur Förderung der Versicherungswissenschaft in Berlin hat erneut einen finanziellen Beitrag zur Unterstützung bei der Redaktion von Teilen des Bandes geleistet, vom Deutschen Verein für Versicherungswissenschaft wurde effektive bibliothekarische Hilfe erbracht. Beiden Vereinen sei verbindlich gedankt. Rechtsprechung und Schrifttum sind auf dem Stand Juni 2013. Soweit möglich, wurden auch spätere Entscheidungen und Aufsätze berücksichtigt. Für Kritik und Verbesserungsvorschläge sind Verlag und Herausgeber dankbar. Berlin, Saarbrücken und Hamburg im August 2013. Horst Baumann
Roland Michael Beckmann
Katharina Johannsen
Robert Koch
VII
Inhaltsübersicht Bearbeiterverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur . . . . . . .
V VII XI
VERSICHERUNGSVERTRAGSGESETZ Teil 2 EINZELNE VERSICHERUNGSZWEIGE Kapitel 1 Haftpflichtversicherung Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften Vor § 100 § 100 § 101 § 102 § 103 § 104 § 105 § 106 § 107 § 108 § 109 § 110 § 111 § 112
Vorbemerkungen zu §§ 100–112 . . . . . Leistung des Versicherers . . . . . . . . . Kosten des Rechtsschutzes . . . . . . . . Betriebshaftpflichtversicherung . . . . . Herbeiführung des Versicherungsfalles . . Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers Anerkenntnis des Versicherungsnehmers . Fälligkeit der Versicherungsleistung . . . Rentenanspruch . . . . . . . . . . . . . Verfügung über den Freistellungsanspruch Mehrere Geschädigte . . . . . . . . . . Insolvenz des Versicherungsnehmers . . . Kündigung nach Versicherungsfall . . . . Abweichende Vereinbarungen . . . . . .
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1 50 115 140 162 216 236 246 264 277 312 326 339 363
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368 385 414 425 442
Abschnitt 2 Pflichtversicherung Vor § 113 Anh Vor § 113 § 113 § 114 § 115
Vorbemerkungen zu §§ 113–124 . . . . . Übersicht Pflichthaftpflichtversicherungen Pflichtversicherung . . . . . . . . . . . . Umfang des Versicherungsschutzes . . . . Direktanspruch . . . . . . . . . . . . .
IX
Inhaltsübersicht
§ 116 § 117 § 118 § 119 § 120 § 121 § 122 § 123 § 124
Gesamtschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungspflicht gegenüber Dritten . . . . . . . . . . Rangfolge mehrerer Ansprüche . . . . . . . . . . . Obliegenheiten des Dritten . . . . . . . . . . . . . . Obliegenheitsverletzung des Dritten . . . . . . . . . Aufrechnung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache Rückgriff bei mehreren Versicherten . . . . . . . . . Rechtskrafterstreckung . . . . . . . . . . . . . . .
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472 485 525 540 551 558 560 569 583
Allgemeine und Besondere Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung AHB 2012 ProdHM 2008
UmweltHM 2009
USV 2008 AVB-AVG 2011/ 2013
Sachregister
X
Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben (Produkthaftpflichtmodell) 2008 . . . . . . . . . . 973 Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung (Umwelthaftpflicht-Modell) 2009 . . . . . . . . . 1073 Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Umweltschadensversicherung 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1153 Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern 2011/2013 (D&O-Versicherung) . . . . 1209 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1547
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur a.A. a.a.O. ABBV ABE ABG ABGB abgedr. ABGF Abk. abl. ABl. ABMG ABN ABRK ABRV ABS Abs. Abschlussbericht Abschn. ABU ABV ABV (PKautV) ABVerm abw. AcP ADB ADS a.E. AEB ÄndG ÄndVO AERB AEUV AFB AFVB a.F. AFG AG AGG AGBG
anderer Ansicht am angegebenen Ort Allgemeine Bedingungen für die Baubestandsversicherung Allgemeine Bedingungen für die Elektronikversicherung Allgemeine Bedingungen für die Kaskoversicherung von Baugeräten Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) abgedruckt Allgemeine Bedingungen für die dynamische Sachversicherung des Gewerbes und der Freien Berufe Abkommen ablehnend Amtsblatt Allgemeine Bedingungen für die Maschinen- und Kasko-Versicherung von fahrbaren und transportablen Geräten Allgemeine Bedingungen für die Bauleistungsversicherung von Gebäudeneubauten durch Auftraggeber Allgemeine Bedingungen für die Reparaturkosten von Kraftwagen Allgemeine Bedingungen für die Reise-Rücktrittskosten-Versicherung Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung (Österreich) Absatz siehe KomE Abschnitt Allgemeine Bedingungen für die Bauleistungsversicherung von Unternehmerleistungen Allgemeine Bedingungen der Vertrauensschadenversicherung Allgemeine Bedingungen der Vertrauensschadenversicherung (Personenkautionsversicherung) Allgemeine Bedingungen für die Vermögenshaftpflichtversicherung abweichend Archiv für civilistische Praxis (zit. nach Band, Jahr u. Seite) Allgemeine Deutsche Binnen-Transportversicherungsbedingungen Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen von 1919 am Ende Allgemeine Einbruchdiebstahlversicherungsbedingungen Änderungsgesetz Änderungsverordnung Allgemeine Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Allgemeine Bedingungen für die Feuerversicherung Allgemeine Bedingungen für die Fahrradverkehrsversicherung alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Amtsgericht; Aktiengesellschaft Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz)
XI
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur AGlB AGTG AHagB AHB AKB AKadZ AKB AktG ALB allg. allg.M. Alt. AltZertG a.M. AMB
AMBUB AMG AMoB amtl. Begr. Anh. Anl. Anm. AnwBl. AnwKom/Bearbeiter ao AO AöR AP ARB ArchBR Art. ASKB Asmus/Sonnenberg AssJhrB AStB AT AtomG AUB AÜG Auff. Aufl. AuR ausdrückl. ausführl. AusfVO ausl.
XII
Allgemeine Bedingungen für die Glasversicherung Allgemeine Bedingungen für die Garantieverlängerungsversicherung von Technischen Geräten Allgemeine Hagelversicherungs-Bedingungen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Allgemeine Bedingungen für die KfZ-Versicherung Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung allgemein allgemeine Meinung Alternative Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen anderer Meinung Allgemeine Maschinen-Versicherungsbedingungen; ab 2008: Allgemeine Bedingungen für die Maschinenversicherung von stationären Maschinen Allgemeine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Arzneimittelgesetz Allgemeine Montageversicherungsbedingungen amtliche Begründung Anhang Anlage Anmerkung Anwaltsblatt AnwaltKommentar BGB, hrsg. von Dauner-Lieb/Heidel/Ring, 5 Bände (2005) außerordentlich Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis. Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung von kerntechnischen Anlagen Kraftfahrtversicherung, 7. Aufl. (1998) Assekuranz-Jahrbuch Allgemeine Bedingungen für die Sturmversicherung Allgemeiner Teil Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auffassung Auflage Arbeit und Recht ausdrücklich ausführlich Ausführungsverordnung ausländisch
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur AuslG AuslPflVG Auslunf AusnVO ausschl. Ausschussbericht
AV AVB AVB-AVG
AVB MaV AVBR AVBSP AVB Vermögen AVBW AVFE AVFEBU AVFEM AVG AVP AVR AVSZ AVTHK AWaB AWB AWG Az. Bach/Langheid Bach/Moser BaFin BAG Bamberger/Roth/Bearbeiter BankArch BAnz. Baran Basedow/Fock
Ausländergesetz Gesetz über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger Unfälle mit Auslandsbezug Ausnahmeverordnung ausschließlich Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (BTDrucks. 16/5862) Allgemeine Verfügung Allgemeine Versicherungsbedingungen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die VermögensschadenHaftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Maschinen, maschinellen Einrichtungen und Apparaten Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Reisegepäck Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Juwelen, Schmuck- und Pelzsachen im Privatbesitz Allgemeine Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden Allgemeine Bedingungen für die Kasko-Versicherung von Wassersportfahrzeugen Allgemeine Versicherungsbedingungen für Fernmelde- und sonstige elektronische Anlagen Allgemeine Betriebsunterbrechungs-Bedingungen bei Fernmelde- und sonstigen elektrotechnischen Anlagen Allgemeine Bedingungen für die Mehrkostenversicherung bei Fernmeldeanlagen und sonstigen elektrotechnischen Anlagen Angestelltenversicherungsgesetz Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Pferden und anderen Einhufern Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Rindern Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Schweinen, Schafen und Ziegen Allgemeine Bedingungen für die Tierkrankenversicherung von Hunden und Katzen Allgemeine Versicherungs-Bedingungen für die Waldbrandversicherung Allgemeine Bedingungen für die Leitungswasserversicherung Außenwirtschaftsgesetz Aktenzeichen Aktuelle Rechtsfragen der Versicherungsvertragspraxis, 2. Aufl. (1990) Private Krankenversicherung, MB/KK- und MB/KT-Kommentar, 4. Aufl. (2010) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch in drei Bänden, 3. Aufl. (2012) Bankarchiv. Zeitschrift für Bank- und Börsenwesen Bundesanzeiger Das Versicherungsaufsichtsgesetz, 3. Aufl. (2000) Europäisches Versicherungsvertragsrecht, Bd. I–III (2002/03)
XIII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Bauer BauGB Baumgärtel/Prölss
Die Kraftfahrtversicherung, 6. Aufl. (2010) Baugesetzbuch Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 5 (Versicherungsrecht) (1993) Baumgärtel/Laumen/Prütting Handbuch der Beweislast – BGB AT, §§ 1–240, 3. Aufl. (2007) BAV (BAA) Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- (bis 1973: und Bausparwesen (bis 2001) BB Der Betriebs-Berater BBG Bundesbeamtengesetz BBR Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen BBR ITD Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung von IT-Dienstleistern Bd. Band BDSG Bundesdatenschutzgesetz Bearb. Bearbeitung Beckmann/MatuscheVersicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl. (2009) Beckmann/Bearbeiter BeckOK-BGB Beck’scher Online-Kommentar BGB, hrsg. von Bamberger/Roth (Stand: 1.2.2013) BeckRS Elektronische Entscheidungsdatenbank in beck-online (zitiert mit Jahrgang und lfd. Nummer) BEEG Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit begl. beglaubigt Begr. Begründung zum VVG: RTDrucks Nr. 364, 12. Legislaturperiode, 1. Session 1907; zum PflVersG v. 7.11.1939: DJ 39, 1771; zur VO v. 19.12.1939: Amtl. Sonderveröffentl. d. DJ Nr. 20, Beilage zur DJ Nr. 3/1940; zum G v. 28.12.1942: DJ 43, 41 ff.; zur VO v. 6.4.1943: DJ 43, 269; zum G v. 5.4.1965 (PflVersG n.F.): BRDrucks. IV/2252 S 11 ff. zum RegE VVGReformG v. 20.12.2006 BTDrucks. 16/3945 Bek. Bekanntmachung Bekl. Beklagter Bem. Bemerkung Benkel/Hirschberg Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung, ALB- und BUZ-Kommentar, 2. Aufl. (2011) ber. berichtigt Berliner Kommentar/ Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz: Kommentar Bearbeiter zum deutschen und österreichischen VVG, hrsg. von H. Honsell (1999) BerVersV Versicherungsberichterstattungsverordnung vom 29.3.2006 (BGBl. I S. 622) bes. besonders BesBed Arch Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und beratenden Ingenieuren BesBed Priv Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung Beschl. Beschluss Beschw. Beschwerde Bespr. Besprechung Best. Bestimmung bestr. bestritten
XIV
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur betr. BetrAV BetrAVG BeurkG BEW BfA BFH BGB BGBl. BGE BGH BGHGrS BGHR BGHSt BGHZ BilMoG BLAH/Bearbeiter BLVA BMI BMJ BOÄ Böhme/Biela Boldt FeuerV Bolze Borutta BR BRAK BRAO BRAOÄndG Braun Lebensversicherung BRDrucks. BReg. BRProt. BRRG BRStenBer. Bruck PVR Bruck Versicherungsvertrag Bruck/Dörstling Bruck/Möller/Bearbeiter8
Bruck/Möller/Bearbeiter BSG
betreffend Betriebliche Altersversorgung Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Beurkundungsgesetz Bedingungen für die Versicherung weiterer elementarer Schäden in der Wohngebäudeversicherung Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Rentenversicherung Bund) Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des (Schweizerischen) Bundesgerichts Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof, Großer Senat BGH-Rechtsprechung Zivilsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen (zit. nach Band u. Seite) Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (zit. nach Band u. Seite) Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 70. Aufl. (2012) Bayerische Landesbrandversicherungsanstalt Bundesminister(ium) des Inneren Bundesminister(ium) der Justiz Bundesärzteordnung Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden. Handbuch für die Praxis, 23. Aufl. (2006) (bis zur 22. Aufl. Becker/Böhme) Feuerversicherung, 7. Aufl. (1995) Praxis des Reichsgerichts in Civilsachen (1886 ff.) Handbuch des Privatversicherungsrechts (Loseblatt-Ausgabe) Bundesrat Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrechtsanwaltsordnung Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentrechtsanwaltsordnung und anderer Gesetze Lebensversicherung (1932) Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Protokolle des Bundesrates Beamtenrechtsrahmengesetz Verhandlungen des Bundesrats, Stenographische Berichte (zit. nach Sitzung u. Seite) Das Privatversicherungsrecht (1930) Kommentar zum Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, 7. Aufl. (1932) Das Recht des Lebensversicherungsvertrages: ein Kommentar zu den Allgemeinen Vertragsbedingungen der Kapitalversicherung auf den Todesfall, 2. Aufl. (1933) Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Einschluss des Versicherungsvermittlerrechtes, 8. Aufl. (1961–2002) Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, 9. Aufl. (2008 ff.) Bundessozialgericht
XV
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur BSHG Bsp. BStBl. BT BTDrucks. BTProt. BTRAussch. BTStenBer.
bzgl. bzw.
Bundessozialhilfegesetz Beispiel Bundessteuerblatt Besonderer Teil, Bundestag Bundestagsdrucksache s. BTVerh. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags Verhandlungen des deutschen Bundestages, Stenographische Berichte (zit. nach Wahlperiode u. Seite) Betriebsunterbrechung Buchstabe Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl. (2012) Versicherungsrecht in der anwaltlichen Praxis, 4. Aufl. (2000) Reiseversicherung, 3. Aufl. (2010) Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Besondere Vertragsbedingungen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zit. nach Band u. Seite) Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (zit. nach Band u. Seite) bezüglich beziehungsweise
ca. CCZ cic CR
circa Corporate Compliance Zeitschrift culpa in contrahendo Computer und Recht
dagg. DAR DAV DB DDR DeckRV DepotG
dagegen Deutsches Autorecht Deutscher Anwaltsverein; Deutsche Aktuarvereinigung Der Betrieb Deutsche Demokratische Republik Deckungsrückstellungsverordnung vom 6.5.1996 (BGBl. I S. 670) Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) derselbe Das neue Versicherungsvertragsrecht, 6. Aufl. (2008) dergleichen Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung das heißt dieselbe(n) Hausratversicherung 84, Kommentar, 2. Aufl. (1987) Wohngebäudeversicherung, Kommentar, 2. Aufl. (1999) Differenzierung, differenzierend Digesta Die Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte. Kommentar (2009) Deutsche Industrie Norm Dissertation Deutsche Justiz Deutscher Juristentag
BU Buchst. van Bühren/Bearbeiter Hdb van Bühren van Bühren/Nies BUZ BVB BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE
ders. Deutsch dgl. DGVZ d.h. dies. Dietz HausratV Dietz WohngebäudeV Diff., diff. Dig. Diller DIN Diss. DJ DJT
XVI
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur DJZ DMW DöV Dörner AVB D&O DOGE DR DRechtsw. Dreher DRiB DRiG DRiZ DRM DRpfl. DRsp. Drucks. DRW DRZ DS DSB DStrR dt. DuR DVBl. DVers. DVersPresse DVO DVollzO DVP DVR DVZ DZWIR E ebd. ebso. ECB ECBUB
ED ed(s) EDV EFG EG EGBGB EGGVG EGInsO EGInsOÄndG
Deutsche Juristenzeitung (1896–1936) Deutsche Medizinische Wochenschrift Deutsche öffentlich-rechtliche Versicherung Allgemeine Versicherungsbedingungen, Textausgabe, 6. Aufl. (2009) Directors and Officers (Liability Insurance) Entscheidungen des Deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Deutsches Recht, Wochenausgabe (vereinigt mit Juristische Wochenschrift) (1931–1945) Deutsche Rechtswissenschaft (1936–1943) Die Versicherung als Rechtsprodukt (1991) Deutscher Richterbund Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Deutsches Recht, Monatsausgabe (vereinigt mit Deutsche Rechtspflege) Deutsche Rechtspflege (1936–1939) Deutsche Rechtsprechung, hrsg. von Feuerhake (Loseblattsammlung) Drucksache Deutsches Recht, Wochenausgabe Deutsche Rechts-Zeitschrift (1946–1950) Der Sachverständige Datenschutzberater Deutsches Steuerrecht deutsch Demokratie und Recht Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Versicherung Deutsche Versicherungspresse Durchführungsverordnung Dienst- und Vollzugsordnung Deutsche Verwaltungspraxis Datenverarbeitung im Recht (bis 1985, danach vereinigt mit IuR) Deutsche Versicherungszeitschrift Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entwurf bzw. Entscheidung ebenda ebenso Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuerversicherung für Industrie- und Handelsbetriebe Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur FeuerBetriebsunterbrechungs-Versicherung für Industrie- und Handelsbetriebe Einbruchdiebstahl editor(s) Einbruchdiebstahlversicherung Entscheidung der Finanzgerichte (zit. nach Band u. Seite) Einführungsgesetz bzw. Europäische Gemeinschaft(en) bzw. Erinnerungsgabe Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz v. 27.1.1877 Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze
XVII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur EGKS EGMR EGOWiG EGStGB EGStPO EGV EGVVG EheG ehem. Ehrenberg Ehrenzweig Einf. eingeh. einschl. einschr. Einl. EKMR EMRK entgg. Entsch. entspr. Entw. ErfK/Bearbeiter Erg. ErgBd. Erl. Erman/Bearbeiter Erw. EStG etc. EU EuGH EuGHE EuGRZ EuGVVO
EuR EurKomMR europ. EuropolG EUV EuZW EV
evtl. EWG EWGV EWiR EWiV
XVIII
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäischer Gerichtshof für Menschenrecht Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zum VVG Ehegesetz ehemalig Privatversicherungsrecht (1923) Deutsches (österreichisches) Versicherungs-Vertragsrecht (1952) Einführung eingehend einschließlich einschränkend Einleitung Europäische Kommission für Menschenrechte Europäische Menschenrechtskonvention entgegen Entscheidung entsprechend Entwurf Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, hrsg. von Dieterich/Hanau/ Schaub, 13. Aufl. (2013) Ergebnis bzw. Ergänzung Ergänzungsband Erläuterung Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Westermann, 13. Aufl. (2011) Erwiderung Einkommensteuergesetz et cetera Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – Amtliche Sammlung Europäische Grundrechte-Zeitschrift Verordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EG-Verordnung Nr. 44/2001) Europarecht Europäische Kommission für Menschenrechte europäisch Europol-Gesetz Vertrag über die Europäische Union (Lissabon-Vertrag) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur f., ff. FAG Fahr/Kaulbach/Bähr Fahr/Kaulbach/Bähr/Pohlmann FamRZ
folgende Gesetz über Fernmeldeanlagen Versicherungsaufsichtsgesetz, 4. Aufl. (2007) Versicherungsaufsichtsgesetz, 5. Aufl. (2012)
G GB BAV
Gesetz Geschäftsbericht des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Geschäftsbericht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Gesetzblatt Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Geschäftsplanmäßige Erklärung Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. (2010) gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Kommentar zum deutschen Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag (1908) Der Gerichtssaal Geschäftsordnung gesetzlich Gewerbearchiv, Zeitschrift für Gewerbe- u. Wirtschaftsverwaltungsrecht Gewerbeordnung gegen Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls J. von Gierke, Versicherungsrecht, Bd. I (1937)
Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht. Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FAO Fachanwaltsordnung Farny Versicherungsbetriebslehre, 5. Aufl. (2011) FBUB Allgemeine Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Fenyves/Kronsteiner/Schauer Kommentar zu den Novellen zum VersVG (Österreich) (1998) FG Finanzgericht FGG Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FGO Finanzgerichtsordnung FHB Feuerhaftungs-Versicherungsbedingung FinDAG Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz FJL Feyock/Jacobsen/Lemor Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. (2009) Fn. Fußnote Foerste/Graf von Westphalen/ Produkthaftungshandbuch, 3. Aufl. (2012) Bearbeiter fragl. fraglich FS Festschrift FVG Gesetz über die Finanzverwaltung v. Fürstenwerth/Weiß Versicherungsalphabet, 10. Aufl. (2001)
GB GDV GBl. GDV GE Geimer/Schütze/Bearbeiter gem. GenG Gerhard/Hagen GerS GeschO gesetzl. GewArch GewO gg. GG ggf. von Gierke Versicherungsrecht I von Gierke Versicherungsrecht II GKG GKV gl. GmbHG
J. von Gierke, Versicherungsrecht, Bd. II (1947) Gerichtskostengesetz Gesetzliche Krankenversicherung gleich Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
XIX
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur GmbHR GMBl. GoA grdl. grds. Grimm Großkomm-AktG/Bearbeiter GrS GrSZ Grubmann GRUR GS GVBl. GVG GWB GwG
GmbH-Rundschau (vorher: Rundschau für GmbH) Gemeinsames Ministerialblatt Geschäftsführung ohne Auftrag grundlegend grundsätzlich Unfallversicherung, 5. Aufl. (2009) Aktiengesetz, hrsg. von Hopt/Wiedemann, 4. Aufl. (1992 ff.) Großer Senat Großer Senat in Zivilsachen Das Versicherungsvertragsgesetz, 6. Aufl. (2007) (Österreich) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz)
h.A. Hagelschuer Hagen Versicherungsrecht
herrschende Ansicht Lebensversicherung, 2. Aufl. (1987) in: Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts, 8. Band, I. und II. Abteilung (1922) Halbsatz Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 4. Aufl. (2011) Beweislast und Beweiswürdigung im Versicherungsrecht (1990) Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift Hanseatische Rechtszeitschrift Rechtsschutzversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB), 8. Aufl. (2009) 25 Jahre Karlsruher Forum. Beiträge zum Haftungs- und Versicherungsrecht (1983) Grundlagen des Versicherungswesens (1964) Handbuch Handwörterbuch der Versicherung, hrsg. von Farny/Helten/Koch/Schmidt (1988) Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) Treu und Glauben im Versicherungsvertragsrecht (1989) Versicherungsvertragsgesetz, 2. Aufl. (1996) Die mehrfache Kausalität im Versicherungsrecht (1978) Höchstrichterliche Entscheidungen (Zivilsachen) Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Hanseatische Gerichtszeitung hinsichtlich Hinweis Bürgerliches Gesetzbuch Handkommentar, hrsg. von Schulze/Dörner/Ebert et. al., 7. Aufl. (2011) Zivilprozessordnung Handkommentar, hrsg. von Saenger, 4. Aufl. (2011) Versicherungsvertragsgesetz Handkommentar, hrsg. von Rüffer/ Halbach/Schimikowski, 2. Aufl. (2011) herrschende Ansicht, herrschende Auffassung herrschende Lehre herrschende Meinung
Halbs. Halm/Engelbrecht/Krahe Hansen Beweislast HansRGZ HansRZ Harbauer Hauss Hax Hdb. HdV HeilPrG Heiss Heiss/Lorenz Herdt HEZ HFR HGB HGZ hins. Hinw. HK BGB/Bearbeiter HK ZPO/Bearbeiter HK VVG/Bearbeiter h.A. h.L. h.M.
XX
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Hofmann PVR HRR Hrsg./hrsg. h.Rspr. Hübner Hüffer i.Allg. i.d.F. i.d.R. i.d.S. i.E. i.e.S. IFG i.gl.S. i.Grds. IHK i.H.v. ILC IM InfoV inl. insbes. insges. InsO inzw. IPBPR i.R.d. i.R.v. i.S. i.S.d. i.S.e. i.S.v. i.techn.S. i.U. i.üb. IuKDG
Privatversicherungsrecht, 4. Auflage (1998) Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928–1942), bis 1927: Die Rechtsprechung, Beilage zur Zeitschrift Juristische Rundschau Herausgeber/herausgegeben herrschende Rechtsprechung Allgemeine Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz, 5. Aufl. (1997) Aktiengesetz, 10. Aufl. 2012
IuR IVH i.V.m. i.w. i.w.S. i.Z.m.
im Allgemeinen in der Fassung in der Regel in diesem Sinne im Ergebnis im engeren Sinne Informationsfreiheitsgesetz im gleichen Sinne im Grundsatz Industrie- und Handelskammer in Höhe von International Law Commission Innenministerium siehe VVG-InfoV inländisch insbesondere insgesamt Insolvenzordnung inzwischen Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte im Rahmen der/des im Rahmen von im Sinne im Sinne der/des im Sinne einer(s) im Sinne von im technischen Sinne im Unterschied im Übrigen Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informationsund Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz) Informatik und Recht Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht in Verbindung mit im Wesentlichen im weiteren Sinne im Zusammenhang mit
JA Jabornegg JahrbÖR JBeitrO JBl. JBlRhPf. JBl Saar
Juristische Arbeitsblätter für Ausbildung und Examen Das Risiko des Versicherers (1979) Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Justizbeitreibungsordnung Juristische Blätter (Österreich) Justizblatt Rheinland-Pfalz Justizblatt des Saarlandes
XXI
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur jew. JK JM JOR JR JRPV Jula JurA Jura jurisPK/Bearbeiter jurisPR JurJahrb. JuS Justiz JuV JVBl. JVKostO JW JZ JZ-GD KalV
jeweils Jura-Kartei Justizminister(ium) Jahrbuch für Ostrecht Juristische Rundschau Juristische Rundschau für die Privatversicherung Sachversicherungsrecht, 2. Aufl. (2008) Juristische Analysen Juristische Ausbildung juris Praxiskommentar BGB, hrsg. von Herberger/Martinek/ Rüßmann/Weth, 5. Aufl. (2010) juris PraxisReport Juristen-Jahrbuch Juristische Schulung. Zeitschrift für Studium und Ausbildung Die Justiz. Amtsblatt des Justizministeriums von Baden-Württemberg Justiz und Verwaltung Justizverwaltungsblatt Gesetz über Kosten im Bereich der Justizverwaltung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Juristenzeitung – Gesetzgebungsdienst
Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der privaten Krankenversicherung (Kalkulationsverordnung – KalV) Kap. Kapitel Kfz. Kraftfahrzeug KfzPflVV Kraftfahrzeugpflichtversicherungsverordnung KG Kammergericht, Kommanditgesellschaft KGJ Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (1881–1922) (zit. nach Band u. Seite) KH Kraftfahrzeug-Haftpflicht Kisch Versicherungsschein Der Versicherungsschein (1952) Kisch Mehrfache Versicherung Die Mehrfache Versicherung desselben Interesses (1935) Kisch PVR II Handbuch des Privatversicherungsrechts, Bd. II (1920) Kisch PVR III Handbuch des Privatversicherungsrechts, Bd. III (1922) KJ Kritische Justiz KK-OWiG/Bearbeiter Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 3. Aufl. (2006) Kl. Klausel KLV Kapitalbildende Lebensversicherung Knoerrich/Rotkies Rechtsgrundlagen der Individualversicherung KO Konkursordnung Koch/Weiss Gabler Versicherungslexikon (1994) Koller Transportrecht, 7. Aufl. (2010) KomE Kommissionsentwurf zur Reform des Versicherungsvertragsrechts; zitiert nach: Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April (2004), hrsg. von Egon Lorenz (2004) KorrBekG Gesetz zur Bekämpfung der Korruption K&R Kommunikation und Recht krit. kritisch
XXII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur KritVj KrW-/AbfG
KStG KTS Kühnholz KunstUrhG Kuwert Kuwert/Erdbrügger KuV KWG
Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz) Körperschaftsteuergesetz Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Versicherungsrecht (1989) Kunsturhebergesetz Allgemeine Haftpflichtversicherung. Leitfaden durch die AHB, 4. Aufl. (1992) Privat-Haftpflichtversicherung. Leitfaden durch die besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen, 2. Aufl. (1990) Kraftfahrt und Verkehrsrecht Gesetz über das Kreditwesen
Lackner/Kühl StGB, 27. Aufl. (2011) Landmann/Rohmer/Bearbeiter Umweltrecht, 66. Ergänzungslieferung 2012 Langheid/Wandt/Bearbeiter Münchener Kommentar Versicherungsvertragsgesetz: VVG; Band 1: §§ 1–99 VVG (Teil 1. Allgemeiner Teil) und Erläuterungen zum EGVVG (2010); Band 2: §§ 100–191 VVG (Teil 2. Einzelne Versicherungszweige) (2011); Band 3: §§ 192–215 VVG, Synopsen, Materialien (2009) LegPer. Legislaturperiode LG Landgericht lit. littera (Buchstabe) Lit. Literatur LM Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. von Lindenmaier/Möhring u.a. (zit. nach Paragraph u. Nummer) LMK Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring Looschelders/Pohlmann/ VVG Versicherungsvertragsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. (2011) Bearbeiter LPG Landespressegesetz LS Leitsatz lt. laut LVerf. Landesverfassung LZ Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1907–1933) LZB Zusatzbedingungen für die Feuerversicherung landwirtschaftlicher Betriebe m. MaBV Mahr Maier MalßZ Manes Versicherungslexikon m. Anm. Marlow/Spuhl Martin SVR Maunz/Dürig/Bearbeiter m.a.W. m.Bespr. MBKK
mit Makler- und Bauträgerverordnung Einführung in die Versicherungswirtschaft, 3. Aufl. (1970) Das Versicherungs-Vertragsrecht (1911) Zeitschrift für Versicherungsrecht, hrsg. v. Conrad Malß (Bd. I v. 1866, Bd. II v. 1878) Versicherungslexikon, 3. Aufl. (1930) mit Anmerkung Das neue VVG, 4. Aufl. (2010) Sachversicherungsrecht, Kommentar, 3. Aufl. (1992) Grundgesetz, Loseblatt-Kommentar, 69. Ergänzungslieferung (5/2013), begr. von Maunz/Dürig mit anderen Worten mit Besprechung Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung
XXIII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur MBKT MBPPV MBUB MdB MdL MDR MDStV MedR Meixner/Steinbeck missverst. m.krit.Anm. MMR MMW Möller Verantwortlichkeit Möller Versicherungsvertragsrecht Motive MüKo-AktG/Bearbeiter MüKo-BGB/Bearbeiter MüKo-ZPO/Bearbeiter
MüKo-StGB/Bearbeiter H. Müller Musielak/Bearbeiter m.w.N. m.zust.Anm. N. Nachtr. Nds.GVBl. Nds.Rpfl NEGB NEhelG Neum. n.F. Niederleithinger NJ NJOZ NJW NJWE-VHR NJW-RR Nr. NStZ NVersZ NVwZ NwIG NwSoBed
XXIV
Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung Musterbedingungen für die private Pflegeversicherung Allgemeine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Mitglied des Bundestags Mitglied des Landtags Monatsschrift für Deutsches Recht Staatsvertrag über Mediendienste Zeitschrift für Medizinrecht Allgemeines Versicherungsvertragsrecht, 2. Aufl. (2011) missverständlich mit kritischer Anmerkung (von) MultiMedia und Recht Münchner Medizinische Wochenschrift Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter (1939) Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl. (1977) Motive zum VVG, Nachdruck (1963) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg. von Goette/ Habersack/Kalss, 3. Aufl. (2008) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Rebmann/Säcker/Rixecker, 5. Aufl. (2009); 6. Aufl. (2012) Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, hrsg. von Rauscher/Wax/Wenzel, 4. Aufl., Band 1 (2013), Band 2 (2012) Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Joecks/ Miebach, 2. Aufl., 2003 ff. Versicherungsbinnenmarkt (1998) Kommentar zur Zivilprozessordnung, 10. Aufl. (2013) mit weiteren Nachweisen mit zustimmender Anmerkung Nachweise Nachtrag Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Niedersächsische Rechtspflege Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung der Elektround Gasgeräte des Haushalts Gesetz über die Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder Neumanns Zeitschrift für Versicherungswesen neue Fassung Das neue VVG (2007) Neue Justiz Neue Juristische Online Zeitung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Entscheidungsdienst Versicherungs-/Haftungsrecht NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur NwSoBedIuG NwSoBedlwGeb NZA NZG NZI NZS NZV o. o.ä. ob.dict. OBGer Oetker/Bearbeiter öffentl. ÖJVersG ÖJZ OLGR ÖVVG o.g. OG OGDDR ÖOGH OHG OLG OLGZ OVG OWiG Palandt/Bearbeiter PaPfleReQ PartGG PatG PAuswG PflVG PHi PKV polit. PostG PostO Pr. Präve AGB PrG ProdHM Prölss/Martin/Bearbeiter Prölss/Bearbeiter VAG PrOVG PStG psych.
Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung landwirtschaftlicher Gebäude Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht oben oder ähnlich obiter dictum Obergericht (Schweizer Kantone) Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. (2013) öffentlich Österr. Bundesgesetz über internationales Versicherungsvertragsrecht für den Europäischen Wirtschaftsraum Österreichische Juristenzeitung OLG-Report, Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Österreichisches Versicherungsvertragsgesetz (auch VersVG) oben genannt Oberstes Gericht der DDR Entscheidungen des Obersten Gerichts der DDR in Zivilsachen Österreichischer Oberster Gerichtshof Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen, einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. (2012); 72. Aufl. (2013) Patienten- und PflegeRecht mit Qualitätsmanagement Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentgesetz Gesetz über Personalausweise Pflichtversicherungsgesetz Haftpflicht international (vormals Produkthaftpflicht international) Private Krankenversicherung politisch Gesetz über das Postwesen (Postgesetz) Postordnung Praxis des Versicherungsrechts, Beilage zur „Oeffentlich-rechtlichen Versicherung“ (1926–1928: „Versicherung und Geldwirtschaft“) Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz (1998) Pressegesetz Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl. (2010) Versicherungsaufsichtsgesetz, hrsg. von Kollhosser, 12. Aufl. (2005) Preußisches Oberverwaltungsgericht Personenstandsgesetz psychisch
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Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur QIR
Angerer/Ollick, Quellen zum Individualversicherungsrecht
RAA RAO Raiser
Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung Reichsabgabenordnung Kommentar der Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen, 2. Aufl. (1937) Deutscher Reichsanzeiger Rechtsausschuß/Rechtsausschuss Rechtsberatungsgesetz (bis 1962: Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung) Recht der Arbeit Runderlaß/Runderlass Rechtsdienstleistungsgesetz Recht der Jugend und des Bildungswesens Das Recht des Kraftfahrers, Unabhängige Monatsschrift des Kraftverkehrsrechts (1926–43, 1949–55) Rundschreiben Recht der Datenverarbeitung Recht der Wirtschaft (Österreich) Das Recht, begründet von Soergel (1897–1944) Rechtsmedizin rechtspolitisch rechtsvergleichend Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vom 8.11.1994 (BGBl. I S. 3378) Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts mit Begründung (nicht veröffentlicht; zitiert nach der vom BMJ online zur Verfügung gestellten PDF-Datei; u.a. noch abrufbar unter: http://www.brak.de/seiten/ pdf/aktuelles/versicherungsvertragsrecht.pdf) Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631) (siehe auch VVG-Reform 2008) Regierung Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (BTDrucks. 16/3945); siehe auch Ausschussbericht Regierungsblatt Aspekte des internationalen Versicherungsvertragsrechts im Europäischen Wirtschaftsraum, hrsg. von Reichert-Facilides (1994) relativ Rückstellung für die Beitragserstattung Reichsfinanzhof Rundfunkstaatsvertrag Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgerichtsrätekommentar – Das Bürgerliche Gesetzbuch. Kommentar, hrsg. von den Mitgliedern des Bundesgerichtshofs, 12. Aufl. (1975 ff.) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (zit. nach Band u. Seite) Reichshaftpflichtgesetz Privatversicherungsrecht (1980) Unfallversicherungsrecht und AUB 88, 2. Aufl. (1991) Das Recht der Seeversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Deutschen Seeschiffahrts-Bedingungen, 2. Aufl. (1967) Reichsknappschaftsgesetz
RAnz. RAussch. RBerG RdA RdErl. RDG RdJB RdK RdSchr. RDV RdW Recht RechtsM rechtspol. rechtsvergl. RechVersV RefE
ReformG Reg. RegE RegBl. Reichert-Facilides/Bearbeiter rel. RfB RFH RfStV RG RGBl. RGRK/Bearbeiter
RGZ RHG Richter PVR Riebesell Ritter/Abraham RKG
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Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur RL Rn. Rom I-VO
Römer Römer/Langheid ROW Rpfleger RpflG Rspr. RStBl. RT RTDrucks. RTVerh. Rudisch Versicherungsrecht RuP RuS RVerkBl. RVG RVO RzW s. S. s.a. SaarRZ Sachs/Bearbeiter SBR Schauer ScheckG SchiedsVZ Schimikowski Schimikowski/Höra SchlHA SchHB 79 Schmidt-Futterer/Bearbeiter Schmidt-Salzer/Schramm Schmidt-Salzer/Bearbeiter Schmidt/Müller-Stüler Schmidt Obliegenheiten Schönke/Schröder Schwintowski Schwintowski/Brömmelmeyer/Bearbeiter SchwJZ SchwZStr.
Richtlinie Randnummer(n) Rom I-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht) Neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zum Versicherungsvertragsrecht, 7. Aufl. (1997) Versicherungsvertragsgesetz, 3. Aufl. (2012) Recht in Ost und West. Zeitschrift für Rechtsvergleichung und interzonale Rechtsprobleme Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegergesetz Rechtsprechung Reichssteuerblatt Reichstag Drucksachen des Reichstags Verhandlungen des Reichstags Das neue Versicherungsrecht: Gesetzestexte, Materialien, Hinweise (1994) Recht und Politik. Vierteljahreshefte für Rechts- und Verwaltungspolitik Recht und Schaden Reichsverkehrsblatt Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Reichsversicherungsordnung Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht siehe Satz, Seite siehe auch Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Grundgesetz, Kommentar, hrsg. von Sachs, 6. Aufl. (2011) Sonderbedingungen für die Beraubungsversicherung Das österreichische Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl. (1995) Scheckgesetz Zeitschrift für Schiedsverfahren - German Arbitration Journal Versicherungsvertragsrecht, 4. Aufl. (2009) Das neue Versicherungsvertragsrecht (2008) Schleswig-Holsteinische Anzeigen Allgemeine Bedingungen für die gleitende NeuwertVers von Gebäuden gegen Schäden durch Schwamm und Hausbockkäfer Mietrecht, hrsg. von Blank, 10. Aufl. (2011) Kommentar zur Umwelthaftpflichtversicherung (1993) Produkthaftung, Bd. IV/1: Produkthaftpflichtversicherung, 3. Auflage (1994) Das Recht der öffentlich-rechtlichen Sachversicherung, 3. Aufl. (1979) Reimer Schmidt, Die Obliegenheiten (1953) Strafgesetzbuch, Kommentar, 28. Aufl. (2010) Der private Versicherungsvertrag zwischen Recht und Markt (1987) Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, 2. Aufl. (2010) Schweizerische Juristen-Zeitung Schweizer Zeitschrift für Strafrecht (zit. nach Band u. Seite)
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Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Sen. SGB I, IV, V, VIII, X, XI
SGb. SGG SGlN Sieg Versicherungsvertragsrecht SJZ s.o. Soergel/Bearbeiter sog. Sonderausschuss SozVers SP Späte AHB spez. SpV StaatsGH Staudinger/Bearbeiter StAZ Stein/Jonas/Bearbeiter StenBer StGB Stiefel/Hofmann
Stiefel/Maier
StPO str. st.Rspr. StuR StVG StVj StVO SVS StVZO s.u. SubvG SV
XXVIII
Senat I: Sozialgesetzbuch, Allg. Teil IV: Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung V: Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Krankenversicherung VIII: Sozialgesetzbuch, Kinder- und Jugendhilfe X: Sozialgesetzbuch, Verwaltungsverfahren, Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehung zu Dritten XI: Soziale Pflegeversicherung Sozialgerichtsbarkeit/Die Sozialgerichtsbarkeit (Zeitschrift) Sozialgerichtsgesetz Sonderbedingungen für die gleitende Neuwertversicherung von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden Allgemeines Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl. (1994) Süddeutsche Juristen-Zeitung (1946–50), dann Juristenzeitung siehe oben Bürgerliches Gesetzbuch, 13. Aufl. (2000) sogenannt(e) Sonderausschuß des Bundestags für die Strafrechtsreform, Niederschriften zitiert nach Wahlperiode und Sitzung Die Sozialversicherung Schadenspraxis Haftpflichtversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) (1993) speziell Spektrum für Versicherungsrecht Staatsgerichtshof Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Bearbeitung (1993 ff.) Das Standesamt. Zeitschrift f. Standesamtswesen, Personenstandsrecht, Ehe- u. Kindschaftsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl. (2002 ff.) Stenographischer Bericht Strafgesetzbuch Kraftfahrtversicherung, Kommentar zu den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftversicherung (AKB) und zu den Allgemeinen Bedingungen für die Verkehrs-Service-Versicherung (AVSB), 17. Aufl. (2000) Kraftfahrtversicherung, Kommentar zu den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung – AKB mit Kommentierungen zu VVG (Auszug), Pflichtversicherungsgesetz (Auszug) und Pflichtversicherungsverordnung, 18. Aufl. (2010) Strafprozessordnung strittig, streitig ständige Rechtsprechung Staat und Recht Straßenverkehrsgesetz Steuerliche Vierteljahresschrift Straßenverkehrsordnung Speditions-Versicherungsschein Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung siehe unten Subventionsgesetz Sachverhalt
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur SZ
Entscheidungen des Österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivil- und Justizverwaltungssachen
TDG Terbille/Bearbeiter MAH
Gesetz über die Nutzung von Telediensten Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, hrsg. von Terbille, 2. Aufl. (2008); 3. Aufl. (2013) Transportversicherungsrecht, 2. Aufl. (2011)
Thume/de la Motte/ Ehlers/Bearbeiter TierschG Tit. TKG TranspR TumSchG TV Tz. u. u.a. u.ä. u.a.m. Üb. ÜbergangsAO Übk. ü.M. UFITA U-Haft Ulmer/Brandner/Hensen umstr. UmweltHM UNO unv. u.ö. UrhG UStG USV usw. u.U. UWG UZwG
VA
VA (Berlin) VAE VAG v.A.w. VBlBW VD
Tierschutzgesetz Titel Telekommunikationsgesetz Transportrecht Gesetz über die durch innere Unruhen verursachten Schäden vom 12.5.1920 Truppenvertrag Textzahl unten unter anderem und ähnlich und anderes mehr Überblick, Übersicht Übergangsanordnung Übereinkommen überwiegende Meinung Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Untersuchungshaft AGBG-Kommentar, 11. Aufl. (2011) umstritten Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung United Nations Organization (Vereinte Nationen) unveröffentlicht und öfter Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Umsatzsteuergesetz Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Umweltschadensversicherung und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung, ab 1947: … des Zonenamtes des Reichsaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (Hamburg) Veröffentlichungen des Aufsichtsamts für das Versicherungswesen Groß-Berlin (ab 15.9.1948) Verkehrsrechtliche Abhandlungen und Entscheidungen Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmungen von Amts wegen Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verkehrsdient
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Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur VDEW VDEW-Bed. VE Veith/Gräfe/Bearbeiter VerAfP VerBAV/VerBaFin
VereinsG VerfGH VerglO Verh. VerkMitt vermitt. VerschG VersG VersEnzyklopädie/Bearbeiter VersAG VersArch VersM VersPrax, VP VersR VersRAI VersRdsch. VersSlg VersVermV VersVO VersWissArch VersWiss. Stud. VerwArch. VG VGB VGB 2008, 2010 VGH vgl. VGS VHB
VHB 2008 VN Vogel/Stockmeier/Bearbeiter VO
XXX
Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke, ab 2000: Verband der Elektrizitätswirtschaft Versicherungsbedingungen für die Mitglieder der VDEW Vorentwurf Versicherungsprozess, 2. Aufl. (2010) Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungsund Bausparwesen, ab 1973: … des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen, ab Mai 2002: VerBAFin = Veröffentlichungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Versicherungsbereich) Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) Verfassungsgerichtshof Vergleichsordnung Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw. Verkehrsrechtliche Mitteilungen vermittelnd Verschollenheitsgesetz Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) Versicherungsenzyklopädie, hrsg. von Grosse/Müller-Lutz/Schmidt, 4. Aufl. (1991) Versicherungsaktiengesellschaft Versicherungsarchiv Versicherungsmedizin Die Versicherungspraxis Versicherungsrecht. Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungsund Schadensrecht Versicherungsrecht. Beilage Ausland Versicherungsrundschau (Österreich) Sammlung der seit 1945 ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen in Vertragsversicherungssachen, hrsg. von K. Wahle (1961) Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung Dritte DurchführungsVO zu MRG Nr. 63 (VersicherungsVO) Versicherungswissenschaftliches Archiv Versicherungswissenschaftliche Studien, hrsg. von Brömmelmeyer et. al. Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vereinigter Großer Senat Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung des Hausrats gegen Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Beraubungs-, Leitungswasser-, Sturm- und Glasbruchschäden/Allgemeine Hausratversicherungsbedingungen Allgemeine Hausrat-Versicherungsbedingungen Versicherungsnehmer/in Umwelthaftpflichtversicherung/Umweltschadensversicherung, 2. Aufl. (2009) Verordnung
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur VOBl. VOBlBZ. VOR vorangeh. Voraufl. Vorbem. vorgen. VorstAG VRR VR VRS VU VuR VVaG VVG VVG-InfoV VVGE
VVG-Kommission VVGRefG bzw. VVG-Reform 2008 VVV VW VwGO VwVfG VwVG VwZG WaffG Wallm. Wandt WarnRspr weitergeh. Werber/Winter von Westphalen/Bearbeiter WHG WI WiB 1. WiKG 2. WiKG Winter WiStG WM Wolf/Lindacher/Pfeiffer WPg WpHG WRP WuM
Verordnungsblatt Verordnungsblatt für die Britische Zone Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht vorangehend Vorauflage Vorbemerkung vorgenannt Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung Verkehrsrechtliche Rundschau Versicherer Verkehrsrechts-Sammlung, Entscheidungen aus allen Gebieten des Verkehrsrechts (zit. nach Band u. Seite) Versicherungsunternehmen Verbraucher und Recht Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen Entscheidungssammlung zum Versicherungsvertragsrecht (VVGE): Entscheidungen zum Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), hrsg. von Dietrich Müller Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631) (siehe auch ReformG) Versicherungswissenschaft, Versicherungspraxis, insbesondere Versicherungsmedizin (später DVZ) Versicherungswirtschaft Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz Verwaltungszustellungsgesetz Waffengesetz Wallmanns Versicherungszeitschrift Versicherungsrecht, 5. Aufl. (2010) Sammlung zivilrechtlicher Entscheidungen des RG, hrsg. von Warneyer (zit. nach Jahr u. Nummer) weitergehend Grundzüge des Versicherungsvertragsrechts (1986) Produkthaftungshandbuch Bd. 1, 2. Aufl. (1997); Bd. 2, 2 Aufl. (1999) Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) Wussows Informationen Wirtschaftsrechtliche Beratung 1. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Versicherungsaufsichtsrecht (2007) Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) Wertpapier-Mitteilungen AGB-Recht, Kommentar, 5. Aufl. (2009); 6. Aufl. (2013) Die Wirtschaftsprüfung Gesetz über Wertpapierhandel Wettbewerb in Recht und Praxis Wohnungswirtschaft und Mietrecht
XXXI
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur WuR
Wussow Wussow AHB Wussow FeuerV WZG WzS (Z) ZAkDR ZaöRV ZAP z.B. ZentrBlHR ZEuP ZfBR ZFBUB ZfgA 81b ZfRV ZfS/zfs ZfV ZfW ZfZ ZGR ZGS ZHR Ziff. ZIP zit. ZJBl. ZMR Zöller/Bearbeiter ZollG ZPO ZRP ZR-QuotenV ZSchwR ZSK ZSW z.T. ZTR ZUM ZusBedIT zusf. zust. ZustG
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Wirtschaft und Recht der Versicherung. Beiheft zu Mitt., ab 1926 zu „Versicherung und Geldwirtschaft“, ab 1929 zu OeffV, ab 1935 zur DOeffV Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. (2008) Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung, 8. Aufl. (1976) Kommentar zu den AFB und den §§ 1127–1130 BGB, §§ 97–107c VVG, 2. Aufl. (1975) Warenzeichengesetz Wege zur Sozialversicherung Entscheidung in Zivilsachen Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (1934–44) Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zentral-Blatt für Handelsrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zusatzbedingungen zu den FBUB Zusatzbedingungen (zu den AFB) für Fabriken und gewerbliche Anlagen Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht u. Europarecht Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zeitschrift für Wasserrecht Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht, begr. v. Goldschmidt Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zentral-Justizblatt für die Britische Zone Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen; Kommentar 29. Aufl. (2012) Zollgesetz Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung vom 23.7.1996 (BGBl. I S. 1190) Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zusatzklauseln Zeitschrift für das gesamte Sachverständigenwesen zum Teil Zeitschrift für Tarifrecht Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht/Film und Recht Zusatzbedingungen zur Betriebshaftpflichtversicherung für die Nutzer von Internet-Technologien zusammenfassend zustimmend Zustimmungsgesetz
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur zutr. z.V.b. ZVBl. ZVerkR ZVersWiss ZVG zw. zz. ZZP
zutreffend zur Veröffentlichung bestimmt Zentralverordnungsblatt für die sowjetische Besatzungszone Deutschlands (Österr.) Zeitschrift für Verkehrsrecht Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft (zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) zweifelhaft zurzeit Zeitschrift für Zivilprozess
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Versicherungsvertragsgesetz Artikel 1 des Gesetzes vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631), in Kraft getreten am 1.1.2008, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 24.4.2013 (BGBl. I S. 932)
TEIL 2 EINZELNE VERSICHERUNGSZWEIGE
Kapitel 1 Haftpflichtversicherung Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften Vorbemerkung zu §§ 100–112 Schrifttum Armbrüster Auswirkungen von Versicherungsschutz auf die Haftung, NJW 2009 187; ders. Prozessuale Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung, RuS 2010 441; v. Bar Das „Trennungsprinzip“ und die Geschichte des Wandels der Haftpflichtversicherung, AcP 181 (1981) 289; Bartosch-Koch Regressschutz des Mieters – Ausgleichsansprüche der beteiligten Versicherungen, NJW 2011 484; Basedow Der Gemeinsame Referenzrahmen und das Versicherungsvertragsrecht, ZEuP 2007 280; Basedow/Fock (Hrsg.) Europäisches Versicherungsvertragsrecht, Bde. 1–3 (2002–2003); Baumann Zur unmittelbaren Schadensersatzpflicht des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Dritten – Folgerungen aus dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz –, VersR 2004 944; ders. Zur Überwindung des „Trennungsprinzips“ im System von Haftpflicht und Haftpflichtversicherung – Die Bedeutung des Abtretungsverbots gemäß § 7 Ziff. 3 AHB –, in: Festgabe Zivilrechtslehrer 1934/1935 (1999) 13; ders. Der Regress kollektiver Schadensträger im freiheitlichen Sozialstaat (1977); Becker Der Einfluss der Haftpflichtversicherung auf die Haftung (1996); Dißars Die E&OVersicherung, VersR 2009 1340; Marschall v. Bieberstein Zum Einfluß von Versicherungsschutz auf die Haftpflicht, BB 1983 467; Fausten Stand und Entwicklungsmöglichkeiten der privaten Haftpflichtversicherung, VersR 1996 1057; Fleming/Hellner/v. Hippel Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz (1980); Fuchs Versicherungsschutz und Versicherbarkeit als Argumente bei der Schadensverteilung, AcP 191 (1991) 318; ders. Gewillkürte Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz, BB 1992 1217; Großfeld Haftpflichtversicherung im Wandel, VW 1974 693; Hanau Rückwirkungen der Haftpflichtversicherung auf die Haftung, VersR 1969 291; Harzenetter Der Selbstbehalt in der D&O-Versicherung nach dem VorstAG und der Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), DStR 2010 653; Heiss Europäischer Versicherungsvertrag, VersR 2005 1; Hoffmann Die Umsetzung des EuGH-Urteils „Test Achats“ in Deutschland, VersR 2012 1073; Hübsch Arbeitnehmerhaftung bei Versicherbarkeit des Schadensrisikos und bei grober Fahrlässigkeit, BB 1998 690; Jox Zum Haftungsausschluß bei Probefahrten NZV 1990 53; Katzenmeier Überlagerungen des Schadensrechts durch das Versicherungsrecht; VersR 2002 1449; R. Koch Versicherung im IT-Bereich, Karlsruher Forum 2011 (2012) 113; ders. Versicherung von Haftungsrisiken nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz VersR 2007 288; Kummer jurisPR-BGHZivilR
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
23/2008 Anm. 2; Kunte Zur Anwendbarkeit von Teilungsabkommen, VersR 2011 307; Lange Die D&O-Selbstbehalt-Versicherung, RuS 2010 92; Lattwein/Dettler Industrieversicherung D&O: Das Selbstbehalts-Modell des GDV, VW 2010 1352; Lehnertz Die Bedeutung des Bestehens einer Haftpflichtversicherung für den Billigkeitsanspruch gemäß § 829 BGB, VersR 1974 940; Littbarski Interdependenz zwischen Gefälligkeit, Haftung und Haftpflichtversicherung?, VersR 2004 950; Looschelders Aktuelle Auswirkungen des EU-Rechts auf das deutsche Versicherungsvertragsrecht unter besonderer Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen Tarifierung, VersR 2011 421; E. Lorenz Einfluß der Haftpflichtversicherungen auf die Billigkeitshaftung nach § 829 BGB, in: Beuthien (Hrsg.) FS Dieter Medicus zum 70. Geburtstag (1999) 353; ders. Billigkeitshaftung und Haftpflichtversicherung – Ein Harmonisierungsvorschlag, VersR 1980 697; H. Marburger Anwendung von Teilungsabkommen bei Verkehrsunfällen, NZV 2012 521; Makowsky Der Einfluss von Versicherungsschutz auf die außervertragliche Haftung (2013); P. Marburger Grundsatzfragen des Haftungsrechts unter dem Einfluß der gesetzlichen Regelungen zur Produzenten- und zur Umwelthaftung, AcP 192 (1992) 1, Olbrich/Kassing Der Selbstbehalt in der D&O-Versicherung: Gesetzliche Neuregelung lässt viele Fragen offen, BB 2009 1659; Plagemann/Schafhausen Teilungsabkommen mit Sozialversicherungsträgern und ihre Auswirkung auf Dritte, NZV 1991 49; Präve Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, VersR 2004 39; Rodopoulos Kritische Studie der Reflexwirkungen der Haftpflichtversicherung auf die Haftung (1981); Rolfs Die Neuregelung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerhaftung bei Arbeitsunfällen durch das SGB VII, NJW 1996 3177; Rolfs/Binz EuGH erzwingt ab Ende 2012 Unisex-Tarife für alle neuen Versicherungsverträge, VersR 2011 714; Schlöpke Interdependenzen von Haftung und Versicherung (2005); Schrank Prozessuales Trennungsprinzip in der Haftpflichtversicherung nach dem neuen VVG, VP 2009 129; Schwintowski Schutzfunktion und wichtiger Grund in § 843 Abs. 3 BGB, VersR 2010 149; Seybold/Wendt Schafft Deckung doch Haftung? – Eine Erinnerung an das Trennungsprinzip, VersR 2009 455; K. Sieg Haftpflichtversicherung, in: Farny/ Helten/Koch/Schmidt (Hrsg.) Handwörterbuch der Versicherung (1988) 261; ders. Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz?, ZHR 113 (1950) 95; ders. Überlagerung der bürgerlichrechtlichen Haftung durch kollektive Ausgleichssysteme, VersR 1980 1085; Sinn Gedanken zur volkswirtschaftlichen Bedeutung des Versicherungswesens, ZVersWiss 77 (1988) 1; Sitte/Lattwein AGG: Haftungsfalle für den Haftpflichtversicherer?, VW 2007 1141; Stoffels/Lohmann R isikobeherrschung und Versicherbarkeit als Beurteilungsfaktoren im Vertragsrecht, VersR 2003 1343; Thüsing/Traut Angemessener Selbstbehalt bei D&O-Versicherungen – Ein Blick auf die Neuerungen nach dem VorstAG, NZA 2010 140; Thüsing/Hoff Private Versicherungen und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, VersR 2007 1; Wagner Haftung und Versicherung als Instrumente der Techniksteuerung, VersR 1999 1441; Weimar Die Billigkeitshaftung gemäß § 829 BGB, VP 1981 234; Wolf Billigkeitshaftung statt überzogener elterlicher Aufsichtspflichten – ein erneutes Plädoyer für die Anwendung des § 829 BGB auf Grund einer Haftpflichtversicherung, VersR 1998 812.
Übersicht Rn. A. Wesen der Haftpflichtversicherung . . . . B. Systematische Einordnung der Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . C. Abgrenzung zu anderen Versicherungszweigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Sachversicherung 1. Mitversicherung des Sachersatzinteresses 2. Regressverzicht des VR . . . . . . . . . 3. Ersatz von Rettungsaufwendungen . . . II. Rechtsschutzversicherung . . . . . . . . . III. Transportversicherung . . . . . . . . . . IV. Vertrauensschadens- und Eigenschadensversicherung . . . . . . . . . . . . . . .
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Rn.
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V. VI. VII. D. I. II. III.
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1. Vertrauensschadensversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigenschadensversicherung . . . . . Unfallversicherung . . . . . . . . . . Krankheitskostenversicherung . . . . Rückversicherung . . . . . . . . . . . Geschichte und Entwicklung der Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . Vorläufer . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung bis zum Inkrafttreten des VVG a.F. . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung zum Instrument des Drittschutzes . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rn. IV. Tendenzen der Rechtsentwicklung . . . . 1. Ansteigen der Zahl obligatorischer Haftpflichtversicherungen . . . . . . . 2. Einführung eines Direktanspruchs des geschädigten Dritten . . . . . . . . . . E. Wirtschaftliche Bedeutung der Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . F. Rechtsquellen zur Haftpflichtversicherung I. Öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlagen . 1. VAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . II. Privatrechtliche Rechtsgrundlagen . . . . 1. Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . a) VVG . . . . . . . . . . . . . . . . b) HGB . . . . . . . . . . . . . . . . c) BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . d) AGG . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragliche Grundlagen . . . . . . . . G. Zur Technik der Risikobegrenzung in der Haftpflichtversicherung . . . . . . . I. Primäre Risikoabgrenzung . . . . . . . . II. Sekundäre Risikoabgrenzung . . . . . . . III. Tertiäre Risikoabgrenzung . . . . . . . . H. Haftpflichtversicherung und Zwecke des Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . I. Diskussion um die Beeinträchtigung der Steuerungsfunktion des Haftungsrechts durch die Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Interdependenzen von Haftung und Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . I. Grundsatz: Dichotomie zwischen Haftung und Deckung . . . . . . . . . . . . . . . II. Haftungsbegründende Wirkung von Haftpflichtversicherungsschutz . . . . . . . . 1. Billigkeitshaftung (§ 829 BGB) . . . . . 2. Wegfall der Haftungsfreistellung des Arbeitnehmers bei Schäden infolge betrieblich veranlasster Tätigkeit . . . 3. Wegfall des Haftungsausschlusses bei leichter Fahrlässigkeit . . . . . . . . . 4. Kein Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 104 SGB VII . . . . . . . . . . 5. Unwirksamkeit von Haftungsfreizeichnungsklauseln . . . . . . . . . . 6. Verschärfung des gesetzlichen Haftungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Vertragliche Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33 33 34 36 39 39 39 42 43 43 43 44 45 46 47 51 52 53 55 56
56 58 60 60 62 62
65 68 71 73 74
Rn. III. Haftungsausfüllende Wirkung von Haftpflichtversicherungsschutz . . . . . . . . 1. Billigkeitshaftung (§ 829 BGB) . . . . 2. Kapitalabfindung statt Rente (§ 843 Abs. 3 BGB) . . . . . . . . . . . . . . 3. Bemessung immateriellen Schadens (§ 253 BGB) . . . . . . . . . . . . . . 4. Mitverschulden (§ 254 BGB) . . . . . . IV. Haftungsbegrenzende Wirkung von Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . V. Auswirkungen der Versicherbarkeit eines Haftpflichtrisikos auf die Haftung . . . . 1. Haftungsausschluss des Kfz-Probefahrenden . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . J. Trennungsprinzip . . . . . . . . . . . . I. Materielles und prozessuales Trennungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Trennungsprinzip im vorweggenommenen Deckungsprozess . . . . . . . . . . . . . III. Ausnahmen vom Trennungsprinzip . . . 1. Fehlende Voraussetzungsidentität nach unstreitigem Vortrag des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umwandlung des Haftpflichtversicherungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . K. Rechtsstellung des geschädigten Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundsatz: Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs gegen den VR nur als Rechtsnachfolger des VN . . . . . . . . . . . . II. Anwendung des Trennungsprinzips . . . III. Feststellungsklage des Dritten . . . . . . L. Pflicht zur Sicherstellung risikoadäquaten Versicherungsschutzes . . . . . . . . . . I. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers . . . . . II. Vermögensbetreuungs-/Interessenwahrnehmungspflicht der Geschäftsleitung . . 1. Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . 2. Diskussion in der Literatur . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . M. Bedeutung von Teilungsabkommen . . . I. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsnatur von Teilungsabkommen . . . N. Internationale Entwicklungen/Einheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Wesen der Haftpflichtversicherung 1
Die Haftpflichtversicherung bietet Schutz gegen Vermögensschäden, welche dem VN (und/oder dem Versicherten) dadurch erwachsen, dass er kraft gesetzlicher Vorschrift oder aufgrund eines Vertrags von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.1 Zu den Wesensmerkmalen der Haftpflichtversicherung gehört – wie nunmehr in § 100 positiv-rechtlich geregelt –, dass sie erstens Schutz bei Fremdschäden (Sach-, Personen- oder Vermögensschäden) bietet. Zweitens ist Schutzobjekt nicht ein bestimmter Gegenstand, sondern das jeweilige Vermögen des VN (oder Versicherten). Drittens ist der Versicherungsanspruch nicht auf Zahlung, sondern auf Befreiung (Freistellung i.w.S.) von der auf dem VN lastenden Haftverbindlichkeit gerichtet, welche die Freistellung (i.e.S.) von begründeten und die Abwehr von unbegründeten Haftpflichtansprüchen umfasst. 2 Den Schuldner eines Befreiungsanspruchs trifft die Pflicht, den Befreiungsgläubiger von dem Risiko seiner Inanspruchnahme durch die Drittgläubiger freizustellen, d.h. ihn so zu stellen, wie er ohne die Belastung mit den Drittschulden stünde.2 Der Befreiungsanspruch weist insoweit Parallelen zum auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch auf. Baumann hat sich deshalb für eine subsidiäre Anwendung der §§ 249 ff. BGB ausgesprochen: Er setzt den Anspruch auf Befreiung einer Schadensersatzschuld gleich, die primär auf Naturalrestitution – Rechtsschutz oder Freistellung – gerichtet sei (§ 249 Abs. 1 BGB), bei Unmöglichkeit dieser Leistungsvariante entsprechend § 251 Abs. 1 BGB auf Entschädigung in Geld gehe.3 3 Diese Ansicht, die offenbar auch der Reformgesetzgeber für die Zeit vor der VVGReform teilt (s. hierzu Nachweis in Rn. 4), vermag nicht zu überzeugen, weil der Befreiungsanspruch in der Haftpflichtversicherung in der Vertragspraxis damals wie heute als Erfüllungsanspruch ausgestaltet ist. Zudem bestimmt § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, dass der Gläubiger bei Personen- oder Sachschäden statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Dieses Wahlrecht 4 des Gläubigers lässt sich mit § 100 nicht vereinbaren, wonach es im pflichtgemäßen Ermessen des VR steht, wie dieser seine Vertragspflicht erfüllt (§ 100 Rn. 85 ff.). Schließlich umfasst der Anspruch aus § 100 auch die Prüfung der Haftpflichtfrage (§ 100 Rn. 102 ff.). Diese Pflicht findet keinerlei Entsprechung im Rahmen der §§ 249 ff. BGB. 4 Mit der Reform des VVG besteht somit auch auf gesetzlicher Ebene kein Raum mehr für eine Einordnung des Haftpflichtversicherungsanspruchs als Schadensersatzverpflichtung des VR. Ergänzend sei auf die nachstehend wiedergegebene Begründung zu § 100 hingewiesen:5 „Der Wortlaut des § 149 VVG soll an die in der Praxis auf Grund der Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (AHB) übliche Leistungspflicht des Versicherers angepasst werden. Danach ist bei der Haftpflichtversicherung der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die gegen ihn auf Grund seiner Verantwortlichkeit für eine während der
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Motive 201; vgl. auch RG 31.1.1911 RGZ 75 173, 175. Vgl. BGH 11.4.1984 BGHZ 91 73, 76 f. = NJW 1984 2151; Staudinger/Bittner Neubearb. 2009 § 257 Rn. 7. Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 19 ff.; Baumann Festgabe Zivilrechts-
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lehrer 18; vgl. auch Bruck/Möller/Möller 8 Vor §§ 49 ff. Anm. 4; § 49 Anm. 5 und 13. So ausdrücklich BGH 15.5.2008 NJW 2008 2430, 2431; krit. MüKo-BGB/Oetker § 249 Rn. 357: „Ersetzungsbefugnis“. Vgl. BTDrucks 16/3945 S. 85.
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Versicherungszeit eintretende Tatsache von einem Dritten geltend gemacht werden. Dem Versicherungsnehmer steht danach an Stelle des bisher in § 149 VVG geregelten Schadensersatzanspruchs ein Freistellungsanspruch gegen den Versicherer zu.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
B. Systematische Einordnung der Haftpflichtversicherung Die Haftpflichtversicherung zählt zur Gruppe der Nichtpersonenversicherungen6 und 5 ist (deshalb) ein Zweig der Schadensversicherung.7 Der VR übernimmt bei ihr die Verpflichtung, dem VN den durch den Versicherungsfall verursachten Vermögensschaden bis zur Höchstgrenze der Versicherungssumme zu ersetzen. Da es an einer besonderen Beziehung zu einem Bestandteil des Aktivvermögens (Sachen, Forderungen und sonstige Rechte) fehlt, ist sie Passivenversicherung.8 Versichert ist das Interesse des VN, nicht mit Haftpflichtverbindlichkeiten und den Aufwendungen, die zur Anspruchsabwehr geboten sind, belastet zu werden.9 Ob der VN überhaupt (Aktiv-)Vermögen hat, ist unerheblich, da es infolge der Belastung mit einer Verbindlichkeit zu einer Vermehrung der Passiva und damit einer Vermögensbeeinträchtigung kommt. Auch ein Vermögensloser oder Überschuldeter kann sich deshalb gegen Haftpflicht versichern.10 Aufgrund des fehlenden Bezugspunkts zu einem Bestandteil des Aktivvermögens lässt 6 sich der Wert des versicherten Interesses in der Haftpflichtversicherung nicht bestimmen. Es fehlt daher an einer mit § 88 vergleichbaren Regelung, die den Versicherungswert für die Sachversicherung definiert. Diejenigen Vorschriften des ersten Abschnitts des VVG zur Schadensversicherung (§§ 74–87), die sich auf den Wert des versicherten Interesses beziehen, finden deshalb keine Anwendung in der Haftpflichtversicherung. Es geht um die Regelungen zur Überversicherung (§ 74), zur Unterversicherung (§ 75) und zur Taxe (§ 76).11 Eingeschränkte Anwendung finden die Vorschriften zur Mehrfachversicherung, nämlich soweit die Summe der Entschädigungen, die von jedem VR ohne Bestehen der anderen Versicherung zu zahlen wären, den Gesamtschaden übersteigt (§ 78 Abs. 1 Alt. 2) und der VN Beseitigung der Mehrfachversicherung verlangen kann (§ 79 Abs. 1). Eine Kürzung des Rettungskostenersatzes gem. § 83 Abs. 2 oder der Schadensermittlungskosten nach § 85 Abs. 3 wegen Unterversicherung ist nicht möglich. Soweit die auf die Haftpflichtversicherung anwendbaren Vorschriften des ersten Ab- 7 schnitts des VVG zur Schadensversicherung an den Begriff des versicherten Interesses an-
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Wandt Versicherungsrecht Rn. 1022; Langheid/Wandt/Littbarski Vorbemerkungen zu den §§ 100–124 Rn. 154. Allg. Ansicht, vgl. BGH 30.10.1954 BGHZ 15 154, 158 = NJW 1955 101; Berliner Kommentar/Baumann Vorbem. §§ 149–158k Rn. 6; Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 8; Prölss/Martin/Lücke Vorbemerkung zu den §§ 100–112 Rn. 1; Langheid/Wandt/Littbarski Vorbemerkungen zu den §§ 100–124 Rn. 147. Berliner Kommentar/Baumann Vorbem. §§ 149–158k Rn. 8 f.; Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 8; Langheid/Wandt/Littbarski Vorbemerkungen zu den §§ 100–124 Rn. 153.
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BGH 24.1.1951 VersR 1951 76; vgl. auch BGH 18.12.1979 NJW 1980 1623, 1624; BGH 22.9.1958 BGHZ 28 137, 140; BGH 30.10.1954 BGHZ 15 154, 158 = NJW 1955 101; RG 31.1.1911 RGZ 75 173, 175; RG 5.2.1909 RGZ 70 257, 260; OLG Stuttgart 12.3.2008 NZV 2009 191, 193. Bruck/Möller/Baumann § 1 Rn. 71. Langheid/Wandt/Littbarski Vorbemerkungen zu den §§ 100–124 Rn. 153; HK-VVG/Schimikowski Vorbemerkung zu §§ 100–124 Rn. 2.
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knüpfen, z.B. zur Bestimmung, wessen Interesse versichert ist (§ 48), ob eine Neben-/Mehrfachversicherung vorliegt (§§ 77, 78) oder das Interesse besteht oder weggefallen ist (§ 80), stellt die Rechtsprechung in der Haftpflichtversicherung auf das versicherte Risiko ab, so wie es in der Risikobeschreibung des Versicherungsvertrags festgelegt ist (z.B. Gefahren des täglichen Lebens in der Privathaftpflichtversicherung, Gefahren aus bestimmter unternehmerischer Tätigkeit in der Betriebshaftpflichtversicherung). In der Haftpflichtversicherung tritt somit das versicherte Risiko an die Stelle des Aktivguts als Anknüpfungspunkt für das versicherte Interesse.12
C. Abgrenzung zu anderen Versicherungszweigen 8
Fremdschäden sind nicht nur in der Haftpflichtversicherung versichert, sondern auch in anderen Versicherungszweigen. Dies kann nicht verwundern, da auch die Parteien eines Versicherungsverhältnisses grundsätzlich frei in der Gestaltung des Vertrages sind. Deshalb unterliegt es ihrer Entscheidung, welches und wessen Interesse Gegenstand der Versicherung sein soll.13 Die Typisierung eines Versicherungsvertrages bedeutet – von aufsichtsrechtlichen Vorschriften abgesehen – nicht, dass die Ausgestaltung im Einzelnen nicht auch Elemente anderer Vertragstypen enthalten kann.14
I. Allgemeine Sachversicherung 1. Mitversicherung des Sachersatzinteresses
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Die Sachversicherung in ihren verschiedenen Erscheinungsformen bietet Schutz gegen die Inanspruchnahme wegen Fremdschäden, soweit nicht nur das Sacherhaltungs-, sondern auch das Sachersatzinteresse des VN oder des Versicherten gedeckt ist. Schließt etwa der Besitzer, der gegenüber dem Eigentümer der Sache zur Obhut verpflichtet ist (z.B. Werkstattinhaber, Spediteur, Lagerhalter, Frachtführer oder Handwerker), eine Sachversicherung ab, ist im Rahmen einer Versicherung für fremde Rechnung (§§ 43 ff.) nicht nur das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers (= versicherte Person), sondern auch das Sachersatzinteresse (= Haftpflichtinteresse) des Besitzers (= VN) versichert. Der Anspruch des VN gegen den VR ist jedoch abweichend von der Haftpflichtversicherung nicht auf Befreiung gerichtet, sondern auf Zahlung einer Entschädigung an den Versicherten. Im Übrigen ist die Entschädigung beschränkt auf den Versicherungswert, weshalb die daran anknüpfenden Vorschriften des ersten Abschnitts des VVG zur Schadensversicherung zur Anwendung kommen. Entschädigt der VR die versicherte Person, befriedigt er nicht nur den Anspruch des VN auf Versicherungsschutz, sondern zugleich auch den auf Befriedigung des Sacherhaltungsinteresses gerichteten Anspruch des Versicherten (§ 44 Abs. 1), ohne dass er den VN auf Regress in Anspruch nehmen kann.15
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Vgl. BGH 28.11.1990 RuS 1991 224, 225 = VersR 1991 172; BGH 20.3.1974 VersR 1974 535, 536 = NJW 1974 1139; BGH 22.09.1958 BGHZ 28 137, 140 f. = NJW 1958 1872; OLG Stuttgart 12.3.2008 NZV 2009 191, 193; OLG Frankfurt/M. 11.3.2004 NJW-RR 2004 1333, 1335; OLG Nürnberg 26.5.1995 RuS 1996 395; LG München I
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24.6.2003 NJOZ 2003 2613, 2614; LG Düsseldorf 9.12.1983 VersR 1984 477, 478. BGH 5.3.2008 RuS 2008 286, 287. Vgl. BGH 18.11.2009 RuS 2010 69, 70; BGH 5.3.2008 RuS 2008 286, 287. Vgl. BGH 6.7.1988 NJW 1988 2803 (Kfz-Kaskoversicherung des Leasingnehmers
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Vorbemerkung
Vor §§ 100–112
Da das Sachersatzinteresse des VN mitversichert ist, ist er nicht Dritter i.S.v. § 86 Abs. 1 S. 1. Hier wirkt die Sachversicherung für fremde Rechnung faktisch wie eine Haftpflichtversicherung für eigene Rechnung, ohne dass die §§ 100 ff. zur Anwendung kommen. Letzteres gilt auch in den Fällen, in denen der Eigentümer die Versicherung abge- 10 schlossen und dabei nicht nur sein Sacherhaltungsinteresse, sondern darüber hinaus das Sachersatzinteresse des zur Obhut verpflichteten oder zur Nutzung berechtigten Besitzers (= versicherte Person) versichert hat.16 Der Anspruch der versicherten Person gegen den VR ist auf Zahlung einer Entschädigung an den VN gerichtet. Entschädigt der VR den VN, befriedigt er nicht nur den Versicherungsanspruch der versicherten Person, sondern zugleich auch den auf Befriedigung des Sacherhaltungsinteresses gerichteten Anspruch des VN. Ein Regress gegen den Besitzer kommt nicht in Betracht, da dieser als versicherte Person nicht Dritter i.S.v. § 86 Abs. 1 S. 1 ist. Hier wirkt die Sachversicherung faktisch wie eine Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung. 2. Regressverzicht des VR Ist die Sachversicherung nicht auch für fremde Rechnung genommen worden, kann 11 dem Schädiger ein Regressverzicht des VR helfen. Gesetzlicher Anwendungsfall für einen Regressverzicht ist § 86 Abs. 3. (Formular-)Vertragliche Beispiele finden sich in der Kfz-Versicherung (A.2.15 AKB 2008), der Elektronikversicherung (TK 1820 ABE 2011), der Maschinen-/-betriebsunterbrechungsversicherung (TK 2820 AMB 2011, TK 4820 AMBUB 2011), der Verbundenen Sach- und Gewerbeversicherung (Klausel VSG/A 130101/10 VSG 2010) sowie in den Bestimmungen für einen Regressverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadensereignissen (Fassung Januar 2010). Darüber hinaus hat die Rechtsprechung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einen Regressverzicht des Gebäudeversicherers zugunsten des Mieters für die Fälle bejaht, in denen der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat,17 und zwar auch dann, wenn der Mieter eine den Schaden an gemieteten Sachen deckende Haftpflichtversicherung hat.18 Diese Grundsätze gelten auch im Falle unentgeltlicher Gebrauchsüberlassung zugunsten des Nutzers.19 Im Unterschied zur Versicherung für fremde Rechnung hat der Dritte beim Regressverzicht jedoch keinen eigenen Anspruch gegen den VR auf Ersatz des Schadens. Der Dritte wird durch die Regressbeschränkung im Verhältnis zum VR lediglich so behandelt, als sei er versichert.20 Hierfür hat K. Sieg bereits im Jahre 1976 die Bezeichnung „Quasi-Versicherungsnehmer“ gewählt,21 die der BGH in seinem Urteil vom 13.9.2006 aufgegriffen hat.22 Zudem ist der Dritte nicht geschützt, wenn der VN nicht vom VR, sondern von ihm Ersatz des eingetretenen Schadens verlangt.23 Hier-
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18
zugunsten des Leasinggebers); vgl. auch BGH 7.5.2003 RuS 2003 431, 432 (Transportversicherung). Vgl. BGH 5.3.2008 RuS 2008 286, 287 (Kfz-Kaskoversicherung einer KG zugunsten der Gesellschafter); OLG Hamm 9.11.2011 BeckRS 2012 03834 (Luftfahrzeug-Kaskoversicherung des Vereins zugunsten der Vereinsmitglieder). BGH 13.9.2006 BGHZ 169 86, 90 = RuS 2006 500; BGH 8.11.2000 BGHZ 145 393, 398 = NJW 2001 1353. BGH 27.1.2010 BGHZ 184 148, 151 = RuS
19 20 21 22 23
2010 150; BGH 13.9.2006 BGHZ 169 86, 89 f. = RuS 2006 500; vgl. auch BGH 15.11.2011 NJW-RR 2012 280, 281 = VersR 2012 580. BGH 13.9.2006 VersR 2006 1533, 1535 = RuS 2006 455. BGH 13.9.2006 RuS 2006 500, 504. K. Sieg VersR 1976 105 f.; vgl. auch Breideneichen VersR 2005 501, 502 f. Vgl. BGH 27.1.2010 RuS 2010 154, 155; BGH 18.6.2008 RuS 2008 379, 381. Vgl. Bruck/Möller/Baumann § 1 Rn. 151; Bruck/Möller/Brand § 43 Rn. 18; Prölss/
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
zu ist der VN wegen § 241 Abs. 2 BGB allerdings nur berechtigt, wenn besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Inanspruchnahme des Dritten rechtfertigen.24 In der Haftpflichtversicherung spielt der Regressverzicht bislang – soweit ersichtlich – keine Rolle, weil im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung der nach § 86 Abs. 3 privilegierte Personenkreis (Ziff. 27 AHB Rn. 33 ff.) und in der Betriebshaftpflichtversicherung die gesetzlichen Vertreter sowie alle Betriebsangehörigen (§ 102 Abs. 1) mitversichert sind. 3. Ersatz von Rettungsaufwendungen
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Gem. § 83 Abs. 1 S. 1 hat der VN Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die er zur Abwendung und Minderung des Schadens nach § 82 Abs. 1 tätigt. Aufwendungen lassen sich – wie Schäden – aufteilen in solche Nachteile, die auf der Aktivseite des Vermögens des VN eintreten, und solche, welche die Passivseite betreffen. Zu Nachteilen auf der Passivseite zählt auch die Belastung mit Haftpflichtansprüchen, die daraus resultieren, dass der VN bei seinen Rettungsbemühungen fremde Sachen beschädigt oder Dritte verletzt hat. Insoweit besteht für das Haftpflichtrisiko, das aus Rettungsmaßnahmen resultiert, Versicherungsschutz in der Sachversicherung, der grundsätzlich auch die Übernahme von Prozesskosten umfassen kann.25 Entsprechendes gilt nach § 90 für Schäden Dritter durch Rettungsmaßnahmen, die dazu dienen, einen unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfall abzuwenden oder in seinen Auswirkungen zu mindern.
II. Rechtsschutzversicherung 13
Die Rechtsschutzversicherung sorgt dafür, dass der VN seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann (vgl. § 125). Wie die Haftpflichtversicherung ist sie Passivenversicherung. Der VR trägt nicht nur die Kosten des VN (Eigenschaden), die diesem aus der Beauftragung eines Rechtsanwalts und der Einleitung gerichtlicher Maßnahmen zur Geltendmachung von Haftpflichtschadensersatzansprüchen gegen Dritte oder im Rahmen der Anspruchsabwehr entstehen. Er übernimmt auch die als Fremdschäden zu qualifizierenden Kosten des Gegners, die diesem durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts und der Einleitung gerichtlicher Maßnahmen zur Geltendmachung vertraglicher Schadensersatzansprüche26 entstanden sind, soweit der VN unterliegt. Jedoch trägt der Rechtsschutz-VR nicht solche Kosten, zu deren Übernahme ein anderer verpflichtet wäre, wenn der Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht bestünde (Subsidiaritätsabrede, vgl. § 5 Abs. 3g) ARB 2008/Ziff. 3.3.7 ARB 2012). Eine solche Verpflichtung ergibt sich für den Haftpflicht-VR bei einem neben dem Rechtsschutzversicherungsvertrag bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrag (§ 101 Abs. 1 S. 1). Werden gegen den haftpflichtversicherten und gleichzeitig rechtsschutzversicherten VN Schadensersatzansprüche erhoben, die über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, hat der Rechtsschutz-VR die Kosten der Abwehr dieser Ansprüche deshalb nur insoweit zu übernehmen, als nicht schon der HaftpflichtVR eintrittspflichtig ist.27
24 25
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Martin/Klimke § 43 Rn. 20; Looschelders/ Pohlmann/R. Koch § 43 Rn. 22. BGH 10.11.2006 NJW 2007 292 293; Bartosch-Koch NJW 2011 484 485. Bruck/Möller/R. Koch § 83 Rn. 29.
26 27
Vgl. § 3 Abs. 2 a), § 5 Abs. 1 h) ARB 2008/Ziff. 2.3.3.3 ARB 2012. Vgl. Harbauer/Bauer ARB 2000 § 5 Rn. 260; Beckmann/Matusche-Beckmann/Obarowski § 37 Rn. 215.
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Vorbemerkung
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III. Transportversicherung Schutz gegen die Inanspruchnahme wegen Fremdschäden bieten sowohl die Binnen- 14 als auch die Seetransportversicherung. Nach § 130 Abs. 2 S. 2 haftet der BinnenschiffsVR für den Schaden, den der VN infolge eines Zusammenstoßes von Schiffen oder eines Schiffes mit festen oder schwimmenden Gegenständen dadurch erleidet, dass er den einem Dritten zugefügten Schaden zu ersetzen hat.28 Hierunter fallen auch Personenschäden.29 Der VR schuldet jedoch nicht die Übernahme von Prozesskosten, die der VN dem Geschädigten zu erstatten hat, soweit diese Kosten nicht als Beiträge zur großen Haverei nach § 130 Abs. 3 ersatzfähig sind.30 Wünscht der VR eine Entscheidung darüber, ob eine Ersatzpflicht des VN vorliegt, so muss der VN eine solche regelmäßig herbeiführen, selbstverständlich jedoch auf Kosten des VR.31 Darüber hinaus sehen Ziff. 4.2 AVBFlusskasko 2008 und Ziff. 34.5 DTV-Kaskoklauseln 1978/2004 (für den Bereich der Seeversicherung) vor, dass die Leistungspflicht des VR nicht nur den Haftpflichtschaden, sondern auch die Prüfung der Haftpflichtfrage und die Abwehr unberechtigter Ansprüche umfasst. Kommt es zu einer Kollision mit einem (Schwester-)Schiff, das im Eigentum des VN steht, wird dieses Schiff in der Seeversicherung wie fremdes Eigentum behandelt (Ziff. 34.10 DTV-Kaskoklauseln 1978/2004), sodass die Schäden am Schwesterschiff als Fremdschäden fingiert werden, für die Versicherungsschutz besteht.32 Demgegenüber gilt in der Binnenschiffsversicherung der (gegenteilige) Grundsatz, dass im Falle der Kollision zwischen Schiffen desselben VN jedes Schiff bzw. dessen VR seinen eigenen Schaden zu tragen hat (Ziff. 4.9 AVB-Flusskasko 2008). Die Verkehrshaftungsversicherung bietet Schutz gegen die Haftung als Frachtführer 15 im Straßengüterverkehr, als Spediteur oder Lagerhalter aus Verkehrsverträgen (Fracht-, Speditions- und Lagerverträge) (vgl. DTV-VHV laufende Versicherung 2003/2008).33
IV. Vertrauensschadens- und Eigenschadensversicherung 1. Vertrauensschadensversicherung Die Vertrauensschadensversicherung in Form der Personenkautionsversicherung ist als 16 (reine) Versicherung für fremde Rechnung ausgestaltet. Der VR ersetzt dem Begünstigten (versicherte Person = Vertragspartner der Vertrauensperson) die Schäden an seinem Vermögen, die vom VN (= Vertrauensperson) vorsätzlich oder fahrlässig verursacht worden sind. Soweit der VR auf den Rückgriff gegen den VN verzichtet, wenn dieser fahrlässig gehandelt hat, wirkt die Versicherung wie eine Quasi-Haftpflichtversicherung für eigene
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29 30 31
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Fall der Versicherung von Adhäsionsinteressen vgl. K. Sieg, in: Farny/Helten/Koch/ Schmidt 262; Bruck/Möller/Möller 8 Vor §§ 49–80 Anm. 42. Prölss/Martin/Voit § 130 Rn. 6. Vgl. OLG Karlsruhe 27.6.1996 VersR 1997 737, 740. OLG Karlsruhe 27.6.1996 VersR 1997 737, 739; vgl. auch RG 28.11.1896 RGZ 38 55, 59 f. Hierzu Schwampe Seekaskoversicherung (2011) Klausel 34.10 Rn. 115 ff.
33
Zur umstr. Einordnung der Verkehrshaftungsversicherung als Sparte der Transportversicherung oder als Haftpflichtversicherung s. BGH 23.11.1988 VersR 1989 250 f.; Abele Verkehrshaftungsversicherung und laufende Versicherung nach § 210 VVG, TranspR 2009 60 ff.; Thume Haftungs- und Versicherungsfragen bei fehlerhafter Ablieferung des Frachtgutes und bei Vermischungsschäden, RuS 2006 89, 90; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Heiss/Trümper § 38 Rn. 346.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Rechnung (weil der VN eine Versicherung für eigene Rechnung abschließen müsste, um denselben Erfolg zu erzielen).34 Bei der Vertrauensschadensversicherung in Form der Personalgarantieversicherung han17 delt es sich im Unterschied zur Personenkautionsversicherung nicht um eine Fremd-, sondern um eine Eigenversicherung, die dem VN (= Vertrauender) Deckung für alle durch unerlaubte Handlungen von Vertrauenspersonen (z.B. Betriebsangehörige, Subunternehmer) vorsätzlich verursachte Schäden bietet. Hierzu zählen auch Schäden Dritter, die durch Vertrauenspersonen verursacht worden sind, für die der VN haftet.35 Jedoch verzichtet der VR auf den Rückgriff gegen solche Vertrauenspersonen, die nur fahrlässig an der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung einer anderen Vertrauensperson mitgewirkt haben. Für nur fahrlässig handelnde Vertrauenspersonen wirkt sich die Personalgarantieversicherung somit wie eine Quasi-Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung aus. Der Personalgarantie-VR schuldet jedoch keinen Ersatz der Rechtsverfolgungskosten des geschädigten Dritten, die der VN zu tragen hat, da Fremdschäden, die dem Dritten nur mittelbar durch die unerlaubte Handlung der Vertrauensperson entstehen, nicht ersetzt werden.36 2. Eigenschadensversicherung
18
Die Eigenschadensversicherung von Gemeinden, Gemeindeverbänden und gemeindlichen Einrichtungen (sog. HO-Versicherung) sowie für Sparkassen, Girokassen und Girozentralen bietet Schutz gegen Vermögensschäden durch fahrlässige und vorsätzliche Pflichtverletzungen (kommunaler) Bediensteter. Ebenso wie bei der Personalgarantieversicherung verzichtet der VR dort bei Vermögensschäden durch fahrlässige Pflichtverletzungen auf den Rückgriff gegen den Bediensteten, sodass sich die Eigenschadensversicherung ebenfalls als Quasi-Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung auswirkt.37
V. Unfallversicherung 19
Die Unfallversicherung bietet Schutz gegen die Inanspruchnahme wegen Fremdschäden, soweit die Entschädigung aus einer Unfallversicherung auf die Haftpflichtansprüche ohne Regressmöglichkeit des Unfallversicherers angerechnet wird. Dies ist der Fall, wenn die Unfallversicherung gegen Unfälle abgeschlossen wird, die einem anderen zustoßen. Dann gilt die Versicherung nach der Auslegungsregel des § 179 Abs. 1 S. 2 im Zweifel als für Rechnung des anderen genommen mit der bürgerlich-rechtlichen Folge, dass der Schädiger (= VN) vom Geschädigten (= Versicherter) die Anrechnung der Entschädigung aus der von ihm besorgten Unfallversicherung auf seine Haftpflichtschuld verlangen kann.38 Ein gesetzliches Beispiel einer Anrechnung von Leistungen der Unfallversiche-
34
35 36
Zur Personenkautionsversicherung vgl. R. Koch Vertrauensschadenversicherung Rn. 404 ff. R. Koch Vertrauensschadenversicherung Rn. 172 f. Vgl. R. Koch Vertrauensschadenversicherung Rn. 176 ff.
10
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Vgl. R. Koch Vertrauensschadenversicherung Rn. 176 ff. Vgl. BGH 13.1.1981 BGHZ 80 8, 11 = NJW 1981 1613, 1614; BGH 7.5.1975 BGHZ 64 260, 266=NJW 1975 1273, 1275.
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rung auf den Haftpflichtanspruch findet sich in § 40 Abs. 3 S. 3 AMG und § 20 Abs. 3 S. 2 MPG39 (so auch § 50 S. 3 LuftVG a.F.).
VI. Krankheitskostenversicherung Die Krankheitskostenversicherung ersetzt dem VN nicht nur die Aufwendungen für 20 die medizinisch notwendige Heilbehandlung (§ 192 Abs. 1), sondern – soweit gesondert vereinbart – auch für die Abwehr unberechtigter Entgeltansprüche der Erbringer von [Heilbehandlungs-]Leistungen (§ 192 Abs. 3 Nr. 3). Der Krankheitskosten-VR übernimmt insofern die als Fremdschäden zu qualifizierenden Kosten des Leistungserbringers (vergleichbar einem Rechtsschutz-VR) sowie den Ersatz von Verzugsschäden des Leistungserbringers, soweit diese Ansprüche sich als berechtigt herausstellen.
VII. Rückversicherung Rückversicherung ist die Versicherung der vom Erst-VR übernommenen Gefahr (vgl. 21 § 779 Abs. 1 HGB a.F.) und bietet dem Erst-VR somit Schutz gegen eine Belastung seines Vermögens mit einer Leistungsverpflichtung gegenüber seinem VN (oder versicherten Personen) oder anspruchsberechtigten Dritten (z.B. in der Pflichtversicherung).40
D. Geschichte und Entwicklung der Haftpflichtversicherung Die Anfänge der modernen Haftpflichtversicherung sind eng mit der einsetzenden 22 Industrialisierung im 19. Jahrhundert verknüpft. Neue Haftungstatbestände zum Schutz von Arbeitnehmern vor Betriebsgefahren schufen für die Unternehmer ein Bedürfnis nach Versicherungsschutz, der bald auch Angehörigen anderer Personengruppen (Freiberufler, Grund- und Hausbesitzer, Pferde- und Wagenbesitzer etc.) angeboten wurde und nicht nur mehr Schutz gegen deliktische, sondern auch vertragliche Ansprüche bot.
I. Vorläufer Risikogemeinschaften, die auch eine Abdeckung von Fremdschäden bezweckten, gab 23 es jedoch schon in der Antike. Im griechischen und römischen Rechtskreis bestanden in der Seeschifffahrt Gemeinschaften, die ihren Mitgliedern Beistand leisteten, falls gegen sie bestimmte Forderungen z.B. von Piraten für den Freikauf von Schiff, Ladung und/ oder Gefangenen erhoben wurden.41 Das germanische Recht kannte u.a. die Haftung der Sippengemeinschaft für das „Wergeld“ oder die Buße, die ein der Sippe Angehörender der Sippe des Verletzten schuldete. Rechtsschutz wurde durch Beistand vor Gericht in Form der Eideshilfe geleistet. Später traten an die Stelle der Geschlechtsgenossenschaft
39
Vgl. ÖOGH 28.11.2005 VersR 2006 1567; bei einer Probandenversicherung handelt es sich um eine besondere Art der Unfallversicherung für fremde Rechnung (des Probanden).
40 41
Bruck/Möller/Echarti/Labes § 209 Rn. 32; K. Sieg Ausstrahlungen 37. K. Sieg Ausstrahlungen 17–20; Späte Vorbem Rn. 6.
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die auf freien Vertrag beruhenden Genossenschaften, bei denen ein Beitrag zur Buße nur noch bei Armut des Genossen, Rechtsschutz dagegen in ausgeprägterer Form gewährt wurde.42 Die mittelalterlichen Seeversicherungen, die in den Statuten verschiedener Mittelmeerstädte niedergelegt waren, sahen ebenso wie neuzeitliche Rechtsquellen des niederländischen Rechtskreises bis hin zur Hamburgischen Assecuranz- und HavereiOrdnung von 1731 (Titel V Art. 1) eine Deckung von Fremdschäden als Beiträge zur großen Haverei vor.43 Daneben wurde vereinzelt Deckung für mittelbare Kollisionsschäden gewährt.44
II. Entwicklung bis zum Inkrafttreten des VVG a.F. 24
Zu einem selbstständigen Versicherungszweig entwickelte sich die Haftpflichtversicherung erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in Frankreich Deckungen, die Schutz gegen (Eigen-)Schäden an Pferd und Wagen und Fremdschäden durch Pferd und Wagen boten.45 In Deutschland werden die Anfänge der selbstständigen Haftpflichtversicherung mit der Hamburgischen Pflichtversicherung von 1837 für Auswanderer-Expedienten in Verbindung gebracht. Diesen wurde zur Auflage gemacht, eine Versicherung für durch Beköstigung, Unterbringung und Weiterbeförderung der Auswanderer im Falle der Reiseunterbrechung entstehende Aufwendungen zu nehmen. Damit sollten Regressansprüche der Behörde des Verschiffungsortes sichergestellt werden, sofern dieser Aufwendungen hinsichtlich der Auswanderer entstanden.46 In den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden in Belgien und Frankreich Gesell25 schaften, die Kollektiv-Unfallversicherungen für Arbeitnehmer betrieben. VN war der Unternehmer, der die Versicherung der Arbeitnehmer gegen haftpflichtige und nichthaftpflichtige Unfälle einging.47 In Deutschland wurden im Anschluss an das Reichshaftpflichtgesetz vom 7.6.1871, das – wie noch heute in § 40 Abs. 3 S. 3 AMG und § 20 Abs. 3 S. 2 MPG statuiert – unter gewissen Voraussetzungen die Anrechnung von Leistungen aus einer Unfallversicherung auf die Haftpflichtschuld vorsah (§ 4 RHG), Versicherungskonzepte entwickelt, die eine Kombination von (Kollektiv-)Unfall- und Haftpflichtversicherung beinhalteten.48 Diese Konzepte waren auf die Vorschriften des RHG zugeschnitten und sahen ein Entfallen des Versicherungsschutzes vor, wenn den VN grobes Verschulden traf.49 Aufgrund dieser Verbindung wurde in der Haftpflichtversicherung jedoch nur (eingeschränkt) Versicherungsschutz gegen Fremdschäden aus Unfällen von Arbeitnehmern (also den gleichzeitig Unfallversicherten) gewährt. Die Prämienbemessung folgte dem System der Gefahrenklassen der Unfallversicherung.50 Zu einer Trennung von Haftpflicht- und Unfallversicherung kam es mit der Ein26 führung der gesetzlichen Unfallversicherung durch das Unfallversicherungsgesetz vom
42 43 44
45 46
Ausführlich K. Sieg Ausstrahlungen 20–29. K. Sieg Ausstrahlungen 30–34. Vgl. Hamburgische Assecuranz- und Haverey-Ordnung von 1731, Titel VIII Art. 1–4, zitiert nach K. Sieg Ausstrahlungen 35 f. K. Sieg Ausstrahlungen 45. K. Sieg Ausstrahlungen 45 f.
12
47 48
49 50
K. Sieg Ausstrahlungen 42. Schon kurz vor Erlass des RHG wurde in Deutschland eine industrielle Haftpflichtversicherung angeboten, vgl. K. Sieg Ausstrahlungen 41 f. V. Bar AcP 181 (1981) 289, 299 f. K. Sieg, in: Farny/Helten/Koch/Schmidt 263.
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6.7.1884. Durch die Leistungen der sozialen Unfallversicherung wurde dem Unternehmer die Haftung gegenüber dem Arbeitnehmer abgenommen (Haftungsersetzung durch (Unfall-)Versicherung) und damit eine Anrechnung der Unfallversicherungsleistungen auf die Haftpflichtschuld obsolet. Die Haftpflichtversicherung büßte durch das bis heute geltende Haftungsausschlussprivileg des Unternehmers (§ 104 SGB VII) den größten Teil ihres damaligen Anwendungsbereichs ein. Diese Entwicklung hatte jedoch nicht das Ende der Haftpflichtversicherung zur Folge, sondern war im Gegenteil die Keimzelle für ihre Ausdehnung.51 Die sog. Haftpflichtreste, die das RHG den Unternehmen weiterhin auferlegte, wurden in Deckung gegeben. In der Haftpflichtversicherung waren fortan Ansprüche aus Personenschäden schlechthin und seit 1890 Ansprüche aus Sachschäden versicherbar. Es kam zur Ausbildung verschiedener Sparten innerhalb dieses Versicherungszweiges.52 Im Jahre 1886 wurde die Haftpflichtversicherung der Kleingewerbetreibenden sowie 27 der Grund- und Hausbesitzer eingeführt, 1887 folgte die Haftpflichtversicherung für Ärzte und Apotheker, 1888 für Gastwirte, 1890 für Landwirte, 1891 für Pferde- und Wagenbesitzer, 1894 für Radfahrer, Jäger und Schützen, 1895 für Beamte.53 Im Zuge der Einführung von Berufshaftpflichtversicherungen wurden seit 1896 auch reine Vermögensschäden versicherbar und gesetzliche Haftpflichtansprüche aus Verträgen in den Versicherungsschutz einbezogen.54 Die Haftpflichtversicherung fand in kürzester Zeit erhebliche Verbreitung und als Konsequenz Eingang in das VVG a.F.
III. Entwicklung zum Instrument des Drittschutzes Während die wirtschaftliche Bedeutung der Haftpflichtversicherung unverändert 28 geblieben ist, hat sich in rechtlicher Hinsicht seit ihrer Einführung ein Funktionswandel von einer Versicherung des Schädigers hin zu einer auch den Geschädigten schützenden Versicherung vollzogen.55 In der ersten Phase, d.h. nach der Emanzipation von der Unfallversicherung und vor Inkrafttreten des VVG a.F., galt sie allein dem Schutz des VN. Diese Schutzrichtung fand ihren Ausdruck vor allem darin, dass die Abwehr von erhobenen Schadensersatzansprüchen im Vordergrund stand und die Feststellung der Haftpflichtforderung durch Urteil Voraussetzung für die Entschädigungspflicht des VR war.56 Durch die Haftpflichtversicherung wurde die Stellung des Geschädigten also geradezu verschlechtert.57 In der zweiten Phase, die mit Inkrafttreten des VVG a.F. begann, wurde die Rechts- 29 stellung des Geschädigten gestärkt, indem ihm die Realisierung seines Anspruchs in der Insolvenz des VN durch Einräumung eines Absonderungsrechts garantiert wurde (sozialer Gehalt der Haftpflichtversicherung) (§ 157 a.F.), später durch das Gesetz über die Einführung einer Pflichtversicherung für Kfz und zur Änderung des Gesetzes über den
51 52 53 54 55
V. Bar AcP 181 (1981) 289, 300 f. K. Sieg Ausstrahlungen 42–45. Späte Vorbem Rn. 10; v. Bar AcP 181 (1981) 289, 301. K. Sieg Ausstrahlungen 52 f. Vgl. BGH 18.12.1979 BGHZ 76 279, 286 f. = NJW 1980 1623, 1625; Makowsky 118 ff.
56
57
Vgl. RG 22.1.1880 RGZ 3 21, 25: „einen erzwingbaren Anspruch hat der Versicherungsnehmer nur unter der Voraussetzung, dass er dem Verunglückten gegenüber verurteilt ist, und in Höhe dieses Urteils“. K. Sieg, in: Farny/Helten/Koch/Schmidt 22 f.; vgl. auch v. Bar AcP 181 (1981) 289, 305 f.
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Verkehr mit Kfz sowie des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 7.11.193958 die freie Verfügbarkeit des VN über seinen Verfügungsanspruch zugunsten des Geschädigten eingeschränkt wurde (§ 156 Abs. 1 a.F.) und der VR, wenn für mehrere Dritte die Versicherungssumme nicht ausreichte, ein Verteilungsverfahren durchzuführen hatte (§ 156 Abs. 3 a.F.). Bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes hatte das RG in rechtsschöpferischer Weise zum Schutz des geschädigten Dritten beigetragen, in dem es die Haftpflichtversicherungsforderung als Befreiungsanspruch konstruiert hatte59 mit der Folge, dass weitere Gläubiger des Schädigers nicht zwangsweise auf diese Forderung zugreifen konnten (und ihnen dieser Anspruch auch nicht abgetreten werden konnte). Die den vorläufigen Abschluss der Entwicklung markierende dritte Phase ist durch 30 eine starke Ausdehnung der obligatorischen Haftpflichtversicherung gekennzeichnet. Eine „alternative“ und insoweit abgemilderte Form der Versicherungspflicht findet sich in § 29 LuftVG vom 1.8.192260.61 Danach musste der Halter eines Luftfahrzeuges vor der Zulassung bzw. der Unternehmer eines Flughafens, eines Luftfahrtunternehmens oder einer öffentlichen Flugveranstaltung vor Erteilung der Genehmigung nachweisen, dass er „in einer ihm bekannt zu gebenden Höhe eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen oder … Sicherheit geleistet hat“. Eine echte Versicherungspflicht enthielt dagegen § 23 Nr. 7 RJagdG vom 4.7.193462, wonach der Jagdschein Personen versagt werden musste, „die keine ausreichende Jagdhaftpflichtversicherung nachweisen“. Der Schutz des Dritten in der obligatorischen Haftpflichtversicherung wurde durch das bereits zuvor erwähnte Gesetz vom 7.11.193963 noch erheblich verstärkt, indem es den VR über den Anwendungsbereich der obligatorischen Kfz-Haftpflichtversicherung hinaus in Ansehung des Dritten sogar dann haften ließ, wenn er seinem VN gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung z.B. wegen Obliegenheitsverletzungen oder Prämienrückstand frei war (§ 158c Abs. 1 und Abs. 2 a.F.), und die Aufrechnungsmöglichkeit erweiterte, die § 35b a.F. zugunsten des Haftpflicht-VR vorsah (§ 158g a.F.). Hiermit stand der Schutz des Geschädigten im Vordergrund. Ihm sollte das Risiko genommen werden, seine Ersatzansprüche mangels Solvenz des Schädigers nicht realisieren zu können. Eine herausgehobene Stellung wurde dem Geschädigten in der Kfz-Haftpflichtversi31 cherung durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kfz-Halter vom 5.4.196564 eingeräumt. Nach § 3 PflVG a.F. hat der Geschädigte einen Direktanspruch (action directe) gegen den VR. Damit tritt der Geschädigte nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich weitgehend an die Stelle des versicherten Schädigers (VN).65 Der Reformgesetzgeber hat den Direktanspruch des Geschädigten in der obligatorischen Haftpflichtversicherung über den Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1) hinaus auf die Fälle ausgedehnt, in denen das Insolvenzverfahren über das Vermögen des VN eröffnet ist (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Alt. 1), die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Alt. 1), ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt ist (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Alt. 3) oder der Aufenthalt des VN unbekannt ist (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 3). Der VR kann dem Geschädigten zudem nach § 114 Abs. 2 S. 2 nicht mehr die Vereinbarung eines Selbstbehalts mit dem VN entgegenhalten. 58 59 60 61
RGBl. I S. 2223. Vgl. RG 5.2.1909 RGZ 70 257, 260 f. und ständig. RGBl. I S. 681, 686. Zu diesem Begriff s. Berliner Kommentar/ Hübsch § 158b Rn. 2.
14
62 63 64 65
RGBl. I S. 459, 555. RGBl. I S. 2223. BGBl. 1965 I 213. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 50.
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Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Rechtsstellung des Geschädigten in der frei- 32 willigen Haftpflichtversicherung gestärkt. Nach § 108 Abs. 2 ist es dem VR nicht mehr gestattet, dem VN die Abtretung des Freistellungsanspruchs gegen den VR an den Geschädigten formularmäßig zu untersagen. Der VN kann seinen Freistellungsanspruch gegen den VR somit an den geschädigten Dritten abtreten und diesen dadurch in die Lage versetzen, den VR direkt in Anspruch zu nehmen. Dem VR bleiben die Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis erhalten (vgl. § 108 Rn. 41 f.). Nach § 105 ist es dem VR auch nicht mehr erlaubt, Leistungsfreiheit für den Fall vorzusehen, dass der VN den Geschädigten befriedigt oder dessen Anspruch anerkennt.
IV. Tendenzen der Rechtsentwicklung 1. Ansteigen der Zahl obligatorischer Haftpflichtversicherungen In der Tendenz dürfte die Zahl obligatorischer Haftpflichtversicherungen vor allem 33 zur Absicherung von Haftpflichtrisiken aus gewerblicher und selbstständig beruflicher Tätigkeit als Reaktion auf die Verschärfung bestehender und die Einführung neuer Haftungstatbestände weiter zunehmen. Es ist somit eine weitere Kollektivierung von Haftpflichtschäden zu erwarten.66 2. Einführung eines Direktanspruchs des geschädigten Dritten Mit einer Ausdehnung des Direktanspruchs ist angesichts der Tatsache, dass der 34 Regierungsentwurf noch die Einräumung eines Direktanspruchs für alle obligatorischen Haftpflichtversicherungen ohne die Beschränkungen des § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 vorsah,67 auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. Damit bleibt die Regelung hinter der Rechtsentwicklung in Europa zurück. Nach einer von Basedow/Fock durchgeführten Studie ist der Direktanspruch des Geschädigten, soweit die Haftpflichtversicherung obligatorisch ist, die Regel (nicht nur) in den Mitgliedstaaten der EU.68 In einigen EU-Mitgliedstaaten wird der Studie von Basedow/Fock 69 zufolge dem 35 Geschädigten sogar in der freiwilligen Haftpflichtversicherung ein Direktanspruch gegen den VR eingeräumt. Der schweizerische Entwurf eines Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 21.1.2009 sieht ebenfalls die Einführung eines eigenen Forderungsrechts des Geschädigten gegenüber dem VR in der freiwilligen Haftpflichtversicherung vor (Art. 91 E-VVG). Teilweise finden sich Beschränkungen, die daran anknüpfen, ob der Geschädigte einen Personen-, Sach- oder Vermögensschaden erlitten hat. So besteht im niederländischen Versicherungsvertragsrecht die Möglichkeit des direkten Vorgehens nur bei Personenschäden. Im schweizerischen Entwurf werden echte Vermögensschäden vom Anwendungsbereich des Direktanspruchs ausgenommen (Art. 91 Abs. 3 E-VVG). Die Schutzwürdigkeit des Geschädigten wird somit zum Teil in Abhängigkeit von der Art des
66
67 68
Vgl. auch Einschätzung von Langheid/ Wandt/Brandt Vorbemerkung zu §§ 113–124 Rn. 16; Berliner Kommentar/Baumann Vorbem. §§ 149–158k Rn. 70 ff. BTDrucks. 16/3945 S. 50, 88. Im Internet abrufbar auf der Homepage des
69
Eidgenössischen Finanzdepartements EFD, http://www.efd.admin.ch/index.html?lang=de. Basedow/Fock (Hrsg.) Europäisches Versicherungsvertragsrecht Bd. I (2002), Bd. II (2002), Bd. III (2003).
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erlittenen Schadens unterschiedlich bewertet. Im Unterschied zur obligatorischen Haftpflichtversicherung schlagen in der freiwilligen Haftpflichtversicherung Einwendungen, die vor Eintritt des Schadens entstanden sind und an das Verhalten des VN anknüpfen, auf den Direktanspruch des Geschädigten durch. Der Anspruch des Geschädigten reicht insoweit nicht weiter, als der Schädiger selbst aufgrund seines Vertrages Versicherungsschutz genießt (z.B. Belgien70, Frankreich71, Luxemburg72, Spanien73). Insoweit unterscheidet sich die dortige Rechtsstellung des Geschädigten nicht von der eines Zessionars des Freistellungsanspruchs aus § 100, und die Unterschiede zur aktuellen Rechtslage in Deutschland beschränken sich darauf, dass es hier einer Abtretungsvereinbarung bedarf.
E. Wirtschaftliche Bedeutung der Haftpflichtversicherung 36
Nach den Angaben des GDV haben die VR im Jahre 2011 in der allgemeinen Haftpflichtversicherung (ohne Kfz-Haftpflichtversicherung) Prämien in Höhe von 6,927 Milliarden € für 44.226.000 Versicherungsverträge eingenommen und Schadenszahlungen in Höhe von 4,608 Milliarden € – verteilt auf 2.091.000 Versicherungsfälle – geleistet.74 Es wäre verfehlt, die volkswirtschaftliche Bedeutung der Haftpflichtversicherung nur an solch nackten Zahlen zu Prämieneinnahmen und Schadenszahlungen zu messen. Die Einführung der Betriebshaftpflichtversicherung hat den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt begleitet und gefördert, wenn nicht gar erst möglich gemacht. Die Feststellung Sinns, „[o]hne ein funktionierendes Versicherungswesen oder ähnliche Risikokonsolidierungsmechanismen könnte die moderne Industriegesellschaft nicht existieren“75, ist daher nicht übertrieben und gilt insbesondere für die freiwillige Haftpflichtversicherung. Betrieblicher Haftpflichtversicherungsschutz dient vor allem der Erhöhung der Wag37 nis-, Investitions- und Transaktionsbereitschaft.76 Die unternehmerische Tätigkeit wäre wegen des ihr immanenten und angesichts des regulatorischen Umfelds ständig zunehmenden Risikos einer Schadensersatzhaftung ohne die Möglichkeit, sich hiergegen abzusichern, stark eingeschränkt und würde in besonders haftungsträchtigen Bereichen/Branchen praktisch zum Erliegen kommen. Ohne Produkthaftpflichtversicherung würde so manche Innovation unterbleiben und so mancher Produktionszweig stillgelegt.77 Betroffen wäre jedoch nicht nur der industrielle und gewerbliche, sondern auch der freiberufliche Bereich, wie die Diskussion um den Prämienanstieg zur Berufshaftpflichtversicherung ärztlicher und nichtärztlicher Gesundheitsberufe gezeigt hat.78 Bei der Versicherung privater Haftpflichtrisiken steht die Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Sicherheit im Vordergrund. Nicht nur die obligatorische, sondern auch die freiwillige Haftpflichtversicherung 38 trägt ganz erheblich zur Entlastung der Sozialversicherungssysteme bei. Ohne Haftpflichtversicherung trügen auf Seiten des Geschädigten die Sozialversicherungsträger wie z.B. die gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung das Insolvenzrisiko des Schädigers
70 71 72 73 74
75
Basedow/Fock/Fock Bd. I 282 f. Basedow/Fock/Völcker Bd. I 540 f. Basedow/Fock/Völcker Bd. I 807 f. Basedow/Fock/Schlenker Bd. II 1350 ff. Vgl. GDV (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft (2012), abrufbar unter www.gdv.de. Sinn ZVersWiss 1988 1, 19.
16
76 77 78
Vgl. Bruck/Möller/Baumann § 1 Rn. 9 m.w.N. Sinn ZVersWiss 1988 1, 19. RDG 2001 111: „Steigende Berufshaftpflicht-prämien: Regierung sieht keine Gefahr“; RDG 2010 165: „Explodierende Haftpflichtprämien: Hebammen bekommen Hilfe“.
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Vorbemerkung
Vor §§ 100–112
(Regressausfall).79 Beim Schädiger wird ein womöglich existenzbedrohender Kapitalabfluss verhindert, der bei Unternehmen zu Entlassungen führen und damit die Arbeitslosenversicherung und ggf. die Agenturen für Arbeit belasten würde. In dieser Hinsicht kommt der Haftpflichtversicherung einzelwirtschaftliche Bedeutung zu. Aufgrund der sozialen Bedeutung der Haftpflichtversicherung erkennt der Gesetzgeber die Beiträge als Vorsorgeaufwendungen im Rahmen des Sonderausgabenabzuges nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG an.
F. Rechtsquellen zur Haftpflichtversicherung I. Öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlagen 1. VAG Zum Betrieb der Haftpflichtversicherung bedarf es der Erlaubnis durch die Aufsichts- 39 behörde (§ 5 Abs. 1 VAG = § 9 VAG-E). Die Erlaubnis darf grundsätzlich nur AG, VVaG sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erteilt werden (§ 7 Abs. 1 VAG = § 9 Abs. 2 VAG-E). Insoweit bestehen in der Haftpflichtversicherung keine Besonderheiten. § 1 Abs. 3 Nr. 3 VAG (§ 4 Nr. 4 VAG-E) erweitert für den Bereich der Haftpflichtversicherung jedoch den Kreis der nach § 7 Abs. 1 VAG (§ 9 Abs. 2 VAG-E) vorgesehenen Unternehmensformen um den „Kommunalen Schadensausgleich“. Bei diesem handelt es sich um einen „nicht rechtsfähigen Zusammenschluss von Gemeinden und Gemeindeverbänden“ zu dem Zwecke, durch Umlegung Schäden, u.a. „für welche die Mitglieder oder ihre Bediensteten auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen von Dritten verantwortlich gemacht werden“ (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) VAG = § 4 Nr. 4a) VAG-E), oder aus der „Haltung von Kraftfahrzeugen“ auszugleichen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) VAG = § 4 Nr. 4b) VAG-E).80 Darüber hinaus können Berufsgenossenschaften eine Versicherung gegen Haftpflicht für die Unternehmer und die ihnen in der Haftpflicht Gleichstehenden betreiben (§ 159 Abs. 1 VAG = § 2 Abs. 4 VAG-E i.V.m. § 140 Abs. 1 SGB VII). Bei Ersteren handelt es sich um nicht rechtsfähige Vereine, die keiner Aufsicht unterliegen. Letztere sind öffentlich-rechtliche Anstalten mit Fachaufsicht durch die BAFin, sofern sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig sind (§ 146 Abs. 3 VAG = § 314 Abs. 2 VAG-E). Die Anlage A zum VAG unterscheidet zwischen der Haftpflicht für Landfahrzeuge 40 mit eigenem Antrieb (Nr. 10), der Luftfahrzeughaftpflicht (Nr. 11), der See-, Binnenseeund Flussschifffahrtshaftpflicht (Nr. 12) und der allgemeinen Haftpflicht für alle sonstigen Haftpflichtfälle (Nr. 13). Die Einteilung ist von Bedeutung für die Angaben über die zu betreibenden Versicherungssparten und -risiken (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 Hs. 1 VAG = § 10 Abs. 2 Nr. 2 VAG-E) sowie die Bestimmung von Großrisiken i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Rom I-VO i.V.m. Art. 5 lit. d) der Zweiten Schadensversicherungsrichtlinie 88/357/EWG vom 22.6.1988 (bei dem Verweis auf die Erste Schadensversicherungsrichtlinie 73/239/EWG v. 24.7.1973 handelt es sich um einen Redaktionsfehler).81 Die Richtlinie ist mit
79 80
Vgl. Langheid/Wandt/Schradin Betriebswirtschaftslehre der Versicherung Rn. 1. Vgl. auch OLG Köln 21.10.2008 NJOZ 2009 2054 f.; BFH 8.12.2010 DStRE 2011 573 f.
81
ABl. L 228 vom 16.8.1973 S. 3, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 323 vom 9.12.2006 S. 1.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Wirkung vom 1.11.2012 durch Art. 310 Unterabs. 1 der Solvabilität II-Richtlinie 2009/138/EG v. 25.11.2009 aufgehoben worden, deren Art. 13 Nr. 27 Großrisiken in sachlicher Übereinstimmung mit der Vorgängerrichtlinie bestimmt.82 Gem. Art. 310 Unterabs. 1 der Solvabilität II-Richtlinie 2009/138/EG sind Verweisungen auf die aufgehobenen Richtlinien nunmehr auf die Solvabilität II-Richtlinie zu verstehen. 41 Mittelbar von Bedeutung für den Betrieb der Haftpflichtversicherung ist § 8a Abs. 1 und Abs. 2 VAG (= § 151 VAG-E). Danach muss ein VR, der die Rechtsschutzversicherung zusammen mit anderen Versicherungssparten anbietet, zum Zwecke der Vermeidung von Interessenkollisionen die Leistungsbearbeitung in der Rechtsschutzversicherung einem Schadensabwicklungsunternehmen übertragen, das in einer der in § 7 Abs. 1 VAG (= § 9 Abs. 2 VAG-E) für den Betrieb von Versicherungsgeschäften genannten Rechtsform oder der Rechtsform einer sonstigen Kapitalgesellschaft ausgeübt wird. Eine solche Interessenkollision kommt in Betracht, weil – wie Lars anschaulich beschreibt – ein Dritter „Freund“ (d.h. rechtsschutzversicherter VN, dem der VR helfen will) und „Feind“ (d.h. Geschädigter, dessen Schadensersatzansprüche der gleiche VR nach Kräften abwehren will) zugleich sein kann.83 Des Weiteren schließen gem. § 8 Abs. 1a VAG (= § 9 Abs. 4 S. 2 VAG-E) die Erlaubnis zum Betrieb der Lebensversicherung und die Erlaubnis zum Betrieb der Haftpflichtversicherung einander aus. Für die Berechnung der Deckungsrückstellung von Renten in der Haftpflichtversicherung ist gem. § 11e VAG (= § 149 VAG-E) ein Verantwortlicher Aktuar zu bestellen, der die korrekte Ermittlung dieser Rückstellung sicherstellt. 2. Sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften
42
Zahlreiche Bundes- und Landesgesetze ordnen eine Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung an (obligatorische Haftpflichtversicherung), wobei teilweise die Alternative besteht, anstelle einer Versicherung eine sonstige finanzielle Sicherheit, wie etwa die Bürgschaft einer Bank bereitzustellen und aufrechtzuerhalten (vgl. § 3 ÖlSG).84 Die Zulassung zum Betrieb oder zur Tätigkeit hängt ab von dem Nachweis des Versicherungsschutzes.
II. Privatrechtliche Rechtsgrundlagen 1. Gesetzliche Grundlagen
43
a) VVG. Primäre Rechtsquelle der (freiwilligen) Haftpflichtversicherung sind die Sonderregelungen der §§ 100–112 und darüber hinaus die §§ 113–124 für die obligatorische Haftpflichtversicherung. Daneben kommen zur Anwendung die allgemeinen Regelungen zur Schadensversicherung (§§ 74 bis 87), soweit sie nicht an den Versicherungs-
82 83 84
ABl. EU Nr. L 335 v. 17.12.2009, S. 1. Lars VAG 1. Aufl. (2012) § 8a Rn. 1. Nachweise für gesetzliche Versicherungspflichten bei Bruck/Möller/Beckmann 9 Einf. A Rn. 142 ff.; Aufstellung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über die Pflicht-Haftpflichtversicherungen, BTDrucks. 16/5497 S. 6; betroffen sind Risi-
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ken aus dem zulassungspflichtigen Betrieb von Anlagen und zulassungspflichtigen Fahrzeugen (Kfz, Luftfahrzeuge), aus Gefahrguttransporten, aus Herstellung und Vertrieb von Arzneimitteln und aus zulassungspflichtigen beruflichen Betätigungen (Rechtsanwalt, Notar, Steuerberater, Versicherungsvermittler).
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Vorbemerkung
Vor §§ 100–112
wert anknüpfen (Rn. 6), und die für alle Versicherungszweige geltenden Vorschriften (§§ 1–73), sofern sich aus §§ 100 bis 112 nichts anderes ergibt. § 102 Abs. 1 S. 2 begründet eine gesetzliche Vermutung dafür, dass eine Betriebshaftpflichtversicherung als Versicherung für fremde Rechnung i.S.d. §§ 43 ff. ausgestaltet ist.85 § 103 (Leistungsbefreiung des VR bei vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens durch den VN) geht § 81 vor. § 104 präzisiert die in § 30 Abs. 1 normierte Anzeigeobliegenheit. Die Fälligkeitsregelung des § 106 verdrängt § 14 Abs. 1. Das Recht des VR gem. § 35 zur Aufrechnung einer fälligen Prämienforderung ist gegenüber dem Geschädigten, in dessen Hand sich der Freistellungsanspruch des VN in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat, wegen § 108 Abs. 1 nur mit Prämien möglich, die bereits zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls fällig waren (§ 108 Rn. 20).86 b) HGB. Handelsrechtliche Normen sind grundsätzlich neben den VVG-Vorschriften 44 anwendbar, soweit es sich bei dem Abschluss des Haftpflichtversicherungsvertrages für den oder die hieran Beteiligten um ein Handelsgeschäft (§ 343 HGB) handelt 87 oder der Vertrag durch einen Versicherungsvertreter (vgl. § 92 HGB) vermittelt worden ist. c) BGB. Bei einem Versicherungsvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag, 45 auf den die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Rechts anwendbar sind, soweit keine versicherungsvertraglichen oder handelsrechtlichen Spezialregelungen eingreifen. Besonders bedeutsam sind die Regelungen über Rechtsgeschäfte (§§ 104 ff. BGB), zur Verjährung (§§ 195 ff. BGB) und zum AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB). d) AGG. Für Haftpflichtversicherungsverträge sind die Regelungen zum zivilrecht- 46 lichen Benachteiligungsverbot (§§ 19 bis 22 AGG) von Bedeutung. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG ist eine Benachteiligung bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, unzulässig, wenn sie aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität erfolgt. In der freiwilligen Haftpflichtversicherung kommt diesen Diskriminierungsmerkmalen bei der Einschätzung des Risikos keine Bedeutung zu.88 In der Kfz-Haftpflichtversicherung hat das Geschlecht bei der Prämienbemessung eine Rolle gespielt und regelmäßig zu niedrigeren Beiträgen für Frauen geführt.89 Nach dem Urteil des EuGH vom 1.3.2011 in der Rechtssache „Test Achats“ ist eine geschlechtsspezifische Tarifierung, die nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/113/EG90 möglich und nach § 20 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AGG zulässig war, jedenfalls für Versicherungsverträge, die ab dem 21.12.2012 geschlossen worden sind, unzulässig.91 § 20 Abs. 2 S. 1 AGG ist durch Art. 8 SEPA-
85 86 87
Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 43 Rn. 29. Vgl. BGH 8.4.1987 RuS 1987 219 f. = VersR 1987 655 zu § 156 VVG a.F. Vgl. BGH 6.5.1975 NJW 1975 1358 (zur Geltung der Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens); OLG Köln 13.11.2007 RuS 2008 239, 240 (zur Anwendbarkeit des § 354a HGB); OLG Frankfurt/M. 3.3.2006 – 31 C 3136/05–23
88 89
90 91
ADAJUR Dok.Nr. 69666 (zum Ersatz des Folgeschadens durch Haftpflichtversicherung – Regelzinsanspruch aus § 352 HGB). Vgl. Sittle/Lattwein VW 2007 1141. Vgl. Looschelders VersR 2011 421, 424; Rolfs/Binz VersR 2011 714, 715; Präve VersR 2004 39, 40; Thüsing/Hoff VersR 2007 1, 4 ff. Abl EG L 373 v. 21.12.2004 S. 37. EuGH 1.3.2011 VersR 2011 377, 379.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Begleitgesetz mit Wirkung zum 21.12.2012 aufgehoben worden.92 Bei einem Verstoß gegen § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG können dem diskriminierten (potenziellen) VN nicht nur Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche (§ 21 Abs. 1 AGG), sondern auch Schadensersatzansprüche wegen entstandener materieller und immaterieller Schäden (§ 21 Abs. 2 S. 1 und 3 AGG) zustehen. Umstritten ist, ob aus dem Beseitigungsanspruch in § 21 Abs. 1 S. 1 AGG ein Anspruch auf Abschluss eines Versicherungsvertrages folgt, wenn der VR in diskriminierender Weise einen Vertragsschluss verweigert.93 2. Vertragliche Grundlagen
47
Hinsichtlich der Ausgestaltung des Haftpflichtversicherungsvertrages hat sich in den verschiedenen Zweigen der Haftpflichtversicherung ein Marktstandard herausgebildet, der sich – soweit der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Versicherungsbedingungen entwickelt hat – an diesen Musterbedingungen orientiert und insoweit eine Vergleichbarkeit der angebotenen Deckungen erleichtert.94 Im Grundsatz ist zu unterscheiden zwischen solchen Haftpflichtversicherungsverträgen, die in erster Linie Deckung gegen die Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen eines Sach- oder Personenschadens bieten, und solchen, die Schutz gegen die Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen Vermögensschäden gewähren. Zur ersten Gruppe zählen sämtliche Bedingungswerke, die auf den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflicht (AHB) basieren (z.B. Privat-, Betriebs-, Produkt- und Umwelthaftpflichtversicherung, Rückrufkostenversicherung). Sie werden ergänzt durch Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR), die jeweils auf das versicherte Risiko zugeschnitten sind (z.B. Muster-Bedingungsstruktur I: Industrie, Handel und Gewerbe; Muster-Bedingungsstruktur IX: Privathaftpflichtversicherung etc.). Die zweite Gruppe der Vermögensschadensdeckungen lässt sich weiter unterteilen in 48 Bedingungswerke, die lediglich zur Voraussetzung haben, dass der zur Haftung führende Verstoß während der Dauer des Versicherungsvertrages eingetreten ist (occurence), und solche Bedingungswerke, nach denen nicht nur der Verstoß, sondern auch die Geltendmachung des Anspruchs während der Dauer des Versicherungsvertrages erfolgen muss(claims made and occurence). Zur ersten Untergruppe zählen sämtliche Bedingungswerke, die auf den AVB-Vermögen basieren (z.B. Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte und Angehörige der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe 95). Zur zweiten Untergruppe zählen neugeschaffene Deckungskon-
92
93
Gesetz zur Begleitung der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009, BGBl. 2013 I 610; kritisch im Hinblick auf die bloße Streichung von § 20 Abs. 2 S. 1 AGG Hoffmann VersR 2012 1073, 1075. Bejahend MüKo-BGB/Thüsing § 21 AGG Rn. 18 ff.; Bamberger/Roth/Wendtland § 21 AGG Rn. 13; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. (2011) § 21 Rn. 6; a.A.: Palandt/
20
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Grüneberg § 21 AGG Rn. 3; Staudinger/ Rolfs Neubearb. 2011 § 21 AGG Rn. 2; Armbrüster VersR 2006 1298, 1303; ders. NJW 2007 1494, 1498; R. Koch VersR 2007 288, 299; vgl. auch Bachmann ZBB 2006 257, 265 f.; Maier-Reimer NJW 2006 2577, 2582. Im Internat abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/. Hierzu Dißars VersR 2009 1340 ff.
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Vorbemerkung
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zepte z.B. zur Abdeckung von D&O-Risiken, E&O-Risiken96, AGG-Risiken97. Die Vertragspraxis lässt es hierbei oftmals genügen, dass der Anspruch während der Laufzeit des Vertrages geltend gemacht wird (so für D&O-Versicherung nunmehr auch die unverbindlichen Musterbedingungen des GDV für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern vom Mai 2013, vgl. auch Ziff. 3 AVB-AVG Rn. 70). Eine Kombination der Deckung von Ansprüchen aus Personen-, Sach- und Vermö- 49 gensschäden sehen die Haftpflichtversicherungen der Konstruktionsberufe (Architekten, Ingenieure, Statiker, Bauunternehmer) vor. So unterscheiden z.B. die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen des GDV für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren (Stand: April 2011) nur zwischen Personen- und sonstigen Schäden (A Ziff. 1.5).98 Allen Deckungskonzepten gemein ist, dass die Regelungen der Gefahrerhöhung 50 (§§ 23 ff.) abbedungen/modifiziert werden, der Kreis der versicherten Personen i.S.v. § 43 konkretisiert und – bei der Versicherung beruflicher/betrieblicher Risiken – der subjektive Risikoausschluss des § 103 (vorsätzliche Herbeiführung des Schadens) in der Weise verschärft wird, dass sich der Vorsatz nicht auf die Herbeiführung des Schadens, sondern nur auf die Pflichtverletzung beziehen muss (vgl. Ziff. 7.2 AHB 2012, Ziff. 6.2.4 ProdHM 2008, § 4 Ziff. 5 AVB-Vermögen/P99).
G. Zur Technik der Risikobegrenzung in der Haftpflichtversicherung Die Technik der Risikobegrenzung in der Haftpflichtversicherung unterscheidet sich 51 nicht von der anderer Versicherungszweige. Um das Risiko kalkulierbar zu machen, bedient sich der VR eines hierarchischen Systems, das in mehrere Ebenen aufgegliedert ist, die Regeln, Ausnahmen und Gegenausnahmen vorsehen.100
I. Primäre Risikoabgrenzung Auf der Primärebene beschreibt und begrenzt der VR zugleich sein Eintrittsrisiko 52 durch die Festlegung des versicherten Risikos (vgl. Ziff. 3 AHB 2012), die Definition des Versicherungsfalls, mit dem regelmäßig die versicherten Gefahren und die Art der ersatzfähigen Schäden des Dritten festgelegt werden (vgl. Ziff. 1.1 AHB 2012), sowie die Vereinbarung der Versicherungssumme je Versicherungsfall und der Höchstersatzleistung für die Versicherungsperiode (vgl. Ziff. 6.1 AHB 2012). Die Eintrittspflicht ist begrenzt auf den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des VN (Ziff. 1.1 AHB 2012). Keine Deckung
96
97 98
Im Internat abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/besonderebedingungen-und-risikobeschreibungenfur-die-berufshaftpflichtversicherung-vonarchitekten-bauingenieuren-und-beratendeningenieuren/. Hierzu R. Koch VersR 2007 288 ff. Im Internat abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/
99 100
schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/. Die AVB-Vermögen/P sind abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke. Vgl. Bruck/Möller/Baumann § 1 Rn. 63 f.; Bach/Moser/Staudinger Teil A Einleitung Rn. 41; Berliner Kommentar/Schauer Vorbem. §§ 49–68a Rn. 6; Dreher 168 f.; K. Sieg BB 1970 106 ff.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
besteht für Haftpflichtansprüche, die aufgrund Vertrags oder Zusagen darüber hinausgehen (vgl. auch Ziff. 7.3 AHB 2012). Für Risiken, die nach Abschluss der Versicherung neu entstehen, besteht Deckung im Rahmen der Vorsorgeversicherung, jedoch mit weitaus niedrigeren Versicherungssummen (Sublimit) (vgl. Ziff. 10.1 ProdHM 2008). Dem Frequenzschadensrisiko (Kleinschäden) begegnen VR – wie auch außerhalb der Haftpflichtversicherung – mit Selbstbehalten (vgl. Ziff. 6.4 AHB 2012, Ziff. 9.3 ProdHM 2008). Bei „Long tail“-Risiken (Spätentdeckungsrisiko) wird der Versicherungsschutz für den Fall der Beendigung des Versicherungsvertrages zeitlich begrenzt auf Versicherungsfälle, die dem VR innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Vertragsende gemeldet werden (vgl. Ziff. 7.1 ProdHM 2008). Um Kumulrisiken entgegenzuwirken, enthalten alle Bedingungswerke Serienschadensklauseln, die vorsehen, dass mehrere Versicherungsfälle als ein Versicherungsfall behandelt werden, sodass hierfür auch nur einmal die Versicherungssumme zur Verfügung steht (vgl. Ziff. 6.3 AHB 2012, Ziff. 8.3 ProdHM 2008). Für Auslandsrisiken wird standardmäßig nur eingeschränkt Versicherungsschutz gewährt (vgl. Ziff. 7.9 AHB Rn. 266 ff.).101
II. Sekundäre Risikoabgrenzung 53
Auf der Sekundärebene begrenzt der VR sein Eintrittsrisiko dadurch, dass er unkalkulierbare, vom VN nicht beherrschbare und somit von dessen Verhalten unabhängige Risiken von vornherein ausschließt (z.B. Haftpflichtansprüche wegen Asbestschäden oder wegen Schäden durch gentechnisch veränderte Organismen, vgl. Ziff. 7.11 und Ziff. 7.12 AHB 2012). Für vom VN beherrschbare und von seinem Verhalten abhängige Risiken tritt der VR nur unter der Voraussetzung ein, dass sich kein Moral Hazard (moralisches Risiko) verwirklicht hat (z.B. Haftpflichtansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen oder wegen Bearbeitungsschäden (vgl. Ziff. 7.6 und Ziff. 7.7 AHB 2012), sowie Schäden durch nicht hinreichend erprobte Produkte (vgl. Ziff. 6.2.5 ProdHM 2008)). Hierbei geht es speziell darum, dass sich das Risikoverhalten des VN im Hinblick auf das Bestehen des Versicherungsvertrages ändert, etwa weil er weniger Vorsicht walten lässt, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalls erhöht, oder zu geringe Mühe aufwendet, den Versicherungsfall in seinen Auswirkungen zu begrenzen. Das moralische Risiko reicht in der Haftpflichtversicherung vom Eingehen unverantwortlicher Risiken über den Versuch des VN, seine privaten, beruflichen oder unternehmerischen Risiken zulasten der VR und damit der Versichertengemeinschaft zu externalisieren bis hin zu bewusster Manipulation und Versicherungsbetrug.102 Sämtliche formularmäßige Beschränkungen der Eintrittspflicht unterliegen der AGB54 Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle; sie dürfen den VN nicht überraschen (§ 305c Abs. 1 BGB), müssen klar und verständlich sein (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB), dürfen nicht von wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen abweichen (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder den Vertragszweck gefährden (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und den VN auch in sonstiger Weise nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).103
101 102 103
22
Vgl. auch Wagner VersR 1999 1441, 1445. R. Koch Karlsruher Forum 2010, S. 113. Vgl. Graf von Westphalen/Präve Vertrags-
recht und AGB-Klauselwerke 31. Aufl. (2012) Allgemeine Versicherungsdingungen Rn. 20.
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III. Tertiäre Risikoabgrenzung Die Tertiärebene schließt bestimmte Sachverhalte wieder in die Deckung ein, die 55 Gegenstand eines Ausschlusses sind (z.B. Ziff. 7.7 (3) AHB 2012: „[D]ieser Ausschluss gilt nicht, wenn der VN beweist, dass er zum Zeitpunkt der Tätigkeit offensichtlich notwendige Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Schäden getroffen hatte“).
H. Haftpflichtversicherung und Zwecke des Haftungsrechts I. Diskussion um die Beeinträchtigung der Steuerungsfunktion des Haftungsrechts durch die Haftpflichtversicherung Aus dem Bericht der Kommission über die Entwürfe eines Gesetzes über den Ver- 56 sicherungsvertrag lässt sich entnehmen, dass es Bedenken insbesondere gegen die Versicherung der Haftung wegen grob fahrlässig angerichteter Schäden gab. Es wurde argumentiert, „[d]ie Allgemeinheit müsse darauf Bedacht nehmen, daß die Sorglosigkeit der Menschen nicht gefördert werde, zumal sich bei weitem nicht alle Schäden durch Geld restlos ausgleichen ließen“104. Um dies zu verhindern, sei die Leistung des VR „auf einen Bruchteil der von dem VN dem Dritten zu leistenden Entschädigung zu einer gesetzlichen Regelung auszugestalten“105. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder ist dieser Argumentation jedoch nicht gefolgt, weil sie der Ansicht war, dass eine Beschränkung des Versicherungsschutzes auf einfach fahrlässig herbeigeführte Versicherungsfälle und die Einführung von Pflichtselbstbehalten den sozialen und wirtschaftlichen Wert der Haftpflichtversicherung erheblich herabsetzen und den einzelnen Arten der Haftpflichtversicherung nicht hinreichend Rechnung tragen würde.106 Im Übrigen vertraute die Mehrheit auf die Selbstregulierungskräfte des Versicherungsmarkts, da die VR kein Interesse daran hätten, durch Versicherungsbedingungen „zu einer Vermehrung der Haftpflichtfälle beizutragen“. Schließlich könne der VR bei Eintritt eines Schadensfalles kündigen, „wo das Verhalten des VN nicht den Anforderungen entspreche, die an einen sorgfältigen Mann zu stellen seien, und ein VN, dem gegenüber eine solche Kündigung erfolgt sei, werde kaum mehr Aufnahme bei einer anderen Gesellschaft finden“.107 In der älteren Literatur wurde ebenfalls diskutiert, ob durch die Haftpflichtversiche- 57 rung die Steuerungsfunktion des Haftungsrechts beeinträchtigt werde.108 In neuerer Zeit misst das Schrifttum dem Gedanken der Prävention gegenüber der Ausgleichsfunktion des Haftungsrechts eine eher untergeordnete Bedeutung zu109 und vertraut im Übrigen –
104 105 106 107 108
Motive 368. Motive 368. Motive 369. Motive 370. So etwa Lundstedt Die Unwissenschaftlichkeit der Rechtswissenschaft II/1 (1936) 307 f.; Bortkiewicz, in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft Bd. 27 (1903) 1090 sah in der Haftpflichtversicherung gar einen „Anreiz zu einer fahrlässigen, für die Mitmenschen gefährlichen Handlungsweise“; so auch
109
noch Ehrenzweig Psychoanalytische Rechtswissenschaft (1973) 307. Looschelders VersR 1996 529, 536; jurisPK/ Rüßmann Rn. 17 f.; vgl. auch Katzenmeier VersR 2002 1449, 1455; v. Bar AcP 181 (1981) 289, 311 f.; Großfeld VW 1974 693, 695; Marburger AcP 192 (1992) 1, 30 f. sieht dagegen eine gegenläufige Tendenz hin zur Prävention als Folge des Einflusses ökonomischer Betrachtungsweisen; in diesem Sinne auch Bamberger/Roth/Spindler § 823 Rn. 0.7; zusammenfassend zur
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ebenso wie der historische Gesetzgeber – darauf, dass die VR von den zuvor aufgezeigten versicherungstechnischen Instrumentarien im Rahmen der Vertragsgestaltung zum Zweck der Verhaltenslenkung Gebrauch machen.110
II. Bewertung Ohne an dieser Stelle in grundsätzlichere Überlegungen zur Funktion und zum Funktionswandel des Haftungsrechts infolge der Kollektivierung des Schadensausgleichs – nicht nur auf der Schädiger-, sondern auch auf der Geschädigtenseite – eintreten zu wollen,111 darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass – worauf sogleich näher einzugehen sein wird (Rn. 62 ff.) – Haftpflichtversicherungsschutz in der Person des Schädigers in einigen Fällen erst seine Haftung begründet. In diesen Konstellationen kommt dem Haftungsrecht somit überhaupt keine Präventivfunktion zu. Jedenfalls solange die Steuerungsfunktion des Haftungsrechts durch das Strafrecht (§§ 222, 230 StGB) flankiert wird, wird sich der VN allein deshalb, weil er eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, nicht allzu nachlässig verhalten.112 Problematisch sind somit nur die Fälle, in denen ihm keine über die Verpflichtung zur 59 Kompensation hinausgehende Sanktion droht (z.B. bei Sach- und Vermögensschäden) und zudem keine ausreichende Verhaltenssteuerung im Versicherungsverhältnis stattfindet, weil es an Anreizen zur Schadensvermeidung z.B. durch Selbstbehalte, Ausschlüsse, Obliegenheiten fehlt.113 Hier hat der Gesetzgeber im Bereich der Haftung von AG-Vorstandsmitgliedern gegenüber ihrer Gesellschaft ein Defizit zu erkennen geglaubt und sich dazu veranlasst gesehen, einen Pflichtselbstbehalt in der D&O-Versicherung gesetzlich zu verankern (§ 93 Abs. 2 S. 3 AktG), weil dieser „verhaltenssteuernde Wirkung“ habe. Die Haftung mit dem Privatvermögen, so der Gesetzgeber, wirke Pflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern präventiv entgegen.114 Ob dieses Ziel mithilfe des Selbstbehalts erreicht werden kann, ist jedoch zweifelhaft, weil es den Vorstandsmitgliedern möglich ist, den Pflichtselbstbehalt selbstständig zu versichern.115 Die Neuregelung ist deshalb zu Recht in der Literatur auf Ablehnung gestoßen.116
58
110
111
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Steuerungsfunktion des Haftungsrechts MüKo-BGB/Wagner Vorb. §§ 823 ff. Rn. 41. Vgl. Makowsky 80 f.; Looschelders VersR 1996 529, 537; Berliner Kommentar/Baumann Vorbem. §§ 149–158k Rn. 73; Katzenmeier VersR 2002 1449, 1455; MAH/Terbille § 1 Rn. 9 und Rn. 11; Bamberger/Roth/Spindler § 823 Rn. 0.8. Hierzu MüKo-BGB/Oetker § 249 Rn. 10 ff.; Soergel/Mertens Vor § 249 Rn. 9; jurisPK/ Rüßmann Rn. 17 ff.; Baumann Der Regress
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7 ff.; Katzenmeier VersR 2002 1449 ff.; Brüggemeier AcP 182 (1982) 385 ff.; K. Sieg VersR 1980 1085 ff. Looschelders VersR 1996 529, 537. Vgl. MAH/Terbille § 1 Rn. 9 und Rn. 11. BTDrucks. 16/13433 S. 17. Hierzu Lange RuS 2010 92 ff.; Lattwein/ Dettler VW 2010 1352 ff. Vgl. R. Koch AG 2009 637 ff.; Harzenetter DStR 2010 653, 658; Olbrich/Kassing BB 2009 1659, 1962; Thüsing/Traut NZA 2010 140, 142 f.
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Vorbemerkung
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I. Interdependenzen von Haftung und Haftpflichtversicherung I. Grundsatz: Dichotomie zwischen Haftung und Deckung Der Anspruch des VN auf Haftpflichtversicherungsschutz entsteht, wenn er von 60 einem Dritten für einen (behaupteten) Schaden verantwortlich gemacht wird, der in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt (§ 100 Rn. 29 ff.). Ist der Haftpflichtanspruch des Dritten begründet, muss der VR den VN nach § 100 freistellen. Die Pflicht des VR zur Freistellung knüpft insoweit gleichsam akzessorisch an die ihr vorgelagerte Haftpflicht des VN an („Deckung folgt Haftung“).117 Aus dieser Dichotomie zwischen Haftung und Deckung wird das (materielle) Trennungsprinzip hergeleitet, demzufolge sich die Versicherung nach der Haftung und nicht umgekehrt die Haftung nach der Versicherung richtet.118 Es kommt deshalb für Grund und Höhe eines Haftpflichtanspruchs nicht darauf an, ob der Schädiger über Versicherungsschutz verfügt.119 Diese Dichotomie wird freilich zwangsläufig in den Fällen durchbrochen, in denen das für die Haftpflichtigkeit des VN maßgebliche Haftungsrecht als Vorfrage daran anknüpft, ob der Schädiger Haftpflichtversicherungsschutz genießt.120 Hier kann Haftpflichtversicherungsschutz haftungsbegründende, -ausfüllende und -begrenzende Wirkung entfalten.121 Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Versicherbarkeit eines Risikos Auswirkungen auf die Haftung des Grundes und der Höhe nach hat. Entgegen Littbarski handelt es nicht um eine unzulässige Vermengung von Haftung 61 und Versicherung,122 weil das dem allgemeinen Bürgerlichen Recht entspringende Haftungsrecht selbstverständlich nicht dem von der Rechtsprechung aus dem Haftpflichtversicherungsrecht entwickelten Trennungsgrundsatz folgen muss. Soweit das Haftungsrecht die Berücksichtigung wirtschaftlicher Verhältnisse zulässt oder sogar fordert, ist deshalb auch der Bestand von Haftpflichtversicherungsschutz zu berücksichtigen,123 mag hierdurch auch die Abwicklung von Schadensersatzansprüchen zusätzlich belastet werden.124 Geht es um die Frage der haftungsbegründenden und -ausfüllenden Wirkung von Haftpflichtversicherungsschutz, bietet sich als Ausweg sowohl für den VN als auch für den Geschädigten die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Geschädigten an, weil Haftung und Deckung dann vor ein und demselben Gericht im Rahmen des Verfahrens gegen den VR festgestellt werden.
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Vgl. Seybold/Wendt VersR 2009 455, 461; Schirmer Zwangshaftpflichtversicherung für Kinder?, DAR 2004 509. BGH 27.10.2009 RuS 2010 33, 34: „Das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes vermag das fehlende Verschulden des Beklagten nicht zu ersetzen“. Armbrüster RuS 2010 441, 442; HarsdorfGebhardt RuS 2012 162, 262, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr. des RG und des BGH.
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Vgl. Schlöpke 62 f., 70 f.; Makowsky 165 ff. Vgl. Makowsky 148 ff. Langheid/Wandt/Littbarski Vorbemerkungen zu den §§ 100–124 Rn. 138 ff.; Littbarski VersR 2004 950, 954. Vgl. BGH 6.7.1955 BGHZ 18 149, 165 f. = NJW 1955 1675; BGH 18.12.1979 BGHZ 76 279, 286 f. = NJW 1980 1623; MüKoBGB/Wagner § 829 Rn. 21. Vgl. Seybold/Wendt VersR 2009 455, 463 f.
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II. Haftungsbegründende Wirkung von Haftpflichtversicherungsschutz 1. Billigkeitshaftung (§ 829 BGB)
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Bei der Billigkeitshaftung nach § 829 BGB geht es um die Frage, ob und ggf. wie eine zugunsten eines aufgrund der §§ 827, 828 BGB deliktisch nicht verantwortlichen Schädigers abgeschlossene Haftpflichtversicherung in die Billigkeitserwägungen einzustellen ist. Die Rechtsprechung differenziert zwischen freiwilliger Haftpflichtversicherung und obligatorischer Kfz-Haftpflichtversicherung. Nach Ansicht des BGH 125 rechtfertigt die besondere Zweckbestimmung der Kfz-Haftpflichtversicherung, „dem Geschädigten auch im Rahmen des § 829 BGB einen bestehenden Versicherungsschutz des Schädigers schon für das ,Ob‘ des Anspruchs zugute kommen zu lassen“. Dem stehe nicht entgegen, dass damit das Trennungsprinzip, wonach die Eintrittspflicht des VR dem Anspruch folge und nicht umgekehrt, durchbrochen werde. Für den besonderen Anspruch des § 829 BGB müsse sich der auf den Opferschutz gerichtete Zweck der Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber diesem Prinzip durchsetzen.126 Allerdings könne das Bestehen einer Kfz-Haftpflichtversicherung nie allein den Anspruch aus § 829 BGB begründen, vielmehr müssten die gesamten Umstände des Einzelfalls den Ausgleich erfordern.127 Auch dürfe in das Vermögen des Schädigers nicht die volle Deckungssumme eingerechnet werden.128 Gleiches dürfte für andere Zweige der obligatorischen Haftpflichtversicherung gelten, wenn die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 für eine direkte Inanspruchnahme des VR gegeben sind.129 63 Für den Bereich der freiwilligen Haftpflichtversicherung wirkt die Tatsache, dass der Schädiger über den Schutz einer Haftpflichtversicherung verfügt, hingegen niemals haftungsbegründend130, sondern kann lediglich – auf der Ebene der Haftungsausfüllung – Anlass zu einer Korrektur hinsichtlich der Höhe des zu zahlenden Betrages geben.131 64 Der VR muss tatsächlich eintrittspflichtig sein. Allein der Abschluss eines Versicherungsvertrages für das in Rede stehende Risiko genügt nicht. Soweit also in der KfzHaftpflichtversicherung Ausschlüsse eingreifen oder der VR wegen Verletzung einer vor Eintritt des Versicherungsfalls zu beachtenden Obliegenheit – bei der Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber dem VN (vgl. § 117 Abs. 1) – vollständig leistungsfrei ist, ist die Haftpflichtversicherung nicht in die Billigkeitserwägungen einzustellen. Lediglich in den Fällen, in denen der VR wegen einer nach Eintritt des Versicherungsfalls begangenen Obliegenheitsverletzung (teilweise) leistungsfrei ist, entspricht die Berücksichtigung der (Kfz-)Haftpflichtversicherung der Billigkeit.
125 126 127 128 129
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BGH 11.10.1994 BGHZ 127 186, 192 = VersR 1995 96. BGH 11.10.1994 BGHZ 127 186, 191 f. = VersR 1995 96. BGH 11.10.1994 BGHZ 127 186, 191 f. = VersR 1995 96. BGH 11.10.1994 BGHZ 127 186, 191 f. = VersR 1995 96. Weiter gehend Staudinger/Oechsler § 829 Rn. 49: alle Berufshaftpflichtversicherungen, die dem Schutz der Geschädigten dienen.
130
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BGH 11.10.1994 BGHZ 127 186, 191 = VersR 1995 96; Armbrüster NJW 2009 187, 188; Seybold/Wendt VersR 2009 455, 459. BGH 18.12.1979 BGHZ 76 279, 286 f. = NJW 1980 1623, 1625; BGH 24.4.1979 VersR 1979 645; OLG Frankfurt/M. 16.8.2000 OLGR 2001 18; OLG Köln 8.12.1999 OLGR 2000 293, 294; OLG Düsseldorf 18.7.1997 NJW-RR 1998 98, 99; LG Dortmund 2.5.1995 zfs 1995 366.
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2. Wegfall der Haftungsfreistellung des Arbeitnehmers bei Schäden infolge betrieblich veranlasster Tätigkeit Lässt die Rechtsprechung das Bestehen einer Kfz-Haftpflichtversicherung für sich 65 allein nicht genügen, um den Anspruch aus § 829 BGB zu begründen, so geht der BGH bei der Arbeitnehmerhaftung einen Schritt weiter. Danach entfällt die Haftungsfreistellung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bei betrieblich veranlassten Arbeiten für leicht fahrlässig verursachte Schäden, wenn und soweit der Arbeitnehmer in den Schutzbereich der Kfz-Haftpflichtversicherung einbezogen ist. Damit, so der BGH, wird „der allgemeine Grundsatz, daß sich die Versicherung nach der Haftung und nicht umgekehrt die Haftung nach der Versicherung zu richten habe, nicht aufgegeben … Eine Durchbrechung ist jedoch in den Fällen gerechtfertigt, in denen der Arbeitnehmer als Kraftfahrer gemäß § 1 PflVG [a.F.] in den Schutzbereich einer Pflichtversicherung einbezogen ist, denn in einem solchen Fall entfällt der für die Haftungsfreistellung des Arbeitnehmers bei gefahrgeneigter Arbeit maßgebliche Grund mit der Folge, daß die allgemeinen Haftungsregeln für eine schuldhafte Schädigung wieder zum Tragen kommen.“132
Gleiches dürfte für andere Zweige der obligatorischen Haftpflichtversicherung gelten, soweit der Arbeitnehmer in den Schutzbereich der Versicherung einbezogen ist. Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um einen Versicherten i.S.v. §§ 2, 3 oder 6 SGB 66 VII, kommt diese Rechtsprechung nach Aufhebung von § 637 RVO nur noch bei Sachschäden zum Tragen, da § 105 SGB VII den Betriebsangehörigen, der seinen Arbeitgeber verletzt, grundsätzlich von der Haftung freistellt.133 Nach § 637 RVO erfolgte eine Freistellung selbst dann nicht, wenn der Unternehmer kraft Gesetzes gegen Arbeitsunfälle versichert war.134 Im Übrigen entfällt auch hier die Haftungsfreistellung nur, wenn der Kfz-VR tatsächlich eintrittspflichtig ist. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer über den Schutz einer (freiwilligen) Privathaft- 67 pflichtversicherung verfügt, wirkt nicht haftungsbegründend.135 3. Wegfall des Haftungsausschlusses bei leichter Fahrlässigkeit Haftungsbegründend wirkt Haftpflichtversicherungsschutz bei leicht fahrlässig herbei- 68 geführten Schäden im Rahmen von sportlichen Wettbewerben (z.B. beim Motorsport136, bei Gesellschaftsjagden137) sowie im Rahmen von Gefahrgemeinschaften138 oder Gefälligkeitsverhältnissen (Übernahme einer Autofahrt, Nachbarschaftshilfe, sonstige Freundschaftsdienste wie Hilfe beim Umzug, Zurverfügungstellung eines Pferds zum Reiten)139.
132
133 134 135 136
BGH 3.12.1991 BGHZ 116 200, 209 = RuS 1992 185; vgl. auch BGH 8.12.1971 VersR 1972 166, 167; BAG 28.10.2010 NJW 2011 1096, 1098; BAG 25.9.1997 NZA 1998 310, 311; OLG Hamm 11.11.2011 RuS 2012 284, 287; OLG Koblenz 14.3.2011 BeckRS 2011 05944. Vgl. Kassler Kommentar/Ricke § 105 SGB VII Rn. 4. BGH 26.6.1990 RuS 1991 235. Vgl. BGH 26.6.1990 RuS 1991 235. Vgl. BGH 29.1.2008 RuS 2008 256, 257;
137 138 139
BGH 5.3.1963 NJW 1963 1099, 110; OLG Karlsruhe 23.2.2012 VersR 2012 112. BGH 22.10.1958 BeckRS 1958 31197518. Vgl. OLG Stuttgart 7.1.2008 NJOZ 2008 2798, 2799. Vgl. BGH 9.6.1992 NJW 1992 2474, 2475; BGH 15.1.1980 VersR 1980 384, 385; OLG Hamm 14.05.2007 VersR 2008 1219; OLG Frankfurt/M. 18.11.1997 NJW 1998 1232.
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Hier geht die Rechtsprechung zwar von einem Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit aus stillschweigender Vereinbarung oder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aus.140 Bereits das RG hatte in ständiger Rechtsprechung jedoch den Standpunkt vertreten, es sei nicht zu beanstanden, wenn vom Tatrichter angenommen werde, dass das Bestehen einer Haftpflichtversicherung gegen einen stillschweigenden Haftungsausschluss spreche.141 Der BGH hat diese Rechtsprechung übernommen und in seinem Urteil vom 29.1.2008 verdeutlicht, „dass es dort, wo der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist, insb. eine Pflichtversicherung besteht, weder dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht noch dem Willen der Beteiligten entspricht, den Haftpflichtversicherer zu entlasten und dass das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes für den Schädiger in aller Regel gegen eine stillschweigende Haftungsbeschränkung spricht … Unter besonderen Umständen kann das Bestehen einer Pflichtversicherung sogar Grund und Umfang eines Haftungsanspruchs bestimmen … Dass durch die Inanspruchnahme evtl. ein teilweiser Verlust des Schadensfreiheitsrabatts bewirkt wird, vermag die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens nicht zu rechtfertigen, weil dies keine unzumutbare Belastung darstellt“.142
69
In diesem Urteil, dem ein Auffahrunfall während einer motorsportlichen Veranstaltung auf dem Hockenheimring zugrunde lag, hat der BGH festgestellt, dass im Regelfall weder von einem konkludenten Haftungsausschluss ausgegangen noch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen als treuwidrig angesehen werden kann, wenn für die aufgrund des besonderen Gefahrenpotentials einer Sportveranstaltung zu erwartenden bzw. eintretenden Schäden für die Teilnehmer Versicherungsschutz besteht. In seiner Entscheidung vom 27.10.2009143 hat der BGH diese Feststellungen aufgegriffen und dahingehend auf den Punkt gebracht, dass er in seinem Urteil vom 29.1.2008 „dem Bestehen eines Versicherungsschutzes [.] eine anspruchserhaltende Funktion beigemessen [habe]“. Diese Formulierung verwundert, weil es bei der Frage, ob der Schädiger für einfach fahrlässig verursachte Schäden haftet, nicht nur um die Erhaltung, sondern um die Begründung eines Haftpflichtanspruchs geht. Möglicherweise deutet sich eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung an. Freilich kam es in dem Urteil vom 27.10.2009 auf diese Frage auch nicht an, weil der BGH eine Haftung des Schädigers mangels Verschuldens – daran fehlt es, wenn es sich um Verletzungen handelt, die sich ein Sportler bei einem regelgerechten und dem Fairnessgebot entsprechenden Einsatz seines Gegners zuzieht – verneinte.144 Im Unterschied zur Billigkeitshaftung und zum Wegfall der Haftungsfreistellung bei 70 betrieblich veranlasster Tätigkeit wird das Trennungsprinzip bei Haftungsausschlüssen für leicht fahrlässig verursachte Schäden nicht nur bei Bestehen einer obligatorischen Haftpflichtversicherung durchbrochen. Haftungsbegründend wirkt auch die freiwillige Haftpflichtversicherung, wie die Bezugnahme des BGH in seinem Urteil vom 29.1.2008
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28
S. nur BGH 15.01.1980 VersR 1980 384, 385; OLG Saarbrücken 2.8.2010 NJW-RR 2011 109; OLG Hamm 14.05.2007 VersR 2008 1219; OLG Frankfurt/M. 18.11.1997 NJW 1998 1232. S. Nachweise Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 72. BGH 29.1.2008 RuS 2008 256, 257; vgl. auch BGH 27.10.2009 RuS 2010 33, 34;
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BGH 13.7.1993 RuS 1993 363, 364 = VersR 1993 1092; BGH 9.5.1992 RuS 1992 373 = VersR 1992 1145; BGH 15.1.1980 VersR 1980 384, 385; BGH 10.7.1974 BGHZ 63 51, 59; BGH 26.10.1965 VersR 1966 40, 41; BGH 5.3.1963 BGHZ 39 156, 158. BGH 27.10.2009 RuS 2010 33. BGH 27.10.2009 RuS 2010 33.
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auf Entscheidungen zeigt, bei denen der Schädiger freiwillig haftpflichtversichert war.145 Die Einbeziehung der freiwilligen Haftpflichtversicherung rechtfertigt sich aus der Herleitung des Ausschlusses der Haftung bei leichter Fahrlässigkeit aus stillschweigender Vereinbarung oder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung. Beide Rechtskonstruktionen lassen Raum für die Annahme, dass die Beteiligten im Fall des Bestehens sowohl einer obligatorischen als auch einer freiwilligen Haftpflichtversicherung nicht auf ihre Ansprüche bei nur leichter Fahrlässigkeit verzichtet haben (stillschweigender Haftungsausschluss) bzw. sich auf ein entsprechendes Ansinnen billigerweise nicht hätten einlassen müssen (ergänzende Vertragsauslegung). Weiterhin bleibt Raum für die Annahme, dass im Umfang eines vereinbarten Selbstbehalts, bei ausgeschöpfter Versicherungssumme oder Eingreifen eines Risikoausschlusses ein Haftungsausschluss anzunehmen ist. Gleiches gilt, wenn der VN oder der VR den Versicherungsvertrag vor Eintritt des Versicherungsfalls kündigen. Lediglich in den Fällen, in denen der VR wegen einer nach Eintritt des Versicherungsfalls begangenen Obliegenheitsverletzung (teilweise) leistungsfrei ist, besteht kein Anlass, den VN durch einen Haftungsausschluss zu begünstigen.146 4. Kein Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 104 SGB VII Keinen Einfluss hat die Haftpflichtversicherung auf den Haftungsausschluss gem. 71 § 104 Abs. 1 SGB VII. Nach dieser Vorschrift sind Unternehmer den in ihren Unternehmen tätigen Versicherten nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, der auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen ist, nur dann verpflichtet, wenn sie den Unfall vorsätzlich herbeigeführt haben oder wenn der Arbeitsunfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist. Das Bestehen einer (Kfz-)Haftpflichtversicherung ändert daran nichts.147 Unternehmer i.S.d. SGB VII ist nach § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Soweit der Ausschluss gem. § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII nicht eingreift, kann der 72 Sozialversicherungsträger bei der Entscheidung, ob er beim Unternehmer Rückgriff nach § 110 Abs. 1 SGB VII nimmt, etwaigen Haftpflichtversicherungsschutz im Rahmen des ihm gem. § 110 Abs. 2 SGB VII eingeräumten billigen Ermessens berücksichtigen, das sich an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners zu orientieren hat.148 5. Unwirksamkeit von Haftungsfreizeichnungsklauseln Haftungsbegründende Wirkung kommt einer bestehenden Haftpflichtversicherung auch 73 in den Fällen zu, in denen ein formularvertraglich vereinbarter Haftungsausschluss für Sach- und Vermögensschäden wegen der Existenz der Versicherung unwirksam ist. Insoweit ist der Hinweis geboten, dass die Rechtsprechung die Angemessenheit eines solchen
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146 147
BGH 9.6.1992 RuS 1992 373 – Tierhalterhaftpflichtversicherung; OLG München 16.6.2010 RuS 2010 390; OLG Stuttgart 8.5.2008 RuS 2008 304, 306. Vgl. Armbrüster NJW 2009 187. BAG 14.12.2000 VersR 2001 720; BAG 18.1.1966 VersR 1966 881, 883; BGH 29.1.1963 NJW 1963 654, 655 f.; OLG
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Koblenz 20.2.2003 NJW 2003 2100, 2104 f. = VersR 2003 658; Berliner Kommentar/ Baumann Vorbem. §§ 149–158k Rn. 43. BGH 28.9.1971 NJW 1972 107, 110; Berliner Kommentar/Baumann Vorbem. §§ 149–158k Rn. 43; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter §§ 100 bis 112 Rn. 14.
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Ausschlusses u.a. danach beurteilt, ob die Risiken besser vom Verwender solcher Klauseln (im Rahmen einer Haftpflichtversicherung) oder von seinem Vertragspartner (im Rahmen einer Sachversicherung) unter Versicherungsschutz gebracht werden können oder typischerweise gebracht werden.149 Im erstgenannten Fall hat die Rechtsprechung die Freizeichnungsklausel für unwirksam nach § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 2 BGB gehalten.150 Dies muss erst recht für den Fall gelten, dass der Verwender tatsächlich eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat.151 6. Verschärfung des gesetzlichen Haftungsmaßstabs
74
Die Existenz von Haftpflichtversicherungsschutz kann zum Wegfall einer gesetzlichen Haftungsprivilegierung führen und insoweit die Haftung des an sich privilegierten Schädigers begründen. So hat der BGH die Haftungserleichterung nach § 1359 BGB auf die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten (§ 277 BGB) im Bereich der Verkehrsunfälle u.a. mit der Begründung für unanwendbar erklärt, es „wäre [.] unangebracht, wenn bei Schädigungen im außerhäuslichen Bereich der Haftpflichtversicherer, sofern die für Schädigungen unter Eheleuten geltenden Ausschlussklauseln nicht eingreifen, unter Berufung auf § 1359 BGB die Gewährung des Versicherungsschutzes ablehnen könnte“.152 Nach Ansicht des OLG Hamm muss Gleiches für die Parallelnorm des § 1664 BGB bezüglich des Verhältnisses von Eltern zu ihren Kindern gelten.153 Mittlerweile stellt die Rechtsprechung bei der Anwendung von § 1359 BGB jedoch 75 nicht mehr auf die Existenz von Haftpflichtversicherungsschutz ab, um die gesetzliche Haftungsprivilegierung zu Fall zu bringen.154 Vielmehr hebt sie bei Schäden im außerhäuslichen Bereich darauf ab, ob im konkreten Fall Spielraum für individuelle Sorgfalt bestand.155 Hinzu kommt, dass seit der Reform des Schadensersatzrechts von 2002 auch unentgeltlich beförderte Mitfahrer einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch haben (§ 8a StVG). Dagegen ist die Frage umstritten, ob der Haftungsmaßstab der §§ 1664, 277 BGB auch dann Anwendung findet, wenn es nicht nur um die Verletzung rein familienrechtlich begründeter Sorgfaltspflichten geht, sondern zugleich um die Verletzung (allgemeiner) deliktischer Verhaltenspflichten, insbesondere bei der Teilnahme am Straßenverkehr.156 Der BGH hat diese Frage bislang offen gelassen.157 Nach Ansicht des OLG Bamberg ist der Haftungsmaßstab des § 1664 BGB anzuwen76 den, wenn die Eltern ihr Kind nicht als Kraftfahrer unter Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften schädigen.158 Dies entspricht der Linie des BGH, der eine Privilegierung nicht nur nach § 1359 BGB, sondern auch nach § 708 BGB für den Bereich des Straßenver-
149 150
151 152
153
30
BGH 1.4.1992 NJW 1992 1761, 1762. BGH 24.10.2001 BGHZ 149 89, 99 = NJW 2002 673; KG 14.11.1990 NJW-RR 1991 698, 699; Hans. OLG Hamburg 10.2.1984 DAR 1984 260, 262; Stoffels/Lohmann VersR 2003 1343, 1345 f. Vgl. auch Armbrüster RuS 2010 441, 442. BGH 11.3.1970 BGHZ 53 352, 355 = NJW 1970 1271; vgl. auch BGH 10.7.1974 NJW 1974 2124, 2126. OLG Hamm 20.1.1992 NJW 1993 542, 543.
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157
158
Vgl. BGH NJW 2009 1875, 1876. Vgl. BGH NJW 2009 1875, 1876. Grundsätzlich ablehnend OLG Karlsruhe 3.5.2012 NZV 2012 443 f.; OLG Saarbrücken 20.11.2001 NZV 2002 511; OLG Hamm 17.8.1993 RuS 1994 15, 16. BGH 15.6.2004 BGHZ 159 318, 323 = RuS 2004 390; BGH 1.3.1988 BGHZ 103 338, 346 = NJW 1988 2667; BGH 16.1.1979 NJW 1979 973, 974. OLG Bamberg 14.2.2012 NZV 2012 386.
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Vorbemerkung
Vor §§ 100–112
kehrs159 und des motorbetriebenen Freizeitsports160 ablehnt. Außerhalb dieser Bereiche bleibt das Versicherungsargument jedoch weiterhin relevant. So hindert nach Ansicht von Armbrüster die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB, die Rücksichtnahmepflicht der Kinder nach § 1618a BGB oder die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht den Geschädigten nicht an der Geltendmachung des Anspruchs ohne Haftungsmilderung, wenn ein Haftpflichtversicherer eintrittspflichtig ist.161 7. Vertragliche Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung Hat sich der Geschädigte (Bauherr) dazu verpflichtet, zugunsten des Schädigers 77 (Architekt) eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, und kommt der Geschädigte dieser Verpflichtung nach, liegt kein stillschweigender Ausschluss der Haftung vor, weil anderenfalls die Haftpflichtversicherung sinnlos wäre.162
III. Haftungsausfüllende Wirkung von Haftpflichtversicherungsschutz 1. Billigkeitshaftung (§ 829 BGB) Für den Bereich der freiwilligen Haftpflichtversicherung kann das Bestehen von frei- 78 willigem Haftpflichtversicherungsschutz – wie zuvor ausgeführt (Rn. 63) – Anlass zu einer Korrektur hinsichtlich der Höhe des zu zahlenden Betrages geben.163 2. Kapitalabfindung statt Rente (§ 843 Abs. 3 BGB) Die Existenz von Haftpflichtversicherungsschutz hat auch Auswirkungen auf den An- 79 spruch des Geschädigten auf Kapitalabfindung statt Rente. Einen solchen Anspruch hat der Geschädigte nach § 843 Abs. 3 BGB nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Wichtige Gründe können sowohl in der Sphäre des Ersatzpflichtigen als auch in der Sphäre des Geschädigten gegeben sein. Aus der Sphäre des Schädigers kommen vor allem Zahlungsschwierigkeiten oder eine drohende Insolvenz164 sowie die sachlich begründete Sorge, der Schädiger werde in der Zukunft nicht mehr dazu in der Lage sein, seinen Verpflichtungen zur Rentenzahlung nachzukommen oder sich ihnen durch ständige Umzüge oder einen Wohnsitzwechsel ins Ausland zu entziehen suchen, als wichtiger Grund in Betracht.165 Diese Risiken bestehen nicht, wenn Haftpflichtversicherungsschutz besteht. Deshalb hat die Rechtsprechung einen wichtigen Grund trotz Zahlungsschwierigkeiten des Schädigers nicht angenommen, wenn hinter dem Schädiger eine Versicherungsgesellschaft steht, die zur Regulierung des Versicherungsfalls bereit ist.166 159 160 161 162 163
164
Vgl. auch BGH 20.12.1966 BGHZ 46 313, 317 f. = NJW 1967 558 zu § 708 BGB. BGH 24.03.2009 NJW 2009 1875, 1876. Armbrüster NJW 2009 187, 188; vgl. auch Schirmer DAR 2007 2, 7. BGH 8.12.2005 NZBau 2006 254, 255. BGH 18.12.1979 BGHZ 76 279, 286 f. = NJW 1980 1623, 1625; BGH 24.4.1979 VersR 1979 645. Vgl. RG 21.6.1918 RGZ 93 209, 210; LG Hamburg 26.7.2011 BeckRS 2011 78634.
165
166
Vgl. MüKo-BGB/Wagner § 843 Rn. 77; weiter gehend Schwintowski VersR 2010 140, der die Erforderlichkeit einer Kapitalabfindung zur Disposition des Geschädigten stellen will. RG 21.6.1918 RGZ 93 209, 210; MüKoBGB/Wagner § 843 Rn. 72; Bamberger/ Roth/Spindler § 843 Rn. 32; a.A. OLG Nürnberg 19.12.1967 FamRZ 1968 476, 478.
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Vor §§ 100–112 80
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Ebenso wie bei der Bemessung von Schmerzensgeld (dazu sogleich Rn. 82) spielt bei § 843 Abs. 3 BGB auch das Regulierungsverhalten des VR eine Rolle und kann ein wichtiger Grund für die Zubilligung einer Kapitalabfindung nach § 843 Abs. 3 BGB anstelle einer Rente nach § 843 Abs. 1 BGB sein.167 3. Bemessung immateriellen Schadens (§ 253 BGB)
81
Ein weiteres Beispiel für den Einfluss von Haftpflichtversicherungsschutz auf der Ebene der Haftungsausfüllung bildet die Bemessung des Schmerzensgeldes (§ 253 BGB). Hier ist seit der Entscheidung des Großen Senats des BGH vom 6.7.1955168 fester Auslegungsgrundsatz, dass bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes auch der Umstand zu berücksichtigen ist, dass der Schädiger gegen den VR einen Anspruch auf Freistellung hat, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um eine freiwillige oder obligatorische Haftpflichtversicherung handelt.169 Zu beachten ist jedoch, dass das Bestehen einer Haftpflichtversicherung die Haftung des Schädigers nicht erhöht, sondern nur dazu führt, dass es für die Frage der Leistungsfähigkeit, die bei der Schmerzensgeldzumessung zugunsten des Schädigers berücksichtigt werden kann 170, nicht mehr auf die Vermögensverhältnisse des Schädigers ankommt.171 Das Schädigervermögen wird also nicht durch die Deckungssumme substituiert mit der Folge, dass der VN als „Millionär“ fingiert würde.172 Dies bedeutet, dass das Nichtbestehen von Haftpflichtversicherungsschutz zu einer Reduktion des Schmerzensgeldanspruchs führen kann.173 Nach Ansicht des BGH soll das nicht gelten, wenn der VN den Versicherungsschutz durch eigenes schuldhaftes Verhalten verloren hat.174 Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als es um (teilweise) Leistungsfreiheit des VR wegen einer Verletzung einer Obliegenheit geht, die nach Eintritt des Versicherungsfalls zu beachten ist.175 Ferner ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes das Regulierungsverhalten des VR 82 zu berücksichtigen, das sich der VN analog § 166 BGB zurechnen lassen muss, weil der VR die Regulierung üblicherweise im Namen des VN, in der Kfz-Haftpflichtversicherung darüber hinaus auch im eigenen Namen im Rahmen der ihm durch den Versicherungsvertrag begründeten Geschäftsführungsbefugnis vornimmt.176 Ein zögerliches oder kleinliches Regulierungsverhalten wirkt nach der Rechtsprechung dann schmerzensgelderhöhend, wenn es sich um ein vorwerfbares oder jedenfalls nicht nachvollziehbares
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168 169
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OLG Köln 11.8.2011 BeckRS 2012 02987; vgl. auch LG Coburg 19.1.2011 BeckRS 2011 02789. BGH 6.7.1955 BGHZ 18 149, 165 f. = NJW 1955 1675. Vgl. auch BGH 16.2.1993 NJW 1993 1531, 1532; BGH 01.02.1966 VersR 1966 561; OLG Hamm 01.10.1998 NJW-RR 2000 1193 (Revision nicht angenommen von BGH 27.7.1999 VI ZR 14/99); OLG Köln 5.5.1993 NJW-RR 1993 1498, 1500; OLG Düsseldorf 10.02.1992 NJW-RR 1993 156, 158; OLG Frankfurt/M. 21.3.1990 VersR 1990 1287, 1288; zur hiervon abweichenden Rechtsprechung des RG vgl. Nachweise Voraufl. Bd. IV Anm. B 70.
170 171 172 173 174 175 176
Vgl. BGH 16.2.1993 NJW 1993 1531, 1532. OLG Düsseldorf 25.5.2009 BeckRS 2010 03031. Berliner Kommentar/Baumann Vorbem. §§ 149–158k Rn. 50; Makowsky 254 f. LG Dresden 17.12.2009 BeckRS 2010 00724. BGH 13.11.1962 VersR 1963 185, 187. Krit. auch Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 78. Vgl. BGH 23.1.1991 VersR 1991 462, 463; OLG Frankfurt/M. 7.1.1999 NJW 1999 2447; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter §§ 100 bis 112 Rn. 12.
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Verhalten handelt, das geeignet ist, das gem. § 253 BGB geschützte Interesse des Gläubigers zu beeinträchtigen, etwa weil die Haftung dem Grunde nach unstreitig ist.177 Macht der VR des Schädigers trotz klarer Haftungslage einen Schmerzensgeldanspruch von einem Abfindungsvergleich für sämtliche, auch zukünftige Forderungen abhängig, kann dieses Verhalten ebenfalls zu einer Erhöhung der Bemessung des Schmerzensgeldes führen.178 Gleiches gilt für das Zurückhalten einer Zahlung durch den VR trotz rechtskräftiger Verurteilung des Schädigers.179 4. Mitverschulden (§ 254 BGB) Armbrüster hat als weiteren Anwendungsbereich für die Durchbrechung des Tren- 83 nungsprinzips die mögliche Berücksichtigung von Haftpflichtversicherungsschutz beim Mitverschulden ausgemacht.180 In der Tat würde sich die Existenz von Versicherungsschutz haftungserweiternd für den Schädiger auswirken, wenn ein Mitverschulden des Geschädigten unberücksichtigt bliebe, weil er für einen Teil des Schadens haftete, für den er bei Anrechnung eines Mitverschuldens nicht einstandspflichtig gewesen wäre. Jedoch ist bislang keine Rechtsprechung bekannt, die ein Mitverschulden des Geschädigten unberücksichtigt gelassen hat, weil der Schädiger haftpflichtversichert war. Insbesondere bei Verkehrsunfallschäden, bei denen es über die Anrechnung der Betriebsgefahr regelmäßig zu einer Anspruchskürzung kommt181, wird kein Abzug mit der Begründung vorgenommen, dass dieser nicht dem Schädiger, sondern dessen VR nutze. Gegen eine Mitberücksichtigung von Versicherungsschutz auf Seiten des Schädigers bei der Verschuldensabwägung spricht, dass weder § 254 BGB selbst einen billigen Ausgleich verlangt, noch die Ersatzpflicht auf dem Fehlen eines Verschuldens oder deren Umfang auf der Unwägbarkeit immaterieller Interessen beruht.182
IV. Haftungsbegrenzende Wirkung von Haftpflichtversicherung Eine haftungsbegrenzende Wirkung kommt der Haftpflichtversicherung in den Fäl- 84 len zu, in denen der VN seine Haftung (wirksam) auf die Versicherungssumme begrenzt. Betroffen ist der Bereich der obligatorischen Haftpflichtversicherung. Nach § 51a Abs. 1 Nr. 1 BRAO kann der Rechtsanwalt seine Haftung für fahrlässig verursachte Schäden durch Individualvereinbarung mit dem Mandanten auf die Mindestversiche-
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Vgl. nur OLG Saarbrücken 27.7.2010 NJW 2011 933, 936; OLG Nürnberg 22.12.2006 NZV 2007 301, 303; OLG Rostock 14.6.2002 BeckRS 2009 17810; OLG Naumburg 28.11.2001 NZV 2002 459; OLG Karslruhe 2.12.1972 NJW 1972 814, 815; vgl. auch OLG Köln 27.6.2012 BeckRS 2012 14534; offengelassen von BGH 12.7.2005 RuS 2005 528, 530 bei zögerlichem Regulierungsverhalten; krit. Makowsky 256 ff. Vgl. OLG Naumburg 28.11.2001 NZV 2002 459 (Revision nicht angenommen von BGH 18.6.2002, VI ZR 380/01); LG Berlin 6.12.2005 NJW 2006 702 f.
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180 181
182
Vgl. OLG Naumburg 15.10.2007 NJW-RR 2008 693, 694; OLG Frankfurt/M. 7.1.1999 NJW 1999 2447, 2247 f. Armbrüster NJW 2009 187, 188. Vgl. BGH 13.5.1956 BGHZ 20 259, 262 = NJW 1956 1067; BGH 9.6.1952 BGHZ 6 319, 322 f. = NJW 1952 1015; vgl. auch MüKo-BGB/Oetker § 254 Rn. 114 f. Staudinger/Schiemann § 254 Rn. 112; vgl. auch MüKo-BGB/Oetker § 254 Rn. 116; Bamberger/Roth/Unberath § 254 Rn. 55.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
rungssumme von 250.000 € beschränken. Darüber hinaus wird ihm nach § 51a Abs. 1 Nr. 2 BRAO die Möglichkeit eingeräumt, durch AGB die Haftung für einfache Fahrlässigkeit auf 1 Mio. € zu beschränken, soweit Versicherungsschutz in dieser Höhe besteht. Entsprechende Regelungen gelten für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (§ 67a StBerG, § 54a WPO), deren jeweilige Nr. 2 sogar grobe Fahrlässigkeit einschließt. Nach § 7 BewachVO darf der Bewachungsgewerbetreibende seine Haftung aus der Bewachungstätigkeit, soweit dies aufgrund anderer Rechtsvorschriften zulässig ist – m.a.W. in den Grenzen der §§ 307 ff. (ggf. i.V.m. § 310 Abs. 1 S. 2) BGB und des § 276 Abs. 3 BGB –, bis zur Mindesthöhe der Versicherungssumme beschränken. Diese beläuft sich nach § 6 Abs. 1 S. 1 BewachVO für Sachschäden auf 250.000 €, für das Abhandenkommen bewachter Sachen auf 15.000 € und für reine Vermögensschäden auf 12.500 €.
V. Auswirkungen der Versicherbarkeit eines Haftpflichtrisikos auf die Haftung 85
Bei der Behandlung der Wirksamkeit von Haftungsfreizeichnungsklauseln ist die Versicherbarkeit des Haftpflichtrisikos durch den Schädiger als Abwägungsgesichtspunkt bei der Angemessenheitsprüfung angesprochen worden (Rn. 73). In den nachstehend aufgezeigten Fallgruppen hat die Rechtsprechung haftungsrechtliche Konsequenzen aus der Versicherbarkeit des Haftpflichtrisikos durch den Geschädigten gezogen. 1. Haftungsausschluss des Kfz-Probefahrenden
86
Die eine Fallgruppe betrifft die Haftung des Probefahrenden für fahrlässig verursachte Sachschäden an dem Kfz des Kfz-Händlers183 oder eines privaten Eigentümers, für den der Kfz-Händler als Vermittler auftritt184, sowie den Ersatz eines fahrlässig herbeigeführten Personenschadens, den der Kfz-Händler während der Probefahrt erleidet.185 Der BGH bejahte in diesen Fällen einen stillschweigenden Haftungsausschluss wegen des erhöhten Unfallrisikos bei Probefahrten, das der Probefahrende praktisch nicht, der KfzHändler jedoch ohne Weiteres versichern könne, sowie schließlich wegen des geschäftlichen Interesses des Kfz-Händlers an der Probefahrt.186 Das OLG Düsseldorf hält diesen dogmatischen Ansatz für verfehlt und begründet die 87 Enthaftung des Probefahrenden damit, dass bei dem Kaufinteressenten ein Vertrauenstatbestand dahingehend erweckt werde, der mit den spezifischen Risiken ständig konfrontierte und über entsprechende Erfahrungen verfügende gewerbsmäßige Verkäufer habe sich gegen derartige Risiken abgesichert. Verlange ein Verkäufer für einen bei einer Probefahrt leicht fahrlässig verursachten Schaden Ersatz, der in Zusammenhang mit den einer Probefahrt eigentümlichen Gefahren stehe, verstoße er gegen § 242 BGB (venire
183 184
185
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BGH 7.6.1972 NJW 1972 1363 f. BGH 10.1.1979 NJW 1979 643, 644; vgl. auch OLG Koblenz 13.1.2003 NJW-RR 2003 1185, 1186; OLG Hamm 17.12.1999 NVersZ 2000 385. BGH 18.12.1979 NJW 1980 1681, 1682; für Personenschäden des Halters durch
186
einen berechtigten Fahrer besteht mittlerweile Schutz der Kfz-Haftpflichtversicherung, nicht dagegen für Sach- und Vermögensschäden, vgl. A. 1.5.6 AKB 2008. BGH 18.12.1979 NJW 1980 1681, 1682; BGH 10.1.1979 NJW 1979 643, 644.
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contra factum proprium).187 Teile der Literatur wollen die Problematik über eine entsprechende Anwendung des § 254 BGB im Rahmen des Mitverschuldens lösen.188 Abgelehnt hat die Rechtsprechung die Annahme eines stillschweigenden Haftungsaus- 88 schlusses bei einer Probefahrt mit dem Kfz eines privaten Halters, das dieser zum Verkauf angeboten hat.189 Zur Begründung wird auf die andersartige Interessen- und Risikolage zwischen privatem Verkäufer und privatem Käufer hingewiesen; insbesondere sei für den Gesichtspunkt der leichteren Versicherbarkeit des Verkäuferrisikos kein Raum.190 2. Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung Im Rahmen der Arbeitnehmerhaftung misst die Rechtsprechung bei der im Rahmen 89 der entsprechenden Anwendung von § 254 BGB vorzunehmenden Abwägung der Gesamtumstände neben dem Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Verschuldens insbesondere einem vom Arbeitgeber einkalkulierten oder durch Versicherung abdeckbaren Risiko besondere Bedeutung zu.191 Nach Ansicht des BAG ist ein durch das schädigende Ereignis eingetretener Vermögensverlust umso mehr dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers zuzurechnen, als dieser einkalkuliert oder durch Versicherungen – ohne Rückgriffsmöglichkeit gegen den Arbeitnehmer – abdeckbar ist.192 Diese Voraussetzungen sind bei einer Betriebshaftpflichtversicherung gegeben, bei der nicht nur die gesetzlichen Vertreter des VN mitversichert sind, sondern auch sämtliche Arbeitnehmer für Schäden, die sie in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtungen verursachen (vgl. § 102 Rn. 20). Soweit das eingetretene Schadensrisiko durch eine Betriebshaftpflichtversicherung ab- 90 deckbar ist, haftet der Arbeitnehmer, der den Schaden beim Dritten mit mittlerer Fahrlässigkeit verursacht hat, im Innenverhältnis gegenüber seinem Arbeitgeber deshalb nur bis zur Höhe eines vereinbarten Selbstbehalts, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitgeber tatsächlich eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Wird der Arbeitnehmer von dem Geschädigten auf Schadensersatz in Anspruch genommen, muss der Arbeitgeber ihn von seiner Verpflichtung gegenüber dem Geschädigten in Höhe des über den vereinbarten Selbstbehalt hinausgehenden Betrags freistellen.193 Hat der Arbeitnehmer bereits den Schaden ersetzt, so wandelt er sich in einen Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber um.194 Da nach den Grundsätzen des innerbetrieb-
187
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189 190
OLG Düsseldorf 9.6.1976 VersR 1978 156, 157; Fuchs AcP 191 (1991) 318, 342; Jox NZV 1990 53, 55. MüKo-BGB/Emmerich § 311 Rn. 67; Lange Schadensersatz 2. Aufl. (1990) § 10 XVI 2, S. 652; Ströfer NJW 1979 2553, 2554 Anm. zu BGH 10.1.1979 NJW 1979 643; Schmid JR 1980 139; Makowsky 272 ff. OLG Köln 20.11.1995 NJW 1996 1288, 1289. OLG Köln 20.11.1995 NJW 1996 1288, 1289; OLG Zweibrücken 27.4.1990 NZV 1990 466; bei einer bestehenden Vollkaskoversicherung greift freilich ein Regressverzicht des VR zugunsten des fahrlässig handelnden Probefahrenden ein, vgl. A. 2.15 AKB 2008.
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192 193
194
Vgl. BAG 18.1.2007 NZA 2007 1230, 1235; BAG 27.1.2000 NZA 2000 727, 729; BAG 12.11.1998 NZA 1999 263, 264; LAG Köln 7.5.1992 NZA 1992 1032 ff.; LAG Bremen 26.7.1999 NZA-RR 2000 126, 127; s. auch Hübsch BB 1998 690, 691; v. Bar AcP 181 (1981) 289, 322. BAG 18.1.2007 NZA 2007 1230, 1235. Vgl. allgemein zum Anspruch auf Freistellung BGH 14.11.2002 NJW 2003 578, 580; BAG 14.12.1995 NJW 1996 1301, 1302; BAG 23.6.1988 NZA 1989 181, 182; BAG 5.12.1969 NJW 1970 775. ErfK/Preis 13. Aufl. (2013) § 619a BGB Rn. 26.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
lichen Schadensausgleichs eine Entlastung selbst bei grober Fahrlässigkeit nicht völlig ausgeschlossen ist195, kommt auch bei diesem Verschuldensgrad eine Beschränkung der Haftung im Innenverhältnis auf einen vereinbarten Selbstbehalt in Betracht. 3. Folgerungen
91
Ungeachtet der unterschiedlichen dogmatischen Ansätze lassen sich die Voraussetzungen, unter denen sowohl die zivilgerichtliche als auch die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung die Versicherbarkeit des Haftpflichtrisikos auf Seiten des Geschädigten bei der Haftung(sbeschränkung) zugunsten des Schädigers berücksichtigt hat, wie folgt verallgemeinerungsfähig, d.h. nicht beschränkt auf die soeben behandelten Fallgruppen, zusammenfassen. Es muss sich erstens um typische Haftpflichtrisiken im Rahmen eines (vorvertraglichen) Schuldverhältnisses zwischen einem Unternehmer (auch Arbeitgeber) und einem Verbraucher (auch Arbeitnehmer) handeln. Bei sozialen Kontakten im Rahmen von Gefälligkeitsverhältnissen spielt die Versicherbarkeit keine Rolle.196 Diese Risiken dürfen zweitens nur durch den Geschädigten, nicht jedoch durch den Schädiger versicherbar sein. Allein der Umstand, dass eine Selbstversicherung des Geschädigten „praktikabler oder billiger oder gerechter“ ist, dürfte nicht genügen.197 Drittens muss die Haftpflichtversicherung üblich und zumutbar sein, wovon nicht nur bei Industrie-, Gewerbe-, Handels- und Landwirtschaftsbetrieben ausgegangen werden kann, sondern auch bei Berufsgruppen, bei denen ein großes Schadens-/Haftungspotential besteht (z.B. Ingenieure, Architekten, Ärzte, auch Hebammen).
J. Trennungsprinzip I. Materielles und prozessuales Trennungsprinzip 92
Das bereits vom RG 198 anerkannte und vom BGH 199 übernommene versicherungsrechtliche Trennungsprinzip fußt darauf, dass der geschädigte Dritte – soweit nicht die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 vorliegen – originär keinen direkten Anspruch gegen den VR hat und erst auf dem Umweg über die erfolgreiche Inanspruchnahme des VN und die daran anschließende Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs des VN Zahlung vom VR verlangen kann (zur Rechtsstellung des Dritten s. Rn. 101 ff.). Das macht eine zweistufige Prüfung der Eintrittspflicht des VR erforderlich.200 Zunächst bedarf es der Feststellung, ob der VN dem geschädigten Dritten gegenüber haftet. Anschließend erfolgt die Prüfung, ob der VR dem VN Schutz für dessen zuvor im Haftungsverhältnis ermittelte Zahlungspflicht zu gewähren hat. Dabei gilt –
195 196 197 198
36
Vgl. nur BAG 28.10.2010 NZA 2011 345. Vgl. Armbrüster NJW 2009 187, 190. So aber v. Bar AcP 181 (1981) 289, 327; Fuchs AcP 191 (1991) 318, 342. Erstmals RG 22.3.1904 VA 1904 180 Nr. 85; RG 27.4.1926 RGZ 113 286, 290; RG 15.3.1932 RGZ 135 368, 369; RG 16.6.1933 RGZ 141 185, 187; RG 22.9.1933 RGZ 141 410, 414; RG 2.8.1935 RGZ 148 282, 285; RG 23.4.1937 RGZ 154 340, 341.
199
200
BGH 18.5.2011 RuS 2011 430, 431; BGH 8.12.2010 RuS 2011 66 = VersR 2011 203, 150; BGH 24.1.2007 RuS 2007 241, 242 = VersR 2007 641; BGH 28.9.2005 RuS 2006 149 = VersR 2006 106; BGH 18.2.2004 RuS 2004 232, 233 = VersR 2004 590; BGH 20.6.2001 RuS 2001 408, 409 = VersR 2001 1103; jeweils m.w.N. Vgl. Stiefel/Maier Vorbemerkung (vor § 113 VVG) Rn. 16.
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Vorbemerkung
Vor §§ 100–112
abgesehen von dem soeben erörterten Ausnahmen – der Grundsatz, dass sich die Versicherung nach der Haftung und nicht umgekehrt die Haftung nach der Versicherung richtet. Diese Trennung zwischen Haftung und Deckung findet ihr prozessuales Gegenstück 93 darin, dass die Frage der Haftpflicht des VN gegenüber dem Geschädigten und die der versicherungsrechtlichen Deckungspflicht des VR gegenüber dem VN grundsätzlich in getrennten Prozessen zu klären sind.201 Zum Wesen des Haftpflichtversicherungsschutzes gehört – wie nunmehr in § 100 positiv-rechtlich geregelt – gerade auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche durch den VR. Da der VN einen fälligen Anspruch auf Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz deshalb bereits dann hat, wenn der vom Dritten geltend gemachte Anspruch in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt, kommt dem prozessualen Trennungsprinzip im Verhältnis zum materiellen Trennungsprinzip versicherungsrechtlich die weitaus größere Bedeutung zu und soll deshalb im Fokus der nachstehenden Betrachtung stehen. Ergänzt – und nicht etwa durchbrochen202 – wird das Trennungsprinzip durch die 94 Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden.203 Die Bindungswirkung ist zudem nach § 106 Voraussetzung für die Fälligkeit des Freistellungsanspruchs des VN. Zu Begriff und Umfang der Bindungswirkung s. die Kommentierung zu § 106 Rn. 12 ff. Der Trennungsgrundsatz gilt auch in den Fällen, in denen in Bezug auf die zwischen den Parteien des Haftpflichtversicherungsprozesses strittigen Punkte keine Identität zwischen den Voraussetzungen des Haftpflichtanspruchs und des Versicherungsanspruchs besteht, sog. Voraussetzungsidentität. Auch in dieser Konstellation ist der VR zur Anspruchsabwehr verpflichtet (§ 100 Rn. 41).
II. Trennungsprinzip im vorweggenommenen Deckungsprozess Aus dem Trennungsprinzip folgt, dass in denjenigen Fällen, in denen der Schadens- 95 ersatzanspruch des Dritten (u.a.) auf ein Ereignis gestützt wird, das in den Schutzbereich des Vertrages fällt, im Deckungsprozess nicht nachgeprüft werden darf, ob dieses Ereignis tatsächlich stattgefunden hat oder nicht. Anderenfalls bestünde die Gefahr divergierender Entscheidungen, etwa wenn später im Haftpflichtprozess der Anwalt wegen Verletzung seiner Anwaltspflichten zum Schadensersatz verurteilt wird, nachdem vorher rechtskräftig im Deckungsprozess die Deckung für den betreffenden Schadensfall verneint worden ist, oder im Deckungsprozess die Haltereigenschaft des VN rechtskräftig verneint und im Haftpflichtprozess diese Haltereigenschaft später doch bejaht wird. Die Rechtskraft der Entscheidung im Deckungsprozess wird durch die spätere Entscheidung im Haftpflichtprozess nämlich nicht berührt.204
201 202
203
Langheid/Wandt/Littbarski Vorbemerkungen zu den §§ 100–124 Rn. 102. Missverständlich Harsdorf-Gebhardt RuS 2012 261, 262 und HK-VVG/Schimikowski Vorbemerkung zu §§ 100–124 Rn. 9. BGH 18.5.2011 RuS 2011 430, 431; BGH 8.12.2010 RuS 2011 66 = VersR 2011 203,
204
204; BGH 24.1.2007 RuS 2007 241, 242= VersR 2007 641; BGH 28.9.2005 RuS 2006 149, 150 = VersR 2006 106; BGH 18.2.2004 RuS 2004 232, 233 = VersR 2004 590; BGH 20.6.2001 RuS 2001 408, 409 = VersR 2001 1103; jeweils m.w.N. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 54.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
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Ändert der Dritte seinen (dem Deckungsprozess zugrunde gelegten) Sachvortrag im Haftpflichtprozess in einem für den Deckungsschutz entscheidenden Punkt und wird die neue Darstellung für richtig befunden, so steht, da im vorausgegangenen Deckungsprozess über den neuen Sachverhalt nicht entschieden wurde, einem neuen Deckungsprozess die Rechtskraft des früheren nicht entgegen.205 So liegt der Fall, wenn der Geschädigte und der VN annehmen, die Schäden seien auf asbesthaltige Substanzen zurückzuführen, und die Deckungsklage deshalb wegen Ziff. 7.11 AHB abgewiesen wird, später im Haftpflichtprozess aber durch Sachverständige festgestellt wird, dass die Schäden auf einer anderen versicherten Ursache beruhen. Anders liegt der Fall, wenn der VR aufgrund des vom Dritten behaupteten Sachver97 halts in einem vorweggenommenen Deckungsprozess verpflichtet wurde, der Dritte den Sachverhalt im Haftpflichtprozess jedoch ändert und obsiegt. In diesem Fall kann der VR weder die Kosten des Deckungsprozesses noch die durch die Entscheidung im Haftpflichtprozess verursachten Kosten vom VN erstattet verlangen, weil er den Anspruch abzuwehren hatte.206 Ein Anspruch auf Freistellung des VN besteht nicht, da über den Deckungsanspruch wegen des Anspruchs aus dem geänderten Sachverhalt noch nicht entschieden ist. Die Rechtskraft des früheren Deckungsurteils hindert den VR jedoch nicht daran, seine Leistungspflicht wegen dieses neuen Anspruchs zu bestreiten.207 Ergibt sich im Haftpflichtprozess, dass im Deckungsprozess Kollusion vorgelegen hat (z.B. gemeinschaftliche Vortäuschung eines Unfalls), kommt § 826 BGB zum Tragen, sodass es einer Einschränkung der Rechtskraft nicht bedarf.208 Aus dem Trennungsprinzip folgt auch zwingend, dass der Versicherungsschutzprozess 98 grundsätzlich nicht mit der Begründung nach § 148 ZPO ausgesetzt werden darf, dass zur Zeit noch ungewiss sei, ob der Haftpflichtanspruch begründet sei oder nicht (§ 100 Rn. 148). Nur soweit es um die Frage geht, ob der geltend gemachte Anspruch in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt oder ein Ausschluss eingreift, kommt ein vorweggenommener Deckungsprozess in Betracht.209 Hängen die sachliche Begründetheit eines geltend gemachten Anspruchs und die Frage der Deckung von dem in tatsächlicher Hinsicht streitigen Vorliegen derselben Eigenschaft oder desselben Rechtsverhältnisses ab, bleibt es jedoch dabei, dass die Entscheidung des Haftpflichtprozesses nicht im Deckungsprozess vorweggenommen werden darf.
III. Ausnahmen vom Trennungsprinzip 1. Fehlende Voraussetzungsidentität nach unstreitigem Vortrag des Geschädigten
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Von dem Grundsatz, dass im vorweggenommenen Deckungsprozess nicht geprüft werden darf, ob der geltend gemachte Haftpflichtanspruch begründet ist oder nicht, ist eine Ausnahme zu machen, wenn es nach unstreitigem Vortrag des Geschädigten an der Voraussetzungsidentität fehlt und deshalb ausgeschlossen ist, dass im Haftpflichtprozess entschieden wird, ob eine vom Versicherungsschutz erfasste Haftung des VN gegeben ist. Es leuchtet ein, dass es prozessökonomisch ist, in einem derartigen Ausnahmefall den geschilderten Trennungsgrundsatz zu durchbrechen.
205 206 207 208
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Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 54. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 55. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 55. Krämer RuS 2001 177, 182; Prölss/Martin/ Lücke § 100 Rn. 55.
209
OLG München 8.8.2008 NJW-RR 2008 1560, 1561; OLG Hamm 21.3.2007 RuS 2007 321; OLG Hamm 7.2.2007 RuS 2007 152, 153.
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2. Umwandlung des Haftpflichtversicherungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch Eine Durchbrechung des Trennungsprinzips findet ferner statt, wenn sich der Haft- 100 pflichtversicherungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Dies ist der Fall, wenn – der geschädigte Dritte sich den Freistellungsanspruch des VN pfänden und überweisen lässt (§ 100 Rn. 109), – der Dritte infolge der Insolvenz des VN ein Einziehungsrecht entsprechend § 1282 BGB erwirbt (§ 100 Rn. 110), – der VN den Freistellungsanspruch an den Dritten abtritt (§ 100 Rn. 111), – der VN den Haftpflichtanspruch des Dritten anerkennt und/oder befriedigt (§ 100 Rn. 113), – dem VR eine wirksame Abwehr des Zugriffs des geschädigten Dritten auf das Vermögen des VN nicht mehr möglich ist (§ 100 Rn. 114), – der VR auf einen Aktivprozess verzichtet, wenn der Geschädigte mit der bestrittenen Haftpflichtforderung aufrechnet (§ 100 Rn. 117) oder – der Haftpflichtanspruch infolge der Vereinigung von Haftpflichtanspruch und Haftpflichtschuld in einer Person untergeht (§ 100 Rn. 118).
K. Rechtsstellung des geschädigten Dritten I. Grundsatz: Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs gegen den VR nur als Rechtsnachfolger des VN Die Rechtsstellung des geschädigten Dritten (zur Person und zum Begriff des geschä- 101 digten Dritten s. § 100 Rn. 137 f.) ist in der (freiwilligen) Haftpflichtversicherung dadurch gekennzeichnet, dass er nicht in Rechtsbeziehungen zu dem VR steht und er deshalb kein eigenes Forderungsrecht gegen den VR hat. Dieser Grundsatz ist vor der Reform des VVG von Rechtsprechung210 und Literatur nahezu einmütig vertreten worden.211 Die von Bruck 212 für einen Sonderfall vertretene Auffassung, dass dem Dritten, wenn der VN nach § 156 S. 3 i.d.F. von 1908 (= § 156 Abs. 2 a.F.) Zahlung an ihn verlange, aufgrund eines Vertrages zugunsten eines Dritten i.S.v. § 328 BGB ein unmittelbares Forderungsrecht zustehe, hat sich ebenso wenig durchsetzen können213 wie die Ansichten, die einen Direktanspruch aus der Übernahme einer Garantie des VR gegenüber dem Dritten oder einem „Reihenschuldverhältnis“ herleiten wollten.214 Andere Einordnungsversuche der Haftpflichtversicherung als Erfüllungsübernahme im Sinne des § 329 BGB oder als Schuldverhältnis „sui generis“215 sind für die Frage, ob dem Dritten ein eigenes Forderungsrecht zusteht, ohne Bedeutung. Dies gilt auch für die von K. Sieg
210
211
212
Vgl. nur BGH 8.10.1952 BGHZ 7 245, 246 = NJW 1952 1333; RG 5.2.1909 RGZ 70 257, 261. Vgl. Späte § 1 Rn. 195 ff.; K. Sieg Ausstrahlungen 85; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 79 m.Nachw. zum älteren Schrifttum Bruck Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz 7. Aufl. (1932) § 156 Anm. 15.
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Vgl. Nachw. bei Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 79; K. Sieg Ausstrahlungen 183. Vgl. Nachw. bei Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 81; K. Sieg Ausstrahlungen 249 ff. Vgl. die Hinweise auf die ältere Literatur bei K. Sieg Ausstrahlungen 248 f.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
vorgenommene Deutung des durch § 156 Abs. 1 a.F. (= § 108 Abs. 1) ausgesprochenen relativen Veräußerungsverbots i.S.v. § 135 BGB als „Obligation mit Drittwirkung“.216 In jüngerer Zeit, allerdings noch vor der Reform des VVG, hat Baumann diese Deu102 tung aufgegriffen und zum Anlass genommen, den Haftpflichtversicherungsvertrag als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier also des geschädigten Dritten, zu qualifizieren. Im Hinblick auf die sechsmonatige Klagefrist des VN gem. § 12 Abs. 3 a.F. nach Ablehnung der Deckung hat Baumann den VR gegenüber dem Dritten als nach § 311 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB zur Aufklärung verpflichtet angesehen.217 Nach seiner Ansicht erfährt die „mehr abstrakte Schutzposition des Dritten […] mit Eintritt des Haftpflichtversicherungsfalls eine Konkretisierung dahin gehend, dass nunmehr die Versicherungsentschädigung für den konkret Geschädigten ‚verfangen‘ ist. Er hat zwar keinen unmittelbaren Leistungsanspruch gegen den Versicherer. Aber die Versicherungsentschädigung soll ihm, […] nach dem gesetzlichen Konzept der §§ 156, 157 VVG [§§ 108, 110]‚ unter allen Umständen zugute kommen‘ […] Diese, sich gleichsam wie ein Anwartschaftsrecht dynamisch fortentwickelnde Rechtsposition soll durch die hier bejahte Aufklärungspflicht des Versicherers geschützt werden“.218 Verletzt der VR seine Aufklärungspflicht, sei er gegenüber dem Dritten nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.219 Die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 a.F. ist der VVG-Reform ersatzlos zum Opfer 103 gefallen und scheidet somit als Anknüpfungspunkt für eine Aufklärungspflicht des VR aus. Über den Eintritt der Verjährung des Versicherungsanspruchs muss der VR den Dritten weder aufklären noch Auskunft erteilen, da dieses Rechtsinstitut allgemein bekannt ist und der VN den Eintritt selbst ermitteln kann.220 Eine Auskunftspflicht ließe sich allenfalls mit Blick auf eine mögliche Hemmung nach § 15 bejahen. Es ist jedoch fraglich, ob sich die Zubilligung eines Schadensersatzanspruches wegen Verletzung der Auskunftspflicht in Einklang mit der Dogmatik der Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bringen lässt. Nach der Rechtsprechung können die Rechte des Dritten aus dem zwischen dem Gläubiger (= VN) und dem Schuldner (= VR) geschlossenen Vertrage grundsätzlich nicht weiter gehen als die Rechte des Gläubigers als des Vertragspartners des Schädigers (= VR).221 Dem VN als Gläubiger des VR stehen jedoch im Hinblick auf etwaige Ausschluss- oder Verjährungsfristen keine Auskunftsansprüche zu und der VR ist nach allgemeinen Grundsätzen (kein Wissensvorsprung) auch nicht verpflichtet, den VN über diese Fristen zu informieren. Auch wenn es sich bei der Begrenzung des Drittschutzes, die sowohl dem Rechtsge104 danken des § 334 BGB als auch dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entnommen wird222, nur um einen Grundsatz 223 und nicht um ein unverrückbares Prinzip handelt, wird man nicht ohne Weiteres eine konkludente Abbedingung des § 334 BGB annehmen können. Eine solche kann nach der Rechtsprechung bei gegenläufigen Interessen
216 217 218
219 220 221
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K. Sieg Ausstrahlungen 260 f. Baumann VersR 2004 944, 946. Baumann VersR 2004 944, 946; vgl. auch Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 145 f. Baumann VersR 2004 944, 947. Vgl. BGH 27.11.1958 NJW 1959 241 = VersR 1959 22. St. Rspr., vgl. BGH 14.6.2012 NZG 2012 866, 870; BGH 10.11.1994 BGHZ 127 378,
222 223
384 f. = NJW 1995 392; BGH 13.11.1997 NJW 1998 1059; BGH 15.6.1971 NJW 1971 1931, 1932; BGH 23.6.1965 NJW 1965 1757, 1759; BGH 7.11.1960 BGHZ 33 247, 250 = NJW 1961 211. BGH 10.11.1994 BGHZ 127 378, 384 f. = NJW 1995 392. So ausdrücklich BGH 15.6.1971 BGHZ 56 269, 272 = NJW 1971 1931.
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von Gläubiger und Drittem zwar vorliegen.224 Jedoch besteht hinsichtlich der Sicherstellung der Leistungspflicht des VR eher ein Interessengleichlauf zwischen Schädiger und Geschädigten, mag auch der VN mehr an Abwehr und der Dritte mehr an der Befriedigung der Haftpflichtansprüche interessiert sein. Erst wenn der VN untätig bleibt und ein Verlust des Versicherungsschutzes droht, sind die Interessen gegenläufiger Natur. In solchen Fällen billigt die Rechtsprechung dem Dritten jedoch nur ein Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz und auf Auskunft zu (dazu sogleich Rn. 108). Eben diese Möglichkeit lässt im Übrigen die Schutzbedürftigkeit des Dritten als fraglich erscheinen, die Voraussetzung für die Annahme einer Schutzwirkung ist.225 Auch nach der Reform besteht deshalb kein Anlass, die Rechtsprechung zu § 149 a.F. 105 infrage zu stellen. Es bleibt somit dabei, dass der Dritte – abgesehen vom Fall des § 110 und den Besonderheiten des § 115 Abs. 1 – nur im Umwege über die Rechtsstellung des VN ein Forderungsrecht gegen den VR erhält, also erst nach Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs oder nach einer entsprechenden Abtretung. Für eine analoge Anwendung von § 115 Abs. 1 Nr. 1 oder wenigstens § 115 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 besteht kein Raum. Ein individualvertraglich vereinbartes Abtretungsverbot steht nur bis zur endgültigen Feststellung der Haftpflichtforderung i.S.v. § 106 S. 1 entgegen (vgl. § 851 Abs. 2 ZPO), also nicht mehr z.B. nach rechtskräftigem Abschluss des Haftpflichtprozesses. Dazu, dass dem Dritten bei Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses das Recht zuzubilligen ist, auf Feststellung des zwischen dem VN und dem VR bestehenden Rechtsverhältnisses zu klagen, vgl. die Ausführungen in § 100 Rn. 150 ff. Vorstehendes gilt auch in dem Fall, in dem der VN zugleich Drittgeschädigter ist (z.B. in der D&OVersicherung, vgl. § 100 Rn. 162).
II. Anwendung des Trennungsprinzips Bei der Durchsetzung des auf den Dritten durch einen staatlichen Hoheitsakt (Pfän- 106 dungs- und Überweisungsbeschluss) oder durch Abtretung übertragenen Freistellungsanspruchs ist wiederum das Trennungsprinzip zu beachten. Dessen Anwendung bedeutet, dass der VR auch gegenüber dem Dritten grundsätzlich nicht einwenden kann, dass der Haftpflichtprozess unrichtig entschieden sei. Die hier im übertragenen Sinne „im Deckungsstreit“ stehenden Parteien sind außerhalb der geschriebenen Regeln der Rechtskraft an die Entscheidung im Haftpflichtprozess und auch an die außergerichtliche Feststellung der Haftpflichtforderung gebunden. Der VR kann dem Dritten gem. § 404 BGB nur die versicherungsrechtlichen Einwendungen entgegensetzen. Damit wird ein anschließender Rechtsstreit zwischen dem Dritten und dem VR auf die Frage beschränkt, ob Haftpflichtversicherungsschutz besteht.226
III. Feststellungsklage des Dritten Vorstehende Ausführungen zu I. (Rn. 101 ff.) beziehen sich nur auf ein Zahlungs- 107 verlangen des geschädigten Dritten, dagegen nicht auf eine Feststellungsklage, die dieser erhebt, um Rechtsnachteilen vorzubeugen, die sich aus einer Untätigkeit des VN ergeben 224 225
BGH 10.11.1994 BGHZ 127 378, 385 f. = NJW 1995 392. Vgl. nur BGH 12.1.2011 NZV 2011 183,
226
184; BGH 2.7.1996 BGHZ 133 168, 173 f. = NJW 1996 2927. Vgl. BGH 7.7.1993 RuS 1993 370, 371.
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können. Nach der Rechtsprechung227 und einhelliger Meinung in der Literatur 228 ist der Geschädigte berechtigt, Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zu erheben, wenn der VR seine Eintrittspflicht aus dem Vertrag ablehnt und außerdem der VN untätig bleibt.229 Ein Feststellungsinteresse des Geschädigten ist ferner gegeben, wenn der VR auf An108 frage des Geschädigten, ob Versicherungsschutz bestehe, keine oder keine eindeutige Antwort gibt oder die Auskunft verweigert.230 Insoweit ist der Hinweis geboten, dass der Dritte gegen den VR des Schädigers einen Anspruch auf Auskunft über den Gegenstand und den Umfang des Versicherungsschutzes hat.231 Schließlich besteht ein Interesse des Geschädigten an einer gerichtlichen Feststellung der Deckung gegenüber dem VR, wenn über das Vermögen des VN das Insolvenzverfahren eröffnet ist und der Geschädigte entsprechend § 1282 BGB ein Einziehungsrecht unmittelbar gegenüber dem VR erwirbt, sobald der Anspruch fällig geworden ist.232 Der Dritte kann auch nach Maßgabe der §§ 66 f. ZPO einem Deckungsprozess zwischen VN und VR beitreten (§ 100 Rn. 153).
L. Pflicht zur Sicherstellung risikoadäquaten Versicherungsschutzes I. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers 109
Nach der Rechtsprechung des BAG ist der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer nicht zum Abschluss einer Kaskoversicherung verpflichtet, wenn sich dies nicht aus dem Arbeitsvertrag oder den das Arbeitsverhältnis gestaltenden normativen Bestimmungen ergibt.233 Diese Rechtsprechung wird in der Literatur auch auf die Haftpflichtversicherung unter Hinweis darauf übertragen, dass der Arbeitnehmer hinreichend dadurch geschützt sei, dass nach den Grundsätzen über den innerbetrieblichen Schadensausgleich fehlender Haftpflichtversicherungsschutz zulasten des Arbeitgebers ins Gewicht falle, weil die Haftung des Arbeitnehmers nicht nur bei leicht fahrlässig verursachten, sondern auch bei mit einem höheren Verschuldensgrad verursachten Fremdschäden beschränkt werde.234 Jedoch liegen die Dinge bei Fremdschäden etwas anders, da der Arbeitnehmer im Außenverhältnis gegenüber dem geschädigten Dritten voll haftet.235 Der Arbeitnehmer läuft somit Gefahr, dass er – selbst bei nur einfachster Fahrlässigkeit – seinen arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch bei Insolvenz seines Arbeitgebers nicht realisieren kann.236 Dies spricht für die Annahme einer Pflicht des Arbeitgebers zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung.237 227
228
229 230
231 232
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BGH 22.7.2009 VersR 2009 1485; BGH 15.11.2000 VersR 2001 90, 91; OLG Celle 5.7.2012 8 U 28/12 zitiert nach juris. Vgl. nur Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 21; Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 54; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 149; Armbrüster RuS 2010 441, 447; R. Johannsen RuS 1997 309, 313. BGH 15.11.2000 VersR 2001 90, 91. BGH 22.7.2009 VersR 2009 1485; Späte § 1 Rn. 199; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 149. OLG Düsseldorf 26.6.2001 NVersZ 2002 135. OLG Köln 29.01.2008 BeckRS 2008 22056.
233
234 235
236 237
Vgl. BAG 24.11.1987 NZA 1988 584, 585 – keine Pflicht zum Abschluss einer Kaskoversicherung. Vgl. Linck, in: Schaub (Begr.) ArbeitsrechtsHandbuch 14. Aufl. (2011) § 59 Rn. 63. BGH 13.12.1994 NJW 1995 1150, 1151; BGH 21.12.1993 NJW 1994 852, 854; BGH 19.9.1989 NJW 1989 3273, 3274. MüKo-BGB/Müller-Glöge § 611 Rn. 912. MüKo-BGB/Müller-Glöge § 611 Rn. 913; vgl. auch allgemein zur Versicherungspflicht aus dem Schuldverhältnis und Treu und Glauben Langheid/Wandt/Looschelders § 1 Rn. 124.
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II. Vermögensbetreuungs-/Interessenwahrnehmungspflicht der Geschäftsleitung Eine Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung gegenüber dem 110 Unternehmen kann sich aus der Vermögensbetreuungs-/Interessenwahrnehmungs-/Treuepflicht der Geschäftsführungsorgane einer Kapital- oder Personengesellschaft, einer Genossenschaft oder eines Vereins ergeben. 1. Rechtsprechung Für den Vorstand eines Reitvereins hat der BGH eine solche Pflicht in seinem Urteil 111 vom 26.11.1985 bejaht.238 In dem Urteil ging es um die Verpflichtung zum Abschluss einer auch Personenschäden der Vereinsmitglieder umfassenden Tierhalterhaftpflichtversicherung. Der Kläger hatte es in seiner Amtszeit als alleinvertretungsberechtigter Vorsitzender des beklagten Reitvereins unterlassen, eine solche Versicherung abzuschließen. Als er selbst Opfer eines Reitunfalls wurde (das seinem Pferd vorausgehende Pferd schlug nach hinten aus und zertrümmerte sein rechtes Schienbein) und den Verein nach § 833 S. 1 BGB als Tierhalter auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch nahm, rechnete der Verein mit einem Schadensersatzanspruch auf. Diesen stützte er darauf, dass der Kläger nicht für ausreichenden Versicherungsschutz der Vereinsmitglieder gesorgt habe, als die aus einer Betriebssportabteilung hervorgegangene Reitergemeinschaft in einen eingetragenen Verein umgewandelt worden sei. Der BGH ist diesem Einwand gefolgt und hat eine fahrlässige Verletzung der den Kläger in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied gem. § 27 Abs. 3 BGB treffenden Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Beauftragten mit folgender Begründung bejaht239: „Da für einen Tierhalter, insbesondere einen über mehrere Pferde verfügenden Reitverein, die ausreichende Haftpflichtversicherung ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft ist, hätte der Kläger, dem nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes als Rechtsanwalt die strenge Tierhalterhaftung auch damals schon bekannt war oder zumindest hätte bekannt sein müssen, an die ausreichende versicherungsmäßige Abdeckung des Tierhalterrisikos denken müssen … Als sachkundiges Vorstandsmitglied wäre es seine Pflicht gewesen, in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob der bislang bestehende Versicherungsschutz, dessen aus dem Inhalt des Versicherungsscheins klar zu ersehender beschränkter Umfang nach dem Vorbringen des Klägers seine Erklärung in der Unfallversicherung der Mitglieder der früheren Betriebssportabteilung finden dürfte, den veränderten Umständen genügte. Davon scheint letztlich auch das Berufungsgericht auszugehen, wenn es unterstellt, daß dem Kläger der nicht ausreichende Versicherungsschutz des beklagten Vereins bekannt war. Lag aber eine solche Kenntnis des Klägers vor oder hatte er sich diese zumindest pflichtgemäß zu verschaffen, dann gebot es … die dem Kläger als Vorstandsmitglied obliegende Sorgfaltspflicht, zur Wahrung der Interessen des Beklagten für eine versicherungsmäßige Abdeckung des Tierhalterrisikos auch gegenüber den Vereinsmitgliedern zu sorgen oder, als andere Möglichkeit, auf einen Haftungsausschluß durch vertragliche Vereinbarung mit den Mitgliedern hinzuwirken.“ [Hervorhebungen durch den Verfasser]
In seinem Urteil vom 16.3.2009 hat der II. Zivilsenat des BGH eine Pflicht der Gesell- 112 schaft gegenüber ihren Aufsichtsratsmitgliedern zum Abschluss einer D&O-Versicherung – ohne eine Regelung in der Satzung – verneint.240
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BGH 26.11.1985 NJW-RR 1986 572 ff.; vgl. auch BGH 23.3.1987 NJW 1987 1887 ff.; OLG Zweibrücken 22.12.1998 NZG 1999 506 ff.
239 240
BGH 26.11.1985 NJW-RR 1986 572, 574. BGH 16.3.2009 VersR 2009 1635, 1637; vgl. auch Bruck/Möller/Baumann AVB-AVG 2011 Einf Rn. 7 ff.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
2. Diskussion in der Literatur
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In der Literatur ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Geschäftsleitung (einer Kapitalgesellschaft) dieser gegenüber verpflichtet ist, zum Schutz des Gesellschaftsvermögens Versicherungsschutz sicherzustellen, im Zusammenhang mit der Jahr-2000Fehler-Problematik241, mit der Haftung von Gesellschaftsorganen242 und der Gefahr von Terroranschlägen243 diskutiert worden. Graf von Westphalen sieht die Geschäftsleitung von Unternehmen, denen Eigen- und/oder Fremdschäden wegen des Jahr-2000-Fehlers drohen, als zum Risikomanagement verpflichtet an und leitet daraus die Folgepflicht ab, zur Absicherung dieser Risiken für ausreichenden Sach- und Haftpflichtversicherungsschutz zu sorgen.244 Schaal untersucht, inwieweit die Geschäftsleitungen von AG und GmbH zum Abschluss einer Terrorversicherung verpflichtet sind. Anknüpfungspunkt ist die in § 93 Abs. 1 S. 1 AktG und § 43 Abs. 1 GmbHG statuierte besondere Sorgfaltspflicht der Geschäftsleitung als treuhändischer Verwalter fremden Vermögens. Unter Zugrundelegung des betriebswirtschaftlichen Risikobegriffs stellt Schaal zunächst heraus, dass der Abschluss einer solchen Versicherung im Ermessen der Geschäftsleitung stehe. Im Rahmen der Ermessensausübung habe sie die Chance, die beim Nichtabschluss der Versicherung in der Ersparnis der Versicherungsbeiträge liege, abzuwägen mit dem Risiko eines Schadens durch einen Terrorakt. Dabei müsse sie Eintrittswahrscheinlichkeit und mögliches Ausmaß der Schäden ebenso berücksichtigen wie alle sonstigen sicheren und erwarteten Folgen einer Entscheidung für oder gegen eine Versicherung.245 Die Autoren, die sich mit der Pflicht zum Abschluss einer D&O-Versicherung befas114 sen, behandeln diese Problematik zumeist im Zusammenhang mit der aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung. Vetter leitet aus der Pflicht zur treuhänderischen Vermögensverwaltung die Amtspflicht zum Risikomanagement ab und sieht den Vorstand einer AG „im Regelfall“ zum Abschluss einer D&O-Versicherung als verpflichtet an, wenn entsprechende Deckungsangebote zu angemessenen Bedingungen am Markt erhältlich seien. Im Ernstfall müsse die Gesellschaft nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, ihre Schadensersatzforderung gegenüber den betroffenen Mitgliedern des Vorstands oder des Aufsichtsrats nicht oder jedenfalls nicht in voller Höhe durchsetzen zu können.246 Ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Realisierung eventueller Schadensersatzansprüche – jedoch in Abhängigkeit von der Risikoanfälligkeit der unternehmerischen Tätigkeit – halten auch Dreher und Lange den Abschluss einer D&O-Versicherung für geboten.247 Henssler sieht den Vorstand dagegen allenfalls als verpflichtet an, auf den Abschluss 241
242
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Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Langheid/Streitz, Der Jahr-2000-Fehler (1999), Rn. 704 f. Vgl. Dreher Der Abschluß von D&O-Versicherungen und die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung, ZHR 165 (2001) 293, 313; Henssler D&O-Versicherung in Deutschland, in: RWS-Forum 20 Gesellschaftsrecht (2001) 150 f.; Vetter Aktienrechtliche Probleme der D&O Versicherung, AG 2000 453, 454 f.; Lange Praxisfragen der D&OVersicherung (Teil I), DStR 2002 1626, 1630 f.; Hauschka Corporate Compliance – Unternehmensorganisatorische Ansätze zur Erfüllung der Pflichten von Vorständen und Geschäftsführern, AG 2004 461, 468.
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Schaal Pflicht der Geschäftsleitung zum Abschluss einer Terrorversicherung? (I), VW 2002 1468, 1469 f. Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Langheid/Streitz, Der Jahr-2000-Fehler (1999), Rn. 704 f. Schaal Pflicht der Geschäftsleitung zum Abschluss einer Terrorversicherung? (I), VW 2002 1468, 1469 f. Vetter Aktienrechtliche Probleme der D&O Versicherung, AG 2000 453, 454 f. Dreher Der Abschluß von D&O-Versicherungen und die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung, ZHR 165 (2001) 293, 313; Lange Praxisfragen der D&O-Versicherung (Teil I), DStR 2002 1626, 1630 f.
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Vorbemerkung
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einer entsprechenden Versicherung hinzuwirken und einen entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung anzuregen. Eine pauschale Verpflichtung zum Abschluss lehnt er u.a. deshalb ab, weil für neu gegründete Unternehmen Versicherungsschutz häufig überhaupt nicht oder aber nur zu wirtschaftlich fragwürdigen Prämien erreichbar sei. Es stehe deshalb grundsätzlich im Ermessen des Vorstands, ob er die Belastung des Unternehmens mit den Versicherungsprämien für sachgerecht erachte.248 In diesem Sinne äußert sich auch Hauschka.249 Spindler lehnt eine Verpflichtung zum Abschluss einer D&O-Versicherung ab.250 3. Stellungnahme Dem BGH und der Rechtslehre ist insoweit zu folgen, als sie die Sorgfaltspflichten, 115 welche die Leitungsorgane im Rahmen ihrer Geschäftsführung zu beachten haben, zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen machen. Unabhängig davon, ob es sich um Kapitaloder Personengesellschaften, um eine Genossenschaft oder um einen Verein handelt, verlangt die Einhaltung dieser Pflichten von der Geschäftsleitung, den Gesellschafts-/Vereinszweck zu fördern und hierzu korrespondierend Schäden vom Unternehmen abzuwenden.251 Beide Ziele lassen sich nur dadurch erreichen, dass die Geschäftsleitung sich solcher Maßnahmen bedient, die inhaltsbestimmend für den betriebswirtschaftlich geprägten Begriff des Risikomanagement-Prozesses sind. Zu den einzelnen Prozessschritten zählt man gemeinhin Identifikation, Bewertung, Steuerung und Überwachung von Risiken.252 Konkret bedeutet dies, dass die Geschäftsleitung sowohl bei der Vorbereitung und Umsetzung risikobehafteter Geschäftsabschlüsse als auch bei der permanenten Kontrolle des unternehmerischen Handelns unternehmensexterne und unternehmensinterne Verlustgefahren zu identifizieren und zu bewerten und ihr weiteres Vorgehen, d.h. die Risikosteuerung und -überwachung von der Bewertung abhängig zu machen hat (sog. Regelkreislauf des Risikomanagements).253 Für die Mitglieder der Geschäftsleitung von Kapitalgesellschaften lässt sich eine so 116 verstandene Amtspflicht zum effektiven Risikomanagement dogmatisch aus der Vermögensbetreuungspflicht herleiten. Diese resultiert aus deren Stellung als Verwalter fremden 248
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Henssler D&O-Versicherung in Deutschland, in: RWS-Forum 20 Gesellschaftsrecht (2001) 150 f. Hauschka Corporate Compliance – Unternehmensorganisatorische Ansätze zur Erfüllung der Pflichten von Vorständen und Geschäftsführern, AG 2004 461, 468. MüKo-AktG/Spindler § 84 Rn. 90. Jeweils m.w.Nachw. für die GbR: MüKoBGB/Ulmer § 705 Rn. 226; für die OHG: Mayen, in: Ebenroth/Boujong/Jost/Strohn (Hrsg.) HGB 2. Aufl. (2008) § 114 Rn. 33 ff.; für die AG: z.B. MüKo-AktG/ Spindler § 93 Rn. 92; für die GmbH: Roth/ Altmeppen GmbHG 7. Aufl. (2012) § 43 Rn. 3. Vgl. Hauschka Corporate Compliance – Unternehmensorganisatorische Ansätze zur Erfüllung der Pflichten von Vorständen und Geschäftsführern, AG 2004 461, 467;
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Bürkle Corporate Compliance – Pflicht oder Kür für den Vorstand der AG?, BB 2005 565, 567. Vgl. hierzu aus dem betriebswirtschaftlichen Schrifttum: Diederichs/Form/Reichmann Standard zum Risikomanagement, Controlling 2004 189, 191 ff.; Kromschröder/ Lück Grundsätze risikoorientierter Unternehmensüberwachung, DB 1998 1573, 1574; Lück Der Umgang mit unternehmerischen Risiken durch ein Risikomanagementsystem und durch ein Überwachungssystem, DB 1998 1925, 1926; aus dem juristischen Schrifttum: Preussner/Pananis Risikomanagement und strafrechtliche Verantwortung – Corporate Governance am Beispiel der Kreditwirtschaft, BKR 2004 347, 348 f.; Bier Risk-Management zur Haftungsminimierung im E-Business, K&R 2005 59, 61 f.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Vermögens und hat zur Folge, dass sich die Geschäftsleitung im Rahmen ihrer Geschäftsführung gem. § 93 Abs. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG an den Maßstäben messen lassen muss, die für einen ordentlichen Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbstständiger treuhänderischer Wahrung fremder Vermögensinteressen gelten.254 Bei der Geschäftsleitung von Personengesellschaften kommt aufgrund des Prinzips der Selbstorganschaft der Gesichtspunkt der Wahrung fremder Vermögensinteressen bei der Geschäftsführung nicht oder zumindest nicht in dem Maße zum Tragen wie bei Kapitalgesellschaften. Jedoch sind die Gesellschafter aus der allgemeinen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft – ebenso wie die Geschäftsleitung von Kapitalgesellschaften – zur aktiven Förderung des Gesellschaftszwecks und zur Führung der Geschäfte im Interesse der Gesellschaft verpflichtet. Dies schließt selbstverständlich auch die Pflicht ein, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Es handelt sich hierbei um die Kehrseite der ebenfalls aus der Interessewahrungspflicht abzuleitenden Pflicht, Geschäftschancen für die Gesellschaft zu nutzen.255 Allein aus der Amtspflicht zum effektiven Risikomanagement lässt sich jedoch keine 117 Verpflichtung der Geschäftsleitung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung herleiten. Der Risikotransfer auf Dritte durch Abschluss von Versicherungen ist als Risikosteuerungsmaßnahme zu qualifizieren, die zum Ziel hat, den finanziellen Verlust eines einmal eingetretenen Fremdschadens für das Unternehmen abzumildern, wenn möglich zu egalisieren. Risikomanagement setzt jedoch, wie zuvor dargelegt, viel früher ein. Der Risikosteuerung geht stets die Identifikation und Bewertung eines Risikos voraus. Ebenso wie es auf der Ebene der Risikosteuerung verschiedene Maßnahmen zur Steuerung gibt (gemeinhin umschrieben als Risikovermeidung, -verminderung, -transfer oder -selbsttragung), existieren auch auf den vorgelagerten Ebenen der Risikoidentifikation und -bewertung unterschiedliche Verfahren und Ansätze zur Identifikation und Bewertung.256 Damit rückt der haftungsfreie, unternehmerische Beurteilungs- und Handlungsspielraum in den Blickpunkt, den die Geschäftsleitung bei der Führung der Geschäfte und somit grundsätzlich auch im Rahmen des Risikomanagements für sich in Anspruch nehmen kann und ohne den eine unternehmerische Tätigkeit nicht denkbar ist. Die Grenzen dieses Spielraums ergeben sich mittelbar aus der Regelung in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, die aufgrund der mit § 93 Abs. 1 S. 1 AktG identischen oder vergleichbaren Sorgfaltsmaßstäbe für Geschäftsleiter von Kapital- und Personengesellschaften entsprechende Anwendung findet.257 Angesichts der Bedeutung, die der Haftpflichtversicherung als Instrument der Haf118 tungsersetzung und zum Schutz des Unternehmens vor der Insolvenz des Regressschuldners auf der Ebene der Risikosteuerung zukommt, ist dieser Spielraum dahingehend reduziert, dass die Geschäftsleitung zur Sicherstellung risikoadäquaten Versicherungsschutzes verpflichtet ist. Die Risikoadäquanz beurteilt sich nach der Höhe des Versicherungsbeitrags und des Schadensrisikos (Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß) unter Berücksichtigung von Risikoausschlüssen, Versicherungssummen, Selbstbeteiligungsbeträgen und alternativen Formen der Risikobewältigung.
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BGH 20.2.1995 NJW 1995 1290, 1291; OLG Celle 15.3.2000 NZG 2000 1178, 1179; OLG Koblenz 12.5.1999 NJW-RR 2000 483, 484; OLG Zweibrücken 22.12.1998 NZG 1999 506, 507; OLG Düsseldorf 28.11.1996 AG 1997 231, 235.
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Zur Pflicht, Geschäftschancen für die Gesellschaft zu nutzen s. BGH 23.9.1985 NJW 1986 584, 585. R. Koch ZGR 2006 184, 193 f. R. Koch ZGR 2006 184, 194 f.
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Bei Großrisiken, die für ein Unternehmen kaum tragbar sind und in hohem Maße 119 störend auf das Unternehmensziel einwirken258, oder gar existenziellen Risiken, die die Insolvenz des Unternehmens zur Folge haben können259, ist die Geschäftsleitung – bei Versicherbarkeit dieser Risiken – in der Regel zum Abschluss einer Versicherung verpflichtet. Hier gilt es zu berücksichtigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der für den Schaden Verantwortliche in der Lage sein wird, dem Unternehmen den Schaden zu ersetzen, desto geringer ist, je höher der Schaden ausfällt. Hinzu kommt, dass nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs bei Fremdschäden, die von Mitarbeitern unterhalb der Ebene der Geschäftsleitung verursacht werden, nicht nur die Realisierbarkeit des Regressanspruchs gefährdet ist. Vielfach – insbesondere bei leichter Fahrlässigkeit – wird der verantwortliche Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmer nämlich gar nicht haften, das Unternehmen sich also in einer Situation befinden, die mit dem Fall eines unbekannten Schadensstifters vergleichbar ist: es steht ihm kein Regressschuldner zur Verfügung.260 Ergänzend sei an dieser Stelle bemerkt, dass die vom BGH seinem Urteil vom 120 26.11.1985 (Rn. 111) als Alternative zum Abschluss einer Versicherung in den Raum gestellte Vereinbarung eines Haftungsausschlusses sich nur in seltenen Fällen als solche darstellt. Zum einen entfaltet sie keine Wirkung gegenüber Personen, zu denen das Unternehmen nicht in (vor-)vertraglichen Beziehungen steht. Zum anderen unterliegen formularmäßige Haftungsfreizeichnungen den Beschränkungen des AGB-Rechts. Ausschlüsse, die sich auf Personenschäden oder auf vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Sach- und Vermögensschäden beziehen, sind gem. 309 Nr. 7 lit. a) und b) (ggf. i.V.m. § 310 Abs. 1 S. 2) BGB unwirksam. Sind diese Schäden das Ergebnis einer wesentlichen Vertragsverletzung, hält sogar ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht stand. Insoweit bliebe Raum für einen formularmäßigen Haftungsausschluss nur bei leicht 121 fahrlässig verursachten Sach- und Vermögensschäden, die nicht auf einer wesentlichen Vertragsverletzung beruhen. Bezüglich dieser Kategorie von Schäden beurteilt die Rechtsprechung die Wirksamkeit von Haftungsausschlussklauseln – wie oben ausgeführt (Rn. 73) – u.a. danach, ob die Risiken besser vom Verwender solcher Klauseln (im Rahmen einer Haftpflichtversicherung) oder von seinem Vertragspartner (im Rahmen einer Sachversicherung) unter Versicherungsschutz gebracht werden können oder typischerweise gebracht werden. Von wenigen Ausnahmefällen abgesehen, hat die Rechtspre-
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Hierzu zählen Schäden, zu deren Ausgleich auf Deckungsmassen zurückgegriffen werden muss, deren Einsatz ein Unternehmen in erheblicher Weise beeinträchtigen würde, etwa weil betriebsnotwendige Vermögensteile veräußert werden müssen oder Grundkapital in Anspruch genommen werden muss. Vgl. Hölscher, in: Hölscher/Elfgen (Hrsg.), Herausforderung Risikomanagement (2002) 24 f.; Durstin, in: Hölscher/ Elfgen (Hrsg.), Herausforderung Risikomanagement (2002) 366. Nach Diederichs/Form/Reichmann Standard zum Risikomanagement, Controlling 2004 189, 192, liegt bei Risiken der Kategorie
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schwerwiegend die Schadenhöhe über 50 % des durchschnittlichen Betriebsergebnisses und unter 50 % des Eigenkapitals. Als existenzbedrohend sollen Risiken gelten, deren Schadenausmaß größer gleich 50 % liegt. Dabei orientieren sie sich bei der Bestimmung der zuletzt genannten Grenze an § 92 AktG, in dem eine Existenzbedrohung bei einem Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals unterstellt wird, bei dem der Vorstand zur Einberufung einer Hauptversammlung verpflichtet ist. R. Koch ZGR 2006 184, 201 f.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
chung dabei regelmäßig zugunsten des geschädigten Vertragspartners entschieden und die Haftungsfreizeichnung des Verwenders bei branchenüblichem Haftpflichtversicherungsschutz für unwirksam nach § 307 Abs. 1 BGB erklärt.261
M. Bedeutung von Teilungsabkommen in der Haftpflichtversicherungspraxis I. Begriff 122
Teilungsabkommen sind (privatrechtliche) Verträge, die direkt zwischen HaftpflichtVR und Sozialversicherungsträger (Unfall-, Kranken- oder Pflegeversicherung des Geschädigten) oder zwischen deren vertretungsberechtigten Verbänden zum Zwecke der kostensparenden Abwicklung des Regresses gemäß § 116 Abs. 1 SGB X gegen den haftpflichtversicherten Schädiger geschlossen werden.262 Teilungsabkommen können aber auch für andere Ansprüche, etwa solche nach § 110 SGB VII263, und zwischen Haftpflicht-VR und Kfz-Haftpflicht-VR264 oder Kasko-VR265 für Ansprüche nach § 86 Abs. 1 S. 1 vereinbart werden. Abzugrenzen sind Teilungsabkommen von Regressverzichtsabkommen, durch die ein Sozialversicherungsträger gegen Zahlung einer Jahrespauschale durch den Haftpflicht-VR darauf verzichtet, bestimmte Regressansprüche gegen ihn geltend zu machen.266
II. Zweck 123
In Teilungsabkommen wird vereinbart, dass ohne Prüfung der Haftpflichtfrage im Einzelfall jeder vom Abkommenspartner gemeldete Schaden seitens des VR zu einem gewissen Prozentsatz erstattet wird. Hierdurch wird die Schadensabwicklung vereinfacht, weil die außergerichtliche oder gerichtliche Klärung aller zweifelhaften Schadensfälle aufgrund der zu regulierenden Fallmenge mit erheblichem personellen und materiellen Aufwand für beide Seiten verbunden wäre. § 116 Abs. 9 SGB X lässt die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ausdrücklich zu. Nach Kater wird die Mehrheit aller Schadensfälle über Teilungsabkommen abgerechnet (bei Regressansprüchen der Krankenversicherungsträger 80–85 % der Kfz-Schadensfälle, 75–80 % der Schadensfälle insgesamt; bei Regressansprüchen der Unfallversicherungsträger 70% der Schadensfälle).267
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Vgl. BGH 30.11.2004 VersR 2005 804, 806 f.; BGH 24.10.2001 NJW 2002 673, 675; BGH 25.2.1998 NJW 1998 1640, 1644; BGH 19.2.1998 NJW-RR 1998 1426, 1428; BGH 3.3.1988 NJW 1988 1785, 1787; KG 14.11.1990 NJW-RR 1991 698, 699; Hans. OLG Hamburg 10.2.1984 DAR 1984 260, 262; umfassend MüKoBGB/Wurmnest § 307 Rn 45. Zu Einzelheiten s. Geigel/Plagemann Haftpflichtprozess 26 Aufl. (2011) Kap. 30 Rn. 95 ff.; Kasseler Kommentar/Kater § 116 SGB X Rn. 269 ff.; Marburger NZV 2012
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521 ff.; Kunte VersR 2011 307 ff.; Plagemann/Schafhausen NZV 1991 49 ff.; Baumann 10 ff. Vgl. BGH 8.2.1983 VersR 1983 534; BGH 7.4.1981 VersR 1981 649. Vgl. BGH 25.5.1993 VersR 1993 981, 983. Vgl. OLG Saarbrücken 1.12.1989 NZV 1990 118, 119. BGH 7.4.1981 VersR 1981 649. Kasseler Kommentar/Kater § 116 SGB X Rn. 270.
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Grundsätzlich können alle Haftpflichtbereiche (z.B. Arzthaftung, Tierhalterhaftung, Sportunfälle, Pflegeheimunfälle und Kfz-Haftung) zum Gegenstand von Teilungsabkommen gemacht werden.268
III. Inhalt In dem Teilungsabkommen wird üblicherweise vereinbart, dass der Haftpflicht-VR 124 auf die Prüfung der Haftpflichtfrage verzichtet. Dieser Verzicht umfasst den objektiven Tatbestand einer Pflichtverletzung und – soweit es um Verschuldenshaftung geht – auch das Verschulden (soweit nicht ausnahmsweise ein sog. Groteskfall269 vorliegt).270 Selbst ein im Haftpflichtprozess ergangenes klagabweisendes Urteil ist ohne Bedeutung.271 Unberührt von dem Teilungsabkommen bleibt die Frage der Deckungspflicht des Haftpflicht-VR. Sie ist gegebenenfalls wie in einem Deckungsprozess (mit der dort geltenden Darlegungs- und Beweislast) zu klären. Das bedeutet, dass der Schadensfall seiner Art nach in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallen muss.272 Hinsichtlich der zu zahlenden Quote lassen die vertraglichen Vereinbarungen eine 125 Fülle von Varianten zu. Allgemein üblich ist die Unterscheidung zwischen Verschuldensund Gefährdungshaftung. Da die Beweislage für Sozialversicherungsträger bei einer Gefährdungshaftung wesentlich einfacher ist als bei einer Verschuldenshaftung, werden entsprechend höhere Quoten vereinbart.273
IV. Rechtsnatur von Teilungsabkommen Rechtsprechung und Praxis behandeln Teilungsabkommen als Rahmenverträge zur 126 Regelung erst in Zukunft durch Schadensfälle entstehender Rechtsverhältnisse, die den auf den Sozialversicherungsträger übergegangenen Anspruch gegen den Schädiger auf Dauer ausschließen.274 Der haftpflichtversicherte Schädiger wird von seiner Ersatzpflicht freigestellt. Der Haftpflicht-VR ist Alleinschuldner. Seine Leistung dient nicht der Befriedigung des auf den Sozialversicherungsträger übergangenen Schadensersatzanspruchs, sondern der Erfüllung des mit diesem bestehenden Vertrages. Der Verzicht des Sozialversicherungsträgers, den VN als Schuldner in Anspruch zu nehmen, wirkt als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), auf den sich der haftpflichtversicherte Schädiger im
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Vgl. Plagemann/Schafhausen NZV 1991 49, 50. Mit Groteskfällen sind solche Fälle gemeint, in denen die Einbeziehung des Schadens in die Erstattungsregelung mit dem Grundgedanken des Teilungsabkommens schlechthin unvereinbar wäre und sich das Erstattungsverlangen des Abkommenpartners insoweit als rechtsmissbräuchlich darstellen würde (Kunte VersR 2011 307, 310); Beispiel (Marburger NZV 2012 521, 523): Ein Fußgänger erleidet auf einer Straße einen Ohnmachtsanfall und fällt dabei auf ein ordnungsgemäß geparktes Kraftfahrzeug. Dadurch wird er verletzt. In diesem Fall
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verstieße eine Inanspruchnahme des für das Kfz zuständigen Haftpflicht-VR gegen § 242 BGB. BGH 1.10.2008 RuS 2009 62; BGH 23.11.1983 RuS 1984 120; BGH 26.5.1982 RuS 1982 182. BGH 1.10.2008 RuS 2009 62; BGH 12.6.2007 RuS 2007 407; BGH 8.2.1983 RuS 1983 118. BGH 1.10.2008 RuS 2009 62 63; OLG Jena 1.7.2009 OLGR Jena 2009 801. Marburger NZV 2012 521, 523. BGH 14.7.1976 BeckRS 1976 30401493; BGH 31.1.1951 LM Nr. 2 zu § 1542 RVO; Marburger NZV 2012 521, 522; Beck.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Rechtsstreit berufen kann.275 Leistet der Haftpflicht-VR des Schädigers aufgrund des Abkommens an den Sozialversicherungsträger, so erlischt dessen Anspruch gegen den Schädiger in der gesamten Höhe des Regressanspruchs gem. §§ 362, 364 Abs. 1 BGB.276
N. Internationale Entwicklungen/Einheitsrecht 127
Auf der Ebene des Versicherungsvertragsrechts existieren lediglich im Bereich der obligatorischen Haftpflichtversicherung völkerrechtliche und gemeinschaftsrechtliche Regelungen. Der im Jahr 1979 veröffentlichte Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Angleichung des Versicherungsvertragsrechts277, der im Jahr darauf abgeändert wurde und dessen Realisierung scheiterte, enthielt keine Bestimmungen zur Haftpflichtversicherung. Mit einer Harmonisierung des Rechts der freiwilligen Haftpflichtversicherung durch den europäischen Gesetzgeber ist auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. Die von der Projektgruppe Restatement of European Insurance Contract Law Ende 2007 vorgelegten Principles of European Insurance Contract Law (PEICL) enthalten noch keine speziellen Regelungen zur Haftpflichtversicherung 278; eine diesbezügliche Ergänzung der PEICL befindet sich jedoch kurz vor dem Abschluss. Mit einer Veröffentlichung ist im Jahre 2014 zu rechnen. 128 Auf der Ebene des internationalen Versicherungsvertragsrechts gibt die Rom I-VO das Maß für die Bestimmung des anwendbaren Rechts auf Haftpflichtversicherungsverträge, die Risiken decken, die in verschiedenen Staaten belegen sind. Hier kann auf die Kommentierung der Rom I-VO in Band 9 verwiesen werden.
§ 100 Leistung des Versicherers Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren. Schrifttum Armbrüster Prozessuale Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung, RuS 2010 441; ders. Haftpflicht- und Vermögensschadenversicherung für Verwalter und Beiräte, ZWE 2010 117; ders. Auswirkungen von Versicherungsschutz auf die Haftung, NJW 2009 187; Baumann AGB-rechtliche Inhaltskontrollfreiheit des Claims-made-Prinzips? – Zugleich Grundsatzbetrachtungen zum Versicherungsfall in der Haftpflichtversicherung –, VersR 2012 1461; ders. Die Problematik der Abtret-
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BGH 14.7.1976 BeckRS 1976 30401493; Marburger NZV 2012 521, 522; Baumann 13. BGH 25.5.1993 VersR 1993 981, 983; BGH 7.2.1984 VersR 1984 526, 527; BGH 13.6.1978 VersR 1978 843, 844; BGH 13.12.1977 VersR 1978 278, 280. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwal-
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tungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung vom 10.7.1979, ABl. C 190 vom 28.7.1979, geändert durch KOM(80) 854 endg., ABl. C 355 vom 31.12.1980. Im Internet abrufbar unter http://www.uibk. ac.at/zivilrecht/restatement/sprachfassungen/ peicl-de.pdf.
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Leistung des Versicherers
§ 100
barkeit von Freistellungsansprüchen in der D&O-Versicherung, RuS 2011 229; ders. Die Überwindung des Trennungsprinzips durch das Verbot des Abtretungsverbots in der Haftpflichtversicherung, VersR 2010 984; ders. Versicherungsfall und zeitliche Abgrenzung des Versicherungsschutzes in der D&O-Versicherung, NZG 2010 1366; ders. Zur unmittelbaren Schadensersatzpflicht des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Dritten – Folgerungen aus dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz –, VersR 2004 944; ders. Zur Überwindung des „Trennungsprinzips“ im System von Haftpflicht und Haftpflichtversicherung – Die Bedeutung des Abtretungsverbots gemäß § 7 Ziff. 3 AHB –, Festgabe Zivilrechtslehrer 1934/1935 (1999) 13; Dißars Die E&O-Versicherung, VersR 2009 1340; Graf von Westphalen Wirksamkeit des Claims-made-Prinzips in der D&O-Versicherung, VersR 2011 145; Hartung Die Allgemeine Haftpflichtversicherung (1957); Heße Das Anspruchserhebungsprinzip in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen von D&O-Versicherungsverträgen und das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, NZI 2009 790; Hintz/Burkard Folgen unberechtigten Versagens der Deckung wegen vermeintlich vorsätzlichen Herbeiführens des Versicherungsfalls in der Haftpflichtversicherung, VersR 2011 1373; Harsdorf-Gebhardt Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Haftpflichtversicherung, RuS 2012 261; Hagen Grenzen der Bindungswirkung bei der Haftpflichtversicherung, NVersZ 2001 341; R. Johannsen Zur Rechtsstellung des geschädigten Dritten in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung, RuS 1997 309; Knütel Haftpflichtversicherung und selbständiges Beweisverfahren: Zur Fälligkeit und zum Inhalt des Rechtsschutzanspruchs, VersR 2003 300; H. Koch/Hirse Die Prozessführung durch den Versicherer, VersR 2001 405; R. Koch Das Dreiecksverhältnis zwischen Versicherer, Versicherungsnehmer und versicherten Personen in Innenhaftungsfällen der D&O-Versicherung, ZVersWiss 2012 151; ders. Das Claimsmade-Prinzip in der D&O-Versicherung auf dem Prüfstand der AGB-Inhaltskontrolle, VersR 2011 295; ders. Der Direktanspruch in der Haftpflichtversicherung, RuS 2009 133; ders. Versicherung von Haftungsrisiken nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz VersR 2007 288; ders. Aktuelle und zukünftige Entwicklungen in der D&O-Versicherung, WM 2007 2173; ders. Schiedsgerichtsvereinbarungen und Haftpflichtversicherungsschutz, SchiedsVZ 2007 281; ders. Die Rechtsstellung der Gesellschaft und des Organmitglieds in der D&O-Versicherung (I–III), GmbHR 2004 18, 160 und 288; Krämer Prozessuale Besonderheiten des Haftpflicht- und Versicherungsprozesses RuS 2001 177; Kramer Das Beurteilungsermessen des Betriebshaftpflichtversicherers und die geschäftsschädigende Festlegung auf Abwehrschutz, RuS 2008 1; Kretschmer, Die zeitliche Abgrenzung des Versicherungsschutzes in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung unter besonderer Berücksichtigung des AGB-Gesetzes und internationaler Deckungskonzepte (2002); ders. Der „Schadensereignisbegriff“ in der Haftpflichtversicherung – Mehrdeutigkeit und Intransparenz des § 1 Ziff. 1 AHB, VersR 2004 1376; Lange Der Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer (am Beispiel der D&O-Versicherung), RuS 2011 185; ders. Die Rechtsstellung des Haftpflichtversicherers nach der Abtretung des Freistellungsanspruchs vom Versicherungsnehmer an den geschädigten Dritten, VersR 2008 713; ders. Die Prozessführungsbefugnis der Versicherungsnehmerin einer D&O-Versicherung, VersR 2007 893; ders. Das Zusammenspiel von Anerkenntnis und Abtretung in der Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, RuS 2007 401; ders. Das Anerkenntnisverbot vor und nach der VVG-Reform, VersR 2006 1313; ders. Der Versicherungsfall der D&OVersicherung, RuS 2006 177; ders. Die Serienschadenklausel in der D&O-Versicherung, VersR 2004 563; ders. D&O-Versicherung: Innenhaftung und Selbstbehalt, DB 2003 1833; Langheid Die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes, NJW 2007 3665 und 3745; ders. Tücken in den §§ 100 ff. VVG-RegE, VersR 2007 865; Langheid/Grote Deckungsfragen der D&O-Versicherung, VersR 2005 1165; Loritz/Hecker Das Claims-made-Prinzip in der D&O-Versicherung und das deutsche AGB-Recht, VersR 2012 385; Pataki Der Versicherungsfall in der Haftpflichtversicherung, VersR 2004 835; v. Rintelen Die Fälligkeit und die Durchsetzbarkeit des abgetretenen Freistellungsanspruchs in der Haftpflichtversicherung, RuS 2010 133; Schimikowski Claims made – ein geeignetes Prinzip für Haftpflichtversicherungen im Heilwesenbereich?, VersR 2010 153; Schimmer Die D&O-Versicherung und §§ 105 und 108 Abs. 2 VVG 2008 – kann die Versicherungsnehmerin „geschädigte“ Dritte sein?, VersR 2008 875; Schirmer Die Vertretungsmacht des Haftpflichtversicherers im Haftpflichtverhältnis, (1969); ders. Die Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform ZVersWiss Supplement 2006 427; Schramm Das Anspruchserhebungsprinzip (2009); Schramm/Wolf Das Abtretungsverbot nach der VVG-Reform, RuS 2009 358; Schrank Prozessuales Trennungsprinzip in der Haftpflichtversicherung nach dem neuen VVG, VP 2009 129; Schwin-
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§ 100
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
towski Lücken im Deckungsumfang der Allgemeinen Haftpflichtversicherung, VuR 1998 35; ders., Neuerungen im Versicherungsvertragsrecht ZRP 2006 139; Seybold/Wendt Der „Insolvenz“Senat des BGH und das Trennungsprinzip in der Haftpflichtversicherung, VersR 2011 458; K. Sieg Ausstrahlungen der Haftpflichtversicherung (1952); Staudinger Ausgewählte Probleme der D&OVersicherung im Internationalen Zivilverfahrens-, Kollisions- und Sachrecht, Karlsruher Forum 2009 (2010) 41 ff.; Terno Abgrenzungsprobleme zwischen KH-Versicherung und Allgemeiner Haftpflichtversicherung, RuS 2011 361; Winter Das Abtretungsverbot in der Berufshaftpflichtversicherung, RuS 2001 133.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I. II.
C. I.
II.
III.
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Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Der Versicherungsfall . . . . . . . . . . . Vertragliche Bestimmung . . . . . . . . . Lösungsversuche auf der Basis gesetzlicher Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Stand der Diskussion . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs auf Haftpflichtversicherungsschutz . . . . Geltendmachung von Ansprüchen . . . . 1. Erklärung der Inanspruchnahme . . . . 2. Ernstlichkeit der Erklärung . . . . . . a) Gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen . . . . . . . . . . . . . b) Außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen . . . . . . . . . . 3. Person des Erklärenden . . . . . . . . 4. Erklärungsempfänger . . . . . . . . . Betroffenheit des Schutzbereichs des Versicherungsvertrages . . . . . . . . . . . . 1. Maßgeblichkeit des Vortrags des Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . Konkretisierung des Schutzbereichs durch AVB/BBR . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Versichertes Risiko . . . . . . . . . . . 2. Versicherte Gefahr . . . . . . . . . . . a) AHB . . . . . . . . . . . . . . . . b) ProdHM . . . . . . . . . . . . . . c) Rückrufkosten . . . . . . . . . . . d) UmweltHM/USV . . . . . . . . . . e) AVB-Vermögen . . . . . . . . . . . f) AVB-AVG . . . . . . . . . . . . . 3. Versicherte Person . . . . . . . . . . . a) Privathaftpflichtversicherung . . . . b) Betriebshaftpflichtversicherung . . . c) Vermögensschadenhaftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . 4. Zeitlicher Umfang des Versicherungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . a) AHB . . . . . . . . . . . . . . . . b) ProdHM . . . . . . . . . . . . . . c) Rückrufkostenversicherung . . . . . d) UmweltHM/USV . . . . . . . . . .
1 1 2 6 7 7 9 9 12
Rn.
IV.
D. I.
20 20 20 22 23 24 27 28 29 29 37 38 43 44 49 50 52 54 56 58 59 60 61 62
II.
63 64 65 66 67 68
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e) AVB-Vermögen . . . . . . . . . . . f) D&O-Versicherung . . . . . . . . . Teilweise Betroffenheit des Schutzbereichs 1. Mischtätigkeiten . . . . . . . . . . . . 2. Anspruchskonkurrenz . . . . . . . . . Inhalt des Anspruchs auf Haftpflichtversicherungsschutz . . . . . . . . . . . Verpflichtung des VR zur Befriedigung begründeter und Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . 1. Einheitlicher Anspruch auf Befreiung von begründeten und unbegründeten Schadensersatzansprüchen . . . . . . . 2. Wahlrecht des VR bezüglich Abwehr oder Befriedigung . . . . . . . . . . . a) Existenz eines Wahlrechts . . . . . . aa) Pflichtgemäßes Ermessen . . . . bb) Abweichende Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . b) Bestimmung des pflichtgemäßen Ermessens . . . . . . . . . . . . . . aa) Offensichtlich berechtigte Haftpflichtansprüche . . . . . . . . bb) Offensichtlich unberechtigte Haftpflichtansprüche . . . . . . cc) Zweifelsfälle . . . . . . . . . . c) Prüfung der Haftpflicht des VN . . . 3. Erlöschen des Wahlrechts . . . . . . . Umwandlung des Haftpflichtversicherungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch . . 1. Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs . . . . . . . . . . . 2. Einziehungsrecht (analog § 1282 BGB) 3. Abtretung des Freistellungsanspruchs an den geschädigten Dritten . . . . . . a) Nach Eintritt der Bindungswirkung hinsichtlich des Haftpflichtanspruchs b) Vor Eintritt der Bindungswirkung hinsichtlich des Haftpflichtanspruchs 4. Anerkenntnis und/oder Befriedigung des Haftpflichtanspruchs . . . . . . . 5. Unmöglichkeit der Abwehr des Zugriffs auf das Vermögen des VN . . . . . . . 6. Verzicht des Versicherers auf Aktivprozess bei Aufrechnung mit bestrittener Haftpflichtforderung . . . . . . . . . . 7. Konfusion . . . . . . . . . . . . . . .
70 71 73 74 76 83
84
84 85 85 85 88 89 91 92 97 100 102 106 109 109 110 111 111 112 113 114
117 118
Leistung des Versicherers
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Rn. III. Konkretisierung des Haftpflichtversicherungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . 1. Freistellung von begründeten Ansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abwehr unbegründeter Ansprüche . . . a) Gewährung passiven Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewährung aktiven Rechtsschutzes . aa) Ernsthafte Berühmung einer Haftpflichtforderung . . . . . . bb) Aufrechnung mit Haftpflichtforderung . . . . . . . . . . . . (1) Zahlungsklage . . . . . . . . . (2) Feststellungsklage . . . . . . . cc) Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts oder Wegnahme eines dem VN gehörenden Gegenstands . . . . . . . . . . E. Inanspruchnahme durch einen Dritten . . F. Verjährung des Haftpflichtversicherungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einheitlicher Haftpflichtversicherungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Freistellungs-/Zahlungsanspruch . . . . . G. Prozessuale Fragen . . . . . . . . . . . . I. Klage des VN auf Leistung aus dem Versicherungsvertrag . . . . . . . . . . . 1. Richtige Klageart . . . . . . . . . . .
Rn.
121 121 127 127 128 128
II. III. H. I. II. III. IV.
130 130 133 I. I. 135 137 139 139 140 141 141 141
II.
III. IV. J. K.
2. Zulässigkeit der Feststellungsklage . . . 3. Begründetheit der Feststellungsklage . . Klagerecht des geschädigten Dritten . . . Streitwert der Deckungsklage . . . . . . Abtretung und Pfändung/Überweisung des Freistellungsanspruchs . . . . . . . . . . Geschädigter als Abtretungsempfänger oder Pfändungsgläubiger . . . . . . . . . Unbeteiligte Vierte . . . . . . . . . . . . Versicherte Personen . . . . . . . . . . . Besonderheit in der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen . . . . . . 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . Bereicherungsansprüche . . . . . . . . . Fehlender Rechtsgrund im Haftpflichtverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zahlung an den geschädigten Dritten . 2. Zahlung an den VN . . . . . . . . . . Fehlender Rechtsgrund im Versicherungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zahlung an den geschädigten Dritten . 2. Leistung an den VN . . . . . . . . . . Doppelmangel . . . . . . . . . . . . . . Kondiktionsausschluss (§ 814 BGB) . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . .
143 149 150 154 157 157 158 159 160 160 161 163 166 167 167 170 171 171 173 174 175 178 181
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 100 ist die Nachfolgeregelung zu § 149 a.F., der seit der Schaffung des VVG 1908 1 unverändert geblieben war. Während § 149 a.F. ganz allgemein von der Leistung sprach, die der haftpflichtige VN an den geschädigten Dritten zu bewirken und der VR ihm zu ersetzen habe, konkretisiert die Neufassung die Leistungspflichten des VR in Anpassung an die allgemeine Vertragspraxis in den verschiedenen Sparten der Haftpflichtversicherung (z.B. Ziff. 5.1 S. 1 AHB 2012). Zugleich trägt die Neufassung der tatsächlichen Abwicklung von Versicherungsfällen besser Rechnung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der VR den Schaden unmittelbar gegenüber dem Dritten reguliert (vgl. § 106 S. 1).
II. Inhalt und Normzweck § 100 bestimmt das Wesen des Haftpflichtversicherungsvertrages, indem er die finan- 2 zielle Abdeckung der aus dem einzelnen Haftpflichtfall erwachsenen Verantwortlichkeit des VN einem Dritten gegenüber als Gegenstand des Leistungsversprechens des VR festlegt.1 Kennzeichnend für die Haftpflichtversicherung ist, dass dem VN anders als in den
1
Vgl. BGH 17.9.2003 RuS 2003 500, 501; BGH 27.11.2002 NJW 2003 511, 513; BGH 28.11.1990 VersR 1991 175, 176.
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sonstigen Schadensversicherungsarten kein Zahlungsanspruch, sondern ein Befreiungsanspruch zusteht (zum Wesen des Haftpflichtversicherungsanspruches s. Vorbemerkung zu §§ 100–112 Rn. 1 ff.). Dem VN sollen keine finanziellen Belastungen dadurch erwachsen, dass er seitens eines Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Nach bürgerlich-rechtlichem Verständnis verpflichtet ein Befreiungsanspruch den Freistellungsschuldner, begründete Ansprüche gegen den Freistellungsgläubiger zu erfüllen und unbegründete Ansprüche vom Freistellungsgläubiger abzuwehren.2 In diesem umfassenden Sinne haben die versicherungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur auch stets den Anspruch des VN auf Haftpflichtversicherungsschutz verstanden (Freistellung i.w.S.). Soweit es in § 100 heißt, der VR sei verpflichtet, den VN „von Ansprüchen freizustel3 len, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren“, liegt dem (versicherungsrechtlichen) Begriff der Freistellung allerdings ein engeres Verständnis als im bürgerlich-rechtlichen Sinne zugrunde. Wie sich aus der Gegenüberstellung von Freistellung und Anspruchsabwehr ergibt, bezieht sich die Freistellung auf begründete Haftpflichtansprüche (Freistellung i.e.S.).3 Der Begriff der „Freistellung“ stellt insoweit nur klar, dass es dem VR überlassen bleibt, auf welche Weise er begründete Haftpflichtansprüche befriedigt (i.d.R. durch Zahlung). Freistellung i.S.v. § 100 ist somit gleichbedeutend mit Erfüllung/Befriedigung des Haftpflichtanspruchs. Ebenfalls der Klarstellung dient die Hervorhebung der Pflicht zur Anspruchsabwehr.4 4 Diese Verpflichtung hatte im VVG 1908 nur unvollkommen ihren Ausdruck gefunden. Durch die Hervorhebung soll zudem deutlich gemacht werden, dass es sich bei der Pflicht zur Anspruchsabwehr um eine Hauptpflicht handelt, der Leitbildfunktion i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zukommt. Diese Einordnung entspricht der Rechtsprechung zu § 149 a.F.5 Die Prüfung der Haftpflichtfrage wird nicht ausdrücklich erwähnt. Dass diese eben5 falls – und zwar als Hauptpflicht und nicht nur aufgrund entsprechender Regelungen in den Vertragsbedingungen – gesetzlich geschuldet ist, ergibt sich daraus, dass der VR andernfalls keine Entscheidung darüber treffen könnte, wie er seinen Hauptpflichten nachkommt.6 Die Prüfung der Haftpflichtfrage ist insoweit „notwendige Voraussetzung der beiden anderen Ansprüche“;7 sie ist ebenso wie die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Ansprüche Ausstrahlung ein und desselben einheitlichen Versicherungsanspruches.8 Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass kein neuer Anspruch entsteht, wenn der VR sich nach Prüfung der Haftpflichtfrage erfolglos um die An-
2
3 4 5
Vgl. BGH 15.10.2007 NJW-RR 2008 256, 258 (zu § 426 Abs. 1 S. 1 BGB); BGH 19.1.1983 NJW 1983 1729, 1739 (zu § 257 BGB); BGH 24.6.1970 NJW 1970 1594, 1595 (zu § 11 Abs. 2 VOL/B). Vgl. Baumann VersR 2010 984, 985; HK-VVG/Schimikowski § 100 Rn. 4. Begr. BTDrucks. 16/3945 S. 85. BGH 7.2.2007 VersR 2007 1116 = RuS 2007 191; BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 281 = VersR 1992 1504; BGH 21.1.1976 VersR 1976 477; BGH 20.2.1956 NJW 1956 826, 827 = VersR 1956 186.
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6 7 8
Von Rintelen RuS 2010 133, 136; Kramer RuS 2008 1, 3. Vgl. RG 7.2.1936 RGZ 150 227, 229. BGH 20.2.1956 NJW 1956 826, 827 = VersR 1956 186; vgl. auch BGH 21.5.2003 BGHZ 155 69, 71 = NJW 2003 2376; BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 281 = VersR 1992 1504; BGH 17.3.1992 BGHZ 117 345, 349 = RuS 1992 228; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 8; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 36 m.w.N.
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spruchsabwehr bemüht. Vielmehr kann und muss der VR den Haftpflichtversicherungsanspruch nunmehr in anderer Form als zuvor – nämlich durch Befriedigung des Dritten – erfüllen.9 An diesem Begriffsverständnis wollte der Reformgesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien nichts ändern. Es liegt auch § 100 zugrunde. Zum einheitlichen Haftpflichtversicherungsschutzanspruch gehören im Übrigen auch die Verpflichtungen des VR zum Ersatz der Rechtsschutzkosten (§ 101 Abs. 1 ), zur Befreiung des VN von Zinsansprüchen des geschädigten Dritten (§ 101 Abs. 2 S. 2 ) und zur Sicherheitsleistung (§ 101 Abs. 3).
III. Anwendungsbereich § 100 findet keine Anwendung in der Seeversicherung (§ 209). Er gilt auch in der 6 obligatorischen Haftpflichtversicherung. Soweit unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 ein Direktanspruch gegen den VN besteht, hat § 100 dort keine praktische Bedeutung, da der Geschädigte vom VR nicht erst über den Umweg der Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs des VN, sondern direkt auf Zahlung in Anspruch genommen werden kann.
B. Der Versicherungsfall I. Vertragliche Bestimmung Der Reformgesetzgeber verzichtet – wie bereits die Gesetzesredaktoren des VVG 7 190810 – bewusst auf eine konkrete Festlegung des Versicherungsfalles in der Haftpflichtversicherung. Die nähere Ausgestaltung will er ausweislich der nachstehend wiedergegebenen Gesetzesbegründung – wie auch in anderen Versicherungszweigen (vgl. § 1: „vereinbarter Versicherungsfall“) – den Parteien des Versicherungsvertrages überlassen:11 „Die Vorschrift enthält keine Definition des Versicherungsfalles, der gerade in der Haftpflichtversicherung sehr unterschiedliche Ausprägungen erfährt. Als Versicherungsfall werden unter anderem vereinbart das Schadensereignis (z.B. Allgemeine Haftpflichtversicherung), der Rechtsverstoß (z. B. Anwalts- und Notarhaftpflichtversicherung), der Planungsfehler (z. B. Architektenhaftpflichtversicherung), das In-Verkehr-Bringen eines Produktes (z.B. Produkthaftpflichtversicherung), die erstmalige Feststellung des Schadens (z.B. Umwelthaftpflichtversicherung) oder die Schadensmeldung – auch ‚claims made’ genannt – (z.B. Allgemeine Haftpflichtversicherung, D&O-Versicherung). Diese Gestaltungsmöglichkeiten werden auch künftig nicht eingeschränkt; in den folgenden Vorschriften wird der Begriff des Schadensereignisses im alle Versicherungsfälle umfassenden Sinn verwendet.“
Lässt man einmal unberücksichtigt, dass die vom Gesetzgeber für die Produkthaft- 8 pflichtversicherung (In-Verkehr-Bringen) und für die Allgemeine Haftpflichtversicherung (Schadensmeldung) beispielhaft aufgeführten Versicherungsfalldefinitionen bislang keinen Eingang in die Vertragspraxis gefunden haben,12 stellt sich für den Rechtsanwender die
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Vgl. BGH 18.6.2009 NJW 2010 60, 61 bezüglich des Ausgleichsanspruchs bei der Gesamtschuld. Motive 201 f. Begr. BTDrucks. 16/3945 S. 85.
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Zu Recht krit. HK-VVG/Schimikowski § 100 Rn. 7; vgl. auch Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 108; Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 2.
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Frage, ob in den Fällen, in denen die Versicherungsfalldefinition nicht Vertragsbestandteil (vgl. § 305c Abs. 1 BGB) und/oder unwirksam (vgl. § 307 BGB) ist, diese Vertragslücke nach § 306 Abs. 2 BGB durch § 100 geschlossen werden kann. Hierbei handelt es sich nicht nur um ein theoretisches Problem, wie die Diskussion um die Wirksamkeit des Claims-made-Prinzips in der D&O-Versicherung im Anschluss an das Urteil des OLG München vom 8.5.2009 zeigt.13
II. Lösungsversuche auf der Basis gesetzlicher Bestimmungen 1. Stand der Diskussion
9
Baumann verneint die Eignung des § 100 zur Lückenfüllung. Er ist der Ansicht, § 100 setze eine vertragliche Konkretisierung des Versicherungsfallbegriffs voraus. Konsequenterweise spricht er sich dafür aus, Lücken infolge Unwirksamkeit des Versicherungsfallbegriffs im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.14 Diese Ansicht entspricht der vorherrschenden Kommentarliteratur zu § 149 a.F., die insoweit auch auf eine Kommentierung des Tatsachenbegriffs verzichtet15 und zum Teil die Auffassung vertritt, mit dem gesetzlichen Begriff der „Tatsache“ sei der Versicherungsfall umschrieben.16 Andere Autoren haben § 149 a.F. dagegen Ersatzfunktion i.S.v. § 306 Abs. 2 BGB zugesprochen.17 R. Johannsen hat sich in der Vorauflage dafür ausgesprochen, diejenige Handlung, die adäquat kausal das Schadensereignis zur Folge hatte, als Tatsache i.S.v. § 149 a.F. aufzufassen (Verstoß- oder Kausalereignistheorie).18 Später hat er die Verstoßoder Kausalereignistheorie sogar als in § 149 a.F. verankertes Leitbild i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. angesehen.19 Die Rechtsprechung hat hinsichtlich der Eignung des § 149 a.F. zur Lückenfüllung 10 nicht Stellung bezogen. Allerdings hat sie wiederholt § 149 a.F. als Leitbild i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB/§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. herangezogen, wenn es um die Eintrittspflicht des VR ging. So hat der BGH in mehreren Entscheidungen, die die Wirksamkeit von Serienschadensklauseln zum Gegenstand hatten, festgestellt, § 149 a.F. lege fest, dass die finanzielle Abdeckung der aus dem „einzelnen Haftpflichtfall erwachsenen Verantwortlichkeit des VN einem Dritten gegenüber“ Gegenstand des Leistungsversprechens
13
14
OLG München 8.5.2009 VersR 2009 1066, 1068 = RuS 2009 327; vgl. auch Vorinstanz LG München 25.09.2008 VersR 2009 210, 213; OLG Frankfurt a.M. 5.12.2012 RuS 2013 329, 332; Schimikowski RuS 2009 331; Graf von Westphalen VersR 2011 145 ff.; R. Koch VersR 2011 295 ff.; Baumann NZG 2010 1366 ff.; ders., VersR 2012 1461 ff.; Loritz/Hecker VersR 2012 385; Heße NZI 2009 790 ff.; Staudinger Karlsruher Forum 2009 41, 69 ff.; zur Wirksamkeit des Schadenereignisbegriffs in der Haftpflichtversicherung s. Schwintowski VuR 1998 35, 36 ff.; Kretschmer VersR 2004 1376, 1389. Baumann NZG 2010 1366, 1372; Bruck/ Möller/Baumann § 1 Rn. 112; Staudinger, Karlsruher Forum 2009, 41, 71 f.; a.A. Schramm Anspruchserhebungsprinzip 123:
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18 19
§ 100 sei „geeignete Vorschrift zur Vertragsergänzung“. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 152 ff.; Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 149 Rn. 20 ff.; Prölss/Martin/ Lücke § 100 Rn. 1; Späte § 1 Rn. 44; vgl. auch Rolfes VersR 2006 1162, 1163. Z.B. Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 108; Loritz/Hecker VersR 2012 385, 391; ablehnend: Baumann VersR 2012 1461, 1462; Schramm 9 f. Schwintowski VuR 1998 35, 39 f.; Kretschmer VersR 2004 1376, 1390; vgl. auch Wriebe VersR 1997 794, 795. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 23. R. Johannsen FS E. Lorenz 363, 367 f.; ders. Umweltschäden 86 und 156 ff.
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des VR sei.20 Hiervon weiche eine Klausel ab, in der mehrere Versicherungsfälle für die Regulierung durch den VR zu einem einzigen gebündelt würden.21 Der BGH versteht den Begriff der Tatsache i.S.v. § 149 a.F. anscheinend als einzelnen schadensstiftenden Vorgang. Im Rahmen der bereits angesprochenen Diskussion um die Wirksamkeit des Claims-made-Prinzips in der D&O-Versicherung haben sowohl das LG München I als auch das OLG München eine Abweichung von § 149 a.F. mit der Begründung verneint, auch die Erhebung eines Anspruchs könne als eintretende Tatsache i.S.v. § 149 a.F. angesehen werden.22 Offenbar sieht die Rechtsprechung § 149 a.F., soweit es um die Definition des Ver- 11 sicherungsfalls geht, als eine der Ergänzung zugängliche und – vor allem im Hinblick auf die versicherte Gefahr (Rn. 49 ff.) – grundsätzlich auch bedürftige Regelung an, die zugleich einen äußeren Rahmen vorgibt, der für die Inhaltskontrolle bedeutsam ist und damit auch zur Lückenfüllung infrage kommt. Ganz in diesem Sinne hat Schwintowski die Ansicht vertreten, dass unter einer Tatsache i.S.v. § 149 a.F. alle haftungsbegründenden Ereignisse zu verstehen seien, d.h. sowohl die Haftungsursachen als auch die Haftungsfolgen.23 Kretschmer nennt als mögliche Anknüpfungspunkte nicht nur den kausalen Verstoß (Ursachenereignis) und den zeitlich unmittelbar zum Schaden führenden Vorgang (Schadensereignis), sondern auch die Anspruchserhebung und sogar die gerichtliche Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs. Bei einem zeitlichen Auseinanderfallen von Ursache und Erfolg will er ausreichen lassen, dass einer der beiden haftungsbegründenden Ereignisse während der Versicherungszeit eintritt.24 2. Stellungnahme Die Baumannsche Auffassung verdient insoweit Zustimmung, als der Gesetzgeber die 12 Definition des Versicherungsfalles im Grundsatz den Parteien des Versicherungsvertrages überlassen will. Ihrem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen gebührt Vorrang. Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist jedoch, dass der Versicherungsvertrag wirksam zustande gekommen ist.25 Da die Definition des Versicherungsfalles über die Eintritts- und damit auch über die Leistungspflicht des VR entscheidet, ist sie essentialium negotii der Vereinbarung. Haben die Parteien keine Vereinbarung darüber getroffen, fehlt es somit an einem wirksamen Versicherungsvertrag(sschluss), wenn sich der Versicherungsfall in der Haftpflichtversicherung nicht mithilfe der gesetzlichen Regelungen bestimmen lässt. Des Weiteren ist die Vertragspraxis zu berücksichtigen. Der Versicherungsfall wird fast immer nicht individuell, sondern formularvertraglich vereinbart. Somit sind die Vorgaben des AGB-Rechts zu beachten. Ein Rückgriff auf die ergänzende Vertragsauslegung kommt deshalb erst dann in Betracht, wenn die Klauseln, die den Versicherungsfall bestimmen, erstens nicht Bestandteil eines ansonsten wirksam zustandegekommenen Versicherungsvertrages geworden oder unwirksam sind, es zweitens an
20 21
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BGH 17.9.2003 RuS 2003 500, 501. Vgl. BGH 17.9.2003 RuS 2003 500, 501; BGH 27.11.2002 NJW 2003 511, 513; BGH 28.11.1990 VersR 1991 175, 176. OLG München 8.5.2009 VersR 2009 1066, 1068 = RuS 2009 327; LG München 25.09.2008 VersR 2009 210, 213; vgl. auch Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 108;
23 24 25
anders noch LG München 1.3.2007 12 O 8517/06, unveröffentlicht. Schwintowski VuR 1998 35, 40. Kretschmer VersR 2004 1376, 1391. Vgl. BGH 7.2.2006 NJW-RR 2006 1139, 1141; Staudinger/Roth Neubearb. 2010 § 157 Rn. 12; Bruck/Möller/Beckmann Einf. C Rn. 81.
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geeignetem dispositiven Gesetzesrecht fehlt 26 und drittens die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet.27 Der Tatsachenbegriff i.S.v. § 100 gibt für eine Bestimmung des Versicherungsfalles 13 nichts her. Soweit man ihn auf tatsächliche Vorgänge beschränken will, kommt es darauf an, dass es sich um „etwas Geschehenes oder Bestehendes [handelt], das zur Erscheinung gelangt und in die Wirklichkeit getreten und daher dem Beweise zugänglich ist“.28 Erfasst würden somit sämtliche Ereignisse, die Anknüpfungspunkt für die tatsächlich bestehende oder lediglich behauptete Haftung des VN dem Grunde und der Höhe nach sind, wobei im Hinblick auf das Merkmal „während der Versicherungszeit“ zu verlangen wäre, dass alle haftungsbegründenden Ereignisse während der Versicherungszeit eingetreten sind. Ein Rückgriff auf § 100 würde deshalb gerade in den praktisch relevanten Fällen ausscheiden, in denen das haftungsbegründende Verhalten (Handlung oder Unterlassung) und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und nur eines der beiden Ereignisse innerhalb der Versicherungszeit eintritt. Selbst wenn man den Begriff der Tatsache – wofür die Gesetzesbegründung spricht – nicht auf tatsächliche Vorgänge beschränkt, sondern – wie bei § 425 BGB 29 und § 726 ZPO30 – auch rechtliche Umstände als erfasst ansieht, ließe sich der Versicherungsfall angesichts der Vielfalt der infrage kommenden Anknüpfungspunkte nicht festlegen. Somit stellt sich die Frage, ob sich der Versicherungsfall nicht mithilfe der vom VR 14 nach § 100 geschuldeten Hauptleistungspflichten bestimmen lässt. Die Pflicht zur Freistellung i.S.v. Befriedigung besteht nur dann, wenn der VN sich zumindest dem Grunde nach haftpflichtig gemacht hat, also schuldhaft – soweit nicht ausnahmsweise ein Fall der verschuldensunabhängigen Deliktshaftung vorliegt – vertragliche Pflichten oder fremde Rechtsgüter während der materiellen Versicherungsvertragsdauer verletzt hat. Und die Pflicht zur Abwehr unberechtigter Ansprüche setzt voraus, dass ein Dritter Ansprüche gegen den VN geltend macht. Da die Abwehrpflicht wiederum nur einsetzt, wenn der Dritte eine in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallende haftungsbegründende Handlung behauptet (Rn. 29 ff.), wird man auch bezogen auf die Entstehung dieser Verpflichtung darauf abstellen müssen, ob das haftungsbegründende Verhalten (Tun oder Unterlassen) während der materiellen Versicherungsvertragsdauer liegt. Damit lässt sich zwanglos folgern, dass das Verhalten, welches die Inanspruchnahme/ Haftung begründet hat, jedenfalls auch als „während der Versicherungszeit eintretende Tatsache“ i.S.v. § 100 VVG aufzufassen ist, m.a.W. die Pflichtverletzung (Verstoß) den Versicherungsfall begründet. Hiergegen lässt sich auch nicht die Begründung des Gesetzgebers anführen, demzufolge § 100 gerade keine Definition des Versicherungsfalles vor-
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27
BGH 14.04.1990 NJW-RR 1990 817, 818 f.; BGH 19.03.1975 NJW 1975 1116; vgl. auch Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Lindacher § 306 Rn. 16 f.; Palandt/Ellenberger § 157 Rn. 4 ff.; Staudinger/Roth Neubearb. 2010 § 157 Rn. 24 f. BGH 22.01.1992 BGHZ 117 92, 98 f.; BGH 01.02.1984 BGHZ 90 69, 75 ff.; vgl. auch BGH 11.06.2010 NJW 2010 2873, 2874; BGH 16.4.2010 BeckRS 2010 12892; BGH 28.10.1999 BGHZ 143 103, 120; BGH 11.11.1997 BGHZ 137 153, 157;
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im Verbraucherverkehr darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht auf eine geltungserhaltende Reduktion hinauslaufen, vgl. EuGH 14.6.2012 EuZW 2012 754, 757=NJW 2012 2257. RG 21.12.1920 RGSt 55 129, 131 zu § 186 StGB. Staudinger/Looschelders Neubearb. 2012 § 425 Rn. 3. Vgl. MünchKomm-ZPO/Wolfsteiner § 726 Rn. 9; BeckOK-ZPO/Ulrici § 726 Rn. 5.
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gebe. Im Kontext mit der weiteren Begründung des Gesetzgebers, den Parteien möglichst viel Gestaltungsspielraum bei der Definition des Versicherungsfalles zu geben, wird deutlich, dass er mit dieser Formulierung lediglich klarstellen wollte, dass § 100 kein Leitbild i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgibt. Das Abstellen auf die Pflichtverletzung fügt sich am besten in die Systematik der 15 Schadens-/Haftpflichtversicherung ein. So ist die Vereinbarung einer Rückwärtsversicherung i.S.v. § 2 Abs. 1 beim Claims-made-Prinzip wegen § 2 Abs. 2 S. 2 nicht möglich. Beim Schadensereignis-, Manifestations- und Claims-made-Prinzip trifft den VN zwar die Obliegenheit zur Anzeige nach § 104 Abs. 1 S. 1, wenn er Kenntnis von einer möglichen Haftung hat. Weitere Auskunft schuldet der VN dem VR nach dem Gesetz jedoch nicht, da der VR gemäß § 31 erst nach dem Eintritt des Versicherungsfalls Auskunft vom VN verlangen kann (vgl. § 104 Rn. 6). Schließlich wird nur das Verstoßprinzip dem Normzweck des § 82, den VN durch den Abschluss einer Versicherung nicht seiner Eigenverantwortung zu entheben und ihn anzuhalten, sich um Schadenminderung zu bemühen, wirklich gerecht, weil die Rettungsobliegenheiten bereits ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung einsetzen. Für das Abstellen auf die Pflichtverletzung sprechen auch die allgemein für die Haft- 16 pflichtversicherung geltenden Feststellungen des BGH, die er anlässlich der Auslegung des in älteren Fassungen der AHB verwandten Ereignisbegriffs in seinem Urteil vom 4.12.1980 31 getroffen hat. Danach würden zwar die Erwartungen des VN in erster Linie vom Text des Versicherungsvertrages bestimmt. Jedoch müsse auch die Verkehrsauffassung und die Interessenlage in Betracht gezogen werden. Wer einen Haftpflichtversicherungsvertrag abschließe, so der BGH, rechne im Allgemeinen nicht damit, dass der VR auch für ein vor dem Vertragsschluss (oder dem vereinbarten Versicherungsbeginn) liegendes Fehlverhalten des Versicherten eintrete. Der VN habe aber ein berechtigtes Interesse daran, dass der VR in allen Fällen, in denen das haftungsbegründende Ereignis in den Haftungszeitraum falle, vollen Versicherungsschutz gewähre, und zwar auch dann, wenn die schädigenden Folgen erst nach dem Ende der vereinbarten Versicherungszeit hervorträten.32 Schließlich spricht für eine an die Pflichtverletzung anknüpfende Eintrittspflicht des 17 VR auch die Überlegung, dass Versicherung ein Element der Risikosteuerung ist und als solches an die Stelle anderer Risikosteuerungsmaßnahmen tritt oder diese ergänzt. Versicherung kann naturgemäß zwar nicht mehr das vor Abschluss des Vertrages liegende Verhalten des VN steuern, wohl aber ist sie geeignet, das nach Abschluss liegende Verhalten des VN zu beeinflussen. Er wird im Vertrauen auf den Versicherungsschutz möglicherweise risikofreudiger agieren. Werden die AVB in toto oder auch nur die Klausel, die den Versicherungsfall beschreibt, nicht Vertragsbestandteil oder sind sie unwirksam, hat der VR somit dem VN und/oder den versicherten Personen für während der materiellen Dauer der Versicherung begangene Pflichtverletzungen Deckung zu gewähren, soweit das Abstellen auf die Pflichtverletzung nicht im Widerspruch zu den tatsächlichen oder mutmaßlichen Parteiwillen steht (hierzu sogleich Rn. 19). So liegt der Fall in der D&OVersicherung.33
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BGH 4.12.1980 BGHZ 79 76 ff. = VersR 1981 173. BGH 4.12.1980 BGHZ 79 76 ff. = VersR 1981 173.
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Vgl. OLG Frankfurt a.M. 5.12.2012 RuS 2013 329, 333; R. Koch VersR 2011 295, 300.
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Erst die Bestimmbarkeit des Versicherungsfalles mithilfe von § 100 VVG ermöglicht im Übrigen eine AGB-Kontrolle formularvertraglich vereinbarter Versicherungsfalldefinitionen, die über die Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 3 S. 2 BGB hinausgeht (soweit man nicht – was nicht unvertretbar ist – § 100 VVG als auf Ergänzung durch die Parteien angelegten Rechtssatz34 ansieht).35 Ohne gesetzlich bestimmbaren Versicherungsfall müssten die mit der vertraglichen Festlegung des Versicherungsfalls verbundene zeitliche Fixierung und die mit dieser Festlegung üblicherweise einhergehenden sonstigen Beschränkungen des Versicherungsschutzes (z.B. auf Personen-, Sachund Vermögensschäden) als (kontrollfreie) Leistungsbeschreibungen qualifiziert werden, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag(sschluss) nicht mehr angenommen werden könnte.36 Lücken, die dadurch enstehen, dass der Versicherungsfall nicht Vertragsbestandteil oder 19 unwirksam ist, lassen sich im Grundsatz somit durch Rückgriff auf § 100 schließen, soweit sich nicht aus den sonstigen Vereinbarungen der Parteien ergibt, dass der Versicherungsfall nicht bereits durch die Pflichtverletzung, sondern erst durch ein späteres Ereignis eintreten soll. § 100 lässt sich insoweit als Beispiel dafür begreifen, dass dispositives Gesetzesrecht zwar vorhanden und zur Lückenfüllung grundsätzlich auch geeignet ist, ein Rückgriff jedoch nur dann in Betracht kommt, wenn und soweit er der Interessenlage gerecht wird und dem Parteiwillen (bei Vertragsschluss) entspricht. Nur wenn es an diesen Voraussetzungen fehlt, m.a.W. wenn das Abstellen auf die Pflichtverletzung nicht der Interessenlage oder dem Parteiwillen entspricht, ist die Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung unter Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens (§§ 133, 157 BGB) zu schließen. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Bestimmung bewusst gewesen wäre. Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Parteiwillens ist vor allem das versicherte Risiko (Rn. 44 ff.).37
C. Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs auf Haftpflichtversicherungsschutz I. Geltendmachung von Ansprüchen 1. Erklärung der Inanspruchnahme
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Entstehung und Fälligkeit des einheitlichen Haftpflichtversicherungsanspruchs nach § 100 haben zur Voraussetzung, dass von Dritten Ansprüche „geltend gemacht werden“. Was unter dem Begriff der Geltendmachung zu verstehen ist, lässt das Gesetz offen. 34
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Vgl. BGH 22.1.2004 NJW 2001 1104, 1107 (zur Kontrollfähigkeit rechtsergänzender Klauseln). A.A. Baumann VersR 2012 1461, 1464 f., der die Inhaltskontrolle des Claims-madePrinzips damit begründet, dass das Erfordernis der Anspruchserhebung während der Vertragslaufzeit von § 100 abweicht, demzufolge die Geltendmachung des Drittanspruchs ohne zeitliche Eingrenzung, d.h. auch noch wirksam nach Ablauf des Versicherungsvertrages erfolgen kann; Loritz/Hecker VersR
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36
37
2012 385 ff., die die Definition des Versicherungsfalls von der Inhaltskontrolle ausnehmen wollen. Speziell zur Definition des Versicherungsfalls s. OLG München 8.5.2009 RuS 2009 327, 329; allgemein vgl. BGH 30.9.2009 RuS 2009 508, 509; BGH 15.11.2007 NJW 2008 360, 362; BGH 26.9.2007 VersR 2007 1690, 1691; BGH 23.6.1999 BGHZ 142 103, 109 f.; BGH 24.3.1999 BGHZ 141 137, 141, jew. m.w.N. Vgl. R. Koch VersR 2011 295, 300 f.
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Nach der Rechtsprechung zu § 3 II Ziff. 1 AHB a.F. muss der Dritte sich dazu entschlossen haben, Schadensersatzansprüche gerade gegen den VN zu erheben, und er muss diesen Entschluss in einer Art und Weise zu erkennen gegeben haben, die vom VN als ernstliche Erklärung der Inanspruchnahme verstanden werden kann.38 In diesem Sinne wird der Begriff der Geltendmachung i.S.v. § 100 vom Schrifttum – Rechtsprechung fehlt hierzu noch – verstanden.39 Die Inanspruchnahme des VN ist im Übrigen nicht entbehrlich und eine Geltendmachung ist folglich zu verneinen, wenn der Dritte im Hinblick auf sein persönliches Verhältnis zum VN von dessen Inanspruchnahme absieht.40 Die Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs i.S.v. § 100 ist abzugrenzen von der 21 Anzeigepflicht nach § 104 Abs. 1 S. 1. Letztere berührt den „Bereich vor der Fälligkeit des Deckungsanspruchs“.41 Dieses Stadium, ist nach Ansicht des BGH dadurch gekennzeichnet, dass es zwar noch an eindeutigen Willensbekundungen des Geschädigten fehlt, die dem VN die Sicherheit geben, dass von ihm Schadensersatz verlangt wird, aufgrund des Verhaltens des Geschädigten eine künftige Anspruchserhebung jedoch möglich oder gar wahrscheinlich erscheint. Deshalb besteht bereits zu diesem Zeitpunkt ein gesetzlich anerkanntes Informationsinteresse des VR. Es steht dem VR jedoch frei, zunächst abzuwarten oder bereits tätig zu werden, um nach Möglichkeit eine Belastung mit späteren Schadensersatzansprüchen schon in diesem frühen Stadium abzuwehren. Einen Anspruch auf Abwehrmaßnahmen hat der VN zu diesem Zeitpunkt noch nicht, „mögen sie auch sinnvoll sein und in seinem Interesse liegen“.42 2. Ernstlichkeit der Erklärung Bedarf es somit einer eindeutigen Willensbekundung des Geschädigten, so folgt da- 22 raus nur, dass die Ernstlichkeit der Inanspruchnahme objektiv anhand der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen ist. Eine bestimmte Form ist dagegen nicht erforderlich, sodass die Erklärung der Inanspruchnahme grundsätzlich mündlich und sogar konkludent ausgesprochen werden kann.43 Ebenso wenig ist es erforderlich, dass der Geschädigte den Schaden bereits konkret beziffert.44 a) Gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen. Die gerichtliche Geltendmachung 23 von Schadensersatzansprüchen gegen den VN ist stets als ernstliche Erklärung der Inanspruchnahme anzusehen, weil spätestens in diesem Moment die Verpflichtung des VR zur Prüfung der Haftpflichtfrage und zur Rechtsschutzgewährung fällig wird.45 Neben 38
39
40 41
BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043; OLG Frankfurt/M. 13.3.2008 RuS 2010 61, 62; OLG Karlsruhe 16.2.2006 OLRG Karlsruhe 2006 374; OLG Köln 30.10.2001 VersR 2003 1166, 1166; vgl. auch BGH 21.5.2003 BGHZ 155 69, 71 = VersR 2003 900; BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118; BGH 20.1.1966 VersR 1966 229, 232. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 14; Römer/ Langheid/Langheid § 100 Rn. 28; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 100 Rn. 14. LG Karlsruhe 25.6.1987 MDR 1987 850. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043 zu § 153 a.F.
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BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043; vgl. auch OLG Frankfurt/M. 13.3.2008 RuS 2010 61, 62. BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 57, Bruck/ Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 37; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 21, jew. zu § 153 Abs. 2 a.F. RG 23.10.1936 RGZ 152 235, 242; vgl. auch OLG Köln 5.3.1996 RuS 1998 323; KG 21.2.2003 VersR 2003 1246; LG Düsseldorf 11.04.2003 Schaden-Praxis 2004 98, 99; OLG Düsseldorf 21.5.1963 VersR 1964 178, 179. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043.
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dem Antrag auf Prozesskostenhilfe, der Einleitung des Mahnverfahrens und der Klageerhebung46 hat die Rechtsprechung eine ernstliche Erklärung der Inanspruchnahme im Falle der Streitverkündung bejaht.47 Das selbstständige Beweisverfahren soll nach Ansicht der Rechtsprechung nur dann als Inanspruchnahme zu qualifizieren sein, wenn der Dritte allein den VN für einen eingetretenen Schaden verantwortlich machen will und das selbstständige Beweisverfahren lediglich dem Zweck dient, die Schadenshöhe festzustellen.48 Kommen dagegen mehrere Schädiger in Betracht, ist das Schadensbild unklar und will der Geschädigte sich mit dem selbstständigen Beweisverfahren Klarheit darüber verschaffen, welche Schäden eingetreten sind, was zur Schadensentstehung geführt hat und wer jeweils die Verantwortung dafür trägt, soll die Einleitung eines Beweisverfahrens als solche nach Ansicht des BGH nicht als ernsthafte Inanspruchnahme zu qualifizieren sein.49 Dass der Gläubiger erkennbar eine Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den VN erwäge oder für möglich erachte, reiche für die Fälligkeit des Anspruchs auf Versicherungsleistungen noch nicht aus.50
24
b) Außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen. Die Ernstlichkeit der Erklärung bestimmt sich nicht danach, ob sie gerichlich oder außergerichtlich erfolgt. Die Einleitung gerichtlicher Schritte gegen den VN ist nicht entscheidend. Zu Recht hat die Rechtsprechung deshalb die außergerichtliche Aufforderung zur Zahlung von Schadensersatz oder zur Anerkennung der Schadensersatzforderung, ja selbst das Verlangen nach Abgabe eines auf den Grund des Anspruchs beschränkten Anerkenntnisses der Schadensersatzpflicht, als ernstliche Erklärung ausreichen lassen.51 Eine ernsthafte Inanspruchnahme liegt auch vor, wenn der Besteller die Abnahme unter Hinweis auf angebliche Mängel verweigert und vom VN die komplette Neuerstellung des Werks verlangt.52 Im Hinblick darauf, dass die Erfüllung der Abwehrverpflichtung den VR auch zu Aktivprozessen nötigt, wenn der geschädigte Dritte wegen seiner vermeintlichen Haftpflichtforderung ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht, gegen eine Forderung des VN aufrechnet oder ein dem VN gehörenden Gegenstand wegnimmt (Rn. 130 ff.), stehen einer Geltendmachung gleich die Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht, die Erklärung der Aufrechnung sowie die Wegnahme einer Sache. Sieht man den VR (ausnahmsweise) als zur Erhebung einer negativen Feststellungs25 klage verpflichtet an (Rn. 128 f.), liegt eine Geltendmachung i.S.v. § 100 auch dann vor, wenn der Geschädigte sich eines dem Grunde oder der Höhe nach nicht bestehenden Schadensersatzanspruchs berühmt. Insoweit ist der Hinweis geboten, dass das Erfordernis der Ernstlichkeit der Inanspruchnahme Parallelen zu den Voraussetzungen aufweist, die an das rechtliche Interesse bei einer negativen Feststellungsklage zu stellen sind. Ein Feststellungsinteresse setzt voraus, dass dem Recht oder der Rechtslage des Feststellungsklägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht, was stets dann anzunehmen ist,
46 47
48
BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043. BGH 21.5.2003 BGHZ 155 69, 73 f. = NJW 2003 2376; OLG Schleswig 20.5.2010 VersR 2011 341. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043; vgl. OLG Karlsruhe 16.2.2006 NJOZ 2006 1413, 1414; OLG Köln 9.9.2003 RuS 2003 501, 502; KG 21.3.2003 VersR 2003 1246; OLG Stuttgart 11.12.1997
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NVersZ 1999 289; OLG Saarbrücken VersR 1991 872, 873; Knütel VersR 2003 300. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043; Wussow WJ 1989 133, 134; weiter gehend Späte § 3 Rn. 23. BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118. OLG Köln 30.10.2001 VersR 2003 1166, 1168.
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wenn sich die Gegenseite eines dem Grunde oder der Höhe nach nicht bestehenden Anspruchs berühmt.53 Weder die Ankündigung, unter bestimmten Umständen in die Prüfung eines Anspruchs einzutreten,54 noch die Bekundung „möglicher“55 oder „etwaiger“ Rechte56 oder dafür maßgebender Tatsachen (z.B. Strafanzeige) genügt, soweit und solange daraus nicht erkennbar auch bestimmte Rechte abgeleitet werden.57 Die Aufforderung, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, ist nach Ansicht des 26 BGH noch nicht als ernstliche Erklärung der Inanspruchnahme des VN zu verstehen.58 Dies hat der BGH damit begründet, dass eine solche Erklärung „vor allem dann verlangt und abgegeben [wird], wenn der Geschädigte sich noch nicht darüber schlüssig ist, ob er seinen Verhandlungspartner in Anspruch nehmen soll, sondern dies von noch ungewissen Umständen, z.B. dem Ausgang eines Strafverfahrens oder eines Zivilprozesses gegen einen anderen Haftpflichtigen abhängig machen will“.59 Diese allgemein gehaltene Feststellung überzeugt nicht. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Deshalb hat das OLG Karlsruhe auch völlig zu Recht die Aufforderung durch den Geschädigten zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung unter Androhung der Erhebung einer Feststellungsklage als ernsthafte Inanspruchnahme angesehen. In jenem Fall hing die Geltendmachung von angekündigten Schadensersatzansprüchen nur vom Ausgang eines anderen Verfahrens ab.60 Gemessen an diesen Maßstäben sind bloße Vorwürfe, Anschuldigungen, Drohungen und Redensarten noch nicht als Inanspruchnahme anzusehen.61 3. Person des Erklärenden Die Erklärung muss nicht vom Geschädigten selbst abgegeben werden. Eine Abgabe 27 durch einen hierzu bevollmächtigten Vertreter reicht aus. Bei Angehörigen des Verletzten ist davon auszugehen, dass derartige Erklärungen „auf Grund tatsächlicher oder zu vermutender Vollmacht, kraft Auftrags oder Geschäftsführung ohne Auftrag i.S. einer Inanspruchnahme des VN diesem gegenüber abgeben [werden]“.62 Erklärungen unbeteiligter Vierter, etwa des aufnehmenden Polizeibeamten, dass mit der Erhebung von Ansprüchen zu rechnen sei, stellen keine Geltendmachung dar.63 4. Erklärungsempfänger Der Anspruch muss gegenüber dem VN (oder einer versicherten Person64) geltend 28 gemacht werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Geschädigte direkt an den VN wenden muss.65 Voraussetzung für die Geltendmachung ist lediglich, dass dem VN oder seinem Empfangsvertreter – hierzu zählt aufgrund seiner (Regulierungs-)Vollmacht
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BGH 4.5.2006 NJW 2006 2780, 2781; BGH 10.10.1991 NJW 1992 436, 437. BGH 10.10.1991 NJW 1992 436, 437. RG 18.4.1913 RGZ 82 170, 172 (zur Streitverkündung). Z.B. Verweigerung der Entlastung (BGH 20.5.1985 BGHZ 94 324, 329 f. = NJW 1986 129; OLG Celle 9.3.1994 NJW-RR 1994 1545, 1546). Musielak/Foerste ZPO 9. Aufl. 2012 § 256 Rn. 10. BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118.
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BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118. Vgl. OLG Karlsruhe 16.2.2006 NJOZ 2006 1413, 1414. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 22; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 36. RG 14.1.1938 RGZ 156 378, 383. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 36. Hierzu OLG Frankfurt 13.3.2008 RuS 2010 61, 62. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 24.
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(Ziff. 5 AHB Rn. 8 ff.) auch der VR66 – die anspruchserhebende Erklärung des Dritten i.S.v. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zugeht.67 Für den Fall, dass aus einem Schadensereignis mehrere Geschädigte Ersatzansprüche stellen, ist die Geltendmachung für jeden Anspruch eines geschädigten Dritten gesondert festzustellen.68 Gleiches gilt in den Fällen, in denen aus einem Schadensereignis neben der unmittelbar geschädigten Person einem Dritten ein originärer Rückgriffsanspruch gegen den VN erwächst (z.B. aus § 426 Abs. 1 BGB, § 110 SGB VII). Geht z.B. eine Berufsgenossenschaft aufgrund eines originär entstandenen Regressanspruchs gegen den VN vor, so beginnt die Verjährung mit der Erhebung dieses Anspruchs durch die Berufsgenossenschaft.69
II. Betroffenheit des Schutzbereichs des Versicherungsvertrages 1. Maßgeblichkeit des Vortrags des Dritten
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Erforderlich, im Hinblick auf die Pflicht des VR zur Prüfung des Haftpflichtanspruchs und zur Rechtsschutzgewährung zunächst aber auch ausreichend, ist, „daß der Dritte seinen Anspruch auch mit einem in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallenden Rechtsverhältnis begründet“.70 Ob der vom Dritten behauptete Anspruch begründet ist, ist somit ohne Belang. Maßgeblich ist allein der Sachverhalt, den der Dritte behauptet.71 Der Schutzbereich des Versicherungsvertrages wird zunächst bestimmt und zugleich 30 begrenzt durch das versicherte Risiko (Rn. 44 ff.), das zuweilen auch als versicherte Gefahr bezeichnet wird und die Frage beantwortet, wofür Versicherungsschutz gewährt wird (Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos). Das versicherte Risiko ergibt sich aus den im Versicherungsschein angegebenen Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und/oder Tätigkeiten des VN. Die Privathaftpflichtversicherung knüpft beispielsweise an die Eigenschaft des VN als Privatperson an und bietet Schutz gegen die gesetzliche Haftpflicht aus den Gefahren des täglichen Lebens (Ziff. 3 AHB Rn. 13 ff.). Gegen Haftpflichtrisiken, die im Zusammenhang mit der im Versicherungsvertrag beschriebenen betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehen, bietet die Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung Schutz (Ziff. 3 AHB Rn. 120 ff.). An Rechtsverhältnisse knüpft die Ver-
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Vgl. OLG Düsseldorf 26.6.2001 NVersZ 2002 135=VersR 2002 1020. BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 59; Bruck/ Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 36. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 26. BGH 5.10.1961 BGHZ 36 24, 28 f. = NJW 1961 2304; OLG Köln 30.11.1989 RuS 1990 14; OLG Hamm 14.12.1977 VersR 1978 809; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 49. St. Rspr., vgl. BGH 17.4.1997 VersR 1998 79, 80; vgl. BGH 22.6.1967 VersR 1967 769, 770; BGH 21.2.1957 BGHZ 23 355 = NJW 1957 907; RG 25.11.1938 RGZ 159 16, 19 f.; OLG Schleswig 20.5.2010 VersR 2011 341, 342; OLG Hamm 25.1.2012 NJW-RR 2012 1056, 1057; OLG Hamm 21.3.2007
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RuS 2007 321; OLG Saarbrücken 20.12.2006 BeckRS 2008 02348; OLG Stuttgart 28.4.2005 NJW-RR 2005 1269, 1271; OLG Hamm 23.2.2005 BeckRS 2005 03720; OLG Saarbrücken 8.4.2003 BeckRS 2003 30315252; KG Berlin 2.3.1999 RuS 2000 61, 62; OLG Köln 27.2.1996 BeckRS 2008 20074. Vgl. RG 25.11.1938 RGZ 159 16, 19 f.; OLG Schleswig 20.5.2010 VersR 2011 341, 342; OLG Hamm 7.2.2007 VersR 2007 980, 981; OLG Saarbrücken 20.12.2006 BeckRS 2008 02348; OLG Hamm 3.7.1981 VersR 1982 642; OLG München 27.11.1979 VersR 1980 1138; OLG Braunschweig 11.4.1961 VersR 1961 746, 747; OLG Hamm 11.2.1960 VersR 1960 784, 785; OLG Frankfurt 11.10.1957 VersR 1958 369.
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sicherung gegen die Haftpflichtrisiken des VN als Haus- und/oder Grundstücksbesitzer, z.B. als Eigentümer, Mieter, Pächter, Leasingnehmer oder Nutznießer an. Darüber hinaus muss sich der Anspruch auf versicherte Gefahren (Rn. 49 ff.) beziehen, die in den AVB oftmals mit „Gegenstand der Versicherung“ umschrieben werden. Die versicherten Gefahren geben Auskunft darüber, wogegen Versicherungsschutz gewährt wird. Bei Versicherungsverträgen, denen die AHB zugrunde liegen, wird Schutz geboten gegen Schadensersatzansprüche wegen Personen- und/oder Sachschäden, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den VN geltend gemacht werden (Ziff. 1.1 AHB 2012). Sind dagegen nur (reine/echte) Vermögensschäden (z.B. Berufshaftpflichtversicherung, D&O-Versicherung) gedeckt, ensteht der Anspruch auf Haftpflichtversicherungsschutz nur dann, wenn Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, die nicht aus Personen- und/oder Sachschäden resultieren. Die versicherten Gefahren werden in der Regel darüber hinaus in der Weise konkretisiert, dass Deckung nur für bestimmte haftungsbegründende Ereignisse und nur für bestimmte Schäden gewährt wird (z.B. Ziff. 4.2 bis 4.6 ProdHM). Die Haftpflichtansprüche müssen zudem gegen die Versicherten geltend gemacht werden. Zu diesem Personenkreis zählen alle Personen, deren Interesse versichert ist. In der Eigenversicherung ist somit der VN, in der kombinierten Eigen- und Fremdversicherung sind neben dem VN auch die versicherten Personen (z.B. Betriebshaftpflichtversicherung, vgl. § 102) und in der reinen Fremdversicherung ausschließlich die versicherten Personen (z. B. D&O-Versicherung) richtiger Anspruchsgegner. Des Weiteren müssen die geltend gemachten Haftpflichtanprüche an ein haftungsbegründendes Ereignis anknüpfen, das während der Versicherungszeit eingetreten ist (Rn. 64 ff.). Gemeint ist die materielle Versicherungsdauer, nicht die formelle Versicherungsdauer,72 sodass es bei einer Rückwärtsversicherung i.S.v. § 2 Abs. 1 darauf ankommt, ob das Ereignis innerhalb der Dauer der Rückwärtsversicherung liegt. Schließlich müssen die Haftpflichtansprüche gem. § 100 von einem Dritten erhoben werden. Die Haftpflichtversicherung setzt ihrer Natur nach die Trennung von Geschädigtem und Träger des versicherten Interesses voraus.73 Dritte i.S.d. § 100 können deshalb nur all diejenigen Personen sein, die gegen den VN (Schadensersatz-)Ansprüche erheben und deren Haftpflichtinteressen nicht versichert sind (Rn. 137 f.). Ist ausschließlich das eigene Risiko/Interesse versichert (z.B. Privathaftpflichtversicherung eines Alleinstehenden), kommen deshalb alle nicht mit dem VN identischen Personen und bei einer ausschließlich als Fremdversicherung ausgestalteten Haftpflichtversicherung alle Personen, die nicht mit der in Anspruch genommenen versicherten Person identisch sind, als Dritte in Betracht. An der Qualifikation als Dritte ändert sich grundätzlich nichts, wenn die Anspruchsteller an dem VN als Gesellschafter beteiligt und/oder für den VN als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied tätig sind.74 Bei einer reinen Fremdversicherung kann somit auch – und wie das Beispiel der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen gegen Organmitglieder nach § 93 Abs. 2 AktG, § 43 Abs. 2 GmbHG oder § 34 GenG zeigt, sogar vornehmlich – der VN selbst Dritter i.S.d. § 100 sein.75 Bei einer kombinierten Eigen- und Fremdversicherung kommen je nachdem, gegen wen sich die 72 73 74
Bruck/Möller/R. Johannsen § 2 Rn. 3. K. Sieg Ausstrahlungen 240; Bruck/Möller/ R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. H 22. Vgl. LG Oldenburg 23.7.1996 VersR 1998 869 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 119.
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OLG München 15.3.2005 VersR 2005 540, 541; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 119; a.A. Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 75.
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Ansprüche richten, sowohl der VN (soweit er als Geschädigter Ansprüche gegen mitversicherte Personen geltend macht) als auch die versicherten Personen (soweit sie als Geschädigte Ansprüche gegen den VN oder andere versicherte Personen geltend machen) als Dritte in Frage.76 Übersteigen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche die zur Verfügung ste35 hende Versicherungssumme, berührt dies die Entstehung des Anspruchs auf Haftpflichtversicherungsschutz nicht. Ist die Versicherungssumme vollständig aufgebraucht, hängt die Entstehung davon ab, ob die Kosten der Anspruchsabwehr abweichend von der gesetzlichen Regelung des § 101 auf die Versicherungssumme angerechnet werden (hierzu § 100 Rn. 65 ff.). Ist keine Anrechnung vorgesehen, besteht dann noch zumindest Anspruch auf Rechtsschutz, soweit der Anspruch nicht offensichtlich/nach sorgfältiger Prüfung durch den VR begründet ist. Negative Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Haftpflichtversiche36 rungsschutz ist, dass die Schadensersatzansprüche nicht unter einen Risikoauschluss fallen. 2. Ausnahmen
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Von der Maßgeblichkeit des Vortrags des Dritten will die Literatur unter Berufung auf vereinzelte höchst- und obergerichtliche Entscheidungen77 eine Ausnahme machen für Tatsachen, die – eine Schädigung des Dritten durch den VN unterstellt – für den zeitlichen, räumlichen und sachlichen Umfang des versicherten Risikos und für Ausschlüsse bedeutsam sind. Diese Tatsachen müssten objektiv vorliegen bzw. nicht vorliegen, um den Rechtsschutzanspruch entstehen zu lassen.78 Als Begründung wird angeführt, allein das Abstellen auf die Behauptungen des Dritten könne dazu führen, dass der VR Rechtsschutz für Ansprüche gewähren müsse, die nach dem wahren Sachverhalt nicht unter das versicherte Risiko fielen, und umgekehrt der VN in Gefahr sei, den Anspruch auf Rechtsschutz nur deswegen zu verlieren, weil der Dritte wahrheitswidrig einen Sachverhalt behaupte, bei dem kein Deckungsschutz bestehe.79 Die allgemeine Vermutung der Redlichkeit des VN80 und seine vertragsseitige Obliegenheit zu wahrheitsgemäßen Angaben führe allerdings dazu, dass der VR regelmäßig dessen Angaben zugrundelegen müsse, und zwar vorrangig gegenüber denen des Dritten, die freilich ebenfalls zu berücksichtigen seien.81 Ergebe sich daraus die Verpflichtung zur Rechtsschutzgewährung, so müsse der VR diese Verpflichtung zunächst erfüllen. Erwiesen sich die Angaben des VN später als objektiv unrichtig, sei der VR in aller Regel leistungsfrei und könne seine Leistungen zurückverlangen.82 Bei erheblichen Zweifeln an der Redlichkeit des VN und/oder der
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Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 118; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 8, H 22; Späte § 7 Rn. 16. BGH 22.6.1967 VersR 1967 769 f.: Versicherungsfall während der Versicherungszeit; OLG Hamm 25.1.2012 NJW-RR 2012 1056, 1057; OLG Köln 4.11.1997 RuS 1998 59, 60; OLG München 2.5.1952 VersR 1952 270, 271: Ausschluss; vgl. auch BGH 30.6.1960 VersR 1960 625, 626; RG 27.4.1926 RGZ 113 286, 288 f.; OLG Hamm 10.4.1970 VersR 1970 729, 730.
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Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 17; Späte § 3 Rn. 24, 47; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 12; Bruck/Möller/Baumann Ziff. 4 AVB-AVG Rn. 8. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 17; Späte § 3 Rn. 24. Zweifelnd Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 17. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 17; vgl. auch BGH 22.6.1967 VersR 1967 769, 770; OLG Köln 4.11.1997 RuS 1998 59, 60. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 17; Veith/ Gräfe/Betz § 12 Rn. 77.
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Richtigkeit der Angaben des VN, bestehe dagegen keine Pflicht des VR zur Abwehr. Vielmehr müsse in einem (vorweggenommenen) Deckungsprozess geklärt werden, ob die Tatsachen objektiv vorliegen.83 3. Stellungnahme Die Ansicht der Literatur überzeugt nicht. Abgesehen davon, dass von einem Regel- 38 Ausnahme-Verhältnis keine Rede mehr sein kann, wenn man verlangt, dass die Tatsachen, die für den zeitlichen, räumlichen und sachlichen Umfang des versicherten Risikos und für Ausschlüsse bedeutsam sind, objektiv (nicht) vorliegen, ist es widersprüchlich, einerseits auf das objektive (Nicht-)Vorliegen dieser Tatsachen und andererseits auf die (subjektiven) Angaben des VN abzustellen. Nach Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung muss der VR seine Verpflichtung zur Rechtsschutzgewährung in den Fällen, in denen der Dritte seinen Anspruch mit einem Sachverhalt begründet, der in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt, stets zunächst erfüllen, ohne dass es darauf ankommt, ob der behauptete Sachverhalt objektiv vorliegt. Für die Rechtsschutzverpflichtung des VR ist somit ein anderer Maßstab anzulegen als für die Verpflichtung zur Befriedigung des Dritten nach Durchführung des Haftpflichtprozesses, die nur besteht, wenn die Tatsachen objektiv vorliegen. Behauptet der Dritte beispielsweise, dass der Schaden (Versicherungsfall) während der 39 Laufzeit des Versicherungsvertrages eingetreten sei, muss der VR dem VN Rechtsschutz gewähren. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der VN ebenfalls erklärt, der Versicherungsfall sei vor Vertragsschluss eingetreten. Herrscht zwischen dem Geschädigten und dem VN Streit darüber, ob der Versicherungsfall im versicherten Zeitraum eingetreten ist, muss der VR Rechtsschutz gewähren, wenn der VN plausibel darlegt, dass der Versicherungsfall während der Laufzeit des Versicherungsvertrages eingetreten ist. Der VR wird hierdurch nicht unzumutbar belastet. Wird die Haftpflichtklage des Dritten abgewiesen, weil die von ihm behaupteten Tatsachen keine Verurteilung rechtfertigen, trägt der Dritte die Kostenlast. Erhält der VR die von ihm zur Anspruchsabwehr aufgewendeten Kosten vom Dritten nicht ersetzt und fallen die Ansprüche nach den im Prozess getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages, kann der VR vom VN Ersatz der Kosten nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) verlangen. Letzteres gilt auch in den Fällen, in denen der Haftpflichtklage stattgegeben wird (Rn. 173). Behauptet der Dritte einen Sachverhalt, bei dem ein Ausschlusstatbestand eingreift 40 und/oder eine den VR zur vollständigen Leistungskürzung berechtigende Obliegenheitsverletzung gegeben ist, muss der VR den Rechtsschutzanspruch des VN ebenfalls zunächst erfüllen, wenn der VN diesen Sachverhalt bestreitet. Stellt sich nach den im Prozess getroffenen Tatsachenfeststellungen heraus, dass der Ausschluss eingreift und/oder eine Obliegenheitsverletzung vorliegt, ist der VR gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB berechtigt, vom VN Ersatz der Kosten zu verlangen (Rn. 173). Insoweit ist der Hinweis geboten, dass der VR, der zunächst Rechtsschutz gewährt, sich in vollem Umfang auf Leistungsfreiheit berufen kann, wenn die Voraussetzungen des Ausschlusses erst später in einem Deckungsprozess festgestellt werden.84 Gleiches gilt, wenn es um eine Obliegenheitsverletzung geht. Zu Recht weist das OLG Stuttgart darauf hin, dass der Haftpflicht83
Vgl. OLG Hamm 25.1.2012 NJW-RR 2012 1056, 1057; OLG Köln 4.11.1997 RuS 1998 5; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 17.
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Vgl. OLG Saarbrücken 20.12.2006 BeckRS 2008 02348; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 17.
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prozess dem VR erst die Grundlage für die Prüfung seiner Einstandspflicht im Deckungsverhältnis geben solle und deshalb die Gewährung von Rechtsschutz für den Haftpflichtprozess weder zu einem Ausschluss von Einwendungen noch zu einem Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Frage der Zahlung an die Geschädigten führen könne.85 Die Aufnahme eines Vorbehalts der Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung ist somit grundsätzlich nicht erforderlich.86 Die Rechtsschutzverpflichtung des VR besteht selbst in den Fällen, in denen es um 41 einen Ausschlusstatbestand geht, der mangels Voraussetzungsidentität von Haftung und Deckung (vgl. § 106 Rn. 19 ff.) nicht mit bindender Wirkung für den VR vom Haftpflichtrichter festgestellt werden kann (z.B. Ausschluss wissentlicher Pflichtverletzungen oder vorsätzlicher Schadensherbeiführung) und folglich in einem Deckungsprozess geklärt werden muss, der dem Haftpflichtprozess nachfolgt (vgl. Vor §§ 100–112 Rn. 92 ff.). In diesen Fällen kann der VR seine Rechte durch einen Rückforderungsvorbehalt wahren, der nicht nur der Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses der Deckungspflicht, sondern auch dem Eingreifen eines Kondiktionsausschlusses nach § 814 BGB entgegensteht und zudem die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) in entsprechender Anwendung des § 820 Abs. 1 S. 1 BGB ausschließt.87 Behauptet der Dritte vorsätzliches Verhalten des VN und/oder stützt er seinen Anspruch auf Tatsachen, die auf eine vorsätzliche Schadensherbeiführung schließen lassen, muss der VR allerdings einen entsprechenden Vorbehalt aufnehmen. Leistet der VR in einem solchen Fall vorbehaltlos Abwehrschutz, liegt darin nämlich konkludent ein unwiderruflicher Verzicht auf die Geltendmachung des § 103, der in seiner Reichweite freilich auf den Ersatz von Aufwendungen für die Anspruchsabwehr beschränkt ist (§ 103 Rn. 83). In der Formularpraxis lassen sich vor allem für den Fall, dass eine vorsätzliche oder 42 wissentliche Pflichtverletzung im Raum steht, entsprechende Vorbehalte finden. Beispiel: „Sofern die vorsätzliche Pflichtverletzung streitig ist, besteht Deckungsschutz für die Abwehrkosten unter der Bedingung, dass der Vorsatz nicht durch gerichtliche oder behördliche Entscheidung, Vergleich oder Anerkenntnis festgestellt wird. Erfolgt eine solche Feststellung, entfällt der Versicherungsschutz rückwirkend und bis dahin an ihn aufgewendete Kosten sind dem Versicherer zurückzuerstatten.“ Ein solcher Vorbehalt bedeutet nicht, dass der VR den Anspruch des VN auf Gewährung von Rechtsschutz bestreitet (vgl. § 103 Rn. 81).88
III. Konkretisierung des Schutzbereichs durch AVB/BBR 43
Der zuvor beschriebene Schutzbereich des Haftpflichtversicherungsvertrages wird – wie auch in anderen Versicherungszweigen – in der Praxis seitens des VR formularmäßig durch AVB und Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) festgelegt.89 Auf den Einzelvertrag abgestimmte Individualvereinbarungen, die auf das individuelle Haftpflichtrisiko des VN bezogen sind, finden sich im Massengeschäft, z.B. bei der 85
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OLG Saarbrücken 20.12.2006 BeckRS 2008 02348; vgl. auch OLG Stuttgart 15.7.1999 NVersZ 2000 95. Vgl. OLG Stuttgart 15.7.1999 NVersZ 2000 95; KG 2.3.1999 RuS 2000 61, 62; OLG Hamm 25.6.1980 VersR 1981 178, 179 f.; Feist VersR 1978 27, jeweils zum Eingreifen von Ausschlüssen.
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Vgl. BGH 20.10.2005 NJW 2006 286, 288; BGH 8.6.1988 NJW 1989 161, 162 (nicht versicherungsrechtlicher Fälle). OLG Celle 19.11.1976 VersR 1978 25, 26. Zu den Gründen s. Bruck/Möller/Beckmann Einf. C Rn. 1 ff.
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Privathaftpflichtversicherung, kaum. Auch im industriellen und gewerblichen Geschäft sowie im freiberuflichen Bereich bilden die AVB/BBR die Vertragsgrundlage, welche durch Individualvereinbarungen lediglich geändert, ergänzt oder erweitert wird. So werden oftmals Ausschlüsse abbedungen, die das versicherte Risiko und die versicherte Gefahr betreffen. Zumindest die Art des versicherten Betriebes oder der versicherten Berufstätigkeit ist in der Regel individuell umschrieben,90 weil das versicherte Risiko insoweit nur bedingt einer Konkretisierung durch AVB/BBR zugänglich ist. Soweit die Vertragsregelungen nicht ausgehandelt worden sind, finden die §§ 305 ff. BGB Anwendung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die AVB/BBR von einem hierzu seitens des VN beauftragten Versicherungsmakler entworfen und auf dessen Betreiben in den Versicherungsvertrag einbezogen worden sind.91 1. Versichertes Risiko Die Konkretisierung des versicherten Risikos erfolgt in der Regel durch BBR (vgl. die 44 vom GDV bekanntgegebenen Muster-Bedingungsstrukturen in der Haftpflichtversicherung),92 die auf AVB (z.B. AHB) aufbauen. In der Umwelthaftpflichtversicherung besteht Versicherungsschutz nur für die im Versicherungsschein aufgeführten Anlagerisiken nach Maßgabe der Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.7 UmweltHM, die jeweils gesondert zu vereinbaren sind (Ziff. 2 UmweltHM Rn. 2). In den BBR für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben (ProdHM) wird die genaue Beschreibung des „Produktions- und Tätigkeitsumfang[s]“ verlangt (Ziff. 2 ProdHM). Dagegen bestimmt Ziff. 3.1 (1) AHB für den Bereich der Betriebshaftpflichtversicherung nur allgemein, dass der Versicherungsschutz die gesetzliche Haftpflicht „aus den im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Risiken des Versicherungsnehmers“ umfasst. Die Rückrufkostenversicherung deckt ausschließlich „die in der Risikobeschreibung gemäß Versicherungsschein aufgeführten, vom Versicherungsnehmer hergestellten, gelieferten oder vertriebenen Erzeugnisse“ (Ziff. 4 BBR für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Hersteller- und Handelsbetriebe).93 Teilweise haben die VR auch eigenständige Bedingungswerke für besondere Eigen- 45 schaften, Tätigkeiten oder Berufsgruppen entwickelt. Zu den eigenständigen berufsgruppenspezifischen Bedingungswerken zählen die Allgemeinen Bedingungen der Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwälte (z.B. AVB-RSW), zu den tätigkeitsbezogenen Bedingungswerken die Allgemeinen Bedingungen zur Haftpflichtversicherung von Ansprüchen aus Benachteiligungen (AVB Benachteiligungen).94 Die D&O-Versicherung (AVB-AVG)95 knüpft an die Eigenschaft der versicherten Person als Mitglied der geschäfts-
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Vgl. Späte Vorbem. 46. BGH 22.7.2009 RuS 2010 100, 101. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv.de/ downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/. Abrufbar im Internet unter http://www.gdv.de/ downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/besonderebedingungen-und-risikobeschreibungen-furdie-ruckrufkosten-haftpflichtversicherungfur-hersteller-und-handelsbetriebe/.
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Abrufbar im Internet unter http://www.gdv.de/ downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/allgemeinebedingungen-zur-haftpflichtversicherungvon-anspruchen-aus-benachteiligungen-avbbenachteiligungen/. Abrufbar im Internet unter http://www.gdv.de/ downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/allgemeineversicherungsbedingungen-fur-dievermogensschaden-haftpflichtversicherungvon-aufsichtsraten-vorstanden-undgeschaftsfuhrern-avb-avg/.
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führenden Organe (z.B. Vorstand oder Geschäftsführer) und der Kontrollorgane (z.B. Aufsichtsrat) an. Ein eigenständiges Bedingungswerk existiert auch für die Kfz-Haftpflichtversicherung (A.1 AKB 2008), die Schutz gegen die Haftpflichtrisiken aus dem Gebrauch des Kfz bietet.96 Ob ein Schadensereignis unter das versicherte Risiko des jeweiligen Versicherungsver46 trags fällt, ist durch Auslegung zu ermitteln, die sich an einem objektiven Maßstab orientiert.97 Schwierigkeiten ergeben sich in der Praxis insbesondere bei der Abgrenzung der Deckungsbereiche der Privat- und der Betriebshaftpflichtversicherung, wenn der VN in seiner Freizeit einen Schaden durch eine Tätigkeit verursacht, die er auch beruflich ausübt, oder umgekehrt einen Schaden im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit durch eine Handlung herbeiführt, die dem Bereich der Privatsphäre zuzuordnen ist (s. hierzu Ziff. 3 AHB Rn. 13).98 In der Betriebshaftpflichtversicherung kann es zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, wenn das versicherte betriebliche Risiko – wie üblich – nur abstrakt beschrieben ist oder die Beschreibung nicht den kompletten Tätigkeits- und/oder Produktionsbereich des VN abbildet. Im Schadensfall ist dann im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die haftungsbegründende Handlung aus einer Tätigkeit resultiert, die versichert ist (s. hierzu Ziff. 3 AHB Rn. 30 ff.). Kommt die Auslegung zu dem Ergebnis, dass das Schadensereignis nicht unter das 47 versicherte Risiko fällt, ist zu prüfen, ob Anspruch auf Versicherungsschutz aus einer Vorsorgeversicherung besteht (s. hierzu Ziff. 4 AHB)(zu Mischfällen s. Rn. 120 ff.). Die Ausschlüsse in AVB und BBR hinsichtlich des versicherten Risikos dienen vielfach 48 der Abgrenzung zu anderen Versicherungsprodukten. So sind in der Betriebshaftpflichtversicherung Risiken aus dem elektronischen Datenaustausch (Ziff. 7.15 AHB) und in der Produkthaftpflichtversicherung Ansprüche aus Planung oder Konstruktion, Herstellung oder Lieferung von Luft- oder Raumfahrzeugen und Tätigkeiten an Luft- oder Raumfahrzeugen (Ziff. 6.2.6 ProdHM) sowie Rückrufkosten (Ziff. 6.2.8 ProdHM) ausgeschlossen. In der Privathaftpflichtversicherung ist nicht versichert die Haftung für Schäden, die vom Versicherten in seiner Eigenschaft als Tierhalter verursacht werden (Ziff. 3 AHB Rn. 106 ff.).99 2. Versicherte Gefahr
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Die versicherte Gefahr, die die vom Versicherungsschutz umfassten Ansprüche und Schäden Dritter zum Gegenstand hat, wird positiv (primäre Risikobegrenzungsebene) maßgeblich durch die Definition des Versicherungsfalls und negativ (sekundäre Risikobegrenzungsebene) durch Ausschlüsse konkretisiert. Die Beschreibung der versicherten Gefahr dient vor allem der Kalkulierbarkeit des Versicherungsschutzes. Hierzu einige Beispiele:
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a) AHB. Die AHB liegen der Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung zugrunde. Sie gewähren Versicherungsschutz für den Fall, dass der VN wegen eines Schadensereignisses, „das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur 96
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Abrufbar im Internet unter http:/www. gdv.de/wp-content/Uploads/2013/02/ AKB2008_Stand_januar_2013.pdf. Zu den Einzelheiten Bruck/Möller/Beckmann Einf. C Rn. 166 ff.; Langheid/Wandt/Reiff AVB Rn. 79.
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Zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Kfz-Haftpflichtversicherung und Allgemeiner Haftpflichtversicherung s. Terno RuS 2011 361 ff. Vgl. BGH 25.4.2007 RuS 2007 319, 320.
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Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird“ (Ziff. 1 AHB). Versicherungsschutz besteht somit nur für auf Schadensersatz sowie sonstige auf Ausgleich des eingetretenen Schadens im Wege der Wiederherstellung des Zustands vor dem Schadensereignis gerichtete Ansprüche (s. hierzu Ziff. 1 AHB Rn. 37 ff.).100 Ansprüche auf (Nach-)Erfüllung und Unterlassung sind von der Deckung ausgenommen. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Anspruchsnormen einen privatrechtlichen Inhalt haben. Zudem muss der Dritte den VN wegen eines Personen- oder Sachschadens und/oder deren Folgen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Kein Versicherungsschutz besteht somit für Schadensersatzansprüche, die allein aus öffentlich-rechtlichen Normen resultieren (vgl. Rn. 76 ff.) oder auf den Ersatz von Vermögensschäden gerichtet sind, die nicht Folge eines vorangegangenen Personen- oder Sachschadens sind. Die Ausschlüsse in den AHB sind, soweit sie Ansprüche von der Deckung ausnehmen, 51 die an die mangelhafte Leistungserbringung des VN anknüpfen und an die Stelle der ursprünglich auf Erfüllung gerichteten Leistung treten, deklaratorischer Natur. Insofern haben sie klarstellende (Warn-)Funktion. Konstitutiver Charakter kommt ihnen zu, soweit sie bestimmte Tatbestände wegen der außergewöhnlichen Häufigkeit (Kumulrisiko) oder Schwere der durch sie ausgelösten Schäden aus der auf eine Normallage abstellenden Versicherung herausnehmen (z.B. Ziff. 7.15 AHB: Schäden aus dem elektronischen Datenaustausch) oder sie darauf abzielen, den Moral Hazard (z.B. Ziff. 7.6 AHB: Besitzklausel; Ziff. 7.7 AHB Tätigkeitsklausel) einzudämmen (zu den Einzelheiten s. Kommentierung AHB). b) ProdHM. Die Produkthaftpflichtversicherung ist eine besondere Form der Betriebs- 52 haftpflichtversicherung, die auf die Bedürfnisse von Herstellern und Händlern zugeschnitten ist, deren Erzeugnisse nicht Endprodukte sind, sondern einer weiteren gewerblichen/industriellen Tätigkeit unterliegen. Das ProdHM baut auf den AHB auf, bietet aber darüber hinausgehenden Schutz, weil es nicht auf Schadensersatzansprüche privatrechtlichen Inhalts beschränkt ist und Schadensersatzansprüche wegen Vermögensschäden umfasst, die aus der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung von mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen mit anderen Produkten (Ziff. 4.2 ProdHM), infolge Weiterverarbeitung oder -bearbeitung mangelhaft hergestellter oder gelieferter Erzeugnisse (Ziff. 4.3 ProdHM) oder durch den Einbau, das Anbringen, Verlegen oder Auftragen von mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen (Ziff. 4.4 ProdHM) entstanden sind. Allerdings werden nicht alle durch die vorbezeichneten Herstellungsvorgänge verursachten Vermögensschäden Dritter gedeckt, sondern nur die Inanspruchnahme wegen einzelner Schadenspositionen wie z.B. der Kosten für die Herstellung der Gesamtprodukte, Nachbesserungskosten, weiterer Vermögensnachteile (z.B. entgangener Gewinn), weil die Gesamtprodukte nicht oder nur mit einem Preisnachlass veräußert werden können, sowie Produktionsausfallkosten (zu den Einzelheiten s. Kommentierung ProdHM). Bei den speziellen, auf das ProdHM beschränkten Ausschlüssen geht es vor allem 53 darum, bestimmte besonders schadensträchtige Sachverhalte aus der Deckung herauszunehmen (z.B. Ziff. 6.2.6 ProdHM: Luft- oder Raumfahrzeuge, Ziff. 6.2.8 ProdHM: Rückrufkosten). Der Begrenzung des Moral Hazard dient der Ausschluss von Sach- und Vermögensschäden durch nicht ausreichend erprobte Erzeugnisse (Ziff. 6.2.5 ProdHM) (zu den Einzelheiten s. Kommentierung ProdHM). 100
Vgl. BGH 8.12.1999 NVersZ 2000 189, 190 = VersR 2000 311.
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c) Rückrufkosten. Bei der Rückrufkostenversicherung werden von Seiten des GDV unterschiedliche Bedingungswerke angeboten. Ein Modell trägt den besonderen Bedürfnissen der Kfz-Branche Rechnung und richtet sich ausschließlich an Kfz-Teile-Zulieferer (BBR für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Kfz-Teile-Zulieferer).101 Das andere Modell richtet sich allgemein an Hersteller- und Handelsbetriebe (BBR für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Hersteller- und Handelsbetriebe).102 Die Rückrufkostenversicherung bietet dem VN auf der Basis der AHB Schutz gegen Inanspruchnahme wegen Vermögensschäden, die nicht aus Personen- oder Sachschäden resultieren, sondern dadurch entstehen, dass „aufgrund festgestellter oder nach objektiven Tatsachen, insbesondere ausreichenden Stichprobenbefundes vermuteter Mängel von Erzeugnissen oder aufgrund behördlicher Anordnung zur Vermeidung von Personenschäden ein Rückruf … durchgeführt wurde und der VN hierfür in Anspruch genommen wird“. Versicherungsschutz besteht darüber hinaus auch dann, wenn der VN zur Erfüllung seiner gesetzlichen Rückrufverpflichtung selbst einen Rückruf durchführt und ihm hierdurch ein Vermögensschaden entsteht (nur BBR für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Hersteller- und Handelsbetriebe). Allerdings sind nicht sämtliche Kosten Dritter versichert, wegen derer der VN auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, sondern wie beim ProdHM nur die enumerativ aufgezählten. Die konstitutiven Ausschlüsse sind vorwiegend verhaltensbezogen. Nicht versichert 55 sind u.a. Ansprüche wegen nicht ausreichend erprobter Erzeugnisse, soweit ein Rückruf wegen bewussten Abweichens von gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften notwendig war, sowie aus Rückrufen infolge behaupteter, angedrohter oder tatsächlicher mutbzw. böswilliger Manipulation von Erzeugnissen.
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d) UmweltHM/USV. Die Umwelthaftpflichtversicherung ist ebenfalls eine besondere Form der Betriebshaftpflichtversicherung. Die BBR für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung (Umwelthaftpflicht-Modell – UmweltHM)103 basieren auf den AHB und bieten Schutz gegen privatrechtliche Schadensersatzansprüche Dritter wegen Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkung. Daneben sind mitversichert Vermögensschäden aus der Verletzung von Aneignungsrechten, des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, wasserrechtlichen Benutzungsrechten oder -befugnissen. Die Ausschlüsse dienen der Begrenzung des Moral Hazard (z.B. Ziff. 6.1 UmweltHM: Kleckerschäden), der Vermeidung nicht kalkulierbarer Kumulrisiken (z.B. Ziff. 6.2 UmweltHM: Normalbetriebsschäden) sowie der Herausnahme besonders schadensträchtiger Sachverhalte (Ziff. 6.6 UmweltHM: Schäden aus dem Betrieb von Deponien; Ziff. 6.13 UmweltHM: Veränderung der Grundwasserverhältnisse)(zu den Einzelheiten s. Kommentierung UmweltHM).
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Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/besonderebedingungen-und-risikobeschreibungen-furdie-ruckrufkosten-haftpflichtversicherungfur-kfz-teile-zulieferer/. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/besonderebedingungen-und-risikobeschreibungen-fur-
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die-ruckrufkosten-haftpflichtversicherungfur-hersteller-und-handelsbetriebe/. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/besonderebedingungen-und-risikobeschreibungen-furdie-versicherung-der-haftpflicht-wegenschaden-durch-umwelteinwirkungumwelthaftpflicht-modell/.
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Die Umweltschadensversicherung knüpft nicht an die Unterscheidung zwischen Per- 57 sonen-, Sach- und Vermögensschäden an, sondern an den Begriff des Umweltschadens, der in § 2 Nr. 1 USchadG legal definiert wird. Bei den AVB für die Umweltschadensversicherung (USV) handelt es sich um ein eigenständiges Bedingungswerk, das sich am UmweltHM orientiert, im Hinblick auf die Beschränkung der versicherten Gefahr auf Umweltschäden jedoch nicht auf den AHB aufbaut.104 Versichert ist die Pflicht des VN nach dem USchadG zur Sanierung von Umweltschäden (§ 6 USchadG). Zudem bietet die Umweltschadensversicherung dem VN Schutz vor der Inanspruchnahme durch Behörden oder sonstige Dritte auf Erstattung der Kosten für Sanierungsmaßnahmen. Die Ausschlüsse entsprechen überwiegend denjenigen des UmweltHM (zu den Einzelheiten s. Kommentierung USV). e) AVB-Vermögen. Die gesondert abzuschließende Vermögensschadenshaftpflichtver- 58 sicherung (abgekürzt AVB-Vermögen) gewährt dem VN Versicherungsschutz „für den Fall, dass er wegen eines bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit – von ihm selbst oder einer Person, für die er einzutreten hat – begangenen Verstoßes von einem anderen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird“.105 Vermögensschäden werden definiert als solche Schäden, die weder Personenschäden noch Sachschäden sind, wobei das Abhandenkommen von Sachen, insbesondere auch von Geld und geldwerten Zeichen als Sachschaden qualifiziert wird.106 Schadensverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung ist von der Deckung ausgenommen.107 f) AVB-AVG. Die D&O-Versicherung bietet Mitgliedern der geschäftsführenden Or- 59 gane (z.B. Vorstand, Geschäftsführer) und der Kontrollorgane (z.B. Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Beirat) Schutz gegen die Inanspruchnahme durch die VN oder sonstige Dritte auf Ersatz von Vermögensschäden aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen einer Pflichtverletzung. Vermögensschäden werden in gleicher Weise negativ abgegrenzt wie bei der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung (Ziff. 1.1 AVB für die Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG)). Die in den vom GDV bekanntgegebenen Bedingungen aus dem Jahre 2007 108 enthaltene Beschränkung auf gesetzliche Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts entspricht nicht dem Marktstandard. In der Neufassung der AVB-AVG aus Mai 2013 ist diese Beschränkung gestrichen worden. Der in der Praxis bedeutsamste Ausschluss betrifft Ansprüche wegen Pflichtverletzungen, die wissentlich begangen worden sind (zu den Einzelheiten s. Kommentierung zu Ziff. 5.1 AVB-AVG). 3. Versicherte Person Abgesehen vom Ausnahmefall der reinen Fremdversicherung zählt der VN stets zum 60 Kreis der versicherten Personen. Wessen Interesse darüber hinaus standardmäßig mitver104
105 106 107
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/24_USV_ 0804.pdf. Vgl. § 1 S. 1 AVB Vermögen/P, abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1669. Vgl. § 1 S. 2 AVB Vermögen/P, abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1669. Vgl. § 4 Ziff. 5 AVB Vermögen/P, abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1681.
108
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/allgemeineversicherungsbedingungen-fur-dievermogensschaden-haftpflichtversicherungvon-aufsichtsraten-vorstanden-undgeschaftsfuhrern-avb-avg/.
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sichert ist, wird in den BBR festgelegt. Die AHB (Ziff. 27 AHB 2012) beschränken sich – ebenso wie die AVB-Vermögen (§ 7 Ziff. 1 AVB-Vermögen/P)109 – insoweit darauf, die Rechtsfolgen für den Fall festzulegen, dass sich die Versicherung auch auf Haftpflichtansprüche gegen andere Personen als den VN selbst erstreckt.
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a) Privathaftpflichtversicherung. Bei der Privathaftpflichtversicherung sind die Interessen des Ehegatten und eingetragenen Lebenspartners des VN sowie ihrer unverheirateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Kinder (auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder) versichert. Der in häuslicher Gemeinschaft mit dem VN lebende Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und dessen Kinder sind dagegen nur bei besonderer Vereinbarung in den Versicherungsschutz einbezogen. Standardmäßig mitversichert sind dagegen die Interessen der im Haushalt des VN beschäftigten Personen gegenüber Dritten aus dieser Tätigkeit. Das Gleiche gilt für Personen, die aus Arbeitsvertrag oder gefälligkeitshalber Wohnung, Haus und Garten betreuen oder den Streudienst versehen (zu den Einzelheiten s. Kommentierung Ziff. 27 AHB Rn. 33 ff.).
62
b) Betriebshaftpflichtversicherung. Bei der Betriebshaftpflichtversicherung und allen diese ergänzenden Bedingungswerken (z.B. ProdHM, UmweltHM, aber auch USV) sind versichert die Interessen der gesetzlichen Vertreter des VN und solcher Personen, die er zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebes oder eines Teiles desselben angestellt hat, sowie sämtlicher übriger Betriebsangehöriger für Schäden, die sie in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtung für den VN verursachen (zu den Einzelheiten s. Kommentierung zu § 102).
63
c) Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. Bei der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung findet keine generelle Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die angestellten Mitarbeiter statt. Mit Rücksicht auf die grundsätzliche Beschränkung des Versicherungsschutzes auf Vermögensschäden besteht für eine generelle Ausdehnung auch kaum Bedürfnis, weil die Angestellten des VN für derartige Schäden ohne vertragliche Beziehung zum Dritten regelmäßig nicht haften. Es besteht aber die Möglichkeit, die persönliche Haftpflicht von Mitarbeitern einschließen zu lassen.110 Soweit eine Sozietät („Berufsträgergesellschaft“) VN ist, schließt der Versicherungsschutz auch Partner, Angestellte etc. mit ein, falls diese persönlich vom Geschädigten in Anspruch genommen werden (vgl. § 1 II AVB-Vermögen/P).111 4. Zeitlicher Umfang des Versicherungsschutzes
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Der zeitliche Umfang des Versicherungsschutzes wird maßgeblich durch die Definition des Versicherungsfalls bestimmt. In den AVB finden sich zudem ergänzende Regelungen, die von Bedeutung sind, wenn das haftungsbegründende Verhalten (Handlung oder Unterlassung), der Eintritt des Schadens und die Inanspruchnahme durch den Dritten zeitlich auseinanderfallen. Diese Konstellationen werden in der Rechtsprechung112
109 110
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Abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1689. Vgl. Diller AVB-RSW § 7 Rn. 8; Hans. OLG Hamburg 22.6.1982 VersR 1985 229, 230; vgl. auch Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. H 12.
111 112
Abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1669; vgl. auch Diller AVB-RSW § 7 Rn. 5. Vgl. LG Berlin 13.4.1994 RuS 1995 211, 212; LG Baden-Baden 29.1.1993 VersR 1994 582, 583; OGH 25.4.1990 VersR 1991 486, 487.
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und im älteren Schrifttum113 als „zusammengesetzte“ oder „gedehnte“ Versicherungsfälle bezeichnet.114 Sie haben nichts mit den Fällen gemein, in denen der BGH zur Bestimmung des Umfangs der Versicherungsleistung in der Personen- und Sachversicherung auf den Begriff des gedehnten Versicherungsfalles zurückgreift.115 Hierzu wiederum einige Beispiele aus den vorgenannten Bedingungswerken: a) AHB. Nach Ziff. 1.1 AHB 2012 muss das Schadensereignis während der Wirk- 65 samkeit der Versicherung eingetreten sein. Schadensereignis ist definiert als „das Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist. Auf den Zeitpunkt der Schadensverursachung, die zum Schadensereignis geführt hat, kommt es nicht an“ (Schadensereignisprinzip). Die Inanspruchnahme des VN muss also an einen Schaden anknüpfen, der während der (materiellen) Dauer der Versicherung eingetreten ist, mag auch die Ursache (Pflichtverletzung) vor dem Beginn der Versicherung liegen. Auf den Zeitpunkt der Anspruchserhebung kommt es nicht an (zu den Einzelheiten s. Ziff. 1 AHB Rn. 6). b) ProdHM. In der Produkthaftpflichtversicherung gilt als Versicherungsfall das 66 Schadensereignis i.S.d. Definition des Ziff. 1.1 AHB 2012, soweit es um Sach- und Personenschäden geht (Ziff. 8.1 ProdHM). Geht es um die nach Ziff. 4.2 ff. ProdHM versicherten Vermögensschäden, tritt der Versicherungsfall/das Schadensereignis ein im Zeitpunkt der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung der Erzeugnisse, der Weiterbearbeitung oder -verarbeitung der Erzeugnisse und des Einbaus, Anbringens, Verlegens oder Auftragens der Erzeugnisse (Ziff. 8.2 ProdHM). Maßgeblich für die Deckung ist somit, dass der Produktionsvorgang während der Dauer der Versicherung stattfindet. Im Falle der Beendigung des Vertrages ist der Versicherungsschutz für die versicherten Vermögensschäden dahingehend zeitlich begrenzt, dass die zur Inanspruchnahme führenden Versicherungsfälle dem VR innerhalb einer Frist von drei Jahren nach der Beendigung gemeldet werden müssen (Ziff. 7.1 ProdHM). Für Ansprüche wegen Schäden durch Erzeugnisse des VN, die vor Beginn des Versicherungsvertrages ausgeliefert wurden, besteht Versicherungsschutz nur bei besonderer Vereinbarung (Ziff. 7.2 ProdHM) (zu den Einzelheiten s. Kommentierung zu Ziff. 7 ProdHM). c) Rückrufkostenversicherung. Versicherungsfall in der Rückrufkostenversicherung 67 für Hersteller- und Handelsbetriebe ist der während der Wirksamkeit der Versicherung erfolgte Rückruf. Dieser wird definiert als „auf gesetzlicher Verpflichtung beruhende Aufforderung – des Versicherungsnehmers, – zuständiger Behörden oder – sonstiger Dritter an Endverbraucher, Endverbraucher beliefernde Händler, Vertrags- oder sonstige Werkstätten, die Erzeugnisse von autorisierter Stelle auf die angegebenen Mängel prüfen und die ggf. festgestellten Mängel beheben oder andere namentlich benannte Maßnahmen durchführen zu lassen. Als Rückruf gilt auch die Warnung vor nicht sicheren Erzeugnissen, soweit auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen zur Vermeidung von Personenschäden eine Warnung ausreichend ist.“
113 114
Vgl. Nachweise bei Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 21. Vgl. Nachweise bei Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 21.
115
BGH 12.4.1989 BGHZ 107 170 = VersR 1989 588.
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Der Versicherungsschutz ist ebenso wie in der Produkthaftpflichtversicherung zeitlich dahingehend begrenzt, dass die Versicherungsfälle innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren nach der Auslieferung des Erzeugnisses durch den VN eintreten müssen. Für Ansprüche wegen Kosten durch Erzeugnisse, die vor Inkrafttreten des Vertrages ausgeliefert wurden, besteht Versicherungsschutz nur bei besonderer Vereinbarung. Die Kfz-Rückrufkostenversicherung enthält vergleichbare Regelungen.
68
d) UmweltHM/USV. Bei der Umwelthaftpflichtversicherung ist Versicherungsfall die nachprüfbare erste Feststellung des Personenschadens (Tod, Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen), Sachschadens (Beschädigung oder Vernichtung von Sachen) oder eines mitversicherten Vermögensschadens durch den Geschädigten, einen sonstigen Dritten oder den Versicherungsnehmer (Manifestationsprinzip). Ohne Belang ist, ob zu diesem Zeitpunkt bereits Ursache oder Umfang des Schadens oder die Möglichkeit zur Erhebung von Haftpflichtansprüchen erkennbar war. Die nachprüfbare erste Feststellung muss innerhalb der Versicherungsdauer liegen (Ziff. 4 UmweltHM). Die Umweltschadensversicherung stellt ebenfalls auf den Zeitpunkt der nachprüfba69 ren ersten Feststellung des Umweltschadens ab (Ziff. 8 USV)(zu den Einzelheiten s. Kommentierung UmweltHM/USV).
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e) AVB-Vermögen. In der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung sind die Folgen aller Verstöße vom Beginn des Versicherungsschutzes bis zum Ablauf des Vertrages versichert, die Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben könnten (vgl. § 5 Ziff. AVB-Vermögen/P)(Verstoßprinzip).116 Für die Entstehung des Anspruchs auf Haftpflichtversicherungsschutz kommt es allein darauf an, dass das Verhalten (Pflichtverletzung), an das die Inanspruchnahme des VN anknüpft, innerhalb der Dauer des Vertrages liegt. Weder der Zeitpunkt des Schadenseintritts noch der Anspruchserhebung hat Einfluss auf den Versicherungsschutz.
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f) D&O-Versicherung. Bei der D&O-Versicherung wird der Versicherungsfall umschrieben als „die erstmalige [schriftliche] Geltendmachung eines Haftpflichtanspruchs gegen eine versicherte Person während der Dauer des Versicherungsvertrages“ 117 (Anspruchserhebungs-/Claims-made-Prinzip). Grundsätzlich besteht somit Versicherungsschutz für Ansprüche, die an Pflichtverletzungen anknüpfen, die vor Abschluss des Versicherungsvertrages begangen worden sind (sofern die versicherte Person von der Pflichtverletzung bis zum Abschluss der Versicherung keine Kenntnis hatte, analog § 2 Abs. 2 S. 2). Etwas anderes gilt, wenn die Pflichtverletzung auch während der Dauer des Versicherungsvertrages begangen worden sein muss (Claims-made-and-occurence-Prinzip) (vgl. Ziff. 3.1 AVB-AVG 2007). In dem einen wie dem anderen Fall besteht kein Anspruch auf Versicherungsschutz, wenn die versicherte Person erst nach Beendigung des Versicherungsvertrags in Anspruch genommen wird. Will der VN den Versicherungsschutz sicherstellen, muss er eine Nachmeldefrist vereinbaren oder den Versicherungsvertrag so lange aufrecht erhalten, wie eine Inanspruchnahme zu befürchten ist; im Zweifel bis zum Ablauf der Verjährung.
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Abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1687. Vgl. Ziff. 2 AVB-AVG 2011 (im Internet abrufbar unter http://www.gdv.de/ downloads/versicherungsbedingungen/
schaden-und-unfallversicherung/allgemeineversicherungsbedingungen-fur-dievermogensschaden-haftpflichtversicherungvon-aufsichtsraten-vorstanden-undgeschaftsfuhrern-avb-avg/).
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Eine weitere Modifikation des Anspruchserhebungsprinzips stellt das sog. Claims- 72 made-and-reported-Prinzip dar, demzufolge Versicherungsschutz nur gewährt wird für die innerhalb der Vertragsdauer erfolgte Inanspruchnahme, die innerhalb der Vertragsdauer dem VR gemeldet worden ist.118 Zuweilen wird hinsichtlich der Form der Anspruchserhebung gerichtliche Geltendmachung verlangt.119
IV. Teilweise Betroffenheit des Schutzbereichs Nimmt der Dritte den VN wegen eines Schadens in Anspruch, der nur zum Teil in 73 den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt oder den Schutzbereich verschiedener Versicherungsverträge betrifft, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob oder unter welchem Vertrag Versicherungsschutz – nach den für den Hauptvertrag oder nur nach den für eine Vorsorgeversicherung geltenden Regeln (s. hierzu Ziff. 4 AHB) – besteht. 1. Mischtätigkeiten Es geht zum einen um solche Konstellationen, in denen ein und dieselbe Tätigkeit 74 sowohl versicherten als auch nicht versicherten Zwecken dient (sog. Mischtätigkeiten). So lag der vom RG entschiedene Fall, der einen Personenschaden auf einer Fahrt zum Gegenstand hatte, die sowohl – versicherten – landwirtschaftlichen Betriebszwecken (Abtransport von Stämmen) als auch einem anderen – nicht versicherten – gewerblichen Zweck (Durchführung einer Lohnfuhre) diente.120 Hier soll es nach Ansicht des RG für den Versicherungsschutz nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages darauf ankommen, ob die versicherte Tätigkeit überwiegt.121 Das Schrifttum folgt diesem Ansatz ganz überwiegend.122 Weiter gehend hat sich R. Johannsen dafür ausgesprochen, im Interesse des Versicherungsschutzes und zur Vermeidung von Unbilligkeiten nicht auf die überwiegende Tätigkeit abzustellen, sondern darauf, ob die versicherte Tätigkeit gänzlich untergeordnet zum nicht versicherten Tun war. Zudem dürfe sich nicht eine selbstständige Anspruchsgrundlage aus der untergeordnet erscheinenden versicherten Tätigkeit des VN ergeben.123 Dem Ansatz von R. Johannsen ist zu folgen. Fälle, in denen es einer Abgrenzung 75 bedarf, dürften freilich eher selten sein. Zumeist wird eine klare Zurechnung zwischen der (nicht) versicherten Tätigkeit und dem eingetretenen Schaden möglich sein. Nimmt beispielsweise ein Fahrradkurier eine Kurierfahrt zum Anlass, auch noch persönliche Einkäufe für das Abendessen zu tätigen und wird er wegen eines Schadens in Anspruch genommen, der sich auf dem Umweg zum Einkaufsladen oder als Folge des (außerplanmäßigen) Halts am Einkaufsladen ereignet, hat sich nur ein Privathaftpflichtrisiko verwirklicht. Die Abgrenzungsfrage stellt sich erst dann, wenn der Halt z.B. auch dem Erwerb von Fahrradflickzeug zur Reparatur eines Reifens dient, der Luft verliert. Kommt es bei dem Halt zu einem Fahrradunfall mit Drittschaden, besteht Deckung in der
118 119 120 121
Zu den verschiedenen Ausprägungen des Claims-made-Prinzips s. Schramm 40 ff. S. Schramm 143 ff. RG 23.4.1909 VA 1909 Anh. 94, 96 Nr. 482. So auch LG Krefeld-Uerdingen 27.10.1938 JRPV 1939 93, 94: Waschfrau bearbeitet teils zum versicherten Betrieb und teils zum
122
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nicht versicherten Privathaushalt gehörende Wäsche. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 86; Späte § 1 Rn. 229; K. Sieg VersPrax 1940 8, 9; Hartung 52; a.A. Wussow § 1 Anm. 89. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 86; Späte § 1 Rn. 229.
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Betriebshaftpflichtversicherung, weil es sich bei dem Erwerb von Flickzeug nicht um eine gänzlich untergeordnete Tätigkeit handelt, mag der Wert der Waren, die der Kurier zu persönlichen Zwecken erwerben wollte/erworben hat, auch deutlich höher ausfallen als der Wert des Flickzeugs. 2. Anspruchskonkurrenz
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Zum anderen geht es um solche Konstellationen, in denen der Dritte Schadensersatzansprüche geltend macht, die an verschiedene (nicht) versicherte Eigenschaften oder Rechtsverhältnisse des VN anknüpfen. Die von der Rechtsprechung behandelten Fälle betreffen vielfach Sachverhalte, in denen der VN auf seinem Privatgrundstück ein Unternehmen betrieb und von Besuchern oder Angehörigen des Betriebes wegen Schäden, die aus der Beschaffenheit des Grundstücks oder des Hauses entstanden waren, in Anspruch genommen wurde. Unabhängig davon, ob der VN nur eine Grundstücks- oder lediglich eine Betriebshaftpflichtversicherung oder sowohl eine Grundstücks- als auch eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, stellt sich die Frage, ob und welcher VR eintrittspflichtig ist. Zu dieser Problematik existiert ganz überwiegend nur ältere Rechtsprechung, was seinen Grund darin haben dürfte, dass die aktuellen Bedingungswerke eindeutig regeln, dass Versicherungsschutz für das Haftpflichtrisiko aus dem Haus- und Grundstücksbesitz nur durch eine besondere Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung gewährt wird, wenn der VN auf dem Grundstück einen Betrieb oder Beruf ausübt (vgl. Ziff. 2 Muster-Bedingungsstruktur VIII in der Haftpflichtversicherung).124 In dem Urteil des RG vom 17.6.1911125 ging es darum, dass ein Gastwirt für sein 77 Hausgrundstück eine Grundstückhaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte, dagegen keine Haftpflichtversicherung für das Risiko aus der von ihm auf diesem Grundstück betriebenen Gastwirtschaft. Bei einer Vereinsfestlichkeit fiel eine zu einer im Saal aufgebauten Bühne führende Treppe um. Das RG verneinte den Versicherungsschutz. Es ließ dabei die Frage offen, wie zu entscheiden wäre, wenn Bühne und Treppe nicht eigens für die Festlichkeit aufgebaut worden wären, sondern wesentliche Bestandteile oder Zubehör des Grundstücks dargestellt hätten. Das KG hat in einer Entscheidung vom 13.11.1937126 in einem Fall, in dem ebenfalls nur eine Grundstückshaftpflichtversicherung, aber keine Betriebshaftpflichtversicherung bestand, einen Sturz auf dem für den öffentlichen Verkehr zugänglichen Vorplatz eines Hauses, in dem sich ein Kino befand, der Grundstückshaftpflichtversicherung zugerechnet. Anders wäre zu entscheiden gewesen, wenn der Sturz nicht auf die Beschaffenheit des Bodens, sondern auch auf das ungestüm zur Kasse drängende Publikum zurückzuführen gewesen sein sollte. In der Entscheidung des RG vom 7.11.1939127 ging es ebenfalls um eine Grundstücks78 haftpflichtversicherung. Diese enthielt eine Klausel, nach der solche Gefahren nicht mitversichert waren, die mit einem auf dem Grundstück ausgeübten Betrieb des VN oder den dazu gehörigen Einrichtungen zusammenhingen. Zum Gastwirtschaftsbetrieb des VN gehörte ein mit einer Bühneneinrichtung versehener Saal. Der Maler M stürzte in den Hof des Hauses, als er Dekorationsgegenstände von der Bühne über eine Treppe wegschaffte, die an der Außenseite des Hauses vom Bühnenraum zum Hof hinabführte.
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Im Internat abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/11_MusterBedingungsstruktur_VIII_Bauherren-HausGrundbesitz_1104_Homepagefassung1.pdf. RG 17.6.1911 VA 1911 31 f. Nr. 584.
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KG 13.11.1937 JW 1937 2622 = JRPV 1937 166. RG 7.11.1939 JRPV 1940 4 f.
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Die Ursache des Sturzes war ein plötzliches Nachgeben der als Treppengeländer dienenden Eisenstange. Das Berufungsgericht hatte den Vorgang dem Betrieb des VN zugerechnet und deshalb den Versicherungsschutz verweigert.128 Das RG bejahte dagegen den Versicherungsschutz. Es legte die Klausel so aus, dass sie nur einer Erweiterung des Versicherungsschutzes auf außerhalb der eigentlichen gesetzlichen Haftpflicht des Hausbesitzers liegenden Gefahren vorbeugen wolle und nicht bezwecke, den Versicherungsschutz des Hausbesitzers in solchen Fällen auszuschließen, in denen seine gesetzliche Haftpflicht als Grundstückseigentümer an sich gegeben sei. In einer vergleichsweise jüngeren Entscheidung des ÖOGH vom 16.1.1975129 bestand 79 sowohl eine Gebäude- als auch eine Betriebshaftpflichtversicherung für „Sauna- und Medizinalbad mit Massage …“. Die VN war wegen Schäden durch Wasseraustritte in Anspruch genommen worden, die ihre Ursache in einer durch Außenkorrosion bedingten Schadhaftigkeit der verzinkten Wasserzuleitungen und Bleiabflussleitungen des oberhalb dieser Geschäftsräume gelegenen und zum Medizinalbad der VN gehörenden Unterwassermassageraumes hatten. Der Betriebshaftpflicht-VR bestritt, dass das Schadensereignis unter das versicherte Risiko falle, und wollte die VN auf den Gebäudehaftpflicht-VR verweisen. Der Erstrichter gab der Klage der VN gegen den Betriebshaftpflicht-VR auf Gewährung von Versicherungschutz statt. Da die Geschädigte die VN nicht ausschließlich als Hauseigentümerin in Anspruch genommen habe und der Versicherungsschutz in der Betriebshaftpflichtversicherung die gesetzliche Haftpflicht des VN aus der Innehabung dieser ausschließlich für den versicherten Betrieb oder Beruf dienenden Räumlichkeiten umfasse, habe der Betriebshaftpflicht-VR den begehrten Versicherungsschutz zu leisten. Das Berufungsgericht trat der dargestellten rechtlichen Beurteilung bei und bestätigte das Ersturteil. In der Revision machte der Betriebshaftpflicht-VR geltend, dass der Klageanspruch auf Deckung im Rahmen der Betriebshaftpflicht nicht bestehe, weil der geschädigte Dritte im Haftpflichtprozess seinen Anspruch nicht aus der „gefährlichen Verwahrung“ von Wasser im Betrieb der VN abgeleitet habe, sondern aus der schuldhaften Beschädigung des Bestandsobjektes durch die VN und ihren Ehemann als Hauseigentümer. Der ÖOGH trat dem mit der Begründung entgegen, dass der Geschädigte sich nicht auf die Geltendmachung des zuletzt genannten Rechtsgrundes beschränkt habe. Zwar sei der Deckungsanspruch des Haftpflichtversicherten durch das versicherte Risiko spezialisiert und von dem vom Geschädigten erhobenen Anspruch abhängig. Im Fall einer Anspruchskonkurrenz genüge für die Gewährung des Versicherungsschutzes aber, dass einer der Ansprüche oder eine Rechtsgrundlage eines einheitlichen Anspruchs unter das versicherte Risiko falle, gleichgültig, ob daneben noch andere Haftungstatbestände oder Haftungsgründe vorhanden seien. Die vorstehenden Beispiele aus der Rechtsprechung machen deutlich, dass die Krite- 80 rien, die hinsichtlich der Bestimmung des Versicherungsschutzes bei Mischtätigkeiten gelten, in den Fällen, in denen Dritte Schadensersatzansprüche geltend machen, die an verschiedene (nicht) versicherte Eigenschaften oder Rechtsverhältnisse des VN anknüpfen, nicht weiter helfen. Stürzt beispielsweise ein Gast in einem Restaurant auf dem Gang zur Toilette über eine Treppe, lässt sich der Versicherungsschutz nicht nach dem Grundsatz der nicht ganz „untergeordneten oder überwiegenden Tätigkeit“ versagen, wenn nur eine Grundstückshaftpflichtversicherung und nicht eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen war. Zwar besteht kein Versicherungsschutz für den Schadensersatzanspruch aus schuldhafter Verletzung der sich aus dem Gastwirtsvertrag ergebenden Schutzpflich-
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OLG Naumburg 6.1.1939 ÖffrV 1939 139.
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ÖOGH 16.1.1975 VersR 1977 556.
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ten (§§ 280, 241 Abs. 2 BGB). Versicherungsschutz besteht aber für den auf den schadhaften Zustand der Treppe zurückzuführenden Anspruch aus unerlaubter Handlung. Richtigerweise muss es für die Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz genügen, wenn mehrere Anspruchsgrundlagen gegeben sind, die teils in das versicherte Risiko fallen, teils nicht vom Versicherungsschutz erfasst werden. Versicherungsschutz besteht somit auch dann, wenn unversicherte und gesetzliche 81 Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts oder (unversicherte) öffentlich-rechtliche und (versicherte) privatrechtliche Ansprüche konkurrieren und zwar die vom Geschädigten gewählte Anspruchsgrundlage nicht unter das versicherte Risiko fällt, eine von ihm nicht gewählte, daneben bestehende Anspruchsgrundlage jedoch vom versicherten Risiko erfasst wird.130 Für diese Auslegung des Leistungsversprechens des VR spricht der Gedanke, dass es anderenfalls der Geschädigte in der Hand hätte, dem VN den Versicherungsanspruch zu nehmen. Aus Sicht des VN steht das schädigende Ereignis sowie seine daraus folgende Inanspruchnahme im Vordergrund. Er darf deshalb das Leistungsversprechen so verstehen, dass es genügt, wenn ein Sachverhalt gegeben ist, aus dem gesetzliche Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts erwachsen können, ohne dass es darauf ankommt, ob der Dritte seine Ansprüche auf diesen oder einen anderen Rechtsgrund stützt.131 Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich aus dem Versicherungsvertrag klar ergibt, dass bei gleichzeitiger Betroffenheit eines versicherten und eines unversicherten Risikos kein Versicherungsschutz bestehen soll. Regelmäßig wird es sich dann nicht mehr um die Abgrenzung verschiedener primärer Risikobegrenzungen handeln, sondern um das Eingreifen einer sekundären Ausschlussklausel.132 Abzulehnen ist die Ansicht Spätes 133 und der ihm folgenden Literatur134, der Ver82 sicherungsschutz für Ansprüche aus öffentlichem Recht wegen der unterschiedlichen verfahrensmäßigen Durchsetzung (Urteil, Verwaltungsakt) ablehnt, wenn daneben ein gedeckter, auf gleiche Leistung gerichteter privatrechtlicher Anspruch besteht.135 Ebenso wenig wird eine Beschränkung des Versicherungsschutzes dadurch gerechtfertigt, dass der VR häufig außerstande ist, hypothetisch zu überprüfen, ob daneben auch ein zivilrechtlicher Anspruch begründet gewesen wäre, den der Staat aber gar nicht erhoben hat.136 Diese Gesichtspunkte tragen den von der Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätzen, die auf das Verständnis des durchschnittlichen Haftpflicht-VN abstellen,137 nicht hinreichend Rechnung.
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Vgl. BGH 20.12.2006 RuS 2007 94, 96 f. = VersR 2007 200; BGH 21.2.1957 BGHZ 23 355, 360 = VersR 1957 212, m.w.N.; s. auch Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil, B Rn. 8: Im Falle einer Anspruchskongruenz zwischen USchadG und z.B. BBodSchG, besteht Versicherungsschutz in der USV, soweit nach USchadG gehaftet wird. Vgl. BGH 20.12.2006 RuS 2007 94, 96 f. = VersR 2007 200. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 86; Späte § 1 Rn. 229; Haidinger LM Nr. 4 zu § 149. Späte § 1 Rn. 188.
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Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 70; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 97. Vgl. auch Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 97, der für den Einzelfall in entsprechender Anwendung des § 242 BGB prüfen will, ob nicht bereits die öffentliche Hand verpflichtet sei, die für den Schadensersatzpflichtigen letztlich mildere Reaktion zu wählen, nämlich eine Inanspruchnahme auf privatrechtlicher Grundlage. Späte § 1 Rn. 188. Hierzu Bruck/Möller/Beckmann Einf. C Rn. 166 ff.
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D. Inhalt des Anspruchs auf Haftpflichtversicherungsschutz Macht der Dritte einen in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallenden 83 Haftpflichtanspruch geltend und bringt hierdurch den Anspruch des VN auf Haftpflichtversicherungsschutz zur Entstehung/Fälligkeit, stellt sich die Frage, worauf dieser Anspruch gerichtet ist.
I. Verpflichtung des VR zur Befriedigung begründeter und Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche 1. Einheitlicher Anspruch auf Befreiung von begründeten und unbegründeten Schadensersatzansprüchen § 100 bestimmt, dass der Haftpflicht-VR den VN von begründeten Ansprüchen Drit- 84 ter freizustellen und unbegründete Ansprüche abzuwehren hat. Der so umschriebene, die Pflicht zur Prüfung der Haftpflichtfrage beinhaltende einheitliche Haftpflichtversicherungsanspruch ist somit nicht unmittelbar auf Zahlung, sondern wie § 149 a.F. auf „Befreiung des VN von Angriffen gerichtet, die ein Dritter gegen ihn erhebt“.138 Der VN kann Zahlung an sich nur unter der Voraussetzung verlangen, dass er selbst den Haftpflichtgläubiger mit bindender Wirkung für den VR befriedigt hat (vgl. § 106 S. 2) (zur Konfusion unten Rn. 118 ff.). Zahlung an den Geschädigten kann der VN erst dann verlangen, wenn der Anspruch des geschädigten Dritten mit bindender Wirkung für den VR festgestellt worden ist (vgl. § 106 S. 1). Schließlich kann der Dritte Zahlung verlangen, wenn der VN den Versicherungsanspruch an ihn abgetreten hat (Rn. 111 ff.), er den Anspruch des VN pfänden und sich überweisen lassen hat (Rn. 109) oder er infolge der Insolvenz ein Einziehungsrecht entsprechend § 1282 BGB erwirbt (Rn. 110).139 2. Wahlrecht des VR bezüglich Abwehr oder Befriedigung a) Existenz eines Wahlrechts aa) Pflichtgemäßes Ermessen. Der einheitliche Haftpflichtversicherungsanspruch wird 85 mit der Erhebung von Ansprüchen durch den geschädigten Dritten fällig (Rn. 20 ff.). Dem Wesen des Befreiungsanspruchs entsprechend steht es sodann im Ermessen des VR als Schuldner dieses Anspruchs, auf welche Weise er die Befreiung bewirkt. Besonders aufschlussreich ist diesbezüglich das Urteil des BGH vom 20.11.1956:140 „Wie der Versicherer zur Erfüllung seiner Vertragspflicht die Ersatzansprüche des Dritten von dem Versicherten abwenden will, steht in seinem Ermessen. Er kann sie sofort anerkennen und befriedigen, er kann zunächst weitere Ermittlungen anstellen, mit dem Dritten verhandeln oder es schließlich auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Entschließt er sich aber dazu, die Ansprüche ganz oder teilweise zu bestreiten, so hat er alles zu tun, was zu ihrer Abwehr notwendig ist.“
Diese Begründung macht zunächst deutlich, dass der Anspruch auf Befreiung aus 86 § 100 weiter geht als die Befreiung von begründeten Ansprüchen Dritter nach § 257 BGB;141 sie vermittelt den Eindruck, als stünde es mehr oder weniger im Belieben des
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RG 7.2.1936 RGZ 150 227, 229; zu abweichenden älteren Ansichten s. Nachw. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 33.
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Vgl. OLG Köln 29.1.2008 BeckRS 2008 22056. BGH 20.11.1956 NJW 1956 826, 827. Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 7.
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VR, auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt er die Freistellung des VN bewirkt.142 Dieser Eindruck täuscht jedoch. In einer späteren Entscheidung zur Kfz-Haftpflichtversicherung hat der BGH nämlich klargestellt, dass der VR nicht berechtigt ist, völlig beliebig zwischen Befriedigung und Abwehr der geltend gemachten Ansprüche zu wählen:143 „Ob der Versicherer freiwillig zahlt, oder ob er die Zahlung ablehnt und es darauf ankommen läßt, ob der geschädigte Dritte seine Ansprüche gerichtlich geltend macht, entscheidet er grundsätzlich nach seinem eigenen Ermessen. Diesem Ermessen sind lediglich dort Grenzen gesetzt, wo die Interessen des Versicherungsnehmers berührt werden und wo diese deshalb die Rücksichtnahme des Versicherers verlangen. Das gilt beispielsweise dann, wenn ein Schadensfreiheitsrabatt des Versicherungsnehmers auf dem Spiele steht oder wenn über die Versicherungssumme hinausgehende Ansprüche des geschädigten Dritten durch das Verhalten des Versicherers präjudiziert werden könnten …“ [Hervorhebung durch den Verfasser].
Das (Regulierungs-)Ermessen des VR wird mithin durch dessen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des VN beschränkt. Es besteht nur ein pflichtgemäßes Ermessen (vgl. auch A.1.1.4 AKB 2008/§ 10 Nr. 5 AKB a.F.). Die Entscheidung des BGH hat durchweg Billigung in der Kfz-haftpflichtversicherungsrechtlichen Rechtsprechung144 und Literatur145 gefunden. Die vom BGH aufgestellten Grundsätze sind jedoch nicht auf den Bereich der (obliga87 torischen) Kfz-Haftpflichtversicherung beschränkt, da das allgemeine Rücksichtnahmegebot (§ 241 Abs. 2 BGB) in allen (auch freiwilligen) Haftpflichtversicherungssparten gilt.146 Der VR hat sein Vorgehen an einer Abwägung seiner eigenen Interessen mit denen des VN auszurichten. Für die Beurteilung der Pflichtgemäßheit der Ermessensausübung ist nicht das Verhältnis zwischen Geschädigtem und VN, sondern das Versicherungsvertragsverhältnis zwischen VN und VR maßgeblich (vgl. auch Rn. 101).147 Keine Zustimmung verdient deshalb eine vereinzelt gebliebene Stimme in der Literatur, die aus dem Rücksichtnahmegebot herleitet, dass der VR verpflichtet sei, in seine Ermessensentscheidung die Interessen des VN an der Aufrechterhaltung von Geschäftsbeziehungen zum Anspruchssteller einzubeziehen.148
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Vgl. auch BGH 4.12.1980 BGHZ 79 76, 78 = VersR 1981 173. BGH 20.11.1980 VersR 1981 180, 181; vgl. auch OLG Saarbrücken 29.6.2011 RuS 2012 71, 72; LG Düsseldorf 7.4.2006 SchadenPraxis 2007 191, 192; AG Düsseldorf 10.11.2010 BeckRS 2011 20349. Vgl. OLG Hamm 31.8.2005 NJW 2005 3077, 3078; LG Coburg 5.6.2009 BeckRS 2009 21933; LG Düsseldorf 27.6.2002 RuS 2004 406, 407; LG Köln 22.10.2003 20 S 8/03, zitiert nach juris; AG Düsseldorf 10.11.2010 BeckRS 2011 20349; AG Köln 3.3.2009 Schaden-Praxis 2009 302; AG Köln 28.1.2009 NJW-RR 2010 98, 99; AG Essen 2.5.2007 NJOZ 2007 2242, 2243. Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 5; Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 3 AHB Rn. 2; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 8; Späte § 3 Rn. 21; Baumann VersR
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2010 984 f.; Kramer RuS 2008 1, 5; wohl auch Armbrüster RuS 2010 441, 443; HK-VVG/Schimikowski § 100 Rn. 5; a.A. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 2; von Rintelen RuS 2010 133, 136 f. (kein Ermessen); weiter gehend Lange VersR 2008 713 (freies Ermessen). Vgl. OLG Saarbrücken 29.6.2011 RuS 2012 71, 72; OLG Frankfurt 18.12.2002 VersR 2003 588; OLG Karlsruhe 25.6.1992 VersR 1993 1390; LG Köln 2.11.2011 RuS 2012 239, 240; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 8; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. V Anm. 33; von Rintelen RuS 2010 133, 136; Schramm/Wolf RuS 2009 358, 360; Kramer RuS 2008 1, 2. Vgl. auch Feyock/Jacobsen/Lemor § 10 AKB Rn. 89 (für die Kfz-Haftpflichtversicherung). Kramer RuS 2008 1, 5.
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bb) Abweichende Ansichten in der Literatur. Lücke149 und von Rintelen150 vertreten 88 unter Hinweis auf den Wortlaut, den Sinn und Zweck des nach § 100 eingeräumten Ermessens sowie die Gesetzesbegründung zu § 149 a.F. die Ansicht, dem VR werde kein Wahlrecht zwischen Anspruchsabwehr und -befriedigung eingeräumt. Von Rintelen hebt hervor, dass beide Leistungsalternativen erstens an unterschiedliche objektive Sachverhalte (begründet/unbegründet) geknüpft seien.151 Die Entscheidung des VR zwischen Anspruchsabwehr und Befreiung habe mit einem Wahlrecht i.S.d. § 262 BGB, das ein frei ausübbares Gestaltungsrecht ist, daher nichts zu tun. Ihm werde lediglich „ein tatbestandliches oder kognitives Ermessen in Bezug auf die Einschätzung der Begründetheit/ Unbegründetheit eingeräumt, nicht aber ein (Rechtsfolge-)Ermessen, bei einem begründeten Anspruch auch Anspruchsabwehr zu wählen“.152 Das in § 100 statuierte Ermessen des VR diene zweitens dazu, den tatsächlichen Schwierigkeiten des VR Rechnung zu tragen, bei der Anspruchsprüfung die Un-/Begründetheit des Anspruchs häufig nicht abschließend beurteilen zu können. Gemessen an diesem Zweck habe der VR den Haftpflichtanspruch grundsätzlich zu befriedigen, wenn dieser offensichtlich begründet sei.153 Drittens verweist von Rintelen auf die Gesetzesbegründung zu § 149 a.F. Dort wird zu den Pflichten des VR u.a. angeführt:154 „In allen Fällen, in welchen der erhobene Anspruch ohne weiteres als begründet erscheint, kann die Aufgabe des Haftpflichtversicherers nur in dem Ersatze der dem Dritten geschuldeten Leistung, nicht aber in Maßnahmen zur Abwehr des Anspruchs bestehen. Es würde dem Zweck der Versicherung und zugleich der Billigkeit und dem allgemeinen Rechtsgefühle widersprechen, wenn der Versicherer auch in solchen Fällen einen Rechtsanspruch nur unter der Voraussetzung der vorgängigen Führung eines Prozesses mit dem Dritten hätte.“
cc) Stellungnahme. Von Rintelen ist zuzugeben, dass die Prüfung der Begründetheit 89 des Haftpflichtanspruchs nicht dem Handlungs-, sondern dem Erkenntnisbereich zuzuordnen ist. Auch finden die bürgerlich-rechtlichen Regelungen der §§ 262 ff. BGB keine Anwendung auf das Wahlrecht des VR. Der Grund hierfür liegt jedoch allein darin, dass die Ansprüche auf Anspruchsabwehr und Freistellung gerade nicht in einem echten Alternativverhältnis stehen, da der VR neben der Abwehr auch Freistellung schuldet, nämlich wenn der Anspruch nach vergeblichen Abwehrbemühungen mit für ihn bindender Wirkung festgestellt worden ist. In letzter Konsequenz bedeutete der Ansatz Lückes und von Rintelens, dass dem VN bei offensichtlich begründeten Haftpflichtanprüchen ein Anspruch auf Befriedigung aus § 100 zugebilligt werden müsste, ohne dass sich der Freistellungsanspruch zuvor in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat.155 Zahlung an sich oder den Dritten kann der VN jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 106 S. 1 und S. 2 verlangen. Von Rintelens Ansatz ist auch nicht in Einklang mit der zuvor aufgezeigten Rechtsprechung zu bringen, da eine Berücksichtigung der wechselseitigen berechtigten Interessen von VN und VR dogmatisch nur auf der Ebene des Handlungsbereichs möglich ist. Soweit Lücke sich gegen ein pflichtgemäßes Ermessen mit der Begründung ausspricht, der VR dürfe insbesondere nicht, in der Hoffnung auf einen günstigen Vergleich oder in der oft berechtigten Erwartung, dass der Geschädigte einen Prozess nicht durchstehen werde, berechtigte Ansprüche abwehren,156 übersieht er, dass
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Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 2. Von Rintelen RuS 2010 133, 136 f. Von Rintelen RuS 2010 133, 136 f. Von Rintelen RuS 2010 133, 137. Von Rintelen RuS 2010 133, 136 f.
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Motive 204. Vgl. auch LG Köln 2.11.2011 RuS 2012 239, 240. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 2.
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dieser Gesichtspunkt für die Beurteilung der Pflichtgemäßheit unberücksichtigt bleiben muss, weil es nur auf das Versicherungsvertragsverhältnis ankommt (Rn. 87). Es gilt ferner zu beachten, dass es keine Frage der materiellen Wahrheit ist, ob ein 90 Anspruch begründet ist.157 Letzeres hängt bis zur Entscheidung durch rechtskräftiges Urteil im Haftpflichtprozess, Vergleich oder Anerkenntnis vielmehr von der rechtlichen Bewertung des VR ab, die wiederum infolge einer zwischenzeitlichen Veränderung der Rechtslage oder der Beweis- und Tatsachenlage seit Anzeige des Versicherungsfalls Änderungen unterworfen sein kann.158 Selbst bei umfänglicher Prüfung der Sach- und Rechtslage wird der VR die Erfolgsaussichten des Haftpflichtanspruchs dem Grunde und der Höhe nach nur selten abschließend beurteilen können. Hinzu kommt, dass es in gleicher Weise wie bei der Prognose über die Begründetheit eines Schadensersatzanspruchs bei der Abwägung der Gründe, die für oder gegen dessen Befriedigung oder Abwehr sprechen, sog. „Grauzonen“ gibt, in denen sachlich zwingende Entscheidungen nach der einen oder der anderen Richtung nicht ohne Weiteres möglich sind. Die besseren Argumente sprechen deshalb dafür, dem VR, soweit und solange sich der Anspruch des VN noch nicht in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat, ein (Handlungs-/Rechtsfolgen-)Ermessen hinsichtlich der Wahl zwischen Anspruchsabwehr und -befriedigung zuzubilligen, dessen pflichtgemäße Ausübung zu einer Ermessensreduzierung (auf Null) führen kann. Übt der VR sein Ermessen fehlerhaft aus, kommt eine Haftung des VR gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 100 in Betracht.
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b) Bestimmung des pflichtgemäßen Ermessens. Welche Anforderungen an eine pflichtgemäße Ermessensausübung zu stellen sind, ist eine bislang nicht abschließend geklärte Frage. Die hierzu vornehmlich zur Kfz-Haftpflichtversicherung ergangene und von der einschlägigen Literatur159 zustimmend zur Kenntnis genommene Rechtsprechung lässt sich dahin gehend zusammenfassen, dass dem VR ein weiter Ermessensspielraum zugebilligt wird, bei dem er sich auch von wirtschaftlichen Überlegungen leiten lassen darf (Kosten, absolute Höhe des Anspruchs). Der VR darf die Haftungslage pauschal beurteilen und sich zeitraubende und aufwendige Ermittlungen ersparen, wenn diese außer Verhältnis zum geltend gemachten Schadensumfang stehen.160 Ermessensfehlerhaft ist eine Schadensregulierung, wenn die vom Unfallgegner geltend gemachten Ansprüche nach den gegebenen Beurteilungsgrundlagen eindeutig und leicht nachweisbar unbegründet sind.161 Ferner ist ein Verstoß gegen das pflichtgemäße Ermessen bejaht worden bei fragwürdiger Schadensschilderung des Geschädigten, bei Bestreiten jeglicher Schadensverursachung durch den VN, bei einer möglichen Schadensverursachung durch ein anderes Kfz kurz vor dem Schadensereignis, bei Fehlen von Zeugen für den Schadenshergang sowie bei fehlender Beschädigung des Fahrzeugs des VN.162 Kein Verstoß gegen das
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So aber offenbar Kramer RuS 2008 1, 2. Vgl. OLG Celle 23.12.2009 RuS 2010 109, 111. Prölss/Martin/Voit/Knappmann AKB § 10 Rn. 29; Feyock/Jacobsen/Lemor § 10 AKB Rn. 89 ff.; Beckmann/MatuscheBeckmann/Heß/Höke § 29 Rn. 34 ff. Vgl. nur LG Duisburg 4.11.1986 VersR 1987 1004; LG Weiden 19.1.1982 ZfS 1983 53; AG Dortmund 8.1.2002 Schaden-Praxis 2002 399; AG Frankfurt/M. 25.2.1999
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DAR 1999 554; AG Köln 15.6.1984 VersR 1984 835. Z.B. LG Düsseldorf 7.4.2006 SchadenPraxis 2007 191; LG Mönchengladbach 17.4.1998 RuS 1998 271; AG Düsseldorf 7.4.2009 Schaden-Praxis 2009 374, 375; AG Essen 2.5.2007 NJOZ 2007 2242, 2243; AG Köln 10.6.2003 Schaden-Praxis 2004 350; AG Dortmund 8.1.2002 Schaden-Praxis 2002 399. OLG Köln 19.3.1992 RuS 1992 261.
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pflichtgemäße Ermessen liegt vor, wenn der VR auf der Grundlage der Bußgeldakte den Schaden reguliert163 oder der VR aufgrund des polizeilichen Unfallberichts davon ausgehen darf, dass die Forderung des Geschädigten berechtigt ist.164 Auf einen Rechtsstreit mit dem Unfallgegner (allein gestützt auf die Ehefrau des VN als Zeugin) braucht sich der VR nicht einzulassen.165 aa) Offensichtlich berechtigte Haftpflichtansprüche. Die für die Kfz-Haftpflichtversicherung angestellten wirtschaftlichen Überlegungen zur Bestimmung des pflichtgemäßen Ermessens sind nicht auf diese Versicherungssparte beschränkt. Dogmatisch hat sich eine Konkretisierung zunächst an § 100 zu orientieren, da sich eine pflichtgemäße Ermessensausübung im Ausgangspunkt an dem Zweck der Ermächtigungsnorm zu orientieren hat.166 Daneben ist das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus § 241 Abs. 2 BGB zu beachten. Sowohl nach dem Gesetzeszweck als auch nach dem Rücksichtnahmegebot ist allein die Befriedigung des geltend gemachten Haftpflichtanspruchs ermessensgerecht, soweit er offensichtlich berechtigt ist (Ermessensreduzierung auf Null).167 Übersteigt der offensichtlich berechtigte Haftpflichtanspruch die Versicherungssumme, mag zwar ein Interesse des VN daran bestehen, dass der VR sich zunächst auf den Standpunkt stellt, der Anspruch sei unbegründet, um den Dritten zu einem Nachgeben zu veranlassen. Jedoch ist dem VR die nach § 101 Abs. 2 vorgesehene zusätzliche Tragung der Abwehrkosten nicht zumutbar, sodass das Ermessen des VR nicht auf Abwehr reduziert ist. Hierbei ist zu beachten, dass § 241 Abs. 2 BGB eine wechselseitige Rücksichtnahme auf die Interessen der jeweils anderen Vertragspartei verlangt. Auf Seiten des VR spielt nicht nur sein eigenes wirtschaftliches Interesse eine Rolle, sondern auch das der von ihm organisierten Versichertengemeinschaft. Anders ist die Situation zu bewerten, wenn die Kosten der Anspruchsabwehr abweichend von § 101 Abs. 2 nach dem Versicherungsvertrag auf die Versicherungssumme angerechnet werden (§ 101 Rn. 65). Hier begeht der VR eine Pflichtverletzung, die den VN zum Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB berechtigt, wenn er einen offensichlich begründeten Haftpflichtanspruch nicht befriedigt, sondern abwehrt (s. auch Rn. 103). Zu beachten ist, dass der VR nicht mehr ex lege verpflichtet ist, den VN vor einer Zahlung an den Dritten oder dessen sonstiger Befriedigung zu unterrichten. Die entsprechende Regelung des § 156 Abs. 2 a.F. hat der Gesetzgeber mit der Begründung gestrichen, die dort geregelten Voraussetzungen für die Leistung des VR an den geschädigten Dritten widersprächen dem neuen § 100. Soweit es um die Benachrichtigungspflicht geht, ist ein Widerspruch indes nicht zu erkennen. Durch die Benachrichtigungspflicht sollte der VN vor Vermögensnachteilen bewahrt werden, die aus einer Leistung des VR an den Dritten entstehen können. Da auch nach der Reform ein Schutzbedürfnis des VN besteht, ist diese Verpflichtung nunmehr aus § 241 Abs. 2 BGB herzuleiten.168 Nachteile können dem VN in den Fällen entstehen, in denen er mit einer eigenen Gegenforderung gegen den Haftpflichtanpruch des Dritten aufrechnen könnte. Befriedigt der VR den Dritten, bevor der VN die Aufrechnung erklärt, besteht für den VN das Risiko,
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Vgl. OLG Rostock 9.1.2001 MDR 2001 935 f.; LG Halle 14.9.2009 BeckRS 2010 00010; LG Köln 11.2.1981 VersR 1981 1124; AG Hamburg-Altona 31.1.1980 VersR 1980 738. AG Hannover 31.7.1986 VersR 1987 277.
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LG Frankfurt 25.1.1989 RuS 1989 174. Von Rintelen RuS 2010 133, 137. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 37; Kramer RuS 2008 1, 5. Vgl. auch Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 33.
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dass er seine Forderung gegen den Dritten nicht mehr realisieren kann.169 Die Rücksichtnahme auf die Interessen des VN gebietet dem VR deshalb, dem VN vor der Regulierung des Schadens die Möglichkeit zu geben, darauf hinzuweisen, dass der Anspruch bereits teilweise erfüllt ist, oder ihm Gelegenheit zu geben, von einer bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit noch Gebrauch zu machen. Der VR muss mit der Regulierung des Schadens einen angemessenen Zeitraum zuwarten, damit der VN sein Vorgehen überlegen und gegebenenfalls die Aufrechnung erklären oder ein Zurückbehaltungsrecht erheben kann.170 Erklärt der VN sich nicht oder bringt er vom VR angeforderte Unterlagen nicht innerhalb angemessener Frist bei, kann der VR gegenüber dem Geschädigten regulieren, ohne dass er Rechtsnachteile im Verhältnis zum VN zu befürchten hat.171 Er verstößt nicht gegen das Rücksichtnahmegebot und macht sich deshalb nicht schadensersatzpflichtig.172 Unter Umständen muss der VR aber nachfragen, weshalb der VN angeforderte Unterlagen noch nicht vorgelegt hat.173 Des Weiteren ist der Hinweis geboten, dass nach § 767 Abs. 2 ZPO eine Aufrechnung 96 gegen den gerichtlich festgestellten Haftpflichtanspruch mit einer schon im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehenden Gegenforderung nicht zulässig ist.174 Hieraus leitet R. Johannsen die Verpflichtung des VR her, im Prozess auf Verlangen des VN mit dessen Gegenforderungen hilfsweise aufzurechnen.175 Allerdings sei der VR nicht dazu verpflichtet, sich bei dem VN nach solchen Gegenforderungen zu erkundigen. Ein VN, der sich während des Prozesses nicht um die Durchsetzung seiner Gegenforderung durch Unterrichtung des VR kümmere, habe sich die verpasste Aufrechnungsmöglichkeit selbst zuzuschreiben.176
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bb) Offensichtlich unberechtigte Haftpflichtansprüche. Haftpflichtansprüche, die dem Grunde oder der Höhe nach offensichtlich unberechtigt sind, hat der VR grundsätzlich abzuwehren. Die dahin gehende Ermessensreduzierung folgt vor allem daraus, dass jede Entschädigungsleistung die pro Versicherungsjahr für weitere Versicherungsfälle zur Verfügung stehende Versicherungssumme reduziert. Ist eine Anrechnung der Kosten auf die Versicherungssumme vorgesehen, kann im Einzelfall eine abweichende Bewertung im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme gerechtfertigt sein. Übersteigen die Kosten der Anspruchsabwehr (voraussichtlich) den Haftpflichtanspruch, wird man den VR als berechtigt ansehen müssen, einen offensichtlich unbegründeten Anspruch (im Rahmen eines Vergleichs) zu befriedigen. Ein solches Vorgehen liegt schließlich auch im Interesse des VN, selbst wenn hiermit Nachteile einhergehen (z.B. Verlust des Schadenfreiheitsrabatts). Insoweit kommt dem VR ein Handlungsermessen zu. Realisiert der geschädigte Dritte seinen unbegründeten Haftpflichtanspruch, indem er 98 sich aus dem Vermögen des VN gegen dessen Willen z.B. durch Aufrechnung, Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts oder Wegnahme eines dem VN gehörenden Gegenstands befriedigt, ist das Handlungsermessen des VR innerhalb der zuvor beschriebenen Grenzen dahin gehend reduziert, dass er auf sein Kostenrisiko im Namen des VN Klage auf Herausgabe des Gegenstandes erhebt oder dessen Forderung klageweise gegen
169 170 171 172 173
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Vgl. Motive 211; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 280. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 7. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 33. OLG Celle 4.1.1985 VersR 1985 1129 f. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 33.
174
175 176
BGH 16.2.1961 BGHZ 34 274, 278 = NJW 1961 1067; BGH 11.4.1957 BGHZ 24 97, 98 = NJW 1957 986. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G 278. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. V Anm. G 15.
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den Dritten geltend macht.177 In diesem Haftpflichtprozess mit vertauschten Rollen wird dann die Frage geklärt, ob und in welchem Umfang der Anspruch des geschädigten Dritten begründet ist oder nicht (vgl. Rn. 130 ff., 135 f.). Wird die Herausgabeklage abgewiesen, muss der VR dem VN den objektiven Wert des Gegenstandes bis zur Höhe der Versicherungssumme ersetzen. War die zur Aufrechnung gestellte Forderung begründet, muss der VR dem VN den Betrag der durch die Aufrechnung erloschenen Forderung erstatten und die Prozesskosten tragen. Verzichtet der VR im Falle der Aufrechnung auf den Prozess des VN gegen den Dritten, 99 weil er glaubt, den Betrag vom geschädigten Dritten aus Rechtsgründen oder wegen dessen Vermögenslage nicht erhalten zu können, muss er sich so behandeln lassen, als ob er dessen Schadensersatzanspruch anerkannt hätte.178 Der VR hat dem VN den entsprechenden Betrag zu erstatten. Hiervon will Späte eine Ausnahme für den Fall machen, dass sich der Anspruch des VN aufgrund der Vermögenslage des Dritten nicht hätte realisieren lassen. In diesem Fall könne der VR sich auf den Standpunkt stellen, dass er zwar den Schadensersatzanspruch nicht anerkenne, einen Rechtsstreit wegen des aufgerechneten Betrags gegenüber dem Dritten aber nicht führen wolle, weil dieser in Wirklichkeit wertlos sei. Ob diese Ansicht des VR berechtigt sei, müsse notfalls in einem Deckungsprozess zwischen VN und VR geklärt werden.179 Hiergegen lässt sich anführen, dass sich die Frage, ob und inwieweit das Aktivvermögen des Dritten zur Befriedigung der offenen Forderung des VN ausreicht, außerhalb eines Insolvenzverfahrens nur durch ein Vermögensverzeichnis feststellen lässt, zu dessen Erteilung der Dritte erst nach erfolgloser Zwangsvollstreckung verpflichtet ist (vgl. § 807 ZPO). Dies spricht dafür, den VR, der sich auf die Vermögenslosigkeit des Dritten beruft, als zu einem Aktivprozess verpflichtet anzusehen (vgl. Rn. 132). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann er sich nicht auf die Vermögenslosigkeit des Dritten berufen. cc) Zweifelsfälle. Nur in seltenen Fällen wird ein Haftpflichtanspruch sowohl dem 100 Grunde als auch der Höhe nach offensichtlich begründet sein. Hält der VR den Rechtsstandpunkt des Dritten aufgrund dessen Sachverhaltsschilderung und der Auskünfte des VN zumindest für vertretbar und ist er in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt, darf er den Anspruch befriedigen. Er kann es aber auch auf einen Prozess ankommen lassen. Soweit die Kosten der Anspruchsabwehr auf die Versicherungssumme angerechnet werden, hat der VR diesen Umstand aus den zuvor angemerkten Gründen allerdings mitzuberücksichtigen. Hält der VR den Rechtsstandpunkt nicht für vertretbar und/oder ist er in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung nicht überzeugt, muss er zunächst versuchen, den Anspruch abzuwehren. Die Tatsache, dass die Befriedigung von Ansprüchen die zur Verfügung stehende Versicherungssumme für weitere Versicherungsfälle reduziert, wirkt aber auch hier ermessensreduzierend. Wie bereits festgestellt (Rn. 87), ist das wechselseitig bestehende Rücksichtnahme- 101 gebot aus § 241 Abs. 2 BGB auf das jeweilige Schuldverhältnis begrenzt. Dies bedeutet, dass nur solche Interessen des VN zu berücksichtigen sind, die ihn in seiner Eigenschaft als Partei des Versicherungsvertragsverhältnisses betreffen und nicht aus anderen Rechtsverhältnissen resultieren.180 Der Verlust des Schadenfreiheitsrabatts betrifft den VN als
177
Vgl. OLG Stuttgart 21.4.2010 RuS 2010 284; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 36.
178 179 180
Späte § 3 Rn. 29. Späte § 3 Rn. 29. Vgl. Staudinger/Olzen § 241 Rn. 422.
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Partei des Versicherungsvertrages ebenso wie Erklärungen des VR, die den VN aufgrund rechtsgeschäftlich erteilter (Regulierungs-)Vollmacht oder kraft Gesetzes binden, nicht hingegen der Verlust von Geschäftsbeziehungen mit Dritten. Abzulehnen ist deshalb die Ansicht, die das Interesse des VN an der Aufrechterhaltung von Geschäftsbeziehungen zum Anspruchssteller im Rahmen der Ermessensausübung einbeziehen will.181 Auf der anderen Seite ist der VR nicht berechtigt, ohne Einwilligung des VN ein über den Umfang der Versicherungssumme hinausgehendes Schadenanerkenntnis abzugeben oder einen darüber hinausgehenden Vergleich zu schließen (Ziff. 5 AHB Rn. 11).
102
c) Prüfung der Haftpflicht des VN. Um sein Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, muss der VR vorab die Haftpflichtfrage prüfen.182 Dabei ist der VR gehalten, sich auf Grundlage der Behauptungen des Dritten und des Vorbringens des VN (§ 31) ein umfassendes Bild über die tatsächlichen Umstände zu verschaffen, aus denen die Ansprüche hergeleitet werden, die Rechtslage sorgfältig zu prüfen und die Aussichten für eine Abwehr der Ansprüche nach Grund und Höhe möglichst zuverlässig einzuschätzen.183 Da juristische Anspruchsprüfungen nicht der Stringenz mathematischer Problemlösungen folgen,184 kann auf einen – begrenzten – Beurteilungsspielraum für den VR nicht verzichtet werden. Dieser kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn die Klärung von Beweisfragen nicht hinreichend prognostizierbar ist oder bei Rechtsfragen im Wesentlichen gleichgewichtige entgegengesetzte Auffassungen einander gegenüberstehen. Hält sich die Prognose des VR innerhalb eines solchen Beurteilungsspielraums, ist sie nicht zu beanstanden. Für die zu der gebotenen Prüfung nötigen Erhebungen steht dem VR eine angemessene 103 Zeit zur Verfügung. Am Ende der Prüfung steht die Entscheidung des VR, ob und in welchem Umfang er sich gegenüber seinem VN für eintrittspflichtig hält, was er diesem mitzuteilen hat.185 Der VR hat grundsätzlich das Recht, die polizeilichen Ermittlungsakten vor seiner Entscheidung einzusehen. Er muss sich nicht auf die Angaben seines VN oder des Geschädigten verlassen, sondern ist im Interesse der Versichertengemeinschaft gehalten zu prüfen, ob und inwieweit er zur Zahlung verpflichtet ist.186 Aus der Prüfung der Berechtigung des erhobenen Haftpflichtanspruchs lässt sich deshalb keine Anerkennung seiner Deckungspflicht herleiten.187 Bei vorzeitiger Erhebung der Deckungsklage und sofortigem Anerkenntnis treffen den VN die Prozesskosten (§ 93 ZPO).188 Wehrt der VR ohne Prüfung der Haftpflichtfrage die Ansprüche ab oder befriedigt er 104 sie gewissermaßen „auf gut Glück“, verletzt er seine Pflicht aus § 100 i.V. zum Beispiel mit Ziff. 1.1 AHB 2012 und kann sich nach § 280 Abs. 1 BGB dem VN gegenüber schadensersatzpflichtig machen.189 Werden die Kosten der Abwehr – wie nach § 101 Abs. 2 S. 1 vorgesehen – nicht auf die Versicherungssumme angerechnet, kommt ein Nachteil
181 182 183 184 185 186
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So aber Kramer RuS 2008 1, 5; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 4. BGH 20.11.1980 VersR 1981 180, 181. BGH 20.11.1980 VersR 1981 180, 181. Götz NJW 1997 3275, 3276. OLG Celle 23.12.2009 RuS 2010 109, 110; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 4. OLG Rostock 9.1.2001 MDR 2001 935 f.; OLG Bamberg 6.12.1988 RuS 1990 86; OLG Nürnberg 30.1.1976 VersR 1976 1052; LG Halle 14.9.2009 BeckRS 2010
187
188
189
00010; LG Düsseldorf 7.4.2006 SchadenPraxis 2007 191, 192. BGH 9.3.1961 VersR 1961 399; OLG Saarbrücken 20.12.2006 BeckRS 2008 02348; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 6; Späte § 3 Rn. 25; Littbarski § 3 AHB Rn. 70. OLG Bamberg 6.12.1988 RuS 1990 86, 87; OLG Nürnberg 30.1.1976 VersR 1976 1052. Vgl. Baumann VersR 2010 984, 986.
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des VN jedoch nur insoweit in Betracht, als der Schaden sich vergrößern und ggf. die (noch zur Verfügung stehende) Versicherungssumme überschreiten kann. Bleibt der VR einfach untätig, kommen auch Ansprüche aus Verzug in Betracht (Rn. 116).190 Ein Rückgriff auf § 241 Abs. 2 BGB ist in beiden Fällen nicht angezeigt, da es sich bei der Prüfung der Haftpflichtfrage um eine Hauptleistungspflicht des VR handelt (Rn. 5). d) Fehleinschätzungen. Erweist sich die Beurteilung der Sach- und Rechtslage nach 105 Prüfung der Haftpflichtfrage seitens des VR und darauf basierend die Entscheidung zur Abwehr oder Freistellung als falsch, muss der VR die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Konsequenzen tragen.191 Soweit der VR seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten und/oder fehlerhaft von seinem Ermessen Gebrauch gemacht hat, liegt kein Pflichtverstoß vor, der den VN zum Schadensersatz berechtigt.192 3. Erlöschen des Wahlrechts Das Wahlrecht des VR endet in dem Zeitpunkt, in dem ihm aus tatsächlichen oder 106 rechtlichen Gründen eine wirksame Abwehr des Zugriffs des geschädigten Dritten in das Vermögen des VN unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Letzteres ist der Fall, wenn die Haftpflichtschuld endgültig durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist (vgl. § 106 S. 1) oder der VN zuvor den Anspruch des Dritten anerkannt oder den Dritten (z.B. durch Zahlung oder Aufrechnung) befriedigt hat (vgl. § 106 S. 2), ohne dass es an dieser Stelle auf die Bindungswirkung eines Urteils, Anerkenntnisses oder Vergleichs für den VR oder seine Zustimmung zur Befriedigung ankommt. Bindungswirkung und Zustimmung spielen nach der Ersetzung des § 154 Abs. 2 a.F. durch § 105 nach § 106 nur eine Rolle für die Fälligkeit und damit Begründetheit des Freistellungs-/Zahlungsanspruchs des VN gegen den VR.193 Das Wahlrecht des VR endet darüber hinaus auch dann, wenn der Dritte aus einem 107 nur vorläufig vollstreckbaren Titel die Zwangsvollstreckung betreibt, und dem VN (genauer: dem VR für ihn) die Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung aus prozessualen Gründen nicht möglich ist, etwa weil der Dritte seinerseits Sicherheit geleistet hat (§ 709 ZPO) oder nicht zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist (§§ 710, 720a).194 In all diesen Fällen bleibt für den VR im Rahmen des einheitlichen Haftpflichtversicherungsanspruchs nur noch die Befriedigungsvariante, m.a.W. wandelt sich der Haftpflichtversicherungsanspruchs in einen Anspruch auf Zahlung um (vgl. § 101 Abs. 3).195 Das Wahlrecht des VR bleibt dagegen bestehen, wenn der Dritte seinen bestrittenen 108 Haftpflichtanspruch durch Aufrechnung, Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts oder Wegnahme eines dem VN gehörenden Gegenstands realisiert.196 In diesen Fällen besteht die Abwehrpflicht des VR darin, auf sein Kostenrisiko im Namen des VN dessen Forderung klageweise gegen den geschädigten Dritten geltend zu machen oder klage-
190
191 192 193
Prölss/Martin/Voit/Knappmann AHB § 3 Rn. 3; Späte § 3 Rn. 25; Littbarski AHB § 3 Rn. 70. Vgl. OLG Celle 23.12.2009 RuS 2010 109, 111. Vgl. LG Köln 2.11.2011 RuS 2012 239, 240. Vgl. auch OLG Stuttgart 21.4.2010 RuS 2010 284.
194 195
196
Vgl. OLG Celle 23.12.2009 RuS 2010 109, 111 f. Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 35; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 101 Rn. 22; s. auch OLG München 7.5.1993 OLGR 1993 206, 207. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 13 bezüglich der Aufrechnung.
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weise Herausgabe des Gegenstands zu verlangen. Das Wahlrecht des VR erlischt dagegen im Falle der Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Geschädigten. Der VR als Freistellungsschuldner kann sein Wahlrecht nämlich nur solange ausüben, wie der VN sowohl Gläubiger des Rechtsschutz- als auch des Freistellungsanspruchs ist. Insoweit ist der Hinweis geboten, dass der Anspruch auf Abwehr beim VN verbleibt (Rn. 112). Der VR kann deshalb nach seiner erfolglosen Inanspruchnahme durch den Dritten u.U. verpflichtet sein, dem sodann vom Dritten in Anspruch genommenen VN Abwehrschutz zu bieten (vgl. § 108 Rn. 58). Zum Wiederaufleben des Wahlrechts im Fall der Rückabtretung s. § 108 Rn. 42, 52.
II. Umwandlung des Haftpflichtversicherungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch 1. Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs
109
Der Haftpflichtversicherungsanspruch des VN richtet sich von dem Zeitpunkt an, zu dem der Anspruch des Dritten mit bindender Wirkung für den VR durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist, auf Freistellung (§ 106 S. 1), nicht auf Zahlung. In einen Zahlungsanspruch wandelt er sich erst in der Hand des Dritten nach Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs zur Einziehung (§§ 829, 835, 836 ZPO) um.197 2. Einziehungsrecht (analog § 1282 BGB)
110
In der Insolvenz des VN erwirbt der Dritte entsprechend § 1282 BGB ein Einziehungsrecht und kann deshalb vom VR Zahlung an sich selbst verlangen kann, sobald der Freistellungsanspruch fällig geworden ist, ohne dass es einer Pfändung und Überweisung bedarf (§ 110 Rn. 14). 3. Abtretung des Freistellungsanspruchs an den geschädigten Dritten
111
a) Nach Eintritt der Bindungswirkung hinsichtlich des Haftpflichtanspruchs. Vorstehendes zur Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs Gesagte gilt entsprechend im Falle einer Abtretung (§ 398 BGB) an den geschädigten Dritten. Der Freistellungsanspruch wandelt sich in einen Zahlungsanspruch um (vgl. § 108 Rn. 36).
112
b) Vor Eintritt der Bindungswirkung hinsichtlich des Haftpflichtanspruchs. Letzteres gilt auch für den Fall der Abtretung vor der rechtskräftigen Feststellung des Haftpflichtanspruchs. In diesem Fall kommt es zu einer Aufspaltung des einheitlichen Haftpflichtversicherungsanspruchs (= Anspruch auf Freistellung i.w.S.) in einen Anspruch auf Rechtsschutz, der beim VN verbleibt und von Bedeutung ist, wenn der Geschädigte nach erfolgloser Inanspruchnahme des VR (erneut) gegen den VN vorgeht, und den Anspruch
197
90
Vgl. BGH 2.7.2007 RuS 2007 191, 195; BGH 17.3.2004 VersR 2004 634, 645; BGH 13.2.1980 VersR 1980 522, 523; BGH 12.3.1975 VersR 1975 655; OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2005 394, 395;
OLG München 29.3.1999 RuS 1999 58; LG Karlsruhe 11.1.2012 VersR 2013 352, 353; LG Dortmund 12.7.2007 RuS 2007 415, 416.
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auf Freistellung (i.e.S.), der auf Befriedigung des Haftpflichtanspruchs gerichtet ist. Der Geschädigte ist nach der Abtretung berechtigt, den VR (direkt) auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. 4. Anerkenntnis und/oder Befriedigung des Haftpflichtanspruchs Anerkennt und/oder befriedigt der VN den geschädigten Dritten, wandelt sich der 113 Freistellungsanspruch gem. § 106 S. 1 in einen Anspruch des VN auf Zahlung an den geschädigten Dritten (im Fall des Anerkenntnisses) oder gem. § 106 S. 2 an sich selbst (im Falle des Anerkenntnisses und/oder der Befriedigung) um, soweit der Haftpflichtanspruch begründet ist. Der Befriedigung steht es gleich, wenn der Dritte mit seiner Haftpflichtforderung gegen die Forderung des VN aufrechnet und sich der VN mit der Aufrechnung einverstanden erklärt.198 5. Unmöglichkeit der Abwehr des Zugriffs auf das Vermögen des VN Ist dem VR eine wirksame Abwehr des Zugriffs des geschädigten Dritten auf das Ver- 114 mögen des VN nicht mehr möglich, wandelt sich der Anspruch auf Haftpflichtversicherungsschutz in einen Zahlungsanspruch des VN um. Es geht zum einen um den Fall, dass der geschädigte Dritte mit seiner unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Haftpflichtforderung aufrechnet und hierdurch eine gegen ihn gerichtete Forderung des VN zum Erlöschen bringt. Hier kommt § 106 S. 2 analog zur Anwendung (vgl. § 106 Rn. 36). Zum anderen geht es um den Fall, dass sich der Dritte zwangsweise aus dem Vermögen des VN befriedigt. Bezüglich dieser Fallgruppe gibt es in der Literatur Diskussionen um die dogmatische Konstruktion. Anlass hierfür gibt die Entscheidung des BGH vom 13.7.1959, in der dem VN kein Zahlungsanspruch infolge der Umwandlung des Versicherungsschutzanspruchs, sondern nur ein (verschuldensabhängiger) Sekundäranspruch in Form von Schadensersatz gewährt wurde.199 In jenem Fall ging es um die Sicherstellung eines Fahrzeugs des VN, die im Anschluss an einen schweren Unfall im Jahre 1952 durch die sowjetische Militärmission erfolgte. Da die für das beschädigte sowjetische Eigentum erhobenen Ansprüche nicht befriedigt wurden, veräußerten die Sowjets das Fahrzeug des VN an unbekannte Dritte und befriedigten sich aus dem Erlös. Vom BGH 200 ist dazu u.a. Folgendes ausgeführt worden: „Der Verzug der Beklagten (VR) endete aber, als Anfang 1954 der Lastzug infolge seiner Verwertung durch die sowjetische Militärbehörde endgültig verlorenging; denn dieser Umstand bewirkte, daß die von der Beklagten geschuldete Freistellung des Klägers von den Haftpflichtansprüchen und damit auch die Auslösung des Lastzugs unmöglich wurde, nachdem sich die sowjetische Militärbehörde durch seine Verwertung wegen ihrer Haftpflichtansprüche selbst befriedigt hatte … Da die Unmöglichkeit infolge der dargelegten, von der Beklagten zu vertretenden Umstände eintrat, erwuchs dem Kl. damit gegen die Bekl. nach § 280 BGB ein neuer Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, nämlich ein Anspruch auf Ersatz der Schäden, die ihm dadurch entstanden, daß er infolge der Nichterfüllung seinen Lastzug nunmehr endgültig verlor. Dieser Schadensersatzanspruch, der die Bekl. nach § 249 BGB verpflichtet, den Kl. so zu stellen, wie wenn sie am 1.4.1954 ihre Verpflichtung zur Gewährung des Versicherungsschutzes erfüllt hätte, geht nicht nur auf Ersatz des Wertes des Lastzugs, sondern umfaßt auch den Schaden, der dem Kl. durch die weitere zeitweilige Entbehrung der Nutzungen des Lastzuges entstand.“
198 199
OLG Stuttgart 21.4.2010 RuS 2010 284. BGH 13.7.1959 VersR 1959 701 ff.
200
BGH 13.7.1959 VersR 1959 701, 703.
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Hj. Wussow 201 hat sich gegen diese Auffassung des BGH gewandt. Er führt aus, dass immer dann, wenn eine Befreiung des VN von den Ansprüchen des Dritten nicht mehr möglich sei, an die Stelle des Haftpflichtversicherungsanspruchs ein Zahlungsanspruch des VN trete, dessen Erfüllung nicht unmöglich werden könne (§ 279 BGB a.F.). Deshalb komme es für den Zahlungsanspruch auch nicht auf ein Vertretenmüssen des VN an. Baumann gelangt mit anderer Begründung zu dem gleichen Ergebnis. Er hebt hervor, dass die Haftpflichtversicherung auf Naturalrestitution i.S.v. § 249 Abs. 1 BGB gerichtet sei, die sowohl Freistellung als auch Anspruchsabwehr umfasse, und dass der VR im Falle der Unmöglichkeit der Anspruchsabwehr entsprechend § 251 Abs. 1 BGB Entschädigung in Geld schulde. Eines Rückgriffs auf § 280 Abs. 1 BGB bedürfe es deshalb nicht.202 R. Johannsen folgt im Grundsatz dem Urteil des BGH mit der Begründung, die Entstehung eines Zahlungsanspruchs sei ein Ausnahmefall im Verhältnis zur primär geschuldeten Befreiung.203 Im Ergebnis ist der Ansicht Hj. Wussows zu folgen. Der Haftpflichtversicherungs116 anspruch verliert nicht dadurch seine primärrechtliche Natur, dass er sich infolge der Unmöglichkeit der Anspruchsabwehr in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Schadensersatzansprüche des VN kommen nur insoweit in Betracht, als der VN infolge der Vollstreckung in einen Gegenstand einen Vermögensverlust erleidet, der über die Haftpflichtforderung hinausgeht und deshalb nicht vom VR ersetzt wird. Insoweit ist der Feststellung des BGH, dass der VR auch den Schaden zu ersetzen habe, der dem VN durch die weitere zeitweilige Entbehrung der Nutzungen des Lastzuges entstanden sei, zuzustimmen. Nur ergibt sich diese Rechtsfolge nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung (§ 281 BGB), sondern aus § 286 BGB wegen Verzugs mit der Pflicht zur Gewährung von Versicherungsschutz in Form der Abwehr oder Freistellung von unbegründeten oder begründeten Haftpflichtansprüchen.204 Für die Ansicht Baumanns besteht nach der Neufassung des § 100 kein Raum mehr (Vor §§ 100–112 Rn. 2 ff.).
115
6. Verzicht des Versicherers auf Aktivprozess bei Aufrechnung mit bestrittener Haftpflichtforderung
117
Verzichtet der VR im Falle der Aufrechnung mit einer bestrittenen Haftpflichtforderung auf den Prozess des VN gegen den Dritten, weil er glaubt, den Betrag vom geschädigten Dritten aus Rechtsgründen oder wegen dessen Vermögenslage nicht erhalten zu können, wird er so behandelt, als ob er den Haftpflichtanspruch anerkannt hätte. Der VN hat in diesem Fall analog § 106 S. 2 einen Zahlungsanspruch gegen den VR (Rn. 124). 7. Konfusion
118
Umstritten ist, ob sich der Haftpflichtversicherungsanpruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt, wenn sich Haftpflichtanspruch und Haftpflichtschuld in einer Person vereinigen und der Haftpflichtanspruch infolge dieser Konfusion untergeht. Das
201 202 203
92
Hj. Wussow VersR 1959 976 f. Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 20 f. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 40.
204
A.A. AG Mannheim 4.11.2011 RuS 2012 337 (für Verweigerung des Deckungsschutzes hat VR gem. §§ 280, 281, 249 BGB einzustehen).
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kann in der Weise geschehen, dass der geschädigte Dritte den VN beerbt oder umgekehrt der VN den Dritten. Eine Konfusion kann auch durch umwandlungsrechtliche Verschmelzung zweier juristischer Personen eintreten.205 In der Vergangenheit haben sich vereinzelt Instanzgerichte und Literaturstimmen für ein gänzliches Freiwerden des VR ausgesprochen.206 Das jüngere Schrifttum vertritt dagegen einhellig die Ansicht, dass der Haftpflichtversicherungsanspruch auch nach Untergang der Haftpflichtforderung in Form des Zahlungsanspruchs bestehen bleibe.207 Begründet wird diese Ansicht im Wesentlichen damit, dass der VR aus der zufälligen Konfusion keine Vermögensvorteile ziehen dürfe. W. Wussow 208 stellt auf den mutmaßlichen Willen der Parteien des Haftpflichtversicherungsvertrages ab und wirft die Frage auf, welche Vereinbarung getroffen worden wäre, wenn die Parteien sich einen derartigen Fall bei Abschluss des Versicherungsvertrages vorgestellt hätten. Aufgrund der erhaltenen Versicherungsprämien sei anzunehmen, dass der VR den Willen habe, den Dritten auch dann zu befriedigen, wenn dieser durch den für den VR zufällig eintretenden Tod des VN und sich daraus ergebender Gesamtrechtsnachfolge in vermögensrechtlicher Beziehung mit dem VN zu ein und derselben Person werde. Die h.M. verdient Zustimmung. Die Begründung W. Wussows, die im Kern auf nichts 119 anderes als eine ergänzende Vertragsauslegung hinausläuft, überzeugt. Zunächst ist freilich zu prüfen, ob der Haftpflichtversicherungsanspruch nicht trotz der Konfusion als fortbestehend gilt (vgl. z.B. § 1976, § 1991 Abs. 2, § 2143, § 2175 oder § 2377 BGB).209 Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Vereinigung von Forderung und Schuld nicht in jedem Fall zum Erlöschen der Schuld führt. Ausnahmen hat die Rechtsprechung insbesondere in solchen Fällen angenommen, in denen schutzwürdige Interessen Dritter am Fortbestand der Forderung bestehen.210 Im Fall der Konfusion von Haftpflichtanspruch und Haftpflichtschuld sind schutzwürdige Interessen Dritter am Fortbestand der Haftpflichtforderung jedoch nicht ersichtlich, sodass diese Rechtsprechung nicht eingreift. Für die Kfz-Haftpflichtversicherung ist entschieden, dass der Direktanspruch des Ge- 120 schädigten nicht untergeht, wenn der VN verstirbt, bevor der Geschädigte, der ihn beerbt, seinen Anspruch gegen den VR durchsetzen kann.211 Dies hat die Rechtsprechung im Wesentlichen damit begründet, dass die Konfusion bei gesamtschuldnerischer Haftung gem. § 425 Abs. 2 BGB nur für und gegen den Gesamtschuldner wirke, in dessen Person sie eintrete. In der freiwilligen Haftpflichtversicherung steht dem Geschädigten ein Direktanspruch nicht zu. Es liegt deshalb auch keine Gesamtschuld vor. Jedoch besteht auch hier die berechtigte Erwartung des VN, dass derjenige, der durch sein Verhalten zu Schaden gekommen ist, Ersatz erhält, für den letztlich der VR einzustehen hat.
205 206 207
208 209
Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 41. S. Nachw. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 41. Vgl. Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 24; Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 78; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 40; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 100 Rn. 20; Berliner Kommentar/ Baumann § 149 Rn. 116: Schwintowski/ Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 35. AHB § 1 Anm. 21. Späte § 1 Rn. 192.
210
211
Vgl. BGH 23.4.2009 NJW-RR 2009 1059, 1060; BGH 14.6.1995 NJW 1995 2287, 2288; BGH 30.4.1980 NJW 1981 447, 448; OLG Düsseldorf 9.2.1999 NVersZ 2000 218, 219; OLG Schleswig 28.7.1998 NJWRR 1999 1528, 1529. Vgl. BGH 9.7.1996 RuS 1996 398, 399 = VersR 1996 1258; OLG Hamm 16.6.1994 RuS 1995 176, 177 = VersR 1995 454; der BGH hat die Revision durch Beschl. v. 14.3.1995 – VI ZR 230/94 – nicht angenommen; s. auch BGH 9.7.1996 VersR 1996 1258, 1259.
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§ 100
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Der VN braucht nicht damit zu rechnen, dass bei seinem Tode der Geschädigte den Anspruch auf Haftpflichtversicherungsschutz gegen den VR nur deshalb verliert, weil dieser ihn vor Erhalt der Ersatzleistung beerbt. Nicht anders stellt sich die Situation in dem Fall dar, in dem der Geschädigte verstirbt, bevor er Ersatz vom VR erhalten hat, und der VN ihn beerbt. In beiden Konstellationen ist kein vernünftiger Grund für die Leistungsfreiheit des VR ersichtlich.
III. Konkretisierung des Haftpflichtversicherungsanspruchs 1. Freistellung von begründeten Ansprüchen
121
Hat der VR sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums und Handlungsermessens dazu entschlossen, die gegnerische Haftpflichtforderung als begründet anzuerkennen, oder ist sie auf andere Weise gegenüber dem VR bindend i.S.d. § 106 festgestellt, ist er dazu verpflichtet, den VN freizustellen. Wie er den VN freistellt, bleibt grundsätzlich dem VR überlassen.212 In der Regel erfolgt die Freistellung durch Zahlung einer Geldsumme an den geschädigten Dritten. Die Zahlung erfolgt dabei – soweit nicht ein Fall des § 115 Abs. 1 gegeben ist – nicht auf eigene Schuld, sondern auf die Schuld des VN. Denkbar sind auch Vergleich, Verzichtsvertrag oder eine befreiende Schuldübernahme (§§ 414, 415 BGB). Möglich ist auch die Freistellung des VN durch Aufrechnung mit einer Gegenforde122 rung. Dies hat jedoch zur Voraussetzung, dass der VR seine Forderung gegen den Dritten an den VN abgetreten hat,213 da sich der Haftpflichtanspruch des Dritten nicht gegen den VR richtet und der nach § 267 BGB leistende VR die Befriedigung des Dritten durch Aufrechnung mit einer eigenen Forderung nicht erreichen kann.214 Der VN darf sich gegen eine solche Abtretung zum Zwecke der Aufrechnung nicht sperren. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er selbst mit eigenen Gegenforderungen aufrechnen könnte. In diesem Fall geht auch nach der Streichung von § 156 Abs. 2 a.F. das Interesse des VN dem des VR vor, weil es dem VN nicht zum Nachteil gereichen darf, haftpflichtversichert zu sein. Dieser Gedanke, der in § 86 Abs. 1 S. 2 seinen Ausdruck gefunden hat (sog. Differenztheorie oder Quotenvorrecht des VN),215 ist bei der nach § 241 Abs. 2 BGB vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Interessen in der Weise zu berücksichtigen, dass der VR aus dem zufälligen Umstand, dass er auch eine Forderung gegen den geschädigten Dritten hat, keinen Vorteil im Verhältnis zu seinem VN genießen darf. Der VN ist nicht verpflichtet, seine Gegenforderung zur Aufrechnung zur Verfügung zu stellen.216 Demgegenüber ist der VR gehalten, den Aufrechnungswunsch seines VN immer dann zu berücksichtigen, wenn dieser ohne eine solche Aufrechnung seine Gegenforderung nicht realisieren könnte.217 Denkbar ist schließlich, dass der VR gegen den VN eine Forderung hat. Hier räumt 123 § 35 dem VR ein Recht zur Aufrechnung mit ihm gegen den VN zustehenden Prämien212
213
214
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Vgl. RG 27.5.1938 RGZ 158 9, 10; RG 28.1.1913 RGZ 81 251; RG 5.2.1909 RGZ 70 257, 261. Vgl. RG 24.2.1912 RGZ 78 382, 384 (nicht versicherungsrechtliche Entscheidung), a.A. K. Sieg 193 f., der eine Zustimmung des VN genügen lässt. RG 11.11.1927 RGZ 119 1, 4; OLG Celle
215 216
217
17.7.2001 WM 2001 2444; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 37. Vgl. BGH 25.11.2009 RuS 2010 105. Ebenso Ruhkopf VersR 1961 99, 100; a.A. E. Prölss VersR 1954 1, 2; Schirmer Vertretungsmacht 66 ff. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 3.
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Leistung des Versicherers
§ 100
forderungen oder sonstigen Ansprüchen aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag gegenüber dem geschädigten Dritten ein. Dieses Recht wird jedoch durch § 108 Abs. 1 dahin gehend beschränkt, dass der VR nur mit Prämienforderungen aufrechnen darf, die vor dem Versicherungsfall fällig geworden sind (§ 108 Rn. 20).218 Das aus § 35 resultierende Recht des VR zur Aufrechnung tritt insoweit nicht hinter dem Aufrechnungsrecht des VN zurück,219 da dem VN kein Nachteil droht. Unter Berücksichtigung des mit der Regelung des § 108 Abs. 1 verbundenen Schutzes des Geschädigten muss diese Beschränkung auch für die Einrede des Zurückbehaltungsrechts durch den VR mit gegen den VN bestehenden Ansprüchen gelten. Anderenfalls würde die Auszahlung der Versicherungssumme an den Geschädigten von der Bereitschaft des VN zur Erfüllung der gegen ihn bestehenden Ansprüche des VR abhängig gemacht; zudem würde dadurch das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit des VN auf den Geschädigten verlagert.220 Rechnet der Dritte mit seiner bestrittenen Schadensersatzforderung gegen eine berech- 124 tigte Forderung des VN auf und verzichtet der VR auf den Prozess des VN gegen den Dritten, wird er so behandelt, als ob er den Schadensersatzanspruch anerkannt hätte. In diesem Fall wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch in der Person des VN um und der VR ist verpflichtet, den entsprechenden Betrag analog § 106 S. 2 an den VN zu erstatten (Rn. 117).221 Soweit Späte eine Ausnahme für den Fall machen will, dass sich der Anspruch des VN aufgrund der Vermögenslage des Dritten nicht hätte realisieren lassen, ist diese Ansicht abzulehnen.222 Sie lässt sich nicht mit der Rechtsschutzverpflichtung des VR in Einklang bringen. Falls die zur Aufrechnung gestellte Haftpflichtforderung nicht offensichtlich unberechtigt ist, muss der VR zunächst in einem Aktivprozess deren Berechtigung klären lassen (Rn. 108). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, hat er sich im Verhältnis zum VN so behandeln lassen, als ob der Dritte mit einer unbestrittenen Haftpflichtforderung aufgerechnet und hierdurch die Forderung des VN zum Erlöschen gebracht hat. Auf die Vermögenslosigkeit des Dritten kommt es in diesem Fall nicht an (s.a. Rn. 132). Hat ein sonstiger Dritter mit Zustimmung des VR für den VN Zahlungen auf eine 125 unter die Haftpflichtversicherung fallende Haftpflichtverbindlichkeit geleistet, so hat der VR den VN von den Ansprüchen, die der Dritte hieraus gegen den VN herleitet, in gleicher Weise freizustellen wie von der Haftpflichtschuld.223 Im Falle einer zu Unrecht an den Dritten erfolgten Zahlung hat der BGH mittlerweile 126 klargestellt, dass der Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nicht in der Person des VN, sondern in der des VR entsteht. Dieser leiste als Dritter i.S.v. § 267 BGB in Erfüllung seiner Freistellungspflicht gegenüber dem VN (hierzu näher Rn. 166 ff.).224
218
219 220 221 222
BGH 8.4.1987 RuS 1987 219, 220 = VersR 1987 655; vgl. auch BGH 6.12.2000 VersR 2001 235, 236; OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 394; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 14. A.A. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. V Anm. B 90. OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 394. Vgl. Späte § 3 Rn. 29. Späte § 3 Rn. 29.
223 224
Vgl. BGH 26.11.1959 VersR 1960 73, 74; Späte § 3 Rn. 29. BGH 29.2.2000 RuS 2000 264; BGH 28.11.1990 BGHZ 113 62, 69 = NJW 1991 919; zustimmend Berliner Kommentar/ Baumann § 149 Rn. 204; Martinek JZ 1991 395 ff.; Stresemann Rückabwicklung 15 ff.; Wertheimer JuS 1992 284 ff.; Staudinger/ S. Lorenz § 812 Rn. 44; ablehnend Canaris NJW 1992 868 ff.; Schnauder JuS 1994 542.
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2. Abwehr unbegründeter Ansprüche
127
a) Gewährung passiven Rechtsschutzes. Hat der VR sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraums und Handlungsermessens dazu entschlossen, die gegnerische Haftpflichtforderung abzuwehren, hat er den VN in jeder Beziehung von der Last der unbegründeten Ansprüche zu befreien. Dieser Verpflichtung wird der VR im Allgemeinen dadurch gerecht, dass er für den VN den Haftpflichtprozess führt (vgl. Ziff. 5.2 S. 2 AHB 2012) und das damit verbundene Prozesskostenrisiko trägt (vgl. § 101 Abs. 1 und 2). Erweist sich dabei die Einschätzung des VR, dass die Ansprüche unbegründet seien, als unrichtig, so trägt der VR die Folgen. Fehleinschätzungen gehen somit zu seinen Lasten, soweit diese nicht aus falschen Angaben des VN resultieren. Er muss alsdann im Rahmen der Freistellungsvariante des einheitlichen Haftpflichtversicherungsanspruchs die gerichtlich zuerkannten Beträge bezahlen. Dies gilt mit Rücksicht auf die Bindungswirkung der Entscheidung des Haftpflichtprozesses auch dann, wenn das rechtskräftige Urteil offensichtlich unrichtig ist (vgl. zur Bindungswirkung § 106 Rn. 12 ff.). Im Übrigen kann der VR seine Verpflichtung zur Gewährung passiven Rechtsschutzes auch dadurch erfüllen, dass er im Haftpflichtprozess – einschließlich des Kostenfestsetzungsverfahrens 225 – die Rolle des Streithelfers übernimmt.226 b) Gewährung aktiven Rechtsschutzes
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aa) Ernsthafte Berühmung einer Haftpflichtforderung. Entschließt sich der geschädigte Dritte nicht zur Haftpflichtklage, ist aber auch nicht bereit einzuräumen, dass ihm keine Haftpflichtforderung zustehe, stellt sich die Frage, ob die Abwehrverpflichtung so weit reicht, dass der VR ggf. eine negative Feststellungsklage erheben muss. Nach hier vertretener Ansicht genügt die ernsthafte Berühmung für die Entstehung des Haftpflichtversicherungsanspruchs (Rn. 25). Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass der VR zur Erhebung einer negativen Feststellungsklage verpflichtet ist, wenn ein Dritter sich eines Haftpflichtanspruchs gegen den VN berühmt. Zwar ist die ernsthafte Berühmung grundsätzlich geeignet, den Handlungsspielraum des VN zu beeinträchtigen, z.B. weil Mittel zur Befriedigung des angemaßten Anspruchs vorzuhalten sind.227 Soweit Versicherungsschutz besteht, ist jedoch zu beachten, dass eine etwa begründete Haftpflichtforderung vom VR zu bezahlen wäre, falls sich der Dritte später doch noch entschließt, seinen Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Der VN ist also in seinen Zukunftsdispositionen regelmäßig nicht beeinträchtigt. Etwas anderes mag gelten, wenn der geschädigte Dritte sich zwar nicht zu einer Klage entschließt, aber über den VN verbreitet, dieser erfülle „begründete“ Ansprüche nicht. Ob allein der Ruf des VN als Privatperson oder sein Ansehen als Geschäftsmann ein Vorgehen im Wege der negativen Feststellungsklage gebieten, ist jedoch sehr fraglich.228 Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Versicherungsschutz zeitlichen Grenzen 129 unterliegt und deshab nicht klar ist, ob der VR die sich später als begründet erweisende Haftpflichtforderung tragen wird. Hier kann der VR im Einzelfall zur Erhebung einer negativen Feststellungsklage verpflichtet sein. Als besonders problematisch erweisen sich Claims-made-Deckungen, soweit sie – wie z.B. in der D&O-Versicherungspraxis üblich (vgl. Ziff. 2 AVB-AVG) – den Eintritt des Versicherungsfalls von der schriftlichen Gel-
225 226
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OLG Celle 30.11.2012 BeckRS 2012 25574. Vgl. BGH 15.9.2010 RuS 2010 504, 506; BGH 9.3.1993 RuS 1994 212 = VersR 1993 62; Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 46.
227 228
Musielak/Förste § 256 Rn. 9; vgl. auch BGH 4.5.2006 NJW 2006 2780, 2781. So Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G 5.
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Leistung des Versicherers
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tendmachung des Haftpflichtanspruchs abhängig machen.229 Fehlt es an der Schriftlichkeit, entsteht mangels Vorliegens des Versicherungsfalls kein Haftpflichtversicherungsanspruch. Ohne entsprechende vertragliche Regelung besteht überhaupt keine Leistungspflicht des VR. bb) Aufrechnung mit Haftpflichtforderung (1) Zahlungsklage. Eine Pflicht des VR zum aktiven Handeln i.S.e. prozessualen Vor- 130 gehens gegen den geschädigten Dritten ergibt sich dann, wenn der geschädigte Dritte deshalb seine vermeintliche Haftpflichtforderung nicht prozessual geltend macht, weil er sich bereits selbst aus dem Vermögen des VN (zu Recht oder zu Unrecht) befriedigt hat. Der Hauptanwendungsfall ist hier der, dass der geschädigte Dritte mit dem Haftpflichtanspruch gegen eine Forderung des VN aufgerechnet hat. In einem derartigen Fall besteht, wenn der VR die Berechtigung der Aufrechnung in Zweifel zieht, eine Verpflichtung des VR zur Finanzierung einer nunmehr vom VN anzustrengenden Leistungsklage (§ 101 Rn. 20). Der VR hat auch die Arbeitslast dieses Rechtsstreits zu tragen.230 Wird die Leistungsklage abgewiesen (= Unterliegen des VN), weil entgegen der Auf- 131 fassung des VR die gegnerische Haftpflichtforderung doch begründet war, so muss der VR nicht nur die gesamten Kosten des Prozesses tragen, sondern dem VN auch den Betrag seiner durch die Aufrechnung erloschenen Forderung ersetzen.231 Insoweit trägt der VR die volle Gefahr eines von ihm eingeleiteten Abwehrversuchs und erst recht die Folgen seiner möglichen Untätigkeit.232 Wird die Klage abgewiesen, weil die Forderung des VN nicht besteht, hat der VN dem VR die Kosten des Verfahrens gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu erstatten. Da die Aufrechnung ins Leere ging und insoweit das Vermögen des VN unberührt ließ, bestand keine Pflicht zur Finanzierung einer Leistungsklage.233 Ein solcher Fall dürfte eher theoretischer Natur sein, da der Geschädigte mit seiner Haftpflichtforderung nicht gegen bestrittene Forderungen des VN aufrechnen wird. Wird der Leistungsklage stattgegeben (= Obsiegen des VN), weil die Haftpflichtforde- 132 rung unbegründet war, stellt sich die Frage, ob der VR verpflichtet ist, die Forderung des VN zu erstatten, wenn dieser die Forderung gegen den Dritten wegen einer zwischenzeitlich eingetretenen Vermögenslosigkeit nicht mehr realisieren kann. Nach verbreiteter Ansicht im Schrifttum soll eine Erstattungspflicht des VR nur für den Fall bestehen, dass der VR im Verzug war, nicht dagegen bei zügiger Prozessführung.234 Dieser Ansicht ist im Grundsatz zuzustimmen. Nach der vertraglichen Risikoverteilung in der Haftpflichtversicherung trägt der VR das Risiko von Fehleinschätzungen, die er im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungs- und Handlungsspielraums getroffen hat, nur in Bezug auf die 229 230
231
Hierzu R. Koch GmbHR 2004 288, 290. AllgM, vgl. OLG Stuttgart 21.4.2010 RuS 2010 284, 285; LG Dortmund 27.1.2011 BeckRS 2011 03849; LG Berlin LG Berlin 12.11.1985 VersR 1987 578; OLG Hamm 14.11.1975 VersR 1978 80, 81; LG Kiel 9.5.1962 VersR 1962 1075; OGH 18.10.1979 VersR 1981 1064, 1065; OGH 27.11.1975 VersR 1976 1199, 1200; OGH 24.10.1974 VersR 1976 56; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 12; Späte § 3 Rn. 29; Wussow § 3 Anm. 8; Littbarski AHB § 3 Rn. 75. LG Berlin 12.11.1985 VersR 1987 578, 579;
232 233
234
Prölss/Martin/Lücke § 150 Rn. 7; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 12; Schmalz Rn. 41. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G 5. Weitergehend Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 14 (VR schuldet Erstattung der etwaige durch die Aufrechnung entstandenen Mehrkosten). Prölss/Martin/Lücke § 150 Rn. 7; modifizierend Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G 5; weitergehend Roesch VersR 1977 113, 117 für die KVO-Versicherung; anders Venzmer VersR 1957 72, 73.
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Un-/Begründetheit des Schadensersatzanspruchs. Er hat die Kosten eines vergeblichen Abwehrversuchs zu tragen, im Falle eines Aktivprozesses somit die Prozesskosten des VN. Eine darüber hinausgehende Pflicht zur Erstattung der Forderung des VN gegen den Dritten wegen dessen zwischenzeitlich eingetretener Vermögenslosigkeit kann sich nur unter dem Gesichtspunkt des Verzugs ergeben. Dies setzt freilich voraus, dass der VN die Forderung gegen den Dritten bei schnellerer Klageerhebung noch hätte realisieren können. Es geht also zum einen um die Frage der Zurechnung unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens.235 Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der VR vor seiner Entscheidung nicht nur die Haftpflichtfrage prüfen muss (Rn. 5), sondern auch berechtigt ist, die Begründetheit der Forderung des VN zu prüfen. Für letztere Prüfung bedarf es der Mitwirkung des VN. Für beide Prüfungen muss ihm ein angemessener Zeitraum zugebilligt werden, dessen Dauer sich nach dem Einzelfall richtet. Als maßgebliche Umstände sind die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Begründetheit beider Forderungen zu berücksichtigen. Erst nach Ablauf einer angemessenen Frist kommt der VR in Verzug.236
133
(2) Feststellungsklage. Strittig ist, ob der VR seiner Rechtsschutzverpflichtung im Fall der Aufrechnung des Dritten schon dadurch genügt, dass er eine Feststellungsklage des Inhalts erhebt, dass durch die erklärte Aufrechnung die Forderung des VN nicht erloschen sei,237 oder aber, ob nur eine Zahlungsklage den Anforderungen gerecht wird.238 Die letztgenannte Auffassung verdient grundsätzlich den Vorzug, soweit die Forderung des VN berechtigt ist. In diesem Fall muss es das Bestreben des VR sein, so schnell wie möglich einen für den VN befriedigenden Ausgleich zu finden. Diesem Erfordernis wird nur eine Leistungsklage gerecht. Steht nicht (ausnahmsweise) zu erwarten, dass der Dritte ein Feststellungsurteil akzeptiert und einhält, ist der VR deshalb gehalten, eine Zahlungsklage des VN zu finanzieren und auch die Arbeitslast dieses Prozesses zu tragen, soweit dessen Problematik im Haftpflichtverhältnis begründet ist.239 Ist weder die Forderung des VN noch die des geschädigten Dritten berechtigt, so 134 besteht keine Verpflichtung des VR zur Finanzierung einer Leistungsklage.240 Der VR haftet aber für jeden dem VN adäquat kausal aus einer etwaigen irrigen Beurteilung der Rechtslage hinsichtlich der Berechtigung des Haftpflichtanspruchs entstehenden Schaden, wenn sich später ein anderer Standpunkt als der vom VR vertretene als berechtigt erweist. In solchen Fällen könnte sich daher entsprechend der Empfehlung von K. Sieg 241 eine negative Feststellungsklage empfehlen. Diese dürfte allerdings nicht darauf gerichtet sein, dass die Forderung des VN nicht erloschen sei, sondern darauf, dass dem Dritten aus einem bestimmten Ereignis oder Verstoß kein Haftpflichtanspruch zustehe.242
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cc) Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts oder Wegnahme eines dem VN gehörenden Gegenstands. Versucht der Dritte seinen Anspruch durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts oder durch Wegnahme eines dem VN gehörenden Gegenstands zu realisieren, besteht die Erfüllung der Abwehrverpflichtung darin, dass der VR
235 236
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Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 12. BGH 19.1.1983 NJW 1983 1729, 1739 zur Verletzung einer nicht versicherungsvertraglich begründeten Freistellungsverpflichtung. So K. Sieg 188; Schirmer 104 f. So Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G 5;
239 240 241 242
Späte § 3 Rn. 29; AG Charlottenburg 16.4.1968 VersR 1969 315 f. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 12. Vgl. G. Schmidt VersR 1966 18, 19. K. Sieg 188. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G 5.
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eine Klage auf Herausgabe dieses Gegenstands finanziert.243 Bei schon eingetretener Pfändung muss der VR versuchen, die Aufhebung der Pfändungsmaßnahmen zu erreichen.244 Tut der VR dies nicht, so hat er für den dadurch entstehenden Schaden vollen Umfangs einzustehen. Erfährt der VR, dass der geschädigte Dritte einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, so ist der VR ebenfalls zu gesteigerter Aktivität verpflichtet.245 Jedes Zögern macht den VR schadensersatzpflichtig. Ist die Herausgabe unmöglich, weil der Dritte den Gegenstand bereits verwertet hat, hat der VN Anspruch auf Zahlung gegen den VR. Dies gilt selbst dann, wenn der gegnerische Anspruch objektiv unbegründet ist.246 Befand sich der VR mit der Abwehr in Verzug, hat er darüber hinaus einen etwaigen Erwerbsschaden zu ersetzen.247 Wird der VN in seiner persönlichen Freiheit wegen der Forderungen aus dem Scha- 136 densereignis beeinträchtigt, ist eine besonders gesteigerte Aktivität des VR geboten. So liegt der Fall, wenn der VN im Anschluss an ein Schadensereignis in Haft genommen und nur gegen Sicherheitsleistung für die zivilrechtlichen Ansprüche freigelassen wird. Hier muss der VR diese Sicherheit sofort stellen.248
E. Inanspruchnahme durch einen Dritten Die Haftpflichtversicherung setzt begrifflich lediglich die Trennung zwischen Geschä- 137 digtem und Träger des versicherten Interesses voraus. Folglich ist Dritter i.S.v. § 100 in der Eigenversicherung jede nicht mit dem VN und in der Fremdversicherung jede nicht mit der versicherten Person identische (natürliche oder juristische) Person, die gegen den VN oder die versicherte Person Schadensersatzansprüche erhebt.249 Auch der VN kann somit im Rahmen einer reinen Fremdversicherung (z.B. D&O-Versicherung) 250 oder in einer kombinierten Eigen- und Fremdversicherung (z.B. Betriebshaftpflichtversicherung) Dritter i.S.v. § 100 sein, wenn er durch eine versicherte Person geschädigt wird.251 Umgekehrt kann die versicherte Person im Rahmen einer kombinierten Eigen- und Fremdversicherung Dritte sein, wenn der VN sie schädigt. Ohne Belang ist es dabei, ob es sich um unmittelbar oder mittelbar Geschädigte handelt. Auch in denjenigen Fällen, in denen ausnahmsweise ein Dritter, der nicht zu den in §§ 844, 845 BGB aufgeführten Personen gehört, aus der Körperverletzung eines Geschädigten mit Rücksicht auf eine in dieser Körperverletzung zu sehende schuldhafte Vertragsverletzung begründete Schadensersatzansprüche erheben kann, besteht primär Versicherungsschutz.252 Es macht demgemäß keinen Unterschied, ob es sich um den ursprünglich Geschädigten selbst oder um seine 243
244 245 246 247 248 249
Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 12; Späte § 3 Rn. 29; G. Schmidt VersR 1966 18, 19 f. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G 5. Venzmer VersR 1957 72, 74. BGH 13.7.1959 VersR 1959 701, 702. BGH 13.7.1959 VersR 1959 701, 702. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G 5. Vgl. BGH 10.6.1986 RuS 1986 222, 223 = VersR 1986 1010; BGH 17.5.1956 BGHZ 20 371, 376 = VersR 1956 187; OLG Hamm 4.6.1993 RuS 1993 326, 327; ÖOGH 13.10.1977 VersR 1978 727, 728; Römer/ Langheid/Langheid § 100 Rn. 23; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 33;
250 251
252
Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 73; Späte § 1 Rn. 191; Berliner Kommentar/ Baumann § 149 Rn. 115. Vgl. R. Koch RuS 2009 133, 135; Römer/ Langheid/Langheid § 100 Rn. 23. Vgl. auch BGH 7.1.1965 BGHZ 43 42 = NJW 1965 758; Schirmer FS K. Sieg 464 f.; Späte § 7 Rn. 11; a.A. Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 75. Vgl. dazu RG 19.2.1937 JW 1937 1496 und [für einen ähnlich gelagerten Fall einer Sachbeschädigung] RG 7.3.1939 RGZ 160 48, 49; Späte § 1 Rn. 194; einschränkend Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 73.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Rechtsnachfolger handelt und ob diese die Forderung derivativ (durch Abtretung nach § 398 BGB oder kraft Gesetzes nach § 268 Abs. 3 BGB) oder originär (z.B. nach § 110 SGB VII bzw. nach §§ 426, 683 und 670 BGB) erworben haben.253 Der Geschädigte verliert auch nicht dadurch seine Eigenschaft als Dritter i.S.v. § 100, 138 dass er (geschäftsführender Allein-)Gesellschafter der VN ist oder es sich bei der Geschädigten um die Konzernmutter handelt, die von einer Tochtergesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.254 Umgekehrt kann auch die Gesellschaft Dritte sein, wenn sie einen Schaden durch den (geschäftsführenden Allein-)Gesellschafter erleidet.255 Für die Frage, wie die Rechtslage ist, wenn nachträglich eine Identität zwischen VN und geschädigtem Dritten eintritt (Konfusion), siehe Ausführungen Rn. 117 ff.
F. Verjährung des Haftpflichtversicherungsanspruchs I. Einheitlicher Haftpflichtversicherungsanspruch 139
Der einheitliche Haftpflichtversicherungsanspruch auf Abwehr unbegründeter und Freistellung von begründeten Haftpflichtansprüchen wird fällig, wenn der VN von dem geschädigten Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird (Rn. 20). Die Verjährung dieses Anspruchs bestimmt sich nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Sie beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres der Inanspruchnahme durch den geschädigten Dritten,256 ist jedoch gem. § 15 solange gehemmt, bis dem VN die Entscheidung des VR in Textform zugeht.257 Da eine Entscheidung des VR voraussetzt, dass er Kenntnis von der Inanspruchnahme des VN hat, tritt die Hemmung jedoch erst ab Zugang der Anzeige der Inanspruchnahme beim VR ein. Unterlässt der VN die Anzeige, wird die Verjährung somit nicht gehemmt.258 Eine Hemmung kann sich darüber hinaus ergeben, wenn es zwischen VN und VR zu Verhandlungen kommt oder ein befristeter Verzicht auf die Einrede der Verjährung vereinbart wird.259 Die durch den Deckungsprozess eingetretene Hemmung (§ 204 Abs. 1 BGB) endet nicht gem. § 204 Abs. 2 BGB durch Nichtweiterbetreiben des Deckungsprozesses (Ruhen des Verfahrens, § 251 Abs. 1 ZPO), wenn das Nichtweiterbetreiben seinen Grund darin hat, dass die streitige Frage des Haftungsgrundes vorab im Haftpflichtprozess rechtskräftig geklärt werden soll.260
II. Freistellungs-/Zahlungsanspruch 140
Die Verjährung des einheitlichen Haftpflichtversicherungsanspruchs aus § 100 ergreift auch den Freistellungs- oder Zahlungsanspruch, dessen Fälligkeit in § 106 gesondert geregelt ist. Freistellungs- oder Zahlungsanspruch können somit verjähren, bevor sie 253
254 255
256
Langheid/Wandt/Littbarski § 100 Rn. 73; Späte § 1 Rn. 191; Berliner Kommentar/ Baumann § 149 Rn. 115. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 124. Vgl. LG Erfurt 16.12.1999 BeckRS 2008 14747; LG Oldenburg 23.7.1996 VersR 1997 869, 870; LG Coburg 14.10.1994 NZV 1995 195; AG Bayreuth 25.11.1985 NJW-RR 1986 459. St. Rspr., vgl. nur BGH 9.6.2004 RuS 2004
100
257
258 259 260
411, 412; BGH 21.5.2003 BGHZ 155 69, 71 = NJW 2003 2376; BGH 21.3.2003 RuS 2003 360, 361. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 15; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 55; Römer/Langheid/Römer § 100 Rn. 53. Bruck/Möller/K. Johannsen § 15 Rn. 18. BGH 17.2.2004 RuS 2004 306. Vgl. OLG Karlsruhe 7.10.2004 VersR 2005 213 zu § 211 BGB a.F.
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Leistung des Versicherers
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fällig sind.261 Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der einheitliche Versicherungsschutzanspruch, bevor er verjährt ist, unter den in § 106 genannten und zu den dort bezeichneten Zeitpunkten in einen Freistellungs- oder Zahlungsanspruch umwandelt. Für diesen Anspruch läuft eine neue dreijährige Verjährungsfrist, deren Beginn sich nach § 199 Abs. 1 BGB bestimmt.262 Gleiches gilt für die Fälle, in denen sich die Fälligkeit des Freistellungs- oder Zahlungsanspruchs des VN oder des Zahlungsanspruchs des Dritten (nach Abtretung des Freistellungsanspruchs) nach § 14 bestimmt (vgl. § 106 Rn. 34, 38).
G. Prozessuale Fragen I. Klage des VN auf Leistung aus dem Versicherungsvertrag 1. Richtige Klageart Vor der Umwandlung des einheitlichen Haftpflichtversicherungsanspruches in einen 141 Freistellungs- oder Zahlungsanspruch kann der VN nur auf Feststellung klagen, dass der VR „wegen einer im einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe“.263 Hinsichtlich der Anforderungen an die Bezeichnung der Haftpflichtforderung genügt es, wenn der Feststellungsantrag auf die geltend gemachten Ansprüche und/oder auf das Schadensereignis Bezug nimmt, aus dem Ansprüche hergeleitet werden.264 Nach der Umwandlung des einheitlichen Haftpflichtversicherungsanspruchs kann 142 der VN auf Freistellung (Leistung an den Geschädigten) oder Zahlung an sich selbst klagen.265 Hat sich der einheitliche Haftpflichtversicherungsanspruch teilweise in einen bezifferbaren Zahlungsanspruch umgewandelt, ist der VN nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist.266 Nicht zu Unrecht weist das OLG Hamm darauf hin, dass von einem der Versicherungsaufsicht unterliegenden VR anzunehmen sei, dass er einen Versicherungsfall auch auf ein Feststellungsurteil hin ordnungsgemäß reguliere, weshalb die Erhebung einer Feststellungsklage anstelle einer möglichen Leistungsklage zulässig sei.267
261 262
263
Vgl. nur OLG Düsseldorf 5.3.2010 BeckRS 2010 11132 m.w.N. Vgl.BGH 12.5.1960 VersR 1960 554, 555 = NJW 1960 1346; RG 7.2.1936 RGZ 150 227, 230 f.; OLG Hamm 23.4.1975 VersR 1976 1030, 1031; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 1; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 12; HK-VVG/Schimikowski § 106 Rn. 3; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 11; a.A. Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 31. St. Rspr., vgl. BGH 21.9.1983 NJW 1984 370; BGH 4.12.1980 BGHZ 79 76, 78 = NJW 1981 870; so auch OLG Brandenburg 23.10.2012 BeckRS 2012 22217; OLG Saarbrücken 30.6.2010 BeckRS 2011 26838; OLG Köln 16.2.2010 RuS 2010 374; OLG Jena 29.1.2007 4 U 660/06, zitiert nach juris; OLG Karlsruhe 24.3.2005 VersR 2005
264 265
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781; OLG Karlsruhe 20.3.2003 OLGR 2003 179; OLG Koblenz 29.10.1999 RuS 2000 279 = VersR 2000 755; KG 2.3.1999 RuS 2000 61, 62; OLG Düsseldorf 6.2.1996 NJW-RR 1996 1245, 1246; LG Berlin 13.12.2011 BeckRS 2012 19702; vgl. weitere Nachweise auf ältere Rspr. bei Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. GB 45. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 75. Vgl. BGH 4.12.1980 BGHZ 79 76, 78; OLG Düsseldorf 6.2.1996 NJW-RR 1996 1245, 1246; AG Köln 24.4.1992 VersR 1993 1390, 1391. OLG Hamm 10.1.1973 VersR 1973 633; OLG Hamm 7.6.1972 VersR 1975 173. OLG Hamm 7.6.1972 VersR 1975 173; LG Schweinfurt 25.10.1976 BeckRS 1976 01012.
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2. Zulässigkeit der Feststellungsklage
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Das für die Zulässigkeit einer (positiven) Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung – was in der versicherungsrechtlichen Literatur268 mitunter auch als Rechtsschutzinteresse bezeichnet wird, ohne dass hiermit etwas anderes gemeint ist 269 – ist in der Regel gegeben, wenn der Dritte einen Anspruch gegen den VN geltend macht (Rn. 20 ff.) und der VR seine Verpflichtung zur Deckung bestreitet.270 Darüber hinaus besteht ein Feststellungsinteresse, wenn der VR gänzlich untätig bleibt 271 oder die Haftpflichtfrage zögerlich prüft.272 Ohne Belang für das Feststellungsinteresse ist, ob die Ansprüche des geschädigten Dritten begründet sind.273 Droht nur die Verjährung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung, besteht solange kein Feststellungsinteresse des VN, wie er durch Anzeige der Inanspruchnahme die Hemmung der Verjährung erreichen kann (§ 15). Dem VN ist somit vor Einleitung eines Rechtsstreits gegen den VR grundsätzlich zu144 zumuten, abzuwarten, ob von dem geschädigten Dritten Ersatzansprüche erhoben werden. Dies gilt selbst dann, wenn der VR seine Eintrittspflicht in Abrede stellt. Der VN erleidet hierdurch keine Nachteile. Für den VN mag diese Situation nicht erquicklich sein, weil er nach der vom VR ausgesprochenen Ablehnung nicht weiß, ob für das eingetretene Schadensereignis Versicherungsschutz besteht oder nicht. Er hat es jedoch in der Hand, diese Frage dadurch zu klären, dass er sich bei dem geschädigten Dritten danach erkundigt, ob Ansprüche erhoben werden. Diesen Weg wird der VN zwar nicht gern gehen, insbesondere deshalb nicht, weil er bei zweifelhafter Versicherungsschutzlage Gefahr läuft, die begründeten Ansprüche aus eigener Tasche bezahlen zu müssen, während doch immerhin die theoretische Möglichkeit besteht, dass ohne eine solche Erkundigung der Dritte keinen Anspruch erhebt. Gleichwohl rechtfertigt dies nicht eine Durchbrechung des oben dargestellten Grundsatzes, dass eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Versicherungsschutz für ein bestimmtes Ereignis erst nach Entstehung des Haftpflichtversicherungsanspruchs erhoben werden kann. Freilich ist zu beachten, dass der VN – losgelöst von einem konkreten Schadensfall – 145 die Möglichkeit hat, durch eine Feststellungsklage die Zweifel über den Umfang des durch den Haftpflichtversicherungsvertrag gewährten Versicherungsschutzes zu klären. Ein Feststellungsurteil i.S.d. § 256 ZPO könnte z.B. mit verbindlicher Wirkung für die Parteien des Haftpflichtversicherungsvertrages darüber ergehen, ob ein bestimmtes Risiko in den Versicherungsschutzbereich des Vertrages fällt, ob gewisse Ausschlusstatbestände abbedungen sind oder Ähnliches. Ein Feststellungsinteresse des VN für eine derartige Klage wird bei einem ernsthaften Streit der Parteien über den Deckungsumfang des Vertrages stets zu bejahen sein. Wichtige Entschlüsse, wie z.B. der über den Abschluss eines zusätzlichen Haftpflichtversicherungsvertrages, können von der Beurteilung der Frage abhängen, ob ein neues Risiko schon vom vorhandenen Versicherungsvertrag erfasst wird oder nicht. Doch bedeutet dieser allgemeine Grundsatz keine Durchbre-
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270
Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 45. Vgl. auch MüKo-ZPO/Becker-Eberhard Vorbemerkung zu §§ 253 ff. Rn. 27: „Das Feststellungsinteresse ist das im Gesetz besonders zum Ausdruck kommende Rechtsschutzinteresse“. Vgl. OLG Hamm 10.4.1970 VersR 1970
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271 272 273
729; OLG Karlsruhe 8.4.1959 VersR 1960 699. HK-VVG/Schimikowski § 100 Rn. 3; R. Johannsen RuS 1997 309, 313. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 20. RG 15.3.1932 RGZ 135 368, 369; ÖOGH 14.4.1983 VersR 1985 197.
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chung des oben dargestellten Prinzips bezüglich der Unzulässigkeit einer Feststellungsklage für einen konkreten Schadensfall, solange das für die Entstehung der Verpflichtung des VR maßgebliche Element der Anspruchserhebung durch den geschädigten Dritten nicht gegeben ist. Eine Ausnahme kann aus prozessökonomischen Gründen geboten sein, wenn mehrere 146 Dritte bei einem Schadensereignis verletzt worden sind, aber nur ein Teil von ihnen Ansprüche gegen den VN erhoben hatte, als der VR schon im Ganzen den Versicherungsschutz ablehnte. Zwar laufen für den Versicherungsschutz gegenüber den verschiedenen Ansprüchen der geschädigten Dritten ab Inanspruchnahme des VN gesonderte Verjährungsfristen. In einer solchen Ausnahmesituation ist mit Rücksicht auf das zur Klage im Ganzen herausfordernde Verhalten des VR aber eine Durchbrechung des dargelegten Grundsatzes geboten. Gleiches gilt wegen noch nicht erhobener, jedoch zu erwartender Ausgleichsansprüche in Fällen, in denen der VN als Gesamtschuldner haftet und der VR den Versicherungsschutz gegenüber dem Geschädigten schon im Ganzen ablehnt. Zu Recht hat das OLG Hamm deshalb ein rechtliches Interesse des Architekten im Deckungsprozess gegen den VR an der weiteren Feststellung bejaht, dass der VR ihm auch wegen der noch nicht erhobenen, jedoch zu erwartenden Ausgleichsansprüche des Bauunternehmers Versicherungsschutz zu gewähren habe. In diesem Fall ist es dem VN nicht zuzumuten abzuwarten, ob auch der Dritte Ansprüche erhebt, und dann u.U. einen weiteren Prozess gegen den VR zu führen, in dem er Gefahr läuft, zumindest teilweise um die gleichen Fragen wie in dem ersten Prozess streiten zu müssen. Andererseits ist es in einem solchen Fall dem VR zuzumuten, seine gesamten Einwendungen, auch soweit sie nur den Ausgleichsanspruch betreffen, bereits in dem anhängigen Rechtsstreit vorzubringen.274 Abzulehnen ist das Urteil des BGH vom 26.9.1959, wonach für eine Klage auf 147 Gewährung von Versicherungsschutz auch dann ein Feststellungsinteresse bestehen soll, wenn der VR seine Leistungsverpflichtung gar nicht geleugnet hat.275 Das zunächst unbillig erscheinende Ergebnis wurde vom BGH unter Hinweis auf § 93 ZPO damit begründet, dass der VR es in der Hand habe, durch ein sofortiges Anerkenntnis unter Protest gegen die Kostenlast dem VN die Kosten auferlegen zu lassen. Zu Recht hat der BGH in seiner Entscheidung vom 30.4.1981 eine Deckungsklage bei ähnlich gelagerten Situationen wegen fehlenden Feststellungsinteresses als unzulässig angesehen.276 An einem Feststellungsinteresse fehlt es auch dann, wenn der VR die Abwehr der für unbegründet erachteten Schadensersatzansprüche anbietet.277 Tut er dies nicht, besteht im Hinblick auf die Kostenübernahmepflicht des VR nach § 101 Abs. 1 S. 1 das Feststellungsinteresse des VN so lange, wie der Haftpflichtprozess noch nicht beendet ist und daher ein fälliger und bezifferbarer Anspruch auf Zahlung an die Geschädigten noch nicht geltend gemacht werden kann.278 Hat der VN eine Feststellungsklage in zulässiger Weise erhoben, wird diese während 148 des Prozesses nicht dadurch unzulässig, dass sich der Haftpflichtversicherungsanspruch in einen Freistellungs- oder Zahlungsanspruch umwandelt, der mittels Leistungsklage zu
274 275 276
277
OLG Hamm 14.12.1977 VersR 1978 809, 810. BGH 26.9.1959 VersR 1960 73, 74. BGH 30.4.1981 NJW 1981 1952 = VersR 1981 948; vgl. auch OLG Hamm 18.6.1984 VersR 1985 77. OLG Jena 29.1.2007 BeckRS 2007 17222;
278
OLG Frankfurt 18.12.2002 VersR 2003 588; OLG Karlsruhe 25.6.1992 VersR 1993 1390. OLG Saarbrücken 27.5.2009 BeckRS 2010 00051; vgl. auch LG Köln 5.6.2007, zitiert nach juris.
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verfolgen ist. Daher braucht der VN nicht zur Leistungsklage überzugehen.279 Eine Ausnahme ist nur geboten, wenn lange vor Beendigung des ersten Rechtszuges die Schadensentwicklung abgeschlossen ist und der VR deshalb den Übergang von der Feststellungszur Leistungsklage anregt.280 Erhebt der VN Feststellungsklage bezüglich des Versicherungsschutzes, so kann es in der obligatorischen Haftpflichtversicherung zu der Situation kommen, dass vom VR Widerklage auf Zahlung des Regressbetrages erhoben wird. Hat der VR den Schadensfall abschließend reguliert, sodass sich der Regressbetrag nicht mehr erhöhen kann, so entfällt mit der streitigen Verhandlung über die Widerklage das Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage. Wird sie dennoch weiterverfolgt, so ist sie als unzulässig abzuweisen.281 3. Begründetheit der Feststellungsklage
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Die Feststellungsklage ist begründet, wenn der Dritte einen Anspruch geltend macht, der nach unstreitigem Sachvortrag in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages (Rn. 29 ff.) fällt. Berühren die vom Dritten behaupteten inneren und äußeren Tatsachen den Versicherungsschutz des VN nachteilig, kommt es für die Begründetheit der Feststellungsklage auf den Vortrag des VN an, soweit nicht erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Angaben bestehen, m.a.W. diese nicht offensichtlich falsch sind (vgl. auch Rn. 38 ff.). Ohne Belang für die Begründetheit der Feststellungsklage ist, ob die Ansprüche des geschädigten Dritten berechtigt sind. Dies folgt aus der Rechtsschutzfunktion der Haftpflichtversicherung, durch die als komplementäre Hauptpflicht des VR die Abwehr von unbegründeten Ansprüchen geschuldet wird. Mit dieser Funktion ist es im Übrigen nicht vereinbar, wenn der Deckungsprozess wegen denkbarer „Voraussetzungsidentität“ nach § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Haftpflichtprozesses ausgesetzt wird.282 Gewährt der VR Rechtsschutz für die seiner Ansicht nach unbegründeten Ansprüche des Geschädigten, so besteht kein Grund zur Aussetzung des Verfahrens.283
II. Klagerecht des geschädigten Dritten 150
In der (freiwilligen) Haftpflichtversicherung hat der an dem Versicherungsvertrag nicht beteiligte geschädigte Dritte erst nach Abtretung oder Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs eine rechtliche Handhabe, den VR im Rahmen einer Leistungsklage direkt auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. Jedoch billigt die Rechtsprechung284 und einhellige Meinung in der Literatur 285 dem Geschädigten schon vorher das Recht zu, Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zu erheben, wenn der VR seine Ein-
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Vgl. BGH 25.6.1980 WM 1980 1176, 1177; OLG Koblenz 6.10.1999 RuS 2002 87. Vgl. BGH 25.6.1980 WM 1980 1176, 1177; OLG Koblenz 6.10.1999 RuS 2002 87 f. OLG Frankfurt 2.7.1970 VersR 1971 73 (Kfz-Haftpflichtversicherung). Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 23. OLG Jena 29.1.2007 BeckRS 2007 17222; OLG Hamm 7.1.1994 RuS 1994 220; vgl. auch OLG Frankfurt 11.10.1957 VersR 1958 369.
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BGH 22.7.2009 VersR 2009 1485; BGH 15.11.2000 VersR 2001 90, 91; OLG Naumburg 25.7.2013 RuS 2013 431, 433; OLG Celle 5.7.2012 8 U 28/12, zitiert nach juris. Vgl. nur Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 21; Römer/Langheid/Langheid § 100 Rn. 54; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 149; Armbrüster RuS 2010 441, 447; R. Johannsen RuS 1997 309, 313.
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trittspflicht aus dem Vertrag ablehnt und außerdem der VN untätig bleibt. Das für die Feststellungsklage erforderliche Interesse an der Feststellung, dass der VR dem Schädiger Deckungsschutz zu gewähren habe, wird der Sozialbindung der Haftpflichtversicherung entnommen.286 Nach Ansicht des OLG Düsseldorf wird die Verjährung nicht nur durch eine Anzeige des Schadens seitens des VN, sondern auch durch den Geschädigten gehemmt.287 Dies folgert das Gericht daraus, dass gleichfalls der Geschädigte die Verjährung durch Deckungsklage unterbrechen könne. Folgte man diese Ansicht, besteht kein Feststellungsinteresse des Dritten, solange er durch Anzeige der Inanspruchnahme beim VR die Hemmung der Verjährung erreichen kann (§ 15).288 Die unkommentiert gebliebene Entscheidung überzeugt jedoch nicht, weil der Dritte keinen eigenen „Anspruch aus dem Versicherungsvertrag“ i.S.v. § 15 gegen den VR hat. Ein Feststellungsinteresse des Geschädigten ist auch dann gegeben, wenn der VR auf 151 Anfrage des Geschädigten, ob Versicherungsschutz bestehe, keine oder keine eindeutige Antwort gibt oder die Auskunft verweigert.289 Insoweit ist der Hinweis geboten, dass dem Dritten gegen den VR des Schädigers ein Anspruch auf Auskunft über den Gegenstand und den Umfang des Versicherungsschutzes zusteht.290 Zur Begründung der Zulässigkeit der Drittfeststellungsklage wird auf §§ 108 Abs. 1, 110 verwiesen. Diese seien Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, den Dritten zu schützen. Die Versicherungsleistung solle dem geschädigten Dritten zugute kommen. Mit dieser materiell-rechtlichen Entscheidung korrespondiere, dass im Fall der Untätigkeit des VN der geschädigte Dritte selbst gegen den VR, den durch die Untätigkeit des VN zu privilegieren kein Anlass bestehe, gerichtlich vorgehen könne.291 Zur Drittfeststellungsklage ist nicht nur der Geschädigte befugt, sondern auch derjenige, auf den der Anspruch kraft cessio legis übergehen würde.292 Schließlich besteht ein Interesse des Geschädigten an einer gerichtlichen Feststellung 152 der Deckung gegenüber dem VR, wenn über das Vermögen des VN das Insolvenzverfahren eröffnet ist und der Geschädigte entsprechend § 1282 BGB ein Einziehungsrecht unmittelbar gegenüber dem VR erwirbt, sobald der Anspruch fällig geworden ist.293 Der Dritte kann auch nach Maßgabe der §§ 66 f. ZPO einem Deckungsprozess zwi- 153 schen VN und VR als Nebenintervenient beitreten.294
III. Streitwert der Deckungsklage Bei Zahlungs- oder beziffertem Freistellungsanspruch richtet sich der Streitwert gem. 154 § 6 ZPO nach der Höhe des geltend gemachten oder mit bindender Wirkung i.S.v. § 106 S. 1 festgestellten Haftpflichtanspruchs. Er ist nicht auf die vereinbarte Versicherungs-
286 287 288 289
290
BGH 15.11.2000 VersR 2001 90, 91. OLG Düsseldorf 26.6.2001 NVersZ 2002 135 = VersR 2002 1020 (zu § 12 Abs. 2 a.F.). OLG Düsseldorf 26.6.2001 RuS 2002 106, 107 = VersR 2002 1020. BGH 22.7.2009 VersR 2009 1485; Späte § 1 Rn. 199; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 149. OLG Celle 5.7.2012 BeckRS 2012 23251; OLG Düsseldorf 26.6.2001 RuS 2002 106, 107 = VersR 2002 1020.
291 292 293 294
BGH 22.7.2009 VersR 2009 1485. OLG Frankfurt 24.5.2007 RuS 2008 66 f. OLG Köln 29.1.2008 BeckRS 2008 22056. OLG München 5.10.1966 NJW 1967 635, 636 = VersR 1967 76; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 21; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 151; Langheid/Wandt/ Wandt § 108 Rn. 30; a.A. OLG Oldenburg 25.4.1966 VersR 1966 1173.
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summe begrenzt,295 sondern erhöht sich – soweit nicht eine Anrechnung der Kosten auf die Versicherungssumme vereinbart worden ist – um die nach verlorenem Haftpflichtprozess festgesetzten Kosten des Haftpflichtstreits.296 Dies gilt auch dann, wenn der Geschädigte den Deckungsanspruch nach der Abtretung oder aufgrund eines Pfändungsund Überweisungsbeschlusses einklagt.297 Eine etwaige Selbstbeteiligung ist in Abzug zu bringen.298 Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruches wirken dagegen auch dann nicht werterhöhend, wenn sie dem Hauptanspruch hinzugesetzt werden.299 Anders verhält es sich mit vorprozessualen Sachverständigenkosten und Kostenpauschalen.300 Bei der Feststellungsklage richtet sich die Wertbemessung nach § 3 ZPO. Ausgangs155 punkt ist wiederum der Nominalbetrag des geltend gemachten Haftpflichtanspruchs. Die versicherungsrechtliche Rechtsprechung 301 nimmt bei einer (positiven) Feststellungsklage des VN in der Praxis einen Abschlag von 20 % vor. Die Literatur spricht in diesem Zusammenhang vom „Feststellungsrabatt“.302 Ob ein Abschlag in dieser Höhe gerechtfertigt ist, scheint jedoch fraglich, da es für die Festsetzung des Streitwerts maßgeblich auf die Realisierbarkeit des festzustellenden Anspruchs ankommt. Deshalb bemisst die Rechtsprechung den Streitwert bei einer Feststellungsklage auch danach, wie hoch oder gering das Risiko einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger ist.303 Im Hinblick darauf, dass von einem unterliegenden VR anzunehmen ist, dass er einen Versicherungsfall auch auf ein Feststellungsurteil hin ordnungsgemäß reguliert, ist das wirtschaftliche Interesse des VN an der Feststellung, dass Versicherungsschutz besteht, sehr hoch. Berücksichtigt man zudem die wirtschaftliche Lage des VR, scheinen Abschläge vom Nominalbetrag der Haftpflichtforderung sachlich nicht gerechtfertigt, da der weniger weit tragenden, weil in der Hauptsache nicht vollstreckungsfähigen Wirkung eines Feststellungsurteils gegenüber einem Leistungsurteil keine Bedeutung zukommt.304 Ebenso wie bei der (negativen) Feststellungsklage des VR gegen den VN 305 ist somit bei der (positiven) Feststellungsklage kein Abschlag vorzunehmen. Die Begründetheit der geltend gemachten Haftpflichtansprüche ist bei der Bemessung 156 des Streitwertes der Deckungsklage grundsätzlich nicht zu prüfen. Illusionäre oder offensichtlich unbegründete Ansprüche müssen aber bei der Streitwertberechnung außer Betracht bleiben.306
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Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 24; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 76; vgl. auch OLG Hamm 13.7.1988 JurBüro 1989 523, 524; OLG Frankfurt JurBüro 1983 1086, 1087. Vgl. BGH 21.1.1976 VersR 1976 477, 478. Vgl. BGH 21.1.1976 VersR 1976 477, 478. OLG Frankfurt JurBüro 1983 1086, 1087. BGH 30.1.2007 VersR 2007 1102. BGH 13.2.2007 VersR 2007 1288. Vgl. BGH 22.7.2009 VersR 2009 1485; BGH 23.9.1965 NJW 1965 2298; BGH 16.10.1961 VersR 1961 1094, 1095; OLG Hamm 25.1.2012 NJW-RR 2012 1056, 1057; OLG Frankfurt 30.10.1992 BeckRS 1992 09161; LG Schweinfurt 25.10.1976 BeckRS 1976 01012; vgl. auch BGH 26.10.2011 VersR 2012 204 (Rechtsschutzversicherung).
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Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 24; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 76; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 183. Vgl. BGH 22.1.2009 NJW 2009 920 f.; BGH 13.12.2000 NJW-RR 2001 316, 317; BGH 28.11.1990 NJW-RR 1991 509; BGH 6.2.1958 VersR 1958 318; a.A. BGH 3.2.1988 NJW-RR 1988 690 f. Zu diesem Gesichtspunkt als Rechtfertigung für den Abschlag vgl. nur BGH 30.11.2011 IV ZR 167/10, zitiert nach juris. Vgl. auch OLG Hamm 13.7.1988 JurBüro 1989 523, 524. OLG Hamm 13.7.1988 JurBüro 1989 523, 524; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 76.
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H. Abtretung und Pfändung/Überweisung des Freistellungsanspruchs I. Geschädigter als Abtretungsempfänger oder Pfändungsgläubiger Hinsichtlich der Abtretung und Pfändung ist zwischen dem Anspruch auf Abwehr 157 unbegründeter und dem Anspruch auf Freistellung von begründeten Haftpflichtansprüchen zu unterscheiden. Der Anspruch auf Abwehr ist untrennbar mit der Person des VN verbunden und als solcher nach § 399 Alt. 1 BGB nicht abtretbar und nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbar.307 Auch der Freistellungsanspruch ist mit Rücksicht auf die Natur des Haftpflichtversicherungsverhältnisses an die Person des VN gebunden.308 Nur der Freizustellende selbst, d.h. der VN, kann die Leistung verlangen. Es ist jedoch seit langem in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die Abtretung eines Freistellungsanspruchs trotz § 399 Alt. 1 BGB zulässig ist, wenn sie an den Geschädigten als Gläubiger der Haftpflichtforderung, von welcher der VN zu befreien ist, bewirkt wird. Auch der Gesetzgeber ist von der Abtretbarkeit des Freistellungsanspruchs an den geschädigten Dritten ausgegangen, wie das Abtretungsklauselverbot in 108 Abs. 2 deutlich macht (argumentum e contrario). In der Person des Geschädigten wandelt sich der Anspruch auf Freistellung in einen Zahlungsanspruch um (Rn. 111 f.). Ein Verbot der Abtretung an den Geschädigten kann wirksam nur noch individualvertraglich vereinbart werden (§ 399 Alt. 2 BGB). In diesem Fall erlangt der Geschädigte erst nach Pfändung und Überweisung zur Einziehung (§§ 829, 835, 836 ZPO) einen Zahlungsanspruch gegen den VR, da das Abtretungsverbot einer Pfändung nicht entgegensteht (§ 851 Abs. 2 ZPO).
II. Unbeteiligte Vierte Die Abtretung an eine Person, die nicht am Haftpflichtversicherungsverhältnis betei- 158 ligt ist, scheitert nach dem zuvor Gesagten an § 399 Alt. 1 BGB; sie ist erst dann möglich, wenn sich der Freistellungsanspruch nach Befriedigung des geschädigten Dritten durch den VN in einen Zahlungsanspruch des VN (vgl. § 106 S. 2) umgewandelt hat.309 Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unabtretbarkeit der Freistellungsforderung an einen unbeteiligten Vierten ist für den Fall zu machen, dass der geschädigte Dritte der Abtretung zustimmt.310 Mit der Zustimmung zur Abtretung wandelt sich der Freistellungsanspruch des VN in einen Zahlungsanspruch des unbeteiligten Vierten um. Ist die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Geschädigten erfüllungshalber erfolgt, scheitert eine Weiterabtretung des Dritten an einen Vierten jedoch im Hinblick darauf, dass der Dritte die Stellung eines treuhänderisch gebundenen Inhabers der erfüllungshalber abgetretenen Forderung einnimmt,311 an § 399 Alt. 1 BGB.312
307 308
309 310
Vgl. Bamberger/Roth/Rohe § 399 Rn. 7. Vgl. BGH 12.10.2011 RuS 2012 74, 75 zum Anspruch des VN auf Kostenfreistellung in der Rechtsschutzversicherung. BGH 30.10.1954 BGHZ 15 154, 158 = NJW 1955 101; RG 5.11.1909 RGZ 70 259. Bamberger/Roth/Rohe § 399 Rn. 5.
311
312
Vgl. Bamberger/Roth/Rohe § 399 Rn. 4; Staudinger/Olzen § 364 Rn. 23; MüKoBGB/Wenzel § 364 Rn. 11. Vgl. MüKo-BGB/Roth § 399 Rn. 14; einschränkend BAG 5.5.2010 NJW 2010 2197, 2198.
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III. Versicherte Personen 159
Nach § 45 Abs. 1 steht bei der Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung die Ausübung der dem Versicherten nach § 44 Abs. 1 S. 1 zustehenden Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem VN zu (vgl. auch Ziff. 27.2 AHB 2012). Hier stellt sich die Frage, ob der VN den Freistellungsanspruch in Ausübung seiner Rechtsmacht an den Geschädigten – ggf. gegen den Willen des Versicherten – abtreten kann. Bedenken könnten sich daraus ergeben, dass nach der Rechtsprechung mit Eintritt des Versicherungsfalls ein gesetzliches Treuhandverhältnis zwischen VN und den betroffenen versicherten Personen entsteht. Die treuhänderische Bindung des VN gegenüber dem Versicherten dürfte jedoch in der Haftpflichtversicherung kein umfassendes Verbot der Abtretung des Freistellungsanspruchs des Versicherten nach § 399 Alt. 1 BGB zur Folge haben, da die Versicherungsleistung letztlich dem geschädigten Dritten zugute kommen soll. Die Rechtsstellung des Versicherten wird hinreichend dadurch geschützt, dass ihm der VN weiterhin aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis verpflichtet bleibt, das durch eine erfüllungshalber erfolgte Abtretung des Freistellungsanspruchs in seinem Bestand nicht berührt wird. Zu beachten ist, dass eine Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs der versicherten Person ins Leere geht, wenn sie ohne Zustimmung des VN erfolgt. Fehlt es daran, muss der Geschädigte außerdem die Ansprüche der versicherten Person gegen den VN auf Einwilligung in die Auszahlung an ihn pfänden und sich überweisen lassen.313
IV. Besonderheit in der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen 1. Problemstellung
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In der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen besteht die Besonderheit, dass der VN zugleich geschädigter Dritter ist. Lässt man hier eine Abtretung des Freistellungsanspruchs der versicherten Person zu, könnte sich der VN einen auf Zahlung gerichteten Deckungsanspruch gegen den VR verschaffen, indem er von seiner Verfügungsbefugnis aus § 45 Abs. 1 Gebrauch macht und den Freistellungsanspruch der versicherten Person an sich selbst abtritt. Im Hinblick darauf, dass der VN die Stellung eines gesetzlichen Treuhänders einnimmt, hätte er dabei wohl das Verbot des § 181 BGB zu beachten, weil ein Interessengegensatz zwischen VN und der versicherten Person nicht ausgeschlossen ist. Insoweit ist die Stellung des VN als Treuhänder der von Trägern eines privaten Amts (Testamentsvollstrecker, Nachlass- und Insolvenzverwalter) durchaus vergleichbar, für welche die entsprechende Anwendung des § 181 BGB anerkannt ist.314 Für die Wirksamkeit der Abtretung bedarf es deshalb der Zustimmung (Einwilligung, Genehmigung) des Versicherten. 2. Meinungsstand
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Die Möglichkeit, sich selbst einen auf Zahlung gerichteten Deckungsanspruch zu verschaffen und auf diese Weise in das „Wahlrecht“ des VR bezüglich Abwehr oder Befriedi313
314
Vgl. OLG München 29.3.1999 RuS 2000 58; OLG Düsseldorf 29.10.1996 VersR 1997 1475; Bruck/Möller/Brand § 44 Rn. 10; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 44 Rn. 8. Vgl. BGH 24.1.1991 BGHZ 113 262, 270 =
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NJW 1991 982; BGH 12.6.1989 BGHZ 108 21, 24 = NJW 1989 2694; KG 3.2.2004 NJW-RR 2004 1161, 1162; Palandt/Ellenberger § 181 Rn. 3.
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Leistung des Versicherers
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gung einzugreifen, ist in der Rechtsprechung315 und Literatur 316 auf Ablehnung gestoßen. Zur Begründung wird zum einen auf allgemeine bürgerlich-rechtliche Grundsätze verwiesen und argumentiert, der Dritte könne nur in die Stellung der versicherten Person eintreten und müsse sich deshalb gem. § 404 BGB den Einwand des Erfüllungswahlrechts – Freistellung oder (zunächst) Anspruchsabwehr – des VR entgegenhalten lassen. Hiergegen lässt sich aber einwenden, dass das „Wahlrecht“ des VR nur in den Grenzen des § 399 BGB, nicht aber durch § 404 BGB geschützt wird (§ 108 Rn. 42).317 Zum anderen wird vertreten, den Anwendungsbereich des § 108 Abs. 2 teleologisch 162 dahin gehend zu reduzieren, dass unter den Begriff des Dritten nur außerhalb des Vertragsverhältnisses stehende Personen fallen.318 Dieser Reduktion ist vor allen Dingen aus rechtssystematischen Gründen nicht zu folgen (§ 108 Rn. 33). Die VR sichern ihr Wahlrecht in der Praxis zumeist dadurch ab, dass sie abweichend von § 45 Abs. 1 VVG nicht dem VN, sondern den versicherten Personen die Verfügungsbefugnis geben (vgl. Nr. 10.1 AVB-AVG). Es stellt sich jedoch die Frage, ob dem VN nicht bereits nach dem Gesetz die Möglichkeit genommen ist, den Freistellungsanspruch in Ausübung der ihm nach § 45 Abs. 1 eingeräumten Rechtsmacht an sich selbst zu übertragen. 3. Stellungnahme Nach hier vertretener Ansicht ist die Lösung des Problems in der Bestimmung des 163 Verhältnisses von §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 zu § 100 zu suchen.319 Die Literaturstimmen würdigen den Umstand nicht hinreichend, dass dem VN die Verfügungsbefugnis über den Freistellungsanspruch des Versicherten zusteht. Im Hinblick auf Sinn und Zweck von §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 – Sicherung von Prämienforderungen des VN gegen den Versicherten320 und Schutz des VR, sich im Rahmen der Schadensabwicklung mit Ansprüchen einzelner oder gar einer Vielzahl ihm unbekannter Dritter auseinandersetzen zu müssen321 – und der Obliegenheit des VN, Weisungen des VR zu befolgen (vgl. § 101 Abs. 1 und 2), müssen die §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 hinter § 100 zurücktreten. Die Verfügungsbefugnis des VN ist insoweit beschränkt, als er den Freistellungsanspruch des Versicherten nicht an sich selbst abtreten kann. Bei der Innenhaftung gibt es nämlich nur einen oder – bei Mitversicherung von Toch- 164 tergesellschaften – zumindest einen überschaubaren Kreis von Geschädigten. Einer Sicherung von Prämienforderungen gegen versicherte Personen bedarf es nicht, weil der VN im Innenverhältnis die Prämie allein zu tragen hat. Durch die Obliegenheit des VN zur Befolgung von Weisungen des VR kann es zu Pflichtenkollisionen kommen, wenn VR und VN unterschiedlicher Meinung zur Haftung des Versicherten dem Grunde und der Höhe nach sind. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Situation in der D&O-Versicherung von der anderer Haftpflichtversicherungssparten, bei denen der VN nicht zugleich
315
316
317
OLG Köln 2.9.2008 VersR 2008 1673, 1674 f.; LG Marburg 3.6.2004 DB 2004 437. Z.B. MAH/Sieg § 17 Rn. 185; Lange RuS 2011 185, 194 f.; ders. VersR 2008 713, 714 f.; R. Koch ZVersWiss 2012 151, 156; ders. GmbHR 2004 18, 24; Schramm PHi 2008, 24 f.; Schimmer VersR 2008 875, 877 ff.; Armbrüster RuS 2010 441, 448. R. Koch RuS 2009 133, 135; vgl. Arm-
318 319 320 321
brüster RuS 2010 441, 449; von Rintelen RuS 2010 133, 136. Schimmer VersR 2008 875, 878 f.; Armbrüster RuS 2010 441, 448. Vgl. R. Koch ZVersWiss 2012 151, 156; ders. GmbHR 2004 18, 24. Motive 148. Vgl. Bruck/Möller/Brand § 44 Rn. 3; § 45 Rn. 2; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 44 Rn. 1.
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Geschädigter ist. Dort wird durch die Abtretung zwar auch in die Regulierungshoheit des VR eingegriffen, weil er seine Option zwischen Abwehr und Freistellung verliert. Den Geschädigten treffen jedoch keinerlei Obliegenheiten gegenüber dem VR. Gegen eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis des VN lässt sich auch nicht an165 führen, die Situation sei nicht anders, als wenn die versicherte Person den Freistellungsanspruch an den VN abtrete, wozu sie vorbehaltlich vertraglicher Abreden freilich nur berechtigt wäre, wenn sie sich im Besitz des Versicherungsscheins befände. In diesem Fall würde der VN seine Rechte – Zahlungsanspruch gegen den VR infolge Umwandlung des Freistellungsanspruchs – nämlich nicht mehr aus seiner Stellung als Vertragspartei herleiten, sondern aus seiner Stellung als geschädigter Dritter, den keine Obliegenheiten gegenüber dem VR treffen. Insoweit gilt es, die versicherungsrechtliche Zwitterstellung des Geschädigten zu beachten und zwischen seinen Rechten und Pflichten in seiner Eigenschaft als VN einerseits und seinen Rechten als Geschädigter andererseits zu unterscheiden.322 Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass nur in den zuletzt genannten Fällen, in denen nach dem Versicherungsvertrag die Verfügungsbefugnis der versicherten Person zusteht, eine direkte Inanspruchnahme des VR nach Abtretung des Freistellungsanspruchs an den VN möglich ist.
I. Bereicherungsansprüche 166
Bereicherungsansprüche des VR kommen in Betracht, wenn er Zahlungen an den Dritten oder an den VN erbracht hat, bevor der Haftpflichtanspruch mit bindender Wirkung festgestellt worden ist und sich später herausstellt, dass die Haftpflichtschuld des VN gegenüber dem Dritten nicht oder jedenfalls nicht in der angenommenen Höhe bestand (fehlender Rechtsgrund im Haftpflichtverhältnis) und/oder er im Innenverhältnis gegenüber dem VN (teilweise) leistungsfrei ist (fehlender Rechtsgrund im Versicherungsverhältnis). In all diesen Konstellationen stellt sich die Frage, ob und von wem der VR kondizieren kann.
I. Fehlender Rechtsgrund im Haftpflichtverhältnis 1. Zahlung an den geschädigten Dritten
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Liegt im Haftpflichtverhältnis eine Überzahlung an den Dritten vor, kann der VR nach Ansicht des vornehmlich älteren Schrifttums nur gegen den VN nach § 812 Abs. 1 Alt. 1 S. 1 BGB vorgehen. Zur Begründung wird angeführt, der VR handle und leiste regelmäßig im Namen des VN, also als dessen Stellvertreter.323 Der VN sei jedoch – je nach Weisung des VR – gehalten, seinen Bereicherungsanspruch an den VR abzutreten oder ihn gerichtlich im eigenen Namen für Rechnung des VR geltend zu machen.324 Nur wenn der VR nicht als Vertreter, sondern als echter Dritter i.S.d. § 267 BGB gehandelt habe, entstehe ein Bereicherungsanspruch in der Person des VR.325 Es sei von einer Ver-
322 323
S. hierzu R. Koch GmbHR 2004 18, 24 f. K. Sieg ZVersWiss 1965 358, 370; Schirmer 87 f.; Baumann ZVersWiss 1970 193, 195; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 67; Späte § 3 Rn. 25; Prölss/Martin/
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324 325
Voit/Knappmann27 § 149 Rn. 47; aus dem aktuellem Schrifttum Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 88. K. Sieg 216. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 88.
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Leistung des Versicherers
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mutung tatsächlicher Art auszugehen, dass der VR nicht im eigenen, sondern für den VN in dessen Namen gehandelt habe. Demgegenüber haben der XII. Zivilsenat 326 und der VI. Zivilsenat327 dem VR einen unmittelbaren Kondiktionsanspruch gegen den Dritten zugebilligt.328 Diese Urteile verdienen Zustimmung. Zu beachten ist, dass es sich bei der Leistungshandlung nicht um ein Rechtsgeschäft, 168 sondern um einen Realakt handelt, sodass es für die Einordnung als Dritter i.S.v. § 267 BGB nicht davon abhängen kann, ob der Dritte gerade „im Namen“ des Schuldners leistet.329 Für die Person des Dritten kommt es vielmehr darauf an, ob er die Leistung an den Gläubiger aus eigenem Antrieb für den Schuldner bewirkt oder ob er nur Erfüllungsgehilfe des Schuldners i.S.d. § 278 S. 1 Alt. 2 BGB ist.330 In der freiwilligen Haftpflichtversicherung leistet der VR Zahlungen an den Dritten nicht auf eigene Schuld, sondern um die Haftpflichtschuld seines VN zu erbringen. Mit der Zahlung an den Dritten erfüllt der VR zugleich seine Verpflichtung gegenüber dem VN aus dem Versicherungsvertrag. Die Annahme einer davon abweichenden Leistung auf eigene Schuld des VR kommt nur in Betracht, wenn eine Verpflichtung aufgrund eines Direktanspruchs gem. § 115 Abs. 1 Nr. 1 besteht oder der VR sich selbst im Rahmen eines Vergleichs zu einer derartigen Leistung gegenüber dem Dritten verpflichtet. Im Unterschied zu den Anweisungsfällen erfolgt die Zahlung des VR in der freiwilli- 169 gen Haftpflichtversicherung jedoch nicht auf Veranlassung des VN. Der VR nimmt die Zahlung vielmehr erst nach Prüfung des Versicherungsvertrages (Deckungsverhältnis) und der Berechtigung der Forderung des Dritten gegen den VN vor. Erst wenn diese Prüfung des Valutaverhältnisses zu dem Ergebnis führt, dass dem Dritten die geltend gemachte Forderung zusteht, zahlt der VR auf die Schuld des VN.331 Dabei bewirkt der VR die Zahlung nicht als Erfüllungsgehilfe des VN, sondern aus eigenem Antrieb in Erfüllung seiner Rechtspflicht gegenüber dem VN aus § 100. Nichts anderes gilt, wenn der VN den Freistellungsanspruch vor der Zahlung des VR an den Dritten abgetreten hat. Auch hier erfolgt der Bereicherungsausgleich zwischen dem VR und dem Dritten. 2. Zahlung an den VN Leistet der VR nicht an den geschädigten Dritten, sondern an den VN – sei es mit 170 Zustimmung des Dritten, sei es nach Erfüllung des Anspruchs des Dritten durch den VN – erfolgt der Bereicherungsausgleich nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zwischen VR und VN.
II. Fehlender Rechtsgrund im Versicherungsverhältnis 1. Zahlung an den geschädigten Dritten Dagegen kann der geschädigte Dritte nicht aus dem Gesichtspunkt der ungerecht- 171 fertigten Bereicherung in Anspruch genommen werden, wenn der VR an ihn geleistet hat, obwohl kein Versicherungsschutz bestand oder dieser nachträglich entfallen ist. Dies 326 327 328
BGH 28.11.1990 BGHZ 113 62, 68 ff. = NJW 1991 919. BGH 29.2.2000 RuS 2000 264. Zustimmend OLG Frankfurt 11.10.2010 BeckRS 2010 30830; Berliner Kommentar/ Baumann § 149 Rn. 205; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 77.
329 330 331
Vgl. Staudinger/Bittner § 267 Rn. 5. Vgl. Staudinger/Bittner § 267 Rn. 5; MüKo-BGB/Krüger § 267 Rn. 9 f. BGH 28.11.1990 BGHZ 113 62, 68 ff. = NJW 1991 919; BGH 29.2.2000 RuS 2000 264; OLG Frankfurt 11.10.2010 BeckRS 2010 30830.
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rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass der VR – auch bei fehlendem Direktanspruch – aufgrund der uneingeschränkten Verhandlungsvollmacht aus Ziff. 5.2 AHB 2012 – der maßgebliche Ansprechpartner des Geschädigten ist; dieser soll – so der BGH – „sich auf das Wort des VR verlassen können, ohne von sich aus nachforschen zu müssen, ob der VR seinem VN, dem Schädiger, gegenüber (teilweise) leistungsfrei ist“.332 Aus der Sicht des Geschädigten sind ihm gegenüber erbrachte Zahlungen deshalb dahin zu verstehen, dass der VR seinem VN gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt.333 Dies schließt es nach Ansicht des BGH aus, dass der VR sich dem Geschädigten gegenüber auf ihm bis dahin bekannte Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis berufen kann. Die Leistung des VR für den VN verbleibt also bei dem Dritten. Bereicherungsschuldner ist der VN.334 Dies gilt auch in dem Fall, dass der VR an den Dritten nach Abtretung des Freistellungsanspruchs gezahlt hat.335 Nach Urteil des RG vom 23.4.1940336 bleibt eine vom VR im eigenen Namen gegen172 über dem geschädigten Dritten übernommene Verpflichtung auch dann rechtsbeständig, wenn sich für den VR nachträglich herausstellt, dass er gar keinen Versicherungsschutz zu leisten braucht.337 Soweit es sich dabei um eine Rentenzahlungsverpflichtung handelt, wird der VN demgemäß einem laufend neu entstehenden Bereicherungsanspruch ausgesetzt. 2. Leistung an den VN
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Erbringt der VR Zahlungen an oder Rechtsschutzleistungen für den VN, richtet sich der Bereicherungsanspruch gegen diesen. Der VN kann sich gegenüber dem Bereicherungsanspruch des VR nicht erfolgreich mit der Einlassung verteidigen, dass er deshalb nicht bereichert sei, weil ein anderer VR im Risiko gewesen sei, der nunmehr mit Rücksicht auf die Leistung des zu Unrecht von seiner eigenen Leistungspflicht ausgehenden ersten VR nichts mehr zu erbringen habe. Die Bereicherungsschuld tritt dann an die Stelle der Haftpflichtverbindlichkeit, sodass der VN durch die Erfüllung der Bereicherungsschuld in seinen Rechten als VN gegenüber dem anderen VR nicht beeinträchtigt wird.338 Dagegen soll der VR bereits erbrachte Zahlungen nicht nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückverlangen können, wenn er wegen einer erst nach der Zahlung begangenen Obliegenheitsverletzung des VN leistungsfrei wird.339 Dies begründet der BGH damit, dass der Gedanke, dass ein Vertragspartner eine empfangene Leistung, die ihm zum Zeitpunkt der Erfüllung auch zugestanden habe, wegen einer nachträglichen Pflichtverletzung herauszugeben hätte, dem Bürgerlichen Recht fremd sei.340
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BGH 19.11.2008 NJW-RR 2009 382, 383; BGH 11.10.2006 BGHZ 169 232, 237 f. = NJW 2007 69; BGH 28.11.1990 BGHZ 113 62, 65 f. = NJW 1991 919; BGH 7.10.2003 NJW-RR 2004 109, 110 = VersR 2003 1547. Zur Rechtsnatur des Anerkenntnis vgl. BGH 19.11.2008 NJW-RR 2009 382, 38; BGH 28.11.1990 BGHZ 113 62, 65 f. = NJW 1991 919. BGH 5.3.1964 VersR 1964 474; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 77; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 89; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 206; K. Sieg 216.
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Vgl. BGH 2.11.1988 BGHZ 105 365 = NJW 1989 900 (Rückforderung der an den Zessionar gezahlten Versicherungssumme in der Feuerversicherung). RG 23.4.1940 JRPV 1940 100, 101. Vgl. dazu K. Sieg 186 ff. BGH 5.3.1964 VersR 1964 474; Prölss/ Martin/Lücke § 100 Rn. 90. BGH 2.10.1985 VersR 1986 77, 79; OLG Hamm 28.11.1990 VersR 1991 1168. BGH 2.10.1985 VersR 1986 77, 79; OLG Hamm 28.11.1990 VersR 1991 1168.
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Leistung des Versicherers
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III. Doppelmangel Soweit ein Fall des sogenannten Doppelmangels vorliegt, wenn also sowohl eine 174 Überzahlung im Haftpflichtverhältnis als auch die hier erörterte Alternative des Nichtbestehens des Versicherungsschutzes gegeben sind, ist dem VR ein unmittelbarer Anspruch gegen den geschädigten Dritten zuzubilligen.341
IV. Kondiktionsausschluss (§ 814 BGB) Nach § 814 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete 175 nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Der Leistende muss nicht nur sämtliche Umstände gekannt haben, aus denen sich seine fehlende Leistungsverpflichtung ergibt, sondern auch positive Kenntnis davon gehabt haben, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Dabei genügt es nicht, dass dem Leistenden die Tatsachen bekannt sind, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt; der Leistende muss vielmehr aus diesen Tatsachen auch eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben. Stellt sich eine rechtliche Einschätzung später als fehlerhaft heraus, ist § 814 BGB nicht anwendbar.342 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Kenntnis ist der Zeitpunkt der Leistung.343 Bloße Zweifel des VR am Bestehen des Haftpflicht- oder Versicherungsanspruchs 176 stehen einem Bereicherungsanspruch gegen den Dritten oder den VN somit grundsätzlich nicht entgegen. Entscheidend für den Kondiktionsausschluss nach § 814 BGB ist jedoch, wie das Verhalten des VR aus der Sicht des Zahlungsempfängers objektiv zu verstehen ist.344 Bringt der VR trotz unklarer Rechtslage bestehende Zweifel gegenüber dem Dritten oder dem VN nicht zum Ausdruck, dürfen diese in der Regel annehmen, dass der VR den Fall abschließend regulieren und bereits geleistete Zahlungen auch für den Fall neuer Erkenntnisse nicht zurückfordern will.345 Dies gilt insbesondere für den Fall, dass bei unverändertem Sachverhalt dieser etwa i.S.v. § 28 Abs. 2 unterschiedliche Wertungen in der Abwägung zulässt.346 Um sicherzugehen, dass die Rückforderung nicht nach § 814 BGB gesperrt ist, muss 177 der VR die Zahlung ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung erbringen.347 In diesem Fall ist dem Empfänger die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung in ent-
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 77; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 88; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 207; K. Sieg 216 f. St. Rspr., vgl. BGH 28.11.1990 BGHZ 113 62, 70 = NJW 1991 919; BGH 23.10.1980 NJW 1981 277, 278; OLG Frankfurt 11.10.2010 BeckRS 2010 30830; OLG Köln 3.4.2009 NJW-RR 2010 244; OLG Schleswig 18.5.2001 BeckRS 2001 30181815. St. Rspr., vgl. BGH 10.3.2004 RuS 2004 404, 405; OLG Frankfurt 11.10.2010 BeckRS 2010 30830; OLG Oldenburg 12.2.1992 RuS 1992 239, 240. OLG Naumburg 8.11.2011 BeckRS 2011
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27063; OLG Schleswig 18.5.2001 BeckRS 2001 30181815; OLG Koblenz 20.9.1983 NJW 1984 134, 135; Palandt/Sprau § 814 Rn. 3. Vgl. LG Baden-Baden 21.3.1986 RuS 1986 289, 290; vgl. auch LG Magdeburg 26.4.2011 BeckRS 2011 27062. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 91; vgl. auch LG Baden-Baden 21.3.1986 RuS 1986 289, 290. BGH 16.7.2003 RuS 2003 378, 379; OLG Naumburg 8.11.2011 BeckRS 2011 27063; OLG Koblenz 14.1.2010 RuS 2001 120, 121.
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sprechender Anwendung des § 820 Abs. 1 S. 1 BGB genommen.348 Die Formulierung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ ist dagegen problematisch, da sie auch in dem Sinn verstanden werden kann, dass der VR die Auffassung vertritt, nur im geleisteten Umfang zur Zahlung verpflichtet zu sein.349 Will der VR in den Fällen, in denen ein Ausschlusstatbestand in Rede steht, der mangels Voraussetzungsidentität von Haftung und Deckung nicht mit bindender Wirkung für den VR vom Haftpflichtrichter festgestellt werden kann, sichergehen, dass er die Kosten der Anspruchsabwehr zurückfordern kann, wenn im Deckungsprozess das Vorliegen des Ausschlusses festgestellt wird, muss er die Rechtsschutzleistungen ebenfalls unter Rückforderungsvorbehalt erbringen (Rn. 41).
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Hinsichtlich der Verteilung der Beweislast gelten die allgemeinen Regeln. Danach trägt jeder die Darlegungs- und Beweislast für die ihm günstigen Tatsachen. Der VN muss somit dartun und beweisen, dass er aus einem im Versicherungsvertrag unter Versicherungsschutz gestellten Rechtsverhältnis haftpflichtig gemacht wird. Sekundäre Risikobeschränkungen in Form von Ausschlüssen hat der VR zu beweisen. Letzteres gilt auch für Obliegenheitsverletzungen, auf die sich der VR gegenüber dem VN zum Zwecke der (teilweisen) Leistungsfreiheit beruft.350 Im Hinblick darauf, dass der VR auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche schul179 det, gelten jedoch Besonderheiten, soweit die Haftpflichtigkeit des VN nicht (rechtskräftig) festgestellt worden ist. So bedarf es zur Entstehung des Rechtsschutzanspruchs nicht des Nachweises, dass die Forderung des Dritten berechtigt ist oder dass die von der Gegenseite zur Begründung der Haftpflicht aus dem versicherten Rechtsverhältnis oder der versicherten Eigenschaft behaupteten Tatsachen zutreffen. Behauptet der Dritte (innere oder äußere) Tatsachen, die den Versicherungsschutz für den erhobenen Anspruch nachteilig berühren, kommt es für die Entstehung des Rechtsschutzanspruchs auf die Angaben des VN an, soweit diese nicht offenkundig falsch sind. Die Angaben des VN müssen – ihre Wahrheitsgemäßheit unterstellt – einen versicherten Haftpflichtanspruch begründen können (Rn. 38 f.). Geht es um die Rückforderung von Leistungen, die der VR an den VN oder den 180 geschädigten Dritten bereits erbracht hat, trägt der VR die Beweislast für die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.351 Er muss darlegen und beweisen, dass er die nunmehr zurückgeforderte Leistung ohne Rechtsgrund erbracht hat, weil der Haftpflichtanspruch und/oder der Versicherungsanspruch nicht besteht.352 Beruft er sich gegenüber dem VN auf (teilweise) Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung, obliegt dem VR – anders als im Prozess des VN auf Versicherungs-
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Vgl. BGH 20.10.2005 NJW 2006 286, 288; BGH 8.6.1988 NJW 1989 161, 162 (nicht versicherungsrechtliche Fälle). OLG Naumburg 8.11.2011 BeckRS 2011 27063; OLG Koblenz 20.9.1983 NJW 1984 134; LG Magdeburg 26.4.2011 BeckRS 2011 27062 (Vorinstanz); vgl. aber auch BGH 16.7.2003 RuS 2003 378, 379; zur Mehrdeutigkeit dieser Formulierung Filthaut VersR 1997 525, 526 f.
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BGH 21.2.1957 BGHZ 23 358 = NJW 1957 907; BGH 22.6.1967 VersR 1967 769, 770. BGH 9.6.1992 RuS 1993 333, 335; BGH 20.9.1982 NJW 1983 220, 221; BGH 21.10.1982 NJW 1983 62; Prölss/Martin/ Lücke § 100 Rn. 92. BGH 9.6.1992 RuS 1993 333, 335.
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Kosten des Rechtsschutzes
§ 101
leistung – die Darlegungs- und Beweislast für die nachteiligen Folgen einer Obliegenheitsverletzung.353 Er hat nicht nur den Vorsatzbeweis zu führen, sondern auch den Kausalitätsgegenbeweis.354 Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ändert sich nicht dadurch, dass der 181 VR Leistungen unter dem Vorbehalt des Bestehens der noch nicht endgültig geprüften Forderung erbringt.355 Entgegen Lücke muss der Empfänger (VN oder Dritter) die Leistung als ordnungsmäßige Erfüllung gegen sich gelten lassen und darf sie nicht zurückweisen.356 Zu Recht weist der BGH darauf hin, dass ein Schuldner mit einem solchen Vorbehalt im allgemeinen nicht die Erfüllungswirkung des § 362 BGB infrage stellen will, sondern lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen will, um sich die Möglichkeit offenzuhalten, das Geleistete gem. § 812 BGB zurückzufordern.357
K. Abdingbarkeit § 100 ist nach § 112 nicht halbzwingend. Formularvertragliche Abweichungen, die 182 für den VN nachteilig sind, sind – wie auch sonst üblich – an § 307 BGB zu messen. Dies gilt nicht nur im Falle einer Einschränkung der Leistungspflichten, sondern auch in Bezug auf die Definition des Versicherungsfalles, die nach dem Willen des Gesetzgebers den Parteien des Versicherungsvertrages überlassen bleiben soll (Rn. 7 f.). Eine vollständige Abbedingung des Rechtsschutzanspruchs oder des Freistellungsanspruchs bei der Versicherung von Gefahren des täglichen Lebens oder betrieblichen Risiken ist sicherlich überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB, dürfte zudem den Vertragszweck i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB gefährden und auch von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Soweit Haftpflichtversicherungsschutz als Annex einer Aktivenversicherung angeboten wird (z.B. Transportversicherung, vgl. § 132 Abs. 2 S. 2),358 kommt § 100 kein Leitbildcharakter zu.
§ 101 Kosten des Rechtsschutzes (1) Die Versicherung umfasst auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. Die Versicherung umfasst ferner die auf Weisung des Versicherers aufgewendeten Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, welche die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnte. Der Versicherer hat die Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen.
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BGH 10.10.2007 VersR 2008 241, 242; BGH 14.12.1994 VersR 1995 281, 282. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 92. BGH 9.6.1992 RuS 1993 333, 335; a.A. Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 210.
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Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 93. BGH 9.6.1992 RuS 1993 333, 335; vgl. auch BGH 8.2.1984 NJW 1984 2826, 2827. Vgl. OLG Karlsruhe 27.6.1996 VersR 1997 737, 739 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 198.
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§ 101
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
(2) Ist eine Versicherungssumme bestimmt, hat der Versicherer die Kosten eines auf seine Veranlassung geführten Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach Absatz 1 Satz 2 auch insoweit zu ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendungen des Versicherers zur Freistellung des Versicherungsnehmers die Versicherungssumme übersteigen. Dies gilt auch für Zinsen, die der Versicherungsnehmer infolge einer vom Versicherer veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem schuldet. (3) Ist dem Versicherungsnehmer nachgelassen, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, hat der Versicherer die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung zu bewirken. Diese Verpflichtung besteht nur bis zum Betrag der Versicherungssumme; ist der Versicherer nach Absatz 2 über diesen Betrag hinaus verpflichtet, tritt der Versicherungssumme der Mehrbetrag hinzu. Der Versicherer ist von der Verpflichtung nach Satz 1 frei, wenn er den Anspruch des Dritten dem Versicherungsnehmer gegenüber als begründet anerkennt.
Schrifttum Fiedler Wirksamkeit von Kostenanrechnungsklauseln in der D&O-Versicherung, in: Drees/ Koch/Nell (Hrsg.) Aktuelle Probleme des Versicherungsvertrags-, Versicherungsaufsichts- und Vermittlerrechts, Bd. 4 (2013) 57; Schimikowski Zins- und Kostenklauseln in der Haftpflichtversicherung – Zur (Un-)Abdingbarkeit des § 150 Abs. 2 VVG –, VersR 2005 861.
Übersicht Rn. A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . II. Inhalt und Normzweck . . . . . . . . 1. § 101 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . a) § 101 Abs. 1 S. 1 . . . . . . . . b) § 101 Abs. 1 S. 2 . . . . . . . . c) § 101 Abs. 1 S. 3 . . . . . . . . 2. § 101 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . 3. § 101 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . III. Anwendungsbereich . . . . . . . . . B. Voraussetzungen und Umfang des Entschädigungsanspruchs . . . . . . . . I. Zivilrechtliche Streitigkeiten . . . . . 1. Gerichtliche und außergerichtliche Kosten . . . . . . . . . . . . . . . a) Gerichtliche Kosten . . . . . . . b) Außergerichtliche Kosten . . . . 2. Angemessenheit der zu ersetzenden Kosten . . . . . . . . . . . . . . . II. Strafverfahren . . . . . . . . . . . . 1. Verteidigungskosten im Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 2. Adhäsionsverfahren und Nebenklage 3. Einstellung des Verfahrens gemäß . § 153a StPO . . . . . . . . . . . . III. Vorschusspflicht des Versicherers . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 2. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . IV. Kostentragungspflicht bei teilweiser Leistungsfreiheit . . . . . . . . . . . V. Besonderheiten bei Überschreitung der Versicherungssumme . . . . . . . . .
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1. § 101 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . a) § 101 Abs. 2 S. 1 . . . . . . . . . . b) § 101 Abs. 2 S. 2 . . . . . . . . . . 2. Formularvertragspraxis . . . . . . . . Prozessualer Kostenerstattungsanspruch und Forderungsübergang nach § 86 Abs. 1 S. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . Abwendung der Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung . . Verpflichtung zur Sicherheitsleistung oder Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . Umfang der Verpflichtung des Versicherers zur Sicherheitsleistung oder Hinterlegung Art und Weise der Sicherheitsleistung . . Rechtsfolgen der Sicherheitsleistung . . . 1. Aufhebung des Haftpflichturteils gegen den VN . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtskräftiges Haftpflichturteil gegen den VN . . . . . . . . . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . Praxisrelevante Abweichungen . . . . . . Wirksamkeit der Abweichungen von § 101 Abs. 2 S. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostenbegrenzung bei Überschreiten der Versicherungssumme . . . . . . . . 2. Kostenbegrenzung bei Widerspruch des VN . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kostenanrechnung auf Versicherungssumme . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Urteil des OLG Frankfurt/M. vom 9.6.2011 . . . . . . . . . . . . b) Bewertung . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 101 ist die Nachfolgeregelung zu § 150 a.F. § 101 Abs. 1 tritt an die Stelle des § 150 1 Abs. 1 S. 1, 3 u. 4 a.F. Die Änderungen sind rein redaktioneller Natur. § 150 Abs. 1 S. 2 a.F., der klarstellte, dass die Haftpflichtversicherung auch die Kosten des VN umfasst, die ihm durch die Abwehr unbegründeter Ansprüche entstehen, ist ersatzlos gestrichen worden. Der Gesetzgeber hielt diese Vorschrift wegen der Neufassung des § 100 für entbehrlich.1 Die Regelung des § 150 Abs. 1 S. 3 a.F., die die Deckung der Kosten des Strafverfahrens betrifft, war in Anlehnung an entsprechende Vorschriften des früheren österreichischen und tschechischslowakischen Rechts durch Gesetz vom 7.11.19392 in das VVG eingefügt worden.3 In der ursprünglichen Fassung des § 150 VVG 1908 hatte der Gesetzgeber noch bewusst davon abgesehen, die Kosten eines Strafverfahrens in die Haftpflichtversicherung einzubeziehen; eine solche Regelung sollte den besonderen Vereinbarungen der Versicherungsparteien überlassen bleiben.4 § 101 Abs. 2 entspricht sachlich § 150 Abs. 2 a.F. § 150 Abs. 3 a.F. hat mit einer Änderung Eingang in § 101 Abs. 3 gefunden. Nach der Neuregelung ist der VR nicht mehr nur auf Verlangen des VN, sondern grundsätzlich zur Sicherheitsleistung oder Hinterlegung verpflichtet, um die Zwangsvollstreckung aus vorläufig vollstreckbaren Urteilen (vgl. §§ 708 f., 720a ZPO) und Schiedssprüchen (§ 1064 ZPO) oder sonstigen vorläufig vollstreckbaren Titeln aller Art gegen den VN abzuwenden.
II. Inhalt und Normzweck 1. § 101 Abs. 1 a) § 101 Abs. 1 S. 1. Der VR schuldet im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 100, 2 den VN von begründeten und unbegründeten Haftpflichtsprüchen zu befreien, auch die Tragung der in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten.5 § 101 Abs. 1 S. 1 bringt das mit den Worten zum Ausdruck, dass die Versicherung „auch“ die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten umfasst, die durch die Abwehr des von dem Dritten geltend gemachten Anspruchs entstehen. Damit hat sich der Gesetzgeber der Rechtsprechung (§ 100 Rn. 4) und der h.Lit. zu § 150 a.F. angeschlossen, die die Rechtsschutzverpflichtung durchweg als Bestandteil der Hauptleistungspflicht des VR angesehen haben.6 Folglich ist kein Raum mehr für abweichende Ansichten, die die Verpflichtung zur Abwehr unbegründeter Ansprüche und die damit einhergehende Kostentragungslast des VR als Anwendungsfall des Rettungskostenersatzes gem. § 63 a.F. angesehen haben7 und hinsichtlich § 83 weiterhin ansehen8 oder zwischen Kosten als Bestandteil der Hauptforde-
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BTDrucks. 16/3945, S. 85. RGBl. I S. 2223. Motive 639. Begründung zu § 150 VVG, Motive 202 f.; Gerhard/Hagen §§ 149, 150 Anm. 3. Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 3. Vgl. BGH 15.9.2010 RuS 2010 504, 505; BGH 7.2.2007 BGHZ 171 56, 60 f. = RuS 2007 191; BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276,
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281 = RuS 1992 406; Berliner Kommentar/ Baumann § 150 Rn. 4; Bruck/Möller/ R. Johannsen 8 Bd. IV Anm F 85 m.w.N. RG 14.5.1929 RGZ 124 235, 237 zu § 63 a.F. AG Mannheim 4.11.2011 RuS 2012 337; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 101 Rn. 1; wohl auch HK-VVG/Schimikowski § 101 Rn. 4; wie hier Langheid/ Wandt/Littbarski § 101 Rn. 9.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
rung und als Rettungsaufwand differenzieren9. Die Qualifikation als Hauptleistungspflicht bedeutet indes nicht, dass die Rettungsobliegenheiten in Bezug auf die Kosten der Anspruchsabwehr nicht gelten. Im Gegenteil hat die Einordnung als Hauptleistungspflicht zur Folge, dass sich die Schadensabwendungs- und -minderungsobliegenheit des VN nach § 82 Abs. 1 auch auf die Abwehrkosten erstreckt. Nr. 25.2 bis 25.5 AHB 2012 konkretisiert diese Obliegenheit des VN. Die dort vorgesehenen Regelungen beziehen sich allerdings weniger auf die Geringhaltung der Rechtsschutzkosten als vielmehr auf die Begrenzung der vom VN verursachten Haftpflichtschäden.10 Im Hinblick darauf, dass der VR bereits nach § 100 verpflichtet ist, den VN von be3 gründeten und unbegründeten Haftpflichtansprüchen zu befreien, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen § 100 und § 101 Abs. 1. Vor der Reform hat sich R. Johannsen dafür ausgesprochen, § 150 Abs. 1 S. 1 a.F. als abschließende Spezialregelung gegenüber § 149 a.F. nicht nur für die dem VN zu ersetzenden, sondern auch für die an die Gegenseite zu zahlenden Kosten, gleich aus welchem Rechtsgrund, zu behandeln. Auch soweit die Kosten der Gegenseite Bestandteil des bürgerlich-rechtlichen Schadensersatzanspruchs seien, regele sich die Ersatzpflicht allein nach § 150 Abs. 1 S. 1 a.F.11 Der BGH hat in Bezug auf die Erstattung von Nebenklagekosten die Frage offengelassen, ob § 150 Abs. 1 S. 3 a.F. (= § 101 Abs. 1 S. 2) als abschließende Regelung anzusehen ist.12 Der Ansicht R. Johannsens ist auch für das Verhältnis von § 100 zu § 101 Abs. 1 zu folgen.13 Entscheidend ist, dass dem Wortlaut von § 101 Abs. 1 keine Begrenzung auf pro4 zessuale Kostenerstattungsansprüche zu entnehmen ist. § 101 Abs. 1 findet somit auch auf materiell-rechtlich begründete Kostenerstattungsansprüche des Dritten Anwendung. Insoweit konkretisiert und begrenzt § 101 Abs. 1 S. 1 den Umfang der Kostentragungspflicht des VR.14 Für Anwaltskosten des Geschädigten, die ihm als Nebenkläger im Strafverfahren entstanden sind und die er als Schadensersatzanspruch im Haftpflichtverfahren geltend macht,15 besteht deshalb keine Deckung (zu Ausnahmen s. Rn. 33).16 Nicht durch § 101 Abs. 1 S. 1 ausgeschlossen ist ein darüber hinausgehender Anspruch des VN auf Kostenerstattung im Wege des Schadensersatzes, wenn der VR seine Rechtsschutzverpflichtung verletzt (s. Rn. 73). Der VR schuldet nach § 101 Abs. 1 S. 1 letzter Halbs. Ersatz der Kosten lediglich 5 soweit, wie deren Aufwendung den Umständen nach geboten war (Rn. 26 ff.). Dieser Regelung liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, dass die Anspruchsabwehr und damit die wesentliche Entscheidung darüber, welche Kosten aufgewendet werden sollen, in der Hand des VN liegt, was zumindest nach den AHB nicht der Fall ist. In Ziff. 25.5 S. 3 AHB 2012 ist ausdrücklich festgelegt, dass der VN dem VR die Führung des Verfahrens überlassen und dem vom VR beauftragten Rechtsanwalt Vollmacht erteilen muss. Auf die Kosten, die dem Dritten enstehen, kann der VN durch sein Verhalten nur mittelbar Einfluss nehmen. Materiell-rechtlich wird der VN durch § 254 BGB geschützt, prozessual durch § 91 ZPO.
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Sieg Ausstrahlungen 134 ff. Bruck/Möller/R. Koch § 82 Rn. 85 ff. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm G 23, 25; ihm folgend Berliner Kommentar/ Baumann § 150 Rn. 4. Vgl. BGH 23.1.1958 BGHZ 26 261, 268 = VersR 1958 211. Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 12.
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So auch Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 3 f. Vgl. OLG Hamm 1.6.2006 BeckRS 2006 14893. Römer/Langheid/Langheid § 101 Rn. 5; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 101 Rn. 12.
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Kosten des Rechtsschutzes
§ 101
Die Beschränkung des Ersatzanspruchs nach § 101 Abs. 1 S. 1 letzter Halbs. ist vor 6 allem von Bedeutung, wenn der VR den Haftpflichtversicherungsschutz zu Unrecht versagt.17 In diesen Fällen hat der VN zwar „freie Hand“ hinsichtlich der Regulierung des Haftpflichtanspruchs,18 was auch Auswirkungen hinsichtlich der Kosten zur Folge haben kann (z.B. bei Abschluss eines Vergleichs). Der VN darf die gegen ihn erhobenen Ansprüche durch einen Rechtsanwalt prüfen lassen, den Geschädigten deren Schaden ersetzen sowie deren Kosten übernehmen, Prozesse führen und beenden (auch durch Versäumnisurteil) (zu den Grenzen s. Rn. 13). Unabhängig davon, für welche Vorgehensweise sich der VN entscheidet, gilt jedoch die Beschränkung auf die objektiv für die Durchführung der jeweiligen Maßnahme erforderlichen Kosten (Rn. 26 ff.). Die Beschränkung des Ersatzanspruchs kommt ferner in den Fällen zum Tragen, in denen es in den AVB an einer Ziff. 25.5 AHB 2012 entsprechenden Bestimmung fehlt oder der VR die Organisation der Anspruchsabwehr nicht (von Anfang an) in der Hand hält.19 Von der unberechtigten Deckungsverweigerung zu unterscheiden ist der Fall, dass eine 7 vom VR geforderte Erledigung eines Haftpflichtanspruchs an dem Widerstand des VN scheitert. Für diesen Fall bestimmt Ziff. 6.8 AHB 2012, dass der VR für den von der Weigerung an entstehenden Mehraufwand an Entschädigungsleistung, Zinsen und Kosten nicht aufzukommen hat (zur Rechtsnatur und Wirksamkeit dieser Klausel s. Ziff. 6 AHB Rn. 42 ff.). b) § 101 Abs. 1 S. 2. § 101 Abs. 1 S. 2 betrifft die Kosten, die dem VN dadurch ent- 8 stehen, dass er sich in einem Strafverfahren verteidigt, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, die seine zivilrechtliche Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnte. Es geht vor allem um die Gebühren des Verteidigers des VN. Diese Gebühren hat grundsätzlich der VN selbst zu tragen, da sie nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Abwehr von Haftpflichtansprüchen stehen. Die Ergebnisse des Strafverfahrens haben jedoch maßgebenden Einfluss auf das Schicksal des zivilrechtlichen Ersatzanspruches, weil die Verurteilung im Strafprozess de facto ein Präjudiz für den Haftpflichtprozess bildet. Im Hinblick auf die Wechselwirkung besteht deshalb ein erhebliches Interesse des VR an einem für den VN günstigen Ausgang des Strafprozesses.20 Deshalb umfasst die Haftpflichtversicherung auch die Kosten der Verteidigung, sofern diese Kosten auf Weisung des VR aufgewendet wurden. Insoweit dient § 101 Abs. 1 S. 2 einerseits der Klarstellung bezüglich des Umfang des Haftpflichtversicherungsanspruchs, andererseits als Rechtsgrund für den Ersatz der Verteidigungskosten. c) § 101 Abs. 1 S. 3. Ergänzend verpflichtet § 101 Abs. 1 S. 3 den VR auf Verlangen 9 des VN zum Vorschuss der Kosten einer Anspruchsabwehr im Zivilverfahren und der Verteidigung in einem Strafverfahren. 2. § 101 Abs. 2 Nach § 101 Abs. 2 S. 1 hat der VR die Kosten eines auf seine Veranlassung geführten 10 Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach § 101 Abs. 1 S. 2 auch insoweit zu 17
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Vgl. OLG Düsseldorf 13.12.1988 RuS 1989 325; LG Düsseldorf 31.03.2009 BeckRS 2009 20859. BGH 7.2.2007 BGHZ 171 56, 62 = RuS 2007 191; BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 282.
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Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 19. Späte § 3 Rn. 32; Gerhard/Hagen §§ 149, 150 Anm. 3; vgl. auch BGH 23.1.1958 BGHZ 26 262, 267 = VersR 1958 211.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendungen des VR zur Freistellung des VN die Versicherungssumme übersteigen. § 101 Abs. 2 S. 2 dehnt diese Regelung auf Zinsen aus, die der VN dem Dritten aus einer vom VR veranlassten Verzögerung schuldet. Hierdurch sollen Benachteiligungen des VN infolge eines Handelns des VR vermieden werden.21 § 101 Abs. 2 S. 1 stellt somit klar, dass die Versicherungssumme für die Freistellung von Bedeutung ist und die Kosten des Rechtsstreits und der Verteidigung nicht auf die vereinbarte Versicherungssumme anzurechnen sind, soweit die Anspruchsabwehr im Zivilverfahren oder die Verteidigung im Strafverfahren auf Veranlassung des VR erfolgten. Im Hinblick auf die Nichtanrechnung auf die Versicherungssumme lässt sich die Norm als Konkretisierung des Grundsatzes von Treu und Glauben begreifen, da eine unzulässige Rechtsausübung anzunehmen ist, wenn der VR die Kosten, die aus den von ihm durchgeführten oder veranlassten Maßnahmen herrühren, später als unangemessen bezeichnet und nicht ersetzen will. 3. § 101 Abs. 3
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§ 101 Abs. 3 S. 1 betrifft den Umfang der Kostentragungspflicht des VR, wenn es darum geht, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden. Der Höhe nach begrenzt § 101 Abs. 3 S. 2 diese Verpflichtung auf die Versicherungssumme, soweit nicht der VR nach § 101 Abs. 2 über diesen Betrag hinaus verpflichtet ist. Der VR ist nach § 101 Abs. 3 S. 3 von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung oder Hinterlegung frei, wenn er den Anspruch des Dritten dem VN gegenüber als begründet anerkennt.
III. Anwendungsbereich 12
S. § 100 Rn. 6.
B. Voraussetzungen und Umfang des Entschädigungsanspruchs 13
Hinsichtlich der Ersatzfähigkeit der Kosten ist zwischen zivil- und strafrechtlichen Streitigkeiten zu unterscheiden.
I. Zivilrechtliche Streitigkeiten 1. Gerichtliche und außergerichtliche Kosten
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Bei zivilrechtlichen Streitigkeiten ergibt sich die Pflicht des VR zur Tragung aller gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen gegen den VN stehen, dem Grunde nach aus § 100. § 101 Abs. 1 S. 1 dient nur der Beschränkung der Kostentragungspflicht, bezieht sich also auf die Höhe des Anspruchs des VN gegen den VR auf Ersatz dieser Kosten. Diese Beschränkung ist – wie eingangs erwähnt – nur in den Fällen von Bedeutung, in denen der VN selbst Aufwendungen tätigt, ohne sich zuvor mit dem VR abgestimmt zu haben.
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Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 89; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 34.
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Kosten des Rechtsschutzes
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Wird der VN vom VR entgegen seinen Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag 15 ohne Versicherungsschutz gelassen, versagt der VR also zu Unrecht den Versicherungsschutz, so kann er die Art und Weise der Regulierung des Haftpflichtanspruchs oder der Verfahrensführung durch den VN nicht angreifen und muss die daraus resultierenden Kosten ersetzen, soweit sie den Umständen nach geboten waren. Bei einem derartigen vertragswidrigen Verhalten des VR darf sich der VN unter Umständen auch dazu entschließen, den Rechtsstreit gegen sich durch ein Versäumnisurteil beenden zu lassen. Auch diese Kosten muss der VR, der unberechtigt den Versicherungsschutz verweigert hat, tragen. Gleiches gilt, wenn der VR dem VN gegenüber leistungsbefreiende Umstände ins Feld führt und den VN im Unklaren darüber lässt, ob er Deckungsschutz erhält. Der VR ist insoweit verpflichtet, seine Entscheidung darüber dem VN unverzüglich, spätestens aber dann mitzuteilen, wenn er die Anzeige von der gerichtlichen Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs erhalten hat.22 In der Versicherungspraxis hält der VR die Regulierung der Haftpflichtschäden aber in der Regel fest in seiner Hand, sodass sich die Frage gar nicht stellt, ob die entstandenen Kosten als angemessen im Sinne des § 101 Abs. 1 S. 1 zu qualifizieren sind. a) Gerichtliche Kosten. Zu den gerichtlichen Kosten gehören alle unmittelbaren Auf- 16 wendungen des VN zur Führung eines Rechtsstreits sowohl vor ordentlichen Gerichten als auch vor Schiedsgerichten.23 Dass der VR die Kosten von Schiedsverfahren zu tragen hat, folgt daraus, dass die aus § 100 dem Grund nach folgende Entschädigungspflicht nicht auf Verfahren vor staatlichen Gerichten begrenzt ist. In der allgemeinen Haftpflichtversicherung kommen Streitigkeiten vor Schiedsgerichten freilich kaum vor, weil es an einer vertraglichen Vereinbarung und/oder an einer Schiedsabrede zwischen dem Geschädigten und dem VN fehlt, die sich auf die Haftpflichtansprüche erstreckt. Anders mögen die Dinge im Bereich der Produkthaftpflichtversicherung oder der D&O-Versicherung liegen. Bei Verfahren vor ordentlichen Gerichten zählen zu den gerichtlichen Kosten die Gerichtskosten aus Klageverfahren vor Zivilgerichten (§§ 253 ff., 495 ff. ZPO), aus Verfahren über Prozesskostenhilfe (§§ 114 ff. ZPO), aus selbstständigen Beweisverfahren (§§ 485 ff. ZPO) sowie aus Verfahren über Arrest und einstweilige Verfügung (§§ 916 ff. ZPO).24 Bei Schiedsverfahren zählen zu den gerichtlichen Kosten die Gebühren des Schiedsgerichts sowie – bei instititutioneller Schiedsgerichtsbarkeit – der jeweiligen Schiedsgerichtsinstitution, die das Verfahren administriert (z.B. ICC, DIS). Zu den gerichtlichen Kosten zählen aber nicht nur die im Erkenntnisverfahren ange- 17 fallenen Kosten, sondern auch die Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 ZPO). Dies spielt eine Rolle, wenn der Dritte den Anspruch des VN gegen den VR pfändet oder die Sachvollstreckung in das Vermögen des VN betreibt. In beiden Fällen hat der VR die Pfändungskosten zu tragen.25 Die Haftpflichtversicherung umfasst auch die durch ein Verfahren auf Umschreibung des Titels nach §§ 727 bis 732 ZPO oder durch eine Zwangsvollstreckungsgegenklage entstehenden Aufwendungen.26 Das Gleiche gilt für die Kosten, die durch ein Verfahren gem. §§ 722, 723 ZPO (inländische Vollstreckungsklage
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BGH 7.2.2007 BGHZ 171 56, 62 = RuS 2007 191. R. Koch SchiedsVZ 2007 281, 286; Prölss/ Martin/Lücke § 101 Rn. 16. Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 8. Späte § 3 Rn. 67; Sieg VersR 1960 673, 674;
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ebenso LG Berlin 11.11.1954 VersR 1955 52; ferner ÖOGH 5.6.1961 VersR 1962 192, 193. K. Sieg VersR 1960 673, 675; a.A. LG Berlin 16.4.1953 VersR 1954 9; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 8.
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für ausländischen Titel) entstehen,27 soweit Auslandsrisiken mitversichert sind (vgl. Ziff. 7.9 AHB Rn. 266 ff.). Vgl. in diesem Zusammenhang auch § 4 Ziff. 1 AVB-Vermögen/P.28 Dort sind Haftpflichtansprüche, die vor ausländischen Gerichten außerhalb der EU geltend gemacht werden, und ein sich im Anschluss daran im Inland nach § 722 ZPO ergebendes Verfahren ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Des Weiteren zählen zu den gerichtlichen Kosten auch die Aufwendungen des VN für den eigenen und für den gegnerischen Rechtsanwalt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rechtsstreit gegen den VN stehen (Verfahrens-, Termins- und ggf. Einigungsgebühren). Kosten für vorprozessual erstattete Privatgutachten sind nur ausnahmsweise als gerichtliche Kosten anzusehen. Es genügt nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird. Es muss sich vielmehr auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, nicht als Gerichtskosten anzusehen.29 Es handelt sich vielmehr um außergerichtliche Kosten.30 Gleiches gilt für Aufwendungen für ein vereinbarungsgemäß eingeholtes Schiedsgutachten.31 Nicht zu den Kosten i.S.v. § 101 Abs. 1 S. 1, zählen dagegen Aufwendungen des VR zur Prüfung seiner Einstandspflicht gegenüber dem VN.32 Unterliegt der VN, hat der VR neben der Entschädigungssumme die Gerichts- und die eigenen Prozesskosten des VN sowie die Kosten des Dritten, die der VN erstatten muss, zu tragen.33 Der VR trägt auch die Kosten der Zwangsvollstreckung in den Freistellungsanspruch (Erwirkung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse).34 Der VR ist jedoch kein Kostenschuldner i.S.v. § 29 GKG, da er Erstattung nur dem VN, nicht der Staatskasse, schuldet. Der Dritte kann keine Kostenfestsetzung gegen den VR erlangen.35 Obsiegt der VN, weil sich der Anspruch des Dritten als unbegründet erweist, übernimmt der VR die Kosten des VN, einschl. der Gerichtskosten, soweit deren Erstattung vom unterlegenen Prozessgegner nicht zu erlangen ist. Hat der VR ausnahmsweise, etwa aufgrund der vorläufigen Vollstreckbarkeit einer Entscheidung, die später aufgehoben worden ist, bereits gezahlt und ist von dem Dritten (nach Aufhebung des vorläufig vollstreckbaren Urteils) nichts zu erlangen, so geht dieses Risiko zulasten des VR.36 Vertritt ein VN sich in einem Haftpflichtprozess selbst oder lässt er sich durch einen Sozius oder Mitarbeiter vertreten, so werden nach § 3 II Ziff. 7 lit. d) AVB Vermögen/P dem VN und den genannten Personen eigene Gebühren nicht erstattet. Zu erklären ist diese Vorschrift damit, dass dem VR in der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung nicht in der gleichen umfassenden Weise wie nach Ziff. 25.5 S. 2 und 3 AHB das Recht zusteht, die Anwaltswahl auszuüben. Durch § 3 II Ziff. 7 lit. d) AHB Vermögen/P hat
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K. Sieg VersR 1960 673, 674. Abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1689. BGH 17.12.2002 NJW 2003 1398, 1399; vgl. auch BGH 23.5.2006 RuS 2006 526 = VersR 2006 1236; OLG Koblenz 3.4.2007 VersR 2007 1100; OLG Düsseldorf 29.8.2005 VersR 2006 990; OLG Karlsruhe 11.5.2004 VersR 2004 931, 932; OLG Koblenz 9.12.2003 VersR 2004 933; OLG Hamm 14.10.2003 zfs 2004 87; OLG Koblenz 12.3.2002 VersR 2004 802, 803. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 15.
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BGH 24.11.2005 NJW-RR 2006 212, 213. Vgl. OLG Düsseldorf 16.5.1973 VersR 1973 863 f.; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 83; Späte § 3 Rn. 69. Motive 202. BGH 8.11.1989 RuS 1990 82, 83. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 9. Vgl. OLG Köln 10.11.1988 RuS 1989 74; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 9; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 9; Späte § 3 Rn. 31.
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sich der VR ein gewisses Gegengewicht geschaffen. Er kann unter Umständen einen VN unter Hinweis auf die mangelnde Kostenerstattungspflicht von der Führung eines Prozesses in eigener Sache abschrecken. Soweit ein VR entgegen diesem Erfahrungssatz darauf Wert legt, dass der – etwa besonders sachkundige – VN sich doch selbst vertritt, ist es dessen Sache, die Übernahme der Prozessführung von einer Abänderung des § 3 II Ziff. 7 lit. d) AHB Vermögen/P für den betreffenden Einzelfall abhängig zu machen. Die Art und Weise der Beteiligung an diesen Verfahren ist ohne Bedeutung. In den 22 allermeisten Fällen befindet sich der VN auf der Passivseite in der Rolle als Beklagter. Eine Beteiligung auf der Aktivseite kommt in Betracht, wenn der Geschädigte mit seiner Haftpflichtforderung gegen eine unbestrittene Forderung des VN aufrechnet, bei Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts oder im Falle der Wegnahme eines dem VN gehörenden Gegenstands durch den Geschädigten (§ 100 Rn. 29 ff., 135 ff.).37 Hier ist der VR verpflichtet, die Kosten einer Zahlungs-/Herausgabeklage des VN gegen den geschädigten Dritten zu finanzieren. Er muss also im Rahmen seiner Abwehrverpflichtung die Kosten für einen Aktivprozess tragen und ist insoweit auch zur Vorschusszahlung verpflichtet (vgl. Rn. 32 ff.). Weitere Beispiele für eine Beteiligung des VN sind die Streitverkündung zur Regress- 23 wahrung sowie die Erhebung einer negativen Feststellungsklage.38 Grundsätzlich kann der VR im Rahmen seiner Verpflichtung aus § 100 gehalten sein, für den VN (und in dessen Namen) eine negative Feststellungsklage gegenüber der unbegründeten Haftpflichtforderung erheben zu lassen (§ 100 Rn. 133 f.). Vgl. auch § 3 II Ziff. 7 S. 1 AVB Vermögen/P. Dort heißt es, dass die Kosten einer mit Zustimmung des VR vom VN betriebenen negativen Feststellungsklage oder Nebenintervention voll zulasten des VR gehen. Hier muss der VR also die Kostenlast für einen Prozess tragen, in dem der VN als Kläger auftritt. Das Gleiche gilt – ungeachtet dessen, dass es an einer § 3 II Ziff. 7 S. 1 AVB Vermögen/P entsprechenden Vorschrift fehlt – im Bereich der AHB, und zwar sowohl für eine negative Feststellungsklage als auch für die ebenfalls in § 3 II Ziff. 7 S. 1 AVB Vermögen/P erwähnte Nebenintervention. § 3 II Ziff. 7 S. 1 AVB Vermögen/P ist im Übrigen einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Verweigerung der Zustimmung durch den VR dann als rechtlich unbeachtlich anzusehen ist, wenn vom Standpunkt eines verständigen VN die Verpflichtung des VR zur Befreiung des VN von den unbegründeten Ansprüchen gerade durch Führung eines Aktivprozesses zu bejahen ist. b) Außergerichtliche Kosten. Zu den außergerichtlichen Kosten zählen alle vor Rechts- 24 hängigkeit des Haftpflichtsanspruchs entstandenen Kosten, insbesondere die Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte, die sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG – berechnen. Ferner zählen hierzu Aufwendungen für nichtanwaltliche Prozessbevollmächtigte und Beistände, Reisekosten der Parteien und Entschädigungen für deren Zeitversäumnis39 sowie für die Einschaltung eines privaten Sachverständigen und sonstige vorbereitende Recherchen, für die vorgerichtliche Anwaltstätigkeit mit dem Ziel der Streitschlichtung, die Kosten eines Schiedsgutachtens oder eines vorgerichtlichen Vergleichs.40
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Vgl. Römer/Langheid/Langheid § 101 Rn. 19; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 8 ff. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 8 ff.
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Musielak/Lackmann Vorbemerkung §§ 91–107 ZPO Rn. 5. Vgl. MüKo-ZPO/Giebel § 91 Rn. 89.
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Während sich in Verfahren vor ordentlichen Gerichten die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten des Gegners im Fall des Unterliegens des VN sowohl aus dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch – im Schiedsverfahren aus der Kostenentscheidung – als auch aus dem materiellen Schadensersatzrecht ergeben kann,41 ergibt sich diese Verpflichtung im Falle einer vorgerichtlichen Einigung oder hinsichtlich der Kosten, die nicht i.S.d. Kostenfestsetzungsrechts erstattungsfähig sind (Verfahren vor ordentlichen Gerichten), nur aus dem materiellen Schadensersatzrecht.42 2. Angemessenheit der zu ersetzenden Kosten
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Der VR schuldet dem VN im Rahmen seiner Verpflichtung zur Anspruchsabwehr gem. § 101 Abs. 1 S. 1 Ersatz der Kosten, soweit sie „den Umständen nach geboten“ waren. Hieraus folgert die h.M., dass sie objektiv geboten sein müssen. Auf den subjektiven Standpunkt des VN komme es nicht an.43 Objektiv geboten sind die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten i.S.v. § 91 27 ZPO, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig und deshalb nach § 103 ZPO erstattungsfähig sind, ohne dass es darauf ankommt, ob sie tatsächlich festgesetzt werden.44 Darüber hinausgehend werden die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren (vgl. § 788 Abs. 1 ZPO), zu den gebotenen Aufwendungen gezählt.45 Lücke und Knütel halten das Abstellen auf einen objektiven Maßstab für unbillig in den Fällen, in denen der VN wegen der Untätigkeit des VR selbst einen Anwalt mit der Anspruchsabwehr beauftragen muss. In solchen Fällen könne der VN Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die den Umständen nach zur sachgerechten Verteidigung geboten seien. Dabei reiche es stets aus, dass der VN die Aufwendungen subjektiv für erforderlich halten durfte.46 Unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH zur Kostenerstattung im Falle unberechtiger Deckungsablehnung vertreten Lücke und Knütel die Ansicht, der VR müsse bei Untätigkeit die Kosten fehlerhafter Entscheidungen des VN jedenfalls bis zur Grenze der Leichtfertigkeit übernehmen.47 Für die h.M. spricht zunächst der Wortlaut von § 101 Abs. 1 S. 1 und der Vergleich 28 mit § 83 Abs. 1 S. 1, wo es für die Erstattungsfähigkeit der Rettungskosten darauf ankommt, ob der VN diese „für geboten halten durfte“. Soweit Lücke und Knütel sich auf die Rechtsprechung des BGH zur unberechtigten Deckungsablehnung berufen, überzeugt dies nicht, weil der BGH zur Frage der Gebotenheit der Kosten gar nicht Stellung genommen hat. Dort ging es nicht um die Erstattungsfähigkeit von Prozesskosten, sondern um die Frage, ob der VR an das Ergebnis des Handelns des VN und des Haftpflichtprozesses in Bezug auf den (materiellen) Haftpflichtanspruch gebunden ist.48 Zu beachten ist jedoch, dass sich der VR vertragswidrig verhält, wenn er seiner Rechts-
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Zum Verhältnis beider Ansprüche zueinander s. Musielak/Lackmann Vorbemerkung §§ 91–107 Rn. 16. Zur Behandlung vor- und außerprozessualer Kosten s. MüKo-ZPO/Geibel § 91 Rn. 33 ff. OLG Düsseldorf 13.12.1988 RuS 1989 325; ÖOGH 17.2.1977 VersR 1978 478, 479; LG München I 22.7.1981 VersR 1982 541; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 14; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 19; Späte § 3 Rn. 67; a.A. Knüttel VersR 2003 300, 301.
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Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 19; Späte § 3 Rn. 67. Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 19. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 18; Knütel VersR 2003 300. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 18. BGH 7.2.2007 BGHZ 171 56, 62 = RuS 2007 191; BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 281 = RuS 1992 406.
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schutzverpflichtung nicht nachkommt,49 und sich gegenüber dem VN schadensersatzpflichtig macht. Die Situation weist insoweit Parallelen zu den Herausforderungsfällen auf, bei denen der Geschädigte vom Schädiger Ersatz der Aufwendungen zur Schadensminderung verlangen kann. Dort gilt ein subjektiver Maßstab. Der Geschädigte kann Aufwendungen zur Verhinderung des Schadens so weit ersetzt verlangen, „als sie ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage zur Verfolgung dieses Ziels für zweckmäßig und vertretbar halten durfte“50. Allerdings wird der VN nur in Ausnahmefällen über den Umweg des vertraglichen 29 Schadensersatzanspruchs den Ersatz von Aufwendungen verlangen können, die über das nach § 101 Abs. 1 S. 1 objektiv Erforderliche hinausgehen. Ein VN, dem gegenüber Haftpflichtansprüche geltend gemacht werden, darf nur die Beauftragung eines Anwalts für geboten halten, wenn er sich nicht dazu entschließt, den Rechtsstreit gegen sich durch Versäumnisurteil beenden zu lassen. Die Kosten des Anwalts bestimmen sich nach dem RVG und sind deshalb in jedem Fall als geboten anzusehen. Hier stellt sich nur die Frage, ob der VR auch kraft Honorarvereinbarung zwischen dem VN und dem Anwalt entstandene höhere Gebühren erstatten muss, die auch ohne Anlegung eines subjektiven Maßstabs in den Fällen zu bejahen wäre, in denen der VR, wäre er seiner Rechtsschutzverpflichtung nachgekommen, ebenfalls eine Honorarvereinbarung zu diesen Sätzen abgeschlossen hätte. Die Gebotenheit der Kosten der Anspruchsabwehr wird nicht dadurch infrage ge- 30 stellt, dass die gegen den VN erhobenen Ansprüche offensichtlich unbegründet sind.51 Zu den gebotenen Aufwendungen zählen stets auch die Kosten, die dadurch entstehen, dass der VN obliegenheitsgemäß (vgl. Ziff. 25.4 AHB) ohne Weisung des VR Widerspruch gegen einen Mahnbescheid oder Einspruch gegen ein Versäumnisurteil einlegt. Ob die Kosten eines Versäumnisurteils erstattungsfähig sind, hängt von den Umständen ab, die zu dem Versäumnisurteil geführt haben (Rn. 52).52 Kosten, die allein dadurch entstehen, dass der VN keine Klarheit darüber schafft, an wen der VR zu zahlen hat, zählen nicht zu den gebotenen Aufwendungen.53 Ebenso wenig sind die Kosten eines zusätzlichen oder unter Verletzung von Ziff. 25.5 31 S. 2 AHB bestellten Anwalts erstattungsfähig, wenn der VR einen anderen Anwalt rechtzeitig beauftragt hat. Anderes gilt, wenn der VR abgelehnt oder ohne Ablehnung insoweit nichts getan und damit gegen seine Rechtsschutzverpflichtung verstoßen hat.54 Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass der VR, ohne die Deckung abzulehnen, von seinem Prozessführungsrecht wegen des Verdachts auf Kollusion zwischen dem Dritten und dem VN keinen Gebrauch macht. Dann besteht auch für den vom VN beauftragten Anwalt Kostentragungspflicht, sodass der VR letztlich zwei Anwälte bezahlen muss, wenn er selbst – z.B. im Wege der Nebenintervention – am Prozess mit einem eigenen Rechtsanwalt teilnehmen will.55
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Vgl. BGH 7.2.2007 BGHZ 171 56, 62 = RuS 2007 191. BGH 6.11.1979 BGHZ 75 230, 238 = NJW 1980 119. ÖOGH 17.2.1977 VersR 1978 478, 479. Vgl. BGH 7.2.2007 RuS 2007 191, 193 = VersR 2007 1116; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 14. OLG Celle 4.1.1985 RuS 1986 92, 93 = VersR 1985 1129.
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BGH 7.2.2007 RuS 2007 191, 193 = VersR 2007 1116; BGH 14.2.2007 RuS 2007 239, 240 = VersR 2007 1119; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 14. BGH 15.9.2010 RuS 2010 504, 505 f. = VersR 2010 1590; Römer/Langheid/Langheid § 101 Rn. 7; vgl. auch BGH 6.7.2010 RuS 2010 411.
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3. Selbstbehalt
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Ist ein Selbstbehalt vereinbart, ist bei Fehlen einer ausdrücklicher Anrechnungsregelung davon auszugehen, dass sich der Anteil des VN nur auf die Hauptentschädigung und nicht auf die Kosten bezieht. Diese sind voll zu ersetzen.56
II. Strafverfahren 1. Verteidigungskosten im Strafverfahren
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Nach § 101 Abs. 1 S. 2 umfasst die Haftpflichtversicherung die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, die die Verantwortlichkeit des VN gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnte, soweit die Verteidigungskosten auf Weisung des VR aufgewendet wurden. Unter den „Kosten der Verteidigung“ sind nach Ansicht des BGH57 „bei unbefangener Auslegung nur solche Kosten zu verstehen, die der Angekl. selbst aufwendet, um einen Freispruch oder eine mildere Bestrafung zu erzielen, also insbes. die Gebühren des Verteidigers, wie dies auch § 3 Ziff. II 1 AHB, mit dem § 150 Abs. 1 Satz 3 VVG in Übereinstimmung gebracht werden sollte, ausdrücklich besagt.“
Dass der Reformgesetzgeber an diesem Verständnis etwas ändern wollte, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Es liegt auch den aktuellen AHB (Ziff. 5.3 AHB 2012) zugrunde: Sofern „die Bestellung eines Verteidigers für den VN von dem VR gewünscht oder genehmigt“ wird (dazu Ziff. 5.3 AHB Rn. 59 ff.), trägt der VR die „gebührenordnungsmäßigen oder die mit ihm besonders vereinbarten höheren Kosten des Verteidigers“. 2. Adhäsionsverfahren und Nebenklage
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Soweit der Geschädigte seine zivilrechtlichen Ansprüche im Adhäsionsverfahren gem. §§ 403 ff. StPO verfolgt, hat der VR die das Adhäsionsverfahren betreffenden Gerichtskosten (§ 472a StPO) gem. §§ 100, 101 Abs. 1 S. 1 zu tragen.58 Dies gilt auch in den Fällen, in denen im Adhäsionsverfahren ein Anerkenntnisurteil ergeht und das Verfahren nach Erklärung des Anerkenntnisses gem. § 153a StPO eingestellt wird.59 Die Kosten, die dadurch entstehen, dass der Dritte als Nebenkläger auftritt,60 zählen 35 nicht zu den Verteidigungskosten i.S.d. § 101 Abs. 1 S. 2. Dies gilt auch dann, wenn der Geschädigte die Kosten als Schadensersatzanspruch im Haftpflichtverfahren geltend macht (s. auch Rn. 22 f.). Eine Ausnahme ist jedoch in den Fällen geboten, in denen der VR den VN veranlasst hat, Einspruch gegen den ergangenen Strafbefehl einzulegen. In
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Vgl. OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 52; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 19. BGH 23.1.1958 BGHZ 26 262, 267 = VersR 1958 211. Vgl. BGH 23.1.1958 BGHZ 26 262, 267 = VersR 1958 211; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 61; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Retter § 101 Rn. 12; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 11; Römer/Langheid/Langheid
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§ 101 Rn. 5; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 30; zur Praxisrelevanz des Adhäsionsverfahrens s. Haller Das „kränkelnde“ Adhäsionsverfahren – Indikator struktureller Probleme der Strafjustiz, NJW 2011 970. Vgl. hierzu AG Berlin-Tiergarten 23.3.2011 NStZ-RR 2011 383. BGH 23.1.1958 BGHZ 26 262, 267 = VersR 1958 211.
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diesen Fällen, in denen der VR auch die den VN treffenden Verteidigungskosten zu tragen hat, würde der VR gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er die Übernahme der nur durch sein Eingreifen entstandenen Nebenklagekosten ablehnte. Vielmehr hat er sie in diesen Fällen analog § 101 Abs. 1 S. 2 zu decken.61 Gleiches gilt, wenn der VR den VN anweist, gegen eine erstinstanzliche Entscheidung Rechtsmittel einzulegen, und sich der Geschädigte erst in der Berufung dem Verfahren als Nebenkläger anschließt.62 3. Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO Grundsätzlich kein Versicherungsschutz besteht für eine dem VN im Strafverfahren 36 gem. § 153a StPO auferlegte Schmerzensgeldzahlung an den Geschädigten sowie die beim VN für das Aushandeln des vom Strafgericht festgesetzten Betrags angefallenen Anwaltskosten.63 Anderes gilt, wenn der VN auch zivilrechtlich Schmerzensgeld schuldet und das ihm auferlegte Schmerzensgeld darauf anzurechnen ist.64 Hierdurch verringern sich die Kosten des Zivilverfahrens.65
III. Vorschusspflicht des Versicherers 1. Allgemeines Nach § 100 Abs. 1 S. 3 hat der VR die Kosten auf Verlangen des VN – erforder- 37 lichenfalls mehrmals 66 – vorzuschießen. Gewährt der VR dem VN ordnungsgemäß Versicherungsschutz, so kommt dem Vorschussrecht des VN praktisch kaum eine Bedeutung zu. Insbesondere ist grundsätzlich allein der VR Kostenschuldner des von ihm für den VN beauftragten Anwalts. Wenn der VR dem VN allerdings die Beauftragung eines Anwalts überlässt, sodass diesem ein Honoraranspruch gegen den VN zusteht, so kann der VN bei grundloser Weigerung des VR, Vorschuss zu zahlen, Klage auf Zahlung erheben und diese ggf. mit einem Feststellungsantrag für zukünftig benötigte Vorschüsse verbinden.67 Ein solcher Anspruch kann unter den Voraussetzungen der §§ 935 ff. ZPO grundsätzlich auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, da ein Anspruch auf Vorschuss zu den sicherbaren Ansprüchen zählt.68 Das erforderliche Eilbedürfnis wird dann zu bejahen sein, wenn der VN bei einer unberechtigten Deckungsverweigerung anderenfalls zur Abwehr des gegnerischen Haftpflichtanspruchs nicht in der Lage wäre oder Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen müsste. Im Hinblick auf das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache ist Voraussetzung für den Erlass einer derartigen Leistungsverfügung, dass ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für ein Ob-
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Clauß NJW 1957 411, 413; offenlassend BGH 23.1.1958 BGHZ 26 262, 268 = VersR 1958 211; vgl. auch Haidinger LM Nr. 1 zu § 150; i.E. auch Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 11; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 61; Römer/Langheid/Langheid § 101 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 101 Rn. 12; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 29. Vgl. Römer/Langheid/Langheid § 101 Rn. 4; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 62. LG Tübingen 31.12.1987 VersR 1988 1172.
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Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 13; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 63; Römer/ Langheid/Langheid § 101 Rn. 6. Vgl. Anrechnungsfall bei OLG Düsseldorf 12.7.1996 NJW 1997 1643. ÖOGH 22.11.1984 VersRdSch 1987 67. ÖOGH 22.11.1984 VersRdSch 1987 67. Vgl. OLG Köln 1.3.1934 VA 1934 S. 39–40 Nr. 2690; MüKo-ZPO 3/Drescher § 935 Rn. 8 (zum Anspruch auf Prozesskostenvorschuss).
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siegen des VN in der Deckungsklage besteht. Daran fehlt es regelmäßig, wenn das Ergebnis des Deckungsprozesses von einer Beweisaufnahme abhängig ist, deren Ausgang ungewiss ist.69 2. Einzelheiten
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Der Anspruch auf Vorschuss ist auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet, dessen Höhe sich nach den voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen bemisst. Wenn notwendig, sind mehrfach Vorschüsse zu gewähren.70 Der Vorschuss ist nur auf Verlangen des VN zu leisten. Hierbei handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des VN (§ 130 BGB) an den VR, die keiner Form bedarf. Das Verlangen muss hinreichend bestimmt sein. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass der VN sein Verlangen beziffert. Der VN kann den voraussichtlich erforderlichen Betrag schätzen. Insoweit gelten hier die gleichen Grundsätze wie bei § 83 Abs. 1 S. 2.71 Beim Vorschussanspruch handelt es sich um einen verhaltenen klagbaren Anspruch, 39 der kraft des Verlangens sofort entsteht und fällig wird.72 Entgegen Lücke 73 und Langheid 74 kann der VN den Vorschuss nicht erst mit der Zustellung der Klage verlangen, sondern mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, die in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallen.75 Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind nur ersatzfähig, wenn sich der VR mit der Vorschussforderung in Verzug (§ 286 BGB) befunden hat.76 Dem VR steht entsprechend §§ 666, 259 BGB ein Anspruch auf Auskunft und Rech40 nungslegung zu, der mit der bindenden Feststellung des Haftpflichtanspruchs und der rechtskräftigen Abweisung des Haftpflichtanspruchs fällig wird. Wenn der VN den Vorschuss wider Erwarten nicht (in voller Höhe) benötigt, kann der VR entprechend § 667 BGB die Rückzahlung des nicht verwendeten Vorschusses vom VN verlangen.77 Insoweit steht der Vorschuss unter dem Vorbehalt der endgültigen Abrechnung. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der VR leistungsfrei oder zur Kürzung des Aufwendungsersatzanspruchs berechtigt ist, kann er den bereits verbrauchten Vorschuss (anteilig) nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückfordern, wenn er den Vorschuss unter dem Vorbehalt des Bestehens der Leistungspflicht ausgezahlt hat.78 Dem VN ist in diesem Fall auch die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) in entsprechender Anwendung des § 820 Abs. 1 S. 1 BGB verwehrt.79
69 70 71 72 73 74 75 76 77 78
Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 27. Vgl. ÖOGH 22.11.1984 VersRdSch 1987 67. Vgl. Bruck/Möller/R. Koch § 83 Rn. 94 f. Vgl. Bruck/Möller/R. Koch § 83 Rn. 96; Staudinger/Bittner § 271 Rn. 26. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 27. Römer/Langheid/Langheid § 101 Rn. 20. AG Ulm 2.3.2012 NZV 2013 43, 44 stellt ebenfalls auf Zustellung der Klage ab. AG Ulm 2.3.2012 NZV 2013 43, 44. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 29. Vgl. Römer/Langheid/Langheid § 101 Rn. 21; Prölss/Langheid/Lücke § 101
128
79
Rn. 29; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 67; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 101 Rn. 15; übersehen von AG Ulm 2.3.2012 NZV 2013 43, 44, das aus dem Vorbehalt der endgülten Abrechnung unter irrtümlicher Berufung auf Lücke einen Rückforderungsanspruch des VR hinsichtlich der RA-Kosten des VN für den Fall herleitet, dass sich im Verkehrsunfallprozess ein versuchter Versicherungsbetrug herausstellt. Vgl. BGH 20.10.2005 NJW 2006 286, 288; BGH 8.6.1988 NJW 1989 161, 162 (nicht versicherungsrechtlicher Fälle).
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§ 101
IV. Kostentragungspflicht bei teilweiser Leistungsfreiheit Obsiegt der VR im Deckungsprozess teilweise, so hat er die Kosten des Haftpflicht- 41 prozesses nach Ansicht des BGH in dem gleichen Verhältnis zu tragen, in dem er zur Freistellung von der Haftpflichtschuld verpflichtet ist.80 Übertragen auf die teilweise Leistungsfreiheit des VR z.B. wegen Obliegenheitsverletzung bedeutet das Folgendes: Hat der VN mit seinem Fahrrad einen Menschen schwer verletzt und sich vom Unfallort entfernt, ohne zuvor Hilfe zu holen, ist der VR wegen Verletzung der Rettungsobliegenheit nach § 82 Abs. 1 VVG zur Kürzung des Freistellungsanspruchs berechtigt, soweit es um die Mehrkosten geht, die kausal aus dem Fehlverhalten des VN resultieren. Erhöhen sich die Haftpflichtansprüche des Geschädigten z.B. von 5.000 € auf 10.000 €, schuldet der VR bei einer 50 %igen Kürzungsquote nur Freistellung i.H.v. insgesamt 7.500 € und – soweit es zu (außer-)gerichtlichen Kosten kommt – auch nur Ersatz in Höhe dieses Streitwerts.
V. Besonderheiten bei Überschreitung der Versicherungssumme 1. § 101 Abs. 2 a) § 101 Abs. 2 S. 1. § 101 Abs. 2 S. 1 regelt den Fall, dass die Kosten des Rechts- 42 streits zusammen mit der übrigen Entschädigung die Versicherungssumme überschreiten. Zu den Kosten des Rechtsstreits zählen die unmittelbaren Aufwendungen einer Partei zur Führung eines Rechtsstreits. Sie zerfallen in Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten.81 Das Gesetz bestimmt, dass diese Kosten dann, wenn sie in einem auf Veranlassung des VR geführten Rechtsstreit entstehen, auch insoweit zu ersetzen sind, als sie zusammen mit der übrigen Entschädigung die Versicherungssumme übersteigen. Die Aufwendungen des VR für Kosten werden somit nicht auf die Versicherungssumme angerechnet. Dieser gesetzlichen Ausgangslage entspricht Ziff. 6.5 AHB 2012. Wenn in den Vertragsbedingungen nichts Abweichendes bestimmt ist, müssen daher nach dem Gesetz die Kosten in einem auf Veranlassung des VR geführten Prozess von diesem vollen Umfangs getragen werden, auch wenn die Versicherungssumme beispielsweise nur 2 Mio. €, die Schadensersatzansprüche aber 5 Mio. € betragen.82 Veranlassung liegt vor, wenn der VR im Namen des VN oder der VN auf Initiative oder gar Weisung des VR einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt.83 Wird ein Rechtsstreit ohne Veranlassung durch den VR geführt, so tritt nach dem 43 Gesetz eine derartige unbegrenzte Kostentragungspflicht nicht ein. Die Leistungspflicht des VR ist vielmehr auf die Versicherungssumme beschränkt.84 Diese Regelung könnte den VR dazu veranlassen, in den Fällen, in denen die Prozesskosten entweder bereits für sich allein genommen oder aber zusammen mit dem Haftpflichtanspruch voraussichtlich die Versicherungssumme übersteigen, den Haftpflichtanspruch in Ausübung seiner ihm nach Ziff. 5.2 S. 1 AHB 2012 zustehenden Regulierungsvollmacht anzuerkennen und den 80
81
BGH 28.9.1961 VersR 1961 975, 976; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 19; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 87; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 101 Rn. 19; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 25. Musielak/Lackmann Vorbemerkung §§ 91–107 Rn. 3.
82
83 84
Vgl. RG 14.5.1929 RGZ 124 235, 237 f.; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 75; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 28. Vgl. Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 101 Rn. 11. RG 14.5.1929 RGZ 124 235, 237 f.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Haftpflichtanspruch in Höhe der Versicherungssumme zu befriedigen, um sich auf diese Weise von weiteren Verbindlichkeiten zu befreien. Dies liefe auf eine Art Abandon hinaus (vgl. § 141). Mit einer solchen Vorgehensweise würde der VR jedoch seine Rechtsschutzverpflichtung aus § 100 i.V.m. Ziff. 5.1 S. 1 AHB 2012 verletzen. Zu einer Anerkennung ist der VR gegenüber dem VN nur berechtigt, wenn er nach Prüfung der Sach- und Rechtslage und Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu dem Ergebnis kommt, dass der Anspruch des Dritten begründet ist (vgl. § 100 Rn. 101) oder der VN eingewilligt hat. Schulze Schwienhorst problematisiert, ob die Möglichkeit besteht, eine fehlende Ver44 anlassung seitens des VR durch eine „nachträgliche Genehmigung“ zu heilen. Gedacht sei hierbei an die Fälle, dass der VN erst deutlich verspätet vom Bestehen eines Haftpflichtversicherungsvertrages Kenntnis erlangt.85 Während für Lücke eine nachträgliche Billigung genügt,86 will Schulze Schwienhorst unter Zugrundelegung der gesetzlichen Leitlinien des Obliegenheitsrechts danach unterscheiden, ob die nicht eingeholte „Veranlassung“ des VR dem VN anzulasten sei und zu einer Verschlechterung der Verteidigungsposition des VR geführt habe oder ob den VN kein maßgebliches Verschulden treffe und sich durch die verspätete Einbindung des VR auch nicht dessen Verteidigungsposition verschlechtere. Nur bei der zuletzt genannten Fallgestaltung sei die fehlende Veranlassung „als heilbar i.S.d. § 101 Abs. 2 einzustufen“.87 Die Beschränkung der „Heilbarkeit“ auf die Fälle, in denen der VR gegenüber dem VN nicht (teilweise) leistungsfrei ist, vermag nicht zu überzeugen. Schließlich ist es auch bei grob fahrlässigen, vorsätzlichen oder gar arglistigen Obliegenheitsverletzungen Sache des VR, ob er sich hierauf gegenüber dem VN beruft oder nicht (Einrede). Hat es aber der VR in der Hand, sich auf (teilweise) Leistungsfreiheit zu berufen, lässt sich eine fehlende Heilbarkeit durch Genehmigung nicht auf die gesetzlichen Leitlinien des Obliegenheitsrechts stützen. Vorzugswürdig ist deshalb die Ansicht Lückes. Es kommt somit darauf an, ob der VR die Führung des Rechtsstreits durch den VN nachträglich billigt. Davon kann bei Klagen, die die zur Verfügung stehende Versicherungssumme von vornherein überschreiten, nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Eine ganz andere Frage (von größerer Praxisrelevanz) ist, wie der Fall zu bewerten ist, 45 wenn der VR die Deckung (zu Unrecht) ablehnt und es (deshalb) zu einem Rechtsstreit kommt. Hier wird man den sich vertragswidrig verhaltenden VR nach Treu und Glauben so behandeln müssen, als habe er den Rechtsstreit veranlasst.
46
b) § 101 Abs. 2 S. 2. § 101 Abs. 2 S. 2 dehnt die Regelung des § 101 Abs. 2 S. 1 auf Zinsforderungen aus, soweit sie der VN infolge einer vom VR veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem zu entrichten hat. Die Versicherungssumme begrenzt insoweit nur die Entschädigungsforderung, nicht aber auch die Zinsforderung. Veranlasst ist die Verzögerung der Befriedigung des Dritten nach Ansicht des BGH jedenfalls dann, wenn sich der VR mit seiner Freistellungsverpflichtung gegenüber dem VN in Verzug befindet.88 Da ein Verschulden des VR nach dem Gesetz jedoch nicht erforderlich
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86 87
Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 100 Rn. 10: verspätete Kenntnis des Insolvenzverwalters über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 26. Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 100 Rn. 10; so auch Langheid/ Wandt/Littbarski § 101 Rn. 78.
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88
BGH 11.3.1992 RuS 1992 193, 194 = VersR 1992 1257 (§ 150 Abs. 2 S. 2 a.F.); Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 89; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 30; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 101 Rn. 21; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 34.
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ist,89 kann es auf Verzug nicht ankommen. Eine Veranlassung liegt demnach stets vor, wenn der VR die Forderung nicht rechtzeitig erfüllt.90 Unabhängig davon schuldet der VR Verzugszinsen über die Deckungssumme hinaus, wenn er mit der Erfüllung des Freistellungsanspruchs gegenüber dem VN in Verzug gerät (§ 288 BGB).91 § 101 Abs. 2 S. 2 findet keine analoge Anwendung auf andere während der Dauer des 47 Prozesses eintretende, für den VN nachteilige Rechtsfolgen, wie z.B. eine während der Dauer des Rechtsstreits fortschreitende Geldentwertung, die dazu führt, dass die Versicherungssumme für die Anprüche des geschädigten Dritten nicht ausreicht. Eine analoge Anwendung ist jedoch geboten in den Fällen, in denen der VR die Deckung zu Unrecht verweigert (hat) und die Schadensersatzansprüche des geschädigten Dritten aufgrund der faktischen Auswirkungen der Verweigerung die Versicherungssumme übersteigen. 2. Formularvertragspraxis In Ziff. 6.6. AHB 2012 wird bestimmt, dass für den Fall, dass die begründeten Haft- 48 pflichtansprüche die Versicherungssumme übersteigen, der VR die Prozesskosten nur im Verhältnis der Versicherungssumme zur Gesamthöhe der Ansprüche zu tragen hat. Diese Regelung hat gegenüber der gesetzlichen Lösung für den VN den Nachteil, dass die Beschränkung auf den Kostenanteil auch dann eintritt, wenn der Rechtsstreit auf Veranlassung des VR geführt wurde. Der Vorteil ist dagegen darin zu sehen, dass die Leistungen des VR unter Umständen die Versicherungssumme auch dann übersteigen, wenn es sich um einen Prozess handelt, der nicht auf Veranlassung des VR geführt wurde. Abzulehnen ist die Ansicht Lückes, die Quotierung auch bei solchen Haftpflichtversicherungen durchzuführen, die nicht auf den AHB beruhen.92 Soweit für Personen-, Sach- und (echte) Vermögensschäden gesonderte Versicherungssummen vereinbart worden sind, ist bei der Prüfung, ob die begründeten Ansprüche die Deckungssumme überschreiten, darauf abzustellen, worauf sich die Haftpflichtansprüche richten.93
C. Prozessualer Kostenerstattungsanspruch und Forderungsübergang nach § 86 Abs. 1 S. 1 Die Festsetzung der von dem unterlegenen Dritten an den VN zu erstattenden Kosten 49 erfolgt nach den Regeln des Prozessrechts im Namen des VN. Soweit der VR die Leistungen auf vom Gegner zu erstattende Kosten erbracht hat, geht auch der Kostenerstattungsanspruch als „Versicherungsschaden im weiteren Sinne“ gem. § 86 Abs. 1 S. 1 auf den VR über.94 Das Rechtsverhältnis zwischen VR und VN ist aber in der Weise zu ver-
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90 91
Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 89; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 101 Rn. 21; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 34; R. Johannsen ZVersWiss 83 (1994) 449, 461 f. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 30; vgl. auch Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 34. BGH 11.3.1992 RuS 1992 193, 194 = VersR 1992 1257 (§ 150 Abs. 2 S. 2 a.F.); Prölss/ Martin/Lücke § 101 Rn. 30; vgl. auch
92 93 94
R. Johannsen ZVersWiss 83 (1994) 449, 461 f. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 22; wie hier HK-VVG/Schimikowski § 101 Rn. 5. OLG Karlsruhe 6.3.1963 VersR 1963 1067. Vgl. BGH 3.7.1962 NJW 1962 1678, 1679; RG 19.3.1940 DR 1940 986, 987 (beide für den in der Interessenlage gleich gelagerten Fall des Übergangs eines gemäß § 426 BGB gegebenen Ausgleichsanspruchs gegen einen
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stehen, dass der VN regelmäßig ermächtigt ist, den Kostenerstattungsanspruch auch insoweit im eigenen Namen geltend zu machen. Der unterlegene Dritte kann sich mit Rücksicht auf die regelmäßig gegebene Ermächtigung des VN durch den VR auf diesen Forderungsübergang grundsätzlich auch in einem Verfahren nach § 767 ZPO nicht mit Erfolg berufen. Der VN ist verpflichtet, den vom Gegner eingezogenen Betrag an den VR weiterzuleiten, soweit der VR die Kosten bereits beglichen hat. Soweit eine solche Befriedigung noch nicht erfolgt ist, darf der VN die Kosten nach Erhalt der vom Dritten gezahlten Beträge unmittelbar begleichen, ohne damit eine Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag zu verletzen. Hat der VR die Kostenforderung beglichen, ist der VN auch verpflichtet, auf entspre50 chendes Verlangen des VR an einer Umschreibung des Titels mitzuwirken. Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn ein unbeteiligter Vierter den prozessualen Kostenerstattungsanspruch des VN pfändet. Soweit der VR bereits durch Bezahlung des betreffenden Kostenanteils Inhaber der Forderung geworden ist, kann er mit der Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO gegen die Pfändung vorgehen. Gegenüber einem solchen pfändenden Vierten ist der VR, der bereits gezahlt hat, auch dann bevorrechtigt, wenn die Pfändung des „Kostenerstattungsanspruchs“ vor Erlass der Kostenentscheidung des Haftpflichtprozesses erfolgt. Der vor Erlass der Kostenentscheidung mit der Rechtshängigkeit aufschiebend bedingt entstandene Kostenerstattungsanspruch95 geht im Zeitpunkt der Zahlung auf den VR nach § 86 Abs. 1 S. 1 über und ist somit dem Pfändungszugriff des Vierten entzogen. Soweit allerdings der VR noch nicht geleistet hat, geht ihm der pfändende Vierte vor. Für die Annahme einer stillschweigenden, § 86 Abs. 1 S. 1 ergänzenden Forderungsabtretung des VN an den VR besteht kein Raum, da damit den Parteien ein rechtsgeschäftliches Handeln unterstellt wird, an das sie selbst gar nicht gedacht haben.
D. Abwendung der Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung I. Verpflichtung zur Sicherheitsleistung oder Hinterlegung 51
Entscheidet sich der VR nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zur Abwehr des Haftpflichtanspruchs, trifft ihn nach § 101 Abs. 3 S. 1 später auch die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, um die Zwangsvollstreckung aus vorläufig vollstreckbaren Urteilen (§§ 708 f., 720a ZPO), Schiedssprüchen (§ 1064 ZPO) oder sonstigen vorläufig vollstreckbaren Titeln aller Art gegen den VN abzuwenden, wenn dem VN diese Möglichkeit nachgelassen ist. Dazu zählen auch Entscheidungen, die im Eilverfahren ergangen sind (Arrest, §§ 916 ff. ZPO, und einstweilige Verfügung, §§ 935 ff. ZPO). Kommt der VR dagegen nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass der Haftpflichtanspruch begründet ist, und erkennt ihn gegenüber dem VN an, entfällt nach § 101 Abs. 3 S. 3 diese Verpflichtung und die Entschädigung wird nach § 106 S. 1 fällig. Nach § 711 ZPO ist die Abwendungsbefugnis für den Schuldner von Amts wegen im 52 Tenor des Urteils auszusprechen, soweit es sich nicht um Anerkenntnis- oder Versäumanderen Mitschädiger nach § 67 Abs. 1 S. 1 a.F. zusammen mit den außerhalb eines Rechtsstreits entstandenen notwendigen Regulierungskosten).
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Vgl. BGH 22.5.1992 NJW 1992 2575.
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nisurteile handelt (vgl. § 708 Nr. 1 bis 3 ZPO) oder das Urteil unzweifelhaft nicht rechtsmittelfähig ist (§ 713 ZPO). Bei Anerkenntnis- und Versäumnisurteilen bietet nur ein Antrag nach § 712 ZPO überhaupt die Chance zur Abwendung der Vollstreckung. Unterlässt es hier der (vom VR beauftragte) Anwalt, rechtzeitig in der Berufungsinstanz einen Antrag nach § 712 ZPO zu stellen, kann dies in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht mehr nachgeholt werden.96 Ungeachtet dessen, dass in all diesen Fällen der Haftpflichtanspruch i.S.d. § 106 S. 1 noch nicht festgestellt ist, muss der VR für diese fehlerhafte Prozessführung einstehen und demgemäß den Anspruch des Dritten befriedigen. Dabei trägt der VR das Risiko, dass nach rechtskräftigem Obsiegen vom geschädigten Dritten wegen dessen Vermögenslosigkeit nichts zurückzuerlangen ist. Abweichend von § 150 Abs. 3 S. 1 a.F. ist für die Verpflichtung des VR zur Sicher- 53 heitsleistung oder Hinterlegung ein Verlangen des VN nicht mehr erforderlich. Vielmehr ist der VR verpflichtet, bereits dann die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, wenn dem VN dies gem. § 711 ZPO nachgelassen wird.97 Mit dem Erlass der Entscheidung wird der Anspruch des VN auf Sicherheitsleistung oder Hinterlegung fällig. Dies bedeutet für den Regelfall, also bei Durchführung des Haftpflichtstreits durch den VR (bzw. durch einen von ihm beauftragten Anwalt), dass eine „spontane“ Leistungsverpflichtung des VR besteht, mit der er auch ohne Mahnung durch den VN in Verzug geraten kann. Dies dürfte selbst für die Fälle anzunehmen sein, in denen es eines Antrags nach § 712 ZPO bedarf. Hat dagegen der VR dem VN mit dessen Einverständnis die Prozessführung überlassen oder handelt es sich sonst um einen „ohne Veranlassung des VR“ durchgeführten Rechtsstreit, so bedarf es zur Herbeiführung des Verzuges einer Mahnung.98 Wendet der VN die Zwangsvollstreckung dadurch ab, dass er für die Sicherheitsleistung sorgt, kann er vom VR etwaige Habenzinsverluste oder Darlehenskosten nebst Zinsen ersetzt verlangen. Kommt es durch grobe Fahrlässigkeit des VN dazu, dass ein Versäumnisurteil ergeht 54 oder ein Vollstreckungsbescheid erlassen wird, so braucht der VR grundsätzlich die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus diesen Titeln erforderliche Sicherheitsleistung nicht in vollem Umfang zu stellen. Das ergibt sich als Folge der Verletzung der Anzeigeobliegenheit (Ziff. 25.3 AHB 2012) bzw. der Rettungsobliegenheit (Ziff. 25.2 S. 1, 25.4 S. 1 AHB 2012) aus Ziff. 26.2 AHB 2012. Mit Rücksicht darauf, dass der VR aber in diesen Fällen weiter die Freistellung von etwa doch begründeten Haftpflichtansprüchen schuldet, muss der VR sorgsam abwägen, inwieweit die Forderung des Dritten ganz oder teilweise begründet ist. Wenn erkennbar ein Teil der gegnerischen Haftpflichtforderung begründet ist, darf der VR diesbezüglich die gerichtliche Auseinandersetzung nicht fortsetzen und muss die Zwangsvollstreckung insoweit durch Zahlung, mindestens aber durch Hinterlegung unterbinden. Es verstieße gegen Treu und Glauben, wenn der VR sich hier darauf beriefe, dass ihm eine Teilleistung deshalb nicht zuzumuten sei, weil die Erfahrung lehre, dass durch solche Teilleistungen die Prozesslust des Dritten gesteigert werde. Bietet der VN in Fällen, in denen eine Sicherheitsleistung durch seine Obliegenheitsverletzung erforderlich wird, dem VR an, den durch die Hinterlegung entstehenden Zinsverlust zu vergüten und zahlt er den angemessen abzuschätzenden Betrag dafür im
96 97
Vgl. nur MüKo-ZPO3/Krüger § 714 Rn. 3 m.w.N. Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 93; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 135; a.A. HK-VVG/Schimikowski § 101 Rn. 5.
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Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 94, 98; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 101 Rn. 22; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 39 (zu AHB); a.A. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 32: Fälligkeit erst mit Verlangen des VN.
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Voraus an den VR, so muss der VR nach Treu und Glauben die Sicherheitsleistung stellen. Ein weiteres Verharren auf seinem formalen Rechtsstandpunkt müsste hier als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Auch in den Fällen, in denen der VN ohne Zustimmung des VR und damit ohne Bin55 dungswirkung i.S.v. § 106 S. 1 den Haftpflichtanspruch anerkennt, muss der VR sorgsam abwägen, inwieweit die Forderung des Dritten ganz oder teilweise begründet ist und ggf. die Zwangsvollstreckung insoweit durch Zahlung oder durch Hinterlegung unterbinden.
II. Umfang der Verpflichtung des Versicherers zur Sicherheitsleistung oder Hinterlegung 56
In § 101 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 ist vorgesehen, dass der VR für den VN die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nur bis zum Betrag der Versicherungssumme zu erbringen hat. Etwas anderes gilt dann, wenn der Rechtsstreit auf Veranlassung des VR geführt wurde und/oder der VR die Befriedigung der Dritten verzögert. In diesem Fall erhöht sich die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung gem. § 101 Abs. 3 S. 2 Halbs. 2 um den Mehrbetrag, den der VR dem VN nach § 101 Abs. 2 zu ersetzen hat.
III. Art und Weise der Sicherheitsleistung 57
Bei der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung handelt es sich nach allgemeiner Ansicht um eine Wahlschuld i.S.d. § 262 BGB.99 Mangels einer – nicht gegebenen – Bestimmung des Wahlberechtigten steht das Wahlrecht dem Schuldner, d.h. hier dem VR, zu. Art und Weise der Sicherheitsleistung richten sich nach §§ 108 ff. ZPO i.V.m. §§ 234 f. BGB. Der VR kann daher grundsätzlich darüber bestimmen, ob er die Zwangsvollstreckung durch Hinterlegung des ausgeurteilten Betrages oder durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft als Sicherheit abwenden will.100 Lehnt das Gericht die Bürgschaft des VR als Sicherheitsleistung ab, ist die Sicherheit in der vom Gericht bestimmten Art und Weise zu leisten.101 Der Dritte kann den Anspruch pfänden und sich überweisen lassen und dann auf „Sicherheitsleistung oder Hinterlegung“ klagen.102
IV. Rechtsfolgen der Sicherheitsleistung 1. Aufhebung des Haftpflichturteils gegen den VN
58
Leistet der VR aufgrund eines gegen den VN ergangenen, für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils Sicherheit zur Abwendung der Vollstreckung, so steht ihm nach § 717 Abs. 2 ZPO im Fall der Aufhebung des Urteils kein Anspruch auf Ersatz des (fiktiven)
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OLG Hamm 10.6.1987 RuS 1987 307 = VersR 1988 902; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 32; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 103; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 38. Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 103; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 39.
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Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 103; Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 39. OLG Hamm 10.6.1987 RuS 1987 307 = VersR 1988 902; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 32; Langheid/Wandt/Littbarski § 101 Rn. 103.
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Zinsschadens zu, weil nicht er, sondern der VN Vollstreckungsschulder ist.103 Dem VN ist wiederum aufgrund der Sicherheitsleistung des VR kein Schaden entstanden, so dass er ebenfalls keinen Anspruch gegen den Vollstreckungsläubiger hat. Hinzukommt, dass der VR die Sicherheitsleistung auch nicht zur Befriedigung des Haftpflichtanspruchs erbringt, sondern zum Zwecke der Erfüllung seiner Vertragspflicht gegenüber dem VN. Es liegen daher weder die Voraussetzungen eines Anspruchsübergangs nach § 86 Abs. 1 S. 1 vor, noch kann der VN einen Schadensersatzanspruch an den VR abtreten. Eine Schadensliquidation im (Dritt-)Interesse des VR durch den VN lehnen die Recht- 59 sprechung104 und das vornehmlich zivilprozessuale Schrifttum105 ab. Zur Begründung führt der BGH an, es fehle an der dafür erforderlichen Schadensverlagerung, weil sich die Frage, ob und in welchem Umfang dem Vollstreckungsschuldner (VN) oder einem für diesen aufgrund vertraglicher Verpflichtung leistenden Dritten (VR) infolge der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erbrachten Zahlung ein Anlageschaden (Zinsverlust) entstehe, nach gänzlich unterschiedlichen, in der jeweiligen persönlichen und finanziellen Situation des Leistenden begründeten Umständen richte.106 Wussow ist zudem der Ansicht, dass der VR überhaupt keinen Schaden erleide, da er vertraglich gegenüber dem VN zur Sicherheitsleistung verpflichtet sei.107 R. Johannsen und Baumann sprechen sich dagegen für eine Liquidation mit der Begründung aus, der Dritte dürfe nicht davon profitieren, dass der VN einen Versicherungsvertrag abgeschlossen habe.108 Nach Baumann dürfte aus „normativer Sicht der Vortrag des VN [entscheidend] sein, dass er ohne die Leistung des VR einen verzinslichen Kredit hätte aufnehmen müssen“; der damit begründete Schadensersatzanspruch gehe zwar nicht nach dem Gesetz auf den VR über, sei aber vertraglich auf ihn überzuleiten.109 Für die Baumannsche Ansicht und das Abstellen auf den hypothetischen Schaden des 60 VN spricht die folgende Überlegung: Der VN muss nur dann einen Kredit aufnehmen, wenn der VR die Deckung verweigert. Geschieht dies zu Unrecht, hat der VN gegen den VR einen Schadensersatzanspruch, sodass der vermeintlich geschädigte Dritte und der VR gesamtschuldnerisch für den Zinsschaden haften, der dem VN entstanden ist. Der VR könnte somit Ausgleichsansprüche aus eigenem Recht nach § 426 Abs. 1 BGB sowie aus nach § 426 Abs. 2 BGB übergegangenem Recht geltend machen, wobei jeweils der Schaden, der dem VN entstanden ist, für die Aufteilung zugrunde zu legen wäre. 2. Rechtskräftiges Haftpflichturteil gegen den VN Der Gegenstand der Hinterlegung dient der Sicherung der Vollstreckungsbefugnis des 61 Titelgläubigers. Mit der Hinterlegung erlangt der Sicherungsberechtigte ein Pfandrecht am hinterlegten Gegenstand.110 Wird über die Haftpflichtforderung aus dem Urteil rechtskräftig entschieden, steht dem Vollstreckungsgläubiger ein Anspruch auf Verwer-
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Vgl. BGH 3.7.1984 VersR 1984 943, 944 = NJW 1985 128; OLG Frankfurt 23.4.1959 VersR 1959 894. BGH 3.7.1984 VersR 1984 943, 944 = NJW 1985 1289; OLG Frankfurt 23.4.1959 VersR 1959 894. Wussow VersR 1959 894, 895; MüKoZPO/ Krüger § 717 Rn. 13; Musielak/Lackmann § 717 Rn. 11; a.A. Stein/Jonas/Münzberg § 717 Rn. 27.
106 107 108
109 110
BGH 3.7.1984 VersR 1984 943, 944 = NJW 1985 128. Wussow VersR 1959 894, 895. Krit. Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 37; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. V Anm. G 2. Berliner Kommentar/Baumann § 150 Rn. 37. Zöller/Herget 29 § 108 ZPO Rn. 15.
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§ 101
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
tung des Pfandrechtes an der die titulierte Forderung sichernden Sicherheit nach §§ 1228 Abs. 2, 1273 Abs. 2, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Zu diesem Zweck kann der Geschädigte von dem VR die Freigabe der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gewährten Sicherheit verlangen. Der VR kann sich gegenüber dem Geschädigten nicht darauf berufen, dass er gegen62 über dem VN nicht zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet gewesen sei. Das Risiko, zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Sicherheit die Deckungspflicht aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag gegenüber dem Vollstreckungsschuldner falsch einzuschätzen, trägt insoweit allein der VR.111 Dies folgt aus dem Zweck der Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil. Es soll ein angemessener Ausgleich für den Gläubiger geschaffen werden, der infolge der Sicherheitsleistung auf die vorläufige Vollstreckung verzichtet.112 Angemessen ist dieser Ausgleich jedoch nur, wenn die Sicherheit nach Rechtskraft der vorläufig vollstreckbaren Entscheidung auch tatsächlich zur Verfügung steht. Nur in diesem Fall ist es einem Gläubiger zumutbar, von der Fortführung der Zwangsvollstreckung aufgrund der Sicherheitsleistung abzusehen.113
E. Abdingbarkeit I. Praxisrelevante Abweichungen 63
§ 101 ist abdingbar (vgl. § 112). Die praxisrelevanten Änderungen betreffen die Anrechnung von Kosten auf die Versicherungssumme (z.B. ZusBedIT Ziff. 4.4, MusterBedingungsstruktur AT Ziff. 7.7.3) (Ziff. 7 Rn. 291 ff., 411 AHB), die Begrenzung des Kostenersatzes bei begründeten Haftpflichtansprüchen, welche die Versicherungssumme überschreiten (z.B. Ziff. 6.6 AHB 2012), sowie das Scheitern einer vom VR verlangten Erledigung eines Haftpflichtanspruchs durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich am Verhalten des VN (z.B. Ziff. 6.8 AHB 2012). Die in älteren AHB-Fassungen noch vorgesehene Möglichkeit für den VR, sich bei Überschreiten der Versicherungssumme durch Zahlung der Versicherungssumme und eines der Versicherungssumme entsprechenden Anteils an den bis dahin erwachsenen Kosten von weiteren Leistungen zu befreien (sog. Abandon), ist in den aktuellen AHB nicht mehr enthalten.
II. Wirksamkeit der Abweichungen von § 101 Abs. 2 S. 1 64
Formularvertragliche Abweichungen, die – wie die vorstehend genannten – für den VN nachteilig sind, haben sich – wie auch sonst – an § 307 BGB messen zu lassen. Unbestritten zählt die Rechtsschutzverpflichtung des VR zum Leitbild der Haftpflichtversicherung. Jedoch wird diese Verpflichtung durch keine der vorstehenden Klauseln in Abrede gestellt. Die Klauseln sind darüber hinaus auch nicht geeignet, das Hauptleistungversprechen, den Freistellungsanspruch, auszuhöhlen.114 Im Einzelnen:
111 112 113
OLG Celle 23.12.2009 RuS 2010 109, 111. Vgl. BGH 3.5.2005 NJW 2005 2157, 2159 – für die Prozessbürgschaft. Vgl. OLG Celle 23.12.2009 RuS 2010 109, 111.
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114
Vgl. Schimikowski VersR 2005 861, 865 (zur Kostenanrechnungsklausel).
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Kosten des Rechtsschutzes
§ 101
1. Kostenbegrenzung bei Überschreiten der Versicherungssumme Übersteigen die begründeten Haftpflichtansprüche aus einem Versicherungsfall die 65 Versicherungssumme, trägt der Versicherer gem. Ziff. 6.6 AHB 2012 die Prozesskosten im Verhältnis der Versicherungssumme zur Gesamthöhe dieser Ansprüche. Bei unbegründeten Haftpflichtansprüchen besteht somit eine unbeschränkte Kostentragungspflicht. Der Sache nach stellt sich die Situation nicht anders dar, als wenn im Haftpflichtprozess teils dem Versicherungsschutz unterliegende, teils nicht gedeckte Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Hier besteht ebenfalls nur eine anteilige Kostentragungspflicht.115 Nur am Rande sei bemerkt, dass Ziff. 6.6 AHB 2012 den Vorgaben der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung in den AHB 2002 und älteren Fassungen entspricht. Diese stellte nur allgemein darauf ab, dass die Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme übersteigen. Ohne ihre Wirksamkeit zu erörtern, legte die Rechtsprechung diese Klausel dahin gehend aus, dass der VR den VN von den gesamten ihm auferlegten Prozesskosten freizustellen habe, wenn die Haftpflichtansprüche gänzlich unbegründet oder teilweise bis zur Höhe der Versicherungssumme begründet seien.116 2. Kostenbegrenzung bei Widerspruch des VN Scheitert die von dem VR verlangte Erledigung eines Haftpflichtanspruchs durch 66 Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich am Verhalten des VN scheitert, hat der VR gem. Ziff. 6.8 AHB 2012 für den von der Weigerung an entstehenden Mehraufwand an Entschädigungsleistung, Zinsen und Kosten nicht aufzukommen. Bei Ziff. 6.8 AHB 2012 handelt es sich um eine vertragliche Obliegenheit, mit der der VR vornehmlich bezweckt, seine Herrschaft über die Regulierung des Haftpflichtanspruchs und über die Prozessführung zu sichern. Da sie den Vorgaben des § 28 keine Rechnung trägt, ist sie nach § 32 unwirksam (Ziff. 6 AHB Rn. 42 ff.). Im Hinblick auf die Abweichung von § 101 bestehen jedoch keine Wirksamkeitsbedenken. 3. Kostenanrechnung auf Versicherungssumme Bei Auslandsschäden, für die nach Maßgabe der Muster-Bedingungsstruktur AT, 67 ZusBedIT, UmweltHB – abweichend von Ziff. 7.9 AHB – Versicherungsschutz besteht, sowie allgemein in der D&O-Versicherung und den AVB Benachteiligungen ist eine Anrechnung der Kosten auf die Versicherungssumme vorgesehen. Solche Klauseln, die § 101 Abs. 2 S. 2 unberührt lassen,117 sind problematisch, wenn bereits die Haftpflichtansprüche oder die Kosten (ggf. mit den zuerkannten Haftpflichtansprüchen) voraussichtlich die Versicherungssumme überschreiten werden. Kommt der VR nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass der Haftpflichtanspruch unbegründet ist und entschließt er sich zur Anspruchsabwehr, kann dies im Fall einer Verurteilung des VN im Extremfall dazu führen, dass die Versicherungssumme aufgebraucht ist. Der Geschädigte Dritte geht bei Vermögenslosigkeit des VN leer aus.
115 116
Vgl. BGH 28.9.1961 VersR 1961 975, 976. OLG Karlsruhe 12.1.1993 RuS 1994 7, 8 = VersR 1993 821; so zuvor bereits zu AVB Vermögen OLG Düsseldorf 28.11.1989 VersR 1991 94; inzidenter auch OLG Karls-
117
ruhe 6.3.1963 VersR 1963 1067; zu Hinweisen auf die ältere Rspr. s. Vorauflage, Bd. IV, Anm. G 29. OLG Koblenz 22.6.1979 VersR 1980 569, 570.
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§ 101 68
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
a) Urteil des OLG Frankfurt/M. vom 9.6.2011. Das OLG Frankfurt/M. hat in seiner – nicht rechtskräftigen – Entscheidung vom 9.6.2011 eine Klausel, wonach in der Versicherungssumme u.a. Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und Gerichtskosten enthalten sind, als intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB angesehen, weil der VN ihr nicht entnehmen könne, in welchen Zusammenhängen die anzurechnenden Kosten entstehen könnten, ob beispielsweise auch in rechtlichen Auseinandersetzungen des VR mit dem VN oder mit Versicherten, und er darüber hinaus die Höhe der anzurechnenden Kosten nicht abzuschätzen vermöge.118 Wollte er Versicherungsleistungen einklagen, müsste er sich daher einem unnötigen Kostenrisiko aussetzen. Darüber hinaus widerspreche eine Anrechnung derjenigen Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und Gerichtskosten, die der VR selbst veranlasst hat, auf die Versicherungssumme dem Leitbild des § 150 Abs. 2 a.F.. Auch insoweit liege eine unangemessene Benachteiligung der VN vor, sodass die Klausel zudem nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.119
b) Bewertung. Diese Begründung, die sich auf Säcker stützt,120 ist nicht überzeugend, soweit sie die mangelnde Transparenz betrifft. Erstens lässt die Klausel den VN nicht im Unklaren.121 Zweitens bleibt es dem VN unbenommen, vom VN Rechnungslegung zu verlangen, und der VR ist nach § 241 Abs. 2 BGB gegenüber dem VN auch zur Rechnungslegung verpflichtet. Soweit das OLG Frankfurt/M. die Unwirksamkeit auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stützt, ist eine differenzierte Betrachtung geboten. Dem Gericht ist insoweit zu folgen, als es § 101 Abs. 2 S. 1 Leitbildcharakter zumisst.122 Eine entsprechende Regelung für den Rettungskostenersatz enthält § 83 Abs. 3. Die Vorschriften lassen sich jedoch nicht vergleichen, weil sie sich in rechtstatsächlicher Hinsicht in drei Punkten ganz wesentlich unterscheiden. Während der VR nach § 100 bei unbegründeten Haftpflichtansprüchen zur Rechtsschutzgewährung verpflichtet ist und insoweit zwangsläufig einen Rechtsstreit veranlassen muss, steht es bei § 83 Abs. 3 im Belieben des VR, dem VN Weisungen zu erteilen, die bei ihm zu Aufwendungen führen. Auch sind die Lebenssachverhalte, die den beiden Vorschriften zugrunde liegen, nicht 70 vergleichbar. Der VR, der es in Erfüllung seiner Verpflichtung zur Rechtsschutzgewährung auf einen Rechtsstreit ankommen lässt, kann zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht absehen, welche Kosten letztlich entstehen werden, weil dies nicht zuletzt vom Verhalten des Geschädigten abhängt, auf das er keinen Einfluss nehmen kann. Demgegenüber ist der VR, der dem VN im Rahmen der Schadensminderung Weisungen erteilt, in der Regel ohne Weiteres in der Lage, die dafür anfallenden Kosten abzuschätzen. Schließlich ist § 83 Abs. 3 nach § 87 halbzwingend ausgestaltet und lässt insoweit keinen Raum für die Einbeziehung der Interessen des VR an der abweichenden Regelung. Dagegen ist im Rahmen von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB weiter zu klären, ob die Abweichung nicht durch besondere Interessen des Verwenders, hier also des VR, gerechtfertigt ist. Diesbezüglich hat das OLG Frankfurt/M. in seiner Urteilsbegründung keinerlei Über71 legungen angestellt oder erkennen lassen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist nach
69
118 119
OLG Frankfurt/M. 9.6.2011 VersR 2012 432, 434 = RuS 2011 509. OLG Frankfurt/M. 9.6.2011 VersR 2012 432, 434 = RuS 2011 509; vgl. HK-VVG/ Schimikowski § 101 Rn. 4; ders. VersR 2005 861, 865; ebenso Feyock/Jacobsen/Lemor/ Jacobsen A.1 Rn. 42; wohl auch Prölss/ Martin/Lücke § 101 Rn. 33 und ZusBed IT
138
120 121 122
Ziff. 4 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Retter § 102 Rn. 27. Sacker VersR 2005 10, 14. Vgl. auch Schimikowski VersR 2005 861, 865. A.A. Langheid/Grote VersR 2005 1165, 1175; Langheid/Wandt/Ihlas D&O Rn. 322.
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Kosten des Rechtsschutzes
§ 101
einem „besonderen Interesse des Verwenders“ zu fragen, „das das Interesse der Gegenseite an der Einhaltung der durch das Gesetz gezogenen Grenze übersteigt“.123 Es gilt somit, die Interessen des VR mit den Interessen des VN an der Beibehaltung des § 101 Abs. 2 als Modell abzuwägen. Hieran hat sich die Unvereinbarkeitsprüfung konkret auszurichten, d.h. es sind die Besonderheiten des jeweiligen Versicherungstyps und der versicherten Risiken zu berücksichtigen. Ein berechtigtes, das Interesse des VN übersteigendes Interesse des VR an einer Kosten- 72 anrechnungsklausel ist ohne Weiteres in den Fällen zu bejahen, in denen die Kosten für den VR nicht kalkulierbar sind. So liegt der Fall, wenn Auslandsrisiken, insbesondere Schadensfälle in den USA, mitversichert sind. Hier sind die Verteidigungskosten nicht vorhersehbar, weil es erstens keine mit Deutschland vergleichbare Gebührenordnung gibt, zweitens die Verfahren anderen Grundsätzen folgen, die höhere Kosten zur Folge haben können, und drittens Gutachten über das ausländische Recht eingeholt werden müssen. Hinzu kommt, dass die (zusätzlichen) Kosten selbst im Fall der erfolgreichen Anspruchsabwehr im Grundsatz nicht vom Kläger ersetzt verlangt werden können.124 Deshalb sind die Anrechnungsklauseln bei Auslandsschäden als wirksam anzusehen. Bei Klagen, die innerhalb Deutschlands und auf der Basis deutschen Rechts geführt 73 werden, scheinen die Abwehrkosten auf den ersten Blick hingegen ohne Weiteres kalkulierbar. Zur Berechnung der im Fall des Prozessverlusts gesetzlich geschuldeten Gebühren könnte vereinfachend die Versicherungssumme zum Ausgangspunkt genommen werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die bei Großschäden zur Abwehr von Schadensersatzansprüchen – großteils auf Veranlassung der VN oder versicherten Personen – eingeschalteten Rechtsanwälte in der Regel Stundenhonorare verlangen, die weit höher sind als die nach dem RVG berechneten Gebühren.125 Nicht unüblich ist zudem die Einholung von Privatgutachten durch den VR. Diese Mehrkosten sind auch im Falle einer erfolgreichen Anspruchsabwehr nicht vom Kläger zu erstatten. Deshalb wird man auch Kostenanrechnungsklauseln, die nicht zwischen Auslandsschäden und rein deutschen Sachverhalten differenzieren, wie im vom OLG Frankfurt/M. entschiedenen Fall, nicht von vornherein die Wirksamkeit versagen können. Insbesondere in der D&O-Versicherung ist ferner zu beachten, dass bei Pflichtverletzungen eines Organmitglieds in der Praxis stets auch die anderen Organmitglieder wegen Verletzung ihrer Überwachungs- und Kontrollpflichten in Anspruch genommen werden, die sich alle durch einen Anwalt ihres Vertrauens vertreten lassen126, was zwangsläufig zu einer Vervielfachung der Abwehrkosten führt.127 Soweit Lücke die Ansicht vertritt, die Anrechnungsklausel sei unwirksam, weil der 74 VR zu Unrecht Kosten anfallen lassen oder sorglos auf Kosten seines VN prozessieren könne, bis die Versicherungssumme ausgeschöpft sei,128 sind diese Argumente im Rahmen der Inhaltskontrolle unbeachtlich, geben aber Anlass zu dem Hinweis, dass der VR bei seiner Entscheidung zwischen Abwehr oder Befriedigung des Haftpflichtanspruchs (§ 100 Rn. 85 ff.) sowie im Rahmen der Ausübung seiner Regulierungsvollmacht und Prozessherrschaft (Ziff. 5 AHB Rn. 5 ff., 39 ff.) nach § 241 Abs. 2 BGB in besonderem
123
124 125
BGH 17.1.1990 BGHZ 110 82, 92 = NJW 1990 2065 – zur Verjährungsverlängerung; vgl. auch BGH 5.10.2005 NJW 2006 47, 50 – zur Begründung einer verschuldensunabhängigen Schadensersatzhaftung. Vgl. Langheid/Wandt/Ihlas D&O Rn. 325. Vgl. Langheid/Wandt/Ihlas D&O Rn. 326.
126 127
128
Vgl. Ihlas 209. Vgl. Fiedler 87, 93; a.A. Bruck/Möller/Baumann Ziff. 4 AVB-AVG Rn. 32 (berechtigtes Interesse des VR ablehnend). Prölss/Martin/Lücke ZusBed IT Ziff. 4 Rn. 5.
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§ 102
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Maße auf die Interessen des VN Rücksicht nehmen muss. Dies bedeutet, dass der VR bei begründeten Haftpflichtansprüchen verpflichtet ist, die Versicherungssumme dem Dritten ungeschmälert zukommen zu lassen. Im Hinblick auf diese Rücksichtsnahmepflicht ist die Kostenanrechnungsklausel nicht 75 geeignet, den Vertragszweck i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu gefährden. Verletzt der VR seine Pflichten, macht er sich gegenüber dem VN nach § 280 BGB schadensersatzpflichtig (vgl. § 100 Rn. 104). Darüber hinaus kommt mit Rücksicht auf § 108 Abs. 1 ein (Direkt-)Anspruch des Dritten gegen den VR gem. § 826 BGB in Betracht. Im Übrigen treffen den VR gegenüber dem VN nach § 6 Abs. 1 und 4 erhöhte Beratungspflichten, soweit der Vertrag nicht durch einen Makler vermittelt wird (§ 6 Abs. 6). Letzteres ist in den Haftpflichtversicherungssparten, in denen Kostenanrechnungsklauseln gebräuchlich sind, die Regel. Hier kommt nur auf ein Wiederaufflammen der Beratungspflicht § 6 Abs. 4 in Betracht, wenn der Maklervertrag während der Dauer des Versicherungsvertrages endet.129
§ 102 Betriebshaftpflichtversicherung (1) Besteht die Versicherung für ein Unternehmen, erstreckt sie sich auf die Haftpflicht der zur Vertretung des Unternehmens befugten Personen sowie der Personen, die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehen. Die Versicherung gilt insoweit als für fremde Rechnung genommen. (2) Wird das Unternehmen an einen Dritten veräußert oder auf Grund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Verhältnisses von einem Dritten übernommen, tritt der Dritte an Stelle des Versicherungsnehmers in die während der Dauer seiner Berechtigung sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. § 95 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 96 und 97 sind entsprechend anzuwenden.
Schrifttum Bauer Der Begriff der Veräußerung in § 151 Abs. 2 VVG, VersR 1968 813; Baumbach/Hopt Handelsgesetzbuch 35. Aufl. (2012); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn Handelsgesetzbuch 2. Aufl. (2008); Fleischer Handbuch des Vorstandsrechts 1. Aufl. (2006); Großkommentar zum Aktiengesetz, 4. Aufl. (1992 ff.) (zit.: Großkomm AktG/Bearbeiter); Hartung Die Allgemeine Haftpflichtversicherung (1957); Hüffer Aktiengesetz 10. Aufl. (2012); Münchener Kommentar zum Aktiengesetz 3. Aufl. (2008) (zit.: MüKo-AktG/Bearbeiter); Oetker Handelsgesetzbuch 3. Auflage (2013); R. Koch Versicherung von Haftungsrisiken nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, VersR 2007 288; ders. Geschäftsleiterpflicht zur Sicherstellung risikoadäquaten Versicherungsschutzes, ZGR 2006 184; ders. Nullstellung und Wiedereinschluss von IT-Risiken in der Betriebshaftpflichtversicherung (AHB 2004/BWV-18), RuS 2005 181; ders. Versicherungsschutz bei Gestattung privater Online-Nutzung am Arbeitsplatz – (k)ein neues Risiko?, VersR 2006 1433; Schmalzl Die Berufshaftpflichtversicherung des Architekten und des Bauunternehmers (1989); K. Sieg Ausstrahlungen der Haftpflichtversicherung (1952). Zum älteren Schrifttum s. Nachw. bei Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. H 1.
129
Langheid/Wandt/Armbrüster § 6 Rn. 351.
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Betriebshaftpflichtversicherung
§ 102
Übersicht Rn. A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . II. Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . . 1. Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf dritte Personen . . . . . . . . . . 2. Qualifikation als Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung . . . . . . III. Erscheinungsformen der Betriebshaftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . IV. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . B. Versicherung für ein Unternehmen . . . . C. Personenkreis der Versicherten . . . . . . I. VN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mitversicherte Personen . . . . . . . . . 1. Vertreter im Sinne des § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Dienstverhältnis stehende Personen im Sinne des § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 . 3. Schutzumfang der Betriebshaftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . .
Rn.
1 1 3 3 7
D.
10 11 12 15 15 16
I. II.
17 19 22 22
III. E. F.
b) Abgrenzung der Deckungsbereiche von Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . c) Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . 4. Vertragliche Erstreckungen des Versicherungsschutzes auf dritte Personen Übergang des Haftpflichtversicherungsverhältnisses gem. § 102 Abs. 2 . . . . . Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . Veräußerung oder Übernahme des versicherten Unternehmens . . . . . . . . 1. Veräußerung des versicherten Unternehmens an einen Dritten . . . . . . . 2. Übernahme und Fortführung des Unternehmens aufgrund von Nießbrauch oder Pacht . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesellschaftsrechtliche Besonderheiten Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . .
25 33 41 42 42 44 44
52 55 57 58 59
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 102 ist die Nachfolgeregelung zu § 151 a.F., der seit der Schaffung des VVG unver- 1 ändert geblieben ist. § 151 Abs. 1 S. 1 a.F. hat redaktionelle und sachliche Änderungen erfahren. Die sachlichen Änderungen betreffen den vom Versicherungsschutz umfassten Personenkreis. Nach § 151 Abs. 1 S. 1 a.F. war der Versicherungsschutz beschränkt auf „Vertreter des Versicherungsnehmers sowie […] solcher Personen, welche er zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder eines Teiles des Betriebs angestellt hat“. Die Neuregelung des § 102 Abs. 1 S. 1 schließt nunmehr alle Personen ein, die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehen. Diese Änderung entspricht der bereits vor der Reform geübten Vertragspraxis. Redaktioneller Art ist – wie § 151 Abs. 2 S. 1 a.F. deutlich macht („das Unternehmen“) – die Ersetzung der Formulierung „Versicherung für die Haftpflicht aus einem geschäftlichen Betrieb“ durch „Versicherung für ein Unternehmen“. Diese Ersetzung hat der Gesetzgeber damit begründet, dass die Terminologie des § 1 HGB übernommen werden solle.1 § 102 Abs. 1 S. 2 ist inhaltlich identisch mit § 151 Abs. 1 S. 2 a.F. § 102 Abs. 2 stimmt mit dem bisherigen § 151 Abs. 2 a.F. überein. Sachlich ergibt 2 sich eine Veränderung aus der Verweisung auf § 97, weil dieser gegenüber § 71 Abs. 1 S. 2 a.F. geändert worden ist. Nach § 97 Abs. 1 ist die Leistungsfreiheit des VR bei unterlassener Anzeige der Übertragung des Unternehmens nunmehr von dem Nachweis des VR abhängig, dass er den mit dem Veräußerer bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrag mit dem Erwerber des Unternehmens nicht geschlossen hätte.
1
BTDrucks. 16/3945 S. 85.
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§ 102
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
II. Inhalt und Normzweck 1. Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf dritte Personen
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§ 102 beschreibt eine Erscheinungsform der Haftpflichtversicherung, die Betriebshaftpflichtversicherung, die Vorsorge gegen die Belastung mit Haftpflichtansprüchen aus Schadensfällen bietet, die im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit des VN stehen. Der Zweck des § 102 Abs. 1 besteht darin, den Versicherungsschutz auf die Mitarbeiter des Unternehmens und alle zur Vertretung des Unternehmens berechtigten Personen auszudehnen. Dieses Ziel wird rechtstechnisch dadurch erreicht, dass ihnen die Stellung eines Mitversicherten eingeräumt wird. Die Erstreckung des Versicherungsschutzes auf für das Unternehmen des VN tätige Personen dient dem Betriebsfrieden. Spannungen zwischen Mitarbeitern und dem VN, die bei deren unmittelbarer Inanspruchnahme durch einen geschädigten Dritten entstehen könnten, werden gemindert. Treffend heißt es darüber in der amtlichen Begründung zu § 151 a.F.: 2 „Die Verrichtungen aller dieser Personen stehen unter sich in engem Zusammenhange; bei dem Eintritt eines Haftpflichtfalls bleibt es dann häufig zweifelhaft, ob der Ersatzanspruch des Dritten den Unternehmer oder einen Vertreter oder sonstigen Angestellten trifft und wie sich, wenn mehrere dieser Personen beteiligt sind, ihre Verpflichtung im Verhältnisse zueinander gestaltet. Ist lediglich die persönliche Verantwortlichkeit des Unternehmers unter Versicherung gebracht, so werden sich aus der bezeichneten Sachlage leicht Verwicklungen ergeben, die den Nutzen der Versicherung in Frage stellen. Derartige Mißstände sind ausgeschlossen, wenn der Unternehmer durch den Versicherungsvertrag von vornherein die gesamte mit der Leitung und der Beaufsichtigung des Betriebs verbundene Haftpflichtgefahr deckt.“
Diese Überlegungen sind auch heute noch von Bedeutung. Für Mitarbeiter wird kein (Eigen-)Versicherungsschutz gegen die gesetzliche Haftpflicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes gewährt.3 Soweit sie nicht Freistellung von dem Unternehmen nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadenausgleichs verlangen können, müssen sie den Schaden selbst tragen. Die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die gesetzliche Haftpflicht von 5 Betriebsangehörigen dient aber noch aus anderen Gründen dem Unternehmenswohl. In den Fällen, in denen zwar das Unternehmen außenstehenden Dritten gegenüber für die Rechtsgutsverletzung seiner Mitarbeiter haftet, ein Rückgriff auf diese – unterhalb der Geschäftsleiterebene – jedoch nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadenausgleichs entfällt oder beschränkt ist, dient die Betriebshaftpflichtversicherung als Instrument der Haftungsersetzung. War die Verletzung das Resultat mittlerer Fahrlässigkeit, ist das Unternehmen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zum Rückgriff auf den Arbeitnehmer nur in Höhe des üblichen, angemessenen Selbstbehalts berechtigt, wenn er eine ihm zumutbare Versicherung nicht abgeschlossen oder den Versicherungsschutz durch Obliegenheitsverletzung oder Prämienverzug verwirkt hat (Vor §§ 100–112 Rn. 89 f.). § 102 Abs. 2 betrifft die Übertragung oder Überlassung des Unternehmens zur Nut6 zung auf den Erwerber oder Nutzer. Der Eintritt in die Rechte und Pflichten des VN stellt sich als Vertragsübergang kraft Gesetzes dar. Durch diese Regelung wird dafür
4
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Motive 137. Vgl. BGH 19.12.1990 RuS 1991 120, 121 = VersR 1991 293, 294; OLG Celle 12.4.2007 BeckRS 2010 11357; KG 26.10.2001 NVersZ
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2002 229, 230; Hans. OLG Hamburg 22.6.1982 VersR 1985 229 ff.; Späte BetrH Rn. 12; Beckmann/Matusche-Beckmann/ von Rintelen § 26 Rn. 24a.
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Betriebshaftpflichtversicherung
§ 102
gesorgt, dass kontinuierlich Versicherungsschutz für den jeweiligen Inhaber des versicherten Unternehmens besteht, mithin Deckungslücken vermieden werden.4 Das Versicherungsverhältnis erlischt nicht nach § 80 Abs. 2 wegen Interessewegfalls. Im Vordergrund steht der Schutz des Eintretenden.5 2. Qualifikation als Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung Sofern es sich bei dem VN nicht um eine einzelne natürliche Person handelt, die das 7 Unternehmen allein betreibt (Eigenversicherung), gilt die Betriebshaftpflichtversicherung nach § 102 Abs. 1 S. 2 als für fremde Rechnung genommen. Werden Mitarbeiter und/ oder zur Vertretung des Unternehmens berechtigte Personen von Dritten in Anspruch genommen, beurteilt sich das Rechtsverhältnis zwischen VN, den in Anspruch genommenen versicherten Personen und dem VR nach §§ 43 ff., soweit nicht vertragliche Sonderregeln eingreifen.6 Im Hinblick darauf, dass sowohl das eigene Interesse des VN als auch fremdes Interesse (des oder der Versicherten) gedeckt sind, spricht man von einer kombinierten Eigen- und Fremdversicherung. Der einheitliche Haftpflichtversicherungsvertrag ist insoweit aufzuspalten in eine Versicherung für eigene Rechnung (des VN) „mit einer gedanklich davon zu trennenden Fremdversicherung“.7 In der Regel besteht bei einer solchen Kombination eine Identität des versicherten 8 Risikos in dem Sinne, dass der Versicherungsfall im Rahmen des die Versicherung für fremde Rechnung betreffenden Teils zugleich einen Versicherungsfall für den das Eigenrisiko des VN betreffenden Teil des Versicherungsvertrages darstellen kann (nicht muss). Es gibt aber auch Koppelungen von Versicherungen für eigene mit solchen für fremde Rechnung, bei denen diese Identität des versicherten Risikos nicht gegeben ist. So liegt der Fall, wenn im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung den gesetzlichen Vertretern der haftpflichtversicherten juristischen Personen oder rechtsfähiger Personengesellschaften Privathaftpflichtversicherungsschutz gewährt wird.8 Richten diese im privaten Bereich einen Schaden an, so liegt begrifflich nicht zugleich ein Versicherungsfall für die Versicherung für eigene Rechnung des VN vor. R. Johannsen hat eine derartige Erstreckung des Haftpflichtversicherungsschutzes als „atypische“ Beteiligung eines Dritten am Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung bezeichnet.9 Der Unterschied zwischen den beiden geschilderten Typen kann namentlich bei der entsprechenden Anwendung der Bestimmungen des Versicherungsvertrages auf den Versicherten von Bedeutung sein (s. hierzu Kommentierung zu Ziff. 27.1 AHB). Die Haftpflichtversicherung kann nicht nur als Eigenversicherung oder kombinierte 9 Eigen- und Fremdversicherung abgeschlossen werden, sondern auch als reine Fremdversicherung. In diesem Fall sind nur die Mitarbeiter des VN und die zur gesetzlichen Vertretung des VN befugten Personen gegen die Gefahr der Inanspruchnahme geschützt. Als
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BGH 10.2.1966 VersR 1966 354 f.; vgl. Motive 137, wo es heißt, dass es für den Eintretenden nur von Vorteil sei, den Versicherungsschutz ohne Weiteres zu genießen. A.A. K. Sieg Ausstrahlungen 79, der den Schutz des geschädigten Dritten in den Mittelpunkt stellt. Zur Versicherung für fremde Rechnung s. Bruck/Möller/Brand §§ 43 ff. BGH 14.12.1967 BGHZ 49 130, 133 = NJW
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1968 447, 449; vgl. auch Bruck/Möller/Brand § 47 Rn. 31; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 47 Rn. 13. Vgl. BGH 19.12.1990 VersR 1991 293, 294; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 102 Rn. 8; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. H 4; Hartung 123–134. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. H 4.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Beispiel für eine derartig isolierte Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung ist die D&O-Versicherung zu nennen (zum Kreis der versicherten Personen s. Ziff. 1 AVB-AVG Rn. 16 ff.).10 Reine Fremdhaftpflichtversicherungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 102, da dieser zur Voraussetzung hat, dass zumindest auch die Interessen des Unternehmensträgers mitversichert sind.
III. Erscheinungsformen der Betriebshaftpflichtversicherung 10
Die Betriebshaftpflichtversicherung wird in der Regel ausgestaltet durch AVB und BBR. Es haben sich bestimmte Betriebshaftpflichtversicherungstypen herausgebildet, die vornehmlich an die versicherte Gefahr (Inanspruchnahme auf Schadensersatz) anknüpfen und im Hinblick auf Anspruchsgrundlagen (Umweltschäden), die Schadensursache (z.B. Verarbeitung von Produkten, Umwelteinwirkungen) und Schadensart (Sach-, Personenund Vermögensschäden) weitere Differenzierungen erfahren haben. In der Praxis hat sich für die Versicherung freiberuflicher Tätigkeiten (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten, Ärzte etc.) die Bezeichnung Berufshaftpflichtversicherung und für die Versicherung gewerblicher Tätigkeiten die Bezeichnung Betriebshaftpflichtversicherung herausgebildet. Es handelt sich dabei jedoch nur um eine sprachliche Unterscheidung, da es sich in beiden Fällen um eine „Versicherung für ein Unternehmen“ i.S.v. § 102 handelt (hierzu sogleich Rn. 12 ff.).11
IV. Anwendungsbereich 11
S. Kommentierung zu § 100 Rn. 6.
B. Versicherung für ein Unternehmen 12
Voraussetzung für die Anwendung des § 102 ist zunächst, dass die Versicherung für ein Unternehmen besteht. Mit dieser Formulierung wird klargestellt, dass es sich um eine Haftpflichtversicherung handeln muss, die Schutz gegen die Gefahr der Inanspruchnahme wegen Schäden bietet, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehen.12 Kein Versicherungsschutz besteht deshalb für das Risiko der Inanspruchnahme wegen Schäden, die aus dem privaten Bereich des Inhabers des Unternehmens resultieren (zur Abgrenzung s. Rn. 25 ff.). Weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 102 ist, dass ein Unternehmen als 13 solches vorhanden ist. Für den Begriff des Unternehmens gibt es keine Legaldefinition. § 14 BGB definiert nur den Unternehmer, also den Rechtsträger des Unternehmens. Soweit in der Gesetzesbegründung auf § 1 Abs. 2 HGB verwiesen wird, hilft dies nicht
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Vgl. OLG Köln 2.9.2008 RuS 2008 468, 469; OLG Dresden 25.9.2007 ZBB 2008 125; OLG Düsseldorf 21.12.2006 I-4 U 6/06 (juris); OLG München 15.3.2005 VersR 2005 540, 541 f. Beckmann/Matusche-Beckmann/von Rintelen § 26 Rn. 1; MAH/Schünemann § 14
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Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 3; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 2. Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 3; Langheid/ Wandt/Littbarski § 102 Rn. 51; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 15.
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Betriebshaftpflichtversicherung
§ 102
weiter, weil dem Handelsrecht kein einheitlicher Begriff des Unternehmens zugrunde liegt.13 Dieser Begriff wird dort als Synonym für die Begriffe „Handelsgewerbe“, „Handelsgeschäft“ oder „Gewerbebetrieb“ verwendet.14 Dafür, dass der Gesetzgeber den Verweis in der Begründung so verstanden haben wollte, dass § 102 nur auf gewerblich tätige Unternehmen, die zudem eine bestimmte Größe aufweisen müssen, anwendbar ist, gibt die weitere Gesetzesbegründung nichts her. § 151 a.F. erfasste nach der amtlichen Begründung nicht nur „landwirtschaftliche[.], 14 industrielle[.] oder kaufmännische[n] Unternehmungen“, sondern auch „andere[.] geschäftliche[.] Betriebe[.], in denen, wie in den Bureaus der Rechtsanwälte, der Ingenieure, Personen zur Leitung und Beaufsichtigung der untergeordneten Hilfskräfte bestellt sind“.15 Da der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von § 102 nicht verkleinern wollte, ist deshalb davon auszugehen, dass diese Norm auch für kleine gewerblich sowie freiberuflich tätige Unternehmen gilt.16 Der haftpflichtversicherungsrechtliche Begriff „Unternehmen“ ist somit (im kartellrechtlichen Sinne) weit auszulegen, und zwar als eine selbständige Organisationseinheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Unternehmensträger eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft ist und die Einheit in Gewinnerzielungsabsicht handelt.17 Der Unternehmensbegriff des § 102 dürfte insoweit auch mit dem in § 613a BGB verwendeten Betriebsbegriff sowie mit dem allgemeinen arbeits- bzw. betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff übereinstimmen.18
C. Personenkreis der Versicherten I. VN VN kann nur der Rechtsträger des Unternehmens i.S.v. § 14 BGB sein. Bei natür- 15 lichen Personen ist dies der Einzelunternehmer, bei juristischen Personen (SE, AG, GmbH, Genossenschaft, VVaG, Verein) und bei (teil-)rechtsfähigen Personengesellschaften (OHG, KG, EWIV, Partnerschaft (§§ 124, 161 Abs. 2 HGB, § 1 EWIVAG, § 7 Abs. 2 PartGG) sowie Außen-GbR19) sind die Verbände selbst VN.20
II. Mitversicherte Personen Mitversichert sind nach § 102 Abs. 1 die zur Vertretung des Unternehmens befugten 16 Personen (S. 1 Alt. 1) sowie die Personen, die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehen (S. 1 Alt. 2).
13 14 15 16 17
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Kindler § 1 Rn. 12. Vgl. Oetker/Körber § 1 Rn. 49. Motive S. 205. So auch Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 1. Vgl. EuGH 5.3.2009 NJW 2009 1325, 1326; BAG 3.6.2004 NJW 2005 90, 91 m.w.N.; OLG Celle 14.1.1961 VersR 1961 169, 170; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 6; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 1; Schwin-
18 19
20
towski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 5; Römer/Langheid/Langheid § 102 Rn. 4; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 43 ff. Hierzu MüKo-BGB/Müller-Glöge § 613a Rn. 14 m.w.N. BGH 29.1.2001 BGHZ 146 341, 344 = NJW 2001 1056; BGH 18.2.2002 NJW 2002 1207, 1208. Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 66 ff.; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 7.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
1. Vertreter im Sinne des § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
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Der Wortlaut von § 102 Abs. 1 S. 1 lässt offen, ob nur gesetzliche oder auch rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter des Unternehmens mitversichert sind. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass die „bisherige Regelung des § 151 VVG […] auf die Mitglieder des Leitungsorgans des Unternehmens erstreckt [wird]“. Diese Formulierung spricht dafür, dass der Gesetzgeber den Kreis der Mitversicherten auf die gesetzlichen Vertreter beschränken will. Für eine solche Beschränkung spricht auch der Hinweis in der Gesetzesbegründung auf die Vertragspraxis, der mit der Neufassung von § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 Rechnung getragen werden sollte.21 Die Muster-Bedingungsstruktur AT für die Betriebshaftpflichtversicherung stellt nämlich auf den „gesetzlichen Vertreter des VN“ ab (hierzu Ziff. 27 AHB Rn. 21 ff.). Der Versicherungsschutz für rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter (z.B. Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte) beurteilt sich somit nach § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 2.22 Nicht vom Anwendungsbereich des § 102 Abs. 1 erfasst sind Parteien kraft Amtes (z.B. Insolvenzverwalter). Deren Einschluss bedarf besonderer Vereinbarung.23 Handelt es sich bei dem VN um eine Gesellschaft, bestimmt sich die Eigenschaft als 18 gesetzlicher Vertreter nach den Vorgaben des Gesellschaftsrechts. Bei der AG und der Genossenschaft zählen die Mitglieder des Vorstands (§ 78 AktG, § 24 GenG), bei der GmbH die Mitglieder der Geschäftsführung (§ 35 GmbHG) – hierzu zählen auch faktische Geschäftsführer – und bei den Personengesellschaften deren (unbeschränkt haftende) Gesellschafter zu den nach § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 mitversicherten gesetzlichen Vertretern.24 Im Hinblick darauf, dass der Versicherungsschutz sich auf die Mitglieder der Leitungsorgane bezieht, sind Mitglieder des (fakultativen) Aufsichtsrats nicht als Vertreter i.S.d. § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 anzusehen, weil der Aufsichtsrat keine Leitungsmacht ausübt.25 Sie sind ebenso wie die Gesellschafter juristischer Personen und Kommanditisten nur unter den Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 geschützt.26 Angesichts der Gesetzesbegründung kommt es nicht darauf, ob die organschaftlichen Vertreter zur (Allein-)Vertretung befugt sind. Es genügt, dass sie Mitglied des Vertretungsorgans sind. 2. Im Dienstverhältnis stehende Personen im Sinne des § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 2
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Der Begriff Dienstverhältnis wird in § 89, § 187, § 205 sowie an verschiedenen Stellen im BGB (z.B. §§ 576 bis 576b, 617, 621, 624 bis 630 BGB) verwendet, ohne dass es eine gesetzliche Definition hierfür gibt. In der bürgerlich-rechtlichen Kommentarliteratur wird es als durch einen Dienstvertrag i.S.v. § 611 begründetes Rechtsverhältnis umschrie-
21 22
23
24
BTDrucks. 16/3945 S. 85. A.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 14; Looschelders/Pohlmann/ Schulze Schwienhorst § 102 Rn. 10; zu § 151 a.F. Späte BetrH Rn. 9; noch weitergehend MAH/Schünemann § 14 Rn. 32, der auch „Repräsentanten“ als mitversichert ansieht. Z. B. Nr. B 2.4 BBR für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und beratenden Ingenieuren; abgedruckt bei Prölss/Martin, S. 1646. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 13; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 85.
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26
H.M., vgl. Großkomm-AktG/Kort § 76 Rn. 2; MüKo-AktG/Spindler § 76 Rn. 1; Fleischer Vorstandsrecht § 1 Rn. 1; HoffmannBecking Zur rechtlichen Organisation der Zusammenarbeit im Vorstand der AG, ZGR 1998 497, 510 f.; abw. Hüffer § 76 AktG Rn. 2. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 85; A.A. hinsichtlich der Kommanditisten Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 11; Bruck/Möller/K. Sieg8 § 74 Anm. 24.
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Betriebshaftpflichtversicherung
§ 102
ben, das sich vom Arbeitsverhältnis dadurch unterscheidet, dass der Dienstverpflichtete keine weisungsgebundene Tätigkeit ausübt.27 Legte man dieses Verständnis § 102 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 zugrunde, zählten Arbeitnehmer des Unternehmens nicht zum Kreis der Mitversicherten. Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte und andere selbständige Dienstleistungserbringer wären dagegen – trotz daneben bestehenden Eigenversicherungsschutzes – in der Betriebshaftpflichtversicherung des dienstberechtigten VN mitversichert, soweit ihre Tätigkeiten dazu bestimmt wären, der versicherten betrieblichen Tätigkeit zu dienen. Diese Rechtsfolge ist ausweislich der Gesetzesbegründung nicht intendiert. Dort heißt es, dass „[d]ie bisherige Regelung des § 151 VVG [.] auf alle Arbeitnehmer sowie auf die Mitglieder des Leitungsorgans des Unternehmens erstreckt [wird], wie dies bereits in den bisher verwendeten AVB geschieht. Die Formulierung lehnt sich bezüglich der angestellten Personen an § 85 VVG [a.F.] an“.28 Gelegentlich wird vertreten, ein Dienstverhältnis i.S.v. § 89 Abs. 2 S. 1, der inhaltlich § 85 a.F. entspricht, liege vor, wenn der Verpflichtete seine Tätigkeit am Versicherungsort ausübe.29 Für diese Ansicht gibt der Wortlaut dieser Vorschrift nichts her. § 89 Abs. 2 S. 1 macht lediglich den Versicherungsschutz davon abhängig, dass die Personen, die in einem Dienstverhältnis zum VN stehen, ihre Dienste an dem Ort ausüben, für den die Versicherung gilt. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kommt es für den Begriff des Dienstverhält- 20 nisses i.S.v. § 102 Abs. 1 S. 1 entscheidend darauf an, dass es sich um unselbständige, weisungsgebundene Tätigkeiten handelt, wie sie vor allem im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden. Dies entspricht dem Verständnis des Dienstverhältnisses nach § 576 Abs. 1 BGB.30 Zum Kreis der Mitversicherten zählen deshalb alle Personen, die als Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, vgl. § 5 Abs. 3 BetrVG) oder arbeitnehmerähnliche Personen31 für den VN tätig sind. In der Literatur wird sich darüber hinaus für eine Mitversicherung von Leiharbeitnehmern ausgesprochen, die vorübergehend in das Unternehmen des VN eingegliedert sind.32 Dagegen spricht, dass keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zwischen dem entleihenden Unternehmen und den Leiharbeitnehmern bestehen. Jedoch ist der Begriff Dienstverhältnis insbesondere mit Blick auf Sinn und Zweck der Betriebshaftpflichtversicherung einer dahingehenden Auslegung zugänglich, auch ohne (wirksamen) Dienstoder Arbeitsvertrag im Unternehmen Tätige als mitversichert anzusehen, soweit und solange sie ihre Tätigkeit mit Wissen und Willen des Unternehmers für sein Unternehmen ausüben und seinen Weisungen unterliegen.33 Dies gilt nicht nur für Leiharbeiter,34 sondern auch für unentgeltlich mithelfende Familienangehörige oder Lebensgefährten.35 Keine Mitversicherung besteht dagegen für solche Personen, die selbst Unternehmer 21 i.S.v. § 14 BGB sind, mögen sie auch den Weisungen des VN unterliegen. Freie Mitarbeiter, selbständige Subunternehmer, Pächter oder selbstständige (Einfirmen-)Handelsvertre-
27 28 29 30 31 32 33
Vgl. Palandt/Weidenkaff Einf. v. § 611 Rn. 2. BTDrucks. 16/3945 S. 85. Z.B. Langheid/Wandt/Staudinger § 89 Rn. 12. Vgl. Staudinger/Rolfs § 576 Rn. 6; SchmidtFutterer/Blank Vor § 576 Rn 3. Vgl. BAG 6.7.1995 NZA 1996 33, 35 – RoteKreuz-Schwester. Beckmann/Matusche-Beckmann/von Rintelen § 26 Rn. 26. Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl. Rn. 9.
34 35
Hier kann es zur Mehrfachversicherung i.S.v. § 78 kommen: Späte BetrH Rn. 12. Allg.M., vgl. Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 13; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 14; Looschelders/Pohlmann/ Schulze Schwienhorst § 102 Rn. 11; HKVVG/Schimikowski § 102 Rn. 2; Beckmann/Matusche-Beckmann/von Rintelen § 26 Rn. 26; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 94.
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ter zählen deshalb nicht zu den versicherten Personen.36 Sie müssen für eigenen Versicherungsschutz sorgen, soweit sie nicht durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung in den Schutz der Versicherung des VN einbezogen sind. So liegt der Fall in der Architektenhaftpflichtversicherung, in der freie Mitarbeiter mitversichert sind, soweit sie für das Büro des VN arbeiten und keine eigene Berufshaftpflichtversicherung haben.37 Soweit die Mitarbeiter außerhalb ihres Hauptberufes einer selbständigen (un-)entgeltlichen Nebentätigkeit im eigenen Namen und/oder für eigene Rechnung nachgehen, die hauptbetriebs-/-berufsbezogen ist, besteht keine Deckung in der Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung des Hauptbetriebs/-berufs (s. Rn. 31). 3. Schutzumfang der Betriebshaftpflichtversicherung
22
a) Ausgangspunkt. Die Rechtsstellung der mitversicherten Personen ergibt sich vorbehaltlich abweichender vertraglicher Vereinbarungen aus §§ 43 ff. Die Mitversicherten haben nach § 44 Abs. 1 einen eigenen Anspruch auf Versicherungsschutz gegen den VR, dessen Geltendmachung nach § 45 allerdings dem VN obliegt (Fall der gesetzlichen Einziehungsermächtigung/Prozessstandschaft), soweit nicht ausnahmsweise der Versicherte im Besitz des Versicherungsscheins ist, der VN die Zustimmung zur Geltendmachung erteilt hat oder der VN die Ansprüche des Versicherten nach Ablehnung des VR nicht weiter verfolgen will.38 Hieraus leitet die Rechtsprechung ab, dass der VR den Mitversicherten Versicherungsschutz unabhängig davon zu gewähren hat, ob der Haftpflichtfall zugleich auch eine Haftpflicht für den VN nach den §§ 278, 831 BGB begründet.39 Da den Mitversicherten nur die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zustehen, ist Voraussetzung für den Anspruch des Mitversicherten, dass ein in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallender Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird.40 Insoweit ist die Kontrollfrage stets, ob für den Fall, dass (nur) der VN auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden wäre, auch Versicherungsschutz bestanden hätte. Dabei ist allerdings zu beachten, dass nicht alle dem VN eingeräumten Begünstigungen stets auch für die mitversicherten Personen gelten. So finden die Bestimmungen zur Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB 2012) keine Anwendung auf den Mitversicherten, wenn das neue Risiko nur in der Person des Mitversicherten entstanden ist (Ziff. 27.1 S. 2 AHB 2012). Der Schutzbereich des Versicherungsvertrages wird zunächst bestimmt und zugleich 23 begrenzt durch das versicherte Risiko (§ 100 Rn. 44 ff.). Nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos kann eine Abgrenzung in zwei Schritten erforderlich sein. Der eingetretene Schaden ist zunächst entweder dem Bereich der Privat- oder dem Bereich der Unternehmenssphäre zuzuordnen. Soweit der Schaden der Unternehmenssphäre zuzuordnen ist, muss in einem zweiten Schritt festgestellt werden, ob er aus einer Eigenschaft, einem Rechtsverhältnis oder einer Tätigkeit resultiert, die im Versicherungsschein beschrieben ist.41 Die Haftpflichtversicherung eines Dachdeckers deckt z.B. nicht die gewerbsmäßige Vermietung von Gerüsten an fremde
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Vgl. Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Rn. 9; Beckmann/Matusche-Beckmann/ von Rintelen § 26 Rn. 26. Vgl. Nr. A 1.1.2 BBR für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und beratenden Ingenieuren; abgedruckt bei Prölss/Martin, S. 1646.
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38 39 40 41
Bruck/Möller/Brand § 44 Rn. 24; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 44 Rn. 20 ff. BGH 4.12.1958 NJW 1959 243, 244. Vgl. BGH 2.6.1976 NJW 1976 2134, 2135; OLG Köln 20.6.1995 VersR 1996 966, 967. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 24.
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Betriebshaftpflichtversicherung
§ 102
Unternehmer.42 Verursacht ein Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Vermietung einen Schaden, besteht – vorbehaltlich des Eingreifens der Vorsorgeversicherung – kein Versicherungsschutz (zu Einzelheiten und weiteren Beispielen s. Ziff. 3 AHB Rn. 158 ff. u. Ziff. 4 AHB 15 f.). Für die Anwendbarkeit von § 102 Abs. 1 ist lediglich die Abgrenzung zwischen der 24 dem Deckungsbereich der Privathaftpflichtversicherung zuzuordnenden Privatsphäre und der dem Deckungsbereich der Betriebshaftpflichtversicherung zuzuordnenden Unternehmenssphäre bedeutsam. Die Frage, ob die den Schaden verursachende betriebliche Tätigkeit nach den eher abstrakt gefassten Beschreibungen im Versicherungsschein versichert ist, ist dagegen Sache der Vertragsauslegung (§ 100 Rn. 46). b) Abgrenzung der Deckungsbereiche von Betriebs- und Privathaftpflichtversiche- 25 rung. Eine Abgrenzung der Deckungsbereiche von Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung ist immer dann erforderlich, wenn ein Mitarbeiter des VN durch sein Verhalten (Tun oder Unterlassen), das in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für das Unternehmen des VN steht, einen Schaden verursacht. Sie ist nicht nur unter dem Blickwinkel des § 102 Abs. 1 bedeutsam, sondern auch aus der Sicht der Privathaftpflichtversicherung, weil dort vertragsseitig nur die „Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson“ und nicht auch die „Gefahren eines Betriebes oder Berufes“ versichert sind (Ziff. 3 AHB Rn. 13 ff.).43 Insoweit kann zur Abgrenzung ergänzend auch auf die Kasuistik zu der Frage der (Mit-)Versicherung von Schäden durch Mitarbeiter zurückgegriffen werden, die nach dem äußeren Ablauf sowohl durch eine private als auch durch eine betriebsbezogene Tätigkeit entstanden sein können. Die Rechtsprechung stellt zur Abgrenzung der beiden Deckungsbereiche darauf ab, 26 ob der Schaden bei Ausübung einer dienstlichen Verrichtung verursacht worden ist. Eine dienstliche Verrichtung liegt nur vor, wenn die Handlung der versicherten Person betriebs-/berufsbezogen war. Betriebs-/Berufsbezogenheit setzt grundsätzlich voraus, dass der Schaden durch ein Verhalten des VN verursacht worden ist, das erstens den Interessen des Betriebes/Berufs zu dienen bestimmt ist und zweitens in einem inneren ursächlichen Zusammenhang zum betrieblichen/beruflichen Tätigkeitsbereich steht.44 An der erstgenannten Voraussetzung fehlt es, wenn der Mitinhaber eines Gebrauchtwagenhandels sein nur privaten Zwecken dienendes Kfz in der Firmenwerkstatt repariert und hierbei Schäden entstehen (anders kann der Fall liegen, wenn es sich um das Kfz eines Betriebsangehörigen handelt, hierzu sogleich Rn. 27).45 Bei Schädigungen, die nur bei
42
43 44
BGH 9.10.1974 VersR 1975 77; vgl. auch OLG Hamm 25.02.2005 RuS 2005 243, 244. Vgl. Nr. 1 BBR PrivathaftpflichtV. BGH 26.10.1988 RuS 1989 8, 9 = VersR 1988 1283, 1284; BGH 7.10.1987 VersR 1987 1181 f.; BGH 2.6.1976 VersR 1976 921, 922 f. = NJW 1976 2134; BGH 17.1.1973 VersR 1973 313 = NJW 1973 515, 516; BGH 4.5.1964 BGHZ 41 327, 334 = VersR 1964 709 ff.; BGH 9.3.1961 VersR 1961 399 f.; BGH 4.12.1958 NJW 1959 243, 244 = VersR 1959 42, 43; OLG Frankfurt/M. 17.12.1997 OLGR 1998 144; OLG Frankfurt/M. 29.10.1997 VersR 1998
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575; OLG Hamm 14.2.1997 VersR 1997 1093; OLG Köln 2.7.1996 VersR 1997 1345, 1346 f.; OLG Köln 20.6.1995 VersR 1996 966, 967; OLG Bamberg 20.2.1992 VersR 1992 1346, 1347; Hans. OLG Hamburg 8.3.1990 VersR 1991 92 f.; OLG Celle 15.3.1989 VersR 1991 216 f.; Hans. OLG Hamburg 3.3.1981 VersR 1982 458 ff.; OLG Hamm 24.8.1973 VersR 1973 1133 f.; LG Limburg 16.11.2007 VersR 2008 814, 815; LG Düsseldorf 8.3.1966 VersR 1968 438, 439. BGH 26.10.1988 RuS 1989 8, 9 = VersR 1988 1283, 1284.
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Gelegenheit betrieblicher Verrichtungen verursacht werden, fehlt es am inneren Zusammenhang.46 Wie den nachstehenden Ausführungen des BGH entnommen werden kann, genügt es 27 für die Betriebs-/Berufsbezogenheit, wenn das Handeln subjektiv darauf gerichtet war, betrieblichen Belangen zu dienen, wozu im Übrigen auch die Förderung des sozialen Klimas am Arbeitsplatz zählt. Mit dieser Begründung hat der BGH die Betriebsbezogenheit von Schweißarbeiten des VN an dem privaten Kfz einer Betriebsangehörigen in seinem auf die Reparatur von Bootsmotoren eingerichteten Betrieb bejaht, bei denen es zu einem Brand gekommen war.47 Dagegen hat das OLG Frankfurt/M. die Betriebsbezogenheit des Baus einer Konfettikanone unter Verwendung der im Betrieb vorhandenen Gerätschaften und Materialien für einem Faschingsumzug mit der eher fragwürdigen Begründung verneint, nur ein Teil der Belegschaft habe an ihm teilnehmen wollen.48 Nicht erforderlich ist, dass das Handeln auch objektiv im Interesse des Unternehmens liegt. Vgl. hierzu grundlegend BGH 4.12.1958 NJW 1959 243, 244 = VersR 1959 42: „Bei der Frage, ob der Schaden, für den der Mitversicherte haftpflichtig gemacht wird, bei Ausübung seiner dienstlichen Verrichtungen verursacht worden ist, kommt es hiernach nicht darauf an, ob der schadenstiftenden Handlung ein besonderer Auftrag oder bestimmte Weisungen des Versicherungsnehmers zugrunde lagen. Ebenso ist es unerheblich, ob der schadenstiftenden Handlung ein besonderer Auftrag oder bestimmte Weisungen des VN zugrunde lagen. Ebenso ist es unerheblich, ob der Mitversicherte solche Weisungen richtig befolgt oder beschritten hat, ob er seine dienstlichen Verrichtungen gut oder schlecht ausgeführt hat, ob sein Handeln im objektiven Interesse des Betriebes lag und dem mutmaßlichen Willen des Versicherungsnehmers entsprach und ob die von ihm getroffenen Maßnahmen geeignet waren, den erstrebten Erfolg herbeizuführen. Wollte man das Bestehen des Versicherungsschutzes der Mitversicherten hierauf abstellen, so würde die praktische Bedeutung der Mitversicherung weitgehend ausgehöhlt werden, weil schadenstiftende Handlungen von Betriebsangehörigen regelmäßig auch vom Standpunkt des Versicherungsnehmers aus Fehlhandlungen sind, die nicht im objektiven Interesse des Betriebes liegen. Entscheidend ist vielmehr […], ob der Umstand, daß der Mitversicherte haftpflichtig geworden ist, eine Auswirkung seiner Beschäftigung in dem betreffenden Betrieb ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er bei der schadenstiftenden Handlung im Rahmen seiner Beschäftigung im Betrieb für diesen tätig geworden ist. Hierbei genügt es schon, daß sein Handeln dazu bestimmt war, dem Interesse des Betriebes zu dienen. Dagegen ist nicht erforderlich, daß es auch objektiv im Interesse des Betriebes lag.“ [Hervorhebung durch Verfasser]
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In späteren Entscheidungen hat der BGH zur Bestimmung der Betriebs-/Berufsbezogenheit auch die für § 831 BGB und § 637 RVO a.F. (§ 105 SGB VII) geltenden Grundsätze herangezogen, ohne dabei zu anderen Ergebnissen zu gelangen. Vgl. hierzu das Urteil des BGH vom 17.1.197349: „Die für § 831 BGB und § 637 RVO geltenden Grundsätze können dazu beitragen, den hier streitigen Deckungsbereich der Betriebshaftpflichtversicherung richtig abzugrenzen. An die Stelle des vom Geschäftsherrn übertragenen Aufgabenbereiches tritt dabei der Betrieb. Der mit versicherte Betriebsangehörige hat Versicherungsschutz nur für Schäden, die er durch eine „betriebliche Tätigkeit“ verursacht. Ist der Betriebsangehörige bei der schadenstiftenden Handlung im Rahmen seiner Beschäftigung für den Betrieb tätig geworden, so ist es unerheblich, ob er seine
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BGH 4.5.1964 BGHZ 41 327, 334 = VersR 1964 709 ff.; OLG Bamberg 20.2.1992 VersR 1992 1346, 1347; LG Düsseldorf 8.3.1966 VersR 1968 438, 439; Späte PrivH Rn. 5.
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Vgl. BGH 7.10.1987 RuS 1987 337. Vgl. OLG Frankfurt/M. 17.12.1997 OLGR 1998 144 f. BGH 17.1.1973 NJW 1973 515, 516 = VersR 1973 313.
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dienstlichen Verrichtungen gut oder schlecht ausgeführt hat, ob er seine Befugnisse irrig oder eigenmächtig überschritten hat, ob sein Handeln im objektiven Interesse des Betriebes gelegen und dem mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprochen hat. Es genügt, daß sein Handeln bestimmt war, dem Interesse des Betriebes zu dienen. In allen diesen Fällen ist ein betriebsbezogenes Handeln, das vom Versicherer zu decken ist, anzunehmen … Dieser übereinstimmenden Ansicht von Rechtsprechung […] und Schrifttum […] schließt sich der erkennende Senat an. Hingegen vermag er nicht mehr der darüber hinausgehenden Auffassung zu folgen, daß der Betriebshaftpflichtversicherer auch dann noch zur Deckung verpflichtet sei, wenn der mitversicherte Betriebsangehörige nicht für den Betrieb tätig geworden sei, sondern aus Mutwillen gehandelt habe […]. Denn damit wird die notwendige Betriebsbezogenheit des Handelns aufgegeben.“ [Hervorhebung durch Verfasser]
Für die Erstreckung der Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung auf Mitarbeiter kommt es somit nicht darauf an, ob eine Haftung des VN aus § 831 BGB möglich ist.50 Dies schließt jedoch nicht aus, zur Bestimmung der Betriebs-/Betrufsbezogenheit auf diese Vorschrift (dann natürlich ohne Berücksichtigung der Exkulpationsmöglichkeit) zurückzugreifen. Die Kasuistik (dazu sogleich Rn. 33 ff.) zeigt, dass sich die Betriebs/Berufsbezogenheit bei der Haftpflichtversicherung an ähnlichen Kriterien misst, wie sie für die Qualifikation der Verrichtung i.S.v. § 831 BGB (und einer betrieblichen Tätigkeit i.S.v. § 105 SGB VII/§ 637 RVO a.F.) entwickelt worden sind.51 Ein auf Kausalität beschränkter, lediglich äußerer Zusammenhang zwischen der schadenstiftenden Tätigkeit und dem Unternehmen genügt auch nach diesen Vorschriften nicht. Erforderlich ist vielmehr ein innerer Zusammenhang zwischen dem übertragenen Aufgabenkreis und der Schadenszufügung.52 Betriebs-/Berufsbezogenheit ist stets gegeben, wenn der Schaden durch eine Tätigkeit 29 verursacht worden ist, die dem Mitarbeiter von dem Unternehmen und für das Unternehmen übertragen worden ist oder die er im Interesse des Unternehmens ausführt. Für örtlich dem Unternehmen zugehöriges Verhalten besteht eine tatsächliche Vermutung für betriebsbezogenes Verhalten.53 Ob die zu dem schädigenden Ereignis führende Tätigkeit zum eigentlichen Aufgabengebiet des Mitarbeiters gehört, ist nicht entscheidend. Handelt er Weisungen zuwider oder überschreitet er die Grenzen seines Auftrags, ist Betriebsbezogenheit zu bejahen, soweit sein Verhalten noch mit dem Betriebszweck in Zusammenhang steht. Wird etwa der Fahrer einer Planierraupe angewiesen, das Eintreffen frischen Hydrauliköls abzuwarten, hält sich dieser nicht daran und verursacht dadurch einen Unfall, ist die Betriebsbezogenheit gegeben. Kein unternehmensbezogenen Zusammenhang besteht für Unfälle, die ein Arbeitnehmer auf dem Weg von und zur Arbeit mit seinem Fahrzeug verursacht. Die Betriebsbezogenheit ist nicht allein deshalb zu verneinen, weil der Mitarbeiter 30 vorsätzlich eine Pflichtverletzung begangen oder einen Schaden herbeigeführt hat (im letztgenannten Fall besteht wegen § 103 allerdings kein Versicherungsschutz für den Mitarbeiter). Der notwendige innere Zusammenhang zwischen der unternehmerischen Tätig-
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A.A. BGH 19.3.1952 VersR 1952 141, 142: Mitversicherungsklausel in der Privathaftpflichtversicherung ist dahin auszulegen, dass Versicherungsschutz für Mitversicherte nur dann eingreift, wenn es sich um die Tätigkeit einer Person handelt, für die eine Haftung des VN aus § 831 BGB in Betracht kommt.
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Vgl. ErfK/Rolfs § 105 SGB VII Rn. 3; MüKoBGB/Wagner § 831 Rn. 24 ff.; Bamberger/ Roth/Spindler § 831 Rn. 21 f. BGH 14.2.1989 NJW-RR 1989 723, 725. Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 14.
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keit und dem Schadensereignis fehlt jedoch, wenn nicht mehr die Verfolgung betrieblicher Zwecke, sondern die durch die Eigeninteressen des Mitarbeiters bedingte Art und Weise der Tätigkeit als entscheidende Schadensursache anzusehen ist. An einem inneren Zusammenhang fehlt es auch, wenn das deliktische Verhalten aus dem Kreis der übertragenen Aufgaben herausfällt, der Gehilfe also „rein zufällig mit den Rechtsgütern des Geschädigten in Berührung“ kommt. Keine Betriebsbezogenheit liegt somit vor, wenn der Mitarbeiter die Tätigkeit im eige31 nen Namen und/oder für eigene Rechnung erbringt, mag er auch für die Tätigkeit seine beruflich im Unternehmen des VN erworbenen Kenntnisse zum Einsatz bringen54 oder die von ihm geschaffene Gefahrenlage typisch für seine berufliche Tätigkeit sein.55 In diesen Fällen dient die Tätigkeit weder den Interessen des versicherten Unternehmens noch steht sie in einem inneren ursächlichen Zusammenhang zu der Tätigkeit des versicherten Unternehmens. An der Betriebsbezogenheit fehlt es auch, wenn jemand im Betrieb eines anderen, ohne hierzu vom VN angewiesen zu sein, aushilfsweise tätig wird.56 Ohne Bedeutung für die Deckung in der Betriebshaftpflichtversicherung ist dagegen, ob der Schaden im Betrieb während der Arbeitszeit und mit Betriebsmitteln herbeigeführt worden ist.57 In den Fällen, in denen Mitarbeiter nur gelegentlich in ihrer Freizeit tätig werden, besteht Versicherungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 3 AHB Rn. 20 ff.). Zu beachten ist, dass der VN, der als Unternehmensinhaber wegen der schadenstif32 tenden Handlung seiner Mitarbeiter auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, auch dann Versicherungsschutz genießt, wenn es an der Betriebsbezogenheit der Handlung des Mitarbeiters fehlt, da der Versicherungsschutz auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche umfasst, soweit sie an das versicherte Risiko anknüpfen oder die Vorsorgeversicherung eingreift.58
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c) Kasuistik. Betriebsbezogenheit mangels inneren ursächlichen Zusammenhangs mit der Betriebstätigkeit hat die Rechtsprechung verneint, wenn der Mitversicherte seinem Arbeitskollegen die Tür zuhält und einen Faustschlag versetzt,59 aus „Langeweile“ einen Arbeitskollegen erschrecken will und diesen dabei versehentlich verletzt 60 oder unter
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Vgl. BGH 11.12.1980 BGHZ 79 145, 152 = NJW 1981 2057, 2059; KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229, 230; OLG Hamm 9.12.1977 VersR 1980 1037. LG Frankfurt 19.2.1971 VersR 1974 181. Vgl. LG Amberg 16.10.1985 ZfS 1986 56; LG Osnabrück 3.4.1958 VersR 1958 469, 470. KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229, 230; OLG Frankfurt/M. 17.12.1997 OLGR 1998 144; a.A. OLG Hamm 16.4.1984 VersR 1985 438, 439 = ZfS 1985 219: Schäden bei Ausführung von Schweißarbeiten an einem fremden PKW außerhalb der Arbeitszeit in der Werkstatt des Arbeitgebers fallen nicht in den Deckungsbereich der Betriebshaftpflichtversicherung; wie hier Berliner Kommentar/ Baumann § 151 Rn. 24. BGH 13.7.1983 VersR 1983 945 f.
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BGH 17.1.1973 NJW 1973 515, 517; OLG Hamm 24.8.1973 VersR 1973 1133 f. BGH 2.6.1976 NJW 1976 2134 f. unter Aufgabe von BGH 9.3.1961 VersR 1961 399 f., wo ein Handeln im Bereich der dienstlichen Verrichtungen bejaht wurde, als ein Lehrling aus grobem Unfug einen anderen durch „spielerisches Anzünden von Waschbenzin“ schwer verletzte; vgl. auch BGH 29.5.1962 NJW 1962 1742 (zu § 542 RVO a.F.); Hans. OLG Hamburg 8.3.1990 VersR 1991 92 f.; OLG Hamm 16.5.1979 VersR 1979 1046 (Verletzung eines Arbeitskollegen durch einen im Scherz geworfenen Nagel); ÖOGH 18.2.1982 VersR 1983 302 (scherzhafte, von leichten Fußtritten begleitete Streitigkeiten zwischen Arbeitskollegen im manuellen Arbeitsbereich); ÖOGH 7.7.1977 VersR 1978 532.
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Verwendung im Betrieb vorhandener Gerätschaften und Teilen eine „Konfettikanone“ für einen Faschingumzug zusammenbaut und beim Ausprobieren einen Auszubildenden verletzt.61 Für Haftpflichtansprüche aus Schäden, die bei der betriebsbedingten Teilnahme am Straßenverkehr entstehen, besteht Versicherungsschutz, wenn und solange ein innerer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Betrieb und der schadenstiftenden Tätigkeit besteht.62 Dieser Zusammenhang ist zu bejahen, wenn der Mitarbeiter zur Ausführung eines Auftrags am Straßenverkehr teilnimmt (z.B. Lkw-Fahrer, Bring-Dienste, Fahrradkuriere). Dagegen fallen die Haftpflichtgefahren aus Wegeunfällen des Arbeitnehmers auf dem Nachhauseweg von seiner versicherten Tätigkeit 63 oder zum Zwecke des häuslichen Mittagessens nicht in den Bereich der Betriebshaftpflichtversicherung.64 Nach Ansicht des BGH fehlt es an einem inneren ursächlichen Zusammenhang mit dem Betrieb des VN, wenn ein Gesellschafter einer betriebshaftpflichtversicherten oHG aus Gefälligkeit einem fremden LKW-Fahrer durch Einwinken beim Einfahren in eine belebte Straße behilflich war. Eine betriebliche Tätigkeit wird danach nicht allein dadurch begründet, dass eine Gefälligkeitshandlung aus Gründen der Berufssolidarität vorgenommen wird. Anders wäre aber dann zu entscheiden, wenn es sich um die Ausfahrt aus dem Hof des VN gehandelt hätte oder um eine Tätigkeit für den Lastzug einer Firma, mit der der VN in Geschäftsbeziehungen steht oder wenn der VN durch das Einwinken des fremden Fahrers seine eigene Tätigkeit danach hätte leichter ausüben können.65 Betriebsbezogenheit ist zu bejahen, wenn ein Mitarbeiter auf der Baustelle die Arbeit eines anderen Unternehmers übernimmt, um mit der eigenen Arbeit weiterzukommen.66 Hier ist bei Prüfung der Eintrittspflicht des Betriebshaftpflichtversicherers allerdings der Umfang der Risikobeschreibung zu beachten. Soweit sich das versicherte Risiko nicht auf die Haftpflichtgefahren des fremden Betriebs erstreckt, besteht keine Deckung aus der Betriebshaftpflichtversicherung (da die Vorsorgeversicherung gem. Ziff. 27.1 S. 2 AHB 2012 nicht eingreift). Ohne Bedeutung für den inneren ursächlichen Zusammenhang mit dem Betrieb des VN ist, ob der Mitarbeiter die schadensstiftende Tätigkeit un-/entgeltlich oder als Gefälligkeit erbracht hat, da auch eine un-/entgeltliche oder eine Gefälligkeitstätigkeit den Interessen des Unternehmens dienen kann.67 Will ein Vorarbeiter seinen Arbeitskollegen durch Schläge zur Arbeit zwingen, soll es sich um ein Ereignis aus der Betriebssphäre handeln.68 Ist der Mitversicherte von dem Inhaber einer Bar damit beauftragt worden, sein Hausrecht auszuüben und Gäste, von denen Unruhe droht, aus dem Lokal zu weisen, fallen Schäden, die dadurch entstehen, dass der Mitversicherte nach Abgabe eines Warnschusses aus Furcht Schüsse auf einen
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OLG Frankfurt/M. 17.12.1997 OLGR 1998 144. BGH 4.5.1964 BGHZ 41 333, 335; Späte PrivH Rn. 12; Kuwert/Erdbrügger PrivH Rn. 3023. LG Karlsruhe 11.1.2012 VersR 2013 352, 354. BGH 12.5.1971 VersR 1971 657 f. BGH 12.1.1961 VersR 1961 121, 122; vgl. hierzu auch BGH 7.2.1963 VersR 1963 325, wo ein betriebliches Handeln bejaht wurde, als ein Betriebsleiter des VN den Straßenverkehr regelte, weil ein von den Leuten des VN
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zu beladendes fremdes Fahrzeug eine Kurve gefährlich verengte. Hans. OLG Hamburg 3.3.1981 VersR 1982 458 ff. Vgl. BGH 11.12.1980 BGHZ 79 145, 152 = VersR 1981 271 ff.; BGH 2.6.1976 VersR 1976 921, 922 f.; KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229, 230; OLG Köln 20.4.1999 VersR 2000 95, 96; OLG Hamm 9.12.1977 BeckRS 2010 04875. LG Düsseldorf 8.3.1966 VersR 1968 438, 439.
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vermeintlichen Angreifer abgibt, dem er zuvor Hausverbot erteilt hatte, in den Bereich der Betriebshaftpflichtversicherung.69 Will ein Bauarbeiter einen Jugendlichen von einer Baustelle vertreiben, kommt der Jugendliche dabei zu Fall und verletzt sich, besteht wegen der Betriebsbezogenheit Versicherungsschutz über die Betriebshaftpflichtversicherung.70 Dem betrieblichen Bereich zuzuordnen ist auch ein Schaden, den der VN dadurch verursacht, dass er seinen Aktenkoffer versehentlich auf die Brille eines Kollegen gestellt und diese dabei zerbrochen hat.71 Entgleitet einem Dachdecker während der Frühstückspause auf dem Dach eine Spru38 delflasche und wird dadurch ein parkender Pkw beschädigt, besteht Deckung in der Betriebshaftpflichtversicherung.72 Verlässt ein Mitarbeiter dagegen das Unternehmensgelände, um sich in der Umgebung etwas zu Essen zu beschaffen, unterbricht er seine zuvor für das Unternehmen ausgeübte Tätigkeit bis zu seiner Rückkehr in das Unternehmen. Er handelt deshalb im privaten Bereich.73 Dieser Sachverhalt ist nicht anders zu beurteilen, als wenn ein Betriebsangehöriger in einer Arbeitspause die Betriebsstätte verlässt, um an anderer Stelle eine Mahlzeit einzunehmen.74 In solchen Fällen kann der Bezug zur betrieblichen Betätigung nicht mit der Überlegung hergestellt werden, dass das Verlassen des Betriebes und die Rückkehr dorthin ohne die Betriebstätigkeit nicht stattgefunden hätten bzw. dass die Einnahme oder Beschaffung einer Mahlzeit insofern betrieblichen Interessen diene, als damit die Arbeitskraft und die Leistungsfähigkeit der versicherten Person bewahrt und gefördert werde.75 Anders liegt es lediglich, wenn ein Arbeitgeber den bei ihm Beschäftigten Gelegenheit zur Einnahme einer Mahlzeit im Bereich der Betriebsstätte oder in einer außerhalb dieser gelegenen Kantine gewährt, da dann die Mahlzeit in den betrieblichen Arbeitsablauf eingeordnet ist.76 Das Rauchen im Betrieb ist grundsätzlich privater Natur. Daraus entstehende Haft39 pflichtschäden fallen nach einem Urteil des LG Hannover deshalb nicht in den Bereich der Betriebshaftpflichtversicherung, sondern in den der Privathaftpflichtversicherung.77 Dieser Bewertung ist das OLG Celle in der Rechtsmittelinstanz nicht gefolgt.78 Danach soll die Betriebshaftpflichtversicherung jedenfalls dann zuständig sein, wenn der VN bestimmte Bewachungs- und Obhutspflichten übernommen hatte.79 Die Sinnhaftigkeit dieser Abgrenzung erschließt sich nicht. Vorzugswürdiger ist die Ansicht von Späte und Schmalzl, die die Zuordnung davon abhängig machen, ob das Rauchen im Betrieb ausnahmsweise als Ausübung dienstlicher Verrichtungen anzusehen ist, z.B. weil ein Unternehmer in einer Arbeitsbesprechung darauf Wert legt, dass man ihm rauchend Gesellschaft leistet,80 ein Prüfer einer Zigarettenfabrik zur Qualitätskontrolle eine Zigarette raucht oder ein Tankwart eine Zigarette im Kassenraum ablegt, um beim Bedienen an der Zapfsäule keine Explosion hervorzurufen.81 v. Rintelen spricht sich gegen eine iso-
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OLG Frankfurt/M. 29.10.1997 VersR 1998 575. LG Aachen 10.8.1979 ZfS 1981 184 f. AG Hannover 24.4.1990 ZfS 1991 62. AG Dortmund 18.4.1984 ZfS 1984 186, 187. Hans. OLG Hamburg 15.12.1989 RuS 1990 367 f. BGH 12.05.1971 VersR 1971 657 f. Hans. OLG Hamburg 15.12.1989 RuS 1990 367 f. Vgl. BGH 12.5.1971 VersR 1971 657 f.; auch OLG Celle 30.4.1976 RuS 1976 180.
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LG Hannover 30.4.1945 RuS 1975 159 f. OLG Celle 30.4.1976 RuS 1976 180. Ablehnend Späte PrivH Rn. 7; offengelassen OLG Bamberg 20.2.1992 VersR 1992 1346, 1347. Schmalz Berufshaftpflichtversicherung Rn. 455; Späte PrivH Rn. 7. Beispiele von Wussow WJ 1986 1; Späte PrivH Rn. 7.
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lierte Betrachtung des Rauchens als Tätigkeit rein privater Natur aus und will es ausreichen lassen, dass der VN während der Dienstausübung am Dienstort geraucht hat.82 Das Ausleeren eines Aschenbechers durch einen Lehrling im Rahmen des Aufräumens des Vesperraums nach einer Adventsfeier stellt eine betriebsbezogene Handlung dar.83 Die Verwahrung beruflich anvertrauter Schlüssel in der Privatwohnung ist nach An- 40 sicht des OLG Köln 84 sowie des LG Limburg 85 dem Privathaftpflichtrisiko zuzuordnen. Eine Berufsbezogenheit könne nur bejaht werden, wenn der VN die ihm beruflich anvertrauten Schlüssel Dritten z.B. ausgehändigt habe, nicht aber dann, wenn er die Schlüssel lediglich während seiner Dienstzeit in einem privaten Wohnbereich zwecks jederzeitiger Verfügbarkeit aufbewahre, wie es in vielen Berufsbereichen (z.B. bei Dienstzimmerschlüsseln) der Fall sei. In diesen Fällen bestehe allenfalls noch ein mittelbarer, äußerer Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, der für eine Bejahung der Berufshaftpflicht aber nicht ausreiche. Diese Wertung ist nicht zwingend. Zu Recht weist Lücke darauf hin, dass ein ausreichender Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit jedenfalls dann gegeben sei, wenn der VN dienstlich verpflichtet sei, den Schlüssel im Interesse des Betriebes bei sich zu verwahren (z.B. Filialleiterschlüssel zum Auf- und Abschließen bei Geschäftsbeginn und -schluss).86 4. Vertragliche Erstreckungen des Versicherungsschutzes auf dritte Personen Hierfür besteht wegen § 102 Abs. 1 nur ein Bedürfnis, soweit es nicht um die Ver- 41 sicherung von Haftpflichtgefahren aus unternehmerischer Tätigkeit geht. Neben der Haftpflichtversicherung für Haus- und Grundbesitzer87 ist vor allem die Privathaftpflichtversicherung als Beispiel zu nennen, die Schutz vor der Haftpflicht des VN aus den Gefahren des täglichen Lebens bietet. Mitversichert sind standardmäßig die Ehegatten und eingetragenen Lebenspartner des VN, ihre minderjährigen Kinder (auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder), ihre volljährigen Kinder, solange sie sich noch in einer Schul- oder sich unmittelbar anschließenden Berufsausbildung befinden, sowie – in Anlehnung an § 102 Abs. 1 S. 1 – die im Haushalt des VN beschäftigten Personen gegenüber Dritten aus dieser Tätigkeit. Das gleiche gilt für Personen, die aus Arbeitsvertrag oder gefälligkeitshalber Wohnung, Haus und Garten betreuen oder den Streudienst versehen. Durch besondere Vereinbarung können in häuslicher Gemeinschaft mit dem VN lebende Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und dessen Kinder in den Versicherungsschutz einbezogen werden. S. die Kommentierung zu Ziff. 27 AHB Rn. 34 ff.
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Beckmann/Matusche-Beckmann/von Rintelen § 26 Rn. 3. OLG Bamberg 20.2.1992 VersR 1992 1346, 1347; a.A. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 62. OLG Köln 5.3.1991 RuS 1992 228. LG Limburg 16.11.2007 VersR 2008 814, 815. Prölss/Martin/Lücke PHV Nr. 1 Rn. 7. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-der-
haftpflichtversicherung/. Dort wird die persönliche Haftpflicht des Verwalters und der Wohnungseigentümer bei Betätigung im Interesse und für Zwecke der Gemeinschaft (vgl. Nr. 2.1.4.3 Muster-Bedingungsstruktur VIII (Bauherren, Haus- und Grundbesitz) oder der durch Arbeitsvertrag mit der Verwaltung, Reinigung, Beleuchtung und sonstigen Betreuung der Grundstücke beauftragten Personen für Ansprüche versichert, die gegen sie aus Anlass der Ausführung der Verrichtungen erhoben werden.
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D. Übergang des Haftpflichtversicherungsverhältnisses gem. § 102 Abs. 2 I. Ausgangspunkt 42
Eine Haftpflichtversicherung ist grundsätzlich an die Person des VN gebunden. Allein der VN ist berechtigt, die Rechte aus dem Vertrag gegenüber dem VR geltend zu machen. Diese Regel gilt selbst dann, wenn die Haftpflichtversicherung (auch) als Fremdversicherung ausgestaltet ist (vgl. Nr. 27.2 AHB 2012). Hierdurch soll der VR davor geschützt werden, in Schadensfällen mit einer unbestimmten Vielzahl ihm unbekannter Personen das Vertragsverhältnis abwickeln zu müssen. Für die Betriebshaftpflichtversicherung gilt allerdings nach § 102 Abs. 2 S. 1 hinsichtlich der Person dessen etwas anderes, „der einen von der Versicherung umfassten Betrieb als Ganzes übernimmt“.88 Er tritt im Falle der Veräußerung, aber auch im Falle der Bestellung eines Nießbrauchs, der Verpachtung oder eines ähnlichen zum Besitz berechtigenden Rechtsverhältnisses kraft Gesetzes an die Stelle des VN, ohne dass es hierfür einer Zustimmung des VR bedarf. Die Haftpflichtversicherung für einen Betrieb wird vom Gesetz insoweit wie eine Sachversicherung behandelt. Dementsprechend bestimmt 102 Abs. 2 S. 2 eine entsprechende Anwendung der für den Eintritt des Erwerbers einer versicherten Sache im Falle der Veräußerung geltenden Vorschriften des § 95 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 96 und 97. Das allein, so der BGH,89 sei sachgerecht, weil „es insoweit auf den Betrieb als wirtschaftlichen Organismus und das Haftpflichtrisiko ankommt, das sich aus ihm ergibt. Das Gesetz [§ 151 Abs. 2 a.F.] stellt insoweit das Interesse an der Fortdauer des Versicherungsschutzes für die aus dem Betrieb folgenden Haftpflichtrisiken vor das Interesse des Versicherers, sich nicht mit einer anderen Person auseinandersetzen zu müssen. Die gesetzliche Regelung geht erkennbar und sachgerechterweise davon aus, daß es bei einer Betriebshaftpflichtversicherung dem Versicherer in erster Linie auf den Betrieb und weit weniger auf die Person seines Inhabers ankommt. Zum Ausgleich des – aus diesem Grunde gegenüber anderen Haftpflichtversicherungsarten geringeren – Schutzbedürfnisses des Versicherers gibt das Gesetz diesem das außerordentliche, aber nur für die Zukunft wirkende befristete Kündigungsrecht nach § 70 Abs. 1 [a.F.].“
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Wenngleich auch gewisse Parallelen hinsichtlich der Bedeutung der Person des VN in der Sach- und in der Betriebshaftpflichtversicherung bestehen, die eine Abweichung nicht nur von sonstigen versicherungsrechtlichen, sondern auch allgemein bürgerlich-rechtlichen Gestaltungen rechtfertigen, so dürfen bei der Auslegung des § 102 Abs. 2 S. 1 die Besonderheiten der Betriebshaftpflichtversicherung nicht außer Betracht bleiben. Für die Sachversicherung stellt § 95 Abs. 1 allein auf das Eigentum des Veräußerers und des Erwerbers ab, weil das rechtliche Interesse an der Erhaltung der versicherten Sache geschützt werden soll. Die Betriebshaftpflichtversicherung knüpft dagegen an die Führung eines Betriebes durch den VN an und soll Vorsorge gegen die Belastung mit Haftpflichtansprüchen aus Schadensfällen bieten, die im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit des VN und seiner Mitarbeiter mit Haftpflichtansprüchen stehen. Die Eigentumslage ist unerheblich. Dieser Unterschied gegenüber § 95 Abs. 1 ist deutlich, soweit § 102 Abs. 2 S. 1 die Übernahme auf Grund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrages oder eines ähnlichen Verhältnisses anführt. Dasselbe muss nach Ansicht des BGH aber auch für den zunächst angeführten Tatbestand der Veräußerung an einen Dritten
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BGH 13.7.1983 VersR 1983 945 = RuS 1983 245 f.
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BGH 13.7.1983 VersR 1983 945 = RuS 1983 245 f.
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gelten. Auch die Veräußerung an einen Dritten führe den Übergang des Versicherungsverhältnisses mit einer entsprechenden Anzeigepflicht des VN nur herbei, „wenn mit der Veräußerung – wie im Regelfall – ein Wechsel bei der Führung des Betriebes verbunden ist“.90
II. Veräußerung oder Übernahme des versicherten Unternehmens 1. Veräußerung des versicherten Unternehmens an einen Dritten Aus dem zuvor Gesagten folgt, dass Veräußerung nicht im strengen Sinne des bürger- 44 lichen Rechts als dingliches Rechtsgeschäft aufzufassen ist. Zu einer Veräußerung i.S.v. § 102 Abs. 2 S. 1 kommt es, wenn an die Stelle des bisherigen Inhabers ein anderer tritt, der das Unternehmen als Ganzes im eigenen Namen übernimmt.91 Die Veräußerung von Unternehmensteilen zur Gründung eines neuen Unternehmens oder zur Einbringung in ein bestehendes Unternehmen fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 102 Abs. 2 S. 1.92 Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass in einem einheitlichen Versicherungsvertrag mehrere Unternehmen haftpflichtversichert sind. Hier ist § 102 Abs. 2 für den Fall der Veräußerung nur eines Unternehmens anwendbar, d.h. es entstehen zwei voneinander zu trennende Versicherungsverhältnisse.93 Die Veräußerung mitversicherter Tochtergesellschaften fällt dagegen nicht unter § 102 45 Abs. 2 S. 1, da diese Vorschrift an die Führung eines Betriebes durch den VN anknüpft. Keine Anwendung findet § 102 Abs. 2 S. 1, wenn das haftpflichtversicherte Unternehmen zerstückelt wird.94 Werden z.B. das Betriebsgrundstück und das darauf befindliche Inventar an zwei Personen, die nichts miteinander zu tun haben, übertragen, erlischt grundsätzlich der Versicherungsvertrag.95 Die Versicherung wird dagegen i.S.d. § 102 Abs. 2 S. 1 fortgesetzt, wenn zwar ein derart getrennter Erwerb stattfindet, aber der Betrieb nach kurzer Zeit von den beiden Erwerbern gemeinsam fortgeführt wird.96 Werden von einem landwirtschaftlichen Betrieb das gesamte Vieh und Inventar an einen Dritten veräußert und endgültig vom Hof entfernt und alsdann nur das Grundstück mit dem Gebäude einem weiteren Dritten verpachtet, so liegt keine Unternehmensübernahme vor.97 Maßgebend ist allein die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Fort- 46 führung des Unternehmens durch einen Dritten; auf das Außenverhältnis kommt es entscheidend an.98 Insoweit weist § 102 Abs. 2 S. 1 Parallelen zu § 25 HGB auf. Hier wie
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BGH 10.2.1966 VersR 1966 353, 354 = NJW 1963 1548, 1549. Vgl. BGH 10.2.1966 VersR 1966 353, 354; BGH 21.3.1963 NJW 1963 1548, 1549; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 17; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 18; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 109. Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 30; Späte BetrH Rn. 3. Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 21; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 110; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 18; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 30; Späte BetrH Rn. 2; a.A. OLG Bam-
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berg 21.5.1952 VersR 1952 316, 317, das einen einheitlichen Vertrag mit mehreren VN annimmt. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 117; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 30; Späte BetrH Rn. 3. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 117; Späte BetrH Rn. 3. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 23. AG Oldenburg 3.3.1933 JRPV 1933 127. BGH 10.2.1966 VersR 1966 353, 354; BGH 5.10.1961 BGHZ 36 24, 26.
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dort ist Voraussetzung für die Fortführung, dass eine nach außen in Erscheinung tretende Betätigung vorliegt, die den Willen des Erwerbers ausdrückt, dass das alte Geschäft das auf ihn als neuen Inhaber übergegangene Handelsgeschäft sei.99 Ebenso wie bei § 25 HGB100 ist deshalb von einer für die Anwendung von § 102 Abs. 2 S.1 erforderlichen tatsächlichen Unternehmensfortführung nur dann auszugehen, wenn das Unternehmen von einem neuen Inhaber in seinem wesentlichen Bestand unverändert weitergeführt wird, der Tätigkeitsbereich, die innere Organisation und die Räumlichkeiten ebenso wie Kunden- und Lieferantenbeziehungen jedenfalls im Kern beibehalten und/oder Teile des Personals übernommen werden.101 Neben diesem sachlichen Zusammenhang wird von der Rechtsprechung102 und der 47 Literatur103 verlangt, dass es zu keiner längeren Unterbrechung des Betriebs kommt. Als Höchstfrist wird eine Unterbrechung von bis zu 4 Monaten als unschädlich angesehen.104 Bei längerfristigem Ruhen des Geschäftsbetriebs kann es zu einem Erlöschen der Haftpflichtversicherung wegen Interessewegfalls kommen.105 Da in der Haftpflichtversicherung das Interesse erst mit Wegfall jeder Möglichkeit einer Haftung entfällt, lässt sich ein Zeitraum für den Eintritt des Interessewegfalls jedoch nicht allgemein bestimmen. Im Übrigen greifen bei einer Veränderung des Tätigkeitsbereichs die AHB-Regelungen zur Risikoerhöhung/-erweiterung (Nr. 3.1 (2) AHB) und zur Vorsorgeregelung (Nr. 3.1 (3) AHB) ein. Kommt es für die Veräußerung allein auf die nach außen dokumentierte Kontinuität 48 des Unternehmens an, kann nicht auf die rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen Veräußerer und Erwerber abgestellt werden. Ein Eigentumsübergang genügt daher nicht für die Anwendung von § 102 Abs. 2 S. 1, wenn der ursprüngliche Eigentümer den versicherten Hof weiter bewirtschaftet.106 Gleiches gilt bei einer Sicherungsübereignung, weil sich an der Betriebsführung nichts ändert und es deshalb an einer tatsächlichen Übernahme fehlt.107 Unerheblich ist, ob der schuldrechtliche Vertrag, der der Veräußerung zugrunde liegt (i.d.R. Kaufvertrag, denkbar sind aber auch Tausch oder Schenkung), oder die Eigentumsübertragung (z.B. bei Veräußerung eines Betriebsgrundstücks) zwischen dem VN und dem Erwerber wirksam ist.108 Das bedeutet, dass auch bei einem
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RG 13.2.1934 RGZ 143 368, 371 f.; OLG Stuttgart 10.6.1987 BB 1987 2184 zu § 25 HGB. Vgl. BGH 16.9.2009 NJW 2010 236, 238; BGH 28.11.2005 NJW 2006 1001, 1002. Vgl. LG Darmstadt 14.5.1964 MDR 1965 211; LG Ansbach 25.1.1961 VersR 1961 588; LG Münster 16.1.1952 VersR 1952 65; AG Neumarkt 16.2.1967 VersR 1967 772, 773; zu eng AG Berlin-Schönefeld 3.12.1984 VersR 1986 330, wonach die Fortführung einer auf Getränkekonsum ausgerichteten Gaststätte als auf italienische Spezialitäten ausgerichtetes Restaurant keine Übernahme darstellt; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 116; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 21. LG Ansbach 25.1.1961 VersR 1961 588. Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 18; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 22;
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Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 34; Späte BetrH Rn. 3. Vgl. LG Ansbach 25.1.1961 VersR 1961 588; LG Darmstadt 14.5.1964 MDR 1965 211; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 18; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 22; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 34; Späte BetrH Rn. 3. Vgl. zum Interessewegfall Prölss/Martin/ Armbrüster § 80 Rn. 16; Bruck/Möller/ Schnepp § 80 Rn. 74. BGH 21.3.1963 NJW 1963 1548, 1549; a.A. Römer/Langheid/Langheid § 102 Rn. 11. Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 18; Bruck/ Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. D 36; Späte BetrH Rn. 2; Berliner Kommentar/ Baumann § 151 Rn. 29. Vgl. BGH 18.2.1953 VersR 1953 102; LG Hagen 9.7.1951 VersR 1951 243; Prölss/ Martin/Lücke § 102 Rn. 18; Berliner Kom-
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Betriebshaftpflichtversicherung
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nichtigen oder angefochtenen oder wegen Dissenses nicht rechtswirksam zustande gekommenen Vertrag § 102 Abs. 2 S. 1 Anwendung finden kann, sofern nur die Übernahme tatsächlich erfolgt.109 Gelingt es dem ursprünglichen VN sich (z.B. im Rechtswege) wegen der Fehlerhaftig- 49 keit des Übernahmevertrages wieder des Betriebes zu bemächtigen, so ändert das nichts daran, dass bis zu diesem Zeitpunkt der Übernehmer der neue VN war. § 102 Abs. 2 S. 1 findet auf die Wiederübernahme durch den ursprünglichen VN erneut Anwendung. Für die Zwischenzeit genießt aber der Übernehmer Versicherungsschutz. § 102 Abs. 2 S. 1 greift sogar dann ein, wenn es überhaupt an Rechtsbeziehungen zwischen dem alten und dem neuen Betriebsinhaber fehlt, also auch nicht der Schein eines Vertrages vorliegt. So liegt der Fall, wenn ein Gastwirt seinen Pachtvertrag mit dem Eigentümer des Hauses löst und keinerlei Vereinbarungen mit seinem Nachfolger trifft, der also nur mit dem Eigentümer kontrahiert. Ähnliche Situationen können sich aber z.B. auch bei der Verpachtung eines Theaters110 oder einer Werkstatt (z.B. Schmiede111) ergeben. Der neue Pächter, der also keinerlei vertragliche Beziehungen zu dem alten VN hat, tritt dann in das von dem ersten Pächter begründete Versicherungsverhältnis ein. Weder Veräußerung noch ein „ähnliches Verhältnis“ stellt der Erbgang dar. Hier 50 beurteilt sich der Eintritt der Erben in die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach §§ 1922, 1967 BGB.112 Anders liegt der Fall, wenn der Erbe das Unternehmen auf einen Vermächtnisnehmer überträgt oder ein Miterbe im Wege der Erbauseinandersetzung das Unternehmen übernimmt.113 Die Veräußerung eines geschäftlichen Unternehmens im Rahmen der Zwangsverstei- 51 gerung ist nicht möglich, da Gegenstand der Zwangsvollstreckung nur die Übertragung des Eigentums an bestimmten Sachen ist.114 Raum für die – nach h.M. analoge – Anwendung des § 102 Abs. 2 ist nur insoweit gegeben, als jemand in der Zwangsversteigerung ein Betriebsgrundstück mit Inventar erwirbt und alsdann dort sofort oder mit nur kurzer Unterbrechung den Betrieb fortsetzt.115 2. Übernahme und Fortführung des Unternehmens aufgrund von Nießbrauch oder Pacht Das vorstehend für den Fall der Veräußerung Ausgeführte gilt entsprechend, wenn ein 52 Unternehmen aufgrund eines Nießbrauchs, eines (Unternehmens-)Pachtvertrages oder eines ähnlichen Verhältnisses dauerhaft oder vorübergehend von einem Dritten übernommen wird. Hierzu bedarf es stets eines Wechsels des Unternehmensträgers, der sich aller-
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mentar/Baumann § 151 Rn. 28; Langheid/ Wandt/Littbarski § 102 Rn. 104; Römer/ Langheid/Langheid § 102 Rn. 11. Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 104. KG 19.11.1928 JRPV 1928 324, 325. AG Passau 20.9.1951 VersR 1952 21. Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 22; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 21; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 35; Römer/Langheid/Langheid § 103 Rn. 11; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 104. Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 22; Schwin-
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towski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 21; Wussow § 1 Rn. 20; Späte BetrH Rn. 3; Römer/Langheid/Langheid § 103 Rn. 11; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 125. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 21; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 31; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 21; Späte BetrH Rn. 3; a.A. Bauer VersR 1968 813, 816. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 125; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 21; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 31; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 21.
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dings in lediglich vorübergehender Form vollziehen kann. Ein Ertragsnießbrauch, bei dem die Befugnisse des Nießbrauchers (zulässigerweise) so weit eingeschränkt sind, dass die Unternehmerstellung weiterhin beim Besteller verbleibt,116 ist kein „Nießbrauch“ i.S.d. Vorschrift.117 Um dem Nießbrauch oder der Pacht ähnlich zu sein, muss es sich um ein Vertragsver53 hältnis handeln, dass die Nutzung i.S.e. Fortführung des versicherten Unternehmens zum Gegenstand hat. Als Beispiel für ein „ähnliches Verhältnis“ lässt sich das „eheliche Güterrecht“ anführen, das dem Ehemann nach früherer Rechtslage ein Nutznießungsund Verwaltungsrecht an dem Vermögen seiner Ehefrau gewährte.118 Heute kommt als ähnliches Verhältnis das zwischen dem treuhänderisch handelnden Testamentsvollstrecker und den Erben bestehende Rechtsverhältnis in Betracht, wenn es um die Testamentsvollstreckung nach einem Einzelkaufmann geht.119 § 102 Abs. 2 S. 1 findet im Übrigen auch Anwendung, wenn ein Pächter eines Unter54 nehmens eine Haftpflichtversicherung abschließt und später nach Ablauf des Pachtvertrages der Eigentümer (Verpächter) das Unternehmen selbst betreibt, also nicht erneut verpachtet.120 Keine Anwendung findet § 102 Abs. 2 S. 1 dagegen in einem Falle, in dem nach erfolgter Verpachtung und Übergabe des Pachtbetriebes der Verpächter eine Betriebshaftpflichtversicherung abschließt.121 Hier liegt vielmehr eine Betriebshaftpflichtversicherung für fremde Rechnung vor. Wird dann aber eine Neuverpachtung an einen Dritten vorgenommen, so kann eine analoge Anwendung des § 102 Abs. 2 S. 1 mit der Folge gerechtfertigt sein, dass der Vertrag als Vertrag für eigene Rechnung durch den Pächter fortgesetzt wird.122 3. Gesellschaftsrechtliche Besonderheiten
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An einer Veräußerung an oder einer Übernahme durch Dritte i.S.v. § 102 Abs. 2 S. 1 fehlt es, wenn der VN lediglich die Rechtsform123 ändert.124 Auf die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften findet § 102 Abs. 2 S. 1 ebenso wenig Anwendung125 wie bei der Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften.126 Fraglich ist, ob eine Veräußerung an oder eine Übernahme durch Dritte vorliegt, wenn der VN sich i.S.v. § 1 Abs. 1 UmwG durch Verschmelzung (§§ 2 ff. UmwG), Spaltung (§§ 123 ff. UmwG), Vermögensübertragung (§§ 174 ff. UmwG) und Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) umwandelt. Dagegen spricht, dass es bei der Umwandlung zu einer Gesamtrechtsnachfolge
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Vgl. näher Staudinger/Frank (Neubearb. 2009) §§ 1068, 1069 Rn. 29 f. Vgl. Oetker/Schlingloff § 22 Rn. 38 zur vergleichbaren firmenrechtlichen Fragestellung. LG Münster 16.1.1952 VersR 1952 65; vgl. auch Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 113 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 32. Vgl. Oetker/Schlingloff § 22 Rn. 38; MüKoHGB/K. Schmidt § 1 Rn. 58; a.A. Prölss/ Martin/Lücke § 102 Rn. 22. Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 28. BGH 7.1.1965 VersR 1965 274 f. – insoweit in BGHZ 43 42 ff. nicht abgedruckt.
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Anm. D 40. Z.B. nach § 123 HGB, beim Wechsel oder Beitritt eines Gesellschafters zu einer bestehenden Personengesellschaft, wenn OHG/KG durch Aufgabe ihres Handelsgewerbes ihre Eigenschaft als Handelsgesellschaft verliert, wenn eine Partnerschaftsgesellschaft eine gewerbliche Tätigkeit aufnimmt. Vgl. Bauer VersR 1968 813, 816. Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 39; a.A. Bauer VersR 1968 813, 817 bei Veräußerung sämtlicher Aktien. A.A. Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 38.
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Betriebshaftpflichtversicherung
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kommt,127 so dass es eines Rückgriffs auf § 102 Abs. 2 S. 1 nicht bedarf, da alle Rechte und Pflichten auf diesem Wege auf den neuen Rechtsträger übergehen.128 Soweit bei einer Umwandlung nur Teile des Vermögens ohne Auflösung des übertragenden Rechtsträgers übertragen werden (Abspaltung, § 123 Abs. 2 UmwG, Ausgliederung; § 123 Abs. 3 UmwG) oder es zu einer Teilübertragung auf mehrere Rechtsträger unter Auflösung des übertragenden Rechtsträgers kommt (aufspaltende oder ausgliedernde Teilübertragung, § 174 Abs. 2 Nr. 2, 3 UmwG), liegt kein Fall der Unternehmensübernahme i.S.v. § 102 Abs. 2 S. 1 vor. In beiden Konstellationen fehlt es an einer Übertragung des Unternehmens als Ganzes. Dagegen findet § 102 Abs. 2 S. 1 Anwendung, wenn der VN mit einem Dritten eine 56 Gesellschaft neu gründet und mit dieser das Unternehmen fortführt oder durch die Aufnahme eines Dritten in das Unternehmen des VN eine Personengesellschaft (auch AußenGbR) entsteht.129 Der Übergang der Führung des Unternehmens von einer GbR, die als Besitzgesellschaft fortbesteht, auf eine Betriebs-GmbH, deren Geschäftsführer-Gesellschafter zugleich die Gesellschafter der Besitzgesellschaft sind, stellt ebenfalls eine Übernahme i.S.v. § 102 Abs. 2 S. 1 dar.130 Ebenso liegt der Fall, wenn der VN Inhaber und gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person ist und sein Unternehmen an die juristische Person verpachtet. Der Abschluss von Unternehmensverträgen i.S.v. § 291 AktG führt dagegen nicht zur Anwendung des § 101 Abs. 2 S. 1, weil das herrschende Unternehmen nicht als Übernehmer nach außen in Erscheinung tritt.131
III. Rechtsfolgen Der das Unternehmen fortführende Dritte tritt gem. § 102 Abs. 2 S. 1 ab dem Zeit- 57 punkt der tatsächlichen Fortführung in die Rechte und Pflichten des VN ein. Für die Prämie der laufenden Versicherungsperiode haften beide Parteien nach §§ 102 Abs. 2 S. 2, 95 Abs. 2 als Gesamtschuldner. Ansprüche aus Versicherungsfällen, die vor der Übernahme eingetreten sind, stehen dem früheren Unternehmensinhaber zu.132 Ist die Anzeige der Veräußerung nach §§ 102 Abs. 2 S. 2, 97 unverschuldet unterblieben, bleibt der VR verpflichtet.133 Im Übrigen ist der Hinweis geboten, dass nicht jede Verletzung der Anzeigepflicht zur Verwirkung des Versicherungsschutzes nach § 97 Abs. 1 S. 2 führt. Die Vorschrift ist in einer an den Geboten von Treu und Glauben ausgerichteten Betrachtungsweise dahingehend einschränkend auszulegen, dass die Verwirkung der Versicherungsleistung nicht außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes stehen darf.134 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu §§ 95 bis 97 verwiesen.
127 128 129
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Vgl. nur Baumbach/Hopt Einl. v. § 105 Rn. 23. Für sinngemäße Anwendung Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 41. BGH 5.10.1961 BGHZ 36 24, 26 = VersR 1961 988, 989; vgl. auch BGH 25.3.1970 VersR 1970 609; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 111; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 37; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 21. LG Essen 22.11.1983 VersR 1985 929, 930;
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vgl. auch Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 114; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 36. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 41. OLG Düsseldorf 1.12.1953 VersR 1954 507. BGH 5.10.1961 BGHZ 36 24, 28. BGH 7.2.2007 RuS 2007 198, 200; BGH 20.5.1987 RuS 1987 234; BGH 11.2.1987 BGZ 100 60, 64.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
E. Beweislast 58
Derjenige, der – ohne VN zu sein – die Versicherungsleistung aus einer Betriebshaftpflichtversicherung begehrt, muss darlegen und beweisen, dass der Anspruch in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt und er zum Kreis der versicherten Personen zählt. Wer sich auf den Vertragsübergang beruft, trägt im Prozess dafür die Beweislast.135 Dies kann der VR sein, wenn er den neuen Inhaber auf Prämienzahlung in Anspruch nimmt, der frühere Inhaber, wenn er vom VR auf Prämienzahlung in Anspruch genommen wird,136 oder der neue Inhaber, wenn dieser die Versicherungsleistung beansprucht.
F. Abdingbarkeit 59
§ 102 ist dispositiv.137 Ein Ausschluss des Kündigungsrechts des Übernehmenden nach §§ 102 Abs. 2 S. 2, 97 ist unwirksam, weil eine solche Abrede als Vertrag zulasten Dritter zu qualifizieren ist.138
§ 103 Herbeiführung des Versicherungsfalles Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich und widerrechtlich den bei dem Dritten eingetretenen Schaden herbeigeführt hat. Schrifttum Armbrüster Auswirkungen von Versicherungsschutz auf die Haftung, NJW 2009 187; Baumann Quotenregelung contra Alles- oder Nichts-Prinzip im Versicherungsfall – Überlegungen zur Reform des § 61 VVG –, RuS 2005 1; Deutsch Die grobe Fahrlässigkeit im künftigen Versicherungsvertragsrecht, VersR 2004 1485; Diller Die Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte: AVB-RSW Kommentar (2009); Eggert Beweisprobleme bei behaupteter Unfallmanipulation, RuS-Beil. 2011 24; Felsch Die neuere Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Haftpflichtversicherung, RuS 2008 265; ders. Die Rechtsprechung des BGH zum Versicherungsrecht: Haftpflichtversicherung und Sachversicherung, RuS 2010 265; Franz Das Versicherungsvertragsrecht im neuen Gewand, VersR 2008 298; ders. Die Reform des Versicherungsvertragsrechts – ein großer Wurf?, DStR 2008 303; Garbes Die Haftpflichtversicherung der Architekten/Ingenieure 3. Aufl. (2008);
135 136 137
138
Vgl. auch Bruck/Möller/Staudinger § 95 Rn. 100. AG Köln 28.10.1980 VersR 1981 227. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 102 Rn. 24; Berliner Kommentar/Baumann § 151 Rn. 46; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 23; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 102 Rn. 16. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 133; Berliner Kommentar/Baumann § 151
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Rn. 46; Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 133; Prölss/Martin/Lücke § 102 Rn. 23; vgl. OLG Schleswig 17.10.1989 VersR 1990 197 ff. m. Anm. Wille VersR 1990 199; OLG Koblenz 31.10.1988 NJW-RR 1989 537; offengelassen von BGH 30.5.1990 BGHZ 111 295, 298 = VersR 1990 1115, der Unwirksamkeit gem. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG a.F. angenommen hat.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
Geißler Zukunft, Stillstand oder Geltungsverlust für die Durchgriffshaftung im Recht der GmbH?, GmbHR 1993 71; Grote/Chr. Schneider VVG 2008: Das neue Versicherungsvertragsrecht, BB 2007 2689; Hartung Haftpflichtversicherung (1957); Heitmann Risikoausschluss der Vorsatztat gemäß § 152 VVG in der Kfz-Haftpflichtversicherung VersR 1997 941; Hintz/Burkard Folgen unberechtigten Versagens der Deckung wegen vermeintlich vorsätzlichen Herbeiführens des Versicherungsfalls in der Haftpflichtversicherung, VersR 2011 1373; Hübner Der Durchgriff bei juristischen Personen im europäischen Gesellschafts- und Unternehmensrecht, JZ 1978 703; R. Johannsen Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in der Haftpflichtversicherung, RuS 2000 133; ders. Haftpflichtversicherungsschutz gegen Umweltschäden durch Verunreinigung des Erdbodens und der Gewässer (1987); ders. in Symposium „80 Jahre VVG“ (1988) 196; Langheid Uneingeschränkte Haftpflichtdeckung trotz Vorsatz?, NVersZ 1999 253; ders. Die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes, NJW 2007 3665 und 3745; ders. Tücken in den §§ 100 ff. VVG-RegE, VersR 2007 865; Littbarski Haftungs- und Versicherungsrecht im Bauwesen (1986); ders. Aktuelle Probleme der Gewässerschadenhaftpflichtversicherung, VersR 1987 127; Looschelders Schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalls nach der VVG-Reform, VersR 2008 1; E. Lorenz Der subjektive Risikoausschluss durch § 61 VVG und die Sonderregelung in § 152 VVG, VersR 2000 2; Präve Das neue Versicherungsvertragsgesetz, VersR 2007 1046; Schirmer Die Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, ZVersWiss Supplement 2006 427; Seitz Vorsatzausschluss in der D&O-Versicherung – endlich Licht im Dunkeln!, VersR 2007 1476; K. Sieg Zwei wichtige Fragen zur Architekten-Haftpflichtversicherung – Zugleich Stellungnahme zum Urteil des OLG Hamm VersR 78, 52 –, VersR 1978 193; Thalmair Die Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, ZVersWiss Supplement 2006 459; Tilsen Die beschränkte Haftung des Minderjährigen im Deliktsrecht – Zugleich ein Beitrag zur Beschränkung der Haftung des Minderjährigen aus verfassungs-, sozialversicherungs- und insolvenzrechtlicher Sicht (2009); Vothknecht Die „wissentliche Pflichtverletzung“ in der Vermögensschaden-Haftpflicht-/D&O-Versicherung, PHi 2006 52; V. Wagner Die schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalles in der Schadensversicherung nach der VVG-Reform 2008 (2010).
Übersicht Rn. A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . II. Normzweck und rechtspolitische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besonderheiten in der obligatorischen Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . V. Verhältnis zu Gefahrerhöhungs- und Rettungsobliegenheiten . . . . . . . . . 1. Verhältnis zur Gefahrerhöhung . . . . 2. Rettungsobliegenheiten . . . . . . . . C. Objektive Tatbestandsvoraussetzungen . I. Herbeiführung des Schadens . . . . . . II. Widerrechtlichkeit . . . . . . . . . . . . III. Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vorsätzliche Schadensherbeiführung . . I. Begriff des Vorsatzes . . . . . . . . . . II. Zum Umfang des Vorstellungsbildes . . III. Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Körperverletzung . . . . . . . . . . . a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . b) Körperverletzung unter Einsatz von gefährlichen Werkzeugen . . . . . c) Körperverletzung als Folge von Jux, Albernheit, Spaß, Spielerei Ausgelassenheit, Unfug . . . . . . . . . . d) Körperverletzung und Sachschäden durch Minderjährige . . . . . . . . 2. Brandstiftung . . . . . . . . . . . . .
Rn.
1 1 6 13 14 15 16 17 18 19 20 25 26 26 28 31 32 32
IV.
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III.
E. I. II.
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3. Kfz-Unfälle . . . . . . . . . . . . . . 4. Schädigung Dritter anlässlich einer (versuchten) Selbsttötung . . . . . . . 5. Sachschäden . . . . . . . . . . . . . 6. Schäden durch Lieferung oder Herstellung mangelhafter Waren, Erzeugnissen oder Arbeiten (Ziff. 7.2 AHB 2012/§ 4 II Ziff. 2 S. 1 AHB a.F.) . . . Verantwortlichkeit/Zurechnungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 827 BGB . . . . . . . . . . . . . . 2. § 828 BGB . . . . . . . . . . . . . . 3. Trunkenheit oder sonstige Berauschungszustände . . . . . . . . Zurechnung des Verhaltens Dritter . . . Mehrheit von VN . . . . . . . . . . . . Versicherung für (eigene und) fremde Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorsätzliche Herbeiführung des Schadens durch den Versicherten . . . 2. Vorsätzliche Herbeiführung des Schadens durch den VN . . . . . . . Gesellschaften als VN/versicherte Personen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Organe . . . . . . . . . . . . . . . . a) Juristische Personen . . . . . . . . b) Rechtsfähige Personengesellschaften c) Nicht eingetragene Vereine und Vorgesellschaften juristischer Personen
37 38 39
40 41 41 45 46 47 48 49 49 50 55 55 55 57 58
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften Rn.
IV.
V. F. I. II. III. IV. V. VI.
2. Mitarbeiter des VN . . . . . . . . . . a) Haftung für Repräsentanten . . . . b) Beispiele . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . 4. Sonstige Dritte . . . . . . . . . . . . Natürliche Personen als VN/versicherte Personen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Vertreter natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ehegatten/Lebenspartner/Kinder . . . 3. Sonstige Dritte . . . . . . . . . . . . Einstehen für Parteien kraft Amtes . . . Rechtsfolge/Umfang der Leistungsfreiheit bei vorsätzlicher Schadensherbeiführung Im Hinblick auf die Leistungspflicht des VR . . . . . . . . . . . . . . . . . Personelle Reichweite . . . . . . . . . . Auswirkungen auf den Vertrag . . . . . Schadensersatzansprüche des VR . . . . Rückforderungsansprüche des VR . . . . Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . .
Rn.
59 59 63 66 69
G. I. II. III.
70 70 71 72 73 74
V. H. I. II.
74 77 78 79 80 86
Verfahrens- und Beweisfragen . . . . . . Berücksichtigung von Amts wegen . . . Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . Beweisführung . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unzulässigkeit des Anscheinsbeweises . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Indizienbeweis . . . . . . . . . . . . 4. Bindungswirkung der Feststellungen im vorausgegangenen Haftungsprozess . . 5. Bindungswirkung der Feststellungen im vorausgegangenen Strafprozess/ Adhäsionsverfahren . . . . . . . . . . Revisibilität bei Verschuldensfragen . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . Zugunsten des VN . . . . . . . . . . . Zulasten des VN . . . . . . . . . . . . 1. AGB-rechtlicher Ausgangspunkt . . . 2. Nachteilsausgleichsgewährung . . . . 3. Höherrangige Interessen des VR . . .
87 87 88 91 91 92 93 95
97 98 99 100 101 101 103 105
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
§ 103 ist die Nachfolgeregelung zu § 152 a.F. In der Begründung der Neufassung heißt es, dass „[i]n der Sache [.] die bisherige Regelung des § 152 VVG erhalten [bleibt]“ und nur „klargestellt wird, dass sich der Vorsatz hier – anders als bei § 823 BGB – nicht nur auf die Handlung, sondern auch auf die Schadensfolgen beziehen muss, damit der Haftungsausschluss zugunsten des VR greift.“1 § 152 a.F. sah indes nur vor, dass der VR nicht haftet, wenn der VN „vorsätzlich den Eintritt der Tatsache, für die er dem Dritten verantwortlich ist, widerrechtlich herbeigeführt hat“. Dass sich der Vorsatz auch auf die Herbeiführung des Schadens, also die Schadensfolgen, erstreckt, ist dem Wortlaut des § 152 a.F. somit abweichend von § 103 nicht entzunehmen. Da die nach bürgerlichem Recht zu beurteilende haftungsrechtliche Verantwortlichkeit an das haftungsbegründende Verhalten anknüpft,2 spricht der Wortlaut eher dafür, die Anwendung des § 152 VVG a.F. gerade nicht davon abhängig zu machen, dass der VN auch hinsichtlich der Schadensfolgen vorsätzlich handelt.3 Die Erstreckung des Vorsatzes auf die Schadensfolgen entspricht auch nicht dem Willen des historischen Gesetzgebers, wie die nachstehend im Auszug wiedergegebene amtliche Begründung deutlich macht:4 „Daß der Vorsatz des Versicherungsnehmers auch die ferneren Folgen der die Haftpflichtverbindlichkeit begründenden Verletzung des fremden Rechtes oder Rechtsguts, insbesondere Art und Umfang des verursachten Schadens, umfaßt habe, fordert der Entwurf nicht. Danach hat
1 2
BTDrucks. 16/3945, S. 85. BGH 20.11.1979 BGHZ 75, 328, 329; NJW 1980, 996; BGH 30.5.1972 BGHZ 59, 30, 39; BGH 20.3.1961 BGHZ 34, 375, 381; BGH 18.3.1955 MDR 1955, 542; Palandt/ Grüneberg § 276 Rn. 10.
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A.A. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 222: Wortlaut ist doppeldeutig. Motive 207.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
z.B. im Falle der Tötung eines anderen der Versicherungsnehmer keinen Anspruch aus der Versicherung, sobald ihm in Ansehung der den Tod nach sich ziehenden Verletzung Vorsatz zur Last fällt, ohne daß es weiter darauf anzukommen hätte, ob bei dem widerrechtlichen Eingriff in die körperliche Integrität des andern sein Wille auf die Herbeiführung einer so schweren Folge gerichtet war …“
Es verwundert daher nicht, dass insbesondere die ältere Literatur § 152 a.F. im Sinne dieser Begründung auslegte5 und § 4 II Ziff. 1 S. 1 AHB a.F. (= Ziff. 7.1 AHB 2012), demzufolge sich der Vorsatz auf die Schadensherbeiführung beziehen muss, als Abweichung zugunsten des VN verstand.6 Während die reichsgerichtliche Rechtsprechung bereits eine mehr oder weniger deut- 2 liche Präferenz dahingehend erkennen ließ, dass sich der Vorsatz des VN auch auf den Schaden erstrecken muss,7 haben der BGH und die Obergerichte die Frage, ob der durch die vorsätzliche Pflichtverletzung herbeigeführte Schaden auf dem Vorsatz des Handelnden beruhen muss, anfänglich offengelassen.8 In jüngeren Entscheidungen hat der BGH zunächst im Rahmen der Inhaltskontrolle subjektiver Ausschlussklauseln in der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung, die bereits Vorsatz hinsichtlich des haftungsbegründenden Verhaltens ausreichen lassen, klargestellt, dass der Vorsatz sich nach dem gesetzlichen Leitbild des § 152 a.F. auch auf die Schadensfolgen erstrecken müsse.9 In seiner Entscheidung vom 17.6.1998 hat der BGH diese Feststellung auch für den Bereich der Privathaftpflichtversicherung getroffen.10 Die Nichtberücksichtigung des gesetzgeberischen Willens bei der Auslegung von 3 § 152 VVG a.F. durch die aktuelle(re) Rechtsprechung und herrschende Literatur11 dürfte vor allem dem von Baumann beschriebenen Funktionswandel der Haftpflichtversicherung hin zum Schutz des Dritten geschuldet sein.12 Dies erklärte, warum eine Erstreckung des Vorsatzes auf die Schadensfolgen in der Sachversicherung durch eine entsprechende Auslegung des § 61 a.F. von der h.M. abgelehnt wurde.13 In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass in dem Bericht der VIII. Reichstagskommission14
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Z.B. Herzfelder Haftpflichtversicherung 1. Aufl. 1913, 34; Bruck/Möller/Möller8 § 49 Anm. 73; offenlassend Späte § 4 Rn. 201. Bruck/Möller/Möller 8 § 49 Anm. 73; K. Sieg VersR 1978 193; Hartung 92. Vgl. RG 20.4.1917 VA 1917 60, 62; RG 14.12.1937 JW 1938 684. BGH 29.5.1971 VersR 1971 806, 807; OLG Hamm 24.8.1973 VersR 1973 1133, 1134; OLG München 11.1.1973 VersR 1974 1069, 1070; vgl. aber auch BGH 9.6.1958 VersR 1958 469; ÖOGH 7.7.1977 VersR 1978 532. BGH 26.9.1990 NJW-RR 1991 145, 146 zum Ausschluss für pflichtwidriges Verhalten in der Steuerberaterhaftpflichtversicherung; vgl. auch BGH 20.6.2001 NJW-RR 2001 1311, 1312; OLG Karlsruhe 24.9.2009 VersR 2010 940, 941; OLG Köln 22.9.2008 NJW-RR 2009 994; OLG Saarbrücken 12.12.2007 NJOZ 2008 2882, 2885. BGH 17.6.1998 RuS 1998 367, 368; vgl. auch OLG Hamm 27.4.2011 BeckRS 2011
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18634; OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237, 238; OLG Karlsruhe 24.3.2005 NZV 2005 378, 379; OLG Nürnberg 2.12.2004 NZV 2005 267, 268; OLG Köln 16.3.1999 NVersZ 1999 288, 289. Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 222; Prölss/Martin/Voit/Knappmann § 152 Rn. 5; Römer/Langheid/Langheid § 152 Rn. 4; Reiff VersR 1990, 113, 121. Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 17. Vgl. Bruck/Möller/Möller8 § 61 Anm. 79; Berliner Kommentar/Beckmann § 61 Rn. 59; Prölss/Martin/Prölss27 § 61 Rn. 18; Römer/ Langheid/Langheid § 61 Rn. 41; a.A. Canaris Verstöße gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot im Recht der Geschäftsfähigkeit und im Schadensersatzrecht, JZ 1987 993, 1003, der eine entsprechende Auslegung aus verfassungsrechtlichen Übermaßverbot herleitet; E. Lorenz VersR 2000 2, 6. Motive 369.
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§ 103
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
den Bedenken gegen die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf (grob) fahrlässig herbeigeführte Versicherungsfälle mit dem Argument begegnet wurde, dass für die Verletzten und die neben ihnen Forderungsberechtigten „in der bestehenden Versicherung oft die einzige Aussicht auf tatsächliche Entschädigung gelegen sei“.
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Möglicherweise hat auch die bis 1994 erforderliche Genehmigung der AHB durch die Versicherungsaufsichtsbehörde dazu geführt, dass Rechtsprechung und Literatur § 4 II Ziff. 1 S. 1 AHB a.F. als Darstellung oder bloße Wiedergabe der gesetzlichen Regelung angesehen haben. Darauf deutet der Verweis in vorbezeichneter Entscheidung des BGH vom 17.6.1998 auf ein Urteil aus dem Jahre 1979 hin, das die Haftungsprivilegierungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nach §§ 636, 637 RVO a.F. (§§ 104 ff. SGB VII) und § 640 RVO a.F. (§ 110 SGB VII) zum Gegenstand hatte.15 In jenem Urteil vom 20.11.1979 hatte der BGH festgestellt, dass entsprechend dem Wortlaut des § 640 Abs. 1 RVO a.F. („Haben Personen, deren Ersatzpflicht durch § 636 oder § 637 beschränkt ist, den Arbeitsunfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, so haften sie ….“) „sich der Vorsatz (oder im Falle des § 640 RVO auch die grobe Fahrlässigkeit) des Schädigers, soll er auf Ersatz in Anspruch genommen werden, in diesen Fällen nicht nur auf die Verletzung einer Verhaltensnorm, sondern auf die (dadurch herbeigeführte) Verursachung des Arbeitsunfalles beziehen [muß] […]. Ähnlich liegt es bei der Ausschlußklausel des § 4 II Ziff. 1 AHB: Im Bereich der privaten Haftpflichtversicherung bleiben danach von der Versicherung ausgeschlossen Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben (vgl. § 152 VVG) […]. Der dieser Regelung zugrundeliegende Gedanke, daß der Schädiger den Versicherungsschutz nur dann verlieren soll, wenn sein Verhalten gerade im Hinblick auf die Herbeiführung des Schadens zu mißbilligen ist, weil dann eine Schadensabnahme durch die Versichertengemeinschaft nicht mehr vertretbar erscheint, findet sich in den entsprechenden Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung wieder, wenn dort darauf abgestellt wird, daß der Schädiger vorsätzlich (oder ggf. grob fahrlässig) das den Schaden verursachende Ereignis, nämlich den Arbeitsunfall, herbeigeführt hat.“16
Unabhängig davon, welche Beweggründe für die Erstreckung des Vorsatzes auf die Schadensfolge den Ausschlag gegeben haben, lässt sich die Neuregelung somit in der Tat als Klarstellung begreifen, so dass zur Auslegung auf die Rechtsprechung zu § 152 a.F. i.V.m. § 4 II Ziff. 1 S. 1 AHB a.F./Ziff. 7.1 AHB 2012 zurückgegriffen werden kann. 5 Die amtliche Überschrift des § 103 ist missverständlich, weil nicht alle marktüblichen Versicherungsfalldefinitionen an den Schadenseintritt anknüpfen. Das Verstoßprinzip stellt auf die Pflichtverletzung ab, das Claims-Made-Prinzip auf die Anspruchserhebung. In der Umwelthaftpflicht-/-schadensversicherung tritt der Versicherungsfall mit der nachprüfbaren ersten Feststellung des Schadens ein. Beim Verstoßprinzip tritt der Schaden somit erst nach dem Eintritt, beim Claims-Made-Prinzip dagegen regelmäßig vor Eintritt des Versicherungsfalls ein. In der Umwelthaftpflicht-/-schadensversicherung kann der Schadenseintritt der ersten nachprüfbaren Feststellung des Schadens ebenfalls vorausgehen. Die amtliche Überschrift bringt ferner nicht zum Ausdruck, dass sich der Vorsatz des VN – wie bei § 826 BGB, § 104 SGB VII17 und der Arbeitnehmerhaftung18 – nicht nur auf die Handlung und deren Erfolg (Rechtsgutsverletzung/Schadenseintritt) erstrecken muss, 15 16
BGH 20.11.1979 BGHZ 75 328, 332 ff. = NJW 1980 996, 997. BGH 20.11.1979 BGHZ 75 328, 332 ff. = NJW 1980 996, 997.
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Vgl. ErfK/Rolfs SGB VII § 104 Rn. 12. Vgl. BAG 18.1.2007 NZA 2007 1230, 1233; BAG 18.4.2002 NZA 2003 37, 40.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
sondern auch auf den Schadensumfang. Die Überschrift sollte deshalb korrigiert werden. Statt „Herbeiführung des Versicherungsfalls“ sollte es besser „Vorsätzliche Herbeiführung des Schadens“ heißen.
II. Normzweck und rechtspolitische Bedeutung In den Gesetzesmaterialien zu § 103 finden sich keine Erörterungen zum Normzweck. 6 Aufschluss hierüber geben die Materialien zur Vorgängerregelung des § 152 a.F. Nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers dient § 152 a.F. – ebenso wie § 61 a.F. (§ 81) – vor allem der Reduktion des subjektiven Risikos in Form des Moral Hazard, der auch als moralische Versuchung oder moralisches Risiko bezeichnet wird.19 Beim moralischen Risiko geht es speziell darum, dass sich das Risikoverhalten der VN/versicherten Personen im Hinblick auf das Bestehen des Versicherungsvertrages ändert, etwa weil sie weniger Vorsicht walten lassen, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalls erhöht, oder zu geringe Mühe aufwenden, den Versicherungsfall in seinen Auswirkungen zu begrenzen.20 Das moralische Risiko reicht in der Haftpflichtversicherung vom Eingehen unverantwortlicher Risiken zulasten einzelner Dritter und/oder der Allgemeinheit über den Versuch des VN, seine privaten, beruflichen oder unternehmerischen Risiken zulasten des VR und damit der Versichertengemeinschaft zu externalisieren bis hin zu bewusster Manipulation und Versicherungsbetrug.21 Vergleiche hierzu die amtliche Begründung zu § 152 VVG a.F.:22 7 „Durch die Bestimmung des § 152 ist keineswegs der Frage vorgegriffen, ob es nicht für besondere Verhältnisse aus Gründen der öffentlichen Ordnung erforderlich werden wird, der Haftpflichtversicherung, soweit sie die Rechtsfolgen unerlaubter Handlungen des Versicherungsnehmers betrifft, engere Grenzen zu ziehen. Unter Umständen kann das Bewußtsein, die Vermögensnachteile, welche sich an die Verletzung der Rechte anderer knüpfen, durch Versicherung im voraus von sich abgewendet zu haben, den Versicherungsnehmer dahin beeinflussen, daß er gegen die Pflicht, solche Verletzungen zu meiden, gleichgültig wird. Die hier in Betracht kommenden Umstände entziehen sich aber einer gesetzlichen Feststellung. Namentlich wäre eine Vorschrift verfehlt, welche der Haftpflichtversicherung alle aus einer auch nur fahrlässig begangenen strafbaren Handlung entspringenden Verbindlichkeiten entziehen wollte, und ebensowenig erscheint es angängig, gegenüber denjenigen Ersatzansprüchen Dritter, welchen eine Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers zugrunde liegt, die Haftung des Versicherers stets nur für einen Bruchteil des Betrags zuzulassen, so daß hinsichtlich des Restes der Versicherungsnehmer Selbstversicherer bleiben müßte. Eine Regelung der Frage durch den Entwurf ist indessen auch nicht geboten. Die Versicherungsunternehmer haben selbst ein naheliegendes Interesse daran, nicht durch ihre Versicherungsbedingungen zu einer Vermehrung der Haftpflichtfälle beizutragen, und demgemäß sind in den Bedingungen schon gegenwärtig Beschränkungen verschiedener Art vorgesehen.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
Dieser Regelungszweck kommt auch in dem nachstehend wiedergegebenen Auszug 8 aus dem Bericht der VIII. Reichstagskommission über die Debatte über § 152 a.F. zum Ausdruck: 23 19
Motive 207 und 368; Berliner Kommentar/ Baumann 1999 § 152 Rn. 1; Bruck/Möller/ Baumann § 81 Rn. 14; Wandt/Langheid/Halbach § 81 Rn. 1; Berliner Kommentar/Beckmann § 61 Rn. 2 f.; Terbille RuS 2000 45, 46; Rokas VersR 2008 1457.
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Zum Begriff des Moral Hazard vgl. Bruck/ Möller/Baumann § 81 Rn. 14; Bruck/Möller/ Möller8 § 61 Anm. 3. Vgl. Wandt/Langheid/Schwepcke Rn. 82. Motive 207. Motive 368.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
„Die Allgemeinheit müsse darauf Bedacht nehmen, daß die Sorglosigkeit nicht gefördert werde, zumal da sich bei weitem nicht alle Schäden durch Geld restlos ausgleichen ließen. Dies gelte aber ebenso wie für Verletzung von Leben und Gesundheit auch für Verletzung von Amts- und Dienstpflichten, da die Allgemeinheit in der Aufrechterhaltung der Sorgfalt im Amte ein sehr wesentliches Interesse habe. Eine einheitliche Regelung, die für alle Fälle passe, gebe es aber nicht; man müsse es also der Abmachung in den einzelnen Zweigen der Haftpflichtversicherung überlassen, die nötigen Riegel vorzuschieben.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
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Auskunft über den weiteren Normzweck geben schließlich die Gründe, die vom historischen Gesetzgeber für die Schaffung einer Spezialregelung zu § 61 a.F., die auch Versicherungsschutz für grob fahrlässig herbeigeführte Schäden umfasst, genannt worden sind.24 Die Ausdehnung auf grob fahrlässig herbeigeführte Schäden hat er u.a. mit der „wesentliche[n] Vereinfachung der Rechtslage“ erklärt, die mit dem Wegfall des Erfordernisses der Fahrlässigkeitsgradfeststellung einhergehe. Zudem sei in der Haftpflichtversicherung die Gefahr, dass „der VN durch die seitens des VR zu leistende Entschädigung einen unberechtigten Gewinn erlange, so gut wie ausgeschlossen“.25 Die Materialien zeigen, dass sich der Gesetzgeber der Gefahr sehr wohl bewusst war, 10 dass einerseits die verhaltenssteuernde Funktion der Haftung durch den Einschluss grober Fahrlässigkeit vermindert (Vor §§ 110–112 Rn. 56) und andererseits der Moral Hazard erhöht wird. Er hat diese Gefahr angesichts der volkswirtschaftlichen Vorteile sowie der Entlastung der sozialen Sicherungssysteme (Vor §§ 110–112 Rn. 36 ff.) und vor dem Hintergrund, dass einer Vermehrung von Haftpflichtfällen seitens der VR durch eine entsprechende Umgestaltung der AVB und erforderlichenfalls durch gesetzgeberische Maßnahmen entgegengewirkt werden kann, als für die Rechtsordnung hinnehmbar angesehen. Der Gesetzgeber hat deshalb auch darauf verzichtet, bei grober Fahrlässigkeit das Recht des VR zum Regress beim VN vorzusehen.26 Ein solcher Verzicht mag für den Fall grober Fahrlässigkeit hinnehmbar sein, jedoch kaum für Fälle vorsätzlichen Verhaltens des VN. Die Erstreckung des Vorsatzes auf die Schadensfolge, die zur Konsequenz hat, dass bloß vorsätzlich begangene Pflicht-, Rechtsguts- oder Schutzgesetzverletzungen ohne Folgen für den VN bleiben, lässt sich insoweit nur schwer mit den Wertungen des bürgerlichen Rechts vereinbaren (vgl. § 276 Abs. 3 BGB). Allerdings lassen sich Beispiele für damit verbundene vergleichbare Privilegierungen des Schädigers – wie zuvor bereits angemerkt – in der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 104 ff. SGB VII) und im Bereich der Arbeitnehmerhaftung finden. Von den dort für die Privilegierung angeführten Gründen – Vertretbarkeit der Schadensabnahme durch die Versichertengemeinschaft, Interesse des Betriebsfriedens, Entlastung des Arbeitnehmers von der vollen Risikozurechnung des Schadens – ließe sich freilich allenfalls die Vertretbarkeit der Schadensabnahme durch die Versichertengemeinschaft als Kriterium für den Bereich der Haftpflichtversicherung heranziehen.27 Hier scheint die Schadensabnahme durch die Versichertengemeinschaft noch vertretbar, soweit sich der Vorsatz auf das haftungsbegründende Verhalten beschränkt. Die von § 103 geforderte Erstreckung des Vorsatzes auf die Schadensfolgen ist grund11 sätzlich als geeignet anzusehen, eine durch die Haftplichtversicherung etwaig bewirkte Minderung der Steuerungswirkung von Haftung, für die nach § 276 BGB ja bereits eine fahrlässige Pflicht-, Rechtsguts- oder Schutzgesetzverletzung genügt, (weiter) herabzusetzen.28 Denn dem VN wird die Möglichkeit an die Hand gegeben, sich mit dem Einwand
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Hierzu Baumann RuS 2005 1, 4. Motive 368 f. Vgl. Bericht der VIII. Kommission des Reichstags, Motive 367 ff.
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27 28
Vgl. BGH 20.11.1979 BGHZ 75 328, 332 ff. = NJW 1980 996, 997. Vgl. BGH 18.10.1952 BGHZ 7 311, 324 = NJW 1952 1291, 1293.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
zu verteidigen, den Schaden nicht gewollt oder jedenfalls berechtigterweise darauf vertraut zu haben, sein Verhalten werde zu keinem Schaden führen.29 Wohlkalkulierte Pflichtverletzungen können damit ohne Sanktion bleiben. Dem VN wird es ermöglicht, unternehmerische Risiken auf den VR zu verlagern. Betroffen sind vor allem die versicherten Gefahren, gegen die die Betriebshaftpflicht- und Vermögensschadenshaftpflichtversicherung sowie die D&O-Versicherung Schutz bietet. Spätestens hier setzen §§ 138, 242 BGB der Haftpflichtversicherung Grenzen, eine Schadensabnahme durch die Versichertengemeinschaft scheint nicht mehr vertretbar. Die verminderte Steuerungswirkung der Haftung für Sach- und Vermögensschäden wird auch nicht durch strafrechtliche Sanktionen ausgeglichen, weil der Versuch einer Sachbeschädigung ebensowenig wie die versuchte Untreue strafbar ist.30 Rechtspolitisch stellt sich deshalb durchaus die Frage, ob die Betriebs-/Berufshaft- 12 pflicht-VR nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sind, diesen Gefahren vorzubeugen, indem sie Ausschlüsse bereits bei vorsätzlich begangenen Pflichtverletzungen eingreifen lassen (zur Abdingbarkeit von § 103 s. Rn. 103 ff.). Freilich kommen auch andere Maßnahmen zur Reduktion des subjektiven Risikos in Betracht. Auf der Ebene des primären Risikos können bestimmte Verhaltensweisen durch Umschreibung des versicherten Risikos vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Selbstbehalte können ebenfalls zur Reduktion des subjektiven Risikos beitragen (Vor §§ 110–112 Rn. 51 ff.). Auf der Ebene der sekundären Risikoabgrenzung kann das subjektive Risiko durch verschuldungsunabhängig ausgestaltete Ausschlüsse (Rn. 108) sowie durch Statuierung von Obliegenheiten verringert werden.
III. Rechtsnatur § 103 begründet einen subjektiven Risikoausschluss. In dem Umfang, in dem der ein- 13 getretene Schaden auf vorsätzlichem Verhalten des VN beruht, für das es keine Rechtfertigung gibt (z.B. aus §§ 228, 229 oder 904 BGB), und der Schaden darüber hinaus vom Vorsatz des VN umfasst ist, besteht von vornherein keine Deckung.31 Es handelt sich also um kein bloßes Leistungsverweigerungsrecht, sondern um eine rechtshindernde Einwendung (Rn. 87). Für Schäden infolge grob fahrlässigen Verhaltens besteht in der Haftpflichtversicherung abweichend von § 81 uneingeschränkt Versicherungsschutz. § 103 ist lex specialis zu § 81.32
29 30 31
Vgl. Späte § 4 Rn. 213. Vgl. BVerfG 23.6.2010 BeckRS 2010 51599 Rn. 149 f. BGH 15.12.1970 VersR 1971 239, 240; vgl. auch BGH 30.9.1980 NJW 1981 113; KG 30.1.2007 VersR 2008 69, 70; OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237, 238; OLG Düsseldorf 28.2.2003 NZV 2003 424; OLG München 16.6.2000 NZV 2001 220 zu
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§ 152 a.F.; Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 1; Römer/Langheid/Langheid § 103 Rn. 2; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 1. BGH 18.10.1952 BGHZ 7 311, 313, 321; OLG Schleswig 25.11.1983 VersR 1984 954, 955; vgl. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 5, 8.
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IV. Besonderheiten in der obligatorischen Haftpflichtversicherung 14
§ 103 gilt auch in der obligatorischen Haftpflichtversicherung.33 Dies folgt aus § 117 Abs. 3 S. 1, wonach der VR nur im Rahmen der von ihm übernommenen Gefahr zur Leistung verpflichtet ist.34 In der Kfz-Haftpflichtversicherung hat der Geschädigte als Ausgleich für den nicht bestehenden Direktanspruch gegen den VR gem. § 115 Abs. 1 Nr. 1 einen Anspruch gegen den Entschädigungsfonds aus § 12 Abs. 1 Nr. 3 PflVG.35 Dieser subjektive Risikoausschluss widerspricht nicht den Vorgaben des Straßburger Abkommens vom 20.4.1959 über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge, da die Bundesrepublik Deutschland von einem entsprechenden Vorbehalt Gebrauch gemacht hat.36 Fraglich ist, ob der subjektive Risikoausschluss mit den Vorgaben der Kfz-Haftpflicht-Richtlinien der EG konform geht, die nunmehr in der RL 2009/ 103/EG vom 16.9.2009 über die Kfz-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht konsolidert worden sind.37 Der BGH hat diese Frage in seinem Urteil vom 18.12.2012 bejaht,38 ohne dabei auf die von Looschelders unter Hinweis auf die Ruiz-Bernáldez-Entscheidung des EuGH vom 28.3.1996 geäußerten Bedenken gegen die Vereinbarkeit mit europäischem Recht einzugehen.39 In jener Entscheidung hatte der EuGH festgestellt, „dass ein Pflichtversicherungsvertrag … bezüglich der Kfz-Haftpflichtversicherung nicht vorsehen darf, dass der VR in bestimmten Fällen, insbesondere im Fall der Trunkenheit des Fahrers, nicht verpflichtet ist, Ersatz für Personen- und Sachschäden zu leisten, die Dritten durch das versicherte Fahrzeug entstanden sind.“40 Dem VR dürfe in solchen Fällen lediglich ein Regressanspruch gegen den Versicherten zugebilligt werden. Der EuGH hat seine Entscheidung u.a. damit begründet, dass die Richtlinien Ungleichbehandlungen der Geschädigten je nach Unfallort vermeiden wollten. Die gegen die deutsche Regelung vorgebrachten Bedenken haben somit durchaus ihre Berechtigung. Sie lassen sich auch nicht damit ausräumen, dass die Zweite und Dritte Kfz-Haftpflicht-Richtlinie ausdrücklich einige Deckungsausschlüsse nennen, die der Geschädigte sich nicht entgegenhalten lassen muss, und hierzu weder die Trunkenheit des Fahrers noch die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls 33
34
BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164; vgl. jew. zu § 152 a.F. BGH 20.6.1990 RuS 1990 291; BGH 30.9.1980 NJW 1981 113, 114 = VersR 1981 40; BGH 15.12.1970 NJW 1971 459, 460 = VersR 1971 239, 240; BGH 27.10.1954 VersR 1954 591; OLG Rostock 5.2.2010 BeckRS 2010 17379; OLG Oldenburg 5.8.2009 Schaden-Praxis 2010 121; OLG Celle 15.5.2003 zfs 2004 122; OLG Düsseldorf 28.2.2003 VersR 2003 1248; OLG Oldenburg 29.4.1998 VersR 1999 482; OLG Hamm 24.2.1988 VersR 1988 1122, 1123. Vgl. jew. zu §§ 158c a.F. BGH VersR 1971 239 = NJW 1971 459; OLG Nürnberg 2.12.2004 zfs 2005 503; OLG Celle 15.5.2003 zfs 2004 122; OLG Düsseldorf 28.2.2003 VersR 2003 1248; OLG Oldenburg 29.4.1998 VersR 1999 482; OLG München 19.1.1990 VersR 1990 484; OLG Hamm 24.2.1988 VersR 1988 1122, 1123;
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Prölss/Martin/Lücke § 117 Rn. 24; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber § 117 Rn. 9; verkannt von OLG Frankfurt 23.5.1996 VersR 1997 224 m. abl. Anm. Langheid VersR 1997 348, 349; Lorenz VersR 1997 349; Lemcke RuS 1996 483. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd V.1 Anm. G 81; Langheid VersR 2003 1248. BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164; OLG Koblenz 12.08.2002 zfs 2003 68, 69; Looschelders VersR 2008 1, 3; Heitmann VersR 1997 941, 942. ABl. EU L 263 vom 7.10.2009, S. 11. BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1165. Looschelders VersR 2008 1, 3; zweifelnd auch Prölss/Martin/Knappmann § 117 Rn. 24. EuGH 28.3.1996 EuZW 1996 735, 736; bestätigt durch EuGH 30.6.2005 EuZW 2005 593 Tz. 18; vgl. jetzt auch EuGH 19.4.2007 NJW 2007 2029, 2030.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
zählen (vgl. Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 Richtlinie 84/5/EWG und Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 90/232/EWG). Insoweit weist Looschelders zu Recht daraufhin, dass die einschlägigen Regelungen nur klarstellende, nicht abschließende Bedeutung haben und daher nicht abschließend sind.41
V. Verhältnis zu Gefahrerhöhungs- und Rettungsobliegenheiten Dem subjektiven Risiko wird auf gesetzlicher Ebene nicht erst und allein durch § 103 15 begegnet, sondern auch durch die Vorschriften zur Gefahrerhöhung (§§ 23 ff.) sowie zur Schadensabwehr und -minderung (§ 82 Abs. 1 und 2). Da diese Vorschriften keine Risikoausschlüsse begründen, sondern Obliegenheiten darstellen, gilt es vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgeregimes, ihr Verhältnis zu § 103 zu klären. 1. Verhältnis zur Gefahrerhöhung Nach der Rechtsprechung finden die Vorschriften über die Gefahrerhöhung (§§ 23 ff.) 16 neben § 103 Anwendung.42 Damit kann es auf der Rechtsfolgenebene zu Konflikten zwischen §§ 23 ff. VVG und § 103 kommen, da der VR bereits bei grob fahrlässig herbeigeführten Gefahrerhöhungen und dadurch verursachten Schadensfällen zur Leistungskürzung berechtigt ist. Wegen der unterschiedlichen Bezugspunkte des Vorsatzes ist der VR zudem schon bei bewusst vorgenommenen Gefahrerhöhungen, die zu Schadensfällen geführt haben, nach § 26 Abs. 1 nicht zur Leistung verpflichtet, während § 103 verlangt, dass sich der Vorsatz des VN auch auf die Schadensfolgen erstrecken muss. Der BGH hat dieses Problem gesehen und festgestellt, dass die Anwendung der §§ 23 ff. nicht zur einer Aushöhlung des § 103 führen dürfe.43 Die Frage, wie der Konflikt zu lösen ist, konnte der BGH offenlassen, weil letztlich das für die Annahme einer Gefahrerhöhung erforderliche Zeitmoment – konkret ging es um eine einmalige Trunkenheitsfahrt – nicht vorlag.44 Eben wegen des Erfordernisses eines Zustandes erhöhter Gefahr, der seiner Natur nach geeignet und von so langer Dauer sein muss, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenverlaufs bilden und damit den Eintritt des Versicherungsfalls generell fördern kann,45 handelt es sich eher um ein theoretisches Problem. Die HaftpflichtVR lösen den Konflikt durch Einbeziehung von Erweiterungen und Erhöhungen des versicherten Risikos in den Versicherungsschutz.46
41 42
43
44 45
Looschelders VersR 2008 1, 3. BGH 18.10.1952 BGHZ 7 311, 313 ff.; RG 3.1.1936 RGZ 150 48 f.; ÖOGH 25.2.1970 VersR 1971 1051; ÖOGH 23.9.1982 VersR 1984 974; vgl. auch Langheid/Wandt/Wrabetz/Reusch § 23 Rn. 125. BGH 18.10.1952 BGHZ 7 311, 321 zu §§ 23, 152 a.F.; vgl. auch Berliner Kommentar/Baumann 152 Rn. 9. BGH 18.10.1952 BGHZ 7 311, 322. BGH 23.6.2004 VersR 2005 218, 219; BGH 5.5.2004 VersR 2004 895, 896; BGH 27.1.1999 VersR 1999 484 f.; BGH
46
11.12.1980 BGHZ 79 156, 158 = VersR 1981 245, 246; BGH 27.6.1951 BGHZ 2 360, 365; BGH 18.10.1952 BGHZ 7 311, 317 = VersR 1952 387, 388; BGH 20.4.1961 BGHZ 35 39, 41; BGH 21.9.1964 BGHZ 42 295, 296; BGH 14.3.1963 VersR 1963 429, 430; ÖOGH 14.6.2000 VersR 2002 127, 128. Vgl. BGH 8.7.1987 NJW-RR 1987 1309; BGH 14.5.1986 RuS 1986 187 ff.; OLG Köln 1.3.1990 RuS 1990 111, 112; OLG Köln 15.9.1988 RuS 1989 9 zu § 152 a.F.; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 3 AHB 2012 Rn. 11 m.w.N.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
2. Rettungsobliegenheiten
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Die Rettungsobliegenheiten (§ 82 Abs. 1 und 2) treffen auch den Haftpflicht-VN. Eine Überschneidung mit § 103 kommt in den Fällen in Betracht, in denen der VN den Schaden vorsätzlich durch Unterlassen herbeigeführt hat. Soweit der Versicherungsfall an den Eintritt des Schadens anknüpft (z.B. Privat- und Betriebshaftpflichtversicherung, vgl. Ziff. 1.1 AHB 2012), setzt die Obliegenheit zur Abwendung und Minderung des Schadens jedoch erst mit Eintritt des (Anfangs-)Schadens ein (§ 82 Rn. 76 f.), so dass sich die Anwendungsbereiche von § 82 und § 103 nicht berühren (zur Rechtslage vor der VVGReform s. § 82 Rn. 45 f.). Stellen die subjektiven Risikoausschlüsse abweichend von § 103 nicht auf den Schadenseintritt ab, sondern lassen Vorsatz hinsichtlich des haftungsbegründenden Verhaltens (Pflichtverletzung), das dem Schadenseintritt vorhergeht, genügen, kommt eine Überschneidung ebenfalls nicht in Betracht. So liegt der Fall in der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung und in der D&O-Versicherung. Die Obliegenheit zur Schadensabwendung und -minderung setzt dort erst nach der Pflichtverletzung (Vermögensschadenshaftpflichtversicherung) oder nach der Anspruchserhebung (D&OVersicherung) ein. Nachdem Ziff. 3.1 AVB-AVG 2013 den Versicherungsschutz nunmehr auch auf Versicherungsfälle aufgrund von vor Vertragsbeginn begangenen Pflichtverletzungen ausdehnt (s. hierzu Kommentierung zu Ziff. 3 AVB-AVG Rn. 79 ff.), lässt sich ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Pflichtverletzung als Beginn der Rettungsobliegenheiten in der D&O-Versicherung nicht mehr rechtfertigen (so noch § 82 Rn. 103).
C. Objektive Tatbestandsvoraussetzungen 18
§ 103 setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der „VN widerrechtlich den bei dem Dritten eingetretenen Schaden herbeigeführt hat“. Im Falle der Fremdversicherung stehen die Versicherten gem. § 47 Abs. 1 dem VN gleich.
I. Herbeiführung des Schadens 19
Der Begriff des Herbeiführens erfasst jedes (mit-)ursächliche, auf den Erfolg (Schaden des Dritten) gerichtete Verhalten des VN.47 Das Verhalten muss die Haftpflichtigkeit des VN zur Folge haben. Soweit er den Schaden durch Unterlassen herbeigeführt hat, muss deshalb eine Rechtspflicht zum Handeln bestanden haben (z.B. Verkehrssicherungspflicht), die er verletzt hat.48 Kausal ist ein Unterlassen für den schädigenden Erfolg, wenn dieser ohne die unterbliebene Handlung nicht eingetreten wäre.
II. Widerrechtlichkeit 20
Das Verhalten des VN muss widerrechtlich sein. Widerrechtlich ist gleichbedeutend mit rechtswidrig49 und bezieht sich auf die Haftpflichtigkeit des VN. Da Rechtswidrigkeit ohnehin Voraussetzung für die Haftung des VN ist, kommt diesem Tatbestands-
47 48
Vgl. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 29. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 12; Römer/Langheid/Langheid § 103 Rn. 14; Rüffer/Halbach/Schimikowski/
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Schimikowski § 103 Rn. 3; Bruck/Möller/ R. Johannsen8 Bd. IV Anm. 222. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 9.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
merkmal in erster Linie klarstellende Bedeutung zu. Soweit in den AHB (vgl. Ziff. 7.1 AHB 2012) das Merkmal der Widerrechtlichkeit nicht genannt wird, stellt dies deshalb keine Abweichung von § 103 dar. Die Rechtswidrigkeit ist nach Ansicht der Rechtsprechung erfolgsbezogen zu beurtei- 21 len.50 Jede nicht durch einen besonderen Rechtfertigungsgrund gedeckte Verletzung eines fremden Rechts oder Rechtsguts durch positives Tun oder Unterlassen ist rechtswidrig. Entsprechendes gilt für die Pflichtwidrigkeit bei Vertragsverletzungen.51 Als Rechtfertigungsgründe kommen Notwehr52 (§ 32 StGB, § 227 BGB) und rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB, §§ 228 S. 2, 904 S. 2 und §§ 229 ff. BGB) 53 in Betracht. Erweist sich das Verhalten infolge des Eingreifens eines Rechtfertigungsgrundes als rechtmäßig, haftet der VN weder nach § 823 ff. BGB noch aus § 280 BGB. Der vom VR geschuldete Versicherungsschutz ist beschränkt auf die Anspruchsabwehr. Eine Haftung für vorsätzliche Sachschäden trotz fehlender Rechtswidrigkeit kann sich jedoch aus §§ 228 S. 2, 904 S. 2 und §§ 229 ff. BGB ergeben.54 In diesen Fällen ist der VR zur Freistellung verpflichtet.55 Überschreitet der VN bei objektiv gegebener Notwehrlage das erforderliche Maß der 22 Abwehr (Notwehrexzess), handelt er zwar rechtswidrig, weil § 33 StGB kein Rechtfertigungsgrund ist.56 Der Vorsatzausschluss greift jedoch nur ein, wenn sich der VN der Überschreitung auch bewusst ist. Für Schadensfolgen, die aus der Überschreitung resultieren und für den VN erkennbar waren, besteht dann kein Versicherungsschutz. Hat der VN die Notwehrlage rechtswidrig und vorwerfbar herbeigeführt (sog. Notwehrprovokation), so wird sein Notwehrrecht durch § 242 BGB eingeschränkt.57 Überschreitet er die Grenzen, handelt er rechtswidrig.58 Hat er die Provokation mit Verletzungsvorsatz angezettelt, besteht für die später tatsächlich eingetretenen Verletzungen kein Versicherungsschutz. Liegen die Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes objektiv nicht vor, geht der 23 VN jedoch irrig von Tatsachen aus, die im Fall ihres Vorliegens sein Eingreifen unter dem Gesichtspunkt der Notwehr oder eines anderen Rechtfertigungsgrundes rechtfertigten (Putativnotwehr), so handelt er zwar widerrechtlich, jedoch nicht vorsätzlich i.S.d. für § 103 maßgeblichen Vorsatzbegriffs (Rn. 26 f.).69 Für Schäden, die er infolge seines Irrtums herbeigeführt hat und für die der VN nur bei Verschulden haftet,60 besteht Versicherungsschutz.61
50 51 52 53
54 55 56 57
Z.B. BGH 12.7.1996 NJW 1996 3205, 3207 m.w.N. Vgl. Palandt/Ellenberger § 276 Rn. 8. Vgl. OLG Frankfurt/M. 19.12.1988 RuS 1991 335. Zum Verhältnis von §§ 228, 904 BGB zu § 34 StGB vgl. nur Staudinger/Repgen (Neubearb. 2009) § 228 Rn. 3. Zu Sonderregelungen s. Staudinger/Repgen (Neubearb. 2009) § 228 Rn. 8 ff. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 27. MüKo-StGB/Erb § 33 Rn. 1 m.w.N. Vgl. OLG Zweibrücken 14.6.2006 BeckRS 2007 12640; OLG Karlsruhe 12.7.1989 RuS 1990 233, 234; zur Beschränkung des Notwehrrechts bei Provokation s. BGH 7.3.2002 NStZ 2002 425, 426.
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BGH 7.6.1983 NJW 1983 2267. OLG Hamm 18.1.2006 VersR 2006 781, 782; OLG Karlsruhe 16.6.1994 RuS 1995 9; OLG Düsseldorf 11.1.1994 RuS 1994 209 ff.; OLG Frankfurt/M. 10.3.1971 NJW 1971 1613, 1614; OLG Düsseldorf 18.1.1977 NJW 1977 587, 588; LG Köln 24.5.2007 24 O 399/06 zitiert nach juris. BGH 26.5.1987 NJW 1987 2509; BGH 23.9.1975 NJW 1976 41, 42; LG Traunstein 14.3.2007 NJW-RR 2007 1324, 1325. Zu eng AG München 15.5.1997 RuS 1999 453, 454, das bei objektiv fehlender Erforderlichkeit oder Gebotenheit der Notwehrhandlung den Rechtfertigungsgrund der Notwehr entfallen lassen will.
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Sind die Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds zwar objektiv gegeben, handelt der VN jedoch ohne Verteidigungs-, sondern mit Angriffswillen, etwa weil er die Notwehr- oder Notstandslage nicht erkennt, stellt sich die Frage, ob das Verhalten als rechtswidrig einzuordnen ist. Die vorherrschende Ansicht bejaht diese Frage.62 Die Gegenansicht, die eine objektive Verteidigungs-/Rettungshandlung genügen lässt,63 hat jedoch die besseren Argumente für sich. Für diese Ansicht spricht vor allem, dass das Zivilrecht nicht der Lehre vom Verhaltensunrecht folgt, sondern der Lehre vom Erfolgsunrecht. Da es also nicht um einen personalen Schuldvorwurf und dessen Sanktion geht, ist nicht recht einsichtig, warum es für eine Rechtfertigung der Notwehr-/Notstandshandlung auf die Willensrichtung des Handelnden ankommen soll.64 Zu Recht hebt die Gegenansicht hervor, dass ein subjektives Rechtfertigungselement eine systemfremde Sanktion für Versuchsunrecht in das Zivilrecht hineintrage, und zieht den Umkehrschluss aus § 228 S. 2 BGB, wonach ein Verschulden des Handelnden bei Entstehung der Notstandslage die Anwendbarkeit des § 228 S. 1 BGB nicht hindere.65
III. Dritter 25
Dritte i.S.d. § 103 sind alle Geschädigten, die nicht mit dem vorsätzlich Handelnden (VN oder versicherte Person) identisch sind. Durch dieses Merkmal wird der Charakter der Haftpflichtversicherung als Fremdschadensversicherung herausgestrichen.
D. Vorsätzliche Schadensherbeiführung I. Begriff des Vorsatzes 26
Die Vorschriften des VVG geben keine Begriffsbestimmung des Vorsatzes. Sie setzen diesen ebenso wie die entsprechenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts als gegeben voraus. Die im Zivilrecht für die Definition des vorsätzlichen Verhaltens entwickelten Grundsätze gelten daher auch für § 103.66 Vorsätzlich ist somit gleichbedeutend mit „wissentlich und willentlich.“67 Da sich der Vorsatz nach § 103 auf die Herbeiführung des Haftpflichtschadens beziehen muss, genügt es – anders als bei § 8168 – jedoch nicht, dass der VN den Erfolg vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen hat (Vorsatz im natürlichen Sinne). Vielmehr ist erforderlich, dass der Erfolg objektiv pflichtwidrig/ rechtswidrig ist und der VN sich dessen auch bewusst gewesen ist. Er muss den pflichtwidrigen/rechtswidrigen Erfolg vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben (Vorsatz im Rechtssinn).69 Demgemäß entfällt der Versicherungsschutz durch § 103 nicht, wenn der VN zwar mit natürlichem Vorsatz, aber rechtmäßig (z.B. in Notwehr 62
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Vgl. BGH 30.10.1984 BGHZ 92 357, 359; Palandt/Ellenberger § 228 Rn. 7; Bamberger/ Roth/Dennhardt § 228 Rn. 8; JurisPK/Backmann § 228 Rn. 10; Soergel/Fahse § 228 Rn. 22; Staudinger/Werner (2001) § 228 Rn. 20; BGB-RGRK/Johannsen § 228 Rn 14. Staudinger/Repgen Neubearb. 2009 § 228 Rn. 32; MüKo-BGB/Grothe § 228 Rn. 11; Jaunerig/Jauernig § 288 Rn. 2. Staudinger/Repgen (Neubearb. 2009) § 228 Rn. 32.
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MüKo-BGB/Grothe § 228 Rn. 11; vgl. auch Staudinger/Repgen (Neubearb. 2009) § 228 Rn. 32. Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 3; Berliner/Kommentar/Baumann § 152 Rn. 15. Vgl. Staudinger/Löwisch/Caspers Neubearb. 2009 § 276 Rn. 22. Vgl. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 58. Vgl. hierzu BGH 15.7.2008 NJW 2009 681, 684; BGH 8.2.1965 NJW 1965 962, 963 =
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
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oder im zivilrechtlichen Notstand) gehandelt hat. Nimmt er irrig an, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Notwehrhandlung gegeben seien (Putativnotwehr), liegt gleichfalls kein vorsätzliches Handeln im Sinne des zivilrechtlichen Vorsatzbegriffes vor.70 Vorsätzliches Handeln im Sinne des Zivilrechts liegt auch dann nicht vor, wenn der VN unzurechnungsfähig i.S.d. §§ 827, 828 BGB ist.71 Soweit die Unzurechnungsfähigkeit dazu führt, dass der VN nicht haftet, beschränkt sich der Versicherungsschutz auf Anspruchsabwehr.72 Unerheblich ist, ob es dem VN darauf ankommt, den missbilligten Erfolg zu erreichen 27 (Absicht), er den Erfolg zwar nicht beabsichtigt, jedoch weiß oder es für sicher hält, dass der Erfolg eintritt (direkter Vorsatz), oder er den Erfolg nur für möglich hält und den Eintritt billigend – wenn auch nicht in allen Einzelheiten – in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihm abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein (bedingter Vorsatz).73 Vom bedingten Vorsatz abzugrenzen ist die bewusste Fahrlässigkeit, die vorliegt, „wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft – nicht nur vage – darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.“74 Schlagwortartig lässt sich die Einstellung eines bewusst fahrlässig handelnden Täters mit „Es wird schon gut gehen“, die eines mit Eventualvorsatz handelnden mit „Und wenn schon …“ darstellen.75 Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist somit die innere Haltung des VN.
II. Zum Umfang des Vorstellungsbildes Wie bereits mehrfach erwähnt, muss der Vorsatz des VN nach § 103 nicht nur die 28 Schädigungshandlung umfassen, sondern auch den konkret eingetretenen Schaden, d.h. die Verletzungsfolgen. Nicht erforderlich ist, dass der VN den Schaden in allen Einzel-
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71
72 73
VersR 1965 493, 495; BGH 28.4.1958 VersR 1958 361, 362; OLG Saarbrücken 27.5.2009 ZfS 2009 699; OLG Karlsruhe 19.2.2009 VersR 2009 923; OLG Celle 22.11.2007 OLGR Celle 2008 63, 64; OLG Hamm 18.1.2006 RuS 2006 493, 494; OLG Hamm 26.11.2003 RuS 2004 145, 146; OLG Düsseldorf 29.4.1976 VersR 1976 1093, 1094; OLG Celle 7.1.1970 VersR 1970 314, 315; Fenyves VersRdSch 1988 104. Vgl. BGH 28.4.1958 VersR 1958 361; OLG Schleswig 28.6.1984 VersR 1984 1163, 1164; OLG Karlsruhe 16.6.1994 RuS 1995 9; OLG Düsseldorf 11.1.1994 RuS 1994 209, 210 = VersR 1994 850, 851; AG Hamburg 9.8.1988 ZfS 1989 280; R. Johannsen RuS 2000 133. Vgl. BGH 29.1.10.2008 RuS 2010 16 ff.; Hans. OLG Hamburg 23.10.1991 RuS 1993 174 = VersR 1992 1126. Späte § 4 Rn. 205. St. Rspr., vgl. BGH 15.7.2008 NJW 2009 681, 684; BGH 17.6.1998 VersR 1998 1011, 1012; BGH 20.11.1979 VersR 1980 164, 165; BGH 15.12.1970 VersR 1971 239, 240; BGH
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13.7.1964 VersR 1964 916; BGH 9.6.1958 VersR 1958 469; OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237, 239; OLG Karlsruhe 24.3.2005 VersR 2005 781, 782; OLG Nürnberg 2.12.2004 NJW-RR 2005 466, 469; OLG Hamm 26.11.2003 RuS 2004 145, 147; OLG Saarbrücken 11.11.1992 VersR 1993 1004, 1005; KG 5.6.1989 VersR 1989 1188; OLG Schleswig 28.6.1984 VersR 1984 1163, 1164; OLG Nürnberg 12.2.1981 VersR 1981 1123; OLG Frankfurt/M. 26.5.1977 VersR 1977 829; OLG Hamm 24.8.1973 VersR 1973 1133, 1135; Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 5; Rüffer/Halbach/Schimikowski/ Schimikowski § 103 Rn. 3; zu Nachweisen aus der älteren Rspr. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 223. Vgl. z.B. BGH 25.3.1999 NJW 1999 2533, 2534; OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237, 239. OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237, 239; Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 21.
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heiten vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen hat. Es reicht aus, wenn er die Folgen der Schädigungshandlung in groben Umrissen voraussehen konnte und ihren Eintritt wenigstens billigend in Kauf genommen hat.76 An diesen Voraussetzungen soll es fehlen, wenn der eingetrene Schaden nach Art und Schwere und/oder in Hinblick auf den erwarteten oder vorhersehbaren Ablauf von den Vorstellungen des VN wesentlich abweicht.77 Die Abgrenzung, ob in diesem Sinne eine wesentliche oder unwesentliche Abweichung von dem Vorstellungsbild des Handelnden vorliegt, ist im Einzelfall schwierig,78 weil der subjektive Tatbestand auf die konkreten Umstände des Einzelfalls bezogen und die Person des VN individuell zu ermitteln ist. Dabei geht es nicht nur um die Willensrichtung. In die abschließende Bewertung müssen auch die ebenso schwer feststellbaren Vorstellungen des Täters über die Risikolage Eingang finden. Schwierigkeiten bei der Bewertung und daraus resultierende Unsicherheiten und Unwägbarkeiten sind die zwangsläufige Folge. Willkürlich anmutende Entscheidungen sind nicht auszuschließen. Nur selten wird der VN wirklich gezielt einen bestimmten Schaden herbeiführen wol29 len. In den meisten Fällen wird er sich keine genaueren Vorstellungen über das Ausmaß des angerichteten Schadens gemacht haben. Das Ausschlagen von Zähnen, der Bruch des Kiefers, der Verlust des Auges oder das Platzen des Trommelfells lassen sich bei einem Faustschlag nicht wirklich planen. Es handelt sich in all diesen Fällen nur um die mehr oder weniger wahrscheinlichen Folgen eines auf vorsätzlicher Willensbetätigung beruhenden Verhaltens. Wer auf einen Menschen schießt, um ihn zu töten, kann sich seines Erfolges ebenfalls nicht sicher sein. Möglicherweise wird das Opfer nur schwer verletzt. Gleichwohl besteht für die Schadensersatzansprüche des Opfers keine Deckung. In Anlehnung an die im Strafrecht von der ganz h.M. vertretenen Einheitstheorie ist in jedem Tötungsvorsatz als wesensgleiches Minus nämlich ein entsprechender Körperverletzungs-
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Vgl. BGH 17.6.1998 VersR 1998 1011, 1012 = RuS 1998 367; BGH 26.9.1990 NJW-RR 1991 145, 146; BGH 20.11.1979 BGHZ 75 328, 329 = NJW 1980 996; 1980 164; BGH 13.7.1964 VersR 1964 916; BGH 9.6.1958 VersR 1958 469; BGH 27.10.1954 VersR 1954 591; RG 20.4.1917 VA 1917 62; OLG Hamm 11.11.2011 RuS 2012 284, 285; OLG Hamm 27.4.2011 BeckRS 2011 18634; OLG Saarbrücken 27.5.2009 zfs 2009 699; OLG Karlsruhe 19.2.2009 VersR 2009 923; OLG Koblenz 6.7.2007 NJW-RR 2008 45, 46; OLG Celle 22.11.2007 OLGR Celle 2008 63; OLG Schleswig 22.11.2007 RuS 2008 67, 68; OLG Hamm 18.1.2006 VersR 2006 781, 782; OLG Nürnberg 2.12.2004 NZV 2005 267, 268; OLG Düsseldorf 17.12.2002 RuS 2004 457; OLG Saarbrücken 14.11.2001 VersR 2004 507, 510; OLG Karlsruhe 20.3.2003 VersR 2003 987, 988; OLG Frankfurt/M. 26.2.2003 zfs 2003 359, 360, 360; Hans. OLG Hamburg 23.10.1991 RuS 1993 174 = NJW-RR 1992 1188; OLG Saarbrücken 11.11.1992 VersR 1993 1004, 1005; OLG Düsseldorf 23.3.1966 VersR
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1966 481; OLG Düsseldorf 18.1.1977 VersR 1977 745; OLG Düsseldorf 25.5.1999 VersR 2000 447, 448; OLG Düsseldorf 12.12.2000 NVersZ 2001 572 = VersR 2002 89, 90; OLG Köln 14.12.1977 VersR 1978 265; OLG Köln 30.11.1989 RuS 1990 14; OLG München 1.10.1976RuS 1977 53; OLG Saarbrücken 11.11.1992 VersR 1993 1004, 1005; OLG Düsseldorf 18.1.1977 VersR 1977 745; ÖOGH 9.3.1999 VersR 2001 220; vgl. Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 5, 10 ff.; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 6; Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 18; E. Lorenz VersR 2000 2, 6. Vgl. OLG Hamm 27.4.2011 BeckRS 2011 18634; OLG Karlsruhe 19.2.2009 VersR 2009 923; OLG Schleswig 22.11.2007 RuS 2008 67, 68; OLG Koblenz 6.7.2007 NJWRR 2008 45, 46; OLG Köln 31.05.1994 RuS 1995 9; Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 5, 10 f.; Späte § 4 Rn. 200; Littbarski § 4 Rn. 375. Kritisch Littbarski § 4 Rn. 375; vgl. auch Späte § 4 Rn. 200.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
vorsatz enthalten, weil die Körperverletzung notwendiges Durchgangsstadium einer Tötung ist.79 Der VN kann sich in solchen Fällen, in denen die Verletzungsfolgen hinter seinen Vorstellungen zurückbleiben, auch nicht darauf berufen, dass der eingetrene Schaden nach Art und Schwere und/oder in Hinblick auf den erwarteten oder vorhersehbaren Ablauf von seinen Vorstellungen abweiche. Anders liegt der Fall, wenn die Verletzungsfolgen über seine Vorstellungen hinausgehen. Bloße Irrtümer in der Person des Verletzten (error in persona) schließen den Vorsatz dagegen nicht aus.80 Wann eine den Vorsatz hinsichtlich der Schadensherbeiführung ausschließende 30 wesentliche Abweichung von den Vorstellungen des VN vorliegt, hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Abweichungen sich im Hinblick auf die konkrete Tatsituation, die Art der Tatausführung und die sonstigen Umstände innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren halten und deshalb keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen.81 Nach allgemeiner Lebenserfahrung voraussehbar sind naheliegende und im Zusammenhang mit einem bestimmten Verhalten typischerweise entstehende Schädigungen als unmittelbare Folge der Verletzungshandlung. Hierbei handelt es sich um das objektivierbare Teilelement des Eventualvorsatzes. War die Schadensfolge nach allgemeiner Lebenserfahrung voraussehbar, ist in einem zweiten Schritt festzustellen, ob der VN dies auch in der konkreten Situation sowie nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten voraussehen konnte. Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass das, was im Rahmen der allgemeinen Lebenserfahrung voraussehbar ist, auch vom VN hätte vorausgesehen werden können, sofern sich aus den Umständen oder der Person des VN keine gegenteiligen Besonderheiten ergeben. Es ist eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände vorzunehmen.82 Insoweit beurteilt sich die Vorhersehbarkeit der Schadensfolgen im Rahmen von § 103 nach denselben Maßstäben wie die strafrechtlich relevante Vorhersehbarkeit.83 Deshalb kann auf die von der Strafgerichtsbarkeit zur Abgrenzung von bewusster Fahrlässigkeit und Eventualvorsatz entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden. Neben Gewicht und Nähe des Schadens sind je nach Sachlage zu berücksichtigen: die Motivation des VN; die Gleichgültigkeit des VN gegenüber dem möglichen Erfolgseintritt; sein Wissensstand, auch konkretes Wissen um die Gefährlichkeit der von ihm gewählten Angriffsart; die Schnelligkeit des Geschehensablaufs und die Spontanität des Tatentschlusses; der Grad seiner Intelligenz; seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit, namentlich auch die jeweilige seelische Belastung; die Gefährlichkeit seiner Angriffsweise im Hinblick auf die jeweilige Tatsituation, und seine Vermeidebemühungen; der Umstand, ob er zugleich sich selbst oder ihm nahe stehende Personen gefährdet hat; sein Nachtatverhalten, soweit es Rückschlüsse auf den psychischen Zustand zur Tatzeit zulässt; Besonderheiten seiner Persönlichkeit, aus denen Hinweise auf die Motivlage ableitbar sind.84
79
80 81 82
Vgl. Lackner/Kühl StGB 26. Aufl. (2007) § 212 Rn. 7 f.; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. (2007) § 211 Rn. 49 jeweils m. zahlr. w.N. Späte § 4 Rn. 201. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 19. BGH 13.3.2007 NStZ-RR 2007 199, 200;
83
84
BGH 4.11.1988 BGHSt 36 1, 10 = NJW 1989 781, 784. Hierzu BGH 25.10.1990 NJW 1991 933, 934; BGH 21.4.1955 BGHSt 7 325, 329 = 1955 1077; OLG Stuttgart 30.7.1981 NJW 1982 295, 296. Lackner/Kühl StGB 27. Aufl. 2011, § 15 Rn. 25 m.w.N.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
III. Kasuistik 31
Nachstehend werden exemplarisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit Beispiele aus der Rechtsprechung zur Reichweite des Vorsatzes zusammenfassend wiedergegeben: 1. Körperverletzung a) Allgemein
32
OLG Karlsruhe 27.9.2012 RuS 2012 592: Grätscht ein Fussballspieler, der seinem Gegenspieler angedroht hat, ihm bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen, mit 20 bis 30 Metern Anlauf und gestrecktem Bein von hinten in seinen Gegner hinein, ohne den Ball erreichen zu können, liegt hinsichtlich des Wadenbeinbruchs, der Verletzung des Sprunggelenks und der Zufügung mehrere Bänderrisse bedingter Vorsatz vor. OLG Hamm 27.4.2011 RuS 2011 469: Auf der Grundlage des feststehenden Sachverhalts lässt sich allenfalls feststellen, dass der Kläger Schmerzen bzw. Luftnot der Geschädigten billigend in Kauf genommen hat. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auch die Bewusstlosigkeit der Geschädigten einschließlich der hierdurch bedingten Verletzungsfolgen billigend in Kauf genommen hätte, sind hingegen weder dargetan noch sonst ersichtlich. BGH 29.10.2008 RuS 2010 16: Durch Konsum großer Mengen alkoholischer Getränke kann der VN in einen Zustand geraten, der die Annahme vorsätzlicher Schädigung verbietet (hier: Schultereckgelenkssprengung mit Abriss mehrerer Bänder, HWS-Distorsion, Becken- und Gesäßprellung infolge körperlicher Angriffe). Deuten Indizien darauf hin, dass der VN zur Tatzeit erheblich betrunken war und deutliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigte, verletzt die Zurückweisung eines beantragten Beweises durch Zeugen, die zum Trinkverhalten des VN aussagen sollten, den Anspruch auf rechtliches Gehör. OLG Celle 22.11.2007 OLGR Celle 2008 63: Der Vorsatz desjenigen, der einem anderen einen Faustschlag in das Gesicht versetzt, richtet sich in der Regel nur darauf, seinem Gegner einen augenblicklichen Schmerz zuzufügen, ihn damit zu strafen, zu warnen oder zu demütigen. Allenfalls nimmt er noch billigend in Kauf, dass der Gegner Gesichtsverletzungen erleidet, Zähne verliert oder, wenn es sich um einen besonders heftigen Schlag handelt, zu Boden stürzt. Es kann aber nicht das allgemeine Bewusstsein angenommen werden, dass ein Faustschlag weitere Verletzungsfolgen wie bspw. schwere Schädel-Hirnverletzungen haben kann. Anders wäre das möglicherweise zu beurteilen, wenn der Kläger mehrfach auf den Geschädigten eingeschlagen oder auch noch nach dessen Fall auf den am Boden liegenden Geschädigten eingetreten hätte. Hinzu kommt, dass der Kläger zum Tatzeitpunkt gerade einmal 18 Jahre alt war und ein Heranwachsender in diesem Alter die Folgen seines Tuns noch nicht so in alle Details gehend reflektiert wie ein Erwachsener mit entsprechender Lebenserfahrung. LG Köln 24.5.2007 24 O 399/06 zitiert nach juris: Bei einem Schlag auf den Kopf, der einen Aufprall des Geschädigten auf das Straßenpflaster zur Folge hat, sind Verletzungen am und im Kopf (Blutgerinnsel im Gehirn löste Schwerhörigkeit aus) vom Vorsatz umfasst. OLG Hamm 18.1.2006 VersR 2006 781: Bei einem gezielten und heftigen Schlag ins Gesicht, durch den der Geschädigte „niedergestreckt“ wird, ist der Vorsatz hinsichtlich einer Orbitabodenfraktur ((Durch-)Bruch des Augenhöhlenbodens zur Kieferhöhle) zu bejahen.85 LG Dortmund 17.2.2005 2 O 148/04 zitiert nach juris: Zwar mag der Kläger billigend eine tätliche Auseinandersetzung mit dem Polizeibeamten F. in Kauf genommen haben, sofern er, wie die Beklagte behauptet, mit erhobenen Fäusten auf diesen zulief. Es erscheint aber ausgeschlossen, dass er hierdurch die Verletzung des Polizeibeamten infolge eines von diesem selbst geführten Faustschlags billigte. Ein derartiger Geschehensablauf dürfte von der Vorstellung des Klägers überhaupt
85
Vgl. auch OLG Hamm 11.6.1985 RuS 1986 305, 306.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
nicht erfasst gewesen sein, selbst wenn er trotz seiner alkoholischen Beeinflussung erkannt haben sollte, dass der Polizeibeamte sein Verhalten als Angriff werten und sogleich zur Gegenwehr übergehen werde. OLG Köln 23.1.2001 RuS 2001 190: Hat der VN dem Geschädigten einen Fußtritt versetzt, der zu einem Wadenbeinbruch und Bänderabriss führte, kann nicht von einer vorsätzlichen Körperverletzung ausgegangen werden, wenn nicht festgestellt werden kann, ob der Tritt während eines Gerangels mit dem Geschädigten erfolgte oder ob der Tritt erst erfolgte, nachdem der Geschädigte bereits hingefallen war. OLG Hamm 18.8.2000 RuS 2001 145: Versetzt der VN dem Kläger nicht nur einen Faustschlag in seiner Wohnung, sondern misshandelt ihn auch im Treppenhaus weiter, stößt ihn schließlich aus dem Haus und tritt auf den am Boden liegenden Kläger ein, sind Hautabschürfungen, Prellungen und Blutergüsse an Kopf und Körper als typische Verletzungen vom Tätervorsatz miterfasst. LG Osnabrück 17.11.1999 NVersZ 2000 301: Verfolgt ein Autoeigentümer eine Gruppe Jugendlicher, von denen er annimmt, sie hätten seinen Pkw beschädigt, und kommt bei den anschließenden Handgreiflichkeiten einer der Jugendlichen dergestalt zu Fall, dass er sich den Oberschenkel bricht, dann muss der Privathaftpflichtversicherer des Autoeigentümers, wenn er wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls nicht eintreten will, beweisen, dass der Autoeigentümer mit Verletzungsvorsatz handelte; er muss darlegen, welchen Kausalverlauf sich der Autoeigentümer vorgestellt hatte, insbesondere, ob er eine fortdauernde Körperverletzungsfolge wollte. OLG Düsseldorf 25.5.1999 VersR 2000 447: Streckt der Kläger das Opfer grundlos mit einem Faustschlag an die Schläfe nieder und schlägt dessen Kopf zusätzlich auf den Boden, sind Gehirnerschütterung und Schädelprellung vom Vorsatz umfasst. Auch wenn der Kläger erheblich angetrunken war, lagen für ihn die eingetretenen naheliegenden Folgen auf der Hand. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Ereignisses bereits 40 Jahre alt und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er in angetrunkenem Zustand bei einer Schlägerei dem ebenfalls bereits am Boden liegenden Opfer gegen den Kopf getreten und ihm dadurch den Anbruch des Nasenbeins und eine Gehirnerschütterung zugefügt hatte. Der Kläger kannte daher die Gefährlichkeit seiner Angriffshandlungen und wusste, welche Folgen sie bei seinem Opfer hervorrufen konnten. OLG Köln 16.3.1999 VersR 1999 1270: Intensität und Gefährlichkeit eines Angriffs lassen auf eine bedingt vorsätzliche Körperverletzung mit Umfassung der Verletzungsfolgen schließen. Im Rahmen der folgenden Auseinandersetzung schlug der Kläger mit der Faust massiv auf den Zeugen K. ein und traf ihn u.a. an der linken Schläfe. Einzelheiten dazu sind zwischen den Parteien streitig. Anschließend schlug der Kläger auch noch mit der Faust in Richtung des Kopfes des mit der Absicht zu schlichten herbeigeeilten Zeugen P.C. und traf ihn am linken Auge. Der Zeuge K. erlitt durch einen von dem Kläger geführten Schlag ein epidurales Hämatom mit Arterienriß. Es bestand akute Lebensgefahr. Nach eintretender Bewusstseinstrübung wurde im Kreiskrankenhaus E. eine notfallmäßige osteoklastische Trepanation links temporal durchgeführt und das epidurale Hämatom ausgeräumt. OLG Hamm 16.10.1998 RuS 1999 102: Hat ein VN in alkoholisiertem Zustand aus Eifersucht einem „Rivalen“ einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, wodurch eine Le Fort II-Fraktur, eine Nasengerüstfraktur und Schmelz-Dentinfrakturen verursacht wurden, kann die Privathaftpflichtversicherung Versicherungsschutz nicht unter Berufung auf den Leistungsausschluss „Vorsatz“ verweigern, wenn es hinreichende Anhaltspunkte dafür gibt, dass der VN die von ihm herbeigeführten Verletzungsfolgen nicht oder nicht in ihrem wesentlichen Umfang als möglich erkannt und für den Fall ihres Eintritts gewollt oder im Sinne bedingten Vorsatzes billigend in Kauf genommen hat. Solche Anhaltspunkte liegen vor, wenn von einer starken Alkoholisierung auszugehen ist, die zu einer erheblichen Verminderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des VN zur Tatzeit geführt hat. Dann kann die Verminderung der Einsichtsfähigkeit Einfluss auf die Vorhersehbarkeit und Billigung der Verletzungsfolgen gehabt haben und die Minderung der Steuerungsfähigkeit kann dazu geführt haben, dass der Schlag heftiger ausgefallen ist, als es geplant war. OLG Hamm 6.11.1996 RuS 1997 103: Hat der VN bei einer tätlichen Auseinandersetzung einen Brillenträger ins Gesicht geschlagen, hat er im Sinne bedingten Vorsatzes nicht notwendigerweise auch billigend in Kauf genommen, dass es (durch zersplitterndes Brillenglas) bei dem Verletzten zu
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schweren Augenverletzungen und einer Erblindung (hier: auf einem Auge) kommt. Sind keine besonderen Umstände erkennbar (etwa einschlägige Vorstrafen des VN oder besondere Schädigungsabsicht im Einzelfall) kann nicht davon ausgegangen werden, dass der VN hinsichtlich der zugefügten Verletzungen vorsätzlich gehandelt hat. OLG Karlsruhe 28.3.1996 RuS 1996 301: Schlägt bei einer tätlichen Auseinandersetzung im Rahmen eines Fußballspiels der VN einen Gegenspieler mit der Faust ins Gesicht, nimmt er damit – soweit kein Anhaltspunkt für eine abweichende Bewusstseinslage gegeben ist – knöcherne Verletzungen im Gesicht des Geschädigten billigend in Kauf. LG Duisburg 7.7.1994 RuS 1995 378: Wer einem anderen Faustschläge ins Gesicht versetzt, nimmt erhebliche Verletzungen des Gegners im Gesichtsbereich (Jochbeinbruch) billigend in Kauf. OLG Karlsruhe 16.6.1994 RuS 1995 408: Zielt das Handeln des Täters lediglich auf eine Misshandlung, die Zufügung eines augenblicklichen Schmerzes, um das Opfer zu strafen, zu warnen oder zu demütigen, so lässt sich daraus im Allgemeinen nicht der Schluss ziehen, er habe auch Gesundheitsbeschädigungen (Hüftluxation mit Pfannengrundfraktur sowie eine Schambeinfraktur) in das sein Handeln steuernde Bewusstsein aufgenommen. OLG Köln 11.11.1993 RuS 1994 373: War es die primäre Absicht des VN sich von einem ihn festhaltenden Polizeibeamten loszureißen, kann daraus nicht zwingend darauf geschlossen werden, er habe eine Körperverletzung des dabei zu Fall gekommenen Polizeibeamten zumindest billigend in Kauf genommen.86 OLG Hamm 6.1.1993 RuS 1993 451: Wenn der VN einen Menschen anhebt und wegschleudert, ist ein Unterschenkelbruch als Folge des Sturzes keineswegs ungewöhnlich. Der Vorsatzausschluss greift jedoch ein, wenn nicht auszuschließen ist, dass der VN sich lediglich Prellungen und Abschürfungen als mögliche Verletzungsfolgen vorgestellt hat. OLG Bremen 1.11.1991 RuS 1992 10: Fällt der Verletzte nach einem Umklammern des Versicherten mit einer Beinschere zu Boden und zieht er sich dabei einen komplizierten Trümmerbruch des rechten Schien- und Wadenbeins sowie des Fußgelenks zu, so ist Vorsatz nicht nachgewiesen, wenn ungeklärt bleibt, ob der Versicherte den anderen mit der Beinschere festhalten oder zu Fall bringen wollte. Hans. OLG Hamburg 23.10.1991 VersR 1992 1127: Wer einen erkennbar Alkoholisierten rückwärts von einer Treppe mit acht Stufen hinunterstößt, muss mit der Möglichkeit von Knochenbrüchen rechnen und nimmt diese billigend in Kauf. Damit hat der VN eine schwere Körperverletzung (hier: Lendenwirbelbruch mit Lähmungserscheinungen in den Beinen) zumindest bedingt vorsätzlich herbeigeführt. Ein Blutalkoholwert von 2 ‰ schließt vorsätzliches Handeln nicht aus, denn auch für einen Betrunkenen bleibt erkennbar, dass bei einem Sturz rückwärts von einer Treppe die Gefahr von Knochenbrüchen naheliegt. OLG Köln 11.7.1991 VersR 1992 89: Angesichts der großen Härte, mit der der VN den Geschädigten angesprungen, mit den Fäusten traktiert und schließlich zu Boden gebracht hat, und aufgrund des Umstandes, dass es nach der Lebenserfahrung für jedermann auf der Hand liegt, dass bei einem solchermaßen herbeigeführten Sturz leicht Verletzungen an den Extremitäten eintreten können, muss vom äußeren Geschehensablauf darauf geschlossen werden, dass der VN auch im Hinblick auf die Schadensfolgen bedingt vorsätzlich gehandelt hat. LG Bremen 29.8.1991 RuS 1992 11: Wer nach einem vorbeifahrenden Mopedfahrer greift, der daraufhin stürzt und sich dabei eine Unterschenkelverletzung zuzieht, hat diese Verletzung zumindest billigend in Kauf genommen und damit vorsätzlich gehandelt. OLG Hamm 19.4.1991 VersR 1992 90: Stößt ein Diskothekangestellter einen stark Angetrunkenen von einem drei Stufen hohen Gaststelleneingang herunter, so kann vom äußeren Geschehensablauf noch nicht geschlossen werden, dass er einen Außenknochenbruch des linken Sprunggelenks billigend in Kauf genommen hat.
86
Vgl. auch OLG Koblenz 7.7.1995 RuS 1995 334.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
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OLG Köln 30.11.1989 RuS 1990 14: Stürzt der Verletzte nach einem Faustschlag ins Gesicht zu Boden und zieht er sich dabei eine Knieinnenbandzerrung und eine Teilruptur des Kreuzbandes zu, so handelt es sich bei dieser Verletzung um keine typische Folge eines rückwärtigen Sturzes. Vorhersehbar – und damit vorsätzlich – sind bei einem Sturz infolge Schlages ins Gesicht Verletzungen am Kopf und im Gesicht oder Prellungen an Arm und Rücken, nicht aber untypische Verletzungen wie die hier primär auf einer ruckartigen Drehbewegung des Kniegelenks beruhende Verletzung. LG Osnabrück 5.10.1989 zfs 1989 389: Wer einem anderen kräftig das Knie in den Unterleib stößt, rechnet üblicherweise zwar mit einer Verletzung der empfindlichen Geschlechtsorgane in der Form eines Blutergusses in der Hodenhöhle, nicht aber mit erheblich schwerwiegenderen Folgen wie einem Hodenriss. Wird deshalb eine Entfernung des Hodens erforderlich, so besteht im Rahmen der allgemeinen Haftpflichtversicherung Versicherungsschutz. OLG Schleswig 28.6.1984 VersR 1984 1163: Bei der Feststellung des Vorsatzes ist der Senat nicht gehindert, aus dem äußeren Geschehensablauf Rückschlüsse auf den Grad des Verschuldens zu ziehen und sich dabei auf die Lebenserfahrung und allgemeinen Erfahrungssätze zu stützen. Nach gefestigter Rechtsprechung braucht der VN nicht den genauen Umfang der Wirkung seines Handels vorausgesehen zu haben. Wer seinen Gegner schwer mit der Hand an den Kopf schlägt, braucht die dabei entstehenden körperlichen Schäden, z.B. den Verlust von Zähnen oder das Platzen des Trommelfells, nicht im Einzelnen in seine Vorstellung aufgenommen zu haben. Er kann nur solche Folgen der Schläge nicht gewollt oder nicht billigend in Kauf genommen haben, die gewöhnlich nicht aus Schlägen ins Gesicht herrühren.87 OLG Hamm 12.11.1980 VersR 1981 789: Stößt der VN jemanden mit den Händen zu Boden, stellt er sich in der Regel lediglich Prellungen und Abschürfungen als möglich vor und rechnet nicht mit knöchernen Verletzungen des Fußes oder der Beine. Dagegen spricht, dass der VN sich, als das Opfer nach dem zweiten Sturz offenbar erheblich verletzt am Boden liegenblieb, spontan entschuldigte. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass der VN über die Folgen seiner Tat selbst erschrocken war, diese also nicht gewollt hat. OLG Hamm 4.2.1980 zfs 1981 25: Wer einem anderen kräftig das Knie in den Unterleib stößt, rechnet zwar mit einer Verletzung der empfindlichen Geschlechtsorgane (Bluterguss in die Hodenhöhle), aber nicht mit einer dauernden Einschränkung der Zeugungsfähigkeit. OLG Düsseldorf 18.1.1977 VersR 1977 745: Wer einem anderen einen so kräftigen Faustschlag ins Gesicht versetzt, dass dieser zu Bogen stürzt, verliert wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens Haftpflichtversicherungsschutz, soweit es sich um die Folgen von Verletzungen handelt, die der Geschädigte im Bereich der Augen erleidet. Der Versicherungsschutz bleibt dagegen für Ansprüche bestehen, die der Verletzte aus einem bei dem Sturz erlittenen Bruch von vier Mittelfußknochen herleitet. BGH 26.5.1971 VersR 1971 806: Stirbt der Geschlagene jedoch an den Folgen der „Ohrfeige“, etwa weil er unglücklich auf den Hinterkopf fällt, so wird in aller Regel der Vorsatz zu verneinen sein, weil nur eine Misshandlung gewollt war. BGH 9.6.1958 VersR 1958 469: Wer seinen Gegner schwer mit der Hand auf den Kopf schlägt, muss mit den dabei entstehenden körperlichen Schäden, also z.B. Verlust von Zähnen, Platzen des Trommelfelles usw., rechnen. Ein derartig handelnder VN kann sich daher auch nicht damit verteidigen, dass er infolge seiner Wut gar keine Überlegungen über konkrete Schadensfolgen habe anstellen wollen und können. Hingegen wird der durch eine vorsätzliche Körperverletzung herbeigeführte Tod des Gegners zumeist nicht vom Vorsatz umfasst gewesen sein, auch wenn eine schwere Misshandlung gewollt war.
87
Vgl. Hans. OLG Hamburg 26.1.1983 VersR 1983 1021; OLG Düsseldorf 18.1.1977 VersR 1977 745, 746; OLG Hamm
12.11.1980 VersR 1981 789; OLG Hamm 8.7.1981 VersR 1982 641.
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b) Körperverletzung unter Einsatz von gefährlichen Werkzeugen
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OLG Karlsruhe 19.2.2009 VersR 2009 923: Schlägt der VN in einem Festzelt einem anderen Gast mit einem Bierkrug so fest auf den Kopf, dass der Krug zerbricht und umherfliegende Scherben in unmittelbarer Nähe stehende Personen verletzen, so handelt er bezüglich dieser Verletzungen nicht (bedingt) vorsätzlich, wenn seine Behauptung, er habe bei der Ausführung der Tat überhaupt nicht daran gedacht, dass umherstehende Personen verletzt werden könnten, und sich keine Gedanken über die Reichweite des Fluges der Glassplitter gemacht, nicht widerlegt ist, und allein die unmittelbare Nähe der Verletzten zum Tatort nicht für die Annahme vorsätzlichen Handelns ausreicht. OLG Karlsruhe 24.3.2005 VersR 2005 781: Der Sohn des Klägers hatte als Berufsschüler aus dem Rucksack eines Mitschülers eine Flasche Reizgasspray gezogen und den Inhalt ziellos im Unterrichtsraum versprüht. Die Lehrerin atmete das Gas ein. Als Asthmatikerin litt sie kurz darauf unter Atemnot. Es entwickelte sich eine Lungenentzündung, die zu einer mehrmonatigen Arbeitsunfähigkeit der Lehrerin führte. Einen auf so gravierende Folgen gerichteten Verletzungsvorsatz des Täters lehnte das Gericht als unwahrscheinlich ab, weil diesem die Asthmaerkrankung nicht bekannt und deshalb der Krankheitsverlauf in seinen wesentlichen Zügen nicht vorhersehbar war. Dabei berücksichtige das Gericht auch den Umstand, dass der Täter mit dem Reizgas niemanden gezielt angesprüht, sondern das Gas ziellos im Raum verteilt und sich somit selbst der Reizgaswolke ausgesetzt hatte. BGH 17.6.1998 VersR 1998 1011: Eine nicht zur Schuldunfähigkeit führende starke Alkoholisierung (hier: Blutalkoholkonzentration 2,56 ‰) kann die Einsichts- und Hemmungsfähigkeit erheblich vermindern. Es muss bei Personenschäden festgestellt werden, ob der VN die Verletzungsfolgen – hier: Schädigung von 40 % der Haut durch Verbrennungen dritten und vierten Grades – trotz seiner hohen Blutalkoholkonzentration unter Berücksichtigung seiner intellektuellen Fähigkeiten im Wesentlichen vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen hat. Es spricht gegen die Annahme des Vorsatzes, wenn der VN, nachdem er die Kleidung des anderen angezündet hat, sofort versucht, die Flammen zu löschen. OLG Köln 31.5.1994 RuS 1995 9: Derjenige, der während einer mit Fäusten ausgetragenen (Wirtshaus-)Schlägerei ein abgebrochenes oder zerbrochenes Bierglas ergreift, will dieses nach der Lebenserfahrung als „Waffe“ einsetzen. Wer in einer solchen Situation einen Schlag oder Stoß mit dem abgesplitterten Glas gegen einen anderen führt, ohne sich sicher sein zu können, wo dessen Körper getroffen werden wird, der nimmt billigend in Kauf, dass auch überaus verletzliche Körperpartien wie insbesondere das Gesicht mit der Folge schwerwiegender Schnittverletzungen (hier: des Augenlides) Zielscheibe des Angriffs werden. OLG Hamm 3.2.1993 VersR 1994 41: Keine vorsätzliche Todesfolge bei ungezieltem Messerstich, der durch die starke Erregung des Klägers ausgelöst worden ist. Vorausgegangen war nicht nur eine Schlägerei oder Rangelei zwischen dem Kläger und dem Gastwirt. Kurz vor dem Messerstich waren vielmehr die beiden getrennt worden und der Kläger hatte gesagt, dass nun Schluss sein sollte. Danach wandte sich der Gastwirt vom Kläger weg, ging in Richtung Theke, drehte sich dann aber plötzlich um und schlug dem Kläger mit der Faust ins Gesicht. Die dann folgende Reaktion des Klägers, nämlich Wegstoßen, Messerziehen und Zustechen, läßt nicht ohne weiteres den Schluss zu, dies müsse mit Tötungsabsicht erfolgt sein. Auch die Tatsache, dass der Kläger unmittelbar danach das Messer auf den Boden warf und den anderen Gästen zurief, Polizei und Notarzt müssten verständigt werden, spricht eher gegen eine Tötungsabsicht. LG Bochum 17.9.1991 zfs 1993 163: Schlägt der VN mit einem Bierglas vorsätzlich in das Gesicht des Opfers, so dass dieses verletzt wird und das Augenlicht verliert, so ist von einer vorsätzlichen Schadensherbeiführung auszugehen. LG Bad Kreuznach 18.8.1987 RuS 1988 163: Versetzt der Haftpflichtversicherte einem Dritten mit einem Motorradhelm einen kräftigen Schlag von vorn ins Gesicht, so nimmt er den Verlust zweier Schneidezähne in Kauf. LG Düsseldorf 8.3.1966 VersR 1968 438: Schlägt der VN mit einem 60 cm langen Rundholz von etwa 8 cm Durchmesser nach dem Kopf des Opfers und trifft es dabei an der Schläfe, hat der VN den hierdurch herbeigeführten Tod vorsätzlich herbeigeführt.
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c) Körperverletzungen als Folge von Jux, Albernheit, Spaß, Spielerei Ausgelassenheit, Unfug OLG Saarbrücken 27.5.2009 zfs 2009 699: Verletzt ein VN eine Begleiterin bei einem Konzert durch eine Art „stage-diving“, so nimmt er zwar gewisse körperliche Schäden wie Prellungen, Zerrungen oder Stauchungen billigend in Kauf, regelmäßig nicht aber schwere Wirbelbrüche und Bandscheibenschäden. In einem solchen Fall lässt sich für den Risikoausschluss auch nicht zwischen vorsätzlich verursachten leichteren und fahrlässig verursachten schweren Schäden trennen. OLG Karlsruhe 21.8.1997 RuS 1998 189: Selbst wenn es kaum zu verstehen ist, dass der VN beim Abfeuern einer Silvesterrakete in Richtung von Mitfeiernden deren Gefährdung nicht realisiert haben sollte, kann – wenn der VN sich in alkoholbedingt fröhlicher Stimmung befand und es nicht zu Streitereien gekommen ist – nicht ausgeschlossen werden, dass der VN mit dem Abfeuern von Feuerwerkskörpern die Mitfeiernden nur erschrecken wollte. OLG Saarbrücken 11.1.1992 VersR 1993 1004: VN hat bei einem Schuss mit der Schreckschusspistole aus 50 cm Entfernung keinen Vorsatz hinsichtlich einer Innenohrschädigung.88 OLG Hamm 22.5.1991 RuS 1992 47: Vorsätzlich ist eine Schussverletzung nicht herbeigeführt, wenn der Versicherte eine Schreckschusspistole in der Annahme auf einen Menschen abfeuert, dass die Pistole nicht geladen ist. OLG Düsseldorf 13.12.1937 VA 1937 240: Auf einer Silvesterfeier zog ein Teilnehmer den anderen von seinem Sitz auf einer Treppe, wodurch dieser sich die Beine brach; gewollt war aber lediglich ein unangebrachter Scherz. Genau so dürften in aller Regel die Vorstellungen desjenigen sein, der „zum Scherz“ einem sich hinsetzenden Dritten den Stuhl wegzieht. RG 20.4.1917 VA 1917 60: Verlust des Auges durch Schuss mit einer Zimmerflinte; gewollt war eine harmlose Schmerzzufügung durch einen Schuss auf den entblößten Rücken.
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d) Körperverletzungen und Sachschäden durch Minderjährige OLG Schleswig 22.11.2007 RuS 2008 67: Hat ein 15-Jähriger einen Feuerlöscher in der Kirche benutzt, beschränkt sich seine Vorstellung darauf, dass der Kirchenraum verschmutzt wird. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Gefährdung des Inventars fehlt es dagegen am Vorsatz.89 OLG Koblenz 6.7.2007 NJW-RR 2008 45: Im Hinblick auf das Alter des klägerischen Sohns M zum Schadenszeitpunkt von 13 Jahren kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass dieser bei der Betätigung des Feuerlöschers den Vorsatz hatte, mit diesem den Kirchenraum zu verschmutzen. Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass M darüber hinaus gewusst oder billigend in Kauf genommen hätte, dass mit der Betätigung des Feuerlöschers der gesamte Kirchenraum mit derart weitreichenden Folgen verschmutzt würde. Durch das austretende Löschmittel wurden weite Bereiche des Kircheninneren, die Sitzbank, der Boden sowie Teile der Orgel, Metall- und Kunstgegenstände beschmutzt. Allein die Tatsache, dass M mit einem Feuerlöscher im Kircheninnenraum Pulver versprühte, lässt insoweit noch keinen Rückschluss auf einen solchen Schädigungsvorsatz zu, auch dann nicht, wenn – wie der Bekl. behauptet – M den Feuerlöscher über mindestens 16 Sekunden hinweg betätigt und vollständig entleert haben sollte. Es sind keine Indizien für den sich in der subjektiven Sphäre des M abspielenden bedingten Vorsatz ersichtlich. Vielmehr sprechen die Umstände dafür, dass der Grad der Verschmutzungs- und Beschädigungsfolgen – nicht nur die Höhe der Kosten – sein Vorstellungsvermögen eindeutig überstieg. OLG Düsseldorf 17.12.2002 RuS 2004 457: Schüttet ein 121/2jähriges spielendes Kind brennbare Flüssigkeit auf den Boden eines hölzernen Carports und steckt die Flüssigkeit an, muss es nicht damit rechnen, dass die Flammen die Aufbauten erreichen und auf das in der Nähe geparkte Kfz übergreifen. OLG Düsseldorf 12.12.2000 VersR 2002 89: Der VR ist nicht verpflichtet, aus einer Haftpflichtversicherung Deckungsschutz für den Schaden zu gewähren, den ein zwölf Jahre alter Realschüler
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Vgl. auch OLG Hamm 22.5.1991 VersR 1992 86, 87.
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Vgl. auch OLG Koblenz 6.7.2007 VersR 2007 1506 = NJW-RR 2008 45, 46.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
gemeinsam mit anderen Schülern nach Einbruch in die Schule durch Zerstörungen, durch Vandalismus und durch Fluten der Räume mittels Öffnen der Wasserhähne bei gleichzeitigem Verstopfen der Abflüsse mutwillig angerichtet hat. LG Düsseldorf 19.10.1999 RuS 2000 233: Für die Anwendbarkeit des Vorsatzausschlusses kann es darauf ankommen, ob der Schaden durch Mechanismen verursacht wurde, die nicht zum Erfahrungsschatz eines Minderjährigen gehören oder durch Mechanismen, die ihm seit vielen Jahren vertraut sind (etwa Wirkungen von Wasser; hier: Verstopfen und Überlaufenlassen von Waschbecken). Zum Vorsatz gehört nicht, dass die Höhe des Schadens richtig eingeschätzt wird. AG Neuwied 23.11.1998 RuS 1999 235: Wer gegen eine am Boden liegende Person einen ungezielten Tritt ausführt, nimmt Verletzungen – hier: Kieferverletzungen, Zahnverlust – in Kauf, denn der am Boden liegende Mensch kann überall getroffen werden – auch am Kopf. Dies trifft auch auf einen 14-jährigen zu, wobei es keine Rolle spielt, wenn der minderjährige Täter hyperaktiv und affektlabil ist, so dass er auf Provokationen nicht adäquat zu reagieren vermag. OLG Frankfurt 24.7.1997 VersR 1998 537: Zündet ein ca. zehnjähriges Kind gemeinsam mit Spielkameraden (wie bereits mehrfach zuvor) in einem Sonnenstudio eine aus Papierhandtüchern bestehende „Papierspur“ an, ist nicht davon auszugehen, dass sich der (bedingte) Vorsatz des Kindes auf einen durch das brennende Papier verursachten Großband erstreckt. AG Hannover 23.7.1996 RuS 1997 12: Ein achtjähriger Junge, der einem anderen Jungen einen Feuerwerkskörper („Feuer-Wespen-Wirbel“ oder „Silber-Wirbel“) unter die Jacke steckt, handelt hinsichtlich der eingetretenen Körper- und Sachschäden mit zumindest bedingtem Vorsatz. LG Oldenburg 1.3.1996 NJW-RR 1997 92: Die Beweiserleichterung, nach der aus einem erkennbar objektiv gefährlichen Geschehensablauf auf einen Schädigungsvorsatz geschlossen werden kann, gilt bei Kindern nur eingeschränkt. Ein normal entwickeltes neunjähriges Kind, welches nach Erkennen erheblicher von ihm verursachter Lackschäden an einem Pkw die schädigende Handlung fortsetzt, handelt mindestens mit bedingter Schädigungsabsicht. LG Augsburg 26.5.1986 zfs 1986 378: Ein normal entwickelter 12 1/2 -jähriger Junge, der auf einen Parkplatz mit Hilfe eines Steines den Lack von einer ganzen Anzahl von Pkws zerkratzt, ist sich der Folgen seines Tuns bewusst und handelt somit vorsätzlich. Von einer verminderten Einsichtsfähigkeit wegen übermäßigen Spieltriebes kann hier keine Rede sein. BGH 23.2.1983 VersR 1983 477: Ein 15-jähriger Junge hatte unmittelbar neben einem Zelt einen Papierhaufen in Brand gesetzt. Der BGH hob das die Deckungsklage abweisende Urteil auf und verwies die Sache an das OLG Hamm mit der Begründung, dass die Einlassung des Jungen, er habe vorgehabt, den Papierhaufen durch Austreten mit den Füßen wieder zu löschen, sei aber erschrocken davongelaufen, weil das Feuer plötzlich zu groß geworden sei, nicht widerlegt worden sei. Sollte dies zutreffen, so der BGH, hätte der Vorsatz des Jungen den Brand des Zeltes nicht umfasst, selbst wenn der Kläger die Einsicht gehabt haben sollte, das Feuer werde vom Papierhaufen auf das Zelt übergreifen, falls es vorher nicht „ausgetreten“ würde. OLG Hamm 25.6.1980 VersR 1981 178: Ob sich der Vorsatz des 11 Jahre alten Klägers, der in seinem Heimatort J. mehrere Scheunen angesteckt hat, in der Stroh und Heu lagerten und landwirtschaftliche Geräte abgestellt waren und die bis auf die Grundmauern niederbrannten, auf den eingetretenen Schaden erstreckt, ist im Deckungsprozess zu prüfen. OLG Düsseldorf 29.3.1966 VersR 1966 481: Der minderjährige Versicherte hatte aus Neckerei einem anderen Jungen ein brennendes Streichholz in die Hosentasche geworfen, in der sich – wie der Versicherte wusste – Feuerwerksraketen befanden. Das Gericht hielt es für unwahrscheinlich, dass Brandverletzungen gewollt oder auch nur als mögliche Folge billigend in Kauf genommen worden seien.
2. Brandstiftung
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OLG Hamm 6.2.2002 VersR 2002 1369: Hat der Versicherte in einer Remise Heu auf einem Wagen entzündet, um auf diese Weise einen Feuerwehreinsatz zu provozieren, an dem er selbst als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr teilnehmen wollte, und hat er bemerkt, dass in der Remise weiteres entzündbares Material (Stroh) gelagert war, so erstreckt sich der Vorsatz auch auf das
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
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Abbrennen der gesamten Remise: Dabei spielt auch eine Rolle, dass der Versicherte um die leichte Brennbarkeit des Strohs wusste, da er zuvor wiederholt schon anderweitig Strohballen entzündet hatte, ebenfalls in der Absicht, Feuerwehreinsätze zu provozieren. Er konnte daher voraussehen, wie die Flammen aus den beladenen Strohwagen hochschlagen würden. Ein Alkoholspiegel von 1 ‰ zur Tatzeit spricht zumindest dann nicht gegen die Vorsatzannahme, wenn der Täter unmittelbar nach der Tat keine Ausfallerscheinungen zeigte.
3. Kfz-Unfälle OLG Saarbrücken 4.4.2013 BeckRS 2013 06836: Bereits der äußere Ablauf des Geschehens spricht gegen eine vorsätzliche Schadensherbeiführung, wenn der Fahrer bei einem BAK von mind. 2,45 ‰ mit seinem Kfz eine innerörtliche Straße in Geradeausfahrt befährt, unwillkürlich nach links in eine Hofeinfahrt einschwenkt, dort auf einen geparkten Pkw auffährt, der für ihn zu Beginn des Einbiegens nicht erkennbar war, durch die Einfahrt über die gesamte Straßenbreite – einschließlich des Bürgersteigs – zurückfährt und mit dem Fahrzeugheck gegen die gegenüberliegende Hauswand prallt. OLG Hamm 11.11.2011 RuS 2012 284: Fährt ein reparaturbedürftiger Sattelschlepper ungebremst in einen Supermarkt, kann aus einem Verzicht auf eine geplante Reparatur nicht auf bedingten Vorsatz hinsichtlich der Schadensfolgen (Tod des Fahrers und zweier weiterer Menschen) geschlossen werden. OLG Brandenburg 30.8.2007 VRR 2007 468: Ein Unfall, bei dem der verstorbene Fahrer auf gerader Strecke von der Fahrbahn einer Bundesstraße abgekommen und gegen einen Straßenbaum geprallt ist, führt nicht dazu, den Nachweis einer Selbstmordfahrt (vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles und Einwilligung des Beifahrers) als erbracht anzusehen. OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237: Insbesondere auf Grund der vom Sachverständigen in seinem Gutachten dargestellten Persönlichkeit des Getöteten und seiner durch die VerfolgungsStress-Situation mit Wahrscheinlichkeit eingeschränkten Wahrnehmungs- und Entscheidungsfähigkeit unmittelbar vor dem Unfall sind erhebliche, nicht ausräumbare Zweifel am Vorliegen der für einen bedingten Verletzungsvorsatz erforderlichen Willensrichtung des VN geblieben. Es ist nicht positiv festzustellen, dass Herr B die Gefahrensituation, die objektiv gesehen eine Bremsreaktion erforderte, mit Gewissheit erkannt und wahrgenommen hat, dass er ohne Kollision die spätere Unfallstelle nicht werde passieren können, sowie sich Gedanken darüber gemacht hat, dass sich in den vor ihm vorhandenen Fahrzeugen Personen befanden, die durch sein Weiterfahren verletzt oder gar getötet werden könnten. LG Dortmund 1.6.2006 NJW-RR 2007 26: Keine vorsätzliche Schadensherbeiführung liegt vor, wenn der Kl., der mit ca. 80 km/h, ohne abzubremsen, bewusst auf den mit eingeschaltetem Blaulicht querstehenden Funkwagen zufuhr und das Fahrzeug im vorderen Bereich mit derartiger Wucht rammte, dass es gegen die auf der rechten Fahrbahnseite befindliche Leitplanke prallte, schuldunfähig i.S.v. § 827 BGB ist. OLG Hamm 15.6.2005 RuS 2006 33: Nach der Fahrweise – mindestens 35 km/h –, seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit (BAK von 2,28 ‰) und der örtlichen Verhältnisse war dem Beklagten bei natürlicher Betrachtungsweise auch unter Berücksichtigung seiner alkoholbedingten Beeinflussung klar, daß es leicht zu Schäden kommen konnte. Dass diese auftreten würden (hier: Kollision mit dem Imbissstand), hat er mithin offenkundig billigend in Kauf genommen. OLG Nürnberg 2.12.2004 NJW-RR 2005 466: Ein Kraftfahrer, der seinen PKW im fließenden Verkehr von ca. 40 km/h bis zum Stand stark abbremst, handelt vorsätzlich hinsichtlich der aus dem dadurch verursachten Auffahrunfall resultierenden Schäden. OLG Oldenburg 29.4.1998 RuS 1999 236: Der Kfz-Halter handelt nicht vorsätzlich hinsichtlich der Folgen eines Kfz-Unfalls, wenn er einem angetrunkenen selbstmordgefährdeten Teilnehmer einer privaten Feier durch unzureichende Verwahrung der Kfz-Schlüssel die Ingebrauchnahme des bereitstehenden Pkw ermöglicht. OLG Hamm 7.12.1995 RuS 1996 97: Der Haftpflichtversicherer ist gem. § 152 a.F. leistungsfrei, wenn Halter und Fahrer des vers. Kfz den Unfall mit dem Fahrer des Kfz des Geschädigten verabredet haben.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
LG Koblenz 1.10.1987 RuS 1989 5: Hat der alkoholisierte VN den Unfall nicht durch eine einmalige, alkoholbedingte Fehlreaktion herbeigeführt, sondern hat er während einer Verfolgungsjagd das Fahrzeug des Geschädigten 10 bis 15mal von hinten angestoßen, bis dieser schließlich nach einem besonders starken Anprall die Herrschaft über sein Fahrzeug verlor und von der Straße abkam, so liegt eine bedingt vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles vor. OLG Köln 14.12.1977 VersR 1978 265: Der Fahrer, der mit einem BAK von 2,4 ‰ vor der Polizei flüchtet und dabei mit Geschwindigkeiten innerhalb des Ortsverkehrs von teilweise wenigstens 140 km/h rot geschaltete Ampeln überfährt, nimmt nicht nur schwere oder gar tödliche Verletzung eines Polizeibeamten, sondern erst recht die Beschädigung eines Polizeifahrzeuges in Kauf.
4. Schädigung Dritter anlässlich einer (versuchten) Selbsttötung
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OLG Nürnberg 17.5.2011 NZV 2011 538: Lenkt der mitversicherte Fahrer das Kfz in Suizidabsicht auf das Lkw-Gespann, führt er den bei diesem eingetretenen Schaden vorsätzlich herbei. OLG Oldenburg 5.8.2009 Schadens-Praxis 2010 121: Der VN, der infolge eines in Selbsttötungsabsicht durchgeführten Überholmanövers bei einer Fluchtfahrt nach Tötung seiner Freundin und Inbrandsetzung seines Hauses einen Verkehrsunfall bedingt vorsätzlich herbeiführt, handelt auch hinsichtlich der daraus resultierenden Folgeschäden vorsätzlich. KG Berlin 10.3.2003 VersR 2004 325: Gegen Selbsttötungsabsicht spricht der Umstand, dass der VN sowohl vor der ersten Kollision gegen das geparkte Fahrzeug als auch danach während der Fortsetzung der Trunkenheitsfahrt angeschnallt war. OLG München 29.3.1999 RuS 2000 58: Der VN, der in Selbsttötungsabsicht einem mit 200 km/h herannahenden ICE-Zug entgegengeht, um sich von diesem überfahren zu lassen, handelt hinsichtlich der Schäden an dem Zug und der daraus resultierenden Folgeschäden vorsätzlich, wenn er trotz seiner psychischen Ausnahmesituation nach seinem Bildungsstand und seinen Kenntnissen von den Folgen eines derartigen Selbstmordes damit rechnen musste, dass solche Schadensfolgen zwangsläufig eintreten. Der Nachweis des Vorsatzes kann regelmäßig aus dem objektiven Geschehensablauf geführt werden. Dies bedeutet, dass dann, wenn nach den Verhältnissen anzunehmen ist, dass sich der Versicherte über die Folgen seines Tuns klar sein musste, daraus regelmäßig gefolgert werden kann, dass er sich über die Folgen auch tatsächlich bewusst war.90 LG Aachen 19.10.1990 RuS 1990 409: Wer sich in Selbstmordabsicht aus einem Hochhaus stürzt und auf einen vor dem Haus parkenden Pkw fällt, handelt wegen der Sachbeschädigung des Pkws nicht vorsätzlich. Angesichts der psychischen Ausnahmesituation kann aus objektiven Tatsachen nicht auf die subjektive Einstellung des Selbstmörders geschlossen werden. Ob ein Selbstmord nicht mehr den „Gefahren des täglichen Lebens“ zugerechnet werden kann, ist sehr zweifelhaft und bleibt offen. Der Sprung aus einem Hochhaus in selbstmörderischer Absicht ist „ungewöhnlich und gefährlich“, so dass für dabei verursachte Schäden kein Deckungsschutz besteht. OLG Hamm 23.11.1984 VersR 1985 463: Werden infolge des Selbstmordes des VN Dritte geschädigt (hier: Zerstörung eines Hauses durch Explosion infolge der Öffnung der Gasleitungen durch den VN anlässlich seines Selbstmordes), so muss der Haftpflichtversicherer beweisen, dass der VN die Folgen seines Tuns (Explosion des Hauses) wollte oder billigend in Kauf nahm. Aus der sich in der Tat aufdrängenden Gefährlichkeit des Tuns des VN kann nicht darauf geschlossen werden, dass ihm dies auch bewusst war und er darüber hinaus die Gefährlichkeit etwaiger Folgen noch billigend in Kauf genommen hat, denn die Vorstellungen und Willensrichtungen eines Selbstmörders vor der Tat sind nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. OLG Frankfurt/M. 13.1.1977 RuS 1977 73: Wenn der VN gegen eine geschlossene Bahnschranke fährt, danach bei der Polizei die Selbstmordabsicht betont und etwa 14 Tage später tatsächlich
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Vgl. nur OLG Düsseldorf 29.3.1966 VersR 1966 481 und OLG Karlsruhe 16.6.1994 RuS 1995 408, 409.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
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Selbstmord begeht, ist von Vorsatz auszugehen. Depressive Zustände sowie eine BAK von 1,15 ‰ schließen die Möglichkeit einer freien Willensbestimmung nicht aus, solange der von Motiven gelenkte Wille noch Einfluss auf die Entscheidung des VN hat und sie insoweit verständlich macht.
5. Sachschäden OLG Köln 25.3.1993 RuS 1993 333: Dem Kläger stand das realistische Risiko eines Schadenseintrittes (Schäden an der Tankanlage) vor Augen, als er die Pappel ohne die im Gutachten genannten Sicherungsmaßnahmen fällte und die übrigen Pappeln im Schadensbereich schlechthin zu fällen bereit war. Wenn er dessen ungeachtet die Fällaktion auftragsgemäß durchführte, ohne bei der einen Pappel die oben genannten Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, und im Übrigen das bei den anderen Pappeln im Schadensbereich in jedem Fall bestehende Schadensrisiko hinnahm, ohne z.B. einen Haftungsausschluss insoweit mit dem Auftraggeber zu vereinbaren, so nahm er den möglichen bzw. naheliegenden Schadenseintritt im Sinne von bedingtem Vorsatz billigend in Kauf.
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6. Schäden durch Lieferung oder Herstellung mangelhafter Waren, Erzeugnissen oder Arbeiten (Ziff. 7.2 AHB 2012/§ 4 II Ziff. 2 S. 1 AHB a.F.) OLG Karlsruhe 20.3.2003 VersR 2003 987: Bei der Lieferung oder Herstellung von Waren, Erzeugnissen oder Arbeiten steht die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit der Waren usw. dem Vorsatz gleich. Die Gleichsetzung mit der vorsätzlichen Schadensherbeiführung macht dabei deutlich, dass hohe Anforderungen an die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit zu stellen sind. Nach den von der Beklagten in Bezug genommenen Feststellungen des Sachverständigen T war an den ihm übergebenen Untersuchungsstücken kein „versierter Handwerker“ tätig gewesen. Dies und der Umstand, dass die Heizrohre nach den Ausführungen des Sachverständigen T stellenweise nicht hinreichend bis zu 10 mm ineinander geschoben und teils auch nicht sachgemäß gelötet worden waren, vermag für sich allein betrachtet keine Kenntnis von der Mangelhaftigkeit der durchgeführten Handwerkerleistungen zu belegen. Mängel am Bauwerk in der beschriebenen Art sind in der Regel auf eine nicht genügende Beachtung der Verlegungs- und DIN-Vorschriften zurückzuführen und begründen ohne besondere weitere Anhaltspunkte nur eine fahrlässige Handlungsweise des Handwerkers. OLG Stuttgart 5.5.1994 RuS 1994 451: Stellt der VN einen Gasherd zu dicht an einer im Innern brennbares Material enthaltenden Wand auf, was gegen die einschlägigen technischen Richtlinien für die Gasinstallation verstößt, nimmt aber aufgrund des äußeren Zustands der Wand an, diese enthalte keine brennbaren Stoffe, liegt keine vorsätzliche Schadensherbeiführung vor. Für das Eingreifen des Risikoausschlusses nach § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB ist die positive Kenntnis von der Mangelhaftigkeit und der Schädlichkeit der Waren, Erzeugnisse oder Arbeiten erforderlich. An die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit und der Schädlichkeit (hier: der Werkleistung) sind hohe Anforderungen zu stellen. OLG Nürnberg 10.1.1964 VersR 1965 225: Für den Tod des Dritten infolge Durchgehens eines mit unzutreffenden Eignungsangaben verkauften Pferdes besteht kein Versicherungssschutz gem. § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB, weil dem Verkäufer genau bekannt war, dass die von ihm gelieferte Rotschimmelstute für die Verwendung als Einspänner und Sattelpferd erst abgerichtet werden musste und dass eine Verwendung ohne vorherige Abrichtung und in Unkenntnis der mangelnden Abrichtung die Gefahr mit sich brachte, dass der Pferdelenker infolge Scheuens und Durchgehens des Pferdes körperlichen Schaden erlitt.
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IV. Verantwortlichkeit/Zurechnungsfähigkeit 1. § 827 BGB Im Zivilrecht setzen Haftungstatbestände, die ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrläs- 41 sigkeit i.S.v. § 276 BGB) voraussetzen, persönliche Verantwortungsfähigkeit (Schuldfähigkeit) voraus. Folglich entfällt nach § 827 S. 1 BGB die Einstandspflicht des Schädigers für Schäden infolge unerlaubter Handlungen, die mit natürlichem Vorsatz (Rn. 26)
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
herbeigeführt worden sind, wenn er sich zum Zeitpunkt der Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. M.a.W. ist vorsätzliches Handeln im Rechtssinn nur solange möglich, bis ein Täter den Zustand einer Zurechnungsunfähigkeit i.S.v. § 827 BGB erreicht und damit ein Ausschluss der Wahrnehmungsfähigkeit oder der freien Willensbestimmung eintritt.91 Dies gilt nach § 276 Abs. 1 S. 2 BGB auch für das Vertragsrecht. Nach allgemeiner Ansicht ist § 827 S. 1 BGB darüber hinaus überall dort anwendbar, wo eine Rechtsfolge an ein Verschulden anknüpft.92 Insoweit gelten die zu § 827 BGB entwickelten Grundsätze hinsichtlich des Erfordernisses der Zurechnungsfähigkeit auch für den subjektiven Risikoausschluss des § 103.93 Ist eine vorübergehende Schuldunfähigkeit zur Tatzeit auf Alkohol oder andere be42 rauschende Mittel zurückzuführen, haftet der Schädiger nach § 827 S. 2 BGB, „wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele“, es sei denn, ihn träfe an diesem Zustand kein Verschulden. Wird der VN nach § 827 S. 2 BGB auf Schadensersatz in Anspruch genommen, ist der VR somit zur Deckung verpflichtet. Der Ausschluss gem. § 103 greift nicht ein. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Grundsätze der actio libera in causa zum Tragen kommen, der VN sich also vor der Tat vorsätzlich (im Rechtssinn) in den Zustand der Willensunfreiheit gesetzt hat, um dem Opfer Schäden zuzufügen.94 Nimmt der Geschädigte den VN gem. § 829 BGB auf Schadensersatz in Anspruch, 43 greift § 103 ebenfalls nicht ein, da für den Ausschluss nach § 103 Vorsatz im natürlichen Sinne nicht genügt (zur Bedeutung der Haftpflichtversicherung im Rahmen des § 829 BGB vgl. Vor §§ 100–112 Rn. 62 ff.). Unter den Voraussetzungen des § 832 BGB kommt eine Haftung der Aufsichtspflichtigen in Betracht. Eine bloße Minderung der Willenskraft führt nicht zum Ausschluss der Verantwort44 lichkeit. Sie ist aber bei der Feststellung des Vorsatzes sowohl auf der Ebene der Haftungsbegründung als auch hinsichtlich des Schadensfolgen zu berücksichtigen und somit auch von Bedeutung für § 103. Gleiches gilt bei krankhafter Gleichgültigkeit gegenüber den Folgen eines Handelns oder der Unfähigkeit zu vernünftigen Überlegungen.95 In allen diesen Fällen stellt sich die Frage, ob dem VN die erforderliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit für die Annahme auch nur bedingten Vorsatzes, bezogen auch auf die Schadensfolgen, fehlt.96 Betroffen ist vor allem der Bereich der Trunkenheit (Rn. 46).
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BGH 9.11.2005 RuS 2006 99, 100 = NJW 2006 292, 294. Staudinger/Oechsler (Neubearb. 2009) § 827 Rn. 4; MüKo-BGB/Wagner § 827 Rn. 4. Allg. M., vgl. BGH 20.6.1990 BGHZ 111 372, 374 f. = NJW 1990 2387, 2388; Staudinger/Oechsler (Neubearb. 2009) § 827 Rn. 23; MüKo-BGB/Wagner § 827 Rn. 5; Felsch RuS 2010 265, 273. MüKo-BGB/Wagner § 827 Rn. 10; Palandt/ Sprau § 827 Rn. 2; Staudinger/Löwisch/Caspers (Neubearb. 2009) § 276 Rn. 112; vgl. auch zu § 61 a.F. BGH 22.2.1989 RuS 1989 349, 350; OLG Hamm 31.5.2000 RuS 2001 55, 56; OLG Oldenburg 16.8.1995 VersR 1996 1270, 1271. RG 22.2.1924 RGZ 108 86, 90; BGH 5.7.1965 VersR 1965 949, 950; BGH
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25.4.1966 VersR 1966 579; BGH 25.1.1977 VersR 1977 430, 431; BAG 28.2.1979 NJW 1979 2326; ebenso BGH 9.11.2005 NJW 2006 292, 293 = VersR 2006 108, 109; Staudinger/Oechsler (Neubearb. 2009) § 827 Rn. 1, 6, 18. Vgl. BGH 17.6.1998 RuS 1998 367, 368 = VersR 1998 1011; OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237, 240: Affektstarre mit kurzzeitiger Handlungsunfähigkeit; OLG Hamm 18.8.2000 NVersZ 2001 134, 136 = RuS 2001 145, 147; OLG Düsseldorf 25.5.1999 NVersZ 2000 97, 98 = VersR 2000 447, 448: Insbesondere wenn der VN stark unter Alkoholeinfluss steht, ist nicht in jedem Fall die billigende Inkaufnahme aller eingetretenen Verletzungsfolgen anzunehmen.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
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2. § 828 BGB Kinder, die das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet haben, haften gem. § 828 45 Abs. 1 BGB – abgesehen von dem Ausnahmefall des § 829 BGB – grundsätzlich nicht.97 Jugendliche im Alter von sieben bis 18 Jahren haften dagegen nach § 828 Abs. 2 S. 2 BGB für die vorsätzliche Herbeiführung von Verletzungen. Hier kann der Ausschluss gem. § 103 zum Tragen kommen, soweit sich der Vorsatz auch auf die Schadensfolgen erstreckt. Voraussetzung für eine Haftung nach § 828 Abs. 2 S. 2 BGB ist jedoch, dass der Jugendliche zurechnungsfähig ist. Er muss gem. § 828 Abs. 3 BGB bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt haben. Nur dann handelt er vorsätzlich im Rechtssinn. Ob der Jugendliche die erforderliche Einsicht hatte, entzieht sich einer generellen Bewertung. Wie die Kasuistik belegt 98, sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Nicht entscheidend ist hingegen das Alter. 3. Trunkenheit oder sonstige Berauschungszustände Trunkenheit oder sonstige Berauschungszustände können in Extremfällen die freie 46 Willensbetätigung (vorübergehend) ausschließen.99 Eine Haftung wegen Vorsatzes scheidet dann aus, soweit nicht ein Fall der actio libera in causa vorliegt (Rn. 42). Allerdings gibt es keinen Rechts- oder Erfahrungssatz, wonach ab einer bestimmten Höhe der Blutalkoholkonzentration die freie Willensbetätigung ausgeschlossen ist.100 Nach der Rechtsprechung ist die Blutalkoholkonzentration zudem nicht allein maßgeblich für das Vorliegen eines alkoholbedingten, die freie Willensbetätigung ausschließenden Zustandes krankhafter Störung der Geistestätigkeit i.S.v. § 827 BGB. Selbst bei hohen Alkoholisierungsgraden sollen im Einzelfall psychodiagnostische Beweisanzeichen der Annahme einer krankhaften Störung entgegenstehen.101 Der BGH hatte zunächst bei BAK-Werten von 2,26 ‰ bzw. 2,5 ‰ Zurechnungsfähigkeit verneint.102 In späteren Entscheidungen hat er die Anforderungen an die fehlende Zurechnungsfähigkeit jedoch verschärft und selbst bei BAK von über 2,5 ‰ die Zurechnung bejaht.103 Diese Tendenz lässt sich auch in der Rechtsprechung der Obergerichte beobachten, die selbst bei BAK-Werten von
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Vgl. BGH 21.5.1963 BGHZ 39 281, 284; RG 13.12.1934 RGZ 146 213, 245; ÖOGH 10.12.1987 VersR 1989 426 (Vorsatzverneinung bei sechsjährigem Kind). OLG Schleswig 22.11.2007 RuS 2008 67 (Teilvorsatz eines Fünfzehnjährigen); AG Neuwied 23.11.1998 RuS 1999 235, 236 (Vorsatz eines Vierzehnjährigen); OLG Koblenz 6.7.2007 NJW-RR 2008 45, 46 und LG Saarbrücken 24.9.1999 VersR 2000 882 (jeweils Vorsatz eines Dreizehnjährigen); OLG Düsseldorf 12.12.2000 VersR 2002 89, 90 = RuS 2001 500, 501 (Vorsatz eines Zwölfjährigen); LG Augsburg 26.5.1986 zfs 1986 378 (Vorsatz eines Zwölfeinhalbjährigen); OLG Hamm 25.6.1980 VersR 1981 178, 179 (Vorsatz eines Elfjährigen); OLG Frankfurt 24.7.1997 VersR 1998 573, 575 (kein Vorsatz eines ca. zehnjährigen Kindes);
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LG Oldenburg 1.3.1996 VersR 1996 1487, 1488 = NJW-RR 1997 92, 93 (Vorsatz eines Neunjährigen); AG Hannover 23.7.1996 RuS 1997 12, 13 (Vorsatz eines achtjährigen Jungen). MüKo-BGB/Wagner § 827 Rn. 8; Staudinger/Oechsler (Neubearb. 2009) § 827 Rn. 12. BGH 29.10.2008 RuS 2010 16, 18; BGH 17.5.1965 VersR 1965 656; BGH 17.11.1966 VersR 1967 125, 126. BGH 29.10.2008 RuS 2010 16, 18. BGH 4.11.1966 VersR 1967 82, 83; BGH 4.11.1966 VersR 1967 125, 126. BGH 17.6.1998 RuS 1998 367, 368 = VersR 1998 1011: (BAK-Wert von 2,56 ‰); BGH 4.11.1966 VersR 1967 125 ff.: BAK-Wert von 2,66 ‰).
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3,00 ‰ und mehr Zurechnung bejahen.104 Aber auch nur eine eingeschränkte, den bedingten Vorsatz ausschließende Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit wird nur in Ausnahmefällen angenommen.105
E. Zurechnung des Verhaltens Dritter 47
In der Haftpflichtversicherung gilt der Grundsatz, dass nur derjenige Interesseträger, der vorsätzlich i.S.v. § 103 handelt, seinen Versicherungsschutz verliert.106 Die Zurechnung des Verhaltens Dritter bedarf deshalb besonderer Rechtfertigung.
I. Mehrheit von VN 48
Bei einer Mehrheit von VN, die einen „einheitlichen“ Versicherungsvertrag abschließen (z.B. Bruchteilsgemeinschaft, Gesamthandsgemeinschaft), hat die Rechtsprechung im Rahmen des § 61 a.F. eine wechselseitige Zurechnung mit der Begründung bejaht, die
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OLG Hamm 15.6.2005 zfs 2006 75, 76 (BAK-Wert von 2,28 ‰); OLG Hamm 31.5.2000 NVersZ 2000 524, 525 (BAKWert von 2,96 ‰); OLG Hamm 6.11.1996 RuS 1997 103, 104 (BAK-Wert von 2,3 bis 3,3 ‰); OLG Köln 24.1.1995 RuS 1995 406, 407 (BAK-Wert von 2,93 ‰); OLG Hamm 22.11.1991 VersR 1992 818 ff.; OLG Frankfurt/M. 14.4.1999 VersR 2000 883 (BAK-Wert von 3,00 ‰); OLG Köln 14.12.1977 VersR 1978 265, 266 = RuS 1978 99 (BAK-Wert von 2,4 ‰). Vgl. OLG Nürnberg 7.6.2011 RuS 2012 65, 67: Vorsatz bejaht bei BAK zwischen 0,87 und 1,33 ‰ und Gamma-Hydroxybuttersäure (Iiquid ecstasy)in einer Konzentration von 70 µ Gramm/ml; OLG Hamm 15.6.2005 zfs 2006 75, 76: Vorsatz bejahend bei BAK von 2,28 ‰; OLG Koblenz 12.08.2002 zfs 2003 68, 69 f.; OLG Hamm 6.2.2002 VersR 2002 1369, 1370 = RuS 2002 323, 324: Die Alkoholisierung mag den Zeugen enthemmt haben, darauf, daß er bei einem Alkoholspiegel von ca. 1 ‰ zur Tatzeit erheblich in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit gemindert war, deutet jedoch nichts hin; OLG Hamm 6.11.1996 RuS 1997 103, 104: Vorsatz unter Berücksichtigung der Art der Verletzungshandlung und der Persönlichkeit des VN verneint bei BAK von 2,3 bis 3,3 ‰; Hans. OLG Hamburg 23.10.1991 RuS 1993 174 = VersR 1992 1127: Vorsatz bejahend bei BAK von 2 ‰ zu Tatzeit; OLG Nürnberg 27.04.1989 RuS 1989 275, 276 = VersR 1990 375:
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Vorsatz bei BAK von mind. 1,81 ‰ mit der Begründung verneint, dass sich der Kläger aufgrund der polizeilichen Verfolgung, des Unfalles während der Verfolgungsfahrt, der bevorstehenden polizeilichen Kontrolle und der Furcht vor dem Verlust der Fahrerlaubnis, auf die er beruflich angewiesen ist, in einem zwar selbst verschuldeten, aber doch erheblichen Erregungszustand, ferner unter ebensolchem Alkoholeinfluss befand; LG Koblenz 1.10.1987 RuS 1989 5: Hat der alkoholisierte VN den Unfall nicht durch eine einmalige, alkoholbedingte Fehlreaktion herbeigeführt, sondern hat er während einer Verfolgungsjagd das Fahrzeug des Geschädigten 10 bis 15mal von hinten angestoßen, bis dieser schließlich nach einem besonders starken Anprall die Herrschaft über sein Fahrzeug verlor und von der Straße abkam, so liegt eine bedingt vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles vor; OLG Frankfurt/M. 13.1.1977 RuS 1977 73: Wenn der VN gegen eine geschlossene Bahnschranke fährt, danach bei der Polizei die Selbstmordabsicht betont und etwa 14 Tage später tatsächlich Selbstmord begeht, ist von Vorsatz auszugehen. Depressive Zustände sowie eine BAK von 1,15 ‰ schließen die Möglichkeit einer freien Willensbestimmung nicht aus, solange der von Motiven gelenkte Wille noch Einfluss auf die Entscheidung des VN hat und sie insoweit verständlich macht. Vgl. BGH 15.12.1970 NJW 1971 459 f. = VersR 1971 239.
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Versicherung sei auf ein einheitliches und gleichartiges Interesse aller Mitversicherten bezogen.107 Ob dieser Ansicht für den Bereich der Sachversicherung zu folgen ist,108 kann dahinstehen. Da es in der Haftpflichtversicherung an einem einheitlichen, gemeinschaftlichen Interesse der VN fehlt, käme eine Zurechnung mit der für den Bereich der Sachversicherung von der Rechtsprechung gegebenen Begründung nicht in Betracht. Allein das Interesse jedes Einzelnen an der Freistellung von Haftpflichtansprüchen genügt insoweit nicht.109 Eine Zurechnung findet nur in den Fällen statt, in denen der vorsätzlich handelnde Mitversicherungsnehmer zugleich Repräsentant eines anderen (hierzu sogleich Rn. 59 ff.) ist.110 In diesem Fall verliert der andere VN seinen Versicherungsschutz.
II. Versicherung für (eigene und) fremde Rechnung 1. Vorsätzliche Herbeiführung des Schadens durch den Versicherten Im Falle der Fremdversicherung hat das Verhalten der versicherten Personen nach 49 § 47 Abs. 1 dieselbe rechtliche Bedeutung wie das Verhalten des VN selbst. § 103 findet somit auch für die versicherten Personen Anwendung. Entsprechend dem eingangs wiedergegebenen Grundsatz, dass jedenfalls derjenige, der vorsätzlich handelt, seinen Versicherungsschutz verliert, gilt auch hier, dass der VR nur gegenüber dem Versicherten leistungsfrei wird, der den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat.111 Der VR bleibt somit sowohl dem VN als auch den anderen Versicherten gegenüber zur Deckung verpflichtet. Etwas anderes gilt wiederum nur dann, wenn der vorsätzlich handelnde Versicherte als (Risiko-)Repräsentant des VN und/oder der anderen Versicherten anzusehen ist (Rn. 59).112 Von dem Grundsatz der Zurechnung des Verhaltens des (Risiko-)Repräsentanten macht die Rechtsprechung eine Ausnahme in der Kfz-Haftpflichtversicherung. Wird ein Unfall durch den Fahrer vorsätzlich herbeigeführt, bleibt der Versicherungs-
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Vgl. BGH 16.11.2005 NJW-RR 2006 460, 461; BGH 28.3.2001 VersR 2001 713, 714 (betr. Miteigentum an versichertem Gebäude); BGH 24.1.1996 NJW-RR 1996 665, 666 = RuS 1996 146; BGH 30.4.1991 RuS 1992 240, 241 (Feuerversicherung); OLG Oldenburg 16.12.1998 RuS 1999 162; OLG Hamm 28.1.1987 VersR 1988 508 (Hausratversicherung); OLG Hamm 20.9.1989 VersR 1990 846, 847 (Kfz-Kasko). Ablehnend z.B. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 86; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Looschelders § 17 Rn. 11. Rüffer/Halbach/Schimikowski/Felsch § 28 Rn. 99; Wandt/Langheid/Wandt § 28 Rn. 101; Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 7; Beckmann/Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 12; vgl. auch BGH 13.6.1957 BGHZ 24 378, 380 = VersR 1957 458 (Kfz-Haftpflichtversicherung); OLG Düsseldorf 28.2.1984 VersR 1984 1060 (Abgrenzung und Zurechnungsunter-
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schiede Kfz-Haftpflichtversicherung von Kfz-Kaskoversicherung). BGH 14.3.2007 RuS 2007 273 = VersR 2007 673 zu § 61 a.F.; BGH 25.3.1992 RuS 1992 265, 266 = VersR 1992 865; OLG München 8.8.2008 VersR 2009 59, 61 = NJW-RR 2008 1560; OLG Nürnberg 14.9.2000 RuS 2001 100 = VersR 2001 634; Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 2; Knappmann VersR 1997 261, 262. BGH 15.12.1970 NJW 1971 459, 461 = VersR 1971 239, 241; OLG Stuttgart 19.1.1990 NJW-RR 1990 527; ÖOGH 24.3.1983 VersR 1984 1198, 1199. Vgl. BGH 15.12.1970 NJW 1971 459, 461 = VersR 1971 239; OLG Koblenz 13.1.2006 VersR 2007 787, 788; OLG Hamm 15.6.2005 RuS 2006 33, 34; OLG Schleswig 15.11.1994 VersR 1995 827; OLG Köln 1.7.1981 VersR 1982 383; OLG Hamm 28.9.1992 VersR 1993 1372, 1373 = NJWRR 1993 1180, 1181.
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schutz des vom Fahrer personenverschiedenen VN auch dann unberührt, wenn an sich die Voraussetzungen eines Repräsentantenverhältnisses gegeben sind. Dies wird damit begründet, dass sich der VN in der Kfz-Haftpflichtversicherung gerade auch gegen solche Risiken absichern möchte, die aus der Überlassung des Fahrzeugs an einen Dritten entstehen.113 Deshalb könne das bloße Fahren des versicherten Fahrzeugs durch eine dritte Person nicht als Repräsentation gewertet werden.114 2. Vorsätzliche Herbeiführung des Schadens durch den VN
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Fraglich ist, ob der VR dem Versicherten gegenüber zur Deckung verpflichtet ist, wenn nur der VN den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat (ohne Repräsentant des Versicherten zu sein). Es geht dabei um die eher seltenen Fälle, in denen der VN und die versicherten Personen gemeinsam einen Schaden herbeiführen, die Voraussetzungen des § 103 jedoch nur in der Person des VN vorliegen. Rechtsprechung zu dieser Problematik existiert – soweit ersichtlich – nicht. Die Urteile befassen sich nur mit der zuvor behandelten Problematik der vorsätzlichen Schadensherbeiführung durch den Versicherten und den Auswirkungen auf den Deckungsschutz des VN. Die Literatur spricht sich überwiegend dafür aus, im Falle der vorsätzlichen Herbeiführung des Schadens durch den VN dem Versicherten die Deckung zu versagen.115 Zuweilen wird unter Berufung auf das Urteil des BGH vom 15.12.1970116 die gegenteilige Ansicht vertreten.117 In dieser Entscheidung hatte der BGH über die Frage, welche Auswirkungen die vorsätzliche Schadensherbeiführung durch den VN auf den Versicherungsschutz des Versicherten hat, freilich gar nicht zu entscheiden, weil es nur um die Auswirkungen der vorsätzlichen Schadensherbeiführung durch den Versicherten auf den Deckungsschutz des VN ging.118 Für die h. Lit. spricht die Rechtsprechung des BGH zur Zurechnung von Obliegen51 heitsverletzungen. In seinem Urteil vom 14.12.1967 hat der BGH unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 28.1.1958 festgestellt, dass in der Kfz-Haftpflichtversicherung die Verletzung von Obliegenheiten durch den VN, die vor Eintritt des Versicherungfalles zu erfüllen sind (Verwendungsklausel, vgl. D.1.1 AKB 2008), den VR von seiner Leistungspflicht auch gegenüber einem berechtigten Fahrer befreie, der die vertragswidrige Verwendung des Fahrzeugs nicht verschuldet habe.119 In der Begründung der Entscheidung aus dem Jahre 1958 heißt es, die Antwort auf die Frage, ob der Verstoß des VN auch den selbständigen Anspruch des mitversicherten Fahrers zu Fall bringen könne, sei in dem Wesen der Kfz-Haftpflichtversicherung und dem Sinn der Verwendungsklausel zu finden.
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BGH 20.5.1969 NJW 1969 1387, 1388; BGH 13.6.1957 BGHZ 24 378, 380; OLG Köln 29.10.2002 RuS 2002 492, 493; OLG Nürnberg 14.9.2000 NJW-RR 2001 100, 101 = RuS 2001 100 = zfs 2000 542 m. Anm. Rixecker; OLG Köln 30.5.2000 NJWRR 2000 1476; Beckmann/Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 76; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Heß/Höke § 29 Rn. 55; Stiefel/Maier AKB A.1.5.1 Rn. 13. BGH 20.5.1969 NJW 1969 1387, 1388; OLG Köln 29.10.2002 RuS 2002 492, 493; Prölss/Martin/Knappmann AKB 2008 E.1 Rn. 28, zw. Langheid NVersZ 2000 463, 464.
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Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 2; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 47 Rn. 17; Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 85; Wandt/Langheid/Halbach § 81 Rn. 95; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V1 Anm. G 86; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 226. NJW 1971 458, 461 = VersR 1971 239, 241. Z.B. Späte § 4 Rn. 207; Littbarski § 4 Rn. 382. So zutreffend der Hinweis von Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V1 Anm. G 86. BGH 14.12.1967 BGHZ 49 130, 134 = NJW 1968 447; BGH 28.1.1958 BGHZ 26 282, 287 ff. = NJW 1958 548, 549.
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Ändere der VN den Verwendungszweck des versicherten Fahrzeugs, so werde der vertragliche Rahmen des Risikos, das der VR übernommen habe, überschritten und damit ein wesentliches und schutzwürdiges Interesse des VR betroffen. In einem solchen Fall bestimme die vom VN verletzte Obliegenheit auch den Rahmen für das geschützte Fremdinteresse des mitversicherten Fahrers. Daran, dass die vorsätzliche Schadensherbeiführung den vertraglichen Rahmen des 52 vom VR übernommenen Risikos überschreitet, kann kein Zweifel bestehen. Wertungsmäßig wiegt die vorsätzliche Schadensherbeiführung als schwerster denkbarer Vertragsverstoß sogar schwerer als die vor Eintritt des Versicherungsfalls begangene Obliegenheitsverletzung. Es ist deshalb nur konsequent, dem Versicherten den Deckungsschutz zu versagen, wenn der VN den Schaden vorsätzlich herbeiführt.120 Vorstehendes gilt für den Bereich der obligatorischen Haftpflichtversicherung auch 53 nach Inkrafttreten des § 158i a.F., der nunmehr Eingang in § 123 gefunden hat. Nach § 123 Abs. 1 kann der VR eine gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit einem Versicherten, der zur selbstständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt ist, nur dann entgegenhalten, wenn die der Leistungsfreiheit zugrunde liegenden Umstände in der Person dieses Versicherten vorliegen oder ihm diese Umstände bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt waren. Nach R. Johannsen liegt ein Fall der Leistungsfreiheit auch im Falle des § 152 a.F. vor, weshalb dem Versicherten die Deckung nur dann versagt werden könne, wenn er selbst den Schaden vorsätzlich herbeigeführt habe.121 Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Nach § 123 Abs. 2 bestimmt sich der Umfang der Leistungspflicht nach § 117 Abs. 3 54 S. 1. Diese Vorschrift besagt, dass der VR dem Dritten gegenüber bei (teilweiser) Leistungsfreiheit oder im Fall des nicht (mehr) bestehenden Vertragsverhältnisses im Rahmen der vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme und der von ihm übernommenen Gefahr zur Leistung verpflichtet ist. Die vorsätzliche Herbeiführung von Schäden zählt nach § 103 gerade nicht zur übernommenen Gefahr122 und führt dazu, dass der VR weder gegenüber dem Dritten noch gegenüber dem nicht vorsätzlich handelnden Versicherten zur Leistung verpflichtet ist. Die Gesetzesmaterialien sprechen deutlich dafür, den Anwendungsbereich von § 123 Abs. 1 auf Rechts- und Obliegenheitsverletzungen des VN zu beschränken. In der RegE heißt es hierzu 123: „Die bisherige Regelung [§ 158i] gewährt dem Mitversicherten einer Pflichtversicherung Versicherungsschutz, wenn der VR wegen einer vom Mitversicherten nicht zu vertretenden und diesem nicht bekannten Rechts- oder Obliegenheitsverletzung dem VN gegenüber leistungsfrei, dem geschädigten Dritten gegenüber aber leistungspflichtig ist …“ [Hervorhebung durch Verfasser].
III. Gesellschaften als VN/versicherte Personen 1. Organe a) Juristische Personen. Juristische Personen können selbst nicht handeln und somit 55 auch nicht selbst vorsätzlich Dritten einen Schaden zufügen. Handelt es sich bei dem Interesseträger (VN/versicherte Person) um eine juristische Person, kann der Ausschluss 120
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V1 Anm. G 86; Bruck/Möller/Sieg8 § 79 Anm. 9; Beckmann/Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 10. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm.
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G 86; so auch Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 8; Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 4. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 89. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 90.
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gem. § 103 folglich nur dann zum Tragen kommen, wenn der Schaden durch eine natürliche Person herbeigeführt worden ist, deren Verhalten als Handlung der juristischen Person gilt. Letzteres ist analog § 31 BGB zu bejahen, wenn es sich bei dem Handelnden um ein Organmitglied handelt.124 Eine direkte Anwendung scheidet aus, da § 31 BGB sich auf Schadensersatzpflichten bezieht. Umstritten ist, ob Voraussetzung für die Zurechnung ist, dass das Organ „in Aus56 führung der ihm zustehenden Verrichtungen“, wie es § 31 BGB vorsieht, gehandelt hat. Das RG hat eine solche Einschränkung im Versicherungsrecht als unbeachtlich angesehen.125 Hiergegen wendet Looschelders ein, dass Gründe für eine solche Haftungsverschärfung zulasten des VN nicht ersichtlich seien.126 Unangemessene Ergebnisse ließen sich durch eine sachgemäße Auslegung des Merkmals „in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen“ vermeiden. Baumann will eine Ausnahme von der Einschränkung ebenfalls nicht anerkennen.127 Insbesondere könne die Zurechnung nicht mit der Erwägung verneint werden, das Organ habe nicht in amtlicher Eigenschaft gehandelt, weil der Schaden von einem Nichtorgan in gleicher Weise hätte verursacht werden können. Diese Gegenargumente überzeugen – jedenfalls für den Bereich der Haftpflichtversicherung – nicht. Eine Haftungsverschärfung zulasten des VN findet nicht statt, weil die Einschränkung auf haftungsrechtlicher Ebene ja nach wie vor zugunsten des VN zum Tragen kommt. Insoweit geht es in erster Linie um Abwehrschutz. Den kann der VR wiederum selbst dann nicht versagen, wenn der Dritte das Unternehmen wegen einer vorsätzlichen Schadensherbeiführung durch ein Organmitglied auf Ersatz in Anspruch nimmt (§ 100 Rn. 41).
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b) Rechtsfähige Personengesellschaften. Ist Interesseträger eine rechtsfähige Personengesellschaft i.S.d. § 14 Abs. 2 BGB (z.B. oHG, KG, Außen-GbR), kommt es wiederum entsprechend § 31 BGB auf die vorsätzliche Schadensherbeiführung durch einen vertretungsberechtigten Gesellschafter an.128 Für die vorsätzliche Schadensherbeiführung durch nichtvertretungsberechtigte Gesellschafter (z.B. Kommanditisten) verliert die Gesellschaft Deckungsschutz nur nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung.129
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RG 4.6.1907 RGZ 66 181, 184; OLG Saarbrücken 11.12.2002 RuS 2003 101, 104; OLG Köln 7.6.1994 VersR 1995 205; OLG Koblenz 25.6.1993 VersR 1994 715, 716; OLG Karlsruhe 15.10.1981 VersR 1982 1189, 1190; vgl. auch BGH 9.7.1954 NJW 1954 1576, 1577 (Strafsache). RG 4.6.1907 RGZ 66 181, 184; zustimmend Bruck/Möller/Möller8 § 61 Anm. 61. Beckmann/Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 16; s.a. Langheid/Wandt/Halbach § 81 Rn. 99. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 91. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 92; Bruck/Möller/Heiss § 28 Rn. 74; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 17; Langheid/Wandt/Halbach § 81 Rn. 100; s. auch BGH 5.3.2008 VersR 2008
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634 für Kfz-Kaskoversicherung einer KG unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung (BGH 24.1.1990 VersR 1990 380, 381; BGH 9.3.1964 WM 1964 592), wonach die vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Handelsgesellschaft im Rahmen eines von dieser geschlossenen Versicherungsvertrages als VN anzusehen seien. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 92; Beckmann/Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 17 f.; a.A. Bruck/Möller/Möller8 § 61 Anm. 62; Berliner Kommentar/Beckmann § 61 Rn. 36; für Repräsentantenstellung des persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG/KG OLG Hamm 9.5.1958 VersR 1958 778, 779; OLG Celle 9.11.1973 VersR 1974 737.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
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c) Nicht eingetragene Vereine und Vorgesellschaften juristischer Personen. Auf die 58 Organe nicht eingetragener Vereine i.S.v. § 54 BGB130 und von Vorgesellschaften juristischer Personen131 findet § 31 BGB entsprechende Anwendung, so dass die vorstehenden Ausführungen auch hier gelten.132 2. Mitarbeiter des VN a) Haftung für Repräsentanten. Führen Mitarbeiter unterhalb der Organebene den 59 Schaden vorsätzlich herbei, beurteilt sich die Zurechnung nach den mittlerweile zu Gewohnheitsrecht erstarkten Grundsätzen der Repräsentantenhaftung.133 Die Repräsentantenhaftung knüpft entweder an die Risikoverwaltung oder die Vertragsverwaltung des Dritten an. Erstere ist dadurch gekennzeichnet, dass der VN einen Dritten in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder vertretungsähnlichen Verhältnisses an seine Stelle treten lässt.134 Der VN überträgt dem Dritten die Rolle in Bezug auf das versicherte Risiko, die er eigentlich selbst spielen müsste.135 Ob das der Fall ist, lässt sich nur aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände festellen. Die Rechtsprechung stellt maßgeblich darauf ab, ob der Dritte befugt ist, selbständig und in nicht ganz unbedeutendem Umfang für den VN zu handeln. Nicht erforderlich ist, dass der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat.136 Die Vertragsverwaltung ist dagegen dadurch gekennzeichnet, dass der VN einen Dritten damit betraut, für ihn Rechte und Pflichten/Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen, zu beachten oder zu erfüllen. Der Dritte wird dabei erst dann zum Repräsentanten, wenn seine Aufgabe so umfassend ist, dass er an die Stelle des VN tritt. Einzelne begrenzte Aufgaben, etwa die Erstattung einer konkreten Schadensmeldung, lassen den Beauftragten noch nicht zum vertragsverwaltenden Repräsentanten werden.137 Voraussetzung für die Zurechnung ist, dass die schuldhafte Handlung des Repräsen- 60 tanten in einem inneren Zusammenhang mit den übernommenen Aufgaben steht.138 Überträgt ein VN dem Dritten die selbständige Wahrnehmung seiner Befugnisse nur in einem bestimmten abgrenzbaren Geschäftsbereich, ist die Zurechnung darauf beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden.139 Eine solche auf einen bestimmten Bereich bezogene Repräsentantenstellung kommt insb. bei Geschäfts130 131 132 133
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Palandt/Ellenberger § 31 Rn. 3 und § 54 Rn. 6, 12. OLG Stuttgart 2.11.1988 NJW-RR 1989 367, 368; Palandt/Ellenberger § 31 Rn. 3. Vgl. auch Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 94. Zum Streit über die gewohnheitsrechtliche Anerkennung s. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 110; Bruck/Möller/Heiss § 28 Rn. 77 ff.; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Looschelders § 17 Rn. 35 m.w.N. BGH 14.5.2003 NJW-RR 2003 1250, 1251; BGH 10.7.1996 VersR 1996 1229, 1230; BGH 21.4.1993 BGHZ 122 250, 253 = VersR 1993 828; BGH 26.4.1989 BGHZ 107 229, 230, 231. Rüffer/Halbach/Schimikowski/Felsch § 28 Rn. 103.
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BGH 14.5.2003 NJW-RR 2003 1250, 1251; BGH 10.7.1996 VersR 1996 1229, 1230; BGH 21.4.1993 BGHZ 122 250, 253 = VersR 1993 828; BGH 26.4.1989 BGHZ 107 229, 230, 231. Rüffer/Halbach/Schimikowski/Felsch § 28 Rn. 107. BGH 14.3.2007 BGHZ 171 304, 307 = VersR 2007 673, 674 = NJW 2007 2038, 2039 m. Anm. Staudinger; BGH 19.3.1986 VersR 1986 541, 542 = NJW-RR 1986 767, 768; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Felsch § 28 Rn. 111. BGH 14.3.2007 BGHZ 171 304, 307 = VersR 2007 673, 674 = NJW 2007 2038, 2039 m. Anm. Staudinger.
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und Betriebsversicherungen in Betracht.140 Der innere Zusammenhang wird nicht dadurch unterbrochen, dass der Repräsentant sich eigenmächtig verhält und gegen die Interessen des VN verstößt (Repräsentantenexzess). Solange der Repräsentant auf der Grundlage der ihm vom VN eingeräumten Möglichkeiten handelt, muss sich der VN dies zurechnen lassen.141 Der VN muss sich deshalb auch die vorsätzliche Herbeiführung von Schäden zurechnen lassen.142 Soweit die Gegenansicht argumentiert, nach Sinn und Zweck des § 81 solle einem Versicherungsbetrug vorgebeugt werden, was nicht der Fall sei, wenn der Repräsentant den VN schädige, trägt dieses Argument in der Haftpflichtversicherung nicht. Die von der Rechtsprechung zur Bestimmung des Repräsenten maßgeblichen Eigen61 schaften lassen den „verfassungsmäßig berufenen Vertreter“ i.S.v. § 31 BGB stets als Repräsentant des VN erscheinen, was Anlass zur der Frage gibt, warum man nicht zumindest in der Haftpflichtversicherung auch für diesen Personenkreis auf § 31 BGB zurückgreift.143 Insoweit ist der Hinweis geboten, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter ebenfalls keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht besitzen muss. Es genügt vielmehr, wenn ihm „durch allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, für die Gesellschaft wesensmäßige Funktionen zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass er die Gesellschaft im Rechtsverkehr repräsentiert … Sogar das unerlaubte Handeln eines bloßen Sachbearbeiters ist der Gesellschaft zuzurechnen, falls jenem eine wichtige Angelegenheit zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen worden ist.“144 Eine Weisungsgebundenheit im Innenverhältnis schadet nicht, sofern der Vertreter nach außen selbstständig auftritt.145 Im Rahmen der Privat- und Betriebshaftpflichtversicherung dürften all diejenigen, auf 62 die der VN eine ihn treffende Rücksichtspflicht i.S.v § 241 Abs. 2 BGB, eine Verkehrssicherungspflicht oder eine Organisationpflicht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB übertragen hat, als Repräsentant anzusehen sein. Im Rahmen der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung sind zumindest diejenigen als Repräsentant anzusehen, auf die der VN eine ihn treffende Vermögensverwaltungs- oder -betreuungspflicht übertragen hat.
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b) Beispiele146. Die Rechtsprechung hat die Repräsentanteneigenschaft desjenigen bejaht, der die laufenden Geschäfte in dem Unternehmen des VN selbständig führt oder
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BGH 14.3.2007 BGHZ 171 304 307 = VersR 2007 673, 674 = NJW 2007 2038, 2039 m. Anm. Staudinger; BGH 25.3.1992 NJW-RR 1992 921, 922 = VersR 1992 865; BGH 14.4.1971 VersR 1971 538, 539. Rüffer/Halbach/Schimikowski/Felsch § 28 Rn. 110; Langheid/Wandt/Halbach § 81 Rn. 114; Knappmann VersR 1997 261, 263 m.w.N. in Fn 26; Römer/Langheid/Römer § 6 Rn 148 aE. Vgl. BGH 20.5.1981 VersR 1981 1545 ff.; BGH 20.5.1981 VersR 1981 822, 823; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Felsch § 28 Rn. 110; Bruck/Möller/K. Johannsen/ R. Johannsen8 Bd. III Anm. G 51; Römer/ Langheid/Römer § Rn. 148; Berliner Kommentar/Beckmann § 61 Rn. 46; Knappman VersR 1997 261, 263; E. Lorenz VersR
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143 144
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2000 2, 6 mit Fn. 20; einschränkend Bruck/ Möller/Baumann § 81 Rn. 92; a.A. Beckmann/Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 53; Looschelders VersR 1999 666, 673; Winter FS E. Lorenz 723, 727 ff. Vgl. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 106 ff. Vgl. BGH 3.5.2007 NJW 2007 2490, 2491; BGH 10.2.2005 NJW-RR 2005 756, 758; BGH 5.3.1998 NJW 1998 1854, 1856; BGH 21.9.1971 NJW 1972 334; BGH 30.10.1967 BGHZ 49 19, 21 = NJW 1968 391, 392; RG 14.3.1939 RGZ 162 129, 166 ff. BGH 12.7.1977 NJW 1977 2259, 2260. Die nachfolgenden Beispiele umfassen nicht nur Fälle des § 103/§ 152 a.F., sondern auch Urteile zur Repräsentation bei der Verletzung von Obliegenheiten.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
faktisch Inhaber eines Betriebes ist, der nur formal die Unternehmensführung dem VN übertragen hat.147 Ob ein Betriebsleiter die Verantwortung für das versicherte Risiko vollständig übernommen hat, hängt von den Einzelheiten seiner Tätigkeit und davon ab, ob der VN bereit und in der Lage ist, jederzeit einzugreifen und ob er Kontrollmaßnahmen zur Überwachung des Betriebsleiters veranlasst hat, die dem VN ein Eingreifen ermöglichen.148 Bejaht worden ist die Repräsentantenstellung eines Baustellenleiters,149 eines technischen Betriebsleiters, der mit der Planung und Durchführung des Einsatzes der Tankwagen und mit der Überwachung der Fahrzeiten der einzelnen Fahrer betraut gewesen ist150, eines Prokuristen151 sowie des beauftragten Fahrers, dem die Sorge für das Kfz und seine Verkehrssicherheit vollständig überanwortet ist.152 Verneint hat der BGH dagegen die Repräsentantenstellung des Fahrers, dem das Kfz 64 nur zur Nutzung überlassen worden ist (Rn. 49). Ebenfalls verneint hat der BGH die Repräsentantenstellung des Betriebsleiters der Abfüll- und Kennzeichnungsanlage eines Mineralöllagers, weil diesem aufgrund der vom VN angebrachten besonderen technischen Kontrollen kein großer eigener Spielraum zukomme. In jenem Fall hatte der VR in einem Versicherungsschein über die Haftpflichtversicherung des Betreibers eines Mineralöllagers den Nachtrag aufgenommen, dass Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch nicht ordnungsgemäße Einfärbung von Mineralölen mitversichert seien. Der BGH stellte fest, dass der VR auch für Steuerschäden einzustehen habe, die dadurch verursacht worden seien, dass der Betriebsleiter die Abfüll- und Kennzeichnungsanlage manipuliert und infolgedessen ungekennzeichnetes Gasöl, das als ordnungsgemäß gefärbtes, steuerbegünstigtes Heizöl ausgewiesen gewesen war, als Dieselkraftstoff abgegeben habe. Dass dem Betriebsleiter die Aufgabe übertragen war, die Anlage auf ihre Funktionstauglichkeit zu überwachen, gab ihm nach Ansicht des BGH noch keine Vertrauensstellung, die es rechtfertigte anzunehmen, ihm sei die Verantwortung über das Risiko der richtigen Kennzeichnung in vollem Umfang übertragen worden.153 Verneint hat die Rechtsprechung auch die Repräsentanteneigenschaft des Poliers.154 65 Dieser sei auf einer Baustelle nur einer von mehreren Fachkräften, die für den Bauunternehmer tätig seien und durch die dieser die Bauleistungen erbringen lasse. Er trage zwar in seinem Arbeitsbereich eine gewisse Verantwortung, weil er die ihm unterstellten Arbeiter einteile, bei ihrer Tätigkeit anleite und überwachen müsse. Er sei aber auch in dem ihm anvertrauten Teil der Baustelle nicht Vertreter des Bauunternehmers. Er sei dem Bauleiter unterstellt. Sein Entscheidungsspielraum sei auf seinen unmittelbaren Einsatzbereich beschränkt. Ebenfalls nicht als Repräsentant des Bauunternehmers anzusehen ist ein Schachtmeister.155 Dessen Tätigkeit beschränke sich auf die handwerklich/technische Abwicklung des konkreten Bauvorhabens. Zwar habe er gegenüber anderen Bauarbeitern eine herausgehobene Stellung inne, im Übrigen unterstehe er jedoch den Weisungen des allein verantwortlichen Bauleiters. Arbeiter des VN, die bei Dritten Parkettschleif-
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OLG Koblenz 16.10.2003 VersR 2004 642; OLG Köln 21.2.1995 VersR 1996 94. BGH 25.3.1992 VersR 1992 865, 866. OLG Hamm 16.6.1999 VersR 2000 1104, 1105; OLG Celle 18.3.1999 VersR 2001 453, 454. OLG Hamm 9.6.1976 VersR 1978 221, 222; vgl. auch BGH 15.11.1965 VersR 1966 131, 132.
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Vgl. BGH 10.7.1996 RuS 1996 385, 386 = VersR 1996 1229, 1230 f.; Hans. OLG Hamburg 17.3.1988 VersR 1988 1147. OLG Koblenz 17.9.1982 VersR 1983 870. BGH 25.3.1992 VersR 1992 865, 866. OLG Hamm 16.6.1999 VersR 2000 1104, 1105. OLG Celle 18.3.1999 VersR 2001 453, 454.
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arbeiten vornehmen, sind keine Repräsentanten des VN.156 Die angestellte Kellnerin ist keine Repräsentantin des Gastwirts.157 3. Gesellschafter
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Eine Zurechnung vorsätzlichen Verhaltens von Gesellschaftern juristischer Personen und nicht zur Geschäftsführung befugten Gesellschaftern von Personengesellschaften, die in dieser Eigenschaft vorsätzlich den Schaden herbeiführen, nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung scheidet aus, da sie weder als Risiko- noch als Vertragsverwalter handeln. Jedoch ist in der bürgerlich-rechtlichen Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass sich eine juristische Person unter bestimmten Voraussetzungen die Verhaltensweisen, Kenntnisse oder Eigenschaften ihres Mehrheitsgesellschafters/-aktionärs zurechnen lassen muss, wobei bei Aktiengesellschaften stets die Besonderheit zu berücksichtigen ist, dass die Aktionäre dem Vorstand keine Weisungen erteilen können. So vertritt das gesellschaftsrechtliche Schrifttum nahezu einhellig die Ansicht, dass ein VR nach § 61 VVG a.F./§ 81 VVG grundsätzlich auch dann von der Verpflichtung zur Leistung (teilweise) frei wird, wenn nicht ein Organ oder sonstiger Repräsentant der juristischen Person, sondern der Mehrheitsgesellschafter der VN den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat.158 Die Rechtsprechung hat sich – soweit ersichtlich – noch nicht zu dieser Frage ge67 äußert. Die Fälle, die die Rechtsprechung zu entscheiden hatte, betrafen den Anwendungsbereich von § 123 Abs. 2 BGB. In seinem Urteil vom 22.1.1990 hat der BGH festgestellt, dass „[n]icht Dritter i.S. von § 123 Abs. 2 BGB […] der Allein- oder Mehrheitsgesellschafter einer GmbH [.] [ist], wenn er die Möglichkeiten seiner Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung dazu nutzt, in mittelbarer Täterschaft durch die GmbH als Werkzeug deren Geschäftspartner arglistig zu täuschen. In einem solchen Falle sind die Beziehungen des täuschenden Gesellschafters zur Gesellschaft so eng, daß diese als Erklärungsempfänger die Täuschung wie eine eigene zu vertreten hat und den Getäuschten deshalb nicht am Vertrage festhalten darf“.159 [Hervorhebung durch den Verfasser]
Die gleiche Feststellung hatte das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 15.12.1975 bezogen auf die von dem einzigen Aktionär einer AG verübten arglistigen Täuschung getroffen.160 68 Darüber hinaus hat der BGH zum Maklerrecht mehrfach entschieden, dass einem Mehrheitsgesellschafter, der für einen Auftraggeber den Vertragsschluss mit seiner
156 157 158
OLG Koblenz 13.1.2006 VersR 2007 787, 788. BGH 10.5.2000 RuS 2002 119, 121 = VersR 2000 846, 847. Vgl. MüKo-AktG/Heider, 3. Aufl. 2008 ff., § 1 Rn. 59; Spindler/Stilz/Fock, 2007, § 1 AktG Rn. 65, 69; GroßkommAktG/Brändel, 3. Aufl. 1992 ff., § 1 Rn. 66; Kölner KommentarAktG/Kraft, 3. Aufl. 2004, § 1 Rn. 44; Michalski/Funke, GmbHG, 2. Aufl. 2010 § 13 Rn. 329; Wicke, GmbHG, 2. Aufl. 2011, § 13 Rn. 17; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Pentz, GmbHG, 4. Aufl. 2002, § 13
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159 160
Rn. 150; Ulmer/Habersack/Winter/Raiser, GmbHG, 4. Aufl. 2006, § 13 Rn. 103; Hachenburg/Mertens, GmbHG, 8. Aufl. 1992 ff., Anh. § 13 Rn 73; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2006, § 29 Rn 10; MüKo-GmbHG/Merkt § 13 Rn. 358; Geißler GmbHR 1993 71, 73 f.; vgl. auch MüKo-BGB/Reuter Vor § 21 Rn. 30 und Hübner JZ 1978 703, 705 (Durchgriff nur bei Alleingesellschafter). BGH 11.1.1990 NJW 1990 1915. OLG Düsseldorf 15.12.1975 WM 1976 1257, 1262.
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Gesellschaft vermittelt, kein Provisionsanspruch gem. § 652 BGB zustehe.161 Dies hat er in seiner Grundlagenentscheidung vom 12.5.1971 wie folgt begründet: „Mit Recht hat das Berufungsgericht auch in dem hier vorliegenden Fall eine so enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Beklagten und der B.-GmbH gesehen, daß sich von einer vermittelnden Maklertätigkeit der Beklagten nicht sprechen läßt. Neunzig Prozent des Stammkapitals der B.-GmbH werden allein von der Beklagten gehalten. Das aber bedeutet, daß die B.-GmbH von der Beklagten derart beherrscht wird, daß ihre Handlungen praktisch allein von der Beklagten bestimmt werden … Bestimmte aber die Beklagte auf Grund ihrer Beteiligung ausschlaggebend die Handlungen der B.-GmbH, dann kann von einer den Kaufabschluß vermittelnden Tätigkeit i.S. des § 652 Abs. 1 BGB nicht mehr gesprochen werden. Vielmehr beruhte der Abschluß des Kaufvertrages maßgeblich auf der eigenen Entschließung der Beklagten, die sie als beherrschende Gesellschafterin der B.-GmbH traf … Führt das Beteiligungsverhältnis zu einer Beherrschung einer Gesellschaft durch eine andere Gesellschaft oder eine natürliche Person, so kann sich daraus auch in anderen Rechtsgebieten die Notwendigkeit ergeben, daß das Recht dieser Beherrschung Rechnung tragen muß. So ist anerkannt, daß das Stimmrechtsverbot des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG auch dann gilt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit einer von einem Gesellschafter beherrschten Gesellschaft beinhaltet (…).“162 [Hervorhebung durch den Verfasser]
Diese Begründung unterscheidet sich in dogmatischer Hinsicht von der Entscheidung zu § 123 Abs. 2 BGB dadurch, dass der BGH zur Rechtfertigung des Zurechnungsdurchgriffs – ebenso wie die Literatur163 – auf den Normzweck abstellt, während er in seinem Urteil vom 22.1.1990 die Einschränkung des Trennungsprinzips mit dem Grundsatz von Treu und Glauben begründet. Bei der Zurechnung von vorsätzlichen Schädigungen kann letztlich dahinstehen, ob man auf den Grundsatz von Treu und Glauben oder auf den Normzweck von § 103 abstellt. In dem einen wie dem anderen Falle ist es für den VR nicht zumutbar, die von ihm übernommene Haftung zu tragen. 4. Sonstige Dritte Für sonstige, nicht in das Unternehmen des VN eingegliederte Dritte gilt das zuvor 69 zur Zurechnung des Mitarbeiterverhaltens Ausgeführte (Rn. 59 ff.) ensprechend. Eine Zurechnung vorsätzlicher Schäden erfolgt dann, wenn die Dritten Vertrags- oder Risikorepräsentanten des VN sind. Abzulehnen – weil nicht hinreichend begründet und im Ergebnis nicht überzeugend – ist die Entscheidung des OLG Hamm vom 19.3.2001, in der es für den Fall des Versicherungsbetrugs durch Unfallmanipulation allein die zeitweise Überlassung des Kfz für eine Zurechnung ausreichen lässt, weil in Haftpflichtfällen das Interesse des VR, nicht aufgrund von vorsätzlichen Taten Versicherungsleistungen zu erbringen, stärkere Beachtung als in der Sachversicherung verdiene.164 Die strengeren Anforderungen an eine Repräsentation müssten deshalb nicht vorliegen. Für eine unterschiedliche Bewertung der Interessenlage hinsichtlich des Schutzes vor Versicherungsbetrug auf Seiten des VR in der Sachversicherung und in der Haftpflichtversicherung
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Vgl. BGH 12.5.1971 NJW 1971 1839, 1840; ferner BGH 13.3.1974 NJW 1974 1130 f.; BGH 8.10.1975 WM 1975 1208; zusammenfassend BGH 24.4.1985 NJW 1985, 2473. BGH 12.5.1971 NJW 1971 1839, 1840.
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S. Nachw. bei MüKo-AktG/Heider, 3. Aufl. 2008 ff., § 1 Rn. 47; Hübner JZ 1978 703, 705. OLG Hamm 19.3.2001 VersR 2002 700, 701 = RuS 2002 9, 10 unter Bezugnahme auf Dannert NZV 1993 13, 16.
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§ 103
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
besteht keinerlei Anlass.165 Kein Repräsentant ist nach Ansicht des KG ein Rechtsanwalt, der von der VN mit der Prozessführung betraut wurde, wenn er den geltend gemachten Haftpflichtanspruch anerkannt und dessen Befriedigung veranlasst, ohne hierzu von den VN beauftragt worden zu sein.166
IV. Natürliche Personen als VN/versicherte Personen 1. Gesetzliche Vertreter natürlicher Personen
70
Der nicht (voll) geschäftsfähige VN muss sich die vorsätzliche Herbeiführung des Schadens durch seine Eltern (§§ 1626 ff. BGB) oder seinen Vormund (§§ 1773 ff. BGB) nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung zurechnen lassen.167 Gleiches gilt für Pfleger (§§ 1909 ff. BGB) und Betreuer (§§ 1896 ff. BGB) hinsichtlich vorsätzlicher, im Rahmen ihr Vermögensverwaltung/-betreuung herbeigeführter Schäden.168 2. Ehegatten/Lebenspartner/Kinder
71
Die Zurechnung der vorsätzlichen Schadensherbeiführung im Verhältnis zwischen Ehegatten und Lebenspartnern erfolgt ebenfalls nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung. Weder die Ehe noch eine Lebensgemeinschaft mit dem VN vermögen dabei für sich allein genommen eine Repräsentantenstellung zu begründen.169 Gleiches gilt für Eltern-Kind-Beziehungen. Vorsätzliches Verhalten von Kindern müssen sich die Eltern nur zurechnen lassen, wenn die Kinder Repräsentanten sind (und umgekehrt).170 3. Sonstige Dritte
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Weder enge persönliche Beziehungen zum VN noch ein bloßes Nutzungsverhältnis mit dem VN vermögen eine Zurechung vorsätzlicher Schadensherbeiführung durch sonstige Dritte nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung auszulösen.171
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168 169
Das Urteil des OLG Hamm zu Recht ablehnend daher auch Langheid/Wandt/Wandt § 28 Rn. 144 f., 44. KG 22.2.2008 VersR 2008 914, 915. RG 15.3.1932 RGZ 135 370, 371 f.; Berliner Kommentar/Beckmann § 61 Rn. 45; a.A. Langheid/Wandt/Halbach § 81 Rn. 105; Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 95: § 254 Abs. 1 i.V.m. § 278 Abs. 1 Alt. 1 BGB; Beckmann/Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 27: § 278 BGB analog. Vgl. Berliner Kommentar/Beckmann § 61 Rn. 45. Vgl. BGH 20.5.2009 NJW 2009 2881,
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2882; BGH 14.5.2003 NJW-RR 2003 1250, 1251; BGH 2.5.1990 VersR 1990 736, 737; BGH 4.7.1990 NJW-RR 1990 1305, 1306; BGH 8.2.1965 VersR 1965 425, 429; OLG Hamm 26.1.1998 RuS 1998 500, 501; OLG Karlsruhe 16.5.1991 VersR 1992 1391, 1392; OLG Hamm 9.1.1991 VersR 1992 570, 571; OLG Karlsruhe 21.6.1990 VersR 1991 1048; Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 97; Berliner Kommentar/Beckmann § 61 Rn. 45 ff. Vgl. OLG Hamm 15.2.1989 NJW-RR 1989 860. Vgl. OLG Hamm 12.4.2002 VersR 2003 333, 335.
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V. Einstehen für Parteien kraft Amtes In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass der VN sich das Verschulden 73 einer Partei kraft Amtes (Testamentsvollstrecker, Nachlass-, Insolvenz-172 oder Zwangsverwalter173) zurechnen lassen muss, soweit diese im Rahmen ihres Aufgabenbereichs handelt.174 Bezüglich der Zurechnung des Verhaltens eines Zwangsverwalters zulasten des VN hat der BGH explizit auf die Repräsentantenhaftung zurückgegriffen.175 Looschelders und Heiss haben sich für eine entsprechende Anwendung von § 31 BGB ausgesprochen.176
F. Rechtsfolge/Umfang der Leistungsfreiheit bei vorsätzlicher Schadensherbeiführung I. Im Hinblick auf die Leistungspflicht des VR Der VR ist gem. § 103 „nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der VN vorsätzlich und 74 widerrechtlich den bei dem Dritten eingetretenen Schaden herbeigeführt hat“. Dieser Vorsatzbegriff schließt es nach Ansicht des BGH aus,177 „dem VN Schadensfolgen zuzurechnen, die er nicht oder nicht in ihrem wesentlichen Umfang als möglich erkannt und für den Fall ihres Eintritts gewollt oder im Sinne bedingten Vorsatzes billigend in Kauf genommen hat.“
Die Erstreckung des Vorsatzerfordernisses auf die Schadensherbeiführung hat somit zur Konsequenz, dass der VR nur insoweit nicht zur Leistung verpflichtet ist, als die gegen den VN geltend gemachten Schadensersatzansprüche an Verletzungsfolgen anknüpfen, die erstens in objektiver Hinsicht adäquat-kausal auf der haftungsbegründenden Handlung beruhen und zweitens in ihrem wesentlichen Umfang vom VN als möglich erkannt und wenigstens billigend in Kauf genommen worden sind. Bei einem Gesamterfolg kann es deshalb – wie die Kasuistik zeigt – zu einer Aufspaltung in einen gedeckten und einen ungedeckten Teil, je nach der Willensrichtung des Handelnden, kommen.178 Tritt der VN gewaltsam eine Tür ein und werden dahinter stehende Personen in einer 75 für den VN nicht vorhersehbaren Weise durch umherfliegende Glassplitter verletzt, ist
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Vgl. OLG Köln 20.12.2005 VersR 2006 1207, 1208; KG 18.3.2005 RuS 2005 502, 503; OLG Celle 1.3.2001 VersR 2002 602, 603; LG Berlin 12.10.2004 7 O 601/03 zitiert nach juris. BGH 19.10.1994 VersR 1994 1465. Vgl. LG Wuppertal 27.10.1961 VersR 1962 629, 630; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Looschelders § 17 Rn. 19; Bruck/Möller/ Heiss § 28 Rn. 75; Langheid/Wandt/Halbach § 81 Rn. 101; Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 95: §§ 254 Abs. 1 i.V.m. § 278 Abs. 1 Alt. 1 BGB; Berliner Kommentar/Beckmann, § 61 Rn. 45; Bruck/Möller/Möller8 § 6 Rn. 70 und § 61 Rn. 66; Prölss/Martin/ Prölss § 6 Rn. 44. BGH 19.10.1994 VersR 1994 1465; vgl.
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auch Bruck/Möller/K. Johannsen/R. Johannsen 8 Bd. III Anm. G 56; Römer/Langheid/ Römer § 6 Rn. 155; Spielmann Sicherheitsvorschriften in der Leitungswasser-/Rohrbruchversicherung, VersR 2006 317, 320. Beckmann/Matusche-Beckmann/Looschelders § 17 Rn. 19; Bruck/Möller/Heiss § 28 Rn. 75 jew. unter Bezugnahme auf MüKoBGB/Reuter § 31 Rn. 17; Palandt/Ellenberger § 31 Rn. 3. BGH 17.6.1998 RuS 1998 367, 368; vgl. auch OLG Hamm 18.8.2000 RuS 2001 145, 146 = NVersZ 2001 134. Vgl. OLG Hamm 18.8.2000 RuS 2001 145, 146 = NVersZ 2001 134; Prölss/Martin/ Lücke § 103 Rn. 12; Langheid NVersZ 1999 253.
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der VR nur hinsichtlich der Schäden an der Tür leistungsfrei. Ist der Eigentümer durch die Splitter verletzt worden und macht die Schadensersatzansprüche gerichtlich geltend, sind die Prozesskosten entsprechend aufzuteilen. Wird beim Betätigen des Feuerlöschers in einer Kirche diese nicht nur, wie erwartet, verschmutzt, sondern werden auch wertvolle Kunstgegenstände beschädigt, ist der VR insoweit zur Deckung verpflichtet.179 Schlägt der VN seinen Gegenüber mit der Faust nieder, woraufhin dieser (unerwartet) eine Gehirnblutung erleidet und daran später verstirbt, besteht kein Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche, die typische Verletzungsfolgen eines Faustschlags sind, also äußere Gesichts- und Schädelverletzungen. Versicherungsschutz ist nur für die an den Tod anknüpfenden Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche der Hinterbliebenen gegeben.180 Wollte der VN sein Opfer dagegen umbringen, verletzt es jedoch nur schwer, besteht für die Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Opfers keine Deckung (Rn. 29). Die gegenteilige Ansicht, die zwischen ein- und mehraktigen Handlungen trennen und 76 nur bei letzteren eine Aufspaltung in einen gedeckten und einen ungedeckten Teil vornehmen will,181 lässt sich mit dem Gesetz nicht vereinbaren. Die Begründung, die Aufspaltung lasse sich bei einaktigen Handlungen nicht „überzeugend durchführen“,182 ist nicht recht nachvollziehbar und rechtfertigt nicht, auch vorhersehbare Schäden entgegen § 103 in den Versicherungsschutz einzubeziehen. Zu Recht weist Weitzel auf den Wertungswiderspruch hin, wenn „derjenige, der ‚nur‘ die Folgen herbeiführt, die er beabsichtigt, [.] keinen Versicherungsschutz [erhält], während derjenige, der genau diese Folgen herbeiführt, darüber hinaus aber auch – wenn auch nicht gewollt – ein ‚Mehr‘ verwirklicht, vollen Versicherungsschutz erhält, also auch im Hinblick auf diejenigen Folgen, die genau seinem Tatplan entsprachen und für die eigentlich der Vorsatzausschluss eingreifen müsste.“183 Werden Schadens- und/oder Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht, ist somit im Ergebnis der Teil auszuscheiden, der auf die vorsätzlich zugefügten Verletzungen entfällt. Dieser ist, soweit es nicht in dem bindenden Haftpflichturteil geschehen ist, im Deckungsprozess – notfalls mit sachverständiger Hilfe – gem. § 287 ZPO zu schätzen.184
II. Personelle Reichweite 77
Der Ausschluss ist – wie zuvor dargestellt (Rn. 47 ff.) – im Grundsatz beschränkt auf den Versicherungsschutz desjenigen Interesseträgers (VN/versicherte Person), der vorsätzlich gehandelt hat. Führt beispielsweise in der Betriebshaftpflichtversicherung ein Mitarbeiter des versicherten Unternehmens vorsätzlich einen Schaden bei einem außenstehenden Dritten herbei, für den dieser sowohl das Unternehmen als auch den
179
180 181
A.A. OLG Schleswig 22.11.2007 RuS 2008 67, 69; OLG Celle 22.11.2007 OLGR Celle 2008 63. Römer/Langheid/Langheid § 103 Rn. 10; Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 12. OLG Schleswig 22.11.2007 RuS 2008 67, 69; LG Bonn 8.10.2004 NJW-RR 2005 822, 824; vgl. auch Langheid/Wandt/Littbarski § 103 Rn. 54; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 15; Prölss/Martin/ Voit/Knappmann 27 § 152 Rn. 5; Knapp-
202
182 183 184
mann VersR 2000 11, 12; E. Lorenz VersR 2000 2, 6; ausdrücklich offengelassen OLG Hamm 18.8.2000 RuS 2001 145, 146 = NVersZ 2001 134 Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 152 Rn. 5. Weitzel VersR 2008 954, 955. Römer/Langheid/Langheid § 103 Rn. 11; Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 12; Stiefel/ Maier/Jahnke § 103 Rn. 15 f.; Weitzel VersR 2008 954, 955; Langheid NVersZ 1999 253.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
Mitarbeiter auf Schadensersatzanspruch in Anspruch nimmt, besteht Versicherungsschutz nur für das Unternehmen, nicht hingegen für den Mitarbeiter. Der einheitliche Versicherungsvertrag ist insoweit aufzuspalten in eine Versicherung für eigene Rechnung (des VN) „mit einer gedanklich davon zu trennenden Fremdversicherung“. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich das Unternehmen das vorsätzliche Verhalten des Mitarbeiters zurechnen lassen muss, sei es, weil es sich hierbei um ein Organmitglied handelt, sei es, weil er Repräsentant ist. In diesen Fällen verliert auch das Unternehmen den Versicherungsschutz. Eine weitere Ausnahme betrifft den Fall, dass der Inhaber des (Einzel-) Unternehmens oder ein Mitglied des Geschäftsführungsorgans einer Gesellschaft den Schaden vorsätzlich herbeiführt. In diesem Fall verlieren sowohl das Unternehmen als auch der nur fahrlässig an der Schadensherbeiführung beteiligte (sonstige) Mitarbeiter den Versicherungsschutz (Rn. 50 bis 52). Entsprechendes gilt für andere Haftpflichtversicherungsverträge, bei denen eigene und fremde Interessen versichert sind (z.B. Privathaftpflichtversicherung).
III. Auswirkungen auf den Vertrag Die vorsätzliche Herbeiführung eines Schadens lässt die Wirksamkeit des Versiche- 78 rungsvertrages unberührt, gibt dem VR jedoch das von der Verschuldensform freilich unabhängige und im Übrigen nicht an die Herbeiführung des Schadens, sondern des Versicherungsfalls anknüpfende Recht zur außerordentlichen Kündigung gem. § 111.
IV. Schadensersatzansprüche des VR Die vorsätzliche Herbeiführung eines Schadens bei einem Dritten begründet für sich 79 allein genommen keinen Schadensersatzanspruch des VR aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB. Es fehlt insoweit an einer Pflichtverletzung gegenüber dem VR. Zudem erleidet der VR keinen Schaden, da keine Deckung besteht. Zeigt der VN den Versicherungsfall an und erteilt dem VR falsche Auskünfte, weil er sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen will, verletzt er nicht nur die ihn nach §§ 30, 31 treffenden Obliegenheiten, sondern begeht auch den Tatbestand des versuchten (Versicherungs-)Betrugs. Hierin liegt eine Verletzung der allgemeinen Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB, die den VR nach § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz berechtigt. Daneben kommen § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 265 StGB und § 826 BGB als deliktische Anspruchsgrundlagen in Betracht. Ersatzfähig sind insbesondere die ihm im Zuge der Ermittlungen eines angezeigten Schadensfalls getätigten Aufwendungen (z.B. Detektiv- und Sachverständigenkosten).185
185
Vgl. OLG Köln 2.12.2008 VersR 2009 1071, 1072 f. (Leitungswasserversicherung); OLG Saarbrücken 23.11.2005 VersR 2006 644, 647 (Krankentagegeldversicherung); OLG Köln 30.7.1992 RuS 1992 347, 348 (Feuerversicherung); OLG Düsseldorf 6.12.1994 NJW-RR 1995 1493, 1494 (Feuerversiche-
rung); OLG Oldenburg 11.12.1991 VersR 1992 1150, 1151 (Einbruchdiebstahlversicherung); Hans. OLG Hamburg 19.2.1988 VersR 1988 482, 483 (Einbruchdiebstahlversicherung); LG Kiel 21.5.1999 RuS 2000 376, 377 (Rechtsschutzversicherung); vgl. auch OLG Celle 24.08.1979 zfs 1982 367 f.
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§ 103
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
V. Rückforderungsansprüche des VR 80
Werden Schadensersatzansprüche gegen den VN geltend gemacht und wird ein vorsätzliches Verhalten des VN behauptet, ist der VR zunächst zur Anspruchsabwehr verpflichtet. Er ist nicht berechtigt, seine Deckungszusage bis zur endgültigen Klärung dieser Frage zurückzuhalten.186 Dies gilt selbst dann, wenn die Schadensersatzansprüche, die gegen den VN geltend gemacht werden, nicht zur Voraussetzung haben, dass sich der Vorsatz des VN auch auf die Schadensfolgen erstreckt (z.B. § 823 Abs. 1 BGB), und deshalb der Ausgang des Haftpflichtprozesses mangels Voraussetzungsidentität des Vorsatzbegriffs im Haftpflicht- und im Deckungsprozess keinerlei Bindungswirkung entfaltet (§ 100 Rn. 42). In der Praxis stellt der VR in Fällen, in denen der Anspruchssteller vorsätzliches Verhalten des VN behauptet, Abwehrschutz unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall zur Verfügung, dass der Vorsatz durch gerichtliche oder behördliche Entscheidung, Vergleich oder Anerkenntnis festgestellt wird. Gleiches gilt, wenn der Geschädigte zwar kein vorsätzliches Verhalten des VN behauptet, der von ihm vorgetragene Sachverhalt jedoch Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Schadensherbeiführung oder – wenn § 103 abbedungen ist – eine vorsätzliche Pflichtverletzung bietet. Diese Variante ist der Regelfall, da der gut beratene Geschädigte, der um die Haftpflichtversicherung des Schädigers weiß, tunlichst vermeidet, den Begriff „Vorsatz“ zu verwenden, wenn er Schadensersatzansprüche geltend macht. 81 Ein solcher Vorbehalt kann verschiedene Bedeutung haben. Er kann zum einen dazu dienen, zu verhindern, dass die Leistung als deklaratorisches Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB verstanden wird und die Rückforderung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB an § 814 BGB scheitert.187 Zudem wird dem VN die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) in entsprechender Anwendung des § 820 Abs. 1 S. 1 BGB genommen.188 Ein solcher (einseitiger) Vorbehalt hindert nicht die Erfüllungswirkung der Leistung nach § 362 BGB.189 Er kann aber auch bedeuten, dass der VR nur Abwehrschutz leistet, soweit kein Fall des § 103 vorliegt.190 In letzterem Fall macht der VR die Leistung an den VN davon abhängig, dass dieser eine von den Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB unabhängige, bedingte Rückzahlungsverpflichtung eingeht. Auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung hat der VR freilich keinen Anspruch.191 Der VN kann ein solches Angebot des VR zurückweisen und den VR auf Erfüllung verklagen.192 Dies spricht selbst unter Zugrundelegung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB dagegen, formularmäßigen Vorbehaltsklauseln mit dem zuvor beschriebenen Inhalt eine über den Ausschluss der Wirkung des § 814 BGB hinausgehenden Inhalt beizumessen.193 Sollte der Vorbehalt in Ausnahmefällen als Antrag auf Ab186 187
188
LG Berlin 7.2.1989 RuS 1990 19, 20 (Rechtsschutzversicherung). BGH 9.6.1992 RuS 1993 333, 335; OLG Saarbrücken 20.12.2006 zfs 2007 522, 524; OLG Düsseldorf 14.3.1995 RuS 1996 278; OLG Köln 19.9.1995 RuS 1995 462, 463; OLG Düsseldorf 16.3.1988 NJW-RR 1989 27, 28; OLG Hamm 9.1.1987 NJW-RR 1987 985, 986 = VersR 1987 1129; vgl. auch OLG Köln 12.5.1995 RuS 1995 265, 266. Vgl. BGH 20.10.2005 NJW 2006 286, 288; BGH 8.6.1988 NJW 1989 161, 162 (nicht versicherungsrechtlicher Fälle).
204
189
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191 192 193
BGH 9.1.1999 RuS 1991 100, 102; Prölss/Martin/Armbrüster Vorbem. zu den §§ 74–99 Rn. 138. Vgl. OLG Düsseldorf 14.3.1995 RuS 1996 278; OLG Düsseldorf 16.3.1988 NJW-RR 1989 27, 28; OLG Hamm 9.1.1987 NJWRR 1987 985, 986 = VersR 1987 1129. BGH 9.1.1991 RuS 1991 100, 102. Prölss/Martin/Armbrüster Vorbem. zu den §§ 74–99 Rn. 139. Vgl. auch BGH 9.6.1992 RuS 1993 333, 335; OLG Düsseldorf 14.3.1995 RuS 1996 278; OLG Düsseldorf 16.3.1988 NJW-RR
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
schluss einer eigenständigen Rückzahlungsverpflichtung zu verstehen sein, den der VN durch Inanspruchnahme der Leistungen des VR konkludent annimmt, ist diese Vereinbarung als unentgeltlicher Darlehensvertrag zu qualifizieren.194 Der einseitige Rückforderungsvorbehalt verändert nicht die Beweislastverteilung im Rückforderungsprozess. Es bleibt dabei, dass der VR beweisen muss, dass der VN den Schaden vorsätzlich herbeigeführt und er somit ohne Rechtsgrund geleistet hat.195 Dabei kommt dem VR bei Vorliegen von Voraussetzungsidentität (§ 106 Rn. 19) die Bindungswirkung der rechtskräftigen Feststellungen des Haftpflichtrichters zugute. Die Bindungswirkung greift insoweit auch im Rückforderungsprozess ein.196 Hat der VR (ausnahmsweise) vorbehaltlos Abwehrschutz geleistet, obgleich der Dritte vorsätzliches Verhalten des VN behauptet hat und/oder seinen Anspruch auf Tatsachen gestützt hat, die auf eine vorsätzliche Schadensherbeiführung schließen lassen, liegt darin konkludent ein unwiderruflicher Verzicht auf die Geltendmachung des § 103, der jedoch in seiner Reichweite nur auf den Ersatz von Aufwendungen für die Anspruchsabwehr beschränkt ist (§ 100 Rn. 41).197 Konnte der VR aufgrund des vom Anspruchssteller behaupteten Sachverhalts nicht auf eine vorsätzliche Schadensherbeiführung schließen, kommt der Abwehrschutzgewährung kein Erklärungswert i.S.e. Verzichts zu.198 Auch wird hierdurch kein Vertrauenstatbestand geschaffen, der eine Rückforderung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe199 und ebenso wenig steht § 814 BGB einer Rückforderung entgegen.200 Auf den Wegfall der Bereicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB kann sich der VN in entsprechender Anwendung des § 820 Abs. 1 S. 1 BGB nicht berufen.201 Erfährt der VR erstmals durch die spätere Übersendung der Klageschrift vom Vorliegen des Risikoausschlusses, kann er seine weiteren Leistungen unter Rückforderungsvorbehalt erbringen. Hat der VR die Entschädigungsleistung erbracht und erfährt erst im Nachhinein, dass der VN den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, so kann er seine Leistung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB herausverlangen. Falls der VR an den geschädigten Dritten gezahlt hat, ist der VN ohne rechtlichen Grund von seiner Schuld befreit.202 In Betracht kommen auch Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag
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1989 27, 28; OLG Hamm 9.1.1987 NJWRR 1987 985, 986 = VersR 1987 1129; Glauber VersR 1993 1263. Prölss/Martin/Armbrüster Vorbem. zu den §§ 74–99 Rn. 139. OLG Hamm 24.2.1989 RuS 1989 389; Prölss/Martin/Armbrüster Vorbem. zu den §§ 74–99 Rn. 138 m.w.N.; vgl. auch BGH 8.2.1984 NJW 1984 2826, 1827; OLG Hamm 23.9.1992 VersR 1993 737, 738; OLG Köln 19.9.1995 RuS 1995 462, 463; Glauber VersR 1993 1263, 1264. LG Frankfurt/M. 27.3.1990 RuS 1990 382, 383; AG St. Ingbert 23.11.1990 RuS 1991 205. LG Berlin 7.2.1989 RuS 1990 19, 20; vgl. LG Köln 23.12.1992 RuS 1994 102, 103;
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200 201 202
LG Köln 13.11.1991 RuS 1992 277 f., jew. Rechtsschutzversicherung. Vgl. BGH 24.1.2007 RuS 2007 241, 242; BGH 20.9.1978 VersR 1978 1105; zur Deckungszusage in der Rechtsschutzversicherung BGH 18.3.1992 VersR 1992 568, 570. Vgl. LG Essen 9.3.1999 RuS 2000 158 f.; LG Kiel 21.5.1999 RuS 2000 376; LG Essen 3.2.1992 RuS 1993 21, 22; LG Hechingen 1.10.1990 RuS 1991 307, 308; LG Köln 13.11.1991 RuS 1992 277, 278. OLG Karlsruhe 19.5.1988 RuS 1991 187; LG Köln 13.11.1991 RuS 1992 277, 278. Vgl. BGH 20.10.2005 NJW 2006 286, 288; BGH 8.6.1988 NJW 1989 161, 162. Vgl. BGH 25.4.1960 VersR 1960 529, 530.
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§ 103
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
(§§ 670, 683, 677 BGB).203 Hat der VN den Schaden vorsätzlich herbeigeführt und ist der VR leistungsfrei, so ist kein Raum für einen Regress gegen Dritte nach § 86 Abs. 1 S. 1.204
VI. Verzicht 86
Der VR kann auf den Einwand der Leistungsfreiheit einseitig verzichten.205 Da die Rechtswirkungen des § 103 kraft Gesetzes eintreten und insoweit nicht abhängig vom Willen des VR sind, lässt sich ein solcher Verzicht dogmatisch nur als deklaratorisches Anerkenntnis konstruieren (dessen Annahme durch den VN nach § 151 BGB entbehrlich ist).206 An die Annahme eines Verzichtswillens sind dabei strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. Ziff. 7 AHB Rn. 30 ff.). Grundsätzlich hat der VR keinen Anlass, eine ihm vorteilhafte Rechtsposition aufzugeben. Im Übrigen darf der VR mit der Gewährung von Versicherungsschutz nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Soweit im Haftungsprozess mit bindender Wirkung gerichtlich festgestellt worden ist, dass der VN den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, wäre ein Verzicht, der über den Ersatz von Aufwendungen für die Anspruchsabwehr hinausgeht, nach § 138 Abs. 1 BGB, bei strafbaren Handlungen auch nach § 134 BGB nichtig, und deshalb im Deckungsprozess unbeachtlich. Gleiches gilt, wenn der VR den Verzicht bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles erklärt. Bei einem solchen vorweggenommenen Verzicht handelt es sich um eine vertragliche Abbedingung von § 103. Anders liegt der Fall, wenn ein Repräsentant des VN den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, weil §§ 138, 242 BGB nur verlangen, dass der vorsätzlich Handelnde nicht in den Genuss der Versicherungsleistung kommt.
G. Verfahrens- und Beweisfragen I. Berücksichtigung von Amts wegen 87
Bei § 103 handelt es sich um eine rechtshindernde Einwendung, die als solche wie eine Tasache ipso iure wirkt. Anders als die Geltendmachung von (teilweiser) Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzungen, sind Risikoausschlüsse (selbst in der Revisionsinstanz noch) von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn sich die Voraussetzungen aus dem Vortrag der Parteien ergeben und kein (wirksamer) Verzicht auf die Rechtsfolgen seitens des VR erklärt wurde (Rn. 86). Dies gilt auch dann, wenn der VN in den Tatsacheninstanzen nicht auf diese Bestimmung abgehoben hat.207
II. Darlegungs- und Beweislast 88
Der VR trägt die Darlegungs- und Beweislast für die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 103. Er muss darlegen und beweisen, dass der VN oder eine Person, deren Verhalten sich dieser zurechnen lassen muss, den Schaden kausal und vorsätzlich 203 204 205
206
Vgl. Bruck/Möller/Möller 8 § 61 Rn. 82. Vgl. Bruck/Möller/Möller 8 § 61 Rn. 83. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 124; Bruck/Möller/Möller 8 § 61 Rn. 81; vgl. auch Langheid/Wandt/Looschelders § 81 Rn. 119. Vgl. BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 318;
206
207
OLG Düsseldorf 26.6.2001 RuS 2002 242, 243; Hans. OLG Hamburg 25.10.1973 VersR 1974 463, 464 f.; OLG Köln 10.11.1964 VersR 1965 54. BGH 12.6.1985 VersR 1985 1029, 1030; OLG Köln 25.5.1992 RuS 1992 343, 344.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
herbeigeführt hat.208 Nach herrschender Ansicht muss der VR auch die Voraussetzungen der Widerrechtlichkeit beweisen.209 Beruft sich der VN auf Unzurechnungsfähigkeit, muss er jedoch – ungeachtet der Regel, dass der VR für das Eingreifen von Ausschlusstatbeständen beweisbelastet ist – in entsprechender Anwendung des § 827 S. 1 BGB den Beweis dafür führen.210 Dasselbe gilt für die Voraussetzungen des § 828 Abs. 2 BGB.211 Behauptet der VN sich über die Widerrechtlichkeit geirrt zu haben, trifft ihn ebenfalls die Beweislast dafür.212 Nach anderer Ansicht muss der VN darlegen und beweisen, dass ein Rechtfertigungs- 89 grund vorliegt und es deshalb an der Widerrechtlichkeit fehlt.213 Für diese Ansicht spricht zunächst, dass ein Gleichlauf zwischen Haftungs- und Versicherungsrecht erzielt wird. Zumindest bei unmittelbaren Rechtsgutsverletzungen indiziert haftungsrechtlich die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit und der Verletzer muss den Ausschluss der Widerrechtlichkeit beweisen.214 Die Minderansicht lässt sich jedoch nicht damit in Einklang bringen, dass (selbst nach Ansicht der Vertreter dieser Ansicht) für die Annahme von Vorsatz nach § 103 erforderlich ist, dass der VN den pflichtwidrigen/rechtswidrigen Erfolg vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen hat.215 Freilich ist auch die herrschende Ansicht nicht frei von Widersprüchen, wie die abweichenden Beweislastregeln bei Unzurechnungsfähigkeit und Irrtum über die Widerrechtlichkeit zeigen. Hat der VN den Schaden vorsätzlich herbeigeführt, wäre er aber auch bei grober 90 Fahrlässigkeit eingetreten, stellt sich die Frage, ob dieser Einwand der hypothetischen Kausalität zugunsten des VN zu berücksichtigen ist.216 Der BGH hat diesen Einwand für den Bereich der Sachversicherung für relevant erachtet. Im Raum stand allerdings nicht der Vorwurf der vorsätzlichen, sondern der grob fahrlässigen Schadensherbeiführung.217 Das OLG Köln hatte sich mit dem Einwand der hypothetischen Kausalität in der Berufs-/ Betriebshaftpflichtversicherung zu befassen. Der VN, ein Bauingenieur, hatte die Ausführungsplanung für die Errichtung einer Mauer erstellt und die Ausführung selbst ver-
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209
210
Vgl. nur BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189; BGH 4.5.1988 BGHZ 104 256, 260 = RuS 1988 239; BGH 27.10.1954 VersR 1954 591, 592; s.a. Nachweise bei Prölss/ Martin/Lücke § 103 Rn. 7; Langheid/ Wandt/Littbarski § 103 Rn. 58; Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 28. OLG Hamm 18.1.2006 VersR 2006 781, 782; OLG Düsseldorf 11.1.1994 VersR 1994 850, 851; ebenso Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 7; Langheid/Wandt/Littbarski § 103 Rn. 58; MAV/Kummer § 12 Rn. 186. BGH 29.10.2003 VersR 2003 1561 f.; BGH 20.6.1990 BGHZ 111 372, 374 = RuS 1990 291; BGH 1.7.1986 zfs 1987 6, 7; OLG Hamm 14.3.1996 RuS 1997 3, 4; OLG Frankfurt/M. 20.9.1989 VersR 1990 42, 43; OLG Hamm 29.5.1985 VersR 1987 89, 90; OLG Hamm 25.6.1980 VersR 1981 178, 180; LG Köln 24.4.2003 RuS 2004 183, 184; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 7; Langheid/Wandt/Littbarski § 103 Rn. 62.
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OLG Hamm 14.3.1996 RuS 1997 3, 4; OLG Hamm 25.6.1980 VersR 1981 178, 179 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 152 Rn. 28. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 7; Langheid/Wandt/Littbarski § 103 Rn. 58. Römer/Langheid/Langheid § 103 Rn. 15; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 18; so auch Weitzel VersR 2006 783. Vgl. BGH 31.10.2007 NJW 2008 571, 573. Vgl. Römer/Langheid/Langheid § 103 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 10. Vgl. BGH 17.4.1997 VersR 1998 82, 83; BGH 14.7.1986 VersR 1986 962, 963; OLG Köln 23.8.2005 RuS 2005 461, 462; OLG Karlsruhe 29.6.1995 VersR 1995 1306, 1308 f. Vgl. BGH 17.4.1997 VersR 1998 82, 83; BGH 14.7.1986 VersR 1986 962, 963; OLG Karlsruhe 29.6.1995 VersR 1995 1306, 1308 f.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
anlasst, ohne dass zuvor die Genehmigungsplanung einschließlich der Vorlage bei der Bauordnungsbehörde durchgeführt worden war. Diese Pflichtwidrigkeit erfolgte bewusst, da dem VN bekannt war, dass eine gültige Baugenehmigung notwendig war und nicht vorlag. Der VN berief sich darauf, dass die Planungsmängel auch bei der Durchführung des Genehmigungsverfahrens nicht aufgefallen wären. Das OLG Köln ging diesem Einwand nach, ließ ihn aber daran scheitern, dass der VN den Beweis eines solchen hypothetischen Kausalverlaufs nicht führen konnte.218 In der Krankenversicherung hält Rogler den Einwand des VN, dass der Versicherungsfall auch ohne sein vorsätzliches Handeln (§ 201) eingetreten wäre, für beachtlich.219 Abgesehen davon, dass der Einwand der hypothetischen Kausalität, für den der VN in vollem Umfang die Darlegungs- und Beweislast trägt, in der Praxis kaum erfolgreich zu führen ist, dürfte er für den Deckungsausschluss bei vorsätzlicher Schadensherbeiführung ohnehin nur in den Fällen beachtlich sein, in denen der VN den Schaden durch Unterlassen herbeiführt.
III. Beweisführung 1. Grundsatz
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Grundsätzlich hat der VR den Vollbeweis i.S.v. § 286 ZPO der vorsätzlichen Schadensherbeiführung zu führen.220 Soweit es darum geht, bei Schäden die Teile von der Deckung auszuschließen, auf die sich der Vorsatz bezieht, kann das Gericht, – notfalls mit sachverständiger Hilfe – gem. § 287 ZPO schätzen.221 2. Unzulässigkeit des Anscheinsbeweises
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Beweiserleichterungen kommen dem VR für den Nachweis der Voraussetzungen des § 103 nicht zugute. Es gibt keinen Anscheinsbeweis für vorsätzliches Vorhalten, da grundsätzlich keine allgemeinen Erfahrungssätze für die Aufklärung individueller innerer Vorgänge aufgestellt werden können.222 3. Indizienbeweis
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Gelingt dem VR der direkte Beweis nicht, bleibt nur noch die Möglichkeit des Indizienbeweises. Dabei darf aus dem äußeren Geschehensablauf und dem Ausmaß der objektiven Pflichtwidrigkeit auf den (bedingten) Schädigungsvorsatz geschlossen wer-
218 219
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221
222
OLG Köln 23.8.2005 RuS 2005 461, 462. Rüffer/Halbach/Schimikowski/Rogler § 201 Rn. 11; LG Nürnberg-Fürth 11.12.2008 BeckRS 2009 23429. BGH 13.4.2005 NJW-RR 2005 1051 f.; BGH 14.4.1999 NJW-RR 1999 1184, 1185 = NVersZ 1999 390, 391; BGH 8.11.1995 NJW-RR 1996 275 = RuS 1996 410, 411; BGH 25.4.1990 VersR 1990 894 m.w.N. OLG Hamm 18.8.2000 NVersZ 2001 134, 135 = RuS 2001 145, 146; Weitzel VersR 2008 955; Langheid NVersZ 1999 253. Vgl. BGH 4.5.1988 VersR 1988 683, 684 =
208
NZV 1988 101; BGH 28.4.1958 VersR 1958 361; OLG Rostock 5.2.2010 BeckRS 2010 17379; OLG Celle 16.4.2009 NJOZ 2009 2394, 2399; OLG Düsseldorf 19.1.2009 BeckRS 2009 09214; OLG Koblenz 6.7.2007 NJW-RR 2008 45, 46; OLG Hamm 7.3.2007 VersR 2007 1550, 1551; OLG Hamm 18.1.2006 VersR 2006 781, 782; OLG Nürnberg 2.12.2004 NJW-RR 2005 466, 469; OLG Köln 11.11.1993 VersR 1994 339; a.A. KG 13.6.2006 VersR 2007 1076, 1077 f. (bei eindeutigen Verstößen gegen Notarpflichten).
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
den.223 Der Beweis (nach § 286 ZPO) ist einwandfrei geführt, wenn eine Mehrzahl von einzelnen Umständen, von denen jeder einzelne für sich genommen nicht voll beweiskräftig ist, in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die Überzeugung vom Vorliegen der unter Beweis gestellten Tatsache mit hinreichender Sicherheit vermitteln.224 Der Gewissheitsgrad muss vernünftigen restlichen Zweifeln Schweigen gebieten, ohne sie objektiv völlig auszuschließen:225 Maßstab ist die freie Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO, also ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit. Dazu ist aber eine Bewertung der einzelnen Indizien nach ihrer Aussagekraft und eine zusammenfassende Gesamtbetrachtung erforderlich.226 Der Indizienbeweis nähert sich so in gewisser Weise dem abgelehnten Anscheinsbeweis an.227 Nur wird hier vom Zivilrichter die volle Entscheidung der Vorsatzfrage im Rahmen seiner richterlichen Überzeugungsbildung verlangt.228 Einzelfälle aus jüngerer Zeit: 229 94 OLG Karlsruhe 27.9.2012 RuS 2012 592 (Privathaftpflichtversicherung): Im Fußball lässt der äußere Hergang eines groben Foulspiels grundsätzlich nicht auf einen die Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers ausschließenden Verletzungsvorsatz schließen. Das gilt auch dann, wenn der Spieler mit 20 bis 30 Metern Anlauf und gestrecktem Bein von hinten in seinen Gegner hineingrätscht, ohne den Ball erreichen zu können. Hat er dem Gegner zuvor jedoch bereits gedroht, ihm bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen, so kann der Schluss auf einen zumindest bedingten Verletzungsvorsatz ausnahmsweise gerechtfertigt bindend sein. OLG Hamm 11.11.2011 RuS 2012 284 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Aus der Ankündigung einer Reparatur kann darauf geschlossen werden, dass dem Ankündigenden die Existenz eines Mangels und die Notwendigkeit einer Reparatur bekannt waren. Für eine Akzeptanz von Schadensfolgen, die bis zur Reparatur eintreten, gibt dies jedoch nichts her. OLG Köln 22.9.2008 VersR 2009 58 (Berufshaftpflichtversicherung): Das anwaltliche Unterlassen jeglicher Reaktionen auf ein zugegangenes Versäumnisurteil verstößt in einer derart krassen und fundamentalen Weise gegen elementare Pflichten eines Rechtsanwalts, dass andere Erklärungen als direkter Vorsatz nicht denkbar sind, jedenfalls aber so weit außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegen, dass sie keiner Ausräumung im Rahmen eines Zivilprozesses bedürfen. OLG Celle 22.11.2007 OLGR Celle 2008 63 (Privathaftpflichtversicherung): Indizienbeweis für einen die konkreten Gesundheitsschäden umfassenden Vorsatz ist nicht geführt, wenn nicht auszuschließen ist, dass der VN dem Geschädigten aus Reflex mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat. 223
224 225
226
BGH 13.4.2005 NJW-RR 2005 1051, 1052; BGH 14.4.1999 NJW-RR 1999 1184, 1185 = NVersZ 1999 390, 391; BGH 9.4.1997 NJW-RR 1997 1112, 1113 = RuS 1997 294, 295; BGH 24.1.1996 NJW-RR 1996 665 f. = RuS 1996 146 f. jeweils m.w.N.; OLG Hamm 11.11.2011 RuS 2012 284, 286; OLG Köln 28.4.2009 RuS 2009 371, 373; OLG Celle 22.11.2007 OLGR Celle 2008 63, 64; OLG Koblenz 6.7.2007 NJW-RR 2008 45 = VersR 2007 1506; OLG Hamm 7.3.2007 VersR 2007 1550, 1551; OLG Hamm 18.1.2006 VersR 2006 781, 782. BGH 4.5.1989 RuS 1989 193, 195. Vgl. BGH 14.12.1993 NJW-RR 1994 567, 568; OLG Celle 16.4.2009 NJOZ 2009 2394, 2399; vgl. BGH 8.7.2008 VersR 2008 1126, 1127. BGH 4.5.1989 RuS 1989 193, 195; vgl.
227
228 229
OLG Celle 16.4.2009 NJOZ 2009 2394, 2399. Vgl. OLG Celle 25.2.1997 5 U 249/95 zitiert nach juris: „Das Zusammentreffen der genannten Indizien ist kein Zufall. Sie erbringen in ihrer Gesamtheit nach Anscheinsbeweisgrundsätzen den Beweis dafür, daß die Kollision des gestohlenen Opel Kadett mit seinem Mercedes vom Kläger inszeniert worden ist, um den Schaden einem Haftpflichtversicherer gegenüber auf Gutachtenbasis überhöht abrechnen zu können.“ Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 225. Beispiele aus der älteren Rechtsprechungspraxis bei Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 225; Beispiele zu § 81 s. Bruck/Möller/Baumann § 81 Rn. 166.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
OLG Brandenburg 30.8.2007 VVR 2007 468 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Indizienbeweis für Selbstmordfahrt das Fahrers ist nicht geführt, wenn nicht auszuschließen ist, dass er angesichts der Unfallzeit (3 Uhr) eingeschlafen ist oder infolge des Bedienens des Radios nicht auf die Straße geachtet und deshalb die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat. OLG Hamm 7.3.2007 RuS 2007 279 (Berufshaftpflichtversicherung): Indizienbeweis für bewusst pflichtwidriges Verhalten eines Architekten ist erbracht, wenn dieser das Primär- oder Elementarwissen seines Berufs außer Acht gelassen hat, dass ein bloß deckendes Dach nur bei einer bestimmten Dachneigung geplant werden darf und dass ohne eine solche Neigung eine Abdichtung vorzusehen ist. OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Indizienbeweis für vorsätzliche Herbeiführung eines Auffahrunfalls auf der Autobahn durch einen von der Polizei verfolgten flüchtigen Fahrzeugführer ist nicht erbracht, da auf Grund der Persönlichkeit des bei einer Verfolgung am Ende eines „künstlichen Staus“ getöteten verfolgten VN und seiner durch die Verfolgungs-Stress-Situation mit Wahrscheinlichkeit eingeschränkten Wahrnehmungs- und Entscheidungsfähigkeit unmittelbar vor dem Unfall nicht ausräumbare Zweifel am Verletzungsvorsatz bestanden. OLG Hamm 15.6.2005 RuS 2006 33 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Indizienbeweis für die vorsätzliche Herbeiführung einer Sachbeschädigung bei ungebremster Fahrt durch eine schmale Gasse auf einem Kirmesgelände bejaht. OLG Nürnberg 2.12.2004 NJW-RR 2005 466 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Indizienbeweis für vorsätzliche Herbeiführung eines Auffahrunfalls ist erbracht bei Abbremsen des Kfz im fließenden Verkehr von ca. 40 km/h bis zum Stand. Hans. OLG Hamburg 27.2.2004 OLGR Hamburg 2005 85 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Folgende Indizien rechtfertigen in ihrer Gesamtheit die sichere Überzeugungsbildung, dass der Fahrer des VW vorsätzlich auf den Mercedes aufgefahren ist: Die Aufprallgeschwindigkeit lag mit 25 km/h in einem Bereich, der die Verletzungsgefahr gering hielt. Der Mercedes war für den VW-Fahrer bereits aus einer Entfernung von 30 m gut zu erkennen. Der Straßenverlauf war praktisch geradlinig. Vor dem Aufprall wurde nicht abgebremst. Die Vorderräder des VW waren geradeaus gestellt. Zwischen dem Ort der Entwendung des VW und der Kollisionsstelle lag keine große Entfernung. Zum Zeitpunkt der Kollision um 0.15 Uhr brauchte der Fahrer kaum mit Zeugen zu rechnen. OLG Celle 15.5.2003 zfs 2004 122 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Allein aus den von der Klägerin geschilderten Indizien, insbesondere der ausgesprochen riskanten und unbeherrschten Fahrweise des Fahrzeugführers, ist jedoch ein sicherer Rückschluss auf einen Vorsatz weder für sich gesehen möglich noch in Zusammenschau mit der Bekundung des Zeugen, wie er sie im Ermittlungsverfahren (im Beisein der Klägerin) abgegeben hat. KG 10.03.2003 VersR 2004 325 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Eine schwierige persönliche Lage des VN einer Kfz-Haftpflichtversicherung aufgrund einer Trennung seiner Ehefrau nach einem Ehestreit, des Verlustes seiner Arbeitsstelle durch eine betriebsbedingte Kündigung sowie einer hohen Verschuldung und die geäußerte Suizidabsicht haben keine Indizwirkung für eine vorsätzliche Herbeiführung eines Verkehrsunfalls durch eine Kollision mit einem anderen Fahrzeug in Selbsttötungsabsicht, wenn der Versicherte zum Unfallzeitpunkt trotz seiner Alkoholisierung den Sicherheitsgurt angelegt hatte und in einem niedrigen Gang mit geringer Geschwindigkeit gefahren ist. Diese gegenläufigen anderen Beweisanzeichen sprechen gegen ein Indiz für eine Selbsttötungsabsicht, so dass sich der VR nicht auf eine Haftungsfreiheit gem. § 152 [a.F.] VVG berufen kann. OLG Frankfurt 26.2.2003 zfs 2003 359 (Privathaftpflichtversicherung): Indiz für eine vorsätzliche Herbeiführung des Schadens kann eine besonders gefährliche Gewalthandlung sein, bei der der Handelnde den glücklichen Ausgang ohne Gegenvorkehrungen dem Zufall überlässt. Das bloße Richten einer geladenen und ungesicherten Gaspistole auf den Geschädigten bei einem Treffen von Jugendlichen ist zwar eine gefährliche und leichtsinnige Handlungsweise, aber noch keine besonders gefährliche Gewalthandlung, die allein und ohne Gegenvorkehrungen zum Erfolg führt; hinzukommen muss vielmehr, dass der Handelnde den Abzug betätigt. LG Berlin 14.11.2001 Schadens-Praxis 2002 194 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Dafür, dass es sich bei dem Schadensereignis um einen abgesprochenen, sog. bestellten (fingierten) Unfall gehandelt hat, spricht, dass an dem Unfall zwei erheblich vorgeschädigte Fahrzeuge beteiligt waren und
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§ 103
dieser sich nachts in abgelegener Gegend ohne unbeteiligte Zeugen ereignete, wobei wegen angeblich klarer Haftungslage (Vorfahrtverletzung) keine Polizei hinzugezogen wurde, der Unfall jedoch unpräzise und wenig nachvollziehbar geschildert wurde und das Verhalten der Beteiligten vor und nach dem Unfall Widersprüche aufwies sowie bei Abrechnung der Schäden auf Gutachtenbasis erhebliche Vorschäden am Fahrzeug des Geschädigten ebenso wie fehlende Kompatibilität zwischen Unfallhergang und Fahrzeugschäden festgestellt wurden, der Termin zur TÜV-Untersuchung unmittelbar bevorstand und die beteiligten Fahrzeuge kurz nach dem Unfall ins Ausland verkauft wurden. OLG München 29.3.1999 RuS 2000 58 (Privathaftpflichtversicherung): Der VN, der in Selbsttötungsabsicht einem mit 200 km/h herannahenden ICE-Zug entgegengeht, um sich von diesem überfahren zu lassen, handelt hinsichtlich der Schäden an dem Zug und der daraus resultierenden Folgeschäden vorsätzlich, wenn er trotz seiner psychischen Ausnahmesituation nach seinem Bildungsstand und seinen Kenntnissen von den Folgen eines derartigen Selbstmordes damit rechnen musste, dass solche Schadensfolgen zwangsläufig eintreten würden. OLG Köln 16.3.1999 NVersZ 1999 288 (Privathaftpflichtversicherung): Aus der Intensität und Gefährlichkeit eines Angriffs kann auf eine bedingt vorsätzliche Körperverletzung mit Umfassung der Verletzungsfolgen geschlossen werden. Hans. OLG Hamburg 30.1.1998 OLGR Hamburg 1998 120 (Kfz-Haftpflichtversicherung): Das Zusammentreffen einer Vielzahl von Indizien, die allesamt in das Erscheinungsbild eines gestellten Verkehrsunfalls nach dem sog. „Berliner Modell“ passen, rechtfertigen den Schluss, dass der Unfallfahrer nach Absprache mit dem Halter vorsätzlich in dessen Fahrzeug hineingefahren ist.
4. Bindungswirkung der Feststellungen im vorausgegangenen Haftungsprozess Die Beweisführung wird dem VR erleichtert, wenn im vorausgegangenen Haftungs- 95 prozess mit Bindungswirkung für den nachfolgenden Deckungsprozess festgestellt worden ist, dass der VN vorsätzlich ein Rechtsgut und/oder eine Vertragspflicht verletzt hat und der daraus resultierende Schaden vom Vorsatz umfasst war. Die Bindungswirkung verhindert bekanntlich, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung sowie deren Grundlagen im Deckungsprozess in Frage gestellt werden (§ 106 Rn. 13).230 Sie erstreckt sich dabei nicht nur auf die allgemeine Feststellung der Haftungsfrage, sondern auch auf die Einzelfeststellungen, die das Haftpflichturteil zum Haftungstatbestand getroffen hat, soweit Voraussetzungsidentität besteht, d.h. sich die Vorsatzbegriffe im Haftpflicht- und im Deckungsprozess decken.231 Der Umstand, dass nur ein Versäumnisurteil ohne tatsächliche Feststellungen ergangen ist, steht nicht entgegen, weil für Inhalt und Umfang der Bindungswirkung auf den Tenor des Versäumnisurteils i.V.m. dem Klagevorbringen zurückzugreifen ist (§ 106 Rn. 22).232 Umgekehrt kann sich der VR nicht mehr gegenüber allen den VN treffenden Haftpflichtansprüchen, von denen er befreit werden will, auf § 103 berufen, wenn nach dem Ergebnis des Haftpflicht-
230
231
Vgl. BGH 24.1.2007 RuS 2007 241, 242; BGH 18.2.2004 RuS 2004 232, 233 = VersR 2004 590. Vgl. BGH 19.3.2003 VersR 2003 635, 636; BGH 20.6.2001 NJW-RR 2001 1311, 1312 = NVersZ 2001 473, 474; BGH 21.2.1963 VersR 1963 421, 422; OLG Karlsruhe 24.9.2009 RuS 2010 372; ; OLG Hamm 6.2.2002 RuS 2002 323, 325; OLG Hamm 18.5.1988 RuS 1989 72, 73; OLG Koblenz
232
7.10.1994 RuS 1995 92 = VersR 1995 1298, 1299; OLG München 29.3.1999 RuS 2000 58, 60; OLG Hamm 6.12.1985 VersR 1987 603, 604; OLG Hamm 25.6.1980 VersR 1981 178, 180. OLG München 29.3.1999 RuS 2000 58, 60 – der BGH hat die Revision durch Beschl. v. 1.12.1999 – IV ZR 125/99 – nicht angenommen; vgl. auch OLG Celle 30.4.2009 RuS 2009 275, 277.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
prozesses die für den Risikoausschluss erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.233 Bei Ansprüchen aus § 826 BGB ist zu beachten, dass der Vorsatz zwar die Zufügung 96 des Schadens umfassen muss, für die Sittenwidrigkeit aber bereits leichtfertiges und gewissenloses Verhalten genügen kann.234 Kann somit bereits die grobe Fahrlässigkeit in Form der Gewissenlosigkeit die Sittenwidrigkeit begründen, wirft dieser Befund die Frage auf, ob darüber hinausgehende Feststellungen des Haftpflichtrichters zum Vorsatz Bindungswirkung für den Deckungsprozess haben. Dies scheint fraglich. Unabhängig davon führt dieser Befund dazu, dass in der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung für Ansprüche aus § 826 BGB Deckung bestehen kann, da dort in Abweichung von § 103 nur die wissentliche Pflichtverletzung des VN zur Leistungsfreiheit des VR führt, ohne dass sich der Vorsatz des VN auf die Schadenszufügung beziehen muss (Rn. 103). 5. Bindungswirkung der Feststellungen im vorausgegangenen Strafprozess/ Adhäsionsverfahren
97
Im Hinblick auf die Herleitung der Bindungswirkung (§ 106 Rn. 14 ff.) vermögen die im Strafverfahren getroffenen und eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Verletzung eines Menschen (§§ 223 ff. StGB) oder Sachbeschädigung (§ 303 BGB) tragenden Feststellungen keine Bindungswirkung im Deckungsprozess zu entfalten.235 Dies gilt selbst dann, wenn über die Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Verletzten oder seiner Erben (§ 403 Abs. 1 StPO) im Adhäsionsverfahren entschieden wird. Dies folgt daraus, dass der VR an Adhäsionsverfahren nicht beteiligt ist. Er kann – anders als in einem gegen seinen VN vor dem Zivilgericht geführten Haftungsprozess – das Verfahren weder als Prozessvertreter des Beschuldigten führen, noch hat er die Möglichkeit, zur Wahrung seiner Interessen dem Verfahren als Nebenintervenient beizutreten.236 Berücksichtigt man zudem die unterschiedlichen Verfahrensmaximen in Zivil- und Ermittlungsverfahren (Beibringungsmaxime kontra Amtsermittlungsgrundsatz) und der Doppelstellung des Opfers als Anspruchsteller und Zeuge lässt sich in diesen Verfahren nicht mehr von einer Prozessherrschaft des VR sprechen. Damit fehlt die Grundlage für die Bindungswirkung.
V. Revisibilität bei Verschuldensfragen 98
Zu Revisibilität von Verschuldensfragen s. Kommentierung zu § 81 Rn. 179 f.
H. Abdingbarkeit 99
§ 103 ist dispositiv (§ 112). 233
234
235
BGH 20.6.2001 NJW-RR 2001 1311, 1312 = NVersZ 2001 473, 475; BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 280 = RuS 1992 406, 408. BGH 26.9.2000 VersR 2002 72, 76; BGH 13.2.1992 NJW 1992 2080, 2083; BGH 26.11.1986 NJW 1987 1758 f.; BGH 12.12.1978 VersR 1979 283, 284; BGH 13.7.1956 VersR 1956 641; OLG München 13.4.1995 WM 1997 613, 620. OLG Hamm 18.1.2006 VersR 2006 781,
212
236
782 = RuS 2006 493, 494 f.; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Retter § 103 Rn. 20; vgl. auch OLG Zweibrücken 1.7.2010 NJW-RR 2011 496, 497 zur fehlenden Bindungswirkung der in einem Strafurteil getroffenen Feststellung von Tatsachen für das Zivilgericht. BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164, vgl. auch Schirmer DAR 1988 121, 127.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
I. Zugunsten des VN Abweichungen zugunsten des VN sind nur in den zuvor beschriebenen Grenzen zu- 100 lässig (Rn. 86).
II. Zulasten des VN 1. AGB-rechtlicher Ausgangspunkt § 103 kommt Leitbildfunktion zu, so dass formularmäßige Abweichungen zulasten 101 des VN (im Rahmen der Einbeziehungskontrolle) an § 305c Abs. 1 BGB, vor allem aber (im Rahmen der Inhaltskontrolle) an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu messen sind. Dies gilt nicht nur für Ausschlüsse, die bereits bei (grober) Fahrlässigkeit eingreifen, sondern auch für solche Ausschlüsse, die bereits Vorsatz hinsichtlich des haftungsbegründenden Verhaltens ausreichen lassen.237 Die Wirksamkeit solcher Abweichungen beurteilt sich nach den allgemeinen AGB-rechtlichen Grundsätzen. Entweder wird die Benachteiligung des VN durch einen anderweitig vereinbarten Vorteil ausgeglichen oder es besteht eine besondere Rechtfertigung für die Abweichung. Insoweit ist der Hinweis geboten, dass nicht jede Abweichung einer AGB-Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zu deren Unwirksamkeit führt. Diese Rechtsfolge tritt vielmehr nur dann ein, wenn die Klausel außerdem den VN entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.238 Grundlage für die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung sind die Inte- 102 ressen aller Beteiligten.239 Bei einer Fremdversicherung ist auf die Interessen der versicherten Person abzustellen, wenn dieser alle Rechte aus der Versicherung zustehen. Bei der Interessenabwägung ist zu beachten, dass die Abweichung von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung begründet. Um diese Vermutungsregelung zu widerlegen, bedarf es deshalb eines berechtigten Interesses des Klauselverwenders, dass „das Interesse der Gegenseite an der Einhaltung der durch das Gesetz gezogenen Grenze übersteigt“.240 2. Nachteilsausgleichsgewährung Einen von der Rechtsprechung als angemessen anerkannten Ausgleich bieten solche 103 Klauseln, die den bewussten Verstoß gegen Gesetze, Vorschriften oder sonstige Pflichten ausreichen lassen, ohne dass Vorsatz hinsichtlich der Schadensfolgen vorzuliegen braucht.
237
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BGH 20.6.2001 NJW-RR 2001 1311, 1312; BGH 17.6.1998 RuS 1998 367, 368; BGH 26.9.1990 NJW-RR 1991 145, 146; OLG Karlsruhe 24.9.2009 VersR 2010 940, 941; OLG Köln 22.9.2008 NJW-RR 2009, 994; OLG Saarbrücken 12.12.2007 NJOZ 2008 2882, 2885; OLG Bamberg 8.8.2006 NZV 2007 237, 238; OLG Karlsruhe 24.3.2005 NZV 2005 378, 379; OLG Nürnberg 2.12.2004 NZV 2005 267, 268; OLG Köln 16.3.1999 NVersZ 1999 288 zu § 152 a.F. Vgl. nur BGH 28.1.2003 NJW 2003 1447, 1448.
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BGH 28.1.2003 NJW 2003 1447, 1448; vgl. auch Langheid/Wandt/Bruns VVG 2010 § 307 Rn. 102; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Wolf AGB-Recht 5. Aufl. (2009) § 307 Rn. 114; Bruck/Möller/Beckmann Einf. C Rn. 246. BGH 17.1.1990 NJW 1990 2065, 2066 – zur Verjährungsverlängerung; vgl. auch BGH 28.1.2003 NJW 2003 1447, 1448; Bruck/Möller/Beckmann VVG 9. Aufl. 2009 Einf. C Rn. 244; a.A. Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Wolf AGB-Recht 5. Aufl. 2009 § 307 Rn. 130: gleichwertige Interessen des Verwender reichen aus.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Solche Klauseln finden sich nicht nur in der Berufshaftpflichtversicherung (Ziff. 4.5 AVB-Vermögen/P 241) und in der D&O-Versicherung (Ziff. 5.1 AVB-AVG), sondern auch in der Privat- und Betriebshaftpflichtversicherung (z.B. Ziff. 6.10 UmweltHM, Ziff. 6.2.4 ProdHM).242 Beispielhaft sei das Urteil des BGH vom 26.9.1990 zitiert: 243 „Die aufgezeigte Regelung weicht auch nicht in einem Maße von dem gesetzlichen Leitbild des § 152 VVG ab, daß dadurch die betroffenen Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt werden (§ 9 AGBG). Dem wesentlichen Gehalt von § 152 VVG bleibt angemessen Rechnung getragen: Das Entfallen des Tatbestandsmerkmals – Voraussehen des schädigenden Erfolges als zumindest möglich und billigende Inkaufnahme seines Eintritts – wird ausgeglichen dadurch, daß der Risikoausschluß nur bei Verstößen greift, die ihrer Art nach schadensgeneigt sind, was dem Versicherungsnehmer bei zutreffender Beurteilung seiner Pflichten nicht verborgen bleibt, und daß diese Verstöße eben wissentlich begangen worden sein müssen. Zu dieser Bewußtseinslage gehört die Erkenntnis, welchem Rechtsgüterschutz die sachgerechte Pflichtenwahrnehmung dienen soll. Der Versicherungsnehmer wird nicht dadurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, daß er für die Inanspruchnahme wegen eines Schadens keinen Haftpflichtversicherungsschutz erhält, sofern der Schaden das Endglied einer Kausalkette ist, die mit einer wissentlichen Pflichtverletzung in Gang gesetzt worden ist.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
Der BGH hat diese Feststellungen in späteren Entscheidungen zur Vermögensschadenshaftpflichtversicherung bekräftigt.244 Die Instanzgerichte haben sich der rechtlichen Bewertung des BGH ausnahmslos angeschlossen.245 104 Die Kenntnisklausel nach Ziff. 7.2 AHB 2012 (= § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB 2002) lässt sich ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Nachteilsausgleichung rechtfertigen. Diese bestimmt, dass beim Inverkehrbringen von Erzeugnissen oder dem Erbringen von Arbeiten oder sonstigen Leistungen die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit dem Vorsatz gleichsteht. Das bedeutet, dass der schädigende Erfolg selbst nicht mit in den Willen aufgenommen sein muss. Allerdings muss die Mangelhaftigkeit positiv bekannt sein; grob fahrlässige Unkenntnis erfüllt den Ausschlusstatbestand nicht.246 Insofern besteht auch hier das Erfordernis einer wissentlichen Pflichtverletzung des Verkäufers. 3. Höherrangige Interessen des VR
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Die vorbezeichnete Kenntnisklausel ist darüber hinaus durch berechtigte Interessen des VR gerechtfertigt, die die Interessen des VN an der Aufrechterhaltung der gesetzlichen Lage übersteigen. Das berechtigte Interesse des VR folgt aus den Beweisschwierigkeiten, die sich namentlich bei dem bestimmungsgemäßen Weiterverkauf einer Ware ergeben können.247 Der VR wird den (naheliegenden) Einwand des VN, er habe wohl die Schädlichkeit gekannt, aber darauf vertraut, dass kein Schaden eintrete, oftmals nicht widerlegen können. Ebenso gewichtig ist der übergeordnete Gesichtspunkt, dass durch
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Abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1689. Vgl. R. Johannsen RuS 2000 133, 136. BGH 26.9.1990 NJW-RR 1991 145, 146 – zur Steuerberaterhaftpflichtversicherung. Vgl. BGH 20.6.2001 NJW-RR 2001 1311, 1312. Vgl. OLG Karlsruhe 24.9.2009 RuS 2010 372; OLG Köln 22.9.2008 NJW-RR 2009 994; OLG Saarbrücken 12.12.2007 NJOZ 2008 2882, 2885.
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BGH 26.1.1961 VersR 1961 265, 266; BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 317; OLG Karlsruhe 20.3.2003 RuS 2003 282, 283; OLG Stuttgart 5.5.1994 RuS 1994 451, 452 = VersR 1995 1229, 1230; vgl. ÖOGH 24.10.1974 VersR 1976 54, 55; ÖOGH 7.11.1973 VersR 1975 75. OGH für die Britische Zone 10.2.1950 OGHZ 3 316, 320 f.; Süß VersR 1950 84, 85.
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Herbeiführung des Versicherungsfalles
§ 103
die Haftpflichtversicherung keinerlei Anreize für vorsätzliche Pflichtverletzungen geschaffen werden dürfen (vgl. Rn. 10 f.). Beide Aspekte sind geeignet, schon allein Ausschlüsse für (bedingt) vorsätzliche Pflichtverletzungen zu rechtfertigen. Betroffen ist insbesondere der Bereich der D&O-Versicherung, weil sich hier den versicherten Personen bei wohlkalkulierten Pflichtverletzungen die Chance auf einen Vorteil (z.B. höhere variable Vergütung) bietet. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die D&O-Versicherung von anderen Sparten der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. Einem Rechtsanwalt oder Steuerberater bietet sich nämlich in der Regel keine Chance auf einen (rechtmäßigen) Vorteil, wenn er gegenüber seinem Mandanten vorsätzlich eine Pflichtverletzung begeht. Das Ziel, Organmitgliedern aus Gründen der Verhaltenssteuerung und zur Verminderung des subjektiven Risikos den Einwand abzuschneiden, sie hätten darauf vertraut, keine Pflichtverletzung zu begehen und es würde kein Schaden eintreten, steht nicht nur im Einklang mit den Wertungen des (historischen) Gesetzgebers, sondern – wie die Einführung des obligatorischen Selbstbehalts beschränkt auf die D&O-Versicherung zeigt (§ 93 Abs. 2 S. 3 AktG) – auch mit der rechtspolitischen Entwicklung. Nicht gerechtfertigt sind dagegen Klauseln, die die Leistungsfreiheit des Haftpflicht- 106 VR auch bei nur grob fahrlässiger Pflichtverletzung/Herbeiführung des Schadens vorsehen.248 Nach Lücke verstößt eine solche Regelung gegen die Leitentscheidung des Reform-Gesetzgebers zur Quotierung des Schadens nach der Schwere der groben Fahrlässigkeit.249 Dem VR bleibt nur die Möglichkeit, sich auf der Ebene der primären oder sekundären Risikoabgrenzung durch individualisierende Beschreibungen des versicherten Risikos zu schützen, die sich freilich an § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB messen lassen müssen. Zu solchen individualisierenden Beschreibungen zählt die Infektionsklausel nach 107 Ziff. 7.18 AHB. Danach besteht kein Versicherungsschutz für Haftpflichtansprüche wegen Personenschäden, die aus der Übertragung einer Krankheit des VN resultieren, sowie Sachschäden, die durch Krankheit der dem VN gehörenden, von ihm gehaltenen oder veräußerten Tiere entstanden sind. In beiden Fällen besteht Versicherungsschutz, wenn der VN beweist, dass er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat. Dieser Ausschluss ist nicht an § 103 zu messen.250 Der Sache nach handelt es sich um einen Vollausschluss mit Wiedereinschluss für den Fall des Entlastungsbeweises, den nach allgemeinen Grundsätzen der Begünstigte zu führen hat.251 Es bestehen deshalb auch keine Wirksamkeitsbedenken nach § 309 Nr. 12 BGB.252 Als weiteres Beispiel für eine Beschränkung des versicherten Risikos der Haftpflicht 108 aus den „Gefahren des täglichen Lebens“ in der Privathaftpflichtversicherung lässt sich der Ausschluss „ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung“ anführen (Ziff. 1 MusterBedingungsstruktur IX), der insbesondere in den Fällen bedeutsam werden kann, in denen der Nachweis vorsätzlicher Schadensherbeifügung misslingt. Vgl. OLG Köln
248
A.A. OLG Köln 16.5.1995 RuS 1995 410; OLG Köln 7.10.2003 NZV 2004 260; OLG München 10.3.1993 VersR 1994 92 = OLGR 1993 126; OLG München 12.12.1990 zfs 1991 101 f.; OLG Karlsruhe 29.6.1995 VersR 1995 1306, 1308; offenlassend OLG Saarbrücken 13.7.2005 VersR 2006 503, 505, das die Wirksamkeit der Klausel allerdings nicht am Maßstab des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, sondern an § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB misst.
249 250 251
252
Prölss/Martin/Lücke § 103 Rn. 16. A.A. R. Johannsen RuS 2000 133, 136 zu § 152 a.F. OLG Oldenburg 8.3.2000 NVersZ 2000 535, 536 = VersR 2001 91, 92; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 155; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 96. A.A. R. Johannsen RuS 2000 133, 135; Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 4 AHB Rn. 97.
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§ 104
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
2.5.1991 VersR 1991 1283: Weiß der VN, der Alkoholiker ist, dass er nach übermäßigem Alkoholkonsum regelmäßig Straftaten, insbesondere Brandstiftungen, begeht, so stellt die Tatsache, dass er sich in einen Vollrausch versetzt, im Hinblick auf seine Person eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar (zu den Einzelheiten und weiteren Beispielen s. Ziff. 3 AHB Rn. 39 ff. u. 54 ff.). Schließlich behandelt die Rechtsprechung auch die Erprobungsklausel nach dem Produkthaftungsmodell (Ziff. 6.5.2 ProdHM) als individualisierende Beschreibung eines versicherten Wagnisses (s. hierzu Ziff. 6 ProdHM Rn. 23 ff.).253
§ 104 Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer innerhalb einer Woche die Tatsachen anzuzeigen, die seine Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnten. Macht der Dritte seinen Anspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend, ist der Versicherungsnehmer zur Anzeige innerhalb einer Woche nach der Geltendmachung verpflichtet. (2) Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, Prozesskostenhilfe beantragt oder wird ihm gerichtlich der Streit verkündet, hat er dies dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Dies gilt auch, wenn gegen den Versicherungsnehmer wegen des den Anspruch begründenden Schadensereignisses ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. (3) Zur Wahrung der Fristen nach den Absätzen 1 und 2 genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige. § 30 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.
Schrifttum Felsch Neuregelung von Obliegenheiten und Gefahrerhöhung, RuS 2007 485; ders. Die neuere Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Haftpflichtversicherung, RuS 2008 265; Franz Das Versicherungsvertragsrecht im neuen Gewand, VersR 2008 298; ders. Die Reform des Versicherungsvertragsrechts – ein großer Wurf?, DStR 2008 303; Grote/Schneider VVG 2008: Das neue Versicherungsvertragsrecht, BB 2007 2689; Langheid Die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes, NJW 2007 3665 und 3745; ders. Tücken in den §§ 100 ff. VVG-RegE, VersR 2007 865; ders. Nach der Reform: Neue Entwicklungen in der Haftpflichtversicherung, VersR 2009 1043; Littbarski Die AHB-Reform von 2004 (Teil 1), PHi 2005 97; ders. Die AHB-Reform von 2004 in Gestalt der Überarbeitung von 2006 (Teil 2), PHi 2006 82; ders. Auswirkungen der VVG-Reform auf die Haftpflichtsparte, PHi 2007 126 und 176; Maier Die Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzungen nach dem Regierungsentwurf zur VVG-Reform, RuS 2007 89; Marlow Die Verletzung vertraglicher Obliegenheiten nach der VVG-Reform: Alles nichts, oder?, VersR 2007 43; Schimikowski Die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung nach dem neuen VVG, VersR 2009 1304; Schirmer Die Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, ZVersWiss Supplement 2006 427; Thalmair Die Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, ZVersWiss Supplement 2006 459.
253
BGH 9.1.1991 VersR 1991 414, 416.
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Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
§ 104
Übersicht Rn. A. I. II. III. IV. B. I. II. III. IV. C. D. I. II. III. IV. E.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . Rechtsnatur und Abgrenzung . . . . . . Besonderheiten in der Pflichthaftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . Anzuzeigende Umstände . . . . . . . . Tatsachen i.S.d. § 104 Abs. 1 S. 1 . . . Geltendmachung i.S.v. § 104 Abs. 1 S. 2 . Gerichtliche Geltendmachung nach § 104 Abs. 2 S. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlungsverfahren (§ 104 Abs. 2 S. 2) Kenntnis des VN von den anzuzeigenden Umständen . . . . . . . . . . . . . . . Modalitäten der Anzeigeerstattung . . . Inhalt der Anzeige . . . . . . . . . . . . Form der Anzeige . . . . . . . . . . . . Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . Erklärungsadressat . . . . . . . . . . . Erlöschen der Anzeigeobliegenheit . . .
Rn.
1 1 2 5
I. Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kenntnis des VR von den anzeigepflichtigen Umständen (§ 104 Abs. 3 S. 2) . . III. Leistungsverweigerung . . . . . . . . . IV. Abtretung des Versicherungsanspruches, Anerkenntnis und/oder Befriedigung des Haftpflichtanspruches . . . . . . . . . . F. Obliegenheitsbelasteter bei Fremdversicherung . . . . . . . . . . . . . . . G. Rechtsfolgen bei Verletzung der Anzeigeobliegenheiten . . . . . . . . . . . . . . I. (Teilweise)Leistungsfreiheit . . . . . . . 1. Vorsätzliche Anzeigeobliegenheitsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grob fahrlässige Anzeigeobliegenheitsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . II. Belehrungspflicht des VR? . . . . . . . III. Verzicht des VR . . . . . . . . . . . . . H. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . I. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .
8 9 9 10 14 17 21 25 25 27 28 29 30
30 31 33
35 37 38 39 39 41 43 44 46 48
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 104 Abs. 1 stimmt mit dem bisherigen § 153 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 a.F. überein. § 104 1 Abs. 2 entspricht sachlich § 153 Abs. 4 a.F. Anstelle des Begriffs „Ereignis“ in § 153 Abs. 4 S. 2 a.F. ist der Begriff „Schadensereignis“ getreten. § 104 Abs. 3 S. 1 entspricht § 153 Abs. 3 a.F. § 153 Abs. 1 S. 1 a.F. wurde durch das Gesetz vom 7.9.19391 geändert. Nach der Fassung vom 20.5.1908 begann die Frist zur Anzeige des Versicherungsfalls mit dem Zeitpunkt, in welchem der Dritte seinen Anspruch gegenüber dem VN geltend machte. Der Gesetzgeber war dabei davon ausgegangen, dass den VR erst die Inanspruchnahme durch den geschädigten Dritten interessiere.2 Aus dieser gesetzlichen Regelung hatte das RG gefolgert, dass nach dem Gesetz in der Haftpflichtversicherung der maßgebende Zeitpunkt für den Versicherungsfall die Inanspruchnahme durch den Dritten sei.3 Durch die Änderung im Jahre 1939 wollte der Gesetzgeber, ohne sich auf einen bestimmten Begriff des Versicherungsfalls festzulegen, dem von den VR vorgetragenen Bedürfnis Rechnung tragen, schon vor der Erhebung von Ansprüchen im Interesse der Schadensverhütung und Schadensminderung von möglichen ersatzpflichtigen Schäden Kenntnis zu erhalten.4 Um jeden Zweifel über die Rechtsfolgen einer Verletzung der in § 153 Abs. 1 a.F. festgelegten Anzeigelast zu beheben, sah § 153 Abs. 1 S. 2 a.F. die entsprechende Anwendung von § 6 Abs. 3 a.F. und § 33 Abs. 2 a.F. auf diese Anzeige vor. § 104 Abs. 3 S. 2 erklärt nur § 30 Abs. 2 für entsprechend anwendbar, welcher sachlich mit § 33 Abs. 2 a.F. übereinstimmt. § 30 Abs. 2 kommt zur Anwendung, wenn – wie üblich5 – vertraglich die Leistungsfreiheit des VR bei Verletzung einer Anzeigepflicht
1 2 3
RGBl. I S. 2203. Motive 208. Vgl. nur RG 19.12.1939 RGZ 162 238, 241; RG 13.2.1934 RGZ 143 377, 380; RG
4 5
14.6.1932 RGZ 136 371, 373; RG 18.6.1926 RGZ 114 117, 119. Motive 639. Vgl. Nr. 25.1, 26 AHB 2012.
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§ 104
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
nach § 104 Abs. 1 oder 2 festgelegt ist. Der ursprünglich nur für die Anzeigepflicht nach § 153 Abs. 1 a.F. geltende Verweis erstreckt sich nach der Neufassung nunmehr ausdrücklich auf alle Anzeigepflichten.6 Auf den klarstellenden Hinweis, dass bei Verletzung vertraglicher Obliegenheiten § 28 entsprechend gilt, hat der Gesetzgeber verzichtet.7
II. Inhalt und Normzweck 2
§ 104 trägt den Besonderheiten der Haftpflichtversicherung Rechnung und konkretisiert insoweit die allgemeine Regelung des § 30 Abs. 1. Der wesentliche Unterschied zu § 30 besteht darin, dass dort die Anzeigeobliegenheit den Eintritt des Versicherungsfalles zur Voraussetzung hat. § 104 Abs. 1 S. 1 sieht vor, dass der VN den VR innerhalb einer Woche die Tatsachen anzuzeigen hat, die seine Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnten. Betroffen ist der „Bereich vor der Fälligkeit des Deckungsanspruchs“.8 Es steht dem VR insoweit frei, zunächst untätig zu bleiben oder bereits tätig zu werden, um nach Möglichkeit eine Belastung mit späteren Schadensersatzansprüchen schon in diesem frühen Stadium abzuwehren. Einen Anspruch auf solche Abwehrmaßnahmen hat der VN zu diesem Zeitpunkt noch nicht, mögen sie auch sinnvoll sein und in seinem Interesse liegen.9 Macht der Dritte später seinen Anspruch gegenüber dem VN (außergerichtlich) gel3 tend, ist der VN nach § 104 Abs. 1 S. 2 zur Anzeige innerhalb einer Woche nach der Geltendmachung verpflichtet. Kommt es zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs gegen den VN, beantragt der Dritte Prozesskostenhilfe, verkündet ihm gerichtlich den Streit oder kommt es wegen des den Anspruch begründenden Schadensereignisses zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, hat der VN dies dem VR jeweils gem. § 104 Abs. 2 unverzüglich anzuzeigen. Dabei genügt nach § 104 Abs. 3 S. 1 zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung der Anzeige. § 104 Abs. 3 S. 2 stellt durch den Verweis auf § 30 Abs. 2 klar, dass die Anzeigepflichtverletzungen in jedem Fall folgenlos bleiben, wenn der VR auf andere Weise von den anzeigepflichtigen Tatsachen rechtzeitig Kenntnis erlangt. 4 Die Anzeigepflichten dienen der frühzeitigen Information des VR über den Sachverhalt, der möglicherweise zu einer Inanspruchnahme des VN durch einen Dritten führt, sowie über alle sonstigen Handlungen des Dritten, die dieser im Rahmen der Anspruchsverfolgung und im Rahmen eines Klagverfahrens ergreift. Der VR soll in die Lage versetzt werden, sich mit der Angelegenheit zu befassen und vorsorgliche Maßnahmen – Erhebungen über Ursachen, Verlauf und Ausmaß des Schadens sowie über die Verantwortlichkeit des VN (ggf. durch Einschaltung von Sachverständigen oder Befragung von Zeugen oder Inaugenscheinnahme des Schadensortes) – zu treffen, um einem Haftpflichtanspruch vorbeugend entgegenzutreten oder auf das Verhalten des Dritten Einfluss zu nehmen, bevor sich dieser wegen des Verhaltens des VN anwaltlicher Hilfe bedient.10 Die
6 7 8
9
Vgl. Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 30 Rn. 6. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 86. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043, 1044; vgl. auch OLG Frankfurt/M. 13.3.2008 RuS 2010 61, 62. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043, 1044; vgl. auch OLG Frankfurt/M. 13.3.2008 RuS 2010 61, 62.
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10
Vgl. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 413; BGH 4.4.2001 RuS 2001 361, 362; BGH 23.11.1967 VersR 1986 58, 59; OLG Saarbrücken 25.19.2000 BeckRS 2009 19555; OLG Köln 21.4.1998 RuS 1998 458, 459; OLG Saarbrücken 14.10.1992 RuS 1993 10, 11; OLG Hamm 8.2.1991 RuS 1992 118, 119; OLG Düsseldorf 27.9.1988 RuS 1991
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Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
§ 104
Rechtsprechung hat bei der Bewertung der Relevanz vorsätzlicher Anzeigepflichtverletzungen den Normzweck von § 153 a.F. auch darin gesehen, dem VR die Möglichkeit zu geben, „gegebenenfalls unter Zurückstellung tatsächlicher oder rechtlicher Bedenken zu einer kosten- und zinssparenden, hier vor allen Dingen vergleichsweisen Regelung zu gelangen“.11 Durch die Neuregelung der Rechtsfolgen bei Obliegenheitsverletzungen ist diese Rechtsprechung obsolet geworden. Da auch vorsätzliche Obliegenheitsverletzungen den VR nur in dem Umfang leistungsfrei werden lassen, in dem dieser einen Nachteil erleidet, ist der VR nicht mehr berechtigt, die Versicherungsleistung bei vorsätzlicher Verletzung der Anzeigeobliegenheiten allein mit dem Hinweis zu kürzen, ihm sei eine Beschränkung des Umfangs der Haftpflichtschuld durch eine vergleichsweise Regelung nicht mehr möglich gewesen. Bei den Anzeigeobliegenheiten geht es somit vor allem darum, die Kosten des Rechtsschutzes so gering wie möglich zu halten.
III. Rechtsnatur und Abgrenzung Bei den in § 104 statuierten Anzeigepflichten des VN handelt es sich um Obliegenhei- 5 ten. Allerdings enthält § 104 ebenso wie § 30 keine Rechtsfolge für den Fall, dass der VN seinen Anzeigepflichten nicht nachkommt. Es handelt sich somit um eine lex imperfecta.12 Die Verletzung der Anzeigeobliegenheiten ist erst dann sanktionsbewehrt, wenn der VR diese zum Inhalt des Vertrages macht und vertragliche Rechtsfolgen – wie z.B. in AHB oder AKB geschehen – für den Fall ihrer Verletzung vereinbart. In diesem Falle gilt uneingeschränkt § 28. Die Obliegenheit zur Anzeige ist insbesondere im Hinblick auf ihren halbzwingenden 6 Charakter (Rn. 45) von der Auskunftsobliegenheit des VN nach § 31 abzugrenzen. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass der VN bei der Auskunftsobliegenheit nicht – wie bei der Anzeigeobliegenheit des § 30 – ungefragt von sich aus sein Wissen dem VR offenbaren muss. Die Auskunftsobliegenheit wird vielmehr nur und erst durch ein entsprechendes Verlangen des VR ausgelöst.13 Auf den ersten Blick scheint daher eine klare Abgrenzung möglich zu sein. Gleichwohl gibt es Randbereiche, bei denen eine Einordnung schwierig ist. Je nachdem, welche Anforderungen man an den Inhalt der Anzeige stellt (hierzu Rn. 25 f.), wird man in der bloßen Aufforderung des VR, die Anzeige zu konkretisieren, noch kein Auskunftsverlangen sehen können. Hinzu kommt, dass die Auskunftsobliegenheit gem. § 31 erst nach dem Eintritt des Versicherungsfalls einsetzt. Soweit der Versicherungsfall nicht zwingend bereits mit der haftungsbegründenden Pflichtverletzung eintritt (wie z.B. in der Privat-/Betriebshaftpflichtversicherung, D&OVersicherung), hat dies zur Folge, dass der VN nach dem Gesetz zwar zur Anzeige verpflichtet sein kann, dem VR bei dessen Nachfrage auf die Anzeige jedoch bis zum Eintritt des Versicherungsfalls nicht zur Auskunft verpflichtet ist. In der (Formular-)Praxis
11
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121; OLG Karlsruhe 19.07.1979 VersR 1980 349; OLG München 30.11.1979 VersR 1980 570, 571; LG Düsseldorf 07.01.1993 ZfS 1994 22. OLG Düsseldorf 27.9.1988 RuS 1991 121; OLG Karlsruhe 19.07.1979 VersR 1980 349; OLG München 30.11.1979 VersR 1980 570: vgl auch Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 2. BGH 3.11.1966 VersR 1967 56 ff.; Berliner
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Kommentar/Baumann § 153 Rn. 4; vgl. zu § 30 RegE BTDrucks. 16/3945 S. 70; Langheid/Wandt/Wandt § 30 Rn. 8; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 4; a.A. Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 30 Rn. 6; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 120: Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB. Vgl. hierzu BGH 23.11.1967 VersR 1968 58, 59.
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§ 104
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
werden sowohl Anzeige- als auch Auskunftsobliegenheiten nur nach Eintritt des Versicherungsfalles statutiert, so dass sich dieses Problem nicht ergeben kann.14 Der vom historischen Gesetzgeber für die Anzeigeobliegenheit angeführte, von Recht7 sprechung und Literatur aufgegriffene Gedanke der Schadensminderung und Verhütung weiterer Schäden lässt die Frage des Verhältnisses zwischen den Anzeigeobliegenheiten und den Rettungsobliegenheiten nach § 82 aufkommen. Zu einer Überschneidung kann es bei der Obliegenheit zur Weisungseinholung und -befolgung (§ 82 Abs. 2 S. 1) kommen; allerdings erst nach Eintritt des Versicherungsfalls, da die Obliegenheit zur Schadensabwehr/-minderung nicht vor Eintritt des Versicherungsfalls beginnt (§ 82 Rn. 103).
IV. Besonderheiten in der Pflichthaftpflichtversicherung 8
§ 104 gilt grundsätzlich auch in der obligatorischen Haftpflichtversicherung. Besonderheiten ergeben sich hinsichtlich der Verletzungsfolgen aus §§ 6 und 7 KfzpflVV bzw. AKB 2008 E.6.5 und E.6.6. Darüber hinaus treffen den geschädigten Dritten nach § 119 Abs. 1 und Abs. 2 eigene Anzeigeobliegenheiten, deren Verletzungsfolgen sich aus § 120 ergeben (zu den Einzelheiten s. Kommentierung zu § 120).
B. Anzuzeigende Umstände I. Tatsachen i.S.d. § 104 Abs. 1 S. 1 9
§ 104 Abs. 1 S. 1 verlangt die Anzeige der Tatsachen, die eine Verantwortlichkeit des VN zur Folge haben können. In der Regierungsbegründung heißt es hierzu ergänzend, „[f]ür den Beginn der Frist nach Satz 1 ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Versicherungsnehmer weiß oder damit rechnet, dass er von einem Dritten wegen der eingetretenen schadensverursachenden Tatsache in Anspruch genommen werden kann“15. [Hervorhebung durch Verfasser]
Als Tatsache ist somit, ebenso wie bei § 100, das die mögliche Haftung begründende Verhalten des VN anzusehen, d.h. in den Fällen, in denen die Pflichtverletzung (Verstoß) und das darauf folgende Schadensereignis zeitlich auseinanderfallen, die Pflichtverletzung. Soweit der Versicherungsfall bedingungsgemäß nicht bereits im Zeitpunkt der Pflichtverletzung (Verstoßprinzip), sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt (Schadensereignis oder Anspruchserhebung) eintritt, kann die Anzeigepflicht somit – wie bereits erwähnt (Rn. 5) – schon vor dem Eintritt des Versicherungsfalls entstehen. Dem Informationsinteresse des VR wird insoweit bereits vor der Fälligkeit des Haftpflichtversicherungsanspruchs durch das Gesetz Rechnung getragen.
II. Geltendmachung i.S.v. § 104 Abs. 1 S. 2 10
Durch § 104 Abs. 1 S. 2 wird dem VN eine weitere Anzeigeobliegenheit auferlegt. Er muss binnen einer Woche den VR unterrichten, wenn der Dritte seinen Anspruch ihm gegenüber (außergerichtlich) geltend macht. Hinsichtlich des Begriffs der Geltend-
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Vgl. Nr. 25.1, 25.2 AHB 2012, AKB 2008 E.1.1., Nr. 7.3.2.1 AVB-AVG 2011.
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BTDrucks. 16/3945 S. 85.
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Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
§ 104
machung kann im Grundsatz auf die Ausführungen zur Fälligkeit des Haftpflichtversicherungsanspruchs nach § 100 verwiesen werden (§ 100 Rn. 20 ff.). Hier wie dort ist erforderlich, dass sich der Dritte dazu entschlossen hat, Schadensersatzansprüche gerade gegen den VN zu erheben, und er diesen Entschluss in einer Art und Weise zu erkennen gegeben hat, die vom VN als ernstliche Erklärung der Inanspruchnahme verstanden werden kann.16 Allerdings gilt es im Hinblick auf die in § 104 Abs. 1 S. 1 statuierte Anzeigeobliegenheit zu beachten, dass die gesetzlichen Regelungen über die Anzeigeobliegenheit des VN nicht geeignet sind, die für die Fälligkeit nach § 100 relevante Frage zu präjudizieren, was unter einem den Deckungsanspruch begründenden und dessen Verjährung in Lauf setzenden ernsthaften Geltendmachen zu verstehen ist.17 Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts, die Erklärung der Aufrechnung oder die Wegnahme eines dem VN gehörenden Gegenstandes wegen eines Schadensersatzanspruchs stehen der Geltendmachung gleich. Ob der VN den geltend gemachten Anspruch für unbegründet hält oder glaubt, nur irrtümlich in Anspruch genommen zu werden, ist unerheblich.18 Die Erklärung des Anspruchsstellers ist an keine bestimmte Form gebunden. Grund- 11 sätzlich reichen mündliche und sogar konkludente Erklärungen aus.19 Die Erklärung muss den Schaden zudem nicht konkret beziffern.20 Das Verlangen nach Zahlung von Schadensersatz oder Anerkennung der Schadensersatzforderung reichen ebenso aus wie das Verlangen nach Abgabe eines auf den Grund des Anspruchs beschränkten Anerkenntnisses der Schadensersatzpflicht.21 Die Aufforderung, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, ist dagegen nicht als ernstliche Erklärung der Inanspruchnahme vom VN zu verstehen.22 Anders liegt der Fall, wenn der Anspruchsteller den VN unter Androhung der Erhebung einer Feststellungsklage hierzu auffordert und feststeht, dass nur der VN als Anspruchsgegner in Betracht kommt und das Ob und die Höhe des Schadens nur vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängen.23 Gemessen an diesen Maßstäben sind bloße Vorwürfe, Anschuldigungen, Drohungen und Redensarten noch nicht als Inanspruchnahme anzusehen.24 Die Erklärung der Inanspruchnahme muss nicht vom Geschädigten selbst abgegeben 12 werden. Eine Abgabe durch einen hierzu bevollmächtigten Vertreter reicht aus. Bei Angehörigen des Verletzten ist davon auszugehen, dass derartige Erklärungen aufgrund zu vermutender Vollmacht oder Geschäftsführung ohne Auftrag abgegeben werden.25 Erklärungen unbeteiligter Vierter, etwa dem aufnehmenden Polizeibeamten, dass mit der Erhebung von Ansprüchen zu rechnen sei, stellen keine Geltendmachung dar.26 Die Inanspruchnahme des VN ist nicht entbehrlich und eine Geltendmachung ist folglich zu 16
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BGH 9.6.2004 RuS 2004 411 412 = VersR 2004 1043, 1044; BGH 21.5.2003 BGHZ 155 69, 73 f. = VersR 2003 900, 901; OLG Frankfurt/M. 13.3.2008 RuS 2010 61, 62; BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118; BGH 20.1.1966 VersR 1966 229, 230. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411 412 = VersR 2004 1043, 1044; BGH 21.5.2003 BGHZ 155 69, 73 f. = VersR 2003 900, 901. Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 11. BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 57; Bruck/ Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 36; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 21, jew. m.w.N. zur Rspr. RG 23.10.1936 RGZ 152 235, 242; vgl. auch
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OLG Köln 5.3.1996 RuS 1998 323; KG 21.2.2003 VersR 2003 1246, 1247; OLG Düsseldorf 11.04.2003 SP 2004 98; OLG Düsseldorf 16.7.1963 VersR 1964 178, 179. BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118. BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118. OLG Karlsruhe 16.2.2006 NJOZ 2006 1413, 1414. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 22; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 36. RG 14.1.1938 RGZ 156 378, 383; Bruck/ Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 37. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 37.
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§ 104
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
verneinen, wenn der Dritte im Hinblick auf sein persönliches Verhältnis zum VN von dessen Inanspruchnahme absieht.27 Der Anspruch muss gegenüber dem VN oder einer versicherten Person28 geltend 13 gemacht werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Geschädigte direkt an den VN wenden muss.29 Voraussetzung für die Geltendmachung ist lediglich, dass dem VN oder seinem Empfangsvertreter – hierzu zählt aufgrund seiner (Regulierungs-)Vollmacht (Ziff. 5 AHB Rn. 8 ff.) auch der VR30 – die anspruchserhebende Erklärung des Dritten i.S.v. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zugeht.31 Für den Fall, dass aus einem Schadensereignis mehrere Geschädigte Ersatzansprüche stellen, ist die Geltendmachung für jeden Anspruch eines geschädigten Dritten gesondert festzustellen.32 Gleiches gilt in den Fällen, in denen aus einem Schadensereignis neben der unmittelbar geschädigten Person einem Dritten ein originärer Rückgriffsanspruch gegen den VN erwächst (z.B. aus § 426 Abs. 1 BGB, § 110 SGB VII). Geht z.B eine Berufsgenossenschaft aufgrund eines originär entstandenen Regressanspruchs gegen den VN vor, so beginnt die Verjährung mit der Erhebung dieses Anspruchs durch die Berufsgenossenschaft.33
III. Gerichtliche Geltendmachung nach § 104 Abs. 2 S. 1 14
Unverzüglich hat der VN den VR ein weiteres Mal zu unterrichten, wenn gegen ihn ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird. Hier kann es sich um eine (Feststellungsoder Leistungs-)Klage34 oder Widerklage,35 einen Mahnbescheid (§§ 688 ff. ZPO),36 einen Arrest (§§ 916 ff. ZPO) oder ein Verfahren betreffend den Erlass einer einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) handeln. Auch die Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens ist anzeigepflichtig.37 Ausdrücklich erwähnt werden daneben vom Gesetz die Streitverkündung (§§ 72 ff. ZPO)38 und das PKH-Verfahren. 15 Nicht besonders spricht das Gesetz vom selbständigen Beweisverfahren (§§ 485–494a ZPO). Dies fällt nach Auffassung der Literatur aber ebenfalls unter die von § 104 Abs. 2 S. 1 gemeinte gerichtliche Geltendmachung.39 Der BGH hat dagegen im Zusammenhang mit der Fälligkeit des Haftpflichtversicherungsanspruchs festgestellt, dass die Frage, ob das selbstständige Beweisverfahren eine gerichtliche Geltendmachung darstellt, nicht generell beantwortet werden könne, weil die Gründe, aus denen heraus es vom Geschädigten angestrengt werde, unterschiedlich sein könnten. Das selbständige Beweisverfah27 28 29 30 31 32 33
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LG Karlsruhe 25.6.1987 MDR 1987 850. Hierzu OLG Frankfurt/M. 13.3.2008 RuS 2010 61, 62. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 24. Vgl. OLG Düsseldorf 26.6.2001 NVersZ 2002 135=VersR 2002 1020. BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 59; Bruck/ Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 36. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 26. BGH 05.10.1961 BGHZ 36 24, 28 f.; OLG Köln 30.11.1989 RuS 1990 14; OLG Hamm 14.12.1977 VersR 1978 809; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 49. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043, 1044.
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KG 28.8.1940 JRPV 1940 175, 176. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043, 1044; LG Dortmund 12.7.2007 RuS 2007 415, 416. Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 12; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 384. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043, 1044; BGH 21.5.2003 BGHZ 155 69, 73 f.= VersR 2003 900, 901; vgl. auch OLG Karlsruhe 19.7.1979 VersR 1980 349. OLG Köln 9.9.2003 RuS 2003 501; KG 21.3.2003 VersR 2003 1246, 1247; OLG Saarbrücken 22.8.1990 VersR 1991 872, 873; OLG Stuttgart 11.12.1997 NVersZ 1999 289, 290; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 9.
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Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
§ 104
ren sei nur dann als Geltendmachung zu qualifizieren, wenn der Dritte allein den VN für einen eingetretenen Schaden verantwortlich machen will und das selbständige Beweisverfahren lediglich dem Zweck diene, die Schadenshöhe festzustellen.40 Kämen dagegen mehrere Schädiger in Betracht, sei das Schadensbild unklar und wolle der Geschädigte sich mit dem selbständigen Beweisverfahren nur Klarheit darüber verschaffen, welche Schäden eingetreten seien, was zur Schadensentstehung geführt habe und wer jeweils die Verantwortung dafür trage, soll die Einleitung eines Beweisverfahren nicht als ernsthafte Geltendmachung zu qualifizieren sein.41 Dass der Gläubiger erkennbar eine Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den VN erwäge oder für möglich erachte, soll für die Fälligkeit des Anspruchs auf Versicherungsleistungen noch nicht ausreichen.42 Selbst wenn man diese Ansicht der Auslegung von § 104 Abs. 2 S. 1 zugrunde legte, wäre im Hinblick darauf, dass das Informationsinteresse des VR unabhängig von der Frage der Fälligkeit ist, wohl eine Obliegenheit zur Anzeige nach § 104 Abs. 1 S. 1 anzunehmen (zur Anzeigefrist Rn. 27). Eine Anzeigeobliegenheit nach § 104 Abs. 2 S. 1 ist darüber hinaus anzunehmen bei 16 Geltendmachung des Anspruchs im Adhäsionsverfahren (§§ 403, 404 StPO)43 und der Anmeldung von Ansprüchen zur Insolvenztabelle (§ 174 InsO)44. Eine gerichtliche Geltendmachung stellt auch die (Hilfs-)Aufrechnung durch den Dritten im Prozess dar.45
IV. Ermittlungsverfahren (§ 104 Abs. 2 S. 2) Der Begriff des Ermittlungsverfahrens ist i.S.d. Strafverfahrensrechts (§ 160 StPO) zu 17 verstehen.46 Dies folgt auch aus § 101 Abs. 1 S. 3.47 Es handelt sich um ein vorbereitendes Verfahren; sein Ziel ist die Entschließung der Staatsanwaltschaft ob, inwieweit und nach welcher Strafbestimmung die öffentliche Klage zu erheben oder ob das Verfahren einzustellen ist (§ 170 Abs. 1, 2 StPO).48 Erfasst werden alle Maßnahmen bei Verdacht einer Straftat, die darauf abzielen, den Sachverhalt zu erforschen, um eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft herbeizuführen. Wenn der VN polizeilich (durch den Staatsanwalt oder durch den Richter) als Beschuldigter vernommen wird (§ 163c StPO), so liegt im strafrechtlichen Sinne ein Ermittlungsverfahren vor. Der VN hat dem VR hierüber Anzeige zu erstatten, um diesem die Gelegenheit zu einer objektiven und umfassenden Orientierung anhand der Strafakte und ggf. (vgl. § 101 Abs. 1 S. 3) auch zur Unterstützung des VN im Strafverfahren zu geben. Ist der VN – entgegen § 163c Abs. 1 StPO – nicht vernommen worden (und hat deshalb keine Kenntnis vom Ermittlungsverfahren
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BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043, 1044. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043, 1044. BGH 9.6.2004 RuS 2004 411, 412 = VersR 2004 1043, 1044. Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 12; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 26. OLG Köln 16.07.1996 RuS 1996 432, 433; Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 12; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 26. BGH 17.04.1973 VersR 1973 746, 747; ÖOGH 18.10.1979 VersR 1981 1064, 1065; Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 12; Schwin-
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towski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 10; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 26; a.A. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Anm. F 38: Anspruchserhebung i.S.d. § 153 Abs. 2 a.F. = § 104 Abs. 1 S. 2. Vgl. Motive 639: „Schließlich wird klargestellt, daß die Einleitung eines Strafverfahrens immer anzuzeigen ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob eine Buße verlangt wird oder nicht“. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 28. Vgl. BVerfG 2.10.2003 NStZ 2004 447; Pfeiffer StPO 5. Aufl. (2005) § 179 Rn. 1 ff.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
erlangt), wird die Anzeigeobliegenheit durch die Zustellung einer Anklageschrift oder eines Strafbefehls (§§ 407 ff. StPO) ausgelöst.49 Nach Sinn und Zweck des § 104 Abs. 2 S. 2 ist es zudem geboten, dass der VN den VR über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens informiert.50 Im Hinblick darauf, dass das Bußgeldverfahren in ein Strafverfahren übergehen kann 18 (§ 81 OwiG), im Bußgeldverfahren (§§ 35 ff. OwiG) sinngemäß die Strafprozessordnung gilt (§ 46 Abs. 1 StPO) und die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten hat (§ 46 Abs. 2 StPO), ist auch das Bußgeldverfahren anzeigepflichtig. Das verwaltungsbehördliche Verwarnungsverfahren (§ 56 OwiG) ist dagegen nach h.M. ebenso wenig anzeigepflichtig51 wie die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens vor Disziplinargerichten (z.B. §§ 56 ff. BDO).52 19 Vor der Reform des VVG war streitig, ob die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens auch dann eine Anzeigeobliegenheit begründete, wenn zuvor noch kein Anspruch gegen den VN erhoben worden war. Die h.Lit. hielt eine vorherige Anspruchserhebung nicht für erforderlich und begründete dies überzeugend damit, dass mit der Formulierung „wegen des den Anspruch begründenden Ereignisses“ in § 153 Abs. 4 S. 2 a.F. nichts anderes gemeint sei als in § 153 Abs. 1 S. 1 mit „Tatsachen […], die seine Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnten“.53 § 104 Abs. 2 S. 2 verwendet indes nicht mehr den Begriff des Ereignisses, sondern den Begriff „Schadensereignis“. Wollte man den Begriff des Schadensereignisses i.S.d. Nr. 1.1 S. 2, 3 AHB 2012 verstehen, ließe sich die Argumentation der h. Lit. deshalb nicht mehr aufrechterhalten. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist der Begriff des Schadensereignisses „auch hier“, d.h. in § 104 Abs. 2 S. 2, weit auszulegen,54 so dass keine Festlegung auf das Begriffsverständnis nach den AHB beabsichtigt war.55 Da die die Haftung des VN begründende Pflichtverletzung unter den Begriff der Tatsache fällt (Rn. 8), bleibt es deshalb dabei, dass eine vorherige Inanspruchnahme des VN nicht erforderlich ist, um die Anzeigeobliegenheit nach § 104 Abs. 2 S. 2 auszulösen. 20 Ferner ist der Hinweis geboten, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers,56 Verfahren, die sich nicht gegen den VN, sondern gegen einen Mitversicherten richten, nicht von § 104 Abs. 2 S. 2 erfasst werden.57
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Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 14; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 12; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 28 Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 12; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. F 40. Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 14; Römer/ Langheid/Langheid § 104 Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 12; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 30; Späte § 5 Rn. 12. Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 14; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 12; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 28; Römer/Langheid/Langheid § 153 Rn. 10; Littbarski § 5 AHB Rn. 26; a.A. Bruck/ Möller/R. Johannsen8 Anm. F 40; Späte § 5 Rn. 12.
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Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 § 153 Rn. 8; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 30; Späte § 5 Rn. 12. BTDrucks. 16/3945 S. 85. Krit. zur Verwendung des Schadensereignisbegriffs Rüffer/Halbach/Schimikowski § 104 Rn. 6. BTDrucks. 16/3945 S. 85. Ebenso Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 11; Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 16; Rüffer/Halbach/Schimikowski § 104 Rn. 9; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 104 Rn. 7; a.A. zu § 153 Abs. 4 a.F. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 32.
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Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
§ 104
C. Kenntnis des VN von den anzuzeigenden Umständen Die den VN nach § 104 treffenden Anzeigeobliegenheiten setzen positive Kenntnis 21 von den Tatsachen voraus, die die Anzeigeobliegenheit begründen. Die Kenntnis zählt somit nicht als subjektives Element zur Schuldseite, sondern zum objektiven Tatbestand. Zwar wird das Erfordernis der Kenntnis nicht ausdrücklich in § 104 genannt. Nach Ansicht des BGH ergibt sich dieses Erfordernis jedoch bereits aus „dem Begriff und dem Wesen der Anzeigepflicht“. Eine Tatsache könne jemand nur anzeigen, wenn er sie kenne.58 Jenseits dieser grundsätzlichen Erwägungen ist die Kenntnis auch deshalb als objektive Voraussetzung zu begreifen, weil sie maßgeblich für den Beginn der Anzeigefristen nach § 104 Abs. 1 und Abs. 2 ist.59 Der Kenntnis des VN steht die Kenntnis seines Repräsentanten, Wissens- oder Wissenserklärungsvertreters – wie auch sonst bei Obliegenheitsverletzungen – gleich. Beweisrechtlich hat diese Verortung zur Konsequenz, dass der VR die Beweislast für die Kenntnis, die eine Anzeigeobliegenheit auslöst, trägt (Rn. 48). Aus Vorstehendem folgt, dass die Obliegenheit nach § 104 Abs. 1 S. 1 erst dann ent- 22 steht, wenn der VN um die möglicherweise eine Verantwortlichkeit begründenden Tatsachen und der sich daraus ergebenden Haftpflicht weiß.60 Er muss sich also seines haftungsbegründenden Verhaltens bewusst (geworden) sein. Ein bloßes Kennenkönnen oder Kennenmüssen genügt nicht.61 Es reicht daher nicht aus, wenn der VN erst bei gehöriger Überlegung oder nach Einholung eines Rechtsrates hätte erkennen können, dass ein Haftpflichtanspruch gegen ihn in Betracht kommt.62 An einer positiven Kenntnis des VN kann es auch fehlen, wenn die Schadensursache noch abgeklärt werden muss.63 Selbst wenn der VN den sich aufdrängenden Schluss auf die naheliegende Schadensursache nicht zieht, ist dies nicht gleichbedeutend mit positiver Kenntnis.64 Der erforderlichen Kenntnis von den möglicherweise eine Verantwortlichkeit begrün- 23 denden Tatsache ist es jedoch gleichzustellen, wenn sich der VN der Kenntnis arglistig entzieht.65 Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass der VN meint, für den Schaden nicht haftpflichtig zu sein,66 oder annimmt, der Dritte werde den an sich begründeten Anspruch nicht gegen ihn geltend machen.67 Derartige Fehlbeurteilungen der Rechtslage
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BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 57. Vgl. BGH 30.4.2008 RuS 2008 336, 337; BGH 16.5.2007 VersR 2007 979; BGH 27.11.2002 VersR 2003 187, 189; BGH zu § 33 a.F.: BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 58; vgl. auch BGH 13.12.2006 NJW 2007 1126 f. zur Aufklärungsobliegenheit; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 32; Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 4. Vgl. BGH 30.4.2008 RuS 2008 336, 337 m. Anm. v. Rintelen IBR 2008 614; BGH 16.5.2007 VersR 2007 979, 980; BGH 27.11.2002 VersR 2003 187, 189; BGH 20.11.1970 VersR 1971 213; OLG Stuttgart 27.11.2008 RuS 2009 188, 190: KG 1.2.2005 RuS 2006 67, 69; OLG Hamm 1.7.1994 VersR 1995 1476. BGH 30.4.2008 RuS 2008 336, 337; BGH 27.11.2002 VersR 2003 187, 189; BGH
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18.9.1970 VersR 1970 1045, 1046; BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 57. Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 4. BGH 30.4.2008 RuS 2008 336, 337 m. Anm. v. Rintelen IBR 2008 614; KG 1.2.2005 RuS 2006 67, 69; OLG Köln 8.3.1966 VersR 1967 443, 444. Vgl. BGH 30.4.2008 RuS 2008 336, 337 m. Anm. v. Rintelen IBR 2008 614 (zur Leitungswasserversicherung); KG 1.2.2005 RuS 2006 67, 69. Vgl. BGH 03.11.1966 NJW 1967 776, 778; BGH 02.11.1961 NJW 1962 42, 44. OLG Düsseldorf 27.9.1988 RuS 1991 121 = VersR 1990 411 f.; OLG Hamm 8.2.1991 RuS 1992 118, 119; ÖOGH 25.11.1970 VersR 1971 1135 f. OLG Köln 15.2.2005 VersR 2005 1231 f.
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§ 104
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
bei Haftpflichtereignissen lassen die Anzeigeobliegenheit nach § 104 Abs. 1 S. 1 grundsätzlich unberührt, sind aber beachtlich für die Feststellung des Verschuldensgrads im Rahmen des § 28. Die Anzeigeobliegenheiten nach § 104 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 entstehen ebenfalls erst 24 nach Kenntniserlangung. Allein der Zugang eines Anspruchsschreibens nach § 130 BGB soll noch keine Kenntnis des VN begründen.68 Entzieht sich der VN arglistig der Kenntnisnahme vom Inhalt des Schreibens, muss er sich freilich so behandeln lassen, als ob er Kenntnis erlangt hat.69
D. Modalitäten der Anzeigeerstattung I. Inhalt der Anzeige 25
Bei den Anzeigeobliegenheiten nach § 104 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 bereitet die Bestimmung des Inhalts der Anzeige keine Schwierigkeiten. Der VN kann sich zunächst auf die Mitteilung/Weiterleitung der (gerichtlichen) Geltendmachung, Streitverkündung, PKHAntragstellung oder Einleitung eines Ermittlungsverfahrens beschränken und die Nachfragen des VR abwarten.70 Schwieriger ist die Bestimmung vom Inhalt der Anzeige im Rahmen des § 104 Abs. 1 S. 1, soweit noch kein Versicherungsfall eingetreten ist. Rechtsprechung und Literatur nehmen zu dieser Konstellation keine Stellung, was daran liegen mag, dass in den Versicherungsbedingungen Anzeigepflichten nur für den Fall des Eintritts des Versicherungsfalls vorgesehen sind.71 Soweit der Versicherungsfall bedingungsgemäß nicht bereits im Zeitpunkt der Pflichtverletzung (Verstoßprinzip), sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt (Schadensereignis oder Anspruchserhebung) eintritt, bleibt die Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach § 104 Abs. 1 S. 1 ohne Sanktion.72 Im Hinblick auf die erforderliche Kenntnis von den Umständen, die die Anzeigeoblie26 genheiten begründen, ist zu berücksichtigten, dass die Anzeigefrist für den VN umso später beginnt, je höhere Anforderungen man an den Inhalt der Anzeige nach § 104 Abs. 1 S. 1 stellt. Im Allgemeinen dürfte der VR vor allem an einer frühzeitigen Anzeige interessiert sein, weil ihm dadurch Gelegenheit zur gezielten Nachfrage gegeben wird. Soweit eine Auskunftsobliegenheit des VN mangels Eintritt des Versicherungsfalls (noch) nicht besteht und es auch an einer vertraglichen Obliegenheit zur Auskunft vor Eintritt des Versicherungsfalls fehlt, wird der VR dagegen mehr an einer möglichst umfassenden Information interessiert sein. Letztlich geht es dem VR in diesem Stadium vor allem darum festzustellen, ob ein Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder der Eintritt droht. Versetzt die (erste) Anzeige den VR nicht in die Lage, dies zu prüfen, besteht für den VN (noch) im Rahmen des § 104 Abs. 1 S. 1 die Obliegenheit, die Anzeige zu ergänzen.
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Vgl. BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 58. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 25. BGH 23.11.1967 VersR 1968 58, 59; weitergehend OLG Köln 21.4.1998 RuS 1998 458, 459 (zur Erfüllung der Anzeigeobliegenheit nach § 153 Abs. 1 a.F. bedarf es zumindest der Mitteilung des Schadenortes, der Schadenursache sowie der Schilderung über Art und Umfang des Schadens, damit der VR unverzüglich einen Schadenregulierer oder fachkundigen Sachverständigen mit näheren
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Ermittlungen beauftragen kann); vgl. auch OLG Braunschweig 20.12.1955 VersR 1956 172 f: Anzeige muss Angaben über die Art und die Schwere des Unfalls enthalten; zustimmend Krebs VersR 1962 13 f. Vgl. Nr. 25.1, 25.2 AHB 2012, Nr. 7.3.2.1 AVB-AVG 2011. Schramm Anspruchserhebungsprinzip 143 ff. diskutiert eine konkludente Abbedingung zugunsten des VN, derer es jedoch wegen der Rechtsfolgenlosigkeit nicht bedarf.
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Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
§ 104
II. Form der Anzeige § 104 Abs. 1 und Abs. 2 sehen keine bestimmte Form für die Anzeige vor. Demgemäß 27 kann sie schriftlich, in Textform oder (fern-)mündlich erfolgen. Die Vereinbarung einer Schriftform ist nach § 112 unwirksam, weil sie nachteilig für den VN ist. Soweit in der Literatur unter Hinweis auf den Wortlaut des § 104 Abs. 3 S. 1 – „Absendung der Anzeige“ – die gegenteilige Ansicht vertreten wird,73 überzeugt diese Schlussfolgerung nicht.74 § 32 S. 2 ist nicht entsprechend auf die Anzeigen des § 104 Abs. 1 und Abs. 2 anwendbar.75 Davon abgesehen stünden §§ 69 Abs. 1 Nr. 2, 72 der Wirksamkeit entgegen, soweit der VN die Anzeige gegenüber einem Versicherungsvertreter abgeben würde.76 Selbst eine Schriftformvereinbarung, die Anzeigen gegenüber Vertretern von dem Schriftformerfordernis ausnähme, ginge ins Leere, weil die Versäumung der fristgemäßen schriftlichen Anzeige bei rechtzeitiger Kenntniserlangung des VR nach den zum Nachteil des VN nicht abdingbaren Vorschriften der §§ 104 Abs. 3 i.V.m. 30 Abs. 2 unschädlich ist.77
III. Fristen Die Anzeigen nach § 104 Abs. 1 sind binnen einer Woche ab Kenntniserlangung vom 28 anzeigepflichtigen Sachverhalt zu erstatten. Für die Fristberechnung sind die §§ 187, 188, 193 BGB maßgeblich.78 Eine Verkürzung dieser Frist ist nach § 112 unwirksam. Für § 104 Abs. 2 ist dagegen eine unverzügliche Meldung vorgesehen. Unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“.79 Da nur „schuldhaftes Zögern“ schadet, bedeutet „unverzüglich“ nicht etwa sofort.80 Vielmehr hat der VN die Anzeige so rechtzeitig abzugeben, wie ihm dies unter den gegebenen Umständen und unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Teils an alsbaldiger Aufklärung möglich und zumutbar ist.81 Kein schuldhaftes Zögern liegt vor, wenn der VN vor der Anzeige – in gebotener Eile – zunächst den Rat eines Rechtskundigen einholt. Deshalb wird eine binnen einer Woche erstattete Anzeige im Allgemeinen i.d.S. als unverzüglich vorgenommen anzusehen sein.82 Für die Wahrung der Frist genügt gem. § 104 Abs. 3 S. 1 die Absendung der Anzeige.
IV. Erklärungsadressat Erklärungsempfänger der Anzeigen ist der VR. Ihm ist nach § 69 Abs. 1 Nr. 2 der 29 Vermittlungsvertreter gleichgestellt. Eine formularmäßige Beschränkung seiner Empfangsvollmacht ist nach § 72 gegenüber dem VN unwirksam. Ist der den Vertrag vermittelnde
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Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 104 Rn. 9. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 33; Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 26; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 47. A.A. Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 26. Vgl. RegE 78. Vgl. BGH 9.12.1965 VersR 1966 153, 154; s.a. OLG Köln 19.8.1997 VersR 1998 1104, 1105; Hans. OLG Hamburg 30.3.1982 VersR 1982 1161.
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Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 25; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 48. Vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB. Vgl. BGH 26.01.1962 WM 1962 511, 513; RG 22.02.1929 RGZ 124 115, 118. Vgl. BGH 23.6.1994 NJW-RR 1994 1108, 1109. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 48; Späte § 5 Rn. 9; a.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 20; Römer/Langheid/Langheid § 104 Rn. 16: kürzerer Zeitraum.
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Versicherungsmakler befugt, Regulierungen abzulehnen oder durchzuführen, genügt die Anzeige beim Makler.83 Stellt der VR dem VN vertragsgemäß im Haftpflichtprozess einen Anwalt, so sind die Erklärungen des VN gegenüber diesem Anwalt ebenfalls als dem VR zugegangen anzusehen.84 Gleiches gilt, wenn dem Anwalt die Klage, der Antrag auf PKH oder die Streitverkündungsschrift zugestellt wird.
E. Erlöschen der Anzeigeobliegenheit I. Erfüllung 30
Die Anzeigeobliegenheiten nach § 104 Abs. 1 und Abs. 2 erlöschen mit der rechtzeitigen und inhaltlich ordnungsgemäßen Erklärung der Anzeige. Bei mehreren VN genügt die Erfüllung durch einen,85 soweit er die Anzeigen für alle und nicht nur hinsichtlich der eigenen versicherten Interessen macht.86 Im letztgenannten Fall kann dem VR gegenüber den anderen VN jedoch die Berufung auf die Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach § 104 Abs. 3 S. 2 versagt sein.
II. Kenntnis des VR von den anzeigepflichtigen Umständen (§ 104 Abs. 3 S. 2) 31
Nach § 30 Abs. 2, den § 104 Abs. 3 S. 2 für entsprechend anwendbar erklärt, kann sich der VR auf eine Vereinbarung, nach welcher er im Fall der Verletzung der Anzeigepflicht nicht zur Leistung verpflichtet ist, nicht berufen, wenn er auf andere Weise vom Eintritt des Versicherungsfalles rechtzeitig Kenntnis erlangt hat. R. Johannsen 87 hat hieraus – im Anschluss an Möller 88 – zu § 33 a.F., der sachlich mit § 30 Abs. 2 übereinstimmt, gefolgert, dass die Anzeigeobliegenheit entfällt, wenn der VR auf andere Weise vom Eintritt des Versicherungsfalles Kenntnis erlangt. Wandt 89 und Brömmelmeyer 90 vertreten dagegen die Ansicht, dass § 30 Abs. 2 den VN lediglich von den Rechtsfolgen der Verletzung einer bestehenden Anzeigeobliegenheit freistellt. Der Streit ist entgegen anders lautender Stimmen91 durchaus von Bedeutung. Im Ergebnis sprechen die besseren Argumente gegen ein Erlöschen der Anzeigeobli32 genheiten aus § 104 Abs. 1 und Abs. 2. Lässt man die Anzeigeobliegenheit bei Kenntnis des VR entfallen, würde selbst der arglistig handelnde VN keine Nachteile erleiden. Dieses Ergebnis stößt angesichts der in § 28 Abs. 3 S. 2 getroffenen grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers über die Sanktionierung von arglistigen Obliegenheitsverletzungen wertungsmäßig auf Bedenken, weil damit die arglistige Verletzung der Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalles gegenüber anderen arglistigen Obliegenheitsverletzungen privilegiert würde, ohne dass es hierfür einen sachlichen Grund gibt. Sieht man § 30 Abs. 2 dagegen als Rechtsfolgenregelung an, bleibt Raum für eine Reduktion
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OLG Frankfurt/M. 9.6.1999 NVersZ 2000 243, 244. Späte § 5 Rn. 9; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. F 33; anders wohl LG Kleve 10.4.1967 VersR 1967 649 f. Langheid/Wandt/Wandt § 30 Rn. 40. Bruck/Möller/Heiss § 28 Rn. 63; Langheid/ Wandt/Wandt § 30 Rn. 40.
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 30. Bruck/Möller/Möller8 § 33 Anm. 10. Langheid/Wandt/Wandt § 30 Rn. 41 Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 30 Rn. 45. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 18; ebenso Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 5.
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Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
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des Anwendungsbereichs dahingehend, dass sich der arglistig handelnde VN nicht auf die anderweitig erlangte Kenntnis des VR berufen kann. Eine solche Reduktion ist dogmatisch zulässig, weil es bei Kenntnis des VR an der Kausalität zwischen Anzeigeobliegenheitsverletzung und Nachteil fehlt92 und § 30 Abs. 2 sich deshalb als spezielle Ausprägung des in § 28 Abs. 3 verankerten Kausalitätsgegenbeweises begreifen lässt, der arglistig handelnden VN jedoch versperrt ist.93
III. Leistungsverweigerung Verweigert der VR seine Leistung endgültig, kann er vom VN die Beachtung der 33 Anzeigeobliegenheiten nicht mehr verlangen, weil der Zweck der Anzeigeobliegenheiten nicht mehr erreicht werden kann.94 Gleiches gilt, wenn sich der VR nach Anzeige des Versicherungsfalles nicht rechtzeitig unmissverständlich erklärt, ob er den bedingungsgemäßen Rechtsschutz gewähren will.95 Erst wenn der VR dem VN unmissverständlich zu erkennen gibt, dass er wieder (etwa aufgrund nachträglich bekannt gewordener Umstände) in die Prüfung seiner Leistungspflicht eintreten und zu diesem Zweck die Verhandlungen über die Schadensregulierung erneut aufnehmen will, leben die Anzeigeobliegenheiten wieder auf.96 Gleiches soll für den Fall gelten, dass das Gericht die generelle Leistungsablehnung für ungerechtfertigt erachtet und den Parteien aufgibt, die Leistungsvoraussetzungen im Einzelnen nachzuweisen.97 Das bedeutet, dass der VN die Anzeigen nach § 104 Abs. 1 und 2 ggf. nachholen muss, soweit der VR nicht bereits Kenntnis von den anzeigepflichtigen Umständen hat. Macht der VR von seinem ihm nach § 100 zustehenden Wahlrecht Gebrauch und entscheidet sich für die Anspruchsabwehr, steht die damit einhergehende (vorläufige) Verweigerung der Erfüllung des Freistellungsanspruches einer Leistungsverweigerung nicht gleich. Zu Recht weist Knappmann darauf hin, dass eine Deckungsablehnung nicht als Frei- 34 brief verstanden werden kann, dass der VN nunmehr berechtigt sei, falsche Angaben zu machen oder arglistig zu täuschen.98 Insoweit gilt der für das allgemeine Zivilrecht geltende Grundsatz, dass einem Vertragsteil niemals eine eigene Vertragsverletzung um einer
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Vgl. OLG Frankfurt/M. 24.5.2007 RuS 2008 66, 67: Eine verspätete Schadenmeldung ist für den VR folgenlos, wenn das (Unfall-) Ereignis unstreitig und hinreichend dokumentiert ist. Vgl. Langheid/Wandt/Wandt § 30 Rn. 46 ff. Vgl. BGH 11.12.1991 RuS 1992 100; BGH 7.6.1989 BGHZ 107 368, 370 f. = VersR 1989 842 f.; BGH 8.1.1981 VersR 1981 321, 322; BGH 17.12.1969 VersR 1970 169, 170; BGH 7.11.1966 VersR 1967 27, 28 f.; BGH 16.5.1966 VersR 1966 625 f.; BGH 25.4.1960 VersR 1960 505, 506; BGH 21.5.1959 VersR 1959 499; OLG Koblenz 12.4.1996 VersR 1997 1390; LG Dortmund 12.7.2007 RuS 2007 415, 416. Vgl. BGH 16.5.2007 VersR 2007 979; BGH 7.2.2007 RuS 2007 191, 192 = VersR 2007 1116, 1117 f.; BGH 14.2.2007 RuS 2007
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239, 240 = VersR 2007 1119, 1120; LG Dortmund 12.7.2007 RuS 2007 415, 416; Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 23. BGH 7.6.1989 BGHZ 107 368, 370 f. = VersR 1989 842 f. (zur Feuer- und FeuerBetriebsunterbrechungsversicherung); Römer/Langheid/Langheid § 104 Rn. 12; Prölss/Martin/Prölss § 28 Rn. 42; Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 21. BGH 8.7.1991 VersR 1991 1129, 1130; OLG Hamm 3.2.1999 VersR 1999 1405 = NVersZ 2000 100, 101; Römer/Langheid/Langheid § 104 Rn. 12; ablehnend Prölss/Martin/ Lücke § 104 Rn. 21. Knappmann NVersZ 2000 68, 69; Bruck/ Möller/Heiss § 28 Rn. 56; Prölss/Martin/ Lücke § 104 Rn. 21; Römer/Langheid/Langheid § 104 Rn. 14; Landheid/Wandt/Langheid § 104 Rn. 36.
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Vertragsverletzung des anderen Teiles willen gestattet ist,99 auch für das Versicherungsvertragsrecht. Der VR verliert nur die besonderen Privilegien des VVG.100 Die Rechte des allgemeinen Zivilrechts, u.a. Schadensersatzansprüche, bleiben unberührt. Erfolgt die Leistungsverweigerung zu Unrecht, ist der VR gegenüber dem VN jeden35 falls nicht wegen Verletzung der Anzeigeobliegenheit (teilweise) von seiner Leistungspflicht befreit. Der VR handelt insoweit auf eigenes Risiko. Deckungsablehnungen erfolgen vor allem in den Fällen, in denen der gegen den VN geltend gemachte Anspruch nicht in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt. Greift unter Zugrundelegung des Vortrags des Anspruchsstellers ein Ausschlusstatbestand ein, ist der VR allerdings zur Gewährung von Rechtsschutz unter Vorbehalt verpflichtet, wenn der VN diesen Vortrag bestreitet (§ 100 Rn. 40). Zu einer vollständigen Ablehnung der Deckung wegen Verletzung einer vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls zu beachtenden Obliegenheit dürfte der VR – soweit keine Arglist vorliegt – nur in Ausnahmefällen berechtigt sein. Ist der VR zur teilweisen Leistungskürzung berechtigt, berührt das seine Rechtsschutzverpflichtung nicht und die Anzeigeobliegenheiten des VN bleiben unberührt. Kommt es zur Verurteilung des VN, kann der VR im Umfang seiner teilweisen Leistungsfreiheit regressieren.101
IV. Abtretung des Versicherungsanspruches, Anerkenntnis und/oder Befriedigung des Haftpflichtanspruches 36
Tritt der VN den Deckungsanspruch an den Anspruchsteller ab, wandelt er sich in der Person des Anspruchsstellers in einen Zahlungsanspruch um, der sich gegen den VR richtet (§ 100 Rn. 111 f.). Erfolgt die Abtretung vor der gerichtlichen Inanspruchnahme, erlöschen die Anzeigeobliegenheiten gem. § 104 Abs. 2 S. 1. Letzteres gilt auch für den Fall, dass der VN den Haftpflichtanspruch anerkennt und/oder befriedigt. Ab diesem Zeitpunkt ist dem VR eine Abwehr des Anspruchs gegen den VN nicht mehr möglich.
F. Obliegenheitsbelasteter bei Fremdversicherung 37
Unter den Voraussetzungen der § 104 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 sind neben dem VN102 auch mitversicherte Personen gem. § 47 Abs. 1 zur Anzeige verpflichtet, soweit diese in Anspruch genommen werden oder deren Inanspruchnahme droht. Lediglich die Obliegenheit zur Anzeige eines Ermittlungsverfahrens trifft allein den hiervon betroffenen Mitversicherten (Rn. 19). Verletzt die versicherte Person ihre Obliegenheit zur Anzeige, kann dies nur zum Verlust des (Fremd-)Versicherungsschutzes führen. Ein daneben bestehender (Eigen-)Versicherungsschutz des VN (kombinierte Eigen- und Fremdversicherung) bleibt unberührt, soweit es sich bei der versicherten Person nicht um einen Repräsentan-
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RG 5.2.1929 RGZ 123 238, 241 f.; vgl. auch BGH 26.4.2004 NJW-RR 2005 743, 745 f.; BGH 26.11.1997 NJW 1998 976, 977; BGH 28.9.1984 NJW 1985 266, 267; BGH 13.11 1998 NJW 1999 352, 353. A.A. Baumgärtel VersR 1992 601; unklar Landheid/Wandt/Langheid § 104 Rn. 37, der sich zwar gegen eine Sanktionsfreiheit
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des arglistig täuschenden VN ausspricht, jedoch offenlässt, ob die Sanktionsregelungen des VVG gelten/wiederaufleben. Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 24. Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 32; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 14.
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Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
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ten des VN gehandelt hat. Macht nur der betroffene Mitversicherte, nicht aber der VN die nach § 104 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 gebotenen Angaben, führt dies nicht zum Verlust des (Fremd-)Versicherungsschutzes.103 Insoweit ist nach Sinn und Zweck des § 47 Abs. 1 eine Einschränkung der Akzessorietätsregel geboten. Im Übrigen kommt zugunsten des Mitversicherten die Regel des § 30 Abs. 2 zum Tragen. Schließlich fehlt es auch an einem für die Leistungsfreiheit oder -kürzung nach § 28 (abgesehen von den Fällen der Arglist) erforderlichen Nachteil.
G. Rechtsfolgen bei Verletzung der Anzeigeobliegenheiten Gesetzlich ist – wie in § 30 – keine Rechtsfolge vorgesehen. Der VR macht die gesetz- 38 lichen Obliegenheiten deshalb zum Inhalt des Vertrages und vereinbart für den Fall der Verletzung vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit gem. § 28 Abs. 2 und Abs. 3.104
I. (Teilweise)Leistungsfreiheit 1. Vorsätzliche Anzeigeobliegenheitsverletzung Gem. § 28 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 ist der VR im Fall vorsätzlicher Anzeigeobliegen- 39 heitsverletzung in dem Umfang leistungsfrei, in dem er durch die Verletzung einen Nachteil erleidet. Zur Feststellung der Kausalität ist ein Vergleich zwischen dem hypothetischen Umfang der Leistungspflicht des VR bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Obliegenheit und dem bei Verletzung der Obliegenheit tatsächlich eingetretenen Umfang erforderlich.105 Der VR bleibt deshalb auch bei verspäteter/berichtigender Anzeige zur vollständigen Leistung verpflichtet,106 wenn ihm noch kein Nachteil erwachsen ist.107 Vorsatz liegt allerdings nur dann vor, wenn der VN die Obliegenheit im Bewusstsein des Vorhandenseins der Verhaltensnorm verletzt. Es genügt deshalb nicht, dass dem VN die Tatsachen, die die Anzeigepflicht begründen, bekannt sind. Vielmehr muss sich der VN auch bewusst sein, dass er aufgrund dieser Tatsachen zu einer Anzeige an den VR verpflichtet ist.108 Rechts- und Tatsachenirrtümer des VN sind grundsätzlich geeignet, den Vorsatz ent- 40 fallen zu lassen, können aber (grobe) Fahrlässigkeit begründen.109 Tatsachenirrtümer sind vor allem bei den Anzeigeobliegenheiten gem. § 104 Abs. 1 denkbar (z.B. über die Ernstlichkeit der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Dritten, über das Bestehen von Versicherungsschutz für den konkreten Versicherungsfall).110 Im Hinblick darauf,
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Bruck/Möller/Brand § 48 Rn. 37; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 47 Rn. 19. Vgl. Ziff. 26.2. AHB 2012, AKB 2008 E.6. Langheid/Wandt/Wandt § 28 Rn. 291. Vgl. BGH 5.12.2001 RuS 2002 51, 52 f.; OLG Stuttgart 22.5.2003 NJW-RR 2004 328, 329. Vgl. BGH 5.12.2001 RuS 2002 51, 52 f.; OLG Stuttgart 22.5.2003 NJW-RR 2004 328, 329. BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118. OLG Dresden 22.9.2005 BauR 2006 1328 ff.; OLG Celle 1.3.2001 VersR 2002
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602; OLG Frankfurt/M. 22.3.2000 NVersZ 2000 427, 429; AG Hamburg 2.6.1989 NJW-RR 1989 1432, 1433; OLG Hamm 3.11.1972 VersR 1973 339, 341; OLG Köln 19.12.1985 VersR 1986 906, 908; LG Berlin 22.5.1984 VersR 1984 1057, 1058; LG Dortmund 14.7.1983 VersR 1984 532; AG Aachen 14.5.1981 VersR 1981 1146; Bruck/Möller/Heiss § 28 Rn. 164. Vgl. OLG Frankfurt/M. 28.3.1991 VersR 1992 604; OLG Hamm 2.12.1960 VersR 1962 413, 414.
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dass die Anzeigeobliegenheiten im Versicherungsvertrag statuiert sind, dürfte ein den Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum dagegen nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, etwa weil der VN über die Reichweite der Anzeigeobliegenheit (z.B. bei Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens) oder den Fristbeginn irrt.111 In Zweifelsfällen ist der VN gehalten, sich an den VR zu wenden oder Rechtsrat einzuholen.112 Dabei darf der VN im Grundsatz auf die Richtigkeit der Auskunft seines Rechtsanwalts über das Bestehen einer Anzeigeobliegenheit vertrauen.113 Ein Verschulden der rechtsberatenden Person ist dem VN nicht zurechenbar, da es sich bei dem Rechtsanwalt nicht um einen Repräsentanten des VN handelt.114 2. Grob fahrlässige Anzeigeobliegenheitsverletzung
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Im Fall der grob fahrlässigen Verletzung der Anzeigeobliegenheit ist der VR je nach Schwere des Verschuldens gem. § 28 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 berechtigt, 0–100 % des erlittenen Nachteils von der Versicherungsleistung in Abzug zu bringen.115 Nur im Fall der arglistigen Obliegenheitsverletzung kommt es nach § 28 Abs. 3 S. 2 nicht darauf an, ob der VR einen Nachteil erleidet.116 Zu einer Erhöhung der Schadenskosten kann es vor allem durch Rechtsanwalts- und Gerichtskosten kommen, die bei sofortiger Anzeige und einer daraufhin erfolgenden Regulierung hätten vermieden werden können. Soweit die Verletzung der Anzeigeobliegenheit im Zusammenhang mit anderen Obliegenheiten begangen wird (z.B. Verletzung der Aufklärungsobliegenheit und/oder Rettungsobliegenheit), ist der Nachteil für jede Verletzung gesondert zu bestimmen. Beruht der Nachteil auf demselben Kausalitätsbeitrag, ist die Kürzungsquote im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung zu treffen.117 Nach Ansicht des BGH verletzt der VN seine Obliegenheit zur Anzeige des Versiche42 rungsfalls in der Regel nicht grob fahrlässig, wenn er – trotz entgegenstehenden Wortlauts der Versicherungsbedingungen – dem Rat seines Rechtsanwalts vertraut, ein bestimmtes Ereignis müsse nicht oder nicht in der hierin bestimmten Frist angezeigt werden.118 Dieser Grundsatz bedarf indes der Einschränkung. Er gilt nicht, wenn der Anwalt hierfür keine einleuchtende Erklärung abgibt, diese vielmehr nicht nachvollziehbar und unverständlich ist, so dass sich auch einem in versicherungsrechtlichen Fragen nicht bewanderten VN die Unrichtigkeit dieser Auskunft aufdrängen muss.119 Ist der VN davon ausgegangen, sein Prozessbevollmächtigter werde alles Erforderliche veranlassen, entlastet ihn diese Vorstellung nicht vom Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens. Gleiches gilt, wenn der VN glaubt, eine Anzeige nach Eingang der Anspruchsbegründung reiche aus.120 Durfte der VN in konkreten Fall darauf vertrauen, nicht in Anspruch genommen zu werden, liegt keine grobe Fahrlässigkeit vor. So liegt der Fall, wenn der Geschäftsfüh-
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BGH 30.3.1967 VersR 1967 547 f. OLG Nürnberg 1.3.1979 VersR 1979 561, 562; OLG Saarbrücken 19.11.1974 VersR 1976 157, 158. BGH 8.1.1981 VersR 1981 321, 322; OLG Nürnberg 1.3.1979 zfs 1980 257, 258; vgl. auch BGH 16.5.2007 VersR 2007 979. BGH 8.1.1981 VersR 1981 321, 322; OLG Nürnberg 1.3.1979 zfs 1980 257, 258. Vgl. hierzu Bruck/Möller/Heiss § 28 Rn. 146 ff.
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Vgl. OLG Saarbrücken 30.4.2008 RuS 2008 465, 467. Bruck/Möller/R. Koch § 82 Rn. 175 ff.; vgl. auch LG Dortmund 15.7.2010 BeckRS 2010 17305. BGH 8.1.1981 VersR 1981 321, 322. OLG Frankfurt/M. 22.5.1992 OLGR Frankfurt 1993 38, 40; OLG Hamm 15.6.1988 ZfS 1988 255. OLG Köln 27.6.2006 VersR 2007 351.
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rer einer GmbH nicht anzeigt, weil er es für ausgeschlossen hält, persönlich in Anspruch genommen zu werden, und diese Auffassung nahe liegt.121 Da die Haftpflichtversicherung auch Schutz gegen unbegründete Ansprüche bietet, ist grobe Fahrlässigkeit allerdings nicht allein deshalb zu verneinen, weil es sich aus Sicht des VN um einen offensichtlich unbegründeten Anspruch handelt und er deshalb von einer Anzeige absieht.122 Grobe Fahrlässigkeit ist bejaht worden, wenn der VN die Anzeige in der Annahme unterlassen hat, wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens ohnehin keinen Versicherungsschutz zu haben.123
II. Belehrungspflicht des VR? Fraglich ist, ob sich der VR nur dann auf die (teilweise) Leistungsfreiheit berufen 43 kann, wenn er den VN durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat. Teile der Literatur zu § 153 a.F. haben sich für eine solche Belehrungspflicht im Hinblick auf die den VN nach der ersten Anzeige zusätzlich treffenden Anzeigeobliegenheiten im Falle gerichtlicher Geltendmachung ausgesprochen.124 Die obergerichtliche Rechtsprechung ist dieser Ansicht jedoch nicht gefolgt.125 Ein solches Belehrungserfordernis als Voraussetzung für die (teilweise) Leistungsfreiheit ist nach § 28 Abs. 4 nur hinsichtlich der Rechtsfolgen wegen der Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten vorgesehen. Zudem heißt es in der Gesetzbegründung ausdrücklich, dass ein solches Erfordernis „nicht für die Anzeigeobliegenheiten nach den §§ 30 und 104 VVG-E oder für Obliegenheiten [gilt], die nach Eintritt des Versicherungsfalles auf Grund des konkreten Ablaufs entstehen und auf die der VR daher nicht im Voraus hinweisen kann“.126 Es besteht deshalb kein Raum für die analoge Anwendung von § 28 Abs. 4 auf die Anzeigeobliegenheit nach § 104.127 Ist der VN seiner Anzeigeobliegenheit nach § 104 Abs. 2 S. 1 nachgekommen und hat der VR einen Rechtsanwalt mit der Führung des Verfahrens beauftragt, bestehen gegenüber dem VR ohnehin keine Anzeigeobliegenheiten mehr im Hinblick auf Prozesshandlungen des Anspruchsstellers (Rn. 29). Davon abgesehen mag in Ausnahmefällen die Berufung des VR auf die Obliegenheitsverletzung (Einrede) wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unbeachtlich sein.128
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OLG Hamm 11.03.1981 VersR 1981 821 f. Vgl. BGH 20.11.1970 VersR 1971 213, 214; OLG Saarbrücken VersR 1976 157, 158; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 16; a.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 26. OLG Frankfurt/M. 28.3.1991 VersR 1992 604. Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 153 Rn. 11; Berliner Kommentar/Baumann § 153 Rn. 40. Vgl. OLG Saarbrücken 22.8.1990 RuS 1991
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14; OLG Düsseldorf 27.9.1988 RuS 1991 121 f.; a.A. LG Dortmund 23.3.2006 NJOZ 2006 2682. BTDrucks. 16/3945 S. 69. Ebenso Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 30; Prölss/Martin/Lücke § 104 Rn. 20; Langheid/Wandt/Wandt § 28 Rn. 320 ff.; Prölss/Martin/Prölss § 28 Rn. 152. Vgl. LG Dortmund 23.3.2006 NJOZ 2006 2682, 2684.
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III. Verzicht des VR 44
Die Verletzung von Anzeigeobliegenheiten begründet ein Leistungsverweigerungsrecht des VR, welches er im Wege der Einrede geltend machen kann, aber nicht muss.129 Er kann z.B. um den Fortbestand der Geschäftsbeziehung zum VN nicht zu gefährden, auf die Einrede verzichten.130 Hiervon zu unterscheiden ist der Verlust der Einrede kraft objektiven Rechts (§ 242 BGB) aus Gründen des Vertrauensschutzes (venire contra factum proprium).131 Diese Unterscheidung wird in der Rechtsprechungspraxis oftmals nicht getroffen.132 45 Im Allgemeinen ist ein Verzicht auf Rechte nicht zu vermuten. Bei Fehlen einer ausdrücklichen Verzichtserklärung bedarf es deshalb eindeutiger Anhaltspunkte für einen dahingehenden Willen des VR.133 Eine unterlassene Beanstandung der Obliegenheitsverletzung reicht allein nicht aus.134 Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die auf Verzichtswillen des VR schließen lassen. Darüber hinaus ist für die Annahme eines stillschweigenden Verzichts erforderlich, dass der VR die Verletzung kennt oder wenigstens für möglich hält. Liegen mehrere Anzeigeobliegenheitsverletzungen vor, bezieht sich der Verzicht deshalb nur auf die dem VR bekannten. Bejaht hat die Rechtsprechung einen Verzichtswillen, wenn der VR dem VN in Kenntnis der Obliegenheitsverletzung Abwehrschutz oder Zahlungen135 leistet136, ausdrücklich die Deckungsübernahme erklärt137, den VN auffordert, die bislang versäumte Erfüllung einer Obliegenheit nachzuholen138, die Leistungsfreiheit für den Fall eines erneuten Verstoßes androht139, das Regulierungsverfahren fortsetzt140 oder sich auf ein Sachverständigenverfahren einlässt.141 Der Schluss auf einen Verzichtswillen ist dagegen nicht gerechtfertigt, wenn der VR beim VN lediglich nachfragt142, diesem ein Vergleichsangebot macht143 oder Vergleichsverhandlungen
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Vgl. BGH 26.1.2005 VersR 2005 493, 494 = RuS 2005 143 f.; BGH 18.12.1989 RuS 1991 5, 6; BGH 24.4.1974 VersR 1974 689 f. = NJW 1974 1241 f.; OLG Köln 12.4.1994 VersR 1994 1183, 1184; OLG Hamm 4.12.1992 RuS 1993 246, 247. Langheid/Wandt/Wandt § 28 Rn. 260. Prölss/Martin/Prölss § 28 Rn. 159; Bruck/Möller/Heiss § 28 Rn. 150. Z.B. KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229. Vgl. BGH 19.10.2005 VersR 2006 57, 58 f. = NJW 2006 298, 299; OLG Stuttgart 19.6.2006 VersR 2007 391. Vgl. OLG Düsseldorf 11.2.2008 VersR 2008 1347 ff. Ausgenommen bei Zahlungen an den Geschädigten im Falle des § 117, vgl. BGH 31.1.1952 BGHZ 4 369, 380; Hans. OLG Hamburg 1.6.1950 VersR 1950 132, 133; ÖOGH 12.7.1972 VersR 1973 142, 143. Vgl. BGH 21.3.1963 VersR 1963 516, 517; BGH 27.6.1953 VersR 1953 316 ff.; KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229 ff.; OLG Karlsruhe 17.9.1998 RuS 1999 17 f.; OLG Hamm 11.5.1988 RuS 1988 347; OLG
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142 143
Karlsruhe 21.7.1983 VersR 1984 635, 636; Hans. OLG Hamburg 25.10.1973 VersR 1974 463, 464 f. Vgl. BGH 6.10.1982 VersR 1983 30; BGH 16.1.1970 VersR 1970 241, 242; OLG Koblenz 20.9.1967 VersR 1967 1043; vgl. OLG Düsseldorf 4.11.1952 VersR 1953 23 f. Vgl. OLG Köln 15.4.1997 VersR 1997 1394; OLG Frankfurt/M. 20.2.1992 VersR 1992 1458; OLG Karlsruhe 31.12.1986 RuS 1987 262, 263. OLG Saarbrücken 31.5.2006 VersR 2007 1646, 1647; LG Wuppertal 27.10.1961 VersR 1962 629, 630. Vgl. OLG Köln 21.5.2007 VersR 2008 391, 392; OLG Frankfurt/M. 10.12.1998 NVersZ 1999 230, 231; OLG Karlsruhe 5.6.1997 VersR 1998 975, 976. OLG Karlsruhe 29.1.2004 VersR 2005 353, 354; a.A. BGH 22.11.1962 VersR 1963 79, 81. OLG Hamm RuS 1998 233, 234. OLG Koblenz 28.1.2000 RuS 2000 161, 162.
Robert Koch
Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers
§ 104
mit dem geschädigten Dritten führt.144 Der VR kann sich auf eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit erstmals in der Berufungsinstanz berufen.145
H. Abdingbarkeit § 104 ist gem. § 112 halbzwingend. Für den VN nachteilige Abweichungen von § 104 46 entfalten somit keine Wirkung gegenüber dem VN (wegen der Sanktionslosigkeit nach dem Gesetz gilt dies freilich nur, soweit der VR vertragliche Rechtsfolgen für den Fall ihrer Verletzung vereinbart). Schriftformerfordernisse für die Anzeigen nach § 104 Abs. 1 und Abs. 2 gehen deshalb ebenso ins Leere wie die Verkürzung der Anzeigefristen. Dagegen ist es zulässig, Leistungsfreiheit für den Fall zu vereinbaren, dass der VN arglistig gehandelt hat, das heißt in betrügerischer Absicht seine Anzeigeobliegenheiten verletzt hat. Abweichungen zugunsten des VN sind zulässig. So müssen beispielsweise Kleinschä- 47 den in der Kfz-Haftpflichtversicherung nicht angezeigt werden, wenn der VN den Schaden selbst reguliert.146 Selbstverständlich ist es darüber hinaus zulässig, nicht alle in § 104 Abs. 1 und Abs. 2 genannten Anzeigeobliegenheiten zum Inhalt des Vertrags zu machen und vertraglich für den Fall der Verletzung vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit gem. § 28 Abs. 2 und Abs. 3 vorzusehen. So liegt der Fall, wenn dem VN in den Versicherungsbedingungen (lediglich) die Anzeige des Versicherungsfalls aufgegeben wird und dieser nicht bereits bei der die Haftpflicht möglicherweise auslösenden Verletzungshandlung eintritt (Verstoß), sondern erst beim Verletzungserfolg (Schadenereignis) oder bei der Geltendmachung des Anspruchs (Anspruchserhebungsprinzip).147 Die Nichtanzeige der Verletzungshandlung bleibt dann ohne Sanktion.
I. Beweislast Der VR muss die objektiven Voraussetzungen der Obliegenheitsverletzung bewei- 48 sen.148 Dazu zählt der die Anzeigeobliegenheit auslösende Sachverhalt und der Verstoß gegen die Anzeigeobliegenheit,149 also auch die nicht rechtzeitige Absendung der Anzeige.150 Des Weiteren muss der VR beweisen, dass der VN von den anzeigepflichtigen Umständen Kenntnis hatte. Gelingt dem VR der Beweis, ist es Sache des VN die nach dem Gesetz zugelassene Vermutung grober Fahrlässigkeit in den Versicherungsbedingungen151 zu widerlegen.152 Vorsatz (einschließlich Arglist) hat der VR zu beweisen. Die Beweislast, dass die grob fahrlässige Verletzung oder vorsätzliche Verletzung der Anzeigeobliegenheit keinen Einfluss auf die Feststellung oder den Umfang der dem VR obliegenden Leistung hatte, trifft den VN. Er kann diesen negativen Beweis in der Weise
144 145
146 147 148
LG Karlsruhe 30.4.1964 VersR 1964 862, 863 f. Vgl. BGH 19.10.2005 VersR 2006 57, 58 f. = NJW 2006 298, 299; OLG Stuttgart 19.6.2006 VersR 2007 391; OLG Köln 16.4.2002 VersR 2002 1419; a.A. OLG Düsseldorf 4.8.1992 VersR 1993 425. AKB 2008 E.2.2. Vgl. BGH 3.10.1979 VersR 1979 1117, 1118. OLG Köln 21.04.1998 RuS 1998 458.
149 150
151 152
Vgl. OLG Hamm 1.7.1994 VersR 1995 1476. Vgl. BGH 16.5.2007 VersR 2007 979; BGH 03.11.1966 VersR 1967 56, 59; Prölss/ Martin/Lücke § 104 Rn. 27; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 104 Rn. 30. Vgl. Nr. 26.2 S. 3 AHB 2012. Vgl. auch Hans. OLG Hamburg 23.6.1998 NVersZ 2000 192, 193.
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235
§ 105
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
führen, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der VR über Art und Maß der Kausalität aufstellt, die der VN dann ebenfalls zu widerlegen hat. Der VR muss dazu die konkrete Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses aufzeigen, indem er z.B. vorträgt, welche Maßnahmen er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit getroffen und welchen Erfolg er sich davon versprochen hätte.153
§ 105 Anerkenntnis des Versicherungsnehmers Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn ohne seine Einwilligung der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder dessen Anspruch anerkennt, ist unwirksam. Schrifttum Armbrüster Prozessuale Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung, RuS 2010 441; Baumann Die Überwindung des Trennungsprinzips durch das Verbot des Abtretungsverbots in der Haftpflichtversicherung, VersR 2010 984; Dobmaier Obliegenheiten im Haftpflichtversicherungsfall, AnwBl. 2000 745; R. Johannsen Die Haftpflichtversicherung des Architekten, ZVersWiss 83 (1994) 449; R. Koch Der Direktanspruch in der Haftpflichtversicherung, RuS 2009 133; ders. VVGReform: Zu den Folgen der Untersagung des Anerkenntnis- und Abtretungsverbots in der Haftpflichtversicherung, FS Gerrit Winter 2007 345; ders. Schiedsgerichtsvereinbarungen und Haftpflichtversicherungsschutz SchiedsVZ 2007 281; Kramer Das Beurteilungsermessen des Betriebshaftungpflichtversicherers und die geschäftsschädigende Festlegung auf Abwehrschutz RuS 2008 1; Lange Das Zusammenspiel von Anerkenntnis und Abtretung in der Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, RuS 2007 401; ders. Das Anerkenntnisverbot vor und nach der VVG-Reform, VersR 2006 1313; Langheid Nach der Reform: Neue Entwicklungen in der Haftpflichtversicherung, VersR 2009 1043; ders. Tücken in den §§ 100 ff. VVG-RegE, VersR 2007 865; Münzel Pflichtverletzung gegenüber dem Insolvenzgläubiger durch Feststellung seiner Haftpflichtforderung?, NZI 2007 441; Schaible Zur Frage des versicherungsrechtlichen Anerkenntnisverbots, VersR 1977 662; Schimmer Die D&O-Versicherung und §§ 105 und 108 Abs. 2 VVG 2008 – kann die Versicherungsnehmerin geschädigte Dritte sein?, VersR 2008 875; Schirmer Die Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, ZVersWiss Supplement 2006 427; Thalmair Die Haftpflichtversicherung nach der VVG Reform, ZVersWiss Supplement 2006 459; Thomas/Dreher Die D&O-Versicherung nach der VVG-Novelle 2008, ZGR 2009 31; Voit Abschied vom Befriedigungsverbot in der Haftpflichtversicherung?, VersR 1995 993.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B.
153
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Befriedigung des Dritten oder Anerkenntnis seines Anspruchs durch den VN . . .
1 1 4 12
Rn. I. II. III. IV. C.
13
BGH 4.4.2001 RuS 2001 361 f.; BGH 04.05.1964 BGHZ 41 327, 336 f.; OLG Düsseldorf 11.04.2000 RuS 2001 16, 19.
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Begriff des Anerkenntnisses Befriedigung . . . . . . . . Einwilligung des VR . . . . Person des Dritten . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . .
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14 18 20 21 22
Anerkenntnis des Versicherungsnehmers
§ 105
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 105 ist an die Stelle von § 154 Abs. 2 a.F. getreten. Nach § 154 Abs. 2 a.F. ist eine 1 Vereinbarung, nach welcher der VR von der Verpflichtung zur Leistung frei sein soll, wenn ohne seine Einwilligung der VN den Dritten befriedigt oder dessen Anspruch anerkennt, unwirksam, „falls nach den Umständen der VN die Befriedigung oder die Anerkennung nicht ohne offenbare Unbilligkeit verweigern konnte“. Mit dieser Vorschrift trug der historische Gesetzgeber der Vertragspraxis Rechnung, die dem VN die Obliegenheit „auferlegte“, den gegnerischen Haftpflichtanspruch nicht ohne Einwilligung des VR anzuerkennen oder zu befriedigen (vgl. auch § 5 Ziff. 5 AHB 2002).1 Der Zweck dieser Obliegenheit bestand darin, eine Verständigung zwischen dem Geschädigten und dem VN auf Kosten des VR zu verhindern.2 Es bestand die Befürchtung, dass der VN vorschnell handeln könnte, um einer lästigen Auseinandersetzung, der Zuziehung der Polizei oder einer Strafanzeige zu entgehen oder um gute Beziehungen zu dem Dritten nicht zu stören.3 Zudem könne der Dritte im Prozess in die Rolle des Zeugen geraten und versucht sein, wahrheitswidrig zugunsten des VN auszusagen.4 Zugleich sollte die Regulierungsmacht des VR,5 insbesondere das Wahlrecht des VR zwischen Anspruchsabwehr oder Befriedigung abgesichert werden.6 Der historische Gesetzgeber sah darin ein berechtigtes Anliegen des VR, hielt es jedoch für erforderlich, für gewisse Fälle aus Billigkeitsgründen ein Ausnahmerecht des VN zu schaffen.7 Die Rechtsprechung trug dem Erfordernis der „offenbaren Unbilligkeit“ in der Weise 2 Rechnung, dass sie es für die Unwirksamkeit des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbotes nicht ausreichen ließ, dass der Haftpflichtanspruch offenbar begründet war.8 Die Situation musste vielmehr derart gestaltet sein, dass die Nichtanerkennung des Haftpflichtanspruchs für jeden anständigen Menschen auf den ersten Blick einen Verstoß gegen die guten Sitten bedeuten würde.9 Dem VN war es somit im Grundsatz versagt, auch zu Recht bestehende Forderungen anzuerkennen und zu befriedigen.
1
2 3 4 5
6
7
Vgl. Schirmer ZVersWiss Supplement Jahrestagung 2006 427, 431: „Das vereinbarte Anerkenntnis und Befriedigungsverbot […] zählt zu den Urgesteinen der Haftpflichtversicherung“. Motive 209. Vgl. Voit VersR 1995 993, 997. Vgl. Voit VersR 1995 993, 997. Schirmer ZVersWiss Supplement Jahrestagung 2006 427, 431; Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 20. Vgl. OLG Hamm 13.4.2005 VersR 2006 829, 829; OLG Saarbrücken 21.01.2004 VersR 2004 901, 903; OLG Karlsruhe 4.3.1982 VersR 1983 649, 650; Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 20; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 91; Späte § 5 Rn. 46. Vgl. Schirmer ZVersWiss Supplement Jahres-
8
9
tagung 2006 427, 431: „Das vereinbarte Anerkenntnis und Befriedigungsverbot (…) zählt zu den Urgesteinen der Haftpflichtversicherung“. BGH 9.12.1965 VersR 1966 153, 154 = NJW 1966 657, 658; BGH 1.2.1968 VersR 1968 289, 290; BGH 30.10.1984 VersR 1985 83, 84; OLG Stuttgart 7.12.1977 VersR 1978 361, 361 f.; OLG Hamm 3.7.1981 VersR 1982 642, 642; OLG Karlsruhe 4.3.1982 VersR 1983 649, 649. BGH 30.10.1984 VersR 1985 83, 84; BGH 12.3.1969 VersR 1969 405, 405 f.; BGH 1.2.1968 VersR 1968 289, 290; OLG Hamm 13.04.2005 RuS 2005 376, 377; OLG Karlsruhe 4.3.1982 VersR 1983 649; OLG Hamm 3.7.1981 VersR 1982 642, 642; ÖOGH 13.10.1983 VersR 1985 49, 50; ÖOGH 17.3.1977 VersR 1978 165, 166.
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§ 105 3
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
§ 154 Abs. 2 a.F. wurde durch Gesetz vom 7.11.1939 geändert. Die ursprüngliche Fassung lautete noch: „auf eine Vereinbarung … kann sich der VR nicht berufen …“; danach wurde bestimmt, dass eine derartige Vereinbarung unwirksam sei.10 Mit der Änderung sollte § 154 Abs. 2 a.F. , der zuvor als halbzwingend galt, „schlechthin für zwingend“ erklärt werden.11
II. Inhalt und Normzweck 4
Nach § 105 ist nunmehr eine Vereinbarung, nach welcher der VR nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn der VN den geschädigten Dritten ohne seine vorherige Zustimmung befriedigt oder dessen Anspruch anerkennt, generell unwirksam. Die Norm schränkt somit die Gestaltungsfreiheit bei Haftpflichtversicherungsverträgen ein. Der Umstand, dass der VN selbst begründete Forderungen nicht befriedigen durfte, hat den österreichischen Gesetzgeber bereits dazu veranlasst, mit Wirkung ab 1.1.1995 § 154 Abs. 2 VersVG, der bis dahin mit § 154 Abs. 2 a.F. übereinstimmte, dahingehend zu ändern, dass nur noch Anerkenntnis-, nicht aber Befriedigungsverbote wirksam vertraglich vereinbart werden können.12 In der Regierungsvorlage wurde hierzu folgende Begründung gegeben: „In den Haftpflichtversicherungsbedingungen wird zumeist die Obliegenheit des Versicherungsnehmers festgelegt, ohne Zustimmung des Versicherers keine Zahlungen an den Geschädigten zu leisten und keine Anerkenntnisse abzugeben. Solche Vereinbarungen sind problematisch, weil sie den Versicherungsnehmer daran hindern, auch zu Recht bestehende Forderungen zu erfüllen, also vom Versicherungsnehmer unter Umständen ein rechtswidriges Verhalten verlangen. § 154 Abs. 2 … soll durch die vorgesehene Differenzierung zwischen Befriedigung (Zahlung) und Anerkenntnis verschärft werden, nicht zuletzt, um dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit zu nehmen, mit dem – oft vorgeschobenen – Einwand, er könne wegen des bestehenden Versicherungsverhältnisses nicht zahlen, die Befriedigung des gegnerischen Anspruchs hinauszuschieben. Da die bloße Zahlung durch den Versicherungsnehmer dem Versicherer nicht wirklich nachteilig ist (oftmals erleichtert sie sogar die Abwicklung des Versicherungsfalls), soll die mit der Sanktion der Leistungsfreiheit verbundene Vereinbarung ihrer Unzulässigkeit generell unwirksam sein. Selbst die vorbehaltlose Erfüllung der Ansprüche des geschädigten Dritten bedeutet noch kein (konstitutives) Anerkenntnis dieser Ersatzansprüche. Dem Versicherungsnehmer bleibt stets die Möglichkeit der Rückforderung nach § 1431 ABGB. Bezüglich des (konstitutiven) Anerkenntnisses soll es hingegen bei der bisherigen Rechtslage bleiben. Zwar hat der Versicherer in der Haftpflichtversicherung ohnehin nicht mehr als dasjenige zu zahlen, was der Versicherungsnehmer auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen dem Dritten zu ersetzen hat, ein echtes Anerkenntnis der gegnerischen Forderung schafft aber für den Versicherer eine schwierige Beweislage und soll daher weiterhin dem Versicherungsnehmer untersagt werden dürfen (außer bei ,offenbarer Unbilligkeit‘).“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
5
Ohne auf die in Österreich angestellten Überlegungen einzugehen, ist der deutsche Gesetzgeber noch einen Schritt weiter gegangen und hat nicht nur die Vereinbarung von Leistungsfreiheit im Falle der Befriedigung, sondern auch des Anerkenntnisses des Haftpflichtanspruches für unwirksam erklärt. § 105 stellt insoweit klar, dass es dem VN freisteht, (auf eigenes Risiko) den Dritten zu befriedigen, ohne hierdurch den Versicherungsschutz zu verlieren.13 Der Abschied vom Anerkenntnis- und Befriedigungsverbot ist
10 11 12
Motive 639. Motive 639. ÖBGBl. 1994/509 vom 12.7.1994.
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13
Vgl. OLG Stuttgart 21.4.2010 RuS 2010 284 mit Anm. Steinborn jurisPR-VersR 7/2010 Anm. 4.
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Anerkenntnis des Versicherungsnehmers
§ 105
angesichts der Neufassung von § 100 und insbesondere der Untersagung in § 108 Abs. 2, die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Geschädigten formularvertraglich auszuschließen, nur konsequent, da das Abtretungsverbot praktisch mit den gleichen Argumenten gerechtfertigt wurde wie das Anerkenntnis- und Befriedigungsverbot. § 105 ist das Ergebnis einer Interessenneubewertung, bei der – wie die nachstehend 6 wiedergebene Gesetzesbegründung deutlich macht – auch die zuvor genannten Befürchtungen der VR nicht unberücksichtigt geblieben sind:14 „Diese Regelung [§ 154 Abs. 2 a.F.] erscheint auch unter Berücksichtigung der Interessen des Versicherers unangemessen. Der Versicherungsnehmer kann durch Anerkennen oder Befriedigen einen nicht bestehenden Anspruch des Dritten nicht zu Lasten des Versicherers begründen und darüber hinaus auch nicht den Versicherungsfall herbeiführen; anderenfalls hätte der Versicherungsnehmer die Befugnis, zu Gunsten des Dritten den Versicherer zu belasten. Sowohl das Anerkenntnis als auch die Befriedigung müssen ohne Einfluss auf den Befreiungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer bleiben; verspricht der Versicherungsnehmer dem Dritten mehr als diesem zusteht, geht der Mehrbetrag immer zu Lasten des Versicherungsnehmers. Der Versicherer hat ihn nur von dem Anspruch freizustellen, den der Geschädigte ohne das Anerkenntnis gehabt hätte. Nicht gerechtfertigt ist es, dass der Versicherungsnehmer nach geltendem Recht durch Anerkenntnis oder Befriedigung seinen Befreiungsanspruch auch insoweit verliert, als er ohne sein vielleicht voreiliges Verhalten bestanden hätte. Allerdings liegt es nicht im Interesse des Versicherers, wenn ihm die Abwehr von Ansprüchen des Dritten durch Anerkenntnis oder Befriedigung unmöglich gemacht wird; möglicherweise könnte er diesen durch überlegene Rechtskenntnis zu einem (teilweisen) Verzicht auch dann bewegen, wenn die Ansprüche nach den tatsächlichen Umständen bestehen. Insoweit ist der Versicherer aber nicht schutzwürdig, wenn er gegenüber seinem Vertragspartner alle Einwendungen behält; er versagt ihm dann die Befreiung in dem Umfang, in dem der Versicherungsnehmer mit seinem Anerkenntnis über die wirkliche Anspruchlage hinausgegangen ist. Das Verbot von Anerkenntnis und Befriedigung ist auch aus der Sicht des Versicherers nicht sehr effektiv. Der Versicherungsnehmer ist nicht gehindert, bestimmte Tatsachen dem Geschädigten gegenüber persönlich oder in einer Gerichtsverhandlung einzuräumen; nur den Anspruch darf er nicht anerkennen. Selbst beim betrügerischen Zusammenwirken des Versicherungsnehmers mit dem Dritten ist es ein Leichtes, ein Anerkenntnis zu vermeiden und nur die (falschen) Tatsachen gemeinsam vorzutragen, aus denen sich der Anspruch des angeblich geschädigten Dritten gegen den Versicherungsnehmer und deshalb der entsprechende Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer ergeben soll. Deshalb erklärt § 105 VVG-E eine Klausel für unwirksam, nach welcher der Versicherer bei Anerkenntnis des Anspruchs des Geschädigten oder Befriedigung seitens des Versicherungsnehmers leistungsfrei ist.“
Der Gesetzgeber bewertet das Interesse des VR an der Absicherung seiner Regulierungsmacht somit geringer als das Interesse des VN, eine Auseinandersetzung mit dem Geschädigten über Grund und Höhe des Haftpflichanspruches zu vermeiden, indem er dessen Anspruch anerkennt und/oder befriedigt. Der Gesetzgeber sieht den VR dadurch als hinreichend geschützt an, dass das Anerkenntnis oder die Befriedigung des Haftpflichtanspruchs ohne Einwilligung oder Mitwirkung des VR keine Bindungswirkung zu seinen Lasten entfaltet. Infolge Anerkenntnisses und/oder Befriedigung des Haftpflichtanspruches wandelt 7 sich der Freistellungsanspruch in einen Anspruch des VN auf Zahlung an den geschädigten Dritten (im Fall des Anerkenntnisses) oder an sich selbst (im Falle des Anerkenntnisses und/oder der Befriedigung) um (§ 100 Rn. 113). Bestreitet der VR die Haftung des 14
Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 86.
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§ 105
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
VN und/oder die Deckung dem Grunde und/oder der Höhe nach, so sind Haftpflichtanspruch und Deckungsanspruch in einem Verfahren zu klären. Es würde jedoch zu weit gehen, § 105 als Beleg dafür anzusehen, dass das (prozessuale) Trennungsprinzip, das verkürzt besagt, dass Haftpflichtfragen in den Haftpflichtprozess und Deckungsfragen in den Deckungsprozess gehören (Vor §§ 100–112 Rn. 92 ff.), nicht mehr gültig ist. § 105 macht lediglich deutlich, dass das Trennungsprinzip jederzeit um den Preis der Bindungswirkung des Ausgangs des Haftungsprozesses für den Deckungsprozess durchbrochen werden kann. Die vom Gesetzgeber zur Rechtfertigung des Abschieds vom Anerkenntnis- und Befriedigungsverbot gegebene Begründung, der VN habe gegen den VR ohnehin immer nur Anspruch auf die Leistung, zu der er auch ohne Befriedigung oder Anerkenntnis des Haftpflichanspruchs berechtigt gewesen wäre, wird in der Kfz-Haftpflichtversicherung im Übrigen durch § 7 S. 2 KfzPflVV Rechnung getragen. Danach ist der VR „hinsichtlich des Mehrbetrages [leistungsfrei], wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Anspruch ganz oder teilweise unberechtigt anerkennt oder befriedigt […]“. Durch die Begründung des Gesetzgebers wird klargestellt, dass ein rechtsgrundloses 8 Anerkenntnis/eine rechtsgrundlose Befriedigung keine Leistungspflicht des VR zu begründen vermag, weil der VN stets nur Anspruch auf Freistellung/Zahlung in Höhe der tatsächlich bestehenden Haftpflichtschuld hat. Soweit ein Anerkenntnis/eine Befriedigung dazu führt, dass der Geschädigte mehr erhält, als ihm nach der Sach- und Rechtslage zusteht, hat der VN von vornherein keinen Anspruch auf Freistellung/Zahlung in Höhe des Mehrbetrages. Dieser Befund wirft die Frage auf, ob es angesichts der Ausdehnung des Kausalitätsprinzips auf vorsätzliche Obliegenheitsverletzungen der Neuregelung in § 105 eigentlich bedurft hätte.15 Schon nach § 28 Abs. 3 S. 1 scheidet eine Leistungsfreiheit des VR aus, wenn und soweit die Verletzung einer vertraglich begründeten Obliegenheit weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich geworden ist. Es besteht deshalb an sich auch kein Grund, dem VR das Recht zu versagen, dem VN unter Verweis auf die Rechtsfolgen des § 28 die Obliegenheit aufzuerlegen, den Haftpflichtanspruch nicht anzuerkennen und/oder zu befriedigen.16 Bestreitet der VR die Haftung des VN dem Grunde und/oder der Höhe nach, so müsste der VN im Rahmen seiner Deckungsklage den Kausalitätsgegenbeweis führen, d.h. er hätte darzulegen und zu beweisen, dass und in welchem Umfang der Haftpflichtanspruch besteht. Hätte der VN den Haftpflichtanspruch arglistig anerkannt oder arglistig befriedigt, wäre der VR gem. § 28 Abs. 3 S. 2 leistungsfrei, ohne dass es auf die Kausalität ankäme. Eines Rückgriffs auf § 242 BGB bedürfte es nicht.17 Die Ausgestaltung des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots als vertragliche Obliegenheit hätte für den VR freilich die nachteilige Konsequenz, dass er bei grob fahrlässigem Verhalten des VN wegen § 28 Abs. 2 S. 2 teilweise zur Leistung verpflichtet wäre, obgleich keine Haftung des VN bestünde. Der in § 28 Abs. 3 S. 2 niedergelegte, für Obliegenheitsverletzungen verallgemeinerungsfähige Grundsatz der vollständigen Leis-
15
16
Zur Bedeutung der Relevanz-Rechtsprechung für das Anerkenntnis- und Befriedigungsverbot s. Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 43; Schirmer ZVersWiss Supplement 2006 427, 433; Thalmair ZVersWiss Supplement 2006 459, 461. A.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 105 Rn. 4.
240
17
A.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 105 Rn. 4; Lange VersR 2006 1313, 1315; vgl. auch BGH 8.7.1991 VersR 1991 1129, 1130 f.; BGH 14.10.1987 VersR 1987 1182, 1183; BGH VersR 1981 1158, 1159; OLG Hamm 2.11.1990 VersR 1991 652, 653.
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Anerkenntnis des Versicherungsnehmers
§ 105
tungsfreiheit des VR bei einer arglistigen Obliegenheitsverletzung rechtfertigt in jedem Fall die Aufnahme einer Vertragsbestimmung, die Leistungsfreiheit für den Fall eines arglistig abgegebenen Anerkenntnisses oder einer arglistig erfolgten Befriedigung des Haftpflichtanspruchs vorsieht (Rn. 23). Bei der Neuregelung des § 105 hatte der Gesetzgeber vornehmlich die Interessen von 9 VN und VR im Blick. Die Schutzbedürftigkeit des geschädigten Dritten, der die Rechtsprechung im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 154 Abs. 2 a.F. noch maßgebliche Bedeutung beigemessen hatte, spielte keine erkennbare Rolle bei seinen Überlegungen, § 154 Abs. 2 zu streichen. Dieser Gesichtspunkt ist insoweit von Bedeutung, als Großrisiken i.S.v. § 210 betroffen sind. Für derartige Risiken gelten die Beschränkungen der Vertragsfreiheit nach dem VVG an sich nicht. Etwas anderes gilt dann, wenn die Beschränkungen dazu dienen, Vereinbarungen zulasten des geschädigten Dritten zu verhindern.18 Da § 105 diesem Zweck nicht dient, bleibt es bei der Anwendung des § 210. Abweichungen von § 105 bei der Versicherung von Großrisiken sind jedoch Gegenstand der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, da solche Risiken nur von den Beschränkungen des VVG befreit sind (Rn. 22). Die Neuregelung des § 105 ist zu begrüßen. Hierdurch wird ein Wertungswider- 10 spruch beseitigt, der darin bestand, dass einerseits der VR auch vor der Reform des VVG nach § 149 a.F. grundsätzlich verpflichtet war, berechtigte Haftpflichtansprüche zu befriedigen, andererseits der VN berechtigte Ansprüche aber nur befriedigen durfte, wenn die Verweigerung sofortiger Zahlung und Verweisung auf die Schadensregulierung durch den VR für jeden „anständigen“ Menschen auf den ersten Blick einen Verstoß gegen die guten Sitten bedeutete.19 Zudem bedarf es nicht mehr der Abgrenzung zwischen rechtsgeschäftlichem Anerkenntnis und (wahrheitsgemäßen) Äußerungen des VN zum Tatgeschehen.20 Schließlich soll der VN keine Nachteile dadurch erleiden, dass er haftpflichtversichert ist. Solche Nachteile drohen indes, wenn der VN daran gehindert wird, zu Recht bestehende Forderungen anzuerkennen und zu befriedigen und dadurch seine Haftpflichtschuld größer wird. Die in der Literatur geäußerte Befürchtung, der VN könne geneigt sein, „vorschnell oder in Rechtsunkenntnis“ ein Anerkenntnis abzugeben,21 dürfte unbegründet sein. Erstens wird ein VN kaum eine Neigung dazu verspüren, hinsichtlich der Befriedigung des Haftpflichtanspruchs in Vorleistung zu treten. Zweitens ist nicht ersichtlich, warum gerade der Wegfall des Anerkenntnisverbots den VN dazu bewegen sollte, den Haftpflichtanspruch vorschnell oder in Rechtsunkenntnis (der Haftungslage) anzuerkennen. Schließlich bleibt der VN an sein Anerkenntnis auch dann gebunden, wenn es ohne Rechtsgrund erfolgte.22 Soweit in der Literatur die Neuregelung sogar als eine „erhebliche Verschlechterung“ 11 für den VN angesehen wird, weil dieser nach früherer Rechtslage im Falle der Ablehnung des Versicherungsschutzes durch den VR nicht mehr obliegenheitsgebunden gewesen sei, nunmehr dagegen Deckungsklage erheben müsse,23 sei dahingestellt, ob diese Bewertung in der Allgemeinheit zutrifft. Zwar hat die Rechtsprechung, die unberechtigte
18 19 20
Vgl. Prölss/Martin/Klimke § 210 Rn. 8. BGH 30.10.1984 VersR 1985 83, 84; BGH 12.3.1969 VersR 1969 405, 406. Zur Erforderlichkeit der Abgrenzung s. Schirmer ZVersWiss Supplement Jahrestagung 2006 426, 432 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 21; Prölss/Martin/ Voit/Knappmann 27 § 154 Rn. 11.
21
22 23
Thalmair ZVersWiss Supplement Jahrestagung 2006 462; vgl. auch Lange RuS 2007 401, 402. Prölss/Martin/Lücke § 105 Rn. 6. Prölss/Martin/Lücke § 105 Rn. 6.
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§ 105
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Deckungsverweigerung als Verzicht auf die Einhaltung des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots angesehen;24 sie hat dem VN die Inanspruchnahme des VR jedoch insoweit versagt als, wenn dieser bei Anerkenntnis oder Befriedigung leichtfertig handelte.25 Selbst wenn man sich dieser Einschätzung anschlösse, wäre die „erhebliche Verschlechterung“ sachlich gerechtfertigt. Warum soll das vertragswidrige Verhalten des VR dem VN das Recht geben, sich seinerseits vertragswidrig zu verhalten, indem er einen nach materiellem Recht nicht bestehenden Haftpflichtanspruch anerkennt und/oder befriedigt? Der VN ist in einem solchen Fall nicht schutzwürdig, eine Bindungswirkung zulasten des VR ist deshalb ungerechtfertigt.
III. Anwendungsbereich 12
Gem. § 209 kommt § 105 in der Seeversicherung nicht zur Anwendung. In der KfzHaftpflichtversicherung ist § 7 S. 2 KfzPflVV – soweit er sich auf das Anerkenntnis und die Befriedigung des Haftpflichtanspruchs bezieht – nicht mehr anwendbar, weil das unberechtigte Anerkenntnis und/oder die unberechtigte Befriedigung des Anspruchs nach der Neukonzeption – wie oben bereits angemerkt – von vornherein keine Leistungspflicht des VR zu begründen vermag. Wenn aber von vornherein kein Versicherungsanspruch besteht, stellt sich die Frage der Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung nicht.26
B. Befriedigung des Dritten oder Anerkenntnis seines Anspruchs durch den VN 13
Zur Feststellung der Reichweite des Verbots bedarf es der Bestimmung der Begriffe „anerkennen“ und „befriedigen“. Hierzu kann auf die Auslegung von § 154 Abs. 2 a.F. zurückgegriffen werden.
I. Begriff des Anerkenntnisses 14
Maßgebend für den Begriff des Anerkenntnisses ist aus versicherungsrechtlicher Sicht, ob von dem Dritten gegenüber dem VN unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, dass ihm aus dem Tatgeschehen gegen den VN ein Anspruch zusteht. Unter den Begriff des Anerkenntnisses fallen somit sowohl konstitutive (§ 781 BGB) als auch deklaratorische sowie prozessuale (§ 307 ZPO) Anerkenntniserklärungen.27 Während das konstitutive Schuldanerkenntnis einen eigenen, neben die bereits bestehende Haftpflichtschuld tretenden Schuldgrund begründet, beschränkt sich das deklaratorische Schuld-
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25
Vgl. OLG Celle 1.3.2001 VersR 2002 602; OLG Hamm 29.9.1993 VersR 1994 925 öOGH 27.4.1994 VersR 1994 1211; öOGH 7.6.1990 VersR 1991 570. Vgl. BGH 15.12.1976 VersR 1977 174, 175; OLG Frankfurt/M. 7.2.2012 VersR 2013 617, 619 m. Anm. R. Koch VersR 2013 620, 623 (Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH
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26
27
5.12.2012 IV ZR 56/12 – unveröffentlicht – zurückgewiesen). Vgl. Prölss/Martin/Knappmann § 7 KfzPflVV Rn. 3; Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen § 7 S. 2 KfzPflVV Rn. 4. RG 26.7.1935 JRPV 1935 262, 264; ÖOGH 11.4.1973 VersR 1974 405, 406.
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Anerkenntnis des Versicherungsnehmers
§ 105
anerkenntnis darauf, die bereits bestehende Schuld zu bestätigen. Darüber hinaus hat es einen Ausschluss aller Einwendungen zur Folge, die zum Zeitpunkt der Abgabe bestanden und die der Erklärende kannte oder mit denen er zumindest rechnen musste.28 Dadurch wird das Schuldverhältnis insgesamt oder zumindest in bestimmten Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entzogen und (insoweit) endgültig festgelegt.29 Nicht unter den Begriff des Anerkenntnisses i.S.v. § 105 fällt ein „tatsächliches“ An- 15 erkenntnis, das keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners verkörpert, sondern vom Schuldner zu dem Zweck abgegeben wird, dem Gläubiger seine Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen und ihn dadurch etwa von sofortigen Maßnahmen abzuhalten oder ihm den Beweis zu erleichtern.30 Es handelt sich nach Ansicht des BGH um „als Zeugnis des Anerkennenden gegen sich selbst“ zu wertende Bestätigungserklärungen, die im Prozess eine Umkehr der Beweislast bewirken und ein Indiz darstellen, das das Gericht bei seiner Beweiswürdigung verwerten kann.31 Erklärungen, die sich nur auf Tatsachen beziehen (z.B. schriftliche Erklärung des Fahrers an der Unfallstelle), stellen deshalb kein Anerkenntnis dar,32 weil ihnen in der Regel der rechtsgeschäftliche Verpflichtungsgrund fehlt.33 Gleichwohl wäre eine Vereinbarung, der zufolge der VN nicht berechtigt ist, ohne Einwilligung des VR dem Dritten gegenüber Tatsachen zuzugestehen, unwirksam, und zwar nach § 134 BGB (Individualvereinbarung) und § 307 Abs. 1 S. 1 BGB (Formularvertrag).34 Die Tragweite eines vom VN abgegebenen Anerkenntnisses ist im Rahmen der Aus- 16 legung der im konkreten Einzelfall abgegebenen Willenserklärungen zu ermitteln.35 Eine generelle Vermutung dafür, dass die Parteien einen bestätigenden (deklaratorischen) Schuldanerkenntnisvertrag abschließen wollten, gibt es nicht. Die Annahme eines solchen Vertrages ist nur dann gerechtfertigt, wenn zuvor zwischen den Parteien Streit oder zumindest eine (subjektive) Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtlich erhebliche Punkte geherrscht hat.36 Als deklaratorisches Anerkenntnis ist auch ein Vergleich zu bewerten, in dem sich der VN verpflichtet, eine dem Grunde und der Höhe nach bestrittene Forderung zu bezahlen.37 Macht der VR eine Regulierungszusage gegenüber dem Geschädigten, ist diese dahingehend zu verstehen, dass der VR seinem VN gegenüber deckungspflichtig sei und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkenne.38 Allerdings setzt auch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis einen wirksamen Anerkenntnisvertrag zwischen dem VN und den Geschädigten voraus. Daran
28 29
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Palandt/Sprau § 781 Rn. 4. BGH 10.1.1984 VersR 1984 383, 384; BGH 14.7.1981 VersR 1981 1158 ff., jeweils m.w.N. BGH 11.11.2008 NJW 2009 580, 581 m.w.N. BGH 11.11.2008 NJW 2009 580, 581 m.w.N. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 9. Vgl. BGH 14.7.1981 VersR 1981 1158, 1160; BGH 10.1.1984 VersR 1984 383, 384; BGH 15.12.1976 VersR 1977 174 f.; OLG Hamm 31.1.1975 VersR 1976 139, 141; OLG Düsseldorf 24.11.1964 VersR 1965 432, 433; vgl. auch OLG Düsseldorf 18.1.1990 VersR 1992 206; OLG München 24.3.1964 VersR 1964
34 35 36 37
38
501; OLG Düsseldorf 23.2.1988 NJW-RR 1989 346, 347. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 105 Rn. 6. Vgl. BGH 24.3.1976 BGHZ 66 259 f. = VersR 1977 471, 472. BGH 10.1.1984 VersR 1984 383, 384 = NJW 1984 799 m.w.N. BGH 10.1.1984 VersR 1984 383, 384, wo die Ähnlichkeit zwischen dem deklaratorischen Anerkenntnis und dem Vergleich hervorgehoben wird; Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 25. BGH 19.11.2008 VersR 2009 106, 107; vgl. auch OLG Celle 9.4.2013 BeckRS 2013 10194 und KG 11.2.2010 12 U 92/09 (zitiert nach juris).
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
fehlt es, wenn der Geschädigte sich mit der Zahlung nicht einverstanden erklärt.39 Die Erteilung eines Reparaturauftrags für eine beschädigte Sache und die Bezahlung der Rechnung stellt nach Ansicht des OLG Hamm ein Anerkenntnis dar.40 In der Insolvenz des VN steht einem Anerkenntnis gleich die Anerkennung der Haft17 pflichtforderung durch den Insolvenzverwalter, dessen Verhalten sich der VN zurechnen lassen muss,41 sowie das Unterlassen oder die Rücknahme des Widerspruchs einer Feststellung zur Insolvenztabelle durch den VN.42 Kein Anerkenntnis liegt vor, wenn der VN eine Erledigungserklärung im Haftpflichtprozess abgibt, weil einer solchen Erklärung keine materiell-rechtliche Wirkung zukommt.43
II. Befriedigung 18
Unter den Begriff der Befriedigung fällt jede Leistung, die den Haftpflichtanspruch des Dritten ganz oder teilweise erfüllt (§ 362 BGB). Hauptfall ist die Zahlung an den Dritten. Fraglich ist, ob die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den geschädigten Dritten erfüllungshalber als Erfüllungssurrogat (§ 364 Abs. 2 BGB) unter den Begriff der Befriedigung fällt. Dagegen spricht, dass § 108 Abs. 2 eine Sonderregelung bezüglich der Abtretung des Freistellungsanspruchs enthält. Würde man die Abtretung erfüllungshalber als Befriedigung qualifizieren, hätte dies zur Folge, dass nicht nur formularvertraglich, sondern auch individualvertraglich vereinbarte Abtretungsverbote unwirksam wären. Dagegen spricht zudem, dass die ursprüngliche Schuld durch die zahlungshalber erbrachte Leistung erst erfüllt ist, wenn der Gläubiger aus dieser Leistung Befriedigung erlangt.44 Endgültige Befriedigung infolge Abtretung des Freistellungsanspruchs tritt aber erst dann ein, wenn die Voraussetzungen des § 106 vorliegen. Den Tatbestand der Befriedigung erfüllt die Aufrechnung durch den VN, nicht da19 gegen die Hilfsaufrechnung. Soweit der VN sein Einverständnis mit einer Aufrechnung des Geschädigten erteilt, die von diesem gegenüber einer unstreitigen Forderung des VN erklärt wird, liegt ebenfalls eine Befriedigung vor (§ 100 Rn. 113).45 Als Befriedigung ist auch die Inauftraggabe der Reparatur der beschädigten Sache des Dritten auf eigene Rechnung des VN zu sehen.46
III. Einwilligung des VR 20
Aus § 105 folgt, dass dem VN die Befriedigung oder das Anerkenntnis des Anspruchs des Dritten auch ohne die Einwilligung des VR gestattet ist.47 Die Einwilligung des VR (vgl. § 183 BGB) ist nur insoweit von Bedeutung, als hierdurch eine Bindungswirkung mit den sich aus § 106 ergebenden Rechtsfolgen erzeugt wird. Der VR kann nicht mehr
39 40 41 42
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OLG Celle 9.4.2013 BeckRS 2013 10194. OLG Hamm 13.4.2005 VersR 2006 829. KG Berlin 18.3.2005 RuS 2005 502, 503; OLG Köln 20.12.2005 VersR 2006 1207 f. OLG Köln 28.10.2005 RuS 2006 238; OLG Celle 1.3.2001 VersR 2002 602 f.; LG Wuppertal 27.10.1961 VersR 1962 629, 630. OLG Saarbrücken 21.1.2004 VersR 2004 901, 904 unter Hinweis auf BGH 21.1.1999
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44 45 46 47
NJW 1999 1337 f.; BGH 28.5.1991 NJW 1991 2280, 2281. BGH 30.10.1985 NJW 1986 424, 425. OLG Stuttgart 21.4.2010 RuS 2010 284. OLG Hamm 13.4.2005 VersR 2006 829. Langheid/Wandt/Littbarski § 105 Rn. 54; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 105 Rn. 4 f.
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Anerkenntnis des Versicherungsnehmers
§ 105
geltend machen, dass der Haftpflichtanspruch nicht oder nicht in Höhe des anerkannten oder befriedigten Teils bestanden hat (§ 106 Rn. 29, 37). Zudem wird der Anspruch auf Freistellung und/oder Zahlung sofort fällig (§ 106 Rn. 34, 38). Darüber hinaus kann die Einwilligung als deklaratorisches Anerkenntnis zu qualifizieren sein mit der Folge, dass der VR sich nicht mehr auf Risikoausschlüsse (vgl. § 103 Rn. 86) oder Obliegenheitsverletzungen des VN berufen kann. Vorstehendes gilt entsprechend, wenn der VR nachträglich zustimmt (vgl. § 184 Abs. 1 BGB).
IV. Person des Dritten 21
Vgl. die Kommentierung zu § 100 Rn. 137.
C. Abdingbarkeit Die Vorschrift ist unabdingbar, obwohl sie in § 112 nicht genannt ist. Die Unabding- 22 barkeit ist vielmehr der Vorschrift selbst zu entnehmen.48 Eines Rückgriffs auf die Auslegungsregel des § 134 BGB bedarf es nicht. Bei Großrisiken greift § 105 zwar nicht ein49 – eine teleologische Reduktion von § 210 Abs. 1 ist nicht geboten, da § 105 nicht dem Schutz des Dritten dient (Rn. 9) –, jedoch scheitert die formularmäßige Abbedingung an § 307 Abs. 2 Nr. 1. Selbst wenn man § 105 keine Leitbildfunktion zuweisen wollte, würde eine Abbedingung jedenfalls an § 307 Abs. 1 S. 1 BGB scheitern. Da der VR durch ein Anerkenntnis nur insoweit verpflichtet wird, als der Haftpflichtanspruch tatsächlich bestand, hat er kein berechtigtes Interesse an einem Anerkenntnisverbot. Zu beachten ist, dass die Freiheit des VN, den Haftpflichtanspruch anzuerkennen 23 oder zu befriedigen, nicht durch versicherungsvertragliche Sanktionen eingeschränkt werden darf. Der VR kann sich deshalb nicht auf den Ausschluss gem. Ziff. 7.3 AHB 2012 berufen, wenn die Verjährungsfrist gem. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB infolge des Anerkenntnisses neu beginnt.50 Ebenso wenig kann er die Einrede der (teilweisen) Leistungsfreiheit wegen Verletzung der in Ziff. 25.2 S. 1 AHB 2012 statuierten Obliegenheit zur Schadensabwehr und -minderung geltend machen.51 Ein Anerkenntnis führt deshalb im Ergebnis nur dann gem. Ziff. 26.2 AHB 2012 zur (teilweisen) Leistungsfreiheit, wenn VN und Geschädigter zum Nachteil des VR kollusiv zusammenwirken, um unbegründete Haftpflichtansprüche zu verfolgen. Darin liegt sowohl ein Verstoß gegen das Gebot der Schadensminderung gem. Ziff. 25.2 S. 1 AHB 2012 als auch eine Verletzung der Obliegenheit nach Ziff. 25.2 S. 3 AHB 2012 zur Erstattung wahrer Schadensberichte.52 Zulässig ist eine Vereinbarung, dass bei arglistigem Anerkenntnis oder arglistiger Befriedigung des Haftpflichtanspruchs kein Anspruch auf Freistellung besteht.53
48 49
50 51 52
S.a. Begr. BTDrucks. 16/3945 S. 87. Prölss/Martin/Lücke § 105 Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 105 Rn. 5; Rüffer/Halbach/Schimikowski § 105 Rn. 13. R. Koch FS Winter 345, 356 f. R. Koch FS Winter 345, 357. R. Koch FS Winter 345, 359.
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Vgl. auch Prölss/Martin/Lücke § 105 Rn. 30: VR wird nach § 242 BGB leistungsfrei, wenn der VN durch das Anerkenntnis in so grober Weise gegen das Verbot verstößt, dass dadurch das vertragliche Vertrauensverhältnis erschüttert wird.
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§ 106
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
§ 106 Fälligkeit der Versicherungsleistung Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer innerhalb von zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Anspruch des Dritten mit bindender Wirkung für den Versicherer durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist, vom Anspruch des Dritten freizustellen. Ist der Dritte von dem Versicherungsnehmer mit bindender Wirkung für den Versicherer befriedigt worden, hat der Versicherer die Entschädigung innerhalb von zwei Wochen nach der Befriedigung des Dritten an den Versicherungsnehmer zu zahlen. Kosten, die nach § 101 zu ersetzen sind, hat der Versicherer innerhalb von zwei Wochen nach der Mitteilung der Berechnung zu zahlen. Schrifttum Armbrüster Prozessuale Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung, RuS 2010 441; Baumann Die Überwindung des Trennungsprinzips durch das Verbot des Abtretungsverbots in der Haftpflichtversicherung VersR 2010 984; Bomhard Fortbestehen der Deckungspflicht des Versicherers bei Anerkenntnissen des VN in der KFZ-Haftplichtversicherung?, VersR 1961 577; Kempa Das Anerkenntnis in der KFZ-Haftpflichtversicherung, VersR 1969 971; Knütel, Haftpflichtversicherung und selbstständiges Beweisverfahren: Zur Fälligkeit und zum Inhalt des Rechtsschutzanspruchs, VersR 2003 300; R. Koch Der Direktanspruch in der Haftpflichtversicherung, RuS 2009 133; Künnell Die Rechtsnatur des Schuldanerkenntnisses und seine Wirkungen, VersR 1984 706; Lange Der Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer (am Beispiel der D&O-Versicherung), RuS 2011 185; Langheid Nach der Reform: Neue Entwicklungen in der Haftpflichtversicherung, VersR 2009 1043; Lücke Änderungen in der Haftpflichtversicherung, VK 2007 163; v. Rintelen Die Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des abgetretenen Freistellungsanspruchs in der Haftpflichtversicherung, RuS 2010 133; Schlegelmilch Die Bindungswirkung in der Haftpflichtversicherung – Erwiderung auf den Beitrag von Langheid VersR 2009 1043 –, VersR 2009 1467; Schramm/Wolf Abtretung eines Freistellungsanspruchs nach dem neuen Versicherungsvertragsgesetz (VVG), RuS 2009 358; Voit Abschied vom Befriedigungsverbot in der Haftpflichtversicherung?, VersR 1995 993. S. auch Schrifttumsnachweise bei § 108.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Fälligkeit des Freistellungsanspruchs i.e.S. (§ 106 S. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Feststellung des Haftpflichtanspruchs durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtskräftiges Urteil . . . . . . . . . . 2. Anerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bindungswirkung für den VR . . . . . . . 1. Begriff der Bindungswirkung . . . . . . 2. Rechtsgrund der Bindungswirkung . . . 3. Folgerungen für die Anwendung und den Umfang der Bindung . . . . . . . . . . a) Rechtskräftiges Urteil . . . . . . . . aa) Verfahrensherrschaft des VR . . . (1) Kontradiktorisches Urteil . . . . (2) Anerkenntnis-/Versäumnisurteil und Prozessvergleich . . . . . . .
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1 1 2 5 6
6 7 10 11 12 13 14 19 19 19 19 22
Rn. (3) Eintragung der Haftpflichtforderung in die Insolvenztabelle . . . bb) Keine Verfahrensherrschaft des VR (1) Eigenmächtige Verfahrensführung durch den VN . . . . . . . . . . (2) Unberechtigte Deckungsablehnung durch VR . . . . . . . . . . . . b) Prozessvergleich . . . . . . . . . . . c) Außergerichtliche Regulierung durch Anerkenntnis oder Vergleich . . . . . aa) Rechtslage vor der Reform des VVG . . . . . . . . . . . . . bb) Anerkenntnis oder Vergleich durch den VR/mit Zustimmung des VR . . . . . . . . . . . . . . cc) Anerkenntnis oder Vergleich ohne Zustimmung des VR . . . . . . . d) Feststellung der Haftpflichtforderung zur Insolvenztabelle . . . . . . . . . III. Frist zur Freistellung . . . . . . . . . . . C. Fälligkeit des Zahlungsanspruchs (§ 106 S. 2) . . . . . . . . . . . . . . . .
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Fälligkeit der Versicherungsleistung
§ 106
Rn.
Rn.
I. Befriedigung des Haftpflichtanspruchs durch den VN . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . 37 III. Zahlungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . 38
D. Fälligkeit des Rechtsschutzkostenanspruch (§ 106 S. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . 39 E. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . 40 F. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 41
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 106 ist die Nachfolgeregelung zu 154 Abs. 1 a.F. § 106 S. 1 und 2 treten an die 1 Stelle des § 154 Abs. 1 S. 1 a.F., der von der Schaffung des VVG 1908 bis zum Inkrafttreten des VVG 2008 unverändert geblieben war. Der ursprünglichen Fassung lag gedanklich die Vorstellung zugrunde, die auch in § 149 a.F. sprachlich ihren Ausdruck fand, dass der VN den Dritten befriedigt und der VR ihm hierfür Ersatz leistet.1 In der Praxis reguliert der VR den Schaden jedoch unmittelbar gegenüber dem Dritten, was den Gesetzgeber dazu veranlasst hat, § 149 a.F. in § 100 neu zu fassen. Hieran anknüpfend sieht § 106 S. 1 nunmehr vor, dass grundsätzlich der VR und nicht der VN die Entschädigung an den Dritten zu zahlen hat. § 106 S. 2 regelt den Ausnahmefall, dass der VN den Dritten selbst befriedigt. Neu ist die Formulierung „mit bindender Wirkung“. Eine sachliche Änderung gegenüber § 154 Abs. 1 a.F. ist damit jedoch nicht verbunden.2 Nach Langheid entfällt die Bindungswirkung durch die Neufassung von § 106. Diese sei nur durch ein entsprechendes Deckungsanerkenntnis des VR oder durch ein Feststellungsurteil in einem Deckungsprozess gegen den VR zu erzielen.3 Dieser Ansicht ist nicht zu folgen, weil sich die Bindungswirkung nicht aus dem Gesetz, sondern aus der sich aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag ergebenden Verfahrensherrschaft des VR herleitet (Rn. 14 ff.). Soweit der VR also die Herrschaft über den Haftpflichtprozess hat, ist er auch an den Ausgang des Verfahrens gebunden.4 § 106 S. 3 stimmt inhaltlich mit § 154 Abs. 1 S. 2 a.F. überein. § 154 Abs. 2 a.F., der durch Gesetz vom 7.11.1939 5 geändert wurde, ist wegen des Wegfalles des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots nach § 105 gestrichen worden.
II. Inhalt und Normzweck § 106 S. 1 betrifft die Fälligkeit des Versicherungsanspruchs in der Erscheinungsform 2 des in § 100 geregelten Anspruchs auf Freistellung begründeter Ansprüche (Freistellung i.e.S.). Während der einheitliche Versicherungsanspruch auf Prüfung der Haftpflichtfrage, auf Abwehr unbegründeter sowie Freistellung von begründeten Haftpflichtansprüchen (Freistellung i.w.S.) zu dem Zeitpunkt entsteht/fällig wird, in dem ein geschädigter Dritter Haftpflichtansprüche gegen den VN geltend macht (§ 100 Rn. 20 ff.), wird der nur auf Freistellung gerichtete Anspruch des VN erst innerhalb von zwei Wochen von dem
1 2
Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 1. Zu Recht Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 2; Langheid/Wandt/Littbarski § 106 Rn. 27; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 12 ff.; Armbrüster RuS 2010 441, 446; Schlegelmilch VersR 2009 1467.
3
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Römer/Langheid/Langheid § 106 Rn. 2 u. 4, § 100 Rn. 34 f.; Langheid VersR 2009 1043, 1045 f.; vgl. auch Thume VersR 2010 849, 851 f. Harsdorf-Gebhardt RuS 2012 261, 262. RGBl. I S. 2223.
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§ 106
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Zeitpunkt an fällig, zu dem der Haftpflichtanspruch des Dritten mit bindender Wirkung für den VR durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist. § 106 S. 2 bestimmt die Fälligkeit des Zahlungsanspruches des VN für den Fall, dass er den Dritten mit verbindlicher Wirkung für den VR entschädigt. Auch hier gilt eine 2-Wochenfrist. § 106 S. 3 betrifft die Fälligkeit der Kosten der Anspruchsabwehr, deren Erstattung der VN nach § 101 vom VR verlangen kann. Diese Regelung ist auf den Ausnahmefall zugeschnitten, dass der VN hinsichtlich der Kosten für die Prüfung der Haftpflichtfrage sowie der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Anspruchsabwehr in Vorleistung getreten ist.6 Ebenso wie § 154 Abs. 1 a.F. ordnen § 106 S. 1 und 2 die Bindungswirkung des Haft3 pflichtanspruchs nicht an, sondern setzen diese vielmehr voraus. Die Rechtsprechung zur Bindungswirkung von Urteilen, Anerkenntnissen und Vergleichen sowie zur Befriedigung des Dritten bleibt insoweit anwendbar (Rn. 19 ff.).7 Die 2-Wochenfrist dient nach den Vorstellungen des Reformgesetzgebers dazu, dem VR die Möglichkeit zu geben, „die Berechtigung des von Dritten geltend gemachten Anspruchs zu prüfen; dies ist vor allem auch wegen des Wegfalles des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots nach §105 VVG-E notwendig“.8 Der historische Gesetzgeber hatte die 2-Wochenfrist auch im Hinblick auf die Bereitstellung der Zahlungsmittel als erforderlich angesehen.9 Dieser Beweggrund spielt heute jedoch keine Rolle mehr.10 Die Begründung des Reformgesetzgebers ergibt Sinn, soweit es um das eigenmächtige, ohne Zustimmung des VR abgegebene Anerkenntnis, um den ohne Zustimmung des VR geschlossenen Vergleich oder die vorweggenommene Befriedigung des Haftpflichtanspruchs geht. Hat der VR den Haftpflichtprozess für den VN geführt, kann ebenfalls ein Bedürfnis 4 zur Prüfung dahingehend bestehen, welche Folgen insbesondere die mit einer solchen Verfahrensbeendigung verbundenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen für den Versicherungsschutz haben. Zu denken ist hierbei an die Fälle, in denen der VR dem VN Abwehrschutz nur unter Vorbehalt gewährt, z.B. weil der vom Dritten geltend gemachte Anspruch möglicherweise nicht in den Bereich des versicherten Risikos fällt oder der vom Dritten behauptete Sachverhalt einen Risikoausschluss erfüllt. Insoweit ist dem VR auch Zeit zur Prüfung einzuräumen, inwieweit Feststellungen des Gerichts im Haftungsprozess überhaupt Bindungswirkung für den Deckungsprozess zukommt, also eine sog. „Voraussetzungsidentität“ besteht (Rn. 19). Bei mehreren Geschädigten (§ 109) und/oder bei Rentenzahlungen (§ 107) kann im Hinblick auf eine mögliche Erschöpfung der Versicherungssumme ebenfalls Prüfungsbedarf bestehen. Keiner Frist zur Prüfung der Haftpflichtfrage bedarf es dagegen für den Fall, dass der VR dem Anerkenntnis oder der Befriedigung des Haftpflichtanspruches durch den VN zugestimmt hat.11 Insoweit ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereiches geboten.12 Der auf eine Geldleis-
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8
Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 9. Vgl. auch Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 58; Langheid/Wandt/Littbarski § 106 Rn. 24 ff.; Harsdorf-Gebhardt RuS 2012 261, 262; zur Bindungswirkung von Anerkenntnis und Vergleich unter Geltung des § 154 a.F. vgl. Prölss/ Martin/Voit/Knappmann 27 § 154 Rn. 22; Römer/Langheid/Langheid 2 § 154 Rn. 17 f. BTDrucks. 16/3945 S. 86; Hervorhebung durch den Verfasser.
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9 10 11
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Motive 209. A.A. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 124. Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 13; v. Rintelen RuS 2010 133, 137; zur Diskussion um die Einräumung einer 2-wöchigen Regulierungsfrist unter Geltung des § 154 Abs. 1 a.F. Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 4; Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 154 Rn. 3. A.A. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 124; Langheid/Wandt/Littbarski § 106 Rn. 28.
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Fälligkeit der Versicherungsleistung
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tung gerichtete Anspruch aus § 106 S. 2 wird sofort nach § 14 Abs. 1 fällig (Rn. 38). Gleiches gilt mit Blick auf den zuvor geschilderten Normzweck in den Fällen, in denen über die Haftpflicht des (als Vorfrage) und die Deckung ein und demselben Verfahren gegen den VR entschieden wird (Rn. 34).13
III. Anwendungsbereich § 106 ist Sonderregelung zu § 14 Abs. 1, der nur auf Geldleistungen Anwendung 5 findet. Mit § 106 will der Gesetzgeber der Rechtsnatur des Versicherungsanspruchs und den Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung Rechnung tragen. Keine Anwendung findet § 106 in der obligatorischen Haftpflichtversicherung, soweit der Dritte einen Direktanspruch gegen den VR geltend macht (§ 115 Abs. 1 S. 1), und in der Seeversicherung (§ 209).
B. Fälligkeit des Freistellungsanspruchs i.e.S. (§ 106 S. 1) I. Feststellung des Haftpflichtanspruchs durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich Voraussetzung für die Fälligkeit des Freistellungsanspruchs i.e.S. gegen den VR ist 6 zunächst, dass der Haftpflichtanspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist. 1. Rechtskräftiges Urteil Im Zivilprozessrecht wird zwischen der formellen (äußeren) Rechtskraft (§ 705 ZPO) 7 und der materiellen (inneren) Rechtskraft (§ 322 ZPO) unterschieden. Letztere sichert den inhaltlichen Bestand einer formell endgültigen Entscheidung in der Weise, dass eine einmal getroffene Entscheidung über das konkrete Verfahren hinaus für die Verfahrensbeteiligten verbindlich ist. Materiell rechtskräftig werden Entscheidungen erst mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft.14 Formell rechtskräftig ist ein Urteil, wenn es nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden kann (§ 705 ZPO). Im Hinblick darauf, dass materielle und formelle Rechtskraft zeitlich zusammenfallen, ist diese Unterscheidung für die Bestimmung der Fälligkeit des Freistellungsanspruchs i.e.S. ohne Bedeutung. Unter dem Begriff des „rechtskräftigen Urteils“ fallen im Übrigen nicht nur Entscheidungen staatlicher Gerichte, sondern auch im schiedsrichterlichen Verfahren erlassene Schiedssprüche, die nach § 1055 ZPO unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils haben.15 Einem rechtskräftigen Urteil i.S.v. § 106 S. 1 gleich steht die Eintragung der Haftpflichtforderung in die Insolvenztabelle (§§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 2 InsO)(zur Bindungswirkung einer widerspruchslos eingetragenen Haftpflichtforderung s. Rn. 33).16
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A.A. Baumann VersR 2010 984, 987 (bezüglich der Abtretung des Freistellungsanspruchs). MüKo-ZPO/Gottwald § 23 Rn. 24.
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R. Koch SchiedsVZ 2007 281, 285; Prölss/ Martin/Lücke § 106 Rn. 7; Langheid/ Wandt/Littbarski § 106 Rn. 19. OLG Köln 29.1.2008 BeckRS 2008 22056.
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Umstritten ist, ob ein rechtskräftiges Zwischenurteil über den Grund i.S.v. § 304 ZPO die Fälligkeit nach § 106 auslösen kann. Das OLG Celle hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 4.10.1963 ausdrücklich bejaht.17 Der Tatsache, dass in jenem Fall über die Höhe der Entschädigung noch nicht rechtskräftig entschieden war, maß das Gericht keine Bedeutung für die Frage der Fälligkeit nach § 154 a.F. bei.18 Knappmann und Lücke halten zwar grundsätzlich ein Grundurteil nicht für ausreichend, wollen aber eine Ausnahme für den Fall machen, dass die Höhe der Entschädigung unstreitig ist.19 Langheid 20 – und ihm folgend Retter 21 – wenden hiergegen ein, es könne sich im Hinblick darauf, dass es um Entschädigungsersatz ginge, „begrifflich nur um ein Zahlungsurteil handeln“. Dieser Ansicht ist im Grundsatz zuzustimmen. Da nunmehr ein Vergleich nicht mehr deckungsschädlich ist, sondern als Grundlage für die Entschädigungszahlung des VR in Betracht kommt, dürfte dieser Meinungsstreit in der Praxis jedoch nicht mehr von Bedeutung sein, wenn zwischen den Parteien kein Streit über die Höhe der Entschädigung besteht. In der Literatur wird darüber hinaus die Ansicht vertreten, auch ein nur vorläufig 9 vollstreckbares Urteil könne die Fälligkeit auslösen, wenn daraus der Dritte die Vollstreckung betreibe und eine Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung nicht möglich sei.22 Retter hat sich insoweit für eine analoge Anwendung von § 106 S. 1 ausgesprochen.23 Einer Analogie tritt Littbarski unter Hinweis auf den „eindeutigen Gesetzeswortlaut“ und wegen fehlender Regelungslücke entgegen. Die Problematik sei dem Gesetzgeber bekannt gewesen.24 In der Tat ist fraglich, ob die Voraussetzungen für eine Analogie vorliegen. Zunächst einmal ist der Hinweis geboten, dass der VR gem. § 101 Abs. 3 S. 1 zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist, wenn dem VN nachgelassen ist, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Die Frage der Anwendbarkeit des § 106 S. 1 stellt sich somit nur in den Fällen, in denen der Dritte ohne Sicherheitsleistung zur Zwangsvollstreckung berechtigt ist (z.B. bei einem Versäumnisurteil, § 708 Nr. 2 ZPO). Im Übrigen darf man nicht unberücksichtigt lassen, dass der VN nunmehr berechtigt ist, den Haftpflichtanspruch anzuerkennen und/oder zu befriedigen. Auf diese Weise kann er – unter der Voraussetzung, dass dem Anerkenntnis oder der Befriedigung Bindungswirkung zukommt – die Fälligkeit nach § 106 S. 1 und 2 auslösen. Zwar stellt die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des VN aus einem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil materiellrechtlich keine Befriedigung i.S.v. § 362 BGB dar.25 Dem VN bleibt es jedoch unbenommen, etwas anderes zu bestimmen und hierdurch eine Deckungslücke zu vermeiden.26 Insoweit bedarf er keines besonderen Schutzes.
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OLG Celle 4.10.1963 NJW 1964 598, 599. OLG Celle 4.10.1963 NJW 1964 598, 599; so auch, ohne die versicherungsrechtliche Bindung zu problematisieren: BGH 30.10.1970 VersR 1970 1097 f. BGH 21.3.1963 VersR 1963 516 (beide Urteile zur Bindungswirkung betreffen die Feststellung der Haftung dem Grunde nach). Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 154 Rn. 2; Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 3. Römer/Langheid/Langheid § 106 Rn. 6. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 3; ebenso Langheid/Wandt/Littbarski § 106 Rn. 15.
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Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 4; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 4; Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 11; a.A. Langheid/Wandt/Littbarski § 106 Rn. 17. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 4. Langheid/Wandt/Littbarski § 106 Rn. 17. MüKo-BGB/Wenzel § 362 Rn. 29; Staudinger/Olzen Neubearb. 2006 § 362 Rn. 8. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 34.
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2. Anerkenntnis Der Begriff des Anerkenntnisses i.S.v. § 106 S. 1 entspricht dem des § 105 und umfasst 10 sowohl das konstitutive (§ 781 BGB) als auch das deklaratorische sowie das prozessuale Anerkenntnis i.S.v. § 307 ZPO (zu näheren Einzelheiten vgl. § 105 Rn. 14 ff.). Kein Anerkenntnis i.S.v. § 105 ist das tatsächliche Anerkenntnis. Gleichwohl kann es mittelbar Bindungswirkung entfalten. Dabei ist zwischen inner- und außerprozessualen Tatsachenzugeständnissen zu unterscheiden. In einem Prozess zugestandene Tatsachen entfalten die Wirkung des § 288 ZPO und sind damit – über das rechtskräftige Urteil – für den VR ebenfalls mittelbar bindend.27 Außerprozessualen Tatsachenzugeständnissen (mündliche oder schriftliche Erklärung, z.B. eine Quittung, oder ein Geständnis in einem anderen Rechtsstreit) kommt im Rahmen der Beweiswürdigung dagegen nur indizielle Bedeutung zu.28 Sie stellen lediglich eine Erkenntnisquelle (Hilfstatsache) für die Beweiswürdigung dar, soweit die zugestehende Partei diese nicht ausdrücklich oder schlüssig im Rechtsstreit wiederholt.29 3. Vergleich Der Begriff des Vergleichs i.S.v. § 106 S. 1 bestimmt sich nach § 779 BGB. Der Ver- 11 gleich ist dadurch gekennzeichnet, dass die Beteiligten einen Streit oder eine Ungewissheit durch beiderseitiges Nachgeben ausräumen. Ein Nachgeben liegt vor, wenn die Parteien, um zur Einigung zu gelangen, Zugeständnisse machen. Es genügt, wenn das Nachgeben gering ist, z.B. die Fälligkeit der Forderung, die Zinsen oder Kosten betrifft. Überschneidungen mit einem Anerkenntnis sind möglich, weil nach der Rechtsprechung auch ein Anerkenntnis des Schuldners als Nachgeben zu werten sein kann.30 Im Hinblick auf die Doppelnatur des Prozessvergleichs – als Prozesshandlung führt er zur Prozessbeendigung, als materiell-rechtlicher Vertrag zur Streitbeendigung31 – fällt auch dieser unter den Begriff des Vergleichs i.S.v. § 106 S. 1.32
II. Bindungswirkung für den VR Voraussetzung für die Fälligkeit des Freistellungsanspruchs i.e.S. ist, dass der Haft- 12 pflichtanspruch „mit bindender Wirkung“ für den VR festgestellt worden ist. 1. Begriff der Bindungswirkung Die Bindungswirkung bezieht sich auf den Haftungstatbestand. Die Formulierung 13 „mit bindender Wirkung“ ist dahingehend zu verstehen, dass der VR das rechtskräftige Haftpflichturteil, den zwischen dem VN und dem geschädigten Dritten abgeschlossenen
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Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 29; Langheid Liber Amicorum Winter 367, 373. BGH 19.12.1984 FamRZ 1985 271, 272 f.; BGH 15.3.2004 NJW-RR 2004 1001. BGH 19.5.2005 NJW-RR 2005 1297, 1298; MüKo-ZPO/Prütting § 288 Rn. 38; Musielak/Huber § 288 Rn. 2. Vgl. BGH 10.1.1984 VersR 1984 383, 384,
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wo die Ähnlichkeit zwischen dem deklaratorischen Anerkenntnis und dem Vergleich hervorgehoben wird. Vgl. BGH 14.5.1987 NJW 1988 65; BGH 3.12.1980 BGHZ 79 71, 74 = NJW 1981 823; BVerwG 10.3.2010 NJW 2010 3048. Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 106 Rn. 4; Langheid/Wandt/Langheid § 106 Rn. 35.
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Vergleich sowie ein vom VN abgegebenes Schuldanerkenntnis seiner Entscheidung über den Freistellungsanspruch i.e.S. zugrunde legen muss. Im Gegensatz zur Rechtskraftwirkung erfasst die versicherungsrechtliche Bindungswirkung auch die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen des Haftpflichturteils. Insoweit ist sie weiter als die Rechtskraftwirkung und weist Ähnlichkeiten mit der Interventionswirkung des § 68 ZPO auf. Durch die Bindungswirkung wird verhindert, dass die für die Haftpflicht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht relevanten Fragen nochmals zwischen dem VR und dem VN infrage gestellt werden können.33 2. Rechtsgrund der Bindungswirkung
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Der VR ist nicht Partei des Haftpflichtverhältnisses. Er ist deshalb grundsätzlich auch weder (Prozess-)Partei im Haftpflichtprozess zwischen dem geschädigten Dritten und dem VN noch (Vertrags-)Partei eines Vergleichs oder Schuldbeitretender eines (konstitutiven) Schuldanerkenntnisses, das der VN gegenüber dem Dritten abgegeben hat. Die Bindungswirkung im Verhältnis zwischen VR und VN bedarf deshalb eines besonderen Rechtsgrundes. Vor Inkrafttreten des VVG 1908 entnahm die Rechtsprechung des RG den Grund der Bindung dem Versicherungsvertrag.34 In späteren Entscheidungen wurde die Bindung als „unverrückbare Grundlage“35, „Regel“36 und als „Grundsatz“37 der Haftpflichtversicherung bezeichnet. Der BGH setzte die Rechtsprechung des RG fort, ohne zunächst Grund und Zweck, Reichweite und Umfang der Bindungswirkung zu untersuchen.38 Dies holte er in seiner Entscheidung vom 19.2.195939 nach: „Das rechtskräftige Haftpflichturteil ist maßgebend, doch folgt dies nicht aus der nur inter partes wirkenden Rechtskraft, sondern aus der Natur des Haftpflichtversicherungsanspruchs. Dieser verpflichtet den VR, den VN von seiner rechtskräftig festgestellten Haftpflichtverbindlichkeiten zu befreien.“
Für die Natur des Haftpflichtversicherungsanspruches, aus der die Bindung folgen soll, verwies er auf §§ 149, 154 Abs. 1 und § 156 Abs. 2 a.F. In seinem Urteil vom 15.12.1976 stellt der BGH nur auf § 154 Abs. 1 und § 156 Abs. 2 a.F. ab.40 In der Literatur ist diese Herleitung insbesondere von Peters abgelehnt worden.41 In 15 seiner umfassenden Untersuchung zeigt er auf, dass die Bindungswirkung nur durch (ergänzende) Auslegung des Versicherungsvertrages erreicht werden könne.42 Diese Ansicht ist seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 30.9.199243 ständige Rechtsprechung.44
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Vgl. BGH 8.12.2010 RuS 2011 65, 66; BGH 28.9.2005 RuS 2006 149, 150; BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 278 = RuS 1992 406, 407. Vgl. RG 22.1.1880 RGZ 3 21, 25 f. RG 18.11.1913 VA 1914 Nr. 803. RG 27.4.1926 RGZ 113 286, 290. RG 22.7.1941 RGZ 167 243, 246. Vgl. BGH 22.9.1958 BGHZ 28 137, 139. BGH 19.2.1959 VersR 1959 256, 257. BGH 15.12.1976 VersR 1977 174, 175. Peters 37 ff. Peters 50 f. BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 281 = RuS 1992 406, 407: „Die Bindungswirkung und
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das Trennungsprinzip sind dem im Versicherungsvertrag dem VN gegebenen Leistungsversprechen des Haftpflichtversicherers im Wege der Auslegung zu entnehmen“. Vgl. BGH 28.9.2005 VersR 2006 106, 107 = RuS 2006 149, 150; BGH 20.6.2001 VersR 2001 1103, 1104 = NVersZ 2001 473, 474; OLG Saarbrücken 31.10.2007 BeckRS 2008 06461; KG 24.11.2006 VersR 2008 211, 212; LG Wiesbaden 19.3.2008 BeckRS 2010 24681; LG Dortmund 1.6.2006 NJW-RR 2007 26, 27; zustimmend Hagen NVersZ 2001 341, 343; vgl. auch Gottwald/Adolphsen NZV 1995 129, 130 f.; Fetzer VersR 1999 793, 797; Reiff VersR 1990 117, 120.
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Sowohl die Entscheidung vom 30.9.1992 als auch die daran anknüpfende Rechtsprechung betrifft zwar nur die Bindungswirkung von Haftpflichtfeststellungen, die in einem Haftungsprozess (durch rechtskräftiges Urteil) getroffen wurden. Soweit Haftpflichtversicherungsverträge keine über § 106 hinausgehenden Regelungen zur Bindungswirkung von Anerkenntnissen und Vergleich enthalten, sind auch in solchen Fällen Reichweite und Umfang der Bindungswirkung von Anerkenntnissen und Vergleichen nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmen. Es kommt somit darauf an, „was redliche und verständige Parteien in Kenntnis der 16 Regelungslücke nach dem Vertragszweck und bei sachgemäßer Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten“.45 Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die darin enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung.46 Der Zweck der Haftpflichtversicherung besteht darin, dass der VR den VN von den gegen diesen erhobenen Haftpflichtansprüchen Dritter und deren Folgen auf welche Weise auch immer freihält (Vor §§ 100–112 Rn. 1 ff.). Dabei trifft den VR die Last, die Haftpflichtigkeit des VN zu prüfen. Will der VR den Anspruch bestreiten, so muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist. Er hat notfalls den Haftpflichtprozess gegen den Dritten zu führen, zwar im Namen des VN, aber in eigener Verantwortung, auf eigene Kosten und auf eigenes Risiko. Stets hat er dabei die Interessen des VN so zu wahren, wie dies ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Diese dem VR nach dem Versicherungsvertrag eingeräumte Regulierungsbefugnis und Abwehrzuständigkeit wird abgesichert durch Anzeige-, Aufklärungs-, Rettungs- und Weisungsbefolgungsobliegenheiten (Ziff. 25.1 bis 25.4 AHB 2012) sowie die Obliegenheit, dem VR die Führung des Verfahrens zu überlassen (Ziff. 25.5 AHB 2012). Vor der Reform des VVG diente im Übrigen auch das Anerkenntnis- und Befriedigungsverbot der Sicherung der Verfahrensherrschaft des VR. Aus seiner umfassenden Vertretungsmacht in Verbindung mit einem „Bündel von 17 regulierungsbezogenen Obliegenheiten“ ergibt sich – wie Peters zutreffend folgert – zum einen eine für den VR „akzeptable Richtigkeitsgewähr“ der Haftpflichtregulierung.47 Zum anderen ist die Rollenverteilung, die aus der Begrenzung der Regulierungsbefugnis des VN zugunsten des VR folgt, nur dann beiderseits interessengerecht, wenn die im „Verfahren“ getroffenen Feststellungen zur Haftpflicht für den VR auch im Deckungsverhältnis verbindlich sind.48 Soweit der VR auf die Entscheidungsfindung des Gerichts, die Abgabe eines Anerkenntnisses oder den Abschluss eines Vergleichs Einfluss nehmen kann, widerspräche es daher dem Zweck des Haftpflichtversicherungsvertrages, dem VR zu erlauben, eine Bindung in Abrede zu stellen und dem VN ein doppeltes Prozessrisiko aufzubürden (Fall des venire contra factum proprium, § 242 BGB).49 Fetzer formuliert an anderer Stelle trefflich,
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BGH 24.1.2008 NJW-RR 2008 562, 563; vgl. auch BGH 13.4.2010 NJW 2010 1742, 1743; BGH 11.5.2009 NJW 2009 2443, 2446; BGH 4.3.2004 BGHZ 158 201, 207 = NJW 2004 1590, 1591 f.; BGH 29.4.1982 BGHZ 84 1, 7 = NJW 1982 2184, 2185; BGH 21.9.1994 BGHZ 127 138, 142 = NJW 1994 3287; BGH 11.10.2005 BGHZ 164 286, 292 = NJW 2006 54, 55; jeweils m.w.N. Vgl. allgemein zur ergänzenden Vertragsaus-
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legung BGH 11.5.2009 NJW 2009 2443, 2446. Peters 46 f.; Hagen DNotZ 2000 809, 816; ders. NVersZ 2001 341 f. Peters 45; Hagen DNotZ 2000 809, 816; ders. NVersZ 2001 341 f.; vgl. auch Harsdorf-Gebhardt RuS 2012 261, 262. Vgl. Peters 50 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 189; Reiff VersR 1990 117, 120.
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„[w]enn der Haftpflichtversicherer für den VN die Abwehrleistung zu erbringen hat und diesen weitgehend von seinen Weisungen abhängig macht, so hat er auch die Verantwortlichkeit für das Ergebnis seiner Leistung zu tragen. Aus der Abwehrzuständigkeit des Versicherers folgt seine Ergebnisverantwortlichkeit“.50 [Hervorhebung durch den Verfasser]
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Tragender Grund für die Bindungswirkung und maßgeblich für die Bestimmung von Reichweite und Umfang der Bindungswirkung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist somit die Möglichkeit des VR, die ihm eingeräumten Rechte bei dem gerichtlich und außergerichtlich geführten Haftpflichtstreit wahrzunehmen.51 Keine Bindungswirkung besteht, wenn der VR keine Kenntnis und daher auch keine Möglichkeit hatte, den VN zu unterstützen.52 Ob der VR von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist dagegen ohne Bedeutung. Entscheidet er sich gegen die Übernahme der Prozessführung, weil er sich nicht als zur Deckung verpflichtet ansieht, ist er grundsätzlich an die Feststellungen im Haftpflichtverhältnis gebunden, ohne dass es darauf ankommt, ob sie durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich getroffen worden sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der VN in zumindest leichtfertiger Weise seine eigenen wohlverstandenen Interessen missachtet, indem er einen Betrag anerkennt, der grob unbillig ist und den VR insoweit in sachlich nicht gerechtfertigter Weise belastet.53 Leichtfertigkeit ist dabei mit grober Fahrlässigkeit gleichzusetzen.54 Keine Bindungswirkung besteht bei arglistigem Verhalten des VN. 3. Folgerungen für die Anwendung und den Umfang der Bindung a) Rechtskräftiges Urteil aa) Verfahrensherrschaft des VR
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(1) Kontradiktorisches Urteil. Hat der VR die Verfahrensherrschaft über den Haftpflichtprozess innegehabt, ist der VR grundsätzlich an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Haftpflichtgerichts gebunden, die die Haftung des VN im Grunde und der Höhe nach begründen.55 Bindungswirkung in diesem Sinne entfalten auch Urteile, bei denen der VR die Abwehr des Anspruchs (ganz oder teilweise) in die Hand des VN gelegt hat.56 Etwas anderes gilt nur dann, wenn tatsächliche und/oder rechtliche Feststellungen getroffen werden, die sich nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als [nicht] entscheidungserheblich erweisen (Grundsatz der Voraussetzungsidentität).57 Da weder
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Fetzer VersR 1999 792, 797 f. Vgl. BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164; BGH 19.3.2003 NJW-RR 2003 1572, 1573 = VersR 2003 635, 636; BGH 11.10.1956 NJW 1956 1796 ff. = VersR 1956 707 f.; BGH 19.2.1959 VersR 1959 256, 257 f.; OLG Frankfurt/M. 23.4.2010 RuS 2010 325, 326; OLG Frankfurt 22.10.2009 BeckRS 2010 224679; OLG Hamm 25.8.1989 NJW-RR 1990 163. Vgl. auch Hagen DNotZ 2000 809, 821; a.A. Krämer RuS 2001 177, 180 mit Hinweis auf § 158e a.F. unter Missachtung der dogmatischen Herleitung der Bindungswirkung.
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OLG Frankfurt/M. 7.12.2012 VersR 2013 617, 619 (zu § 154 a.F.), mit Anm. R. Koch VersR 2013 620, 623. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 66. BGH 8.12.2010 RuS 2011 65, 66; BGH 20.6.2001 RuS 2001 408, 409 = VersR 2001 1103, 1104. Vgl. BGH 7.2.2007 VersR 2007 1116, 1117 f. St. Rspr., vgl. BGH 18.5.2011 RuS 2011 430, 431=VersR 2011 1003; BGH 8.12.2010 RuS 2011 66 = VersR 2011 203, 204; BGH 24.1.2007 RuS 2007 241, 242 = VersR 2007 641, 642; BGH 18.2.2004 RuS 2004 232, 233 = VersR 2004 590.
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der VN noch der VR Einfluss darauf haben, ob „der Haftpflichtrichter ‚überschießende‘, nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht entscheidungserhebliche Rechtsausführungen macht, besteht insoweit keine Bindung“.58 So liegt der Fall, wenn das Haftpflichtgericht eine vorsätzliche Herbeiführung des Schadens ausdrücklich verneint und vielmehr eine solche wegen (grob) fahrlässiger Schadensherbeiführung bejaht, für die Haftung die Schuldform jedoch unerheblich ist und somit bereits Fahrlässigkeit ausreicht.59 Umgekehrt besteht mangels Voraussetzungsidentität allerdings auch keine Bindung zum Nachteil des VN, wenn das Haftpflichtgericht die vorsätzliche Herbeiführung des Schadens bejaht, obgleich für die Haftung Fahrlässigkeit genügt, oder das Haftpflichtgericht feststellt, der Schaden im Rahmen der Haftpflichtforderung falle nicht unter das versicherte Risiko (hierzu § 100 Rn. 44 ff.).60 Entscheidungserheblich für die Haftung und die Deckung (= voraussetzungsidentisch) 20 ist zunächst die Frage, ob dem VN überhaupt eine Pflichtverletzung zur Last zu legen ist, die einen Schadensersatzanspruch und damit einen Haftpflichtfall auslöst. Über die dem VN anzulastende Pflichtverletzung wird somit im Haftpflichtprozess mit bindender Wirkung entschieden. Geht es darum, ob der VN pflichtwidrig eine Handlung unterlassen hat, kommt den Feststellungen des Haftpflichtrichters, was der VN hätte tun müssen, um pflichtgemäß zu handeln, ebenfalls Bindungswirkung zu.61 Die Bindungswirkung reicht sogar soweit, als dass sich der VR im Deckungsprozess nicht auf eine andere schadensverursachende Pflichtwidrigkeit berufen kann.62 Bindungswirkung entfalten auch tatsächliche und rechtliche Feststellungen, die für 21 das Eingreifen von Risikoausschlüssen entscheidungserheblich sind, etwa wenn es um die Haftung des VN aus dem in Ausschluss bezeichneten Grund (z. B. Sachschäden infolge von Tierkrankheiten gem. Ziff. 7.18 AHB 2012)63, Feststellungen zum Grad des Verschuldens (Ausschluss wissentlicher Pflichtverletzungen)64 oder zur Qualifikation von Rechtsbeziehungen (Besitzausschluss gem. Ziff. 7.6 AHB 2012)65 geht. Daneben können tatsächliche und rechtliche Feststellungen entscheidungserheblich für das Eingreifen von Obliegenheitsverletzungen sein, wenngleich auch hier (teilweise) Leistungsfreiheit nur eintritt, wenn der VR sie unter Berufung auf ihren sachlichen Grund gegenüber dem VN geltend macht.66 (2) Anerkenntnis-/Versäumnisurteil und Prozessvergleich. Ist der Haftpflichtprozess 22 durch Versäumnisurteil entschieden worden, tritt ebenfalls Bindungswirkung ein. Hinsichtlich des Umfangs der Bindungswirkung eines Versäumnisurteils greift die Rechtsprechung auf den Tenor des Versäumnisurteils in Verbindung mit dem Klagevorbringen
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BGH 8.12.2010 RuS 2011 66 = VersR 2011 203, 204; vgl. auch vgl. BGH 18.5.2011 RuS 2011 430, 431 = VersR 2011 1003; BGH 24.1.2007 RuS 2007 241, 242 = VersR 2007 641, 642; BGH 18.2.2004 RuS 2004 232, 233 = VersR 2004 590. Vgl. OLG Düsseldorf 28.3.2006 BeckRS 2009 11965; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 60. Vgl. BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 278 = RuS 1992 406, 407; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 61; a.A. Peters 52 f. BGH 20.6. 2001 NVersZ 2001 473, 474 = VersR 2001 1103.
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BGH 28.9.2005 RuS 2006 149, 150 = VersR 2006 106; BGH 19.3. 2003 VersR 2003 635; BGH 20.6. 2001 NVersZ 2001 473, 474 = VersR 2001 1103. Vgl. BGH 30.10.1970 VersR 1970 1097 f. BGH 20.6. 2001 NVersZ 2001 473, 475 = VersR 2001 1103. Vgl. OLG Frankfurt/M. 16.4.2008 RuS 2010 510, 511; BGH 15.10.2010 RuS 2010 510, 512. Vgl. Harsdorf-Gebhardt RuS 2012 261, 264.
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zurück, das nach § 331 Abs. 1 S. 1 ZPO als zugestanden gilt.67 Ist der Haftpflichtprozess durch Anerkenntnisurteil entschieden oder durch Vergleich beendet worden, tritt Bindungswirkung ein, soweit das Anerkenntnis mit Zustimmung des VR abgegeben oder der Vergleich mit Zustimmung des VR geschlossen worden ist. Das Anerkenntnis ist die gegenüber dem Prozessgericht vom Beklagten abgegebene einseitige Erklärung, dass der vom Kläger geltend gemachte prozessuale Anspruch ganz oder zum Teil bestehe.68 Der prozessuale Anspruch wird nach h.M. (sog. zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff)69 durch den vor Gericht gestellten Antrag und den diesem Antrag zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt. Insoweit ist auch beim Anerkenntnisurteil für die Bindungswirkung auf den Tenor und die Klagebehauptungen abzustellen.70 Beim Vergleich muss auf das Parteivorbringen im Haftpflichtprozess zurückgegriffen werden.71
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(3) Eintragung der Haftpflichtforderung in die Insolvenztabelle. Der VR ist im Falle der Insolvenz seines VN an die Eintragung der Haftpflichtforderung in die Insolvenztabelle gebunden, die nach §§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 2 InsO wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt, wenn er es trotz Kenntnis von der Anmeldung der Haftpflichtforderung unterlässt, den Insolvenzverwalter anzuweisen, der Feststellung der Forderung zu widersprechen, oder eine rechtskräftige Entscheidung über die Feststellung der Forderung zur Tabelle gem. § 183 Abs. 1 InsO ergeht. bb) Keine Verfahrensherrschaft des VR
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(1) Eigenmächtige Verfahrensführung durch den VN. Hat der VN den Haftpflichtprozess geführt, ohne den VR darüber zu informieren, entfaltet das rechtskräftige Haftpflichturteil keinerlei Bindungswirkung für den VR. Gleiches gilt in der Insolvenz des VN für die rechtskräftige Entscheidung, durch die die (bestrittene) Haftpflichtforderung festgestellt wird, wenn der VR keine Kenntnis von dem Feststellungsklageverfahren hatte. Ohne Bindungswirkung ist auch die widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung durch den Insolvenzverwalter ohne Zustimmung des VR. Eine solche Feststellung ist hinsichtlich der Bindungswirkung wie ein ohne Zustimmung des VR abgegebenes Anerkenntnis zu behandeln.72 Zeigt der VN den Versicherungsfall dem VR erst nach Klageerhebung an, ist der VR 25 insoweit an das Haftpflichturteil gebunden, als er die Möglichkeit gehabt hätte, das Prozessgeschehen zu beeinflussen. Ebenso wie im Falle der Nebenintervention (vgl. § 68 ZPO) ist der VR im Verhältnis zum VN nur soweit an die tatsächlich und rechtlich erheblichen Feststellungen des Haftpflichturteils gebunden ist, wie er durch die Lage des Rechtsstreits zur Zeit der Übernahme der Verfahrensherrschaft oder durch Erklärungen und Handlungen des VN nicht daran gehindert war, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, und der VN von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, die dem VR
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BGH 31.1.2010 BeckRS 2010 02736; BGH 19.3.2003 NJW-RR 2003 1572 = VersR 2003 635, 636; OLG Düsseldorf 26.6.2007 BeckRS 2010 027690; KG 24.11.2006 VersR 2008 211, 212; OLG Hamm 18.5.1988 VersR 1988 1172; OLG Koblenz 7.10.1994 VersR 1995 1298 f.; OLG München 29.3.1999 RuS 2000 58, 60. Vgl. BGH 8.10.1953 BGHZ 10 333, 335 = NJW 1953 1830; BGH 20.11.1980 NJW
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1981 686; MüKo-ZPO/Musielak § 307 Rn. 1; Stein/Jonas/Leipold Rn. 1. Vgl. BGH 25.2.1985 BGHZ 94 29, 33; BGH 19.9.1985 NJW 1986 1046 f.; BGH 11.12.1986 WM 1987 367, 368. Vgl. auch Peters 65. OLG Düsseldorf 30.1.2001 VersR 2002 748, 749; so auch für das Versäumnisurteil Voit VersR 1988 901. Krit. Münzel NZI 2007 441, 444.
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unbekannt waren, nicht absichtlich oder durch grobes Verschulden keinen Gebrauch gemacht hat. Von der Bindungswirkung zu unterscheiden ist die Frage, ob der VR durch die Verletzung von Anzeige-, Aufklärungs- und Mitwirkungsobliegenheiten des VN im Rahmen der Anspruchsabwehr von seiner Verpflichtung zur Leistung (teilweise) frei wird.73 (2) Unberechtigte Deckungsablehnung durch VR. Hat der VR den Haftpflichtpro- 26 zess nicht geführt, weil er – zu Unrecht – der Ansicht war, er sei nicht zur Deckung verpflichtet, ist er dagegen bei Voraussetzungsidentität an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Haftpflichtgerichts gebunden. Der VR soll nämlich keinen Vorteil daraus ziehen, dass er seiner Rechtsschutzverpflichtung74 zu Unrecht nicht nachgekommen ist. Er muss sich so behandeln lassen, als habe er dem VN die Führung des Haftpflichtprozesses gestattet.75 Zu Recht hat der BGH darauf hingewiesen, dass es „für den VN nur schwer durchschaubar [sei], was die Abwehrverpflichtung im Einzelnen bedeutet“.76 Im Hinblick auf die schwierige Lage, in der sich der VN befindet, ist es deshalb gerechtfertigt, auch eine ungeschickte oder nachlässige Prozessführung des VN zulasten des VR unberücksichtigt zu lassen.77 Eine Ausnahme von der Bindungswirkung will Lücke für Anerkenntnis- und Versäumnisurteile machen. Hier müsse dem VR der Einwand erlaubt sein, dass das dem Urteil zugrunde liegende Anerkenntnis materiell zu Unrecht erfolgt sei bzw. dass das Versäumnisurteil nicht der wahren Rechtslage entspreche.78 Diese Ansicht dürfte weder mit dem Vertragszweck noch bei sachgemäßer Abwägung der beiderseitigen Interessen mit dem Grundsatz von Treu und Glauben vereinbar sein. Es ist dem VN nicht zuzumuten, einen aus seiner Sicht aussichtslosen Prozess zu führen oder Rechtsmittel gegen Klage stattgebende Urteile einzulegen. Erst dann, wenn der VN in leichtfertiger Weise seine eigenen wohlverstandenen Interessen missachtet und er es zu einem auch aus seiner Sicht falschen Urteil kommen lässt oder sogar arglistig handelt, ist es gerechtfertigt, eine Bindung abzulehnen (Rn. 31 f.). Insoweit gilt die bisherige Rechtsprechung fort.79 Entgegen Retter80 steht dieses Ergebnis nicht im Widerspruch zur Aufhebung des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots, weil es hier nicht um die (teilweise) Leistungsfreiheit geht, sondern um die Bindungswirkung des Haftpflichturteils. b) Prozessvergleich. Ist der Haftpflichtprozess durch Vergleich beendet worden, tritt 27 Bindungswirkung ein, soweit der Vergleich mit Zustimmung des VR geschlossen worden ist. Wie beim Anerkenntnisurteil ist für die Bindungswirkung auf das Parteivorbringen im Haftpflichtprozess zurückzugreifen.81
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Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 5; Peters 54. BGH 7.2.2007 VersR 2007 1116, 1117. BGH 30.9.1992 BGHZ 119 276, 278 = RuS 1992 406, 408. BGH VersR 7.2.2007 VersR 2007 1116, 1117 = RuS 2007 191. Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 6. Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 5. BGH 15.12.1976 VersR 1977 174, 175; OLG Frankfurt/M. 7.12.2012 VersR 2013 617, 619
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(zu § 154 a.F.), mit Anmerkung R. Koch VersR 2013 620, 623; OLG Hamm 31.10.1975 VersR 1976 749, 751; a.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 24. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 24. OLG Düsseldorf 30.1.2001 VersR 2002 748, 749; so auch für das Versäumnisurteil Voit VersR 1988 901.
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c) Außergerichtliche Regulierung durch Anerkenntnis oder Vergleich
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aa) Rechtslage vor der Reform des VVG. Unter Geltung von § 154 Abs. 1 a.F. spielte die Bindungswirkung wegen des formularvertraglichen Anerkenntnis- und Vergleichsverbots vornehmlich bei rechtskräftiger Verurteilung des VN im Haftpflichtprozess eine Rolle. Soweit ersichtlich befasste sich der BGH nur in zwei Fällen mit der Bindungswirkung von außergerichtlichen Anerkenntnissen des VN. In seiner Entscheidung vom 15.12.1976 82 bejahte der BGH eine Bindungswirkung für den KVO-Haftpflicht-VR aus § 154 Abs. 1 a.F. Er entnahm dieser Norm, dass der VR nicht nur an eine rechtskräftige gerichtliche Feststellung der Haftpflicht im Haftpflichtprozess, sondern auch an eine Feststellung durch Anerkenntnis oder Vergleich grundsätzlich ohne Rücksicht darauf gebunden sei, ob er daran beteiligt war. Die Besonderheit in diesem Fall bestand darin, dass es an einem vertraglichen Anerkenntnisverbot fehlte. In seiner Entscheidung vom 14.7.1981 sprach sich der BGH trotz vertraglichen Anerkenntnisverbots unter Bezugnahme auf das Urteil vom 15.12.1976 für eine Bindung des VR aus, sofern der VN nicht in Betrugsabsicht gehandelt habe.83 Diese Rechtsprechung ist – abgesehen von den Fällen, in denen der VN das Anerkenntnis zum Zwecke des Versicherungsbetrugs abgegeben hat – mittlerweile infolge des oben dargelegten Rückgriffs auf die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung (Rn. 14 ff.) überholt.
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bb) Anerkenntnis oder Vergleich durch den VR/mit Zustimmung des VR. Ebenso wie bei rechtskräftigen Urteilen hängt die Bindungswirkung auch bei der außergerichtlichen Regulierung der Haftpflicht durch den VN mittels Anerkenntnis oder Vergleich im Ausgangspunkt davon ab, ob der VR der Regulierung zugestimmt hat. Hat er zugestimmt, ist er gebunden.84 Insoweit ist der Fall nicht anderes zu beurteilen, als ob der VR (im Rahmen seiner Regulierungsvollmacht, vgl. Ziff. 5 AHB Rn. 8 ff.) selbst den Haftpflichtanspruch des geschädigten Dritten anerkennt oder einen Vergleich mit dem Dritten schließt. Allerdings ist die Bindungswirkung noch weitgehender eingeschränkt als beim Anerkenntnisurteil oder Prozessvergleich, weil beim außergerichtlichen Anerkenntnis oder beim Vergleich in der Regel weder der Sachverhalt festgestellt, noch der Haftpflichtanspruch rechtlich qualifiziert wird. Als risikorelevante Feststellungen bleiben nur die Feststellung der Haftpflicht dem Grunde und der Höhe nach.85 Einem Anerkenntnis mit Zustimmung des VR steht es gleich, wenn der VR bei Aufrechnung mit einer bestrittenen Haftpflichtforderung auf den Prozess des VN gegen den Dritten verzichtet (§ 100 Rn. 98, 117, 124).
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cc) Anerkenntnis oder Vergleich ohne Zustimmung des VR. Hat der VR die Regulierung abgelehnt, weil er den Haftpflichtanspruch dem Grunde und/oder der Höhe nach für unbegründet und deshalb eine gerichtliche Klärung für geboten hielt, ist er an das Anerkenntnis des VN oder einen Vergleich nur insoweit gebunden, als der Anspruch des Geschädigten auch ohne das Anerkenntnis oder den Vergleich bestanden hätte (vgl. Ziff. 5.1 S. 3 AHB 2012). Der VR soll den VN somit nur in dem Umfang freistellen müssen, in dem der Ersatzanspruch des Dritten ohne das Anerkenntnis bestünde. Gleiches gilt, wenn der VN den Haftpflichtanspruch vorschnell anerkennt, ohne die Entscheidung des VR abzuwarten. Bestreitet der VR die Feststellung der Haftpflicht im Anerkenntnis oder im Vergleich, wird der Haftpflichtanspruch im Deckungsprozess einer vollumfäng-
82 83
BGH 15.12.1976 VersR 1977 174 ff. BGH 14.7.1981 VersR 1981 1158, 1159 = NJW 1982 996, 998.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 17; Lange VersR 2006 1313, 1317. Peters 31.
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lichen Überprüfung unterzogen86 und hat der VN zu beweisen, dass der Anspruch des Geschädigten auch ohne das Anerkenntnis oder den Vergleich bestünde. Gleiches gilt nach dem zuvor Gesagten für den Insolvenzverwalter, der in der Insolvenz des VN der Feststellung der Forderung zur Tabelle nicht widerspricht. Lehnt der VR die Regulierung dagegen ab, weil er sich nicht als zur Deckung ver- 31 pflichtet ansieht, handelt er auf eigenes Risiko. Eine Bindung des VR an das (konstitutive) Anerkenntnis oder den Vergleich ist zu bejahen, und zwar auch dann, wenn der Dritte mehr erhält, als ihm nach §§ 249 ff. BGB zusteht (soweit der VN nicht leichtfertig handelt, dazu sogleich).87 Insoweit gilt die Rechtslage vor der VVG-Reform fort, nach der ein Anerkenntnis des VN88 oder ein mit dem Geschädigten geschlossener Vergleich89 des VN oder einer versicherten Person90 nach einer unberechtigten Deckungsablehnung grundsätzlich zur Bindung des VR führt. Zu Recht weist Retter darauf hin, dass der vor der Reform des VVG beschrittene Weg, die Bindungswirkung damit zu begründen, dass der VR mit der unberechtigten Deckungsverweigerung konkludent erkläre, auf die Einhaltung von Obliegenheiten und damit eben auf die Einhaltung des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots zu verzichten,91 nach Abschaffung des Anerkenntnisverbots nicht mehr gangbar sei.92 Der VR muss sich nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung jedoch so behandeln lassen, als habe er seine Zustimmung zur Abgabe des Anerkenntnisses oder zum Abschluss des Vergleichs erteilt. Lässt der VR dem VN „freie Hand“ oder zögert er eine eigene Entscheidung unangemessen hinaus, ist er so zu behandeln, als habe er seine Zustimmung zur Abgabe des Anerkenntnisses bzw. zum Abschluss des Vergleichs erteilt.93 Etwas anderes gilt wiederum nur dann, wenn der VN in zumindest leichtfertiger Weise seine eigenen wohlverstandenen Interessen missachtet, indem er einen Betrag anerkennt, der grob unbillig ist und den VR insoweit in sachlich nicht gerechtfertigter Weise belastet.94 Bei einem (Teil-)Anerkenntnis dem Grunde nach dürfte das in der Regel zu verneinen sein.95 Leichtfertigkeit liegt dagegen vor, wenn der VN einen um 100 % überhöhten Schmerzensgeldbetrag 96 und/oder Kosten der
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Vgl. Armbrüster RuS 2010 441, 447; Franz VersR 2008 298, 308; Lücke VK 2007 163, 165; Lange RuS 2007 401, 402; ders. VersR 2006 1313, 1315; Schirmer ZVersWiss Supplement 2006 427, 434; Thalmair ZVersWiss Supplement 2006 459, 461; Langheid Liber Amicorum Winter 367, 377, der jedoch auch eine bloß eingeschränkte Bindungswirkung in Betracht zieht; R. Koch Liber Amicorum Winter 345, 348, 352. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 27; Lange VersR 2006 1313, 1317; anders aber ders. RuS 2007 401, 402. BGH 30.9.1992 VersR 1992 1504, 1505; BGH 21.5.1959 VersR 1959 499 f.; OLG Düsseldorf 30.1.2001 VersR 2002 748, 749; OLG Hamm 2.11.1990 VersR 1991 652, 653; OLG Hamm 25.11.1977 VersR 1978 858 f.; vgl. auch Nachw. auf ältere Rspr. Bruck/ Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 66. OLG Düsseldorf 30.1.2001 VersR 2002 748, 749; OLG Hamm 29.9.1993 VersR 1994
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925; LG Berlin 12.4.1994 VersR 1995 330, 331. Hans. OLG Hamburg 3.3.1981 VersR 1982 458. OLG Düsseldorf 30.1.2001 VersR 2002 748, 749. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 27; vgl. auch Lange VersR 2006 1313, 1317. OLG Köln 20.12.2005 VersR 2006 1207, 1208; OLG Celle 1.3.2001 VersR 2002 602; so auch Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 12. OLG Frankfurt/M. 7.12.2012 VersR 2013 617, 619 (zu § 154 a.F.); Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen durch Beschl. vom 5.12.2012 IV ZR 56/12 (nicht veröffentlicht). R. Koch VersR 2013 620, 623. OLG Frankfurt/M. 7.12.2012 VersR 2013 617, 619 (zu § 154 a.F.), mit Anmerkung R. Koch VersR 2013 620, 623.
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anwaltlichen Vertretung des Geschädigten anerkennt, die über die RVG-Gebührensätze hinausgehen.97 Soweit es in der Gesetzesbegründung zu § 105 heißt: 32 „Der Versicherungsnehmer kann durch Anerkennen oder Befriedigen einen nicht bestehenden Anspruch des Dritten nicht zu Lasten des Versicherers begründen und darüber hinaus auch nicht den Versicherungsfall herbeiführen; anderenfalls hätte der Versicherungsnehmer die Befugnis, zu Gunsten des Dritten den Versicherer zu belasten. Sowohl das Anerkenntnis als auch die Befriedigung müssen ohne Einfluss auf den Befreiungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer bleiben; verspricht der Versicherungsnehmer dem Dritten mehr als diesem zusteht, geht der Mehrbetrag immer zu Lasten des Versicherungsnehmers. Der Versicherer hat ihn nur von dem Anspruch freizustellen, den der Geschädigte ohne das Anerkenntnis gehabt hätte … Er versagt ihm dann die Befreiung in dem Umfang, in dem der Versicherungsnehmer mit seinem Anerkenntnis über die wirkliche Anspruchslage hinausgegangen ist.“,
dürften sich diese Ausführungen nur auf den Fall des eigenmächtigen Anerkenntnisses des VN ohne vorherige Deckungsablehnung des VR beziehen.98 Zwar lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien entnehmen, dass die Beschränkung der Bindungswirkung von Anerkenntnissen und Vergleichen ohne Mitwirkung oder Einflussmöglichkeit des VR „quasi als Ausgleich für den Wegfall des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots“ gedacht war.99 Daraus lässt sich indes nicht der Schluss ziehen, dass in redlicher Absicht abgegebene Anerkenntnisse oder in redlicher Absicht geschlossene Vergleiche nach unrechtmäßigen Deckungsablehnungen des VR ohne Bindungswirkung seien, selbst wenn dies zu einer Besserstellung des Dritten führt. Unabhängig davon ist die Herleitung von Umfang und Reichweite der Bindungswirkung zu beachten. Es wäre mit den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren, den VN – immer vorausgesetzt er handelt redlich – schlechter zu stellen als den sich infolge der Fehlbeurteilung der eigenen Eintrittspflicht vertragswidrig verhaltenden VR.
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d) Feststellung der Haftpflichtforderung zur Insolvenztabelle. Einem rechtskräftigen Urteil i.S.v. § 106 S. 1 nicht gleich steht die widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung zur Insolvenztabelle nach § 178 Abs. 1 InsO. Zwar wirkt die Feststellung wie ein rechtskräftiges Urteil, jedoch nur im Verhältnis zu Insolvenzverwaltern und allen Insolvenzgläubigern (§ 178 Abs. 3 InsO). Die Feststellung ist für den VR nur in seiner Eigenschaft als Gläubiger der Versicherungsprämie bindend. Erkennt der Insolvenzverwalter in einem gem. § 240 S. 1 ZPO unterbrochenen Haftpflichtprozess den Anspruch ohne Zustimmung des VR sofort an (§ 86 Abs. 2 InsO) und lässt ein Urteil zu seinen Ungunsten ergehen, tritt für den VR keine Bindungswirkung ein (§ 110 Rn. 20 ff.).
III. Frist zur Freistellung 34
Der VR hat den VN binnen zwei Wochen nach Feststellung der Haftpflichtforderung freizustellen. Während dieses Zeitraums hat der VR Gelegenheit, die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils zu prüfen.100 Hat der VN den Haftpflichtanspruch ohne
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OLG Frankfurt/M. 7.12.2012 VersR 2013 617, 619 (zu § 154 a.F.); Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen durch Beschl. vom 5.12.2012 IV ZR 56/12 (nicht veröffentlicht).
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A.A. Lange RuS 2007 401, 402. Vgl. Schirmer ZVersWiss Supplement 2006 427, 434. Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 13; ebenso Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 § 154
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Zustimmung des VR anerkannt, dient die Frist der Prüfung, ob der Haftpflichtanspruch dem Grunde und der Höhe nach begründet war (Rn. 3). Soweit der VR (im Rahmen seiner Regulierungsvollmacht (vgl. Ziff. 5 AHB Rn. 8 ff.) selbst den Haftpflichtanspruch des geschädigten Dritten anerkennt, einen Vergleich mit dem Dritten schließt oder den Freistellungsanspruch des VN anerkennt, bedarf es einer solchen Frist indes nicht.101 Gleiches gilt, wenn der VR seine Zustimmung zu einem vom VN abgegebenen Anerkenntnis oder abgeschlossenen Vergleich erteilt oder im Rahmen eines Deckungsprozesses über die Haftung (als Vorfrage) entschieden wird. Schließlich bedarf es der 2-Wochenfrist auch dann nicht, wenn der VR die Deckung ablehnt und der VN darauf hin den Haftpflichtanspruch anerkennt (Rn. 38).102 Der Anwendungsbereich des § 106 S. 1 ist in all diesen Konstellationen insoweit teleologisch zu reduzieren und es gilt § 14 Abs. 1.103 Das bedeutet, dass der VR die Freistellung des VN/Befriedigung des Dritten – weil die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 vorliegen – sofort bewirken muss.104
C. Fälligkeit des Zahlungsanspruchs (§ 106 S. 2) § 106 S. 2 behandelt den Fall, dass der Dritte von dem VN mit bindender Wirkung 35 für den VR befriedigt worden ist.
I. Befriedigung des Haftpflichtanspruchs durch den VN Unter einer Befriedigung ist jede – auch die zur Abwendung der Vollstreckung aus 36 einem vorläufig vollstreckbaren Urteil erbrachte (vgl. § 100 Rn. 114) – Leistung des VN an den geschädigten Dritten zur Tilgung der Haftpflichtschuld zu verstehen (§ 362 Abs. 1 BGB). Auch die Erfüllungssurrogate (Leistung an Erfüllung statt gem. § 364 Abs. 1 BGB, Aufrechnung gem. § 389 BGB, Hinterlegung gem. § 379 Abs. 1 BGB; Erlass gem. § 397 Abs. 1 BGB), nicht hingegen die Aufrechnung mit der bestrittenen Haftpflichtforderung durch den geschädigten Dritten stellen eine Befriedigung dar.105 Soweit der VN sich mit der Aufrechnung einverstanden erklärt, liegt allerdings eine Befriedigung vor.106 In diesem Fall hat der VN analog § 106 S. 2 einen Zahlungsanspruch gegen den VR (§ 100 Rn. 117). Entsprechende Anwendung findet § 106 S. 2, wenn die zur Aufrechnung gestellte Haftpflichtforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt worden ist (§ 100 Rn. 114). Die Abtretung des Freistellungsanspruchs i.e.S. an den geschädigten Dritten
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Rn. 3; a.A. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 124; Langheid/Wandt/Littbarski § 106 Rn. 29; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 40 (Zeitpunkt, in dem der VN den Haftpflichtanspruch anerkennt bzw. einen Vergleich mit dem Dritten schließt). Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 13. Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 13; Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 7. Vgl. v. Rintelen RuS 2010 133, 137 f.; a.A. Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 13 (Fälligkeit folgt aus § 271 BGB). Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 13; a.A.
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Berliner Kommentar/Baumann § 154 Rn. 4; Lange VersR 2008 713, 717; Langheid/ Wandt/Littbarski § 106 Rn. 29. OLG Karlsruhe 18.4.1996 VersR 1997 1477, 1480; Prölss/Martin/Lücke § 106 Rn. 14; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 34. Vgl. BGH 15.12.1976 VersR 1977 174, 175; OLG Stuttgart 21.4.2010 RuS 2010 284; OLG Saarbrücken 21.1.2004 VersR 2004 901, 903; OLG Hamm 25.11.1977 VersR 1978 80, 81; OLG Hamm 31.10.1975 VersR 1976 749, 750.
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erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) ist keine Befriedigung i.S.v. § 106 S. 2. Eine solche kann aber in der Erteilung eines Reparaturauftrags für eine beschädigte Sache und der anschließenden Bezahlung der Rechnung bestehen.107
II. Bindungswirkung 37
Hinsichtlich der Bindungswirkung der Befriedigung gelten die gleichen Grundsätze wie beim außergerichtlichen Anerkenntnis oder beim Vergleich. Hier wie dort ist die Bindungswirkung auf die Feststellung der Haftpflicht dem Grunde und der Höhe nach beschränkt. Der VR ist an die Befriedigung der Haftpflichtschuld nur in dem Umfang gebunden, in dem er der Befriedigung zugestimmt hat. Lehnt er sie ab, weil er die Haftpflichtforderung dem Grund und/oder der Höhe nach für unbegründet hält und deshalb den Anspruch abwehren will, ist er an eine Zahlung des VN oder ein Erfüllungssurrogat nicht gebunden. Lehnt der VR die Deckung zu Unrecht ab, tritt hingegen grundsätzlich Bindung ein.108 Letzteres gilt selbst dann, wenn die Zahlung die tatsächlich bestehende Haftpflichtforderung übersteigt und der VN nicht leichtfertig gehandelt hat (Rn. 31 f.).109 Allerdings kann es sich bei der (Über-)Zahlung auf eine nicht bestehende Schuld begrifflich nicht um eine Befriedigung handeln, sondern nur um ein (konstitutives) Anerkenntnis, so dass sich die Fälligkeit insoweit nicht nach § 106 S. 2, sondern nach § 106 S. 1 beurteilt.110 Weitergehende Bindungswirkung kommt einer Befriedigung des Dritten nach Feststellung des Haftpflichtanspruchs durch ein (rechtskräftiges oder vorläufig vollstreckbares) Urteil zu.111
III. Zahlungsfrist 38
Der VR hat die Zahlung binnen zwei Wochen nach Eintritt der Bindungswirkung zu bewirken. Auch hier gilt, dass der VR den Anspruch des VN auf Zahlung nach § 14 Abs. 1 sofort zu erfüllen hat, wenn der VN den Dritten befriedigt hat, nachdem der VR zuvor selbst den Haftpflichtanspruch des Dritten oder den Freistellungsanspruch des VN anerkannt hatte, einen Vergleich mit dem Dritten geschlossen oder seine Zustimmung zu einem vom VN abgegebenen Anerkenntnis oder abgeschlossenen Vergleich erteilt hatte. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist der VN gezwungen, die Haftpflichtfrage im Rahmen einer Feststellungsklage gegen den VR zu klären, um die Voraussetzungen des § 106 S. 2 zu schaffen. Bestreitet der VR nicht nur die Haftung, sondern auch die Deckung, bestimmt sich die Fälligkeit dagegen nach § 14 Abs. 1, da für die Einräumung einer 2-Wochenfrist zur Prüfung der Berechtigung des von Dritten geltend gemachten
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OLG Hamm 13.4.2005 VersR 2006 829. BGH 21.5.1959 VersR 1959 499; BGH 20.2.1956 VersR 1956 186, 187; OLG Karlsruhe 4.10.1984 VersR 1986 858, 859. Nach OLG Stuttgart RuS 2010 284, 286 wird die zunächst ohne Bindung für den VR erfolgte Befriedigung nach Überprüfung im Deckungsprozess für ihn bindend und somit auch fälligkeitsauslösend. BGH 15.12.1976 VersR 1977 174, 175;
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110
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OLG Saarbrücken 21.1.2004 VersR 2004 901, 903; OLG Hamm 25.11.1977 VersR 1978 80, 81. Vgl. auch OLG Hamm 2.11.1990 VersR 1991 652, 653: „Die Befriedigung […] stellt eine besondere Form des Anerkenntnisses dar“. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 36.
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Fälligkeit der Versicherungsleistung
§ 106
Anspruchs kein Bedürfnis mehr besteht. Der VN ist deshalb berechtigt, sofortige Zahlung an sich zu verlangen und notfalls Zahlungsklage gegen den VR zu erheben. In dem Verfahren wird die Haftpflichtfrage als Vorfrage bei der Feststellung geklärt, ob ein Versicherungsfall vorliegt (vgl. Rn. 4).112 Diese materielle Rechtslage steht im Einklang mit dem Prozessrecht. Bei Ablehnung der Deckung durch den VR fehlt es dem VN nämlich an dem für eine Feststellungsklage erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, da er einen zweiten (Deckungs-)Prozess gegen den VR führen muss.113
D. Fälligkeit des Rechtsschutzkostenanspruchs (§ 106 S. 3) Gem. § 106 S. 3 hat der VR die Kosten, die er nach § 101 zu tragen hat, innerhalb 39 von zwei Wochen nach der Mitteilung der Berechnung seitens des VN zu zahlen. Diese Regel ist auf den Ausnahmefall zugeschnitten, dass der VN hinsichtlich der gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsschutzkosten in Vorleistung getreten ist. Die Mitteilung der Kostenberechnung löst die 2-Wochenfrist für die Leistung des VR aus. Hiervon unberührt bleibt der Anspruch des VN auf Vorschuss gem. § 101 Abs. 1 S. 3.
E. Darlegungs- und Beweislast Anerkennt, befriedigt oder vergleicht der VN die Haftpflichtforderung ohne vorherige 40 Zustimmung oder gegen den Willen des abwehrbereiten VR, hat er im Deckungsprozess die den Haftpflichtanspruch begründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Den VR trifft die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der die Haftpflichtforderung betreffenden Einwendungen. Insoweit nimmt der VN dieselbe prozessuale Stellung ein wie der geschädigte Dritte im Haftpflichtprozess und der VR diejenige des sich gegen die Haftpflichtforderung verteidigenden VN.114 Hat der VR den Rechtsschutz mangels Deckung verweigert, greifen die allgemeinen Regeln ein: Der VN muss darlegen und beweisen, dass die Haftpflichforderung in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt, der VR muss darlegen und beweisen, dass ein sekundärer Risikoausschluss eingreift. Gelingt dem VR Letzeres nicht, ist er an das Urteil, das Anerkenntnis, die Befriedigung oder den Vergleich gebunden. Macht der VR geltend, der VR habe in leichtfertiger Weise oder arglistig eine nicht bestehende Haftpflichtforderung durch Anerkenntnis, Vergleich oder Befriedigung festgestellt oder durch Urteil feststellen lassen, trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
F. Abdingbarkeit Bei § 106 handelt es sich gem. § 112 um eine halbzwingende Vorschrift, von der nicht 41 zum Nachteil des VN abgewichen werden kann. Im Hinblick auf die Herleitung der Bindungswirkung nach den Grundsätzen der (ergänzenden) Vertragsauslegung halten For-
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Vgl. OLG Stuttgart 21.4.2010 RuS 2010 284; LG Dortmund 27.1.2001 BeckRS 2011 03849. Vgl. OLG Celle 19.12.2006 NJW-RR 2007 676, 677.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 106 Rn. 34; Lange VersR 2006 1313, 1318; Mack/Terrahe PHi 2005 28, 29.
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mularregelungen, die diese Bindungswirkung beschränken, – auch bei Großrisiken i.S.v. § 210 Abs. 2 – einer Inhaltskontrolle nicht stand (Gefährdung des Vertragszwecks i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Zulässig sind dagegen Klauseln, die eine Bindung nur insoweit vorsehen, wie der Haftpflichtanspruch ohne Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich bestanden hätte (vgl. Ziff. 5.1 S. 3 AHB). Der Anwendungsbereich dieser Klausel ist jedoch beschränkt auf den Fall, dass der VR nicht zu Unrecht seine Deckung verweigert hat. Darüber hinaus ist es zulässig, Leistungsfreiheit für den Fall zu vereinbaren, dass der VN arglistig, das heißt in betrügerischer Absicht gehandelt hat. Bereits das RG hat hierzu entschieden, dass der VN bei groben Verletzungen tragender Obliegenheiten, durch die das vertragliche Vertrauensverhältnis erschüttert wird, seinen Anspruch nach § 242 BGB ganz oder teilweise verliert, auch wenn eine Verwirkung nicht vertraglich vereinbart wurde.115 Der BGH hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen.116
§ 107 Rentenanspruch (1) Ist der Versicherungsnehmer dem Dritten zur Zahlung einer Rente verpflichtet, ist der Versicherer, wenn die Versicherungssumme den Kapitalwert der Rente nicht erreicht, nur zur Zahlung eines verhältnismäßigen Teils der Rente verpflichtet. (2) Hat der Versicherungsnehmer für die von ihm geschuldete Rente dem Dritten kraft Gesetzes Sicherheit zu leisten, erstreckt sich die Verpflichtung des Versicherers auf die Leistung der Sicherheit. Absatz 1 gilt entsprechend.
Schrifttum Deichl/Küppersbusch/Schneider Kürzungs- und Verteilungsverfahren nach §§ 155 Abs. 1 und 156 Abs. 3 VVG in der Kfz-Haftpflichtversicherung (1985); Hofmann Zum Begriff der Rente im Sinne des § 155 VVG, Festschrift Stiefel (1987) 349 ff.; Jaeger Kapitalisierung von Renten im Abfindungsvergleich, VersR 2006 597; R. Johannsen Bemerkungen zur Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers in Rentenzahlungsfällen, ZVersWiss 80 (1991) 97; Kornes Kapitalisierung: Flexibler Realzins statt 5 %-Tabellenzins (Teil II), RuS 2004 1; Nehls Anmerkung zum Urteil des BGH vom 8.1.1981, VersR 1981 286; Schantl Probleme bei der Konkurrenz von Kapital- und Rentenzahlungsansprüchen in der Haftpflichtversicherung, MDR 1983 450; Schirmer Einige Bemerkungen zum Entwurf einer Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung, Festschrift für Egon Lorenz (1994) 529; Schlund Juristische Grundlagen der Kapitalisierung von Schadensersatzrenten, VersR 1981 401; Sprung Das Verteilungsverfahren bei Deckungssummenüberschreitung in der Kfz-Haftpflichtversicherung, VersR 1992 657; Wenke Verteilungspläne bei nicht ausreichender Deckungssummen in der Kfz-Haftpflichtversicherung, VersR 1983 900; Hj. Wussow Begriff der Rentenzahlungen und der sonstigen Leistungen bei der Verteilung der Deckungssumme in der Haftpflichtversicherung (§§ 155 Abs. 1 VVG, 3 Abs. 2 AHB, 10 Abs. 7 AKB), WI 1986 146.
115 116
Vgl. RG 11.2.1938 RGZ 157 67, 74 ff.; RG 24.2.1939 RGZ 160 3, 6. BGH 14.10.1987 VersR 1987 1182, 1183;
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vgl. auch BGH 15.12.1976 VersR 1977 174, 175 f.
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§ 107
Rentenanspruch
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . . Verpflichtung zur Rentenzahlung . . . 1. Begriff der Rente . . . . . . . . . . 2. Rechtsgrund zur Rentenzahlung . . II. Unzureichende Versicherungssumme . 1. Bedeutung der Versicherungssumme und des Kapitalwerts . . . . . . . .
. . . . . . . . .
1 1 2 6 7 7 7 8 11
.
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Rn.
C. I. II. III. IV. D. E.
2. Berechnung des Kapitalwerts der Rente . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . Verhältnismäßige Kürzung der Rente Mehrere Geschädigte . . . . . . . . Neuberechnung des Kapitalwerts . . Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . Beweislast und Prozessuales . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
15 21 21 23 24 29 31 33
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 107 ist die Nachfolgeregelung zu § 155 a.F., der seit Inkrafttreten des VVG 1908 1 unverändert geblieben ist. § 107 Abs. 1 enthält lediglich eine redaktionelle, nicht jedoch inhaltliche Änderung des § 155 Abs. 1 a.F. Anstelle der Formulierung „zur Zahlung eines verhältnismäßigen Teils der Rente verpflichtet“ hätte es im Hinblick auf das Verständnis vom Wesen der Haftpflichtversicherung eigentlich heißen müssen, dass der VN nur Freistellung von einem verhältnismäßigen Teil der geschuldeten Rente verlangen könne.1 § 107 Abs. 2 S. 1 ist identisch mit § 155 Abs. 2 a.F. Neu hinzugekommen ist Abs. 2 S. 2, der klarstellt, dass die Beschränkung nach Abs. 1 auf einen verhältnismäßigen Teil auch für die Sicherheitsleistung gilt.2
II. Inhalt und Normzweck § 107 Abs. 1 sieht ebenso wie § 109 S. 1 eine Berechnungsmethode zur Verteilung 2 eines durch die Beschränkung auf die Versicherungssumme bestehenden Deckungsmangels vor.3 § 107 Abs. 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass die Leistung, zu welcher der VN dem geschädigten Dritten aus dem Haftpflichtverhältnis verpflichtet ist, nicht nur in der Zahlung einer einmaligen Geldleistung (Kapitalbetrag), sondern auch in der Gewährung einer Geldrente bestehen kann. Für diesen Fall bestimmt § 107 Abs. 1, dass der VR, soweit die Versicherungssumme den Kapitalwert der Rente nicht erreicht, nur zur Zahlung eines verhältnismäßigen Teils der Rente verpflichtet ist. Gibt es mehrere geschädigte Dritte, sind in der freiwilligen Haftpflichtversicherung § 109 und in der obligatorischen Haftpflichtversicherung § 118 zusätzlich zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat sich damit für eine Lösung entschieden, bei der der VN von 3 Anfang an an den Schadenszahlungen beteiligt wird.4 Diese Regelung ist für den VN von Vorteil, wenn der geschädigte Dritte überdurchschnittlich lange lebt und die Versiche-
1 2 3
Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V Teilbd. 1 Anm. G 35. BTDrucks. 16/3945 S. 86. Vgl. BGH 10.10.2006 RuS 2007 83, 85 = VersR 2006 1679 f.
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Motive 210 f.; BGH 30.10.1954 BGHZ 15 154, 160.
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rungssumme bereits erschöpft ist. Auch nach der Erschöpfung der Versicherungssumme bleibt der VR nämlich verpflichtet und der VN muss nur den auf ihn entfallenden anteiligen Betrag an der Rente zahlen.5 Der VR ist nicht berechtigt, vom VN den die Versicherungssumme überschreitenden Betrag zurückzufordern. Als nachteilig für den VN erweist sich § 107 Abs. 1, wenn der Dritte schon wenige Jahre nach dem Rentenbeginn stirbt und die Versicherungssumme noch nicht erschöpft ist. Der VN ist in diesem Fall nicht berechtigt, vom VR die von ihm anteilig geleisteten Zahlungen ersetzt zu verlangen. § 107 Abs. 1 schützt somit einerseits die Interessen des geschädigten Dritten, weil 4 sichergestellt ist, dass er den auf den VR entfallenden Anteil der Rente bis zu deren Ende erhält, ohne dass es darauf ankommt, ob die Versicherungssumme erschöpft ist. Kehrseite dieser Verpflichtung ist die fehlende Berechtigung des Dritten, vom VR die Begleichung von Rentenansprüchen in voller Höhe bis zur Erschöpfung der Versicherungssumme zu verlangen.6 Andererseits dient § 107 Abs. 1 dem Interesse des VN, weil sich sein Anteil an der Rentenleistung auch nach Erschöpfung der Versicherungssumme nicht erhöht.7 Hierdurch wird vermieden, dass der sorglose VN, der keine Rücklagen gebildet hat, finanziell ruiniert wird.8 § 107 Abs. 2 S. 1 bezieht sich auf den Fall, dass der VN für die von ihm geschuldete 5 Rente dem geschädigten Dritten kraft Gesetzes Sicherheit zu leisten hat. Erfasst wird nur die materielle Sicherheitsleistung aufgrund gesetzlicher Vorschriften. Art und Weise der zu erbringenden Sicherheitsleistung regeln die §§ 232 ff. BGB (Rn. 29 f.). Soweit der VR nach § 107 Abs. 1 nur zur Zahlung eines verhältnismäßigen Teils der Rente verpflichtet ist, ist die Beschränkung gemäß § 107 Abs. 2 S. 2 auch für die Verpflichtung des VR zur Sicherheitsleistung maßgebend. Der VR ist somit nicht verpflichtet, für eine jenen Betrag überschreitende Rente Sicherheit zu leisten. Die praktische Bedeutung von § 107 Abs. 2 ist gering, da bei einer Leistungspflicht des VR das Bedürfnis zur Sicherheitsleistung in der Regel entfällt (Rn. 30).
III. Anwendungsbereich 6
§ 107 findet grundsätzlich auch in der obligatorischen Haftpflichtversicherung Anwendung.9 In der Kfz-Haftpflichtversicherung wird § 107 Abs. 1 durch § 8 KfzPflVV konkretisiert.10 Keine Anwendung findet § 107 in der Seeversicherung (§ 209).
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6
BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1680; BGH 28.11.1990 VersR 1991 172, 173; BGH 12.06.1980 VersR 1980 817, 818. BGH 10.10.2006 RuS 2007 83, 85 = VersR 2006 1679, 1680; BGH 12.6.1980 RuS 1980 252, 253 = VersR 1980 817, 818; BGH 28.11.1990 RuS 1991 115, 225 = VersR 1991 172, 172 und 173; vgl. auch Hessert VersR 1997 39, 42.
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7 8 9 10
Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 5; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 7. Vgl. ÖOGH 29.6.1960 VersR 1960 1030, 1031; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 8. Langheid/Wandt/Schneider § 118 Rn. 8. Vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen § 8 KfzPflVV Rn. 1; Stiefel/Maier/Jahnke § 8 KfzPflVV Rn. 7.
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Rentenanspruch
§ 107
B. Voraussetzungen I. Verpflichtung zur Rentenzahlung 1. Begriff der Rente Der VN muss dem geschädigten Dritten gegenüber aufgrund gesetzlicher Haftpflicht- 7 bestimmungen zur Rentenzahlung verpflichtet sein. Besteht keine Rentenforderung, sondern nur ein Kapitalanspruch, so ist § 107 Abs. 1 nicht anwendbar. Für den Begriff der Rente ist wesentlich, dass es sich um eine Zahlung handelt, die für eine gewisse Zeit an genau bestimmten Fälligkeitstagen zu leisten ist und deren Höhe entweder genau feststeht oder sich anhand feststehender Faktoren genau berechnen lässt.11 Die Schadensfolgen müssen sich in dem Sinne konsolidiert haben, dass sie mit einem regelmäßig zu zahlenden Geldbetrag abgegolten werden können.12 Erforderlich ist eine regelmäßig wiederkehrende Leistung i.S.v. § 197 Abs. 2 BGB. Dabei bezieht sich das Merkmal „regelmäßig“ auf Termine, nicht auf die Höhe der Leistungen.13 Eine Wiederkehr zu demselben Betrag ist deshalb nicht erforderlich.14 Keine Rentenforderung liegt vor, wenn eine Kapitalverpflichtung in Raten bezahlt wird.15 Weder Abschlags- oder Vorschusszahlungen auf einen feststehenden Schadensbetrag noch Zinsen lassen sich deshalb als Rentenforderung qualifizieren.16 Keine Rentenforderung liegt vor, wenn ein Anspruch periodisch abgerechnet und dabei stets neu überprüft wird.17 Die bloße Möglichkeit, dass in Zukunft erneut gleichartige Aufwendungen entstehen, reicht nicht aus.18 Bei Renten aufgrund von Aufopferungsansprüchen hat der BGH den Rentencharakter verneint.19 Dagegen ist der in Rentenform zu erfüllende Schmerzensgeldanspruch Rente i.S.v. § 107.20 2. Rechtsgrund zur Rentenzahlung Ob und in welcher Höhe eine Rentenforderung des Dritten vorliegt, beurteilt sich 8 ausschließlich nach dem Haftpflichtverhältnis.21 Weder der geschädigte Dritte noch der VN können somit willkürlich und/oder einseitig bestimmen, ob die Haftpflichtforderung auf Rente oder Kapital gerichtet ist.22 Nach herrschender Meinung in der Literatur sollen VN und geschädigter Dritter jedoch vereinbaren können, dass Schadensersatzansprüche, die nach den gesetzlichen Bestimmungen auf Kapitalleistung gerichtet sind, in Renten umzuwandeln sind, und umgekehrt. Dies solle nur dann nicht möglich sein, wenn es mehrere Geschädigte gebe, weil auf diese Weise die Verteilung der Deckungssumme mani-
11
12 13
14 15
LG München 14.3.1961 NJW 1961 1408, 1409; vgl. auch ÖOGH 20.7.1989 VersR 1990 683. Vgl. ÖOGH 20.7.1989 VersR 1990 683; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 15. BGH 6.4.1981 BGHZ 80 357 f. = NJW 1981 2563; BGH 23.9.1958 BGHZ 28 144, 147 = NJW 1959 239, 240; RG 19.2.1937 RGZ 153 375, 378; vgl. auch MüKo-BGB/Grothe § 197 Rn. 26. RG 19.1.1916 RGZ 88 42, 46. BGH 23.8.1958 BGHZ 28 144, 149 = NJW 1959 239.
16 17 18 19 20 21 22
Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 7; Späte § 3 Rn. 75. Späte § 3 Rn. 75. Späte § 3 Rn. 75. BGH 15.19.1956 BGHZ 22 43, 50 = VersR 1957 450, 451. BGH 13.3.1959 VersR 1959 458, 459 = NJW 1959 1031. Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 17; Späte AHB § 3 Rn. 75. Wussow AHB § 3 Rn. 22; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 9.
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puliert werden könne.23 Freilich wird der Schutz einer Mehrheit von Geschädigten durch § 109 sichergestellt. Entscheidend für die Wirksamkeit einer Parteivereinbarung (in der Regel wird es sich um einen außergerichtlichen Vergleich handeln) ist im Hinblick darauf, dass eine Rentenzahlung nachteilig für den VR sein kann, dass letzterer seine Zustimmung zur Umwandlung der Kapitalleistung in eine Rentenzahlung erteilt. Fehlt es an einer solchen dreiseitigen Vereinbarung, hängt die Verpflichtung des VN zur Rentenzahlung davon ab, dass eine solche durch Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt wird.24 Materieller Schadensersatz wegen Verdienstausfalls, Erwerbsminderung oder vermehr9 ter Bedürfnisse (§ 843 Abs. 1 BGB), entzogenen Unterhalts (§ 844 Abs. 2 S. 1 BGB) oder entgangener Dienste (§ 845 S. 1 BGB) ist nach dem gesetzlichen Leitbild grundsätzlich in Rentenform nach Maßgabe der § 843 Abs. 2 bis 4 BGB zu gewähren. Auch regelmäßig anfallende Heilkosten können als Renten anzusehen sein (z.B. regelmäßige Medikamentengewähr).25 Eine Geldrente im Falle der Erwerbsbeeinträchtigung und/oder der Bedürfnisvermehrung sehen auch die meisten Gefährdungshaftungstatbestände vor (§§ 8 HPflG, 13 StVG, 38 LuftVG, 9 ProdHaftG, 89 AMG, 14 UmweltHG, 32 Abs. 6 GenTG, 30 AtG). Abweichend von § 843 Abs. 1 BGB bestimmen diese Sonderregeln zwar, dass nur „für die Zukunft“ auf eine Rentenzahlung erkannt werden kann, und verweisen im Übrigen auf § 843 Abs. 2 bis 4 BGB. Jedoch räumt der BGH in feststehender Rechtsprechung dem Verletzten für die Vergangenheit ein Wahlrecht zwischen Kapital- und Rentenzahlung auf der Grundlage des § 251 BGB ein, da Kapital und Rente lediglich zwei unterschiedliche Arten ein und desselben Schadensersatzanspruchs seien.26 Gesetzessystematisch stellen die vorgenannten Bestimmungen Sonderregelungen auf der Ebene der Haftungsausfüllung gegenüber den in §§ 249, 251 BGB für die Naturalrestitution normierten Grundsätzen dar.27 Schmerzensgeld wird grundsätzlich in Form eines Kapitalbetrages gewährt. Eine 10 Schmerzensgeldrente kommt nur dann in Betracht, wenn entweder ungewöhnlich schwere Verletzungen vorliegen, unter denen der Verletzte immer wieder neu leidet, oder besondere, außergewöhnliche Umstände gerade die Rentenform erzwingen.28 Schmerzensgeldrenten sind grundsätzlich ohne Dynamisierung bis zum Lebensende 29 oder begrenzt auf einen bestimmten Zeitraum zu zahlen.30 Eine Abänderung (§ 323 ZPO) kommt nur unter besonderen Umständen in Betracht. Erforderlich ist, dass eine ganz erhebliche Steigerung der Lebenshaltungskosten vorliegt und die zugesprochene Rente deshalb nicht mehr als „billiger“ Ausgleich der immateriellen Beeinträchtigungen des Geschädigten angesehen werden kann. Ob dies der Fall, lässt sich erst nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls beurteilen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Zahlung einer erhöhten Rente dem Schädiger billigerweise zugemutet werden kann, etwa weil die Haftungshöchstsumme des VR „erschöpft“ ist.31 23
24 25 26
So Wussow WJ 1986 146, 147; Späte AHB § 3 Rn. 75; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 9. Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 8; Späte AHB § 3 Rn. 75. Stiefel/Maier/Jahnke § 107 Rn. 36; Römer/ Langheid/Langheid § 107 Rn. 4. BGH 13.7.1972 BGHZ 59 187, 188 = NJW 1972 1711, 1712; BGH 24.3.1964 VersR 1964 777, 778; BGH 17.3.1964 VersR 1964 638, 639; BGH 25.2.1958 VersR 1958 324, 325; RG 16.12.1937 RGZ 156 392, 393; MüKo-BGB/Wagner § 843 Rn. 6.
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27 28
29 30 31
BGH 19.5.1981 VersR 1982 238, 239 = RuS 1982 127 zu § 843 BGB. Stiefel/Maier/Jahnke § 107 Rn. 37; Langheid/ Wandt/Littbarski § 107 Rn. 19; vgl. auch BGH 11.12.1956 NJW 1957 383. BGH 3.7.1973 NJW 1973 1653 = VersR 1973 1067, 1068. BGH 23.11.1965 VersR 1966 144, 145. BGH 15.5.2007 NJW 2007 2475, 2476 = VersR 2007 961, 962.
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Rentenanspruch
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II. Unzureichende Versicherungssumme 1. Bedeutung der Versicherungssumme und des Kapitalwerts Der Kapitalwert (auch Barwert genannt) der Rente muss die Versicherungssumme 11 übersteigen, die nach Abzug der Kapitalzahlungen auf Ansprüche, die keine Rentenansprüche sind, verbleibt (vgl. Rn. 22, 26).32 Bleibt der Kapitalwert unterhalb der Versicherungssumme, ist der VR voll leistungspflichtig. Gelten für Sach-, Personen- und Vermögensschäden unterschiedliche Versicherungssummen, ist die Versicherungssumme für jede Schadensart getrennt zu rechnen.33 Soweit die Verpflichtung zur Rentenzahlung aus dem Gesetz folgt, liegt der Haftung stets ein Personenschaden zugrunde, so dass die für Personenschäden vorgesehene Versicherungssumme maßgeblich ist. Schadensersatzansprüche in Rentenform kommen aber auch bei „reinen“ Vermögensschäden vor. Gedacht sei z.B. daran, dass durch fehlerhaftes Verhalten eines Anwalts eine Mandantin ihren Unterhaltsanspruch verliert. Überschneiden sich die Deckungsbereiche zweier, vom VN bei demselben VR abgeschlossenen Versicherungsverträge (z.B. Privathaftpflichtversicherung und Jagdhaftpflichtversicherung) und besteht Versicherungsschutz nach beiden Versicherungsverträgen, so kann der VN nach § 78 analog insgesamt nicht mehr als den Betrag seines Schadens verlangen. Er kann jedoch die Versicherungssummen beider Versicherungen voll ausnutzen.34 Schuldet der VN einem einzelnen Geschädigten sowohl Schadensersatz in Kapital- als 12 auch in Form von Rentenzahlungen, stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Kapitalforderung bei der Berechnung der Versicherungssumme zu berücksichtigen ist. Nach Ziff. 6.7 AHB 2012 ist die Versicherungssumme um „etwaige[.] sonstige[.] Leistungen“ zu kürzen. Bei sonstigen Leistungen kann es sich z.B. um Heilbehandlungskosten, Beerdigungskosten, Schmerzensgeld-Einmalbeträge und (bei Pauschal-Deckungssummen) den Ersatz von Sachschäden handeln. § 107 Abs. 1 gibt dagegen keine Antwort auf diese Frage. Die Rechtsprechung hat sich hierzu auch noch nicht ausdrücklich geäußert. Eine Mindermeinung in der Literatur spricht sich aus Gründen der Praktikabilität für einen Vorrang der Rentenforderung aus.35 Indes ist nicht erkennbar, welchen praktischen Nutzen der Vorrang der Renten- vor Kapitalforderung für die Beteiligten haben soll. Unter dem Aspekt der Praktikabilität ließe sich ebenso gut ein Vorrang der Kapital- vor der Rentenforderung vertreten. Für den Anwendungsbereich der Kfz-Haftpflichtversicherung statuiert § 8 Abs. 1 S. 1 13 und Abs. 4 KfzPflVV ausdrücklich einen Vorrang der Kapitalforderungen vor der Rentenforderung. Für einen Vorrang der Kapitalforderung sprechen sowohl die Interessen des geschädigten Dritten als auch die Interessen des VN. Zu berücksichtigen ist, dass es bei Kapitalforderungen um den Ausgleich aktuell erlittener Nachteile geht, während Rentenforderungen zukünftige Nachteile ausgleichen sollen. Der geschädigte Dritte hat im Zweifel ein größeres Interesse daran, dass ihm für aktuell eingetretene Nachteile schnellstmöglich ein Ausgleich gewährt wird, mag dies auch im Ergebnis dazu führen, dass sich der Anteil des VR an der Rente verringert und im Extremfall auf Null absinkt.
32 33
Vgl. BGH 10.10.2006 RuS 2007 83, 85 = VersR 2006 1679. BGH 10.10.2006 RuS 2007 83, 85 = VersR 2006 1679, 1680; Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 2; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 23.
34 35
BGH 28.11.1990 VersR 1991 172, 173. Deichl/Küppersbusch/Schneider Rn. 106 f.; Schantl MDR 1982 450, 451; Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen AKB § 10 Rn. 141.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Billigte man Kapitalforderungen keinen Vorrang zu, hätte der VN diese mit eigenen Mitteln zu befriedigen. Diese Konsequenz läge weder im Interesse des VN noch des geschädigten Dritten. Wäre der VN nämlich zur Befriedigung nicht in der Lage und müsste Insolvenz anmelden, würde der Geschädigte nicht nur hinsichtlich der Kapitalforderung leer ausgehen. Er müsste sich darüber hinaus mit dem Anteil des VR an der Rente zufrieden geben. Für den VN liefe der Vorrang der Rentenforderung darauf hinaus, dass der Zweck des Haftpflichtversicherungsvertrages unterlaufen würde. Die besseren Argumente sprechen deshalb dafür, Kapitalforderungen von der Versicherungssumme in Abzug zu bringen.36 Bei nachträglich erhobenen oder später entstandenen Kapitalansprüchen des Dritten 14 hat der Vorrang zur Folge, dass der VR diese sofort zu befriedigen hat und insoweit eine Neuberechnung der Rente erforderlich wird. Etwas anderes gilt für den Fall, dass der VR, nachdem er bereits Kapitalzahlungen geleistet hat, dem Geschädigten eine Rentenzahlung verbindlich zusagt, die den Kapitalwert der verbliebenen Versicherungssumme voll ausschöpft.37 Hat der VR die rechtzeitige Kürzung der Rente versäumt und dadurch das Ausschöpfen der Versicherungssumme bewirkt, ist er nicht berechtigt, die Rentenzahlungen völlig einzustellen.38 Soweit es um die Befriedigung mehrerer Geschädigter geht, ist das Verteilungsverfahren gemäß § 109 anzuwenden, wonach die Forderungen sämtlicher Geschädigter im Verhältnis zu ihren Beträgen zu kürzen sind (§ 109 Rn. 12 ff.). Die Kosten des Rechtsschutzes bleiben wegen der Regelung des § 101 Abs. 2 S. 1 unberücksichtigt. Dies gilt aufgrund der Bestimmung des § 101 Abs. 2 S. 2 auch für Zinsen, die der VN infolge einer vom VR veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem schuldet.39 2. Berechnung des Kapitalwerts der Rente
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§ 107 Abs. 1 lässt offen, wie der Kapitalwert von Renten zu berechnen ist.40 Es handelt sich um eine (versicherungs-)mathematische Frage, die nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen anhand des konkreten Falles und unter Beachtung der sich aus anerkannt zuverlässigen statistischen Unterlagen ergebenden Durchschnittswerte beantwortet werden muss.41 Die Berechnung erfordert deshalb regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens.42 Der Kapitalwert der Rente hängt dabei nicht nur von der Höhe der einzelnen Rentenraten, sondern vor allem auch von der Dauer der Rentenverpflichtung ab. Die (zukünftigen) Rentenraten (einschließlich möglicher Hinterbliebenenrenten-
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Ebenso Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 8 f.; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 22 ff.; Stiefel/Maier/Jahnke § 107 Rn. 26; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 29; Wussow § 3 Anm. 22; Späte § 3 Rn. 77; ÖOGH 29.11.1983 VersR 1984 1200 f.; ÖOGH 12.1.1984 VersR 1984 1201, 1202. OLG Düsseldorf 26.1.1987 VersR 1988 485, 486 = NJW-RR 1987 799; Langheid/Wandt/ Littbarski § 107 Rn. 54; Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 17; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Retter § 107 Rn. 21; offenlassend Römer/ Langheid/Langheid § 107 Rn. 10. BGH 12.6.1980 VersR 1980 817, 818 = NJW 1980 2524, 2525; Bruck/Möller/R. Johann-
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sen8 Bd. V Teilbd. 1 Anm. G 36; Langheid/ Wandt/Littbarski § 107 Rn. 54. Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 28. Vgl. BGH 10.10.2006 RuS 2007 83, 85 = VersR 2006 1679, 1680; BGH 22.1.1986 BGHZ 97 52, 58 = VersR 1986 392, 394; BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, jeweils zu § 155. BGH 22.1.1986 BGHZ 97 52, 58 = VersR 1986 392, 394 f.; BGH 12.6.1980 VersR 1980 817, 818 = NJW 1980 2524, 2525; BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 133; Römer/Langheid/Langheid § 107 Rn. 6. Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 11; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 37.
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Rentenanspruch
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zahlungen nach dem Tode des Rentenempfängers) sind – jeweils mit der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens gewichtet und auf den Berechnungszeitpunkt abgezinst – zu addieren.43 Bei der Abzinsung ist, wenn keine abweichende vertragliche Regelung vorliegt, „ein Zinsfuß, der der Effektivverzinsung entspricht, die auf dem Kapitalmarkt für Rentenwerte von vergleichbarer Laufzeit zu erzielen ist“, zugrunde zu legen.44 Der Kapitalwert der Rente ist im Übrigen nicht identisch mit dem Betrage der „Abfin- 16 dung in Kapital“, wie sie etwa nach § 843 Abs. 3 BGB verlangt werden kann.45 Während der Kapitalwert der Rente bei jeder Änderung der Rente neu – allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft – zu berechnen ist,46 ist der im Wege der Kapitalisierung ermittelte Abfindungsbetrag endgültig.47 Keine Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Berechnung des Kapitalwerts in den Fällen, in denen der VR dem Sozialversicherungsträger eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu erstatten und an den Dritten eine Verdienstausfallrente zu zahlen hat. Da es sich nicht um zwei selbstständige Rentenverpflichtungen handelt, sondern um die Teile des einheitlichen Rentenanspruchs, ist der Kapitalwert nach dem Gesamtbetrage zu berechnen, der dem Dritten in dem maßgeblichen Zeitpunkt vor dem Anspruchsübergang zustand.48 Zeitlicher Ausgangspunkt für die Berechnung des Kapitalwerts ist die Entstehung des 17 Haftpflichtanspruchs dem Grunde nach49 und nicht etwa der Zeitpunkt der Fälligkeit der ersten Rate.50 Deshalb ist auch für später eintretende Schäden (Erwerbs- und Unterhaltsschaden, vermehrte Bedürfnisse) der Anspruchsentstehungszeitpunkt maßgeblich.51 Die Verpflichtung zur Rentenzahlung endet zu dem im Haftpflichturteil, dem Anerkenntnis oder dem Vergleich festgelegten Zeitpunkt.52 Ist der Zeitpunkt nicht festgelegt und steht die Dauer der Rentenverpflichtung nicht 18 von vornherein fest, weil es z.B. auf die mutmaßliche Lebensdauer des Geschädigten ankommt oder nicht klar ist, wann der Geschädigte wieder einem Erwerb nachgehen kann, „ist sie aufgrund einer im Zeitpunkt ihres Beginns aufzustellenden Prognose unter Berücksichtigung des konkreten Falls und unter Beachtung der sich aus anerkannten statistischen Unterlagen ergebenden Durchschnittswerte zu bemessen“.53 Bei Verdienstausfallrenten kann im Allgemeinen noch von einem Endalter von 65 Jahren bei unselbstständig Tätigen und von 68 Jahren bei Selbständigen (vgl. § 8 Abs. 3 KfzPflVV) ausgegangen
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Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 107 Rn. 11. BGH 22.1.1986 BGHZ 97 52, 58 = VersR 1986 392, 394; vgl. auch BGH 28.11.1990 VersR 1991 172, 173 = NJW-RR 1991 984, 985. Vgl. BGH 8.1.1981 BGHZ 79 187, 192 = VersR 1981 283, 284. BGH 12.6.1980 VersR 1980 817, 818 = NJW 1980 2524, 2525; BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 134. Vgl. BGH 8.1.1981 BGHZ 79 187, 193 = VersR 1981 283, 284. BGH 22.1.1986 BGHZ 97 52, 58 = VersR 1986 392, 393; vgl. auch BGH 28.11.1990 VersR 1991 172, 173; Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 16. BGH 22.1.1986 BGHZ 97 52, 58 = VersR
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1986 392, 393; BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 133; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 39; Römer/Langheid/Langheid § 107 Rn. 7; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 16; Sprung VersR 1992 657, 660. So aber Deichl/Küppersbusch/Schneider Rn. 64. Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 12; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 107 Rn. 12; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 17. Vgl. BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 133 f.; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 40; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 107 Rn. 13. BGH 12.6.1980 VersR 1980 817, 818 = NJW 1980 2524, 2525; BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 133; BGH 28.11.1979 VersR 1980 279.
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werden,54 während bei Waisenrenten frühestes Endalter das vollendete 18. Lebensjahr ist (vgl. § 10 Abs. 7 S. 5 AKB 2006). Ziff. 6.7 AHB 2012 verweist in diesem Zusammenhang für diejenigen Renten, bei denen die Dauer nicht feststeht, auf die KraftfahrzeugHaftpflichtversicherung (KfzPflVV).55 Nach § 8 Abs. 1 S. 2 KfzPflVV ist „[d]er Rentenwert [.] auf Grund einer von der Versicherungsaufsichtsbehörde entwickelten oder anerkannten Sterbetafel und unter Zugrundelegung des Rechnungszinses, der die tatsächlichen Kapitalmarktzinsen in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt, zu berechnen“.
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Bei Ermittlung des Kapitalwerts von Renten wegen Verdienstausfalls ist eine künftige Erhöhung der Rente zu berücksichtigen, die infolge von Geldentwertung und steigendem Lohnniveau jährlich eintritt, und zwar als sogenannte aufgeschobene Rente.56 Dem Umstand, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass der geschädigte Dritte in der Zeit vom ursprünglichen Rentenbeginn bis zum Zeitpunkt der Erhöhung stirbt, ist durch einen versicherungsmathematischen Abschlag Rechnung zu tragen. Führt die bei einer später folgenden Erhöhung der Rentenleistung vorgenommene Neuberechnung des Kapitalwerts zur Feststellung, dass die Versicherungssumme überschritten ist, so wirkt das jeweils nur für die Zukunft.57 Bei der Berechnung des Kapitalwerts einer Schadensersatzrente nach § 107 geht es 20 darum, den Geldbetrag zu ermitteln, den der VR verzinslich anlegen müsste, um aus den Zins- und Tilgungsbeträgen die Rentenleistung erbringen zu können.58 Je höher der Zinssatz ist, desto geringer fällt der Kapitalwert aus, was sich im Ergebnis positiv für den VN auswirkt.59 Umgekehrt profitiert der VR von einem niedrigen Zinssatz. Soweit der VR sich formularmäßig ein einseitiges Änderungsrecht einräumt, unterliegt der Zinssatz der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Es kommt darauf an, ob durch die Herabsetzung des Rechnungszinsfußes die Entschädigungsleistung des VR gegenüber der gesetzlichen Regelung so verkürzt wird, dass eine Treu und Glauben widersprechende, unangemessene Benachteiligung des VN anzunehmen ist. Baumann hat sich dafür ausgesprochen, die sich durch die Unwirksamkeit der einschlägigen Klauseln ergebende Vertragslücke durch § 8 Abs. 1 S. 2 KfzPflVV im Wege der Analogie oder der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.60
C. Rechtsfolgen I. Verhältnismäßige Kürzung der Rente 21
Übersteigt der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme, ist der Anspruch des VN auf Zahlung einer Rente an den geschädigten Dritten nach Maßgabe der nachstehenden Berechnungsformel in dem Verhältnis zu kürzen, in dem der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme übersteigt:61 54 55
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BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 134; Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 13. Zu Bedenken gegen die Transparenz der Verweisung und die Berechnung der Kapitalwerte s. Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 48. BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 134. BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 134; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. V Teilbd. 1 Anm. G 36.
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BGH 22.1.1986 BGHZ 97 52, 58 = VersR 1986 392, 394. BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 134. Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 20. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 27; Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 7; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 51.
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Rentenanspruch
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Rentenforderung × Versicherungssumme Anteil des VR = –––––––––––––––––––––––––––––––––––– Kapitalwert der Rente Beispiel: Beträgt bei einer Rente von 1.500 € monatlich der Kapitalwert dieser Rente 300.000 € und war zu diesem Versicherungsvertrag eine Versicherungssumme von 200.000 € vereinbart, so gehen von dieser Rente monatlich 1.000 € (= 1.500 × 200.000 : 300.000) zulasten des VR und 500 € zulasten des VN.
Hat der Geschädigte nicht nur Renten- sondern auch Kapitalzahlungsansprüche, so 22 ist die sofort fällige Kapitalzahlung in voller Höhe zu zahlen und von der Versicherungssumme in Abzug zu bringen. Der hiernach verbleibende Teil der Versicherungssumme ist im Rahmen des § 107 Abs. 1 zur Freistellung von der Rentenzahlungsverpflichtung zu verwenden.62 Insoweit ist die vorstehende Formel wie folgt zu ändern: Rentenforderung × (Versicherungssumme-Kapitalforderungen) Anteil des VR = –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Kapitalwert der Rente Beispiel: Wie im vorgenannten Beispiel (Rn. 21), jedoch ist der VN zur Zahlung eines Schmerzensgeldes als Einmalbetrag in Höhe von 10.000 € verurteilt worden. Wegen des Vorrangs von Kapitalforderungen vor Rentenforderungen ist die Versicherungssumme um diesen Betrag zu kürzen. In diesem Fall gehen von der Rente monatlich 950 € (= 1.500 × 190.000 : 300.000) zulasten des VR und 550 € zulasten des VN.
II. Mehrere Geschädigte Gibt es mehrere Geschädigte, die Kapital- und Rentenzahlungsansprüche geltend 23 machen, sind die Rentenansprüche vorweg zu kapitalisieren, um im Falle der nicht ausreichenden Versicherungssumme die nach § 109 S. 1 gebotene ranggleiche Befriedigung aller Geschädigten sicherzustellen.63
III. Neuberechnung des Kapitalwerts Ändert sich nachträglich die Höhe der vom VN zu zahlenden Renten, ist eine Neube- 24 rechnung des Kapitalwerts der Renten erforderlich. Der Grund für die Rentenänderung ist dabei gleichgültig. Auch wenn der Geschädigte stirbt und an die Stelle der ihm gewährten Rente die Ansprüche der Hinterbliebenen auf Ersatz des entgangenen Unterhalts aus § 844 Abs. 2 BGB (möglicherweise auch aus § 1845 BGB) treten, ist eine neue Kapitalisierung oder ein neuer Vergleich mit der verbliebenen Versicherungssumme vorzunehmen. Eine solche Neuberechnung wirkt allerdings nur für die Zukunft.64 Beispiel: Verstirbt in dem zuvor angeführten Beispiel (Rn. 21) der Geschädigte nach dreijährigem Rentenbezug unfallbedingt und ergibt die Berechnung, dass der Kapitalwert der der Witwe dann zu-
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Wussow § 3 Rn. 22. BGH 25.2.1958 VersR 1958 324, 325; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 29; Wussow § 3 Rn. 22.
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BGH 28.11.1979 VersR 1980 132, 134; Wussow § 3 Rn. 22.
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gesprochenen Rente nach § 844 Abs. 2 BGB in Höhe von 700 € monatlich sich auf 140.000 € stellt, so ist diese mit der (um die Leistungen des VR an den verstorbenen Ehemann gekürzten) Versicherungssumme von 164.000 € (= 200.000 € – 36.000 €) zu vergleichen. Der VR muss dann die Rente an die Witwe in voller Höhe erbringen. Dem VN steht kein Rückforderungsanspruch in Höhe des von ihm für drei Jahre monatlich aus eigener Tasche erbrachten Anteils von 500 € zu.
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Entsprechendes gilt, wenn von Anfang an mehrere anspruchsberechtigte Rentenempfänger vorhanden sind, bei denen der Kapitalwert der gesamten Renten die Versicherungssumme überschreitet. Beträgt also die Versicherungssumme 100.000 € und werden drei Rentenansprüche von monatlich 150 € für A, 250 € für B und 350 € für C zuerkannt, so ist für alle drei Renten der Kapitalwert zu ermitteln und die Summe dieser Kapitalwerte dann mit der Versicherungssumme zu vergleichen. Auch hier treten dann die Ansprüche der Angehörigen aus § 844 Abs. 2 BGB an die Stelle der Ansprüche des verstorbenen Dritten. Es fragt sich aber, ob eine Neuberechnung unter voller Berücksichtigung des noch nicht verbrauchten Teils der Versicherungssumme selbst dann vorzunehmen ist, wenn einer der geschädigten Dritten ersatzlos wegfällt. Man stelle sich vor, dass C ohne Angehörige ist und bereits nach 3 Jahren stirbt. Mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Haftpflichtversicherung sowohl zugunsten des VN als auch zugunsten der geschädigten Dritten (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere § 108 Abs. 1 und das in § 109 S. 1 vorgesehene Verteilungsverfahren zugunsten der geschädigten Dritten) ist eine einschränkende Auslegung des § 107 Abs. 1 in dem Sinne vorzuziehen, dass der durch den frühzeitigen Tod des C „freigewordene“ Teil der Versicherungssumme wieder allen anspruchsberechtigten Dritten zur Verfügung steht. Selbstverständlich kann der VN aber auch hier die bereits aus eigener Tasche für die Vergangenheit zugezahlten Beträge nicht zurückfordern. Insoweit bleibt die Risikoverteilung in Bezug auf die Lebenserwartung des geschädigten Dritten zwischen den Parteien des Versicherungsvertrages bei dieser Auslegung des § 107 Abs. 1 erhalten. 26 Der vom VR zu leistende Anteil an der Rente verringert sich, wenn der VN während laufender Rentenzahlung eine zuvor nicht berücksichtigte Kapitalforderung zu erfüllen hat. Auch in einem derartigen Fall ist der Kapitalwert der Rente neu zu berechnen. Zu diesem Zweck ist der Kapitalwert der vom VR bereits geleisteten Renten zu bestimmen und vom Kapitalwert, der ursprünglich für sämtliche Rentenzahlungen ermittelt worden ist, in Abzug zu bringen. Von dem sich daraus ergebenden Differenzbetrag ist die nachträglich geltend gemachte Kapitalforderung in voller Höhe abzuziehen. Führt der Abzug zu einem Verbrauch der Versicherungssumme, so besteht eine weitere Deckungspflicht für die Renten nicht. Ist die Versicherungssumme nicht voll verbraucht, bleibt der noch freie Betrag für die Deckung der Renten in der Zukunft. Die nach Berichtigung des Kapitalanspruchs noch zu zahlenden Renten sind erneut zu kapitalisieren und mit der verbleibenden Versicherungssumme zur Errechnung des vom VR zu tragenden Anteils zu vergleichen.65 27 Versäumt der VR eine Kürzung der Rente, ist er nicht berechtigt, Überzahlungen mit künftigen Raten zu verrechnen und weitere Rentenzahlungen einzustellen. Er kann sich insoweit nicht auf eine Erschöpfung der Versicherungssumme berufen.66 Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des § 107 Abs. 1, im Interesse des Geschädigten eine fortlaufende verhältnismäßige Beteiligung des VR an den Rentenleistungen zu gewährleisten. Der VR kann den überschießenden Teil vom VN nur nach den Grundsätzen der ungerechtfertig65
Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 107 Rn. 21; Wussow § 3 Rn. 22.
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ten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Alt. 1 S. 1 BGB) zurückfordern, weil er die Zahlungen zum Zwecke der Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag gegenüber dem VN geleistet hat.67 Eine Direktkondiktion gegen den Rentenberechtigten scheidet aus.68 Nach Ziff. 5.4 AHB 2012 trifft den VN die Obliegenheit, das (aus dem Haftpflicht- 28 verhältnis resultierende) Recht, wegen veränderter Verhältnisse die Aufhebung oder Minderung einer zu zahlenden Rente zu verlangen, von dem VR ausüben zu lassen. Hierbei handelt es sich um eine Konkretisierung der ohnehin aus § 82 folgenden Obliegenheit des VN zur Schadensminderung.69 Der VN ist insoweit verpflichtet, dem VR ihm bekannte Umstände mitzuteilen und ihn bei Ausübung der Rechte zu unterstützen. Der VN ist nicht zur Ausforschung des Dritten verpflichtet. Tatsachen, von denen er zufällig Kenntnis erhalten hat, hat er jedoch an den VR weiterzugeben.70
IV. Sicherheitsleistung Nach § 107 Abs. 2 S. 1 ist der VR zur Sicherheitsleistung verpflichtet, wenn der VN 29 für die von ihm geschuldete Rente dem Dritten Sicherheit zu leisten hat. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der VN Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den für die Haftpflicht maßgeblichen Vorschriften. Einschlägig ist § 843 Abs. 2 S. 2 BGB, der nicht nur Anwendung findet bei einer aufgrund §§ 843 Abs. 1, 844 Abs. 2, 845 BGB bestehenden Verpflichtung zur Rentenzahlung, sondern auch für Rentenzahlungspflichten aus den einschlägigen Bestimmungen der Nebengesetze (Rn. 9).71 Gemäß § 843 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt sich das Ob, die Art und Weise und die Höhe der geschuldeten Sicherheit nach den Umständen des Einzelfalls, die das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu würdigen hat.72 Die Modalitäten der zu erbringenden Sicherheitsleistung bestimmen sich nach §§ 232 ff. BGB.73 Bei seiner Ermessensentscheidung hat das Gericht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers sowie Höhe und Dauer der Rentenverpflichtung zu berücksichtigen. In die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers fließt zu seinen 30 Gunsten auch das Bestehen von Haftpflichtversicherungsschutz ein.74 Dies gilt nicht nur, wenn dem Geschädigten im Rahmen der obligatorischen Haftpflichtversicherung ein Direktanspruch gegen den VR zusteht (z.B. § 115 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 PflVersG), sondern auch für die freiwillige Haftpflichtversicherung. Dort ist die Befriedigung der Haftpflichtansprüche durch das Veräußerungsverbot gemäß § 108 Abs. 1 und das Recht zur abge-
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Bruck/Möller/R. Johannsen Bd. V Teilbd. 1 Anm. G 36; a.A. Römer/Langheid/Langheid § 107 Rn. 11. A.A. offenbar Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 57; offenlassend BGH 12.6.1980 VersR 1980 817, 818, wo davon die Rede ist, dass „allenfalls“ aus ungerechtfertigter Bereicherung vorgegangen werden könne; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 31. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 107 Rn. 21; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 62; Späte § 5 Rn. 59. Späte § 5 Rn. 60.
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Vgl. auch Hinweis von Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 67. MüKo-BGB/Wagner § 843 Rn. 71; Langheid/ Wandt/Littbarski § 107 Rn. 68; a.A. Palandt/ Sprau § 843 Rn. 17; Staudinger/Vieweg § 843 Rn. 33; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 34; Looschelders/Pohlmann/ Schulze Schwienhorst § 107 Rn. 7 (freies Ermessen). Vgl. RG 7.5.1938 RGZ 157 348, 351; Staudinger/Vieweg § 843 Rn. 33; Staudinger/ Repgen Vorbem. §§ 232 ff. Rn. 4. RG 7.5.1938 RGZ 157 348, 350 f.
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sonderten Befriedigung in der Insolvenz des VN nach § 110 gewährleistet.75 Ein Sicherungsbedürfnis des Geschädigten ist deshalb jedenfalls dann zu verneinen, wenn der betreffende Haftpflichtversicherer seinen Sitz innerhalb der Europäischen Union hat. In diesem Falle kann davon ausgegangen werden, dass der VR finanziell in der Lage ist, den VN von Rentenansprüchen des Geschädigten zu befreien.76 Sollte diese Annahme ausnahmsweise nicht zutreffen, kommt § 107 Abs. 2 S. 2 zum Tragen. Der VR ist nur bis zur Höhe der dem Kapitalwert der Rentenverpflichtung entsprechenden Versicherungssumme zur Sicherheitsleistung verpflichtet. Littbarski weist zudem auf das selbstständige Verfahren der Nachforderungsklage zur Sicherheitsleistung gemäß § 324 ZPO sowie die Bestimmungen der § 13 Abs. 3 StVG, § 8 Abs. 3 HaftPflG, § 38 Abs. 3 S. 1 LuftVG und § 30 Abs. 3 AtomG als weitere Möglichkeiten für den Geschädigten hin, eine Sicherheitsleistung vom VN als dem Schädiger zu verlangen.77
D. Abdingbarkeit 31
§ 107 zählt nicht zu den (halb-)zwingenden Vorschriften des Haftpflichtversicherungsrechts (§ 112). Wegen § 108 Abs. 1 kann der VR jedoch nicht nach Eintritt des Versicherungsfalls (mit Wirkung gegenüber den geschädigten Dritten) mit dem VN formularmäßig vereinbaren, dass in den Fällen, in denen die Versicherungssumme niedriger ist als der Kapitalwert der Rente, die volle Rente nur so lange bezahlt wird, bis die Versicherungssumme erschöpft ist. Eine solche Vereinbarung ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da der VR der Verpflichtung enthoben wird, gegebenenfalls über die Versicherungssumme hinaus zu leisten. Hierdurch wird der von § 107 Abs. 1 beabsichtigte Schutz des Dritten unterlaufen. Etwas anders gilt nur dann, wenn der Dritte dieser Berechnungsweise zugestimmt hat.78 Vor Eintritt des Versicherungsfalls sind VN und VR dagegen nicht daran gehindert zu 32 vereinbaren, dass der VR die Rentenzahlungen in voller Höhe nur bis zur Erschöpfung der Versicherungssumme erbringt. Eine solche Vereinbarung im Haftpflichtversicherungsvertrag stellt keine vorweggenommene Verfügung im Sinne des § 108 Abs. 1, sondern eine zulässige Bestimmung des Inhalts des Haftpflichtversicherungsanspruchs dar.79 Sie ist nicht anders zu beurteilen als etwa die Absprache über die Höhe der Versicherungssumme selbst. Zudem ist eine solche Absprache auch wertneutral in dem Sinne, dass sie sich – so gut wie unvorhersehbar für alle Beteiligten – sowohl zugunsten als auch zuungunsten des geschädigten Dritten auswirken kann. Zugunsten des Dritten wirkt sie z.B. in den Fällen, in denen der VN vermögenslos ist. Grundsätzlich wirksam sind auch Vereinbarungen, die Berechnungsweisen für den Fall vorsehen, dass neben einer Rentenforderung auch Kapitalforderungen geltend gemacht werden. So können VN und VR ver-
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Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 70. Vgl. hierzu RG 7.5.1938 RGZ 157 348, 350 ff.; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 34; Späte § 3 Rn. 38; MüKo-BGB/Wagner § 843 Rn. 72; Staudinger/Vieweg § 843 Rn. 33. Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 70 ff. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 107 Rn. 19; Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 81 ff.; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 107
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Rn. 24; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 107 Rn. 10. Wie hier Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 107 Rn. 9; Prölss/Martin/ Voit/Knappmann27 § 155 Rn. 16; a.A. Langheid/Wandt/Littbarski § 107 Rn. 79 f.; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 71; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 107 Rn. 24; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 36.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
§ 108
einbaren, dass Rentenforderungen Vorrang vor Kapitalforderungen haben. Eine solche Abrede ist dagegen unwirksam, wenn eine Mehrheit von anspruchsberechtigten Dritten im Sinne des § 109 S. 1 gegeben ist.80 Die dort zwingend zugunsten der Dritten vorgeschriebene Verteilung kann durch eine Vereinbarung zwischen VR und VN nicht abgeändert werden.
E. Beweislast und Prozessuales Der VR hat die für ihn günstigen Tatsachen, die sein Recht zur Kürzung nach § 107 33 Abs. 1 begründen (z.B. Erschöpfung der Versicherungssumme) darzulegen und zu beweisen.81 Der geschädigte Dritte kann sein Wahlrecht zwischen Renten- und Kapitalleistung bis zur letzten mündlichen Tatsachenverhandlung ausüben.82 Bei einer auf Feststellung der Deckungspflicht gerichteten Klage des VN kann die sich 34 aus § 107 ergebende Reduzierung der Leistung des VR wegen § 308 ZPO keine Berücksichtigung finden.83 Hat der VR Schadensersatzansprüche mehrerer geschädigter Dritter zu befriedigen und reicht die Versicherungssumme nicht aus, ist sie nach Maßgabe der §§ 107, 109 – auf entsprechendes Vorbringen des VR – grundsätzlich bereits im Erkenntnisverfahren verhältnismäßig zu verteilen.84 Im Übrigen unterliegt das Verteilungsverfahren nach § 107 vollständiger gerichtlicher Kontrolle. Bei etwaigen Bedenken hinsichtlich der Substantiiertheit des dazu erfolgten Vortrages hat nach § 139 ZPO ein gerichtlicher Hinweis zu erfolgen.85
§ 108 Verfügung über den Freistellungsanspruch (1) Verfügungen des Versicherungsnehmers über den Freistellungsanspruch gegen den Versicherer sind dem Dritten gegenüber unwirksam. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung gleich. (2) Die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Dritten kann nicht durch Allgemeine Versicherungsbedingungen ausgeschlossen werden.
Schrifttum Andresen/Schaumann Die D&O-Versicherung: Fluch oder Segen für den Insolvenzverwalter?, ZInsO 2010 1908; Armbrüster Prozessuale Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung RuS, 2010 441; ders. Auswirkungen von Versicherungsschutz auf die Haftung, NJW 2009 187; Bank
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Im Ergebnis ebenso: ÖOGH 29.6.1960 VersR 1960 1030, 1032; vgl. auch Langheid/ Wandt/Littbarski § 107 Rn. 81; Wussow § 3 Rn. 22; a.A. Wahle VersR 1960 1032. Vgl. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1680; ÖOGH 29.9.1987 ZVerkR 1988 233 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 33. Vgl. BGH 13.7.1972 VersR 1972 1017, 1019.
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BGH 31.3.1963 VersR 1963 516, 517. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679; BGH 25.5.1982 BGHZ 84 151, 154; BGH 6.10.1982 VersR 1983 26, 27; BGH 25.5.1982 VersR 1982 791, 792 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 33. Vgl. BGH 25.6.2002 NJW 2002 3317, 3320; BGH 24.2.2003 NJW-RR 2003 742, 743.
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§ 108
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
D&O-Versicherer: Neue Situation durch Subprime-Krise und VVG-Reform, VW 2008 730; Baumann Die Problematik der Abtretbarkeit von Freistellungsansprüchen in der D&O-Versicherung – insbesondere an die geschädigte Versicherungsnehmerin, RuS 2011 229; ders. Die Überwindung des Trennungsprinzips durch das Verbot des Abtretungsverbots in der Haftpflichtversicherung, VersR 2010 984; ders. Zur Überwindung des „Trennungsprinzips“ im System von Haftpflicht und Haftpflichtversicherung – Die Bedeutung des Abtretungsverbots gem. § 7 Ziff. 3 AHB, Festgabe Zivilrechtslehrer 1934/1935 (1999) 13; Böttcher Direktanspruch gegen den D&O-Versicherer – Neue Spielregeln im Managerhaftungsprozess?, NZG 2008 645; van Bühren Paradigmenwechsel in der Berufshaftpflichtversicherung, BRAK-Mitt 2012 158; Dreher/Thomas Die D&O-Versicherung nach der VVG-Novelle 2008, ZGR 2009 31; Ebel Zur Abtretbarkeit von Befreiungsansprüchen, JR 1981 485; Ehlers Ausreichender Versicherungsschutz ein Risikofeld der Managerhaftung, VersR 2008 1173; Flach Auswirkungen des neuen Versicherungsvertragsrechts auf die Transportversicherungssparten, TranspR 2008 56; Franz Die Reform des Versicherungsvertragsrechts – ein großer Wurf?, DStR 2008 303; Freitag Das Großrisiko in der VVG-Reform, RuS 2008 96; Hagen Anwendung von Trennungsprinzip und Bindungswirkung auf die Vertrauensschadensversicherung bei Notaren, NVersZ 2001 341; ders. Bindungswirkung in der Vertrauensschadenversicherung? – Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der Haftpflichtversicherung, DNotZ 2000 809; Hösker Die Pflichten des Versicherers gegenüber dem VN nach Abtretung des Haftpflichtversicherungsanspruchs an den Geschädigten, VersR 2013 952; Ihlas D&O Directors & Officers Liability 2. Aufl. (2009); Ingwersen Die Stellung des Versicherungsnehmers bei Innenhaftungsfällen in der D&O-Versicherung (2011); R. Johannsen Die Rechtsstellung des geschädigten Dritten in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung, RuS 1997 309; Kammerer-Galahn Compliance – Herausforderung für Unternehmensleiter und deren Rechtsberater, AnwBl 2009 77; Klimke Vertragliche Abtretungsverbote und Legalzession nach § 67 I 1 VVG, VersR 1999 19; R. Koch Der Direktanspruch in der Haftpflichtversicherung, RuS 2009 133; ders. Aktuelle und zukünftige Entwicklungen in der D&O-Versicherung, WM 2007 2173; ders. VVG-Reform: Zu den Folgen der Untersagung des Anerkenntnis- und Abtretungsverbots in der Haftpflichtversicherung, FS Winter (2007) 345; Kramer Das Beurteilungsermessen des Betriebshaftpflichtversicherers und die geschäftsschädigende Festlegung auf Abwehrschutz, RuS 2008 1; ders. Prozessuale Besonderheiten des Haftpflicht- und Versicherungsprozesses, RuS 2001 177; Krause-Allenstein Praxisrelevante Änderungen des neuen Versicherungsvertragsgesetzes für das Bauversicherungsrecht, NZBau 2008 81; Lange Der Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer (am Beispiel der D&O-Versicherung), RuS 2011 185; ders. Die Rechtsstellung des Haftpflichtversicherers nach der Abtretung des Freistellungsanspruchs vom Versicherungsnehmer an den geschädigten Dritten, VersR 2008 713; ders. Die Prozessführungsbefugnis der Versicherungsnehmerin einer D&O-Versicherung, VersR 2007 893; ders. Interaktion zwischen dem Anerkenntnis und der Abtretung eines Versicherungsnehmers in der Haftpflichtversicherung – Reform des VVG, RuS 2007 401; ders. Aufhebung des versicherungsrechtlichen Anerkenntnisverbots nach der VVG-Reform, VersR 2006 1313; Langheid Nach der Reform: Neue Entwicklungen in der Haftpflichtversicherung, VersR 2009 1043; ders. Tücken in den §§ 110 ff. VVG-RegE, VersR 2007 865; ders. Nach der Reform: Neue Entwicklungen in der Haftpflichtversicherung, VersR 2009 1043; ders. Ausweg aus der Anerkenntnis- und Abtretungsfalle, FS Winter (2007) 367; Langheid/Müller-Frank Rechtsprechungsübersicht zum Versicherungsvertragsrecht 2009, NJW 2010 344; Littbarski Auswirkungen der VVGReform auf die Haftpflichtsparte (Teil 2), PHI 2007 176; Lücke Der Rechtsschutz- und der Freistellungsanspruch in den AHB 2008 (Teil 3), VR KOMPAKT 2008 91; E. Lorenz Anmerkung zum BGH-Urteil über das Abtretungsverbot in § 7 Ziff. 3 AHB, VersR 1998 1091; Mack/Terrahe Der Abschlussbericht der VVG-Reformkommission: Auswirkungen auf die Haftpflichtversicherung (Teil 1), PHI 2005 28; Müller/Stüler Der Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer (1966); Schramm Grenzen der Abtretung bei der D&O-Versicherung im Licht des neuen VVG, PHI 2008 24; Schramm/Wolf Das Abtretungsverbot nach der VVG-Reform, RuS 2009 358; Seybold/Wendt Der „Insolvenz“-Senat des BGH und das Trennungsprinzip in der Haftpflichtversicherung, VersR 2011 458; Spuhl Unterscheidung zwischen Haftpflicht- und Deckungsverhältnis nach dem Trennungsprinzip, VR KOMPAKT 2009 91; Thume Transportrechtliche Erfahrungen mit dem neuen VVG, TranspR 2012 125; ders. Probleme des Verkehrshaftungsversicherungsrechts nach der VVGReform, VersR 2010 849; ders. Der Regress des Verkehrshaftungsversicherers, VersR 2009 722; Schimmer Die D&O-Versicherung und §§ 105 und 108 Abs. 2 VVG 2008 – kann die Versicherungs-
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
§ 108
nehmerin geschädigte Dritte sein?, VersR 2008 875; Schlegelmilch Die Bindungswirkung in der Haftpflichtversicherung – Erwiderung auf den Beitrag von Langheid, VersR 2009 1043 –, VersR 2009 1467; Thomas Die Haftungsfreistellung von Organmitgliedern (2010); Thume Probleme des Verkehrshaftungsversicherungsrechts nach der VVG-Reform, VersR 2010 849; Voit Abschied vom Befriedigungsverbot in der Haftpflichtversicherung, VersR 1995 993; van Bühren Das neue Versicherungsvertragsgesetz 2008, ZAP Fach 10 307; von Rintelen Die Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des abgetretenen Freistellungsanspruchs in der Haftpflichtversicherung, RuS 2010 133; Winter Das Abtretungsverbot in der Berufshaftpflichtversicherung, RuS 2001 133; Wussow Vereinbarkeit des Abtretungsverbots in § 7 Ziff. 3 AHB mit § 9 AGBG, WJ 1998 47.
Übersicht Rn. A. I. II. III. IV. B. I. II. III. IV.
V.
VI. C. I.
II. III. D.
I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . Rechtspolitische Bewertung . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . Verfügungsverbot über Freistellungsanspruch (§ 108 Abs. 1) . . . . . . . . Gegenstand des relativen Verfügungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschädigter als Begünstigter des Verfügungsverbots . . . . . . . . . . . . . Adressat des Verfügungsverbots . . . . Begriff der Verfügung i.S.d. § 108 Abs. 1 1. Rechtsgeschäftliche Verfügung . . . 2. Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung . . 3. Aufrechnung des VR gegenüber dem Dritten . . . . . . . . . . . . . a) Forderungen gegen den VN . . . b) Forderungen gegen den Dritten . Beginn und Dauer des Schutzes . . . . 1. Beginn . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . Abtretungsklauselverbot (§ 108 Abs. 2) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . 1. Formularmäßig vereinbartes Abtretungsverbot . . . . . . . . . . . . . 2. Mittelbare Beschränkungen des Abtretungsrechts . . . . . . . . . . . . . Gegenstand des Klauselverbots . . . . . Personelle Reichweite des Abtretungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Rechtsfolgen der Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsverhältnis zwischen dem geschädigten Dritten und dem VR . . . . . . 1. Anspruch auf Zahlung . . . . . . . a) Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . b) Versicherungsvertragliche Einwendungen . . . . . . . . . . . . . . c) Verjährung des Zahlungsanspruchs . . . . . . . . . . . .
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Rn.
II.
III.
IV. E. I. II.
F.
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d) Gerichtsstand für Zahlungsklage des Dritten gegen den VR . . . . . 2. Abtretung des Freistellungsanspruchs nach Feststellung des Haftpflichtanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abtretung des Freistellungsanspruchs vor Feststellung des Haftpflichtanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung streitig . . . . . . . . . . b) Deckung streitig . . . . . . . . . . Rechtsverhältnis zwischen VR und VN . . 1. Abweisung der Zahlungsklage mangels Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abweisung der Zahlungsklage mangels Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verletzung der Obliegenheit zur Schadenabwehr/-minderung . . . . b) Verletzung der Obliegenheit zur Überlassung der Prozessführung . . Rechtsverhältnis zwischen VN und geschädigtem Dritten . . . . . . . . . . . 1. Qualifikation des der Abtretung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses 2. Rechtsfolgen nach klageweiser Geltendmachung des Freistellungsanspruchs durch den Geschädigten . . . . . . . . a) Obsiegen des Dritten . . . . . . . . b) Abweisung der Zahlungsklage . . . c) Vom Geschädigten zu ergreifende Maßnahmen zum Schutz vor Verjährung des Haftpflichtanspruchs . Anzeige der beabsichtigten Abtretung . . Abdingbarkeit von § 108 . . . . . . . . . Massenrisiken . . . . . . . . . . . . . . Großrisiken und laufende Versicherung . 1. § 108 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . 2. § 108 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . a) Reichweite des § 210 . . . . . . . b) Inhaltskontrolle (§§ 307 ff. BGB) . aa) Abweichung von § 108 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . bb) Abweichung von § 398 BGB . c) Besonderheiten in der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
§ 108 ist die Nachfolgeregelung zu 156 Abs. 1 a.F., der durch das Gesetz über die Einführung der Pflichtversicherung für Kfz-Halter und die Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Kfz sowie des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 7.11.1939 Eingang in das Haftpflichtversicherungsrecht gefunden hat.1 In der ursprünglichen Fassung von 1908, aus der mit der Änderung im Jahre 1939 § 156 Abs. 2 a.F. wurde, stellte § 156 nur Voraussetzungen für die Zahlung des VR an den geschädigten Dritten auf. Abweichend vom bisherigen § 156 Abs. 1 a.F., der auf die Entschädigungsforderung aus dem Versicherungsverhältnis abstellte, bezieht sich § 108 Abs. 1 auf den Freistellungsanspruch. Damit will der Gesetzgeber der Neufassung des § 100 Rechnung tragen. § 156 Abs. 2 a.F. ist ersatzlos gestrichen worden, weil diese Vorschrift nach Ansicht des Gesetzgebers im Widerspruch zu § 100 stand.2 Der VR soll also nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr dazu verpflichtet sein, den VN über bevorstehende Zahlungen an den geschädigten Dritten zu benachrichtigen. Dabei hat der Reformgesetzgeber übersehen, dass sich eine solche Benachrichtigungspflicht auch aus § 241 Abs. 2 BGB ergibt (§ 100 Rn. 94), so dass sich die Rechtslage insoweit nicht geändert hat. Eine Neuerung enthält § 108 Abs. 2, wonach die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Dritten nicht mehr durch Allgemeine Versicherungsbedingungen ausgeschlossen werden kann. Entgegenstehende Formularvereinbarungen sind unwirksam.3
II. Inhalt und Normzweck § 108 Abs. 1 enthält eine Verfügungsbeschränkung.4 Danach sind rechtsgeschäftliche Verfügungen des VN sowie im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgende vollstreckungsrechtliche Verfügungen über den Freistellungsanspruch gegen den VR dem oder den geschädigten Dritten gegenüber unwirksam. Es handelt sich um ein relatives Verfügungsverbot i.S.v. § 135 Abs. 1 BGB, durch das sichergestellt wird, „dass die Entschädigung unter allen Umständen dem Dritten zugute kommt“.5 Der geschädigte Dritte kann daher den Freistellungsanspruch selbst dann pfänden und sich überweisen lassen, wenn der VN nicht mehr Inhaber dieses Anspruchs ist. Der BGH sieht die Verfügungsbeschränkung als Ausdruck der „Sozialbindung der Haftpflichtversicherung“ an.6 § 108 Abs. 2 beschränkt in Abweichung von § 399 Alt. 2 BGB die (Formular-)Ver3 tragsgestaltungsfreiheit des VR und ist die Antwort des Gesetzgebers auf die vor der Reform geübte Vertragspraxis, nach der es dem VN untersagt war, Versicherungsansprüche vor ihrer endgültigen Feststellung ohne ausdrückliche Zustimmung des VR zu übertragen (vgl. § 7 Abs. 3 AHB a.F.). Hierdurch wollten die VR die – wegen § 156
2
1 2 3 4 5
RGBl. I S. 2223. BTDrucks. 16/3945 S. 86. BTDrucks. 16/3945 S. 87. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 15; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 18. Motive S. 639; vgl. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 15; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 47; Römer/Langheid/Langheid § 108 Rn. 1.
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BGH 22.7.2009 VersR 2009 1485, 1485; BGH 15.11.2000 VersR 2001 90, 91; BGH 6.12.2000 VersR 2001 235, 236; BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655, 655 f.; OLG Naumburg 25.7.2013 RuS 2013 431, 433.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
§ 108
Abs. 1 S. 1 a.F. ohnehin nur an den geschädigten Dritten mögliche – Abtretung des Freistellungsanspruchs verhindern. Sie wollten sich bezüglich dieser Ansprüche nur mit ihrem VN auseinandersetzen müssen, nicht dagegen mit dem geschädigten Dritten, in dessen Hand sich unter Durchbrechung des Trennungsprinzips der Freistellungsanspruch (i.w.S.) in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hätte. Hinter dieser Vertragspraxis stand auch die Befürchtung der VR, dass der VN in einem Prozess des Geschädigten gegen sie nicht mehr als Gegner des Geschädigten agieren, sondern vielmehr dessen Standpunkt einnehmen und als Zeuge zu dessen Gunsten aussagen werde.7 Das Abtretungsverbot sollte nach den Vorstellungen der Versicherungswirtschaft verhindern, dass VN und geschädigter Dritter kollusiv zum Nachteil des VR zusammenwirken.8 Die Rechtsprechung sah diese Bedenken der VR im Grundsatz als berechtigt an und bejahte deshalb die Wirksamkeit des Abtretungsverbots.9 Lediglich in den Fällen, in denen der Dritte einen vollstreckbaren Titel in den Händen hielt, aufgrund dessen er ohne Weiteres in den Freistellungsanspruch des VN hätte vollstrecken können10, oder der VR die Deckung verweigerte und der VN den Anspruch nicht selbst verfolgen wollte11, ließen sie die Berufung auf das Abtretungsverbot nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) wegen fehlenden berechtigten Interesses des VR nicht gelten. In der Literatur hat diese Rechtsprechung ganz überwiegend Zustimmung erfahren.12 § 108 Abs. 2 entspricht funktional den Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit 4 nach § 309 BGB, allerdings ohne Beschränkung auf die Verwendung gegenüber Verbrauchern. An die Stelle der unwirksamen Regelung tritt gem. § 306 Abs. 2 BGB13 die gesetzliche Regelung des § 398 BGB. Es handelt sich mithin bei § 108 Abs. 2 nicht um ein Verbotsgesetz, sondern um eine zur endgültigen Unwirksamkeit führende Einschränkung der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht.14 Das Klauselverbot erfasst auch Formularregelungen, die die Vorausabtretung des Freistellungsanspruchs untersagen, wie sie z.B. im Rahmen der Produkthaftpflichtversicherung denkbar sind.
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Vgl. R. Koch FS Winter 346; Littbarski PHi 2007 176, 178 f.; Thalmair ZVersWiss Supplement 2006 459, 464; Mack/Terrahe PHi 2005 28, 32; Winter RuS 2001 133, 137; Baumann Festgabe Zivilrechtslehrer 34 ff. Vgl. R. Koch FS Winter 346; Winter RuS 2001 133, 137; Baumann Festgabe Zivilrechtslehrer 34 ff. St. Rspr., vgl. BGH 21.4.2004 NJW-RR 2004 1100, 1102; BGH 25.11.1999 NJW-RR 2000 1220, 1221; BGH 26.3.1997 NJW-RR 1997 919, 920 f. = VersR 1997 1088, 1090 f.; BGH 13.7.1983 VersR 1983 945; BGH 4.5.1983 VersR 1983 823; OLG Köln 13.11.2007 RuS 2008 239, 241; OLG Karlsruhe 20.3.2003 NJOZ 2003 1009, 1011; OLG Köln 13.11.2001 NVersZ 2002 515, 517; OLG Stuttgart 15.7.1999 NVersZ 2000 95, 96; OLG Düsseldorf 10.9.1996 RuS 1997 494, 495; s. auch BGH 12.10.2011 RuS 2012 74, 75. RG 29.3.1938 JRPV 1938 247, 248; OLG Saarbrücken 8.9.2004 NJOZ 2005 283;
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OLG Düsseldorf 28.10.1982 VersR 1983 625, 626; Hans. OLG Hamburg 21.12.1971 VersR 1972 631. OLG Frankfurt/M. 7.12.2012 VersR 2013 617, 620; Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen durch Beschl. vom 5.12.2012 IV ZR 56/12 (nicht veröffentlicht). Z.B. Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 AHB § 7 Rn. 8; Littbarski § 7 Rn. 42; Späte § 7 Rn. 17; R. Johannsen RuS 1997 309, 315; krit. Baumann Festgabe Zivilrechtslehrer 30 ff.; Winter RuS 2001 133, 139. Vgl. BGH 16.1.1992 NJW 1992 896, 897 (zur Anwendbarkeit des § 6 AGBG a.F., wenn die Unwirksamkeit sich nicht aus dem AGB-Gesetz, sondern aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt); OLG Nürnberg 29.1.1986 NJW-RR 1986 782, 783 (für den Fall eines Verstoßes gegen §§ 84 ff. HGB); für Staudinger/Schlosser Neubearb. 2006 § 306 Rn. 2 f.; MüKo-BGB/Basedow § 306 Rn. 7. Vgl. Palandt/Ellenberger § 134 Rn. 6a.
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§ 108
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
III. Rechtspolitische Bewertung 5
§ 108 Abs. 2 ist – ebenso wie die Abschaffung des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots durch § 105 – das Ergebnis einer umfassenden Neubewertung nicht nur der Interessen von VR und VN, sondern auch des geschädigten Dritten. Der Reformgesetzgeber bewertet das Interesse des VN, keinen Rechtsstreit über seine Haftung mit dem Dritten führen zu müssen, höher als die zuvor von der Rechtsprechung zur Rechtfertigung des Abtretungsverbots akzeptierten Beweggründe der VR. Dies macht die nachstehend wiedergegebene Gesetzesbegründung deutlich15: „Nach der neuen Regelung in § 108 Abs. 2 VVG-E ist ein generelles Abtretungsverbot, das sich aus den AVB ergibt, nicht wirksam. Ein Bedürfnis für diese Bestimmung ergibt sich aus der hiervon abweichenden Regelung in § 7 Ziff. 3 AHB. Von der Rechtsprechung ist in zahlreichen Fällen festgestellt worden, dass die Berufung des Versicherers auf das Abtretungsverbot als Verstoß gegen Treu und Glauben zu beurteilen ist, wenn es nicht durch ein berechtigtes Interesse des Versicherers gedeckt ist. Der Versicherungsnehmer kann nämlich ein Interesse daran haben, den Geschädigten an den Versicherer zu verweisen, wenn dieser einen Haftpflichtanspruch in Frage stellt, den der Versicherungsnehmer – vielleicht wegen seiner Beziehungen zu dem Geschädigten – nicht einfach zurückweisen möchte. [Hervorhebung durch den Verfasser]
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Im Verhältnis zwischen VR und geschädigtem Dritten misst der Reformgesetzgeber dem Interesse des VR, den Dritten auf einen Prozess gegen den VN zu verweisen, in dem die Haftungsfrage geklärt wird, geringere Bedeutung zu als dem Interesse des Dritten, Haftung und Deckung in einem Verfahren, das gegen den VR geführt wird, klären lassen zu können. Aus der Gesetzesbegründung wird deutlich, dass es das erklärte Ziel des Gesetzgebers ist, den Geschädigten in die Lage zu versetzen, den VR nach der Abtretung des Freistellungsanspruchs direkt auf Zahlung in Anspruch zu nehmen16: „Die neue Regelung entspricht auch den Interessen des Geschädigten. Dieser hat häufig keine Kenntnis vom Innenverhältnis zwischen schädigendem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer. Nachteile für den Geschädigten können sich in den Fällen ergeben, in denen sich der Versicherungsnehmer nicht um die Angelegenheit kümmert und z.B. den Versicherer pflichtwidrig nicht informiert; auch im Fall der Insolvenz des Versicherungsnehmers ist die Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Haftpflichtversicherer erschwert. § 108 Abs. 2 VVG-E hat zum Ergebnis, dass der schädigende Versicherungsnehmer seinen Befreiungsanspruch gegen den Versicherer an den geschädigten Dritten – und nur an diesen – abtreten kann; dieser wird dadurch in die Lage versetzt, den Versicherer direkt in Anspruch zu nehmen.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
Die Reform-Kommission hatte in ihrem Abschlussbericht dem letzten Satz als Halbsatz noch hinzugefügt: „ohne Abtretung kann er das nur bei der Pflichtversicherung“.17 7 Für den Fall, dass der VR die Haftpflicht des VN und seine Deckungspflicht bestreitet, bleiben somit sowohl dem VN als auch dem Geschädigten die Führung zweier Prozesse erspart, wenn der VN seinen Freistellungsanspruch an den Geschädigten abtritt und diesen dadurch in die Lage versetzt, den VR unmittelbar auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. § 108 Abs. 2 ist weiterer Ausdruck dafür, dass der Gesetzgeber mit der Reform des VVG die Stärkung des Schutzes des geschädigten Dritten in der Haftpflichtversicherung bezweckt und die damit verbundene Abschwächung des (prozessualen)
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BTDrucks. 16/3945 S. 86. BTDrucks. 16/3945 S. 87.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
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Trennungsprinzips (Vor §§ 100–112 Rn. 93 ff.) bewusst in Kauf nimmt. Das Ziel der Verbesserung des Geschädigtenschutzes ist von Bedeutung für die Frage der Anwendung von § 108 Abs. 2 auf die Versicherung von Großrisiken (hierzu später Rn. 78). Die verfahrensmäßigen Erleichterungen für VN und geschädigten Dritten verschlech- 8 tern die Rechtsstellung des VR nicht. Bereits vor der Reform bestand die Gefahr des einvernehmlichen Zusammenwirkens von VN und Geschädigtem bis hin zur Kollusion. So war es dem VN in seiner Rolle als Prozesspartei möglich, durch ein Tatsachenzugeständnis die Wirkung des § 288 ZPO herbeizuführen.18 Eine mit dem Tatsachenzugeständnis vergleichbare Bindungswirkung (im Haftpflichtprozess) kommt der Zeugenaussage des VN (im Deckungsprozess) nicht zu. Insoweit steht der VR sogar besser dar als nach früherer Rechtslage, denn „ein vernünftiger Richter wird bei der Würdigung der Bekundungen des VN nicht entscheidend darauf abstellen, ob er als Partei angehört und erforderlichenfalls vernommen wird oder ob er als Zeuge aussagt“.19 Zudem berücksichtigen die Gerichte bei der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO das starke Eigeninteresse des VN am Ausgang des Rechtsstreits.20 Selbst wenn der VN seinen Freistellungsanspruch nicht nur abgetreten, sondern darüber hinaus den vom Dritten geltend gemachten Haftpflichtanspruch anerkannt haben sollte, drohen dem VR keine Nachteile, da er an das Anerkenntnis nur insoweit gebunden ist, als der Haftpflichtanspruch nach der materiellen Rechtslage tatsächlich besteht.21 Die Abtretung des Freistellungsanspruchs kann sich für den geschädigten Dritten 9 als problematisch erweisen, wenn Tatsachen sowohl für die Haftung als auch für die Deckung gleichermaßen bedeutsam sind, also Voraussetzungsidentität gegeben ist. So liegt der Fall, wenn der Geschädigte Schmerzensgeldansprüche gegen den VN geltend macht und im Hinblick auf die Bedeutung des Verschuldens für die Bemessung des Schmerzensgeldanspruchs eine vorsätzliche Schadensherbeiführung des VN behauptet. Die Klage des Dritten wäre infolge der Leistungsfreiheit des VR nach § 103 wegen Unschlüssigkeit abzuweisen.22 Deshalb spricht Retter die Empfehlung aus, von einer Abtretung an den geschädigten Dritten abzusehen, wenn die Frage des Verschuldensgrads für den Haftpflichtanspruch des Dritten entscheidend ist.23 Die Abtretung des Freistellungsanspruchs kann aber auch für den VN nachteilig sein, weil der Dritte jedenfalls im Falle einer Abweisung der Klage gegen den VR mangels Deckung vom VN Ersatz der Prozesskosten nach § 670 BGB verlangen kann (Rn. 69).
IV. Anwendungsbereich § 108 gilt nicht – auch nicht analog – in der Seeversicherung (§ 209).24 In der obliga- 10 torischen Haftpflichtversicherung greift § 108 grundsätzlich ein. Er ist dort jedoch ohne größere praktische Bedeutung, soweit dem Geschädigten unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 ein Direktanspruch gegen den VR zusteht. 18 19
20
Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 62. Vgl. auch Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 62; Prölss/Martin/Lücke AHB Ziff. 28 Rn. 3; Schirmer ZVersWiss Supplement 2006 427, 436; Winter RuS 2007 133, 138; Baumann Festgabe Zivilrechtslehrer 36 f. Vgl. BGH 14.12.2000 NJW 2001 826, 827.
21 22 23 24
Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 62. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 63; Langheid VersR 2007 865, 867. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 64. BGH 5.7.1971 BGHZ 56 339, 345 = VersR 1971 1012, 1014; LG Düsseldorf 15.6.1990 VersR 1991 298, 299.
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§ 108
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
B. Verfügungsverbot über Freistellungsanspruch (§ 108 Abs. 1) I. Gegenstand des relativen Verfügungsverbots 11
Gegenstand des relativen Verfügungsverbots nach § 108 Abs. 1 ist der Freistellungsanspruch des VN (Eigenversicherung) und/oder der versicherten Personen (Fremdversicherung) gegen den VR i.S.d. § 100. Da die Freistellung auch Kosten und Zinsen umfasst (vgl. § 101 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2), die der VN dem Dritten zu erstatten hat, gilt die Verfügungssperre auch für den auf Freistellung von diesen Positionen gerichteten Anspruch des VN.25 Eigene (Prozess-)Kosten des VN bleiben vom Verbot dagegen unberührt.26 Der Anspruch auf Sicherheitsleistung (§§ 101 Abs. 3, 107 Abs. 2) ist dagegen ebenfalls von dem Verfügungsverbot ergriffen.27
II. Geschädigter als Begünstigter des Verfügungsverbots 12
Gem. § 108 Abs. 1 S. 1 sind Verfügungen über den Freistellungsanspruch dem Dritten gegenüber unwirksam. Dritter ist – wie auch sonst in der Haftpflichtversicherung – der Geschädigte, der einen in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallenden Haftpflichtanspruch geltend macht.28 Ist die Haftpflichtversicherung als reine Fremdversicherung ausgestaltet und sind Ansprüche des VN gegen die versicherten Personen versichert, kann auch der VN Dritter sein. So liegt der Fall in der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen (z.B. aus § 93 Abs. 2 AktG). Bei mehreren Geschädigten ist jeder von ihnen im Verhältnis zu den anderen Dritter i.S.d. § 108 Abs. 1.29 Überschreiten die Forderungen der Dritten zusammen die Versicherungssumme, hat der VR nach § 109 S. 1 zu verfahren. § 108 Abs. 1 entfaltet in diesem Fall keine Sperrwirkung, wie sich aus § 109 S. 2 ergibt.30 Aus § 109 S. 2 folgt des Weiteren, dass § 108 Abs. 1 anwendbar bleibt, wenn der VR dem einzelnen Dritten mehr gezahlt hat, als ihm nach der Regelung des § 109 S. 1 gebührte.31 § 108 Abs. 1 gilt auch gegenüber einem Gläubiger, dessen Anspruch auf einem Teilungsabkommen beruht, da die Ansprüche der geschädigten Dritten nicht durch einen solchen Anspruch beeinträchtigt werden dürfen.32 13 Verfügungen zugunsten des geschädigten Dritten fallen grundsätzlich nicht unter das Verbot des § 108 Abs. 1 S. 1.33 Für die Abtretung des Freistellungsanspruchs folgt dies aus § 108 Abs. 2. Die Abtretung an den geschädigten Dritten kann aber aus anderen Gründen unwirksam sein. Nach der Rechtsprechung zu § 149 a.F. ist ein Befreiungsan-
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Vgl. OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 394; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 16. Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 7. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 88; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 12; a.A. ohne Begründung Prölss/ Martin/Lücke § 108 Rn. 16; differenzierend K. Sieg Ausstrahlungen 150 (Anspruch auf Sicherheitsleistung zur Vollstreckungsabwendung kommt aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht, Anspruch auf Sicherheitsleistung für Rentenleistung kann Verfügungssperre unterliegen); offen lassend Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 7.
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33
Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 7. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 20; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 18. Vgl. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 8. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 20. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 20 u. § 109 Rn. 10; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 8, jeweils unter Hinweis auf BGH 26.6.1985 VersR 1985 1054, 1056; zur Bedeutung von Teilungsabkommen s. Vorbemerkung zu §§ 100–112 Rn. 122 ff. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 18; Späte § 1 Rn. 203; Winter RuS 2001 133, 135.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
§ 108
spruch (= Freistellungsanspruch i.w.S.) nach § 399 Alt. 1 BGB grundsätzlich nicht abtretbar, es sei denn, er wird an den Gläubiger der Schuld abgetreten, in dessen Person er sich dann in einen Zahlungsanspruch umwandelt.34 Diese Rechtsprechung gilt auch für den Anspruch auf Freistellung von berechtigten Ansprüchen aus § 100 (Freistellungsanspruch i.e.S.) fort. Ist der Haftpflichtanspruch auf den Sozialversicherungsträger übergegangen (z.B. §§ 116 14 Abs. 1, 119 Abs. 1 SGB X) – nach der Rechtsprechung vollzieht sich der Forderungsübergang im Zeitpunkt des haftungsbegründenden Schadensereignisses35 –, scheitert die Abtretung des VN an den geschädigten Dritten in dem Umfang an § 399 Alt. 1 BGB, in dem der Anspruch auf den Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Die Abtretungsvereinbarung ist dahin gehend auszulegen, dass eine Teilabtretung gewollt war.36 Dagegen ist die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Sozialversicherungsträger in dem Umfang, in dem der Haftpflichtanspruch auf diesen übergegangen ist, gegenüber dem Geschädigten wirksam, da letzterer keine Nachteile erleidet und deshalb nicht schutzbedürftig ist. Dogmatisch lässt sich dieses Ergebnis damit begründen, dass man das Verbot des § 108 Abs. 1 S. 1 teleologisch reduziert.
III. Adressat des Verfügungsverbots § 108 Abs. 1 S. 1 erfasst nur Verfügungen, die von dem Verfügungsberechtigten aus- 15 gehen. Verfügungsberechtigt über den Freistellungsanspruch ist grundsätzlich der VN. Kein Adressat des Verfügungsverbots ist der geschädigte Dritte, so dass seine Verfügungen über den Freistellungsanspruch – in Betracht kommt hier nur eine (Voraus-)Abtretung des Freistellungsanspruchs gegen den VR – von § 108 Abs. 1 S. 1 unberührt bleiben. Ist bei der Fremdversicherung ausnahmsweise (vgl. § 44 Abs. 2) die versicherte Person verfügungsberechtigt, gilt auch für sie die Verfügungssperre.37 Diese ergreift nach Sinn und Zweck des § 108 Abs. 1 S. 1 im Übrigen auch Verfügungen der versicherten Person über Ansprüche aus dem zwischen ihr und dem VN bestehenden Innenverhältnis. Als Beispiel hierfür sei der Verzicht der versicherten Person auf Verschaffung des Versicherungsschutzes durch den VN genannt.38
IV. Begriff der Verfügung i.S.d. § 108 Abs. 1 1. Rechtsgeschäftliche Verfügung Unter Verfügung i.S.d. § 108 Abs. 1 S. 1 ist i.S.d. bürgerlichen Rechts jede rechtsge- 16 schäftliche Handlung zu verstehen, die unmittelbar auf Änderung, Übertragung, Belastung oder Vernichtung des Freistellungsanspruchs gerichtet ist.39 Hierzu zählen insbeson-
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St. Rspr., vgl. BGH 14.3.1985 VersR 1985 753, 754; BGH 22.1.1954 BGHZ 12 136, 141; vgl. auch BGH 12.10.2011 RuS 2012 74, 75. Vgl. BGH 2.12.2003 VersR 2004 492, 494. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 140; a.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 25, der Teilunwirksamkeit annimmt und § 139 BGB zur Anwendung bringt.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 11; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 58; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 8; Späte § 1 Rn. 205. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 15; Römer/ Langheid/Langheid § 108 Rn. 12. Vgl. BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223 („Der Begriff Verfügung wird hier im üblichen, rechtstechnischen Sinn gebraucht“);
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
dere die Entgegennahme der Entschädigung durch den VN,40 die Ermächtigung zur Einziehung, der Erlass, die Abtretung, die Verpfändung oder Stundung der Forderung (einschließlich der Zinsen), die Aufrechnung gegen oder mit der Forderung, die Mahnung, der Vergleich mit dem VR, die Anerkennung von Gegenrechten des VR sowie der Verzicht. Eine rückwirkend vereinbarte Herabsetzung der Versicherungssumme fällt ebenso wie eine im Voraus vor Fälligkeit des Deckungsanspruchs getroffene Verfügung unter Abs. 1.41 Nicht unter § 108 Abs. 1 fällt dagegen eine vor Eintritt des Versicherungsfalles getroffene Abrede des Inhalts, dass § 107 dahin gehend abgeändert werde, dass der VR auf die Rente nicht anteilsmäßig, sondern in vollem Umfang bis zur Erschöpfung der Versicherungssumme zu leisten habe.42 Handlungen des VN zum Zwecke der Erfüllung von Obliegenheiten sind keine Verfü17 gungen, da sie auf den Erhalt der Versicherungsforderung gerichtet sind. Rein passives Verhalten oder ein solches Verhalten, das als Obliegenheitsverletzung ein Leistungsverweigerungsrecht begründen kann, stellt ebenfalls keine Verfügung dar.43 Bei Obliegenheitsverletzungen fehlt regelmäßig der rechtsgeschäftliche Wille, auf den Bestand des Rechtes verfügend einzuwirken. Sie stellen vielmehr tatsächliches Verhalten dar und können das Erlöschen der Versicherungsforderung nicht bewirken.44 Vielmehr begründen sie nur ein Leistungsverweigerungsrecht des VR, in dessen Belieben es steht, ob er sich darauf beruft.45 2. Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung
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§ 108 Abs. 1 S. 2 stellt – ebenso wie § 135 Abs. 1 S. 2 BGB – der rechtsgeschäftlichen Verfügung eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird § 108 Abs. 1 S. 2 durch § 772 ZPO ergänzt.46 Als Folge des Verfügungsverbots kann der Dritte nach Maßgabe des § 771 ZPO Drittwiderspruchsklage erheben.47 Bei einem Verstoß gegen § 772 ZPO kann er nach § 766 ZPO mit der Erinnerung vorgehen. Darüber hinaus hat der Dritte die Möglichkeit, sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO einzulegen. Rechtshandlungen des VN kann er ggf. nach dem AnfG anfechten.48 Nach Baumann kann auch der VR Erinnerung einlegen.49 Verfügungen des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren des VN werden grund19 sätzlich von § 108 Abs. 1 S. 2 nicht erfasst. Hiergegen bietet § 110 Schutz.50 § 108 Abs. 1
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ÖOGH 2.9.2005 VersR 2006 1143, 1144; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 17; Späte § 1 Rn. 203. Vgl. BGH 30.10.1954 BGHZ 15 154, 157; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655, 656; BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223. BGH 21.1.1976 VersR 1976 477, 479; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 9; Späte § 1 Rn. 203. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 88. Vgl. BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223; LG Köln 14.2.2002 VersR 2003 97, 98; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 10; Römer/Langheid/Langheid § 108 Rn. 11; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 12.
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Vgl. BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223. Vgl. BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223; s.a. BGH 26.1.2005 RuS 2005 143 f. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 65; Römer/Langheid/Langheid § 108 Rn. 9. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 65; Späte § 1 Rn. 203. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 65. Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 18; ablehnend Hans. OLG Hamburg 15.2.1966 MDR 1966 515, 516. Vgl. BGH 2.4.2009 NJW-RR 2009 964 = VersR 2009 821, 822; Römer/Langheid/ Langheid § 108 Rn. 10.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
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S. 2 ist vor allem von Bedeutung für den Fall, dass die Versicherungssumme überschritten wird. Hier greift § 109 mit seinem Grundsatz der verhältnismäßigen Aufteilung unter den Anspruchsstellern ein. § 108 Abs. 1 S. 2 stellt in diesem Zusammenhang zusätzlich klar, dass § 109 nicht gegenüber Zwangsvollstreckungsakten eines der Dritten zurücktritt. Nicht aber verträgt § 108 Abs. 1 S. 2 eine Auslegung in dem Sinne, dass damit auch eine Pfändung durch Gläubiger des Dritten verhindert werde. Vielmehr ist die Haftpflichtversicherungsforderung in der Hand des Dritten pfändbar.51 3. Aufrechnung des VR gegenüber dem Dritten a) Forderungen gegen den VN. Fraglich ist, ob der VR gegenüber dem geschädigten 20 Dritten mit fälligen (Prämien-)Forderungen, die ihm gegenüber seinem VN zustehen, aufrechnen kann. Hiergegen wurden von der älteren Literatur Bedenken geäußert, weil die Aufrechnung in ihrer Wirkung der Zwangsvollstreckung in den Freistellungsanspruch entspreche. Sie sei deshalb nach dem Rechtsgedanken des § 156 Abs. 1 S. 2 a.F. unzulässig.52 Diese Meinung ist jedoch zu Recht mehrheitlich auf Ablehnung gestoßen.53 Der BGH hat die analoge Anwendung des § 156 Abs. 1 S. 1 a.F. mit Blick auf das Gesetz über die Einführung der Pflichtversicherung für Kfz-Halter und die Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Kfz sowie des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 7.11.193954 wegen Fehlens einer gesetzlichen Regelungslücke abgelehnt. Durch diese Neuregelung seien § 35b a.F. und § 158g a.F. eingefügt und § 156 a.F. neu gefasst worden. § 35b a.F. regele die Aufrechnungsmöglichkeit des VR für alle Versicherungszweige. Lediglich für die Pflichtversicherung entfalle sie nach § 158g a.F. Daraus folgert der BGH, dass § 35b a.F. für die übrige Haftpflichtversicherung gelte.55 Nach dem Schutzgedanken des § 156 Abs. 1 S. 1 a.F. sei eine Aufrechnung mit Forderungen aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag jedoch nur zuzulassen, soweit die Forderungen bis zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls bereits fällig seien56: „Denn wenn nach § 156 Abs. 1 VVG anerkanntermaßen die Entgegennahme der vom Versicherer gezahlten Versicherungsentschädigung durch den Versicherungsnehmer als Verfügung des Versicherungsnehmers im Verhältnis zum geschädigten Dritten unwirksam ist, …, kann es der Versicherungsnehmer nach dem Zweck der Vorschrift nicht in der Hand haben, durch schlichte Einstellung der Prämienzahlungen nach Eintritt des Schadensfalles den Versicherer zu einer Aufrechnung zu veranlassen und damit mittelbar doch eine ‚Verfügung‘ über den Versicherungsanspruch zu treffen“.57
Diese Rechtsprechung gilt nach der Reform fort.58 Die zeitliche Beschränkung der Abzugsmöglichkeit auf Prämien gem. § 35, die vor dem Versicherungsfall fällig geworden sind, gilt auch für die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts.59
51 52 53
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. 91; Späte § 1 Rn. 203. Vgl. Müller/Stüler S. 27, 28; früher auch Sieg Ausstrahlungen S. 189 ff. m.w.N. Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 36; Späte § 1 Rn. 208; Wussow § 3 Anm. 6; K. Sieg VersR 1964 693, 695. RGBl. I S. 2223. BGH 8.4.1987 VersR 1987 655.
56 57 58 59
BGH 6.12.2000 VersR 2001 235, 236; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655, 656. BGH 8.4.1987 VersR 1987 655, 656. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 14; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 35. Vgl. RG 27.5.1938 RGZ 158 6, 14 f.; OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 394; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 14; Späte § 1 Rn. 208.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
b) Forderungen gegen den Dritten. Das relative Verfügungsverbot gem. § 108 Abs. 1 lässt das Recht des VR unberührt, mit eigenen Forderungen aufzurechnen, die ihm gegen den Dritten zustehen. Zu beachten ist jedoch, dass eine Aufrechnungslage nur dann gegeben ist, wenn dem Dritten ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen den VR – z.B. nach Abtretung des Freistellungsanspruchs – zusteht.60
V. Beginn und Dauer des Schutzes 1. Beginn
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Der Wortlaut von § 108 Abs. 1 lässt offen, ab welchem Zeitpunkt das Verfügungsverbot zum Tragen kommt. Diese Frage ist in den Fällen von Bedeutung, in denen der Zeitpunkt des schädigenden Verhaltens, der Eintritt des Schadens und/oder der Eintritt des Versicherungsfalls zeitlich auseinanderfallen. Die Rechtsprechung hat sich hierzu noch nicht ausdrücklich geäußert. In seinem Urteil vom 21.1.1976 stellt der BGH fest: „[D]ie in dem Verzicht liegende Verfügung über den Deckungsanspruch … [ist] jedoch gemäß § 156 Abs. 1 S. 1 [a.F.] gegenüber dem Geschädigten … unwirksam. Unerheblich ist dabei, dass in dem Zeitpunkt, in dem der Verzicht erklärt wurde, die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen war. Auch eine im Voraus getroffene Verfügung über einen erst künftig fällig werdenden Deckungsanspruch fällt unter den Schutzbereich des § 156 Abs. 1 S. 1 VVG“.61
In seiner Entscheidung vom 8.4.1987 führt der BGH dagegen aus, dass das Verfügungsverbot des § 156 Abs. 1. S. 1 a.F. „erst mit dem Entstehen des Entschädigungsanspruchs zu Gunsten des Dritten zum Tragen [komme]; erst mit dem Schadensereignis ist der Versicherungsanspruch zu Gunsten des Dritten verfangen“.62
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Auf den ersten Blick scheinen die Entscheidungen widersprüchlich zu sein, weil in dem Urteil aus dem Jahre 1976 auf die Schadensursache, bei dem späteren Urteil hingegen auf den Schadenseintritt abgestellt wird. Berücksichtigt man jedoch, dass es in dem älteren Urteil um eine Deckung ging, die auf dem Verstoßprinzip beruhte (Architektenhaftpflichtversicherung), lässt sich dieser Widerspruch dahin gehend auflösen, dass der BGH in beiden Fällen das Verfügungsverbot mit dem Eintritt des Versicherungsfalls hat beginnen lassen. Dieser Befund steht nicht im Widerspruch zu dem im Rahmen des § 100 gefundenen Ergebnis, demzufolge die Schadensursache den Eintritt des Versicherungsfalls notiert. Wie an anderer Stelle bereits ausgeführt (§ 100 Rn. 14 ff.), ist der Zeitpunkt nur dann maßgeblich, wenn die Parteien des Haftpflichtversicherungsvertrages keinen abweichenden Anknüpfungspunkt vereinbart haben. Zu Recht weist R. Johannsen zudem darauf hin, dass die Unterschiede zwischen dem Deckungssystem nach der Verstoß- und dem nach der Schadensereignistheorie wertneutral sind und sich demgemäß im Einzelfall sowohl zugunsten als auch zulasten des VN (und des geschädigten Dritten) auswirken können.63 24 Verfügungen über den Freistellungsanspruch, die vor Eintritt des Versicherungsfalls getroffen wurden, können gem. § 138 BGB unwirksam sein, zu Schadensersatzansprü-
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Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 14; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 37; Späte § 1 Rn. 208. BGH 21.1.1976 VersR 1976 477, 479. Hervorhebung durch den Verfasser.
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BGH 8.4.1987 VersR 1987 655 f. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 92.
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§ 108
chen gem. § 826 BGB oder zur Anfechtung nach §§ 1 und 3 AnfG führen.64 R. Johannsen spricht sich darüber hinaus für eine analoge Anwendung des § 156 Abs. 1 S. 1 a.F. in den Fällen aus, in denen Ursache des Schadens und Eintritt des Versicherungsfalls zeitlich auseinanderfallen und VR und VN den „Schwebezustand“ zu ungewöhnlichen Handlungen ausnutzen, die darauf abzielen, den Drittschutz zu verhindern.65 Als Beispiel nennt er die Aufhebung eines Vertrages, die der VR mit dem VN in sicherer Erkenntnis dessen vereinbart, dass in aller Kürze aus der Lieferung fehlerhafter Waren der Eintritt von Schadenereignissen zu erwarten ist. Betroffen von dieser Problematik sind Haftpflichtdeckungen, bei denen der Versicherungsfall durch das Schadenereignis (z.B. Ziff. 1.1 AHB) oder durch die Geltendmachung des Anspruchs (claims made) ausgelöst wird. Wandt hat sich dieser Ansicht angeschlossen und plädiert für eine analoge Anwendung von § 108 Abs. 1 auf solche Rechtsgeschäfte in dem Schwebezeitraum zwischen Verstoß und Schadensereignis, die für den VR erkennbar darauf abzielen, den von § 108 Abs. 1 bezweckten Schutz des Dritten zu unterlaufen („ungewöhnliche Rechtsgeschäfte“).66 Indessen ist fraglich, ob die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 108 Abs. 1 vorliegen, handelt es sich bei relativen Veräußerungsverboten i.S.v. § 135 BGB schließlich um Ausnahmeregelungen, die – wenn überhaupt – nur beschränkt analogiefähig sind. Die von R. Johannsen und Wandt beispielhaft aufgeführten Fälle dürften im Übrigen jeweils die Tatbestände der §§ 138, 826 BGB erfüllen, so dass kein Bedürfnis für eine Erweiterung besteht. Die analoge Anwendung von § 108 Abs. 1 ließe zudem kaum eine Bewertung der Besonderheiten des Einzelfalls zu. Die besseren Argumente sprechen deshalb gegen eine analoge Anwendung von § 108 Abs. 1. 2. Dauer Die relative Verfügungssperre nach § 108 Abs. 1 hat Bestand bis zur Befriedigung des 25 geschädigten Dritten. Weist der VN nach, dass er den Dritten befriedigt hat, so darf der VR an den VN zahlen. Das Erlöschen der Schutzfunktion des § 108 Abs. 1 ist dabei endgültig. Zahlt der Dritte etwa infolge eines Versehens an den VN den geleisteten Betrag zurück, so lebt das Veräußerungsverbot nicht wieder auf. Etwas anderes gilt, wenn der Dritte eine Teilleistung berechtigterweise nach § 266 BGB zurückweist. Der Schutz des § 108 Abs. 1 endet auch dann, wenn die Befriedigung des Dritten durch eine von diesem oder dem VN erklärte Aufrechnung vorgenommen worden ist. Die Parteien des Haftpflichtverhältnisses haben es insoweit nicht in der Hand, durch eine entsprechende Vereinbarung die Sperrwirkung des § 108 Abs. 1 wieder in Kraft treten zu lassen. Schon vor der Befriedigung eines geschädigten Dritten endet der Schutz des § 108 Abs. 1, wenn der Dritte nach Eintritt des Versicherungsfalls auf die Rechte aus dieser Vorschrift verzichtet oder seine Zustimmung zur Verfügung erteilt. Hierfür genügt eine einseitige Willenserklärung gegenüber dem VN nur dann, wenn diese zur Weiterleitung an den VR bestimmt ist und bestimmungsgemäß weitergeleitet wird. Hingegen ist einer Erklärung über einen entsprechenden Verzicht, die vor Eintritt eines Versicherungsfalls abgegeben wird, mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 108 Abs. 1 die Rechtswirksamkeit zu versagen.67
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RG 31.1.1936 RGZ 150 181, 183 ff.; RG 29.9.1936 JW 1936 3531; Späte § 1 Rn. 203; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 72; Römer/Langheid/Langheid § 108 Rn. 18. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B
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92; vorsichtiger Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 10. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 73. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 93.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
VI. Prozessuales 26
Der VN ist berechtigt, den Freistellungsanspruch gerichtlich geltend zu machen. Dieses Recht wird durch § 108 Abs. 1 S. 1 nicht berührt, weil es sich bei der gerichtlichen Geltendmachung nicht um eine Verfügung handelt. Da der VN jedoch nicht zur Entgegennahme der Entschädigung berechtigt ist, muss er auf Leistung an den geschädigten Dritten klagen. Klagt er auf Zahlung an sich selbst, ist die Klage unbegründet, es sei denn, er hat den Haftpflichtanspruch befriedigt.68 Auch bei Feststellung des Haftpflichtanspruchs des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich kann der VN, soweit der Dritte nicht bereits durch ihn befriedigt wurde, nur Zahlung an den Dritten, nicht aber an sich selbst verlangen.69
C. Abtretungsklauselverbot (§ 108 Abs. 2) I. Anwendungsbereich 1. Formularmäßig vereinbartes Abtretungsverbot
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Unter welchen Voraussetzungen ein Abtretungsverbot (§ 399 Alt. 1 BGB) als Allgemeine Versicherungsbedingung zu qualifizieren ist, beurteilt sich nach den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften. Gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB muss das Abtretungsverbot für eine Vielzahl von Versicherungsverträgen aufgestellt („vorformuliert“) worden sein. Eine „Vielzahl“ liegt in der Regel vor, wenn eine Klausel tatsächlich mindestens dreimal verwendet worden ist.70 Dabei kommt es nicht auf die tatsächlich wiederholte Verwendung der Klausel an. Entscheidend ist vielmehr die Mehrfachverwendungsabsicht des Verwenders.71 Will er die Klausel mindestens dreimal verwenden, liegt eine allgemeine Vertragsbedingung bereits bei erstmaliger Anwendung der Klausel vor. 28 Nach Sinn und Zweck des § 108 Abs. 2 richtet sich die Beschränkung des Abtretungsverbots gegen den VR als Verwender. Soweit Maklerbedingungen formularmäßig ein Abtretungsverbot enthalten, greift § 108 Abs. 2 deshalb nicht ein. Es fehlt an der Verwendereigenschaft des VR.72 Fraglich ist, ob § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB Anwendung findet, soweit es sich bei dem VN um einen Verbraucher i.S.v. § 13 BGB handelt. Diese eher theoretisch bedeutsame Frage dürfte zu bejahen sein. Zwar wird in der Gesetzesbegründung nur auf § 305 BGB Bezug genommen.73 Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber das Klauselverbot gem. § 108 Abs. 2 vom Anwendungsbereich des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ausnehmen wollte. Insoweit kann § 108 Abs. 2 bereits bei Absicht nur einmaliger Verwendung eingreifen. 29 Ist das Abtretungsverbot das Ergebnis einer Individualvereinbarung i.S.v. §§ 305 Abs. 1 S. 3, 305b BGB, kommt § 108 Abs. 2 nicht zur Anwendung.74 Allerdings kann die Berufung auf ein individuell vereinbartes Abtretungsverbot rechtsmissbräuchlich sein. Insoweit gilt die Rechtsprechung (zum formularmäßigen Abtretungsverbot) vor der Reform des VVG fort. Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn das Abtretungsverbot „nicht von
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ÖOGH 11.9.2008 VersR 2009 854, 856. ÖOGH 11.9.2008 VersR 2009 854, 856; ÖOGH 22.9.1983 VersR 1984 1195. Vgl. BGH 27.9.2001 NJW 2002 138, 139; BAG 23.9.2010 NJW 2011 408.
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BGH 13.9.2001 ZIP 2001 1921 f. Vgl. BGH 22.7.2009 VersR 2009 1477, 1478 zu Makler-AGB. BTDrucks. 16/3945 S. 87. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 87.
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einem beachtlichen, im Zweckbereich der Bestimmung liegenden Interesse gedeckt wird“.75 So liegt der Fall, wenn der Dritte einen vollstreckbaren Titel in Händen hält, aufgrund dessen er in den Freistellungsanspruch vollstrecken kann.76 Beruft sich der VR gegenüber einer auf die Abtretung gestützten Klage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug nicht auf das Verbot, ist darin eine konkludente Genehmigung der Abtretung zu sehen.77 2. Mittelbare Beschränkungen des Abtretungsrechts Unwirksam sind gem. § 306a BGB solche Regelungen, mit denen „eine als AGB un- 30 wirksame Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden soll, die nur den Sinn haben kann, dem gesetzlichen Verbot zu entgehen“ (Umgehungsverbot).78 Von dem Klauselverbot werden deshalb nicht nur als Abtretungsverbot vorformulierte Regelungen erfasst, sondern auch mittelbar wirkende, den VN von der Abtretung abhaltende formularmäßige Beschränkungen der Leistungspflicht des VR. Hierzu zählen sowohl Ausschlüsse als auch Regelungen, die als vertragliche Obliegenheit ausgestaltet sind und denen der VN im Falle der Abtretung nicht mehr nachkommen könnte.
II. Gegenstand des Klauselverbots § 108 Abs. 2 bezieht sich dem Wortlaut nach auf den Freistellungsanspruch. Gemeint 31 ist – wie bei § 108 Abs. 1 – der versicherungsrechtliche Freistellungsanspruch i.e.S. des § 100, nicht der bürgerlich-rechtliche Freistellungsanspruch i.w.S., der auch den Rechtsschutzanspruch umfasst.79 Der aus § 100 folgende Anspruch des VN auf Abwehr unbegründeter Haftpflichtansprüche ist aufgrund der Zweckbindung nach § 399 Alt. 1 BGB nicht abtretbar80; er ist untrennbar mit der Person des VN verbunden. Vereinzelt im Schrifttum geäußerte Zweifel an der isolierten Abtretbarkeit des Freistellungsanspruchs i.e.S.81 sind unbegründet angesichts des relativen Verbots von Verfügungen über den Freistellungsanspruch i.e.S. nach § 108 Abs. 1, wozu auch die Abtretung zu zählen ist.82 Baumann hat darauf hingewiesen, dass bei Zugrundelegung des bürgerlich-rechtlichen
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BGH 13.7.1983 VersR 1983 945; BGH 4.5.1983 VersR 1983 823; BGH 4.5.1964 BGHZ 41 327, 329 f. = VersR 1964 709 f.; OLG Köln 13.11.2007 RuS 2008 239, 240; OLG Saarbrücken 15.9.1999 VersR 2002 351, 352. OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2005 394, 395; OLG Düsseldorf 28.10.1982 VersR 1983 625, 626; Hans. OLG Hamburg 21.12.1971 VersR 1972 631; vgl. auch Römer/Langheid/Langheid § 156 Rn. 7. BGH 25.11.1953 BGHZ 11 120, 122; OLG Stuttgart 2.8.2005 VersR 2006 1489, 1490; OLG Köln 17.4.1975 VersR 1975 1113, 1114. BGH 8.3.2005 NJW 2005 1645, 1646; Palandt/Grüneberg § 306a Rn. 2. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108
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Rn. 24; R. Koch FS Winter 351; a.A. Baumann VersR 2010 984, 985 f.; wohl auch Schramm/Wolf RuS 2009 358 f. Ebenso Lange RuS 2011 185, 188; Armbrüster RuS 2010 441, 448; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 23; Prölss/ Martin/Lücke § 108 Rn. 31; Looschelders/ Pohlmann/Haehling von Lanzenauer Anhang C D&O-Versicherung Rn. 53; Ihlas 405; R. Koch FS Winter 351; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 31; Schirmer ZVersWiss Supplement Jahrestagung 2006 427, 429; Thume VersR 2010 849, 851; Winter RuS 2001 133, 135. Schramm/Wolf RuS 2009 358 f. Zu Recht Armbrüster RuS 2010 441, 448; v. Rintelen RuS 2010 133, 134.
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weiten Verständnisses die Probleme, die sich aus der Aufspaltung von Freistellungs- und Rechtsschutzkomponente ergeben, vermieden werden könnten.83 Ein solches Begriffsverständnis würde in der Tat helfen, manche sich aus der Aufspaltung ergebenden rechtlichen Verwicklungen zu vermeiden, da sich der so verstandene weite Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelte und somit auch den Rechtsschutzanspruch zum Erlöschen brächte. Der VR schuldete dem VN dann keinen Rechtsschutz mehr, wenn der Dritte seinen Schadensersatzanspruch gegen den VN nach Abweisung der Klage gegen den VR mangels Haftung weiterverfolgte. Gegen ein weites Begriffsverständnis spricht jedoch, dass dem VN durch den Verlust des Rechtsschutzanspruchs im Falle einer Abtretung letztlich doch Nachteile drohten, was den Zweck konterkarieren würde, den der Gesetzgeber mit der Einführung eines Klauselverbots verfolgt hat.84 Im Übrigen stünde die Annahme eines Freistellungsanspruchs i.w.S. im Widerspruch 32 zu § 100, der zwischen einer Freistellungsverpflichtung im Hinblick auf begründete Ansprüche (Freistellungsanspruch i.e.S.) und einer Abwehrpflicht im Hinblick auf unbegründete Ansprüche unterscheidet.85 Da der Dritte infolge der Abtretung erfüllungshalber verpflichtet ist, zunächst den VR auf Zahlung in Anspruch zu nehmen (Rn. 63), droht dem VR auch keine gleichzeitige Inanspruchnahme seitens des VN (auf Rechtsschutz) und des Dritten (auf Zahlung).86 Es besteht deshalb auch keine Gefahr widersprüchlicher Urteile der vom Dritten einerseits und vom VN andererseits angerufenen Gerichte.87 Durch die Aufspaltung kann es deshalb allenfalls zu einer Erhöhung der insgesamt für die Anspruchsabwehr aufzuwendenden Kosten kommen (Rn. 60).
III. Personelle Reichweite des Abtretungsverbots 33
Das Klauselverbot erfasst nur die Untersagung der Abtretung des Freistellungsanspruchs an den geschädigten Dritten. Im Rahmen einer als Fremdversicherung ausgestalteten Haftpflichtversicherung kann auch der VN geschädigter Dritter sein (§ 100 Rn. 137). Abzulehnen ist die in der Literatur zur D&O-Unternehmensversicherung verbreitete Ansicht, nur „außerhalb des Vertragsverhältnisses stehende Personen“ seien Dritte i.S.v. § 108 Abs. 2, nicht hingegen die geschädigte Gesellschaft in ihrer Eigenschaft als VN.88 Wenn und soweit man der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen den Charakter als Haftpflichtversicherung nicht absprechen will – und dies tun diejenigen nicht, die sich gegen eine Anwendung von § 108 Abs. 2 aussprechen – muss die Gesellschaft als geschädigter Dritter i.S.d. § 100 angesehen werden. Insoweit ist eine einheitliche Bestimmung der Person des Dritten im Recht der Haftpflichtversicherung vom Gesetzgeber gewollt und im Sinne einer widerspruchsfreien Auslegung des VVG geboten.89 83 84 85 86
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Baumann VersR 2010 984, 986. Vgl. auch Lange RuS 2011 185, 188. Baumann VersR 2010 984, 985. Vgl. auch Baumann VersR 2010 984, 985, der es als unzulässige Rechtsausübung ansieht, wenn der VN das ihm verbliebene Abwehrrecht aktiv gegenüber dem VR verfolgt, solange der Dritte berechtigterweise gegen den VR vorgeht; Armbrüster RuS 2010 441, 450. So aber Baumann VersR 2010 984, 989; Lange RuS 2007 401, 405. Ihlas 408 ff.; Rüffer/Halbach/Schimikowski/ Schimikowski § 108 Rn. 6; Schimmer VersR
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2008 875, 878; Armbrüster VersR 2010 441, 448; HK-VVG/Schimikowski § 108 Rn. 6. Vgl. auch OLG Düsseldorf 12.7.2013 BeckRS 2013 16019; Baumann RuS 2011 229, 230 ff.; Römer/Langheid/Langheid § 108 Rn. 20; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 33a; Langheid VersR 2009 1043; Langheid NJW 2007 3745, 3746; R. Koch RuS 2009 133, 135 f.; Prölss/Martin/Voit Ziff. 10 AVB-AVG Rn. 2; Lange RuS 2011 185, 187 f.; Langheid/Goergen VersPrax 2007 1661, 166; Dreher/Thomas ZGR 2009 31, 41 ff.
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Unberührt von § 108 Abs. 2 bleiben formularmäßige Abtretungsverbote (vgl. Ziff. 28 34 S. 1 AHB 2012), die sich auf die Abtretung des Freistellungsanspruchs an einen sonstigen Vierten beziehen.90 Ist die Haftpflichtforderung bereits (teilweise) auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen (z.B. §§ 116 Abs. 1, 119 Abs. 1 SGB X), ist abweichend von dem allgemeinen Grundsatz, dass eine Abtretung des Freistellungsanspruchs nur an den Gläubiger der zu tilgenden Forderung erfolgen kann, eine Abtretung an den Sozialversicherungsträger zulässig (vgl. Rn. 14).
D. Exkurs: Rechtsfolgen der Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Dritten Das Klauselverbot des § 108 Abs. 2 beschränkt sich unmittelbar darauf, einem for- 35 mularmäßig vereinbarten Abtretungsverbot die Wirksamkeit zu nehmen. Wie aus der Gesetzesbegründung deutlich wird (Rn. 5 f.), wollte der Gesetzgeber durch die Neuregelung jedoch auch klarstellen, dass Freistellungsansprüche an den geschädigten Dritten grundsätzlich abgetreten werden dürfen, um diesem eine direkte Inanspruchnahme des VR zu ermöglichen. Bei mehreren Geschädigten ist eine Teilabtretung möglich.91 Dies gibt Anlass dazu, die Rechtsfolgen der Abtretung des Freistellungsanspruchs bezogen auf das Verhältnis zwischen VR und VN, VR und geschädigtem Dritten sowie VN und geschädigtem Dritten in den Blick zu nehmen.
I. Rechtsverhältnis zwischen dem geschädigten Dritten und dem VR 1. Anspruch auf Zahlung a) Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch. In der Hand 36 des geschädigten Dritten wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch gegen den VR (§ 100 Rn. 111 f.). Ist der Freistellungsanspruch im Zeitpunkt der Abtretung bereits fällig i.S.v. § 106 S. 1, entsteht infolge der Abtretung in der Person des Dritten ein fälliger Zahlungsanspruch.92 Umstritten ist, nach welcher Vorschrift die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs des Drit- 37 ten zu beurteilen ist, wenn der Freistellungsanspruch im Zeitpunkt der Abtretung noch nicht fällig ist. Hierzu werden im Grundsatz drei unterschiedliche Ansichten vertreten. Die eine will § 106 S. 1 auch auf den Freistellungsanspruch anwenden.93 Nach der anderen findet § 14 als allgemeine Regelung für die Fälligkeit von Geldleistungen des VR Anwendung.94 Wandt lehnt die Anwendung von § 14 mit der Begründung ab, der Zahlungsanspruch sei aus dem Freistellungsanspruch hervorgegangen. Zudem regele § 106 S. 1 speziell die Fälligkeit der Leistung des VR in Form der Zahlung an den Dritten. Eine teleologische Reduktion mit Blick auf den Zweck der 2-Wochenfrist lehnt Wandt mit der Begründung ab, diese Frist diene nicht nur der Prüfung der Leistungspflicht, sondern
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 16; Römer/Langheid/Langheid § 108 Rn. 15; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 24. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 140. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 123.
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Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 124; Schramm/Wolf RuS 2009 358, 360. R. Koch RuS 2009 133, 135; Armbrüster RuS 2010 441, 450; v. Rintelen RuS 2010 133, 137; Hösker VersR 2013 952, 955.
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auch der Bereitstellung der zur Erfüllung notwendigen Mittel.95 Eine dritte Ansicht, die von Baumann vertreten wird, spricht sich für eine analoge Anwendung von § 106 S. 1 aus, will aber die 2-wöchige Frist des § 106 S. 1 nach Sinn und Zweck entfallen lassen.96 Er wendet sich gegen die unmittelbare Anwendung von § 14 u.a. mit dem Argument, dass dann auch Abschlagszahlungen nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 verlangt werden könnten.97 Unter Umständen komme eine „mittelbare Anwendung“ des § 14 in Betracht.98 Für die Ansicht Wandts scheint auf den ersten Blick zu sprechen, dass der Zahlungs38 anspruch aus dem Freistellungsanspruch hervorgeht und insoweit dem VR im Grundsatz alle Einwendungen erhalten bleiben, die gegen den Freistellungsanspruch bestehen (hierzu sogleich Rn. 41 f.). Dagegen wiegt das Argument, § 106 S. 1 regele speziell die Fälligkeit der Leistung des VR in Form der Zahlung an den Dritten, nicht sonderlich schwer, weil die Verpflichtung zur Zahlung an den Dritten aus § 108 Abs. 1 S. 1 folgt.99 Thomas weist zu Recht darauf hin, dass § 106 strukturell das Auseinanderfallen der Gläubigerstellung von Haftpflicht- und Deckungsanspruch voraussetzt.100 Insgesamt sprechen die besseren Argumente gegen eine Anwendung von § 106 S. 1. Im Hinblick darauf, dass über die Haftpflichtfrage als Vorfrage im Zahlungsprozess des Dritten zu befinden ist, ergibt die Einräumung einer solchen Frist nämlich überhaupt keinen Sinn, weil es erstens an einer Grundlage für die Prüfung der Haftpflichtigkeit des VN – rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis, Vergleich, Befriedigung – und deshalb auch an jeglichem Anknüpfungspunkt für den Beginn der 2-Wochenfrist fehlt, der VR daher zweitens weder irgendeine Bindungswirkung prüfen kann noch drittens für die Bereitstellung der Zahlungsmittel Sorge tragen muss. Dieser besonderen Situation kann nur durch Anwendung von § 14 Abs. 1 (als im Vergleich zu § 271 BGB sachnähere Regelung) Rechnung getragen werden. § 14 Abs. 2 kann dagegen auf den Zahlungsanspruch des Dritten keine Anwendung finden.100a Soweit Baumann sich einerseits für eine entsprechende Anwendung von § 106 S. 1 39 ausspricht, andererseits aber die dort vorgesehene 2-Wochenfrist entfallen lassen will, überzeugt dies in dogmatischer Hinsicht nicht. Die Existenz dieser aus der Sicht Baumanns zweckwidrigen Frist spricht gerade gegen eine Vergleichbarkeit des hier in Rede stehenden Zahlungsanspruchs des Geschädigten mit dem Freistellungsanspruch des VN.101 Wenn überhaupt wäre an eine analoge Anwendung von § 14 Abs. 1 zu denken, wenn man – entgegen der hier vertretenen Ansicht – eine direkte Anwendung dieser Norm ablehnt. Der Zahlungsanspruch des geschädigten Dritten wird somit gem. § 14 Abs. 1 fällig, 40 sobald der VR die notwendigen Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung beendet hat; er wird spätestens fällig mit dem Zugang der Ablehnung der (Geld-)Leistung oder mit der Ankündigung des Antrags auf Klageabweisung. Eine Klage auf künftige Leistung ist somit nicht notwendig.102 Der VR kann den
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Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 124. Baumann VersR 2010 984, 987. Baumann VersR 2010 984, 987. Baumann VersR 2010 984, 992. Vgl. auch v. Rintelen RuS 2010 133, 137. Thomas 458 f. A.A. offenbar Hösker VersR 2013 952, 955. Zu den den Voraussetzungen einer Analogie vgl. BGH 17.3.2010 FamRZ 2010 892;
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BGH 15.3.2007 BGHZ 171 350 Rz. 7; BGH 14.12.2006 NJW 2007 992, 993; BGH 12.7.1988 BGHZ 105 140, 143 = NJW 1988 2733; BGH 13.3.2003 NJW 2003 1932, 1933; OLG Oldenburg 18.4.2012 RuS 2012 329, 330. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 127; Armbrüster RuS 2010 441, 450; v. Rintelen RuS 2010 133, 137 f.
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Eintritt der Fälligkeit nicht dadurch verhindern, dass er sich nur hilfsweise auf die Unbegründetheit der Forderung beruft.103 Mit der Zahlung an den Dritten erfüllt der VR sowohl seine Freistellungspflicht aus dem Versicherungsvertrag als auch die Haftpflichtschuld des VN gegenüber dem Geschädigten. 104 b) Versicherungsvertragliche Einwendungen. Abgesehen vom Wahlrecht gem. § 100 41 zwischen der Freistellung von begründeten und der Abwehr unbegründeter Haftpflichtansprüche, das infolge der Abtretung erlischt (§ 100 Rn. 111 f.), bleiben dem VR auch nach der Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Geschädigten alle Einwendungen erhalten, die sich aus dem Bereich der primären Risikoabgrenzung (z.B. versichertes Risiko, Versicherungsdauer und -summe) und der sekundären Risikoabgrenzung (Ausschlüsse und Obliegenheiten) ergeben (§ 404 BGB).105 Die Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalls müssen nach der Abtretung vom Geschädigten bewiesen werden. Hierzu gehört auch der Beweis, dass der VN dem Geschädigten gegenüber haftpflichtig geworden ist. Es reicht somit – anders als beim Anspruch auf Rechtsschutz, der wegen § 399 Alt. 1 BGB nicht abtretbar ist (Rn. 31) – nicht aus, dass der Geschädigte lediglich Tatsachen behauptet, die in den Schutzbereich der Versicherung fallen (§ 100 Rn. 29 ff.). Der Erhalt der Einwendungen gem. § 404 BGB lässt sich damit rechtfertigen, dass es erstens bei dem Anspruch des VN auf Rechtsschutz und Freistellung nur um unterschiedliche Ausprägungen eines deckungsrechtlich einheitlichen Anspruchs geht106 und es sich zweitens – wie zuvor angesprochen – bei dem Anspruch auf Zahlung lediglich um eine andere Form des Freistellungsanspruchs handelt. Der Freistellungs-/Zahlungsanspruch teilt somit deckungsrechtlich das Schicksal des Rechtsschutzanspruchs, soweit sich nicht aus dem Versicherungsvertrag etwas anderes ergibt. Unabhängig von etwaigen vertraglichen Regelungen können sich bei Obliegenheitsverletzungen Abweichungen wegen des Kausalitätserfordernisses ergeben. So ist denkbar, dass sich die Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit nur nachteilig auf den Umfang des Rechtsschutzanspruchs auswirkt. Ist die Haftpflichtforderung bereits (teilweise) auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen (z.B. §§ 116 Abs. 1, 119 Abs. 1 SGB X), kann der geschädigte Dritte, an den der Freistellungsanspruch abgetreten worden ist, nur in dem Umfang Zahlung an sich verlangen, in dem der Anspruch nicht auf den Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Einige Stimmen in der Literatur wollen aus dem Wahlrecht des VR herleiten, der VR 42 könne dem Dritten gem. § 404 BGB entgegenhalten, „dass es zunächst einer endgültigen Klärung der Haftpflichtfrage […] – sei es durch Anerkenntnis, Vergleich oder durch rechtskräftiges Urteil in einem gesonderten Haftpflichtprozess – bedürfe, bevor es im Direktprozess zu einem Zahlungsurteil kommen könne“.107 Ferner folge aus § 111 Abs. 1 S. 2, dass der VN es auf Weisung des VR zum Rechtsstreit kommen lassen müsse.108 Abgesehen davon, dass diese Ansicht nicht mit den gesetzgeberischen Vorstellungen zur
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OLG Köln 11.9.2001 NVersZ 2002 79, 80; OLG Köln 27.6.2000 RuS 2000 468; Bruck/Möller/K. Johannsen § 14 Rn. 11. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 134. Vgl. BGH 22.1.1954 BGHZ 12 136, 141 f. = NJW 1954 795; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 41. A.A. offenbar Lange RuS 2011 185, 188.
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Lange RuS 2011 185, 193; ders. VersR 2008 713, 715; vgl. auch Bank VW 2008 730, 733; Halm/Engelbrecht/Krahe/Halm Kap. 23 Rn. 107; Schramm/Wolf RuS 2009 358, 360; Schramm PHI 2008 24; a.A. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 26 u. 9. Lange RuS 2011 185, 193 f.; ders. VersR 2008 713, 715.
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Einführung des Klauselverbots nach § 108 Abs. 2 vereinbar ist,109 übersehen die Vertreter dieser Ansicht, dass das nach § 100 dem VR eingeräumte Wahlrecht mit seiner Verpflichtung gegenüber dem VN zum bzw. mit dem Anspruch des VN auf Rechtsschutz und Freistellung korrespondiert. Der VR als Freistellungsschuldner kann sein Wahlrecht deshalb nur solange ausüben, wie der VN sowohl Gläubiger des Rechtsschutz- als auch des Freistellungsanspruchs ist. Daran fehlt es nach Abtretung des Freistellungsanspruchs.110 Der VR kann sich vor dem Verlust seines Wahlrechts nur durch ein individualvertraglich vereinbartes Abtretungsverbot schützen. Im Übrigen lebt das Wahlrecht wieder auf, wenn der Dritte den Freistellungsanspruch an den VN rückabtritt (s. § 108 Rn. 52). Aus § 111 Abs. 1 S. 2 lässt sich Gegenteiliges nicht herleiten, weil diese Vorschrift nur bedeutsam im Zusammenhang mit einem Kündigungsrecht der Beteiligten nach Eintritt des Versicherungsfalls ist (§ 111 Rn. 20).111 Dem VR verbleibt deshalb nur die Möglichkeit, Zahlung an den Dritten mangels Haftung und/oder Deckung zu verweigern. Diese jedermann, der auf Zahlung in Anspruch genommen wird, gegebene Option hat mit dem Wahlrecht nach § 100 indes nichts gemeinsam.112
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c) Verjährung des Zahlungsanspruchs. Mit der Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch beginnt für diese Geldforderung eine neue Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, soweit der Freistellungsanspruch zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt war.113
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d) Gerichtsstand für Zahlungsklage des Dritten gegen den VR. Die Abtretung des Freistellungsanspruchs führt nicht dazu, dass der Dritte den VR an seinem Wohnsitz gerichtlich auf Zahlung in Anspruch nehmen kann. Fraglich ist jedoch, ob er den VR gem. § 215 Abs. 1 S. 1 auch am Wohnsitz des VN verklagen kann. Diese Frage ist bislang nicht speziell bezogen auf den Freistellungsanspruch in der Haftpflichtversicherung, sondern nur allgemein für Forderungen aus dem Versicherungsvertrag erörtert worden. Klimke spricht sich gegen eine Anwendung des § 215 Abs. 1 S. 1 VVG auf einen Zessionar aus, der nur eine einzelne Forderung aus dem Versicherungsvertrag erworben hat, ohne dem VN in dessen Stellung als Vertragspartner nachzufolgen.114 Der Gerichtsstand des § 215 rechtfertige sich nicht mit einer von der Person des Gläubigers unabhängigen Beschaffenheit der Forderung, auf die sich auch ein neuer Gläubiger berufen könne, sondern gerade mit dem (höchstpersönlichen) Interesse des VN an der Durchführung des Rechtsstreits an seinem eigenen jeweiligen Wohnort. Dieser Grund falle mit einem Gläubigerwechsel weg. In Betracht komme daher lediglich eine analoge Anwendung der Norm, wonach der Zessionar am eigenen Wohnort klagen könne. Jedoch sei das Interesse des Zessionars an einem wohnortnahen Prozess im Verhältnis zum VR nicht ebenso schutzwürdig wie das entsprechende Interesse des VN, weil der Zessionar keine mit dem Versicherungsvertrag vergleichbare Sonderbeziehung zum VR habe, die eine prozessuale
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Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 23 Rn. 32. Vgl. auch R. Koch RuS 2009 133, 135; ablehnend auch Hösker VersR 2013 952, 954. Vgl. Baumann RuS 2011 229, 234. A.A. Armbrüster RuS 2010 441, 449. Vgl. nur BGH 21.5.2003 BGHZ 155 69, 71 = VersR 2003 900, 901; BGH 12.5.1960
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VersR 1960 554, 555 = NJW 1960 1346, 1347; Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 12; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 100 Rn. 55; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schlegelmilch § 21 Rn. 84; Versicherungsrechts-Handbuch/Schneider § 24 Rn. 19; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 125. Prölss/Martin/Klimke § 215 Rn. 21; Römer/Langheid/Rixecker § 215 Rn. 4.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
§ 108
Besserstellung des neuen Gläubigers im Vergleich zu den §§ 12 ff. ZPO legitimieren könne.115 Brand hebt ergänzend hervor, dass der VR dem Zessionar gegenüber auch nicht zur besonderen Rücksichtnahme verpflichtet sei.116 Die Mehrheit im Schrifttum spricht sich dagegen unter Berufung auf den Wortlaut des § 215 Abs. 1 für eine Anwendung auf Klagen des Zessionars aus.117 Das AG Kiel, das sich – soweit ersichtlich – bislang als einziges Gericht mit dieser 45 Frage auseinandersetzen musste, hat sich der Ansicht Klimkes angeschlossen und sich für eine Klage aus abgetretenem Recht auf Auszahlung des Rückkaufwertes einer Lebensversicherung für örtlich unzuständig erklärt.118 Ergänzend beruft sich das AG Kiel auf die Gesetzesbegründung zu § 215, die allein auf den VN (teilweise sogar nur auf den VN als Verbraucher) abstelle, aber nicht auf einen Dritten als Inhaber von Rechten, die zuvor dem VN zustanden. Der Gesetzgeber habe ausschließlich eine Stärkung des prozessualen Rechtsschutzes des VN in den Blick genommen.119 Die gegen die Anwendung des § 215 Abs. 1 S. 1 auf den Zessionar vorgebrachten Ar- 46 gumente, die im Kern auf eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs hinauslaufen, sind sehr beachtlich und verdienen auch bezogen auf die Abtretung des Freistellungsanspruchs in der Haftpflichtversicherung Gehör. Da das Wohnsitzgericht des VN und das Wohnsitzgericht des Abtretungsempfängers nicht notwendigerweise örtlich zusammenfallen, würde – wie das AG Kiel zu Recht feststellt – ein aus Sicht des Abtretungsempfängers wohnortfremdes Gericht völlig zufällig wirken, ohne dass hierfür ein Schutzzweck zugunsten des Abtretungsempfängers erkennbar wird.120 Für eine Reduktion spricht auch, dass der Gesetzgeber § 215 Abs. 1 S. 1 mit Blick auf § 29c ZPO geschaffen hat, der den besonderen Gerichtsstand für Haustürgeschäfte (§ 312 Abs. 1 S. 1 BGB) regelt. Für einige Auslegungsfragen kann daher auf Rechtsprechung und Schrifttum zu § 29c ZPO zurückgegriffen werden.121 Danach gibt § 29c ZPO das Forum für eine bestimmte Person (Verbraucher) und nicht für den Anspruch.122 Insbesondere für den Bereich der (obligatorischen) Haftpflichtversicherung lässt sich noch ein weiteres Argument gegen die Anwendung des § 215 Abs. 1 S. 1 auf den Zessionar anführen. Hierdurch wird vermieden, dass der geschädigte Dritte sich durch die Abtretung – neben dem deliktischen Gerichtsstand (§ 32 ZPO) und dem allgemeinen Gerichtsstand (§ 17 ZPO) – einen weiteren Gerichtsstand für seinen Direktanspruch gegen den VR nach § 115 verschaffen kann, für den § 215 Abs. 1 S. 1. VVG nicht gilt.123
115 116 117
118
Prölss/Martin/Klimke § 215 Rn. 21; vgl. auch Bruck/Möller/Brand § 215 Rn. 19. Bruck/Möller/Brand § 215 Rn. 19. Langheid/Wandt/Looschelders § 215 Rn. 24; HK-VVG/Muschner § 215 Rn. 12; Looschelders/Pohlmann/Wolf § 215 Rn. 6; Schwintowski/Brömmelmeyer/Klär § 215 Rn. 8; Looschelders/Heinig JR 2008 265, 268; Fricke VersR 2009 15 f.; zu § 48 a.F. bereits Berliner Kommentar/Gruber § 48 Rn. 4; Bruck/Möller/Möller 8 § 48 Anm. 21. AG Kiel 7.9.2010 NJW-RR 2011 188, 189; vgl. auch LG Halle 15.10.2010 NJW-RR 2011 114 f. (für den nach § 157 a.F. absonderungsberechtigten Geschädigten)
119 120 121 122
123
AG Kiel 7.9.2010 NJW-RR 2011 188, 189. AG Kiel 7.9.2010 NJW-RR 2011 188, 189. Langheid/Wandt/Looschelders § 215 Rn. 4. Vgl. BGH 18.11.2009 u. 10.2.2010 VersR 2010 645, 646; OLG München 30.1.2009 NJOZ 2009 1210, 1211; Stein/Jonas/Roth § 29c Rn. 1; Musielak/Heinrich § 29c Rn. 6. Bruck/Möller/Beckmann § 115 Rn. 80; Bruck/Möller/Brand § 215 Rn. 19; Langheid/Wandt/Looschelders § 215 Rn. 37; Schwintowski/Brömmelmeyer/Klär § 215 Rn. 6.
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§ 108
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
2. Abtretung des Freistellungsanspruchs nach Feststellung des Haftpflichtanspruchs
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Tritt der VN den Freistellungsanspruch ab, nachdem unter Herrschaft des VR ein Haftungsprozess durch rechtskräftiges Urteil zum Ende gebracht oder durch den VR oder mit seiner Zustimmung ein Anerkenntnis abgegeben oder ein Vergleich geschlossen worden ist, ist das Trennungsprinzip gewahrt; die dieses Prinzip ergänzende Bindungswirkung in Bezug auf die Haftpflichtigkeit des VN kommt auch dem geschädigten Dritten zugute.124 Der VR kann diesem gegenüber nicht geltend machen, das Gericht habe die Haftung des VN zu Unrecht bejaht. Unberührt von der gerichtlichen Feststellung der Haftung bleiben Einwendungen des VR hinsichtlich der Deckung, soweit nicht der Grundsatz der Voraussetzungsidentität eingreift (§ 106 Rn. 19). 3. Abtretung des Freistellungsanspruchs vor Feststellung des Haftpflichtanspruchs
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Erfolgt die Abtretung, ohne dass der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist und bestreitet der VR den Haftpflichtanspruch und/oder den Versicherungsanspruch dem Grunde und/oder der Höhe nach, sind Haftung (als Vorfrage)125 und/oder Deckung in einem Prozess des geschädigten Dritten gegen den VR zu klären. Hierbei stellen sich schwierige materiellrechtliche und prozessuale Fragen, die nachstehend anhand zweier Beispiele näher beleuchtet werden.
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a) Haftung streitig. Beispiel: Der VN – ein Zulieferer – wird von seinem Abnehmer wegen eines Produktfehlers (Konstruktionsfehlers) auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Aufgrund der Schilderung des VN gelangt der VR zu dem Ergebnis, dass der VN nicht haftet, weil der Fehler dem Bereich des Entwicklungsrisikos zuzuweisen ist. Der VR entscheidet sich daher für Anspruchsabwehr. Der VN möchte den Anspruch seines Abnehmers aus Rücksicht auf die langjährigen Geschäftsbeziehungen jedoch nicht einfach zurückweisen und tritt deshalb seinen Freistellungsanspruch an den geschädigten Dritten ab. Dieser nimmt daraufhin den VR unmittelbar auf Zahlung in Anspruch. Obsiegt der Geschädigte, weil sich im Prozess herausstellt, dass kein Entwicklungs50 fehler vorliegt, kann er vom VR Zahlung an sich verlangen. Weist das Gericht die Klage des Geschädigten gegen den VR ab, weil es einen Entwicklungsfehler bejaht126, entfaltet diese Feststellung materielle Rechtskraft nur im Verhältnis zwischen dem VR und dem Geschädigten, nicht aber im Verhältnis des Geschädigten zum VN. Eine derartige Rechtskrafterstreckung sieht § 124 Abs. 1 und 3 nur für die obligatorische Haftpflichtversicherung vor.127 Haben der VN und der Geschädigte keine solche Bindungswirkung in dem schuldrechtlichen Vertrag vereinbart, der der Abtretung zugrunde liegt (siehe hierzu unten Rn. 70), ist es deshalb grundsätzlich möglich, dass der Geschädigte noch einen
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125 126 127
Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 31; Lange RuS 2007 401, 404; Baumann VersR 2010 984, 989. Vgl. BGH 12.3.1975 VersR 1975 655, 656 f. Vgl. MüKo-BGB/Wagner § 823 Rn. 626; Bamberger/Roth/Spindler § 823 Rn. 493. Vgl. Lange RuS 2011 185, 196; ders. RuS 2007 401, 404; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 28; Armbrüster RuS 2010 441, 451;
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Baumann VersR 2010 984, 990; R. Koch FS Winter 351; Thomas 461; Langheid VersR 2007 865, 867 f.; Thume VersR 2010 849, 853; Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 23 Rn. 32; a.A. Veith/Gräfe/ Schanz § 13 Rn. 21:„Wehrt der VR die Haftung zu Recht ab, bindet das Urteil auch zugunsten des VN“.
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Haftpflichtprozess gegen den VN führt.128 Gleiches gilt, wenn das Gericht zwar eine Haftung bejaht, die Haftpflichtforderung der Höhe jedoch für nicht begründet hält und die Klage deshalb zum Teil abweist.129 In diesen Fällen schuldet der VR dem VN Rechtsschutz, da letzterer nach wie vor Inhaber des – wegen der Zweckbindung an seine Person als Haftpflichtschuldner – nach § 399 Alt. 1 BGB unabtretbaren Anspruchs ist.130 Nach Ansicht einiger Autoren lässt sich dieses für den VR unbefriedigende Ergebnis dadurch vermeiden, dass er im Zahlungsprozess zwischen ihm und dem Dritten Widerklage mit dem Antrag erhebt, festzustellen, dass (auch) die Haftpflichtforderung des Dritten gegen den VN nicht besteht.131 Nach Baumann kommt auch eine Streitverkündung des VR gegenüber dem VN mit der (nur) zwischen ihnen geltenden Interventionswirkung gem. §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO in Betracht, wenn der VR einen Schadensersatzanspruch des VN wegen schuldhafter Verletzung der Pflichten aus seiner Geschäftsführung „besorgt“ (§ 72 Abs. 1 ZPO).132 Zu weitgehend ist die Ansicht von Retter und Wandt, welche die der Abtretung 51 zugrunde liegende Vereinbarung im Zweifelsfall dahingehend (ergänzend) auslegen wollen, dass die rechtskräftige Feststellung des Nichtbestehens der Haftpflichtforderung im Verhältnis zwischen Drittem und VR Rechtskraft auch im Verhältnis von Drittem und VN hat.133 Gegen eine solche „Vermutung“ spricht, dass der VN in dem Prozess des Dritten gegen den VR die Rolle eines Zeugen einnehmen kann, was sich für den Dritten als nachteilig erweisen kann. Insoweit sei hier auf die unterschiedliche Bedeutung von Zeugenaussage und Parteianhörung hingewiesen. Zwar ist die Beweisaufnahme nur eine von mehreren Erkenntnisquellen zur Sachverhaltsermittlung; ausdrücklich gebietet § 286 Abs. 1 ZPO eine Entscheidung „unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen“, wozu auch das Vorbringen der Parteien selbst gehört, insbesondere die Anhörung der Parteien nach § 141 ZPO. Das durch förmliche Beweiserhebung gewonnene Ergebnis unterscheidet sich aber von dem Ergebnis der Anhörung der Parteien dadurch, dass das Beweisergebnis bindet, wenn sich nichts Wesentliches dagegen einwenden lässt. Das Ergebnis der Anhörung der Parteien hingegen ist mündlicher Parteivortrag, der bei fortdauerndem Bestreiten der Gegenseite nur dann Entscheidungsgrundlage sein kann, wenn sich nachvollziehbar positiv begründen lässt, dass der Parteivortrag im Gegensatz zum Vorbringen der anderen Seite wahr ist.134 Verurteilt der Haftpflichtrichter den VN, weil der Geschädigte seinen im Prozess 52 gegen den VR zugrunde gelegten Sachverhaltsvortrag in einem für die Haftung entscheidenden Punkt ändert, kann der VN nur im Falle der Rückübertragung des sich in der Hand des Dritten in einen Zahlungsanspruch umgewandelten Freistellungsanspruchs vom VR Zahlung verlangen. Zur Rückübertragung des Zahlungsanspruchs ist der Dritte auf Verlangen des VN gem. § 667 BGB grundsätzlich verpflichtet, weil die erfüllungshalber vorgenommene Abtretung eine auftragsähnliche Grundlage hat (Rn. 64).135 Dem VN steht hinsichtlich der Erfüllung der Haftpflichtschuld ein Zurückbehaltungsrecht gem.
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R. Koch FS Winter 351; Prölss/Martin/ Lücke § 108 Rn. 28; Armbrüster RuS 2010 441, 451; vgl. auch Baumann VersR 2010 984, 990; Langheid VersR 2007 865, 868. Vgl. Baumann VersR 2010 984, 990. A.A. Lange RuS 2011 185, 196. Armbrüster RuS 2010 441, 451; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 28, 30; Baumann VersR 2010 984, 990 f.
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Vgl. Baumann VersR 2010 984, 991. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 56; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 139; ablehnend auch Hösker VersR 2013 952, 960 f. Meyke NJW 1989 2032, 2035. Armbrüster RuS 2010 441, 450; Baumann VersR 2010 984, 989; a.A. Hösker VersR 2013 952, 960.
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§ 273 BGB zu, solange nicht die Rückübertragung des Freistellungsanspruchs erfolgt ist.136 Rücküberträgt der Dritte den Zahlungsanspruch an den VN, tritt dieser in seine vorherige Rechtsstellung ein. Der Zahlungsanspruch wandelt sich in der Person des VN zurück in einen Anspruch auf Freistellung, dessen Fälligkeit sich nach § 106 S. 1 bestimmt. Belässt der VN den Zahlungsanspruch beim Dritten, kann dieser im Falle der Verurteilung unmittelbar vom VR Zahlung fordern. Die Rechtskraft des ersten Prozesses des Geschädigten gegen den VR steht der erneuten Inanspruchnahme auf Zahlung nicht entgegen, da die Rechtskraft eines die Klage abweisenden Urteils nur den zur Begründung dieser Klage ursprünglich angeführten Sachverhalt ergreift.137
53
b) Deckung streitig. Beispiel: Wie Beispiel Rn. 49. Auf Grund der Schilderung des VN gelangt der VR jedoch zu dem Ergebnis, dass der VN zwar haftet, er mangels ausreichender Erprobung des Produkts aber nicht zur Deckung verpflichtet ist (vgl. Ziff. 6.2.5 ProdHM). Weist das Gericht die Klage des Geschädigten gegen den VR ab, weil der VN zwar 54 wegen eines Konstruktionsfehlers haftet, dem VR jedoch der Nachweis gelingt, dass der VN das fehlerhafte Produkt nicht ausreichend erprobt hat, entfaltet eine dahingehende Feststellung im Urteil auch Rechtskraft im Verhältnis zwischen VN und VR in einem nachfolgenden Haftpflichtprozess des Geschädigten gegen den VN. Der VR ist gegenüber dem VN, der Inhaber des Anspruchs auf Rechtsschutz geblieben ist, nicht mehr zur Anspruchsabwehr verpflichtet. Zwar ist über den Rechtsschutzanspruch im Prozess des Geschädigten gegen den VR nicht entschieden worden. Jedoch kann der Anspruch des VN auf Freistellung und Rechtsschutz deckungsrechtlich nur einheitlich beurteilt werden,138 so dass die Abweisung des Freistellungsanspruchs, der sich infolge der Abtretung in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat, auf den Rechtsschutzanspruch durchschlägt. Es handelt sich um einen Fall der Rechtskrafterstreckung infolge rechtlicher Abhängigkeit.139 Etwas anderes gilt wiederum nur dann, wenn der vom VN im Prozess gegen den VR zugrunde gelegte Sachverhalt sich in einem für die Deckung entscheidenden Punkt ändert. Retter und Armbrüster sehen den VR aus dem Versicherungsvertrag als verpflichtet 55 an, den VN zu informieren, bevor er Deckungseinwendungen im Direktprozess erhebt, um dem VN die Möglichkeit zu geben, diese Einwände zu entkräften oder als (streitgenössischer) Nebenintervenient (§ 69 ZPO) aufzutreten.140 Im Fall der Verletzung der (nebenvertraglichen) Informationspflicht stehe dem VN ein Schadensersatzanspruch 136 137
138 139
Baumann VersR 2010 984, 989; a.A. Hösker VersR 2013 952, 960. Vgl. BGH 11.1.2007 NJW-RR 2007 457, 459; BGH 14.2.2006 NJW-RR 2006 712, 714 f. Prölss/Martin/Lücke § 100 Rn. 12, 52; OLG Koblenz 6.4.1979 VersR 1979 830, 831. Ebenso Baumann VersR 2010 984, 990; Armbrüster RuS 2010 441, 451; Langheid/ Wandt/Wandt § 108 Rn. 137; i.E. ebenso Langheid VersR 2007 865, 867; Thume VersR 2010 849, 853; nunmehr auch Lange RuS 2011 185, 197, der sich zuvor gegen eine Bindungswirkung deckungsrechtlicher Feststellungen ausgesprochen hatte (Lange
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140
RuS 2007 401, 405); a.A. Prölss/Martin/ Lücke § 108 Rn. 29 (der sich Langes früherer Ansicht anschließt und auf die Möglichkeit der isolierten Drittwiderklage oder der Streitverkündung an den VN verweist); Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 44 (Geltendmachung von Deckungsansprüchen durch den VN nach abgewiesener Direktklage ist rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB). Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 51; Armbrüster RuS 2010 441, 451; so auch die Empfehlung von Langheid/Wandt/ Wandt § 108 Rn. 138.
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§ 108
gegen den VR zu, der auf die Gewährung von Deckungsschutz gerichtet sei.141 Dieser Ansicht ist insoweit zuzustimmen, als den VR wegen der zuvor geschilderten rechtlichen Abhängigkeit von Freistellungs- und Rechtsschutzanspruch aus § 241 Abs. 2 BGB die Pflicht trifft, den VN über den Stand des Direktklageverfahrens zu informieren.141a Eine gleichgerichtete Pflicht aus § 666 BGB trifft auch den Geschädigten in seiner Eigenschaft als Zessionar, allerdings erst auf Verlangen des VN.142 Zur Gewährung von Deckung im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 249 BGB ist der VR dem VN gegenüber jedoch nur verpflichtet, wenn dem VN der Nachweis gelingt, dass die Zahlungsklage des Dritten durch seine Unterstützung erfolgreich gewesen wäre (weil es dem VN gelungen wäre, die Einwände des VR gegen die Deckung zu entkräften). Wird die Klage des Dritten – wie im Beispielsfall – aus deckungsrechtlichen Gründen 56 abgewiesen, entfalten etwaige Feststellungen zur Haftpflichtfrage für das Haftpflichtverhältnis zwischen Drittem und VN keine Bindungswirkung.143 Armbrüster hat die Frage aufgeworfen, ob eine Bindungswirkung durch Streitverkündung nach § 72 Abs. 1 ZPO herbeigeführt werden könne.144 Grundsätzlich liegen die Voraussetzungen der Streitverkündung vor (vgl. Rn. 73 f.). Zu beachten ist jedoch, dass Feststellungen des Gerichts, auf denen sein Urteil nicht beruht (sog. überschießende Feststellungen) nicht an der Interventionswirkung gem. § 68 ZPO teilnehmen.145 Hätte das Gericht die Klage auch allein aufgrund der berechtigten Deckungseinwendungen des VR abweisen können, würden Feststellungen über die Haftung des VN nicht von der Interventionswirkung gem. § 68 ZPO erfasst.146
II. Rechtsverhältnis zwischen VR und VN 1. Abweisung der Zahlungsklage mangels Haftung Der VR bleibt dem VN nach dem zuvor Gesagten zum Rechtsschutz bei erneuter 57 Inanspruchnahme durch den Dritten verpflichtet, soweit dessen Direktklage gegen den VR mangels Haftung des VN abgewiesen worden ist. Soweit der VR seine Prozesskosten nicht vom geschädigten Dritten ersetzt erhält, sind sie als Teil der Rechtsschutzkosten i.S.v. § 101 anzusehen. Ist im Versicherungsvertrag vorgesehen, dass die Rechtsschutzkosten auf die Versicherungssumme angerechnet werden (§ 101 Rn. 65 ff.), verringert sich somit der zur Befriedigung des Haftpflichtanspruchs zur Verfügung stehende Betrag. 2. Abweisung der Zahlungsklage mangels Deckung Wurde die Klage wegen fehlender Deckung abgewiesen, ist der VR wegen der Rechts- 58 krafterstreckung nicht mehr zum Rechtsschutz gegenüber dem VN verpflichtet. Solange nicht der VR die Deckung abgelehnt oder das Gericht die fehlende Deckung festgestellt hat, hat der VN die ihn treffenden Obliegenheiten zu beachten. Die (teilweise) Leistungsfreiheit bei Verletzung von Obliegenheiten, die der VN vor und nach der Abtretung des
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 51. A.A. Hösker VersR 2013 952, 960. Vgl. allgemein MüKo-BGB/Seiler § 666 Rn. 14. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 136; Armbrüster RuS 2010 441, 451.
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Armbrüster RuS 2010 441, 451. Vgl. BGH 27.11.2003 BGHZ 157 97, 99; BGH 9.11.1982 BGHZ 85 252, 257 f. = NJW 1983 820, 821; Musielak/Weth § 68 Rn. 4. Armbrüster RuS 2010 441, 451; Thume VersR 2010 849, 853.
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Freistellungsanspruchs begangen hat, kann der VR dem Dritten gegenüber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung entgegenhalten.147 Bei Obliegenheiten ist jedoch zu beachten, dass das Klauselverbot gem. § 108 Abs. 2 nicht durch mittelbar wirkende, den VN von der Abtretung abhaltende formularmäßige Beschränkungen der Leistungspflicht des VR umgangen werden kann. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen ist das Klauselverbot auch bei Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Obliegenheiten zu berücksichtigen. Betroffen hiervon sind vornehmlich die nach Eintritt des Versicherungsfalls zu beachtenden Obliegenheiten.
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a) Verletzung der Obliegenheit zur Schadenabwehr/-minderung. Hierzu zählt zunächst die Verpflichtung gem. § 82 i.V.m. Ziff. 25.2 S. 1 AHB, den Schaden abzuwehren und zu mindern. Hiergegen verstößt der VN indes nur dann, wenn er den Geschädigten dazu ermuntert, unbegründete Haftpflichtansprüche zu stellen.148 In der Literatur wird darüber hinaus ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht bejaht, wenn der VN den Geschädigten aktiv bei der Durchsetzung der Ansprüche –- etwa durch den Entwurf der Klageschrift oder durch die Erledigung prozessualer Aufgaben des Geschädigten – unterstützt.149 Ob diese Ansicht bei begründeten Haftpflichtansprüchen trägt, ist zweifelhaft, kann hier jedoch dahinstehen. Auch wenn die Abtretung des Freistellungsanspruchs erfüllungshalber erfolgt, m.a.W. der geschädigte Dritte vorrangig Befriedigung aus dem Versicherungsanspruch suchen muss (hierzu unten Rn. 63), stellt die Abtretung weder eine Ermunterung dar, unberechtigte Haftpflichtansprüche zu stellen, noch eine aktive Unterstützungshandlung des geschädigten Dritten hinsichtlich der Verfolgung der Haftpflichtansprüche. Unter diesem Gesichtspunkt kommt ein Verlust des Versicherungsschutzes nicht in Betracht.150 Nimmt der Geschädigte den VR vor Abschluss des Haftpflichtprozesses in Anspruch, 60 droht dem VR jedoch eine Erhöhung der Kosten für die Anspruchsabwehr, wenn der Haftpflichtanspruch sich als begründet erweist und kein Deckungsausschluss eingreift. In diesem Fall wäre es ohne die Abtretung zu keinem Deckungsprozess mehr gekommen. Gleichwohl ist eine Verletzung der Obliegenheit zur Schadenminderung abzulehnen, weil eine dahingehende Auslegung des § 82 im Widerspruch zu den Zielen stünde, die der Gesetzgeber mit der Einführung des Klauselverbots verfolgte. Entsprechend einschränkend ist die formularmäßige Obliegenheit zur Schadenminderung auszulegen. In Betracht kommt, die Abtretung des Freistellungsanspruchs während eines laufenden Haftpflichtprozesses als eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach § 241 Abs. 2 BGB zu qualifizieren, wenn und soweit nur die Haftung streitig ist. Die Pflicht, den Freistellungsanspruch nicht mehr nach Rechtshängigkeit und vor rechtskräftigem Abschluss des Haftpflichtverfahrens an den Geschädigten abzutreten, lässt sich ohne Weiteres unter das Rücksichtnahmegebot subsumieren mit der Folge, dass der VN dem VR nach § 280 BGB zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet ist, die beim VR infolge der direkten Inanspruchnahme durch den Geschädigten vor Abschluss des Haftpflichtverfahrens entstehen.151 Tritt der VN der Klage gegen den VR auf Seiten des Geschädigten bei (§ 66 ZPO), ist 61 eine Obliegenheitsverletzung ebenfalls zu verneinen, soweit sich die Unterstützung auf für die Deckung relevante Fragen beschränkt. Dies gilt nicht nur in Bezug auf von der
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Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 121. Vgl. Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 5 AHB Rn. 7. Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 79.
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Haftung unabhängige Deckungsausschlüsse (z.B. Tätigkeitsschadenausschluss, Ziff. 7.7 AHB 2012) und angebliche Obliegenheitsverletzungen (z.B. Aufklärungspflichten, Ziff. 25.2 S. 3 AHB 2012), sondern auch hinsichtlich solcher Fragen, die wegen des Grundsatzes der Voraussetzungsidentität zugleich Gesichtspunkte der Haftung betreffen. Das für eine Nebenintervention i.S.v. § 66 ZPO152 erforderliche rechtliche Interesse des VN am Ausgang des Verfahrens zwischen dem Geschädigten und seinem VR ist wegen der oben aufgezeigten Bindungswirkung der Entscheidung über den Freistellungsanspruch für den Abwehranspruch gegeben (Rn. 54).153 Es handelt sich um eine streitgenössische Nebenintervention i.S.v. § 69 ZPO. Deren Zulässigkeit scheitert nicht daran, dass sich das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten nur auf einen Teil der Hauptsache, die Deckung, beschränkt.154 b) Verletzung der Obliegenheit zur Überlassung der Prozessführung. Kommt es zum 62 Prozess über den Haftpflichtanspruch, so hat nach Ziff. 25.5 AHB 2012 der VN die Prozessführung dem VR zu überlassen und dem von dem VR bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht sowie alle von diesem oder dem VR für nötig erachteten Aufklärungen zu geben (vgl. Ziff. 25 AHB Rn. 59 ff.). Damit stellt sich die Frage, ob die Abtretung des Freistellungsanspruchs während eines laufenden Haftpflichtverfahrens als Obliegenheitsverletzung zu bewerten ist. Da der Anspruch des VN auf Rechtschutz durch die Abtretung des Freistellungsanspruchs – wie zuvor festgestellt – nicht berührt wird, bleibt der VR im Grundsatz zur Prozessführung berechtigt und verpflichtet. Insoweit liegt keine Obliegenheitsverletzung vor. Eine Obliegenheitsverletzung wäre anzunehmen, wenn der VN seinem Anwalt die Prozessvollmacht entzieht oder diesen anweist, von der Vollmacht nur in der Weise Gebrauch zu machen, dass dieser mit dem Geschädigten eine Vereinbarung über das Ruhen des Verfahrens trifft. Daraus resultiert nach Ziff. 26.2 AHB 2012 jedoch keine Leistungsfreiheit, da die Verletzung dieser Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich sein kann und ein solches Verhalten nicht den Tatbestand der Arglist erfüllt.
III. Rechtsverhältnis zwischen VN und geschädigtem Dritten 1. Qualifikation des der Abtretung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses Durch die Abtretung des Freistellungsanspruchs entsteht eine (zusätzliche) vertrag- 63 liche Beziehung zwischen dem VN und dem geschädigten Dritten. Die Abtretung wird in aller Regel erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) erfolgen.155 Das bedeutet, dass der Geschädigte verpflichtet ist, zunächst beim VR aus dem Freistellungsanspruch Befriedigung zu suchen – notfalls im Klagewege.156 Die von der Literatur aufgeworfene Frage, 152 153
154 155
Hierzu Zöller/Vollkommer 25 § 66 Rn. 8 ff. Vgl. auch OLG Hamm 29.4.1996 NJW-RR 1997 156, 157 (zum rechtlichen Interesse am Beitritt des VR auf Seiten des VN im Haftpflichtprozess wegen der Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den Deckungsprozess). Vgl. Zöller/Vollkommer 25 § 66 Rn. 8. Vgl. BGH 10.3.1993 BGHZ 122 46, 52 = NJW 1993 1578, 1579; Baumann Festgabe
156
Zivilrechtslehrer 21; R. Koch FS Winter 359; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 7; Palandt/Grüneberg 66 § 364 Rn. 7; MüKoBGB/Wenzel 4 § 364 Rn. 8; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 45; Hösker VersR 2013 952, 956. Vgl. BGH 12.7.1984 BGHZ 92 123, 127 = NJW 1984 2573, 2574; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 44.
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ob der VN vom VR zugleich Abwehrdeckung verlangen kann, wenn der Geschädigte den VR auf Zahlung in Anspruch nimmt, stellt sich somit nicht.157 Das der Abtretung zugrunde liegende Rechtsverhältnis beurteilt sich nach Auftrags64 recht.158 Da der Geschädigte berechtigt ist, im Falle einer klageweisen Geltendmachung des Freistellungsanspruchs vom VN gem. § 669 BGB Vorschuss der Prozesskosten zu verlangen, ist er im Grundsatz selbst dann zur Klage verpflichtet, wenn aufgrund von ernsthaften Einwendungen ein rascher Prozesserfolg nicht eindeutig und sicher ist.159 Die Leistung eines solchen Vorschusses begründet keine Verletzung der Obliegenheit des VN zur Schadensminderung.160 2. Rechtsfolgen nach klageweiser Geltendmachung des Freistellungsanspruchs durch den Geschädigten
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Der VN wird den Freistellungsanspruch vornehmlich in den Fällen abtreten, in denen entweder die Haftung oder die Deckung oder sowohl die Haftung als auch die Deckung streitig sind. Es stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen der Ausgang eines Rechtsstreits zwischen dem geschädigten Dritten und dem VR auf das Rechtsverhältnis zwischen dem VN und dem geschädigten Dritten hat.
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a) Obsiegen des Dritten. Ist die Klage des geschädigten Dritten gegen den VR begründet, weil sich im Prozess herausstellt, dass der Haftpflichtanspruch gegen den VN besteht, keine Deckungsausschlüsse eingreifen und der VR auch nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung leistungsfrei ist, kann der Geschädigte vom VR Zahlung an sich verlangen. Nach der Zahlung besteht die Haftpflichtschuld nur noch in Höhe eines vereinbarten Selbstbehalts. Da der VR die Prozesskosten trägt, kann der Geschädigte diese nicht vom VN nach § 670 BGB ersetzt verlangen.161 Weigert sich der VN den verbleibenden Schaden in Höhe des Selbstbehalts zu zahlen, 67 muss der Geschädigte den VN verklagen. Die im Urteil gegen den VR getroffenen Feststellungen zur Haftung des VN entfalten dabei ohne eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem VN und dem Geschädigten keine Bindungswirkung zugunsten des Geschädigten (vgl. Rn. 50).162 Eine Vereinbarung über die Bindungswirkung lässt sich nicht – auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung – allein aus dem der Abtretung zugrunde liegenden Auftrag herleiten. Baumann weist auf die Möglichkeit des Dritten hin, durch Streitverkündung gegenüber dem VN eine Interventionswirkung gem. §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO herbeizuführen. Denn i.S.v. § 72 Abs. 1 ZPO sei ein Anspruch des geschädigten Dritten gegen den VN auf „Schadloshaltung“, den der Dritte erheben zu können glaubt, zu bejahen, wenn und soweit er den Prozess gegen den VR wegen eines vom VN zu tragenden Selbstbehalts verliert.163 157
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159
Vgl. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 116; Römer/Langheid/Langheid § 108 Rn. 13; Lange RuS 2007 401, 405; Baumann VersR 2010 984, 986; Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 27. Vgl. BGH 12.7.1984 BGHZ 92 123, 127 = NJW 1984 2573, 2574; Palandt/Grüneberg 66 § 364 Rn. 8; MüKo-BGB/Wenzel 4 § 364 Rn. 12; R. Koch FS Winter 360; Baumann VersR 2010 984, 989; Armbrüster RuS 2010 441, 450. A.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter
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160 161 162 163
§ 108 Rn. 45 unter Bezugnahme auf OLG Nürnberg 14.5.1976 WM 1976 967, 968, das einen Befriedigungsversuch in einem solchen Fall wegen des Kostenrisikos als unzumutbar ansieht, ohne auf § 669 BGB einzugehen. Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 79. R. Koch FS Winter 360 f. R. Koch FS Winter 361. Baumann VersR 2010 984, 991.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
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Hat der VN nicht nur den Freistellungsanspruch abgetreten, sondern auch den Haft- 68 pflichtanspruch anerkannt, haftet er dem Geschädigten aus dem Schuldbestätigungsvertrag, so dass es auf die Bindungswirkung der Feststellung zur Haftung nicht ankommt. Entsprechendes gilt, wenn der VR wegen einer Obliegenheitsverletzung zur anteiligen Kürzung seiner Leistung berechtigt ist (§ 28 Abs. 2 i.V.m. Ziff. 26.2 AHB 2012) und der Geschädigte deshalb den VN in Anspruch nimmt.164 b) Abweisung der Zahlungsklage. Wird die Klage des Geschädigten gegen den VR 69 mangels Haftung des VN abgewiesen, gilt hinsichtlich der Bindungswirkung zugunsten des VN das zuvor Gesagte (Rn. 67). Der Geschädigte kann den VN deshalb ebenso wie im Fall der Klageabweisung mangels Deckung auf Zahlung in Anspruch nehmen. Zum Ersatz der Kosten des verlorenen Prozesses gegen den VR gem. § 670 BGB ist der VN nach Sinn und Zweck der Abrede, die der Abtretung des Freistellungsanspruches zugrunde liegt, indes nur verpflichtet, wenn die Klage mangels Deckung abgewiesen worden ist.165 Um Folgeprozesse zwischen dem VN und dem Geschädigten aufgrund fehlender Bin- 70 dungswirkung der Feststellungen zur Haftung im Urteil zwischen dem Geschädigten und dem VR zu vermeiden, ist an die Aufnahme einer § 124 entsprechenden Klausel in die Vereinbarung zu denken, die der Abtretung des Freistellungsanspruches zugrunde liegt. Diese muss eine Bindungswirkung zugunsten des VN vorsehen, soweit durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zusteht.166 Hat der VN nur den Freistellungsanspruch abgetreten, ohne zugleich den Haftpflichtanspruch anzuerkennen, sollte darüber hinaus für den Fall der Klagestattgabe zugunsten des Geschädigten vereinbart werden, dass der VN Feststellungen im Urteil gegen den VR, die Leistungskürzungen wegen grob fahrlässig begangener Obliegenheitsverletzungen betreffen, gegen sich gelten lassen muss. Hinsichtlich der Tragung der Kosten eines Prozesses des Geschädigten gegen den VR sollten zur Klarstellung ebenfalls konkrete Regelungen getroffen werden.167 c) Vom Geschädigten zu ergreifende Maßnahmen zum Schutz vor Verjährung des 71 Haftpflichtanspruchs. Mit der Abtretung des Freistellungsanspruchs ist i.d.R. eine Stundung der Haftpflichtforderung verbunden, die entweder mit der Erfüllung (im Fall der Klagestattgabe im Wege der Aufrechnung) oder dadurch endet, dass der Versuch der anderweitigen Befriedigung misslingt (im Falle der Klageabweisung).168 Das Problem der Verjährung des Haftpflichtanspruchs stellt sich für den Geschädigten dann wegen § 205 BGB nicht.169 Anders liegt der Fall, wenn die Auslegung ergibt, dass ausnahmsweise keine Stundung gewollt ist. Gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre. Bei einem durch mehrere Instanzen geführten Prozess gegen den VR droht deshalb die Verjährung des an sich begründeten Haftpflichtanspruchs, wenn nämlich – wie im Beispiel Rn. 53 – die Klage schließlich an der fehlenden Deckung scheitert. In diesem
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R. Koch FS Winter 360 f. Vgl. BGH 12.7.1984 BGHZ 92 123, 127 = NJW 1984 2573, 2574; R. Koch FS Winter 361; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 47. R. Koch FS Winter 362. R. Koch FS Winter 362; vgl. Abtretungsmuster bei Schwintowski/Brömmelmeyer/ Retter § 108 Rn. 67.
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Vgl. BGH 11.1.2007 WM 2007 508, 509; BGH 30.10.1985 BGHZ 96 182, 193 zum Wechsel; BGH 11.12.1991 BGHZ 116 278, 282; Palandt/Grüneberg § 364 Rn. 8. Vgl. Palandt/Ellenberger § 205 Rn. 2; Staudinger/Peters/Jacoby § 205 Rn. 3.
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Fall stehen dem Geschädigten als Auftragnehmer gegen den VN als Auftraggeber weder Schadensersatzansprüche auf Gewährleistung noch wegen Verletzung von Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 BGB im Zusammenhang mit der Abtretung des Freistellungsanspruchs zu, da dem Geschädigten der Streit über die Deckung bekannt war.170 Bei vorsorglicher Vereinbarung einer Verlängerung der Verjährung (§ 202 BGB) stellt 72 sich zunächst die Frage, ob der Ausschluss gem. Ziff. 7.3 AHB 2012 eingreift.171 Erleichterung könnte ein wegen § 105 deckungsunschädliches Anerkenntnis gem. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB bringen, soweit es nicht bereits mit der Abtretung ausgesprochen wurde. Kommt es zu Regulierungsverhandlungen zwischen dem Geschädigten und dem VR, kann auch die Hemmungsregelung nach § 203 BGB eingreifen.172 Beginnt die Verjährung des Haftpflichtanspruchs nicht neu und wird sie auch nicht gehemmt, stellt sich die weitere Frage, ob der Geschädigte nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB eine Hemmung der Verjährung durch Streitverkündung bewirken kann. Hierzu müssten die Voraussetzungen des § 72 ZPO vorliegen.173 Voraussetzung der Streitverkündung ist nach dem Wortlaut des § 72 Abs. 1 ZPO, 73 dass die Partei für den Fall des ungünstigen Ausgangs des Vorprozesses einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt. Wird die Klage gegen den VR mangels Deckung abgewiesen, hat der Geschädigte – wie soeben bemerkt – jedoch keine Ansprüche auf Gewährleistung oder Schadloshaltung. Zu den Ansprüchen auf „Schadloshaltung“ gehören jedoch auch diejenigen Schadensersatzansprüche, bei denen der Dritte nicht für den streitbefangenen Anspruch selbst haftet, sondern aus einem selbständigen Grund, sofern nur der Anspruch gegen den Dritten im Falle des Obsiegens der Partei gegenstandslos wird.174 Es sind dies die Ansprüche gegen Dritte, die statt des Beklagten des Vorprozesses als Verursacher desselben Schadens oder als Vertragsgegner in Betracht kommen.175 Ist außer dem Beklagten des Vorprozesses noch ein weiterer Schuldner denkbar, ist eine Streitverkündung nach dem Zweck des § 72 ZPO nur dann unzulässig, wenn Ansprüche nach Lage der Dinge von vornherein sowohl gegenüber dem Beklagten des Vorprozesses als auch gegenüber dem Dritten geltend gemacht werden können, aus der Sicht des Streitverkünders also schon im Zeitpunkt der Streitverkündung eine gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten des Vorprozesses und des Dritten in Betracht kommt.176 Gemessen an diesen Vorgaben dürfte eine Streitverkündung des Geschädigten zulässig 74 sein. Der Anspruch auf Schadensersatz gegen den VN beruht zwar nicht auf dem abgetretenen, streitbefangenen Freistellungsanspruch gegen den VR, sondern auf einem selbständigen Schuldgrund, der Haftpflichtforderung. Bei einer Leistung erfüllungshalber hat der Gläubiger – wie zuvor angemerkt – aufgrund der dieser Leistung zugrunde liegenden Abrede jedoch vorrangig aus dem erfüllungshalber angenommenen Gegenstand Befriedi-
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R. Koch FS Winter 362. R. Koch FS Winter 362. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 43. Vgl. BGH 10.10.1978 NJW 1979 264, 265 f.; BGH 10.7.2002 NJW 2002 3234, 3236 (jeweils zu § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F.); für das neue Recht bejahend: OLG Jena 28.6.2006 OLG-NL 2006 184, 185; Staudinger/Peters Neubearb. 2004 § 204 Rn. 76; Palandt/Ellenberger § 204 Rn. 21;
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Erman/Schmidt-Räntsch § 204 Rn. 19; a.A. Bamberger/Roth/Henrich BGB § 204 Rn. 29. OLG Köln 19.12.1990 NJW-RR 1991 1535; RGZ 29.11.1930 130 297, 299; Zöller/Vollkommer § 72 Rn. 7. OLG Köln 19.12.1990 NJW-RR 1991 1535; Zöller/Vollkommer § 72 Rn. 7. Vgl. BGH 13.11.1952 BGHZ 8 72, 80 = NJW 1953 420, 421; BGH 9.10.1975 BGHZ 65 127, 131 = NJW 1976 39, 40.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
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gung zu suchen. Insoweit wird der Haftpflichtanspruch des Geschädigten im Fall seines Obsiegens gegen den VR bis zur Höhe des Selbstbehalts und einer etwa gegebenen Leistungskürzung wegen grobfahrlässiger Obliegenheitsverletzung gegenstandslos. Da der Freistellungsanspruch gegen den VR und der Schadensersatzanspruch gegen den VN nicht von vornherein beiden gegenüber geltend gemacht werden kann, liegen die Voraussetzungen des § 72 ZPO mithin vor.177
IV. Anzeige der beabsichtigten Abtretung Im Hinblick auf die beide Parteien des Versicherungsvertrages treffende Pflicht zur 75 gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) wird man den VN als verpflichtet ansehen müssen, dem VR eine beabsichtigte Abtretung und/oder ein ins Auge gefasstes Anerkenntnis anzuzeigen, solange nicht der VR die Leistung einer Entschädigung mangels Haftung und/oder Deckung abgelehnt hat. Der VR hat dann die Möglichkeit, Haftung und Deckung unter Berücksichtigung der beabsichtigten Abtretung und/oder des beabsichtigten Anerkenntnisses in angemessener Zeit (erneut) zu prüfen. Es geht hier vor allem darum, zu vermeiden, dass der VR unnötige Aufwendungen tätigt. Eine Verletzung dieser Anzeigepflichten befreit den VR freilich nicht (teilweise) von seiner Leistungspflicht, sondern berechtigt ihn nur zum Schadensersatz. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Abtretung des Freistellungsanspruchs während eines laufenden Haftpflichtprozesses verwiesen werden (Rn. 63).178
E. Abdingbarkeit von § 108 I. Massenrisiken § 108 Abs. 1 ist im Hinblick auf den intendierten Schutz des geschädigten Dritten 76 nicht nur halbzwingend i.S.v. § 112, sondern (absolut) zwingend, d.h. er kann auch nicht zugunsten des VN verändert werden.179 Letzteres gilt auch für § 108 Abs. 2.180 Allerdings kann der Dritte nach Eintritt des Versicherungsfalls auf die Rechte aus § 108 Abs. 1 verzichten oder eine verbotswidrige Verfügung genehmigen. Ein vor Eintritt des Versicherungsfalls abgegebener Verzicht ist dagegen mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 108 Abs. 1 unwirksam (Rn. 25). Eine Ausnahme hiervon ist nur in den Fällen zu machen, in denen VN und geschädigter Dritter identisch sind (z.B. bei der Innenhaftung im Rahmen einer D&O-Versicherung).181
II. Großrisiken und laufende Versicherung 1. § 108 Abs. 1 Nach vorherrschender Ansicht darf auch bei Großrisiken i.S.v. § 210 Abs. 2 und bei 77 laufenden Versicherungen nicht zum Nachteil des Dritten von § 108 Abs. 1 abgewichen werden.182 Schnepp und Wandt weisen zu Recht darauf hin, dass es sich bei § 108 177 178 179 180
R. Koch FS Winter 363 f. R. Koch FS Winter 364. A.A. Prölss/Martin/Lücke § 108 Rn. 34. BTDrucks. 16/3945 S. 115; vgl. auch Prölss/Martin/Lücke § 112 Rn. 1; Schwin-
181 182
towski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 66. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 80. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 80; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst
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Abs. 1 nicht um eine Beschränkung der Vertragsfreiheit nach dem VVG i.S.v. § 210 Abs. 1, sondern nach allgemeinen Grundsätzen handele (Verbot eines Vertrages zu Lasten Dritter).183 Über den Wortlaut des § 210 hinaus ist bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs zudem auch das Telos des § 210 zu berücksichtigen. Danach soll § 210 dem Umstand Rechnung tragen, dass die VN im Allgemeinen hinreichend geschäftskundig sind, um selbst für die Wahrung ihrer Interessen zu sorgen.184 Insoweit findet § 210 nach Sinn und Zweck keine Anwendung auf solche Vorschriften des VVG, die – wie § 108 Abs. 1 – nicht am Versicherungsvertrag beteiligte Dritte schützen sollen.185 2. § 108 Abs. 2
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a) Reichweite des § 210. Nach überwiegender Auffassung soll die Beschränkung der Vertragsfreiheit durch § 108 Abs. 2 bei Großrisiken und laufenden Versicherungen keine Anwendung finden.186 Darüber hinaus soll § 108 Abs. 2 auch nicht als gesetzliches Leitbild im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, die nicht durch § 210 Abs. 1 ausgeschlossen ist, herangezogen werden können. Begründet wird dies damit, dass § 108 Abs. 2 keine über das – gerade von § 210 Abs. 1 erfasste – Verbot eines Abtretungsausschlusses hinausgehende Regelung treffe, die als dispositives Recht auch auf Großrisiken angewendet werden könne.187 Der herrschenden Ansicht ist nicht zu folgen. § 108 Abs. 2 soll nach den Vorstellun79 gen des Gesetzgebers auch den Interessen des Geschädigten dienen (Rn. 5 ff.). Insoweit reiht sich § 108 Abs. 2 VVG in die sonstigen, dem Geschädigtenschutz dienenden Vorschriften wie z.B. §§ 108 Abs. 1, 109, 110 VVG ein. Im Hinblick auf den zuvor aufgezeigten Gesetzeszweck ist deshalb bereits fraglich, ob § 210 auf § 108 Abs. 2 überhaupt Anwendung findet. Wollte man diese Frage bejahen, stellt sich die Folgefrage, ob die Inhaltskontrolle eines formularmäßigen Abtretungsausschlusses am Maßstab des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB oder – weil es an der Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung fehlt – der Auffangregel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu erfolgen hat. b) Inhaltskontrolle (§§ 307 ff. BGB)
80
aa) Abweichung von § 108 Abs. 2. Für ein Abstellen auf § 108 Abs. 2 als Leitbild spricht zum einen die Begründung des Gesetzgebers zu § 210, der u.a. unter Hinweis auf § 108 ganz allgemein formuliert, dass Klauseln in den AVB der Inhaltskontrolle nach
183 184 185 186
§ 108 Rn. 8; a.A. Rüffer/Halbach/Schimikowski/Schimikowski § 108 Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 108 Rn. 66. Bruck/Möller/Schnepp § 210 Rn. 14; Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 80. Vgl. BGH 1.12.2004 RuS 2006 142, 143; BGH 3.6.1992 BGHZ 118 275, 278 f. So zu Recht Prölss/Martin/Klimke § 210 Rn. 8: teleologische Reduktion. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 80; Prölss/Martin/Klimke § 210 Rn. 18; Baumann RuS 2011 229, 233; Looschelders/ Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 108 Rn. 8; Rüffer/Halbach/Schimikowski/ Schimikowski § 108 Rn. 11.
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Prölss/Martin/Klimke § 210 Rn. 18; Ingwersen 136 ff.; vgl. auch Langheid/Wandt/ Wandt § 108 Rn. 80; Langheid/Wandt/ Fausten § 17 Rn. 29; Looschelders/Pohlmann/Haehling v. Lanzenauer Anh. C Rn. 56; Böttcher NZG 2008 645, 646; Dreher/Thomas ZGR 2009 31, 48; Grote/ Schneider BB 2007 2689, 2697; Thomas 480 f.; Ihlas 413 f.; Thume VersR 2010 849, 853; a.A. Prölss/Martin/Voit Ziff. 10 AVB-AVG Rn. 2; R. Koch RuS 2009 133, 136 f.; ders. WM 2007 2173, 2177; in diesem Sinne wohl auch Bank VW 2008 730, 733.
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§§ 307 ff. BGB unterliegen und danach unwirksam sind, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der Regelungen des VVG nicht zu vereinbaren sind.188 Für den Leitbildcharakter spricht zudem, dass es sich um ein Klauselverbot handelt, das funktional den Klauselverboten nach § 309 BGB entspricht (Rn. 4), die wegen ihrer besonders benachteiligenden Wirkung gegenüber Verbrauchern „ohne Wertungsmöglichkeit“ unwirksam sind189 und im unternehmerischen Verkehr gem. § 310 Abs. 1 S. 2 BGB Leitbildcharakter i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB haben. Der BGH misst den strikten Klauselverboten im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB deshalb sogar Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu.190 Entsprechendes muss auch für § 108 Abs. 2 gelten. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass § 108 Abs. 2 nicht auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die bisher in allen Sparten der Haftpflichtversicherung geübte Praxis, die Abtretung 81 des Freistellungsanspruchs zu untersagen, war mehrfach Gegenstand der Inhaltskontrolle. Trotz der Abweichung von § 398 BGB lehnte die Rechtsprechung eine unangemessene Benachteiligung des VN im Grundsatz ab. Das Interesse des VR an dem Abtretungsverbot wurde nicht nur als berechtigt bewertet, sondern auch als gegenüber dem Interesse des VN an der Abtretung an den Geschädigten höherrangig. Dies wurde damit begründet, dass das Verbot erstens verhindere, dass der in Anspruch genommene VR statt von seinem VN von einem anderen Gläubiger in Anspruch genommen werden könne, so dass er also im Schadensfall das Vertragsverhältnis nicht mit einem Dritten abwickeln müsse.191 Zweitens müsse der VR im Falle eines Prozesses nicht hinnehmen, dass sein VN die Stellung eines Zeugen erhalte und der VR dadurch in seiner Beweisführung benachteiligt werde.192 Drittens könne sich der VR nur durch das Abtretungsverbot dagegen wehren, entgegen den Grundsätzen des Trennungsprinzips im Deckungsprozess auch über Fragen verhandeln zu müssen, die ausschließlich die Haftpflichtproblematik, nicht aber Rechtsfragen aus dem Deckungsverhältnis beträfen.193 Das Interesse des Geschädigten blieb – von Ausnahmefällen abgesehen – unberücksichtigt.194 Die Sicherstellung, dass der VR den Schadensfall einzig mit dem VN und nicht mit 82 (einer Vielzahl von) Geschädigten abwickeln muss, beruht ebenso wie die aus dem Trennungsprinzip folgende Bindung des VR an den Ausgang des Haftpflichtprozesses ausschließlich auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Lediglich der Gedanke der Beeinträchtigung in der Beweisführung ist nicht (ausschließlich) Zweckmäßigkeitserwägungen geschuldet. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber das formularvertragliche Abtretungsverbot trotz vielfältiger Stimmen in der Literatur, die insbesondere diesen Nachteil immer wieder hervorgehoben haben, untersagt hat, lässt jedoch den Schluss zu, dass er eine mögliche Beeinträchtigung in der Beweisführung ob des verbleibenden Schutzes des VR durch das Prozessrecht ebenso wie die Abwicklung des Schadensfalls mit mehreren Geschädigten nicht als sonderliche Belastung einordnet. Dies gilt auch für den Verlust des Wahlrechts des VR zwischen Freistellung und Anspruchsabwehr. 188 189 190 191
BTDrucks. 16/3945 S. 87. MüKo-BGB/Wurmnest § 309 Rn. 2. BGH 19.9.2007 BGHZ 174 1 = NJW 2007 3744, 3775 Rn. 12, m.w.N. Vgl. BGH 21.4.2004 NJW-RR 2004 1100, 1102; BGH 26.3.1997 RuS 1997 325, 326; BGH 31.10.1990 BGHZ 112 387, 388 = NJW 1991 559; BGH 3.12.1987 BGHZ 102 293, 300 = NJW 1988 1210; BGH
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8.12.1975 BGHZ 65 364, 365 = NJW 1976 672. Vgl. BGH 21.4.2004 NJW-RR 2004 1100, 1102; BGH 26.3.1997 RuS 1997 325, 326. OLG Köln 13.11.2007 RuS 2008 239, 240. Vgl. OLG Stuttgart 15.7.1999 NVersZ 2000 95, 96; Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 § 7 AHB Rn. 11; zur Interessenlage s. Winter RuS 2001 133, 137 ff.
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Mag somit das formularmäßige Abtretungsverbot in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen, so gilt dies für den durch § 108 Abs. 2 geregelten umgekehrten Fall der Untersagung des Abtretungsverbots nicht. Wie aus der Gesetzesbegründung deutlich wird, will der Gesetzgeber hierdurch einerseits Rücksicht auf das Interesse des VN nehmen, den Geschädigten direkt an den VR verweisen zu können, wenn dieser einen Haftpflichtanspruch infrage stellt, den der VN wegen seiner Beziehungen zu dem Geschädigten nicht zurückweisen möchte (Rn. 5). Andererseits will der Gesetzgeber den Geschädigten vor Nachteilen schützen, die sich u.a. daraus ergeben, dass er keinen Einblick in das Versicherungsverhältnis hat und deshalb den drohenden Verlust des Versicherungsanspruchs nicht verhindern kann (Rn. 6). Diese Erwägungen sind nicht (nur) zweckorientiert, sondern vor allem (auch) von Gerechtigkeitserwägungen geleitet. Es geht dem Gesetzgeber darum, durch § 108 Abs. 2 die Rechtsbeziehungen zwischen dem VN und dem Geschädigten nicht unnötig zu belasten und die Rechtsstellung des Geschädigten gegenüber dem VR zu stärken. Diese Stärkung, die einen Paradigmenwechsel in der freiwilligen Haftpflichtversicherung darstellt, ist im Rahmen der Inhaltskontrolle zwar grundsätzlich unbeachtlich, da diese nicht dem Schutz von Drittinteressen dient, sondern einzig dem Schutz der Interessen des Vertragspartners des Verwenders – hier also des VN.195 Wie aus der Gesetzesbegründung deutlich wird, sind die Interessen des VN jedoch mit denen des Geschädigten in einer Weise gleichgerichtet, dass es gerechtfertigt erscheint, diese bei Würdigung seiner Interessen mitzubeachten196, zumal die Stärkung der Rechtsstellung des Geschädigten auch im Interesse des VN liegt, weil er durch die – erfüllungshalber vorgenommene – Abtretung des Freistellungsanspruchs erreicht, dass es nicht zum Haftpflichtprozess kommt.197 Handelt es sich nach dem zuvor Gesagten bei § 108 Abs. 2 somit nicht nur um eine bloße Zweckmäßigkeitserwägung, indiziert die Abweichung auch deshalb bei Großrisiken eine unangemessene Benachteiligung des VN.
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bb) Abweichung von § 398 BGB. Selbst wenn man mit der herrschenden Ansicht im Rahmen der Inhaltskontrolle nicht auf § 108 Abs. 2, sondern auf § 398 BGB abstellen wollte, sprechen auch in diesem Fall die besseren Argumente dafür, eine unangemessene Benachteiligung des VN zu bejahen. Insoweit ist zu beachten, dass die zu § 108 Abs. 2 zuvor dargestellten gesetzgeberischen Wertungen bei der nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB gebotenen umfassenden Interessenabwägung mit zu berücksichtigen sind.198 Nach der Rechtsprechung ist ein Abtretungsverbot „nur dann nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen“.199 Mit Rücksicht auf die Wertungen des Gesetzgebers ist nach der VVG-Reform nur noch das Interesse des VR schutzwürdig, sich nicht mit einem einzelnen ihm unbekannten Dritten oder einer Vielzahl ihm unbekannter Dritter auseinandersetzen zu müssen. Die195 196
197
BGH 7.10.1981 NJW 1982 178, 180; OLG Celle 26.4.1995 NJW 1998 82, 84. Krit. Baumann RuS 2011 229, 234, der sich für den Weg der Einzelfallkorrektur über § 242 BGB ausspricht; vgl. auch Staudinger/ Coester (Neubearb. 2006) § 307 Rn. 146 f.; Bamberger/Roth/H. Schmidt § 307 Rn. 25. Staudinger/Coester (Neubearb. 2006) § 307 Rn. 145 ff.; Bamberger/Roth/H. Schmidt § 307 Rn. 24.
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Baumann RuS 2011 229, 233 f.; vgl. auch BGH 13.7.2006 NJW 2006 3486, 3487. BGH 13.7.2006 NJW 2006 3486, 3487; vgl. auch BGH 15.6.1989 BGHZ 108 52, 54 f. = NJW 1989 2750, 2751; BGH 30.10.1990 NJW-RR 1991 763; BGH 11.3.1997 NJW 1997 3434, 3436.
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Verfügung über den Freistellungsanspruch
§ 108
ser Zweck liegt auch der Regelung des § 44 Abs. 1 zugrunde, ist dem Versicherungsvertragsrecht also nicht fremd.200 Angesichts der Gewichtigkeit der Belange des VN an der Abtretbarkeit muss dieses Interesse des VR jedoch zurücktreten. Soweit man entgegen der hier vertretenen Ansicht Abtretungsverbote bei Großrisiken 85 oder laufenden Risiken für wirksam erachtet, stellt sich die Frage, ob pauschale Verbote wirksam sind, die keinen Vorbehalt dahingehend enthalten, bei Massenrisiken nicht anwendbar zu sein. Diese Problematik weist Parallelen zu Gerichtsstandsklauseln auf, die nach § 38 Abs. 1 ZPO nur im kaufmännischen Geschäftsverkehr wirksam sind.201 Den dort von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsatz, demzufolge bei der Inhaltskontrolle unterschiedliche gruppentypische Interessen Berücksichtigung finden,202 wird man auch hier gelten lassen müssen. Ein pauschales, nicht zwischen Groß- und Massenrisiken differenzierendes Abtretungsverbot bei der Versicherung von Großrisiken und laufenden Risiken ist somit wirksam, bei der Versicherung von Massenrisiken dagegen unwirksam. Die Voraussetzungen für ein Großrisiko oder eine laufende Versicherung müssen sowohl im Zeitpunkt der Vereinbarung des Abtretungsverbots/von Vertragsverlängerungen als auch noch im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls vorliegen.203 c) Besonderheiten in der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen. Die Be- 86 sonderheiten in der D&O-Versicherung von Innenhaftungsansprüchen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung im Rahmen der Inhaltskontrolle bei Großrisiken. Hier besteht nicht einmal mehr ein berechtigtes Interesse des VR, zu verhindern, sich im Rahmen der Schadensabwicklung mit Ansprüchen einzelner oder gar einer Vielzahl ihm unbekannter Dritter auseinandersetzen zu müssen, weil es nur den VN (und/oder einen überschaubaren Kreis mitversicherter Tochterunternehmen) als Geschädigten gibt.204 Eine andere Frage ist, ob der Anspruch auf Freistellung überhaupt an den VN abgetreten werden kann, soweit dieser – zwar abweichend von der Vertragspraxis, jedoch in Übereinstimmung mit §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 – allein zur Verfügung (im eigenen Namen) und somit auch zur Abtretung berechtigt ist (hierzu ausführlich § 100 Rn. 162 ff.).
F. Beweislast Hinsichtlich der Beweislast für sämtliche Voraussetzungen von § 108 Abs. 1 gelten 87 die allgemeinen Regeln. Es trägt derjenige die Beweislast, der sich zu seinen Gunsten auf die Rechtsfolge der Vorschrift beruft; in der Regel somit der Dritte.205 Diesen trifft auch im Fall der Abtretung des Freistellungsanspruchs die Beweislast dafür, dass der VN ihm
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Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 44 Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 44 Rn. 4; vgl. auch ÖOGH 28.3.2007 VersR 2008 1283, 1284. Vgl. OLG Schleswig 21.6.2006 NJW 2006 3361 f.; OLG Frankfurt/M. 3.2.1998 BB 1998 2230, 2231. OLG Frankfurt/M. 3.2.1998 BB 1998 2230; Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt Teil 3 (4) Rn. 5; jew. m.w.N. A.A. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 111; Prölss/Martin/Voit Ziff. 10 AVB-AVG Rn. 2; Dreher/Thomas ZGR 2008 31, 47 f.; Tho-
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mas 480: nur Zeitpunkt der Vereinbarung des Abtretungsverbots/von Vertragsverlängerungen. I.E. wie hier Prölss/Martin/Voit Ziff. 10 AVB-AVG Rn. 2; a.A. Baumann RuS 2011 229, 233 f.; Grote/Schneider BB 2007 2689, 2697; Thomas 480 f.; Böttcher NZG 2008 645, 646 Fn. 16; Dreher/Thomas ZGR 2009 31, 48; Looschelders/Pohlmann/Haehling von Lanzenauer Anh. C Rn. 56; Schramm PHi 2008 24, 25. Langheid/Wandt/Wandt § 108 Rn. 79.
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§ 109
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
gegenüber haftet und der Haftpflichtanspruch in den Schutzbereich der Haftpflichtversicherung fällt. Für versicherungsrechtliche Einwendungen gegen den Freistellungsanspruch trägt der VR die Beweislast. Beweiserleichterungen hinsichtlich der Haftung gegenüber dem VN kommen dem Dritten auch gegenüber dem VR im Rahmen der Prüfung der Haftpflicht als Vorfrage zugute.
§ 109 Mehrere Geschädigte Ist der Versicherungsnehmer gegenüber mehreren Dritten verantwortlich und übersteigen deren Ansprüche die Versicherungssumme, hat der Versicherer diese Ansprüche nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu erfüllen. Ist hierbei die Versicherungssumme erschöpft, kann sich ein bei der Verteilung nicht berücksichtigter Dritter nachträglich auf § 108 Abs. 1 nicht berufen, wenn der Versicherer mit der Geltendmachung dieser Ansprüche nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste. Schrifttum Deichl/Küppersbusch/Schneider Kürzungs- und Verteilungsverfahren nach §§ 155 Abs. 1 und 156 Abs. 3 VVG in der Kfz-Haftpflichtversicherung (1985); Deinhardt Der Schutz des Verkehrsopfers bei Erschöpfung der Versicherungssumme, VersR 1980 412; Fenyves Die rechtliche Behandlung von Serienschäden in der Haftpflichtversicherung (1988); Hessert Sozialversicherung und Schadensregulierung – Befriedigungsvorrechte nach § 116 SGB X und das Verteilungsverfahren nach § 156 Abs 3 VVG, VersR 1997 39; Ch. Huber Probleme der über die Versicherungssumme hinausgehenden Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers gem. § 156 Abs 3 VVG, VersR 1986 851; R. Koch Das Dreiecksverhältnis zwischen Versicherer, Versicherungsnehmer und versicherten Personen in Innenhaftungsfällen der D&O-Versicherung, ZVersWiss 2012 151; Konradi Das Kürzungs- und Verteilungsverfahren gemäß §§ 155, 156 Abs. 3 VVG a.F. bzw. § 109 VVG, VersR 2009 321; Langenick Probleme des Verteilungsverfahrens, insbesondere das in § 118 Abs. 1 VVG verborgene SuperBefriedigungsvorrecht, RuS-Beil. 2011 70; Plagemann/Schafhausen Teilungsabkommen mit Sozialversicherungsträgern und ihre Auswirkung auf Dritte, NZV 1991 49; Sprung Das Verteilungsverfahren bei Deckungssummenüberschreitung in der Kfz-Haftpflichtversicherung, VersR 1992 657; Weidner/Schuster Quotelung von Entschädigungsleistungen bei grober Fahrlässigkeit des VN in der Sachversicherung nach neuem VVG, RuS 2007 363; Wenke Verteilungspläne bei nicht ausreichender Deckungssumme in der Kfz-Haftpflichtversicherung, VersR 1983 900.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . Verantwortlichkeit gegenüber mehreren geschädigten Dritten . . . . . . . . . . II. Unzureichende Versicherungssumme . . 1. Ermittlung der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme . . . . . . . 2. Feststellung der Höhe der Haftpflichtansprüche . . . . . . . . . . . . . . III. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsfolgen bei unzureichender Versicherungssumme . . . . . . . . . .
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Rn. I. Verhältnismäßige Befriedigung . . . . . 1. Ein Versicherungsfall . . . . . . . . . 2. Mehrere Versicherungsfälle . . . . . . II. Besonderheiten bei der Beteiligung regressnehmender Privat- und Sozialversicherer . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bei der Verteilung nicht berücksichtigte Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausgleich einer Überzahlung i.S.d. § 109 1. Bereicherungsansprüche des VR . . . a) Gegenüber VN . . . . . . . . . . b) Gegenüber bevorzugt befriedigten Dritten . . . . . . . . . . . . . . 2. Bereicherungsansprüche des benachteiligten Dritten . . . . . . . . . . .
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. 12 . 12 . 13
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Mehrere Geschädigte
§ 109
Rn. V. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . 1. Inanspruchnahme des VR nach Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs . . . . . . . . . . . 2. Rechtsbehelfe bei Überpfändung der Haftpflichtversicherungsforderung . a) Rechtsbehelfe des VR . . . . . .
Rn.
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b) Rechtsbehelfe des geschädigten Dritten . . . . . . . . . . . . . . D. Entsprechende Anwendung des § 109 im Rahmen der Fremdversicherung . . . . . E. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . F. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . .
. . 29 . . 31 . . 31
. 32 . 33 . 36 . 37
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 109 ist die Nachfolgeregelung zu § 156 Abs. 3 a.F., der durch Gesetz vom 1 7.11.19391 eingefügt wurde.2 § 109 S. 1 gibt – sprachlich anders gefasst – § 156 Abs. 3 S. 1 a.F. wieder. Während § 156 Abs. 3 S. 2 a.F. darauf abstellte, ob der VR im Falle der Erschöpfung der Deckungssumme „mit der Geltendmachung dieser Ansprüche entschuldbarerweise nicht gerechnet hat“, kommt es nach § 109 S. 2 darauf an, ob „der Versicherer mit der Geltendmachung dieser Ansprüche nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste“. Da die Änderungen in § 109 nach den Vorstellungen des Gesetzgebers rein redaktioneller Natur sind,3 gilt die Rechtsprechung und Literatur zu § 156 Abs. 3 a.F. fort. Der VR hat somit auch nach der Reform nicht jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er hat vielmehr nur die Sorgfalt zu beobachten, „die unter den Umständen des besonderen Falles von einem vernünftigen und praktischen Versicherer verlangt und angewendet wird“4.
II. Inhalt und Normzweck § 109 betrifft die Situation, dass es in einem Schadensfall mehrere Geschädigte gibt, 2 deren Haftpflichtforderungen zusammengenommen die Versicherungssumme übersteigen. Hier gilt nicht der sonst im Zwangsvollstreckungsrecht geltende Grundsatz der Priorität, demzufolge das durch eine frühere Pfändung begründete Pfandrecht demjenigen vorgeht, das durch eine spätere Pfändung begründet wird (vgl. § 804 Abs. 3 ZPO).5 Vielmehr ist in solchen Fällen nach § 109 S. 1 die Versicherungssumme nach dem Verhältnis der beteiligten Haftpflichtforderungen nach Maßgabe eines vom VR zu erstellenden Verteilungsplans zu verteilen.6 § 109 S. 1 stellt sich insoweit ebenso wie § 107 als eine Berechnungsmethode zur Verteilung eines durch die Beschränkung auf die Versicherungssumme vorhersehbaren Deckungsmangels dar.7 Der historische Gesetzgeber war der Ansicht, dass das Prioritätsprinzip dem Sozialgedanken der Haftpflichtversicherung widerspreche. Die
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4
RGBl. I S. 2223. Motive 637 ff. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 87: „Die Vorschrift stimmt sachlich mit § 156 Abs. 3 VVG überein“. Motive 639; RG 25.10.1938 RGZ 158 284, 288 (grundsätzlich zum Begriff „entschuldbar“).
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BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679; BGH 26.6.1985 VersR 1985 1054, 1055. Vgl. Langenick RuS-Beil. 2011 70, 71. BGH 10.10.2006 RuS 2007 83, 85 = VersR 2006 1679, 1680.
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Auszahlung der Versicherungssumme habe im Interesse der Geschädigten beschleunigt zu erfolgen. Eine Hinterlegung nach § 372 BGB (Ungewissheit über Person des Gläubigers) oder § 853 ZPO (Konkurrenz der Ansprüche) durch den VR müsse möglichst vermieden werden.8 Der BGH charakterisiert die Regelung als „Schutzbestimmung zugunsten der einzelnen Geschädigten, denen das Risiko der Erschöpfung der Versicherungssumme gleichmäßig aufgebürdet werden soll“.9 R. Johannsen hat zu Recht zur Vorgängerregelung des § 156 Abs. 3 a.F. darauf hin3 gewiesen, dass die praktische Handhabung dieser Vorschrift zu Schwierigkeiten führen kann.10 Zwar ist der VN nach Eintritt des Versicherungsfalls zur Auskunft verpflichtet (§ 31 VVG i.V.m. Ziff. 25.2 S. 2 u. 3 AHB). Hierdurch wird der VR in die Lage versetzt, sich ein erstes Bild von der Zahl der Geschädigten und der Schwere der eingetretenen Schäden zu machen. Bei mehreren Geschädigten wird der VR die Höhe der Schadensersatzansprüche der Einzelnen sowie insgesamt gleichwohl nicht vollends überblicken und den auf die einzelne Forderung entfallenden Anteil deshalb oftmals nur schätzen können.11 Dies gilt insbesondere dann, wenn die Schadensentwicklung nicht abgeschlossen ist. Neuberechnungen können deshalb erforderlich werden12 und der VR läuft hier Gefahr, in Kontroversen verwickelt zu werden. Er trägt das Risiko der Fehlverteilung.13 § 109 S. 1 weist gewisse Parallelen zu § 1991 Abs. 4 BGB auf.14 Trotz dieser Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber inhaltlich an der früheren Regelung festgehalten.15 § 109 S. 2 dient dem Schutz des VR, wenn Dritte nach Erschöpfung der Versiche4 rungssumme nachträglich Ansprüche geltend machen, mit denen der VR nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste. In diesem Fall müssen die zu spät kommenden Dritten die Zahlungen, die der VR an andere Dritte geleistet hat, gegen sich gelten lassen.16
III. Anwendungsbereich 5
§ 109 wird in der obligatorischen Haftpflichtversicherung durch die Neuregelung des § 118 verdrängt,17 die auf den Status als Direktgeschädigter (§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 2) oder Drittleistungsträger (§ 118 Abs. 1 Nr. 3 bis 5) abstellt.18
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Motive S. 639; ÖOGH 28.4.1976 VersR 1977 946, 947. BGH 26.6.1985 VersR 1985 1054, 1055 (zu § 156 Abs. 3 S. 1 a.F.). Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 94; vgl. auch Langenick RuS-Beil. 2011 70; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 47; vgl. Späte § 1 Rn. 213; Sprung VersR 1992 657, 659; Wenke VersR 1983 900 ff.; Deinhart VersR 1980 412, 414. Vgl. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1680. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 2; Wenke VersR 1983 900 ff. Ch. Huber VersR 1986 851, 852. Vgl. K. Sieg Ausstrahlungen 174.
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Krit. Wandt/Langheid/Littbarski § 109 Rn. 12. Wandt/Langheid/Littbarski § 109 Rn. 8; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 47; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 156. Looschelders/Pohlmann/Pohlmann/Schwartze § 118 Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber § 118 Rn. 2; Feyock/Jacobsen/Lemor/ Jacobsen § 118 Rn. 1; Langenick RuS-Beil. 2011 70; a.A. Prölss/Martin/Knappmann § 118 Rn. 1, der innerhalb der nach § 118 Abs. 1 vorgesehenen Rangordnung § 109 anwenden will. Vgl. Stiefel/Maier § 118 Rn. 11.
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Mehrere Geschädigte
§ 109
B. Tatbestandsvoraussetzungen I. Verantwortlichkeit gegenüber mehreren geschädigten Dritten Der VN muss gegenüber mehreren geschädigten Dritten haftpflichtig sein. Dritter 6 i.S.d. § 109 ist – wie auch sonst im Haftpflichtversicherungsrecht – jeder, der den VN auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, sei es als originär, sei es als derivativ Berechtigter. Dritte sind neben dem Geschädigten selbst daher auch die Privat-VR (z.B. Kfz-KaskoVR) oder Sozialversicherungsträger, auf die die Ansprüche des Geschädigten ganz oder teilweise (kraft Gesetzes) übergegangen sind (§ 116 SGB X),19 sowie der Zessionar oder Pfandgläubiger.
II. Unzureichende Versicherungssumme 1. Ermittlung der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme Die Haftpflichtansprüche der Geschädigten müssen die Versicherungssumme überstei- 7 gen. Die Höhe der Versicherungssumme bestimmt sich nach den zwischen dem VN und dem VR getroffenen Vereinbarungen. In der Regel wird eine Höchstersatzleistung für alle Versicherungsfälle des Versicherungsjahres vereinbart, die ein Vielfaches der für den einzelnen Versicherungsfall zur Verfügung stehenden Versicherungssumme sein kann (vgl. Ziff. 6.2 AHB), aber nicht sein muss (z.B. bei Vereinbarung „je Versicherungsfall und für alle Versicherungsfälle zusammen“). Die zur Verfügung stehende Versicherungssumme wird darüber hinaus durch Serienschadenklauseln begrenzt, die üblicherweise Eingang in die Haftpflichtversicherung finden und einzelne Versicherungsfälle, die zeitlich und sachlich zusammenhängen (vgl. Ziff. 6.3 AHB), fiktiv zu einem Versicherungsfall verklammern. Diese Verklammerung hat zur Folge, dass die für den einzelnen Versicherungsfall vorgesehene Versicherungssumme ungeachtet der Zahl der tatsächlich eingetretenen Versicherungsfälle nur einmal zur Verfügung steht. Sind für Personen-, Sach- und Vermögensschäden unterschiedliche Versicherungssum- 8 men vereinbart, ist das Übersteigen der Haftpflichtansprüche für jede Schadensart gesondert festzustellen.20 Ist dasselbe Risiko mehrfach versichert, sind die Versicherungssummen zu addieren,21 ohne dass es darauf ankommt, ob das Risiko bei demselben oder auch einem anderen VR durch unterschiedliche Verträge (z.B. Privathaftpflicht- und Jagdhaftpflichtversicherung) versichert ist.22 Keine Addition der Versicherungssummen findet statt, wenn VN und Mitversicherte aus einem Vertrag in Anspruch genommen werden (vgl. Ziff. 6.1 AHB).
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BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1679 = RuS 2007 83, 84; Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 3; Römer/Langheid/Langheid § 109 Rn. 3; Wandt/Langheid/Littbarski § 109 Rn. 17; Hessert VersR 1997 39 ff.; K. Sieg Ausstrahlungen 174. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1680 = RuS 2007 83, 85; Prölss/Martin/Lücke § 109
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Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 10; Römer/Langheid/Langheid § 109 Rn. 5; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 53. BGH 28.11.1990 VersR 1991 172, 173; Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 6. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 7.
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2. Feststellung der Höhe der Haftpflichtansprüche
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Fällige Haftpflichtansprüche sind mit dem Nominalbetrag anzusetzen. Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, soweit sie nicht auf die Versicherungssumme angerechnet werden.23 Stehen die einzelnen Forderungen ihrem Umfang nach genau fest, so lässt sich die Höhe der einzelnen Anteile leicht rechnerisch ermitteln. Es ist weiter nichts zu tun, als das Verhältnis der Höhe der Gesamtforderungen zur Versicherungssumme zu ermitteln. Beläuft sich die Versicherungssumme auf 10 Mio. Euro und betragen die Gesamtforderungen 20 Mio. Euro, so besteht ein Verhältnis von 1:2. Dies bedeutet, dass die Einzelforderungen, die die Gesamtsumme von 20 Mio. Euro ausmachen, nur je zur Hälfte zu berücksichtigen sind. Für Forderungen, die noch nicht (gerichtlich) geltend gemacht worden sind, mit deren 10 Geltendmachung aber zu rechnen ist, ist ein Schätzbetrag anzusetzen, dessen Höhe nach dem höchsten ernsthaft in Betracht kommenden Betrag in Ansatz zu bringen ist.24 Gleiches gilt, wenn die Eintrittspflicht des VR zwar dem Grunde, nicht aber der Höhe nach feststeht. Sind die Forderungen gerichtlich geltend gemacht worden, ist der vom Gericht festgestellte Streitwert maßgeblich. Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen sind i.H.d. Kapitalwerts zu berücksichtigen.25 Ausgleichsansprüche gegen weitere Schädiger oder VR (Mehrfachversicherung) sind mit ihrem feststehenden oder zu schätzenden Betrag vom Gesamtbetrag der Forderung abzuziehen und erhöhen somit den Betrag, der zwischen den Geschädigten zu verteilen ist.26
III. Zeitpunkt 11
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung, ob die Versicherungssumme ausreicht, um die Haftpflichtansprüche mehrerer geschädigter Dritter zu befriedigen, ist nach überwiegender Ansicht der Literatur der (jeweilige) Zeitpunkt, zu dem der VR Forderungen der Dritten befriedigt.27 Soweit Littbarski im Anschluss an Schulze Schwienhorst sich dafür ausspricht, auf den der Leistung vorgelagerten Zeitraum der Prüfung der Ersatzansprüche durch den VR abzustellen,28 ist diese Formulierung missverständlich. Entscheidend kann nur der Zeitpunkt des Abschlusses der Ermittlungen sein. Hiermit wird die Befriedigung des Dritten jedoch in der Regel einhergehen, so dass die unterschiedlichen Ansätze sich in der Praxis nicht auswirken dürften. Übersteigt die Gesamtsumme der Haftpflichtansprüche zu diesem Zeitpunkt nicht die Versicherungssumme, greift § 109 nicht ein und jede einzelne Haftpflichtforderung ist in voller Höhe zu befriedigen.29 23 24
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Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 6. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 6; Wandt/Langheid/Littbarski § 109 Rn. 22; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 53. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679 = RuS 2007 83, 84; BGH 6.10.1982 VersR 1983 26, 27; BGH 28.11.1979 VersR 1980 132 f. mit Berichtigung VersR 1980 279; BGH 12.6.1980 VersR 1980 817, 818; ÖOGH ZVR 1976 353, 354; vgl. auch Langenick RuS-Beil. 2011 70, 71; Hessert VersR 1997 39, 42. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 6; Wandt/Langheid/Littbarski § 109 Rn. 25;
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 8; Römer/Langheid/Langheid § 109 Rn. 5; Deichl/Küppersbusch/Schneider Vor § 155 Rn. 73. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 8; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 10; Römer/Langheid/Langheid § 109 Rn. 8. Wandt/Langheid/Littbarski § 109 Rn. 29 f.; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 109 Rn. 5. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 8; Römer/ Langheid/Langheid § 109 Rn. 8.
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Mehrere Geschädigte
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Ändert sich der Gesamtbetrag aller Haftpflichtansprüche nachträglich, ist die Quotelung entsprechend anzupassen.30 Solche Änderungen können sich z.B. daraus ergeben, dass die Schadensentwicklung einen unerwarteten Verlauf nimmt, der VN sich mit einzelnen Geschädigten vergleicht oder die Ansprüche Einzelner sich im Haftpflichtprozess als unbegründet erweisen. Soweit die nachträglichen Änderungen dazu führen, dass die Versicherungssumme ausreicht, findet § 109 keine Anwendung.31
C. Rechtsfolgen bei unzureichender Versicherungssumme I. Verhältnismäßige Befriedigung 1. Ein Versicherungsfall Reicht die Versicherungssumme zum vorgenannten Zeitpunkt nicht aus, um alle aus 12 einem Versicherungsfall resultierenden Haftpflichtansprüche zu befriedigen, hat der VR diese Ansprüche nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu erfüllen. Bei der Erstellung des Verteilungsplans muss der VR nicht nur die Haftpflichtansprüche berücksichtigen, die mit bindender Wirkung i.S.d. § 106 S. 1 festgestellt wurden, sondern – wie zuvor ausgeführt – auch erst in Zukunft fällig werdende Ansprüche, die noch nicht geltend gemacht wurden, mit deren Geltendmachung aber zu rechnen ist und die deshalb nicht unter § 106 S. 2 fallen. Deshalb hat der VR, der vom Geschädigten gerichtlich direkt, z.B. nach Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs oder nach dessen Abtretung, in Anspruch genommen wird, § 109 bereits im Erkenntnisverfahren und nicht erst im Vollstreckungsverfahren zu beachten.32 2. Mehrere Versicherungsfälle Fraglich ist, ob die Verteilungsgrundsätze nach § 109 S. 1 auch dann gelten, wenn es 13 um Schadensersatzforderungen aus mehreren Versicherungsfällen geht, die innerhalb einer Versicherungsperiode und möglicherweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten und deren Gesamthöhe die für die Periode zur Verfügung stehende Versicherungssumme übersteigt. Beispiel: Der VN führt in einem Versicherungsjahr drei Versicherungsfälle herbei, die jeweils Sachschäden bei unterschiedlichen Personen zur Folge haben. A erleidet einen Schaden über 3 Mio. €, B einen über 2 Mio. € und C über 1 Mio. €. Die Jahreshöchstersatzleistung beträgt je Versicherungsfall und für alle Versicherungsfälle zusammen insgesamt 3 Mio. €. Bei Anwendung des § 109 S. 1 erhielte A 1,5 Mio. €, B 1,0 Mio. € und C 0,5 Mio. €.
Der historische Gesetzgeber hatte bei Schaffung von § 156 Abs. 3 a.F. „den Ausgleich 14 der Interessen mehrerer durch einen Haftpflichtversicherungsfall geschädigter Personen“ im Auge.33 Dieses Verständnis liegt offenbar auch der Rechtsprechung zugrunde. So stellt der BGH in seinem Urteil vom 10.10.2006 fest, ein VR,
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Römer/Langheid/Langheid § 109 Rn. 8. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 8; Römer/ Langheid/Langheid § 109 Rn. 8. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1680 = RuS 2007 83, 85; vgl. auch BGH 6.10.1982
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VersR 1983 26, 27; BGH 25.5.1982 BGHZ 84 151, 154 ff. = VersR 1982 791, 793. Motive S. 639 (Hervorhebung durch Verfasser).
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
„der aus demselben Schadensereignis mehreren ‚Dritten‘ verantwortlich ist, darf deshalb nicht den Gläubiger, der als erster seinen Anspruch geltend macht, zu Lasten der später kommenden ‚Dritten‘ voll befriedigen, wenn die Versicherungssumme nicht zur Befriedigung aller Direktansprüche ausreicht“.34 [Hervorhebung durch den Verfasser]
In seiner Entscheidung vom 26.6.1985 formuliert der BGH, dass § 156 Abs. 3 S. 1 a.F. „für den Fall, daß die Forderungen anläßlich eines Versicherungsfalles die Versicherungssumme übersteigen, alle Ansprüche einer ihrem Wertverhältnis entsprechenden Kürzung unterliegen“.35 [Hervorhebung durch den Verfasser]
Die Kommentarliteratur zum VVG behandelt ebenfalls nur die Konstellation, dass die Haftpflichtansprüche aus einem Schadensfall die Versicherungssumme übersteigen.36 In der obligatorischen Haftpflichtversicherung stellt der Reformgesetzgeber bei der Verteilung innerhalb der nach § 118 Abs. 1 vorgesehenen Rangordnung auf „dasselbe Schadensereignis[.]“ ab. Soweit ersichtlich kommt nur Diller auf die Verteilung der zur Verfügung stehenden Jahreshöchstersatzleistung bei mehreren Schadensfällen zu sprechen. Er wendet § 109 an, ohne den Anwendungsbereich zu problematisieren.37 Der Wortlaut von § 109 S. 1 steht einer Anwendung der Verteilungsgrundsätze auf 15 mehrere Versicherungsfälle nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist nur Voraussetzung, dass der VN gegenüber mehreren Dritten verantwortlich ist und deren Ansprüche die Versicherungssumme übersteigen. Vergegenwärtigt man sich den zuvor angesprochenen Zweck des § 109 S. 1, so kann es für die Verteilung der Versicherungssumme weder darauf ankommen, zu welchem Zeitpunkt der Schaden bei mehreren Geschädigten eingetreten oder die Ursache gesetzt worden ist, noch wann die Geschädigten ihre Ansprüche gegen den VN geltend gemacht haben, die Freistellungsansprüche des VN entstanden sind, ein später geschädigter Dritter vor dem früher geschädigten Dritten in der Lage ist, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, oder den im ordentlichen Verfahren klagenden früheren Geschädigten durch einen Arrest zuvorkommt. Entscheidend ist, dass es mehrere Geschädigte gibt, deren Ansprüche die innerhalb der Versicherungsperiode zur Verfügung stehenden Versicherungssumme übersteigen. Wie die nachstehenden Beispiele zeigen, kommt den Parteivereinbarungen über die Versicherungssumme maßgebliche Bedeutung zu. Beispiele: 1) Der VN führt in einer Versicherungsperiode zwei Versicherungsfälle herbei, die jeweils Sachschäden bei unterschiedlichen Personen zur Folge haben. A erleidet einen Schaden über 3 Mio. €, B einen über 6 Mio. €. Die Höchstsumme für jeden Versicherungsfall beträgt 3 Mio. €, die Jahreshöchstersatzleistung für alle Versicherungsfälle zusammengenommen 6 Mio. €. Wendet man die Verteilungsgrundsätze des § 109 S. 1 an, ist die Jahreshöchstsumme im Verhältnis 1/3 zu 2/3 aufzuteilen. A erhält 2 Mio., B erhält 4 Mio. €. Da die Höchstsumme je Versicherungsfall jedoch auf 3 Mio. € beschränkt ist, erhalten beide nur 3 Mio. €. 2) Wie zuvor, jedoch gibt es infolge eines weiteren Versicherungsfalls den Geschädigten C, dessen Schaden sich ebenfalls auf 3 Mio. € beläuft. Hier erhalten A und C nach § 109 S. 1 jeweils 1,5 Mio. € und B 3 Mio. €.
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BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679 = RuS 2007 83, 84 (Hervorhebung durch Verfasser). BGH 26.6.1985 VersR 1985 1054, 1055 = RuS 1985 272, 273 (Hervorhebung durch Verfasser).
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Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 94; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Retter § 109 Rn. 1; Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 18. Vgl. Diller AVB-RWS Teil 2 A Rn. 10.
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Mehrere Geschädigte
§ 109
Von Bedeutung für das Verteilungsverfahren sind auch die oben angesprochenen 16 Serienschadenklauseln (Rn. 7). Läge ein Serienschaden vor, hieße das für das Beispiel 1), dass A 1 Mio. € und B 2 Mio. € erhielte und für das Beispiel 2), dass A und C jeweils 0,75 Mio. € erhielten, während B 1,5 Mio. € bekäme.
II. Besonderheiten bei der Beteiligung regressnehmender Privat- und Sozialversicherer Bei der verhältnismäßigen Befriedigung unberücksichtigt bleibt der nach § 86 Abs. 1 17 S. 1 zum Regress berechtigte Privat-VR des Geschädigten (z.B. Kasko-VR), der dem Geschädigten nur einen Teil des Schadens z.B. wegen Mitverschuldens ersetzt. Insoweit greift auch hier das Quotenvorrecht ein. Das bedeutet, dass der Geschädigte seinen Schaden – trotz Forderungsübergangs – auch weiterhin gegenüber dem VN geltend machen kann und der VR des Geschädigten an der Verteilung der Versicherungssumme nur im Rang nach dem Geschädigten teilnimmt.38 Entsprechendes gilt gem. § 116 Abs. 2 SGB X im Falle eines Übergangs nach § 116 Abs. 1 SGB X auf einen Sozialversicherungsträger. Dieses Vorrecht besteht nur im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und seinen Sozialversicherungsträgern, nicht aber gegenüber weiteren Direktgeschädigten.39 Macht ein Sozialversicherungsträger aus übergegangenem Recht Ansprüche des Ge- 18 schädigten gegen den VR geltend, beurteilt sich die Berechnung und Aufteilung der auf den Sozialversicherungsträger übergegangenen und der dem Geschädigten verbleibenden Ansprüche bei dem Zusammentreffen von Mitverschulden und gesetzlichen Haftungshöchstbeträgen in Anlehnung an § 116 Abs. 3 S. 1 SGB X.40 Zunächst ist eine Aufteilung der auf die Sozialversicherungsträger übergegangenen und der dem Geschädigten verbleibenden Ansprüche ohne Berücksichtigung der Haftungshöchstgrenze vorzunehmen. Überschreitet der um den Mitverschuldensanteil des Geschädigten gekürzte Gesamtschadensanspruch die gesetzliche Haftungshöchstsumme, ist das Ergebnis der Aufteilung zwischen Sozialversicherungsträgern und Geschädigtem der Haftungshöchstgrenze anteilig anzupassen, um die Unterdeckung proportional auf Sozialversicherungsträger und Geschädigten zu verteilen. Auf diese Weise kommt es zwischen ihnen zu einer verhältnismäßigen Verteilung des gekürzten Ersatzanspruchs. Soweit dem Geschädigten ein Befriedigungsvorrecht aus § 116 Abs. 4 SGB X zusteht, kommt es erst nach Durchführung des Verteilungsverfahrens zum Zuge.41 Wie beim Quotenvorrecht nach § 116 Abs. 2 SGB X ist zu beachten, dass das Befriedigungsvorrecht eines Geschädigten nur gegenüber seinen Sozialversicherungsträgern, nicht aber weiteren Direktgeschädigten gegenüber gilt.42 Schließt ein Sozialversicherungsträger mit dem VR einen Abfindungsvergleich über 19 die auf ihn übergegangenen Schadensersatzforderungen gegen den VN, so betrifft das nach dem Urteil des BGH vom 4.3.1986 in der Regel nur den Anteil, der ihm im Innenverhältnis zu einem als Gesamtgläubiger konkurrierenden weiteren Sozialversicherungs-
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Vgl. Römer/Langheid/Römer § 109 Rn. 4; Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 3; Langheid/ Wandt/Littbarski § 109 Rn. 19; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 21. BGH 25.5.1982 VersR 1982 791, 793; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 19. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1680 =
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RuS 2007 83, 84; BGH 21.11.2000 BGHZ 146 84, 88 ff. = RuS 2001 151, 152 (zu § 156 Abs. 3 a.F.). BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1680 = RuS 2007 83, 84 (zu § 156 Abs. 3 a.F.). Langenick RuS-Beil. 2011 70, 74 (mit Berechnungsbeispiel auf S. 76); Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 4.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
träger zusteht. Es bleibt somit dabei, dass der konkurrierende Sozialversicherungsträger vom VR aus übergegangenem Recht nur noch das verlangen kann, was ihm im Innenverhältnis zum anderen Sozialversicherungsträger zusteht (eingeschränkte Gesamtwirkung des Abfindungsvergleichs).43 Wird der VR vom Sozialversicherungsträger aus einem zwischen ihm und dem 20 Sozialversicherungsträger abgeschlossenen Teilungsabkommen (hierzu Vor §§ 100–112 Rn. 122 ff.) in Anspruch genommen, ist der Anwendungsbereich von § 109 an sich nicht berührt. Der BGH hat die Grundsätze des § 156 Abs. 3 a.F. jedoch entsprechend angewendet.44 In dem Urteil vom 26.6.1985 ging es um die Typhuserkrankungen von mehr als 400 Personen, die wahrscheinlich durch den Genuss verseuchten Kartoffelsalats hervorgerufen wurden.45 Die Versicherungssumme belief sich auf 1 Mio. DM für Personenschäden. Dieser Summe standen nach dem Vortrag des VR Haftpflichtansprüche in Höhe von 3.152.000 DM gegenüber, ferner noch nicht angemeldete Regressforderungen weiterer Sozialversicherungsträger. In den Teilungsabkommen war der Fall einer Erschöpfung der Versicherungssumme durch eine Vielzahl von Ansprüchen nicht geregelt. Nach Ansicht des BGH gilt die Versicherungssumme im Verhältnis der Abkommenspartner als erschöpft, wenn die Ansprüche der Gläubiger, mit denen kein Teilungsabkommen besteht, nach Sach- und Rechtslage in der jeweils berechtigten Höhe und die Ansprüche auf die Schadenteilungsquote aus Teilungsabkommen zusammen die Versicherungssumme übersteigen. Alle Ansprüche, die sich berechtigterweise gegen den Schädiger richten, und alle Forderungen, die ihre Grundlage in Teilungsabkommen haben, seien somit zusammenzurechnen und – gegebenenfalls – zueinander ins Verhältnis zu setzen. Die Kürzung der Ansprüche aus Teilungsabkommen erfolge dann nach Maßgabe von § 156 Abs. 3 a.F., wobei wiederum alle berücksichtigten Forderungen zueinander ins Verhältnis zu setzen seien. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass die Haftpflichtansprüche von Gläubigern keine Kürzung erführen im Hinblick auf Forderungen, die ihre Grundlage allein in Teilungsabkommen haben. Für den VR hat dieses Verfahren zur Folge, dass er ggf. zwei Berechnungen nach § 109 S. 1 vorzunehmen hat. Unterliegt der Schadensersatzanspruch bei der Berechnung gegenüber den Teilungsabkommensgläubigern rechnerisch einer stärkeren Kürzung, als der VR gegenüber dem Ersatzberechtigten bzw. dem VN nach § 109 S. 1 geltend machen kann, ist eine Mehrleistung des VR über die Versicherungssumme bis annähernd zum Doppelten der Versicherungssumme möglich. Diese Folge, so der BGH, sei dem VR zuzumuten und halte sich im Rahmen seiner vertraglich übernommenen Leistungspflichten. Die tatsächliche Ausweitung der Leistungsobergrenze stelle den angemessenen Ausgleich dafür dar, dass die Sozialversicherungsträger mit ihren rein vertraglichen Ansprüchen auf die vereinbarte Quote der Gefahr von Kürzungen nach § 153 Abs. 3 a.F. unterlägen.46
III. Bei der Verteilung nicht berücksichtigte Dritte 21
Nach § 109 S. 2 bleibt die Verpflichtung des VR aus dem Versicherungsvertrag im Verhältnis zu einem nach der gesetzlichen Verteilungsregel zu spät gekommenen Dritten auch über die Versicherungssumme hinaus bestehen, wenn er nicht dartut und beweist,47
43 44 45
BGH 4.3.1986 RuS 1986 182, 183 f. BGH 26.6.1985 VersR 1985 1054, 1055 f.; BGH 6.10.1982 VersR 1983 26, 27. BGH 26.6.1985 VersR 1985 1054.
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BGH 26.6.1985 VersR 1985 1054, 1055. Langheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 46 (zur Darlegungs- und Beweislast).
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Mehrere Geschädigte
§ 109
dass er mit der Geltendmachung weiterer Haftpflichtansprüche nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste. In diesem Fall ist es dem zu spät kommenden Dritten verwehrt, sich auf die relative Unwirksamkeit der Verfügungen über die Entschädigungsforderung nach § 108 Abs. 1 zu berufen. Für das Verschulden seiner Hilfspersonen hat der VR dabei in entsprechender Anwendung des § 278 BGB einzutreten.48 Eine Exkulpation ist also insoweit nicht möglich. Zu beachten ist, dass durch § 109 S. 2 nicht das Trennungsprinzip der Haftpflichtversicherung durchbrochen wird. Vielmehr kann der Dritte auch in diesem Falle den VR erst als Rechtsnachfolger des VN mit Erfolg unmittelbar in Anspruch nehmen. Zu spät im Sinne des § 109 S. 2 kommt im Übrigen auch ein Dritter, der einen geltend gemachten Anspruch nachträglich erhöht.49 Ob der VR mit einer später geltend gemachten Haftpflichtforderung rechnen musste, 22 ist eine Frage des Einzelfalls. Leicht fahrlässige Fehleinschätzungen schaden dem VR jedenfalls nicht. Dies folgt nicht unbedingt aus dem Wortlaut des § 109 S. 2 („nicht rechnen musste“). Jedoch wollte der historische Gesetzgeber mit der Formulierung in § 156 Abs. 3 S. 2 a.F., wonach es darauf ankommt, ob der VR im Falle der Erschöpfung der Deckungssumme „mit der Geltendmachung dieser Ansprüche in entschuldbarerweise nicht gerechnet hat“, zum Ausdruck bringen, dass der VR nicht jede Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Wörtlich heißt es in der amtlichen Begründung zu § 156 Abs. 3 S. 2 a.F.: „In Anlehnung an die Entscheidung des Reichsgerichts vom 25. Oktober 1938 … hat der VR nicht jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er hat vielmehr nur die Sorgfalt zu beobachten, die unter den Umständen des besonderen Falles von einem vernünftigen und praktischen VR verlangt und angewendet wird. Demnach darf der VR insbesondere auch auf das Interesse der ihm rechtzeitig bekannt gewordenen Geschädigten an alsbaldiger Befriedigung ihrer Ansprüche Rücksicht nehmen.“50
Das RG hatte in der Entscheidung, auf die der Gesetzgeber Bezug genommen hat, zu 23 einer Obliegenheitsklausel, die § 156 Abs. 3 S. 2 a.F. entsprach, Folgendes ausgeführt: „Der Unterschied von den gesetzlichen und – diesen entsprechend – sonst auch in den Bedingungen der Beklagten gewählten Begriffsbestimmungen: ‚unverschuldet‘ (§ 6 Abs. 1 VVG), , weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruhend‘ (§ 6 Abs. 2 VVG – § 6 AVB), ‚Vorsatz‘, ‚Fahrlässigkeit‘, ‚Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt‘ (§ 276 BGB) beruht aber nicht … auf der Betonung der subjektiven Seite, ähnlich wie im Strafrecht, so daß eine sonst ,unentschuldbare‘ Fahrlässigkeit ‚entschuldbar‘ würde um deswillen, weil gerade von dem Täter nach seiner besonderen Persönlichkeit die Aufwendung der sonst erforderlichen oder auch nur üblichen Sorgfalt nicht zu verlangen sei; er beruht vielmehr auf der stärkeren Betonung des Verkehrsüblichen, also des Maßes von Sorgfalt, das nach der Lebenserfahrung unter den gegebenen Umständen von vernünftigen, praktischen Leuten angewendet zu werden pflegt und das man demgemäß von solchen verlangt. Damit ist ein gewisser, der Erfahrung des täglichen Lebens entnommener Gegensatz zum Ausdruck gebracht zu dem objektiv-abstrakten Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 BGB), auf dem sich die sonst kraft Gesetzes oder kraft Vertrages anzuwendenden Begriffe von Verschulden und Fahrlässigkeit aufbauen. So gesehen kann also, vom abstrakten Standpunkt der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt aus, immerhin ein gewisses Verschulden anzunehmen sein, und gleichwohl kann der Täter … ‚entschuldbar‘ handeln.“51
48 49
Langheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 45; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 59. Vgl. Amtl. Begründung zu § 156 Abs. 3, Motive S. 639.
50 51
Motive 639 (Hervorhebung durch den Verfasser). RG 25.10.1938 RGZ 158 284, 288.
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§ 109
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Da der Gesetzgeber ausweislich der Regierungsbegründung zu § 109 lediglich eine redaktionelle, nicht jedoch eine inhaltliche Änderung des § 156 Abs. 3 S. 2 a.F. gewollt hat, sind diese Grundsätze bei der Auslegung von § 109 S. 2 zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass die Verpflichtung des VR zur anteilsmäßigen Befriedigung 24 der Dritten in dem Augenblick beginnt, in dem vom Standpunkt eines objektiv wägenden Betrachters aus der VR nach dem ihm bis dahin vom VN und von den Dritten und auch aus sonstigen Quellen zugegangenen Informationen mit einer Überschreitung der Versicherungssumme rechnen musste.52 Hat der VR aber bis zu diesem Zeitpunkt schon an einen Dritten mehr geleistet, als diesem bei endgültiger Berücksichtigung aller Forderungen zustehen würde, so verbleibt es im Verhältnis zum VR dabei. R. Johannsen hat als Faustregel vorgeschlagen, für die Frage der Vorhersehbarkeit auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Schadenszahlungen insgesamt die erste Hälfte der Versicherungssumme übersteigen. Ein für § 156 Abs. 3 S. 2 a.F. relevantes Verschulden könne dem VR nur dann vorgeworfen werden, wenn die Anzeichen für ein Überschreiten der Versicherungssumme zu diesem Zeitpunkte bereits unübersehbar gewesen seien. Bei Zahlungen aus dem Bereich der zweiten Hälfte der Versicherungssumme sei ein schärferer Maßstab an das Verschulden anzulegen.53 Unabhängig davon, ob man dieser Faustregel folgt, ist ein Verschulden i.S.d. § 109 S. 2 jedenfalls stets dann zu bejahen, wenn im Zeitpunkt der (jeweiligen) Auszahlung die Addition der ziffernmäßig geltend gemachten Ansprüche ohne Weiteres das Überschreiten der Versicherungssumme ergibt. Ansonsten dürfen im Hinblick auf den Normzweck des § 109 S. 2 keine übertrieben starken Anforderungen an den VR gestellt werden.54 Eine zu zögerliche Befriedigung der Haftpflichtansprüche liegt weder im Interesse des VN noch im Interesse der Geschädigten. Nach der Ansicht von Lücke greift § 109 S. 2 erst dann ein, wenn die Versicherungs25 summe voll erschöpft ist. Sei dies nicht der Fall und melde sich nachträglich noch ein weiterer Dritter, so soll der Dritte ohne Rücksicht auf ein Verschulden des VR so zu behandeln sein, als ob er sich rechtzeitig gemeldet hätte. Die Quoten seien daher gem. § 109 S. 1 neu zu berechnen.55 Diese Ansicht vermag indes nicht zu überzeugen. Zwar stellt § 109 S. 2 darauf ab, ob die „Versicherungssumme erschöpft“ ist. Diese Formulierung kann aber nicht dahingehend verstanden werden, dass dem VR eine Berufung auf § 109 S. 2 genommen werden soll, wenn die Versicherungssumme noch nicht vollständig verbraucht ist. Eine solche Auslegung liefe darauf hinaus, dass der VR stets bis zum vollständigen Verbrauch der Versicherungssumme die sich aus der Neuberechnung der Quoten resultierenden Risiken bei Rückforderung von Überzahlungen zu tragen hätte, ohne dass es auf ein Verschulden seinerseits ankäme.56 § 109 S. 2 ist somit dahingehend auszulegen, dass sich der verspätet kommende Dritte nach Sinn und Zweck des § 109 mit dem noch offenen Betrag der Deckungssumme zufrieden geben muss,57 soweit nicht für den VR bei früheren Zahlungen erkennbar gewesen ist, dass die Versicherungssumme nicht zur Befriedigung aller Haftpflichtansprüche ausreichen würde.
52 53 54 55
Vgl. Ch. Huber VersR 1986 851, 852 f. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 98. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 12; Ch. Huber VersR 1986 851, 852 f. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 12; Langheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 41; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 16.
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56 57
Ch. Huber VersR 1986 851, 852; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 59. Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 60; Ch. Huber VersR 1986 851, 853; Deichl/ Küppersbusch/Schneider Rn. 79.
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Mehrere Geschädigte
§ 109
IV. Ausgleich einer Überzahlung i.S.d. § 109 1. Bereicherungsansprüche des VR a) Gegenüber VN. Wie bereits ausgeführt, bleibt der VR einem nachträglich kom- 26 menden Dritten gegenüber im Rahmen des § 109 zur Leistung verpflichtet, wenn er nicht dartun und beweisen kann, dass er entschuldbarerweise mit der Geltendmachung der Ansprüche dieses Dritten nicht mehr habe rechnen können. Der VR muss die Quoten nach Maßgabe des § 109 S. 1 neu berechnen. Nimmt der Dritte den VR (nach entsprechender Pfändung und Überweisung) in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils an der Versicherungsentschädigung in Anspruch, ist der VR berechtigt, zuvor geleistete Überzahlungen vom VN nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB herauszuverlangen. Wenn der VR nämlich mehr leistet, als dem VN an Befreiung gebührt, so ist der VN ungerechtfertigt bereichert, weil er von seiner Haftpflichtschuld teilweise ohne Rechtsgrund befreit wurde.58 b) Gegenüber bevorzugt befriedigten Dritten. Fraglich ist, ob der VR von dem bevor- 27 zugt befriedigten Dritten die Überzahlung nach Bereicherungsrecht zurückverlangen kann. Die Zubilligung eines Rückforderungsanspruchs ist nicht unproblematisch, da im Hinblick auf die im Valutaverhältnis grundsätzlich bestehende (Haftpflicht-)Forderung im Verhältnis des VN zum geschädigten Dritten keine Überzahlung vorliegt. Im Hinblick auf den Vorrang der Leistungskondiktion kommt ein Rückforderungsanspruch des VR (in Form der Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) nur dann in Betracht, wenn die Zuwendung des VR nicht als Leistung des VN gewertet werden kann.59 Dies wird man nur annehmen können, wenn der VR einen entsprechenden Vorbehalt geäußert oder dem Dritten – ohne einen entsprechenden Vorbehalt – die Grundlage der Berechnung nach § 109 S. 1 mitgeteilt hat.60 2. Bereicherungsansprüche des benachteiligten Dritten Der im Sinne des § 109 zu kurz gekommene Dritte hat keinerlei Ansprüche gegen 28 denjenigen Geschädigten, der zuviel erhalten hat. Allein in Betracht kommende Bereicherungsansprüche wegen Nichtleistungskondiktion scheiden wegen des Vorrangs der Leistungskondition aus. Für eine entsprechende Anwendung von § 816 Abs. 2 BGB besteht deshalb auch unter Billigkeitsgesichtspunkten kein Raum.61
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Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 61; Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 13; Langheid/ Wandt/Littbarski § 109 Rn. 48; K. Sieg Ausstrahlungen 217. Vgl. BGH 29.4.2008 NJW 2008 2331. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 13; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 15; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 61.
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Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 14; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 22; Langheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 49; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 58; Späte § 1 Rn. 214; K. Sieg Ausstrahlungen 181 f.; a.A. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 101.
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V. Prozessuales 1. Inanspruchnahme des VR nach Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs
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Das Verteilungsverfahren nach § 109 lässt den Haftpflichtanspruch des geschädigten Dritten unberührt. Dieser kann nach rechtskräftigem Abschluss eines Haftpflichtprozesses den Freistellungsanspruch des VN gegen den VR pfänden und sich überweisen lassen. Nimmt der Dritte den VR auf Grund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf Zahlung der titulierten Haftpflichtforderung in Anspruch, ist § 109 – wie zuvor ausgeführt (Rn. 12) – bereits im Prozess und nicht erst im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen.62 Der Dritte kann somit gegenüber dem VR nur anteilig seine Haftpflichtforderung durchsetzen. Im Übrigen ist seine Klage als zurzeit unbegründet abzuweisen. Erhöht sich später die Quote, muss der Dritte erneut klagen.63 Im Hinblick auf das damit einhergehende Risiko, die durch die teilweise Klageabweisung entstandenen Kosten selbst tragen zu müssen, sprechen sich Teile des Schrifttums dafür aus, dem Dritten die Erhebung einer Feststellungsklage zu gestatten.64 Littbarski lehnt diese Ansicht unter Hinweis auf den Vorrang der Leistungsklage gegenüber der Feststellungsklage und unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit ab. Wegen der Schwierigkeiten bei der Quotenneuberechnung drohe eine weitere gerichliche Auseinandersetzung.65 Diese Kritikpunkte haben durchaus ihre Berechtigung. Bei drohender Verjährung steht dem Dritten die Feststellungsklage aber in jedem Fall zu, solange er nicht durch Anzeige der Inanspruchnahme die Hemmung der Verjährung erreichen kann (vgl. § 100 Rn. 150). 30 Die Berücksichtigung der drohenden Erschöpfung der Versicherungssumme im Erkenntnisverfahren hat zur Folge, dass ein VR, der sich im Erkenntnisverfahren nicht auf eine Summenbeschränkung gem. § 109 S. 1 berufen hat, dies später durch eine Zwangsvollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO nur erreichen kann, wenn nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung neue Gründe für eine solche Verteilung entstanden sind. Andererseits ist der Dritte, wenn später eintretende Tatsachen eine bessere Berechnung zu seinen Gunsten ergeben, nicht durch Rechtskraftgrundsätze gehindert, eine erneute Klage zu erheben.66 2. Rechtsbehelfe bei Überpfändung der Haftpflichtversicherungsforderung
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a) Rechtsbehelfe des VR. Der VR kann einer Pfändung durch den geschädigten Dritten, die über den Umfang des diesem nach § 109 gebührenden Anteils hinausgeht, theoretisch durch eine Erinnerung nach § 766 ZPO entgegentreten. Mit Rücksicht auf die komplizierte Materie und die umfangreiche Darlegungspflicht des VR empfiehlt sich allerdings in der Praxis ein derartiges Vorgehen nicht. Die zweckmäßigste Abwicklung dürfte vielmehr darin liegen, dass der nach Meinung des VR dem pfändenden Dritten zustehende Teil gezahlt und im Übrigen Klage anheim gestellt wird. Als gänzlich ausgeschlossen 62
63 64
BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679, 1680; BGH 25.5.1982 BGHZ 84 151, 154 = NJW 1982 2321, 2322 f.; BGH 6.10.1982 VersR 1983 26, 27; ÖOGH 2.6.1977 ZVerkR 1978 282, 283. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 15. Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 16, der einen vorsorglichen Hilfs-Zahlungsantrag
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65 66
empfiehlt; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Retter § 109 Rn. 24; Berliner Kommentar/ Baumann § 156 Rn. 63; krit. Römer/Langheid/Langheid § 109 Rn. 17. Langheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 52; Römer/Langheid/Langheid § 109 Rn. 17. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V Hbd. 1 Anm. B 13.
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Mehrere Geschädigte
§ 109
erscheint nach dem Wesen des Erinnerungsverfahrens z.B. die Prüfung der Frage, ob strittige Forderungen anderer Dritter berechtigt sein könnten und welche Rückstellungen dafür zu bilden sind, oder gar der Frage, ob der VR durch die entschuldbare Annahme, dass weitere Ansprüche nicht erhoben würden, frei geworden ist oder nicht. b) Rechtsbehelfe des geschädigten Dritten. Die gleichen Bedenken bestehen gegen ein 32 Vorgehen eines der geschädigten Dritten im Wege des Erinnerungsverfahrens nach § 766 ZPO. Zur Wahrung seiner Rechte im Sinne des § 109 steht dem beteiligten Dritten aber ein Klagerecht gem. § 772 ZPO zu.67 Das für eine Widerspruchsklage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis kann nicht mit dem Hinweis verneint werden, der VR werde die Rechte des Dritten in dem anschließenden Leistungsstreit schon ordnungsgemäß wahrnehmen.68
D. Entsprechende Anwendung des § 109 im Rahmen der Fremdversicherung Fraglich ist, ob der in § 109 zum Ausdruck kommende Grundsatz der gleichmäßigen 33 Verteilung im Rahmen der Fremdversicherung entsprechende Anwendung findet, wenn zwar nur ein geschädigter Dritter vorhanden ist, der VN und die versicherte Person diesem aber nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen in unterschiedlichem Umfang haften, ohne Gesamtschuldner zu sein. Beispiel: Der privathaftpflichtversicherte VN und eine versicherte Person verursachen kurz nacheinander Schäden bei ein und demselben Dritten in Höhe von jeweils 1.000.000 €. Die Versicherungssumme beläuft sich auf 1.000.000 €. In entsprechender Anwendung des § 109 ist die Berechnung so vorzunehmen, dass auf den materiellen Schaden über 2.000.000 € aus der insgesamt zur Verfügung stehenden Versicherungssumme jeweils 500.000 € mit entsprechender Bestimmung an den geschädigten Dritten zu leisten sind.
Die Frage nach der entsprechenden Anwendung von § 109 stellt sich auch in den Fäl- 34 len, in denen nur ein Dritter vorhanden ist, dem mehrere versicherte Personen haften, ohne Gesamtschuldner zu sein. So kann der Fall in der D&O-Versicherung liegen.69 Beispiel: Die versicherten Organmitglieder A und B verursachen Schäden bei der Gesellschaft (VN) in Höhe von jeweils 1.000.000 €. Die Versicherungssumme beläuft sich auf 1.000.000 €. In entsprechender Anwendung des § 109 sind aus der insgesamt zur Verfügung stehenden Versicherungssumme jeweils 500.000 € mit entsprechender Bestimmung für A und B an die VN zu leisten.
Ob § 109 VVG analog für die hier in Rede stehenden Konstellationen herangezogen 35 werden kann, scheint auf den ersten Blick fraglich, weil diese Vorschrift dem sozialen Gedanken der Haftpflichtversicherung Rechnung tragen will. Das Risiko der Erschöpfung der Versicherungssumme soll mehreren, durch einen Haftpflichtfall geschädigten Personen gleichmäßig aufgebürdet werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers dient die Verteilungsregelung aber auch der Beschleunigung der Auszahlung der Versicherungssumme an die Geschädigten. Ausdrücklich heißt es in der Begründung des § 156 Abs. 3 a.F., der Vorgängerregelung zu § 109 VVG, dass „eine Hinterlegung durch den Versicherer möglichst vermieden werden [muss]“. Genau diese droht zumindest dann, wenn der Geschädigte Ansprüche gegen VN und versicherte Person oder gegen mehrere versicherte
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K. Sieg Ausstrahlungen 177 f. K. Sieg Ausstrahlungen 178.
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Hierzu R. Koch ZVersWiss 2012 151, 166 f.
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§ 110
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Personen gleichzeitig erhebt und diese ihrerseits Ansprüche gegen den VR auf Freistellung geltend machen. Die sich aus der fehlenden gesetzlichen Regelung über die Verteilung ergebende Unsicherheit ist als in der Person des Gläubigers liegender Grund i.S.v. § 372 S. 2 Alt. 1 BGB anzusehen (rechtliches Hindernis, vgl. auch § 117 Abs. 2 S. 3 ZVG).70 Eine analoge Anwendung des § 109 VVG ist deshalb in Betracht zu ziehen. Anderenfalls müsste die Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung des Versicherungsvertrages i.S.d. § 109 VVG geschlossen werden, weil diese Vorschrift den Interessen aller Beteiligten angemessen Rechnung trägt: dem VR wird das Risiko einer fehlerhaften Verteilung der Versicherungssumme genommen, die Gesellschaft erhält zügig Befriedigung und die Verteilung der Versicherungssumme hängt nicht allein vom Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch den Geschädigten ab, auf die die Versicherten keinen Einfluss nehmen können.71
E. Beweislast 36
Der VR hat die Voraussetzungen für ein Verteilungsverfahren gem. § 109 S. 1 darzulegen und zu beweisen.72 Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er mit der nachträglichen Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen i.S.d. § 109 S. 2 nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste, liegt ebenfalls beim VR.73
F. Abdingbarkeit 37
Im Hinblick auf den drittschützenden Charakter von § 109 ist diese Vorschrift nicht abdingbar.74
§ 110 Insolvenz des Versicherungsnehmers Ist über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der Dritte wegen des ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruchs abgesonderte Befriedigung aus dem Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers verlangen. Schrifttum Bohlken Die Rechte der Versicherungsnehmer sowie am Versicherungsverhältnis beteiligter Dritter im Konkurs des Versicherers (1965); Häsemeyer Die Gleichbehandlung der Konkursgläubiger, KTS 1982 507; Helberg Haftpflichtversicherung unbeschränkter Erbenhaftung, VersR 1950 28 f.;
70 71 72 73
Hierzu R. Koch ZVersWiss 2012 151, 167. Hierzu R. Koch ZVersWiss 2012 151, 167. Rüffer/Halbach/Schimikowski § 109 Rn. 2; Konradi VersR 2009 321, 323. Langheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 46; Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 16; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 59; Späte § 1 Rn. 214.
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74
Prölss/Martin/Lücke § 109 Rn. 22; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 25; Rüffer/Halbach/Schimikowski § 109 Rn. 7; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 109 Rn. 12; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 109 Rn. 25; Wandt/Langheid/ Littbarski § 109 Rn. 10; Rüffer/Halbach/ Schimikowski § 109 Rn. 8.
Robert Koch
Insolvenz des Versicherungsnehmers
§ 110
Hermreck Der Befreiungsanspruch in der Insolvenz, NJW-Spezial 2010 213; Mitlehner Haftpflichtanspruch und Absonderungsrecht nach § 110 VVG, ZIP 2012 2003; Münzel Pflichtverletzung gegenüber dem Insolvenzgläubiger durch Feststellung seiner Haftpflichtforderung?, NZI 2007 441; Pick Haftpflichtversicherung unbeschränkter Erbenhaftung, VersR 1950 28; K. Sieg Abwicklung von Schäden im Konkurs des Haftpflichtversicherers, VersR 1964 692; ders. Ausstrahlungen der Haftpflichtversicherung (1952); Seybold/Wendt Der „Insolvenz“-Senat des BGH und das Trennungsprinzip in der Haftpflichtversicherung, VersR 2011 458; Thole Zivilprozessuale Probleme des Absonderungsrechts aus § 110 VVG n.F. in der Insolvenz des Versicherungsnehmers, NZI 2011 41; Thume Entschädigungsansprüche bei Insolvenz des haftpflichtversicherten Schädigers, VersR 2006 1318; Uhlenbruck Insolvenzordnung 13. Aufl. (2010).
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I. II. C. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . Eigenversicherung . . . . . . . . . . . . Fremdversicherung . . . . . . . . . . . . Realisierung des Absonderungsrechts . . Durchsetzung des Absonderungsrechts durch den Geschädigten . . . . . . . . . II. Prozessuale Fragen . . . . . . . . . . . . 1. Zahlungsklage des Geschädigten gegen den VR . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Feststellungs-/Zahlungsklage des Geschädigten gegen den Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . a) Feststellungsklage . . . . . . . . . b) Zahlungsklage . . . . . . . . . . . 3. Feststellungsklage des Geschädigten gegen den VR . . . . . . . . . . . . . 4. Zahlungsklage des Geschädigten gegen den VN . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rn. D. Auswirkung der Insolvenzeröffnung auf anhängige Haftpflichtprozesse . . . . . . I. Unterbrechung und Fortsetzung des Haftungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . II. Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtskraftwirkungen . . . . . . . . . . IV. Klauselumschreibung zugunsten des Haftpflichtgläubigers nach § 727 ZPO? . . . E. Nach Verfahrenseröffnung begründete Haftpflichtansprüche . . . . . . . . . . . F. Exkurs: Rechtsstellung des geschädigten Dritten in der Insolvenz des VR . . . . . I. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . III. Durchbrechung des Trennungsprinzips . . IV. Leistungspflicht des Entschädigungsfonds in der Insolvenz eines Kfz-Haftpflichtversicherers . . . . . . . . . . . . . . . . G. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . H. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 110 ist die Nachfolgeregelung zu 157 a.F., der abgesehen von einer redaktionellen 1 Änderung, die der Insolvenzrechtsreform geschuldet war1, seit Inkrafttreten des VVG 1908 unverändert geblieben ist. § 110 bringt keine inhaltliche Änderung mit sich. Lediglich die Terminologie ist an § 100 angepasst, indem der Begriff „Entschädigungsforderung“ durch den Begriff „Freistellungsanspruch“ ersetzt wird.
II. Inhalt und Normzweck § 110 gibt dem Geschädigten das Recht, in der Insolvenz des VN wegen des ihm 2 gegen den VN zustehenden Haftpflichtanspruchs abgesonderte Befriedigung aus dem Freistellungsanspruch des VN zu verlangen. Der Anspruch als solcher fällt zwar in die 1
BGBl. 1994 I S. 2866.
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Insolvenzmasse (§ 35 InsO), ist jedoch mit dem Absonderungsrecht des geschädigten Dritten belastet.2 Der Dritte wird somit in der Insolvenz des VN wie ein Pfandgläubiger i.S.v. § 50 Abs. 1 InsO behandelt. § 110 tritt an die Stelle des in § 108 Abs. 1 statuierten relativen Veräußerungsverbots, das wegen § 80 Abs. 2 S. 1 InsO in der Insolvenz des VN keine Wirkung entfaltet.3 Mit der Privilegierung des Haftpflichtgläubigers wollte der historische Gesetzgeber 3 sicherstellen, dass die Versicherungsleistung dem geschädigten Dritten und nicht den Gläubigern des VN zugute kommt.4 Der geschädigte Dritte soll im Fall der Insolvenz des VN nicht leer ausgehen.5 Ohne § 110 hätte der geschädigte Dritte wie jeder andere Gläubiger des VN als Insolvenzschuldner seine Ansprüche gegen die Insolvenzmasse geltend zu machen. Trotz der besonderen Zweckbestimmung der Entschädigungsleistung würde der Geschädigte mit seiner Ersatzforderung nur anteilig befriedigt werden.6 § 110 trägt deshalb ebenso wie § 108 Abs. 1 dem sozialen Gedanken der Haftpflichtversicherung Rechnung.7
III. Anwendungsbereich 4
§ 110 findet keine Anwendung in der Seeversicherung (vgl. § 209).8 Eine analoge Anwendung von § 110 scheitert einerseits am Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke und andererseits an der nicht vergleichbaren Interessenlage.9 Da es üblich ist, dass alle von den Gefahren der Seeschifffahrt bedrohten Unternehmer sich gegen diese Gefahren versichern, ist der Geschädigte nicht schutzbedürftig.10 Einer Analogie steht auch der in §§ 49 ff. InsO niedergelegte Grundsatz der Spezialität und Publizität der Absonderungsrechte entgegen.11 Im Hinblick auf den Direktanspruch des Dritten gegen den VR ist § 110 in der Kfz-Haftpflichtversicherung (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 PflichtVersG) und bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ohne Bedeutung.12
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Uhlenbruck/Brinkmann § 51 Rn. 41; Gottwald/Gottwald Insolvenzrechtshandbuch § 42 Rn. 55; MüKo-InsO/Ganter § 51 Rn. 237. BGH 2.4.2009 VersR 2009 821, 822 = NJWRR 2009 964. Motive 211 f.; kritisch Häsemeyer KTS 1982 507, 535; ders. Insolvenzrecht Rn. 18.22 (freiwillig begründete Haftpflichtversicherungen ohne sozialschützenden Charakter garantierten keine Schadensdeckung; zudem stammten die Prämienzahlungen aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners). Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 1; Langheid/ Wandt/Littbarski § 110 Rn. 6; Römer/Langheid/Langheid § 110 Rn. 2. Vgl. auch LG Nürnberg-Fürth 21.12.2006 ZIP 2007 1022, 1023.
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Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 110 Rn. 1. LG Düsseldorf 15.6.1990 VersR 1991 298, 299. Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 8. LG Düsseldorf 15.6.1990 VersR 1991 298, 299; vgl. auch BGH 5.7.1971 BGHZ 56 339, 348 = VersR 1977 1031, 1083 zur Frage der analogen Anwendung des § 156 a.F. LG Düsseldorf 15.6.1990 VersR 1991 298, 299; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 25. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 11; Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 11; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 26.
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Insolvenz des Versicherungsnehmers
§ 110
B. Eröffnung des Insolvenzverfahrens I. Eigenversicherung Der Anspruch des Geschädigten auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Freistellungs- 5 anspruch – unter Einschluss des Kostenerstattungsanspruchs (§ 101) – des VN gegen den VR setzt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des VN voraus. Die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die inhaltlichen Anforderungen an einen Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts ergeben sich aus §§ 11 ff. InsO. Ist die Stunde der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht im Eröffnungsbeschluss enthalten, gilt nach § 27 Abs. 3 InsO als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des Tages, an dem der Beschluss erlassen worden ist. Ob der Haftpflichtanspruch zu diesem Zeitpunkt bereits i.S.d. § 106 S. 1 mit bindender Wirkung für den VR festgestellt worden ist, ist für die Entstehung des Absonderungsrechts unerheblich, weil die Haftpflichtforderung als bedingter Anspruch schon vor Verfahrenseröffnung bestand.13 Da dieser Anspruch nur durch das Schadensereignis der Masse zufällt, entspricht es der Billigkeit, ihn bei Insolvenzeröffnung bereits mit dem Absonderungsrecht des geschützten Dritten belastet anzusehen.14 Das Absonderungsrecht wird durch einen Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO) nicht in sei- 6 nem Bestand nachteilig berührt. Der geschädigte Dritte muss also nicht befürchten, dass seine Haftpflichtforderung gekürzt und der Freistellungsanspruch gegen den VR deshalb geringer ausfällt. Insoweit gilt die Rechtsprechung zu den Auswirkungen des Zwangsvergleichs auf das Absonderungsrecht fort, der durch das Rechtsinstitut des Insolvenzplans ersetzt worden ist.15 Nach dieser Rechtsprechung ist durch § 157 a.F. eine „eigenartige, den sachlichen Rechten angehörige Verknüpfung zwischen dem Schadensersatzanspruch und der Versicherungsforderung herbeigeführt worden, die ihrem Wesen nach durch die Aufhebung des Konkursverfahrens nicht wieder beseitigt werden kann“16. Nur wenn es zum Ausfall bei der Befriedigung aus der Forderung gegen den VR kommt, ist der Dritte auf die Quote des Insolvenzplanes beschränkt.17 Das Absonderungsrecht besteht auch fort, wenn der Insolvenzverwalter den Freistellungsanspruch freigibt18 oder dem VN Restschuldbefreiung erteilt wird.19 Dagegen geht das Absonderungsrecht im Falle der Einstellung des Insolvenzverfahrens wegen Massearmut (§ 207) oder wegen Wegfalls des Eröffnungsgrunds (§ 212 InsO) unter.20 In diesen Konstellationen bedarf der Dritte keines Schutzes mehr durch die Annahme des Bestehens eines Absonderungsrechts. Etwas anderes gilt für den Fall, dass dem Dritten zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfah-
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Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 110 Rn. 4; Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 19; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 110 Rn. 7. Uhlenbruck/Brinkmann § 51 Rn. 41; Nerlich/Römermann/Andes § 51 Rn. 18; Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 19; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 4. BTDrucks. 12/2443 S. 90. RG 12.12.1931 RGZ 135 295, 298; vgl. auch BGH 2.4.2009 VersR 2009 821, 822 = NJWRR 2009 964; BGH 28.3.1996 VersR 1997 61, 62; BGH 13.7.1956 VersR 1956 625, 626;
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vgl. OLG Nürnberg 21.6.2012 VersR 2013 711, 712. Vgl. BGH 13.7.1956 VersR 1956 625, 626; RG 12.12.1931 RGZ 135 295, 298; Prölss/ Martin/Lücke § 110 Rn. 9; Langheid/Wandt/ Littbarski § 110 Rn. 19. BGH 2.4.2009 VersR 2009 821, 822 = NJWRR 2009 964; BGH 28.3.1996 VersR 1997 61, 62. Uhlenbruck/Vallender § 301 Rn. 2; Nehrlich/ Römermann/Römermann § 301 Rn. 10. Sieg Ausstrahlungen 208; Bruck/Möller/ R. Johannsen Anm. B 107; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 17.
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rens bereits die rechtskräftige Feststellung einer Forderung gelungen ist. Dann bleibt es trotz der Beendigung des Insolvenzverfahrens dabei, dass der VR ohne vorherige Pfändung und Überweisung verklagt werden kann (Rn. 14).21
II. Fremdversicherung 7
Bei der Versicherung für fremde Rechnung (§§ 43 ff.) greift § 110 nur dann ein, wenn über das Vermögen der versicherten Person das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.22 Dies folgt daraus, dass allein der versicherten Person die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zustehen (vgl. § 45 Abs. 1). Bei der Realisierung des Absonderungsrechts ist jedoch zu berücksichtigen, dass die (formelle) Verfügungsbefugnis über diesen Anspruch dem VN zusteht. Da der Dritte keine weiterreichende Rechtsstellung als die versicherte Person haben kann, bedeutet dies für ihn, dass er auch nach Feststellung seiner Haftpflichtforderung i.S.d. § 106 Abs. 1 zunächst keine unmittelbare Klage gegen den VR erheben kann, weil dieses Klagerecht eben dem VN zusteht. Der VN kann allerdings durch einseitige Erklärung gegenüber dem VR auf sein Recht zur Verfügung über die Forderungsrechte aus § 45 Abs. 1 zugunsten der versicherten Person verzichten23 oder seine Zustimmung nach § 44 Abs. 2 erteilen, indem er z.B. sein Einverständnis mit der unmittelbaren Klage erklärt.24 Notfalls muss der Geschädigte den Anspruch des Versicherten auf Einwilligung in die Auszahlung gegenüber dem VN erfolgreich (ggf. im Wege der Klage) durchsetzen.25 Dazu muss er diesen Anspruch des Versicherten gesondert pfänden und sich überweisen lassen.26 Ist in den AVB das Verfügungsrecht dem VN ausschließlich zugewiesen, kann der VN ohne Zustimmung des VR nicht auf die Verfügungsbefugnis zugunsten des Versicherten verzichten.27 Versagt der VR die Zustimmung oder lehnt er die Deckung ab und gibt der VN zu erkennen, dass er seinerseits die Ansprüche des Versicherten nicht selbst weiterverfolgen will, ist der Versicherte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) berechtigt, seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag selbst gegenüber dem VR geltend zu machen.28
C. Realisierung des Absonderungsrechts I. Durchsetzung des Absonderungsrechts durch den Geschädigten 8
Das VVG enthält keine Regelungen für die Geltendmachung des Absonderungsrechts des geschädigten Dritten. Einigkeit besteht darüber, dass der Dritte wie ein Pfandgläubiger zu behandeln ist, der entsprechend § 1282 BGB ein Einziehungsrecht hat und des21 22
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Bruck/Möller/R. Johannsen Anm. B 107; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 17. Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 15; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 110 Rn. 5; Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 110 Rn. 2; Rüffer/Halbach/Schimikowski § 110 Rn. 2. OLG Frankfurt/M. 7.12.2012 VersR 2013 617, 618, mit Anmerkung R. Koch VersR 2013 620 f.; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 45 Rn. 13. Vgl. OLG Hamm 19.4.1996 NZV 1996 412.
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Vgl. ÖOGH 18.2.1970 VersR 1971 140; ÖOGH 1.3.1960 VersR 1960 454, 455 f. OLG München 29.3.1999 RuS 2000 58, 59; OLG Düsseldorf 29.10.1996 VersR 1997 1475; PK/Hübsch § 44 Rn. 11. BGH 4.5.1964 BGHZ 41 327, 329 = NJW 1964 1899; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 14. Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 44 Rn. 24; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Hübsch § 45 Rn. 13; s.a. R. Koch VersR 2013 620, 621 f.
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Insolvenz des Versicherungsnehmers
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halb vom VR Leistung an sich selbst verlangen kann, ohne dass es einer Pfändung (und Überweisung) des Freistellungsanspruchs bedarf.29 Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den Vorgaben des Insolvenzrechts. Gem. § 50 Abs. 1 InsO richtet sich die abgesonderte Befriedigung der Pfandgläubiger nach den §§ 166 ff. InsO. Danach sind Gegenstände, an denen Absonderungsrechte bestehen, zwar grundsätzlich vom Insolvenzverwalter zu realisieren und der Erlös ist an den Absonderungsberechtigten auszukehren. Das Verwertungsvorrecht des Verwalters gilt allerdings nur für Forderungen, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat (§ 166 Abs. 2 InsO).30 Es ist zwar möglich, dass der VN (vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens) seinen Freistellungsanspruch gegen den VR an den geschädigten Dritten abtritt. Eine solche Abtretung erfolgt jedoch nicht zur Sicherung des Haftpflichtanspruchs, sondern als Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB)(§ 108 Rn. 63). Ist der Insolvenzverwalter somit nicht zur Verwertung des Freistellungsanspruchs berechtigt, bleibt nach § 173 Abs. 1 InsO das Selbstverwertungsrecht des geschädigten Dritten unberührt. Nur wenn der Dritte untätig bleibt, kann der Insolvenzverwalter das Verwertungsrecht nach Fristsetzung durch das Insolvenzgericht an sich ziehen (§ 173 Abs. 2 InsO).31 Macht der Dritte von seinem Einziehungsrecht Gebrauch und verlangt vom VR Zahlung, fallen keine Feststellungs- und Verwertungskostenbeiträge nach §§ 170, 171 InsO an.32 Unter Geltung des § 157 a.F. war nach allgemeiner Ansicht Voraussetzung für einen 9 unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den VR, dass der Haftpflichtanspruch des Geschädigten gem. § 154 Abs. 1 S. 1 a.F. festgestellt worden war, weil § 157 a.F. dem Geschädigten keine weitergehende Rechtsstellung als dem VN gewährte.33 Bloße Fälligkeit der Haftpflichtforderung und des Freistellungsanspruchs, wie sie nach §§ 1282 Abs. 1, 1228 Abs. 2 BGB ausreicht, genügte also nicht. Nach der Rechtsprechung bedurfte es entweder eines Anerkenntnisses des Insolvenzverwalters oder einer rechtskräftigen Feststellung zur Tabelle (vgl. § 178 Abs. 1 und 3 InsO).34 Als Alternative hierzu bot es sich für den Geschädigten an, ohne den Umweg über das insolvenzrechtliche Prüfungs-
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Vgl. BGH 17.3.2004 RuS 2004 281, 282; BGH 7.7.1993 NJW-RR 1993 1306; BGH 9.1.1991 VersR 1991 414, 415; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655; BGH 13.10.1954 VersR 1954 578, 579; OLG Köln 29.1.2008 BeckRS 2008, 22056; OLG Nürnberg 21.6.2012 VersR 2013 711, 712; OLG Nürnberg 12.12.2007 VersR 2008 813, 814; KG 17.1.2006 VersR 2007 349, 350; OLG Köln 20.12.2005 VersR 2006 1207, 1208; OLG Dresden 22.9.2005 BauR 2006 1328, 1332 (alle zu § 157 a.F.); Römer/Langheid/Langheid § 110 Rn. 3; Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 110 Rn. 5 und 8; Thume VersR 2006 1318, 1321. Vgl. hierzu Thole NZI 2011 41, 44. Mitlehner ZIP 2012 2003, 2004. Uhlenbruck/Brinkmann § 173 Rn. 4; Thume VersR 2006 1317, 1321 f.; übersehen von BGH 28.2.2007 NZI 2007 410, 411 = NJWRR 2007 993, 994.
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BGH 17.3.2004 RuS 2004 281, 282; BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223; BGH 9.1.1991 VersR 1991 414, 415; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655, 656; BGH 13.10.1954 VersR 1954 578, 579; OLG Nürnberg 12.12.2007 VersR 2008 813, 814; KG 17.1.2006 VersR 2007 349, 350; OLG Köln 20.12.2005 VersR 2006 1207, 1208; OLG Köln 28.10.2005 RuS 2006 238; OLG Dresden 22.9.2005 BauR 2006 1328, 1332; OLG Celle 1.3.2001 VersR 2002 602; KG 18.3.2005 NJOZ 2005 4643, 4644; vgl. LG Schweinfurt 11.3.2010 VersR 2010 1304, 1305; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 5; Thole NZI 2011 41, 42. Vgl. BGH 17.3.2004 RuS 2004 281, 282; OLG Köln 20.12.2005 VersR 2006 1207, 1208; OLG Nürnberg 21.6.2012 VersR 2013 711, 712; OLG Brandenburg 14.12.2011 RuS 2012 98; OLG Dresden 22.9.2005 BauR 2006 1328, 1332; OLG Celle 1.3.2001 VersR 2002 602.
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verfahren den Insolvenzverwalter unmittelbar auf Zahlung – beschränkt auf die Leistung aus der Entschädigungsforderung gegen den VR – in Anspruch zu nehmen (Rn. 17).35 Sowohl im Fall eines Anerkenntnisses als auch im Fall der widerspruchslosen Feststel10 lung der Haftpflichtforderung zur Tabelle durch den Insolvenzverwalter musste der Geschädigte damit rechnen, leer auszugehen, soweit das Anerkenntnis/die widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung im Deckungsverhältnis eine zur Leistungsfreiheit des VR führende Obliegenheitsverletzung darstellte.36 Das insolvenzrechtliche Schrifttum übte hieran wegen der besonderen Stellung des Insolvenzverwalters vereinzelt Kritik. Dieser handele bei der Forderungsprüfung in einer ihm durch den gesetzlichen Zweck der Gesamtvollstreckung zugewiesenen neutralen Rolle.37 Die Feststellung zur Tabelle durch den Insolvenzverwalter könne daher nicht mit einem Anerkenntnis durch den Schuldner gleichgesetzt werden. Sie ersetze auch nicht das Anerkenntnis des Schuldners, sondern die streitige Titulierung gegen den Schuldner.38 Um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden und eine zusätzliche Belastung der 11 Insolvenzmasse mit dem Risiko einer Haftung nach § 60 InsO zu vermeiden, widersprachen die Insolvenzverwalter in der Praxis der Haftpflichtforderung.39 Der geschädigte Dritte hatte dann zur Klärung der Haftpflichtforderung die Wahl, entweder den insolvenzrechtlichen Weg (weiter) zu gehen und Klage auf Feststellung zur Tabelle40 zu erheben oder ohne den Umweg über den Prüfungstermin gleich im Wege der Zahlungsklage gegen den Insolvenzverwalter vorzugehen (Rn. 17). Erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens gegen den Insolvenzverwalter, in dem die Haftpflichtforderung dem Grunde und der Höhe nach festgestellt wurde, konnte der Geschädigte vom VR Zahlung an sich verlangen.41 Nach der Untersagung des Anerkenntnisverbots (§ 105) hat der Insolvenzverwalter zwar nicht mehr zu befürchten, aufgrund der ohne Abstimmung mit dem VR vorgenommenen widerspruchslosen Feststellung der Forderung zur Tabelle den Versicherungsschutz zu verlieren. Als nachteilig für die Masse und deshalb haftungsrisikoerhöhend für ihn kann sich jedoch erweisen, dass der VR an die Forderungsfeststellung nicht gebunden ist (§ 106 Rn. 33). Die versicherungsrechtliche Kommentarliteratur zu § 110 hält an dieser Rechtspre12 chungspraxis fest. Danach ist der Dritte zur abgesonderten Befriedigung erst dann berechtigt, wenn der Haftpflichtanspruch mit bindender Wirkung für den VR – sei es durch rechtskräftiges Urteil, sei es durch widerspruchslose Feststellung der Haftpflichtforderung zur Tabelle mit Zustimmung des VR oder durch rechtskräftige Feststellung nach § 183 Abs. 1 InsO – festgestellt worden ist und der Freistellungsanspruch damit i.S.v. § 106 S. 1 fällig geworden ist.42 Diese Ansicht vertritt auch das OLG Nürnberg in seinem Beschluss vom 21.6.2012.43 35
36
Vor Inkrafttreten von § 87 InsO konnte der Geschädigte auch auf die Teilnahme am Konkursverfahren ganz verzichten und den Schädiger als Insolvenzschuldner weiterhin direkt verklagen, vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 30; Thume VersR 2006 1318, 1321. Vgl. BGH 17.3.2004 RuS 2004 281, 282; BGH 18.12.1980 VersR 1981 328 f.; BGH 12.2.1969 NJW 1969 928 = VersR 1969 413, 414; OLG Celle 1.3.2001 VersR 2002 602 f.; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 8; Bruck/Möller/R. Johannsen Anm. B 103; Sieg Ausstrahlungen 90.
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37 38 39 40 41 42
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Münzel NZI 2007 441, 444. Münzel NZI 2007 441, 444. Vgl. Münzel NZI 2007 441, 443. Vgl. Mitlehner ZIP 2012 2003, 2004. Vgl. BGH 25.4.1989 VersR 1989 730, 731; BGH 13.7.1956 VersR 1956 625, 626. Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 5; Langheid/ Wandt/Littbarski § 110 Rn. 24 f.; Römer/ Langheid/Langheid § 10 Rn. 4; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Retter § 110 Rn. 8; vgl. auch LG Arnsberg 2.12.2010 RuS 2011 156, 157. OLG Nürnberg 21.6.2012 VersR 2013 711, 712.
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Insolvenz des Versicherungsnehmers
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Da der geschädigte Dritte durch § 110 keine weitergehende Rechtsstellung als der VN 13 erlangt, kann der VR ihm gegenüber alle Einwendungen aus dem Versicherungsvertrag geltend machen (analog § 1275 BGB).44 Dagegen kann sich der VR gegenüber dem Geschädigten nicht darauf berufen, dass die Erben des VN nur beschränkt auf den Wert des Nachlasses hafteten.45
II. Prozessuale Fragen 1. Zahlungsklage des Geschädigten gegen den VR Ist der Haftpflichtanspruch vor Insolvenzeröffnung durch rechtskräftiges Urteil im 14 Haftpflichtprozess, Anerkenntnis oder Vergleich mit bindender Wirkung i.S.d. § 106 S. 1 festgestellt worden, erwirbt der Dritte ein Einziehungsrecht unmittelbar gegen den VR, ohne dass es einer Pfändung und Überweisung bedarf (Rn. 8). Der Dritte kann den VR direkt auf Zahlung der Entschädigung in Anspruch nehmen. Da der geschädigte Dritte ein eigenes materiell-rechtliches Einziehungsrecht (analog 15 § 1282 BGB) geltend macht (Prozessstandschaft), hat er gegen den VR im eigenen Namen zu klagen. Zuständig ist das Gericht am Sitz des VR (§ 17 ZPO) oder am Sitz einer Niederlassung des VR (§ 21 ZPO), nicht jedoch am Wohnort des VN. Die Zuständigkeitsregelung des § 215 Abs. 1 S. 1 greift nur im Verhältnis zwischen VN und VR ein (vgl. auch § 108 Rn. 44 ff.).46 Ebenso wenig kann der Geschädigte den VR an seinem eigenen Wohnort in Anspruch nehmen. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift besteht kein Raum.47 2. Feststellungs-/Zahlungsklage des Geschädigten gegen den Insolvenzverwalter a) Feststellungsklage. Fehlt es an einer Feststellung i.S.v. § 106 S. 1 vor Insolvenz- 16 eröffnung, muss sich der Dritte über den Umfang seiner Forderung mit dem Insolvenzverwalter auseinandersetzen, der seinerseits durch die Prozessführung nicht belastet wird, da diese vertragsseitig dem VR obliegt (Ziff. 5 AHB Rn. 39 ff.). Dabei kann sich der Dritte – wie zuvor ausgeführt – des insolvenzrechtlichen Prüfungsverfahrens bedienen und bei Widerspruch gegen die Anmeldung der Haftpflichtforderung Feststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter erheben. Gleiches gilt, wenn mehrere verschiedenartige Forderungen zur Tabelle angemeldet sind und der Insolvenzverwalter nur einen Teilbetrag anerkennt, der sich nicht eindeutig einer gedeckten Forderung zuordnen lässt.48 Steht dem Dritten ein Rentenanspruch (§ 843 BGB) zu, wandelt sich dieser nach der Feststellung zur Tabelle in eine Kapitalforderung um (§§ 41, 45, 46 InsO).49 Die Änderungen der Haftpflichtforderung durch das Insolvenzrecht treffen somit auch den VR, der dem Geschädigten nicht mehr Zahlung einer Rente, sondern eines Kapitalbetrags schuldet. Soweit in der Literatur unter Hinweis auf das Urteil des RG vom 21.6.1918 gefolgert wird, dass sich eine Rentenforderung des Geschädigten in der Insolvenz des VN grund44
45
46
Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 26; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 110 Rn. 8. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 10; Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 15; Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 27. Prölss/Martin/Klimke § 215 Rn. 21 f.
47 48
49
LG Halle 15.10.2010 NJW-RR 2011 114; Bruck/Möller/Brand § 215 Rn. 19. Vgl. BGH 9.1.1991 VersR 1991 414, 415; Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 37; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 110 Rn. 14. RG 21.6.1918 RGZ 93 209, 213.
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sätzlich in eine Kapitalforderung umwandle50, trägt die Entscheidung diese Folgerung nicht. Baumann51 weist zu Recht darauf hin, dass nach Ansicht des RG die Vorschriften der Konkursordnung „nicht ohne weiteres Anwendung finden“.52 Das RG hat eine Umwandlung nur im Hinblick darauf für zulässig erachtet, „dass die Feststellung zur Konkurstabelle hinsichtlich ihrer Bedeutung und Wirkung einem rechtskräftigen Urteil gleichsteht“ und deshalb gerechtfertigt sei.53 Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass der VR selbst zur Rentenzahlung verurteilt wird (auf Klage des Dritten nach Pfändung und Überweisung oder nach Abtretung) oder er sich selbst durch Vergleich zur Rentenzahlung verpflichtet.54 Diese Konstellationen betreffen nämlich nicht die Haftungs-, sondern die Deckungsebene.
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b) Zahlungsklage. Daneben kann der Geschädigte sein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der Versicherungsforderung ohne den Umweg über das insolvenzrechtliche Prüfungsverfahren durch unmittelbare Klage auf Zahlung gegen den Insolvenzverwalter – beschränkt auf Leistung aus der Entschädigungsforderung gegen den VR – geltend machen.55 Die Befugnis des Dritten, den Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer nach § 110 VVG einzuziehen, lässt die Passivlegitimation des Insolvenzverwalters für den Haftpflichtprozess also unberührt.56 Ihm wird keine andere Rechtsstellung zuerkannt als dem Gemeinschuldner.57 Ist die so beschränkte Zahlungsklage begründet, ist damit zugleich die Haftpflichtforderung i.S.d. § 106 S. 1 mit bindender Wirkung für den VR festgestellt, da das Gericht das Bestehen der Haftpflichtforderung vollständig prüfen muss.58 3. Feststellungsklage des Geschädigten gegen den VR
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Besteht Gefahr, dass dem Geschädigten der Freistellungsanspruch als Befriedigungsobjekt verloren geht59, kann er – wie auch außerhalb der Insolvenz des VN – eine auf Feststellung des Versicherungsschutzes gerichtete Klage gegen den VR erheben (§ 100 Rn. 150). Eine Gefährdung des Freistellungsanspruchs ist insbesondere dann zu besorgen, wenn weder der VN noch der Insolvenzverwalter die für die Geltendmachung des Versicherungsanspruchs erforderlichen Maßnahmen ergreifen und die Verjährung droht.60 Darüber hinaus kann der Geschädigte Auskunft über den Inhalt des Haftpflichtversicherungsvertrages vom VR verlangen.61 50 51 52 53 54 55
Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 8; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 110 Rn. 3. Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 13. RG 21.6.1918 RGZ 93 209, 213. RG 21.6.1918 RGZ 93 209, 213. Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 8; Langheid/ Wandt/Littbarski § 110 Rn. 32. BGH 18.7.2013 BeckRS 2013 14787 Rn. 10; BGH 25.4.1989 VersR 1989 730, 731; BGH 30.6.1964 VersR 1964 966 f.; BGH 13.7.1956 VersR 1956 625, 626; OLG Nürnberg 12.12.2007 VersR 2008 813, 814; Hans. OLG Hamburg 31.10.1996 OLGR 1997 53, 55; LG Koblenz 30.6.2011 RuS 2012 447, 448; LG Köln 21.4.2004 VersR 2004 1128, 1129; Thole NZI 2011 41, 42; a.A. LG Arnsberg 2.12.2010 RuS 2011 156, 157; Mitlehner ZIP 2012 2003, 2005.
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BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222 f.; BGH 8.4.1987 VersR 1987 655 f.; BGH 30.6.1964 VersR 1964 966, 967. Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 9. Vgl. Thole NZI 2011 41, 42. BGH 15.11.2000 NVersZ 2001 132, 133 = VersR 2001 90, 91; KG 17.1.2006 VersR 2007 349, 350; OLG Düsseldorf 26.6.2001 RuS 2002 106, 107 = VersR 2002 1020. BGH 15.11.2000 NVersZ 2001 132, 133 = VersR 2001 90, 91; KG 17.1.2006 VersR 2007 349, 350; vgl. auch OLG Köln 29.1.2008 VersR 2013 150, 151 = RuS 2013 127. OLG Celle 5.7.2012 VersR 2013 150, 151 = RuS 2013 127; OLG Düsseldorf 26.6.2001
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4. Zahlungsklage des Geschädigten gegen den VN Übersteigt die Haftpflichtforderung die Versicherungssumme, nimmt der geschädigte 19 Dritte hinsichtlich des die Versicherungssumme übersteigenden Betrags nach § 52 S. 2 InsO als Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren teil. Wegen der restlichen Haftpflichtforderung kann er den VN gemäß § 87 InsO ausschließlich nach den Vorschriften der InsO in Anspruch nehmen. Das bedeutet, dass der Dritte den VN nur in Höhe des Ausfalls mit der restlichen Haftpflichtforderung und erst nach Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens (wieder) in Anspruch nehmen kann (§§ 201 Abs. 1, 215 InsO). Wird das Insolvenzverfahren wegen Massearmut (§ 207) oder wegen Wegfalls des Eröffnungsgrunds (§ 212 insO) eingestellt, bevor die Haftpflichtforderung zur Tabelle festgestellt worden ist, kann der Dritte den Haftpflichtanspruch in voller Höhe gegen den VN gerichtlich geltend machen.
D. Auswirkung der Insolvenzeröffnung auf anhängige Haftpflichtprozesse I. Unterbrechung und Fortsetzung des Haftungsprozesses Ist zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ein vom Geschädigten angestrengter 20 Rechtsstreit über die Haftpflichtforderung anhängig, wird der Prozess gem. § 240 S. 1 ZPO für die Dauer des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Er wird nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 InsO fortgesetzt,62 wenn entweder der Insolvenzverwalter oder der Geschädigte ihn wieder aufnehmen. Bestreitet der Insolvenzverwalter das Recht des Geschädigten zur Leistung bzw. zur abgesonderten Befriedigung oder nimmt er seinerseits den Deckungsanspruch für die Masse in Anspruch, kann der Geschädigte seinen Antrag auf Feststellung dahingehend umstellen, dass er zur abgesonderten Befriedigung berechtigt ist.63 Will der Geschädigte den Insolvenzverwalter auf Zahlung aus der Entschädigungsforderung gegen den VR in Anspruch nehmen (Rn. 17), ist er hierzu nach § 264 Nr. 2 ZPO berechtigt, da er ausschließlich das Absonderungsrecht geltend macht und nicht seinen persönlichen Zahlungsanspruch.64 Zu beachten ist, dass der Geschädigte mit der beschränkten Zahlungsklage gegen den 21 Insolvenzverwalter noch keine rechtskräftige Feststellung seiner Forderung i.S.d. § 178 Abs. 3 InsO erreicht. Dies folgt daraus, dass anderenfalls konkurrierende Gläubiger um ihr Widerspruchsrecht nach §§ 178 Abs. 1, 179 InsO beraubt würden.65 Außerdem greift § 52 S. 2 InsO ein. Danach sind die absonderungsberechtigten Gläubiger (im Verteilungsverfahren, vgl. § 190 InsO) nur in Höhe des bei der abgesonderten Befriedigung erlittenen Ausfalls berechtigt.66 Ein Ausfall kann daraus resultieren, dass die Versicherungssumme – wie zuvor angemerkt – nicht ausreicht, ein Selbstbehalt zum Tragen kommt oder der VR wegen einer Obliegenheitsverletzung des VN teilweise leistungsfrei ist. Nimmt der Geschädigte den Rechtsstreit auf, endet die Unterbrechung und der Insol- 22 venzverwalter muss sich bis zur mündlichen Verhandlung entscheiden, ob er den Prozess fortsetzt, den Anspruch sofort anerkennt oder den abzusondernden Gegenstand sofort
62
RuS 2002 106, 107 = VersR 2002 1020; Römer/Langheid/Langheid § 110 Rn. 4; datenschutzrechtliche Bedenken äußert Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 40. Vgl. BGH 18.7.2013 BeckRS 2013 14787 Rn. 10; Thole NZI 2011 41, 42.
63 64 65 66
Thole NZI 2011 41, 43. Ausführlich Thole NZI 2011 41, 43. Thole NZI 2011 41, 43. Vgl. Mitlehner ZIP 2012 2003, 2004.
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freigibt.67 In der Praxis hat der Verwalter oftmals kein Interesse an der Fortführung des Rechtsstreits, weil eine Masseanreicherung nicht bewirkt werden kann; er wird sich deshalb regelmäßig für die Freigabe des Freistellungsanspruches entscheiden.68 Die Freigabe bewirkt, dass der Insolvenzschuldner (VN) seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Freistellungsanspruches zurückerhält, und hat den Wegfall der Passivlegitimation des Insolvenzverwalters zur Folge, und zwar auch soweit der Geschädigte auf Zahlung beschränkt auf Leistung aus der Versicherung klagt. Der Geschädigte muss seine Klage dann im Wege des Parteiwechsels gegen den Schuldner selbst umstellen.69 Unterbleibt die Freigabe, führt der VR den Prozess für den Insolvenzverwalter weiter, der die den VN treffenden Obliegenheiten zu beachten hat. Erkennt der Insolvenzverwalter den Anspruch ohne Zustimmung des VR sofort an (§ 86 Abs. 2 InsO) und lässt ein Urteil zu seinen Ungunsten ergehen, tritt für den VR keine Bindungswirkung i.S.v. § 106 ein (vgl. auch § 106 Rn. 33). Soweit der VR dem Insolvenzverwalter die Prozessführung überlässt, kann er als 23 Streithelfer dem Prozess auf Seiten des Insolvenzverwalters beitreten. Dabei gilt es die Beschränkungen des Prozessrechts zu beachten. Ein Beitritt als Streithelfer ist nur möglich, solange sich der VR bei der Prozessführung nicht in Widerspruch zu den Handlungen des Insolvenzverwalters oder des VN setzt (vgl. § 67 Halbs. 2 ZPO).70
II. Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters 24
Wie zuvor ausgeführt, ist der Freistellungsanspruch nicht vom Insolvenzverwalter zu realisieren, sondern vom absonderungsberechtigten geschädigten Dritten (Rn. 8 ff.). Die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters gegen den VR bleibt jedoch unberührt. Er kann Feststellungsklage erheben oder auf Leistung an den Geschädigten klagen. Eine entsprechende Klage wird der Insolvenzverwalter freilich nur dann erheben, wenn hierdurch ausnahmsweise eine Masseanreicherung erreicht werden kann, oder um die Passivmasse zu verringern.71
III. Rechtskraftwirkungen 25
Klagen der Insolvenzverwalter oder (vorinsolvenzlich) der VN gegen den VR, hat ein die Verpflichtung bejahendes Feststellungsurteil keine Rechtskraftwirkung für den geschädigten Dritten. Der VR ist somit grundsätzlich nicht gehindert, die Deckung gegenüber dem Dritten zu verweigern. Dieser muss deshalb notfalls gegen den VR vorgehen und auf Leistung an sich klagen. Umgekehrt kann sich der VR nicht auf das seine Verpflichtung verneinende Urteil berufen, wenn der Dritte gleichwohl noch Deckungsklage erheben will.72
67 68 69
MüKo-InsO/Schumacher § 86 Rn. 21; Mitlehner ZIP 2012 2003, 2005. Vgl. BGH 2.4.2009 VersR 2009 821, 822. Thole NZI 2011 41, 43.
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70 71 72
Vgl. Thole NZI 2011 41, 43; vgl. OLG Nürnberg 21.6.2012 VersR 2013 711, 712. Vgl. Thole NZI 2011 41, 44 f. Vgl. Thole NZI 2011 41, 45.
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Insolvenz des Versicherungsnehmers
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IV. Klauselumschreibung zugunsten des Haftpflichtgläubigers nach § 727 ZPO? Ungeklärt ist die Frage, ob der geschädigte Dritte kraft seines Absonderungsrechts 26 aus einem obsiegenden Leistungsurteil, das der VN noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Insolvenzverwalter gegen den VR erstritten hat, selbst vollstrecken kann oder es gem. § 727 ZPO der Umschreibung der Vollstreckungsklausel oder der Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 731 ZPO bedarf. Im Anwendungsbereich des § 1282 BGB wird diese Frage unterschiedlich beantwortet.73 Zur versicherungsrechtlichen Problematik hat sich – soweit ersichtlich – nur Thole geäußert und für den Weg über die Klauselumschreibung ausgesprochen.74
E. Nach Verfahrenseröffnung begründete Haftpflichtansprüche § 110 findet unmittelbar nur Anwendung auf Haftpflichtansprüche, die aus Pflicht- 27 verletzungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens resultieren. Angesichts des Zwecks von § 110 und der im Wesentlichen gleich gelagerten Interessenlage ist eine analoge Anwendung für den Fall geboten, dass nach Verfahrenseröffnung begründete Haftpflichtansprüche gegen die Masse nicht aus der Masse befriedigt werden können (§ 209 InsO).75
F. Exkurs: Rechtsstellung des geschädigten Dritten in der Insolvenz des VR I. Grundsatz Auch in der Insolvenz des VR kann der geschädigte Dritte ihn grundsätzlich nicht 28 unmittelbar in Anspruch nehmen. Ein unmittelbares Vorgehen gegen den VR ist erst möglich, wenn der geschädigte Dritte Rechtsnachfolger des VN geworden ist. Dies setzt regelmäßig eine Feststellung der Haftpflichtforderung und einen daran anschließenden Übertragungsakt (Pfändung und Überweisung oder Abtretung) bezüglich des Freistellungsanspruchs voraus. Einen großen wirtschaftlichen Vorteil werden der VN und der geschädigte Dritte von diesem Vorgehen allerdings in der Regel nicht haben, da die Hauptmasse der Schulden eines VR aus solchen gegenüber seinen VN bestehen wird.76 Ist der geschädigte Dritte noch nicht Rechtsnachfolger des VN geworden, so ist 29 grundsätzlich nur dieser zur Anmeldung im Insolvenzverfahren befugt. Dabei ist zu beachten, dass der Freistellungsanspruch vom VN in der Insolvenz nur als (geschätzter) Zahlungsanspruch angemeldet werden kann.77 Doch bleibt auch hier die Verfügungssperre nach § 108 Abs. 1 erhalten, so dass der VN nicht etwa vor Eintritt der Rechtsnachfolge Zahlung an sich verlangen kann.78 Bezüglich der dem VN vom VR im Rahmen der Rechtsschutzfunktion der Haftpflichtversicherung zu ersetzenden eigenen Abwehrkosten greift § 108 Abs. 1 nicht ein. Dieser Anspruch auf Rechtsschutz fällt im
73 74 75
MüKo-BGB/Damrau § 1282 Rn. 14 m.w.N. Vgl. Thole NZI 2011 41, 45 f. Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 18 f.; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 110 Rn. 7; Mitlehner ZIP 2012 2003, 2005; K. Sieg 207.
76 77 78
K. Sieg VersR 1964 693. Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 20. Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 24; Bohlken 169.
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Übrigen nicht etwa im Ganzen mit der Insolvenzeröffnung weg, vielmehr ist er bezüglich der künftig entstehenden Kosten ebenfalls in Geld abzuschätzen und als Zahlungsanspruch zur Insolvenztabelle anzumelden.79
II. Ausnahme 30
Bleibt der VN untätig, ist der geschädigte Dritte ausnahmsweise zur Anmeldung der Freistellungsforderung berechtigt. Umstritten ist, ob der Dritte die Anmeldung im eigenen Namen oder im Namen des VN vornehmen darf. Eine ältere Literaturmeinung hat ein eigenes Anmelderecht mit der Begründung bejaht, der Dritte sei als Anwartschaftsberechtigter i.S.d. § 67 KO anzusehen.80 Diese Begründung lässt sich nach der ersatzlosen Streichung des § 67 KO nicht mehr aufrechterhalten. Da der geschädigte Dritte durch die Untätigkeit des VN keinen Rechtsnachteil erleiden darf, ist er berechtigt, die Haftpflichtforderung im Namen des säumigen VN anzumelden. Die Legitimation zu einem solchen Vorgehen ergibt sich aus der gesetzlichen Schutzregelung in § 108 Abs. 1. Wollte der Insolvenzverwalter die Anmeldung wegen Fehlens einer formellen Vollmacht zurückweisen, so würde dies mit Rücksicht auf den vom Gesetz gewollten Schutz des geschädigten Dritten einen Rechtsmissbrauch darstellen.81
III. Durchbrechung des Trennungsprinzips 31
Erfolgt die Feststellung der Haftpflichtforderung ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters, so stellt sich auch hier die Frage nach der Bindungswirkung. Die Situation ähnelt derjenigen, die bei einer unberechtigten Deckungsverweigerung durch den VR gegeben ist. Der vom VR im Stich gelassene VN (und in seiner Rechtsnachfolge der geschädigte Dritte) darf grundsätzlich nicht der Gefahr einer überflüssigen doppelten Prüfung der Haftpflichtfrage ausgesetzt werden. Es erscheint deshalb als sachgerecht, eine Bindung des Insolvenzverwalters anzunehmen (vgl. § 106 Rn. 26). Das Gesagte gilt aber grundsätzlich dann nicht, wenn der Insolvenzverwalter sich zur Weitergewährung von Rechtsschutz bereit erklärt hatte, da in diesem Fall die durch die gerichtliche oder außergerichtliche Regulierung entstehenden Kosten ungeschmälert aus der Insolvenzmasse zu bezahlen sind. Auch hier ist aber auf alle Umstände des Einzelfalles abzustellen.
IV. Leistungspflicht des Entschädigungsfonds in der Insolvenz eines Kfz-Haftpflichtversicherers 32
Wird über das Vermögen eines leistungspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherers das Insolvenzverfahren eröffnet, kann derjenige, der einen Personen- oder Sachschaden erlitten hat, seine Ersatzansprüche nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 PflVG gegen den „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen“ geltend machen. Die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds besteht jedoch nur insoweit, als der Ge-
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Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 20; K. Sieg VersR 1964 693, 694. Bohlken 171.
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Vgl. auch Berliner Kommentar/Baumann § 157 Rn. 21.
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Kündigung nach Versicherungsfall
§ 111
schädigte nicht von einem anderen Schadensversicherer als dem insolventen Haftpflichtversicherer Ersatz seines Schadens zu erlangen vermag (§ 12 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 PflVG).
G. Abdingbarkeit § 110 dient dem Schutz des geschädigten Dritten und ist deshalb – auch im Bereich 33 der Großrisiken – nicht abdingbar.82
H. Beweislast Der geschädigte Dritte hat im Prozess gegen den VR den Bestand und die Fälligkeit 34 des Freistellungsanspruches sowie der eigenen Haftpflichtforderung zu beweisen.
§ 111 Kündigung nach Versicherungsfall (1) Hat der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalles den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Freistellung anerkannt oder zu Unrecht abgelehnt, kann jede Vertragspartei das Versicherungsverhältnis kündigen. Dies gilt auch, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer die Weisung erteilt, es zum Rechtsstreit über den Anspruch des Dritten kommen zu lassen. (2) Die Kündigung ist nur innerhalb eines Monats seit der Anerkennung oder Ablehnung des Freistellungsanspruchs oder seit der Rechtskraft des im Rechtsstreit mit dem Dritten ergangenen Urteils zulässig. § 92 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist anzuwenden.
Schrifttum Armbrüster Beratungspflichten des Versicherers nach § 6 VVG n.F.: Grundlagen, Reichweite, Rechtsfolgen, ZVersWiss 2008 425; Bauer Rechtsentwicklung bei den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung bis Anfang 2006, NJW 2006 1484; Baumann Die Problematik der Abtretbarkeit von Freistellungsansprüchen in der D&O-Versicherung – insbesondere an die geschädigte Versicherungsnehmerin – Zugleich Grundsatzbetrachtungen zu § 108 Abs. 2 VVG –, RuS 2011 229; Brams Zurückweisungspflicht des Versicherers auf ihm zugegangene unwirksame Kündigungen des Versicherungsnehmers – dargestellt anhand von §§ 13 MBKK 76, 17 MBKK 94, 178h VVG, VersR 1997 1308; Ebnet Die Kündigung von Versicherungsverträgen, NJW 2006 1697; Filthaut Zahlungen des Haftpflichtversicherers „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“, VersR 1997 525; Fricke Kündigungsrecht im Versicherungsfall für alle Schadenversicherungszweige?, VersR 2000 16; Heimbücher Außerordentliches Kündigungsrecht nach Deckungsverweigerung in der HaftpflichtVersicherung?, VW 1990 1140; Jenssen Der Ereignisbegriff in der Pflichtversicherung – eine kritische Würdigung der neueren Entwicklung, ZVersWiss 1987 425; Kagelmacher Die Schadensfallkündigung im Versicherungsvertragsrecht, ohne Jahresangabe; Kramer Das Beurteilungsermessen des Betriebshaftpflichtversicherers und die geschäftsschädigende Festlegung auf Abwehrschutz, RuS
82
Vgl. Motive 65; Langheid/Wandt/Littbarski § 110 Rn. 7; Römer/Langheid/Langheid
§ 110 Rn. 6; Prölss/Martin/Lücke § 110 Rn. 11; HK-VVG/Schimikowski § 110 Rn. 6.
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§ 111
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
2008 1; Lange Die Rechtsstellung des Haftpflichtversicherers nach der Abtretung des Freistellungsanspruchs vom Versicherungsnehmer an den geschädigten Dritten, VersR 2008 713; ders. Das Anerkenntnisverbot vor und nach der VVG-Reform, VersR 2006 1313; Leverenz Zurückweisung unwirksamer Kündigungen des VN durch den Versicherer, VersR 1999 525; Präve Das neue VVG und das AGB-Recht, VW 2009 98; ders. Zum Für und Wider einer gesetzlichen Fixierung außerordentlicher Kündigungsrechte, VersR 1993 265; ders. Das außerordentliche Kündigungsrecht in der Rechtsschutzversicherung, ZfV 1991 611; Rogler Pflicht des Versicherers zur Zurückweisung unwirksamer Kündigungen? – Zugleich Anmerkung zu Bundessozialgericht, Urteil vom 29. November 2006 – B 12 P 1/05, RuS 2007 140; Stelzer Das Kündigungsrecht im Schadenfall nach § 4 AKB und § 9 AHB, VersR 1963 113; Stöbener Informations- und Beratungspflichten des Versicherers nach der VVG-Reform, ZVersWiss 2007 465; Thume Entschädigungsansprüche bei Insolvenz des haftpflichtversicherten Schädigers, VersR 2006 1318; Wriede Wirksamkeit der unwirksamen Kündigung des Versicherungsnehmers?, VersR 1965 9.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I. II. III. IV. V. C. I. II.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Kündigungsvoraussetzungen . . . . . . . Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . . Anerkennung des Freistellungsanspruchs durch den VR . . . . . . . . . . . . . . . Unberechtigte Ablehnung des Freistellungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . Weisung des VR . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis der einzelnen Kündigungsgründe zueinander . . . . . . . . . . . . Kündigungserklärungsfrist . . . . . . . . Beginn der Frist . . . . . . . . . . . . . Behandlung nicht fristgerechter Kündigungserklärungen . . . . . . . . . . 1. Besonderheiten des Versicherungsvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen bei unterbliebener Zurückweisung . . . . . . . . . . . .
1 1 2 6 7 7 10
Rn.
D. I. II. III. IV. V.
15 20 21 22 22 E. 24 24
F. G.
3. Rechtsfolgen nach Zurückweisung der nicht fristgerechten Schadenskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungserklärung . . . . . . . . . . Kündigungsberechtigte . . . . . . . . . Erklärungsempfänger . . . . . . . . . . Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Kündigung . . . . . . . . . . Wirksamkeitszeitpunkt der Kündigung . 1. Kündigung durch VR . . . . . . . . 2. Kündigung durch VN . . . . . . . . 3. Doppelkündigung . . . . . . . . . . 4. Wirkung der Kündigung . . . . . . . a) Prämie . . . . . . . . . . . . . . b) Versicherungsschutz . . . . . . . . Außerordentliche Kündigung aus sonstigem wichtigen Grund . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
35 36 36 38 39 40 41 42 44 45 46 46 47
. 48 . 49 . 51
30
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
§ 111 ist die Nachfolgeregelung zu § 158 a.F., der seit Inkrafttreten des VVG keine Änderungen erfahren hat. Die Kündigungsregelung in § 111 Abs. 1 entspricht § 158 Abs. 1 a.F. Lediglich der Wortlaut ist an § 100 angepasst, indem die Formulierung „Verpflichtung zur Leistung der Entschädigung“ durch die Formulierung „Anspruch des Versicherungsnehmers auf Freistellung“ ersetzt worden ist. Ferner ist die Formulierung „zu Unrecht abgelehnt“ an die Stelle der Formulierung „Leistung der fälligen Entscheidung verweigert“ getreten. Der Gesetzgeber wollte hierdurch klarstellen, dass der VN bei Leistungsverweigerung des VR zur Kündigung nur berechtigt ist, wenn ihm ein Freistellungsanspruch rechtlich zusteht.1 Die Kündigungserklärungsfrist des § 111 Abs. 2 S. 1 ent-
1
BTDrucks. 17/3945 S. 87.
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Kündigung nach Versicherungsfall
§ 111
spricht dem bisherigen § 158 Abs. 2 S. 1 a.F. Hinsichtlich des Wirksamkeitszeitpunkts der Kündigung tritt an die Stelle des § 158 Abs. 2 S. 2 a.F. die Verweisung auf die Parallelregelung zur Kündigung im Versicherungsfall in der Sachversicherung gem. § 92 Abs. 2 S. 2 und 3. Der bisherige § 156 Abs. 3 a.F., dem noch der Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie zugrunde lag, ist nach Aufgabe des Prinzips entfallen. Der Prämienanspruch bestimmt sich nunmehr nach § 39 Abs. 1 S. 1.
II. Inhalt und Normzweck § 111 regelt das Kündigungsrecht der am Versicherungsvertrag beteiligten Parteien 2 nach Eintritt des Versicherungsfalles. Der Sache nach handelt es sich um ein befristetes außerordentliches (Sonder-)Kündigungsrecht. Die Einräumung einer solchen Kündigungsmöglichkeit im Versicherungsfall ist nicht auf die Haftpflichtversicherung beschränkt, sondern ein der gesamten Schadensversicherung eigenes Prinzip (vgl. § 92). Daran hat sich auch nach der Reform des VVG nichts geändert.2 Zu beachten ist, dass das Kündigungsrecht nicht an den Eintritt des Versicherungsfalles anknüpft, sondern an spätere Vorgänge, aus denen sich ergibt, dass die Verhandlungen über den Haftpflichtanspruch zu einem gewissen Abschluss gelangt sind. Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass es in der Haftpflichtversicherung keinen einheitlichen Versicherungsfallbegriff gibt und sich die Haftung nicht selten einer unmittelbaren zweifelsfreien Feststellung entzieht.3 Demgemäß bestimmt § 111 Abs. 1 S. 1, dass jede Vertragspartei berechtigt ist, das Versicherungsverhältnis zu kündigen, wenn nach dem Eintritt des Versicherungsfalles der VR den Anspruch des VN auf Freistellung anerkennt oder zu Unrecht ablehnt. Das Gleiche gilt nach § 111 Abs. 1 S. 2, wenn der VR dem VN die Weisung erteilt, es über den Anspruch des Dritten zum Rechtsstreit kommen zu lassen. Alle in § 111 Abs. 1 genannten Kündigungsgründe knüpfen somit an Verhaltensweisen des VR an.4 Die Vorschrift des § 111 Abs. 2 S. 1 über die zeitliche Beschränkung der Ausübung des Kündigungsrechts entspricht im Wesentlichen der in diesem Punkt für die Sachversicherung in § 92 Abs. 2 S. 1 getroffenen Regelung. Deshalb hat sich der Reformgesetzgeber hinsichtlich des Wirksamkeitszeitpunkts der Kündigung mit einer Verweisung auf § 92 Abs. 2 S. 2 und 3 begnügt.5 Es bleibt somit bei der versicherungsvertraglichen Besonderheit, dass die Schadensfallkündigung nicht fristlos wirkt, also keine sofortige Wirkung entfaltet. Im Hinblick darauf, dass der VR bereits im Falle der Gefahrerhöhung zur außeror- 3 dentlichen Kündigung berechtigt ist, ist es nur folgerichtig, ihm ein solches Recht einzuräumen, wenn es zum Eintritt des Versicherungsfalles kommt. In dem einen wie dem anderen Fall hat der VR eine Neubewertung des versicherten Risikos vorzunehmen und es muss ihm die Möglichkeit zur Vertragsbeendigung gegeben werden, wenn er zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu den bisherigen Konditionen nicht mehr risikoadäquat ist. Auf der anderen Seite besteht ein Bedürfnis des VN, nicht zu lange im Ungewissen darüber zu sein, ob das Vertragsverhältnis fortdauern wird oder nicht. Diesen Bedürfnissen trägt die Kündigungserklärungsfrist von einem Monat (§ 111 Abs. 2 S. 1) Rechnung. Der VN wird dadurch geschützt, dass die Kündi2
3
A.A. Präve VW 2009 98, 102 (wegen der Beschränkung auf die Sach- und Haftpflichtversicherung). Vgl. Motive 212.
4 5
Vgl. auch Römer/Langheid/Langheid § 111 Rn. 5. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 87.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
gung erst nach Ablauf eines Monats ab Zugang der Kündigungserklärung den Versicherungsvertrag beendet (§ 111 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 S. 2). Der VN hat somit genügend Zeit, sich anderweitig Versicherungsschutz zu beschaffen. Der Grund, weshalb dem VN ein Sonderkündigungsrecht auch für den Fall der Aner4 kennung des Freistellungsanspruchs eingeräumt wird, ist darin zu sehen, dass das Regulierungsverhalten des VR nicht immer den Vorstellungen des VN entspricht (z.B. weil ihm falsche Angaben oder sogar Arglist unterstellt werden, es (deshalb) zu einer verzögerten Abwicklung kommt u.a.m.). Das Sonderkündigungsrecht lässt sich somit als eine Art Ausgleich dafür begreifen, dass der VR die Regulierungshoheit innehat und der VN das Ergebnis einer Schadensbearbeitung durch den VR hinnehmen muss.6 Diese Gesichtspunkte spielen auch eine Rolle, wenn sich der VR entschließt, den Haftpflichtanspruch abzuwehren und dem VN deshalb in Ausübung seiner Verfahrenshoheit die Weisung erteilt, es zum Rechtsstreit über den Anspruch des Dritten kommen zu lassen. Die Entscheidung, den Anspruch abzuwehren, scheint als solche auf den ersten Blick zwar kaum geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen VR und VN zu beeinträchtigen. Jedoch werden VR und VN hinsichtlich der Begründetheit des Haftpflichtanspruchs nicht immer einer Meinung sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn zwischen dem VN und dem geschädigten Dritten persönliche und/oder wirtschaftliche Beziehungen bestehen. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, das der Gesetzgeber die Einführung des § 108 Abs. 2 u.a. damit gerechtfertigt hat, dass der VN ein Interesse daran haben könne, „den Geschädigten an den Versicherer zu verweisen, wenn dieser einen Haftpflichtanspruch infrage stellt, den der Versicherungsnehmer – vielleicht wegen seiner Beziehungen zum Geschädigten – nicht einfach zurückweisen möchte“.7 Im Übrigen kann auch die Art und Weise der Verfahrensführung beim VN Anlass zu Irritationen geben. Die zu Unrecht erfolgte Ablehnung des Freistellungsanspruchs stellt ebenfalls eine schwere Belastung des Vertrauensverhältnisses dar, die eine beiderseitige Kündigung ohne Weiteres rechtfertigt.8 Entgegen einer vereinzelt vertretenen Ansicht in der Literatur begründet § 111 Abs. 1 5 S. 2 im Übrigen kein Weisungsrecht des VR gegenüber dem VN 9; ebenso wenig wie § 101 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1. § 111 Abs. 1 S. 2 setzt vielmehr den Bestand eines (gesetzlichen oder vertraglichen) Weisungsrechts des VR voraus. Das VVG enthält nur wenige Bestimmungen, die ein solches Recht vorsehen. Im Rahmen der Obliegenheit zur Abwendung und Minderung des Schadens hat der VR nach § 82 Abs. 2 das Recht, dem VN Weisungen zu erteilen. § 82 Abs. 2 gibt dem VR jedoch nicht das Recht, den VN anzuweisen, den Haftpflichtanspruch zurückzuweisen und es auf einen Rechtsstreit ankommen zu lassen. Weisungsrechte des VR finden sich vornehmlich in den Bedingungswerken der unterschiedlichen Haftpflichtversicherungszweige (vgl. Ziff. 25.2. AHB).10 Solche Weisungsrechte des VR werden jedoch durch die neu geschaffenen und zwingend ausgestalteten rechtsgeschäftlichen Handlungsfreiheiten des VN beschränkt.11 Mit der Untersagung des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots (§ 105) sowie der Einführung des Abtretungsklauselverbots (§ 108 Abs. 2) hat der Gesetzgeber zahlreiche Einbruchstellen geschaffen, die geeignet sind, einerseits die Rechtfertigung von Sonderkündigungsrechten – Ausgleich für die Regulierungs- und Verfahrenshoheit des VR – infrage zu stellen, andererseits das Vertrauensverhältnis zwischen VR und VN zu belasten. Angesichts
6 7 8
Späte § 9 Rn. 12; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V1 Anm. D 28. BTDrucks. 16/3045 S. 87. Vgl. OLG Düsseldorf 21.12.2000 RuS 2001 453, 454 = NVersZ 2001 571, 572.
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9 10 11
So aber Lange RuS 2011 185, 193; ders. VersR 2008 713, 715. Vgl. OLG Celle 25.9.2003 RuS 2004 14, 16 zu Architektenhaftpflichtversicherung. Vgl. Baumann RuS 2011 229, 235.
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Kündigung nach Versicherungsfall
§ 111
der nunmehr für den VN bestehenden Möglichkeiten nach Eintritt eines Versicherungsfalles wäre zu überlegen gewesen, ein Sonderkündigungsrecht nicht mehr nur an Verhaltensweisen des VR zu knüpfen, sondern auch für die Fälle vorzusehen, in denen der VN den Haftpflichtanspruch anerkennt und/oder befriedigt oder den Freistellungsanspruch an den geschädigten Dritten abtritt.
III. Anwendungsbereich 6
§ 111 findet keine Anwendung in der Seeversicherung (§ 209).
B. Kündigungsvoraussetzungen I. Eintritt des Versicherungsfalles § 111 Abs. 1 knüpft in allen drei Kündigungsalternativen an den Eintritt eines Ver- 7 sicherungsfalles an, der je nach Haftpflichtversicherungssparte unterschiedliche vertragliche Ausprägungen erfährt (§ 100 Rn. 7). Soweit die Parteien den Versicherungsfall nicht (wirksam) definiert haben (z.B. weil die AVB nicht Vertragsbestandteil geworden sind), begründet die Rechts-/Pflichtverletzung den Versicherungsfall (Verstoßprinzip) (§ 100 Rn. 14 ff.). Weiterhin ist Voraussetzung, dass der geschädigte Dritte den Haftpflichtanspruch geltend macht, da alle Alternativen eine Anspruchserhebung voraussetzen.12 Der geltend gemachte Haftpflichtanspruch muss in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallen. Anderenfalls fehlt es bereits am Eintritt eines Versicherungsfalles (§ 100 Rn. 29 ff.).13 Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass der VR aufgrund einer Obliegenheitsverletzung, der vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles, der Gefahrerhöhung oder des Prämienzahlungsverzuges von der Leistungspflicht befreit ist.14 Ist die Haftpflichtversicherung teils für eigene, teils (oder ausschließlich) für fremde 8 Rechnung genommen worden, genügt es, dass für die versicherte Person der Versicherungsfall eingetreten ist.15 Das Gleiche gilt, wenn mehrere Risiken des VN in einem einheitlichen Vertrag zusammengefasst sind (z.B. Betriebshaftpflichtversicherung, die eine Privathaftpflichtversicherung zugunsten der Inhaber beinhaltet). Hier bezieht sich demgemäß das Kündigungsrecht auf den gesamten Vertrag, also nicht etwa nur auf denjenigen Teil des Risikos, dem der betreffende Versicherungsfall zuzuordnen ist.16 In der Literatur wird diskutiert, ob das Sonderkündigungsrecht nach § 111 Abs. 1 be- 9 steht, wenn der Haftpflichtanspruch unter dem vereinbarten Selbstbehalt liegt. Wussow hat hierzu unter Bezugnahme auf die AHB a.F. die Ansicht vertreten, dass in einer solchen Konstellation „kein Versicherungsfall im Sinne der AHB“ vorliege.17 Diese Ansicht vermag selbst auf der Grundlage der AHB a.F. nicht zu überzeugen, da der VR danach
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Vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 7. Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 3; Langheid/ Wandt/Littbarski § 111 Rn. 10; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 8; Späte § 9 Rn. 14. Römer/Langheid/Langheid § 111 Rn. 6; Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 9.
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Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 10; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 3; Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 11 u. 78. Stelzer VersR 1963 113, 114 f.; a.A. Wussow § 9 Anm. 12. Wussow § 9 Anm. 8; vgl. auch Kuwert Rn. 9021.
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§ 111
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
nicht einmal die Abwehr unberechtigter Haftpflichtansprüche schuldete, die unterhalb des Selbstbehalts liegen. Hierzu war er jedoch bereits nach § 3 III Ziff. 2 Abs. 2 AHB a.F. verpflichtet, da sich die Begrenzung auf die Verpflichtung zur Zahlung an den Geschädigten bezogen hat.18 Ziff. 6.4 S. 2 AHB stellt ausdrücklich fest, dass der VR in jedem Fall zur Anspruchsabwehr verpflichtet ist. Im Übrigen ist es mehr oder weniger dem Zufall überlassen, ob Haftpflichtansprüche die Selbstbehaltsgrenze unter- oder überschreiten. Deshalb können auch Haftpflichtansprüche, die unterhalb des Selbstbehalts liegen, durchaus sowohl zu einer Neubewertung des versicherten Risikos auf Seiten des VR als auch zu einer (Neu-)Bewertung des Regulierungsverhaltens auf Seiten des VN Anlass geben (vorausgesetzt, der VN zeigt den Versicherungsfall an). Nach Sinn und Zweck des § 111 Abs. 1 wäre eine Ausdehnung des Sonderkündigungsrechts auf solche Fälle deshalb nicht unvertretbar.19 Zu beachten ist jedoch, dass das Kündigungsrecht nach § 111 Abs. 1 S. 1 an die Anerkennung und unberechtigte Ablehnung des Freistellungsanspruchs und damit an den Bestand des Haftpflichtanspruchs anknüpft. Soweit der geltend gemachte Haftpflichtanspruch unterhalb des Selbstbehalts liegt, stellt sich für den VR die Frage nach der Anerkennung oder unberechtigten Ablehnung des Freistellungsanspruchs von vornherein nicht. In dieser Konstellation kommt nur das Kündigungsrecht nach § 111 Abs. 1 S. 2 in Betracht, wenn der VR die Weisung erteilt, es zum Rechtsstreit über den Anspruch des Dritten kommen zu lassen, wofür für ihn – vorbehaltlich anderer Vereinbarung – freilich kein Anlass besteht.20
II. Anerkennung des Freistellungsanspruchs durch den VR 10
Unter einem Anerkenntnis i.S.d. § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 ist zum einen eine förmliche Erklärung des VR gegenüber dem VN des Inhalts zu verstehen, dass nach seiner Auffassung der Freistellungsanspruch des VN bestehe, wobei es sich regelmäßig – abgesehen von Kostenzahlungen – darum handeln wird, dass der VR die gegnerische Haftpflichtforderung als berechtigt anerkennt. Erfasst werden zum anderen alle die Fälle, in denen der VR – ohne irgendein Anerkenntnis im förmlichen Sinne abzugeben – aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung oder eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs zahlt.21 Es sind aber natürlich auch Fälle denkbar, in denen entsprechend der gesetzlichen Vorstellung tatsächlich nur ein verbales Anerkenntnis gegenüber dem VN gegeben ist, etwa bei eindeutigen Erklärungen nach § 101 Abs. 3 S. 3. Das Kündigungsrecht in der hier erörterten Alternative hat somit nicht die vorherige Feststellung der Haftpflichtforderung i.S.d. § 106 Abs. 1 S. 1 zur Voraussetzung.22 Tilgt der VR die gegnerische Haftpflichtforderung durch Erklärung der Aufrechnung, 11 liegt darin ein Anerkenntnis23, durch das das Kündigungsrecht ausgelöst wird. Leistet der VR nur einen Teilbetrag auf die gegnerische Haftpflichtforderung, so entsteht bereits
18 19
20
Vgl. auch Späte § 3 Rn. 61. Dafür Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 10; Römer/Langheid/Langheid § 111 Rn. 6; differenziert Bruck/Möller/K. Johannsen § 92 Rn. 5 (zur Sachversicherung). Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 10; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 2; offenlassend Berliner Kommentar/ Baumann § 158 Rn. 9.
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22 23
OLG Celle 25.9.2003 RuS 2004 14, 17; OLG Schleswig 24.1.1967 VersR 1968 487, 488; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 5; Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 4; Römer/Langheid/Langheid § 111 Rn. 7; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 13. Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. D 17. Vgl. BGH 8.6.1989 NJW 1989 2469, 2470.
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Kündigung nach Versicherungsfall
§ 111
dadurch das Kündigungsrecht.24 Hat sich der Freistellungsanspruch des VN infolge Anerkenntnisses und/oder Befriedigung des Haftpflichtanspruchs und/oder der Abtretung des Freistellungsanspruchs an den geschädigten Dritten in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, stehen Zahlungen des VR an den VN oder den Dritten einem Anerkenntnis des Freistellungsanspruchs gleich. Kein Anerkenntnis liegt vor, wenn der VR zwecks Prüfung seiner Einstandspflicht ein 12 Sachverständigengutachten in Auftrag gibt.25 Führt der VR trotz Zweifeln an seiner Leistungspflicht den Haftpflichtprozess (z.B. weil eine vorsätzliche Herbeiführung des Schadens im Raum steht), liegt darin ebenfalls kein Anerkenntnis des Freistellungsanspruchs.26 Nicht gefolgt werden kann der Ansicht Schimikowskis, der sich für eine Erstreckung des § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 auf die Abwehr unberechtigter Ansprüche mit der Begründung ausgesprochen hat, es sei ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers anzunehmen.27 Für die Annahme eines solchen Versehens gibt es keinen Anhaltspunkt. Ein Kündigungsrecht im Fall der Anspruchsabwehr besteht nur unter den Voraussetzungen des § 111 Abs. 1 S. 2, wenn der VR in Ausübung seiner Verfahrenshoheit (Ziff. 5.2 AHB 2012) die Weisung erteilt, es zum Rechtsstreit über den Anspruch des Dritten kommen zu lassen. Die Verurteilung des VR im Deckungsprozess steht nach h.M. im Hinblick auf den 13 Zweck des § 111 dem Anerkenntnis gleich.28 Näher liegt es jedoch, darin einen Fall der unberechtigten Ablehnung des Freistellungsanspruchs § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 zu sehen. Nicht zu folgen ist dagegen der von Retter und Langheid vertretenen Ansicht, derzufolge die rechtskräftige Entscheidung eines Haftpflichtprozesses dem Anerkenntnis ebenfalls gleichstehe.29 Eine solche Gleichsetzung ist vom Zweck des § 111 nicht geboten und stünde im Widerspruch zu § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, wonach ein Kündigungsrecht nur bei zu Unrecht erfolgter Ablehnung der Freistellung besteht. Daran fehlt es, wenn der Haftpflichtanspruch zwar rechtskräftig festgestellt wird, der VR die Deckung jedoch wegen Eingreifens eines Ausschlusses zu Recht verweigert. Fraglich ist, ob Zahlungen, die der VR als „Kulanzzahlung“ und/oder mit der Ein- 14 schränkung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ erbringt, als Anerkenntnis i.S.v. § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 zu qualifizieren sind. Da das Sonderkündigungsrecht den Eintritt eines Versicherungsfalles zur Voraussetzung hat, ist diese Frage zu verneinen, wenn der VR die Zahlung trotz eindeutig fehlender Haftung („aus Pflege der Kundenbeziehung“) erbringt.30 Desgleichen ist die Frage zu verneinen, wenn Deckung eindeutig nicht gegeben ist.31 Lassen sich Haftung und Deckung nicht eindeutig feststellen, steht die Zahlung
24
Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. D 17. 25 OLG Celle 25.9.2003 RuS 2004 14, 17; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 5; Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 16. 26 Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 4; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 5; Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 16. 27 Rüffer/Halbach/Schimikowski § 111 Rn. 5. 28 Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 5; Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 4; Römer/Langheid/Langheid § 111 Rn. 7; a.A. Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 14.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 5; Römer/Langheid/Langheid § 111 Rn. 7; wie hier Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 14. Vgl. Späte § 9 Rn. 19; Bruck/Möller/ K. Johannsen § 92 Rn. 5; vgl. auch LG Hagen 28.10.1982 VersR 1983 1147 (Kulanzzahlung ist keine Schadensersatzzahlung aufgrund eines Versicherungsfalls). Vgl. ÖOGH 9.7.2008 VersR 2009 1292 (Zahlung des Rechtsschutz-VR von an sich nicht gedeckten Vertretungskosten); Späte § 9 Rn. 19 (VR übernimmt einen nicht gedeckten Mietsachschaden unter der
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
aufgrund eines Vergleichs mit dem geschädigten Dritten/VN sowohl im Haftungs- als auch im Deckungsverhältnis einem Anerkenntnis nach Eintritt des Versicherungsfalles gleich.32
III. Unberechtigte Ablehnung des Freistellungsanspruchs 15
Nach § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 besteht ferner ein Kündigungsrecht, wenn der VR den Freistellungsanspruch des VN „zu Unrecht“ ablehnt. Ein Kündigungsrecht ist somit nicht gegeben, wenn zwischen VR und VN Streit über den Umfang des Versicherungsschutzes besteht und der Standpunkt des VR sich erst später aufgrund einer rechtskräftigen Abweisung der Deckungsklage als richtig erweist.33 In diesem Fall hat der VR den Freistellungsanspruch des VN nämlich nicht „zu Unrecht“ abgelehnt. Es versteht sich von selbst, dass es keinen Kündigungsgrund darstellt, wenn der VR den Versicherungsschutz – sei es wegen einer Obliegenheitsverletzung, sei es wegen des Eingreifens einer Ausschlussbestimmung – zu Recht verweigert.34 Vor der Reform des VVG wurde zu § 158 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 a.F. im Schrifttum mehr16 heitlich die Ansicht vertreten, Voraussetzung für die Kündigung sei Zahlungsfälligkeit i.S.d. § 154 Abs. 1 a.F., also nicht die viel früher eintretende Fälligkeit des einheitlichen Haftpflichtversicherungsschutzanspruchs.35 Dementsprechend wurde ein Sonderkündigungsrecht gem. § 158 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 a.F. wegen Verweigerung der Deckung vor Fälligkeit verneint.36 R. Johannsen hat sich dafür ausgesprochen, die Deckungsablehnung „in krassen Fällen als positive Vertragsverletzung zu qualifizieren, die außerhalb des § 158 ebenfalls zur außerordentlichen Kündigung legitimiert“.37 Dieser Ansicht sind Voit/Knappmann mit der Begründung entgegengetreten, das Sonderkündigungsrecht müsse einer möglichen Störung des Vertrauensverhältnisses Rechnung tragen. Dem widerspreche es, wenn das Kündigungsrecht dem VN im Falle der (berechtigten oder unberechtigten) Verweigerung des Deckungsschutzes versagt werde. Eine derartige Regelung fordere Prämienprozesse heraus und belaste diese mit schwierigen Rechtsfragen und Beweisaufnahmen. Die Wirksamkeit der Kündigung dürfe deshalb nicht von der Berechtigung der Leistungsverweigerung abhängen.38 Dieser Argumentation hat der Reformgesetzgeber den Boden entzogen, indem er das Kündigungsrecht davon abhängig gemacht hat, dass der VR die Freistellung zu Unrecht ablehnt.39 Lücke will dem VN nur noch ein außerordentliches Kündigungsrecht vor Fälligkeit des Freistellungsanspruchs einräumen, wenn der VR diesen Anspruch ernsthaft und endgültig abgelehnt hat. Der Versuch des VR, sich der Rechtsschutzverpflichtung des § 100 zu entziehen, reiche hierfür nicht
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Voraussetzung, dass der VN eine Anschlussvereinbarung für solche künftigen Fälle trifft). Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 4; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 14; Späte § 9 Rn. 19. Vgl. auch Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 8; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Retter § 111 Rn. 8; Rüffer/Halbach/Schimikowski § 111 Rn. 4. LG Kleve 10.3.1967 VersR 1967 649, 650; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 8; Berliner Kommentar/Baumann § 158
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Rn. 18; Heimbücher VW 1990 1140, 1141; BTDrucks. 16/3945 S. 87. Späte § 9 Rn. 21; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 15. Vgl. LG Kleve 10.3.1967 VersR 1967 649, 650; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 17 f.; Römer/Langheid/Langheid § 158 Rn. 6. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. D 18. Prölss/Martin/Voit/Knappmann § 158 Rn. 3. Vgl. BT-Ducks. 16/3945 S. 87.
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Kündigung nach Versicherungsfall
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aus.40 Lücke nähert sich somit der Ansicht R. Johannsens an, wenngleich auch mit dem wesentlichen Unterschied, dass das Kündigungsrecht nach § 111 Abs. 1 S. 1 nicht von einem Verschulden des VR abhängig ist. Überwiegend wird in der Literatur jedoch die Ansicht vertreten, dem VN stehe das Kündigungsrecht im Fall der unberechtigten Leistungsverweigerung stets und unabhängig vom Eintritt der Fälligkeit des Freistellungsanspruchs zu. Dies wird u.a. mit der Änderung des Wortlauts des § 111 begründet. Danach komme es nur noch darauf an, ob der VR die Freistellung zu Unrecht abgelehnt habe.41 Die Frage der unberechtigten Ablehnung des Freistellungsanspruchs lässt sich von der 17 Fälligkeit dieses Anspruchs indes nicht vollends trennen, weil der Begriff der Fälligkeit den Zeitpunkt markiert, von dem an der Gläubiger die Leistung fordern kann42. Solange der Haftpflichtanspruch nicht rechtskräftig und mit bindender Wirkung für den VR festgestellt worden ist und damit Fälligkeit i.S.v. § 106 S. 1 erlangt, ist der VN nicht berechtigt, Freistellung vom VR zu verlangen. Der VR handelt deshalb nicht unrechtmäßig, wenn er den Anspruch auf Freistellung bei ungewisser Sachlage wegen fehlender Fälligkeit ablehnt.43 Dies gilt auch dann, wenn der VN den Haftpflichtanspruch anerkannt und/oder befriedigt und/oder den Freistellungsanspruch an den Dritten abgetreten hat, so dass sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat, dessen Fälligkeit sich nach § 14 Abs. 1 beurteilt (§ 108 Rn. 38). Anders liegt der Fall, wenn der Haftpflichtanspruch rechtskräftig und mit bindender Wirkung für den VR festgestellt worden ist. Dann handelt der VR unrechtmäßig, wenn er den fälligen Freistellungsanspruch wegen fehlender Haftung oder Bindung ablehnt. Hat sich der VR seiner Rechtsschutzverpflichtung zu Unrecht entzogen, ist er nicht dazu berechtigt, den Freistellungsanspruch unter Hinweis auf die fehlende Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils abzulehnen. Stützt der VR seine Ablehnung nicht auf die fehlende Haftpflichtigkeit des VN oder 18 die fehlende Bindungswirkung eines rechtskräftigen Haftpflichturteils, sondern darauf, dass der Freistellungsanspruch nicht entstanden (weil z.B. ein Ausschluss eingreift) oder aus anderen, nicht fälligkeitsbezogenen Gründen nicht durchsetzbar sei (Einrede der Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung), lässt sich die Un-/Rechtmäßigkeit der Ablehnung erst in einem Deckungsprozess klären44, soweit nicht ausnahmsweise ein Fall der Voraussetzungsidentität gegeben ist (§ 106 Rn. 19). Auf die fehlende Fälligkeit des Freistellungsanspruchs zur Beurteilung der Un-/Rechtmäßigkeit der Ablehnung kann es in diesen Fällen nicht ankommen. Verweigert der Vermögensschadenhaftpflicht-VR z.B. die Freistellung wegen wissentlicher Pflichtverletzung oder arglistiger Obliegenheitsverletzung und wird er vom Gericht des Deckungsprozesses eines Besseren belehrt, hat der VR die Freistellung zu Unrecht verweigert. Die anlässlich der Ablehnung erklärte Kündigung des VN ist wirksam.45 Dies gilt auch dann, wenn sich die Verweigerung des VR nur auf einen Teil des Freistellungsanspruchs bezieht, der Freistellungsanspruch also nicht in Gänze zu Unrecht abgelehnt wird (etwa weil der Haftpflichtanspruch nicht vollständig
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Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 6. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 7; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 111 Rn. 5; Langheid/Wandt/ Littbarski § 111 Rn. 24. BGH 1.2.2007 BGHZ 171 33, 37 = VersR 2007 806, 807; MüKo-BGB/Krüger § 271 Rn. 2; Palandt/Grüneberg § 271 Rn. 1.
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Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 20; Wussow § 9 Anm. 11; vgl. auch LG Wiesbaden 12.5.1964 VersR 1965 1065 f. (Rechtsschutzversicherung). Späte § 9 Rn. 22. Vgl. Wussow § 9 Anm. 11.
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vom versicherten Risiko umfasst wird oder der VR wegen einer Obliegenheitsverletzung nur teilweise leistungsfrei ist).46 Stellt man mit der h.M. die Verurteilung des VR im Deckungsprozess dem Anerkenntnis gleich (Rn. 13), ist eine weitere Kündigungsmöglichkeit nach § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 gegeben, die Bedeutung für den Fall erlangt, dass die früher ausgesprochene Kündigung unwirksam ist (z.B. weil nicht fristgerecht erfolgt). Bestätigt das Gericht die Ansicht des VR, hatte der VN keinen Freistellungsanspruch gegen den VR und die Kündigungserklärung ist unwirksam. Dieser Befund wirft die Frage auf, ob eine vom VN bereits anlässlich der unrecht19 mäßigen Verweigerung des Rechtsschutzes ausgesprochene Kündigung auf den Zeitpunkt der Erklärung zurückwirkt. Aus dem Wortlaut von § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 lässt sich ein Kündigungsrecht wegen Rechtsschutzgewährung/-verweigerung nicht herleiten, da dort nur die Rede vom Freistellungsanspruch ist. Da Rechtsschutz- und Freistellungsanspruch Teile eines einheitlichen Anspruchs des VN aus dem Versicherungsvertrag sind und deshalb Einwendungen, die im Versicherungsverhältnis begründet sind, sich nicht nur gegen den Freistellungsanspruch, sondern auch gegen den Rechtsschutzanspruch richten, ist die Einräumung eines Sonderkündigungsrechts mit entsprechender Rückwirkung in analoger Anwendung von § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 in Erwägung zu ziehen. Das Risiko einer unberechtigten Ablehnung des Versicherungsschutzes wegen im Versicherungsverhältnis begründeter Einwendungen trägt allein der VR, weshalb es unbillig wäre, dem VN in einem solchen Fall ein Kündigungsrecht nur nach allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen wegen einer schwerwiegenden Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zuzubilligen. Insoweit kommen hier ähnliche Argumente zum Tragen, wie sie zur Begründung der Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils im Haftpflichtprozess bemüht werden, wenn der VR sich zu Unrecht seiner Rechtsschutzverpflichtung entzogen hat.
IV. Weisung des VR 20
Nach § 111 Abs. 1 S. 2 sind beide Vertragsparteien berechtigt, das Versicherungsverhältnis zu kündigen, wenn der VR dem VN die Weisung erteilt, es zum Rechtsstreit über den Anspruch des Dritten kommen zu lassen. Diesem Kündigungsgrund kommt in der Praxis wenig Bedeutung zu, weil diese Alternative des Sonderkündigungsrechts nicht bereits mit Weisung vor Prozessbeginn, sondern erst mit Rechtskraft des Haftpflichturteils entsteht (Rn. 22).47 Zum gleichen Zeitpunkt trifft der VR aber in aller Regel auch die Entscheidung, ob er an den Dritten aufgrund dieses Urteils zahlen will (was regelmäßig die Anerkennung der Leistungspflicht gegenüber dem VN darstellt) oder ob er gegenüber dem VN die Freistellung verweigert. Dem VN steht deshalb oftmals nahezu zeitgleich einer der beiden in § 111 Abs. 1 S. 1 aufgeführten Kündigungsgründe zur Verfügung. Eigenständige Bedeutung erlangt die Kündigungsalternative des § 111 Abs. 1 S. 2 in den Fällen, in denen die Klage des Dritten abgewiesen worden ist oder der VR den Freistellungsanspruch nicht wegen fehlender Fälligkeit, sondern mangels Entstehung ablehnt. Zu denken ist hier an den Fall, in dem Anhaltspunkte für das Vorliegen eines (subjektiven) Risikoausschlusses bestehen und der VR Rechtsschutz nur unter dem Vorbehalt gewährt, die Deckung je nach Ausgang des Haftpflichtprozesses abzulehnen.
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Vgl. Wussow § 9 Anm. 11. Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 9; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111
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Rn. 10; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 28; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V1 Anm. D 32.
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V. Verhältnis der einzelnen Kündigungsgründe zueinander Nach dem Gesetz können alle zuvor behandelten Kündigungsgründe neben- und 21 nacheinander gegeben sein, so dass die Parteien berechtigt sind, zu verschiedenen Zeitpunkten aus Anlass eines Versicherungsfalles zu kündigen (zu den Auswirkungen, wenn beide Parteien kündigen s. Rn. 44). Für die Kündigungsalternativen des § 111 Abs. 1 S. 1 gilt dies allerdings nur, soweit teilweise die Forderung des Dritten erfüllt und teilweise die Leistung der Entschädigung verweigert wird.48 Im Übrigen steht jedes Kündigungsrecht nur einmal zur Verfügung. Verschiedene zeitlich aufeinanderfolgende Zahlungen des VR an denselben geschädigten Dritten lösen also nicht jedes Mal wieder ein neues Kündigungsrecht gem. § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 aus. Dies wird man nach der Interessenlage aber schon nicht mehr für mehrere Zahlungen an verschiedene geschädigte Dritte annehmen können, soweit diese Anspruchsstellermehrheit nicht allein infolge eines abgeleiteten Rechtserwerbs gegeben ist. Für Zahlungen an originär aus dem Versicherungsfall eines Dritten Anspruchsberechtigte (z.B. nach § 844 Abs. 2, § 845 BGB) wird dagegen wieder ein gesondertes Kündigungsrecht anzunehmen sein. Demgemäß besteht nach dem Sinn der Regelung auch dann ein Kündigungsrecht, wenn in einem Falle der Schädigung mehrerer Personen mehrere Rechtsstreitigkeiten wegen der Haftpflichtansprüche verschiedener geschädigter Dritter durchgeführt werden. Dies gilt aber nur für Klagen verschiedener geschädigter Dritter, nicht aber für den Fall, dass ein Geschädigter seine Haftpflichtansprüche in mehreren Teilprozessen geltend macht.49
C. Kündigungserklärungsfrist I. Beginn der Frist Nach § 111 Abs. 2 S. 1 ist eine Kündigung nur innerhalb eines Monats seit der Aner- 22 kennung oder Ablehnung des Freistellungsanspruchs oder der Rechtskraft des im Rechtsstreit mit dem Dritten ergangenen Urteils zulässig. Gemeint ist hiermit, dass die Kündigungserklärung binnen Monatsfrist der jeweils anderen Partei zugegangen sein muss (Rn. 40 ff.). Besondere Bedeutung gewinnt § 111 Abs. 2 S. 1 für die Kündigung i.S.v. § 111 Abs. 1 S. 2, die aus Anlass eines auf Weisung des VR geführten Rechtsstreits ausgesprochen werden kann. § 111 Abs. 1 S. 2 wäre bei isolierter Betrachtung, also ohne die ergänzende Bestimmung des § 111 Abs. 2 S. 1, dahingehend zu verstehen, dass das Kündigungsrecht bereits mit der Weisung des VR entsteht. Einer solchen Auslegung tritt § 111 Abs. 2 S. 1 dadurch entgegen, dass er die Kündigung aus Anlass eines Rechtsstreits nur für die Zeit nach der Rechtskraft vorsieht. Dabei genügt es, dass ein Teilurteil i.S.v. § 301 ZPO rechtskräftig wird, nicht aber, dass ein Grundurteil i.S.d. § 304 ZPO nicht mehr anfechtbar ist.50 Ein Vergleich steht ebenso wie die Klagerücknahme einem rechtskräftigem Urteil gleich.51 Regelmäßig wird der VN erst durch den VR, der den Haftpflichtprozess im Namen 23 des VN führt, über die Erledigung des Schadensfalls nach dem Ausgang des Haftungs-
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V1 Anm. D 29; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 24. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. D 20.
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Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 9; Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 10; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 28; Wussow § 9 Anm. 14; Späte § 9 Rn. 24. Prölss/Martin/Lücke § 111 Rn. 9.
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prozesses unterrichtet. Deshalb ist bei der Kündigungsvariante des § 111 Abs. 1 S. 2 hinsichtlich des Fristbeginns nicht auf den objektiv bestimmbaren Zeitpunkt der Rechtskraft abzustellen, sondern auf den Zugang der Mitteilung des VR über die Rechtskraft des Haftpflichturteils, über den Vergleich oder die Klagerücknahme beim VN. Hat der VN bereits zuvor von dritter Seite Mitteilung erhalten, beginnt die Frist von diesem Zeitpunkt an. Auf die Kenntnis des VN kommt es auch bei der Kündigungsvariante des Anerkenntnisses bzw. der Zahlung nach § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 an.52 Im Fall von Teilzahlungen beginnt die Monatsfrist mit Kenntnis von der ersten Entschädigungszahlung des VR.53 Lehnt der VR die Deckung zu Unrecht ab, beginnt die Frist für diese Kündigungsvariante (§ 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 2) zu dem Zeitpunkt, zu dem der VN Kenntnis von der Unrechtmäßigkeit erlangt.
II. Behandlung nicht fristgerechter Kündigungserklärungen 1. Besonderheiten des Versicherungsvertragsrechts
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Nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen ist die nicht fristgerecht ausgesprochene (außerordentliche) Kündigung unwirksam und es stellt sich die Frage, ob die Erklärung gem. § 133 BGB dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Kündigung zum nächstmöglichen Termin gelten soll. Sofern auf einen solchen Willen nach dem objektiven Bedeutungsgehalt der nicht fristgerecht ausgesprochenen Kündigung nicht geschlossen werden kann, stellt sich die Folgefrage nach der Umdeutung (§ 140 BGB).54 Von diesen Grundsätzen (teilweise) abweichend hat die instanzgerichtliche Rechtsprechung vor der Reform des Versicherungsvertragsrechts eine Verpflichtung des VR angenommen, der unwirksamen Kündigung des VN unverzüglich zu widersprechen und den VN über den Unwirksamkeitsgrund aufzuklären. Erfolgt eine solche Zurückweisung nicht, dann ist die Kündigung als wirksam zu behandeln. Die dogmatische Begründung für diese Ansicht liegt im Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), dem im Versicherungsverhältnis besondere Bedeutung zukommt.55 Der BGH hat sich bisher nur zweimal zur Frage einer Zurückweisungspflicht bei 25 unwirksamer Kündigung geäußert. In beiden Fällen ging es jedoch nicht um die Frage, ob sich der VR gegenüber dem VN auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen kann, sondern darum, ob er sich auf die Wirksamkeit berufen kann, weil es nach der Kündigungserklärung zu Schäden kam. Diese umgekehrte Interessenlage sei am Urteil des IV. Senats vom 1.7.1987 illustriert:56 In jener Entscheidung stritten die Parteien darüber, ob 52
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 10; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 29; Späte § 9 Rn. 24; abweichend Wussow § 9 Anm. 14: Der Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils oder der Entschädigungszahlung sei maßgeblich, jedoch könne sich der VR, der den VN nicht unterrichtet habe, nach Treu und Glauben nicht auf den Ablauf der Kündigungsfrist berufen. Vgl. ÖOGH 8.2.1995 7Ob1042/94 RIS-Justiz RS0080606. Auslegung geht der Umdeutung vor, vgl. BAG 15.12.2005 NJW 2006 2284, 2286 – Kündigungserklärung; BGH 6.12.2000 NJW
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2001 1217, 1218 – Prozesserklärung; noch ohne Festlegung einer Reihenfolge: BGH 12.1.1981 NJW 1981 976, 977; BAG 18.4.198 NZA 1986 229, 230. OLG Karlsruhe 18.10.2001 VersR 2002 1497; OLG Koblenz 14.8.1998 RuS 1998 397, 398; OLG Düsseldorf 27.7.1954 VersR 1954 587, 588; OLG Hamm 29.6.1977 VersR 1977 999, 1000; LG Köln 25.10.1989 RuS 1991 243; AG Köln 28.10.1980 VersR 1981 227. BGH 1.7.1987 VersR 1987 923, 924 = RuS 1987 271.
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Kündigung nach Versicherungsfall
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Vollkasko-Versicherungsschutz für einen Schadensfall bestand, der nach einer vom VN verspätet erklärten ordentlichen Kündigung eingetreten war. In der Kündigungserklärung hatte der VN den VR um eine neue (Teilkasko-)Versicherungsofferte gebeten. Der VR, der hierauf nicht geantwortet hatte, stellte sich auf den Standpunkt, das Vollkasko-Versicherungsverhältnis sei aufgrund der unwidersprochen gebliebenen Kündigung zeitlich vor Eintritt des Schadens beendet worden. Der BGH stellte hierzu fest, dass weder ein Aufhebungsvertrag zustande gekommen sei, da es an einer Annahmeerklärung des VR nach § 151 S. 1 BGB fehle, noch die verspätete Kündigung durch den VN wirksam sei, weil der VR sie nicht zurückgewiesen habe. Dieses Ergebnis werde auch nicht dadurch infrage gestellt, „daß vielfach angenommen wird, ein Versicherer sei gehalten, eine vom Versicherungsnehmer erklärte verspätete Kündigung ausdrücklich zurückzuweisen … Auch wenn den Versicherer nach Treu und Glauben in bestimmten Fällen eine solche Hinweispflicht trifft, ergibt sich daraus nichts für die Entbehrlichkeit einer Annahmeerklärung. Die Beklagte kann nicht aus einem – etwaigen – treuwidrigen eigenen Verhalten, nämlich dem Unterlassen einer ausdrücklichen Zurückweisung der verspäteten Kündigung, Rechte für sich herleiten. Der Einwand der Revision, die Beklagte werde dann in ihrer Entschließungsfreiheit unangemessen eingeschränkt, trifft nicht zu. Es steht dem Versicherer stets frei, auf eine verspätete oder sonst ungültige Kündigung zu antworten und nach seiner freien Entschließung zu reagieren. Es entspricht sogar der Sorgfalt eines ordentlichen Versicherungskaufmanns, die durch eine verspätete Kündigung des Versicherungsnehmers entstandene Rechtsunklarheit durch eine ausdrückliche Antwort zu beseitigen.“57
Derselbe Senat des BGH hat in seinem Urteil vom 26.10.1988 ausgesprochen, dass eine unwirksame (ordentliche) Kündigung des Versicherungsvertrags durch den VN nicht dadurch geheilt werden könne, dass der VR die Kündigung nicht zurückweise.58 Das BSG hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen.59 Der ÖOGH hat mehrfach ausdrücklich eine Verpflichtung des VR zur Zurückwei- 26 sung unwirksamer Kündigungen jeder Art unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben anerkannt.60 Die Klärung der Vertragslage sei bei einer unklaren oder rechtlich mangelhaften Kündigung sowohl für den Fall des Eintritts des Versicherungsfalles als auch im umgekehrten Fall dringend geboten. Deshalb müsse der VR eine Klärung unverzüglich einleiten.61 Die nicht rechtzeitige Zurückweisung „einer – aus welchen Gründen immer – unwirksamen Kündigung ist als Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses oder als Verzicht auf die Geltendmachung der aus der Verspätung oder der Unwirksamkeit einer Kündigung abgeleiteten Rechtsfolgen anzusehen“.62 Im Gegensatz zu den vorbezeichneten Urteilen des BGH wendet der ÖOGH diesen Grundsatz aber auch zuungunsten des VN an, wenn der Schadensfall nach der Kündigung eintritt.63 Die Behandlung der nicht fristgerechten Kündigung nach Eintritt eines Versicherungs- 27 falles macht deutlich, dass sich „im Versicherungsrecht das Interesse der Parteien am
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BGH 1.7.1987 VersR 1987 923, 924 = RuS 1987 271. BGH 26.10.1988 RuS 1989 69, 70. BSG 29.11.2006 RuS 2007 144, 146 (fehlende oder nicht rechtzeitige Zurückweisung einer Kündigung des VN durch den VR begründet kein sonst nicht vorgegebenes Wirksamwerden der Kündigung des Pflegeversicherungsverhältnisses).
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Vgl. ÖOGH 30.3.2011 7Ob255/10s; ÖOGH 7 Ob 97/01t m.w.N.; ÖOGH RIS-Justiz RS0013443; ÖOGH 8.3.1990 VersR 1991 367, 368; ÖOGH 1.9.1983 VersR 1984 1208; ÖOGH 7.7.1983 VersR 1985 175, 176. ÖOGH 1.9.1983 VersR 1984 1208; ÖOGH 7.7.1983 VersR 1985 175, 176. ÖOGH 8.3.1990 VersR 1991 367, 368. Vgl. ÖOGH 8.3.1990 VersR 1991 367, 368.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 1: Allg. Vorschriften
Fortbestand einerseits und andererseits an der Auflösung des Versicherungsvertrages von heute auf morgen umkehren [kann]“.64 Solange der Versicherungsfall nicht eintritt, hat der VR ein Interesse an dem Fortbestand des Vertrages, weil der VN nur dann zur Prämienzahlung verpflichtet ist. Es ist deshalb verständlich, dass er zunächst auf der Unwirksamkeit der Kündigung besteht. In dem Moment, in dem der Versicherungsfall eintritt, kehrt sich das Interesse jedoch um. Nunmehr besteht ein Interesse des VR an dem Nichtbestand des Vertrages, um nicht für den Schaden eintreten zu müssen. Er wird sich auf die Wirksamkeit der Kündigung berufen, eventuell sogar eine an sich unwirksame Kündigung anerkennen.65 Zu Recht weist das LG Köln darauf hin, dass sich die Ungewissheit über die Wirksamkeit einer von dem VN ausgesprochenen Kündigung nicht mit dieser jederzeit möglichen Umkehrung der gegenseitigen Interessenlage am Fortbestand des Vertrages vertrage, und folgert daraus, dass der VR als die in versicherungsrechtlichen Fragen rechtskundigere Partei einer unwirksamen Kündigung zu widersprechen habe.66 Dies gilt insbesondere für die hier relevante Schadenskündigung. Man stelle sich z.B. vor, dass der VN in Verkennung der Rechtslage die Kündigung eines Vertrages mit dreijähriger Laufzeit bereits bei Beginn eines Haftpflichtprozesses ausspricht. Hier bestünde die Möglichkeit, dass der VR den Ausgang des Haftpflichtprozesses abwartet und je nachdem, ob ein weiterer Versicherungsfall noch vor Abschluss des Prozesses eintritt oder nicht, sich in Verfolgung seines Interesses auf die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Kündigung beruft.67 Nach der Reform des VVG leitet ein Teil der Literatur die Zurückweisungs- und Auf28 klärungspflicht aus der Beratungspflicht des VR während der Dauer des Versicherungsverhältnisses gem. § 6 Abs. 4 S. 1 her.68 Hiergegen wenden Prölss und C. Schneider ein, dass es bei § 6 um die Beratung über den Umfang des Versicherungsschutzes und nicht um eine allgemeine Pflicht gehe, für die Rechtsangelegenheiten des VN zu sorgen.69 Sie wollen die Zurückweisung- und Aufklärungspflicht aus § 242 BGB herleiten.70 Dieser Auffassung liegt ein zu enges, vornehmlich produktbezogenes Verständnis des Begriffs der Beratung zugrunde. Die Verpflichtung zur Beratung während der Dauer des Versicherungsverhältnisses geht jedoch darüber hinaus und betrifft z.B. auch Fragen im Zusammenhang mit der Schadensregulierung und Vertragsfortsetzung. Sie erstreckt sich daher auch auf die Beseitigung ungeklärter Vertragsstatusfragen im Falle nicht fristgerechter Schadenskündigung.71 Eines durch § 6 nicht ausgeschlossenen Rückgriffs auf § 242 BGB bedarf es nur bei Fernabsatzverträgen und bei maklerbetreuten Verträgen.72 Leitet man die Pflicht zur Zurückweisung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben 29 her, entfällt diese Pflicht des VR, wenn der VN die Unwirksamkeit der Kündigung posi-
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Treffend LG Köln 25.10.1989 RuS 1991 243. LG Köln 25.10.1989 RuS 1991 243. LG Köln 25.10.1989 RuS 1991 243. Vgl. LG Köln 25.10.1989 RuS 1991 243. Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 124; Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers § 11 Rn. 33; Stiefel/Maier/Stadler Anm. G. 2 Rn. 18; Bruck/Möller/Leverenz AUB 2008 Ziff. 10 Rn. 74; ablehnend Langheid/Wandt/ Littbarski § 111 Rn. 57 f.; vgl. auch BSG 29.11.2006 RuS 2007 145. Prölss/Martin/Prölss § 6 Rn. 44 u. § 11 Rn. 30; Looschelders/Pohlmann/C. Schneider
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§ 11 Rn. 65; vgl. auch Langheid/Wandt/Staudinger § 92 Rn. 18. Looschelders/Pohlmann/C. Schneider § 11 Rn. 65, 69; Prölss/Martin/Prölss § 6 Rn. 44 u. § 11 Rn. 30; wohl auch Bruck/Möller/ K. Johannsen § 11 Rn. 27; vgl. auch AG Hamburg 3.11.1993 VersR 1994 665; Rogler RuS 2007 140, 143. Stiefel/Maier/Stadler Anm. G. 2 Rn. 18; vgl. auch BSG 29.11.2006 RuS 2007 144, 145; Rogler RuS 2007 140, 141. Armbrüster ZVersWiss 2008 425, 427; Stöbener ZVersWiss 2007 465, 479.
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Kündigung nach Versicherungsfall
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tiv kennt, da der VN dann nicht schutzwürdig ist.73 Qualifiziert man die Pflicht hingegen als Bestandteil der Beratungspflicht nach § 6 Abs. 4 oder als Nebenpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB, fehlt es in diesem Fall an der Pflichtverletzung, weil ein Anlass zur Beratung objektiv nicht besteht.74 Grob fahrlässige Unkenntnis des VN lässt die Pflicht zur Zurückweisung allerdings nicht entfallen.75 Hier kommt allenfalls eine Anspruchskürzung nach § 254 BGB in Betracht.76 Soweit der VN von einem Makler betreut wird, ist zu hinterfragen, ob sich der VN hinsichtlich der Voraussetzungen der Schadenskündigung nicht die Kenntnis des mit der Betreuung des Versicherungsvertrages beauftragten Maklers nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss.77 Lehnt man die Zurechnung ab, stellt sich die Folgefrage nach dem Verschulden des VR, durfte der VR nach den Vorstellungen des Gesetzgebers „im Fall der Einschaltung eines Versicherungsmaklers doch davon ausgehen, dass dieser seine ihm gegenüber dem Versicherungsnehmer obliegende Frage- und Beratungspflicht erfüllt“.78 2. Rechtsfolgen bei unterbliebener Zurückweisung Bejaht man mit der hier vertretenen Ansicht eine Verletzung des § 6 Abs. 4 S. 1, 30 macht sich der VR nach § 6 Abs. 5 schadensersatzpflichtig, wenn er die nicht fristgerechte Schadenskündigung nicht unverzüglich zurückweist. Unverzüglich ist i.S.d. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB zu verstehen. Die Zurückweisung muss nicht sofort, aber ohne schuldhaftes Zögern erfolgen, d.h. innerhalb einer angemessenen Prüfungsfrist.79 Diese lässt sich nicht einheitlich bestimmen und hängt bei der Schadenskündigung auch davon ab, welche Kündigungsvariante einschlägig ist. Die von den Gerichten ausgeurteilte Bandbreite für die dem VR im Ergebnis zur Verfügung stehende Prüfungsfrist reicht von „sofort“ bis zu einer Reaktionsdauer von sechs Wochen.80 Hat der VR den Freistellungsanspruch anerkannt, ist die Zeitspanne für die Zurückweisung kürzer zu bemessen als im Weisungsfalle, weil die Feststellung der Rechtskraft des Haftpflichturteils zusätzlich Zeit in Anspruch nehmen kann. Erfolgt die Kündigung wegen zu Unrecht abgelehnter Deckung, dürfte die Zeitspanne nicht länger als beim Anerkenntnis sein, weil der Ablehnung bereits eine Prüfung des VR vorausgegangen ist. War für den VR aus der Kündigungserklärung der Kündigungsgrund nicht ersichtlich und muss der VR deshalb Nachforschungen anstellen, verlängert sich die Frist.81 Wie bei Verletzung sonstiger Beratungspflichten streitet für den VN die Vermutung 31 aufklärungsrichtigen Verhaltens auch bei fehlender oder nicht rechtzeitiger Zurückweisung einer Kündigung des VN durch den VR.82 Es ist daher zu fragen, wie der VN sich
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Vgl. OLG Koblenz 14.8.1998 VersR 1999 875, 876. Looschelders/Pohlmann/Pohlmann § 6 Rn. 53, 116; Langheid/Wandt/Armbrüster § 6 Rn. 160, 309; nach Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers § 6 Rn. 44 fehlt es am Verschulden. OLG Karlsruhe 18.10.2001 RuS 2002 75, 76; Leverenz VersR 1999 527 ff.; Rogler RuS 2007 140, 141; a.A. LG Köln 25.10.1989 RuS 1991 243 f.; AG Berlin-Neukölln 28.9.1999 VersR 2000 877, 878. Leverenz VersR 1999 525, 531 f.
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Vgl. Hans. OLG Bremen 18.11.2008 VersR 2009 776, 777. BTDrucks. 16/3945 S. 58. Vgl. Langheid/Wandt/Armbrüster § 6 Rn. 283; Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 126; Looschelders/Pohlmann/C. Schneider § 11 Rn. 67. Vgl. Nachweise bei Bruck/Möller/Leverenz AUB 2008 Ziff. 10 Rn. 76; Leverenz VersR 1999 525, 532. Vgl. AG Hamburg 3.11.1993 VersR 1994 665. Vgl. BGH 3.12.2011 RuS 2011 250, 251; BSG 29.11.2006 RuS 2007 144, 146;
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vernünftigerweise verhalten hätte, wenn der VR seine Kündigung unter Benennung der Unwirksamkeitsgründe als unwirksam zurückgewiesen hätte. Dabei kann nach der Lebenserfahrung bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgegangen werden, dass der VN eine Schadenskündigung, die er vor Anerkennung oder Ablehnung des Freistellungsanspruchs oder vor Rechtskraft des in dem Rechtsstreit mit dem Dritten ergangenen Urteils und damit verfrüht ausgesprochen hat, nach Anerkennung oder Ablehnung des Freistellungsanspruchs oder nach Rechtskraft des Haftpflichturteils fristgemäß wiederholt hätte. Dementsprechend kann der VN vom VR die Rückzahlung bereits geleisteter Prämien für den Zeitraum nach fiktiver fristgemäßer Wiederholungskündigung verlangen. Die Vermutung der Wiederholungskündigung gilt hingegen dann nicht, wenn zwischenzeitlich ein neuer Versicherungsfall eingetreten ist, für den bei fristgemäßer Wiederholungskündigung keine Deckung bestünde. Auch bei verspäteter Schadenskündigung greift die Vermutung aufklärungsrichtigen 32 Verhaltens ein. Um zu ermitteln, wie sich der VN vernünftigerweise verhalten hätte, ist hier zu fragen, zu welchem Zeitpunkt der VN den Vertrag bei rechtzeitiger Zurückweisung (ordentlich) hätte kündigen können. Sodann ist zu ermitteln, ob und in welcher Höhe der VN Prämien erspart hätte. Hierzu folgendes Beispiel: Der VN kündigt den Versicherungsvertrag am 1.6.2009 wegen zu Unrecht erfolgter Ablehnung des Freistellungsanspruchs zum 1.1.2010. Dabei übersieht er, dass die Versicherungsperiode bereits am 31.12.2009 endet. Ein unverzüglicher Hinweis des VR unterbleibt. Hier greift die Vermutung ein, dass der VN die Kündigung wiederholt und zum 31.12.2009 ausgesprochen hätte, wenn der VR die Kündigung unverzüglich unter Hinweis auf die Verspätung zurückgewiesen hätte. Der VN ist somit nicht verpflichtet, die Prämien für eine weitere einjährige Versicherungsperiode bis zum 31.12.2010 zu zahlen und kann Rückzahlung der bereits für diesen Zeitraum geleisteten Prämien verlangen. Unter Zugrundelegung der bisherigen (deutschen) Rechtsprechung zu § 242 BGB 33 müsste der VR in einem Prämienstreit die nicht fristgerechte Schadenskündigung als wirksam gegen sich gelten lassen, wenn er ihr nicht unverzüglich widerspricht. Umgekehrt bliebe dem VR, der vom VN im Falle eines der nicht fristgerechten Schadenskündigung nachfolgenden Schadenseintritts in Anspruch genommen wird, die Berufung auf die Wirksamkeit der Kündigung versagt, weil er aus seinem treuwidrigen eigenen Verhalten keine Rechte für sich herleiten kann. Die entgegenstehende österreichische Rechtsprechung überzeugt nicht, weil sie den Gesichtspunkt der fehlenden eigenen Vertragstreue unbeachtet lässt. Der Weg über Treu und Glauben erweist sich gegenüber der Beurteilung nach schadensersatzrechtlichen Maßstäben für den VN somit insgesamt als vorteilhafter. Er hat jedoch erhebliche dogmatische Schwächen und ist deshalb abzulehnen. Zu Recht stellt das BSG in seinem Urteil vom 29.11.2006 auf den Zweck von Hinweispflichten ab, um sodann festzustellen, dass eine etwa bestehende Pflicht des VR zur Zurückweisung unwirksamer Kündigungen und zum Hinweis des VN auf die Rechtslage nur dem Zweck diene, „den VN über seine wahren Rechte ins Bild zu setzen und ihm Klarheit über den Fortbestand des Vertrages zu geben. Dagegen zielt eine derartige Rechtspflicht von vorn herein nicht darauf, dem VN neue Möglichkeiten der Vertragsbeendigung zu eröffnen, die ihm nach Gesetz und Vertrag nicht zustehen.“83
Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers § 11 Rn. 37; Bruck/Möller/Leverenz AUB 2008 Ziff. 10 Rn. 111; Rogler RuS 2007 140, 143; allgemein BGH 5.2.2009 NJW 2009 1591,
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1592; BGH 20.3.2008 NJW 2008 2647, 2648. BSG 29.11.2006 RuS 2007 144, 146.
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Letzteres wäre jedoch der Fall, wenn man jede Kündigung bei Verletzung der Zurückweisungs- und Hinweispflicht als wirksam behandelte, da der VN die Möglichkeit hätte, „nach Belieben Kündigungsgründe zu erfinden, die bei fehlerhafter Reaktion des VR ein Eigenleben gewännen“.84 Die nicht rechtzeitige Zurückweisung lässt sich entgegen der Ansicht des ÖOGH 34 auch nicht als Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses oder als Verzicht auf die Geltendmachung der aus der Verspätung oder der Unwirksamkeit einer Kündigung abgeleiteten Rechtsfolgen ansehen. Für die Zustimmung fehlt es an der dafür erforderliche Annahmeerklärung durch den VR. Eine Annahme nach § 151 S. 1 BGB ist im Versicherungsgewerbe nicht verkehrsüblich85 und würde zudem irgendeine äußere Kundgebung des Annahmewillens voraussetzen.86 Eine Annahmeerklärung darf auch nicht daraus gefolgert werden, dass der VR die Kündigung pflichtwidrig nicht zurückgewiesen hat.87 Ein Verzicht durch Schweigen kommt im Hinblick auf den damit einhergehenden Verlust von Prämienansprüchen nicht in Betracht.88 Im Ergebnis sprechen deshalb die besseren Argumente dafür, auf die unterbliebene Zurückweisung der nicht fristgerechten Kündigung mit dem BSG nach den unter Rn. 30–32 dargestellten schadensersatzrechtlichen Maßstäben zu reagieren.89 3. Rechtsfolgen nach Zurückweisung der nicht fristgerechten Schadenskündigung Hat der VR die unwirksame (verfrühte oder verspätete) Kündigung des VN als 35 unwirksam zurückgewiesen, stellt sich – wie zuvor bereits dargelegt (Rn. 24) – die Frage, ob die Erklärung gem. § 133 BGB dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Kündigung zum nächstmöglichen Termin gelten soll, und falls nicht, ob eine Umdeutung (§ 140 BGB) möglich ist. Diese Frage ist zu verneinen. Infolge der Zurückweisung der Kündigung ist eine Zäsur eingetreten, die verlässliche Rückschlüsse auf den mutmaßlichen Willen des VN nicht zulässt.90 Etwas anderes mag für den wohl eher seltenen Fall gelten, dass der VN ausdrücklich erklärt, er wisse zwar, dass der Kündigungsgrund noch nicht vorliege, wolle aber schon jetzt zum nächsten zulässigen Termin nach Eintritt einer der drei Schadenskündigungsalternativen kündigen. Entgegen R. Johannsen liegt keine unzulässige Bedingung vor,91 weil der VR nicht in eine ungewisse Lage versetzt wird.92
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BSG 29.11.2006 RuS 2007 144, 146. BGH 1.7.1987 VersR 1987 923, 924 = RuS 1987 271, 272; BGH 26.10.1988 RuS 1989 69, 70; OLG Koblenz 9.3.1951 VersR 1951 164; Hans. OLG Hamburg 1.12.1950 VersR 1951 53; LG Bremen 1.12.1999 VersR 2000 305, 306; Leverenz VersR 1999 525, 534. RG 24.6.1927 RGZ 117 312, 315. BGH 1.7.1987 VersR 1987 923, 924 = RuS 1987 271, 272; BGH 26.10.1988 RuS 1989 69, 70; LG Bremen 1.12.1999 VersR 2000 305, 306.
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Vgl. Staudinger/Rieble § 97 Rn. 114. So auch Bruck/Möller/K. Johannsen § 11 Rn. 27; Schwintowski/Brömmelmeyer/ C. Schneider § 11 Rn. 69 f.; Leverenz VersR 1999 525, 530 f. I.E. Looschelders/Pohlmann/C. Schneider § 11 Rn. 72; a.A. OLG Düsseldorf 31.12.2000 RuS 2001 453, 454. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. V1 Anm. D 33; vgl. auch LG Bielefeld 29.9.1965 VersR 1967 27. BGH 21.3.1986 NJW 1986 2245, 2246.
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D. Kündigungserklärung I. Kündigungsberechtigte 36
Zur Schadensfallkündigung sind nur VR und VN in ihrer Eigenschaft als Vertragsparteien berechtigt, nicht hingegen versicherte Personen im Rahmen der Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung. Handelt es sich bei dem VN um eine juristische Person ist die Kündigung vom Organ abzugeben. Die Kündigung kann auch durch einen rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten erklärt werden (§ 164 Abs. 1 BGB), was bei einer Kündigung durch den VR die Regel ist. Auch gesetzliche Verwalter (Insolvenz-, Nachlass-, Zwangsverwalter, Testamentsvollstrecker) können im Schadensfall kündigen.93 Ferner steht dem Erwerber des haftpflichtversicherten Unternehmens ein Schadenskündigungsrecht zu.94 Entsprechendes gilt für den Erben und sonstige Gesamtrechtsnachfolger des VN, nicht aber für den Zessionar, Pfandgläubiger oder Pfändungspfandgläubiger.95 Der geschädigte Dritte, an den der VN den Freistellungsanspruch abgetreten hat, ist somit nicht zur Schadensfallkündigung berechtigt. Bei der (offenen) Mitversicherung hat jeder beteiligte VR für seinen Anteil (selbständiger Vertrag) das Kündigungsrecht, soweit nicht kraft der Führungsklausel der führende Versicherer für die anderen Beteiligten die Kündigung aussprechen darf. Bei einer Mehrzahl von VN können diese ein einheitliches Versicherungsverhältnis nur gemeinschaftlich und dann mit Wirkung für und gegen alle kündigen.96 37 Ein zum Abschluss von Versicherungsverträgen bevollmächtigter Versicherungsvertreter (§ 71) ist zur Abgabe von Kündigungserklärungen des VR berechtigt. Der Versicherungsmakler ist zur Schadenskündigung nur aufgrund besonderer Vollmacht berechtigt, da die vertragstypischen Pflichten des Versicherungsmaklers (Betreuung, Verwaltung und Vermittlung) das Recht zur Abgabe von Kündigungserklärungen des VN nicht einschließen.97
II. Erklärungsempfänger 38
Erklärungsempfänger der Kündigung sind grundsätzlich nur die Vertragsparteien sowie die ihnen gleichstehenden gesetzlichen Vertreter. Gleichzustellen sind Empfangsbevollmächtigte (§ 164 Abs. 3 BGB), zu denen gem. § 69 Abs. 1 Nr. 2 Versicherungsvertreter zählen. Diesen muss die Erklärung nach § 130 BGB zugehen. Erklärungsadressaten sind daneben Insolvenz- und Zwangsverwalter sowie bei der Kündigung durch den VR nach dem Tod des VN dessen Erben, der Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter. Sind bei einem einheitlichen Versicherungsvertrag mehrere VN beteiligt, so muss die Kündigung jedem von ihnen zugehen, sofern nicht einer empfangsbevollmächtigt ist.98 Bei der (offenen) Mitversicherung ist jeder beteiligte VR empfangsberechtigt, soweit nicht in einer Führungsklausel vereinbart ist, dass die gegenüber dem führenden VR ausgesprochene Kündigung unmittelbar auch gegenüber den anderen Beteiligten wirkt.99 Nur aufgrund entsprechender Vereinbarung sind empfangsberechtigt Versicherungs-
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Bruck/Möller/K. Johannsen § 11 Rn. 22; Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 83. Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 84. A.A. Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 78. Langheid/Wandt/Staudinger § 92 Rn. 5;
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Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 77; Bruck/Möller/Möller § 8 Anm. 31. OLG Hamm 27.9.1991 RuS 1992 143, 144. Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 88. Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 89.
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makler, Zessionare, Pfand- oder Pfändungspfandgläubiger sowie versicherte Personen im Rahmen der Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung (auch wenn sie im Besitz des Versicherungsscheins sind).100
III. Form Ein Formerfordernis für Schadensfallkündigungen stellt das Gesetz nicht auf. In den 39 AVB ist regelmäßig Schriftform (§§ 127 Abs. 1, 126 BGB) vorgesehen (Ziff. 19.1 AHB), die sich aus Beweisgründen empfiehlt. Die Vereinbarung einer strengeren Form als der Schriftform, z.B. eingeschriebener Brief, ist nach § 309 Nr. 13 BGB unwirksam, soweit es sich bei dem VN nicht um einen Unternehmer i.S.v. § 14 handelt.101
IV. Inhalt der Kündigung An den Inhalt der Schadensfallkündigung sind keine großen Anforderungen zu stel- 40 len. Es genügt die Bezeichnung als Kündigung im Schadensfall. Einer weiteren Begründung der Kündigung bedarf es nicht.102 Bei Unklarheiten ist der VR zur Nachfrage und gegebenenfalls Aufklärung verpflichtet (Rn. 28). Stützt der VR seine Kündigung auf einen anderen unter eine konkrete Kündigungsvorschrift fallenden Grund (z.B. Zahlungsverzug mit Folgeprämie, § 38 Abs. 3), so ist dies regelmäßig dahingehend auszulegen, dass er nur unter deren Voraussetzungen kündigen will.103 Eine Umdeutung in eine Kündigung nach § 92 scheidet aus.104
V. Wirksamkeitszeitpunkt der Kündigung Bei der Kündigung im Schadensfall ist zu unterscheiden zwischen der (ersten) Mo- 41 natsfrist i.S.v. § 111 Abs. 2 S. 1, innerhalb derer die Kündigungserklärung der anderen Vertragspartei zugehen muss (Kündigungserklärungsfrist), und der (zweiten) Frist i.S.v. § 111 Abs. 2 S. 2 zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung und dem Eintritt der Kündigungswirkung (Wirksamkeitszeitpunkt der Kündigung, d.h. Vertragsende). Nach § 111 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 S. 2 und 3 gelten hinsichtlich des Wirksamkeitszeitpunkts der Kündigung für den VR und den VN unterschiedliche Regelungen. 1. Kündigung durch VR Kündigt der VR innerhalb der (ersten) Monatsfrist seit der Anerkennung oder Ableh- 42 nung des Freistellungsanspruchs oder der Rechtskraft des Haftpflichturteils, endet der Vertrag nach Ablauf der (zweiten) Monatsfrist, die mit dem Zugang der Kündigungserklärung beim VN beginnt (§ 111 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 S. 2). Bei der (zweiten)
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Bruck/Möller/Möller § 8 Anm. 33. Vgl. Palandt/Grüneberg § 309 Rn. 114; Ulmer/Brandner/Hensen/Hensen § 309 Rn. 12. Bruck/Möller/K. Johannsen § 92 Rn. 9; Prölss/Martin/Armbrüster § 92 Rn. 8; Langheid/Wandt/Staudinger § 92 Rn. 20.
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Prölss/Martin/Armbrüster § 92 Rn. 9; Langheid/Wandt/Staudinger § 92 Rn. 20. OLG Hamm 11.11.1998 VersR 1999 1265, 1266; Prölss/Martin/Armbrüster § 92 Rn. 9; Langheid/Wandt/Staudinger § 92 Rn. 20.
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Monatsfrist für den VR handelt es sich um eine Mindestfrist, die dem Schutz des VN dient. Er soll sich in Ruhe einen neuen VR suchen können, bevor der Vertrag endet.105 Kündigt der VR mit einer kürzeren Frist, ist ein solcher Kündigungsausspruch unwirksam und es stellt sich auch hier die Frage, ob die Erklärung gem. § 133 BGB dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Kündigung fristgerecht gelten soll, und falls nicht, ob sie in ein Angebot auf vorzeitige Beendigung des Versicherungsvertrages umgedeutet werden kann (§ 140 BGB). Da es sich bei der Kündigung um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, kommt es für die Auslegung darauf an, wie sie der VN nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Im Hinblick darauf, dass die zweite Monatsfrist für eine Kündigung außerordentlicher Art ungewöhnlich ist – regeltypisch wäre es, eine Kündigung mit sofortiger Wirkung vorzusehen, dürfte sich einem durchschnittlichen VN die Bedeutung der zweiten Monatsfrist nicht erschließen und eine Auslegung, dass die Kündigung zum Ablauf dieser zweiten Frist erfolgen soll, scheitern. Eine Umdeutung in ein Angebot auf vorzeitige Beendigung des Versicherungsvertrages kommt dann ebenfalls nicht in Betracht. Bestimmt der VR einen späteren Wirksamkeitszeitpunkt, bestehen hiergegen nach 43 dem Zweck der Vorschrift keine Bedenken.106 Armbrüster vertritt dagegen die Ansicht, von Abs. 2 S. 2 abweichende Fristbestimmungen des VR seien nichtig. Er begründet dies damit, dass § 92 Abs. 2 S. 2 im Gegensatz zu Abs. 2 S. 3 keinen „spätesten Zeitpunkt“ nenne und deshalb nur ein beliebiges Verlängerungsrecht des VR in Betracht komme, was für den VN unzumutbar wäre.107 Dagegen ließe sich einwenden, dass ein wie auch immer geartetes Verlängerungsrecht durch die Dauer des Versicherungsvertrages begrenzt wird und der VN die Dauer durch Kündigung (§ 11) selbst bestimmen kann. Gibt der VR in der Kündigungserklärung den Wirksamkeitszeitpunkt an und besteht insoweit für den VN keine Ungewissheit hinsichtlich des Vertragsendes, ist eine unzumutbare Belastung für den VN nicht erkennbar und eine von Abs. 2 S. 2 abweichende Fristbestimmung wirksam. Bestimmt der VR in der Kündigungserklärung hingegen keinen Zeitpunkt, so gilt die Mindestfrist, d.h. der Vertrag endet einen Monat nach dem Zugang der Kündigungserklärung beim VN. 2. Kündigung durch VN
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Für Kündigungen seitens des VN sieht das Gesetz keine (zweite) Monatsfrist vor. Vielmehr kann der VN gemäß § 111 Abs. 2 S. 2 den Wirksamkeitszeitpunkt, in den Grenzen des § 92 Abs. 2 S. 3 selbst bestimmen. Spätester Wirksamkeitszeitpunkt ist das Ende des laufenden Versicherungsjahres. Bestimmt der VN keinen Zeitpunkt, kommt es auf seinen mutmaßlichen Willen an. Dabei kommt dem Umstand, ob und zu welchem Zeitpunkt der VN einen neuen Vertrag geschlossen hat, maßgebliche Bedeutung zu. Zu kurz greift deshalb die Ansicht, die Kündigungserklärung sei nach § 133 BGB so zu verstehen, dass der VN den Versicherungsvertrag sofort, das heißt mit Zugang der Kündigungserklärung beenden will.108 Ein dahingehender Wille des VN wäre nur anzunehmen, wenn er zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits einen neuen Vertrag (mit einem
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Bruck/Möller/K. Johannsen § 92 Rn. 10. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V1 Anm. D 34; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 31; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst § 111 Rn. 12 f.; a.A. Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 76.
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Prölss/Martin/Armbrüster § 92 Rn. 11. Vgl. Langheid/Wandt/Staudinger § 92 Rn. 23; Schwintowski/Brömmelmeyer/Hammel § 92 Rn. 25; Feyock/Jacobsen/Lemor/ Jacobsen Anm. G. 2 Rn. 26.
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anderen VR) abgeschlossen hätte.109 Im Hinblick darauf, dass der VR Aufklärung schuldet (Rn. 28), wird man ihn als verpflichtet ansehen müssen, Rücksprache mit dem VN zu halten und diesen aufzufordern, ein Vertragsende festzulegen. Kommt der VN dieser Aufforderung nicht nach, ist die Kündigung nach § 139 BGB insgesamt nichtig. Die Auslegung, dass die Kündigung zum Schluss der Versicherungsperiode wirken soll, dürfte nach Änderung der Vorschrift über die Prämienzahlung keine tragfähige Grundlage mehr haben.110 3. Doppelkündigung Kündigen in zulässiger Weise sowohl der VN als auch der VR, so geht diejenige Kün- 45 digung vor, die den Vertrag früher beendet.111 4. Wirkung der Kündigung a) Prämie. Für den Fall der Kündigung bestimmt sich das „Prämienschicksal“ nach 46 § 39 Abs. 1. Fällt der Wirksamkeitszeitpunkt nicht zufälligerweise mit dem Ablauf der Versicherungsperiode zusammen, ist der VR dem VN gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zur anteiligen Prämienrückzahlung verpflichtet.112 b) Versicherungsschutz. Für Versicherungsfälle, die nach Vertragsbeendigung eintre- 47 ten, besteht kein Versicherungsschutz. Liegt der Definition des Versicherungsfalles nicht das Verstoßprinzip, sondern das Schadensereignis-, Manifestations- oder Anspruchserhebungsprinzip (claims made) zugrunde, besteht somit für den VR die Möglichkeit, sich bei zu erwartenden weiteren Schäden, die auf gleichen oder sogar derselben Ursache/Pflichtverletzung oder auf der Lieferung von Waren mit gleichen Mängeln beruhen (sog. Serienschäden, vgl. Ziff. 6.3 AHB 2012), „heraus zu kündigen“. In diesem Fall besteht für die „Spätschäden“ der Serie, die nach der Beendigung des Versicherungsvertrages eintreten, kein Versicherungsschutz mehr.113 Das Herauskündigen aus der Serie ist von Teilen der Literatur als rechtsmissbräuchlich angesehen worden, ohne dass hierfür eine Begründung gegeben wurde.114 Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Ausübung des gesetzlich eingeräumten Schadensfallkündigungsrechts als rechtsmissbräuchlich zu bewerten ist. Weder hat der VR treuwidrig eine Rechtslage herbeigeführt, noch setzt er sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch. Hinzu kommt, dass der VN mit dem VR vorbeugend eine Vereinbarung treffen kann, die eine Zusammenziehung des Serienschadens zu einem Versicherungsfall vorsieht und es ausreichen lässt, dass der erste Schaden während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten ist (sog. alternative Serienschadenklausel) (Ziff. 6 AHB Rn. 11).115
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Bruck/Möller/K. Johannsen § 92 Rn. 10. Bruck/Möller/K. Johannsen § 92 Rn. 10. BGH 19.1.1956 VersR 1956 121 f.; Prölss/ Martin/Lücke § 111 Rn. 10; Langheid/ Wandt/Littbarski § 111 Rn. 77; Prölss/Martin/Armbrüster § 92 Rn. 15; a.A. Langheid/ Wandt/Faust § 11 Rn. 151: Maßgeblich für den Zeitpunkt des Eintritts der Kündigungswirkung ist die zuerst zugehende Kündigungserklärung.
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Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Retter § 111 Rn. 15. Nickel VW 2009 691. Prölss/Martin/Voit/Knappmann AHB § 9 Rn. 3; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 11 f. VerBAV 1987 3, 5; Prölss/Martin/Voit ProdHaftpfl. Nr. 8 Rn. 5; Grote VersR 1995 508, 514; Thürmann NVersZ 1999 145, 149.
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E. Außerordentliche Kündigung aus sonstigem wichtigen Grund 48
§ 111 Abs. 1 behandelt nur das Recht zur Kündigung im Schadensfall. Das Recht zur Kündigung beider Vertragsparteien aus sonstigem wichtigen Grund gem. § 314 BGB bleibt unberührt.116 Als wichtiger Grund zur Kündigung für den VR werden betrügerische Machenschaften des VN 117 oder unwahre Behauptungen des VN über das „Geschäftsgebaren“ des VR genannt.118 Für den VN wird als wichtiger Kündigungsgrund eine grob fehlerhafte oder anhaltend verzögernde Bearbeitung des Versicherungsfalles aufgeführt 119, woraus unter Umständen auch Schadensersatzansprüche gem. §§ 280 ff. BGB resultieren können.120
F. Beweislast 49
Das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen hat nach allgemeinen Beweisregeln diejenige Vertragspartei darzulegen und zu beweisen, die sich auf die Kündigung beruft. Ist die Kündigung des VN verfristet und verlangt er gleichwohl Prämienrückerstattung im Wege des Schadensersatzes, so trifft ihn die Beweislast, dass der VR seiner Verpflichtung zur Zurückweisung und Aufklärung nicht unverzüglich nachgekommen ist und ihm deshalb ein zu ersetzender Schaden in Form zu viel gezahlter Prämien entstanden ist.121 Die mit einem derartigen Negativbeweis der behaupteten Pflichtverletzung verbundenen Schwierigkeiten für den VN führen zu einer erhöhten Substantiierungslast des VR.122 Dies folgt aus den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast, wonach dem Gegner der primär darlegungspflichtigen Partei ausnahmsweise nähere Angaben zumutbar sind, wenn er im Gegensatz zu der außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs stehenden darlegungs- und beweisbelasteten Partei die wesentlichen Tatsachen kennt.123 Vom VR ist deshalb zu verlangen, dass er darlegt und durch Vorlage einer Kopie glaubhaft macht, dass ein solches Zurückweisungsschreiben verfasst und abgeschickt wurde.124 50 Gelingt dem VR die Substantiierung, bestreitet der VN jedoch den Erhalt des Zurückweisungsschreibens, stellt sich die Frage, wer die Beweislast für den Zugang trägt. Teilweise wird die Ansicht vertreten, die bloße Absendung des Schreibens reiche zum Beweis
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Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 28; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 25; Langheid/Wandt/Fausten § 11 Rn. 49 ff. Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 29; Berliner Kommentar/Baumann § 158 Rn. 26; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 331. Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 28; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 331. Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 30. Vgl. Langheid/Wandt/Littbarski § 111 Rn. 30; Schmalzl/Krause-Allenstein a.a.O. A.A. AG Delmenhorst 30.11.2001 zfs 2003
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31 und AG Jever 10.1.2001 zfs 2003 31 (VR muss beweisen, dass er einen Hinweis auf die Unwirksamkeit einer Kündigung eines Gebäudeversicherungsvertrages abgesandt hat). Ebnet NJW 2006 1697, 1699; Leverenz VersR 1999 525, 534. BGH 19.4.1999 NJW-RR 1999 1152, 1153; BGH 7.12.1998 BGHZ 140 156, 158; OLG Saarbrücken 26.5.2011 BeckRS 2011 14914; Zöller/Greger § 138 Rn. 8b, Vor § 284 Rn. 34. Leverenz VersR 1999 525, 534; Ebnet NJW 2006 1697, 1699; Brams VersR 1998 1308, 1309.
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des Zugangs nicht aus.125 Die Gegenauffassung lässt es genügen, dass der VR das Schreiben verfasst und abgesandt hat.126 Für den Ausschluss widersprüchlichen Verhaltens komme es nämlich nicht darauf an, dass dem VN ein Widerspruch des VR gegen seine Kündigung zugegangen ist, sondern allein darauf, dass der Wille der zuständigen Organe des VR durchgängig auf eine Zurückweisung der Kündigungserklärung gerichtet gewesen ist.127 Diese Begründung steht im gewissen Widerspruch zu den zu § 130 BGB entwickelten Beweislastregeln, die besagen, dass der Absender den Zugang einer Willenserklärung beweisen muss.128 Letztlich kann dieser Streit offenbleiben. Soweit der VR ein Zurückweisungsschreiben verfasst und an den VN versandt hat, dürfte es jedenfalls an einem Verschulden fehlen, ein Schadensersatzanspruch mithin nicht bestehen.129
G. Abdingbarkeit § 111 ist dispositiv. Formularvertragliche Abreden sind an §§ 307 ff. BGB zu messen. 51 Der völlige Ausschluss ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.130 Ob Änderungen des § 111 wirksam sind, hängt davon ab, inwieweit der Ausgestaltung des Rechts zur Kündigung im Schadensfall Leitbildfunktion i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zukommt. Aufschluss hierüber gibt das Urteil des BGH vom 27.3.1991, in dem es um eine Kündigungsklausel in der Rechtsschutzversicherung ging.131 Nach dieser Klausel – konkret ging es um § 19 ARB 75 – sollte der VN nicht kündigen können, wenn der VR nach Eintritt eines Versicherungsfalles Leistungen erbracht hatte. Der VN sollte – außer im Fall der Leistungsablehnung – nur kündigen können, wenn bei Streit über die Notwendigkeit der Wahrnehmung rechtlicher Interessen des VN der für den VN tätige, von ihm eingeschaltete Rechtsanwalt die Notwendigkeit entgegen der Ansicht des VR oder des von diesem eingeschalteten Rechtsanwalts bejahte. Der VR konnte dagegen kündigen, wenn er mindestens für zwei in einem Kalenderjahr eingetretene Versicherungsfälle seine Leistungspflicht bejaht, nicht aber, wenn er Leistungen abgelehnt hatte. Da die gesetzlichen Bestimmungen zur Rechtsschutzversicherung keine Regelung zur Schadensfallkündigung vorsahen, stellte sich im Rahmen der Inhaltskontrolle die Frage, ob die Wirksamkeit der Klausel an §§ 96, 113, 158 a.F. oder an den damals von der Rechtsprechung für Dauerschuldverhältnisse allgemein entwickelten Grundsätzen zu messen war, welche nunmehr Eingang in § 314 BGB gefunden haben. Der BGH ließ diese Frage offen, weil die Kündigungsregelung unabhängig davon, ob man §§ 96, 113, 158 a.F. oder die für Dauerschuldverhältnisse allgemein entwickelten Grundsätze als Leitbild heranziehe, den VN
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OLG Karlsruhe 18.10.2001 VersR 2002 1497; AG Berlin-Neukölln 28.9.1999 VersR 2000 877; AG Gießen 30.6.1988 VerBAV 1989 93, 94. AG Frankfurt a.M. 24.2.1998 VersR 1999 1007; AG Delmenhorst 30.11.2001 zfs 2003 31 und AG Jever 10.1.2001 zfs 2003 31; so auch Bruck/Möller/K. Johannsen § 11 Rn. 32; Ebnet NJW 2006 1697, 1699; Jonczak VersR 2000 306, 307; Leverenz VersR 1999 525, 534. Leverenz VersR 1999 525, 534. Z.B. BGH 13.5.1987 NJW 1987 2235, 2236 – Mängelanzeige; BGH 18.1.1978
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BGHZ 70 232, 234 = NJW 1978 886 – kfm. Bestätigungsschreiben. Vgl. OLG Hamm 16.9.1992 VersR 1993 300, 301 (VN ist in der Regel als entschuldigt anzusehen, wenn er zumindest die Absendung des Schreibens beweisen kann); Bruck/Möller/Leverenz AUB 2008 Ziff. 11 Rn. 111. OLG Düsseldorf 5.5.1988 NJW-RR 1988 1051, 1052; AG Siegburg 7.1.1987 VersR 1987 1111 = NJW-RR 1987 612 (Feuerversicherung). BGH 27.3.1991 VersR 1991 580, 582 = RuS 1991 200.
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entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Nach Ansicht des BGH 132 gehört es „zum Wesenskern eines verschuldensunabhängigen Kündigungsrechts, daß es den Vertragsparteien in gleicher Weise zusteht. Deshalb kann seine wirksame Einschränkung grundsätzlich nicht in Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu Lasten des Versicherungsnehmers erfolgen … Ungleiche, vom Vertragsgegner gar steuerbare Kündigungsmöglichkeiten sind mit dem gesetzgeberischen Prinzip, wie es in den §§ 96, 113, 158 VVG ausgeformt worden ist, nicht vereinbar und demnach einer Regelung zu Lasten der Versicherungsnehmer in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht zugänglich. Die Versicherungsnehmer würden hierdurch in nicht hinnehmbarer Weise benachteiligt“. [Hervorhebung durch den Verfasser]
Unwirksam ist danach eine einseitige, nur den VR begünstigende Verlängerung der Kündigungserklärungsfrist. Eine Verkürzung der Kündigungserklärungsfrist ist, selbst wenn sie beiderseitig gilt, nichtig.133 Unwirksam sind ferner Beschränkungen des Bestimmungsrecht des VN für die Kündigungswirkung (§ 92 Abs. 2 S. 3). Eine Verlängerung der Wirkungsfrist für Kündigungen des VR zugunsten des VR ist dagegen zulässig, da der VN es in der Hand hat, den Vertrag ggf. früher zu beenden. Nicht zu beanstanden ist die Klausel, dass die Kündigung in der Erklärungsfrist zugegangen sein muss, weil sie nur das Gesetz (§ 130 BGB) konkretisiert.134 Ein Schriftformerfordernis für die Kündigung ist wirksam (vgl. § 309 Nr. 13 BGB).135 Im Hinblick auf die Herleitung der Zurückweisungs- und Aufklärungspflicht dürfte 53 es sich um eine Kardinalpflicht i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB handeln. Sowohl eine Beschränkung des Umfangs der Zurückweisungs- und Aufklärungspflicht als auch der Haftung im Falle der Verletzung sind deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Ein formularvertraglich vereinbarter Verzicht ist auch mit wesentlichen Grundgedanken des § 6 Abs. 4 S. 2 nicht vereinbar und deshalb nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.136 Ziff. 19 AHB 2012 weicht zum Teil von § 111 ab (Ziff. 19 AHB Rn. 6 ff.). So stellt 54 Nr. 19.1 S.1 AHB Spiegelstrich 2 auf die Zustellung der Klageschrift ab (§§ 261, 253 Abs. 1 ZPO). Eine weitere Abweichung von der gesetzlichen Regelung ist darin zu sehen, dass nach dem Gesetz nur ein auf Weisung des VR geführter Rechtsstreit zur Kündigung berechtigt. Diese Einschränkung ist in den AHB nicht enthalten, so dass hier auch die – seltene – Durchführung eines Haftungsprozesses auf Veranlassung des VN beide Parteien zur Kündigung berechtigt. Erhebt der geschädigte Dritte lediglich eine Feststellungsklage, so genügt auch dies für ein Kündigungsrecht.137 Nach § 9 II Nr. 1 AVB-Vermögen/P138 kann das Versicherungsverhältnis gekündigt 55 werden, wenn eine Zahlung aufgrund eines Versicherungsfalles geleistet oder der Haftpflichtanspruch rechtshängig geworden ist. Die AVB-Vermögen berechtigen also nicht nur bei der Erhebung einer Klage zur Kündigung, sondern auch im Falle der Zustellung
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BGH 27.3.1991 VersR 1991 580, 582 = RuS 1991 200. Vgl. Prölss/Martin/Armbrüster § 92 Rn. 21. Prölss/Martin/Armbrüster § 92 Rn. 21; Römer/Langheid/Langheid § 96 Rn. 9; a.A. Berliner Kommentar/Dörner/Staudinger § 96 Rn. 23; Langheid/Wandt/Staudinger § 96 Rn. 28. Prölss/Martin/Armbrüster § 92 Rn. 21.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers § 6 Rn. 41; Prölss/Martin/Prölss § 6 Rn. 53; Langheid/Wandt/Armbrüster § 6 Rn. 295; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Münkel § 6 Rn. 41. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. D 19. Vgl. § 1 S. 1 AVB Vermögen/P, abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke S. 1668.
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Abweichende Vereinbarungen
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eines Mahnbescheids, ungeachtet dessen, dass gem. § 696 Abs. 3 ZPO nach Erhebung eines Widerspruchs die Wirkungen der Rechtshängigkeit nur dann eintreten, wenn alsbald ein Termin anberaumt wird. Durch ein Prozesskostenhilfeverfahren wird der Haftpflichtanspruch noch nicht rechtshängig gemacht. Hingegen lösen ein Arrestprozess oder ein Verfahren betreffend den Erlass einer einstweiligen Verfügung das Kündigungsrecht aus. Des Weiteren gewährt § 9 II Nr. 1 AVB-Vermögen/P beiden Parteien einen zusätzlichen Kündigungsgrund für den Fall, dass die Deckungsklage rechtskräftig abgewiesen wird.
§ 112 Abweichende Vereinbarungen Von den §§ 104 und 106 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
Schrifttum Baumann Zur unmittelbaren Schadensersatzpflicht des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Dritten – Folgerungen aus dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz –, VersR 2004 944; Gebauer Grenzen der Ausgestaltung weicher Tarifmerkmale, NVersZ 2000 7; Klimke Die halbzwingenden Vorschriften des VVG (2003); Kretschmar Die zeitliche Abgrenzung des Versicherungsschutzes in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung unter besonderer Berücksichtigung des AGB-Gesetzes und internationaler Deckungskonzepte (2002); ders. Reichweite und Wirksamkeit von Führungsklauseln in der D&O-Versicherung VersR 2008 33; Langheid Die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes, NJW 2007 3665 und 3745; Präve Das neue Versicherungsvertragsgesetz, VersR 2007 1046; Schirmer Allgemeine Versicherungsbedingungen im Spannungsfeld zwischen Aufsicht und AGB-Gesetz, ZVersWiss 75 (1986) 509; ders. Die Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, ZVersWiss Supplement 2006 427; Schmalzl/Krause-Allenstein Berufshaftpflichtversicherung des Architekten und des Bauunternehmers 2. Auflage (2006); Schwintowski Lücken im Deckungsumfang der Allgemeinen Haftpflichtversicherung VuR 1998 35; ders. Neuerungen im Versicherungsvertragsrecht ZRP 2006 139; Thalmair Die Haftpflichtversicherung nach der VVG-Reform, ZVersWiss Supplement 2006 459; Werber Halbzwingende Vorschriften des neuen VVG und Inhaltskontrolle, VersR 2010 1253; Graf v. Westphalen Änderungsbedarf in der Haftpflichtversicherung (AHB) aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, NVersZ 2002 241.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . Inhalt und Normzweck . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . Für den VN nachteilige Abweichung von §§ 104 und 106 . . . . . . . . . . I. Ermittlung des Inhalts der Vereinbarung II. Abweichende Vereinbarung und einseitiger Verzicht . . . . . . . . . . . .
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Rn. III. Nachteilskompensation? . . . . . . . . . C. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . I. Unwirksamkeit der abweichenden Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . II. Großrisiken und laufende Versicherungen D. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . E. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
§ 112 ist die Nachfolgeregelung zu § 158a a.F., der durch Gesetz vom 7.11.19391 Eingang in das VVG gefunden hat. Während § 158a a.F. bestimmte, dass sich der VR auf eine für den VN nachteilige Abweichung „nicht berufen kann“, heißt es nunmehr, dass von den in § 112 genannten Normen zum Nachteil des VN „nicht abgewichen werden kann“. Eine Begründung für diese abweichende Formulierung findet sich in den Gesetzesmaterialien nicht. In der Gesetzesbegründung findet sich nur der Hinweis darauf, dass die von § 112 „erfassten Vorschriften auch nach geltendem Recht halbzwingend [sind]“.
II. Inhalt und Normzweck 2
§ 112 fasst die halbzwingenden Bestimmungen des Haftpflichtversicherungsrechts zusammen und dient insoweit der Klarstellung. Der VR kann weder formular- noch individualvertragliche Vereinbarungen treffen, die für den VN nachteilig von den Vorschriften über die Anzeigepflichten des VN (§ 104) und die Fälligkeit der Versicherungsleistung (§ 106) abweichen. § 112 schränkt somit die Vertragsfreiheit des VR ein, um besonders wichtig erachtete Interessen des VN – über die Inhaltskontrolle allgemeiner Versicherungsbedingungen hinaus – zu schützen.2 Von den vorgenannten halbzwingenden Vorschriften abzugrenzen sind die zwingenden Vorschriften3, die weder zugunsten noch zuungunsten des VN abgeändert werden können. Zu den zwingenden Vorschriften des Haftpflichtversicherungsrechts zählen im Hinblick auf die darin vorgesehenen Rechtsfolgenanordnungen §§ 105 und 108 (vgl. § 105 Rn. 22 f.; § 108 Rn. 76 ff.).4 Nach ihrem Sinn und Zweck sind auch §§ 109 und 110 zwingend (vgl. § 109 Rn. 37; § 110 Rn. 33).5 Abdingbar – in den Grenzen der §§ 307 ff. BGB – sind §§ 100 bis 103, 107 und 111.
III. Anwendungsbereich 3
§ 112 findet keine Anwendung in der Seeversicherung (§ 209).
B. Für den VN nachteilige Abweichung von §§ 104 und 106 4
Ob eine für den VN nachteilige Abweichung vorliegt, ist durch eine Gegenüberstellung der Vereinbarung und der §§ 104 und 106 festzustellen. Im Versicherungsfalle ist zu fragen, ob der VN auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften besser stünde als unter Zugrundelegung der Abweichung. Was den personellen Schutzbereich von §§ 104 und 106 angeht, so sind nicht nur die Belange des VN, sondern auch die Belange versicherter Personen im Rahmen der Fremdversicherung eigenständig, d.h. nicht nur über den VN, geschützt.6
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RGBl. I S. 2223. Vgl. BGH 1.12.2004 RuS 2006 142, 143. Zur Unterscheidung der Normtypen des VVG s. Bruck/Möller/K. Johannsen § 18 Rn. 2 ff.; Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 32 Rn. 5 ff.; Bruck/Möller/Schnepp § 87 Rn. 8 ff.; Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 1 ff.
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Vgl. auch Langheid/Wandt/Littbarski § 112 Rn. 7 ff. Vgl. auch Langheid/Wandt/Littbarski § 112 Rn. 10. Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 11; a.A. Klimke S. 41.
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Abweichende Vereinbarungen
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I. Ermittlung des Inhalts der Vereinbarung Bei der Ermittlung des Inhalts der Vereinbarung gelten die allgemeinen Auslegungs- 5 regeln. Für die Auslegung einer Formularklausel kommt es somit „auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an, die sich am Wortlaut der Klausel und deren Sinn und Zweck orientieren“.7 Maßgebend ist der durchschnittliche VN, der zum Adressatenkreis der jeweiligen Versicherungsbedingungen gehört.8 Die Auslegung einer Individualvereinbarung richtet sich nach §§ 133, 157 BGB.9
II. Abweichende Vereinbarung und einseitiger Verzicht Für den VN nachteilig sind Abweichungen, welche die nach § 104 vorgesehenen 6 Anzeigeobliegenheiten des VN verschärfen, indem sie z.B. Anzeigefristen verkürzen, für die Anzeige besondere Formerfordernisse vorsehen oder für die Fristwahrung auf den Zugang der Anzeige abstellen. Von § 106 weichen Vereinbarungen zuungunsten des VN ab, welche die Fälligkeit der Versicherungsleistung hinausschieben oder von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig machen. Eine nachteilige Abweichung liegt auch vor, wenn die Verteilung der Beweislast zulasten des VN geändert wird10 oder die Anwendung der gesetzlichen Vorschrift durch eine vertragliche Regelung umgangen wird.11 Mit Blick auf den Schutzzweck von halbzwingenden Vorschriften können auch einsei- 7 tige Willenserklärungen des VN, insbesondere Verzichtserklärungen, von § 112 erfasst werden, die im Zusammenhang mit Anzeigepflichten oder der Fälligkeit der Versicherungsleistung abgegeben werden.12 Der Verzicht auf halbzwingend geschützte Rechtspositionen im Rahmen eines (Prozess-)Vergleichs ist jedoch zulässig, selbst wenn er zum Nachteil des VN erfolgt.13
III. Nachteilskompensation? Nach allgemeiner Ansicht können nachteilige Abweichungen – ähnlich wie im Rah- 8 men der Inhaltskontrolle nach den § 307 BGB – durch für den VN vorteilhafte Regelungen ausgeglichen werden.14 Umstritten ist, ob die Prüfung der Vor- und Nachteile bei formularmäßigen Abweichungen individuell-konkret15 oder generell-abstrakt16 zu erfol7
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BGH 18.6.2008 VersR 2008 1107 = RuS 2008 381 f.; und ständig vgl. z.B. BGH 23.6.1993 BGHZ 123 83, 85 = VersR 1993 957, 958; BGH 24.05.2000 VersR 2000 969, 970 = RuS 2000 480, 481. BGH 24.5.2000 VersR 2000 969 = RuS 2000 480 f. Vgl. BGH 17.1.2007 VersR 2007 799, 800 = NJW-RR 2007 705, 706; BGH 14.6.2006 VersR 2006 1248, 1249 f. = NJW-RR 2006 1324, 1326; BGH 25.6.2002 VersR 2003 1178, 1179 = NJW-RR 2002 1344 f.; BGH 2.7.1992 VersR 1992 1395, 1396 = NJW-RR 1992 1386, 1387; BGH 12.6.1985 VersR 1985 979, 980 = RuS 1985 228, 229.
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Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 32 Rn. 5; Klimke S. 39. Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 9. Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 7. Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 7. Vgl. Bruck/Möller/K. Johannsen § 18 Rn. 4; Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 32 Rn. 8; Bruck/Möller/Schnepp § 87 Rn. 13; Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 12 ff. Bruck/Möller/Schnepp § 87 Rn. 15 m.w.N. H.M., vgl. OLG Saarbrücken 11.7.2007 VersR 2008 621, 622; OLG Koblenz 1.6.2007 VersR 2008 383, 384; OLG Dresden 30.6.2005 VersR 2006 61, 62; OLG Hamm 24.9.1999 NVersZ 2000 517, 518;
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gen hat und wie eng der Bezug der vorteilhaften Regelung zur Abweichung sein muss. Dabei geht es um die Frage, ob die gegeneinander abzuwägenden Vor- und Nachteile aus der Regelung des gleichen rechtlichen Tatbestandes folgen müssen („enge Kompensationstheorie“) oder ob es ausreicht, dass Vor- und Nachteile als Inhalt einer einheitlichen vertraglichen Regelung aufeinander bezogen sind, auch wenn sie aus dem Regelungsbereich unterschiedlicher halbzwingender Vorschriften folgen („weite Kompensationstheorie“).17 Bezogen auf die in § 112 genannten Regelungen bedarf dieser Streit keiner Entscheidung, weil Kompensationsmodelle, die ausnahmsweise zur Zulässigkeit einer ansonsten nachteiligen Abweichung führen, weder bei der Fälligkeit der Versicherungsleistung noch – im Hinblick auf die Rechtsfolgen im Verletzungsfalle – bei den Anzeigeobliegenheiten ersichtlich sind.
C. Rechtsfolgen I. Unwirksamkeit der abweichenden Vereinbarung 9
Vereinbarungen, durch die von den in § 112 genannten Normen zum Nachteil des VN abgewichen wird, sind unwirksam. Zwar ergibt sich diese Rechtsfolge weder explizit aus dem Wortlaut des § 112 noch aus den Gesetzesmaterialien. Zu Recht weist Wandt darauf hin, dass sich aufgrund der Gesetzesbegründungen zu den Halbzwingend-Anordnungsvorschriften (vgl. §§ 18, 32, 42, 52 Abs. 5, 87, 129, 171, 191 und 208) „weder sicher darauf schließen [lässt], dass der Gesetzgeber die unterschiedlichen Formulierungen mit Bedacht gewählt hätte, noch darauf, dass er mit der veränderten Formulierung von der Rechtsfolge des VVG a.F. abweichen wollte“18. Jedoch indiziert der Ausschluss des rechtlichen Könnens die Unwirksamkeit einer abweichenden Vereinbarung.19 Im Übrigen sprechen für die Unwirksamkeit einer abweichenden Vereinbarung gesetzessystematische Überlegungen. Zum einen wird die Formulierung des Nicht-abweichen-Könnens i.S.d. Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen verwendet in § 651m BGB20, § 451h Abs. 1 HGB 21 und § 255 Abs. 3 InsO22.23 Zum anderen wird die von §§ 312i, 487, 511, 655e, 675e BGB verwendete Formulierung des Nicht-abweichen-Dürfens, die eine Abschwächung gegenüber dem Nicht-abweichen-Können bedeutet 24, ebenfalls i.S.d. Unwirksamkeit einer abweichenden Vereinbarung verstanden.25 Die Unwirksamkeit wirkt ipso iure, d.h. sie ist von Amts wegen zu beachten, ohne 10 dass es einer irgendwie gearteten Geltendmachung durch den VN bedarf. Die Unwirk-
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OLG Hamm 28.1.1991 NJW-RR 1992 1058; Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 32 Rn. 10; Bruck/Möller/K. Johannsen § 18 Rn. 4. Vgl. Gebauer NVersZ 2000 7, 12 f.; Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 14. Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 18. Langheid/Wandt/Bruns § 307 BGB Rn. 127; i.E. auch Bruck/Möller/K. Johannsen § 18 Rn. 5; Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 32 Rn. 22; Bruck/Möller/Schnepp § 87 Rn. 16; Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 18. MüKo-BGB/Tonner § 651m Rn. 9. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Heublein § 451h Rn. 3.
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MüKo-InsO/Huber § 255 Rn. 39. Nach Ansicht des BGH 31.3.2010 GRUR 2010 1117, 1118 begründet auch die Formulierung des „Nicht-berufen-Könnens“ nach § 475 Abs. 1 BGB die Unwirksamkeit einer von den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften abweichenden Vereinbarung. Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 18. Vgl. MüKo-BGB/Wendehorst § 312i Rn. 13; Staudinger/Thüsing Neubearb. 2012, § 312i Rn. 13; MüKo-BGB/Franzen § 487 Rn. 6; MüKo-BGB/Schürnbrand § 511 Rn. 6; Staudinger/Kessal-Wulf Neubearb. 2010 § 655e Rn. 4).
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Abweichende Vereinbarungen
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samkeit ist nach Sinn und Zweck des § 112 auf die abweichenden Vereinbarungen beschränkt. Eines Rückgriffs auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 139, 306 BGB) bedarf es weder bei Formular- noch bei Individualvereinbarungen.26 Gleichwohl unterliegen für den VN nachteilige Formularabweichungen auch der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB und sind an der halbzwingenden Norm zu messen.27 Dies hat zur Folge, dass eine Überprüfung im Verbandsprozess (§ 1 UKlaG) möglich ist28 und das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion übermäßiger Klauseln zur Anwendung kommt.29 Eine Abweichung von einer halbzwingenden Vorschrift zum Nachteil des VN begründet stets eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
II. Großrisiken und laufende Versicherungen Die Beschränkungen des § 112 gelten nicht bei der Versicherung von Großrisiken 11 i.S.v. § 210 Abs. 2 und laufenden Versicherungen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die in § 112 genannten Vorschriften keine Anwendung finden. Ebenso wie § 187 a.F. erklärt § 210 Abs. 1 nicht die zwingenden Vorschriften selbst für unanwendbar, sondern nur die Beschränkung der Vertragsfreiheit.30 §§ 104 und 106 bleiben deshalb als dispositives Recht anwendbar, solange sie von den Parteien nicht abbedungen werden. Formularmäßige Abweichungen unterliegen der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB31, individualvertragliche Abweichungen den allgemeinen Schutzregeln des BGB (z.B. §§ 138, 826 BGB).
D. Beweislast Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast folgt allgemeinen Regeln. Beruft sich 12 der VN auf die Unwirksamkeit einer Klausel, trägt er die Beweislast für die tatsächlichen Umstände, die die Unwirksamkeit begründen.
E. Abdingbarkeit § 112 ist selbst als halbzwingende Norm zu qualifizieren. Von ihr kann zum Vorteil des 13 VN abgewichen werden, z.B. indem die Parteien die dispositiven Regelungen des Haftpflichtversicherungsrechts (§§ 100 bis 103, 107 und 111) für halbzwingend erklären.32
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Teilweise a.A. Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 25: Halbzwingend-Anordnungsvorschriften des VVG sind lex specialis und verdrängen § 139 BGB nur dann, wenn es sich bei der abweichenden Vereinbarung um eine AVB-Regelung handelt. Vgl. BGH 18.3.2009 RuS 2009 242, 243; BGH 2.3.1994 RuS 1994 190, 191 = VersR 1994 549, 550 f.; BGH 26.9.2007 RuS 2008 25, 26 f. = VersR 2007 1690, 1691. Vgl. Langheid/Wandt/Bruns § 307 BGB Rn. 127. BGH 23.9.2010 NJW 2011 139, 141; BGH
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19.11.2009 BGHZ 183 220, 225 f. = NJW 2010 1277, 1278; BGH 16.1.2003 BGHZ 153 293, 300 = NJW 2003 1521, 1523 jew. m.w.N. BGH 3.6.1992 BGHZ 118 275, 278 f. = RuS 1992 395, 396. Vgl. BGH 1.12.2004 RuS 2006 142, 143; BGH 3.6.1992 BGHZ 118 275, 280 = RuS 1992 395 f.; BGH 9.5.1984 VersR 1984 830, 832; vgl. auch Berliner Kommentar/Baumann § 158a Rn. 6 ff. Vgl. Langheid/Wandt/Wandt § 32 Rn. 46.
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Abschnitt 2 Pflichtversicherung Vorbemerkungen zu §§ 113–124 Schrifttum Armbrüster Prozessuale Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung RuS 2010 441; Barner Die Einführung der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (1991); Boettge Versicherungsrechtliche Probleme der Straßengüterkabotage, VersR 2011 21; Büchner Zur Theorie der obligatorischen Haftpflichtversicherung (1970); Bunte Versicherungspflicht, in: Bunte, Lexikon des Rechts Versicherungsrecht (1998) 238; Dallwig Deckungsbegrenzungen in der Pflichtversicherung (2011); Deiters Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch privatrechtliche Pflichtversicherungen, Festschrift R. Schmidt (1976) 379; Hedderich Pflichtversicherung (2011); Hinteregger Die Pflichthaftpflichtversicherung aus zivilrechtlicher Sicht, VersRdsch 2005 44; Keppel Die Pflichthaftpflichtversicherung nach der VVG-Reform (2010); R. Koch Pflichtversicherung, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. II (2009) 1160; Krause-Allenstein Praxisrelevante Änderungen des Versicherungsvertragsgesetzes für das Bauversicherungsrecht, NZBau 2008 81; v. Puskás Pflichtversicherung, in: HdV (1988) 513; Reiff Sinn und Bedeutung von Pflichthaftpflichtversicherungen, TranspR 2006 15; Rubin Der Begriff der Pflichtversicherung, VersRdsch 2007 21; Sarna Anwendbarkeit der VVG-Pflichtversicherungsvorschriften auf die Probandenversicherung?, PaPfleReQ 2010 56; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider Versicherungsrechts-Handbuch (2. Aufl. 2009), § 24 Rn. 161 ff.; Schwintowski Pflichtversicherungen aus der Sicht der Verbraucher, in: Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungswesens, Band 30, Pflichtversicherung – oder Sündenfall (2005) 47; Sieg Ausstrahlungen der Haftpflichtversicherung (1952); Thees Zur Einführung der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter, ZVersWiss 1940, 11; von der Schulenburg, Pflichtversicherung – ein historischer Rückblick, in: Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungswesens, Band 30, Pflichtversicherung – Segnung oder Sündenfall (2005) 13.
Übersicht Rn. I. Systematik und Entwicklung . . . . . . . 1. Behandlung von Pflichtversicherungen im VVG 1908 . . . . . . . . . . . . . 2. Entwicklung von Pflichtversicherungen II. Überblick über den Inhalt der §§ 113–124 und Vergleich zum früheren VVG . . . . III. Zweck und Legitimation von Pflichthaftpflichtversicherungen . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . 2. Rechtliche Zulässigkeitsaspekte . . . . 3. Ökonomische Aspekte . . . . . . . .
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Rn. IV. Zweck der besonderen Regelungen über die Pflichthaftpflichtversicherung . . . . V. Pflichthaftpflichtversicherungen und Haftungsrecht . . . . . . . . . . . . . VI. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . 1. Pflichthaftpflichtversicherungen . . . 2. Diskutierte Pflichthaftpflichtversicherungen . . . . . . . . . . . VII. Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . VIII. Abdingbarkeit und Rechtswahl . . . . .
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Vorbemerkungen zu §§ 113–124
Vor §§ 113–124
I. Systematik und Entwicklung Teil 2 des VVG (§§ 100 bis 208) regelt „einzelne Versicherungszweige“, wobei zu 1 Beginn in Kapitel 1 (§§ 100 bis 124) die Vorschriften zur „Haftpflichtversicherung“ zu finden sind. Dieses Kapitel zur Haftpflichtversicherung untergliedert sich wiederum in zwei Abschnitte: Abschnitt 1 (§§ 100 bis 112) enthält „allgemeine Vorschriften“; in Abschnitt 2 (§§ 113 bis 124) finden sich besondere Regelungen ausweislich der amtlichen Überschrift zur „Pflichtversicherung“ (zum Begriff unter Rn. 7). 1. Behandlung von Pflichtversicherungen im VVG 1908 Besondere Regelungen zur Pflichtversicherung fanden sich noch nicht im VVG 1908. 2 Vielmehr wurden solche Regelungen im Zuge der Einführung der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter eingeführt. Diese wurde mit Gesetz vom 7.11.19391 vorgeschrieben. Zugleich wurden in den §§ 158b ff. VVG a.F. allgemeine Regelungen über Pflichtversicherungen erlassen. Demgemäß fanden die §§ 158b ff. VVG a.F. vor allem auf die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung Anwendung. Als im Jahre 1965 das Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (PflVG) neugefasst wurde,2 erhielt wiederum § 3 PflVG in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ausdrückliche Sonderregelungen insbesondere gegenüber §§ 158c ff. VVG a.F. (zum Vergleich dieser vor der VVG-Reform geltenden früheren Regelungen zum aktuellen VVG vgl. unter Rn. 7 ff.). 2. Entwicklung von Pflichtversicherungen Obgleich also das VVG 1908 keine besonderen Regelungen zur Pflichtversicherung 3 enthielt, reichen Anfänge von Pflichtversicherungen3 bis in das 16. Jahrhundert zurück. Angefangen von Brandgilden4 entwickelten sich insbesondere im 18. und 19. Jahrhundert Feuerkassen, Feuersozietäten und Brandversicherungsanstalten.5 Als Anfänge moderner Feuerversicherung werden etwa die Brandgilde 1537 in Süderau, ab 1591 die Hamburger Feuerkontrakte und die 1676 gegründete Hamburger „General Feuer Cassa“ genannt.6 Letztere gilt als erste größere Versicherungseinrichtung der deutschen Geschichte.7 Indes 1
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Gesetz über die Einführung der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter und zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen sowie des Gesetzes über den Versicherungsvertrag v. 7.11.1939, RGBl. I 2223; dazu etwa Barner Die Einführung der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (1991). Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter v. 5.4.1965, BGBl. I 213. Nach der Begriffsbestimmung des heute geltenden § 113 Abs. 1 sind mit Pflichtversicherungen Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht, gemeint (dazu noch 7 ff.); die folgenden Ausführungen beziehen sich zunächst auf Pflichtversicherungen aller Art. Zu noch früheren Sippen und Nachbarschaf-
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ten Bruck/Möller/Sieg/Johannsen8 Bd. III Feuerversicherung Rn. A 50; P. Koch Geschichte der Versicherungswirtschaft in Deutschland (2012) 15, 26 ff. Hedderich Pflichtversicherung 13 ff.; v.Puskáz in: HdV 513; vgl. auch P. Koch Geschichte der Versicherungswirtschaft in Deutschland (2012) 5, wonach solche Brandgilden als Ursprung des Versicherungszweiges nach dem Gegenseitigkeitsprinzip gelten. Berliner Kommentar/Schwintowski § 1 Rn. 6 f.; Hedderich Pflichtversicherung 13 f. Hedderich Pflichtversicherung 13; Kummle Versicherungspflicht, Versicherungsmonopol und Versicherungsverhältnis in der GebäudeFeuer-Versicherungsanstalten (1989) 5 f.; Seydel Die öffentlich-rechtlichen Gebäudeversicherungsanstalten (1991), 3 f.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
basierten diese Entwicklungen noch auf freiwilliger Basis. Erst ab Beginn des 18. Jahrhunderts entwickelten sich mit der Berliner Feuersozietät und folgenden Gebäude-Feuerversicherungsanstalten Versicherungen auf der Grundlage eines Versicherungszwanges.8 Bis Ende des 18. Jahrhunderts existierte in jeder deutschen Stadt eine eigene öffentlichrechtliche Gebäude-Feuerversicherungsanstalt.9 Andere Pflichtversicherungen betrafen gegen Ende des 19. Jahrhunderts etwa staatliche Schlachtviehversicherungsanstalten.10 Im vergangenen Jahrhundert nahmen die Pflichthaftpflichtversicherungen eine enorme 4 Entwicklung. Sie bilden heute auch den Schwerpunkt der Pflichtversicherungen,11 was letztlich auch durch die besonderen Vorschriften der §§ 113 bis 124 für Pflichthaftpflichtversicherungen zum Ausdruck kommt. Während die Hamburgische Pflichtversicherung von 1837 für Auswanderungs-Expe5 dienten12 noch als legislatorischer Exot13 bezeichnet wird, erlangten die Luftfahrthaftpflichtversicherung aus dem Jahre 1922 und auch die Jagdhaftpflichtversicherung aus dem Jahre 1934 bereits größere Bedeutung.14 Und obwohl die Gefährdungshaftung für den Betrieb von Kraftfahrzeugen aus dem Jahre 1909 stammt, wurde – wie eingangs erwähnt (Rn. 2) – eine entsprechende Versicherungspflicht erst 1939 erlassen. Die Einführung der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung führte zugleich – wie ebenfalls schon erwähnt – zur Einführung der besonderen Vorschriften über die Pflichtversicherung der §§ 158b ff. VVG a.F., die im Zuge der VVG-Reform 2008 durch die hier kommentierten §§ 113–124 ersetzt worden sind. Auch wenn eine Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter erst 1939 eingeführt 6 wurde, bestand schon vorher die Möglichkeit, Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungen abzuschließen. Zunächst entwickelt in den USA, gelangte diese Versicherung über England auch nach Deutschland. Solche Versicherungen wurden ab 1899 angeboten, etwa den den Allgemeinen Deutschen Versicherungs-Verein in Stuttgart.15
II. Überblick über den Inhalt der §§ 113–124 und Vergleich zum früheren VVG 7
Wenn auch Abschnitt 2 und damit die §§ 113–124 sowie auch § 113 mit der Überschrift „Pflichtversicherung“ bezeichnet sind, beziehen sich die Vorschriften des Abschnitts 2 ausweislich der Regelung des § 113 Abs. 1 auf Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht. Für solche Pflichthaftpflichtversicherungen gelten die in Rede stehenden Sondervorschriften der §§ 113–124. Die Legaldefinition in § 113 Abs. 1 wird indes als misslungen bezeichnet.16 Dies hängt damit zusammen, dass es Pflichtversicherungen nicht nur im Bereich der Haftpflichtversicherung, sondern beispielsweise auch im Bereich der privaten Krankenversicherung, der privaten Pflegeversicherung oder der privaten Unfallversicherung gibt.17 Auf diese
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Hedderich Pflichtversicherung 14 f. m.w.N. Berliner Kommentar/Schwintowski § 1 Rn. 7; vgl. auch Hedderich Pflichtversicherung 15 jeweils m.w.N. v.Puskáz in: HdV 513. v.Puskáz in: HdV 513. Vgl. Späte AHB Vorbem. Rn. 8. Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 10.
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Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 11; v.Puskáz in: HdV 513. Vgl. zum Vorstehenden Barner 9; ebenfalls zur Entwicklung der Haftpflichtversicherung Bruck/Möller/R. Koch9 Vorbem. vor §§ 100– 112 Rn. 22 ff. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 3. Vgl. Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 1; Wandt 5 Rn. 1071.
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Vorbemerkungen zu §§ 113–124
Vor §§ 113–124
Pflichtversicherungen finden die §§ 113–124 keine Anwendung, da es sich nicht um Haftpflichtversicherungen handelt. Auch § 5 Abs. 5 Nr. 1 VAG verwendet den Begriff der Pflichtversicherung in einem über § 113 Abs. 1 hinausgehenden Sinn.18 Indes ließe sich der Klammerzusatz in § 113 Abs. 1 Satz 1 („Pflichtversicherung“) nur auf einen Teil des Relativsatzes („zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht (Pflichtversicherung)“) und nicht auf den vorstehenden Begriff „Haftpflichtversicherung“ beziehen. Bei dieser Lesart wäre nach der Legaldefinition des § 113 Abs. 1 eine Pflichtversicherung eine Versicherung, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht.19 Allerdings verwendet das Gesetz im gesamten 2. Abschnitt den Begriff „Pflichtversicherung“, obgleich dieser Abschnitt nur Pflichthaftpflichtversicherungen erfasst. Ferner bezieht sich der Relativsatz durch die Verwendung des Relativpronomens auch auf die Haftpflichtversicherung. Man wird letztlich sagen können, dass § 113 Abs. 1 klarstellt, was vom Gesetzgeber mit Pflichtversicherung im 2. Abschnitt gemeint ist. Trotz der Aufforderung, klarstellend stets von Pflichthaftpflichtversicherung20 zu sprechen, ist daher davon auszugehen, dass statt von Pflichthaftpflichtversicherung im Zusammenhang mit den §§ 113–124 auch nur von Pflichtversicherung die Rede ist und die Begriffe Pflichthaftpflichtversicherung und Pflichtversicherung jedenfalls in diesem Zusammenhang synonym gebraucht werden. Wie schon erwähnt (oben Rn. 2) fanden sich besondere Vorschriften für Pflichthaft- 8 versicherungen im früheren VVG in den §§ 158b–158k VVG a.F. und für die Kfz-Haftpflichtversicherung insbesondere in § 3 PflVG a.F. Mit der VVG-Reform wurde nun ein eigener Abschnitt in den §§ 113–124 im VVG geschaffen; wesentliche Inhalte des § 3 PflVG wurden mit in die §§ 113–124 übernommen, auch wenn sich in § 3 noch Sonderbestimmungen für die Kfz-Haftpflichtversicherung finden. Eine wesentliche Änderung besteht insbesondere darin, dass der Direktanspruch des geschädigten Dritten gegen den HaftpflichtVR, der vor der VVG-Reform speziell für die Kfz-Haftpflichtversicherung in § 3 Nr. 1 PflVG a.F. geregelt war, nun in § 115 normiert ist (vgl. noch Rn. 11). Die nun in § 113 Abs. 1 platzierte Legaldefinition der Pflichtversicherung fand sich 9 bereits im früheren VVG (§ 158b Abs. 1 VVG a.F.). Zuvor nicht ausdrücklich im früheren VVG geregelt war die nun in § 113 Abs. 1 vorzufindende Regelung, wonach eine Pflichthaftpflichtversicherung mit einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen abzuschließen ist. Für die Kfz-Haftpflichtversicherung fand sich eine entsprechende Regelung bereits früher in § 5 Abs. 1 PflVG; auch im aktuellen PflVG findet sich weiterhin in § 5 Abs. 1 eine entsprechende Regelung. Im Übrigen entspricht § 113 im Wesentlichen der Rechtslage vor der VVG-Reform. Eine dem § 113 Abs. 2 entsprechende Vorschrift war früher in § 158b Abs. 2 VVG a.F. vorhanden. Für die Regelung des § 113 Abs. 3 wiederum fand sich eine Entsprechung in § 158k VVG a.F. § 114 Abs. 1 regelt die Höhe der Mindestversicherungssumme bei einer Pflichthaft- 10 pflichtversicherung für den Fall, dass eine solche Mindestversicherungssumme nicht in einer anderen Rechtsvorschrift vorgegeben ist. Vielfach finden sich solche vorrangigen Sondervorschriften. Dies gilt insbesondere für die Mindestversicherungssumme in der Kfz-Haftpflichtversicherung gem. Anlage zu § 4 Abs. 2 PflVG oder für die Berufshaftpflichtversicherung für Versicherungsvermittler gem. § 9 Abs. 2 VersVermV. In § 114 Abs. 2 findet sich eine Regelung zum Vertragsinhalt von Pflichthaftpflichtversicherungen,
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Wandt5 Rn. 1071. Vgl. zu diesem Begriffsverständnis Wandt5 Rn. 219.
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Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 1; Wandt5 Rn. 1071.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
insbesondere inwieweit im Versicherungsvertrag Inhalt und Umfang der Pflichtversicherung bestimmt werden kann, sowie zu den Wirkungen eines Selbstbehalts gegenüber geschädigten Dritten. Eine dem § 114 entsprechende Regelung fand sich im früheren VVG nicht. Ebenfalls neu ist der bereits erwähnte (Rn. 8) und in § 115 geregelte Direktanspruch 11 des geschädigten Dritten gegen den HaftpflichtVR. Eine solche Regelung fand sich vor der VVG-Reform für die Kfz-Haftpflichtversicherung in § 3 Nr. 1 PflVG a.F. Gerade der neu geregelte Direktanspruch stand während der Arbeiten um die VVG-Reform in einer rechtspolitischen Diskussion. So hatte sich zunächst die VVG-Kommission für einen Direktanspruch in allen Pflichthaftpflichtversicherungen ausgesprochen.21 Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass sich der Direktanspruch gegen den VR in der Kfz-Haftpflichtversicherung bewährt habe. Er erleichtere dem Geschädigten die Realisierung von Ersatzansprüchen. Außerdem stelle die Einführung des Direktanspruchs bei allen Pflichtversicherungen einen vorweggenommenen Beitrag zur Harmonisierung in der EU dar, weil andere Mitgliedstaaten den Direktanspruch zum Teil schon vor langer Zeit eingeführt hätten und darauf kaum wieder verzichten würden. Demgegenüber wurde gegen einen allgemeinen Direktanspruch insbesondere ins Feld geführt, dass dessen Einführung zu erheblichen Prämiensteigerungen im Bereich der Pflichtversicherung führen werde.22 Im Gesetzgebungsverfahren folgte man zunächst dem Kommissionsentwurf und stellte insbesondere ebenfalls darauf ab, dass sich der Direktanspruch in der KfzHaftpflichtversicherung bewährt habe und generell für alle Pflichtversicherungen eingeführt werden solle.23 Im Rechtsausschuss des Bundestages konnte sich dieser Standpunkt indes nicht durchsetzen. Nach dessen Auffassung sollte der Direktanspruch in der Haftpflichtversicherung auf die unter Verbraucherschutzgesichtspunkten wesentlichen Problembereiche zurückgeführt werden, namentlich bei Insolvenz des VN oder bei unbekanntem Aufenthaltsort des VN.24 Diese Haltung des Rechtsausschusses setzte sich letztendlich durch. Es bleibt abzuwarten, ob es sich um eine dauerhafte Lösung handelt. Die KfzHaftpflichtversicherung hat zweifelsohne besondere Bedeutung und der hier vorzufindende Direktanspruch gegen den VR hat sich – wie erwähnt – nach wohl ganz überwiegender Ansicht bewährt. Für die Einführung einer Pflichtversicherung bedarf es einer grundsätzlichen Legitimation (vgl. noch Rn. 15 ff.); besteht gerechtfertigter Anlass für eine Pflichtversicherung, so erscheint es naheliegend, solche Pflichtversicherungen nach möglichst einheitlichen Rahmenbedingungen zu regeln. Hierin liegt auch ein Zweck der §§ 113 ff. Der genannte ursprüngliche Vorschlag der Reformkommission im Hinblick auf einen einheitlichen Direktanspruch war deshalb durchaus nachvollziehbar und ist zu Recht auf Zustimmung gestoßen (dazu noch § 115 Rn. 2).25 Da sich der Direktanspruch nunmehr nicht mehr alleine auf die Kfz-Haftpflichtver12 sicherung bezieht, sondern jetzt auch auf die weiteren Fälle des § 115 Abs. 1 Nr. 2 (Insol-
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Vgl. § 116 KomE, dazu dort S. 82 f. Stellungnahme des GDV vom 7.6.2004 zum Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts S. 71 f. (abrufbar unter http://www.hzv-uhh.de/ bereiche/versicherungsrecht/vvg-reform.html [Abrufdatum 15.3.2013]); vgl. auch Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider2 § 1a Rn. 33, Fn. 134; vgl. dazu auch § 115 Rn. 2.
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RegE, BTDrucks. 16/3945 S. 88 f. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, BTDrucks. 16/5862 S. 38, 99. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider2 § 24 Rn. 162; R. Koch RuS 2009 133, 134 ff.; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 115 Rn. 5.
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Vorbemerkungen zu §§ 113–124
Vor §§ 113–124
venz des VN)26 und Nr. 3 (unbekannter Aufenthalt des VN), wurden einzelne bisher in § 3 PflVG vorzufindende Regelungen in das VVG 2008 übernommen.27 So wurden Vorschriften im Zusammenhang mit dem Direktanspruch gem. § 3 Nr. 1 PflVG a.F. ebenfalls in den neuen Abschnitt über die Pflichtversicherung in das VVG 2008 aufgenommen. So entspricht die Vorschrift des § 116 dem früheren § 3 Nr. 9, Nr. 10 Satz 2, Nr. 11 PflVG a.F. Und § 120 wiederum entspricht § 158e Abs. 1 VVG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 7 Satz 2 PflVG a.F. Des Weiteren ist § 124 Abs. 1 an die Stelle des früheren § 3 Nr. 8 PflVfG a.F. und § 124 Abs. 2 an die Stelle des früheren § 3 Nr. 10 Satz 1 PflVG a.F. getreten.28 § 117 fasst weitgehend §§ 158c, 158f VVG a.F. sowie § 3 Nr. 4–6 PflVG a.F. zusam- 13 men. § 119 wiederum entspricht im Wesentlichen dem § 158d VVG a.F. und nimmt zugleich § 3 Nr. 7 PflVG a.F. inhaltlich mit auf.29 § 121 stimmt wiederum mit § 158g VVG a.F. überein. § 122 ist an die Stelle des früheren § 158h VVG a.F. getreten. Und § 123 Abs. 1 bis 3 entsprechen sachlich den Regelungen des früheren § 158i VVG a.F.; neu ist indes die Regelung des § 123 Abs. 4. Eine neue Vorschrift stellt wiederum § 118 dar, der im Falle des Übersteigens der Versicherungssumme eine bestimmte Rangfolge vorschreibt (vgl. im Einzelnen die jeweiligen Kommentierungen). Noch kurz vor Inkrafttreten der VVG-Reform am 1.1.2008 musste die mit dem Gesetz 14 zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.200730 verabschiedeten Fassungen der §§ 114, 117, 119 und 124 geändert werden. Nachdem im Gesetzgebungsverfahren der ursprünglich geplante allgemeine Direktanspruch für alle Pflichthaftpflichtversicherungen doch noch auf die Fälle insbesondere des § 115 Abs. 1 Nr. 2 und 3 eingeschränkt wurde (vgl. zuvor Rn. 11), fanden sich noch zunächst unberücksichtigte Unstimmigkeiten zu §§ 114, 117, 119, 124, die sich noch auf einen allgemeinen Direktanspruch bezogen. Dies wurde indes durch Gesetz vom 10.12.200731 und noch vor Inkrafttreten der VVG-Reform „in bemerkenswerter Schnelligkeit“32 korrigiert.
III. Zweck und Legitimation von Pflichthaftpflichtversicherungen 1. Grundsätzliches Pflichtversicherungen, insbesondere die in diesem Abschnitt in Rede stehenden 15 Pflichthaftpflichtversicherungen verfolgen verschiedene Zwecke. Primär dienen solche Versicherungen dem Schutz geschädigter Dritter (Opferschutz), insbesondere wenn der Schädiger wirtschaftlich nicht in der Lage ist, eine ihn treffende Schadenshaftung auszugleichen. Hierin liegt der Hauptgrund für Pflichthaftpflichtversicherungen.33 Sie sind
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Präzise stellt § 115 Abs. 1 Nr. 2 auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens mangels Masse oder die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ab. Diese Tatbestandsvarianten sind also nicht identisch mit dem der Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz im materiellen Sinn); vgl. auch Kommentierung zu § 115 Rn. 28 ff.
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Römer/Langheid 3 Vor § 113 Rn. 6. Vgl. zum Vorstehenden auch Römer/Langheid3 Vor § 113 Rn. 5. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 90. BGBl. I S. 2631. BGBl. I 2833, 2834 f. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 4. KomE S. 82; Hinteregger VersRdsch 2005, 44, 45 f.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
deshalb im Schrifttum auch als „Daseinsvorsorge“ eingeordnet worden.34 Damit kommt Pflichthaftpflichtversicherungen schon unter diesem Schutzzweck auch eine soziale Funktion zu.35 Pflichthaftpflichtversicherungen bezwecken zudem den Schutz des VN, der durch eine entsprechende Versicherung eine ausreichende Vorsorge für sich und Mitversicherte erhält.36 Eine solche Vorsorge kann im Einzelfall für den VN eminent wichtig sein, insbesondere wenn eine Schadensersatzpflicht seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigen würde. Insbesondere die Regelungen gem. § 123 bezwecken zudem speziell auch den Schutz mitversicherter Personen.37 Pflichthaftpflichtversicherungen kommen schließlich auch dem Staat zugute, der im Falle anderer Schutzmechanismen unter Umständen eigene kostenträchtige Einrichtungen schaffen oder für Schäden letztlich ggf. mittelbar einstehen müsste. Auch die Versicherungswirtschaft profitiert letztlich von der Existenz von Privathaftpflichtversicherungen, die grundsätzlich eine gesicherte Geschäftssparte mit sich bringt.38 Neben diesen allgemeinen Erwägungen zum Zweck von Pflichthaftpflichtversicherungen finden sich im Schrifttum Versuche, Gründe für die Legitimation solcher Versicherungen zu benennen.39 Ausgangspunkt einer Pflichthaftpflichtversicherung sind die entsprechenden Tatbestände des Haftungsrechts. Insoweit hat insbesondere Sieg den Ansatz entwickelt, dass nicht jede Haftung einen Versicherungszwang auslösen könne; vielmehr bedürfe es einer qualifizierten Haftung.40 Nach diesem Standpunkt liegt eine solche qualifizierte Haftung im Falle der Gefährdungshaftung vor. Nur in diesen Fällen sei eine Pflichthaftpflichtversicherung gerechtfertigt. Dieser Standpunkt hat sich indes im Schrifttum und letztlich auch beim Gesetzgeber nicht durchgesetzt.41 Dies zeigt sich bereits daran, dass zahlreiche Pflichthaftpflichtversicherungen auch außerhalb einer Gefährdungshaftung angeordnet sind. Dies gilt etwa für die Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Versicherungsvermittler. Nach wohl h.A. ist deshalb auf verschiedene Umstände abzustellen, aus denen Argumente für die Legitimation einer Pflichthaftpflichtversicherung hergeleitet werden können.42 Die Existenz einer Gefährdungshaftung ist – wie gesehen – zwar nicht allein entscheidend für die Rechtfertigung einer Pflichthaftpflichtversicherung, gleichwohl lässt sich der
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Büchner Zur Theorie der obligatorischen Haftpflichtversicherungen 36 m.w.N.; Berliner Kommentar/Hübsch § 158b Rn. 5. Deiters FS Reimer Schmidt 379, 380. Deiters FS Reimer Schmidt 379; Büchner Zur Theorie der obligatorischen Haftpflichtversicherungen 35; Berliner Kommentar/Hübsch § 158b Rn. 5. Vgl. BTDrucks. 11/6342 S. 36 zur Vorgängervorschrift des § 158i VVG a.F.: „Nebenzweck ist die soziale Risikoabsicherung des Versicherten, insbesondere desjenigen Mitversicherten bei der Versicherung für fremde Rechnung, der auf die Erfüllung der dem Versicherungsnehmer obliegenden Pflichten keinen Einfluss nehmen kann.“; vgl. auch § 123 Rn. 5 f. Vgl. zum Vorstehenden Deiters FS Reimer
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Schmidt 379, 380; zum Schutzzweck der Regelungen der §§ 113 ff. vgl. auch Rn. 27 ff. Dazu insbesondere Reiff TranspR 2006 15, 19 ff.; Deiters FS Reimer Schmidt 379, 393 f.; Büchner Zur Theorie der obligatorischen Haftpflichtversicherungen 37 ff.; Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4; zur Frage nach verfassungsrechtlichen Anforderungen vgl. auch noch Rn. 25. Sieg Ausstrahlungen der Haftpflichtversicherung 269; vgl. auch Reiff TranspR 2006 15, 19 f. Vgl. etwa Reiff TranspR 2006 15, 20; Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4. Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4.
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Existenz einer Gefährdungshaftung ein Indiz für die Angemessenheit einer Pflichtversicherung entnehmen.43 Gerade Tatbestände der Berufshaftung stellen – wie schon erwähnt – keine Gefährdungshaftung dar. Gleichwohl finden sich in diesem Bereich zahlreiche Pflichthaftpflichtversicherungen (für Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Versicherungsvermittler). Durch die entsprechenden Pflichthaftpflichtversicherungen soll sichergestellt werden, dass das Ansehen dieses Berufsstandes nicht dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird, dass mögliche Schadensersatzansprüche der Mandanten und Kunden nicht durchgesetzt werden können.44 Darüber hinaus lässt sich sagen, dass es sich hierbei um Berufe mit umfangreicher Beratungstätigkeit handelt; hieraus folgt auch die Schutzbedürftigkeit der auf korrekte Beratung angewiesenen Mandanten bzw. Kunden. Allgemein lässt sich als wichtiges Kriterium für die Rechtfertigung einer Pflichthaftpflichtversicherung die Schutzbedürftigkeit der möglichen Geschädigten nennen.45 Je höher die Risiken potenzieller Geschädigter sind, desto eher bedarf es auch eines entsprechenden Schutzes durch eine Pflichthaftpflichtversicherung. Dies gilt beispielsweise gesagt für die Kfz-Haftpflichtversicherung, aber auch für die Pflichtversicherung für Luftfahrzeug-Halter nach § 43 Abs. 2 LuftVG. Insbesondere der Ausgleich für körperliche und gesundheitliche Beeinträchtigungen spielt in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle. Ganz allgemein wird als weiterer Umstand für die Rechtfertigung von Pflichtversicherungen die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Daseinsvorsorge genannt.46 Als Beispiel wird auf den Entschädigungsfonds nach § 12 PflVG hingewiesen.47 Teilweise wird auch die Anzahl der freiwilligen Versicherungen als Indizwirkung angesehen. So nennt Reiff als Beispiel, dass im Jahre 1937, also zwei Jahre vor Einführung der entsprechenden Versicherungspflicht (vgl. oben Rn. 2), schon 74,5 % aller Halter von Pkw und Omnibussen freiwillig haftpflichtversichert gewesen seien.48 Nach a.A. lässt sich hieraus kein Schluss ziehen, da es dem Gesetzgeber freigestellt ist, bei einer hohen Versicherungsquote entweder eine Pflichthaftpflichtversicherung einzuführen oder andererseits auf das Funktionieren des Versicherungsmarktes zu vertrauen.49 Letztlich können die im Schrifttum diskutierten Kriterien, die eine Pflichthaftpflichtversicherung rechtfertigen, abschließend kaum benannt werden. Die unterschiedlichen Arten der Pflichthaftpflichtversicherungen zeigen, dass insoweit unterschiedliche Hintergründe solche obligatorischen Haftpflichtversicherungen rechtfertigen. Dies zeigt sich bereits daran, dass nicht alle Gefährdungshaftungstatbestände mit einer Pflichthaftpflichtversicherung „abgesichert“ sind; andererseits sind auch vom Verschulden abhängige Haftungstatbestände von einer Pflichthaftpflichtversicherung flankiert. Vor diesem Hintergrund ist es deshalb schwierig, eine Pflichthaftpflichtversicherung juristisch nicht als gerechtfertigt anzusehen (vgl. noch sogleich Rn. 25 ff.). Im Schrifttum wird nament-
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Reiff TranspR 2006 15, 20. Reiff TranspR 2006 15, 20; Langheid/Wandt/ Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4 m.w.N. Vgl. Reiff TranspR 2006 15, 20; Langheid/ Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4. Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4. Reiff TranspR 2006 15, 20; Langheid/Wandt/ Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4.
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Reiff TranspR 2006 15, 20 unter Hinweis auf Büchner Zur Theorie der obligatorischen Haftpflichtversicherungen 40. Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4; wiederum zur Frage der Versicherungspflicht § 7a GüKG bei „Kleiner Kabotage“ Boettge VersR 2011 21, 22 f.
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lich die Rechtfertigung der Pflichthaftpflichtversicherung des § 7a GüKG hinterfragt. So sei zweifelhaft, ob es tatsächlich einen hinreichenden Grund dafür gibt, den Frachtführer nach § 7a GüKG einer Pflichthaftpflichtversicherung zu unterwerfen.50 2. Rechtliche Zulässigkeitsaspekte
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Die im Schrifttum genannten Kriterien können wichtige Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage sein, ob eine Pflichthaftpflichtversicherung im Einzelfall in Betracht kommt. Die rechtliche Zulässigkeit von Pflichtversicherungen ist indes letztlich eine verfassungsrechtliche Frage.51 Eine Pflichthaftpflichtversicherung kann sowohl Grundrechte des Versicherungspflichtigen wie auch solche der VR berühren.52 Auf Seiten des VN können dabei insbesondere die in Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 9 Abs. 1 enthaltenen Freiheitsgrundrechte sowie Art. 3 Abs. 1 als Gleichheitsgrundrecht betroffen sein. Durch eine Pflichtversicherung liegt eine tatbestandsmäßige Einschränkung der Vertragsund der Dispositionsfreiheit vor.53 Die Vertragsfreiheit umfasst dabei die Vertragsabschlussfreiheit, die Kontrahentenwahlfreiheit, die Inhalts- und Gestaltungsfreiheit sowie die Vertragsänderungs- und Beendigungsfreiheit, wobei die negative Komponente jeweils ebenfalls geschützt wird.54 Abschlussfreiheit und Inhaltsfreiheit (Gestaltungsfreiheit) werden durch eine Pflichtversicherung in besonderem Maße berührt. Die Abschlussfreiheit ist bereits dadurch betroffen, dass bei der Pflichtversicherung eine Verpflichtung zum Vertragsabschluss besteht. Auch die Inhaltsfreiheit wird durch eine Pflichtversicherung tangiert, weil zumindest Mindestinhalte und Mindestversicherungssummen für solche Versicherungen vorgegeben werden. Welches Grundrecht letztlich die Vertragsfreiheit schützt, wird in der verfassungsrechtlichen Literatur kontrovers diskutiert. Die vorherrschende Ansicht geht entsprechend dem Grundsatz der Spezialität und der Einordnung des Art. 2 Abs. 1 GG als Auffanggrundrecht55 davon aus, dass die Vertragsfreiheit von dem Grundrecht geschützt wird, dessen Schutzbereich die Tätigkeit unterfällt, bezüglich derer die Vertragsfreiheit beeinträchtigt wird.56 Die Vertragsfreiheit kann also nach der vorherrschenden Ansicht der Berufsfreiheit des Art. 12 GG, soweit es um den Abschluss von Verträgen geht, die der Berufswahl oder Berufsausübung dienen, unterfallen.57 Dementsprechend berühren Pflichtversicherungen, die unmittelbar an die Ausübung eines bestimmten Berufes oder an Tätigkeiten anknüpfen, die mit der Ausübung eines bestimmten Berufes typischerweise verbunden sind, die Berufsfreiheit. Deutlich wird dies insbesondere in Fällen, bei denen die Ausübung des Berufs der behördlichen Genehmigung oder Zulassung bedarf und die Erteilung der entsprechenden Erlaubnis vom Nachweis des Abschlusses einer Pflichtversicherung abhängt. Derartige Regelungen sind auch nach einem restriktiven Eingriffsverständnis im Rahmen des Art. 12 GG als Eingriffe in
50
51 52 53 54 55
Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 4 am Ende unter Hinweis auf Reiff TranspR 2006 15, 21. Vgl. Hufen Staatsrecht II Grundrechte, 3. Aufl. (2011) § 14 Rn. 34. Umfassend zu ggf. tangierten Grundrechten jeweils Hedderich Pflichtversicherung 144 ff. Hufen Staatsrecht II Grundrechte, 3. Aufl. (2011) § 6 Rn. 45 f. Hedderich Pflichtversicherung 153. Hufen Staatsrecht II Grundrechte, 3. Aufl. (2011) § 14 Rn. 34.
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57
BVerfG 12.11.1958 BVerfGE 8, 274, 328; BVerfG 4.6.1985 BVerfGE 70, 115, 123; Di Fabio, in: Maunz/Dürig GG-Kommentar, 68. Ergänzungslieferung (2013) Art. 2 Abs. 1 Rn. 103 m.w.N.; a.A. insbesondere Mannsen, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck GG, 6. Aufl. (2010) Art. 12 Abs. 1 Rn. 70. Hedderich Pflichtversicherung 152.
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Vorbemerkungen zu §§ 113–124
Vor §§ 113–124
die Berufsfreiheit einzuordnen.58 Gerade in den zuletzt erörterten Fällen, in denen die Ausübung des Berufs bzw. schon die erstmalige Aufnahme der beruflichen Tätigkeit vom Nachweis einer Pflichtversicherung abhängt, stellt sich die Frage, ob hier im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG die Berufswahlfreiheit betroffen ist oder die Verpflichtung zum Abschluss einer Versicherung lediglich als Berufsausübungsregelung i.S.d. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG anzusehen ist. Die Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG wird insbesondere durch subjektive oder objektive Berufszulassungsregelungen berührt, die bei einer Anordnung einer Pflichtversicherung im Regelfall nicht vorliegen. Subjektive Berufszulassungsregelungen knüpfen an persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten an. Eine derartige Anknüpfung ist beim Abschluss einer Pflichtversicherung, die grundsätzlich von jedem unabhängig vom Vorliegen bestimmter Eigenschaften abgeschlossen werden kann, nicht gegeben. Gerade weil aber ein Abschluss einer Pflichtversicherung nicht an bestimmte Eigenschaften anknüpft, ist auch die Erfüllung der Versicherungspflicht durch Abschluss der Versicherung von jedem beeinflussbar, so dass die Anordnung einer Pflichtversicherung auch nicht als objektive Berufszulassungsvoraussetzung eingeordnet werden kann, da eine objektive Berufszulassungsvoraussetzung vom Einzelnen gerade nicht beeinflussbar ist. Jedenfalls solange Pflichtversicherungen, insbesondere wegen der Höhe der Prämien, keine prohibitive Wirkung im Hinblick auf die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit entfalten, dürften diese daher lediglich als Berufsausübungsregelungen einzuordnen sein, die bereits durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden können.59 Die Anordnung einer Pflichtversicherung kann, wie gezeigt, insbesondere auch unter dem Aspekt der Vertragsfreiheit, verschiedene Grundrechte berühren, wobei Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG unter dem Aspekt der Vertragsfreiheit jeweils eine besondere Bedeutung zukommen dürfte. Gerade die beiden zuletzt angesprochenen Grundrechte des Art. 2 Abs. 1 GG und 26 Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG unterliegen dabei einem einfachen Gesetzesvorbehalt, Eingriffe können also, wie es in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG heißt „durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes“ erfolgen. Ein Eingriff ist indes nur gerechtfertigt, wenn das einschränkende Gesetz materiellen Anforderungen genügt, insbesondere verhältnismäßig ist (dazu im Anschluss an die formelle Rechtmäßigkeit) und in formeller Hinsicht die Gesetzgebungskompetenz 60 ebenso wie der Vorbehalt des Gesetzes gewahrt sind. Vor allem der letztgenannte Punkt kann sich als problematisch erweisen, wenn die Pflichtversicherung nicht in einem formellen Gesetz, sondern in einer Verordnung oder in einer Satzung einer berufsständischen Kammer angeordnet wird. Letztlich geht es hierbei um die Frage, welche Entscheidungen der Gesetzgeber im Hinblick auf die Pflichtversicherung selbst treffen muss und welche er der Exekutive vorbehalten darf. Für die Frage einer in einer Rechtsverordnung vorgesehenen Anordnung einer Pflichtversicherung kann hier unmittelbar Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG herangezogen werden. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG hat das zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigende (Bundes-)Gesetz Inhalt, Zweck, und Ausmaß der Ermächtigung zu benennen. Daraus ergibt sich, dass das formelle Gesetz die Frage der Einführung einer Pflichtversicherung als Gegenstand der Verordnung hinreichend deutlich benennen muss, ebenso wie es festlegen muss, welchem Schutzzweck die Pflichtversicherung dienen soll.61 Lediglich die genauere inhaltliche Ausgestaltung kann der parlamentarische Gesetzgeber dem Verordnungsgeber überlassen, jedenfalls
58 59 60
Hedderich Pflichtversicherung 147. Hedderich Pflichtversicherung 147. Dazu näher Hedderich Pflichtversicherung 234 ff.
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Hedderich Pflichtversicherung 238.
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Vor §§ 113–124
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
soweit hierdurch lediglich der Anpassung an geänderte Verhältnisse Rechnung getragen wird. Bei der Anordnung einer Pflichtversicherung in einer berufsständischen Satzung ist Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, der schon seinem Wortlaut nach nur Rechtsverordnungen aber keine Satzungen erfasst, jedoch nicht einschlägig und kann auch nicht entsprechend herangezogen werden.62 Jedoch wird man bei Satzungen aufgrund der Wesentlichkeitstheorie des BVerfG zu weitgehend ähnlichen Ergebnissen gelangen. Die Wesentlichkeitsheorie besagt, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Fragen selbst regeln muss, wobei wesentlich als grundrechtswesentlich zu verstehen ist. Das BVerfG hat klargestellt, dass Satzungen von Selbstverwaltungskörperschaften nicht ohne gesetzliche Grundlage in die Grundrechte der Mitglieder eingreifen können.63 Hieraus ergibt sich letztlich, dass die Selbstverwaltungskompetenz keine Befugnis zum Eingriff in Grundrechte gibt. Diese Befugnis bleibt, abgesehen von weniger gravierenden Berufsausübungsregelungen, dem Gesetzgeber vorbehalten.64 Insbesondere die Intensität des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG bei Anordnung einer Pflichtversicherung in der Satzung einer berufsständischen Kammer und die erforderliche Abwägung dieses Grundrechtseingriffs mit Gemeinwohlinteressen in Gestalt der Interessen der potentiell Geschädigten dürften als für die Grundrechtsausübung wesentliche Fragen einzuordnen sein, deren Beantwortung dem demokratisch unmittelbar legitimierten Gesetzgeber vorbehalten bleiben müssen. Auch bei einer Regelung in einer berufsständischen Satzung spricht daher viel dafür, dass die Entscheidung über das Ob einer Pflichtversicherung dem Gesetzgeber selbst vorbehalten bleiben muss und eine Pflichtversicherung ohne eine solche Entscheidung nicht durch eine berufsständische Satzung eingeführt werden kann.65 Ohne dass in diesem Rahmen weitere verfassungsrechtliche Fragen vertieft behandelt 27 werden sollen,66 hat der Gesetzgeber bei Einführung einer Pflichtversicherung insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.67 Insbesondere bedarf es einer entsprechenden Erforderlichkeit und Angemessenheit.68 Jedenfalls hat sich der Gesetzgeber im Hinblick auf die Einführung von Pflichtversicherungen an den formellen und materiellen verfassungsrechtlichen Grenzen zu orientieren, die letztlich durch das Bundesverfassungsgericht konkretisiert werden würden. Soweit hierzu bisher Stellungnahmen ergangen sind, werden trotz der Berührung insbesondere des verfassungsrechtlich geschützten Grundsatzes der Vertragsfreiheit offenbar wenig verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Einführung von Pflichtversicherungen durch den Parlamentsgesetzgeber gesehen. So findet sich beispielsweise im Schrifttum die Ansicht, „dass die Grundrechtsschranken für den Gesetzgeber hinsichtlich der Einführung und Ausgestaltung einer Pflichtversicherung eher locker gestrickt sind“.69
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Statt vieler BVerfG 8.8.1978 BVerfGE 49, 89, 126 m.w.N. BVerfG 9.5.1972 BVerfGE 33, 125. Hufen Staatsrecht II Grundrechte, 3. Aufl. (2011) § 9 Rn. 5. Hedderich Pflichtversicherung 244; dazu auch § 113 Rn. 13 f. Vertiefend insbesondere Hedderich Pflichtversicherung 144 ff.
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Vgl. etwa auch Berliner Kommentar/Hübsch §158b Rn. 16; Hedderich Pflichtversicherung 157 f. Vgl. BTDrucks. 13/9558 S. 14 = VersR 1998, 695; vgl. auch v.Puskás in: HdV 513, 514. Roth in: Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungswesens, Band 30, Pflichtversicherung – Segnung oder Sündenfall – (2005) 141, 149.
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Vorbemerkungen zu §§ 113–124
Vor §§ 113–124
3. Ökonomische Aspekte Pflichtversicherungen sind in der Vergangenheit auch schon aus der Sichtweise der 28 ökonomischen Analyse des Rechts beleuchtet worden. Maßstab der Beurteilung nach dieser Sichtweise ist dabei im Wesentlichen die ökonomische Effizienz einer Regelung.70 Teilweise ist argumentiert worden, dass bei Nichtbestehen einer Versicherungspflicht potenzielle Opfer eigene Versicherungen gegen Schädigungen abschließen würden, bei denen der Verursacher – aus welchen Gründen auch immer – nicht für den Schaden aufkommt. Es sei wahrscheinlich, dass für dieses Risiko Versicherungsmärkte entstehen würden. Dies wäre ggf. effizienter als die Durchsetzung der allgemeinen Versicherungspflicht.71 Indes ist zu beachten, dass es im wichtigen Bereich der Kfz-Haftpflicht, also im Bereich einer Gefährdungshaftung, ohnehin einen Ausnahmefall darstellt, dass der Verursacher nicht für den Schaden aufzukommen hat. Vor diesem Hintergrund erscheint bereits der Ansatz dieser Ansicht nicht vom typischen Fall einer Pflichthaftpflichtversicherung auszugehen. Andere Stimmen erachten es jedenfalls durchaus für möglich, dass insbesondere eine Kfz-Haftpflichtversicherung auch unter Beachtung ökonomischer Gesichtspunkte gerechtfertigt ist.72 Danach sei eine Pflichtversicherung nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Prämiengestaltung das Schädigungspotenzial des versicherten potenziellen Schädigers im Wesentlichen zutreffend abbildet. Die Prämienhöhe müsste also dem erwartbaren Schaden im Wesentlichen entsprechen. In weiteren Untersuchungen ist man durchaus zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls unter bestimmten Bedingungen bzw. zur Erzielung von Verhaltensweisen Pflichtversicherungen unter ökonomischen Aspekten sinnvoll sein können.73 Auch wenn es für die ökonomische Analyse des Rechts vielleicht nicht unbedingt ein entscheidendes Argument ist, ist gleichwohl zu beachten, dass sich einzelne Pflichtversicherungen, insbesondere die Kfz-Haftpflichtversicherung – auch international – als praxistauglich und stabil gezeigt haben. Nichtsdestotrotz ist es sicherlich nicht auszuschließen, dass andere Systeme effizienter wirken könnten. Bewährte Aspekte des geltenden Systems der Pflichthaftpflichtversicherungen wie etwa rechtspraktische und sozialstaatliche Tauglichkeit sowie Beständigkeit wären auch in alternativen Systemen zu beachten.74
IV. Zweck der besonderen Regelungen über die Pflichthaftpflichtversicherung Die §§ 113 ff. bilden die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für Pflichthaftpflicht- 29 versicherungen. Sie verfolgen den grundsätzlichen Zweck, einer einmal geschaffenen Pflichthaftpflichtversicherung auch die erforderliche Wirkung zu verleihen. Könnte eine Pflichthaftpflichtversicherung ohne jeden Mindeststandard abgeschlossen werden, so würde der an sich verfolgte Zweck der entsprechenden Versicherung möglicherweise nicht erreicht werden.
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71
Vgl. etwa Magnus in: Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungswesens, Band 30, Pflichtversicherung – Segnung oder Sündenfall – (2005) 101, 104; Schäfer/Ott Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts 4. Aufl. (2005) 1. von der Schulenburg in: Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungs-
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wesens, Band 30, Pflichtversicherung – Segnung oder Sündenfall – (2005) 1328; kritisch Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 8. Vgl. insbesondere Magnus (a.a.O. Fn. 56) 101, 109 ff. (insbesondere 118 f.). Hinteregger VersRdsch 2004 44, 46 ff. Vgl. auch Magnus (a.a.O. Fn. 56) 101, 119.
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Vielfach finden sich Rahmenbedingungen, etwa zur Höhe der Mindestversicherungssumme, in den jeweiligen Rechtsvorschriften, die die entsprechende Pflichthaftpflichtversicherung anordnen. Dies gilt z.B. für die Mindestversicherungssumme gem. § 9 Abs. 2 VersVermV, wonach die Mindestversicherungssumme 1.130.000 Euro für jeden Versicherungsfall und 1.700.000 Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres beträgt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang auch die Mindestversicherungssummen in der Kfz-Haftpflichtversicherung gem. Anlage zu § 4 Abs. 2 PflVG. Enthält eine spezielle Vorschrift z.B. keine Angaben zur Mindestversicherungssumme greift § 114 Abs. 1 ein, wonach die Mindestversicherungssumme 250.000 Euro je Versicherungsfall und eine Million Euro für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres beträgt. Insoweit stellt § 114 Abs. 1 einen allgemeinen Mindeststandard für die Versicherungssummen auf. Insbesondere dienen die Vorschriften über die Pflichthaftpflichtversicherung dem 31 Schutz des geschädigten Dritten, allgemein also dem Opferschutz. Dies gilt etwa für § 115, § 117, § 121. Wiederum § 118 bezweckt den Schutz einzelner Gruppen von Geschädigten.75 § 116 regelt demgegenüber das Innenverhältnis der Gesamtschuldner, insbesondere zwischen VR und ersatzpflichtigem VN. Es finden sich schließlich auch Vorschriften, die dem Interesse des VR dienen, namentlich §§ 119 f. (vgl. zum jeweiligen Schutzzweck insbesondere die Kommentierungen der entsprechenden Vorschriften).
V. Pflichthaftpflichtversicherungen und Haftungsrecht 32
Wie bereits im Rahmen der Vorbemerkungen zu §§ 100–112 zum Ausdruck gebracht bestehen verschiedene Interdependenzen zwischen Haftungsrecht und Haftpflichtversicherung (vgl. umfassend Vorbem. zu §§ 100–112 Rn. 60 ff.). Besondere Bedeutung haben Pflichthaftpflichtversicherungen insbesondere im Rahmen der Billigkeitshaftung gem. § 829 BGB.76 Während nach der Rechtsprechung des BGH freiwilligen Haftpflichtversicherungen im Rahmen von § 829 BGB lediglich anspruchserhöhende Bedeutung zukommt,77 legt die Rechtsprechung das Vorliegen einer Pflichthaftpflichtversicherung bei der Billigkeitshaftung des § 829 BGB als anspruchsbegründende Tatsache aus.78 So hat der BGH im Hinblick auf die Kfz-Haftpflichtversicherung argumentiert, die besondere Zweckbestimmung der Pflichtversicherung im Kraftfahrzeugverkehr rechtfertige es, dem Geschädigten auch im Rahmen des § 829 BGB einen bestehenden Versicherungsschutz des Schädigers schon für die Beurteilung des „Ob“ des Anspruchs zugute kommen zu lassen. Dem stehe nicht entgegen, dass damit das Trennungsprinzip, wonach die Eintrittspflicht des VR dem Anspruch folgt und nicht umgekehrt, durchbrochen werde. Für den besonderen Anspruch des § 829 BGB müsse sich der auf den Opferschutz gerichtete Zweck der Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber diesem Prinzip durchsetzen.79 Indes begründet nach dieser Rechtsprechung der Existenz der Kfz-Pflichtversicherung allein noch nicht einen Billigkeitsanspruch aus § 829 BGB. Vielmehr muss nach dem Stand-
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Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 2. Vgl. auch Bruck/Möller/R. Koch9 Vor § 100 ff. Rn. 62; grds. auch Staudinger/ Oechsler (2009) § 829 Rn. 45 ff. BGH 11.10.1994 BGHZ 127 186, 192 = VersR 1995 96, 97 (juris Rn. 19 f.) unter Hinweis auf BGH 18.12.1979 BGHZ 76, 279, 283.
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BGH 11.10.1994 BGHZ 127 186, 192 = VersR 1995 96, 98. Zum Vorstehenden BGH 11.10.1994 BGHZ 127, 186, 192 = VersR 1995, 96, 98 (juris Rn. 22).
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Vorbemerkungen zu §§ 113–124
Vor §§ 113–124
punkt des BGH bedacht werden, dass die verschuldensunabhängige Haftung aus § 829 BGB im deliktischen Haftungssystem des BGB eine Ausnahme bilde. Deswegen sei, entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift, ein Schadensersatzanspruch aus § 829 BGB nicht schon dann zu gewähren, wenn die Billigkeit es erlaubt, sondern nur dann, wenn die gesamten Umstände des Falles eine Haftung des schuldlosen Schädigers aus Billigkeitsgründen geradezu erfordern.80 Dieses Vorgehen des BGH ist in der Literatur teilweise kritisiert worden.81 So wird zum einen vertreten, dass sich das Bestehen einer Haftpflichtversicherung weder über Grund noch über Höhe anspruchsbegründend auswirken dürfe. So argumentiert Oechsler, der Standpunkt des BGH beinhalte mehr als nur eine Durchbrechung des Trennungsprinzips, er führe sogar zu einer Änderung des vom VR übernommenen Risikos.82 Nach anderer Ansicht wird sehr wohl die Berücksichtigung von (Pflicht-)Haftpflichtversicherungen befürwortet.83 Ohne diese an sich materiellrechtliche Frage an dieser Stelle abschließend zu bewerten, erscheint es trotz der im Schrifttum genannten, teils schon beachtlichen Gegenargumente richtig, im Rahmen des Haftungsrechts, insbesondere der Billigkeitshaftung gem. § 829 BGB das Bestehen jedenfalls von Pflichthaftpflichtversicherungen zu berücksichtigen. Diese dienen zunächst dem Opferschutz; geht es um eine Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen, ist es schwer nachvollziehbar, das Bestehen einer (Pflicht-)Haftpflichtversicherung gänzlich auszublenden. Deshalb ist die genannte BGH-Rechtsprechung nachvollziehbar und grundsätzlich zu befürworten. Die Grenze dürfte aber in der Tat erreicht sein, wenn sich hierdurch das vom VR übernommene Risiko verändert.
VI. Anwendungsbereich Ausweislich der Überschrift zum Abschnitt 2 und der Legaldefinition des § 113 Abs. 1 33 gelten die §§ 113 ff. für Pflichthaftpflichtversicherungen (vgl. oben Rn. 7 ff.). §§ 113 ff. gelten also für Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht (vgl. dazu sogleich Rn. 34 sowie § 113 Rn. 12 ff.). § 113 Abs. 3 stellt klar, dass die §§ 113 ff. auch insoweit anzuwenden sind, als der Versicherungsvertrag eine über die vorgeschriebenen Mindestanforderungen hinausgehende Deckung gewährt. 1. Pflichthaftpflichtversicherungen In den vergangenen Jahrzehnten hat sich eine große Anzahl von Pflichthaftpflichtver- 34 sicherungen entwickelt.84 Es geht um Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht. Dabei kommen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie Satzungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften (dazu § 113 Rn. 13) und EU-Richtlinien, die materiellen Gesetzen gleichstehen, in Betracht.85 In aller Regel lässt sich klar feststellen, ob eine entsprechende Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht. Im Einzelfall kann diese Feststellung gleichwohl Schwierigkeiten bereiten (vgl. zum Begriff Rechtsvorschrift die Kommentierung bei § 113 Rn. 12 ff.).
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Zum Vorstehenden BGH 11.10.1994 BGHZ 127, 186, 192 = VersR 1995, 96, 98 (juris Rn. 23). Kritisch etwa Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 7. Staudinger/Oechsler (2009) § 829 Rn. 47, 52.
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Wolf VersR 1998, 812; Knütel JR 1980 462. E. Lorenz spricht von einer „Unzahl“ vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Lorenz 2 § 1 Rn. 104. BTDrucks. 16/3945 S. 87; Looschelders/ Pohlmann/Schwartze 2 § 113 Rn. 5; Feyock/ Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 113 Rn. 1.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Die praktisch wichtigste Pflichthaftpflichtversicherung dürfte die Kfz-Haftpflichtversicherung darstellen; die Verpflichtung zum Abschluss ergibt sich aus § 1 PflVG. Als praxisrelevante Pflichthaftpflichtversicherungen lassen sich sicherlich einordnen: Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte (§ 51 BRAO), für Steuerberater (§ 67 StBerG) oder für Versicherungsvermittler (§ 34d Abs. 2 Nr. 3 GewO i.V.m. § 9 VersVermV). Indes sind dies nur Beispiele für eine hohe Anzahl bestehender Pflichthaftpflichtversicherungen. Da auch zahlreiche Gesetze der Bundesländer Pflichthaftpflichtversicherungen anordnen, ist es nicht einfach, sich einen Überblick über sämtliche Pflichthaftpflichtversicherungen zu verschaffen. Eine Übersicht findet sich im Anhang zu diesen Vorbemerkungen (S. 385 ff.). 2. Diskutierte Pflichthaftpflichtversicherungen
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Es überrascht nicht, dass angesichts der Etablierung zahlreicher Pflichthaftpflichtversicherungen auch über die Einführung neuer obligatorischer Haftpflichtversicherungen immer wieder diskutiert wird. In Anlehnung an die Versicherungspflicht für Rechtsanwälte und Steuerberater wird auch über eine Pflichtversicherung für Insolvenzverwalter nachgedacht.86 Schließlich ist auch eine obligatorische Haftpflichtversicherung für Kinder immer wieder Gegenstand der Diskussion.87 In der Diskussion stand des Weiteren die Einführung einer Pflichthaftpflichtversiche37 rung für Hundehalter, insbesondere für Halter von sogenannten Kampfhunden.88 Indes ist zu beachten, dass in den meisten Bundesländern ohnehin Vorschrifen existieren, die entsprechende Haftpflichtversicherungen anordnen; in aller Regel beziehen sich diese auf eine Versicherungspflicht für gefährliche Hunde (vgl. die Übersicht über Haftpflichtversicherungen im Anhang zu diesen Vorbemerkungen, S. 385 ff.). Aus neuerer Zeit ist wiederum eine EU-weite Einführung einer verbindlichen Haft38 pflichtversicherung für AKW-Betreiber vorgeschlagen worden.89 Nach dem Atomgesetz haften deutsche AKW-Betreiber nach geltendem Recht bis zu einer Summe in Höhe von 2,5 Mrd. Euro. Ein Teilbetrag in Höhe von 256 Mio. Euro muss gem. § 13 Abs. 3 Satz 2 AtomG, § 34 Abs. 1 Satz 2 AtomG finanziell abgesichert werden; in Deutschland erfolgt dies über den Atompool. Diskutiert wird auch,90 ob durch das am 19.7.2013 in Kraft getretene Gesetz zur Ein39 führung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer91 eine weitere Pflichthaftpflichtversicherung i.S.d. § 113 Abs. 1 eingeführt wurde. Das mit der Einführung der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung verfolgte Ziel des Gesetzgebers ist es, die Attraktivität der Partnerschaftsgesellschaft als Rechtsform im Vergleich zur Limited Liability Partnership (LLP) zu erhöhen. Dazu soll bei der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung eine gegenüber § 8 Abs. 2 PartGG weitergehende Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen ermöglicht und dadurch ein Anreiz zur Wahl der Partnerschaftsgesellschaft mit be-
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Müller AnwBl. 2008 536. Vgl. dazu etwa Bernau VersR 2005 1346 ff.; Looschelders VersR 1999 141. Vgl. BTDrucks. 13/9558 S. 14 = VersR 1998, 695. Vgl. VW 2012 1459. Vgl. einerseits Römermann, Die PartG mbB –
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eine neue attraktive Rechtsform für Freiberufler, NJW 2013 2305, 2309; andererseits Ruppert, Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung – Ende gut, alles gut? DStR 2013 1623, 1625. BGBl I 2386.
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Vorbemerkungen zu §§ 113–124
Vor §§ 113–124
schränkter Berufshaftung als Rechtsform geschaffen werden.92 Voraussetzung für eine solche Haftungsbeschränkung ist nach § 8 Abs. 4 PartGG, eine den Anforderungen des § 51a BRAO entsprechende Berufshaftpflicht, vgl. § 8 Abs. 4 PartGG. § 8 Abs. 4 PartGG wurde in der aktuellen Fassung erst auf Empfehlung des Rechtsausschusses eingefügt.93 Zu § 8 Abs. 4 PartGG in der Fassung des Regierungsentwurfs lässt sich dem Regierungsentwurf noch entnehmen, dass es sich bei der in § 8 Abs. 4 PartGG erwähnten Berufshaftpflichtversicherung um eine freiwillige Versicherung wegen fehlerhafter Berufsausübung, nicht um eine Pflichtversicherung, handeln soll.94 Ist die Berufshaftpflicht aber lediglich als freiwillige Versicherung ausgestaltet, findet insbesondere § 117, der grundsätzlich nur auf Pflichtversicherungen i.S.d. § 113 Abs. 1 anwendbar ist, auf die Berufshaftpflichtversicherung mit beschränkter Berufshaftung keine Anwendung. § 117 schützt geschädigte Dritte in Fällen der Leistungsfreiheit des VR (vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 117). Von besonderer Relevanz können hier Fälle der nachträglichen Leistungsfreiheit des VR sein, weil der VN im Prämienverzug ist oder eine Obliegenheit verletzt hat. § 8 PartGG in der Fassung des Regierungsentwurfs sah für diese Fälle keinen Schutz des geschädigten Dritten durch einen Verweis auf Vorschriften der Pflichtversicherung, insbesondere auf § 117 vor. Diese Schutzlücke besteht in der aktuellen Fassung des § 8 Abs. 4 PartGG nicht mehr, da nach § 8 Abs. 4 Satz 2 PartGG für die Berufshaftpflichtversicherung i.S.d. § 8 Abs. 4 PartGG die versicherungsvertraglichen Regelungen der § 113 Abs. 3 und die §§ 114 bis 124 entsprechend gelten. Der Frage, ob es sich bei der Berufshaftpflichtversicherung i.S.d. aktuellen Fassung des § 8 Abs. 4 PartGG um eine „echte“ Pflichtversicherung i.S.d. § 113 Abs. 1 handelt95 oder nicht96, dürfte aufgrund des umfassenden Verweises auf die §§ 114 bis 124 in § 8 Abs. 4 Satz 2 PartGG eher theoretische Bedeutung zukommen. Gegen eine Einordnung als Pflichtversicherung i.S.d. § 113 Abs. 1 dürfte aber, neben der fehlenden Verweisung auf § 113 Abs. 1 und der nur entsprechenden Anwendung der §§ 114 bis 124, insbesondere die ausdrückliche Bezeichnung des § 8 Abs. 4 Satz 2 PartGG als Rechtsfolgenverweisung in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses sprechen.97 Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine Einordnung der Berufshaftpflichtversicherung als Pflichtversicherung auch nicht zwingend aus dem Wortlaut beispielsweise des § 51a BRAO oder vergleichbarer Vorschriften (§ 45a PAO, § 67 StBerG, § 54 WiPrO). Die jeweiligen Regelungen dürften im Kontext mit § 8 Abs. 4 PartGG zu sehen sein. Die Regierungsbegründung und der Rechtsausschuss sind nach dem oben zu § 8 Abs. 4 PartGG Gesagten aber davon ausgegangen, dass die Berufshaftpflicht keine Pflichtversicherung, sondern eine freiwillige Versicherung darstellt bzw. § 8 Abs. 4 PartGG eine Rechtsfolgenverweisung und keine Rechtsgrundverweisung enthält, mithin für eine entsprechende Anwendung der §§ 114 bis 124 gerade keine Pflichtversicherung vorliegen muss. Dies ist bei der Auslegung des § 51a BRAO und vergleichbarer Vorschriften zu berücksichtigen und spricht gegen eine Einordnung der Berufshaftpflichtversicherung i.S.d. § 8 Abs. 4 PartGG als Pflichthaftplichtversicherung. Gleichwohl gelten – wie schon erwähnt – gem. § 8 Abs. 4 Satz 2 PartGG für diese Berufshaftpflichtversicherungen § 113 Abs. 3 und die §§ 114 bis 124 entsprechend.
92 93 94 95
BTDrucks. 17/10487 S. 1 und S. 14. Vgl. zum Gesetzgebungsverfahren Römermann NJW 2013 2305 f. BTDrucks. 17/10487 S. 14. Zumindest in diese Richtung Römermann NJW 2013 2305, 2309 nach dem die Ver-
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sicherung als Pflichtversicherung im Sinne des VVG ausgestaltet worden sein soll. So auf der Grundlage des Gesetzesentwurfs Ruppert DStR 2013 1623, 1625. BTDrucks. 17/13944 S. 20.
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Vor §§ 113–124
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
VII. Übergangsrecht 40
Im Hinblick auf die §§ 113–124 gelten die allgemeinen Übergangsvorschriften. Insoweit finden sich keine Besonderheiten für den Abschnitt über die Pflichtversicherung. Zu den allgemeinen Übergangsregelungen vgl. Bruck/Möller/Beckmann Einf. A Rn. 68 ff.
VIII. Abdingbarkeit und Rechtswahl 41
Wie schon im früheren VVG sind die besonderen Vorschriften über die Pflichtversicherung gem. §§ 113–124 nicht abdingbar. Wie sich schon aus der Gesetzesbegründung ergibt, folgt dies aus der Rechtsnatur dieser Vorschriften und bedarf wie schon im früheren Recht keiner ausdrücklichen gesetzlichen Klarstellung.98 Nach Art. 7 Abs. 4 lit. b Rom I-VO kann ein Mitgliedstaat vorschreiben, dass auf den Versicherungsvertrag das Recht des Mitgliedstaates anzuwenden ist, der die Versicherungspflicht vorschreibt, wodurch eine Umgehung zwingender Vorschriften verhindert und ein Gleichlauf von Versicherungspflicht und dem auf den Vertrag anzuwendenden Recht erreicht werden kann. Mit dieser Regelung verfolgt der europäische Gesetzgeber das Ziel, öffentlich-rechtlichen Vorgaben sowie dem Gemeinwohlinteresse an effektivem Deckungsschutz zu entsprechen und die in Mitgliedstaaten angeordnete Versicherungspflicht zu respektieren.99 Es handelt sich bei Art. 7 Abs. 4 Rom I-VO mithin um eine Ermächtigungsnorm, die die Möglichkeit eines Rückgriffs auf das nationale Kollisionsrecht eröffnet.100 Diese Möglichkeit hat Deutschland in Art. 46c Abs. 2 EGBGB genutzt und geregelt, dass ein über eine Pflichtversicherung abgeschlossener Vertrag deutschem Recht unterliegt, wenn die gesetzliche Pflicht zu seinem Abschluss auf deutschem Recht beruht. Eine anderweitige Rechtswahl ist unzulässig. Aus Art. 46c Abs. 1 EGBGB ergibt sich für den umgekehrten Fall, dass wenn das Recht eines anderen Mitgliedstaats der EU oder des EWR eine Pflichtversicherung vorsieht, dieser nach Art 46c Abs. 1 EGBGB dem Recht dieses Staates unterliegt, vorausgesetzt dieser Staat schreibt zwingend die Anwendung eigenen Rechts vor. Deckt der Vertrag mehrere Risiken, für die in verschiedenen Mitgliedstaaten jeweils eine gesetzliche Versicherungspflicht besteht, dann ist der Vertrag im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Art. 7 Abs. 4 lit. a Rom I-VO gem. Art. 7 Abs. 5 Rom I-VO als aus mehreren Verträgen bestehend anzusehen. Das bedeutet, dass der Vertrag nach Art. 7 Abs. 4 Rom I-VO für jedes Teilrisiko die Anforderungen des jeweils anordnenden Mitgliedstaates erfüllen muss.101 Zu einer Vertragsspaltung nach Art. 7 Abs. 5 Rom I-VO kann es auch kommen, wenn das Gerichtsland ebenfalls von der Ermächtigung des Art. 7 lit. a Abs. 4 lit. b Rom I-VO Gebrauch gemacht hat und beide Mitgliedstaaten für die verschiedenen Einzelrisiken jeweils eine Versicherungspflicht vorsehen.102 Fraglich ist indes, welche Regelungen eingreifen, wenn mehrere Mitgliedstaaten für das gleiche Risiko unterschiedlich ausgestaltete Versicherungspflichten vorschreiben. Denkbar wäre
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101
BTDrucks. 16/3945 S. 87. Perner IPRax 2009 218, 222. Ferrari/Kieninger/Mankowski/Staudinger, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. (2011) VO (EG) 593/2008 (Rom I-VO) Art. 7 Rn. 52. Langheid/Wandt/Staudinger Internationales Versicherungsvertragsrecht Rn. 112.
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Ferrari/Kieninger/Mankowski/Staudinger, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. (2011) VO (EG) 593/2008 (Rom I-VO) Art. 7 Rn. 53; Langheid/Wandt/Staudinger Internationales Versicherungsvertragsrecht Rn. 112.
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Übersicht über Pflichtversicherungen
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es, die verschiedenen Rechtsordnungen kumulativ anzuwenden, so dass der VN den in den verschiedenen Rechtsordnungen enthaltenen Versicherungspflichten genügen muss. Dies dürfte den VN allerdings nicht nur unverhältnismäßig belasten, sondern ihn im Falle divergierender Anforderungen vor kaum lösbare Probleme stellen. Vorzugswürdig erscheint es deshalb, das Recht des Staates anzuwenden, der die engste Verbindung zum Versicherungsvertrag aufweist. Nur dieser Staat darf damit dann auch nach Art. 7 Abs. 4 lit. b Rom I-VO die Anwendbarkeit seines Rechts auf den Vertrag vorschreiben.103
Anhang zu den Vorbemerkungen zu §§ 113–124 Übersicht Rn. I. Pflichthaftpflichtversicherungen des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Pflichthaftpflichtversicherungen der Bundesländer (geordnet nach Tätigkeitsbereichen) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Architekten, Ingenieure, Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen; Berufsgesellschaften als Partnerschaftsgesellschaften und als Kapitalgesellschaften sowie Prüfingenieure, Prüfsachverständige und bauvorlageberechtigte Entwurfsverfasser . . . . . . 2. Betrieb von privaten Eisenbahnen, Bergbahnen und Seilbahnen, Schleppliften, etc. . . . . . . . . . . . . . . .
Rn. 3. Elektrofischerei . . . . . . . . . . . . 4. Hebammen . . . . . . . . . . . . . . 5. Heilberufe . . . . . . . . . . . . . . 6. Hundehalter-Haftpflichtversicherung 7. Jäger, Jägerprüfung, Falknerprüfung, Anerkennung von Jagdhunden . . . . 8. Sachverständige i.S.v. § 36 Abs. 1 GewO . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sachverständige, Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) i.S.d. Anlagenverordnungen (VAwS) der Länder, Wasser- und Abwasseruntersuchungsstellen und sonstige Prüfstellen . . . . 10. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . .
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Übersicht über Pflichtversicherungen, insbesondere Pflichthaftpflichtversicherungen Die folgende Übersicht1 enthält vorrangig Pflichthaftpflichtversicherungen (zum Be- 1 griff Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 7 ff.). Wegen ihrer sachlichen Nähe finden sich auch Pflichtversicherungen, die andere Risiken decken. Zudem finden sich in dieser Übersicht Bestimmungen, nach denen der Normadressat die Wahl insbesondere zwischen einer Versicherung oder einer anderen Form einer Sicherheitsleistung hat (dazu § 113 Rn. 15). Des Weiteren finden sich auch Regelungen, bei denen der Abschluss einer Versicherung in das Ermessen einer Behörde gestellt wird (dazu § 113 Rn. 12). Ebenfalls aus Gründen des Sachzusammenhangs mit aufgeführt sind Versicherungen, bei denen die gesetzliche Pflicht zum Abschluss mittlerweile entfallen ist. Auch aufgeführt sind Versicherungen die lediglich abgeschlossen werden sollen (zur Einordnung dieser Versicherungen und der
103
Langheid/Wandt/Staudinger Internationales Versicherungsvertragsrecht Rn. 113; Ferrari/Kieninger/Mankowski/Staudinger, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. (2011) VO (EG) 593/2008 (Rom I-VO) Art. 7 Rn. 54.
1
Vergleichbare Übersichten finden sich unter anderem bei Prölss/Martin/Prölss 28 Vorbemerkungen V.; Langheid/Wandt/Brand Vor §§ 113–124 Rn. 19 f. sowie auch BTDrucks. 16/4973, S. 12 ff.; BTDrucks. 16/5497, S. 6 ff.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
durch Kammervorschriften verpflichtend vorgesehenen Versicherungen als Pflichtversicherungen § 113 Rn. 14). In aller Regel sind zuvor genannte Besonderheiten besonders gekennzeichnet. Versicherungspflichten im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung, bei der es sich um eine öffentlich-rechtliche Versicherung handelt, sind in dieser Übersicht zu privatrechtlichen Pflichthaftpflichtversicherungen nicht enthalten.
I. Pflichthaftpflichtversicherungen des Bundes 2 • Abfalltransport: § 7 Abs. 2 Nr. 1 lit. e) der Verordnung zur Beförderungserlaubnis, Beförderungserlaubnisverordnung, BefErlV (BGBl. I 1996, 1411) i.d.F. v. 24.2.2012. • Abfallverbringung: Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 vom (14.6.2006) über die Verbringung von Abfällen i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2006 über die Verbringung von Abfällen und des Basler Übereinkommens vom 22.3.1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, Abfallverbringungsgesetz, AbfVerbrG (BGBl. I 2007, 1462) i.d.F. v. 19.7.2007, Besonderheit: Sicherheitsleistungen oder Abschluss einer Versicherung zur Abdeckung von Transportkosten, Kosten der Verwertung oder Beseitigung, einschließlich aller erforderlichen vorläufigen Verfahren und Lagerkosten für 90 Tage. • Abfall-Entsorgungsfachbetriebe: siehe Entsorgungsfachbetriebe. • Anbieter von Lehrgängen zur Vermittlung der Fachkunde für den Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen: § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, S. 2 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz, 1. SprengV (BGBl. I 1991, 169) i.d.F. v. 17.7.2009. • Anlageberater: siehe Makler. • Arzneimittelhersteller: siehe pharmazeutische Unternehmer. 3 • Bahnbetrieb von privaten Eisenbahnen, Bergbahnen und Schleppliften; Verpflichtung zur Versicherung und Deckung der durch den Betrieb einer Eisenbahn verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden: § 26 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 5 S. 1 (für nichtöffentliche Eisenbahnen) des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, AEG (BGBl. I 1993, 2378, 2396 [1994 I 2439]) i.d.F. v. 12.9.2012 i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Haftpflichtversicherung der Eisenbahnen, Eisenbahnhaftpflichtversicherungsverordnung, EBHaftPflV (BGBl. I 1995, 2101) i.d.F. v. 3.8.2005; Für Halter von Eisenbahnfahrzeugen, die mit diesen selbstständig und nichtselbstständig am Eisenbahnbetrieb teilnehmen: §§ 31, 32 Abs. 1 Nr. 3 AEG (i.d.F. v. 27.6.2012) i.V.m. § 26 Abs. 1 Nr. 8 AEG (i.d.F. v. 12.9.2012), § 1 Abs. 1 EBHaftPflV (i.d.F. v. 3.8.2005). • Bauträger und Baubetreuer: siehe Makler. • Betreiber einer gentechnischen Anlage, in der gentechnische Arbeiten der Sicherheitsstufen 2 bis 4 durchgeführt werden sollen, oder der Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen vornimmt: § 36 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik, Gentechnikgesetz, GenTG (BGBl. I 1993, 2066) i.d.F. v. 17.3.2006 Besonderheit: Haftpflichtversicherungspflicht oder Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung; Verordnungsermächtigung gem. § 36 Abs. 1 GenTG, Verordnung bisher nicht in Kraft getreten. • Betreuungsvereine: § 1908f Abs. 1 Nr. 1 BGB (i.d.F. v. 21.4.2005). • Bewachungsgewerbe: § 34a Abs. 2 Nr. 3c GewO (BGBl. I 1999, 202) i.d.F. v. 12.12. 2008 i.V.m. § 6 der Verordnung über das Bewachungsgewerbe, Bewachungsverordnung, BewachV (BGBl. I 2003, 1378) i.d.F. v. 23.11.2007.
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Übersicht über Pflichtversicherungen
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• Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen: §§ 3, 8 der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen, Bodenabfertigungsdienst-Verordnung, BADV (BGBl. I 1997, 2885) i.d.F. v. 16.3.2006 i.V.m. der Anlage 3 Ziff. 2 B Abs. 6 (i.d.F. v. 16.3.2006). • De-Mail-Diensteanbieter: siehe unter Zertifizierungsdiensteanbieter. • Deponien: § 18 Abs. 2 der Verordnung über Deponien und Langzeitlager, Deponieverordnung, DepV (BGBl. I 2009, 900) i.d.F. v. 17.10.2011, Besonderheit: verschiedene Arten von Sicherheitsleistungen des Deponiebetreibers, u.a. auch in Form einer „gleichwertigen Sicherheit“: § 18 Abs. 2 Nr. 3 DepV. • Eichwesen, Haftung des Trägers einer staatlich anerkannten Prüfstelle für die Eichung von Messgeräten für Elektrizität, Gas, Wasser oder Wärme: § 63 Abs. 2 der Eichordnung, EO (BGBl. I 1988, 1657) i.d.F. v. 12.8.1988, Besonderheit: lediglich „Kann“Regelung (dazu § 113 Rn. 12). • Entsorgungsfachbetriebe; Nachweis eines „ausreichenden“ Versicherungsschutzes: § 6 S. 1 der Verordnung über Entsorgungsfachbetriebe, Entsorgungsfachbetriebeverordnung, EfbV (BGBl. I 1996, 1421) i.d.F. v. 10.9.1996 – bei Betrieben, die Abfälle lagern, behandeln, verwerten oder beseitigen (S. 3 Nr. 1): mindestens eine Umwelthaftpflichtversicherung und eine Betriebshaftpflichtversicherung – bei Betrieben, die Abfälle einsammeln oder befördern (S. 3 Nr. 2): Kraftfahrzeugund Umwelthaftpflichtversicherung. • Gefahrgutbeförderung: § 3 Abs. 1 S. 4 des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter, Gefahrgutbeförderungsgesetzes, GGBefG (BGBl. I 2009, 1774, 3975) i.d.F. v. 7.7.2009 Besonderheit: Verordnungsermächtigung gem. § 36 Abs. 1 GenTG, Verordnung bisher nicht in Kraft getreten. • Gentechnische Anlage: siehe Betreiber einer gentechnischen Anlage. • Gewerblicher Güterkraftverkehr, Haftung wegen Güter- und Verspätungsschäden: § 7a Abs. 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes, GüKG (BGBl. I 1998, 1485) i.d.F. v. 22.11.2011. • Jäger, Jagdhaftpflichtversicherung: § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des Bundesjagdgesetzes, BJagdG (BGBl. I 1976, 2849) i.d.F. v. 9.12.2010. • Kfz-Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge: § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger, AuslPflVG (BGBl. I 1956, 667 [1957, 368]) i.d.F. v. 5.4.1965. • Kfz-Halter-Haftpflichtversicherung: § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter, Pflichtversicherungsgesetz, PflVG (BGBl. I 1965, 213) i.d.F. v. 5.4.1965. • Kfz-Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge der Bauart „Segway Personal Transporter“: § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr, Mobilitätshilfenverordnung, MobHV (BGBl. I 2009, 2097) i.d.F. v. 16.7.2009 i.V.m. §§ 26, 27 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr, Fahrzeug-Zulassungsverordnung, FZV (BGBl. I, 2011, 139) i.d.F. v. 22.12.2001. • Klinische Versuchsteilnehmer (Tötung, Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung eines Menschen bei der Durchführung der klinischen Prüfung eines Arzneimittels oder eines Medizinproduktes): § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 8, Abs. 3 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln, Arzneimittelgesetz, AMG (BGBl. I 2005, 3394) i.d.F. v. 19.10.2012 bzw. mit Medizinprodukten gemäß § 20 Abs. 1 S. 4 Nr. 9, Abs. 3 des Gesetzes über Medizinprodukte, Medizinproduktegesetz, MPG (BGBl. I 2002, 3146) i.d.F. v. 29.7.2009.
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• Konformitätsbewertungsstellen nach dem Gesetz über die elektronische Verträglichkeit von Betriebsmitteln, EMVG: § 10 Abs. 1 Nr. 6 EMVG (BGBl. I 2008, 220) i.d.F. v. 26.2.2008. • Konformitätsbewertungsstellen nach der Schiffsausrüstungsverordnung SchAusrV: § 3 Abs. 2 Nr. 3 SchAusrV (BGBl. I 2008, 1913) i.d.F. v. 1.10.2008. • Konformitätsbewertungsstelle: siehe notifizierte Konformitätsbewertungsstelle. • Kraftfahrzeugwerkstätten zur Durchführung von Sicherheitsprüfungen und/oder Untersuchungen der Abgase sowie Schulung der verantwortlichen Personen und Fachkräfte: Anlage VIIIc (Anlage VIII Nummer 3.1.1.1 und 3.2) Ziff. 2.9 StVZO (BGBl. I 2012, 679) i.d.F. v. 26.4.2012. • Kraftfahrzeugwerkstätten zur Durchführung von Gassystemeinbauprüfungen oder von wiederkehrenden und sonstigen Gasanlagenprüfungen sowie Schulung der verantwortlichen Personen und Fachkräfte: Anlage XVIIa (zu § 41a Absatz 7 und Anlage VIII Nummer 3.1.1.2) Ziff. 2.8 StVZO. • Krankenpflegeschüler und Lernschwestern: frühere Versicherungspflicht der Träger der Schule gem. § 8 Abs. 3 der Ersten Verordnung über die berufsmäßige Ausübung der Krankenpflege und die Errichtung von Krankenpflegeschulen, Krankenpflegeverordnung, KrPflV (RGBl. I 1938, 1310) i.d.F. v. 1.1.1964 und § 9 Abs. 3 der Ersten Verordnung über die berufsmäßige Ausübung der Säuglings- und Kinderpflege und die Errichtung von Säuglings- und Kinderpflegeschulen, Säuglings- und Kinderpflegeverordnung, SuKPflV (RGBl. I 1939, 2239) i.d.F. v. 1.1.1964, Besonderheit: mittlerweile aufgehoben (§ 8 KrPflV aufgehoben durch Art. 13 des Gesetzes über die weitere Bereinigung von Bundesrecht v. 8.12.2010 [BGBl. I 1864], wodurch zugleich die KrPflV insgesamt aufgelöst wurde; SuKPflV aufgehoben durch Art. 23 des Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht v. 14.8.2006 [BGBl. I 1869]). 9 • Lohnsteuerhilfevereine: § 25 Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes, StBerG (BGBl. I 1975, 273) i.d.F. v. 8.4.2008; § 9 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Lohnsteuerhilfevereine, DVLStHV (BGBl. I 1975, 1906) i.d.F. v. 22.6.2011. • Luftfrachtführer, Luftfahrzeughalter, Luftverkehrsunternehmen (Zulassung eines Luftfahrzeuges zum Verkehr): §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 32 Abs. 1 S. 1 Nr. 12 S. 1, 43 Abs. 2, 50 Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes LuftVG, (BGBl. I, 698) i.d.F. v. 8.5.2012 i.V.m. §§ 102–102b der Luftverkehrszulassungs-Ordnung, LuftVZO (BGBl. I, 1229) i.d.F. v. 10.7.2008. • Luftfrachtführer (Haftung für Güterschäden): § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung des Übereinkommens vom 28.5.1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr und zur Durchführung der Versicherungspflicht zur Deckung der Haftung für Güterschäden nach der Verordnung (EG) Nr. 785/2004, Montrealer-Übereinkommen-Durchführungsgesetz, MontÜG (BGBl. I 2004, 550, 1027) i.d.F. v. 24.8.2009, Art. 50 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 28.5.1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, Montrealer Übereinkommen (BGBl. II 2004, 458), § 44 Nr. 4 LuftVG (i.d.F. v. 24.8.2009), § 104 LuftVZO (i.d.F. v. 10.7.2008). 10 • Makler, Anlageberater, Bauträger, Baubetreuer: § 34c Abs. 1, 3 S. 1 Nr. 1 GewO (i.d.F. v. 6.12.2011) i.V.m. § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehensvermittler, Bauträger und Baubetreuer, Makler- und Bauträgerverordnung, MaBV (BGBl. I 1990, 2479) i.d.F. v. 2.5.2012, Besonderheit: Sicherheitsleistung oder Abschluss entsprechender Versicherung. 11 • Notare und Notarkammern: § 19a Abs. 1 S. 1, § 67 Abs. 3 Nr. 3 der Bundesnotarordnung, BNotO (BGBl. I 1961, 97) i.d.F. v. 30.7.2009.
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• Notifizierte Konformitätsbewertungsstellen nach § 12 des Gesetzes über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt, Produktsicherheitsgesetz, ProdSG (BGBl. I 2011, 2179 [2012 I 131]) i.d.F. v. 8.11.2011, GS-Stellen nach § 23 ProdSG i.V.m. § 13 Abs. 8 ProdSG (i.d.F. v. 8.11.2011); siehe auch Überwachungsstellen überwachungsbedürftiger Anlagen. • Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige: § 36 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) GewO 12 (i.d.F. v. 17.7.2009); Verordnungsermächtigung für Landesregierungen, Besonderheit: „Kann“-Regelung; vgl. im Übrigen Regelungen der Bundesländer unter Rn. 124 ff. • Ölschadenhaftpflicht im Seeverkehr: § 2 des Gesetzes über die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden durch Seeschiffe, Ölschadengesetz, ÖlSG (BGBl. I 1988, 1770) i.d.F. v. 31.10.2006, Besonderheit: Versicherung oder sonstige finanzielle Sicherheit. • Patentanwälte: § 45 der Patentanwaltsordnung, PAO (BGBl. I 1966, 557) i.d.F. 13 v. 14.8.2009; Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 PartGG: § 45a PAO (i.d.F. v. 15.7.2013), zur rechtlichen Einordnung der Berufshaftpflichtversicherung bei Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 des Gesetzes über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe, PartGG (BGBl. I 1994, 1744) i.d.F. v. 15.7.2013 siehe Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 39. • Pharmazeutische Unternehmer: § 94 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 i.V.m. § 88 S. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln, Arzneimittelgesetz, AMG (BGBl. I 2005, 3394) i.d.F. v. 19.10.2012 Besonderheit: Haftpflichtversicherung oder Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung. • Probandenversicherung: siehe klinische Versuchsteilnehmer. • Produktsicherheit: siehe notifizierte Konformitätsbewertungsstelle nach dem Produktsicherheitsgesetz. • Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen: § 7 Abs. 1 der Verordnung über das Inverkehrbringen von Heizkesseln und Geräten nach dem Bauproduktengesetz, BauPGHeizkesselV (BGBl. I 1998, 796) i.d.F. v. 28.4.1998. • Prüfingenieure für Bautechnik: § 15 Abs. 2 Nr. 7 der Anordnung über Bauvorlagen, bautechnische Prüfungen und Überwachung, BauVorl-/BauPrüf-/ÜbAO (GBl. DDR I Nr. 57, 1400 i.d.F. v. 13.8.1990); insgesamt für die beigetretenen Länder fortgeltendes Recht der ehem. Deutschen Demokratischen Republik gem. Art. 3 Nr. 32 lit. a) der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Durchführung und Auslegung des am 31.8.1990 in Berlin unterzeichneten Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag (BGBl. II 1990, 1239) i.d.F. v. 18.9.1990 nach Maßgabe des Art. 9 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands, Einigungsvertrag (BGBl. II 1990, 889) i.d.F. v. 31.8.1990 i.V.m. Art. 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 31.8.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertragsgesetz – und der Vereinbarung vom 18.9.1990, Einigungsvertragsgesetz (BGBl. II 1990, 885) i.d.F. v. 23.9.1990; Besonderheit: inzwischen im Wesentlichen durch Ländergesetze ersetzt (vgl. Langheid/Wandt/Brandt Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 19 unter Nr. 32), vgl. zu Ländergesetzen noch unter Rn. 21 ff. • Rechtsanwälte: § 51 BRAO (BGBl. I 1959, 565) i.d.F. v. 30.7.2009; § 7 des Gesetzes 14 über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland, EuRAG (BGBl. I 2000, 182, 1349) i.d.F. v. 30.7.2009; Rechtsanwaltsgesellschaften: § 59j BRAO (i.d.F.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
v. 13.12.2001); Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 PartGG: § 51a BRAO (i.d.F. v. 15.7.2013), zur rechtlichen Einordnung der Berufshaftpflichtversicherung bei Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 des Gesetzes über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe, PartGG (BGBl. I 1994, 1744) i.d.F. v. 15.7.2013 siehe Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 39. Reiseveranstalter: § 651k Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB (i.d.F. v. 2.1.2002), Besonderheit: Sicherung des Insolvenzausfallrisikos durch Versicherung oder Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts. Sachverständige für den Bau, die Instandhaltung, den Betrieb und den Verkehr von Eisenbahnen: § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 lit. c) des Allgemeines Eisenbahngesetzes, AEG (i.d.F. v. 12.9.2012), Besonderheit: Verordnungsermächtigung (eine aufgrund des § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 lit. c) AEG erlassene Verordnung ist laut Auskunft des BMVBS bisher weder existent noch geplant). Schaustellergeschäfte (unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller oder nach Schaustellerart): § 55f GewO (i.d.F. v. 31.10.2006) i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Haftpflichtversicherung für Schausteller, Schaustellerhaftpflichtverordnung, SchauHV (BGBl. I 1984, 1598) i.d.F. v. 10.11.2001; versicherungspflichtig sind nach § 1 Abs. 2 SchauHV: Schaustellergeschäfte mit Personenbeförderung oder -bewegung; Schießgeschäfte; Schaufahren mit Kraftfahrzeugen, Steilwandbahnen; Zirkusse; Schaustellungen von gefährlichen Tieren; Reitbetriebe. Schießstättenbetreiber: § 27 Abs. 1 WaffG (BGBl. I 2002, 3970) i.d.F. v. 17.7.2009. Schiffverkehrs-Gefahrenabwehrstellen nach dem SOLAS-Übereinkommen und dem ISPS-Code: § 3 Abs. 2 Nr. 5 d) der Verordnung zur Eigensicherung von Seeschiffen zur Abwehr äußerer Gefahren, See-Eigensicherungsverordnung, SeeEigensichV (BGBl. I 2005, 2787) i.d.F. v. 19.9.2005. Schusswaffen und Munition durch Brauchtumsschützen, Führen von Waffen und Schießen zur Brauchtumspflege: § 16 Abs. 3 S. 2 Nr. 4. i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 5 WaffG (i.d.F. v. 11.10.2002); siehe auch unter Waffenschein. Sportboote; Anforderungen an Fahrzeuge, die mit Charterbescheinigung geführt werden dürfen: Anlage 6 (zu § 9 Abs. 2 Nr. 2) Ziff. 1. der Verordnung über die gewerbsmäßige Vermietung von Sportbooten sowie deren Benutzung auf den Binnenschifffahrtsstraßen, Binnenschifffahrt-Sportbootvermietungsverordnung, BinSch-SportbootVermV (BGBl. I 2000, 572) i.d.F. v. 21.4.2009. Stellen zur Überwachung überwachungsbedürftiger Anlagen im Sinne des § 2 Nr. 30 ProdSG: § 37 Abs. 5 S. 2 Nr. 4 ProdSG (i.d.F. v. 8.11.2011). Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Steuerberatungsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 PartGG: § 67 StBerG (i.d.F. v. 15.7.2013); § 51 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften, DVStB (BGBl. I 1979, 1922) i.d.F. v. 15.7.2013; zur rechtlichen Einordnung der Berufshaftpflichtversicherung bei Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 PartGG siehe Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 39. Strahlenschutz: Anwendung radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung am Menschen in der medizinischen Forschung: § 24 Abs. 1 Nr. 10 der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen, Strahlenschutzverordnung, StrlSchV (BGBl. I 2001, 1714 [2002 I 1459]) i.d.F. v. 4.10.2011 bzw. § 28b Abs. 1 Nr. 10 der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen, Röntgenverordnung, RöV (BGBl. I 2003, 604) i.d.F. v. 4.10.2011 i.V.m. §§ 13, 26 Abs. 1 AtomG (BGBl. I 1985, 1565) i.d.F. v. 22.4.2002 i.V.m. §§ 1, 2 der Verordnung über
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die Deckungsvorsorge nach dem AtomG, Atomrechtliche Deckungsvorsorge-Verordnung, AtDeckV (BGBl. I 1977, 220) i.d.F. v. 22.4.2002. Träger des Entwicklungshilfedienstes zugunsten der Entwicklungshelfer: § 6 des Entwicklungshelfer-Gesetzes, EhfG (BGBl. I 1969, 549) i.d.F. v. 29.6.1976. Überwachungsorganisationen zur Durchführung von Hauptuntersuchungen, Abgasuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen: Anlage VIIIb (Anlage VIII Nummer 3.1 und 3.2) Ziff. 2.6 StVZO (i.d.F. v. 10.5.2012). Überwachungsstellen überwachungsbedürftiger Anlagen gem. § 37 ProdSG: § 21 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes, Betriebssicherheitsverordnung, BetrSichV (BGBl. I 2002, 3777) i.d.F. v. 8.11.2011. Versicherungsvermittler und -berater: § 34d Abs. 2 Nr. 3 GewO (i.d.F. v. 17.3.2009) i.V.m. § 9 der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung, Versicherungsvermittlungsverordnung, VersVermV (BGBl. I 2007, 733) i.d.F. v. 19.12.2008. Waffenschein- oder Schießerlaubnisbewerber: § 4 Abs. 1 Nr. 5 WaffG (i.d.F. v. 17.7.2009). Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 PartGG: § 54 des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüferordnung (BGBl. I 1975, 2803) i.d.F. v. 15.7.2013, zur rechtlichen Einordnung der Berufshaftpflichtversicherung bei Partnerschaftsgesellschaften mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 PartGG siehe Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 39. Zertifizierungsdiensteanbieter: § 12 des Gesetzes über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen, Signaturgesetz, SigG (BGBl. I 2001, 876) i.d.F. v. 16.5.2001 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur elektronischen Signatur, Signaturverordnung, SigV (BGBl. I 2001, 3074) i.d.F. v. 15.11.2010. in diesem Zusammenhang: De-Mail-Diensteanbieter (Akkreditierung): § 18 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) des De-Mail-Gesetzes (BGBl. I 2011, 666) i.d.F. v. 22.12.2011. Zwangsverwalter: § 1 Abs. 4 der Zwangsverwalterverordnung, ZwVwV (BGBl. I 2003, 2804) i.d.F. v. 19.12.2003.
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II. Pflichthaftpflichtversicherungen der Bundesländer (geordnet nach Tätigkeitsbereichen): 1. Architekten, Ingenieure, Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen; Berufs- 21 gesellschaften als Partnerschaftsgesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe, Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, (PartGG, BGBl. I 1994, 1744) i.d.F. v. 22.7.2008 (Gesellschaften, in denen sich Angehörige Freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen) nach § 8 Abs. 3 PartGG (i.d.F. v. 15.7.2013) und als Kapitalgesellschaften sowie Prüfingenieure, Prüfsachverständige und bauvorlageberechtigte Entwurfsverfasser: • Baden-Württemberg: Berufsgesellschaften gem. § 8 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 2a Abs. 3 22 S. 1 des Architektengesetzes Baden-Württemberg (ArchG BW i.d.F. v. 28.10.2010); Bausachverständige (Prüfingenieure für Bautechnik) gem. § 73 Abs. 2, 5 der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO i.d.F. v. 5.3.2010) i.V.m. § 1 Abs. 10 der Verordnung des Umweltministeriums über die bautechnische Prüfung baulicher An-
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lagen, Bauprüfverordnung (BauPrüfVO i.d.F. v. 28.2.2012); beratende Ingenieure und deren Berufsgesellschaften gem. § 17 Abs. 2 Nr. 5 des Gesetzes über die Errichtung einer Ingenieurkammer und über die Berufsordnung der Beratenden Ingenieure in Baden-Württemberg, Ingenieurkammergesetz (i.d.F. v. 28.3.2011); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 10 der Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum über die Bestellung sowie die Rechte und Pflichten der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure und die Vergütung für ihre Tätigkeit (i.d.F. v. 1.12.1977). 23 • Bayern: Architekten- und Ingenieursgesellschaften gem. Art. 8 Abs. 6 des Gesetzes über die Bayerische Architektenkammer und die Bayerische IngenieurekammerBau, Baukammerngesetz (BauKaG i.d.F. v. 9.5.2007); Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Bautechnik gem. Art. 80 Abs. 5 Nr. 4 der Bayerischen Bauordnung (BayBO i.d.F. v. 14.8.2007) i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 4 der Verordnung über die Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständigen im Bauwesen (PrüfVBau i.d.F. v. 29.11.2007). 24 • Berlin: Berufsgesellschaften und selbständig tätige Ingenieure gem. §§ 19, 33 Abs. 3, 40 Abs. 1 Nr. 2, 53 Abs. 2 Nr. 7 des Berliner Architekten- und Baukammergesetzes (ABKG i.d.F. v. 6.7.2006) und § 10 Abs. 1 der Berufsordnung der Baukammer Berlin (v. 21.12.2012); Prüfingenieure und Prüfsachverständige gem. § 84 Abs. 2 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln i.d.F. v. 29.5.2005) i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 5 der Bautechnischen Prüfungsverordnung (BauPrüfV i.d.F. v. 12.2.2010); Bauaufsicht für fliegende Bauten (TÜV Rheinland Industrie Service GmbH – Regionalbereich Berlin) gem. § 84 Abs. 8 BauO Bln i.V.m. § 1 Abs. 6 der Verordnung über die Übertragung von bauaufsichtlichen Aufgaben für Fliegende Bauten (FlBauÜV i.d.F. v. 12.2.2010); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Fragen des Bauwesens, Städtebaus und Berufswesens gem. § 14 Abs. 1 der Sachverständigenordnung der Architektenkammer Berlin (i.d.F. v. 24.2.2011); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 3 Abs. 7, 8 Nr. 2 bis 4 des Gesetzes über das Vermessungswesen in Berlin (VermGBln i.d.F. v. 9.1.1996) i.V.m. § 17 der Verordnung über den Beruf des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs, ÖbVI-Berufsordnung (ÖbVI-BO i.d.F. v. 31.3.1987). 25 • Brandenburg: Berufsgesellschaften (Architekt) gem. § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 2 Nr. 7 und Abs. 3 des Brandenburgischen Architektengesetzes (BbgArchG i.d.F. v. 8.3.2006); Ingenieursgesellschaften (Partnerschaften) gem. § 19 Abs. 3 des Brandenburgischen Ingenieurgesetzes (BbgIngG i.d.F. v. 29.6.2004); Ingenieurkammermitglieder gem. § 24 Abs. 2 Nr. 4 BbgIngG (i.d.F. v. 29.6.2004); Baubeteiligte gem. § 46 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO i.d.F. v. 17.9.2008); Prüfingenieure für Bautechnik gem. § 80 Abs. 3 BbgBO (i.d.F. v. 17.9.2008) i.V.m. § 5 Abs. 2 der Verordnung über die Anerkennung von Prüfingenieuren und über die bautechnischen Prüfungen im Land Brandenburg, Brandenburgische Bautechnische Prüfungsverordnung (BbgBauPrüfV i.d.F. v. 10.9.2008); Bauaufsicht für fliegende Bauten (TÜV Rheinland Industrie Service GmbH – Regionalbereich Berlin) gem. § 80 Abs. 3, 5 BbgBO (i.d.F. v. 17.9.2008) i.V.m. § 20 Abs. 6 BbgBauPrüfV (i.d.F. v. 10.9.2008); Prüfsachverständige für Bautechnik gem. § 80 Abs. 3 BbgBO (i.d.F. v. 17.9.2008) i.V.m. § 3 Abs. 6 der Verordnung über die im Land Brandenburg bauaufsichtlich anerkannten Prüfsachverständigen, Brandenburgische Prüfsachverständigenverordnung (BbgPrüfSV i.d.F. v. 5.11.2009); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Ingenieurwesen gem. § 13 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der Brandenburgischen Ingenieurkammer (v. 6.7.1995); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Bauwesen gem. § 15 Abs. 1 der Sachverständigenordnung der Brandenburgischen Architektenkammer (v. 21.4.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung; öffentlich bestellte
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Vermessungsingenieure gem. § 9 Abs. 3 der Berufsordnung der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Land Brandenburg, ÖbVI-Berufsordnung (ÖBVIBO i.d.F. v. 18.10.2000). • Bremen: Architektenkammermitglieder gem. § 13 Abs. 2 Nr. 5 und Berufsgesellschaf- 26 ten (Partnerschaften und Kapitalgesellschaften) gem. § 4 Abs. 4 des Bremischen Architektengesetzes (BremArchG i.d.F. v. 25.2.2003); Ingenieurkammermitglieder gem. § 25 Abs. 2 Nr. 5 des Bremischen Ingenieurgesetzes (BremIngG i.d.F. v. 25.2.2003); Zusammenschluss Beratender Ingenieure gem. § 6 Abs. 2 Nr. 7 BremIngG (i.d.F. v. 25.2.2003); Sachverständige für energiesparendes Bauen gem. § 17 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 lit. e) des Gesetzes zur Förderung der sparsamen und umweltverträglichen Energieversorgung und Energienutzung im Lande Bremen, Bremisches Energiegesetz (BremEG i.d.F. v. 17.9.1991) i.V.m. § 10 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung der Energieeinsparverordnung und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes im Land Bremen (EnEV/EEWärmeGV i.d.F. v. 21.12.2010); Prüfingenieure und Prüfsachverständige gem. § 84 Abs. 4 Nr. 4 der Bremischen Landesbauordnung (i.d.F. v. 6.10.2009) i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 4 der Bremischen Verordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachverständigen (BremPPV i.d.F. v. 16.12.2010); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 14 Abs. 4 des Bremischen Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (BremÖbVIG i.d.F. v. 24.11.2009). • Hamburg: Architektenkammermitglieder und außerordentliche Mitglieder gem. § 19 27 Abs. 2 Nr. 5 und Berufsgesellschaften (Partnerschaften und Kapitalgesellschaften) gem. § 10 Abs. 3 des Hamburgischen Architektengesetzes (HmbArchtG i.d.F. v. 11.4.2006); Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Bautechnik gem. § 81 Abs. 8 Nr. 5 der Hamburgischen Bauordnung (HBauO i.d.F. v. 14.12.2005) i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 5 der Verordnung über Prüfingenieurinnen und Prüfingenieure, Prüfsachverständige und Technische Prüfungen, Prüfverordnung (PVO i.d.F. v. 14.2.2006); Ingenieurgesellschaften (Partnerschaften und Kapitalgesellschaften) gem. § 6a Abs. 3 S. 1 des Hamburgischen Gesetzes über das Ingenieurwesen (HmbIngG i.d.F. v. 10.12.1996); Ingenieurkammermitglieder, beratende und auswärtig beratende Ingenieure gem. § 17 Abs. 2 Nr. 5 HmbIngG (i.d.F. v. 10.12.1996); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Architektenleistungen gem. § 2 Abs. 2 S. 1 Buchstabe h) der Ordnung der Hamburgischen Architektenkammer über die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen (Sachverständigenordnung v. 12.1.1977); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 12 Abs. 4 der Verordnung über öffentlich bestellte Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure (ÖbVI-VO i.d.F. v. 11.10.1995). • Hessen: Architekten und Stadtplaner gem. § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 8, §§ 4 Abs. 6 Nr. 5, 28 15 Abs. 1 Nr. 6, Berufsgesellschaften gem. § 6 Abs. 4 und auswärtige Berufsangehörige und Berufsgesellschaften gem. § 7 Abs. 2 Nr. 4, § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 des Hessischen Architekten- und Stadtplanergesetzes (HASG i.d.F. v. 23.5.2002); bauvorlageberechtigte Entwurfsverfasser gem. § 49 Abs. 8 S. 2 der Hessischen Bauordnung (HBO i.d.F. v. 15.1.2011); Prüfberechtigte und Prüfsachverständige gem. § 5 Abs. 2 der Hessischen Verordnung über Prüfberechtigte und Prüfsachverständige nach der Hessischen Bauordnung, Hessische Prüfberechtigten- und Prüfsachverständigenverordnung (HPPVO i.d.F. v. 18.12.2006); privatrechtlich organisierte Prüfämter (Standsicherheit) gem. § 14 Abs. 2 S. 3 HPPVO (i.d.F. v. 18.12.2006); Nachweisberechtigte für Standsicherheit gem. § 59 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2 und Abs. 5, § 80 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 HBO (i.d.F. v. 15.1.2011) i.V.m. § 6 Abs. 3 der Verordnung über Nachweisberechtigte für bautechnische Nachweise nach der Hessischen Bauordnung, Nachweisberechtigten-Verordnung (NBVO i.d.F. v. 3.12.2002); beratende Ingenieure gem.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
§ 14 Abs. 1 Nr. 7 und solche in einer Ingenieursgesellschaft als Partnerschaftsgesellschaft gem. § 18a Abs. 3 des Gesetzes über die Errichtung einer Ingenieurkammer und über die Berufsordnung der beratenden Ingenieure in Hessen, Ingenieurkammergesetz (IngKammG i.d.F. v. 30.9.1986) i.V.m. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der Ingenieurkammer Hessen (v. 12.11.2010); bauvorlageberechtigte Ingenieurinnen und Ingenieure gem. § 19a Abs. 6 IngKammG (i.d.F. v. 30.9.1986); Stadtplaner gem. § 19b Abs. 8 Nr. 5 IngKammG (i.d.F. v. 30.9.1986); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Fragen des Bauwesens, Städtebaus und Berufswesens gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (v. 25.8.2009); öffentlich bestellte und vereidigte Vermessungsingenieure gem. § 5 Abs. 3 des Hessischen Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Vermessungsingenieure (HÖbVIngG i.d.F. v. 6.10.2010). 29 • Mecklenburg-Vorpommern: Architekten und Ingenieure gem. §§ 29 Abs. 1 Nr. 3, 30 des Gesetzes zur Neufassung des Architekten- und Ingenieurrechts des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Architekten- und Ingenieurgesetz (ArchIngG M-V i.d.F. v. 18.11.2009); Berufsgesellschaften gem. § 13 Abs. 2 ArchIngG M-V (i.d.F. v. 18.11.2009); Bauaufsicht für fliegende Bauten (Prüfstelle) gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 der Verordnung zur Übertragung von bauaufsichtlichen Aufgaben für Fliegende Bauten (ÜVO-FlBau M-V i.d.F. v. 22.4.2005); Prüfingenieure und Prüfsachverständige gem. § 85 Abs. 4 Nr. 3 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V i.d.F. v. 18.4.2006) i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 4 der Verordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachverständigen, Prüfingenieure- und Prüfsachverständigenverordnung (PPVO M-V i.d.F. v. 10.7.2006); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Ingenieurwesens gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigensatzung der Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern (v. 20.4.2010); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Land Mecklenburg-Vorpommern (BO-ÖbVI M-V i.d.F. v. 2.6.1994). 30 • Niedersachsen: Bauvorlageberechtigte Entwurfsverfasser von genehmigungsfreien Baumaßnahmen i.S.d. § 62 Abs. 1 gem. § 62 Abs. 4 S. 1 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO i.d.F. v. 3.4.2012); freischaffende Architekten gem. §§ 4a Abs. 1 S. 2, 24 Abs. 2 Nr. 4 und Berufsgesellschaften gem. § 4b Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Architektengesetzes (NArchtG i.d.F. v. 26.3.2003); Prüfingenieure für Baustatik gem. § 3 Abs. 3 Nr. 6 der Verordnung über die bautechnische Prüfung von Baumaßnahmen, Bautechnische Prüfungsverordnung (BauPrüfVO i.d.F. v. 24.7.1987); Ingenieure gem. § 29 Abs. 2 Nr. 4, beratende Ingenieure gem. § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 und Berufsgesellschaften gem. § 7 Abs. 2 S. 1 des Niedersächsischen Ingenieurgesetzes (NIngG i.d.F. v. 12.7.2007); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Architekten- und Bauwesens gem. §§ 3 Abs. 2 Buchstabe h), 15 Abs. 2 S. 1 der Sachverständigenordnung der Architektenkammer Niedersachsen (v. 26.5.2004); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Ingenieurwesens gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung (SVO) der Ingenieurkammer Niedersachsen (v. 4.12.2008); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 3 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über Öffentlich bestellte Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (NÖbVIngG i.d.F. v. 16.12.1993). 31 • Nordrhein-Westfalen: Architekten gem. § 22 Abs. 2 Nr. 5, Berufsgesellschaften gem. § 8 Abs. 2, 3 oder auswärtige Gesellschaften gem. § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 des Gesetzes über den Schutz der Berufsbezeichnungen „Architekt“, „Architektin“, „Stadtplaner“
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und „Stadtplanerin“ sowie über die Architektenkammer, über den Schutz der Berufsbezeichnung „Beratender Ingenieur“ und „Beratende Ingenieurin“ sowie über die Ingenieurkammer-Bau, Baukammerngesetz (BauKaG NRW i.d.F. v. 16.12.2003) i.V.m. §§ 19, 20 der Verordnung zur Durchführung des Baukammerngesetzes (DVO BauKaG NRW i.d.F. v. 23.10.2004); Ingenieure gem. § 46 Abs. 2 Nr. 5 BauKaG NRW (i.d.F. v. 16.12.2003) i.V.m. § 19 DVO BauKaG NRW (i.d.F. v. 23.10.2004) und Berufsgesellschaften beratender Ingenieure gem. § 33 Abs. 2 oder auswärtige Gesellschaften gem. § 34 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauKaG NRW (i.d.F. v. 16.12.2003) i.V.m. §§ 19, 20 DVO BauKaG NRW; staatlich anerkannte Sachverständige gem. § 6 Abs. 1 der Verordnung über staatlich anerkannte Sachverständige nach der Landesbauordnung (SV-VO i.d.F. v. 29.4.2000) i.V.m. §§ 21, 19 DVO BauKaG NRW; öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Bauwesens gem. § 14 Nr. 2 der Sachverständigenordnung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (v. 12.11.2011); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Ingenieurwesens gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen (SVO IK-Bau NRW v. 9.11.2010) i.V.m. § 19 Abs. 2 und 4 DVO BauKaG NRW (i.d.F. v. 30.6.2009); Prüfingenieure für Bautechnik gem. § 85 Abs. 2 S. 3, Abs. 6 Nr. 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Landesbauordnung (BauO NRW i.d.F. v. 1.3.2000) i.V.m. § 24 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauPrüfVO i.d.F. v. 6.12.1995); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 9 Abs. 4 der Berufsordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure/ Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-Westfalen (ÖbVermIng BO NRW i.d.F. v. 15.12.1992) i.V.m. §§ 3, 4 der Ersten Verordnung zur Durchführung der Berufsordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in NordrheinWestfalen (1. DVOzÖbVermIngBO i.d.F. v. 26.8.1965). • Rheinland-Pfalz: Prüfingenieure für Baustatik gem. § 59 Abs. 3, § 66 Abs. 5, § 87 32 Abs. 4 Nr. 3 lit. b), Abs. 5 der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO i.d.F. v. 24.11.1998) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 9 der Landesverordnung über Prüfingenieurinnen und Prüfingenieure für Baustatik (PrüfIngBaustatikVO i.d.F. v. 11.12.2007); Prüfsachverständige für Standsicherheit gem. § 3 Abs. 1 Nr. 9 der Landesverordnung über Prüfsachverständige für Standsicherheit (PrüfSStBauVO i.d.F. v. 24.9.2007); Architektenkammermitglieder gem. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 und Berufsgesellschaften gem. § 8 Abs. 1, Abs. 2 (Kapitalgesellschaften), § 9 Abs. 3 (Partnerschaften) und für auswärtige Berufsgesellschaften § 10 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 des Rheinland-Pfälzischen Architektengesetzes (ArchG i.d.F. v. 16.12.2005) i.V.m. der Landesverordnung zur Durchführung des Architektengesetzes (v. 9.2.2009); Ingenieurkammermitglieder gem. § 36 Abs. 2 Nr. 5, beratende Ingenieure gem. § 12 Abs. 2 Nr. 5, Gesellschaften beratender Ingenieure gem. § 9 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 und auswärtige Kapitalgesellschaften gem. § 11 Abs. 4 Nr. 3 des Landesgesetzes zum Schutz der Berufsbezeichnungen im Ingenieurwesen und über die Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz (IngKaG i.d.F. v. 9.3.2011); Sachverständige für baulichen Brandschutz gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6 der Landesverordnung über Sachverständige für baulichen Brandschutz (i.d.F. v. 25.3.1997); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet der Architektur gem. § 2 Abs. 1 Buchstabe h) der Ordnung der rheinland-pfälzischen Architektenkammer über die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen (v. 16.11.2012); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet der technischen Ausrüstung von Gebäuden und baulichen Anlagen, des Bauingenieurwesens, der Baugrundund Bodenmechanik, der Bauphysik, des Vermessungs- und des Kraftfahrzeugwesens gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz (v. 14.12.2012); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 2a Abs. 5 des Landes-
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gesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVerm i.d.F. v. 10.12.2000) i.V.m. § 19 der Landesverordnung über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVIVO i.d.F. v. 22.6.2005). 33 • Saarland: Prüfberechtigte und Prüfsachverständige gem. § 5 Abs. 1 S. 4 der Verordnung über die Prüfberechtigten und Prüfsachverständigen nach der Landesbauordnung, Prüfberechtigten- und Prüfsachverständigenverordnung (PPVO i.d.F. v. 26.1.2011); Architekten- und Ingenieurkammermitglieder gem. § 43 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, Architektengesellschaften gem. § 7 Abs. 3 und auswärtige Berufsgesellschaften gem. § 8 S. 3 Nr. 2, beratende Ingenieure gem. § 22 Abs. 1 Nr. 4 und auswärtige Personen gem. § 25 Abs. 2 Nr. 3, (beratende) Ingenieursgesellschaften gem. § 26 Abs. 2 und auswärtige Gesellschaften gem. § 27 S. 3 Nr. 2 des Saarländischen Architektenund Ingenieurkammergesetzes (SAIG i.d.F. v. 18.2.2004) i.V.m. der Verordnung zur Durchführung des Saarländischen Architekten- und Ingenieurkammergesetzes (DVSAIG v. 18.8.2004); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Architekten- und Bauwesens gem. § 2 Abs. 1 Buchstabe h) der Ordnung über die Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen der Architektenkammer des Saarlandes (v. 26.11.2004); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet der Ingenieurwesens gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der Ingenieurkammer des Saarlandes (v. 27.4.2010); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 26 Abs. 5 des Saarländischen Gesetzes über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster, Saarländisches Vermessungs- und Katastergesetz (SVermKatG i.d.F. v. 16.1.1997). 34 • Sachsen: Architekten und Stadtplaner i.S.d. § 12 Abs. 1 gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2, Berufsgesellschaften gem. § 9 Abs. 3 des Sächsischen Architektengesetzes (SächsArchG i.d.F. v. 28.6.2002); bauvorlageberechtigte Entwurfsverfasser i.S.d. § 65 und qualifizierte Tragwerksplaner i.S.d. § 66 Abs. 2 gem. § 16a S. 2 Nr. 3 des Gesetzes über die Errichtung einer Ingenieurkammer und zum Schutz der Berufsbezeichnung „Beratender Ingenieur“ im Freistaat Sachsen, Sächsisches Ingenieurkammergesetz (SächsIngKG i.d.F. v. 19.10.1993); Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Bautechnik gem. § 88 Abs. 4 Nr. 4 der Sächsischen Bauordnung (SächsBO i.d.F. v. 28.5.2004) i.V.m. § 18 Abs. 1 S. 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Durchführung der Sächsischen Bauordnung, Durchführungsverordnung zur SächsBO (DVOSächsBO i.d.F. v. 2.9.2004); von der Ingenieurkammer Sachsen ernannte Sachverständige für Sachgebiete des Ingenieurwesens gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigen-Richtlinie der Ingenieurkammer Sachsen (v. 26.11.2003); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. §§ 23 Abs. 3, 29 Abs. 1 Nr. 10 lit. e) des Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen und das Liegenschaftskataster im Freistaat Sachsen, Sächsisches Vermessungs- und Katastergesetz (SächsVermKatG i.d.F. v. 29.1.2008) i.V.m. § 9 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure im Freistaat Sachsen, Sächsische Verordnung über Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (SächsÖbVVO i.d.F. v. 3.3.2009); von einer IHK in Sachsen im Einvernehmen mit der Architektenkammer Sachsen und der Ingenieurkammer Sachsen ernannte Sachverständige für Sachgebiete des Bauwesens, des Städtebaus und der Architektur gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnungen der IHK Chemnitz und IHK Dresden, Besonderheit: „Soll“-Regelung. 35 • Sachsen-Anhalt: Architektenkammermitglieder i.S.d. § 14 und auswärtige Dienstleister i.S.d. § 11 gem. § 16 Abs. 2 Nr. 3 und Gesellschaften und auswärtige Gesellschaften gem. § 16 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 Nr. 3 des Architektengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (ArchtG-LSA i.d.F. v. 28.4.1998); Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Bautechnik gem. § 84 Abs. 2 der Bauordnung des Landes Sachsen-
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Anhalt (BauO LSA i.d.F. v. 20.12.2005) i.V.m. § 5 Abs. 2 der Verordnung über Prüfingenieure und Prüfsachverständige (PPVO i.d.F. v. 8.6.2006); Ingenieurkammermitglieder gem. § 33 Abs. 2 Nr. 4 des Ingenieurgesetzes Sachsen-Anhalt (IngG LSA i.d.F. v. 22.1.2009); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Architekten- und Bauwesens gem. §§ 15 Abs. 2, 22 Abs. 4 der Sachverständigenbestellungsordnung der Architektenkammer Sachsen-Anhalt; öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Ingenieurwesens gem. § 13 der Sachverständigenordnung der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt (v. 22.10.2012); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 8 Abs. 4 des Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Land Sachsen-Anhalt (ÖbVermIngG LSA i.d.F. v. 22.5.1992). • Schleswig-Holstein: Architekten, Stadtplaner, beratende Ingenieure, sonstige in die 36 Listen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und 7 eingetragene Personen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 10, Berufsgesellschaften gem. § 10 Abs. 2 des Gesetzes über die Führung der Berufsbezeichnungen Architektin oder Architekt, Stadtplanerin oder Stadtplaner und Beratende Ingenieurin oder Beratender Ingenieur sowie über die Errichtung einer Architekten- und Ingenieurkammer, Architekten- und Ingenieurkammergesetz (ArchIngKG i.d.F. v. 9.8.2001); Bauvorlageberechtigte Entwurfsverfasser gem. § 65 Abs. 6 S. 1 der Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein (LBO i.d.F. v. 22.1.2009); Prüfingenieure für Standsicherheit sowie Prüfsachverständige gem. § 83 Abs. 2 LBO (i.d.F. v. 22.1.2009) i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 5 der Landesverordnung über die Prüfingenieurinnen oder Prüfingenieure für Standsicherheit sowie Prüfsachverständigen (PPVO i.d.F. v. 21.11.2008); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet des Architekten- und Bauwesens sowie des Ingenieurwesens gem. § 14 Abs. 1 der Sachverständigenordnung der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein (v. 4.6.2012); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 10 des Gesetzes über die Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (BerufsO-ÖbVI i.d.F. v. 26.7.2004) i.V.m. § 6 der Landesverordnung über die Bestellung und die Berufsausübung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVlVO i.d.F. v. 14.10.2011). • Thüringen: Prüfingenieure und Prüfsachverständige für Bautechnik gem. § 82 Abs. 2 37 der Thüringer Bauordnung (ThürBO i.d.F. v. 16.3.2004) i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 4 der Thüringer Verordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachverständigen (ThürPPVO i.d.F. v. 4.12.2009); selbstständige Architekten, beratende Ingenieure, bauvorlageberechtigte Ingenieure, Stadtplaner und Berufsgesellschaften gem. § 29 Abs. 1 S. 1 und auswärtige Gesellschaften gem. § 6 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 des Thüringer Gesetzes über die Architektenkammer, die Ingenieurkammer und den Schutz von Berufsbezeichnungen, Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz (ThürAIKG i.d.F. v. 5.2.2008); öffentlich bestellte Vermessungsingenieure gem. § 9 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ThürGÖbVI i.d.F. v. 22.3.2005) i.V.m. § 5 der Verordnung zur Durchführung des Thüringer Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ThürGÖbVIDVO i.d.F. v. 4.8.2005). 2. Betrieb von privaten Eisenbahnen, Bergbahnen und Seilbahnen, Schleppliften, etc.: • Baden-Württemberg: Seilbahnunternehmer gem. § 17 S. 1 des Gesetzes über Seilbah- 38 nen, Schleppaufzüge und Vergnügungsbahnen in Baden-Württemberg, Landesseilbahngesetz (LSeilbG i.d.F. v. 20.11.2003); Eisenbahnen gem. § 11 Abs. 2 Nr. 3 Landeseisenbahngesetz (LEisenbG i.d.F. v. 8.6.1995).
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
39 • Bayern: Seilbahnunternehmen gem. Art. 31 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Rechts-
40 • 41 • 42 •
43 • 44 • 45 • 46 • 47 •
48 •
49 •
50 •
verhältnisse der nichtbundeseigenen Eisenbahnen und der Seilbahnen in Bayern, Bayerisches Eisenbahn- und Seilbahngesetz (BayESG i.d.F. v. 9.8.2003) i.V.m. § 8 der Verordnung zur Durchführung des Bayerischen Eisenbahn- und Seilbahngesetzes, Seilbahnverordnung (SeilbV i.d.F. v. 15.6.2011); anerkannte sachverständige Stellen für Seilbahnen gem. §14 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SeilbV (i.d.F. v. 15.6.2011). Berlin: Seilbahnunternehmer gem. § 15 S. 1 des Gesetzes über Seilbahnen, Landesseilbahngesetz (LSeilbG i.d.F. v. 9.3.2004). Bremen: Seilbahnunternehmen gem. § 14 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über Seilbahnen für den Personenverkehr im Lande Bremen, Bremisches Seilbahngesetz (BremSeilbG i.d.F. v. 12.10.2004). Hamburg: Seilbahnen gem. § 3 Abs. 3 Nr. 4 des Hamburgischen Seilbahngesetzes (i.d.F. v. 18.2.2004); Konformitätsbewertungsstellen für Sicherheitsbauteile und Teilsysteme von Seilbahnen gem. § 18 Abs. 2 und Abs. 3 des Hamburgischen Seilbahngesetzes (i.d.F. v. 18.2.2004). Hessen: Eisenbahnen gem. § 6 Abs. 2 S. 1 des Hessischen Eisenbahngesetzes (HEisenbG i.d.F. v. 25.9.2006); Seilbahnunternehmen gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Seilbahngesetzes (HSeilbG i.d.F. v. 25.9.2006). Mecklenburg-Vorpommern: Seilbahnunternehmen gem. § 9 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über Seilbahnen im Land Mecklenburg-Vorpommern, Landesseilbahngesetz (LSeilbG M-V i.d.F. v. 20.7.2004). Niedersachsen: Eisenbahninfrastrukturunternehmen gem. § 7 S. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über Eisenbahnen und Seilbahnen (NESG i.d.F. v. 16.12.2004); Seilbahnbetreiber nach § 19 S. 1 NESG (i.d.v. 16.12.2004). Nordrhein-Westfalen: Seilbahnunternehmer gem. § 12 S. 1 des Gesetzes über die Seilbahnen in Nordrhein-Westfalen (SeilbG NRW i.d.F. v. 16.12.2003). Rheinland-Pfalz: Seilbahnunternehmen gem. § 11 Abs. 1 S. 1 des Landesseilbahngesetzes (i.d.F. v. 15.10.2004); Unternehmer gem. § 33 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über Eisenbahnen und Bergbahnen, Landeseisenbahngesetz (LEisenbG i.d.F. v. 23.3.1975) i.V.m. der Landesverordnung über die Mindestversicherungssummen nach dem Landeseisenbahngesetz (LEisenbGMindVVO). Sachsen: Eisenbahnen gem. § 10 Abs. 2 Nr. 3 des Eisenbahngesetzes für den Freistaat Sachsen, Landeseisenbahngesetz (LEisenbG 12.3.1998); Seilbahnunternehmer gem. § 12 S. 1 des Gesetzes über Seilbahnen im Freistaat Sachsen, Landesseilbahngesetz (LSeilbG i.d.F. v. 12.3.1998). Schleswig-Holstein: Eisenbahnen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Eisenbahngesetzes für das Land Schleswig-Holstein, Landeseisenbahngesetz (LEisenbG i.d.F. v. 27.6.1995); Seilbahnunternehmer gem. § 11 S. 1 des Gesetzes über Seilbahnen für den Personenverkehr, Landesseilbahngesetz (LSeilbG i.d.F. v. 27.5.2004). Thüringen: Bergbahnunternehmen gem. § 14 Abs. 1 S. 1 des Thüringer Bergbahngesetzes (ThürBBahnG i.d.F. v. 12.6.2003). 3. Elektrofischerei:
51 • Baden Württemberg: Elektrofischerei gem. § 6 Abs. 3 Nr. 3 der Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Durchführung des Fischereigesetzes für Baden-Württemberg, Landesfischereiverordnung (LFischVO i.d.F. v. 3.4.1998). 52 • Bayern: Elektrofischerei gem. § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Fischereigesetzes (AVBayFiG i.d.F. v. 10.5.2004).
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• Bremen: Elektrofischerei gem. § 21 Abs. 3 S. 3 des Bremischen Fischereigesetzes (BremFiG i.d.F. v. 17.9.1991) i.V.m. § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 der Bremischen Binnenfischereiverordnung (i.d.F. v. 30.9.2011). • Hamburg: Elektrofischerei gem. § 10 S. 2 Nr. 2 des Hamburgischen Fischereigesetzes (22.5.1986). • Hessen: Elektrofischerei gem. § 7 Abs. 3 Nr. 3 der Verordnung über die gute fachliche Praxis in der Fischerei und den Schutz der Fische, Hessische Fischereiverordnung (HFO i.d.F. v. 17.12.2008). • Niedersachsen: Elektrofischerei gem. § 44 Abs. 3 des Niedersächsischen Fischereigesetzes (Nds. FischG i.d.F. v. 1.2.1978) i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 der Verordnung über die Fischerei in Binnengewässern, Binnenfischereiordnung (i.d.F. v. 6.7.1989), vgl. auch § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 der Niedersächsischen Küstenfischereiordnung (NKüFischO i.d.F. v. 3.3.2006). • Rheinland-Pfalz: Elektrofischerei gem. § 13 Abs. 2 Nr. 3 der Landesverordnung zur Durchführung des Landesfischereigesetzes, Landesfischereiordnung (i.d.F. v. 14.10.1985). • Saarland: Elektrofischerei gem. § 41 Abs. 2 Nr. 3 der Verordnung zur Durchführung des Saarländischen Fischereigesetzes, Landesfischereiordnung (LFO i.d.F. v. 2.8.1999). • Thüringen: Elektrofischerei gem. § 18 Abs. 2 Nr. 3 der Thüringer Fischereiverordnung (ThürFischVO i.d.F. v. 11.10.1994).
53 54 55 56
57 58 59
4. Hebammen: • Baden Württemberg: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Sozialministeriums über die Berufspflichten der Hebammen und Entbindungspfleger, Hebammenberufsordnung (HebBO i.d.F. v. 25.11.1992). • Bayern: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO i.d.F. v. 19.5. 1988). • Berlin: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 7 Nr. 2 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO i.d.F. v. 9.11.2010). • Brandenburg: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 10 Nr. 1 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger im Land Brandenburg (HebBOBbg i.d.F. v. 8.11.1995). • Bremen: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger im Lande Bremen (i.d.F. v. 11.5.2012). • Hamburg: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 2 Abs. 2 der Berufsordnung für die hamburgischen Hebammen und Entbindungspfleger, Hebammen-Berufsordnung (i.d.F. v. 7.4.1992). • Hessen: selbständig tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 2 Abs. 8 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO i.d.F. v. 3.12.2010). • Mecklenburg-Vorpommern: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO i.d.F. v. 14.12.1992). • Niedersachsen: freiberuflich tätige Hebammen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über die Ausübung des Hebammenberufs (NHebG i.d.F. v. 19.2.2004).
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69 • Nordrhein-Westfalen: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. 70 •
71 • 72 • 73 • 74 • 75 •
§ 8 Nr. 2 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO NRW i.d.F. v. 4.5.2002). Rheinland-Pfalz: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 7 Nr. 1 der Landesverordnung über die Berufspflichten und die Berufsausübung der Hebammen und Entbindungspfleger, Hebammenberufsordnung (i.d.F. v. 14.3. 1995). Saarland: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 8 Abs. 4 Nr. 5 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger, Hebammenberufsverordnung (HebBVO i.d.F. v. 7.11.2000). Sachsen: freiberuflich tätige Hebammen gem. § 9 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausübung des Berufes der Hebamme und des Entbindungspflegers, Sächsisches Hebammengesetz (SächsHebG i.d.F. v. 9.7.1997). Sachsen-Anhalt: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 3 Abs. 2 der Hebammen-Berufsverordnung (i.d.F. v. 26.3.2003). Schleswig-Holstein: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 8 Abs. 1 Nr. 7 der Landesverordnung über die Berufspflichten der Hebammen und Entbindungspfleger, Hebammenberufsverordnung (HebBVO i.d.F. v. 26.10.2009). Thüringen: freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Thüringer Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (i.d.F. v. 24.11.1998). 5. Heilberufe:
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Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichentherapeuten usw. werden aufgrund der einheitlichen Ermächtigungsgrundlage der heilberuflichen Ländergesetze zusammen aufgelistet. Hierbei handelt es sich nicht stets um eine Haftpflichtversicherung. Der Vollständigkeit halber sind jedoch nicht nur Pflichthaftpflichtversicherungen aufgeführt (vgl. auch § 113 Rn. 13). 77 • Baden-Württemberg: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten sowie die Ethikkommission der Landesärztekammer gem. §§ 5 Abs. 4, 31 Abs. 1 S. 3 des Gesetzes über das Berufsrecht und die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Heilberufe-Kammergesetz (HBKG i.d.F. v. 16.3.1995) i.V.m. den Berufsordnungen der Kammern (z.B. § 21 Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg). 78 • Bayern: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten sowie Kinderund Jugendlichentherapeuten gem. Art. 18 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 des Gesetzes über die Berufsausübung, die Berufsvertretungen und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Heilberufe-Kammergesetz (HKaG i.d.F. v. 6.2.2002) i.V.m. den Berufsordnungen der berufsständigen Vertretungen (z.B. § 21 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns i.d.F. v. 9.1.2012). 79 • Berlin: Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichentherapeuten gem. § 4a des Gesetzes über die Kammern und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Berliner Kammergesetz (i.d.F. v. 4.9.1978) i.V.m. den Berufsordnungen (z.B. § 21 der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin [i.d.F. v. 23.9.2009], § 1 Abs. 11 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Berlin [i.d.F. v. 26.4.2007]).
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• Brandenburg: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie die Ethikkommission der Länderärztekammer gem. §§ 7 Abs. 3 S. 1, 31 Abs. 1 Nr. 4 des Brandenburgischen Heilberufsgesetzes (HeilBerG i.d.F. v. 28.4.2003) i.V.m. den Berufsordnungen. • Bremen: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichentherapeuten gem. §§ 28 Nr. 4, 29 Abs. 1 S. 1, 30 Abs. 1 Nr. 17 des Gesetzes über die Berufsvertretung, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Tierärzte und Apotheker, Heilberufsgesetz (HeilBerG i.d.F. v. 15.4.2005) i.V.m. den Berufsordnungen der Kammern. • Hamburg: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichentherapeuten und deren Berufsgesellschaften sowie die EthikKommissionen der Ärztekammer Hamburg und der Psychotherapeutenkammer Hamburg gem. §§ 9 Abs. 7 Nr. 11, 27 Abs. 3 S. 2 Nr. 5, Abs. 4, 28 Abs. 1 S. 1 des Hamburgischen Kammergesetzes für die Heilberufe (HmbKGH i.d.F. v. 14.12.2005) i.V.m. den Berufsordnungen bzw. Satzungen. • Hessen: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gem. § 25 Nr. 17 des Gesetzes über die Berufsvertretungen, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufsgesetz i.d.F. v. 7.2.2003) i.V.m. den Berufsordnungen der Kammern. • Mecklenburg-Vorpommern: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apothekeninhaber und deren Berufsgesellschaften, Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gem. §§ 7 Abs. 1 Nr. 8, 32 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 S. 1 und 2, 33 Abs. 2 Nr. 8 des Heilberufsgesetzes (HeilBerG i.d.F. v. 22.1.1993) i.V.m. den Berufsordnungen. • Niedersachsen: Ärzte, Zahnärzte, niedergelassene Tierärzte, selbständig tätige Apotheker, Psychotherapeuten sowie deren Berufsgesellschaften gem. §§ 32 Abs. 2 Nr. 7, 33 Abs. 2 Nr. 16 des Kammergesetzes für die Heilberufe (HKG i.d.F. v. 8.12.2000) i.V.m. den Berufsordnungen. • Nordrhein-Westfalen: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker, deren Berufsgesellschaften sowie die Ethikkommissionen der Ärztekammern gem. §§ 7 Abs. 6, 30 Nr. 4, 31 S. 1 des Heilberufsgesetzes (HeilBerG i.d.F. v. 9.5.2000) i.V.m. den Berufsordnungen der Kammern. • Rheinland-Pfalz: Ärzte, Zahnärzte, psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Tierärzte gem. § 22 S. 1 des Heilberufsgesetzes (HeilBG i.d.F. v. 20.10.1978) i.V.m. den Berufsordnungen der Kammern. • Saarland: Ärzte und deren Berufsgesellschaften, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, psychologische Psychotherapeuten sowie die Ethikkommission der Ärztekammer gem. §§ 5 Abs. 1 S. 2, 17 Abs. 2 Nr. 17 des Gesetzes Nr. 1405 über die öffentliche Berufsvertretung, die Berufspflichten, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte/Ärztinnen, Zahnärzte/Zahnärztinnen, Tierärzte/Tierärztinnen und Apotheker/Apothekerinnen im Saarland, saarländisches Heilberufekammergesetz (SHKG i.d.F. v. 19.11.2007) i.V.m. den Berufsordnungen der Kammern. • Sachsen: Ärtze, Zahnärzte, Tierärzte, psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie Apotheker, die Ethikkommissionen der Landesärztekammer, der Universitäten Leipzig und der Technischen Universität Dresden sowie Arztpraxen oder Apotheken in der Rechtsform einer juristischen Person des privaten Rechts gem. §§ 5a Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4, 16 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 und 2,
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
17 Abs. 1 Nr. 9 des Gesetzes über Berufsausübung, Berufsvertretungen und Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten im Freistaat Sachsen, Sächsisches Heilberufekammergesetz (SächsHKaG i.d.F. v. 25.5.1994) i.V.m. den Berufsordnungen. 90 • Sachsen-Anhalt: Ärzte, Ärztegesellschaften, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gem. § 19 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über die Kammern für Heilberufe SachsenAnhalt (KGHB-LSA i.d.F. v. 13.7.1994) i.V.m. den Berufsordnungen der Kammern. 91 • Schleswig-Holstein: Ärzte, Ärztegesellschaften, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten sowie die Ethikkommission der Ärztekammer gem. §§ 6 Abs. 5, 30 Nr. 6 des Gesetzes über die Kammern und die Berufsgerichtsbarkeit für die Heilberufe, Heilberufekammergesetz (HBKG i.d.F. v. 29.2.1996) i.V.m. den Berufsordnungen bzw. Satzungen der Kammern. 92 • Thüringen: Ärzte, Ärztegesellschaften, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gem. §§ 22, 23 Nr. 16 des Thüringer Heilberufegesetzes (ThürHeilBG i.d.F. v. 29.1.2002) i.V.m. den Berufsordnungen der Kammern. 6. Hundehalter-Haftpflichtversicherung, sowohl für nicht gefährliche als auch für gefährliche Hunde:
93 • Baden-Württemberg: § 3 Abs. 2 S. 6 der Polizeiverordnung des Innenministeriums
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und des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über das Halten gefährlicher Hunde (i.d.F. v. 3.8.2000), Besonderheit: Die Erlaubnis für das Halten von Kampfhunden ist in der Regel vom Nachweis des Bestehens einer besonderen Haftpflichtversicherung abhängig zu machen. Bayern: Art. 37 Abs. 2 S. 2 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Landesstrafund Verordnungsgesetz (LStVG i.d.F. v. 24.4.2001), Besonderheit: Die Erlaubnis für das Halten gefährlicher Tiere kann vom Nachweis des Bestehens einer besonderen Haftpflichtversicherung abhängig gemacht werden. Berlin: § 1 Abs. 6 des Gesetzes über das Halten und Führen von Hunden in Berlin (i.d.F. v. 29.4.2004). Brandenburg: § 17 Abs. 5, § 25a Abs. 4, 5 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden, Ordnungsbehördengesetz (OBG i.d.F. v. 21.8.1996) i.V.m. § 1 Abs. 4 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Halten und Führen von Hunden, Hundehalterverordnung (HundehV i.d.F. v. 16.6.2004). Bremen: § 1 Abs. 6 S. 2 des Gesetzes über das Halten von Hunden (i.d.F. v. 2.10.2001). Hamburg: § 12 des Hamburgischen Gesetzes über das Halten und Führen von Hunden, Hundegesetz (HundeG i.d.F. v. 26.1.2006); für die in einem Tierheim gehaltenen Hunde kann gem. § 12 Abs. 3 HundeG (i.d.F. v. 26.1.2006) i.V.m. § 14 der Verordnung zur Durchführung des Hundegesetzes, Durchführungsverordnung zum Hundegesetz (HundeGDVO i.d.F. v. 21.3.2006) bei Vorliegen einer Pauschal-Haftpflichtversicherung für alle Hunde eine Ausnahme von der Haftpflichtversicherungspflicht des § 12 Abs. 1 HundeG (i.d.F. v. 26.1.2006) gewährt werden. Hessen: § 71a Abs. 2 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG i.d.F. v. 14.1.2005) i.V.m. § 1 Abs. 3, §§ 2, 3 der Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden (HundeVO i.d.F. v. 22.1.2003).
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Übersicht über Pflichtversicherungen
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• Niedersachsen: Haftpflichtversicherung für Hunde älter als sechs Monate gem. § 5 des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden (NHundG i.d.F. v. 26.5.2011). • Nordrhein-Westfalen: gefährliche Hunde gem. § 5 Abs. 5, §§ 3, 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, große Hunde gem. § 11 Abs. 2 des Hundegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, Landeshundegesetz (LHundG NRW i.d.F. v. 18.12.2002). • Rheinland-Pfalz: gefährliche Hunde gem. § 4 Abs. 2, § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 des Landesgesetzes über gefährliche Hunde (LHundG i.d.F. v. 22.12.2004). • Saarland: gefährliche (erlaubnispflichtige) Hunde gem. § 59a Abs. 2 des Saarländischen Polizeigesetzes (SPolG i.d.F. v. 26.3.2001) i.V.m. § 2 Abs. 2, 3 Nr. 4, § 1 der Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland (i.d.F. v. 9.12.2003). • Sachsen: gefährliche Hunde gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 1 des Gesetzes zum Schutze der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden (GefHundG i.d.F. v. 24.8.2000). • Sachsen-Anhalt: gefährliche Hunde gem. § 2 Abs. 3, §§ 3, 6 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren (i.d.F. v. 23.1.2009). • Schleswig-Holstein: gefährliche Hunde gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3, §§ 3, 9 des Gesetzes zur Vorbeugung und Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren, Gefahrhundegesetz (GefHG i.d.F. v. 28.01.2005). • Thüringen: Haftpflicht für alle Hunde gem. § 2 Abs. 5, insbesondere für gefährliche Hunde gem. §§ 10 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 3 des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren (i.d.F. v. 22.6.2011).
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7. Jäger, Jägerprüfung, Falknerprüfung, Anerkennung von Jagdhunden, vgl. jedoch 108 v.a. bzgl. Erteilung des Jagdscheins und Mindestsummen der Haftpflichtversicherung § 17 Abs. 1 Nr. 4 BJagdG: • Baden-Württemberg: Anmeldung zur Jägerprüfung gem. § 4 Abs. 3 der Verordnung des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz über die Jägerprüfung, Jägerprüfungsordnung (JprO i.d.F. v. 7.2.2011). • Bayern: Jagdscheinbewerber und Jagdscheininhaber gem. Art. 28 Abs. 3 des Bayerischen Jagdgesetzes (BayJG i.d.F. v. 1.1.1983). • Berlin: Zulassung zur Jägerprüfung (Nachweis einer Jagdhaftpflichtversicherung für die Jagdwaffenprüfung) gem. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 der Verordnung über die Jäger- und Falknerprüfung, Jäger- und Falknerprüfungsordnung (i.d.F. v. 5.3.2002); Jagdscheininhaber gem. § 20 Abs. 1 Landesjagdgesetz Berlin (LJagdG Bln i.d.F. v. 25.9.2006). • Brandenburg: Zulassung zur Jägerprüfung gem. § 2 Abs. 5 S. 3 der Verordnung über die Jägerprüfung, Jägerprüfungsordnung (JPO i.d.F. v. 28.2.2007); Falknerprüfung gem. § 3 Abs. 8 der Verordnung über die Falknerprüfung, Falknerprüfungsordnung (FPO i.d.F. v. 14.10.2005). • Bremen: Zulassung zur Jägerprüfung (Haftpflichtversicherung für den Waffengebrauch) gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 der Bremischen Verordnung über die Jäger- und Falknerprüfung (JuFPrüfV i.d.F. v. 13.10.1998); Jagdscheinbewerber sowie Eigentümer und Nutzungsberechtigte befriedeter Bezirke bei der Wildkanninchen-Jagd mit Schusswaffen gem. Art. 7 Abs. 3, Art. 19 Abs. 2 S. 2 des Bremischen Landesjagdgesetzes (LJagdG i.d.F. v. 26.10.1981). • Hamburg: Jäger gem. § 15 Abs. 1 des Hamburgischen Jagdgesetzes (i.d.F. v. 26.5.1978); Jägerprüfung (Versicherung der Prüfungsteilnehmer durch die Landesjägerschaft) gem. § 3 Abs. 6 S. 1 der Verordnung über die Jägerprüfung (i.d.F. v. 13.11.1979), Besonderheit: Abschluss einer Gemeinschaftsversicherung möglich.
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115 • Hessen: Zulassung zur Jägerprüfung (Jungjäger- Haftpflichtversicherung bis zum 116 •
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Ende der Prüfung) gem. § 5 Abs. 2 Nr. 4 der Prüfungsordnung für Jägerinnen und Jäger, Jägerprüfungsordnung (i.d.F. v. 6.12.2004). Mecklenburg-Vorpommern: Zulassung zur Jägerprüfung gem. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 der Verordnung über die Prüfung zur Erlangung des ersten Jagdscheines des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Jägerprüfungsverordnung (JägerPVO M-V i.d.F. v. 14.2. 2002); Jagdscheinbewerber und -inhaber gem. § 15 Abs. 1 S. 3 des Jagdgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LJagdG M-V i.d.F. v. 22.3.2000). Niedersachsen: Zulassung zur Jägerprüfung gem. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 der Verordnung über die Jäger- und die Falknerprüfung (i.d.F. v. 30.8.2005). Nordrhein-Westfalen: Jägerprüfung (Versicherung der Prüfungsteilnehmer durch die untere Jagdbehörde) gem. § 3 Abs. 6 und Falknerprüfung (Versicherung der Prüfungsteilnehmer durch die obere Jagdbehörde) gem. § 14 Abs. 7 der Verordnung zur Durchführung des Landesjagdgesetzes, Landesjagdgesetzdurchführungsverordnung (DVO LJG-NRW i.d.F. v. 31.3.2010); Jagdscheininhaber sowie auf befriedeten Bezirken oder Grünflächen, die zu keinem Jagdbezirk gehören, jagende Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte sowie deren Beauftragte gem. §§ 4 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2, 18 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen (LJG-NRW i.d.F. v. 7.12.1994). Rheinland-Pfalz: Für die Dauer der jagdlichen Ausbildung und der Jägerprüfung gem. § 22 Abs. 4 der Landesverordnung zur Durchführung des Landesjagdgesetzes (LJGDVO i.d.F. v. 25.2.1981). Saarland: Lehrgangsteilnehmer der Jägerprüfung gem. § 16 Abs. 7, Versicherung von Prüfungsleiter, Richter und Ersatzrichter der Brauchbarkeitsprüfung von Jagdhunden durch die Vereinigung der Jäger des Saarlandes gem. § 53 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung des Saarländischen Jagdgesetzes (DV-SJG i.d.F. v. 27.1.2000); Eigentümer und Nutzungsberechtigte von befriedeten Bezirken, die bei genehmigten Jagdhandlungen eine Erlaubnis für den Schusswaffengebrauch erhalten möchten gem. § 4 Abs. 4 und Abs. 5 des Gesetzes Nr. 1407 zur Erhaltung und jagdlichen Nutzung des Wildes, Saarländisches Jagdgesetz (SJG i.d.F. v. 27.5.1998). Sachsen-Anhalt: Zulassung zur Jägerprüfung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Landesjagdgesetzes für Sachsen-Anhalt (LJagdG-DVO i.d.F. v. 25.7.2005). Schleswig-Holstein: Zulassung zur Jägerprüfung gem. § 3 Abs. 3 Nr. 2 der Landesverordnung über die Prüfung zum Erwerb des ersten Jagdscheines, Jägerprüfungsverordnung (i.d.F. v. 5.3.2012); Jagdscheinbewerber gem. § 15 Abs. 1 S. 3 des Jagdgesetzes des Landes Schleswig-Holstein, Landesjagdgesetz (LJagdG i.d.F. v. 13.10.1999). Thüringen: Zulassung zur Jägerprüfung gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Zulassung zur Falknerprüfung gem. § 21 Abs. 3 Nr. 3 der Thüringer Jäger- und Falknerprüfungsordnung (ThürJFPO i.d.F. v. 19.6.1992); Jäger, Jagdpächter, Jagdveranstalter, Jagdhundehalter, Forstbedienstete, Berufsjäger oder Jagdaufseher gem. § 26 Abs. 4 des Thüringer Jagdgesetzes (ThJG i.d.F. v. 28.6.2006) i.V.m. § 9 der Verordnung zur Ausführung des Thüringer Jagdgesetzes (ThJGAVO i.d.F. v. 7.4.2006); Anerkennung von Jagdhunden als Schweißhunde durch die untere Jagdbehörde gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 der ThJGAVO (i.d.F. v. 7.4.2006). 8. Sachverständige i.S.v. § 36 Abs. 1 GewO:
124 • Baden-Württemberg: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Wein-
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baues z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung IHK Region Stuttgart (v. 5.7.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Bayern: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung IHK Region Schwaben (5.12.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Berlin: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung IHK Berlin (v. 6.6.2012), Besonderheit: „Soll“Regelung. Brandenburg: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der IHK Cottbus (v. 22.3.2010), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Bremen: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnungen der Handelskammer Bremen (v. 8.11.2010) und der IHK Bremerhaven (v. 19.1.2011), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Hamburg: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der Handelskammer Hamburg (v. 2.8.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Hessen: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft, der Hochsee- und Küstenfischerei, der Land- und Forstwirtschaft sowie auf dem Gebiet der Industrie, des Handels, des Immobilienwesens, des Bank- und Börsenwesens, des Versicherungswesens, der Energiewirtschaft oder des Verkehrswesens z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung IHK Frankfurt am Main (v. 27.6.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Mecklenburg-Vorpommern: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet der Wirtschaft, der Industrie, des Handels, der Dienstleistungen, des Immobilien- und Bauwesens, des Versicherungswesens, der Energiewirtschaft oder des Verkehrswesens z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung IHK zu Rostock (v. 19.4.2010), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Niedersachsen: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der IHK Hannover (v. 2.9.2002), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Nordrhein-Westfalen: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der IHK Nord Westfalen (21.6.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Rheinland-Pfalz: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet der Industrie, des Handels, des Immobilienwesens, des Banken- und Börsenwesens, des Versicherungswesens, der Energiewirtschaft und des Verkehrswesens, aber auch auf dem Gebiet der technischen Ausrüstung von Gebäuden und baulichen Anlagen,
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des Bauingenieurwesens, der Bau- und Bodenmechanik, der Bauphysik, des Vermessungs- und des Kraftfahrzeugwesens z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung IHK Koblenz (v. 18.4.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Saarland: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der IHK des Saarlandes (v. 14.6.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Sachsen: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der IHK Dresden (v. 21.4.2010), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Sachsen-Anhalt: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der IHK Halle-Dessau (v. 26.9.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Schleswig-Holstein: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues z.B. gem. § 14 Nr. 2 der Sachverständigenordnung der IHK zu Kiel (v. 9.3.2010), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Thüringen: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens z.B. gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der IHK Erfurt (v. 12.9.2012), Besonderheit: „Soll“-Regelung.
9. Sachverständige, Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) i.S.d. Anlagenverordnungen (VAwS) der Länder (momentan in Erarbeitung befindet sich eine umfassende Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen [AwSV], die die 16 Länderverordnungen ablösen soll [bisher unveröffentlicht]), Wasser- und Abwasseruntersuchungsstellen und sonstige Prüfstellen:
141 • Baden-Württemberg: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 22 Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe, Anlagenverordnung wassergefährdende Stoffe (VAwS i.d.F. v. 11.2.1994); sachverständige Stellen in der Wasserwirtschaft gem. § 2 Abs. 4 Nr. 3 der Verordnung des Umweltministeriums über sachverständige Stellen in der Wasserwirtschaft (i.d.F. v. 2.5.2001). 142 • Bayern: Prüflaboratorien für Wasseruntersuchungen gem. § 4 Abs. 3 S. 1 der Verordnung über die Zulassung von Prüflaboratorien für Wasseruntersuchungen, Laborverordnung (LaborV i.d.F. v. 22.11.2010); private Sachverständige gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung über private Sachverständige in der Wasserwirtschaft, Sachverständigenverordnung Wasser (VPSW i.d.F. v. 22.11.2010); Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe, Anlagenverordnung (VAwS i.d.F. v. 18.1.2006). 143 • Berlin: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 18 Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS i.d.F. v. 23.11.2006).
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• Brandenburg: Untersuchungsstellen für bestimmte Abwasser- und Gewässeruntersuchungen sowie Probenahmen gem. § 4 Abs. 2 der Verordnung über die Zulassung von Untersuchungsstellen für bestimmte Abwasser- und Gewässeruntersuchungen sowie Probenahmen im Land Brandenburg, Untersuchungsstellen-Zulassungsverordnung (UStZulV i.d.F. v. 17.12.1997); Sachverständige (Abwasseranlagen) gem. § 4 Abs. 3 Nr. 3 der Verordnung über das Einleiten oder Einbringen von Abwasser in öffentliche Abwasseranlagen, Indirekteinleiterverordnung (i.d.F. v. 26.8.2009); Sachverständigenorganisationen gem. § 21 Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS i.d.F. v. 19.10.1995). • Bremen: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 22 Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Anlagenverordnung (VAwS i.d.F. v. 23.12.2005). • Hamburg: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 22 Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS i.d.F. v. 19.5.1998); Wasser- und Abwasseruntersuchungsstellen gem. § 2 Abs. 4 der Verordnung über Anforderungen an Wasser- und Abwasseruntersuchungsstellen und deren Zulassung (i.d.F. v. 14.8.2001). • Hessen: Untersuchungsstellen für Abwasser (EKVO-Laboratorien und EKVO-Überwachungsstellen) gem. § 10 Abs. 5 Nr. 4, Abs. 7 Nr. 3, sowie anerkannte Prüfstellen für Durchflussmesseinrichtungen und Drosselorgane gem. § 11 Abs. 3 Nr. 4 der Abwassereigenkontrollverordnung (EKVO i.d.F. v. 23.7.2010); Sachverständigenunternehmen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 22 Abs. 2 Nr. 3 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe, Anlagenverordnung (VAwS i.d.F. v. 16.9.1993); Sachverständigenunternehmen (Abwasseranlagen) gem. § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über das Einleiten von Grundwasser und Abwasser in öffentlichen Abwasseranlagen, Indirekteinleiterverordnung (IndV i.d.F. v. 18.6.2012). • Mecklenburg-Vorpommern: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 22 Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe, Anlagenverordnung (VAwS i.d.F. v. 5.10.1993). • Niedersachsen: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 16 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe, Anlagenverordnung (VAwS i.d.F. v. 17.12.1997); staatlich anerkannte Untersuchungsstellen der wasser- und abfallrechtlichen Überwachung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über staatlich anerkannte Untersuchungsstellen der wasser- und abfallrechtlichen Überwachung (i.d.F. v. 24.2. 1995). • Nordrhein-Westfalen: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 11 Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS i.d.F. v. 20.3.2004). • Rheinland-Pfalz: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 22 Abs. 3 Nr. 5 der Landesverordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe, Anlagenverordnung (VAwS i.d.F. v. 1.2.1996). • Saarland: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 19 Abs. 4 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS i.d.F. v. 1.6.2005).
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153 • Sachsen: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 20 Abs. 2 Nr. 6 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Sächsische Anlagenverordnung (SächsVAwS i.d.F. v. 18.4.2000). 154 • Sachsen-Anhalt: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 18 Abs. 3 Nr. 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS i.d.F. v. 28.3.2006). 155 • Schleswig-Holstein: Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 22 Abs. 3 Nr. 5 der Landesverordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Anlagenverordnung (VAwS i.d.F. v. 29.4. 1996); Fachkundige gem. § 5 Abs. 3 Nr. 2 der Landesverordnung über die Zulassung von Fachkundigen für die Untersuchung von allgemein bauaufsichtlich zugelassenen Abwasservorbehandlungsanlagen (ZFVO i.d.F. v. 24.9.2007); Wasseruntersuchungsstellen gem. § 6 Abs. 3 der Landesverordnung über die Zulassung von Wasseruntersuchungsstellen (ZWVO i.d.F. v. 16.12.2003). 156 • Thüringen: Untersuchungsstellen nach der Thüringer Abwassereigenkontrollverordnung gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 der Thüringer Verordnung über die Eigenkontrolle von Abwasseranlagen, Thüringer Abwassereigenkontrollverordnung (ThürAbwEKVO i.d.F. v. 23.8.2004); sachverständige Stellen (Abwasseranlagen) gem. § 5 Abs. 3 Nr. 6 der Thüringer Verordnung über das Einleiten oder Einbringen von Abwasser nach § 59 Abs. 1 des Thüringer Wassergesetzes in öffentliche Abwasseranlagen, Thüringer Indirekteinleiterverordnung (ThürIndEVO i.d.F. v. 8.3.2000); Sachverständigenorganisationen (Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) gem. § 22 Abs. 3 Nr. 6 der Thüringer Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe, Thüringer Anlagenverordnung (ThürVAwS i.d.F. v. 25.7.1995). 10. Sonstiges:
157 • Baden-Württemberg: Anerkennung von Sachverständigen und Untersuchungsstellen für Bodenschutz und Altlasten gem. § 8 Abs. 2 Nr. 3, § 13 Abs. 3 der Verordnung des Umweltministeriums über Sachverständige und Untersuchungsstellen für Bodenschutz und Altlasten (BodSchASUVO i.d.F. v. 13.4.2011); die Gemeinden für ehrenamtlich tätige Angehörige der Gemeindefeuerwehr gem. § 16 Abs. 6 des Feuerwehrgesetzes (FwG i.d.F. v. 2.3.2010); Schulung und Prüfung von amtlichen Fachassistenten für die Überwachung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum über die Schulung und Prüfung von amtlichen Fachassistenten für die Überwachung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs, Schulungs- und Prüfungsordnung für amtliche Fachassistenten (SPrOaFA i.d.F. v. 31.8.2007); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 4 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung der Landesregierung über die Anerkennung und Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten nach § 45b Abs. 3 und § 45c Abs. 6 Satz 4 SGB XI sowie über die Förderung ehrenamtlicher Strukturen und der Selbsthilfe nach § 45d Abs. 3 SGB XI, Betreuungsangebote-Verordnung (i.d.F. v. 28.2.2011). 158 • Bayern: Schulträger gem. Art. 89 Abs. 2 Nr. 8 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG i.d.F. v. 31.5.2000) i.V.m. einzelnen Schulordnungen: für Grundschulen und Hauptschulen (Volksschulen) während eines Betriebspraktikums gem. § 23 Abs. 3 der Volksschulordnung (VSO); s.a. § 13 VSO-F; für staatliche Fachschulen für Agrarwirtschaft (Beitragspflicht der Studierenden) gem. § 38 Abs. 2 S. 3 der Fachschulordnung Agrarwirtschaft (FSO Agrar); ebenso staat-
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liche Technikerschulen gem. § 44 Abs. 2 S. 3 der Schulordnung für die Staatlichen Technikerschulen für Agrarwirtschaft sowie für Waldwirtschaft (AgrTechSchulO i.d.F. v. 31.3.2001); Schulträger (beitragspflichtige Schüler) der öffentlichen Fachschulen gem. § 65 der Schulordnung für die Fachschulen für Altenpflege, für Altenpflegehilfe und für Familienpflege (FSO Alt Fam i.d.F. v. 7.11.1985); Schul(aufwands-)träger für die Zeit einer fachpraktischen Ausbildung gem. § 51 der Schulordnung für die Berufsschulen in Bayern, Berufsschulordnung (BSO i.d.F. v. 30.8.2008); s.a. § 5 der Schulordnung für die Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung, Förderberufsschulordnung (BSO-F i.d.F. v. 26.10.2009); Schulträger der Fachoberschulen und Berufsoberschulen gem. § 78 der Schulordnung für die Berufliche Oberschule – Fachoberschulen und Berufsoberschulen –, Fachober- und Berufsoberschulordnung (FOBOSO i.d.F. v. 28.8.2008); Schulträger der Berufsfachschulen für Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Massage und Orthoptik gem. § 65 der Schulordnung für die Berufsfachschulen für Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Massage und Orthoptik, Berufsfachschulordnung nichtärztliche Heilberufe (BFSO HeilB i.d.F. v. 18.1.1993); Schulträger der Fachschulen für Heilerziehungs-pflege und für Heilerziehungspflegehilfe gem. § 66 der Schulordnung für die Fachschulen für Heilerziehungspflege und für Heilerziehungspflegehilfe, Fachschulordnung Heilerziehungspflege (FSO HeilE i.d.F. v. 1.7.1985); für die Zeit der fachpraktischen Ausbildung: Schulträger der Berufsfachschulen für Hauswirtschaft, für Kinderpflege und für Sozialpflege gem. § 95 der Schulordnung für die Berufsschulen für Hauswirtschaft, für Kinderpflege und für Sozialpflege, Berufsfachschulordnung Hauswirtschaft, Kinderpflege und Sozialpflege (BFSOHwKiSo i.d.F. v. 4.4.1985); staatliche höhere Landbauschulen gem. § 40 Abs. 2 S. 3 der Schulordnung für die staatlichen Höheren Landbauschulen (i.d.F. v. 19.7.2001); staatliche Landwirtschaftsschulen gem. § 32 Abs. 2 S. 3 der Schulordnung für die staatlichen Landwirtschaftsschulen (LwSO i.d.F. v. 2.3.2007); Schulträger für die Berufsfachschulen für technische Assistenten in der Medizin, Diätassistenten und pharmazeutisch-technische Assistenten gem. § 75 S. 1 der Schulordnung für die Berufsfachschulen für technische Assistenten in der Medizin, Diätassistenten und pharmazeutisch-technische Assistenten, Berufsfachschulordnung Technische Assistenten Medizin/Pharmazie (BFSO MTA PTA i.d.F. v. 3.9.1987); Fachakademie für Landwirtschaft gem. § 42 Abs. 2 S. 3 der Schulordnung für die Staatliche Fachakademie für Landwirtschaft, Fachakademieordnung Landwirtschaft (FaKO LW i.d.F.v. 30.8.2001); Tätigkeit einer Schülerfirma gem. § 15 S. 2 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern, Gymnasialschulordnung (GSO i.d.F, v. 7.7.2009) und § 24 Abs. 2 der Schulordnung für die Wirtschaftsschulen in Bayern, Wirtschaftsschulordnung (WSO i.d.F. v. 30.12.2009); Sachverständige und Untersuchungsstellen für den Bodenschutz und die Altlastenbehandlung gem. Art. 6 Abs. 1 des Bayerischen Bodenschutzgesetzes (BayBodSchG) i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3, § 14 Abs. 3 S. 1 der Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen für den Bodenschutz und die Altlastenbehandlung in Bayern (VSU Boden und Altlasten i.d.F. v. 3.12.2001); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 82 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze (AVSG i.d.F. v. 2.12.2008); Ausbildungsstätten für staatlich geprüfte agrartechnische Assistenten gem. § 12 Abs. 2 der Lehrgangsordnung für staatlich geprüfte agrartechnische Assistentinnen und Assistenten (i.d.F. v. 10.2.1999), Besonderheit: „Soll“-Regelung. • Berlin: Sachverständige und Untersuchungsstellen i.S.d. § 18 BBodSchG gem. § 13 159 Abs. 2, § 19 Abs. 3 der Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen im Sinne von § 18 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (Bln BodSUV i.d.F. v. 12.9.2006);
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
auf einem Friedhof tätige Gewerbetreibende gem. § 6 Abs. 2 S. 4 der Verordnung über die Verwaltung und Benutzung der landeseigenen Friedhöfe Berlins, Friedhofsordnung (i.d.F. v. 19.11.1997); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 3 Abs. 2 Nr. 6 der Verordnung zur Anerkennung und Förderung niedrigschwelliger Betreuungsangebote nach §§ 45b und 45c des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie zur Förderung ehrenamtlicher Strukturen und der Selbsthilfe nach § 45d des Elften Buches Sozialgesetzbuch, PflegeBetreuungs-Verordnung (PBetreuVO i.d.F. v. 22.3.2011); Sportvereine und Betriebssportgemeinschaften als Nutzer von öffentlichen Sportanlagen gem. Nr. 15 der Ausführungsvorschriften über die Nutzung öffentlicher Sportanlagen Berlins und Verpachtung landeseigener Grundstücke an Sportorganisationen (Sportanlagen-Nutzungsvorschriften, SPAN). 160 • Brandenburg: Vermietung von Sportbooten gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung zum Führen von Charterbooten ohne Fahrerlaubnis auf ausgewählten schiffbaren Gewässern des Landes Brandenburg (LChartbootV i.d.F. v. 19.5.2004); Anerkennung von Gütestellen i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gem. § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Anerkennung von Gütestellen im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung im Land Brandenburg, Brandenburgisches Gütestellengesetz (BbgGüteStG i.d.F. v. 5.10.2000); öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für die Landund Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaus gem. § 8 Abs. 3 der Verordnung über die Voraussetzungen für die Bestellung sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaus, Sachverständigenordnung (SVO v. 20.1.2001); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 3 Abs. 4 der Verordnung über die Anerkennung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten nach § 45b des Elften Buches Sozialgesetzbuch, Soziale Pflegeversicherung (AnerkV SGB XI i.d.F. v. 13.11.2002). 161 • Bremen: Sachverständige für Bodenschutz und Altlasten gem. § 4 Abs. 3 der Verordnung über Sachverständige für Bodenschutz und Altlasten (i.d.F. v. 13.3.2003); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 3 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung zur Umsetzung des Pflegeleistungsergänzungsgesetzes (i.d.F. v. 8.4.2003); Übertragungsstelle zur Durchführung der Milchquotenregelung gem. Art. 5 Abs. 5 des Staatsvertrages zwischen den Ländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Freie Hansestadt Bremen und Freie und Hansestadt Hamburg über die Durchführung des Übertragungsstellenverfahrens für Milchquoten (i.d.F. v. 14.7.2009); freiberuflich tätige professionell Pflegende gem. § 8 Nr. 7 der Berufsordnung für die staatlich anerkannten Pflegeberufe (i.d.F. v. 4.2.2011); Seeschiffsassistenzschleppunternehmer gem. § 4 Abs. 4 Nr. 4 der Verordnung zur Durchführung der Seeschiffsassistenz in den Bremischen Häfen, Bremische Seeschiffsassistenzverordnung (i.d.F. v. 4.9.2002) und Vertäudienstleistungsunternehmer gem. § 4 Abs. 3 Nr. 4 der Verordnung über das Vertäuen von Fahrzeugen in den Bremischen Häfen, Bremische Vertäuverordnung (i.d.F. v. 27.6.2001); Träger von betreuten Jugendwohneinrichtungen zugunsten ihrer Mitarbeiter und den betreuten Minderjährigen gem. Nr. 7 Spiegelstrich 7 der Richtlinien für den Betrieb von Einrichtungen und zur Wahrnehmung der Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und sonstigen betreuten Wohnformen gemäß §§ 45 bis 48a SGB VIII im Lande Bremen (i.d.F. v. 4.11.2008); Nutzer der Sporthallen der Stadt Bremerhaven gem. § 6 der Bedingungen für die Überlassung von Sporthallen der Stadt Bremerhaven (i.d.F. v.19.7.2006) zum 31.10.2012 außer Kraft getreten.
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• Hamburg: Sachverständige und Untersuchungsstellen i.S.d. § 18 BBodSchG gem. § 3 162 Abs. 3, § 11 Abs. 1 Nr. 7 der Hamburgischen Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen nach § 18 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (HmbVSU i.d.F. v. 28.10.2003); selbstständig tätige Pflegefachkräfte gem. § 9 Nr. 3 der Berufsordnung für Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger sowie Altenpflegerinnen und Altenpfleger, Pflegefachkräfte-Berufsordnung (i.d.F. v. 29.9.2009); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 3 Abs. 2 Nr. 6 der Hamburgischen Verordnung über die Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote und deren Förderung sowie die Förderung von ehrenamtlichen Strukturen, Selbsthilfe und Modellvorhaben nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch, Hamburgische Pflege-Engagement Verordnung (HmbPEVO i.d.F. v. 4.1.2011); Wattwagenunternehmer gem. § 8 Abs. 3 der Hamburgischen Wattwagenverordnung (i.d.F. v. 23.8.2005); Barkassen- und Fahrgastschiffbetriebsunternehmer gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung über entgeltliche Personenbeförderung (i.d.F. v. 17.3.1987), Besonderheit: lediglich „Kann“-Regelung; Beamte der Freien und Hansestadt Hamburg und der landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit ihnen eine Nebentätigkeit unter Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich eines Krankenhauses oder der für das Gesundheitswesen zuständigen Behörde genehmigt wurde gem. § 5 Abs. 5 der Verordnung über die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn sowie über das hierfür zu entrichtende Entgelt bei Nebentätigkeiten der hamburgischen Beamtinnen und Beamten, Inanspruchnahme- und Entgeltverordnung (IEVO i.d.F. v. 6.12.2011). • Hessen: Sachverständige gem. § 15 der Verordnung über die öffentliche Bestellung 163 von Sachverständigen auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft, des Garten- und Weinbaus sowie der Fischerei (i.d.F. v. 20.12.2004); Sachverständige für Bodenschutz und Altlasten i.S.d. § 18 BBodSchG gem. § 3 Abs. 3 der Hessischen Verordnung über Sachverständige für Bodenschutz und Altlasten nach § 18 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (i.d.F. v. 27.9.2006 ); Anerkennung von Gütestellen i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gem. § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der außergerichtlichen Streitschlichtung (i.d.F. v. 6.2.2001); Schüler gem. § 150 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG i.d.F. v. 14.6.2005), Besonderheit: soweit nicht auf andere Weise ein Versicherungsschutz oder ein versicherungsähnlicher Schutz gewährt wird. • Mecklenburg-Vorpommern: technische Überwachungsorganisation i.S.d. § 24c Abs. 1 164 GewO gem. § 6 Abs. 13 S. 3 der Verordnung über die Organisation der technischen Überwachung im Land Mecklenburg-Vorpommern (i.d.F. v. 1.6.1992); öffentlich bestellte und vereidigte Asbest-Sachverständige gem. § 12 der Verordnung über die Voraussetzungen sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Asbest-Sachverständigen, Verordnung zur Asbest-Sachverständigen-VO (i.d.F. v. 18.6.1993) zum 31.12.2012 außer Kraft getreten; Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6 der Landesverordnung über niedrigschwellige Betreuungsangebote, ehrenamtliche Strukturen und Selbsthilfe sowie Modellvorhaben zur Erprobung neuer Verordnungskonzepte und Verordnungsstrukturen, Betreuungsangebotelandesverordnung (BetrAngVO M-V i.d.F. v. 16.12.2010); Ethik-Kommissionen der medizinischen Fakultäten der Universitäten Greifswald und Rostock gem. § 16a Abs. 6 des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Mecklenburg-Vorpommern, Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG M-V i.d.F. v. 19.7.1994); Sachver-
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ständige gem. § 15 Abs. 2 der Verordnung über die Bestellung sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Gartenbaus und der Fischerei, Landwirtschaftssachverständigenverordnung (LwSachv.VO M-V i.d.F. v. 26.8.1997), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Niedersachsen: Sachverständige für Bodenschutz und Altlasten i.S.d. § 18 BBodSchG gem. § 3 Abs. 2 der Niedersächsischen Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen für Bodenschutz und Altlasten (NBodSUVO i.d.F. v. 17.3.2005); Veranstaltungen mit Kraftfahrzeugen in der freien Natur gem. § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Genehmigungspflicht für Veranstaltungen mit Kraftfahrzeugen in der freien Natur und Landschaft (i.d.F. v. 23.1.1990); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über niedrigschwellige Hilfe- und Betreuungsangebote für Pflegebedürftige (HBPfVO i.d.F. v. 22.7.2003); Beamte, die im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit Einrichtungen, Personal oder Material des ärztlichen oder zahnärztlichen Bereiches des Dienstherrn in Anspruch nehmen gem. § 11 Abs. 5 der Niedersächsischen Nebentätigkeitsverordnung (NNVO i.d.F. v. 6.4.2009). Nordrhein-Westfalen: Anerkennung von Gütestellen i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gem. § 48 Abs. 1 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen, Justizgesetz Nordrhein-Westfalen (JustG NRW i.d.F. v. 26.1.2010); Kontrollstellen als Produktzertifizierungsstellen zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gem. § 1 Abs. 3 S. 2 der Verordnung zur Zulassung privater Kontrollstellen zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel im Land Nordrhein-Westfalen, Kontrollstellen-Zulassungsverordnung NRW (KZV NRW i.d.F. v. 2.12.2009); Sachverständige für Bodenschutz und Altlasten i.S.d. § 18 BBodSchG gem. § 7 Abs. 2 und Untersuchungsstellen gem. § 15 Abs. 2 der Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen für Bodenschutz und Altlasten (SU-BodAV NRW i.d.F. v. 23.6.2005); Öffentlich und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft, des Garten- und Weinbaues, der Fischerei und des Umweltschutzes gem. § 14 Abs. 2 der Sachverständigenordnung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen über die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen, Besonderheit: „Soll“-Regelung. Rheinland-Pfalz: Schulträger zur Durchführung von Praktika für die Schülerinnen und Schüler gem. § 5 Abs. 5 Landesverordnung über die Fachoberschule (i.d.F. v. 26.5.2011); Anerkennung von Sachverständigen für Erd- und Grundbau gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 der Landesverordnung über Sachverständige für Erd- und Grundbau (SEGBauVO i.d.F. v. 17.9.2002); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Landesverordnung über die Anerkennung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten nach § 45b des Elften Buches Sozialgesetzbuch (i.d.F. v. 10.12.2002); Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei sowie des Garten- und Weinbaus gem. § 14 Abs. 2 der Satzung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz über die öffentliche Bestellung von Sachverständigen der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei sowie des Garten- und Weinbaus (Sachverständigensatzung), Besonderheit: „Soll“-Regelung. Saarland: Anerkennung von Gütestellen i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO soweit die Gütestelle nicht von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt getragen wird gem. § 37g Abs. 1 S. 1 des Gesetzes zur Ausführung bundesrechtlicher Justizgesetze (AGJusG i.d.F. v. 5.2.1997); selbständig tätige Pflegefachkräfte gem. § 7
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Übersicht über Pflichtversicherungen
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Abs. 1 der Berufsordnung für Pflegefachkräfte im Saarland (i.d.F. v. 28.11.2007); Sachverständige für Bodenschutz und Altlasten i.S.d. § 18 BBodSchG gem. § 7 Abs. 5 und Untersuchungsstellen gem. § 14 Abs. 3 der Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen für den Bodenschutz und die Altlastenbehandlung im Saarland (VSU Boden und Altlasten i.d.F. v. 2.12.2002). • Sachsen: Sachverständige auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft sowie des 169 Garten- und Weinbaus gem. § 4 Abs. 6 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen auf dem Gebiet der Land- und Fortwirtschaft sowie des Garten- und Weinbaus, Sächsische Landwirtschaftssachverständigenverordnung (i.d.F. v. 29.10.2001) zum 31.12.2012 außer Kraft getreten; private Kontrollstellen nach dem Öko-Landbaugesetz gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Beleihung privater Kontrollstellen nach dem Öko-Landbaugesetz (i.d.F. v. 7.12.2010); Anerkennung von Gütestellen i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gem. § 59 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Schiedsstellen in den Gemeinden des Freistaates Sachsen und über die Anerkennung von Gütestellen im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung, Sächsisches Schieds- und Gütestellengesetz (SächsSchiedsGütStG i.d.F. v. 27.5.1999); Berufsschüler während des Betriebspraktikums gem. § 16 Abs. 2 S. 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsschule im Freistaat Sachsen, Schulordnung Berufsschule (BSO i.d.F. v. 21.8.2006); Staatlich anerkannte Sachverständige des Bergwesens gem. III Nr. 3 der Richtlinie des Sächsischen Oberbergamtes zur Anerkennung von Sachverständigen (Sachverständigenrichtlinie i.d.F. v. 6.9.2009). • Sachsen-Anhalt: Sachverständige auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft 170 einschließlich des Garten- und Weinbaues sowie der Fischerei gem. § 10 Abs. 5 S. 1, für Zusammenschlüsse gem. § 14 Abs. 3 der Verordnung über die öffentliche Bestellung von landwirtschaftlichen Sachverständigen (LwSV VO i.d.F. v. 14.10.1997); Mitwirkung privater Kontrollstellen gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Öko-Mitwirkungsverordnung (ÖkoMitwVO i.d.F. v. 30.6.2009); Anerkennung von Gütestellen i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gem. § 41 Abs. 1 S. 1 des Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetzes (SchStG i.d.F. v. 22.6.2001); Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungsangebote i.S.d. § 45b Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 SGB XI gem. § 1 Nr. 3 Pflege-Betreuungs-Verordnung (PflBetrVO i.d.F. v. 13.3.2003); Berufsfachschüler während der praktischen Ausbildung innerhalb der EU gem. Abschnitt E Nr. 1.8.3 sowie Abschnitt F Nr. 1.6.3 des Runderlasses (RdErl.) des Kultusministeriums (MK) vom 14.10.2004 – 3-80006/11, Ergänzende Bestimmungen zur Verordnung über Berufsbildende Schulen; KinderTagespflegepersonen gem. § 11 Abs. 6 S. 4 des Gesetzes zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt, Kinderförderungsgesetz (KiFöG i.d.F. v. 5.3.2003), Besonderheit: „Soll“-Regelung. • Schleswig-Holstein: private Kontrollstellen nach dem Öko-Landbaugesetz gem. § 2 171 Abs. 2 Nr. 3 der Landesverordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem ÖkoLandbaugesetz auf Kontrollstellen, Ökokontrollstellenverordnung (ÖKontrollstVO i.d.F. v. 14.3.2003); Untersuchungsstellen für Bodenschutz und Altlasten i.S.d. § 18 BBodSchG gem. § 4 Abs. 1 Nr. 7 der Landesverordnung zur Anerkennung und Überwachung von Untersuchungsstellen für Bodenschutz und Altlasten nach § 18 BBodSchG (i.d.F. v. 23.1.2007); Schausteller i.S.v. §§ 1 und 2 der Verordnung über die Haftpflichtversicherung für Schausteller, Schaustellerhaftpflichtverordnung (SchauHV) gem. Nr. 4.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für den Vollzug des Titels III der Gewerbeordnung (ReisegewVwV) – Erlass des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr vom 1. September 2009 (Aktenzeichen VII 632 – 612.130.1).
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
172 • Thüringen: Sachverständige auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Gartenbaus und des Fischereiwesens gem. § 3 Nr. 7 der Thüringer Verordnung über die öffentliche Bestellung von Sachverständigen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Gartenbaus und des Fischereiwesens, Thüringer Landwirtschaftssachverständigenverordnung (i.d.F. v. 5.10.2005); Binnenschifffahrtsunternehmen gem. § 4 Abs. 1 Nr. 8 der Thüringer Verordnung zur Regelung der Schiff- und Floßfahrt (ThürSchiffFloßVO i.d.F. v. 12.6.2012); Professoren des Universitätsklinikums Jena bei privatärztlicher Nebentätigkeit gem. § 27 Abs. 6 S. 6 der Thüringer Verordnung über die Nebentätigkeit des beamteten wissenschaftlichen, ärztlichen und künstlerischen Personals an den staatlichen Hochschulen, Thüringer Hochschulnebentätigkeitsverordnung (ThürHNVO i.d.F. v. 15.3.2010), Besonderheit: sofern nicht bereits durch die vom Klinikum abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung Versicherungsschutz besteht und dies vom Universitätsklinikum Jena schriftlich bestätigt wurde; Kinder-Tagespflegepersonen gem. § 8 Abs. 4 S. 3 des Thüringer Gesetzes über die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege als Ausführungsgesetz zum Achten Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe –, Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz (ThürKitaG i.d.F. v. 16.12.2005), Besonderheit: „Soll“-Regelung.
§ 113 Pflichtversicherung (1) Eine Haftpflichtversicherung, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht (Pflichtversicherung), ist mit einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen abzuschließen. (2) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer unter Angabe der Versicherungssumme zu bescheinigen, dass eine der zu bezeichnenden Rechtsvorschrift entsprechende Pflichtversicherung besteht. (3) Die Vorschriften dieses Abschnittes sind auch insoweit anzuwenden, als der Versicherungsvertrag eine über die vorgeschriebenen Mindestanforderungen hinausgehende Deckung gewährt.
Schrifttum Vgl. Vorbemerkungen zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. I. II. III. IV. B. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . Tatbestand und Rechtsfolgen . . . . . . Begriff der Pflichthaftpflichtversicherung und Kreis der Pflichthaftpflichtversicherer, Abs. 1 . . . . . . . . . . . 1. Pflichthaftpflichtversicherung . . . . 2. Verpflichtung durch Rechtsvorschrift
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. . .
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Rn.
II. III.
C. D.
3. Kreis der Pflichthaftpflichtversicherer . 4. Verstoß gegen Abs. 1, 2. Halbs. . . . . 5. Kontrahierungszwang des Versicherers Bestätigung des Versicherungsverhältnisses, Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . Geltung der §§ 113–124 auf über die Mindestanforderungen hinausgehende Versicherungen, Abs. 3 . . . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 113 Abs. 1 stimmt im Wesentlichen mit der früheren bis 31.12.2007 geltenden 1 Regelung des § 158b Abs. 1 VVG a.F. überein1, auch wenn der Wortlaut Änderungen unterzogen wurde. In der früheren Fassung war die Rede von einer „gesetzlichen Verpflichtung“; nun heißt es: „Verpflichtung durch Rechtsvorschrift“. Diese Änderung im Wortlaut soll lediglich klarstellende Bedeutung haben; eine inhaltliche Änderung soll damit nicht beabsichtigt gewesen sein.2 In der Gesetzesbegründung wird dies zwar ausdrücklich nicht gesagt.3 Es ließe sich daher durchaus der Standpunkt vertreten, dass der Begriff „gesetzliche Verpflichtung“ enger ist als die Formulierung „Verpflichtung durch Rechtsvorschrift“. Das könnte mit einer Interpretation des Begriffes „gesetzliche Verpflichtung“ im Sinne einer Verpflichtung gerade durch formelles Gesetz4 unter Ausschluss einer Verpflichtung durch lediglich materielles Gesetz5 begründet werden. Jedoch wurde bereits die frühere Fassung des § 158b VVG a.F., die auf eine „gesetzliche Verpflichtung“ abstellte, nicht nur auf Gesetze im formellen Sinne beschränkt, sondern es für ausreichend erachtet, dass die Verpflichtung „durch Gesetz im formellen Sinne (oder eine – ihm gleichstehende – Rechtsverordnung) begründet sein“ muss.6 Ausreichend war deshalb auch nach früherer Rechtslage ein materielles Gesetz.7 Legt man § 158b VVG a.F. mit der wohl h.A. in diesem Sinne aus, so ist mit der Regelung des § 113 Abs. 1 in der Tat keine inhaltliche Veränderung verbunden.8 Ein inhaltlicher Unterschied zur Vorgängervorschrift des § 158b VVG Abs. 1 a.F. 2 liegt indes darin, dass nach § 113 Abs. 1 die entsprechende Pflichthaftpflichtversicherung „mit einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten VU abzuschließen“ ist. Vor der VVG-Reform gab es eine entsprechende Vorschrift lediglich für die Kfz-Haftpflichtversicherung gem. § 5 Abs. 1 PflVG (so weiterhin dort auch geregelt). Nach der VVG-Reform 2008 gilt dieses Erfordernis nun für sämtliche Pflichthaftpflichtversicherungen (dazu noch Rn. 6, 19 ff.). Die Vorgängervorschrift des § 158b VVG a.F. wurde in das frühere VVG durch Art. 3 3 Nr. 10 des Gesetzes vom 7.11.1939 eingeführt.9 Ursprünglich umfasste diese frühere Fassung des § 158b VVG a.F. nur einen Satz.10 Im Jahre 1990 wurde ein weiterer Absatz an
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Zu den Übergangsvorschriften vgl. Bruck/ Möller/Beckmann Einf. A Rn. 63 ff. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 2. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 87. Darunter ist jede Rechtsvorschrift, die von den verfassungsrechtlich damit betrauten Staatsorganen in einem förmlichen Gesetzgebungsverfahren (für Bundesgesetze in der Regel im Verfahren gem. Art. 76 ff GG) erlassen wird, zu verstehen, vgl. Staudinger/ Merten (Stand: 2012) EGBGB Art. 2 Rn. 2. Darunter ist jede Rechtsregel mit Außenwirkung (ohne Rücksicht auf Erzeugungsverfahren oder Form) zu verstehen, die verbindliche Vorschriften für das Verhalten von Menschen aufstellt, vgl. Staudinger/Merten (Stand: 2012) EGBGB Art. 2 Rn. 2.
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So etwa Prölss/Martin/Knappmann27 § 158b Rn. 1. Berliner Kommentar/Hübsch § 158b Rn. 1: (förmliches) Gesetz oder Rechtsverordnung bzw. Satzung (Gesetz im materiellen Sinne). Vgl. auch die Formulierung in der Gesetzesbegründung (BTDrucks. 16/3945 S. 8: „Die Verpflichtung kann sich nicht nur aus einem Gesetz im formellen Sinn, sondern auch aus einer Rechtsverordnung, der Satzung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder einer EU-Verordnung ergeben.“ Vgl. zu den Anforderungen an eine Satzung einer berufsständigen Kammer Rn. 13 f. RGBl. 1939 I S. 2223, 2226 f. „Für eine Haftpflichtversicherung, zu deren Abschluss eine gesetzliche Verpflichtung
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
§ 158b VVG a.F. angehängt,11 worin eine Verpflichtung des VR gegenüber dem VN zur Aushändigung einer Bescheinigung über das Bestehen der Haftpflichtversicherung geregelt war (nun geregelt in § 113 Abs. 2). Wie zuvor festgestellt stimmt § 113 Abs. 2 also inhaltlich mit der früheren Fassung 4 des § 158b Abs. 2 VVG a.F. überein.12 Diese Vorgängerfassung enthielt in Satz 2 noch eine Klarstellung, dass die vom VR zu erteilende Bescheinigung mit dem Versicherungsschein verbunden werden kann. Auf diese Klarstellung hat der Gesetzgeber im VVG 2008 verzichtet, da sich dies von selbst verstehe.13 Die Vorgängerregelung des § 158b Abs. 2 wurde 1990 in das Gesetz aufgenommen.14 Die Vorschrift des § 113 Abs. 3 wiederum entspricht wörtlich der früheren Vorschrift 5 des § 158k VVG a.F. Die Vorgängervorschrift des § 158k VVG a.F. wurde im Jahre 1965 in das frühere VVG aufgenommen.15
II. Inhalt und Zweck der Regelung 6
§ 113 Abs. 1 enthält zunächst eine Legaldefinition der Pflichtversicherung i.S.d. §§ 113 ff.16 Nach dieser Legaldefinition handelt es sich um eine Pflichtversicherung i.S.d. §§ 113 ff. (hier auch als Pflichthaftpflichtversicherung bezeichnet) bei Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht (näher zu dieser Legaldefinition Vorbem. zu den §§ 113–124 Rn. 7). Durch die gesetzliche Beschreibung der Pflichtversicherung wird zugleich der Anwendungsbereich der §§ 113–124 auf solche Pflichthaftpflichtversicherungen beschränkt. Darüber hinaus enthält § 113 Abs. 1 die Aussage, dass eine Pflichthaftpflichtversicherung i.d.S. mit einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten VU abzuschließen ist. Dieser Regelungsgehalt des § 113 Abs. 1, 2. Halbs. fand sich im früheren VVG noch nicht. Lediglich für die KfzHaftpflichtversicherung fand und findet sich auch heute noch eine entsprechende Regelung in § 5 Abs. 1 PflVG. Der Gesetzgeber hat diese für das VVG neue Regelung im Wesentlichen unter zwei Aspekten begründet: Hintergrund ist danach zum einen der Umstand, dass § 5 Abs. 5 Nr. 1 VAG anordnet, dass VR, die Pflichtversicherungen betreiben wollen, mit dem Geschäftsplan bei der Aufsichtsbehörde die AVB einzureichen haben. Eine entsprechende Pflicht zur Vorlage ergibt sich für VR, die im Dienstleistungsverkehr Pflichtversicherungen betreiben, aus § 110a Abs. 2b VAG. Der Sinn dieser Vorlagepflicht aufgrund des VAG liegt darin, dass die Stellen, die über die Einhaltung der Versicherungspflicht zu wachen haben, die Versicherungsbedingungen bei der Aufsichtsbehörde abrufen können.17 Weiterer Hintergrund für die Regelung des § 113 Abs. 1, 2. Halbs. ist dem Umstand geschuldet, dass Art. 46c Abs. 2 EGBGB (früher geregelt in Art. 12 Abs. 2 EGVVG a.F.) bestimmt, dass ein über eine Pflichtversicherung abgeschlossener Vertrag deutschem Recht unterliegt, wenn die gesetzliche Verpflichtung zu seinem Abschluss auf deutschem Recht beruht. Aus diesen Gründen hat es der Gesetzgeber für folgerichtig erachtet, dass ein Vertrag über eine Pflichtversicherung nur bei einem im
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besteht (Pflichtversicherung), gelten die besonderen Vorschriften der §§ 158c–158h.“ Gesetz v. 28.6.1990 BGBl. I 1249, 1257. BTDrucks. 16/3945 S. 87. BTDrucks. 16/3945 S. 87. Vgl. Gesetz v. 28.6.1990 BGBl. I 1249, 1257 (vgl. zuvor Rn. 3).
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Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter v. 5.4.1965, BGBl. I 213, 220. So etwa BTDrucks. 16/3945 S. 87. BTDrucks. 16/3945 S. 87; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Huber 2 § 113 Rn. 9; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 113 Rn. 10.
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Pflichtversicherung
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Inland zum Betrieb einer solchen Versicherung befugten VU abgeschlossen werden könne.18 Dabei hat der Gesetzgeber noch einmal darauf hingewiesen, dass hierunter auch VU mit Sitz in einem anderen Staat des europäischen Wirtschaftsraums fallen (vgl. § 110a VAG). Gem. § 113 Abs. 2 ist der VR verpflichtet, eine Bescheinigung über den Abschluss der 7 Pflichthaftpflichtversicherung auszustellen (früher geregelt in § 158b Abs. 2 a.F. [vgl. bereits Rn. 3 f.]). Diese Vorschrift bezweckt den Schutz des VN. Dieser kann mit der entsprechenden Bescheinigung den Nachweis führen, dass ein entsprechender Versicherungsvertrag abgeschlossen ist. Die Vorschrift des § 113 Abs. 3 erweitert den Anwendungsbereich des Abschnitts 8 über die Pflichtversicherung auch insoweit, als der Versicherungsvertrag eine Deckung gewährt, die über die Mindestanforderungen hinausgeht (früher geregelt in § 158k a.F. [vgl. bereits Rn. 5]). Der Sinn dieser Vorschrift liegt darin, dass auf diese Weise eine Aufspaltung des Versicherungsvertrages in einen Teil, zu dessen Abschluss eine Verpflichtung besteht, und in einen „freien Teil“ vermieden wird.19
III. Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich des § 113 ergibt sich aus der Überschrift des Abschnitts 2 9 „Pflichtversicherung“ im Zusammenhang mit der Legaldefinition der Pflichtversicherung nach § 113 Abs. 1. Hieraus folgt, dass die Vorschrift des § 113 – ebenso wie die weiteren Vorschriften der §§ 114–124 – auf Pflichthaftpflichtversicherungen anzuwenden sind, also auf Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht. § 113 Abs. 3 wiederum stellt klar, dass die Vorschriften dieses Abschnitts auch insoweit anzuwenden sind, als der Versicherungsvertrag eine über die vorgeschriebenen Mindestanforderungen hinausgehende Deckung gewährt. In aller Regel lässt sich ohne Schwierigkeiten feststellen, ob eine Versicherung als Pflichthaftpflichtversicherung einzuordnen und damit der Anwendungsbereich der §§ 113–124 eröffnet ist. In Ausnahmefällen ist es indes nicht immer eindeutig, ob eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift gegeben ist (dazu sogleich § 113 Rn. 12 ff.). Schließlich ist es auch möglich, dass die Vorschriften über die Pflichthaftpflichtversicherung durch Gesetz für anwendbar erklärt werden. Dies erfolgt durch den am 19.7.2013 in Kraft getreten § 8 Abs. 4 S. 2 PartGG;20 dieser erklärt § 113 Abs. 3 und die §§ 114 bis 124 hinsichtlich der Berufshaftpflichtversicherung i.S.d. § 8 Abs. 4 PartGG für entsprechend anwendbar. Für die Anwendbarkeit des § 113 Abs. 3 und der §§ 114 bis 124 kommt es in diesem Fall daher aufgrund des Rechtsfolgenverweises in § 8 Abs. 4 PartGG nicht darauf an, ob Berufshaftpflichtversicherungen i.S.d. § 8 Abs. 4 PartGG als Pflichthaftpflichtversicherungen i.S.d. § 113 Abs. 1 einzuordnen sind (vgl. zu dieser Diskussion die Vorbemerkungen zu §§ 113–124 Rn. 39). Damit wird der Anwendungsbereich des § 113 Abs. 3 und der §§ 114 bis 124 in diesem Fall auf die von § 8 Abs. 4 PartGG erfassten Haftpflichtversicherungen erstreckt.
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BTDrucks. 16/3945 S. 87. BGH 18.12.1973 VersR 1974 254, 255 (juris Rn. 14); Berliner Kommentar/Hübsch § 158k Rn. 2; BTDrucks. 4/2252 S. 32. Gesetz zur Einführung einer Partnerschafts-
gesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer v. 15.7.2013, BGBl I 2386.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
IV. Übergangsrecht 10
Wie bereits erwähnt (Vorbem zu den §§ 113–124 Rn. 40) gelten die allgemeinen Vorschriften über den Übergang zwischen dem früheren VVG und dem seit dem 1.1.2008 geltenden VVG.21 Insoweit gelten sie für die Pflichthaftpflichtversicherung und die Vorschriften des Abschnitts 2 der §§ 113–124.
B. Tatbestand und Rechtsfolgen I. Begriff der Pflichthaftpflichtversicherung und Kreis der Pflichthaftpflichtversicherer, Abs. 1 1. Pflichthaftpflichtversicherung
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§ 113 Abs. 1 enthält eine Legaldefinition der Pflichtversicherung. Begrifflich nicht ganz gelungen ist allerdings die Bezeichnung als „Pflichtversicherung“.22 Da hiermit Haftpflichtversicherungen gemeint sind, zu deren Abschluss eine Verpflichtung besteht, geht es letztlich aber um Pflichthaftpflichtversicherungen (vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113– 124 Rn. 7). § 113 Abs. 1 und damit der gesamte Abschnitt der §§ 113–124 beziehen sich ausweislich des Wortlauts des Absatzes 1 auf Haftpflichtversicherungen, sodass obligatorische Versicherungen, die keine Haftpflichtversicherung darstellen, von diesem Abschnitt nicht erfasst werden.23 Für das Einordnen einer Versicherung als Haftpflichtversicherung gelten die allgemeinen Erwägungen zur Haftpflichtversicherung (vgl. Vorbem. zu §§ 100–112 Rn. 1 ff.). Der Anwendungsbereich der §§ 113–124 bezieht sich wiederum auf Pflichthaftpflichtversicherungen, also auf Haftpflichtversicherungen, zu deren Abschluss eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht. 2. Verpflichtung durch Rechtsvorschrift
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Eine Pflichthaftpflichtversicherung liegt vor, wenn zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung eine Verpflichtung durch Rechtsvorschrift besteht. Rechtsvorschriften i.d.S. sind insbesondere formelle Gesetze, unabhängig davon, ob es sich um ein Bundesgesetz oder um ein Landesgesetz handelt. Rechtsvorschriften i.S.d. § 113 Abs. 1 sind darüber hinaus auch Rechtsverordnungen, Satzungen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder EU-Verordnungen.24 Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die entsprechenden gesetzlichen Regelungen eine Pflichtversicherung anordnen.25 Stellt ein Gesetz die Anordnung des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung in das Ermessen einer Behörde, so liegt hierin keine durch Gesetz angeordnete Pflichtversicherung. Als Beispiel sei hier die Regelung des § 63 Abs. 2 der Eichordnung genannt: „Die zuständige Behörde kann von dem Träger der Prüfstelle den Abschluss einer nach Art und Höhe ausreichenden Haftpflichtversicherung und den Nachweis ihres Bestehens verlangen.“ Das der Behörde eingeräumte Ermessen führt dazu, dass die Behörde den Abschluss einer Haftpflichtversicherung verlangen kann, aber nicht verlangen muss (deshalb in diesem Zusammenhang 21 22 23
Vgl. dazu Bruck/Möller/Beckmann Einf. A Rn. 68 ff. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 3. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 2.
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Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 87; Langheid/ Wandt/Brand § 113 Rn. 6; Looschelders/ Pohlmann/Schwartze 2 § 113 Rn. 5; Römer/ Langheid 3 § 113 Rn. 8. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 113 Rn. 2.
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auch als „Kann“-Regelungen bezeichnet). Gegen die Einordnung dieser „Kann“-Regelungen als gesetzliche Anordnung einer Pflichtversicherung lässt sich argumentieren, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in diesen Fällen auch Konstellationen denkbar sind, in denen die Behörde eben nicht den Abschluss einer Haftpflichtversicherung verlangt. Bei Anwendung der „Kann“-Regelungen sind einerseits Konstellationen denkbar, in denen der Abschluss einer Versicherung von der Behörde verlangt wird, andererseits Konstellationen, in denen der Abschluss nicht verlangt wird, sowie Konstellationen, in denen der VN freiwillig (ohne Verlangen und u.U. auch ohne Kenntnis der Behörde) eine Versicherung abschließt oder eine Versicherung bereits freiwillig vor dem Verlangen der Behörde abgeschlossen hat. Auf freiwillige Versicherungen finden die §§ 113 ff. aber keine Anwendung. Insbesondere die letzte Konstellation der freiwilligen Versicherungen soll daher gegen eine Einordnung der „Kann“-Regelungen als durch Gesetz angeordnete Pflichtversicherungen sprechen.26 Umstritten ist die Einordnung einer Pflichthaftpflichtversicherung, wenn die behördliche Genehmigung die Auflage, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, zwingend enthält, wie z.B. bei § 42 Abs. 2 Nr. 9 LuftVZO. Indes besteht bei einem solchen Fall auch eine Verpflichtung zum Abschluss der Haftpflichtversicherung durch Rechtsvorschrift, auch wenn dies letztlich erst durch die behördliche Genehmigung ausgesprochen wird.27 Eine Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung aufgrund einer Sat- 13 zung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft reicht als Verpflichtung durch Rechtsvorschrift grundsätzlich aus.28 Ordnet die Satzung einer berufsständigen Kammer eine Versicherungspflicht an, so ist zu unterscheiden. Findet sich eine spezielle bundes- oder landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage, die es der berufsständigen Kammer gestattet, eine solche Versicherungspflicht in der Satzung anzuordnen, wird man bei Aufnahme einer solchen Verpflichtung in die Satzung eine Verpflichtung zum Abschluss durch Rechtsvorschrift annehmen können (vgl. Vorbem. zu den §§ 113–124 Rn. 34).29 Die allgemeine Verleihung der Satzungsautonomie zur Regelung der berufsständigen Pflichten allein lässt sich indes nicht als Verpflichtung durch Rechtsvorschrift einordnen.30 Die Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung berührt die im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit verfassungsrechtlich geschützte Vertragsfreiheit (vgl. Vorbem. zu den §§ 113–124 Rn. 25), sodass es hierfür einer gesetzlichen Grundlage bedarf.31 Eine Norm ohne spezielle bundes- oder landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Anordnung der Haftpflichtversicherung ist deshalb verfassungsrechtlich zumindest problematisch. Hält man deshalb in diesem Fall die Satzung der berufsständigen Kammer für nicht ausreichend, so lässt sich das Bestehen einer Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung durch Gesetzesvorschrift wohl nicht annehmen. Die Frage nach der Einordnung als Pflichthaftpflichtversicherung stellt sich auch bei 14 den entsprechenden Vorgaben der Satzungen der Industrie- und Handelskammern (IHK) 26
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So Dallwig 247 ff.; im Ergebnis ebenso Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 7; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 113 Rn. 2. Ebenso Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 113 Rn. 2; Berliner Kommentar/Hübsch § 158b Rn. 34; a.A. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 7. Prölss/Martin/Knappmann28 § 113 Rn. 1; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 5; Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 6; BTDrucks. 16/3945 S. 87.
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Bruck/Möller/Beckmann Einf. A Rn. 144; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 7; wohl auch Berliner Kommentar/ Hübsch § 158b Rn. 4. Vgl. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 7; offengelassen durch OLG Nürnberg 21.6.2012 VersR 2013 711, 712 f. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 7.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
bzgl. der Bestellung sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen.32 Diese Satzungen gehen auf die ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung des § 36 Abs. 4 GewO zurück und konnten erlassen werden, da keine Landesregierung von ihrer Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung nach § 36 Abs. 3 GewO Gebrauch gemacht hat. Inhaltlich sprechen die Vorschriften der § 14 Abs. 2 der jeweiligen Satzungen davon, dass der Sachverständige eine Haftpflichtversicherung in angemessener Höhe abschließen „soll“.33 Hinsichtlich dieser konkreten Vorschriften lässt sich allerdings mit Blick auf die systematische Stellung unter „III. Pflichten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen“34 sowie dem Schuldnerschutz argumentieren, dass es Sachverständigen letztlich nicht „freigestellt“ ist, eine solche Versicherung abzuschließen. Auch der Umstand, dass solche Satzungen in der Regel ausdrücklich auf § 36 Abs. 3 und 4 Bezug nehmen, spricht dafür eine Verpflichtung anzunehmen. Wiederum eine andere Situation liegt vor, wenn eine gesetzliche Regelung dem Betrof15 fenen eine Wahlmöglichkeit zwischen einer Haftpflichtversicherung oder einer Form der Sicherheitsleistung gewährt. Nach wohl überwiegender Meinung wird in diesem Falle keine Versicherungspflicht i.S.d. § 113 Abs. 1 angenommen.35 Eine solche Verpflichtung zur Deckungsvorsorge mit Wahlmöglichkeit findet sich z.B. in § 94 Abs. 1 AMG. Danach muss der pharmazeutische Unternehmer dafür Sorge treffen, dass er seinen gesetzlichen Verpflichtungen zum Ersatz von Schäden nachkommen kann; diese Deckungsvorsorge kann durch eine Haftpflichtversicherung oder durch eine Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung eines Kreditinstituts erbracht werden (vgl. näher § 94 Abs. 1 Satz 3 AMG). Entscheidet sich der pharmazeutische Unternehmer für den Abschluss einer Haftpflichtversicherung, so ordnet § 94 Abs. 2 AMG ausdrücklich an, dass in diesem Falle § 113 Abs. 3 und die §§ 114–124 Anwendung finden. Eine entsprechende Regelung fand sich früher auch in § 43 Abs. 1 LuftVG (in der bis 29.4.2005 geltenden Fassung). Auch in diesem Fall galten gem. § 43 Abs. 1 Satz 3 LuftVG (in der bis 29.4.2005 geltenden Fassung) die besonderen Vorschriften über die Pflichtversicherung. Mittlerweile gilt diese Möglichkeit der alternativen Deckungsvorsorge nicht mehr (vgl. § 43 Abs. 2 LuftVG in der seit 24.8.2009 geltenden Fassung). Die Frage der Anwendung der §§ 113–124 stellt sich insbesondere dann, wenn es an einer Regelung fehlt, die die Anwendung dieser versicherungsvertragsgesetzlichen Vorschriften ausdrücklich anordnet. Dies ist etwa im Rahmen der Deckungsvorsorge gem. § 19 Abs. 2 UmweltHG der Fall. Danach kann die Deckungsvorsorge erbracht werden durch eine Haftpflichtversicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten VU oder durch eine Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung des Bundes oder eines Landes oder durch eine Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes, wenn gewährleistet ist, dass sie einer Haftpflichtversicherung vergleichbare Sicherheiten bietet. 32 33
Ebenfalls in der Übersicht im Anhang zu den Vorbem. zu §§ 113–124 aufgeführt. Diese Ordnungen gehen auf ein Muster des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zurück; vgl. Muster – Sachverständigenordnung des DIHK (neu gefasst aufgrund des Beschlusses des Arbeitskreises Sachverständigenwesen vom 30.11.2009, in der Fassung vom 26.3.2012) abgedruckt bei Landmann/Rohmer GewO (II) 63. Erg. 2013, Nr. 276 (Ergänzende Vorschriften).
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So die Sachverständigenordnungen der IHK Region Stuttgart, Schwaben, Berlin, Cottbus, Bremerhaven, Hamburg, Frankfurt a. M., Rostock, Nord Westfalen, Koblenz, Dresden, Halle-Dessau, Kiel, Erfurt. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 5; Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 9; Berliner Kommentar/Hübsch § 158b Rn. 2; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 113 Rn. 5.
Roland Michael Beckmann
Pflichtversicherung
§ 113
§ 19 UmweltHG enthält keine Regelung, wonach im Falle der Erbringung der Deckungsvorsorge durch eine Haftpflichtversicherung die Vorschriften über die Pflichtversicherung gem. §§ 113–124 zur Anwendung gelangen. Eine Nichtanwendung der Regelung über die Pflichtversicherung würde indes dazu führen, dass die Haftpflichtversicherung noch nicht einmal eine Mindestversicherungssumme aufweisen müsste. Der Gesetzgeber geht offenbar auch davon aus, dass im Falle einer solchen „mittelbaren Pflicht“ zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung die Vorschriften über Pflichthaftpflichtversicherung gem. §§ 113 ff. zur Anwendung kommen. Dies gilt jedenfalls i.R.d. UmweltHG. Das UmweltHG geht gem. § 20 Abs. 1 Nr. 5 ohne Weiteres von der Geltung des § 117 Abs. 2 aus. Hierdurch kommt zum Ausdruck, dass die Regelungen über die Pflichthaftpflichtversicherung zur Anwendung gelangen sollen.36 Gem. § 2 Abs. 1 PflVG sind bestimmte juristische Personen der öffentlichen Hand 16 von der Pflicht zum Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung befreit. Gleichwohl können sie eine entsprechende Haftpflichtversicherung abschließen (vgl. § 2 Abs. 2 PflVG). Auch in diesem Fall sprechen Schutzzweckgesichtspunkte dafür, §§ 113–124 auf eine entsprechende Haftpflichtversicherung anzuwenden.37 Eine vertragliche Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung reicht 17 für die Anwendung der §§ 113–124 hingegen nicht aus, da es an einer Verpflichtung durch Rechtsvorschrift fehlt. Dies gilt unabhängig davon, ob die vertragliche Verpflichtung durch Individualvereinbarung oder durch AGB (z.B. gem. § 29 ADSp) erfolgt.38 Gesetze, die eine obligatorische Haftpflichtversicherung anordnen, sind grundsätzlich 18 auch als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB einzuordnen, da sie in erster Linie dem Schutz geschädigter Dritter dienen. Insoweit ist dies beispielsweise für § 1 PflVG durch die Rechtsprechung ausdrücklich entschieden.39 3. Kreis der Pflichthaftpflichtversicherer Gem. § 113 Abs. 1 ist die entsprechende Pflichthaftpflichtversicherung „mit einem im 19 Inland zum Geschäftsbetrieb befugten VU abzuschließen“. Vor der VVG-Reform gab es eine entsprechende Vorschrift lediglich für die Kfz-Haftpflichtversicherung gem. § 5 Abs. 1 PflVG. Nach der VVG-Reform 2008 gilt diese Regelung nun für sämtliche Pflichthaftpflichtversicherungen.40 Das Versicherungsaufsichtsrecht regelt wiederum, welche VU im Inland zum Geschäfts- 20 betrieb befugt sind. Gem. § 5 Abs. 1 VAG bedürfen VU zum Geschäftsbetrieb der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde. Damit gehören VU mit Sitz im Inland, die über eine entsprechende Erlaubnis nach § 5 ff. VAG verfügen, zum Kreis der Pflichthaftpflichtversicherer gem. § 113 Abs. 1. Aufgrund des sog. Single-License-Prinzips sind auch VU mit Sitz in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat zum Geschäftsbetrieb im Inland befugt, vgl. § 110a Abs. 1 VAG. Dabei sind die formalen Voraussetzungen von § 110a Abs. 2 bis 2b VAG zu beachten. Neben den allgemeinen Voraussetzungen nach § 101a Abs. 2 und 2a VAG ist zu berücksichtigen, dass gem. dessen Abs. 2b das Unternehmen der Bundesanstalt die AVB einzureichen hat. Insoweit ist dies aber kein Unterschied zu VU mit Sitz im Inland, da diese 36
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Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 6; ebenso Wagner VersR 1991 249, 255; von Bar AcP (81) 1981 289, 314. Ebenso Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 8, Prölss/Martin/Knappmann28 § 113 Rn. 2; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 113
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Rn. 4; a.A. Berliner Kommentar/Hübsch § 158b Rn. 10; vgl. noch Rn. 29. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 7; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 113 Rn. 2. OLG Düsseldorf v. 12.7.1971 VersR 1973 374. Zur Begründung vgl. bereits oben Rn. 6.
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gem. § 5 Abs. 5 Nr. 1 VAG ebenfalls die Versicherungsbedingungen der BaFin vorzulegen haben. Auch außerhalb des EWR ansässige VU können grundsätzlich Pflichthaftpflichtversicherungen im Inland anbieten. Gleichwohl setzt dies gem. § 105 Abs. 2 VAG voraus, dass sie über eine entsprechende Erlaubnis durch die deutsche Aufsichtsbehörde verfügen. 4. Verstoß gegen Abs. 1, 2. Halbs.
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Gem. § 113 Abs. 1 ist eine Pflichthaftpflichtversicherung mit einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten VU abzuschließen (vgl. zuvor Rn. 19 f.). Wird ein Pflichtversicherungsvertrag mit einem Unternehmen abgeschlossen, das nicht im Inland zum Geschäftsbetrieb befugt ist, so berührt dies die zivilrechtliche Wirksamkeit des entsprechenden Vertrages nicht.41 Insbesondere kann der VN die vertraglich geschuldete Leistung geltend machen. Zu Recht hat man sich im Schrifttum darüber hinaus dafür ausgesprochen, dass die §§ 113–124 auf ein solches Vertragsverhältnis grundsätzlich Anwendung finden.42 Dies gilt insbesondere für die Regelungen dieses Abschnittes, die dem Schutz des VN dienen. So wird man annehmen können, dass der geschädigte Dritte gegen das ohne entsprechende Zulassung auftretende VU einen Direktanspruch unter den Voraussetzungen des § 115 hat. Des Weiteren unterliegt das entsprechende nicht zugelassene VU gem. § 1 VAG der Versicherungsaufsicht,43 die entsprechend gegen diese Unternehmen vorgehen kann. Ebenfalls ist zu beachten, dass aus den Vorschriften, die die entsprechende Pflichthaftpflichtversicherung anordnen, besondere Rechtsfolgen möglich sind;44 insbesondere sind Rechtsfolgen denkbar, die für die Verletzung der ordnungsgemäßen Versicherungspflicht vorgesehen sind.45 5. Kontrahierungszwang des Versicherers
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Auch wenn der Gesetzgeber vielfach eine Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung durch Rechtsvorschrift vorsieht (vgl. die Übersicht im Anhang zu den Vorbem. zu §§ 113–124), so wird diese gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung nicht zugleich mit entsprechenden Regelungen über einen Kontrahierungszwang flankiert. Lediglich im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung findet sich in § 5 Abs. 2 PflVG ein grundsätzlicher Kontrahierungszwang. Indes finden sich in § 5 Abs. 4 PflVG Einschränkungen dieses Kontrahierungszwanges, wenn dem VR letztlich nicht zugemutet werden kann, einen entsprechenden Vertrag mit dem Versicherungsinteressenten zu schließen. Auch wenn sich außerhalb der Kfz-Haftpflichtversicherung ein solcher Kontrahierungszwang grundsätzlich nicht ergibt, so handelt es sich gleichwohl nicht um die gleiche Situation wie bei einem rein optionalen Vertragsschluss, für den keine gesetzliche Abschlussverpflichtung besteht. Für den Adressaten, der einen entsprechenden Pflichthaftpflichtversicherungsvertrag abschließen muss, besteht letztlich eine Abschlusspflicht. Solange ein entsprechender Versicherungsmarkt existiert, dürften sich hieraus grundsätzlich keine rechtlichen Probleme ergeben.
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H.M., vgl. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 15; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 12; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 113 Rn. 5. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 12.
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BVerwG 19.5.1987 VersR 1987 701. Vgl. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 12. Vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock Kraftfahrtversicherung3 § 5 PflVG Rn. 3.
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II. Bestätigung des Versicherungsverhältnisses, Abs. 2 Gem. § 113 Abs. 2 hat der VR dem VN unter Angabe der Versicherungssumme zu bescheinigen, dass eine den zu bezeichnenden Rechtsvorschriften entsprechende Pflichtversicherung besteht. Vielfach muss der Adressat einer gesetzlichen Pflichthaftpflichtversicherung den Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages, insbesondere gegenüber einer Behörde oder einer anderen Stelle nachweisen. So muss beispielsweise ein Versicherungsvermittler gem. § 34d Abs. 2 Nr. 3 GewO den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung gegenüber der zuständigen Industrie- und Handelskammer erbringen. Demgemäß ist es nahe liegend, dass der entsprechende HaftpflichtVR dem VN eine entsprechende Bescheinigung auszuhändigen hat. § 113 beschreibt den notwendigen Inhalt einer entsprechenden Bescheinigung. Danach ist in der Bescheinigung zum einen die Versicherungssumme anzugeben, zum anderen ist die gesetzliche Grundlage aufzunehmen, aus der sich die Pflichthaftpflichtversicherung ergibt. Es ist möglich, die Bestätigung nach § 113 Abs. 2 mit dem Versicherungsschein nach § 3 in einem Dokument zusammenzufassen.46 Die frühere Fassung des § 158b Abs. 2 Satz 2 VVG a.F. hat dies noch ausdrücklich bestimmt. Das geltende VVG enthält eine solche Regelung nicht mehr. Gleichwohl geht die ganz überwiegende Meinung davon, dass sich durch die Neufassung des VVG an dieser Möglichkeit nichts ändern sollte (vgl. bereits oben Rn. 4). Wird von einer Zusammenfassung der Bestätigung nach § 113 Abs. 2 und dem Versicherungsschein nach § 3 in einer Urkunde Gebrauch gemacht, wird die Widerrufsfrist des § 8 Abs. 1 nicht berührt, wenn die Anforderungen des § 113 Abs. 2 nicht erfüllt sind.47 § 113 Abs. 2 enthält keine Regelung über die Form der entsprechenden Bescheinigung. Teilweise wird insoweit eine analoge Anwendung des § 3 Abs. 1 vorgeschlagen.48 Danach ist der Versicherungsschein grundsätzlich in Textform (§ 126b BGB) auszustellen; darüber hinaus kann der VN gem. § 3 Abs. 1 eine Übermittlung des Versicherungsscheins als Urkunde verlangen. Nimmt man an, dass die Versicherungsbestätigung gem. § 113 Abs. 2 und der Versicherungsschein in einem Dokument zusammengefasst werden können, so ist es konsequent, die Formerfordernisse des Versicherungsscheins auf die Versicherungsbestätigung nach § 113 Abs. 2 zumindest analog anzuwenden. Dies gilt letztlich auch für weitere Regelungen über formale Anforderungen an den Versicherungsschein (keine Anwendung findet hingegen § 5). Umstritten ist die Frage, ob sich § 113 Abs. 2 auf die Fälligkeit der Prämie auswirken kann. Teilweise wird der Standpunkt vertreten, die Fälligkeit der Prämie gem. § 33 Abs. 1 könne erst eintreten, sofern der Versicherungsschein und die Versicherungsbestätigung nach § 113 Abs. 2 inhaltlich vollständig und korrekt übermittelt worden seien. Bis zur Übermittlung habe der VN ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB.49 Ein solches Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB wird nach anderer Ansicht abgelehnt; weitergehend sei die Prämie gem. § 33 Abs. 1 überhaupt erst fällig, wenn sowohl der Versicherungsschein als auch die Versicherungsbescheinigung inhaltlich vollständig und korrekt übermittelt worden seien.50 Indes stellt § 33 Abs. 1 alleine auf den Zugang
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Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 113 Rn. 6; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 13; Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 20. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 113 Rn. 6; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 13.
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Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 21. So etwa Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 14. So Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 24.
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des Versicherungsscheines ab; die Bescheinigung nach § 113 Abs. 2 ist keine Voraussetzung des § 33 Abs. 1. Deshalb wird man nicht annehmen können, dass bei noch nicht erfolgter Übersendung der Bestätigung nach § 113 Abs. 2 noch keine Fälligkeit eingetreten sei. Gleichwohl besteht die Möglichkeit für den VN sich auf das allgemeine Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB zu berufen.51
III. Geltung der §§ 113–124 auf über die Mindestanforderungen hinausgehende Versicherungen, Abs. 3 27
Gem. § 113 Abs. 3 sind die Vorschriften dieses Abschnitts, mithin die §§ 113–124, auch insoweit anzuwenden, als der Versicherungsvertrag eine über die vorgeschriebenen Mindestanforderungen hinausgehende Deckung gewährt. § 113 Abs. 3 stimmt mit dem früheren § 158k a.F. überein.52 Der Zweck der Vorschrift besteht darin, eine Aufspaltung des Versicherungsverhältnisses zu vermeiden; der gesamte Vertrag, also auch der Teil, der über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgeht, soll den Vorschriften über die Pflichthaftpflichtversicherung unterliegen.53 Nach der Gesetzesbegründung zum VVG 2008 betrifft die Vorschrift insbesondere die Fälle, in denen eine die Mindestversicherungssumme übersteigende Versicherungssumme vereinbart, der Kreis der mitversicherten Personen über die zwingenden Vorgaben hinaus erweitert oder eine räumliche Erweiterung des Versicherungsschutzes vorgenommen wird.54 Danach soll die in § 117 Abs. 3 vorgesehene Begrenzung der Eintrittspflicht des gegenüber dem VN leistungsfreien VR auf die vorgeschriebene Mindestversicherungssumme keine Ausnahme von dieser Vorschrift darstellen, sondern den Grundsatz des einheitlichen Vertragsverhältnisses bestätigen.55 Gleichwohl steht § 113 Abs. 3 nicht einer Vereinbarung der Parteien entgegen, wonach 28 zwei getrennte Versicherungsverträge vereinbart werden, namentlich ein Versicherungsvertrag mit dem gesetzlichen Mindestschutz und daneben ein weiterer Versicherungsvertrag mit darüber hinaus gehenden Deckungserweiterungen.56 Lässt sich eine solche vertragliche Vereinbarung bejahen, so gilt für den Vertrag mit dem zwingenden Mindestschutz der Abschnitt über die Pflichthaftpflichtversicherung gem. §§ 113–124, während über den gesonderten Versicherungsvertrag, der Deckungserweiterungen enthält, die allgemeinen Regelungen über die Haftpflichtversicherung zur Anwendung kommen. Möglicherweise kann der VN durch eine solche vertragliche Konstruktion eine günstigere Prämie erreichen.57 Nach überwiegender, aber umstrittener Meinung findet § 113 Abs. 3 analoge Anwen29 dung auf Verträge, die grundsätzlich zwar als Pflichthaftpflichtversicherungen einzuordnen sind, aber von nicht der Versicherungspflicht unterliegenden VN abgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere für Kfz-Haftpflichtversicherungsverträge durch Halter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1–5 PflVG. Gem. § 2 Abs. 1 sind diese grundsätzlich nicht zum Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung verpflichtet. Gleichwohl wendet die wohl h.M. § 113 Abs. 3 auf solche Versicherungsverträge an.58 51
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So wie schon erwähnt Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 113 Rn. 14; zu den Wirkungen des Zurückbehaltungsrechts etwa juris PK-BGB/Kerwer 6 § 273 Rn. 27. BTDrucks. 16/3945 S. 87. Vgl. BGH 18.12.1973 VersR 1974 254, 255 (juris Rn. 14); unter Hinweis auf die Begründung BTDrucks. IV/252 S. 32. BTDrucks. 16/3945 S. 87 f.
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BTDrucks. 16/3945 S. 88. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 28; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 113 Rn. 7; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 16. Vgl. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 28; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 113 Rn. 7. Langheid/Wandt/Brand § 113 Rn. 30; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113
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Umfang des Versicherungsschutzes
§ 114
C. Abdingbarkeit Auch wenn dies ausdrücklich im Gesetz nicht verankert ist, sind die Vorschriften die- 30 ses Abschnitts (§§ 113–114) nicht zulasten des VN, der mitversicherten Person bzw. des geschädigten Dritten abdingbar (vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 41).59
D. Beweislast Im Rahmen von § 113 Abs. 1 kann sich beispielsweise die Frage stellen, ob es sich bei 31 dem entsprechenden VR um ein im Inland zum Geschäft befugtes VU handelt. Indes stellt sich zunächst die Frage nach der Abgrenzung zwischen einer dem Beweis zugänglichen Tatsachenfrage und einer reinen Rechtsfrage. Soweit hierbei ungeklärte Tatsachen im Raum stehen, wird man im Verhältnis zwischen VU und VN die entsprechende Darlegungs- und Beweislast dem VU auferlegen können, da dieser Nachweis für das VU in zumutbarer Weise deutlich einfacher erfolgen kann als für einen VN. Im Rahmen von § 113 Abs. 2 obliegt dem VU die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es eine dem § 113 Abs. 2 ordnungsgemäße Bescheinigung ausgestellt hat. Bei der Anwendung des § 113 Abs. 3 kann sich die Frage stellen, ob ein einheitlicher Versicherungsvertrag vorliegt (auf den dann der gesamte Abschnitt der §§ 113–124 Anwendung findet) oder ob nach dem Parteiwillen zwei getrennte Versicherungsverträge vorliegen (vgl. zu dieser Möglichkeit Rn. 28). Insoweit trifft im Hinblick auf die hiermit zusammenhängenden Tatsachenfragen denjenigen die Darlegungs- und Beweislast, der eine Abweichung von § 113 Abs. 3, mithin zwei getrennte Versicherungsverträge vorträgt.
§ 114 Umfang des Versicherungsschutzes (1) Die Mindestversicherungssumme beträgt bei einer Pflichtversicherung, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist, 250.000 Euro je Versicherungsfall und eine Million Euro für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres. (2) Der Versicherungsvertrag kann Inhalt und Umfang der Pflichtversicherung näher bestimmen, soweit dadurch die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung nicht gefährdet wird und durch Rechtsvorschrift nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Ein Selbstbehalt des Versicherungsnehmers kann dem Dritten nicht entgegengehalten und gegenüber einer mitversicherten Person nicht geltend gemacht werden.
Schrifttum Armbrüster/Dallwig Die Rechtsfolgen übermäßiger Deckungsbegrenzungen in der Pflichtversicherung, VersR 2009 150; Dallwig Deckungsbegrenzungen in der Pflichtversicherung 2011; ders. Deckungsbegrenzungen in Pflichtversicherungen – Die Bedeutung des § 114 VVG 2008 für Verträge
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Rn. 18; Prölss/Martin/Knappmann28 § 113 Rn. 7; a.A. Berliner Kommentar/Hübsch § 158k Rn. 1. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 31;
Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 113 Rn. 19; a.A. Berliner Kommentar/Hübsch § 158b Rn. 10; dazu bereits oben Rn. 16.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
über Pflichthaftpflichtversicherungen, ZVersWiss 2009 47; Franz/Spielmann Die Zukunft von Selbstbehalten bei Pflichtversicherungen aus versicherungssteuerlicher Sicht, VersR 2012 960; Schirmer/Höhne Die Zulässigkeit von Selbstbehalten in der KH-Versicherung, DAR 1999 433; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. I. II. B. C. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Tatbestand und Rechtsfolgen . . . . . . . Mindestversicherungssumme, Abs. 1 . . . 1. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . 2. Subsidiarität des § 114 Abs. 1 . . . . . 3. Vertraglich, insbesondere durch AVB vereinbarte Versicherungssummen . . 4. Aufteilung der vorgegebenen Mindestversicherungssumme . . . . . . . . . 5. Mindestversicherungssumme und Haftungshöchstgrenze . . . . . . . . II. Inhaltsfreiheit und deren Schranken, Abs. 2 Satz 1 . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhaltsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 2. Schranken der Inhaltsfreiheit, Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. . . . . . . . . . . .
1 1 3 6 7 7 7 8 11 13 14 16 16
Rn. a) Abweichende Rechtsvorschriften . . b) Zweck der Pflichtversicherung . . . c) Rechtsfolgen bei Verstoß gegen eine Schranke . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsfolgen anordnende Norm bb) Umfang der Unwirksamkeit . . cc) Weitere mögliche Rechtsfolgen d) Diskutierte Einzelfälle . . . . . . . aa) Serienschadensklauseln . . . . bb) Nachhaftungsbegrenzung . . . cc) Pflichtwidrigkeitsklauseln . . . III. Selbstbehalte, Abs. 2 Satz 2 . . . . . . . 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . 3. Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beschränkung von Selbstbehalten auf das Innenverhältnis, Satz 2 . . . . . . D. Beweislast und Abdingbarkeit . . . . . .
20 23 26 27 32 34 35 36 40 41 42 42 43 44 45 49
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
Die Vorschrift des § 114 Abs. 1 ist eine Neuerung des VVG 2008 und hatte zuvor keine Entsprechung im früheren VVG. Lediglich in anderem Zusammenhang nahm das frühere VVG Bezug auf die Mindestversicherungssumme; namentlich bei Leistungsfreiheit des VR gegenüber dem VN und Aufrechterhaltung der Leistungsverpflichtung des VR gegenüber dem geschädigten Dritten gem. § 158c Abs. 1 VVG a.F. [heute geregelt in § 117 Abs. 1] ordnete § 158c Abs. 3 VVG a.F. an, dass der VR nur im Rahmen der „amtlich festgelegten Mindestversicherungssummen“ haftet.1 Mindestversicherungssummen für die Pflichthaftpflichtversicherung stellte das frühere VVG hingegen nicht auf. Vielfach finden sich in den Rechtsvorschriften, die eine Haftpflichtversicherung anordnen, Regelungen über eine Mindestversicherungssumme. Allerdings ist das nicht stets der Fall. Deshalb erachtete es der Reformgesetzgeber zu Recht für angezeigt, eine (subsidiär) geltende Regelung über eine Mindestversicherungssumme in das VVG 2008 aufzunehmen. 2 Auch eine dem § 114 Abs. 2 entsprechende Regelung fand sich im früheren VVG vor der VVG-Reform 2008 nicht. Selbst der ursprüngliche Entwurf der Reformkommission enthielt in der entsprechenden Vorschrift des § 115 VVG-E lediglich die Regelung des
1
Dazu Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 26 ff. Eine dem § 158c Abs. 3 VVG a.F.
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entsprechende Vorschrift findet sich im geltenden VVG in § 117 Abs. 3 Satz 1.
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Umfang des Versicherungsschutzes
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heutigen § 114 Abs. 1. Die Regelung des § 114 Abs. 2 über den möglichen Inhalt des entsprechenden Versicherungsvertrages wurde dagegen erst mit dem Referentenentwurf des BMJ vom 13.3.2006 als § 115 Abs. 2 VVG-E in die Reform aufgenommen.2 Die mit der VVG-Reform 2008 bereits verabschiedete Fassung des § 114 Abs. 23 wiederum wurde noch kurz vor Inkrafttreten der VVG-Reform geändert. Da die endgültige Fassung des VVG 2008 keinen allgemeinen Direktanspruch des Dritten mehr enthielt, musste der bereits zuvor verabschiedete Wortlaut des § 114 Abs. 2 Satz 2 („Anspruch des Dritten nach § 115 Abs. 1 in Verbindung mit § 117 Abs. 1“) noch in die heute geltende Fassung gebracht werden.4 Wäre dies nicht geschehen, hätte sich der Dritte auch dann einen Selbstbehalt entgegenhalten lassen müssen, wenn ihm kein Direktanspruch nach § 115 Abs. 1 zugestanden hätte; dies war jedoch vom Gesetzgeber nicht intendiert.5
II. Inhalt und Zweck der Regelung Zu Recht äußerte die VVG-Reformkommission und dem folgend auch der Reformge- 3 setzgeber, dass es an sich Sache des die Versicherungspflicht anordnenden Gesetzgebers sei, eine Mindestversicherungssumme zu bestimmen. Auch wenn dies vielfach der Fall ist, zeigte sich der Reformgesetzgeber in den Beratungen unzufrieden mit der Tatsache, dass – als Folge der Deregulierung des Marktes – die Bestimmung einer Mindestversicherungssumme gleichwohl weitgehend den AVB überlassen wurde und daher nicht mehr von einem homogenen Versicherungsschutz ausgegangen werden konnte.6 Aufgrund der Tatsache, dass im Rahmen der Pflichthaftpflichtversicherung vielfach die Regulierung von Personenschäden vorzunehmen ist, wurde deshalb durch die Vorschrift des § 114 Abs. 1 ein einheitlicher Mindeststandard normiert. Der Zweck der Versicherungspflicht insgesamt sei nämlich nur dann gewährleistet, wenn auch sichergestellt ist, dass mit dieser ein zuverlässiger Schutz bei Insolvenz des Schädigers einhergehe. Während die Normierung der Mindestversicherungssumme auf € 250.000 pro Scha- 4 densfall im Interesse des geschädigten Dritten, aber auch des VN erfolgt, bezweckt die Festlegung der Mindestsumme von einer Million Euro pro Jahr auch den Schutz des VR. Der Betrag von einer Million Euro stellt insoweit klar, dass kein unbegrenztes Eintreten des VR verlangt werden kann, und beschreibt somit eine Obergrenze bzw. Deckelung der Kosten. Die Regelung des Abs. 2 wiederum enthält Bestimmungen über den möglichen Inhalt 5 des Vertragsverhältnisses zwischen VR und VN (Deckungsverhältnis). Der Norm kommt dabei prinzipiell klarstellender Charakter zu, insofern sie Risikoausschlüsse und Selbstbehalt im Rahmen des Deckungsverhältnisses grundsätzlich gesetzlich legitimiert, was sich auch auf den Prüfungsmaßstab von AVB auswirkt. Andererseits zeigt das Gesetz auch Grenzen auf. Die Gestaltungsfreiheit findet gem. § 114 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. zum einen ihre Grenze, wenn durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist und zum anderen, wenn durch den Vertragsinhalt die Erreichung des jeweiligen Zwecks der
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Referentenentwurf S. 62, abrufbar unter http://www.gesmat.bundesgerichtshof.de/ gesetzesmaterialien/16_wp/versvertrg/refe_ 13_3_06.pdf (Abrufdatum: 3.5.2013). Fassung VVG-Reform 2008 BGBl. 2007 I 2631, 2650.
4 5 6
BGBl. I 2007 2833, 2834; vgl. auch BTDrucks. 16/6627 S. 2. BTDrucks. 16/6627 S. 6 f. KomE S. 81 f.; BTDrucks. 16/3945 S. 88.
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§ 114
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Pflichtversicherung gefährdet ist. Zudem kann gem. § 114 Abs. 2 Satz 2 ein Selbstbehalt des VN dem Dritten nicht entgegengehalten und gegenüber einer mitversicherten Person nicht geltend gemacht werden.
B. Anwendungsbereich 6
Die in § 114 Abs. 1 festgelegten Mindestversicherungssummen beziehen sich auf sämtliche Pflichthaftpflichtversicherungen, unabhängig davon, ob Bundes-, Landes- oder EU-Recht die Pflicht zur Versicherung bestimmen.7 Die Vorschrift ist dabei subsidiär und nur anwendbar, soweit sich in Spezialgesetzen keine vorrangigen Regelungen finden.8 Derartige spezialgesetzliche Normen müssen sich dabei nicht auf ein Abweichen nach oben beschränken, sondern können durchaus auch eine geringere Mindestversicherungssumme bestimmen, so dass § 114 Abs. 1 keine absoluten Untergrenzen normiert.9
C. Tatbestand und Rechtsfolgen I. Mindestversicherungssumme, Abs. 1 1. Regelungsgehalt
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Zum einen regelt § 114 Abs. 1 die Mindestversicherungssumme je Versicherungsfall, die bei € 250.000 liegt. Zum anderen beträgt die Mindestversicherungssumme eine Million Euro für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres. Beide in § 114 Abs. 1 genannten Mindestversicherungssummen sind voneinander unabhängig10. 2. Subsidiarität des § 114 Abs. 1
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Die Subsidiarität des § 114 Abs. 1 ergibt sich ausdrücklich aus dem Wortlaut („soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist“). Durch Rechtsvorschrift vorgegebene Mindestversicherungssummen haben deshalb Vorrang vor der Anwendung des § 114 Abs. 1. Solche vorrangigen Regelungen können höhere, aber auch niedrigere Mindestversicherungssummen vorsehen (vgl. bereits Rn. 6). Nach oben abweichende Mindestsummen finden sich etwa im Anhang zu § 4 Abs. 2 PflVG für die KfzHaftpflichtversicherung, wobei § 4 Abs. 3 PflVG zudem im Fünf-Jahres-Rhythmus eine Überprüfung und Anpassung der Summen anhand des Europäischen Verbraucherindexes vorsieht.11 Umgekehrt können durch Rechtsvorschrift auch niedrigere Mindestversicherungssummen vorgegeben werden; diese haben dann gleichfalls Vorrang vor § 114 Abs. 1.12 Solche sind insbesondere denkbar, wenn lediglich geringere Vermögensschäden
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Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 5; zu Rechtsvorschriften, die eine Pflichthaftpflichtversicherung anordnen können, vgl. § 113 Rn. 12 ff. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider 2 § 24 Rn. 165; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 114 Rn. 1; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 114 Rn. 1. Looschelders/Pohlmann/Schwarze2 § 114
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Rn. 2; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 9; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 114 Rn. 2 f. A.A. Feyock/Jacobsen/Lemor/ Feyock3 § 114 Rn. 1 vgl. noch Rn. 8. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 6. Vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 4 PflVG Rn. 57. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 114 Rn. 2; vgl. bereits oben Rn. 6.
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Umfang des Versicherungsschutzes
§ 114
drohen. Ein Beispiel hierfür stellt die Vorgabe der Anlage zu § 4 Abs. 2 PflVG dar, wonach für reine Vermögensschäden eine Mindestversicherungssumme von € 50.000 angeordnet ist. Im Rahmen der Diskussion um die VVG-Reform ist deshalb auch vorgeschlagen worden, die Regelung der Mindestversicherungssumme auf Personen- und Sachschäden zu begrenzen.13 Dem ist der Gesetzgeber indes nicht gefolgt. Enthalten Rechtsvorschriften für Pflichthaftpflichtversicherungen hingegen keine Vor- 9 gaben zu Mindestversicherungssummen, greift § 114 Abs. 1 ein. Ebenfalls findet § 114 Abs. 1 Anwendung, wenn gesetzliche Vorgaben nicht hinreichend bestimmt sind. Im Schrifttum wird als Beispiel für eine nicht hinreichende Bestimmung § 25 Abs. 2 Satz 1 StBerG aufgeführt,14 wo es heißt, [dass die] „Die Lohnsteuerhilfevereine […] gegen die sich aus der Hilfeleistung in Steuersachen im Rahmen der Befugnis nach § 4 Nr. 11 ergebenden Haftpflichtgefahren angemessen versichert sein [müssen].“ Die Stimmen in der Literatur, die eine Anwendung des § 114 Abs. 1 auf diese Sachverhalte aufgrund der überdimensionierten Haftungssumme kritisieren, mögen zutreffend sein,15 de lege lata muss dies jedoch hingenommen werden. Insoweit bedürfte es eines Tätigwerden des Gesetzgebers im Rahmen des § 25 Abs. 2 StBerG.16 § 114 Abs. 1 greift des Weiteren ein, wenn eine spezielle Vorschrift z.B. lediglich die 10 Mindestversicherungssumme je Versicherungsfall vorschreibt, indes keine Regelung zur Mindestversicherungssumme für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres enthält. Insoweit kommt dann § 114 Abs. 1 zur Anwendung.17 3. Vertraglich, insbesondere durch AVB vereinbarte Versicherungssummen Vertraglich, insbesondere durch AVB vereinbarte Versicherungssummen müssen den 11 gesetzlich vorgegebenen Mindestversicherungssummen entsprechen; dies gilt unabhängig davon, ob die Mindestversicherungssummen durch spezielle Rechtsvorschriften oder subsidiär durch § 114 Abs. 1 vorgegeben sind. Gem. Art. 1 Abs. 1 EGVVG ist § 114 Abs. 1 nach dem 31.12.2008 auch auf Altverträge anwendbar. Soweit in diesen Fällen die gesetzlichen Mindestsummen nicht erreicht werden, sind die §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 306 Abs. 2 BGB mit der Maßgabe anwendbar, dass § 114 Abs. 1 an deren Stelle tritt.18 Im Übrigen haben vertragliche Regelungen nur dann einen vollständigen die Anwen- 12 dung des § 114 Abs. 1 entbehrlich machenden Regelungsgehalt, wenn sie kumulativ sowohl für den einzelnen Versicherungsfall als auch für das Versicherungsjahr den Mindestsummen des § 114 Abs. 1 entsprechen. Enthält der Vertrag nur eine Regelung hinsichtlich des einzelnen Haftungsfalls oder der Jahreshöchstleistung, so ist § 114 Abs. 1 ergänzend für den in der vertraglichen Bestimmung jeweils nicht geregelten Fall heranzuziehen. Andererseits bestätigt der Gesetzgeber durch die Einführung einer Mindestversicherungssumme pro Versicherungsjahr, dass es dem VR grundsätzlich erlaubt, ist die jährliche Haftungssumme vertraglich zu bestimmen.19
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Stellungnahme des GDV zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 13.3.2006, S. 49. Vgl. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 9: Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 114 Rn. 2. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 9; Rüffer/ Halbach/Schimikowski2 § 114 Rn. 3.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 114 Rn. 2a; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 114 Rn. 3. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 114 Rn. 4. Langheid/Wandt /Brand § 114 Rn. 9. Langheid/Wandt /Brand § 114 Rn. 6.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
4. Aufteilung der vorgegebenen Mindestversicherungssumme
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Keine Regelung beinhaltet § 114 Abs. 1 bzgl. der Aufteilung der jährlichen Mindestversicherungssumme auf einzelne Schadenspositionen (Personen-, Sach- oder Vermögensschäden). Dementsprechend ist grundsätzlich eine vertraglich vereinbarte Verteilung möglich, soweit die Gesamtsumme von einer Million Euro erreicht wird.20 Gleichwohl bleibt § 307 BGB als AGB-rechtlicher Maßstab für eine angemessene Verteilung anwendbar. 5. Mindestversicherungssumme und Haftungshöchstgrenze
Grundsätzlich lässt sich zwischen der Mindestversicherungssumme, wie sie in § 114 Abs. 1 vorgesehen ist, und einer Haftungshöchstsumme, wie man sie insbesondere im Rahmen der Gefährdungshaftung kennt (z.B. § 12 StVG), unterscheiden. Dies lässt sich aus dem Trennungsprinzip ableiten.21 Eine Haftungshöchstsumme (Höchstbetrag, Beschränkung der Haftungshöhe) beschränkt die Haftung des Schädigers gegenüber dem Geschädigten. Hintergrund einer Haftungshöchstsumme im Rahmen einer Gefährdungshaftung ist, dass der Schädiger dann nicht über Gebühr belastet werden soll, wenn er schuldlos handelt und ihm einzig der Betrieb einer (prinzipiell geduldeten) Gefahrenquelle vorgeworfen werden kann. Die Mindestversicherungssumme begrenzt demgegenüber die Leistungspflicht des VR gegenüber dem VN bzw. Mitversicherten.22 Der Sinn besteht auch darin, ein Risiko überhaupt versicherbar zu machen.23 Haftungshöchstbetrag und Mindestversicherungssumme wirken jeweils unabhängig voneinander. Übersteigt die Haftung die Mindestversicherungssumme kann der geschädigte Dritte – soweit wirtschaftlich noch durchsetzbar – den Teil des Anspruchs, der wegen der betraglichen Begrenzung der Einstandspflicht des VR von diesem nicht geschuldet ist, gegen den persönlich haftenden Ersatzpflichtigen durchsetzen. Greift indes eine Haftungsbeschränkung ein, nützt dem Geschädigten eine darüber hinausgehende Mindestversicherungssumme nicht.24 In diesem Zusammenhang hat indes der EuGH den Standpunkt vertreten, dass eine 15 Haftungsbeschränkung (also die Haftungshöchstgrenze des Haftungstatbestandes) auch in Fällen der Gefährdungshaftung nicht hinter den Mindestversicherungssummen zurückbleiben dürfe, da der überschießende Teil der Mindestversicherungssumme in diesen Fällen praktisch leer liefe.25 In der Literatur ist diese Sichtweise indes auf Kritik gestoßen. Dem Standpunkt des EuGH wird entgegengehalten, selbst wenn der Haftungshöchstbetrag der Gefährdungshaftung unter der Mindestversicherungssumme bliebe, käme der Haftungshöchstbetrag im Rahmen einer Verschuldenshaftung noch zum Tragen.26
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Dallwig ZVersWiss 2009 49 f.; mit Beispiel Langheid/Wandt /Brand § 114 Rn. 7. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 114 Rn. 3; zum Trennungsprinzip Bruck/Möller/ R. Koch9 Vorbem. zu §§ 100–112 Rn. 92 ff. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 114 Rn. 3. Betr. die Mindestversicherungssumme i.H.v. einer Million Euro für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 114 Rn. 4; BTDrucks. 16/3945 S. 88.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 114 Rn. 3. EuGH 24.7.2003 ABl. EG Nr. C 226/2 („Viegas/Companhia de Seguros Zurich SA“); bereits zuvor EuGH 14.9.2000 NVZ 2001, 122, 124. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 114 Rn. 4; umfassend Bollweg NZV 2007 599, 600 f.
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Der deutsche Gesetzgeber ist jedenfalls den Vorgaben des EuGH gefolgt und hat dementsprechend die Haftungshöchstgrenzen im Rahmen der Gefährdungshaftung den (europarechtlich) vorgegebenen Mindestversicherungssummen in der Kfz-Haftpflichtversicherung angepasst.27
II. Inhaltsfreiheit und deren Schranken, Abs. 2 Satz 1 1. Inhaltsfreiheit Vorgaben für die Gestaltung eines Pflichthaftpflichtversicherungsvertrages können 16 sich aus den Rechtsvorschriften ergeben, die die Versicherungspflicht anordnen.28 Dies gilt beispielsweise für die Mindestversicherungssumme. Andererseits enthalten die eine Versicherungspflicht anordnenden Rechtsvorschriften vielfach keine oder zumindest keine abschließenden Bestimmungen, insbesondere über die Zulässigkeit einer Deckungsbegrenzung oder der Vereinbarung eines Selbstbehaltes.29 Insoweit greift § 114 Abs. 2 Satz 1 ein und bringt zum Ausdruck, dass auch der Versicherungsvertrag prinzipiell der Vertragsfreiheit unterliegt und damit durch die Parteien – in der Regel durch die AVB des VR – ausgestaltet werden kann.30 Gleichzeitig benennt § 114 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. jedoch auch mit abweichenden gesetzlichen Regelungen und dem Zweck der Pflichtversicherung zwei relevante Schranken, die die Vertragsfreiheit eingrenzen. Im Kommissionsentwurf fand sich eine dem § 114 Abs. 2 entsprechende Vorschrift noch nicht.31 Die praktische Bedeutung der Vertragsfreiheit im Rahmen der Pflichthaftpflichtver- 17 sicherung besteht in erster Linie darin, dass der VR seine Einstandspflicht in gewissen Fällen begrenzen kann. Ein solches Interesse hat der Gesetzgeber grundsätzlich anerkannt, als durch solche Deckungsbegrenzungen das Risiko für den VR tragbar wird und Rückversicherungsschutz erlangt werden kann.32 Andererseits stellt der Gesetzgeber auch klar, dass Begrenzungen der Deckung nicht dazu führen dürfen, dass der mit der Einführung einer Pflichtversicherung verfolgte Zweck, der zumindest auch in der Sicherung der Interessen der Geschädigten liegt, nicht mehr erreicht werden würde. Dies könne nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung des maßgeblichen Sinnes und Zwecks der jeweiligen Pflichtversicherung beurteilt werden.33 Auch wenn diese Frage gesetzlich noch nicht geregelt war, fanden sich bereits vor der 18 VVG-Reform vertragliche Einschränkungen in Pflichthaftpflichtversicherungen.34 Dies habe auch der Genehmigungspraxis des früheren BAV entsprochen.35 Vor diesem Hintergrund ist durch die Regelung des § 114 Abs. 2 Satz 1 keine Neuerung eingetreten, vielmehr ist eine Klarstellung erfolgt. Als neuer Regelungsgehalt lässt sich aber einordnen, dass die Gestaltungsfreiheit gem. § 114 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. Einschränkungen unterworfen ist. Zwar war schon vor der VVG-Reform anerkannt, dass im Bereich der
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Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 114 Rn. 4. § 114 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. stellt klar, das solche Rechtsvorschriften grundsätzlich einzuhalten sind. BTDrucks. 16/3945 S. 88. Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 114 Rn. 2; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 114 Rn. 4. KomE S. 240; vgl. bereits oben Rn. 2. BTDrucks. 16/3945 S. 88.
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BTDrucks. 16/3945 S. 88. Stellungnahme des GDV zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 13.3.2006, S. 51; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 114 Rn. 5. Stellungnahme des GDV zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 13.3.2006, S. 51.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Pflichtversicherung die abgeschlossenen Verträge dem Zweck des Versicherungsgebots entsprechen müssen.36 Indes konnte diese Prüfung grundsätzlich nur im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle erfolgen; nunmehr enthält das Gesetz mit § 114 Abs. 1 Satz 2 zumindest zusätzliche Prüfungsmaßstäbe. 2. Schranken der Inhaltsfreiheit, Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs.
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Die grundsätzliche Geltung der Gestaltungsfreiheit auch im Rahmen der Pflichthaftpflichtversicherungen wird in § 114 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. durch zwei Beschränkungen begrenzt: Die privatautonomen Bestimmungen dürfen weder gegen Rechtsvorschriften verstoßen, die ausdrücklich etwas anderes bestimmen (Rn. 20 ff.), noch den jeweiligen Zweck der Pflichtversicherung gefährden (Rn. 23 ff.).
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a) Abweichende Rechtsvorschriften. Weder AVB noch individualvertraglich ausgehandelte Klauseln dürfen in Widerspruch zu ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen stehen. Aus dem Zweck der Vorschrift ist jedoch zu folgern, dass ein Abweichen zugunsten des VN durchaus zulässig ist. Allgemein ist jedoch festzustellen, dass gesetzliche Regelungen hinsichtlich Risikobeschränkung, vertraglicher Obliegenheiten und Selbstbehalten äußerst selten sind, und daher eine Prüfung der Schranken sich regelmäßig auf den Zweck der Pflichtversicherung konzentriert.37 Beispiele für ausdrückliche Rechtsvorschriften i.S.d. § 114 Abs. 2 Satz 1 sind etwa § 114 Abs. 1 (Mindestversicherungssumme); § 114 Abs. 2 Satz 2 (Außenwirkung eines Selbstbehalts); § 51 Abs. 1 Satz 2 BRAO (Haftungsausschluss für Erfüllungsgehilfen); § 19a BNotO (Höhe eines Selbstbehalts). Da § 114 Abs. 2 Satz 1 jedoch von „Rechtsvorschriften“ und nicht von „Gesetz“ spricht, sind z.B. auch die Vorschriften der Verordnung über den Versicherungsschutz in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (KfzPflVV) als Rechtsvorschriften i.S.d. Abs. 2 Satz 1 aufzufassen.38 Der Begriff „Rechtsvorschrift“ i.S.d. § 114 Abs. 2 Satz 1 ist also so zu verstehen wie im Rahmen von § 113 Abs. 1. § 114 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. stellt darauf ab, dass durch Rechtsvorschrift nicht aus21 drücklich etwas anderes bestimmt ist. Diese Formulierung („ausdrücklich“) schränkt die Wirkung dieser Regelung ein, so dass jedenfalls nicht mittelbar auf den Zweck der entsprechenden Rechtsvorschrift abgestellt werden kann. Indes kann bereits im Rahmen der ersten Einschränkung des § 114 Abs. 2 Satz 1 zumindest der jeweilige Zweck der Pflichtversicherung herangezogen werden (dazu sogleich Rn. 23). Im Rahmen dieser Einschränkung der Gestaltungsfreiheit kommt es auf eine AGB22 rechtliche Inhaltskontrolle letztlich nicht an. Eine entsprechende Unzulässigkeit einer vertraglichen Gestaltung ergibt sich unmittelbar aus § 114 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. i.V.m. mit der entsprechenden Rechtsvorschrift, deren Vorgabe nicht eingehalten wird. Zu den Rechtsfolgen vgl. im Übrigen Rn. 26 ff.
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OLG Frankfurt 14.7.2010 RuS 2011 17, 19 (juris Rn. 37) unter Hinweis auf Prölss/Martin/Prölss, VVG, 26. Aufl. 1998, Vorbem. IV Rn. 7. Fenyves VersRdsch 2005 70, 73; Langheid/ Wandt/Brand § 114 Rn. 12; Rüffer/Halbach/ Schimikowski 2 § 114 Rn. 4.
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A.A. wohl Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 114 Rn. 2; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 14, wonach die entsprechenden Regelungen der KfzPflVV nur im Rahmen der Zweckprüfung berücksichtigen wollen.
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b) Zweck der Pflichtversicherung. Der Überprüfung der Vertragsklauseln anhand des 23 Zwecks der jeweiligen Pflichtversicherung dürfte praktisch eine größere Bedeutung zukommen, als dem Kriterium der abweichenden Rechtsvorschriften. Zugleich ist diese Einschränkung der Gestaltungsfreiheit aufgrund der generalklauselartigen Formulierung mit einer größeren Rechtsunsicherheit verbunden. Der Zweck ist dabei für jede Pflichtversicherung separat festzustellen.39 Dies folgt 24 bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift („Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung“). Zu beachten ist indes bei sämtlichen Pflichtversicherungen, dass die Interessen des geschädigten Dritten, aber auch von Mitversicherten (vgl. etwa § 2 Abs. 2 KfzPflVV), angemessen Berücksichtigung finden und nicht lediglich auf die Interessen des VN abgestellt wird.40 Andererseits darf auch nicht ausschließlich auf die Interessen des Geschädigten abgestellt werden, da zahlreiche Pflichtversicherungen zumindest auch dem Schutz des VN dienen.41 Im Einzelfall kann es unter Umständen nicht einfach sein, festzustellen, ob eine Vertragsgestaltung die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung gefährdet oder ob dies nicht der Fall ist. Die Formulierung in § 114 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. („soweit dadurch die Erreichung 25 des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung nicht gefährdet wird“) erinnert zumindest teilweise an den Prüfungsmaßstab des § 307 Abs. 2 BGB („wenn eine Bestimmung (1.) mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder (2.) wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist“). Indes sind die Prüfungsmaßstäbe nicht identisch. Soweit – wie im Regelfall – der Inhalt des Versicherungsvertrages durch AVB bestimmt ist, haben sich die AVB sowohl an § 114 Abs. 2 als auch an § 307 BGB zu orientieren.42 Im Schrifttum wird teilweise der Standpunkt vertreten, dass ein Unterschied darin bestehe, dass § 307 BGB sich lediglich auf den Schutz des Vertragspartners beziehe.43 Nach h.M. ist für die Inhaltskontrolle von AGB in der Tat grundsätzlich auf die schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien abzustellen.44 Indes werden in besonderen Konstellationen auch Interessen von Dritten geschützt, die Rechte aus dem Vertrag herleiten können oder durch diesen unmittelbar betroffen sind.45 Da Pflichtversicherungen gerade Drittinteressen schützen, wird man deshalb annehmen können, dass solche Drittinteressen ohnehin im Rahmen einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB Berücksichtigung zu finden haben. Insofern ergibt sich aus § 114 Abs. 2 Satz 1 nicht unbedingt ein Unterschied.46 c) Rechtsfolgen bei Verstoß gegen eine Schranke. Es stellt sich zum einen die Frage 26 nach den grundsätzlichen Rechtsfolgen, wenn eine versicherungsvertragliche Bestimmung den Zweck der Pflichtversicherung gefährdet oder gegen eine Rechtsvorschrift ver39
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BTDrucks. 16/3945 S. 88: Prölss/Martin/ Knappmann28 § 114 Rn. 2; Römer/Langheid 3 § 114 Rn. 3. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 14; Prölss/Martin/Knappmann28 vor § 113 Rn. 1; A.A. Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 114 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber2 § 114 Rn. 5. Prölss/Martin/Knappmann28 vor § 113 Rn. 2; vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 15 ff. Wohl auch Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150, 151, die den selbständigen Prüfungs-
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maßstab sowohl von § 307 BGB wie auch von § 114 Abs. 2 Satz 1 herausstellen. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 114 Rn. 5; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 17. MüKo-BGB/Wurmnest 6 § 307 Rn. 50. MüKo-BGB/Wurmnest 6 § 307 Rn. 50; Staudinger/Coester (2006) § 307 Rn. 146 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs11 § 307 Rn. 133. A.A. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 17; Prölss/Martin/Knappmann28 § 114 Rn. 2.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
stößt, insbesondere aus welcher Norm sich eine Rechtsfolge überhaupt ergibt (dazu aa) unter Rn. 27 ff.). Darüber hinaus ist zu klären, in welchem Umfang eine mögliche Unwirksamkeit einer entsprechenden Bestimmung anzunehmen ist (dazu bb) unter Rn. 32 f.).
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aa) Rechtsfolgen anordnende Norm. § 114 Abs. 2 Satz 1 enthält jedenfalls keine ausdrückliche Rechtsfolgenanordnung für den Fall eines Verstoßes gegen eine der beiden Schranken der Inhaltsfreiheit. Teilweise wird ohne Weiteres zugrunde gelegt, Ausschlüsse und Beschränkungen, die den Anforderungen des § 114 Abs. 2 Satz 1 nicht entsprechen, seien unwirksam.47 Vielfach wird im Schrifttum über die Heranziehung anderer Rechtsfolgen anordnender Regelungen diskutiert, insbesondere des § 134 BGB und des § 307 BGB (vgl. noch Rn. 29 ff.). Der Gesetzgeber hat sich nicht ausdrücklich zu Rechtsfolgen geäußert. Im Rahmen 28 eines Änderungsvorschlages des Bundesrates48 zu § 114 Abs. 2 Satz 1 äußerte die Bundesregierung lediglich, es sei selbstverständlich, dass die vertragliche Vereinbarung nicht ausdrücklich vom Normgeber zugelassener Deckungsausschlüsse, die die Erreichung des jeweiligen Zwecks einer Pflichtversicherung gefährdeten, zur Folge hätte, dass der VN seiner Versicherungspflicht nicht nachkomme; es bestehe kein den rechtlichen Vorgaben entsprechender Versicherungsschutz (soweit nicht die vereinbarten Risikoausschlüsse schon wegen Verstoßes gegen § 307 ff. BGB unwirksam seien).49 Offenbar ist die Bundesregierung in dieser Stellungnahme davon ausgegangen, dass eine nur gegen die Schranken des § 114 Abs. 2 Satz 1 und nicht gegen § 307 BGB verstoßende Vereinbarung nicht schon allein wegen des Verstoßes gegen § 114 Abs. 2 Satz 1 unwirksam ist. Einem von der Bundesregierung erörterten Verstoß gegen §§ 307 ff. BGB wegen zweckgefährdender Deckungsausschlüsse kommt nämlich nur dann eigenständige Bedeutung zu, wenn die entsprechenden Vereinbarungen nicht schon allein wegen des Verstoßes gegen § 114 Abs. 2 Satz 1 ohnehin ipso iure unwirksam sind. Wären derartige Vereinbarungen nach der Auffassung der Bundesregierung aber schon unmittelbar nach § 114 Abs. 2 Satz 1 unwirksam, bestünde aufgrund der Unwirksamkeit dieser Vereinbarungen ausreichender Versicherungsschutz und eine Unwirksamkeit der vereinbarten Risikoausschlüsse wegen Verstoßes gegen §§ 307 ff. BGB bedürfte in der Stellungnahme der Bundesregierung keiner Erörterung. Im Einklang damit steht es, dass die Bundesregierung offenbar davon ausgeht, dass ein den rechtlichen Vorgaben entsprechender Versicherungsschutz nur besteht, wenn zweckgefährdende Vereinbarungen gegen § 114 Abs. 2 Satz 1 und zugleich gegen die §§ 307 ff. BGB verstoßen, wobei sich die Unwirksamkeit zweckgefährdender Vereinbarungen (nur) aus dem Verstoß gegen §§ 307 ff. BGB ergeben soll.50 Da sich der Gesetzgeber indes nicht ausdrücklich mit den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Beschränkungen des § 114 Abs. 2 Satz 1 beschäftigt hat, erscheint zumindest zweifelhaft, ob sich diese Stellungnahme der Bundesregierung als abschließende Wertung heranziehen lässt und welche Bedeutung einer solchen Wertung im Rahmen der Gesetzesauslegung zukommt.51 Im Schrifttum wird wohl ganz überwiegend der
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 114 Rn. 2. BTDrucks. 16/3945 S. 127. BTDrucks. 16/3945 S. 132; ähnlich BTDrucks. 16/5497 S. 2 („Soweit trotz Fehlens einer ausdrücklichen Regelung Ausschlüsse vereinbart worden sind, kommt der Verpflichtete der ihm auferlegten Verpflichtung, sich zu versichern, nicht aus-
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reichend nach, es sei denn, die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung – Schutz der Geschädigten – wird nicht gefährdet.“). In diesem Sinne ausdrücklich auch Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150, 153. Ebenso Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150, 153; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 18.
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Umfang des Versicherungsschutzes
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Standpunkt vertreten, aus § 114 Abs. 2 Satz 1 selbst ergebe sich keine Rechtsfolge.52 Deswegen wird im Hinblick auf mögliche Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Schranken des § 114 Abs. 2 Satz 1 die Anwendbarkeit anderer Regelungen diskutiert. Die offenbar überwiegende Meinung lehnt dabei die Anwendbarkeit des § 134 BGB 29 und damit die Einordnung des § 114 Abs. 2 Satz 1 als Verbotsgesetz ab.53 Ein solches Verbotsgesetz liegt vor, wenn das betreffende Gesetz den Inhalt oder die Vornahme eines Rechtsgeschäfts untersagt, d.h. also das Rechtsgeschäft als solches missbilligt wird.54 Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg richtet.55 Gegen die Einordnung des § 114 Abs. 2 Satz 1 als Verbotsgesetz wird argumentiert, genüge der vereinbarte Deckungsumfang nicht den gesetzlichen Vorgaben, so habe der Vertrag keineswegs einen wirtschaftlich missbilligten Erfolg zur Folge. Vielmehr erreiche er den Erfolg, den er angesichts der Versicherungspflicht anstrebt, lediglich nur teilweise. Der Erfolg sei damit nicht i.S.v. § 134 BGB verboten. Es sei nämlich nicht Zweck der Pflichtversicherungsregeln, den Abschluss von Verträgen mit eingeschränktem Deckungsumfang zu unterbinden. Zudem könne durch Abschluss eines weiteren Haftpflichtversicherungsvertrages die Deckungslücke noch geschlossen werden.56 Weiter wird daraus gefolgert, es sei nicht verboten, einen Haftpflichtversicherungsvertrag abzuschließen, der den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt; es sei lediglich unzweckmäßig, dies zu tun bzw. ist die abgeschlossene Versicherung zur Erfüllung der gesetzlichen Versicherungspflicht untauglich.57 Letzteres hat der BGH im Hinblick auf die Beschränkung des Deckungsumfangs, die von den gesetzlichen Vorgaben abweicht, angenommen und in dieser Konstellation unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Ausführungen bei Armbrüster/Dallwig eine wesentliche, den Vertragszweck gefährdende Beschränkung gesehen.58 Aus einem Verstoß gegen die Schranken des § 114 Abs. 2 Satz 1 lediglich Untauglichkeit herzuleiten, erscheint indes zweifelhaft. Denn das Gesetz missbilligt Bestimmungen in Versicherungsverträgen, die den Schranken des § 114 Abs. 2 Satz 1 nicht entsprechen. Die wohl überwiegende Ansicht befürwortet eine Anwendung des § 307 BGB und 30 schließt hieraus die Unwirksamkeit einer gegen die Beschränkungen des § 114 Abs. 2 Satz 1 verstoßenden Vertragsbestimmung.59 Dies überrascht auf den ersten Blick, da § 307 BGB grundsätzlich den Schutz des Vertragspartners des Klauselverwenders bezweckt (vgl. bereits oben Rn. 25), während eine Pflichtversicherung primär den Schutz Dritter verfolgt. Andererseits ist denkbar, dass auch über § 307 BGB Drittschutzinteressen Berücksichtigung finden können (vgl. bereits gleichfalls oben Rn. 25). So hat der BGH für die Notarvertrauensschadenversicherung ausdrücklich festgestellt, dass auf die Interessen der Geschädigten abzustellen sei, weil die Notarkammer zum Abschluss der
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Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 18. Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150; Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 114 Rn. 2; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 14. Staudinger/Sack/Seibl (2011) § 134 BGB Rn. 30; Schulze/Dörner7 § 134 BGB Rn. 4; Bamberger/Roth/Wendtland3 § 134 BGB Rn. 10. BGH 17.6.2004 VersR 2004 1029, 1030 (juris Rn. 31); Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150.
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Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150; dem folgend Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 19. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 19. BGH 20.7.2011 VersR 2011 1261, 1263 (Rn. 29); BGH 20.7.2011 VersR 2011 1392, 1396 (Rn. 47); Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150, 151 f. Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150, 151 f.; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 20; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider2 § 24 Rn. 166; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 114 Rn. 8.
Roland Michael Beckmann
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§ 114
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Vertrauensschadenversicherung nach § 67 Abs. 3 Nr. 3 BNotO verpflichtet ist.60 Nach dem Standpunkt von Armbrüster/Dallwig folgt die Unwirksamkeit über § 307 BGB indes nicht auf der Grundlage eines solchen Drittschutzes, sondern wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners, namentlich des VN: Da jede Beschränkung des Deckungsumfangs, die von den gesetzlichen Vorgaben abweicht, dazu führe, dass der VN seiner öffentlich-rechtlichen Versicherungspflicht nicht genüge, sei es für den Inhalt eines Pflichtversicherungsvertrags stets wesentlich, dass das Risiko mindestens insoweit vom VR übernommen werde, wie dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Stelle sich heraus, dass die Versicherungsbescheinigung inhaltlich falsch war, weil der Vertrag nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, so könne die Behörde, soweit eine Ermächtigungsgrundlage existiert, die ausgeübte Tätigkeit untersagen. Diese drohende Untersagung sei ein erheblicher Nachteil für den VN.61 In der Tat kann eine unzutreffende Versicherungsbescheinigung für den VN mit öffentlich-rechtlichen Nachteilen verbunden sein. Indes geht es im Rahmen der Beschränkungen von § 114 Abs. 2 Satz 1 primär um den Schutz Dritter, nicht um den Schutz des VN. Ein Weiteres kommt hinzu. Eine Unwirksamkeitsanordnung kann über § 307 BGB ohnehin nur für AVB begründet werden, die zugegebenermaßen im Massengeschäft auch dominieren. Indes bleibt dennoch fraglich, ob eine allein auf §§ 307 ff gestützte Rechtsfolge bei zweckgefährdenden Beschränkungen der Problematik im Hinblick auf immerhin denkbare Individualvereinbarungen gerecht wird. Im Rahmen von § 114 Abs. 2 S. 1 erscheint es, auch schon, um Umgehungen schon im Ansatz zu vermeiden, naheliegend, AVB und Individualvereinbarungen den gleichen Rechtsfolgen unterzuordnen. Dies ermöglicht eine allein auf einen Verstoß gegen § 307 BGB gestützte Unwirksamkeit aber nicht. Diese Feststellung scheint wiederum, trotz aller Bedenken, für eine Anwendung von 31 § 134 BGB (vgl. bereits oben Rn. 29) zu sprechen. Indes ist, soweit ersichtlich, bisher die Möglichkeit außer Acht gelassen worden, aus § 114 Abs. 2 Satz 1 selbst eine Rechtsfolgenanordnung abzuleiten. Wie schon festgestellt (oben Rn. 27), enthält § 114 Abs. 2 Satz 1 zwar keine ausdrücklich angeordnete Rechtsfolge in dem Sinne, dass expressis verbis eine entsprechende Bestimmung unwirksam ist. Indes ergibt sich unmittelbar aus dieser Vorschrift, dass das Gesetz Bestimmungen missbilligt, soweit dadurch die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung gefährdet wird und durch Rechtsvorschrift nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Solche Inhalte kann der Versicherungsvertrag nicht „bestimmen“; sie sind unzulässig und verstoßen gegen § 114 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. Von solchen Bestimmungen des Versicherungsvertrages kann keine Wirkung ausgehen. Nach dem Sinn des § 114 Abs. 2 Satz 1 sind solche Vertragsbestimmungen unwirksam.62 Einer Heranziehung insbesondere des § 307 BGB, die Zweifelsfragen hinterlässt (oben Rn. 30), bedarf es also nicht.
32
bb) Umfang der Unwirksamkeit. Zunächst stellt sich die Frage, ob sich eine unwirksame Vertragsbestimmung auf den Gesamtvertrag auswirkt. Nimmt man eine Unwirksamkeitsfolge über § 307 BGB an (vgl. oben Rn. 30), beschränkt sich die Unwirksamkeit gem. § 306 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf die konkrete Vertragsbestimmung. Nach der hier vertretenen Auffassung bedarf es indes nicht der Heranziehung des § 307 BGB (vgl.
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BGH 20.7.2011 VersR 2011 1261, 1263 (Rn. 29); BGH 20.7.2011 VersR 2011 1392, 1396 (Rn. 47). Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150, 152; ähnlich Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 20.
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62
Ähnlich jedenfalls im Ergebnis Prölss/Martin/ Knappmann28 § 114 Rn. 2 („Ausschlüsse und Beschränkungen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, sind unwirksam.“).
Roland Michael Beckmann
Umfang des Versicherungsschutzes
§ 114
oben Rn. 30). Vielmehr lässt sich auch die Beantwortung der Frage nach dem Umfang der Unwirksamkeit (Teilunwirksamkeit der gesetzwidrigen Vertragsbestimmung oder Gesamtunwirksamkeit des Vertrages) wiederum dem § 114 Abs. 2 Satz 1 selbst entnehmen. Bereits aus dem Wortlaut („soweit“) folgt, dass sich Einschränkungen dieser Vorschrift allein auf die jeweils gesetzeswidrigen Vertragsbestimmungen beziehen. Der Vertrag im Übrigen bleibt demgemäß wirksam. Eine andere Betrachtung würde zudem mit dem Zweck der Regelung kaum in Einklang zu bringen sein. Umstritten ist des Weiteren, welche Regelung an die Stelle der unwirksamen Vertrags- 33 gestaltung tritt. Die Ansicht, die § 307 BGB zur Anwendung kommen lässt (vgl. oben Rn. 30), gelangt zu einer ergänzenden Vertragsauslegung. Es fehle eine dispositive Regelung gem. § 306 Abs. 2 BGB. Deshalb müsse im Wege ergänzender Vertragsauslegung ermittelt werden, welche Vereinbarung die Parteien getroffen hätten.63 Neben den hiermit verbundenen Rechtsunsicherheiten lässt sich dem indes entgegenhalten, dass eine solche Lösung häufig im Ergebnis auf eine bedenkliche geltungserhaltende Reduktion hinaus liefe.64 Der VR hätte kein großes Risiko, problematische Bestimmungen in den Vertrag aufzunehmen. Deshalb erscheint es zutreffend, gegen § 114 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. verstoßende Bestimmungen ersatzlos zu streichen.65 An ihre Stelle kann nur eine vorhandene gesetzliche Regelung treten. cc) Weitere mögliche Rechtsfolgen. Aufsichtsrechtlich lässt sich ein Verstoß gegen 34 § 114 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. als Missstand i.S.d. § 81 VAG einordnen, mit der Konsequenz, dass die Aufsichtsbehörde die hieraus möglichen Aufsichtsmittel ergreifen kann.66 Ebenso kommen wettbewerbsrechtliche Ansprüche eines anderen Versicherungsunternehmens in Betracht. d) Diskutierte Einzelfälle. Im Schrifttum werden verschiedene Einschränkungen des 35 Versicherungsschutzes im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit § 114 Abs. 2 Satz 1 diskutiert. Dazu gehören insbesondere Serienschadensklauseln, eine Begrenzung der Nachhaftung und Pflichtwidrigkeitsklauseln, auf die im Folgenden eingegangen wird. aa) Serienschadensklauseln. Mit der für Haftpflichtversicherungen üblichen Serien- 36 schadenklausel sollen mehrere Haftpflichtereignisse zusammengefasst werden; hierdurch steht die Versicherungssumme für die zusammengefassten Verstöße nur einmal zur Verfügung.67 Serienschadensklauseln finden sich etwa in Ziff. 6.3 AHB 201268, Ziff. 11.2 Satz 4 USV 2008 Nr. 8.3 ProdHaftPfl69, § 3 III 2.1 AVB-RSW70; Nr. 4.6 AVB-AVG71.
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Armbrüster/Dallwig VersR 2009 150, 151 f.; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 22; Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 114 Rn. 2. So wohl auch Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber2 § 114 Rn. 8. Prölss/Martin/Knappmann28 § 114 Rn. 2; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 114 Rn. 8. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 6. Beckmann/Matusche-Beckmann/von Rintelen2 § 26 Rn. 219; Bruck/Möller/R.Koch9 Vorbem. zu §§ 100–112 Rn. 52. Dazu Bruck/Möller/R. Koch9 AHB 2012 Ziff. 6 Rn. 8 ff.
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Abgedruckt bei Prölss/Martin/Voit28 Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie und Handelsbetrieben (Produkthaftpflicht-Modell). Abgedruckt bei Diller AVB-RSW. Abgedruckt bei Prölss/Martin/Voit 28 Allgmeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG).
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§ 114
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
37
Zur Zulässigkeit von Serienschadensklauseln in der Pflichthaftpflichtversicherung werden unterschiedliche Positionen vertreten. So werden sie unter Berücksichtigung des Opferschutzes für nicht akzeptabel erachtet, so dass eine solche Regelung nur im Innen-, nicht aber im Außenverhältnis wirksam sei.72 Andere Ansichten sehen den Zweck der Pflichthaftpflichtversicherung durch eine Serienschadensklausel nur ausnahmsweise als gefährdet an:73 Kritisch zu sehen seien in der Pflichthaftpflichtversicherung Serienschadensklauseln, die auf dem Schadensereignisprinzip beruhten (also bei Zusammenfassung mehrerer Schadensereignisse zu einem Versicherungsfall). Hier sei der VR durch die nach § 114 Abs. 1 mögliche Höchstsumme hinreichend geschützt. Problematisch seien auch spät- und massenschadengeeignete Produkthaftpflichtrisiken, z.B. nach §§ 88, 94 AMG. Hingegen seien Serienschadensklauseln, die auf dem Verstoßprinzip beruhten (d.h. mehrfaches gleichartiges Verhalten zu einem Verstoß und damit zu einem Versicherungsfall zusammenfassen) weniger problematisch zu sehen.74 Stellungnahme: Einzelne Rechtsvorschriften zu Pflichthaftpflichtversicherungen ermög38 lichen die Verwendung von Serienschadensklauseln. Genannt sei § 51 Abs. 2, 2. Halbs. BRAO75; § 19 Abs. 3 Satz 4 BNotO76 bzw. § 53 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB)77. In solchen Fällen stellen sich aufgrund der gesetzlich vorgegebenen Möglichkeit, entsprechende Vereinbarungen zu treffen, keine Wirksamkeitsbedenken. Weichen entsprechende Serienschadenklauseln von solchen gesetzlichen Vorgaben ab 39 oder fehlen sogar entsprechende gesetzliche Vorgaben, wie sie in § 51 Abs. 2, 2. Halbs. BRAO, § 19 Abs. 3 Satz 4 BNotO oder § 53 Abs. 3 DVStB zu finden sind, ist im Einzelfall insbesondere zu untersuchen, ob durch eine entsprechende Serienschadensklausel die Wirkung der jeweiligen Mindestversicherungssummen eingeschränkt wird; lässt sich dies bejahen, ist damit zugleich die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung
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Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 114 Rn. 6; Fenyves VersRdsch 2005 70, 76. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 15. Zum Vorstehenden Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 15. § 51 Abs. 2 BRAO lautet: „Der Versicherungsvertrag hat Versicherungsschutz für jede einzelne Pflichtverletzung zu gewähren, die gesetzliche Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts gegen den Rechtsanwalt zur Folge haben könnte; dabei kann vereinbart werden, dass sämtliche Pflichtverletzungen bei Erledigung eines einheitlichen Auftrags, mögen diese auf dem Verhalten des Rechtsanwalts oder einer von ihm herangezogenen Hilfsperson beruhen, als ein Versicherungsfall gelten.“ § 19a Abs. 3 Satz 4 BNotO lautet: „Im Versicherungsvertrag kann vereinbart werden, dass sämtliche Pflichtverletzungen bei der Erledigung eines einheitlichen Amtsgeschäftes, mögen diese auf dem Verhalten des Notars oder einer von ihm herangezogenen Hilfsperson beruhen, als ein Versicherungsfall gelten.“
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§ 53 Abs. 3 DVStB lautet: „Der Versicherungsvertrag kann vorsehen, dass die Versicherungssumme den Höchstbetrag der dem Versicherer in jedem einzelnen Schadenfall obliegenden Leistung darstellt, und zwar mit der Maßgabe, das nur eine einmalige Leistung der Versicherungssumme in Frage kommt, a) gegenüber mehreren entschädigungspflichtigen Personen, auf welche sich der Versicherungsschutz erstreckt, b) bezüglich eines aus mehreren Verstößen stammenden einheitlichen Schadens, c) bezüglich sämtlicher Folgen eines Verstoßes. Dabei gilt mehrfaches, auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen als einheitlicher Verstoß, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. In diesem Fall kann die Leistung des Versicherers auf das Fünffache der Mindestversicherungssumme begrenzt werden.“
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Umfang des Versicherungsschutzes
§ 114
gefährdet. Die Zulässigkeitsgrenze dürfte in der Pflichthaftpflichtversicherung jedenfalls dann überschritten sein, wenn die Mindestversicherungssumme gegenüber verschiedenen Geschädigten durch eine Serienschadenklausel zusammengefasst wird.78 Dies würde dem Sinn der Mindestversicherungssumme widersprechen. bb) Nachhaftungsbegrenzung. Eine spezielle Form des Risikoausschlusses stellen 40 Nachhaftungsbegrenzungen dar. Durch sie will der VR – unabhängig vom Zeitpunkt des Verstoßes durch den VN oder der Realisierung des Schadens beim Dritten – die Haftung für Schäden ausschließen, die erst zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Vertragsende entdeckt werden. Insbesondere in Bereichen, bei denen typischerweise mit Spätschaden zu rechnen ist, erscheinen solche Nachhaftungsbegrenzungen problematisch. Insoweit sind im Schrifttum auch unter AGB-rechtlichen Aspekten Bedenken erhoben worden.79 Indes bestehen gegenüber Nachhaftungsbegrenzungen darüber hinaus Bedenken auch im Hinblick auf § 114. Hierin kann durchaus eine Gefährdung des Zwecks der Pflichtversicherung zu sehen sein.80 cc) Pflichtwidrigkeitsklauseln. Pflichtwidrigkeitsklauseln bestimmen, dass kein Versi- 41 cherungsschutz besteht bei „Ansprüchen wegen Schadensverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung“.81 Es handelt sich dabei richtigerweise um einen subjektiven Risikoausschluss und nicht um eine verdeckte Obliegenheit.82 Auch wenn solche Klauseln eine erhebliche Verschärfung des gem. § 103 bestehenden Vorsatzausschlusses darstellen,83 sieht die wohl überwiegende Meinung auch im Bereich der Pflichthaftpflichtversicherung keine durchgreifenden Bedenken.84 Hierfür lässt sich anführen, dass sich entsprechende Regelungen vielfach auch ausdrücklich im Gesetz finden.85
III. Selbstbehalte, Abs. 2 Satz 2 1. Begriff Ist ein Selbstbehalt vereinbart, so liegt bei Schadenseintritt zwar ein Versicherungsfall 42 vor, der VN verpflichtet sich jedoch, einen gewissen Anteil des Schadens selbst zu regulieren. Selbstbehalte können sowohl als Abzugs-Franchise (klassisches Beispiel Vollkasko
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Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 15; differenzierend Dallwig 247 ff. Zur Nachhaftung von fünf Jahren in einer Architekten-Haftpflichtversicherung Beckmann/Matusche-Beckmann/von Rintelen2 § 26 Rn. 215; kritisch auch Schimikowski jurisPR-VersR 5/2009 Anm. 5; a.A. OLG Stuttgart 27.11.2008 VersR 2008 669, 671. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 15; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 114 Rn. 7; Beckmann/Matusche-Beckmann/von Rintelen2 § 26 Rn. 215; kritisch auch Schimikowski jurisPR-VersR 5/2009 Anm. 5; differenzierend wiederum Dallwig S. 311 ff, 334. Dallwig S. 335; Beckmann/Matusche-Beckmann/v.Rintelen 2 § 26 Rn. 311.
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BGH 20.6.2001 VersR 2001 1103 (juris Rn 13); Beckmann/Matusche-Beckmann/ v.Rintelen 2 § 26 Rn. 241, 312. Beckmann/Matusche-Beckmann/v.Rintelen 2 § 26 Rn. 241. Schimikowski VersR 1999 1193; Langheid/ Wandt/Brand § 114 Rn. 16; Rüffer/Halbach/ Schimikowski2 § 114 Rn. 4; Berliner Kommentar/Baumann, § 152 VVG Rn. 33 f.; teilweise kritisch Beckmann/Matusche-Beckmann/v.Rintelen 2 § 26 Rn. 246. So etwa § 19a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 67 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 BNotO; § 51 Abs. 3 Nr. 1 BRAO; § 53a Abs. 1 Nr. 1 DVStB.
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§ 114
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
mit 500 € Selbstbehalt) oder als auch als fixe Quote (50 % der entstandenen Kosten) vereinbart werden. Aus Gründen der Kosteneinsparung hat sich zudem teilweise die Integral-Franchise eingebürgert, bei welcher der VR erst ab einer gewissen Schadenshöhe eintrittspflichtig ist, dann aber den kompletten Schaden reguliert. 2. Regelungsgehalt
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Vor der VVG-Reform wurde die Frage nach der Zulässigkeit von Selbstbehalten im Bereich der Pflichtversicherung unterschiedlich beurteilt.86 Nunmehr ergibt sich aus § 114 Abs. 2 Satz 2, dass grundsätzlich auch in der Pflichthaftpflichtversicherung ein Selbstbehalt möglich ist. Die Regelung ordnet allerdings an, das ein solcher Selbstbehalt dem Dritten nicht entgegengehalten und gegenüber einer mitversicherten Person nicht geltend gemacht werden kann (dazu noch Rn. 46 ff.). Nach allgemeiner Ansicht gestattet § 114 Abs. 2 S. 1 dem Grunde nach also die Einbindung von Selbstbehalten in den Versicherungsvertrag.87 3. Grenzen
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Auch für Selbstbehalte gelten die Grenzen gem. Abs. 2 Satz 1. Mithin können sie vereinbart werden, soweit dadurch die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung nicht gefährdet wird und durch Rechtsvorschrift nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Diskutiert wird eine Zweckgefährdung in der Literatur insbesondere hinsichtlich der Höhe eines Selbstbehalts. Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist die Tatsache, dass die Pflichtversicherung gerade nicht nur den Schutz des Dritten bezweckt, sondern zumindest auch im Interesse des VN steht. Entsprechend finden sich teilweise ausdrückliche Begrenzungen der Selbstbeteiligung im Gesetz. Soweit es keine derartigen Regelungen gibt, ist ein Zweckgefährdung jedenfalls nicht zu befürchten, solange ein Selbstbehalt in einer Höhe von 500 bis 1.000 € vereinbart wird.88 Ein Selbstbehalt in dieser Höhe entlastet die Verwaltung der Versicherung bei Geltendmachung geringer Schäden und sorgt für eine Vergünstigung der Versicherungsprämien zugunsten des VN. Obwohl es jedoch keine allgemeine Höchstgrenze für einen Selbstbehalt bei Pflichtversicherungen gibt, wird teilweise vertreten, dass ein solcher jedenfalls nicht über einen Betrag von 5.000 € festgelegt werden sollte, soweit Privatpersonen am Versicherungsverhältnis beteiligt sind.89 Indes erscheint es schwierig, eine solche feste Grenze ohne entsprechende gesetzliche Regelung zu bestimmen. Letztlich bedarf es einer Entscheidung im Einzelfall, ob ein Selbstbehalt mit dem jeweiligen Zweck der Pflichtversicherung zu vereinbaren ist. Eine weitere Grenze kann sich aus § 307 BGB ergeben.90 4. Beschränkung von Selbstbehalten auf das Innenverhältnis, Satz 2
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Aus § 114 Abs. 2 Satz 2 ergibt sich, dass ein vereinbarter Selbstbehalt nur im Innenverhältnis Wirksamkeit entfaltet. Nach allgemeiner Ansicht beinhaltet die Regelung
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Vgl. Prölss/Martin/Knappmann27 § 4 KfzPflVV Rn. 11. Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 114 Rn. 3; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 114 Rn. 10; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 114 Rn. 8.
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 114 Rn. 3. Prölss/Martin/Knappmann28 § 114 Rn. 3; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 114 Rn. 9. Römer/Langheid 3 § 114 Rn. 7.
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Umfang des Versicherungsschutzes
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dabei primär eine Klarstellung hinsichtlich der generellen Vereinbarkeit eines Selbstbehaltes,91 dessen Wirksamkeit nach alter Rechtslage durchaus umstritten war.92 Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift kann ein Selbstbehalt dem Dritten 46 nicht entgegengehalten werden, so dass eine entsprechende Ausgleichszahlung im Innenverhältnis zwischen VN und VR zu erfolgen hat. Zahlungen zur Erfüllung eines Selbstbehaltes dienen allerdings nicht dazu, Versicherungsschutz zu erlangen, so dass § 3 Abs. 1 VerStG nicht einschlägig ist und entsprechende Gelder nicht der Versicherungssteuer unterliegen.93 Im Hinblick auf die Reichweite der Regelung des Abs. 2 Satz 2 ist festzustellen, dass sie sämtliche Forderungen des Dritten umfasst. So kann der Selbstbehalt auch nicht gegen Direktansprüche aus § 115 Abs. 1 geltend gemacht werden und zwar auch dann nicht, wenn das Versicherungsverhältnis gestört ist oder die Leistungen über den gesetzlichen Mindestumfang hinausgehen.94 Gleiches gilt auch, soweit sich der Geschädigte im Wege der Zwangsvollstreckung den Anspruch des VN gegen den VR verschafft.95 Im Ergebnis führt die Vorschrift des § 114 Abs. 2 Satz 2 daher dazu, dass das Risiko einer Insolvenz des VN vollumfänglich auf den VR übergeht.96 Ausdrücklich folgt aus § 114 Abs. 2 Satz 2 auch, dass ein Selbstbehalt nicht gegen- 47 über einer mitversicherten Person geltend gemacht werden kann. Der VN (als Kfz-Halter und Arbeitgeber) kann den Selbstbehalt auch nicht durch AGB im Rahmen eines Arbeitsvertrages auf die mitversicherten Person (Fahrer und Arbeitnehmer) abwälzen.97 Die Regelung des § 114 Abs. 2 Satz 2 enthält keine Subsidiaritätsklausel, so dass da- 48 von auszugehen ist, dass die Vorschrift auch spezialgesetzlichen Normen98 über einen Selbstbehalt vorgeht.99 Die nach der alten Rechtslage offene Frage, ob derartige Normen es erlauben, den Selbstbehalt auch dem Dritten entgegenzuhalten – so mitunter auf Grundlage des § 158c Abs. 3 VVG a.F. angenommen – hat sich somit mit Einführung des § 114 VVG 2008 erledigt.100
D. Beweislast und Abdingbarkeit In Bezug auf Risikoausschlüsse ist festzuhalten, dass der VR das Vorliegen der ent- 49 sprechenden Voraussetzungen zu beweisen hat.101 Im Übrigen gilt, dass die Norm des § 114 sowohl für den VN als auch für den Mit- 50 versicherten zwingend ist und vertraglich nicht abbedungen werden kann.102
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Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 114 Rn. 3; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 25; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 114 Rn. 8. Zum früheren Meinungsstand Streit Prölss/ Martin/Knappmann27 § 4 KfzPflVV Rn. 11. Heitmann/Mühlhausen VersR 2009 874 ff.; BFH 16.12.2009 DStR 2010 441. Prölss/Martin/Knappmann28 § 114 Rn. 4; Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 114 Rn. 3; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 114 Rn. 11; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 114 Rn. 8 Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 114 Rn. 11.
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Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 114 Rn. 11; Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 27; Prölss/Martin/Knappmann28 § 114 Rn. 3; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 114 Rn. 8. BAG 13.12.2012 ZTR 2013 273 (juris Rn. 21). Etwa § 51 Abs. 4 BRAO; § 19a Abs. 4 BNotO. Vgl. auch Dallwig ZVersWiss 2009 54 f. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 29. Wandt5 Rn. 775. Langheid/Wandt/Brand § 114 Rn. 31.
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§ 115
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
§ 115 Direktanspruch (1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen, 1. wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder 2. wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder 3. wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist. Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner. (2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt. Schrifttum Abram Der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Pflicht-Haftpflichtversicherer seines Schädigers außerhalb des PflVG – „Steine statt Brot“?, VP 2008 77; Armbrüster Prozessuale Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung, RuS 2010 441; Baumann Grundzüge zum Regress des Kraftverkehrs-Haftpflichtversicherers, ZVersWiss 1970 193; ders. Zur unmittelbaren Schadensersatzpflicht des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Dritten, Folgerungen aus dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, VersR 2004 944; ders. Die Überwindung des Trennungsprinzips durch das Verbot des Abtretungsverbots in der Haftpflichtversicherung, VersR 2010 984; Bihler Zur Frage der Verjährung des Regressanspruchs des Kraftfahrthaftpflichtversicherers, ZfS 2008 94; Dahns Die kleine BRAO-Reform – Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft, NJW 2007 1553; Drong-Wilmers Zum Haftungsprivileg bei Personenschäden infolge eines Verkehrsunfalls auf Werksgelände, VersR 2001 721; Gergen Der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Kfz-Versicherer nach Art. L 124-3 und L 112-6 des französischen Versicherungsgesetzbuchs (Code des Assurances) über Art. 40 Abs. 4 EGBGB, VersR 2005 620; Heidl Der Direktanspruch in der Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte und Steuerberater, ZfV 2011 162; R. Johannsen Regressanspruch des Haftpflichtversicherers wegen eines durch einen führerscheinlosen Angehörigen des VN verursachten Unfallschadens, NZV 1989 69; R. Koch Der Direktanspruch in der Haftpflichtversicherung, RuS 2009 133; O. Lange Die Rechtsstellung des Haftpflichtversicherers nach der Abtretung des Freistellungsanspruchs vom Versicherungsnehmer an den geschädigten Dritten, VersR 2008 713; Langheid Zum Direktanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer bei Schädigung durch einen mitversicherten Dritten, RuS 1985 158; Lemcke Der Direktanspruch gegen den KH-Versicherer, alte Probleme in neuem Gewand, Festschrift Wälder (2009) 179; Littbarski Auswirkungen der VVG-Reform auf die Haftpflichtsparte (Teil 1), Phi 2007 126; ders. Auswirkungen der VVG-Reform auf die Haftpflichtsparte (Teil 2), Phi 2007 176; Matlach Rechtskrafterstreckung und Verjährung nach § 3 Nr 8, Nr 3 S 2 Hs 2
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Direktanspruch
§ 115
Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) – Regressprobleme bei sog „Altfällen“ der Sozialversicherungsträger, ZfS 2005 533; Müller-Stüler Der Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer (1966); Rischar Steht das Familienprivileg zur Disposition der Rechtsprechung?, VersR 1998 27; Schirmer Das „kranke“ Versicherungsverhältnis zwischen KH-Versicherer und Versicherungsnehmer, VersR 1987 19; Stobbe Mandant und Haftpflichtversicherer – ein schwieriges Verhältnis, Lücken im Pflichtversicherungsrecht der VVG-Reform, AnwBl 2007 853; Thume Probleme des Verkehrshaftungsversicherungsrechts nach der VVG-Reform, VersR 2010 849; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. I. II. III.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 1. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . 2. Persönlicher Anwendungsbereich . . . a) Dritter i.S.d. § 115 . . . . . . . . . b) Geltung auch für Mitversicherte . . 3. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . IV. Möglichkeiten des geschädigten Dritten bei nicht bestehendem Direktanspruch . . B. Tatbestand und Rechtsfolgen . . . . . . . I. Voraussetzungen des Direktanspruchs, Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bestehen eines Versicherungsvertrages 2. Dritter i.S.d. § 115 . . . . . . . . . . 3. Schadensersatzanspruch des Dritten gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . 4. Anwendungsfälle des Direktanspruchs, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 . . . . . . . . . a) Pflichtversicherung nach dem PflVG, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 . . . . . b) Insolvenz des VN, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . c) Unbekannter Aufenthalt des VN, Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 . . . . . . . . d) Maßgeblicher Zeitpunkt im Hinblick auf die Tatbestände der Nr. 2 und 3 . . . . . . . . . . . . . . .
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Rn. II. Inhalt und Umfang des Direktanspruchs . 1. Schadensersatz in Geld, Abs. 1 Satz 3 . 2. Umfang der Leistungspflicht, Abs. 1 Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Akzessorietät des Direktanspruchs/ Begrenzung durch den Schadensersatzanspruch . . . . . . . . . . b) Begrenzung der Leistungspflicht gem. Abs. 1 Satz 2 . . . . . . . . . 3. Gesamtschuldner, Abs. 1 Satz 4 . . . . III. Wirkung der Leistung des VR . . . . . . IV. Verjährung, Abs. 2 . . . . . . . . . . . . 1. Verjährungsfrist/ Verjährungsbeginn, Abs. 2 Satz 1 und 2 . . . . . . . . . . 2. Höchstfrist: 10 Jahre, Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hemmung der Verjährung, Abs. 2 Satz 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hemmungsbeginn . . . . . . . . . b) Hemmungsende . . . . . . . . . . 4. Ausnahmen aufgrund von Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wirkung und Drittwirkung im Rahmen der Verjährung, Abs. 2 Satz 4 C. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . . I. Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . II. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . III. Passivlegitimation . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte Der seit der VVG-Reform 2008 nunmehr in § 115 geregelte – unter bestimmten 1 Voraussetzungen bestehende – Direktanspruch des Geschädigten gegen den VR des Schädigers hatte im VVG 1908 keine Entsprechung. Vor der VVG-Reform fand sich ein solcher Direktanspruch für die Kfz-Haftpflichtversicherung in § 3 PflVG a.F. Die Regelung des § 3 PflVG a.F. ging wiederum zurück auf Art. 6 Abs. 1 Anlage 1 des Straßburger Übereinkommens vom 20.5.19591, in welchem erstmals, mit Blick auf die Schutzwürdig1
Europäisches Übereinkommen über die obligatorische Haftpflichtversicherung für
Kraftfahrzeuge vom 20.4.1959, BGBl. 1965 II 281.
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keit des Geschädigten, die Notwendigkeit einer Pflichtversicherung mit Direktanspruch zum Ausdruck kam. Knapp sechs Jahre später, am 1.10.1965 trat in Umsetzung des Straßburger Übereinkommens mit der Vorschrift des § 3 Nr. 1 PflVG a.F. der erste Direktanspruch im deutschen Haftpflichtversicherungsrecht in Kraft und löste den bis dato geltenden Grundsatz, dass eine Schadensregulierung prinzipiell über die Inanspruchnahme des Schädigers zu erfolgen habe, ab.2 Europarechtlich untermauert wird dieser Direktanspruch im Rahmen der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zudem durch die 4. und 5. KH-Richtlinie.3 Die Regelung des § 3 PflVG a.F. unterlag zwar im Laufe der Zeit gewissen Modifikationen, die durch die Harmonisierung des Rechts der Kfz-Haftpflichtversicherung in den Mitgliedstaaten der EG bedingt waren,4 blieb jedoch in der Fassung vom 26.11.2001 bis zum 31.11.2007 in Kraft. Im Rahmen der VVG-Reform 2008 war ursprünglich geplant, nach dem Vorbild des 2 Direktanspruchs in der Kfz-Haftpflichtversicherung einen Direktanspruch generell für alle Pflichtversicherungen einzuführen.5 Ein solcher allgemeiner Direktanspruch wurde sogar als Herzstück der Reform angesehen.6 Die Entscheidung zur Einführung eines solchen allgemeinen Direktanspruchs entsprang den positiven Erfahrungen mit der Norm des § 3 PflVG und dem Bestreben, das Verfahren für Geschädigte über den Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung hinaus allgemein, entgegen der bis dahin ernüchternden Praxis, zu vereinfachen.7 Entsprechend enthielt bereits der Kommissionsentwurf auch mit der Regelung des § 116 VVG-E ursprünglich einen derartigen allgemeinen Direktanspruch. Der allgemeine Direktanspruch traf jedoch insbesondere von Seiten der Versicherungswirtschaft auf Kritik. Neben erheblichen praktischen Problemen wurden höhere Versicherungsbeiträge für möglich erachtet und auf bedeutsame Mehrkosten im Rahmen der Verwaltung von Schadensfällen hingewiesen.8 Weiterhin wurde für den Fall der Einführung eines allgemeinen Direktanspruchs die Einrichtung einer allgemeinen Auskunftstelle über bestehende Pflichtversicherungen moniert, die mit erheblichen Kosten für den Steuerzahler verbunden sei.9 Trotz dieser Kritik fand sich ein genereller Direktanspruch noch im Regierungsentwurf zum VVG10 und wurde sogar als einer der zentralen Punkte 2 3
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Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 4. Art. 3 der Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 6.5.2000 („4. KH-Richtlinie“) ABl. EG L 181 v. 20.7.2000, S. 65; Art. 4d der Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 11.5.2005 („5. KHRichtlinie“) ABl. EG L 149 v. 11.6.2005, S. 14. Beide wurden mit Wirkung zum 27.10.2009 zusammengefasst durch Richtlinie 2009/103/EG über die Kfz-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht v. 16.9.2009 ABl. EU L 263 v. 7.10.2009, S. 11. BTDrucks. 14/8770, S. 1; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Lorenz2 § 1 Rn. 20. BTDrucks. 16/3945, S. 50 und S. 88; vgl. auch schon Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 11 ff. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 1; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 6; ebenso z.B. befürwortet im Rahmen
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einer Stellungnahme des Deutschen Richterbundes, vgl. http://www.drb.de/cms/index. php?id=148, unter „B. V. Pflichtversicherung“ (Abrufdatum 10.3.2013). KomE S. 83 mit zusätzlichem Hinweis auf die Harmonisierung des europäischen Rechts. Stellungnahme des GDV vom 7.6.2004 zum Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, S. 71 ff. (abrufbar unter http://www.hzv-uhh.de/ bereiche/versicherungsrecht/vvg-reform. html [Abrufdatum 15.3.2013]). Stellungnahme des GDV vom 7.6.2004 zum Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, S. 71 f. (Fundstelle vgl. Fn. 8). Vgl. § 115 Abs. 1 VVG-E, BTDrucks. 16/3945, S. 25: „Der Dritte kann im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen
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Direktanspruch
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der Reform eingeordnet.11 Der Direktanspruch habe sich in der Kfz-Haftpflichtversicherung bewährt und solle auch außerhalb der Kfz-Haftpflichtversicherung die Rechtsstellung des Geschädigten deutlich verbessern, da dieser einen zusätzlichen und stets solventen Schuldner erhalte.12 Im Rechtsausschuss des Bundestags wendete sich indes das Blatt. Ein allgemeiner Direktanspruch in der Pflichthaftpflichtversicherung wurde nicht aufrecht erhalten; die Regelung wurde in ihre jetzt geltende Fassung gebracht.13 So wurde der Direktanspruch gegen den VR auf zwei wesentliche Fälle (neben der bereits bestehenden Kfz-Haftpflichtversicherung nach dem Pflichtversicherungsgesetz) „zurückgeführt“ nämlich einerseits auf den Fall, dass über das Vermögen des VN das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, andererseits auf den Fall, dass der Aufenthaltsort des VN unbekannt ist. Damit sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers alle „unter Verbraucherschutzgesichtspunkten wesentlichen Problembereiche“ erfasst worden sein.14 Der Direktanspruch werde unter anderem auf Ausnahmefälle begrenzt, um einen Anstieg der Beitragssätze zu vermeiden.15 Die im Schrifttum insoweit erhobene Kritik ist nicht ungerechtfertigt. So hat Schneider zu Recht auf die Fragwürdigkeit dieser Argumentation hingewiesen; so sei die Existenz eines Direktanspruchs gewiss nicht geeignet, die Zahl begründeter Schadensersatzansprüche zu erhöhen und hierdurch zusätzliche Ausgaben der VR zu generieren. Denn auch bei unmittelbarer Inanspruchnahme durch den Geschädigten hafte der VR dem Dritten gegenüber nur im Rahmen der übernommenen Gefahr.16 Durch diese gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf erfolgte Änderung mussten 3 noch vor Inkrafttreten des VVG 2008 auch die Vorschriften der §§ 114, 117, 119, 124, welche sich ursprünglich auf einen allgemeinen Direktanspruch bezogen, geändert und angepasst werden.17 Zutreffend ist die Aussage, dass auch die derzeitige Regelung des § 115 für die Ge- 4 schädigten eine bedeutsame Verbesserung im Vergleich zur früheren Rechtslage darstellt; die Einführung eines allgemeinen Direktanspruchs wäre jedoch dennoch im Interesse einer schnelleren und effektiveren Abwicklung von Schadensfällen für die Betroffenen wünschenswert gewesen.18 Begründet wird die Auswahl der nunmehr durch einen zusätzlichen Direktanspruch abgesicherten Fälle nicht ganz unzutreffend damit, dass die in § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 genannten Konstellationen „unter Verbraucherschutzgesichtspunkten die wesentlichen Problembereiche“ seien.19 Wie schon an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht, gibt es indes sicherlich gute Gründe für eine einheitliche Be-
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des § 117 Abs. 1 bis 4 seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.“ BTDrucks. 16/3945, S. 47, 50. BTDrucks. 16/3945, S. 88. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, BTDrucks. 16/5862, S. 38. BTDrucks. 16/5862, S. 1 und S. 99. BTDrucks. 16/5862, S. 95.
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Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 5 Art. 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes und anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften, BGBl. I 2007 S. 2833; vgl. dazu Beckmann/ Matusche-Beckmann/Schneider2 § 24 Rn. 162; Baumann NJW 2007 Heft 46, Editorial; Zypries NJW 2007 Heft 50, Editorial. In diese Richtung auch Abram VP 2008 77 ff.; Meixner/Steinbeck § 3 Rn. 25 ff.; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 1, 5. BTDrucks. 16/5862 S. 99. Vgl. auch Wandt5 Rn. 1086; Littbarski Phi 2007 185.
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handlung in der Pflichthaftpflichtversicherung (vgl. bereits Vorbem. zu den §§ 113– 124 Rn. 11) und es bleibt abzuwarten, ob es sich um eine dauerhafte Lösung handelt. Die Ausgestaltung des § 115 Abs. 1 entspricht weitgehend der Vorschrift des § 3 5 Nr. 1–3 PflVG a.F., so dass prinzipiell ein Rückgriff auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und Literatur möglich ist.20 Soweit die Verjährungsregelung des Abs. 2 im Wortlaut gegenüber § 3 Nr. 3 PflVG a.F. geringfügig geändert wurde, ist dies auf eine Anpassung an § 15 zurückzuführen.21
II. Inhalt und Zweck der Regelung 6
§ 115 Abs. 1 regelt einen Direktanspruch des Dritten gegen den VR im Rahmen einer Pflichthaftpflichtversicherung. Der Anwendungsbereich ist dabei – entgegen des ursprünglichen Vorschlags (oben Rn. 2 ff.) – begrenzt auf die in § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 genannten Fälle, namentlich das Vorliegen einer Kfz-Haftpflichtversicherung nach dem PflVG, den Fall, dass über das Vermögen des VN das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde (nachfolgend auch zusammengefasst als Insolvenz des VN bezeichnet), oder der Fall des unbekannten Aufenthalts des VN.22 Der Zweck der Regelung und damit insbesondere des Direktanspruchs geht zurück 7 auf den Gedanken, dass eine Pflichtversicherung immer zumindest auch den Schutz des Geschädigten bezweckt, während andere Versicherungen in der Regel lediglich deshalb abgeschlossen werden, um das eigene Vermögen gegen Schadensersatzansprüche abzusichern.23 Für den Bereich der Pflichtversicherung soll daher im Interesse des Dritten die Schadensregulierung durch einen Direktanspruch gegen den VR die Rechtslage für den geschädigten Dritten verbessert,24 insbesondere die Durchsetzung vereinfacht werden.25 Zweifelsohne steht dem geschädigten Dritten damit ein wirtschaftlich grundsätzlich starker Schuldner gegenüber. Letztlich beschränkt sich die Vorschrift des § 115 dabei auf die „unter Verbraucherschutzgesichtspunkten […] wesentlichen Problembereiche“26 (vgl. bereits oben Rn. 2 ff.). Im Schrifttum wird der Direktanspruch als gesetzlich begründeter Schadensersatzan8 spruch eigener Art bezeichnet.27 Indes erscheint es fraglich, ob es sich um einen eigenständigen Schadensersatzanspruch handelt.28 Zwar hat die Rechtsprechung wiederholt
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 1; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 2. Römer/Langheid 3 § 115 Rn. 6. Vgl. OLG Bremen 2.8.2011 VersR 2012 171, das klarstellt, dass § 115 sich nur auf Pflichthaftpflichtversicherungen bezieht; vgl. nach Rn. 11. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 1. BGH 10.6.1986 VersR 1986 1010 (juris Rn. 8). BGH 7.11.1978 BGH NJW 1979 271, 272; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 1; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 2; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 115 Rn. 1.
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BTDrucks. 16/5862, S. 99. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider 2 § 24 Rn. 176; ders. in: Langheid/Wandt § 115 Rn. 1. Vgl. auch BGH 5.12.1978 VersR 1979, 256 (juris Rn. 10); OLG Koblenz 21.6.199 VersR 2000 1436 (juris Rn. 27), wo jeweils darauf hingewiesen wird, dass der Direktanspruch „keine selbstständige Bedeutung“ hat, sondern wie ein akzessorisches Recht der Sicherung der Forderung des Verletzten dient und insoweit vom Bestand des Haftpflichtanspruchs abhängig ist.
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Direktanspruch
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den (noch aus § 3 PflVG a.F. resultierenden) Direktanspruch als deliktsrechtlichen Anspruch eingeordnet. Indes ging es dabei primär um die Frage, ob der Direktanspruch versicherungsvertraglich oder deliktisch einzuordnen ist.29 Aus der deliktsrechtlichen Einordnung durch den BGH in dieser Entscheidung lässt sich aber nicht schließen, dass es sich um einen originären Schadensersatzanspruch handelt. Der BGH selbst spricht lediglich von einem quasideliktischen Anspruch.30 Zudem ging es in dieser Entscheidung primär um die Frage nach dem anwendbaren Recht, deren Beantwortung davon abhing, ob der (gegen einen ausländischen VR) geltend gemachte Direktanspruch als Vertragsanspruch oder als deliktischer Anspruch einzuordnen ist. Die durch den BGH vorgenommene Einordnung als quasideliktischer Anspruch führt indes nicht dazu, dass es sich um einen selbständigen Schadensersatzanspruch handelt. Dogmatisch handelt es sich vielmehr um einen gesetzlich angeordneten Schuldbeitritt.31 Rechtsfolge eines gesetzlich angeordneten Schuldbeitritts ist, dass der Hinzutretende und der ursprüngliche Schuldner nunmehr Gesamtschuldner sind.32 Diese Rechtsfolge ordnet § 115 Abs. 1 Satz 4 ausdrücklich an. Der geschädigte Dritte hat damit ein Wahlrecht, gegen wen er vorgeht.33 Gerichtet ist der Direktanspruch gegen den VR aufgrund des ausdrücklichen Wort- 9 lauts des § 115 Abs. 1 Satz 3 nicht auf Naturalrestitution i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB, sondern auf Schadensersatz in Geld. § 115 Abs. 2 wiederum regelt die Verjährung des Direktanspruchs, welche grundsätz- 10 lich an die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den VN gebunden ist. Im Einzelfall kann jedoch durch die Höchstfrist des Satzes 2 durchaus ein Unterschied zwischen den Ansprüchen gegen den VN bzw. gegen den VR bestehen, so dass eine Überweisung des Anspruchs des VN gegen den VR im Wege der Zwangsvollstreckung sinnvoll werden kann.34
III. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich Sachlich beschränkt ist der Direktanspruch aufgrund seiner systematischen Stellung, 11 zunächst auf Pflichthaftpflichtversicherungen, während er auf freiwillige Haftpflichtversicherungen i.S.d. §§ 100 ff. gerade keine Anwendung findet.35 Also gilt der Direktanspruch nicht für alle Haftpflichtversicherungen. Im Gesetzgebungsverfahren war zunächst geplant, den Direktanspruch auf alle Pflichthaftpflichtversicherungen auszudehnen; diesen Vorschlag hat der Gesetzgeber letztlich aber nicht verwirklicht, vielmehr wurde der Direktanspruch letztlich auf die in § 115 Abs. 1–3 genannten Fälle beschränkt (vgl. zur Entwicklung oben Rn. 2 ff.). Innerhalb der Pflichthaftpflichtversicherungen
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BGH 23.11.1971 NJW 1972 387, 388. BGH 23.11.1971 NJW 1972 387, 388. So ausdrücklich auch BGH 23.11.1971 NJW 1972 387, 388; Feyock/Jacobsen/Lemor/ Feyock3 § 115 Rn. 10; letztlich auch Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 1; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 3. Staudinger/Noack (2005) § 421 Rn. 49. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 115 Rn. 7; Langheid/Wandt/Schneider § 115
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Rn. 1; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 2. Dazu BGH 9.1.2007 VersR 2007 371; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 3; Langheid/ Wandt /Brandt § 121 Rn. 2. OLG Bremen 2.8.2011 VersR 2012 171 f.; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 1; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 7.
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wird also durch Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 der Direktanspruch von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht. Erforderlich ist daher, dass es sich entweder um eine Versicherung handelt, die aufgrund einer dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht abgeschlossen wurde (Nr. 1), dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des VN eröffnet, der Eröffnungsantrag mangels Masse abgelehnt oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde (Nr. 2) oder dass der Aufenthalt des VN unbekannt ist (Nr. 3). Eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz 12 bestehenden Versicherungspflicht besteht gem. § 1 PflVG in der Kfz-Haftpflichtversicherung. Dieser für den Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung geltende Direktanspruch galt bereits vor der VVG-Reform 2008 und war in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung des § 3 Nr. 1 PflVG a.F. normiert. Für alle übrigen Pflichthaftpflichtversicherungen gilt hingegen, dass das Bestehen eines Direktanspruchs vom Vorliegen der Voraussetzungen der Nr. 2 oder der Nr. 3 abhängig ist.36 Soweit eine Versicherung von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1–5 PflVG von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter unterhalten wird, besteht der Direktanspruch unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 (es besteht in diesem Falle gerade keine Versicherungspflicht.37 Zu den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Nr. 1–3 im Einzelnen vgl. noch Rn. 20 ff.) Der Direktanspruch besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob das Versicherungs13 verhältnis intakt oder gestört ist (zu diesen Begriffen Rn. 37); im gestörten Versicherungsverhältnis besteht die Leistungspflicht des VR gegenüber dem Dritten jedoch nur im von § 117 Abs. 1–4 bestimmten Umfang.38 2. Persönlicher Anwendungsbereich
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a) Dritter i.S.d. § 115. Der persönliche Anwendungsbereich des Direktanspruchs erfasst Dritte i.S.d. § 115. Dritter kann dabei grundsätzlich jeder sein, der einen Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen VN hat, soweit der Anspruch vom Schutzzweck der Pflichtversicherung gedeckt ist.39 Häufigster Fall des Dritten ist die Person des Geschädigten, auch als Dritter im engeren Sinne bezeichnet.40 Hierzu zählen insbesondere Insassen des Fahrzeugs, Radfahrer, Fußgänger und andere motorisierte Fahrzeugteilnehmer.41 Geschädigter und damit Dritter i.d.S. kann grundsätzlich auch die öffentliche Hand sein, wenn ihr gegen einen haftpflichtversicherten Schädiger ein privatrechtlich begründeter Schadensersatzanspruch zusteht.42 Nach allgemeiner Ansicht ist es möglich, dass auch der VN selbst Dritter ist, etwa wenn ein mitversicherter Fahrer einen KfzUnfall verursacht und dabei der VN geschädigt wird.43 Erforderlich ist dabei, dass es 36 37
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider2 § 24 Rn. 176. Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 7; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 7. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 2. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 3. Stiefel/Maier/Jahnke18 § 115 VVG Rn. 15. OLG Oldenburg 16.1.2013, 4 U 40/11 (juris Rn. 13). OLG Oldenburg 16.1.2013, 4 U 40/11 (juris Rn. 13); vgl. auch BGH 28.9.2011 VersR
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2011 1509 (wo es indes primär darum ging, ob Ansprüche aus §§ 683 Satz 1, 670 BGB vom Kfz-Haftpflichtversicherungsschutz erfasst sein können); a.A. Schwab DAR 2010, 587, 588; Halm/Kreuter/Schwab, AKB (2010) § 115 Rn. 37 ff. BGH 25.6.2008 VersR 2008 1202 (Rn. 9); Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 12; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 10; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 6; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 115 Rn. 3; Römer/Langheid3 § 115 Rn. 7; Kröger RuS 2013 119, 120.
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Direktanspruch
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sich um ein intaktes Versicherungsverhältnis handelt 44 und dass vertraglich keine (vollständige) Kürzung ausgehandelt ist (vgl. etwa A.1.5.6 AKB 2008).45 Auch Rechtsnachfolger (z.B. die Erben gem. § 1922 BGB) können generell Dritte 15 sein.46 Dies gilt auch soweit Erbe und Schädiger dieselbe Person sind und im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch im Haftpflichtverhältnis Konfusion eingetreten ist.47 Denkbar ist auch eine Rechtsnachfolge eines SachVR im Rahmen des § 86.48 Entsprechend der Norm des § 116 SGB X kann auch der Sozialversicherungsträger Dritter i.S.d. § 115 sein.49 Kein unmittelbarer Fall der Rechtsnachfolge, sondern ein originärer Rückgriffsanspruch ergibt sich überdies für den Sozialversicherer aus § 110 SGB VII; dies steht aber der Anwendung des § 115, der die Direktklage gewährt, nicht entgegen.50 Eine Rechtsstellung als Dritter ist dagegen in Konstellationen zu verneinen, in denen 16 Geschädigter und Schädiger von vorneherein dieselbe Person sind (Personenidentität zwischen Schädiger und Geschädigtem;51 diese Konstellation unterscheidet sich von dem Fall der Rechtsnachfolge (vgl. vorstehende Rn. 15). Ebenfalls keine Einordnung als Dritter i.S.d. § 115 liegt vor im Hinblick auf den Ausgleichsanspruchs eines Schädigers gegenüber dem VR eines Mitschädigers. Soweit die Schädiger dem Geschädigten als Gesamtschuldner haften, ist eine Inanspruchnahme eines Schädigers über die interne Haftungsquote hinaus nicht vom Schutzzweck des PflVG gedeckt.52 Auch ein Mitversicherter ist hinsichtlich eines Ausgleichsanspruchs oder eines Freistellungsanspruchs gegen den VN (z.B. der Arbeitgeber) gegenüber dem VR nicht Dritter.53 Prinzipiell Dritter sein kann zwar demgegenüber ein Mitversicherter in Fällen, in denen er Fahrer des unfallverursachenden Kfz ist.54 Ein Direktanspruch steht ihm jedoch dann dennoch nicht zu, wenn er dem VR im Innenverhältnis Regress schuldet. Dem steht dann nämlich regelmäßig die
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BGH 10.6.1986 VersR 1986 1010 (juris Rn. 6); Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 12; zum Begriff „gesundes Versicherungsverhältnis“ vgl. Rn. 37. BGH 25.6.2008 VersR 2008 1202, 1203 (Rn. 10); Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 3; Römer/Langheid 3 § 115 Rn. 7; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 10. BGH 13.7.1993 VersR 1993 1092, 1093 (juris Rn. 12); 3.5.1977 BGHZ 69 153 = VersR 1977 960, 961 (juris Rn. 11); 23.9.1965 BGHZ 44 166 = VersR 1965 1167 (juris Rn. 4); 8.10.1952 BGHZ 7 244 = VersR 1952 1333 (juris Rn. 4); Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 11; Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 9. OLG Hamm 16.6.1994 VersR 1995 454; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 9. Unter Konfusion versteht man, wenn Forderung und Verbindlichkeit in derselben Person sich vereinigen, vgl. Staudinger/Olzen (2011) Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 25. OLG Nürnberg 25.8.2008 VersR 2009 65 (juris Rn. 17); Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 9.
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BGH 3.6.1970 VersR 1970 755; Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 9; Stiefel/Maier/ Jahnke18 § 115 VVG Rn. 17. BGH 21.12.1971 VersR 1972 271, 273 (juris Rn. 26); Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 9. OLG Nürnberg 9.2.2004 VersR 2004 905; OLG Hamm 25.6.1996 VersR 1997 303; LG Berlin 8.3.2012 RuS 2013 119 (mit zustimmender Anm. Kröger); Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 11; Stiefel/Maier/ Jahnke18 § 115 VVG Rn. 22. BGH 27.7.2010 VersR 2010 1360; 1.7.2008 BGHZ 177 141 = VersR 2008 1273 (Rn. 11); Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 12; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 4; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 11. Vgl. BGH 20.1.1971 BGHZ 55 281 = VersR 1971 429 (juris Rn. 14); OLG Hamm 17.12.1986 VersR 1987 604; Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 115 Rn. 4. BGH 13.7.1993 VersR 1993 1092.
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§ 115
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Dolo-agit-Einrede entgegen,55 wobei Regressbeschränkungen zugunsten des Anspruchsstellers zu berücksichtigen sind.56
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b) Geltung auch für Mitversicherte. § 115 geht von einem Schadensersatzanspruch des geschädigten Dritten gegen den ersatzpflichtigen VN aus; in diesem Falle steht dem Dritten unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 ein Direktanspruch auch gegen den VR des VN zu. Indes kommt als Schädiger nicht nur der VN in Betracht, sondern auch mitversicherte Personen. Für den Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung ist dies unbestritten, was auch in der Gesetzesbegründung Ausdruck gefunden hat.57 Vor diesem Hintergrund findet § 115 auch Anwendung, wenn ein Schadensersatzanspruch eines geschädigten Dritten gegen eine mitversicherte Person im Raum steht.58 Dies hat der BGH – noch für das frühere Recht betr. § 3 Nr. 9 PflVG a.F. – grundsätzlich festgestellt und den allgemeinen Grundsatz formuliert, dass – abgesehen von der Prämienzahlungsverpflichtung – bei Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung die Bestimmungen des VVG, des Pflichtversicherungsgesetzes und der AKB so auszulegen sind, dass überall dort, wo vom Versicherungsnehmer die Rede ist, der Versicherte ebenso gemeint ist.59 Insbesondere kommt vor diesem Hintergrund auch ein Direktanspruch des VN gegen Kfz-Haftpflichtversicherer in Betracht, etwa wenn der mitversicherte Fahrer den Kfz-Halter (VN) geschädigt hat; in diesem Falle kann dem Kfz-Halter (VN) gegen den Fahrer (mitversicherte Person) ein Schadensersatzanspruch insbesondere aus § 18 StVG zustehen, der wiederum vom Kfz-Versicherungsschutz erfasst ist, so dass dem geschädigten Kfz-Halter (VN) gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer ein Direktanspruch zusteht.60 3. Zeitlicher Anwendungsbereich
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Im Hinblick auf die zeitliche Anwendung des § 115 gelten die allgemeine Regeln zum Inkrafttreten des VVG 2008.61 Das VVG 2008 gilt gem. Art. 12 Abs. 1 Satz 3 ReformG prinzipiell für Verträge, die ab dem 1.1.2008 abgeschlossen wurden. Für Altverträge, die bis zum 31.12.2007 zustande gekommen sind, gilt grundsätzlich das VVG 2008 gem. Art. 1 Abs. 1 EGVVG ab dem 1.1.2009. Indes ist gem. Art. 1 Abs. 2 EGVVG auf Altverträge das frühere VVG anzuwenden, wenn ein Versicherungsfall bis zum 31.12.2008 eingetreten ist. Für diese Fälle ist eine Gesetzeslücke erkennbar: Da auch das PflVG mit Wirkung zum 1.1.2008 geändert worden ist (insbesondere der Direktanspruch nunmehr nicht mehr im PflVG, sondern im VVG geregelt ist), ließe sich für Altverträge und Eintreten des Versicherungsfalles im Jahre 2008 argumentieren, dass für Geschädigte de lege lata kein Direktanspruch besteht. Vor dem Hintergrund der Neuregelung des § 115 VVG sowie dem Straßburger Übereinkommen müsste dies indes als gesetzgeberisches Versehen
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BGH 10.6.1986 VersR 1986 1010. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 6; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 3. BTDrucks. 16/3945/ S. 89. BTDrucks. 16/3945/ S. 89; Rüffer/Halbach/ Schimikowsi2 § 115 Rn. 15; Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 12. BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1064
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(juris Rn. 12) unter Hinweis auf Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 66. BGH 10.6.1986 VersR 1986 1010 (juris Rn 8); BGH 25.6.2008 VersR 2008 1202 (Rn. 9); Kröger RuS 2013 119, 120; vgl. bereits oben Rn. 14. Dazu etwa Bruck/Möller/Beckmann9 Einf. A Rn. 63 ff.; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider 2 § 1b Rn. 42 ff.
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Direktanspruch
§ 115
bewertet werden.62 Deshalb wird teilweise vertreten, dass die §§ 115, 117 und 124 VVG 2008 auch auf diese Fälle anwendbar seien.63 Nach anderer Ansicht lässt sich Art. 1 Abs. 2 EGVVG dahingehend erweiternd auslegen, dass neben dem früheren VVG auch das PflVG in seiner alten Fassung für diese Übergangsfälle Anwendung findet.64
IV. Möglichkeiten des geschädigten Dritten bei nicht bestehendem Direktanspruch Dem geschädigten Dritten steht ein Direktanspruch gegen den HaftpflichtVR nur in 19 den in § 115 Abs. 1 aufgeführten Fällen zu (dazu sogleich Rn. 20 ff.). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor – was außerhalb der Kfz-Haftpflichtversicherung vielfach der Fall ist –, so gelten die für die freiwillige Haftpflichtversicherung geltenden Grundsätze. Kommt es nicht zu einer „freiwilligen“ Zahlung durch den HaftpflichtVR und tritt der VN seinen gegen den HaftpflichtVR gerichteten Freistellungsanspruch auch nicht an den geschädigten Dritten ab65, so muss der geschädigte Dritte – nach Erlangung eines gegen den VN bzw. gegen die mitversicherte Person gerichteten Vollstreckungstitel – im Wege der Einzelzwangsvollstreckung gegen den VN vorgehen. Im Rahmen derer kann der geschädigte Dritte den Freistellungsanspruch des VN gegen den HaftpflichtVR pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen; durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wandelt sich der Freistellungsanspruch des VN gegen den HaftpflichtVR in einen Zahlungsanspruch um.66 In der Pflichthaftpflichtversicherung besteht gem. § 117 Abs. 1 die Besonderheit, dass dem geschädigten Dritten diese Möglichkeit auch dann offen steht, wenn der HaftpflichtVR im Innenverhältnis gegenüber dem VN bzw. gegenüber der mitversicherten Person leistungsfrei geworden ist; unter den Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 besteht diese Möglichkeit auch, dann wenn gar kein Versicherungsverhältnis bestand bzw. dieses vor Eintritt des Versicherungsfalles bereits beendet war (vgl. im Einzelnen Kommentierung zu § 117). Außerhalb von Pflichthaftpflichtversicherungen, insbesondere im Bereich von freiwilligen Haftpflichtversicherungen, hat der der geschädigte Dritte also auch die Möglichkeit, den Deckungsanspruch des VN gegen seinen VR zu pfänden und sich überweisen zu lassen. Indes kann der VR dem VN Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis auch dem Dritten gem. § 404, § 412 BGB entgegenhalten.67 Durch § 117 Abs. 1 kommt damit ein wesentlicher Unterschied zwischen freiwilligen Haftpflichtversicherungen und Pflichthaftpflichtversicherungen zum Ausdruck. Oftmals besteht indes die Gefahr, dass das Erwirken eines Titels gegen den VN im Haftungsprozess so langwierig ist, dass der Deckungsanspruch des VN gegen dessen VR wegen Untätigbleibens des VN etwa aufgrund einer Verjährung gefährdet ist. In dieser Konstellation ist der VN nach der Rechtsprechung des BGH unabhängig von § 115 und einer Abtretung/Überweisung vorbehaltlich eines entsprechenden Feststellungsinteresses
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In diese Richtung auch LG Saarbrücken Beschluss v. 23.4.2009, 14 O 476/08 (juris Rn. 6 ff.); Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 8; Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 2. Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 2. LG Karlsruhe 23.1.2009 VersR 2009 1397. Vgl. Bruck/Möller/R. Koch 9 Vorbem. zu §§ 100–112 Rn. 32.
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Vgl. Bruck/Möller/R. Koch 9 § 108 Rn. 36. Vgl. etwa OLG Hamm 4.7.2008, 20 U 190/07 (juris Rn. 35 f.) mit Anm. jurisPRVersR 11/2008 Anm. 2; zur Anwendbarkeit des § 412 BGB auf die gerichtliche Überweisung MüKo-BGB/G. H.Roth6 § 412 Rn. 21.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
i.S.d. § 256 ZPO befugt, auf Feststellung zu klagen, dass der VR gegenüber dem VN und Schädiger aus dem Schadensereignis zur Gewährung vertraglichen Versicherungsschutzes verpflichtet ist. Ein solches aus der Sozialbindung der Haftpflichtversicherung folgendes Feststellungsinteresse soll etwa dann bestehen, wenn der VR auf Anfrage des Geschädigten, ob Versicherungsschutz bestehe, keine oder keine eindeutige Antwort gibt oder die Antwort verweigert und wegen der Untätigkeit des VN die Gefahr besteht, dass dem Haftpflichtgläubiger der Deckungsanspruch als Befriedigungsobjekt verloren geht.68 Die Sozialbindung der Haftpflichtversicherung habe ihren Niederschlag in §§ 156, 157 VVG a.F. gefunden. Auch die § 108 Abs. 1 und § 110 zeigten aber, dass der Wille des Gesetzgebers dahin gehe, den Dritten zu schützen. Die Versicherungsleistung solle dem geschädigten Dritten zugutekommen. Mit dieser materiell-rechtlichen Entscheidung müsse korrespondieren, dass im Fall der Untätigkeit des VN der geschädigte Dritte selbst gegen den VR, den durch die Untätigkeit des VN zu privilegieren kein Anlasse bestehe, gerichtlich vorgehen kann.69
B. Tatbestand und Rechtsfolgen I. Voraussetzungen des Direktanspruchs, Abs. 1 1. Bestehen eines Versicherungsvertrages
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§ 115 Abs. 1 ermöglicht einem geschädigten Dritten, neben dem eigentlichen Schädiger (ersatzpflichtiger VN) zusätzlich auch dessen HaftpflichtVR in Anspruch zu nehmen. Damit setzt § 115 Abs. 1 ein Versicherungsverhältnis zwischen ersatzpflichtigem VN und VR voraus. Ein solches Versicherungsverhältnis muss jedenfalls zum Zeitpunkt des Schadenseintritts bestanden haben. Wie sich aus § 117 ergibt, muss der VR aber nicht unbedingt gegenüber dem VN einstandspflichtig sein („gestörtes“ Versicherungsverhältnis). Besteht kein Versicherungsvertrag oder ist dieser bereits beendet, so kommt ebenfalls eine Haftung des VR unter den Voraussetzungen von § 117 Abs. 2 in Betracht (vgl. Kommentierung dort). Für die Kfz-Haftpflichtversicherung ist zu beachten, dass bei Nichtbestehen des an sich obligatorischen Versicherungsschutzes gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 PflVG aber ein Ersatzanspruch gegen den „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen“ (Entschädigungsfonds) in Betracht kommt. Im Schrifttum findet sich der nicht näher begründete Standpunkt, auch der Anschein 21 eines Versicherungsverhältnisses sei ausreichend.70 Diese Ansicht erscheint indes in dieser pauschalen Formulierung zweifelhaft. Bestand keine entsprechende Haftpflichtversicherung des Schädigers, kommt – über die Fälle des § 117 Abs. 2 hinaus (vgl. bereits Rn. 20) – auch kein gesetzlicher Schuldbeitritt eines VR in Betracht. Dies zeigt etwa auch die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 2 PflVG, nach der der Geschädigte Ersatzansprüche gegen den „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen“ (Entschädigungsfonds) geltend machen kann, wenn die aufgrund eines Gesetzes erforderliche Haftpflichtversicherung zugunsten des Halters, des Eigentümers und des Fahrers des Fahrzeugs nicht besteht. In diesem Falle kommt ein Direktanspruch gegen einen VR nicht in
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BGH 22.7.2009 VersR 2009 1485; BGH 15.11.2000 VersR 2001 90, 91; OLG Celle 5.7.2012 VersR 2013 750.
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OLG Celle 5.7.2012 VersR 2013 750. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 11.
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Direktanspruch
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Betracht. Die genannte Auffassung, wonach der Anschein eines Versicherungsverhältnisses ausreichend ist, lässt sich deshalb wohl dahingehend verstehen, dass damit § 117 Abs. 2, 1. Var. (Nichtbestehen des Versicherungsvertrages) gemeint ist oder dass sich über Rechtsscheinsgrundsätze das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages begründen lässt. Hält man Letzteres für möglich, ist aber gerade vom Bestehen eines Versicherungsvertrages auszugehen. 2. Dritter i.S.d. § 115 Der Anspruchsteller muss Dritter i.S.d. § 115 sein. Dritter ist danach grundsätzlich 22 jeder, dem der VN oder der Versicherte haftpflichtig ist.71 Zur Frage, wer als Dritter in diesem Sinne in Betracht kommt vgl. bereits oben Rn. 14 ff. 3. Schadensersatzanspruch des Dritten gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer Unter den weiteren Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 kann der geschädigte Dritte 23 seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den VR geltend machen. Über diese Vorschrift erhält der geschädigte Dritte einen weiteren Schuldner, namentlich den HaftpflichtVR des ersatzpflichtigen VN. Es handelt sich um einen Fall eines gesetzlichen Schuldbeitritts (siehe bereits oben Rn. 8). § 115 Abs. 1 setzt damit einen Schadensersatzanspruch eines Dritten gegen den ersatzpflichtigen VN bzw. gegen einen Mitversicherten voraus.72 So hat der BGH dementsprechend formuliert: „Die Entstehung dieses Direktanspruches ist (…) abhängig von der Begründung des Haftpflichtanspruches gegen den Versicherten.“73 Der Direktanspruch ist demnach akzessorisch.74 Die Versicherung folgt der Haftung.75 Das Gesetz spricht im Rahmen von § 115 Abs. 1 vom Anspruch des Dritten auf Scha- 24 densersatz und dem (ersatzpflichtigen) VN. Damit geht das Gesetz von einer Eigenversicherung des VN aus. Gleichwohl gilt § 115 aber auch dann, wenn sich der Anspruch gegen eine mitversicherte Person richtet.76 Bei Übergang des Schadensersatzanspruchs auf einen neuen Gläubiger geht auch der 25 Direktanspruch gegen den VR – nach der Rechtsprechung – entsprechend § 401 BGB auf den neuen Gläubiger über (vgl. bereits zum Dritten in diesem Sinne Rn. 14 f.).77 Wenn der Schadensersatzanspruch hingegen nicht übergeht, kann der Direktanspruch grund-
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73 74
BGH 20.10.1971 VersR 1971 1161, 1162. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 12; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 115 Rn. 15; zur Einordnung eines Aufwendungsersatzanspruchs gem.§§ 683 Satz 1, 670 BGB als Schadensersatzanspruch i.S.d. A 1.1.1 AKB 2008, wenn sie schadensersatzrechtlichen Charakter haben vgl. BGH 28.9.2011 VersR 2011 1509. BGH 5.12.1978 VersR 1979 256, 257 f. (juris Rn. 10). BGH 5.12.1978 VersR 1979 256, 257 f. (juris Rn. 10); OLG Stuttgart 9.6.2005 NZV 2006 213, 214; OLG Koblenz 21.6.1999
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VersR 2000 1436 (juris Rn. 26); Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 12; Römer/Langheid/Langheid3 § 115 Rn. 7. OLG Koblenz 21.6.1999 VersR 2000 1436 (juris Rn. 26). BGH 21.12.1971 VersR 1972 271, 272 f. (juris Rn. 25); BTDrucks 16/3945 S. 89; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 12; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 15; vgl. bereits oben Rn. 17. BGH 5.12.1978 VersR 1979 256, 257 f. (juris Rn. 10); OLG Koblenz 21.6.1999 VersR 2000 1436 (juris Rn. 26); Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 12.
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sätzlich auch nicht folgen. Für das frühere VVG hat die Rechtsprechung im Falle des Eingreifens der Übergangssperre aufgrund des Angehörigenprivilegs gem. § 67 Abs. 2 VVG a.F. einen Übergang des Direktanspruchs abgelehnt.78 4. Anwendungsfälle des Direktanspruchs, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3
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Aus der systematischen Stellung des § 115 im Abschnitt 2 über die Pflichtversicherung ergibt sich, dass der Direktanspruch aus § 115 sich ohnehin auf Pflichthaftpflichtversicherungen beschränkt (vgl. bereits Rn. 11 f.). Entgegen des ursprünglichen Reformvorhabens hat sich der Gesetzgeber gegen einen allgemeinen Direktanspruch für die Pflichthaftpflichtversicherung entschieden (vgl. bereits oben Rn. 2 ff.). Neben der bereits erwähnten (Rn. 11) Begrenzung auf Pflichthaftpflichtversicherungen beschränkt die Vorschrift des § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 das Bestehen eines Direktanspruchs auf drei abschließend aufgezählte Konstellationen79: das Bestehen einer Pflichthaftpflichtversicherung nach dem PflVG, Insolvenz des VN oder bei unbekannten Aufenthalt des VN. Vor der VVG-Reform ergab sich der Direktanspruch im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherungen aus § 3 Nr. 1 PflVG a.F. Mit der VVG-Reform neu eingeführt sind hingegen die Fälle der Insolvenz des VN und des unbekannten Aufenthalts des VN. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so bleibt dem Geschädigten nur, gegen den VN einen Vollstreckungstitel zu erwirken und sich im Wege der Zwangsvollstreckung den Anspruch des VN gegen den VR überweisen zu lassen.80 Nachdem § 108 Abs. 2 nunmehr das standardmäßige Abtretungsverbot des Freistellungsanspruchs an den Dritten durch AVB untersagt, besteht nach neuer Rechtslage zudem die Möglichkeit, dass der Dritte sich den entsprechenden Anspruch vom VN abtreten lässt.81
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a) Pflichtversicherung nach dem PflVG, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Soweit eine Haftpflichtversicherung nach dem PflVG besteht, ist der Direktanspruch ohne weitere Voraussetzungen eröffnet. Für alle übrigen Pflichthaftpflichtversicherungen gilt, dass die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 vorliegen müssen. Inhaltlich entspricht Nr. 1 dabei der bisherigen Rechtslage nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F. und normiert einen Direktanspruch im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung.82 Dieser Direktanspruch wurde aufgrund des Straßburger Abkommens eingeführt und später durch weitere europarechtliche Vorgaben, namentlich der 4. und 5. KH-Richtlinie untermauert.83 (vgl. bereits oben Rn. 1). Entscheidend ist, dass dieser Direktanspruch im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung – wie erwähnt – nicht von weiteren besonderen Voraussetzungen abhängt. Im Rahmen der VVG-Reform wurde die Bedeutung dieses Direktanspruchs noch einmal ausdrücklich herausgestellt. So heißt es übereinstimmend, dass sich dieser Direktanspruch bewährt habe.84
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OLG Stuttgart 9.6.2006 NZV 2006 213 f. Abram VP 2008 77; R. Koch RuS 2009 133; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 14. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 8; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 5. Baumann VersR 2010 988; Thume VersR 2010 849, 850; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 14; Stiefel/Maier/Jahnke18 § 115 Rn. 108.
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Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 4; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 9; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 15; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 7; Römer/Langheid3 § 115 Rn. 13. Siehe Fn. 3. Vgl. etwa Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrecht, KomE S. 83; BTDrucks 16/3945 S. 50.
Roland Michael Beckmann
Direktanspruch
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b) Insolvenz des VN, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. Ein Direktanspruch des Dritten besteht 28 auch im Zusammenhang mit der Insolvenz des VN, namentlich bei folgenden drei Varianten des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2: die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Var. 1), die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse (Var. 2) und die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (Var. 3). Die mit der VVG-Reform 2008 aufgenommene Regelung des § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 hatte im früheren VVG 1908 keine Entsprechung; inhaltlich wurde sie jedoch zumindest teilweise über eine analoge Anwendung des § 1282 BGB in Fällen der Insolvenz des VN hergeleitet.85 Die Vorschrift soll für den Fall der Insolvenz des VN dafür sorgen, dass der Dritte zunächst einen leistungsfähigen Schuldner hat und sich weiterhin nicht mit dem Insolvenzverwalter auseinandersetzen muss, sondern seine Ansprüche unmittelbar an den VR herantragen kann.86 Obgleich die Vorschrift vom Wortlaut auf die Person des VN abstellt, greift sie auch ein, wenn die Voraussetzungen bei der mitversicherten Person erfüllt werden.87 Das Vorliegen der in Rede stehenden Tatbestände richtet sich nach den allgemeinen 29 insolvenzrechtlichen Bestimmungen (27, 26, 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO); es kommt auf die entsprechenden Entscheidungen des Insolvenzgerichts an.88 Unterschiedlich diskutiert wird die Frage, ob § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 vom Sinn und 30 Zweck her auch auf Fälle anzuwenden ist, in denen die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen zwar nicht vorliegen, sich der VN allerdings faktisch in Zahlungsschwierigkeiten befindet oder faktisch zahlungsunfähig ist. Für eine Analogiefähigkeit wird insoweit insbesondere das Interesse des Dritten,89 dagegen der prinzipiell eindeutige Wortlaut der Norm vorgebracht.90 So lässt sich sagen, dass Var. 1 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens) und Var. 3 (Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters) kaum analogiefähig sein dürften. Am ehesten kommt Var. 2 (Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse) für eine Analogiefähigkeit in Betracht. Soweit der Eröffungsgrund des Zahlungsunfähigkeit des VN gem. § 17 InsO vorliegt, ließe sich auf den ersten Blick argumentieren, dass es Förmelei sei, wenn das Vorliegen einer der Tatbestände des § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 abgewartet würde. Hierfür spricht auch, dass es dem Dritten nicht unbedingt zugemutet werden kann, einen Insolvenzantrag nach § 14 InsO zu stellen, da nicht hinreichend geklärt ist, ob der Gläubiger/Antragsteller bei Abweisung der Insolvenz mangels Masse die entstandenen Verfahrenskosten tragen muss.91 Richtigerweise sollte ein Abweisen mangels Masse jedoch als vollständiges Obsiegen des Gläubigers gesehen werden, mit der Folge dass der Schuldner die Verfahrenskosten zu tragen hat92 (indes bleibt der Gläubiger Zweitkostenschuldner im Hinblick auf einige der Kosten)93. Vor diesem Hintergrund lässt sich durchaus argumentieren, dass der Gläubiger durch Stellen eines Insolvenzantrages die Möglichkeit hat, eine Situation des § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 herzustellen und es deshalb einer Analogie nicht bedarf.
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BGH 7.7.1993 VersR 1993 1222, 1223 (juris Rn. 12, 19); KG 17.1.2006 VersR 2007 349, 350 (juris Rn. 12); Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 115 Rn. 10. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 16. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 15. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 16. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 177; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 16.
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Vgl. Wandt5 Rn. 1087 Fn. 127; Armbrüster RuS 2010 453 f. Für eine Kostentragung durch den Antragsteller OLG Köln 14.4.2000 NZI 2000 374; LG Münster 6.1.2000 NZI 2000 383. LG Berlin 1.3.2001 ZInsO 2001 269; LG München I 26.10.2001 ZInsO 2002 42. Uhlenbruck, InsO (12. Aufl. 2010) § 26 Rn. 38 ff.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
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c) Unbekannter Aufenthalt des VN, Abs. 1 Satz 1 Nr. 3. Ein Direktanspruch steht dem Geschädigten nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 schließlich auch dann zu, wenn der Aufenthaltsort des VN unbekannt ist. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte in Gesetz und Gesetzesbegründung ist, aufgrund der Einheit der Rechtsordnung, davon auszugehen, dass sich die Unkenntnis hinsichtlich des Aufenthaltsortes des VN weitgehend analog § 185 ZPO bestimmt.94 Nicht ausreichend ist daher, dass der Aufenthaltsort dem Dritten subjektiv unbekannt ist, vielmehr muss der Aufenthaltsort des VN allgemein bzw. objektiv unbekannt sein. Dem steht nicht entgegen, wenn der Aufenthaltsort einzelnen Personen bekannt ist.95 Vom Geschädigten sind gewisse Nachforschungen zu erwarten, etwa eine Nachfrage beim zuständigen Einwohnermelde- und Postamt.96 Anders als im Rahmen des § 185 ZPO, der aufgrund seiner weitreichenden Konsequenzen für den Betroffenen auch eine Nachforschungspflicht am letzten bekannten Aufenthaltsort des Untergetauchten mit sich bringt, können vergleichbare Anstrengungen im Rahmen des § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 nicht verlangt werden. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bezweckt nämlich nicht den Schutz des VN, sondern den Schutz des Geschädigten.97
32
d) Maßgeblicher Zeitpunkt im Hinblick auf die Tatbestände der Nr. 2 und 3. Insbesondere im Rahmen der Tatbestände der Nr. 2 und 3 ist fraglich, zu welchem Zeitpunkt die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen müssen. So ist es generell ohne weiteres möglich, dass während eines laufenden Gerichtsverfahrens ein Insolvenzverfahren abgeschlossen wird bzw. ein Aufenthaltsort des VN wieder bekannt wird. Folgt man den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen, so entfiele in einem solchen Falle die Passivlegitimation des VR und dem Dritten bliebe in diesen Fällen nichts anderes übrig, als die Klage auf den VN zu erweitern und gegenüber dem VR für erledigt zu erklären.98 Insbesondere im Hinblick auf die Alternative der Nr. 3 scheint ein solches Ergebnis für den Dritten jedoch unbefriedigend. Armbrüster vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, bei § 115 handele es sich um eine verfahrensrechtliche Ermächtigung zur Geltendmachung eines fremden Anspruchs. Auch dies spreche dafür, für die Voraussetzungen des Direktanspruchs allein auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen.99 Auch wenn die wohl überwiegende Meinung § 115 Abs. 1 als einen gesetzlichen Schuldbeitritt ansieht (siehe oben Rn. 8), erscheint das Ergebnis dieser Sichtweise vorzugswürdig. Die Vorschrift schützt den geschädigten Dritten; es wäre für ihn eine kaum zumutbare Unsicherheit, wenn im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Satz 1 tatsächlich auf den Zeitpunkt des Endes der mündlichen Verhandlung abgestellt würde.100
94
95 96
Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 11; Marlow/Spuhl4 S. 182; Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 17; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 115 Rn. 9. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 17 m.w.N. BGH 14.2.2003 NJW 2003 1530 f.
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97 98 99 100
Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 17. In diesem Sinne Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 115 Rn. 11. Armbrüster RuS 2010 454; vgl. zur Rechtsnatur oben Rn. 8. Armbrüster RuS 2010 454; Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 18.
Roland Michael Beckmann
Direktanspruch
§ 115
II. Inhalt und Umfang des Direktanspruchs 1. Schadensersatz in Geld, Abs. 1 Satz 3 § 115 Abs. 1 Satz 3, der inhaltlich der Norm des § 3 Nr. 1 Satz 2 PflVG a.F. ent- 33 spricht,101 ordnet an, dass der VR einen bestehenden Direktanspruch in Geld zu erfüllen hat. Die Vorschrift modifiziert insoweit die allgemeine schadensrechtliche Regelung des § 249 Abs. 1 BGB, wonach der Geschädigte prinzipiell Naturalrestitution verlangen kann.102 Der Anspruch des Geschädigten aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen, wird durch diese Regelung nicht verkürzt.103 Dem Dritten ist es mithin möglich, im Rahmen einer Kfz-Haftpflichtversicherung vollen Ersatz seines Schadens gegen Herausgabe des beschädigten Kfz zu verlangen.104 Die Regelung des § 115 Abs. 1 S. 3 bezieht sich ausschließlich auf den Direktan- 34 spruch des Dritten gegen den VR. Im Verhältnis zum VN ist es ihm hingegen unbenommen Naturalrestitution i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB zu fordern.105 Eine Besonderheit ergibt sich insoweit bei Fahrzeughaltern, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1–5 PflVG von der Versicherungspflicht befreit sind. Soweit diese als Schädiger und nicht als sog. „Quasi-Versicherer“ i.S.d. § 2 Abs. 2 PflVG in Anspruch genommen werden, besteht auch hier die Möglichkeit Naturalrestitution zu fordern.106 2. Umfang der Leistungspflicht, Abs. 1 Satz 2 a) Akzessorietät des Direktanspruchs/Begrenzung durch den Schadensersatzan- 35 spruch. Unabhängig von der Regelung des § 115 Abs. 1 Satz 2 ist der Direktanspruch gegen den VR – wie bereits an anderer Stelle zum Ausdruck gekommen – akzessorisch und hängt vom Bestehen eines Schadensersatzanspruchs gegen den VN bzw. gegen die versicherte Person ab (vgl. bereits oben Rn. 23). Besteht ein solcher nicht, kann der Geschädigte auch keinen Direktanspruch gegenüber dem VR geltend machen. Auch der Umfang des Direktanspruchs gegen den VR hängt vom Umfang des Schadensersatzanspruchs gegen den VN bzw. gegen die versicherte Person ab; der Direktanspruch kann nicht über den Schadensersatzanspruch hinausgehen.107 Der Höhe nach ist der Direktanspruch durch die Höhe des Anspruchs gegen den VN also begrenzt.108 b) Begrenzung der Leistungspflicht gem. Abs. 1 Satz 2. Umgekehrt kann der Direkt- 36 anspruch vom Umfang hinter dem Schadensersatzanspruch zurückbleiben.109 Dies ergibt sich aus § 115 Abs. 1 Satz 2; diese Regelung übernimmt damit inhaltlich und auch nahezu wörtlich die Vorschrift der § 3 Nr. 1 und Nr. 3 PflVG a.F.110 Gem. § 115
101 102 103
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105 106
Römer/Langheid 3 § 115 Rn. 16. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 19. BGH 14.6.1983 VersR 1983 758 (noch betr. § 3 Nr. 1 Satz 2 PflVG a.F. und § 249 S. 2 BGB in der bis 31.7.2002 geltenden Fassung). BGH 14.6.1983 VersR 1983 758; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 17; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 19. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 20. OLG Koblenz 23.12.1991 12 U 1301/90
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108 109
110
(juris, Orientierungssatz); Langheid/Wandt/ Schneider § 115 Rn. 20. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 21; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 12. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 12. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 21; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 13. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 7.
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§ 115
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Abs. 1 Satz 2 besteht der Anspruch im Rahmen der Leistungspflicht des VR aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. § 115 Abs. 1 Satz 2 unterscheidet damit zwei Fälle. Im ersten Fall besteht eine Leis37 tungspflicht des VR gegenüber dem VN; man spricht vom „gesunden“ Versicherungsverhältnis.111 In diesem Falle besteht der Direktanspruch des Dritten im Rahmen der Leistungspflicht des VR gegenüber dem VN, d.h. der Direktanspruch des geschädigten Dritten gegen den VR wird begrenzt durch die Leistungspflicht des VR gegenüber dem VN, insbesondere durch die Versicherungssumme (§ 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt.; dazu sogleich Rn. 38). Im zweiten Fall des § 115 Abs. 1 Satz 2 („soweit eine Leistungspflicht nicht besteht“) besteht keine bzw. nur eine eingeschränkte Leistungspflicht des VR gegenüber dem VN (z.B. infolge einer Obliegenheitsverletzung durch den VN); man spricht vom „kranken“ bzw. „gestörten“ Versicherungsverhältnis.112 In diesem Falle besteht gleichwohl ein Anspruch des Dritten gegen den VR und zwar im Rahmen des § 117 Abs. 1–4 (vgl. § 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt.; dazu unter Rn. 39); im Rahmen der Haftung des VR gem. § 117 Abs. 1, 2 ist zu beachten, dass der VR den VN unter Umständen auf andere Ersatzmöglichkeiten verweisen kann und deshalb eine Haftung des VR ausscheidet (vgl. § 117 Abs. 3, 4 und Kommentierung zu § 117). Gem. § 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. haftet der VR gegenüber dem Dritten lediglich im 38 Rahmen der Leistungspflicht des VR gegenüber dem VN. Durch diese Bezugnahme auf den vertraglichen Deckungsrahmen soll verhindert werden, dass der (selbst nicht schadenersatzpflichtige) VR mit einer Leistungspflicht belastet wird, die den Rahmen des versicherungsvertraglich übernommenen Risikos überschreitet.113 Insbesondere ist es damit möglich, dass der Direktanspruch seiner Höhe nach hinter dem gegen den VN gerichteten Schadensersatzanspruch zurückbleibt.114 Die Höhe, in welcher der VR einzutreten hat, bestimmt sich dabei anhand des zwischen ihm und dem VN bestehenden Versicherungsvertrages.115 Soweit die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestversicherungssummen eingehalten sind, steht es den Parteien nämlich grundsätzlich frei, eine Obergrenze – sowohl für den einzelnen Haftungsfall, als auch für das entsprechende Versicherungsjahr – zu vereinbaren; eine solche vereinbarteVersicherungssumme findet sich in aller Regel auch. Weichen die Beträge hierbei jedoch nach oben von den gesetzlichen Mindestsummen ab, so kann sich der VR im Außenverhältnis auch nicht auf eine Begrenzung durch die Mindestversicherungssummen berufen;116 vielmehr gilt auch im Außenverhältnis gegenüber dem Dritten die vertraglich vereinbarte Deckungssumme. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt („im Rahmen der Leistungspflicht des VR aus dem Versicherungsverhältnis“); aber auch § 113 Abs. 3 lässt sich hierfür ins Feld führen. Dem Grunde nach besteht ein Direktanspruch auch dann, wenn das Versicherungs39 verhältnis zwischen VN und VR gestört ist („krankes“ oder „gestörtes“ Versicherungsverhältnis), also der VR im Innenverhältnis nicht zur Leistung an den VN verpflichtet ist. In diesem Falle richtet sich die Haftung des VR nach § 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 117 Abs. 1–4. Dabei geht es insbesondere um Fälle, in denen der VR im Innenverhält-
111 112 113
Vgl. etwa Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 21. Vgl. etwa Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 21. BGH 16.9.1986 VersR 1986 1231, 1233 (juris Rn. 30); BGH 19.9.1989 VersR 1989 1187 (juris Rn. 6).
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Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 21; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 21; Stiefel/Maier/Jahnke18 § 115 Rn. 131. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 7. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 21; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 115 Rn. 7.
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Direktanspruch
§ 115
nis aufgrund einer Obliegenheitsverletzung (teilweise) leistungsfrei ist. Im Vergleich zur Haftung des VR beim „intakten“ Versicherungsverhältnis gem. § 115 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. ist diese Haftung des VR beim „gestörten“ Versicherungsverhältnis nach § 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 117 Abs. 1–4 eingeschränkt. So ist der VR in diesen Fällen gem. § 117 Abs. 3 Satz 1 lediglich im Rahmen der gesetzlichen Mindestversicherungssummen verpflichtet. Zudem wird der Geschädigte in diesen Fällen gem. § 117 Abs. 3 Satz 2 zunächst auf andere Ersatzmöglichkeiten verwiesen (sog. „Verweisungsprivileg“)117; vgl. im Übrigen Kommentierung zu § 117. Ein Direktanspruch – sei es unmittelbar über § 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt., sei es über 40 § 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 117 Abs. 1–4 – besteht ohnehin nur dann, wenn der VR im Versicherungsvertrag einen entsprechende Deckung zugesagt hat.118 Dies folgt zum einen aus § 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. („im Rahmen der Leistungspflicht des VR“); aber auch beim Direktanspruch im Rahmen eines „gestörten“ Versicherungsverhältnis gem. § 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 117 haftet der VR „nur im Rahmen … der von ihm übernommenen Gefahr“ (§ 117 Abs. 3). Das bedeutet, dass der Direktanspruch (sei es unmittelbar im Rahmen von § 115, sei es über § 117) solche Schadensersatzansprüche des Dritten nicht erfasst, die von vorneherein nicht zum versicherten Risiko gehören und von denen der VR den VN schon nicht bei „intaktem“ Versicherungsverhältnis freistellen müsste.119 Bereits dem Grunde nach besteht keine Einstandspflicht für den VR bei Eingreifen von Risikoausschlüssen. Soweit Risikoausschlüsse eingreifen, liegt von vorneherein kein versichertes Risiko vor.120 Bei Eingreifen eines gesetzlichen oder vertraglichen bzw. eines objektiven wie eines subjektiven Risikoausschlusses kommt ein Direktanspruch demnach von vorneherein nicht in Betracht. Besondere Bedeutung hat dies insbesondere im Hinblick auf die Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher und widerrechtlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 103, bei dem es sich um einen subjektiven Risikoausschluss handelt.121 In diesem Falle besteht demnach kein Direktanspruch, weder unmittelbar gem. § 115 Abs. 1 noch über § 117. Für die Kfz-Haftpflichtversicherung ist indes zu beachten, dass gem. § 12 Abs. 1 Nr. 3 PflVG ein Ersatzanspruch gegen den „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen“ (Entschädigungsfonds) in Betracht kommt. Nach heute h.M. handelt es sich auch bei der sog. Pflichtwidrigkeitsklausel, die sich in Berufshaftpflichtversicherungen findet, um einen vertraglichen subjektiven Risikoausschluss, dessen Eingreifen einem Direktanspruch damit entgegensteht.122 Im Rahmen von vertraglichen Risikoausschlüssen ist im Einzelfall eine Abgrenzung zu Obliegenheiten vorzunehmen. Risikosausschlüsse schlagen also auf das Außenverhältnis durch; bei Verletzung einer Obliegenheit liegt lediglich ein „gestörtes“ Versicherungsverhältnis mit der Folge vor, dass ein Direktanspruch in den Grenzen des § 117 grundsätzlich besteht.123 Es versteht sich, dass die geschilderten Rechtsfolgen nur eintreten können, wenn der entsprechende (vertragliche) Risikoausschluss auch wirksam ist, insbesondere einer AGB-Kontrolle standhält.
117 118 119 120
121
Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 21. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 22. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 22. Bruck/Möller/Heiss9 § 28 Rn. 17; Beckmann/Matusche-Beckmann/Marlow2 § 13 Rn. 13. Bruck/Möller/R. Koch9 § 103 Rn. 13 m.w.N.
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Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 22; zur Pflichtwidrigkeitsklausel insbesondere Beckmann/Matusche-Beckmann/v.Rintelen 2 § 26 Rn. 241 ff.; 312 ff. Zur Abgrenzung zwischen Risikoausschluss und Obliegenheit Bruck/Möller/Heiss9 § 28 Rn. 17 ff.; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Marlow2 § 13 Rn. 13 ff.; Wandt5 Rn. 545 ff.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
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Besteht aufgrund eines wirksamen Risikoausschlusses kein Direktanspruch, so kann sich der Geschädigte nur an den VN halten; auch § 117 Abs. 1 greift nicht zugunsten des Geschädigten ein (vgl. § 117 Rn. 12). Gleiches gilt selbstverständlich, wenn überhaupt kein Versicherungsschutz besteht (vgl. bereits oben Rn. 36). Für die Kfz-Haftpflichtversicherung ist zu beachten, dass insbesondere bei Eingreifen des Risikoausschlusses gem. § 103 bzw. bei Nichtbestehen des an sich obligatorischen Versicherungsschutzes gem. § 12 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 2 PflVG aber ein Ersatzanspruch gegen den „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen“ (Entschädigungsfonds) in Betracht kommt. Wie ausgeführt besteht ein Direktanspruch nur dann, wenn eine entsprechende Leis42 tungspflicht des VR aus dem Versicherungsverhältnis besteht. Darüber hinausgehend hat die Rechtsprechung unter Geltung der früheren Rechtslage dem bei einem Verkehrsunfall Geschädigten auch dann einen Direktanspruch nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F. gegen den HaftpflichtVR des Schädigers zugestanden, wenn zwischen letzterem und seinem VR zwar keine Vereinbarung über einen Versicherungsschutz auch für den konkreten Unfallort getroffen worden ist, der Versicherer insoweit aber wegen fehlerhafter oder pflichtwidrig unterlassener Aufklärung gegenüber seinem Versicherungsnehmer eine Einstandspflicht aus gewohnheitsrechtlicher Vertrauenshaftung,124 culpa in contrahendo oder positiver Vertragsverletzung hat.125 Aufgrund der Tatsache, dass sich insbesondere ein möglicher Schadensersatzanspruch nach der VVG-Reform nun aus § 6 Abs. 3 ergeben kann, dürfte sich an dieser Rechtslage nichts geändert haben. Auch in diesem Falle wird man eine Leistungspflicht des VR „aus dem Versicherungsverhältnis“ annehmen können.126 Selbst wenn man den Anspruch aus § 6 Abs. 3 als einen gesetzlichen Schadensersatzanspruch ansieht, lässt er sich auch dem Versicherungsverhältnis zuordnen. Darüber hinaus lässt sich kaum annehmen, dass durch Einführung des § 6 Abs. 3 die Rechtslage des VN verschlechtert werden sollte. Vor diesem Hintergrund lässt sich die zu § 3 Nr. 1 PflVG a.F. ergangene Rechtsprechung auf § 115 Abs. 1 übertragen. 3. Gesamtschuldner, Abs. 1 Satz 4
43
§ 115 Abs. 1 Satz 4 bestimmt, dass VN und VR dem Dritten als Gesamtschuldner haften. Über den Wortlaut hinaus gilt diese Regelung des § 115 auch im Hinblick auf eine mitversicherte Person.127 Das Gesamtschuldverhältnis bezieht sich auf den Umfang, in dem der VR gem. § 115 Abs. 1 Satz 2 gegenüber dem geschädigten Dritten haftet. Dabei ist unerheblich, ob der VR unmittelbar gem. § 115 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. oder gem. § 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 117 Abs. 1–4 haftet (dazu oben Rn. 39). Über den Umfang der sich hieraus ergebenden Haftung des VR hinaus kann dementsprechend kein Gesamtschuldverhältnis bestehen.
124
Auch als Erfüllungshaftung bezeichnet (vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Rixecker2 § 18a Rn. 51); unterschiedlich wird die Fortgeltung der Vertrauens- bzw. Erfüllungshaftung nach der VVG-Reform beurteilt (gegen Fortgeltung Rixecker a.a.O.; ders. in: Römer/Langheid3 § 6 Rn. 3; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Reiff 2 § 5 Rn. 149 ff.; a.A. OLG Frankfurt 19.5.2011 VersR 2012 342, 343 (juris Rn. 39); ebenso wohl auch Bruck/Möller/Schwintowski9 § 6 Rn. 5).
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125 126 127
BGH 4.7.1989 BGHZ 108 200 = VersR 1989 948. Wohl auch Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 23. Saarländisches OLG 14.11.2001 VersR 2002 1415 (juris Rn. 9 noch zu § 3 Nr. 2 PflVG a.F.); Römer/Langheid3 § 115 Rn. 18; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 24; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 16.
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Direktanspruch
§ 115
Grundsätzlich finden auf das Gesamtschuldverhältnis zwischen VN und VR die allgemeinen Vorschriften der §§ 421 ff. BGB Anwendung.128 Diese werden jedoch durch einzelne Regelungen in den §§ 113 ff. modifiziert. So finden sich in § 115 selbst vorrangige Regelungen: § 115 Abs. 1 Satz 3 bestimmt, dass der VR Schadensersatz nur in Geld zu leisten hat. § 115 Abs. 2 enthält eine spezielle Regelung hinsichtlich der Verjährung. Des Weiteren enthält § 116 Abs. 1 eine vorrangige Regelung hinsichtlich § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB für den Innenausgleich. § 124 wiederum normiert entgegen § 425 Abs. 2 BGB eine Drittwirkung bestimmter rechtskräftiger Entscheidungen.129 Nicht ganz einheitlich beurteilt wird die Reichweite eines Verzichts des Dritten gegenüber dem VN. Gem. § 423 BGB wirkt ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlass auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten. Letzteres wird man bei Bestehen eines Direktanspruchs gegen einen HaftpflichtVR vielfach wohl nicht annehmen können.130 Aufgrund der Akzessorietät des Direktanspruchs (dazu oben Rn. 23, 35) geht die wohl h.M. indes davon aus, dass ein Verzicht auch auf den Direktanspruch durchschlägt.131 Etwas anderes kann aber durchaus gelten, soweit der Dritte nur insoweit auf seinen Anspruch verzichtet, als kein Versicherungsschutz des VN besteht und diese Beschränkung des Verzichts objektiv erkennbar ist.132 Liegt ein Fall der Mehrfachversicherung vor, so z.B. wenn ein VN zwei Berufshaftpflichtversicherungen abgeschlossen hat, so haften beide VR gegenüber dem Dritten als Gesamtschuldner. Das Innenverhältnis zwischen den VR bestimmt sich hingegen nach § 78, soweit beide Versicherungsverhältnisse „intakt“ sind.133 Handelt es sich um „gestörte“ Versicherungsverhältnisse und steht eine Haftung nach § 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 117 Abs. 1–4 im Raum, ist die Vorschrift des § 78 analog anzuwenden;134 im Hinblick auf in diesem Falle bestehende Ausgleichsansprüche gegenüber dem VN findet die Vorschrift des § 116 Abs. 1 Satz 2 Anwendung, wobei die beiden VR gem. § 428 BGB Gesamtgläubiger sind.135 Ist nur eines von beiden Versicherungsverhältnissen gestört, so ist der VR, dessen Vertragsverhältnis intakt ist, im Innenverhältnis allein einstandspflichtig.136 Problematisch ist die Stellung als Gesamtschuldner im Außenverhältnis bei mehreren Schädigern, insbesondere wenn ein Schädiger haftpflichtversichert ist, der andere Schädiger hingegen nicht. Zwischen dem haftpflichtversicherten Schädiger und seinem HaftpflichtVR besteht gem. § 115 Abs. 1 Satz 4 eine Gesamtschuldnerschaft. Andere Haftpflichtige außerhalb des Versicherungsverhältnisses nehmen an diesem Gesamtschuld-
128
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider2 § 24 Rn. 180; Looschelders/Pohlmann/ Schwartze2 § 115 Rn. 17; Langheid/Wandt/ Schneider § 115 Rn. 25; Prölss/Martin/ Knappmann28 § 115 Rn. 22; Römer/Langheid 3 § 115 Rn. 16. Zum Vorstehenden vgl. auch Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 25. Ebenso Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 26. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 15; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 26; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 23; Römer/Langheid3 § 115 Rn. 20.
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 23; Römer/Langheid3 § 115 Rn. 20. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 20 Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 18. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 20; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 18. RG 6.4.1927 RGZ 117 5; Prölss/Martin/ Knappmann28 § 115 Rn. 20; Looschelders/ Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 18. Mit Beispiel Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 20.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
verhältnis jedoch nicht teil.137 Dies wird aus der mangelnden Gleichstufigkeit der entsprechenden Verpflichtungen geschlossen.138 Eine andere Situation ist indes gegeben, wenn z.B. beide Schädiger haftpflichtversichert 48 sind. In diesen Fällen besteht zwischen den beteiligten Haftpflichtversicherern ein Gesamtschuldverhältnis, so dass Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis entstehen können;139 das Innenverhältnis richtet sich nach dem Maß der jeweiligen Verantwortlichkeit der VN.140 Diskutiert wird im Schrifttum darüber, ob die Stellung von VN und VR als Gesamt49 schuldner zu einer Aufhebung bzw. Durchbrechung des Trennungsprinzips führe. Dies wird insoweit bejaht, als in dem Rechtsstreit des Geschädigten gegen den VR über den Haftpflichtanspruch gegen den VN und/oder einen Mitversicherten und gleichzeitig über die Einstandspflicht des HaftpflichtVR (aber nur im Verhältnis zum Geschädigten) und deren Grenzen entschieden werde.141 Dem wird entgegengehalten, die Gesamtschuldnerschaft beziehe sich nur auf die deliktsrechtlichen Ansprüche des geschädigten Dritten, ohne dass hier gleichzeitig auch das Innenverhältnis zwischen VN bzw. Versichertem und HaftpflichtVR entschieden werde.142 Der erst genannten Auffassung ist zuzugeben, dass es für die Einstandspflicht des VR gegenüber dem Geschädigten (z.B. im Hinblick auf die Anspruchshöhe im Falle des Eingreifens des § 117 Abs. 1–4; dazu oben Rn. 39 f.) sehr wohl auf das Versicherungsverhältnis zwischen VR und VN ankommt. Allerdings erscheint es in der Tat diskussionswürdig, hierin eine Aufhebung des Trennungsprinzips zu erblicken (zum Begriff vgl. Vorbemerkung zu § 100–112 Rn. 92 ff.).
III. Wirkung der Leistung des VR 50
Leistet der VR an den Dritten Schadensersatz aufgrund eines Direktanspruchs, so erfüllt er hiermit vielfältige Verpflichtungen. Neben seiner eigenen Leistungspflicht aus § 115 erfüllt er auch die Leistungspflicht des VN/Versicherten gegenüber dem Dritten.143 Soweit es sich um ein intaktes Versicherungsverhältnis handelt, stellt eine Zahlung durch den VR auch eine Erfüllung seiner Pflicht aus dem Versicherungsverhältnis gegenüber dem VN dar.144 Mit Leistung gehen dabei etwaige Ersatzansprüche des VN gegen sonstige Beteiligte gem. § 86 auf den VR über.145 Daneben steht dem VR auch gem. § 111 ein Kündigungsanspruch zu. Für den Fall eines gestörten Versicherungsverhältnisses bestimmen sich die Rechtsfolgen für den VR hingegen aus § 116.
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138 139
Vgl. BGH 5.2.1992 BGHZ 117 151= VersR 1992 485, 486 f. (juris Rn. 27); 28.11.2006 VersR 2007 196, 198 (Rn. 16); Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 24; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 18; Römer/ Langheid3 § 115 Rn. 18. A.A. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 19. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 18; Römer/Langheid3 § 115 Rn. 18. BGH 13.6.1978 VersR 1978 843; OLG Hamm 24.11.2008 VersR 2009, 652, 653 (zumindest analoge Anwendung der Regeln über den Gesamtschuldnerausgleich, juris Rn. 23); Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 19; Römer/Langheid3 § 115 Rn. 18; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 24.
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141 142 143 144
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OLG Hamm 24.11.2008 VersR 2009 652, 653 (juris Rn. 24); OLG München 15.12.1999 VersR 2002 1289 (juris Rn. 4 f.); Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 19; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 24. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 11. Römer/Langheid3 § 115 Rn. 17. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 20. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 25; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 20. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 25; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 115 Rn. 20.
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Direktanspruch
§ 115
IV. Verjährung, Abs. 2 In § 115 Abs. 2 finden sich Regelungen zur Verjährung des Direktanspruch des ge- 51 schädigten Dritten gegen den VR. Auf den versicherungsrechtlichen Deckungsanspruch des VN gegen den VR finden die Regelungen § 115 Abs. 2 ebenso wenig Anwendung wie auf den materiellen Schadensersatzanspruch des geschädigten Dritten gegen den VN. Lediglich die Regelung des § 115 Abs. 2 Satz 4 zur Hemmung, Ablaufhemmung bzw. Neubeginn der Verjährung kann sich auf den materiellen Schadensersatzanspruch auswirken146. Vor der VVG-Reform fand sich eine dem § 115 Abs. 2 entsprechende Regelung in § 3 52 Nr. 3 PflVG a.F. Die neue Regelung in § 115 Abs. 2 unterscheidet sich gegenüber der Vorgängerregelung darin, dass Satz 3 auf den Zugang der Entscheidung des VR in Textform abstellt; nach § 3 Nr. 3 PflVG kam es auf schriftliche Entscheidung des VR an.147 1. Verjährungsfrist/Verjährungsbeginn, Abs. 2 Satz 1 und 2 § 115 Abs. 2 Satz 1 stellt klar, dass der Direktanspruch nach Abs. 1 der gleichen Ver- 53 jährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen VN148 unterliegt. Bedingt durch die Akzessorietät149 zwischen dem Anspruch gegen den VN und dem Direktanspruch gegen den VR bzw. aufgrund der Rechtsnatur des Direktanspruchs als gesetzlichem Schuldbeitritt150 besteht damit prinzipiell ein Gleichlauf der Verjährung beider Ansprüche. In der Regel ergibt sich der Haftpflichtanspruch des geschädigten Dritten gegen den 54 VN aus unerlaubter Handlung bzw. Gefährdungshaftung. In diesen Fällen beträgt die regelmäßige Verjährung gem. § 195 BGB bzw. § 14 StVG grundsätzlich drei Jahre. Gem. § 115 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. ist auch der Fristbeginn zwischen Direktanspruch 55 und Haftpflichtanspruch des Dritten gegen den VN einheitlich zu bestimmen. Gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist daher grundsätzlich mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Ausreichend ist dabei die generelle Kenntnisnahme des Schadens; eine exakte Erfassung von Schadenshöhe und -umfang ist hingegen nicht erforderlich.151 Hinsichtlich der Person des Schuldners sind dem Dritten auch gewisse Nachforschungslasten aufzuerlegen. Unterlässt er es beispielsweise sich bei der Zulassungsstelle über die Identität des VN zu erkundigen oder über die im Bereich der KfzHaftpflichtversicherungen eingerichtete zentrale Auskunftstelle den VR des Schädigers zu ermitteln, so ist ohne weiteres grobe Fahrlässigkeit des Geschädigten anzunehmen.152
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Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 27. Zum Vorstehenden Römer/Langheid3 § 115 Rn. 21. Dem steht wiederum die versicherte Person gleich; vgl. BGH 21.12.1971 VersR 1972 271, 273 (juris Rn. 26); Langheid/Wandt/ Schneider § 115 Rn. 28 m.w.N.
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Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 21; vgl. auch oben Rn. 23, 35. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 28; vgl. auch oben Rn. 8. BGH 3.6.1997 VersR 1997 1111. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 5; Bruck/Möller/Beckmann9 § 119 Rn. 9.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
2. Höchstfrist: 10 Jahre, Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. Abweichend von den allgemeinen Verjährungsregeln des BGB enthält § 115 Abs. 2 Satz 2 eine Spezialregelung zu § 199 Abs. 2–4 BGB. Gem. § 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. verjähren die Ansprüche spätestens in zehn Jahren nach Eintritt des Schadens. Ausweislich der Gesetzesbegründung bezieht sich die Formulierung „Eintritt des Schadens“ auf die Offenbarung des Schadens und nicht auf das ursächliche Ereignis, welches zum Schadenseintritt führte.153 Durch diese Klarstellung des Gesetzeswortlautes sollte erreicht werden, dass der Anspruch bei Entdeckung des Schadens bereits verjährt ist.154 Weiterhin handelt es sich bei Abs. 2 Satz 3 nicht um eine absolute Höchstfrist; insbesondere kann sie durch Ablaufhemmung, aber auch durch Verjährungsneubeginn verlängert werden.155 Gleichwohl kann es also dazu kommen, dass der Direktanspruch gegen den VR gem. 57 § 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. verjährt ist, während der materielle Schadensersatz insbesondere wegen § 199 Abs. 2 BGB (dreißigjährige Verjährung) noch nicht verjährt ist. Indes ist Vorsicht geboten, wenn der Dritte gleichwohl VN und VR verklagt. Denn im Falle der Abweisung der Klage gegen den VR wegen Verjährung gem. § 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. bewirkt die Rechtskrafterstreckung gem. § 124 zugleich, dass auch die Schadensersatzklage gegen den VN abzuweisen ist.156 Ist der Direktanspruch gem. § 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. verjährt, so kann sich 58 gleichwohl eine Möglichkeit ergeben, dass der geschädigte Dritte noch (mittelbar) gegen den VR vorgehen kann. Nach erfolgreicher Klage gegen VN (soweit noch nicht verjährt), kann der Dritte sich den versicherungsvertraglichen Deckungsanspruch des VN gegen VR im Wege der Zwangsvollstreckung pfänden und überweisen lassen; dies setzt indes voraus, dass dieser Deckungsanspruch noch nicht verjährt ist.157
56
3. Hemmung der Verjährung, Abs. 2 Satz 3 In Abs. 2 Satz 3 findet sich schließlich eine Regelung bzgl. der Verjährungshemmung. Die Vorschrift ist dabei zwar lex specialis zu § 15.158 Sie verdrängt jedoch nicht die allgemeinen Regeln der §§ 203 ff. BGB, sondern tritt vielmehr neben diese. Der Zweck des Abs. 2 Satz 3 besteht darin zu verhindern, dass der VR durch ein Hin60 auszögern von Verhandlungen mit dem Geschädigten den Eintritt der Verjährung bewirken kann.159 Im Gegensatz zu den allgemeinen Regelungen des BGB ist dabei kein aktives Verhandeln erforderlich. Ist ein Schaden beim VR angemeldet, so beginnt die Verjährungshemmung unabhängig davon, ob er (unmittelbar) auf die Anmeldung reagiert oder nicht.160
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BTDrucks. 16/5862 S. 99. BTDrucks. 16/5862 S. 99. OLG Düsseldorf 17.4.1989 RuS 1990 225; Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 18; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 29; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 24. BGH 24.6.2003 VersR 2003 1121, 1122 (juris Rn. 7); Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 30; Looschelders/Pohlmann/ Schwartze2 § 115 Rn. 25.
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BGH 9.1.2007 VersR 2007 371, 372 (Rn. 23); Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 30; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 30; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 24 f. Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 23; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 32; Stiefel/Maier/Jahnke18 § 115 Rn. 301. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 35. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 35.
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Direktanspruch
§ 115
Die Wirkung des Abs. 2 Satz 3 soll nur bei der erstmaligen Schadensanzeige beim VR 61 eintreten; für spätere erneute Verhandlungen kann er hingegen nicht herangezogen werden. Da die Vorschrift die allgemeinen Regelungen des BGB nicht verdrängt, sondern neben diese tritt, kann bei späteren Verhandlungen die Vorschrift des § 203 BGB eingreifen.161 a) Hemmungsbeginn. Voraussetzung für den Hemmungsbeginn ist, dass die An- 62 sprüche des Geschädigten beim VR angemeldet werden. Nicht ausreichend ist hingegen eine Mitteilung an den Schädiger; die Anzeige muss an den VR gerichtet sein.162 Unerheblich ist dabei grundsätzlich, wer die entsprechende Anmeldung beim VR tätigt.163 Da den VN jedoch aus § 104 Abs. 1 selbst die Pflicht zur Schadensanmeldung bei seinem VR trifft, genügt eine solche Mitteilung regelmäßig nicht.164 Etwas anderes kann sich lediglich dann ergeben, wenn der VN eine Erklärung des Geschädigten an den VR weiterleitet.165 Der VN ist insoweit als Erklärungsbote des Dritten anzusehen.166 In formaler Hinsicht stellt das Gesetz keine Anforderungen an die Anzeige des 63 Geschädigten, insbesondere ist das Erfordernis der Textform für die Entscheidung des VR nicht auf die Mitteilung des Geschädigten übertragbar. Es genügt daher prinzipiell eine mündliche Anzeige beim VR.167 Die Einhaltung einer bestimmten Frist ist auch nicht durch § 115 Abs. 2 vorgeschrieben. Es bleibt mithin für die Hemmung der Verjährung ohne Bedeutung, ob der Geschädigte seine Obliegenheit aus § 119 fristgerecht erfüllt hat.168 Inhaltlich sind ebenfalls keine zu hohen Anforderungen an die Anzeige des Geschä- 64 digten zu stellen.169 So genügt es, wenn der Geschädigte den VR über ein konkretes Unfallereignis informiert und eine ungefähre Höhe der Schäden mitteilt. Soweit die Angaben des Dritten zu ungenau sind, ist dies unschädlich, da dem VR zugemutet wird, Einzelheiten durch Rückfrage beim Geschädigten zu ermitteln.170 Nicht erforderlich ist weiterhin, dass der Dritte die Ansprüche bereits der Höhe nach beziffern kann; ausreichend ist vielmehr ein Geltendmachen dem Grunde nach.171 Auf der anderen Seite ist es jedoch nicht ausreichend, wenn der Geschädigte den VR lediglich um die Übermittlung eines Schadensanzeigeformulares bittet.172
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BGH 5.11.2002 BGHZ 152 298 = VersR 2003 99, 100 (juris Rn. 9 ff.); KG 27.2.2006 VersR 2007 1507; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 39. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 33. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 27. OLG München 16.9.1974 VersR 1975 510, 511; AG Burgwedel 8.4.2004 ZfS 2004 366 m. Anm. Rixecker; Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 115 Rn. 27; Prölss/Martin/ Knappmann28 § 115 Rn. 34. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 27; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 33. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 27.
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BGH 02.03.1982 BGHZ 83 165 = VersR 1982 546; 12.6.1979 BGHZ 74 395 f. = VersR 1979 915; a.A. wohl Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 33 (Textform). BGH 23.3.1982 VersR 1982 651 (juris Rn. 9); 19.11.1974 VersR 1975 279 (juris Rn. 11). BGH 7.4.1987 VersR 1987 937. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 27; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 32. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 32; a.A. LG Koblenz 28.3.1977 VersR 1978 474. AG Berlin-Charlottenburg RuS 1975 251 f.
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b) Hemmungsende. Gem. § 115 Abs. 2 Satz 3 kann der VR die Hemmung der Verjährung grundsätzlich durch eine Entscheidung beenden und den normalen Verjährungsablauf wieder herstellen. Anders als die hemmungsauslösende Anzeige des Geschädigten ist die Entscheidung des VR nicht formlos möglich. In Abänderung zu § 3 Nr. 3 PflVG a.F. erfordert § 115 Abs. 2 Satz 3 jedoch nicht mehr Schriftform, sondern lediglich Textform i.S.d. § 126b BGB. Diese ist z.B. nicht gewahrt, soweit der VR dem Geschädigten die Entscheidung formlos mitteilt und der Geschädigte oder sein Vertreter die formlose Entscheidung schriftlich bestätigt.173 Nicht ausreichend ist zudem eine einfache Überweisung einer Geldbetrages an den Dritten.174 Inhaltlich ist eine eindeutige Entscheidung des VR erforderlich. Während es im Hin66 blick auf eine solche Eindeutigkeit in der Praxis kaum Probleme bei vollständigen Ablehnungen gibt, kann die Eindeutigkeit bei (teilweisem) Anerkenntnis durch den VR Probleme bereiten.175 Insoweit gilt der Grundsatz, dass ein teilweises Anerkenntnis nur dann hinreichend bestimmt ist, wenn die übrigen Ansprüche unzweideutig abgelehnt werden.176 Entsprechend wurde in der Rechtsprechung entschieden, dass eine vorläufige Abrechnung,177 ein Abrechnungsschreiben, welches einzelne Schadenspositionen nach unten korrigiert,178 ein Teilvergleich, der zu zukünftigen Schäden keine Stellung bezieht179 oder diese ausklammert,180 keine hinreichende Bestimmtheit aufweisen und die Hemmung der Verjährung daher nicht beenden. Zu berücksichtigen ist bei der Frage, ob eine hinreichend konkrete Entscheidung vorliegt, auch immer, wie detailliert die Anmeldung des Schadens durch den Geschädigten war.181 Verbleiben dementsprechend Zweifel bzgl. Inhalt und Reichweite der Entscheidung des VR, fehlt es an einer die Verjährungshemmung beendenden Entscheidung.182 Auf der anderen Seite ist nicht erforderlich, dass die Entscheidung bereits die Höhe 67 der Anerkennung jeder einzelnen Schadensposition enthält.183 Soweit eine Anerkenntnis der genannten Schadensposition dem Grunde nach erfolgt und bei entsprechenden Nachweisen auch die Regulierung weiterer Schäden in Aussicht gestellt wird, ist dies prinzipiell ausreichend.184 Die Hemmung der Verjährung wird darüber hinaus auch ohne schriftliche Entscheidung des VR durch einen Abfindungsvergleich zwischen VR und Drittem beendet.185 Dies gilt auch insoweit, als ursprünglich von der Anmeldung erfasste Schadenspositionen vom Vergleich nicht umfasst sind, jedoch eindeutig zum Ausdruck kommt, dass die Schadensregulierung für den VR mit dem Vergleich vollständig abgeschlossen ist.186 Generell gilt, dass nicht nur eine ablehnende, sondern auch eine bejahende Entscheidung die Hemmung der Verjährung beendet.187 173 174
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BGH 18.2.1997 VersR 1997 637; Römer/ Langheid3 § 115 Rn. 25. BGH 28.1.1992 VersR 1992 604; 17.1.1978 VersR 1978 423 f. (juris Rn. 12); OLG Naumburg 8.11.2007 VersR 2008 775; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 36. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 36. Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 35. OLG Frankfurt a.M. 5.6.1998 RuS 1999 13. BGH 5.12.1995 VersR 1996 370 f. OLG Hamm 25.6.2001 VersR 2002 563. OLG Hamm 9.11.1994 VersR 1996 79. BGH 30.4.1991 BGHZ 114 303 f. = VersR 1991 878 (juris, Rn. 28); 28.1.1992 VersR 1992 604, 605 (juris Rn. 11); Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 29.
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Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 29. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 29. BGH 30.04.1991 BGHZ 114 299, 303 f. = VersR 1991 878 (juris Rn. 28). BGH 8.12.1998 VersR 1999 382 (juris Rn. 29); OLG Hamm 14.9.1998 ZfS 1999 14 (juris Rn. 13). BGH 29.1.2002 VersR 2002 474; OLG Karlsruhe 9.6.2004 VersR 2006 251; OLG Rostock 22.10.2010 RuS 2011 490. BGH 30.4.1991 BGHZ 114, 301 ff. = VersR 1991 878; 5.12.1995 VersR 1996 369, 370 (juris Rn. 12); OLG Rostock 9.8.2001 VersR
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Direktanspruch
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Verweigert der Geschädigte seine Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts 68 oder reagiert auf Nachfragen des VR nicht, endet die Hemmung der Verjährung nicht automatisch zu einem Zeitpunkt, zu dem unter normalen Umständen mit einer Antwort des Dritten zu rechnen wäre.188 Allerdings kann der VR die Hemmung dergestalt beenden, dass er eine Entscheidung erlässt, dass aufgrund des derzeitigen Kenntnisstandes eine Anerkennung nicht erfolgen kann.189 Darüber hinaus soll die Hemmung auch dann enden, wenn der Geschädigte anderthalb Jahre lang keine Reaktion auf die Aufforderung des VR zur Einreichung von Unterlagen gezeigt hat.190 4. Ausnahmen aufgrund von Treu und Glauben Abweichungen von den zuvor beschriebenen Grundsätzen können sich sowohl für 69 den VR, als auch für den Geschädigten aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben. So besteht für den Fall, dass sich ein VR unzutreffend als zuständig erklärt und seinen 70 Irrtum nachträglich entdeckt, die Pflicht, den Geschädigten auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Versäumt der Geschädigte aufgrund eines entsprechenden Versäumnisses seitens des VR die Einhaltung der Verjährungsfrist gegenüber dem richtigen VR, besteht ein Schadensersatzanspruch des Dritten gegen den VR, der den Dritten nicht korrekt informiert hat.191 Andererseits kann sich ein Geschädigter nicht auf eine fortdauernde Hemmung der 71 Verjährung berufen, wenn er dem VR eindeutig zu verstehen gegeben hat, dass er weitere Ansprüche gegen ihn und den VN nicht verfolge und der VR aufgrund dessen keine Entscheidung i.S.d § 115 Abs. 2 Satz 3 vorgenommen hat.192 Nicht ausreichend ist in diesen Fällen jedoch ein schlichtes Zuwarten des Geschädigten; der Verzicht auf Geltendmachung weiterer Ansprüche muss sich vielmehr zweifelsfrei ermitteln lassen.193 5. Wirkung und Drittwirkung im Rahmen der Verjährung, Abs. 2 Satz 4 Unmittelbar betrifft die Norm des § 115 Abs. 2 lediglich den Direktanspruch des 72 Dritten gegen den VR. Keine direkte Auswirkung kommt der Vorschrift des § 115 Abs. 2 hingegen für den Haftpflichtanspruch des Dritten gegen den VN zu.194 Allerdings schlagen Verjährungshemmung und Neubeginn gem. § 115 Abs. 2 Satz 4 wechselseitig durch. Nach dieser Regelung wirken die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den VR auch gegenüber dem ersatzpflichtigen VN und umgekehrt. Das bedeutet z.B., dass die Hemmung der Verjährung des Direktanspruchs gem. § 115 Abs. 2 Satz 3 sich zugleich auf den Schadensersatzanspruch des geschädigten Dritten gegen den VN auswirkt.195 Umgekehrt bewirkt eine Hemmung der
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2003 363; Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 115 Rn. 29. BGH 14.12.1976 VersR 1977 336. BGH 14.12.1976 VersR 1977 335, 336 f. (juris Rn. 14); OLG Karlsruhe 23.1.1987 VersR 1988 352. OLG Frankfurt a.M. 14.4.2004 ZfS 2004 461 (juris Rn. 11 f.). BGH 11.6.1996 VersR 1996 1113; Littbarski EWiR 1996 829.
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OLG Naumburg 8.11.2007 VersR 2008 775; OLG Düsseldorf 17.4.1989 RuS 1990 225; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 31; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 39. OLG Düsseldorf 17.4.1989 RuS 1990 225. BGH 9.1.2007 VersR 2007 371; Lemcke RuS 2007, 126; Müller/Matlach, ZfS 2007 366. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 41.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Verjährung des Schadensersatzanspruchs des geschädigten Dritten gegen den VN gem. § 204 BGB zugleich eine Hemmung der Verjährung des Direktanspruchs des geschädigten Dritten gegen den VR.196 Diese Wechselwirkung besteht dabei ungeachtet der Tatsache, ob der Geschädigte sich in seiner Anmeldung auf die Gesamtschuldnerschaft zwischen VN und VR berufen hat oder nicht.197 Unerheblich ist zudem, ob es sich bei dem Versicherungsverhältnis zwischen VN und VR um ein intaktes oder gestörtes Verhältnis handelt.198 Wurde die Anmeldung nicht ausdrücklich auf einen bestimmten Teilschaden begrenzt,199 hemmt die Anmeldung die Verjährung hinsichtlich des kompletten Schadens.200 Insbesondere wirkt eine Anmeldung von Sachschäden auch für Personenschäden.201 In Hinblick auf die Höhe des gehemmten Anspruchs wird durch eine eingeschränkte Haftung des VR keine Grenze gesetzt. So wirkt eine Schadensanzeige beim VR auch verjährungshemmend hinsichtlich des überschießenden Teils, für den nur der VN, nicht jedoch der VR einzustehen hat.202 Zu beachten ist auch, dass ein Anerkenntnis in Form einer Zahlung des VR an den Geschädigten einen Verjährungsneubeginn auch hinsichtlich eines überschießenden Teils auslöst.203 Drittwirkung kommt der Hemmung darüber hinaus auch dann zu, wenn der Sozialversicherungsträger einen Rückgriffsanspruch gem. § 110 SGB VII gegenüber dem VR geltend macht.204 Hinsichtlich des Deckungsverhältnisses gilt etwas anderes. Wie der gesamte Abs. 2 bezieht sich auch die Spezialregelung bzgl. der Hemmung nicht auf das Deckungsverhältnis, so dass für dieses § 15 gilt. Auch im Übrigen richtet sich die Verjährung des Deckungsverhältnisses nicht nach § 115 Abs. 2,205 sondern nach Abschaffung des § 12 VVG a.F. nach den allgemeinen Regelungen der §§ 194 ff. BGB.206
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BGH 25.11.1986 VersR 1987, 561, 562 f.; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 33. OLG Hamm 10.09.2001 VersR 2002 564, 565 (juris Rn. 28); Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 115 Rn. 33. BGH 6.12.1983 VersR 1984 227 f. (juris Rn. 3 ff.). BGH 7.4.1987 VersR 1987 937, 938 (juris Rn. 12); 25.6.1985 VersR 1985 1141; 20.4.1982 VersR 1982 674; OLG München 28.11.1995 RuS 1997 48 f.; Looschelders/ Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 27. BGH 29.1.2002 VersR 2002 474, 475; 23.3.1982 VersR 1982 651; 7.12.1976 VersR 1977 284; OLG München 28.11.1995 RuS 1997 48; 6.10.2000 VersR 2001 230; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 27.
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OLG München 6.10.2000 VersR 2001 230; Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 19. BGH 2.3.1982 BGHZ 83 162 = VersR 1982 546; 4.10.1983 VersR 1984 136; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 42. BGH 11.10.2006 BGHZ 169 232 = VersR 2006 1676; BGH 7.10.2003 VersR 2003 1547 (juris Rn. 23). Zu § 640 RVO BGH 21.12.1971 VersR 1972 271; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 41. BGH 7.12.1976 BGHZ 67 372 = VersR 1977 282; 25.11.1986 VersR 1987 561. Looschelders/Pohlmann/Schwartze § 115 Rn. 22.
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Direktanspruch
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C. Prozessuales I. Gerichtsstand Grundsätzlich gelten auch für den Direktanspruch die allgemeinen Regelungen der ZPO, so dass eine Klage am allgemeinen Gerichtsstand des VR gem. §§ 12, 17 ZPO ohne weiteres möglich ist.207 Der Direktanspruch des Dritten gegen den VR beruht auf einem gesetzlichen Schuldbeitritt, der nicht als eigenständiger Schadensersatzanspruch einzuordnen ist (vgl. oben Rn. 8). Insbesondere im Zusammenhang mit der Frage nach dem Gerichtsstand hat die Rechtsprechung diesen Anspruch nicht als versicherungsvertraglichen eingeordnet, sondern als einen deliktsrechtlich geprägten Anspruch angesehen mit der Folge, dass auch der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem § 32 ZPO grundsätzlich eröffnet ist.208 Wie im Schrifttum ausgeführt wird, dürfte der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung dabei in der Praxis meist der einzige sein, an dem VR und VN gemeinsam verklagt werden können.209 Besteht ausnahmsweise kein gemeinsamer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, ermöglicht § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein gemeinsames Verklagen von VN und VR an einem einheitlichen Gerichtsstand.210 Besteht ein ausreichender Zusammenhang zu einer bestimmten Niederlassung des VR, so kann eine Klage auch gem. § 21 ZPO am besonderen Gerichtsstand der Niederlassung eingereicht werden.211 Eine ausreichende Beziehung zwischen einer Niederlassung und dem Dritten besteht dabei noch nicht dadurch, dass der Versicherungsvertrag zwischen VN und VR in einer bestimmten Filiale abgeschlossen wurde bzw. verwaltet wird. Erforderlich ist viel mehr, dass die Bearbeitung des konkreten Schadensfalles in der betreffenden Niederlassung erfolgt.212 Dabei genügt es nicht, dass eine Bearbeitung potentiell in der Niederlassung erfolgen könnte, ausschlaggebend ist die tatsächliche Situation.213 Eine Regulierung über einen Versicherungsagenten begründet keine Niederlassung des VR, so dass § 21 ZPO auf diese Fälle ebenfalls keine Anwendung findet. Keine Anwendung auf den Direktanspruch findet die Vorschrift des § 215,214 da es sich nicht um eine Klage aus dem Versicherungsvertrag oder Versicherungsvermittlung handelt. Darüber hinaus ist es dem Dritten nicht möglich, sich auf dem § 215 vergleichbare vertragliche Regelungen zu berufen, denn der Geschädigte ist gerade auch im Rahmen des Direktanspruchs nicht in das Vertragsverhältnis zwischen VN und VR eingebunden.215 Der EuGH hat in einer Entscheidung klargestellt, dass der Geschädigte aufgrund der Vorschriften der Art. 11 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 b EuGVO berechtigt ist, einen ausländischen VR auch an seinem Wohnsitz zu verklagen, soweit ein Direktanspruch des Geschä-
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Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 41. BGH 20.1.1983 VersR 1983 586; Langheid/ Wandt/Schneider § 115 Rn. 45. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 45; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 15. BGH 3.3.1983 VersR 1983 586 (juris Rn. 3 ff.); BayObLG 20.3.1988 VersR 1988 642; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 45; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 15; Wandt5 Rn. 1090. BGH 10.7.1975 NJW 1975 2142.
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LG Dortmund 14.6.2007 VersR 2007 1674; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 44. LG Dortmund 14.6.2007 VersR 2007 1674. Armbrüster RuS 2010 441, 456; Feyock/ Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 116 Rn. 5; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 8; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 46; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 10. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 46; Prölss/Martin/Knappmann28 § 116 Rn. 5.
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§ 115
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
digten gegen den VR nach dem anwendbaren Recht besteht.216 Dies führt dazu, dass etwa im Fall eines Autounfalls im Ausland ggf. eine Klage im Inland möglich ist,217 auch wenn dies gleichfalls mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sein kann.218
II. Beweislast 82
Aufgrund der Akzessorietät von Direktanspruch und Anspruch gegen den VN muss der Dritte zunächst alle Umstände beweisen, die für das Bestehen des Haftpflichtanspruchs gegen den VN erforderlich sind.219 Soweit in diesem Zusammenhang die Beweislastumkehr des § 280 Abs. 1 BGB im Verhältnis zum VN gilt, ist diese auch im Rahmen des Direktanspruchs zu beachten.220 Weiterhin obliegt dem Geschädigten der Nachweis, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 erfüllt sind.221 Beruft sich der VN oder VR auf Verjährung der Ansprüche, so hat er die zur Verjährung führenden Tatsachen zu beweisen. Soweit der Geschädigte hiergegen einwendet, aufgrund einer Hemmung der Verjährung bestehe der Anspruch weiterhin fort, so ist es an ihm, die für den Eintritt der Hemmung ursächlichen Tatsachen zu belegen.222
III. Passivlegitimation 83
Passivlegitimiert im Rahmen des Anspruchs aus § 115 ist der VR des ersatzpflichtigen VN. Es besteht jedoch keine Pflicht des Dritten, sich an den VR zu halten,223 vielmehr kann er wahlweise auch gegen den VN oder gegen VN/VR gemeinsam vorgehen.224 Werden ersatzpflichtiger VN und VR gemeinsam verklagt, so handelt es sich um einfache Streitgenossen. Besteht der Verdacht der Unfallmanipulation, so ist es dem VR dabei erlaubt, sowohl als Streitgenosse als auch als Streithelfer seine eigenen Interessen zu verfolgen.225 Soweit dem Geschädigten der VR nicht bekannt ist, steht dem Dritten ein gerichtlich durchsetzbarer Auskunftsanspruch gegen den VN zu;226 aufgrund von § 2 Abs. 1 Nr. 11 der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung227 besteht für Perso-
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EuGH 13.12.2007 Slg. 2007 I 11321 = VersR 2008 111 = NJW 2008 819 mit zustimmender Anm. Leible NJW 2008 821. Vgl. auch Stiefel/Maier/Riedmayer18 AuslUnf Rn. 92 ff.; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 47. Vgl. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 47; Stiefel/Maier/Riedmeyer18 AuslUnf Rn. 92 ff. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 34. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 49. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 34; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 49. BGH BGHZ 176 128 = VersR 2008 1075 (juris Rn. 14); BGH 23.1.2007 BGHZ 171 1 = VersR 2007 1090, 1092 f. BGH 3.5.1977 BGHZ 69 153, 157 = VersR
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1977 960; OLG Hamburg 21.12.1971 VersR 1972 631; Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 9; Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 115 Rn. 2; Langheid/Wandt/ Schneider § 115 Rn. 3; Prölss/Martin/ Knappmann28 § 115 Rn. 26. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 26. BGH 29.11.2011 VersR 2012 434 (Leitsatz). Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 5. Verordnung über Informationspflichten für Dienstleistungserbringer v. 12.3.2010, BGBl. I 267 (erlassen in Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36).
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Direktanspruch
§ 115
nen, die Dienstleistungen erbringen (Dienstleistungserbringer), ohnehin die Pflicht, einem Dienstleistungsempfänger vor Abschluss eines schriftlichen Vertrages oder, sofern kein schriftlicher Vertrag geschlossen wird, vor Erbringung der Dienstleistung u.a. über das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung, insbesondere über den Namen und die Anschrift des VR zu informieren. Unterschiedlich beurteilt hat die Rechtsprechung, ob eine entsprechende Auskunftspflicht insbesondere auch die Rechtsanwaltskammer trifft, mithin ob diese einem Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen Auskunft über die Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts zu erteilen hat. Gem. § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO erteilt die Rechtsanwaltskammer Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über den Namen und die Adresse des BerufshaftpflichtVR des Rechtsanwalts sowie die Versicherungsnummer, soweit der Rechtsanwalt kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat. Gleichwohl ist vertreten worden, eine Auskunftspflicht bestehe nur in Fällen, in denen dem Dritten nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 ein Direktanspruch gegen den VR zustehe, weil der Rechtsanwalt insolvent oder sein Aufenthalt unbekannt ist.228 Insbesondere im Hinblick darauf, dass sich die vom VG Hamburg angenommene Einschränkung nicht aus § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO ergibt, hat der BGH demgegenüber zu Recht diese Einschränkung abgelehnt und eine Auskunftsverpflichtung der Rechtsanwaltskammer – unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bzw. 3 – angenommen.229 Zu beachten ist des Weiteren, dass der Dritte vom VR keine Prozesskosten als Schadensersatz ersetzt verlangen kann, soweit er zuerst erfolglos den VN verklagt hat.230 Nach richtiger, aber umstrittener Ansicht entfällt die Passivlegitimation des VR auch 84 nicht, soweit während des Prozesses die Voraussetzungen der § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 wegfallen; entscheidend ist einzig, ob sie zum Zeitpunkt der Klageerhebung bestanden haben oder nachträglich eingetreten sind (vgl. bereits oben Rn. 32). Ein weiteres Problem im Rahmen der Passivlegitimation ergibt sich in Fällen, in 85 denen die zehnjährige Höchstgrenze des § 115 Abs. 2 Satz 2 dafür sorgt, dass der Direktanspruch des Geschädigten gegen den VR verjährt ist, während der deliktische Anspruch gegen den Schädiger/VN noch durchsetzbar ist.231 Auch bei Vermögenslosigkeit des VN kann es in diesen Fällen sinnvoll sein, diesen zu verklagen und sich den – ebenfalls nicht der Verjährung des § 115 Abs. 2 unterworfenen – Deckungsanspruch des VN gegen den VR überweisen zu lassen (vgl. bereits oben Rn. 58). Keinesfalls darf in diesen Fällen jedoch die Klage (auch) gegen den VR gerichtet sein, da dies zu einer Abweisung der Klage führt und sich die Rechtskraft dieser Abweisung gem. § 124 Abs. 1 auch auf den Anspruch gegen den VN auswirkt.232 Richtigerweise darf daher in entsprechenden Sachverhalten ausschließlich der VN Klagegegner sein.233
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VG Hamburg 10.9.2010 DStRE 2011 596 (mit ablehnenden Anm. Dahns NJW-Spezial 2011 382 f. und Huff BRAK-Mitt. 2011 56); Looschelders/Pohlmann/Schwarze2 § 115 Rn. 5 a.E. BGH 22.10.2012 NJW 2013 234, 235 (Rn. 5 ff.). BGH 3.5.1977 BGHZ 69 153 = VersR 1977 960; Feyock/Jacobsen/Lemor/Feyock3 § 115 Rn. 13; Prölss/Martin/Knappmann28 § 115 Rn. 27.
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BGH 9.1.2007 VersR 2007 371. BGH 24.6.2003 VersR 2003 1121, 1122; OLG Hamm 6.5.2002 VersR 2003 56 f.; Matlach ZfS 2005 533; vgl. auch oben Rn. 57 f. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 115 Rn. 25; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 30.
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§ 116
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
§ 116 Gesamtschuldner (1) 1Im Verhältnis der Gesamtschuldner nach § 115 Abs. 1 Satz 4 zueinander ist der Versicherer allein verpflichtet, soweit er dem Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsverhältnis zur Leistung verpflichtet ist. 2Soweit eine solche Verpflichtung nicht besteht, ist in ihrem Verhältnis zueinander der Versicherungsnehmer allein verpflichtet. 3Der Versicherer kann Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. (2) Die Verjährung der sich aus Absatz 1 ergebenden Ansprüche beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch des Dritten erfüllt wird.
Schrifttum Heintzmann Zur Verjährung des Rückgriffsanspruchs des Versicherers nach § 3 Nr. 9, 11 PflVG, VersR 1980 593; Höld Der Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers, VersR 2012 284; E. Lorenz Zur entsprechenden Anwendung der Regreßsperre des § 67 Abs. 2 VVG auf die gesamtschuldnerischen Ausgleichsansprüche des Kfz-Haftpflichtversicherers gegen den nicht deckungsberechtigten Versicherten (Fahrer), VersR 1991 505; Schirmer Das „kranke“ Versicherungsverhältnis zwischen KHVersicherer und Versicherungsnehmer, VersR 1987 19; ders. Regreß des KH-Versicherers gegen den führerscheinlosen Sohn des Versicherungsnehmers, DAR 1989 14; Wagner Regressansprüche des Kfz-Haftpflichtversicherers, NJ 2011 45; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . Tatbestand und Rechtsfolgen . . . . . Innenverhältnis der Gesamtschuldner, § 116 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . 1. Alleinige Verpflichtung des VR/ „intaktes“ Innenverhältnis, Abs. 1 Satz 1 . . . . . . . . . . . . . . . 2. Alleinige Verpflichtung des VN/ „gestörtes“ Innenverhältnis, Abs. 1 Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungsfreiheit des Haftpflichtversicherers . . . . . . . . . .
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II. III. C. D.
b) Bestehen eines Schadensersatzanspruches des Geschädigten . . . c) Schadensregulierung, Aufrechnungsmöglichkeit . . . . . . . . . d) Haftung bei mehreren Beteiligten . e) Anwendbarkeit des Regressprivilegs bei häuslicher Gemeinschaft gem. § 86 Abs. 3 VVG? . . . . . . . . . f) Alternative Anspruchsgrundlagen . g) Irrtümliche Regulierung . . . . . . Aufwendungsersatz, Abs. 1 Satz 3 . . . . Verjährung, Abs. 2 . . . . . . . . . . . . Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
§ 116 ist eine neue Vorschrift innerhalb des Normengefüges des VVG. Sie entspricht jedoch in weiten Teilen § 3 Nr. 9, 11 PflVG a.F. Bislang war ein Direktanspruch des Geschädigten gegen den VR nur im Rahmen von Kfz-Haftpflichtversicherungen gem. § 3 Nr. 1 PflVG a.F. vorgesehen. Mit der VVG-Reform wurde die Möglichkeit eines Direktanspruchs des Geschädigten gegen den VR in § 115 Abs. 1 erweitert. Über den in KfzHaftpflichtversicherungen seit 1965 bestehenden Direktanspruch hinaus wurde ein sol-
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Gesamtschuldner
§ 116
cher Direktanspruch zusätzlich für die Fälle eingeführt, bei denen die Realisierung des Anspruchs gegen den VN nicht oder nur unter großem Aufwand gelingt (z.B. Unkenntnis des Aufenthaltsortes und Insolvenz des VN; vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 115). Da sich somit der Direktanspruch nicht mehr nur auf das PflVG bezieht, war auch eine Übertragung der Regelung bzgl. des Gesamtschuldverhältnisses von VN und VR in das VVG notwendig geworden. Eine solche Regelung enthält nunmehr § 116 ganz allgemein für alle Direktansprüche. In Bezug auf die Vorgängerregelung des § 3 Nr. 9 PflVG a.F. ergeben sich aus inhaltlicher Sicht keine Änderungen. Lediglich die Verjährung der Ansprüche aus dem Gesamtschuldverhältnis wurde verändert. Während § 3 Nr. 11 PflVG a.F. noch vorsah, dass die Ansprüche nach zwei Jahren verjähren, wird in § 116 VVG nunmehr nur noch der Beginn der Verjährung geregelt. Die Dauer der Verjährungsfrist selbst ergibt sich nun aus den allgemeinen Vorschriften der §§ 194 ff. BGB.
II. Inhalt und Zweck der Regelung Soweit dem Geschädigten gem. § 115 Abs. 1 ein Direktanspruch gegen den VR 2 zusteht, haften VN und VR gesamtschuldnerisch; dies folgt unmittelbar aus § 115 Abs. 1 Satz 4. Für das Gesamtschuldverhältnis zwischen VR und VN gelten damit grundsätzlich die bürgerlich-rechtlichen Regelungen gem. §§ 421 ff. BGB über die Gesamtschuld. In § 116 finden sich vorrangige Sonderregeln, insbesondere im Hinblick auf das Innenverhältnis zwischen VR und VN bzw. versicherter Person (zur versicherten Person sogleich Rn. 4). Begleicht einer der Gesamtschuldner (in der Regel der VR) gegenüber dem geschädigten Dritten den Anspruch, erfüllt er gem. 422 Abs. 1 BGB zugleich die Verbindlichkeit des anderen Gesamtschuldners. Im Rahmen des § 116, der also das Innenverhältnis der Gesamtschuldner regelt, kommt es maßgeblich darauf an, ob das bestehende Versicherungsverhältnis noch intakt („gesundes“ Versicherungsverhältnis) ist, oder ob Leistungshindernisse bestehen („gestörtes“ Versicherungsverhältnis); vgl. noch Rn. 6 ff.
III. Anwendungsbereich Eine gesamtschuldnerische Haftung von VN und VR existiert nur dann, wenn dem 3 Geschädigten von Gesetzes wegen ein Direktanspruch gegen den VR zusteht. Andernfalls haftet nur der VN, der seinerseits einen Freistellungsanspruch gegen den VR hat. § 116 ist dann nicht einschlägig. Auch wenn in § 115 lediglich vom ersatzpflichtigen VN die Rede ist, bezieht sich die 4 Vorschrift auch auf mitversicherte Personen (vgl. § 115 Rn. 17); soweit sich also eine mitversicherte Person gegenüber einem geschädigten Dritten haftbar gemacht hat, entsteht demzufolge auch ein Gesamtschuldverhältnis zwischen der mitversicherten Person und dem VR, auf das wiederum § 116 Anwendung findet.1 Dies hat der BGH – noch für das frühere Recht betr. § 3 Nr. 9 PflVG a.F. – grundsätzlich festgestellt und den allgemeinen Grundsatz formuliert, dass – abgesehen von der Prämienzahlungsverpflichtung – bei Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung die Bestimmungen des VVG, des Pflichtversicherungsgesetzes und der AKB so auszulegen sind, dass überall dort, wo vom Versicherungsnehmer die Rede ist, der Versicherte ebenso gemeint ist.2 1
Römer/Langheid 3 § 116 Rn. 7; OLG Koblenz 9.1.2006 NJOZ 2006 1140, 1142 (juris Rn. 24).
2
BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1063 (juris Rn. 12) unter Hinweis auf Bruck/Möller/ R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 66.
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§ 116
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
B. Tatbestand und Rechtsfolgen I. Innenverhältnis der Gesamtschuldner, § 116 Abs. 1 5
§ 116 Abs. 1 regelt das Verhältnis der Gesamtschuldner untereinander. Da VR und VN in den Fällen des § 115 Abs. 1 gesamtschuldnerisch haften, gelten grundsätzlich die §§ 421 ff. BGB. Sie sind jedoch insoweit subsidiär, soweit § 116 Abs. 1 hiervon abweichende Regelungen schafft. Bei Vorliegen einer Gesamtschuldnerschaft kann der Geschädigte den bestehenden Anspruch gem. § 421 BGB von jedem Gesamtschuldner in voller Höhe verlangen. Leistet ein Gesamtschuldner auf die Forderung des Geschädigten, so begleicht er zugleich die Verbindlichkeit der anderen Gesamtschuldner gegenüber dem Geschädigten, § 422 Abs. 1 BGB. Gesteht das Gesetz dem Geschädigten einen Direktanspruch gegen den VR zu, so kann er Schadensersatz also entweder vom VR oder vom VN (bzw. der mitversicherten Person) verlangen. Hiervon zu unterscheiden ist der Ausgleich im Innenverhältnis unter den Gesamtschuldnern: Nach § 426 Abs. 1, 1. Halbs. BGB wären beide Parteien im Innenverhältnis grundsätzlich zu gleichen Teilen verpflichtet. Begleicht der VR die Forderung gegenüber dem Geschädigten, so könnte er hiernach grundsätzlich Ausgleich vom VN verlangen. Gerade diese Regelung würde den Sinn der Haftpflichtversicherung vereiteln, weil den HaftpflichtVR gerade die Pflicht zur vollen Übernahme des entstandenen Schadens trifft. Daher verdrängt § 116 die Regelung des § 426 BGB, soweit sich ihr Regelungsgehalt überschneidet.3 1. Alleinige Verpflichtung des VR/„intaktes“ Innenverhältnis, Abs. 1 Satz 1
Satz 1 dieser Vorschrift regelt den Grundfall des Versicherungsverhältnisses. Ist der VR dem VN gegenüber aus dem Versicherungsverhältnis zur Leistung verpflichtet, so muss er für den entstandenen Schaden gegenüber dem VN alleine haften. Man spricht in diesem Zusammenhang vom „intakten“ bzw. „gesunden“ Versicherungsverhältnis zwischen VN und VR.4 Eine Rückgriffsmöglichkeit des VR gegen den VN im Innenverhältnis besteht also gerade nicht. Dem Sinn und Zweck nach ist bei intakten Innenverhältnissen einzig der VR verpflichtet. Erbringt der VR seine Pflicht aus dem Versicherungsverhältnis und begleicht den Schaden beim Dritten, so wird sowohl der VR als auch der VN von seiner Haftung frei (vgl. bereits oben Rn. 5). Gegebenenfalls bestehende Ausgleichsansprüche des VN gegen andere Personen gehen gem. § 86 Abs. 1 zugleich auf den VR über.5 Des Weiteren steht dem VR ein Kündigungsrecht gem. § 111 zu.6 Es ist umgekehrt auch möglich, dass der ersatzpflichtige VN den Schaden bereits 7 gegenüber dem Dritten beglichen hat. Nach früherer Rechtslage war der VR unter grundsätzlicher Geltung des Anerkennungs- und Befriedigungsverbots gem. § 154 Abs. 2 VVG a.F. von der Leistung frei.7 Nach dem VVG 2008 ist die Vereinbarung eines solchen Anerkennungs- und Befriedigungsverbots indes gem. § 105 unwirksam. Konsequenz ist, dass der VN berechtigt ist, seine Schadensersatzpflicht gegenüber dem geschädigten Dritten zu erfüllen. Es wird deshalb erwartet, dass diese Fallkonstellation in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.8 Bei einem intakten Versicherungsverhältnis besteht im Falle der Erfüllung
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BGH 20.1.1971 VersR 1971 429. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 115 Rn. 4; Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 6. Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 4; Gleiches gilt für den mitversicherten Fahrer, vgl. Schirmer VersR 1987 19.
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Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 4. Dazu Bruck/Möller/R. Koch 9 § 105 Rn. 1 f. Prölss/Martin/Knappmann 28 Rn. 4; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 2.
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Gesamtschuldner
§ 116
des versicherten Haftpflichtanspruchs durch den VN gegenüber dem geschädigten Dritten ein Ausgleichsanspruch des VN gegen den VR. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 426 Abs. 1 i.V.m. § 116 Abs. 1 Satz 1 sowie aus § 426 Abs. 2 BGB aufgrund eines gesetzlichen Forderungsüberganges.9 Darüber hinaus lässt sich der Anspruch aber ohnehin direkt aus dem Versicherungsverhältnis herleiten;10 der ursprüngliche Freistellungsanspruch wandelt sich in einen Zahlungsanspruch um.11 Dieser Anspruch besteht in voller Schadenshöhe, soweit Versicherungsschutz in dieser Höhe besteht. Der VN hat allerdings ggf. zu beweisen, dass der Schadensersatzanspruch auch wirklich in entsprechender Höhe bestand.12 2. Alleinige Verpflichtung des VN/„gestörtes“ Innenverhältnis, Abs. 1 Satz 2 Im Gegensatz dazu regelt § 116 Abs. 1 Satz 2 die Fälle, in denen der VR im Innenver- 8 hältnis zum VN gerade nicht zur Leistung verpflichtet ist, § 117 jedoch vorschreibt, dass sich die Leistungsfreiheit im Innenverhältnis nicht auf das Verhältnis zum Dritten (Geschädigten) auswirkt. Man spricht vom „gestörten“ bzw. „kranken“ Versicherungsverhältnis.13 Im Außenverhältnis muss der VR zwar den Schaden des Dritten begleichen, er kann jedoch im Innenverhältnis vom VN den gesamten Schaden ersetzt verlangen. § 116 Abs. 1 Satz 2 bildet die Anspruchsgrundlage für den Regress des VR gegen den VN im Innenverhältnis. Anders als in § 426 Abs. 1 BGB findet jedoch kein anteiliger Ausgleich statt. Vielmehr steht eine alleinige Haftung des VN im Raum; gem. § 116 Abs. 1 Satz 2 ist der VN „allein verpflichtet“. Neben dem Anspruch aus § 116 Abs. 1 Satz 2 tritt darüber hinaus noch der Anspruch des Geschädigten gegen den VN, der gem. § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den VR übergeht. Handelt es sich lediglich um eine teilweise Leistungsfreiheit des VR im Innenverhältnis, so hat der VR gegenüber dem VN auch nur einen anteiligen Regressanspruch.14 Wie sonst steht auch bei dieser Konstellation eine mitversicherte Person dem VN gleich.15 a) Leistungsfreiheit des Haftpflichtversicherers. Erste Voraussetzung für einen Rück- 9 griffsanspruchs des HaftpflichtVR nach § 116 Abs. 1 Satz 2 ist, dass dieser im Verhältnis zum VN von seiner Leistungspflicht frei ist. Für das Erlöschen der Leistungspflicht aus dem Versicherungsverhältnis kommen verschiedene Fallkonstellationen in Betracht. Zum einen kann der VN gegen eine Obliegenheit (schuldhaft) verstoßen haben, z.B. gem. §§ 19 Abs. 2 i.V.m. 21 Abs. 2, § 26 Abs. 1, § 28 Abs. 2, § 82 Abs. 3. Zum anderen kann ein Verstoß des VN gegen eine vertragliche Pflicht des VN vorliegen; häufig sind hierbei insbesondere Konstellationen zu nennen, bei denen sich der VN im Prämienzahlungsverzug befindet, §§ 37 f. Praxisrelevante und erheblich wirkende Besonderheiten gelten für die Kfz-Haftpflicht- 10 versicherung. So ist die Leistungsfreiheit des VR bei bestimmten Obliegenheitsverletzungen des VN gem. § 5 Abs. 3 KfzPflVV auf maximal 5.000,– € beschränkt (von § 5 Kfz-
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Römer/Langheid 3 § 116 Rn. 4; Langheid/ Wandt/Schneider § 116 Rn. 6. Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 4. Römer/Langheid 3 § 116 Rn. 4. Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 6; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 2. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 116 Rn. 5; Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 7.
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Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen 3 § 116 Rn. 3. BGH 20.1.1971 VersR 1971 429 (für mitversicherten Fahrer); Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 7; vgl. allgemein bereits oben Rn. 4.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
PflVV sind erfasst die dort in Abs. 1 genannten vertraglichen Obliegenheiten sowie Fälle der Gefahrerhöhung; vgl. § 5 Abs. 3 KfzPflVV). § 6 KfzPflVV wiederum sieht für die dort genannten Obliegenheiten eine grundsätzliche Beschränkung der Leistungsfreiheit auf maximal 2.500,– € vor.
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b) Bestehen eines Schadensersatzanspruches des Geschädigten. Rückgriff beim VN nehmen kann der VR nur dann, wenn auch tatsächlich ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den VN bzw. gegen einen Mitversicherten bestand. Hat der VR einen vermeintlichen Schaden ausgeglichen, obwohl dieser z.B. nicht dem VN zugerechnet werden kann, so muss sich der VR über allgemeine zivilrechtliche Ansprüche, insbesondere über Bereicherungsansprüche an den Geschädigten halten. Voraussetzung für einen Rückgriffsanspruch des VR aufgrund § 116 Abs. 1 Satz 2 ist deshalb, dass der Geschädigte tatsächlich Ansprüche gegen den VN hatte. Hierfür ist der VR darlegungsund beweispflichtig; etwas anderes gilt indes, wenn Bindungswirkung gem. § 124 Abs. 2 eingetreten ist.16 Steht beispielsweise eine Kfz-Haftpflicht im Raum, ist insbesondere zu untersuchen, ob der VN den Schaden verursacht hat und wenn er es nicht selbst war, ob ihm zumindest die Haltereigenschaft (§ 7 StVG) zuzusprechen ist. War der VN etwa weder Fahrer noch Halter des Pkw, der einen Schaden verursacht hat, so kommt auch kein Rückgriffsanspruch gegen ihn in Betracht.17
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c) Schadensregulierung, Aufrechnungsmöglichkeit. Umstritten ist, inwieweit eine Pflicht des HaftpflichtVR besteht, noch vor der endgültigen Regulierung des Schadens zunächst den VN zu kontaktieren, um diesem die Möglichkeit zur Aufrechnung gegenüber dem Geschädigten zu geben. Derartige Konstellationen sind vor allem im Rahmen von Verkehrsunfällen von Bedeutung, da hier nicht selten eine Teilschuld besteht, aus der die Beteiligten gegenseitig Ansprüche herleiten können. Eine Rückfragepflicht wird neuerdings – zumindest für das gestörte Deckungsverhältnis – bejaht.18 Als Begründung wird angeführt, dass so der VN das Risiko vermeiden könne, später mit seiner Forderung gegen den Dritten auszufallen. Zudem sei die Sachlage vergleichbar mit der eines Bürgen, der auch nicht leisten müsse, solange eine Aufrechnung möglich ist (§ 770 Abs. 2 BGB). Zwar ist es dem VR generell anzuraten, den VN bei der Schadensregulierung mit einzubinden, da sich im Falle der Aufrechnung auch seine Schadensersatzpflicht reduziert und somit sein Ausfallrisiko gegenüber dem VN gemindert wird. Ob man indes eine Rückfragepflicht des VR annehmen kann, erscheint zumindest diskussionswürdig.19
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d) Haftung bei mehreren Beteiligten. Auch im Rahmen von § 116 ist lediglich die Rede vom (ersatzpflichtigen) VN. Gleichwohl gelten die Regelungen des § 116, insbesondere mit den in Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 geregelten Konsequenzen, auch im Hinblick auf eine mitversicherte Person (vgl. bereits oben Rn. 4). Unabhängig von diesem grundsätzlichen Befund ist es zudem möglich, dass VN und mitversicherte Person (insbesondere Halter und Fahrer eines Kfz) gegenüber dem geschädigten Dritten schadensersatzpflichtig sind. In diesem Falle entsteht unter den beteiligten Schuldnern (VR, VN und mitversi-
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Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 9; dazu Kommentierung zu § 124. OLG Schleswig 18.12.1996 NZV 1997 442. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 8; ebenso Prölss/Martin/Knappmann28 § 116 Rn. 9.
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Gegen Rückfragepflicht Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 116 Rn. 6; für Entscheidung im Einzelfall Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 10.
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Gesamtschuldner
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cherte Person) ein Gesamtschuldverhältnis,20 allerdings nicht zu Schädigern, die außerhalb dieses Versicherungsverhältnisses stehen.21 Keine besonderen Probleme entstehen dabei grundsätzlich etwa bei Leistungspflicht des VR gegenüber VN und mitversicherter Person, wenn der VR also sowohl gegenüber dem VN (z.B. Halter) als auch gegenüber einer mitversicherten Person (z.B. Fahrer) zur Leistung verpflichtet ist; bei dieser Konstellation trägt der VR im Innenverhältnis gem. § 116 Abs. 1 Satz 1 allein den Schaden.22 Denkbar ist des Weiteren die umgekehrte Konstellation, dass der VR sowohl gegen- 14 über dem VN wie auch der mitversicherten Person leistungsfrei ist. Insoweit ist zunächst § 123 zu beachten. Dieser regelt die Konstellation bei einer Versicherung für fremde Rechnung, bei der der Versicherte dem VN gegenüber nicht zur Leistung verpflichtet ist; die gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit kann der VR dem Versicherten nur entgegenhalten, wenn die der Leistungsfreiheit zugrunde liegenden Umstände in der Person des Versicherten vorliegen oder wenn diese Umstände dem Versicherten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt waren (vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 123). Ergibt sich – unter Beachtung von § 123 –, dass der VR sowohl gegenüber dem VN wie auch gegenüber dem Versicherten leistungsfrei ist, so ist etwa der VR – nach Erfüllung gegenüber dem geschädigten Dritten – gem. § 116 Abs. 1 Satz 2 berechtigt, sowohl den VN wie auch die mitversicherte Person auf Ausgleich in Anspruch zu nehmen.23 Allerdings haftet jeder Gesamtschuldner nur in Höhe der Quote, die sich aus § 254 BGB ergibt;24 der leistungsfreie VR, der gegenüber dem Geschädigten erfüllt hat, kann also von der jeweiligen Person nur den Teil des Schadens verlangen, der ihrer Verantwortlichkeit am Schaden entspricht, § 254 BGB25 (quotale Inanspruchnahme der übrigen Gesamtschuldner). Ist der VR hingegen nur gegenüber dem VN (z.B. Halter), nicht jedoch gegenüber der 15 mitversicherten Person (z.B. Fahrer) deckungspflichtig (teilweise Leistungsfreiheit), so ist zunächst zu klären, in welchem Umfang (§ 254 BGB) VN und mitversicherte Person zum Schaden beigetragen haben. Der VR hat nur die Quote zu übernehmen, die auf den VN entfällt; im Übrigen kann der VR bei der mitversicherten Person entsprechend deren Quote gem. § 116 Abs. 1 Satz 2 Rückgriff nehmen.26 Gegenüber dem VN scheidet ein Rückgriff aufgrund bestehender Deckungspflicht aus. Ist z.B. der Fahrer eines Kfz alkoholisiert und verursacht so einen Unfall, so haften dem Geschädigten gegenüber sowohl Halter (§ 7 StVG) als auch Fahrer (§ 18 StVG; § 823 Abs. 1 BGB). Dem Halter gegenüber muss der VR leisten, dem Fahrer gegenüber ist er aufgrund dessen Alkoholisierung
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BGH 28.11.2006 NJW 2007 1208, 1209 = VersR 2007 196 (Rn. 16); OLG Celle 9.9.2004 VersR 2005 681; OLG Koblenz 9.1.2006 NJOZ 2006 1140, 1142 (juris Rn. 24); Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 116 Rn. 9. Nachweise in vorstehender Fn. 20. OLG Koblenz 9.1.2006 NJOZ 2006 1140, 1142 = OLGR Koblenz 2006 429 (juris Rn. 24). BGH 20.1.1971 NJW 1971 937, 938 (unter III.); Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 11; Römer/Langheid3 § 116 Rn. 7. BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1063 (juris Rn. 12); Langheid/Wandt/Schneider
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§ 116 Rn. 11; wohl auch Schwintowski/ Brömmelmeyer/Huber2 § 116 Rn. 9; a.A. Prölss JZ 1989 149 f. BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1063 (juris Rn. 12); BGH 28.11.2006 VersR 2007 198, 200; OLG Celle 9.9.2004 VersR 2005 681, 682; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 116 Rn. 9; R. Johannsen NZV 1989 69. BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1063 (juris En. 12) instruktiv OLG Koblenz 9.1.2006 NJOZ 2006 1140, 1142 = OLGR Koblenz 2006 429 (juris Rn. 24); OLG Celle 26.7.2012 ZfS 2012 512 (juris Rn. 4); Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 11.
Roland Michael Beckmann
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§ 116
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
leistungsfrei. Im Innenverhältnis zwischen Halter und Fahrer müsste der Halter grundsätzlich nur seine Betriebsgefahr tragen, die jedoch hinter dem Fehlverhalten des Fahrers in einem solchen Fall zurücktritt. Der Fahrer ist somit voll regresspflichtig und hat den gesamten Schaden zu ersetzen.27 Anders wäre nur zu entscheiden, sofern der Halter trotz Kenntnis von der Alkoholisierung die Fahrt dennoch genehmigt hatte. Vergleichbare Konstellationen können sich ergeben, wenn z.B. eine Autofahrt gegen den Willen des Halters erfolgt; zumeist trägt der Fahrer die volle Verantwortung für den Schaden.28 Das ist etwa der Fall, wenn der Fahrer den PKW gestohlen hat. Auch hier ist er dem VR zum Ersatz des gesamten Betrages verpflichtet, sofern dem Halter seinerseits kein Verschulden zur Last gelegt werden kann, § 7 Abs. 3 Satz 1 StVG.29 Im Rahmen des Rückgriffs durch den VR gegen eine mitversicherte Person ist es aus16 nahmsweise denkbar, dass der Mitversicherte dem VR einen eigenen Anspruch entgegenhalten kann, insbesondere wenn der Mitversicherte zugleich Dritter i.S.d. § 115 Abs. 1 ist und ihm damit ein eigener Direktanspruch gegen den VR zusteht.30 Denkbar ist auch das Eintreten mehrerer VR. So hatte der BGH über das Eingreifen 17 einer Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger zu entscheiden. Dabei ist der BGH zu dem Ergebnis gekommen, dass im Regelfall nach einem durch das Gespann verursachten Schaden der HaftpflichtVR des Kraftfahrzeugs und der des Anhängers den Schaden im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen haben.31
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e) Anwendbarkeit des Regressprivilegs bei häuslicher Gemeinschaft gem. § 86 Abs. 3 VVG? Vor allem in den 1980er und 1990er Jahren stand die Frage in der Diskussion, ob durch eine analoge Anwendung des Haftungsprivilegs zugunsten von in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen gem. §§ 67 Abs. 2 VVG a.F. (heute § 86 Abs. 3) der Regressanspruch des VR ausgeschlossen sein kann. Nach § 86 Abs. 3 kann ein VR, nachdem er den Schaden beim Dritten reguliert hat, nicht den ihm im Wege der Legalzession zustehenden Anspruch seines VN gegenüber einem Dritten geltend machen, wenn dieser in häuslicher Lebensgemeinschaft mit dem VN lebt. Die Vorschrift bezweckt den Gemeinschaftsfrieden zu erhalten, der gestört würde, wenn die Streitigkeiten über die Verantwortung der Schadenszufügung innerhalb der bestehenden häuslichen Gemeinschaft ausgetragen werden sollten.32
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OLG Celle 9.9.2004 VersR 2005 681. BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1063 (juris Rn. 13); OLG Koblenz 9.1.2006 NJOZ 2006 1140, 1142 = OLGR Koblenz 2006 429 (juris Rn. 24); R.Johannsen NZV 1989 69. BGH 28.11.2006 VersR 2007 198, 199. Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 6; Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 12; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 116 Rn. 5; zum Dritten i.S.d. § 115 Abs. 1 vgl. auch Kommentierung zu § 115 Rn. 14 ff. BGH 27.10.2010 VersR 2011 105; dazu Matusche-Beckmann LMK 2011, 320471. Langheid/Wandt/Möller/Segger § 86 Rn. 176; vgl. auch Bruck/Möller/Voit 9 § 86 Rn. 162; vgl. noch zu § 67 Abs. 2 VVG a.F. BGH
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1.12.1987 VersR 1988 253 (juris Rn. 13), wonach die Vorschrift bezweckt, im Interesse des häuslichen Familienfriedens zu verhindern, „dass Streitigkeiten über die Verantwortung von Schadenszufügungen gegen Familienangehörige ausgetragen werden; gleichzeitig will es vermeiden, dass der Versicherte durch den Rückgriff mittelbar selbst in Mitleidenschaft gezogen wird. Familienangehörige, die in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben, bilden meist eine wirtschaftliche Einheit, so dass bei Durchführung des Rückgriffs der Geschädigte im praktischen Ergebnis das, was er mit der einen Hand erhalten hat, mit der anderen wieder herausgeben müsste“.
Roland Michael Beckmann
Gesamtschuldner
§ 116
Erwogen wurde die Geltung dieses Regressprivilegs auch im Rahmen der Abwicklung 19 einer Kfz-Haftpflichtversicherung. Beispiel: Ein im Hause des VN lebender Familienangehöriger, der keinen Führerschein besitzt, entwendet ohne Kenntnis und Willen des VN ein haftpflichtversichertes Kfz.33 Es ereignet sich ein vom Familienangehörigen verursachter Unfall. Lässt sich dem VN kein Versäumnis vorwerfen, kann dieser als Halter gem. § 7 Abs. 3 StVG vom Geschädigten nicht in Anspruch genommen werden. Der VR ist nunmehr jedoch nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 einem Direktanspruch des Geschädigten ausgesetzt. Gegenüber dem Familienangehörigen als Fahrer des Kfz ist er jedoch unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 4 KfzPflVV i.V.m. D.1.3 AKB 2008 (Führerscheinklausel) im Innenverhältnis leistungsfrei. Für solche und ähnliche Konstellationen ist der Standpunkt vertreten worden, dass ein Regressanspruch des VR gegen Familienangehörigen aufgrund des Angehörigenprivilegs gem. § 67 Abs. 2 VVG a.F. (heute § 86 Abs. 3) ausscheide.34 Der BGH und die heute wohl herrschende Ansicht haben indes bereits schon die An- 20 wendung des § 67 Abs. 2 VVG a.F. abgelehnt;35 auch im Hinblick auf die Anwendung der Nachfolgeregelung des § 86 Abs. 3 hat sich hieran nichts geändert.36 In der Tat kommt eine direkte Anwendung des § 86 Abs. 3 nicht in Betracht. Aufgrund des Direktanspruchs des Geschädigten gegen den VR, haftet dieser als Gesamtschuldner selbst und erfüllt mit der Begleichung des Schadens eine eigene Verbindlichkeit. Er erwirbt folglich den Anspruch gegen den Unfallverursacher nicht nach § 86 Abs. 1, sondern nach § 426 Abs. 2 BGB.37 Eine analoge Anwendung der Vorgängervorschrift des § 67 Abs. 2 VVG a.F. hatte der BGH mangels Vorliegen der eine Analogie begründenden Voraussetzungen abgelehnt. So hat der BGH ausgeführt, dass die Rechtslage bei § 67 Abs. 2 VVG a.F. (heute § 86 Abs. 3) und der hier in Rede stehende Situation keineswegs identisch sei. Voraussetzung für den Forderungsübergang nach § 67 Abs. 1 VVG a.F. (heute § 86 Abs. 1) sei zunächst einmal, dass der VR gegenüber dem VN (vermeintlich) leistungspflichtig ist und ihn von einer Schadensersatzpflicht befreien will und muss.38 Im hier beschriebenen Fall hingegen existiert jedoch keine Schadensersatzverpflichtung des VN. Der VR ist zwar im Außenverhältnis vorläufig deckungspflichtig, im Innenverhältnis zum Fahrer hingegen nicht. Eine analoge Anwendung des Regressprivilegs gem. § 67 Abs. 2 VVG a.F. würde jedoch dazu führen, dass den VR letztlich doch eine endgültige Deckungspflicht trifft. Der VR wäre gezwungen, ein bestimmtes Risiko – Schadenverursachung durch einen führerscheinlosen Fahrer – unter bestimmten Voraussetzungen zu decken, obwohl er dieses Risiko erkennbar nicht übernehmen wollte und obwohl auch der Gesetzgeber ihm dieses Risiko nicht zumuten will. Daher scheide eine analoge
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Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 14. OLG Hamm 16.9.1987 NJW-RR 1988 93 f.; LG Münster 19.4.1989 VersR 1990 151, 152; Prölss JZ 1989 148; E. Lorenz VersR 1991 505; Schirmer VersR 1987 19. BGH 18.1.1984 VersR 1984 327; BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1063; OLG Celle 9.9.2004 VersR 2005 681; OLG Hamm 1.2.2006 VersR 2006 965; LG Bielefeld 18.3.1998 VersR 1999 1274; instruktiv zum Angehörigenprivileg OLG Stuttgart 9.6.2005 NZV 2006 213; R. Johannsen NZV 1989 69, 70.
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Langheid/Wandt/Schneider § 116 Rn. 12; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 6; Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke 2 §§ 29 Rn. 384; in eine andere Richtung tendierend hingegen Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 18. BGH 18.1.1984 VersR 1984 327; OLG Celle 9.9.2004 VersR 2005 681. Vgl. zur Zahlung des VR ohne Rechtspflicht oder rechtsgrundlos erbrachte Leistung Bruck/Möller/Voit9 § 86 Rn. 104 ff.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Anwendung des 67 Abs. 2 VVG a.F. folgerichtig aus.39 Für diesen Standpunkt spielt sicherlich auch eine Rolle, dass der Rückgriff des VR gegen die mitversicherte Person auf (seinerzeit) 5.000,– DM beschränkt war.40 In der heute gem. § 5 Abs. 3 KfzPflVV geltenden Beschränkung auf 5.000,– € liegt sicherlich ein Grund, einen Rückgriff weiterhin zuzulassen. Im Rahmen der VVG-Reform wurde diese Frage um eine Anwendung dieses Privilegs 21 nach § 86 Abs. 3 im Rahmen des Rückgriffs des Pflichthaftpflichtversicherers gegen eine mitversicherte Person nicht ausdrücklich diskutiert. Gleichwohl spricht die Tatsache dass der Gesetzgeber im Rahmen der VVG-Reform keine vom geschilderten Standpunkt der h.M. abweichende Regelung getroffen hat, für eine Fortgeltung dieser Rechtslage. Hierfür spricht des Weiteren, dass der persönliche Anwendungsbereich des § 86 Abs. 3 im Vergleich zu § 67 Abs. 2 VVG a.F. erweitert wurde.41 An diesem Ergebnis hat der BGH42 auch für den Fall festgehalten, dass im Unter22 schied zur oben geschilderten Konstellation (Rn. 19) auch dem VN als Halter ein Vorwurf gemacht werden kann, z.B. wenn der Halter die Fahrt eines alkoholisierten Mitbewohners schuldhaft ermöglicht hat. Die Besonderheit ist hierbei, dass auch der versicherte Halter gegenüber dem Haftpflichtgläubiger schadensersatzpflichtig ist und er damit Gesamtschuldner neben Fahrer und VR ist. Im Innenausgleich zwischen Halter und Fahrer wäre jedoch nach wohl allgemeiner Auffassung (vgl. bereits oben Rn. 15) eine vollständige Einstandspflicht des Fahrers gegeben, weil das schuldhafte Ermöglichen der Fahrt hinter der Fahrt unter Alkoholeinfluss völlig zurücktritt. Insofern stünde dem Halter lediglich ein Befreiungsanspruch gegen den Fahrer zu.43 Es stellt sich die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen es hat, wenn der VR nunmehr an den Haftpflichtgläubiger leistet. Nach Ansicht der Rechtsprechung beinhaltet die Leistung lediglich die Tilgungsbestimmung hinsichtlich der eigenen Verbindlichkeit des HaftpflichtVR. Dieser leiste nicht für den Halter oder gar für den Fahrer.44 Folgerichtig wird auch der Befreiungsanspruch des Halters gegen den Fahrer gegenstandslos, weil fortan keine Inanspruchnahme durch den Haftpflichtgläubiger mehr droht. Der BGH hat deshalb eine Anwendung des § 67 Abs. 1 VVG a.F. (heute § 86 Abs. 1) abgelehnt, da kein Anspruch mehr besteht, der übergehen könne. Nach einer Gegenansicht stellt indes die Zahlung des VR an den Gläubiger gleichfalls eine Leistung an den Halter dar.45 Unter dieser Prämisse wäre eine Anwendbarkeit des Regressprivilegs gegeben, da der Anspruch des VN gegen den Fahrer auf den VR kraft Gesetzes übergehen könnte.46 Zur Begründung wird angeführt, dass sich durch die Einführung des Direktanspruches gegen den HaftpflichtVR nur die Position des Geschädigten verbessern sollte, die des Mitversicherten sollte aber nicht verschlechtert werden.47 Zuvor war jedoch ein Übergang der Ausgleichsan-
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Zum Vorstehenden insbesondere BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062 (juris Rn. 8 f.). Aufgrund der gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen abgegebene geschäftsplanmäßige Erklärung (VerBAV 1975, 157); BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062 (juris Rn. 22); vgl. Schwintowski/ Brömmelmeyer/Huber2 § 116 Rn. 14; heute ergibt sich diese Beschränkung aus § 5 Abs. 3 KfzPflVV. Dazu Beckmann/Matusche-Beckmann/Hormuth 2 § 22 Rn. 69.
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Zum Nachstehenden BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1064 (juris Rn. 14 ff.). BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1064. BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1064; OLG Celle 9.9.2004 VersR 2005 681, 682. Lorenz VersR 1991 505; Schirmer DAR 1989 14, 16. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 16. Schirmer DAR 1989 14, 16; zustimmend Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 16.
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Gesamtschuldner
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sprüche auf den VR nach § 67 VVG a.F. (heute § 86) möglich. Das ist für sich gesehen durchaus einleuchtend, führt jedoch auch zu einem Wertungswiderspruch. Ist dem Halter als VN kein Vorwurf zu machen, verbleibt es bei einer vollen Haftung des Fahrers, da § 67 VVG a.F. (heute § 86) nicht anwendbar wäre (ein Anspruch des Geschädigten, der auf den VR übergehen könnte, besteht nicht). Ist dem Halter als VN dagegen sehr wohl ein Vorwurf zu machen, so würde der Fahrer gerade nicht haften; ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten könnte kraft Gesetzes auf den VR übergehen, so dass der Weg zum Regressprivileg frei wäre. Das Eingreifen des Regressprivilegs würde folglich davon abhängen, ob der Halter schuldhaft gehandelt hat.48 Dieses Ergebnis ist gewiss nicht tragfähig. Von daher erscheint es nachvollziehbar die Zahlung des VR an den Gläubiger nur als 23 eigene Leistung anzusehen, zumal sich vor allem aus Sicht eines objektiven Empfängers die Zahlung auch nur als eine solche darstellt. Damit ist auch für den Fall, dass dem Halter ein schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden kann, die Anwendung des § 86 ausgeschlossen. Wie schon oben (Rn. 20) zum Ausdruck gebracht, bleibt darauf hinzuweisen, dass 24 der Regress im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung beim Fahrer gem. § 5 Abs. 3 KfzPflVV i.V.m. D 3.3 AKB 2008 ohnehin auf € 5.000 beschränkt ist. Aufgrund dieser Wirkung sieht auch die Gegenansicht die Entscheidung des BGH als ein praktikables Ergebnis an.49 f) Alternative Anspruchsgrundlagen. § 116 Abs. 1 Satz 2 stellt eine abschließende 25 Regelung im Hinblick auf den Regress der Gesamtschuldner dar. Ist der VR gegenüber dem VN oder dem Mitversicherten leistungsfrei, kann er auch nur über diese Vorschrift bei der jeweiligen Person Regress nehmen. § 116 Abs. 1 Satz 2 ist daher lex specialis zu den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) und denen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB).50 g) Irrtümliche Regulierung. Sofern der VR den Schaden reguliert hat, obwohl er auch 26 gegenüber dem Geschädigten nicht zur Leistung verpflichtet war – etwa weil er sich über seine Leistungspflicht oder sonstige Umstände bzgl. des jeweiligen Versicherungsverhältnisses geirrt hat, oder weil er sich auf das Verweisungsprivileg des § 117 Abs. 3 Satz 2 berufen kann – ist er berechtigt vom Leistungsempfänger den Betrag über § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückzufordern.51 § 116 Abs. 1 Satz 2 ist in diesem Fall überhaupt nicht einschlägig, weil aufgrund der Leistungsfreiheit des VR keine Gesamtschuld existiert. Gegenüber wem nunmehr aber ein Bereicherungsanspruch besteht, hängt letztlich vom konkreten Einzelfall ab. Bestand etwa in Wirklichkeit kein Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Schadensfalles, so kann der VR beim vermeintlichen VN den geleisteten Betrag zurückfordern, den der VR zuvor an den Geschädigten geleistet hatte. Der vermeintliche VN ist durch die Zahlung des VR an den Geschädigten (§ 267 BGB) von einer Verbindlichkeit befreit worden ohne Bestehen eines Rechtsgrundes.52 Gleiches gilt,
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Vgl. auch Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 116 Rn. 16. R. Johannsen NZV 1989 69, 70. BGH 24.10.2007 VersR 2008 343; OLG Karlsruhe 16.2.1978 VersR 1979 77, 78; Prölss/Martin/Knappmann28 § 116 Rn. 6;
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 19. Prölss/Martin/Knappmann28 § 116 Rn. 10; Römer/Langheid 3 § 116 Rn. 8. OLG Nürnberg 5.11.1992 NZV 1993 273.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
wenn ein KH-Versicherer meint verpflichtet zu sein, obwohl der Schaden in Wirklichkeit bei einer Berufshaftpflichtversicherung hätte reguliert werden müssen.53 Bestand z.B. gar kein Haftpflichtanspruch gegen den Dritten und hat der VR fälsch27 lich gleichwohl an den Dritten geleistet, steht ihm gegen den Dritten ein Bereicherungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu.54 Ein Bereicherungsanspruch gegen den Geschädigten soll auch dann bestehen, wenn der VR den Schaden reguliert, obwohl er aufgrund von § 117 Abs. 3 Satz 2 auch im Außenverhältnis nicht zur Leistung verpflichtet war.55 Das ist indes nicht unumstritten. Zum Teil wird hier für ein Wahlrecht des VR hinsichtlich der Inanspruchnahme des VN oder des Geschädigten plädiert.56 Richtigerweise scheidet jedoch ein Bereicherungsanspruch gegen den Geschädigten aus. Mit der Zahlung an den Geschädigten leistet der VR sowohl aufgrund vermeintlich eigener Verbindlichkeit, als auch aufgrund des Versicherungsverhältnisses. Er zahlt damit sowohl auf die vermeintlich eigene, als auch als Dritter auf fremde Schuld, § 267 BGB. Im Moment der irrtümlichen Regulierung musste der VR zwangsläufig davon ausgehen, dass seine Zahlung eben auch die Forderung gegen den VN zum Erlöschen bringt. Er leistet an den Geschädigten ja gerade im Glauben darauf, dass ein solches Gesamtschuldverhältnis besteht. Der Dritte ist insofern nach Zahlung nicht mehr bereichert, weil ihm kein Schadensersatzanspruch mehr gegen den Schädiger zusteht.57
II. Aufwendungsersatz, Abs. 1 Satz 3 28
Dem HaftpflichtVR steht des Weiteren das Recht zu, neben dem eigentlichen Ausgleichsanspruch im Gesamtschuldverhältnis auch einen Aufwendungsersatzanspruch geltend zu machen. § 116 Abs. 1 Satz 3 bezieht sich nur auf den voranstehenden Satz 2, nicht hingegen auf Satz 1.58 § 116 Abs. 1 Satz 3 entspricht wortgleich § 3 Nr. 10 Satz 2 PflVG a.F. Begrifflich ist hier deutlich gegenüber der Entschädigungsleistung an den Haftpflichtgläubiger zu trennen. Diese kann der HaftpflichtVR einzig über § 116 Abs. 1 Satz 2 geltend machen. Der Begriff der Aufwendungen umfasst vielmehr darüber hinausgehende Kosten des VR, die gerade nicht in einer Entschädigungsleistung an den Geschädigten beinhaltet sind.59 Ersatzfähig sind unter anderem Gutachterkosten, Kosten für behördliche Auskünfte und Akteneinsicht. Ebenso sind Porto-, Versand-, und Telefonkosten Aufwendungen. Denkbar sind auch Fahrt- und Reisekosten um die örtliche Gegebenheit zu untersuchen oder mit Beteiligten zu sprechen. Weiter sind Anwaltskosten und Gerichtskosten grundsätzlich mitumfasst.60 Eine Einschränkung hatte der BGH nur ge-
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BGH 5.3.1964 VersR 1964 474. LG Saarbrücken 12.10.2012 ZfS 2013 80. Hier stand neben der Teilzahlung i.H.v. 50 % des Schadens durch den VR an den Dritten zugleich eine Erklärung des VR im Raum, man gehe von einer Mithaftung von 50 % aus; das Gericht sah hierin indes kein der Rückforderung entgegenstehendes deklaratorisches Schuldanerkenntnis. OLG Hamm 17.6.1993 NVZ 1993 470; so auch Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 11. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 19.
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Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 10; Römer/Langheid 3 § 116 Rn. 8. Halm/Kreuter/Schwab, AKB (2010) § 116 Rn. 26. OLG Köln 29.5.1996 VersR 1997 225, 227; missverständlich insoweit BGH 18.1.1984 VersR 1984 327; Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 70. Bruck/Möller/R.Johannsen 8 Bd. V/1 Anm. B 70; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 13.
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Gesamtschuldner
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macht, wenn der VR als Streitverkündeter einem Prozess gegen den VN beitritt. Hier waren die Anwaltskosten des VR nicht ersatzfähig.61 Im gleichen Urteil wurde ansonsten Aufwendungsersatz wegen einer Bürgschaftsprovision zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zugesprochen. Allgemeine Personalkosten können nicht als Aufwendungen geltend gemacht 29 werden.62 Diese Kosten hätte der VR ohnehin zu tragen. Sie fallen nicht für den konkreten Einzelfall an. Als Einschränkung enthält Satz 3 den Nachtrag, dass nur Aufwendungen ersetzt wer- 30 den können, die der VR den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Damit soll einer zu kostspieligen Schadensaufklärung und Regulierung entgegen gewirkt werden. Die Erforderlichkeit ist jedoch grundsätzlich aus Sicht des VR zu betrachten. Schon häufig wurde ihm bei der Schadensregulierung ein erweiterter Ermessensspielraum zugestanden.63 Insofern kann nur ein Vergleich mit einer anderen Handlungsalternative zu einer Unangemessenheit führen, wenn diese deutlich günstiger oder einfacher gewesen wäre, etwa wenn ein Angestellter des VR extra eine weite Fahrt zu einem Beteiligten auf sich nimmt anstatt ihn anzurufen und dieses Gespräch auch einfach am Telefon hätte stattfinden können. Der VR hat dem Schuldner auch weiterhin Auskunft über die getätigten Aufwendun- 31 gen zu erteilen. Der VR handelt bei der Schadensregulierung ganz ähnlich einem Geschäftsbesorger, so dass § 666 BGB zur Anwendung kommt.64 Der VR müsste dem VN demnach eine exakte Auflistung seiner Aufwendungen unter Beifügung von Belegen zukommen lassen. Die Anwendung des § 666 BGB auf das Rechtsverhältnis zwischen VN und VR mag zunächst überraschen. Schließlich ist nach vorherrschender Ansicht der Versicherungsvertrag selbst nicht als Unterfall des Geschäftsbesorgungsvertrages einzuordnen65, so dass § 666 BGB nicht schon über die Verweisung in § 675 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommt. Dem VR wird jedoch im Versicherungsvertrag regelmäßig eine Regulierungsvollmacht eingeräumt. Von besonderer praktischer Relevanz dürfte dabei die in 5.2 Satz 1 AHB 2012 oder in A.1.1.4. AKB 2008 (entspricht § 10 Abs. 5 AKB a.F.) vorgesehene Regulierungsvollmacht sein. Im Zusammenhang mit dieser Regulierungsvollmacht hat der BGH in einem Urteil vom 27.5.1957 66 entschieden, dass dieser Regulierungsvollmacht eine durch den Versicherungsvertrag begründete Geschäftsbesorgungsbefugnis eigener Art zugrunde liegt. Dies soll nach der Rechtsprechung des BGH bei notleidendem Versicherungsverhältnis gelten, woraus sich für den VN das Recht ergeben soll, von dem VR gemäß §§ 675, 666 BGB Auskunft und Rechenschaft zu verlangen.67 In einer späteren Entscheidung hat der BGH68 indes im Hinblick auf die Regulierungsvollmacht entschieden, dass bei Bestehen eines Direktanspruchs in den Fällen, in denen der VR leistungsfrei ist, er nur noch zur Erfüllung des gegen ihn selbst gerichteten Direkt-
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BGH 24.3.1976 VersR 1976 480, 482. Bruck/Möller/R.Johannsen 8 Anm. Bd. V/1 B 70; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 13; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 116 Rn. 29. Vgl. OLG Hamm 31.8.2005 NJW 2005 3077; OLG Koblenz 28.11.1978 VersR 1979 342. BGH 20.11.1980 VersR 1981 180, 181; OLG Hamm 28.11.1986 VersR 1987 352; Langheid/Wandt/ Schneider § 116 Rn. 13;
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 116 Rn. 9; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 116 Rn. 29. Langheid/Wandt/Looschelders § 1 Rn. 82 m.w.N.; Looschelders/Pohlmann § 1 Rn. 72; a.A. insbesondere Schünemann JZ 1995, 430 ff. BGH 27.5.1957 NJW 1957 1230, 1231. BGH 20.11.1980 VersR 1981 180, 181. BGH 3.6.1987 VersR 1987 924 (auch zum Folgenden).
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§ 116
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
anspruchs, nicht mehr zur Befriedigung des Haftpflichtanspruchs gegen den VN verpflichtet sei. Der VR habe daher – anders als nach § 158c Abs. 1 VVG a.F. – keine Veranlassung, den gegen den Versicherten selbst gerichteten Haftpflichtanspruch abzuwehren oder zu regulieren. Solange aber kein zwingender Grund dafür bestehe, dass der VR den Versicherten bei fehlender Leistungspflicht vertrete, müsse der allgemeine Grundsatz zur Anwendung kommen, dass die Regulierungsvollmacht nicht weiter reiche als die Regulierungspflicht. Auswirkungen dieser Rechtsprechungsänderung auf das Innenverhältnis hat der BGH in dieser Entscheidung nicht angesprochen und werden soweit ersichtlich auch nicht diskutiert. Ungeachtet der Frage, inwiefern der BGH an dem Grundsatz, dass die Regulierungsvollmacht nicht weiter reicht als die Regulierungspflicht überhaupt noch festhält und diesen Grundsatz nicht schon in seiner Entscheidung vom 19.11.200869 aufgegeben hat70, dürfte weiterhin, entsprechend dem Grundsatz, dass sich der Wegfall des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses auf die Vollmacht auswirkt und nicht umgekehrt (vgl. § 168 BGB), davon auszugehen sein, dass ein Auskunftsanspruch nach §§ 675, 666 BGB wenigstens in entsprechender Anwendung auch bei notleidendendem Versicherungsverhältnis besteht.71
III. Verjährung, Abs. 2 32
Die Verjährungsfrist hat sich im Vergleich zur Vorgängerregelung nach § 3 Nr. 11 PflVG a.F. verändert. Bis dato betrug sie zwei Jahre. Nunmehr gilt auch bzgl. der Ansprüche aus §§ 115 Abs. 1 Satz 3, 116 die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren nach §§ 195, 199 BGB. Die Frist beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Für das Entstehen des Regressanspruchs ist die Zahlung des VR an den Geschädigten notwendig. In diesem Moment entsteht erst der Anspruch nach § 116 Abs. 1 Satz 2. Hat der VR gegenüber dem Geschädigten aufgerechnet oder umgekehrt, so ist der Zugang der Aufrechnungserklärung für das Entstehen des Regressanspruchs maßgeblich.72 Erbringt der VR Teilzahlungen an den Geschädigten, so ist der Beginn der Verjährung für jede Zahlung gesondert zu betrachten.73 Bereits mit erfolgter erster Teilzahlung entsteht auch ein Regressanspruch, so dass nach dem eindeutigen Wortlaut auch dieser Zeitpunkt für die Verjährung maßgeblich sein muss. Dadurch resultiert jedoch das Problem, dass die Geltendmachung der einzelnen Forderungen zur rechten Zeit erschwert wird. Für den VR besteht hier zum einen die Möglichkeit, zunächst im Wege der Feststellungsklage die generelle Regresspflicht des VN für künftige Forderungen feststellen zu lassen.74 Vorzugswürdig ist es jedoch, den VN auf Befreiung von den Forderungen des Haftpflichtgläubigers zu verklagen.75 § 116 Abs. 2 umfasst sämtliche Ansprüche aus § 116 Abs. 1. Sowohl der Regressan33 spruch des VR, als auch der Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt nach drei Jah-
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72 73
BGH 19.11.2008 VersR 2009 106, 107. So Prölss/Martin/Lücke 28 AHB 2008 5 Rn. 11. Stiefel/Maier/Jahnke18 § 116 Rn. 78, § 124 Rn. 59; Prölss/Martin/Lücke 28 AHB 2008 5 Rn. 22; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftPflV Rn. 114. Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 15. OLG Hamm 18.4.1980 VersR 1981 645;
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74 75
Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 69; Heintzmann VersR 1980 593; Prölss/Martin/Knappmann28 § 116 Rn. 16; Römer/Langheid 3 § 116 Rn. 10; a.A. LG Verden 17.2.1978 VersR 1978 657. Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 15. Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 69; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Schimikowski2 § 116. Rn. 9.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
ren.76 Dies gilt gleichermaßen für den Anspruch des VN aus dem intakten Versicherungsverhältnis nach § 116 Abs. 1 Satz 1. Problematisch ist die Verjährungsfrage vor allem, wenn Deckungs- und Haftungspro- 34 zesse zeitlich zusammentreffen. Zunächst einmal verhindert natürlich der Haftungsprozess nicht die Verjährung des Regressanspruchs, da es sich um völlig verschiedene Ansprüche handelt. Reguliert der VR den Schaden beim Haftpflichtgläubiger, so entsteht sein Regressanspruch gegen den VN. Läuft dazu parallel ein Deckungsprozess, bei dem der VN mittels Feststellungsklage, bzw. negativer Feststellungsklage die Leistungspflicht des VR feststellen lassen will, so hat auch dies keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährung. Selbst für den Fall, dass der VN unterliegt und das Gericht die fehlende Deckung feststellt, so kann sich der VN dennoch gegenüber einem nunmehr (möglicherweise) verjährten Regressanspruch auf Verjährung berufen, ohne gegen Treu und Glauben zu verstoßen.77 Insofern kann nur die Widerklage des VR gegen den VN auf Ersatz der geleisteten Zahlungen die Verjährung verhindern.78
C. Abdingbarkeit Die Regelungen über die Pflichthaftpflichtversicherungen und damit auch die des 35 § 116 sind nicht abdingbar (vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 41). Besonderheiten sind zusätzlich im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung zu beachten. Hier sind insbesondere die Vorgaben der KfzPflVV einzuhalten, an denen sich die entsprechende AKB zu orientieren haben.
D. Prozessuales Für den Regressanspruch des VR gegen den VN oder den Mitversicherten muss der 36 VR darlegen, dass er nicht mehr zur Leistung verpflichtet ist und den Anspruch des Haftpflichtgläubigers befriedigt hat. Soweit er Aufwendungen ersetzt verlangt, muss er weiterhin darlegen, welche Aufwendungen in welcher Höhe getätigt wurden. Der VN kann insoweit nur entgegnen, dass diese den Umständen nach nicht erforderlich waren, wozu der VN auch selbst die Beweislast trägt. Die Verjährungseinrede nach § 116 Abs. 2 muss der VN erheben und beweisen.79 Der VR hat dabei über den Zeitpunkt der Zahlung an den Haftpflichtgläubiger zu informieren.
§ 117 Leistungspflicht gegenüber Dritten (1) Ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung dem Versicherungsnehmer gegenüber ganz oder teilweise frei, so bleibt gleichwohl seine Verpflichtung in Ansehung des Dritten bestehen.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 31. BGH 27.10.1971 VersR 1972 62; Langheid/ Wandt/Schneider § 116 Rn. 19; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 18.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 116 Rn. 33; § 116 Rn. 18; Langheid/Wandt/ Schneider § 116 Rn. 19. OLG Hamm 24.8.1994 VersR 1995 1509; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 116 Rn. 18.
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§ 117
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
(2) 1Ein Umstand, der das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, wirkt in Ansehung des Dritten erst mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Versicherer diesen Umstand der hierfür zuständigen Stelle angezeigt hat. 2Dies gilt auch, wenn das Versicherungsverhältnis durch Zeitablauf endet. 3Der Lauf der Frist beginnt nicht vor Beendigung des Versicherungsverhältnisses. 4Ein in den Sätzen 1 und 2 bezeichneter Umstand kann dem Dritten auch dann entgegengehalten werden, wenn vor dem Zeitpunkt des Schadensereignisses der hierfür zuständigen Stelle die Bestätigung einer entsprechend den Rechtsvorschriften abgeschlossenen neuen Versicherung zugegangen ist. 5Die vorstehenden Vorschriften dieses Absatzes gelten nicht, wenn eine zur Entgegennahme der Anzeige nach Satz 1 zuständige Stelle nicht bestimmt ist. (3) 1In den Fällen der Absätze 1 und 2 ist der Versicherer nur im Rahmen der vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme und der von ihm übernommenen Gefahr zur Leistung verpflichtet. 2Er ist leistungsfrei, soweit der Dritte Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger erlangen kann. (4) 1Trifft die Leistungspflicht des Versicherers nach Absatz 1 oder Absatz 2 mit einer Ersatzpflicht auf Grund fahrlässiger Amtspflichtverletzung zusammen, wird die Ersatzpflicht nach § 839 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Verhältnis zum Versicherer nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Voraussetzungen für die Leistungspflicht des Versicherers vorliegen. 2Satz 1 gilt nicht, wenn der Beamte nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs persönlich haftet. (5) 1Soweit der Versicherer den Dritten nach den Absätzen 1 bis 4 befriedigt und ein Fall des § 116 nicht vorliegt, geht die Forderung des Dritten gegen den Versicherungsnehmer auf ihn über. 2Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Dritten geltend gemacht werden. (6) 1Wird über das Vermögen des Versicherers das Insolvenzverfahren eröffnet, endet das Versicherungsverhältnis abweichend von § 16 erst mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Insolvenzverwalter diesen Umstand der hierfür zuständigen Stelle angezeigt hat; bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es der Insolvenzmasse gegenüber wirksam. 2Ist eine zur Entgegennahme der Anzeige nach Satz 1 zuständige Stelle nicht bestimmt, endet das Versicherungsverhältnis einen Monat nach der Benachrichtigung des Versicherungsnehmers von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; die Benachrichtigung bedarf der Textform.
Schrifttum Chab Der Schadenfall in der Anwaltshaftung nach der VVG-Reform, AnwBl 2008 63; Denck Der Beitragsrückgriff nach § 119 SGB X und die subsidiäre Haftung des Haftpflichtversicherers nach § 158c Abs. 4 VVG, VersR 1984 602; ders. Das Befriedigungsvorrecht nach § 116 Abs 4 SGB X bei unzureichender Versicherungssumme VersR 1987 629; Heß/Burmann Deckungsprobleme in der KH-Versicherung bei Unfall durch fahruntüchtige Fahrer, NJW-Spezial 2006 15; E. Hofmann Unfälle mit nicht versicherten Kraftfahrzeugen NZV 1991 409; Huber Der Ersatzanspruch des Regressgläubigers für im Vorprozess getätigte Aufwendungen, unter besonderer Berücksichtigung des kranken Deckungsverhältnisses in der Kfz-Haftpflichtversicherung, ZVerkR 1986 33; Hübner/ Schneider Das „kranke“ Versicherungsverhältnis im Haftpflichtprozess, RuS 2002 89; R. Johannsen Rechtsfragen zur Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter, insbesondere zu § 158c und f VVG, VersArch 1956 279; Kornas Der Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers – Unfallflucht, NJW-Spezial 2013 9; Langheid Der Versicherungsnehmer als Dritter gem. § 3 Nr. 1 PflVG, VersR 1986 15; E.Lorenz Zur entsprechenden Anwendung der Regresssperre des § 67 Abs. 2 auf die gesamtschuldnerischen Ausgleichsansprüche des Kfz-Haftpflichtversicherers gegen den nicht deckungsberechtig-
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
ten Versicherten (Fahrer), VersR 1991 505; Malchow Die rechtliche Stellung des geschädigten Dritten im Falle des § 158c VVG (1955); Palmer Ist der KH-Versicherer bei vorsätzlicher Drittschädigung durch den Schwarzfahrer nach § 3 Nr. 1 PflVG zur Leistung verpflichtet? VersR 1984 817; Prölss Zur Wirksamkeit von Subsidiaritätsklauseln in Schadensversicherungsverträgen, VersR 1977 367; Rebler Die Außerbetriebsetzung von Fahrzeugen bei fehlendem Versicherungsschutz, VD 2010 9; Rischar Zur Haftung und Deckung bei vorsätzlich herbeigeführten KH-Schäden, VersR 1984 1025; Schirmer Das „kranke“ Versicherungsverhältnis zwischen KH-Versicherer und Versicherungsnehmer, VersR 1986 825; Schmalzl Der Rückgriff des Kfz-Haftpflichtversicherers gemäß § 158f VVG und die Einwendungen der Versicherten, VersR 1965 932; Schneider Abrechnung bei Inanspruchnahme des Kaskoversicherers aufgrund des Verweisungsprivilegs nach § 117 Abs. 3 S. 2 VVG (§ 158c Abs. 4 VVG a.F.), DAR-Extra 2008 743; Skauradszun Schadensfälle mit nicht pflichtversicherten Kfz, VersR 2009 330; Steffen Probleme der Rechtsprechung mit dem Verweisungsprivileg des Kfz-Haftpflichtversicherers bei „krankem“ Deckungsverhältnis aus § 158c Abs. 4 VVG, VersR 1986 101; ders. Der SVT-Regreß bei „kranker“ KH-Versicherung, VersR 1987 529; Stobbe Mandant und Haftpflichtversicherer – ein schwieriges Verhältnis – Lücken im Pflichtversicherungsrecht der VVG-Reform, AnwBl 2007 853; Unberath Die Leistungsfreiheit des Versicherers – Auswirkungen der Neuregelung auf die Kraftfahrtversicherung, NZV 2008 537; Venzmer Haftpflichtverhältnis und Anspruch des Versicherers nach § 158f VVG, VersR 1955 472; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Tatbestand und Rechtsfolgen . . . . . . . Fiktion der Leistungspflicht, Abs. 1 . . . 1. Leistungsfreiheit insbesondere aufgrund Obliegenheitsverletzung, Pflichtverletzung etc. . . . . . . . . . 2. Verjährung des Deckungsanspruchs . . 3. Risikoausschlüsse, Grenzen des Versicherungsschutzes . . . . . . . . . . 4. Versicherung für fremde Rechnung . . 5. Rechtsfolgen von Abs. 1 . . . . . . . II. Fiktion des bestehenden Versicherungsverhältnisses, sog. Nachhaftung, Abs. 2 . 1. Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses (1. Var.) . . . . . . . . . . 2. Beendigung des Versicherungsverhältnisses und Zeitablauf (2. und 3. Var.) . a) Beendigung . . . . . . . . . . . . b) Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . 3. Anzeige gegenüber der zuständigen Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen des Abs. 2 . . . . . . . . 5. Nachhaftung bei Insolvenz des Haftpflichtversicherers, Abs. 6 . . . . . . . 6. Amtshaftung der zuständigen Behörde bei nicht-(rechtzeitigem) Einschreiten . III. „Dritter“ i.S.d. § 117 Abs. 1 und Abs. 2 . IV. Haftungsbegrenzung des Versicherers, Abs. 3 Satz 1 . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mindestversicherungssumme . . . . . a) Teilweise Leistungsfreiheit . . . . . b) Mehrere Geschädigte . . . . . . .
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8 11 12 14 16 20 21 23 23 24 25 29 32 34 35 40 41 43 45
Rn. c) Teilweise Ausgleich durch einen Sozialversicherungsträger . . . . . 2. Haftung im Rahmen der vom Versicherer übernommenen Gefahr . . . . V. Verweisungsprivileg des Haftpflichtversicherers, Abs. 3 Satz 2 . . . . . . . . 1. Anderer Schadensversicherer . . . . . 2. Möglichkeit anderweitigen Ersatzes . . 3. Doppelversicherung bzw. Zusammentreffen mehrerer Haftpflichtversicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sozialversicherungsträger i.S.d. Abs. 3 Satz 2, 2. Alt . . . . . . . . . . . . . 5. Keine analoge Anwendung des Abs. 3 Satz 2 auf sonstige Ausgleichsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Subsidiaritätsklauseln . . . . . . . . . 7. Kein Verweisungsprivileg nach § 3 Satz 1 PflVG in der Kfz-Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . VI. Amtshaftung nach Abs. 4 . . . . . . . . VII. Regressanspruch des Haftpflichtversicherers gegen Versicherungsnehmer bzw. Mitversicherten, Abs. 5 . . . . . . . . . 1. Vorliegen der Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 bzw. Abs. 2 . . . . . . . 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . 3. Höhe der übergegangenen Forderung/ Einwendungen des Versicherungsnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bindung an Haftpflichturteile . . . b) Bindung an Vergleich und Anerkenntnis/Regulierungsvollmacht . . c) Einwände aus dem Versicherungsverhältnis zum Versicherer . .
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§ 117
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4. Die übergegangene Forderung/Wirkungen des Übergangs . . . . . . . 5. Verhältnis von Abs. 5 zu sonstigen Ansprüchen . . . . . . . . . . . . 6. Aufwendungsersatz/ eigene Kosten des Versicherers . . . . . . . . . . 7. Beteiligung mehrerer Personen . . . a) Leistungsfreiheit gegenüber Versicherungsnehmer und Mitversichertem . . . . . . . . . . . . b) Leistungsfreiheit nur gegenüber Versichertem, nicht gegenüber Versicherungsnehmer . . . . . .
Rn. c) Leistungsfreiheit nur gegenüber dem Versicherungsnehmer . . . 8. Rückgriff gegen Mitschädiger . . . 9. Irrtümliche Leistung aufgrund § 117 Abs. 1 bzw. Abs. 2 . . . . . . . . . 10. Befriedigungsvorrecht nach Abs. 5 Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . C. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . D. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . .
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98 99 101 102 103 105 106
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
Der heutige § 117 stellt in weiten Teilen eine Zusammenführung der früheren Vorschriften von § 158c und § 158f VVG a.F. sowie von § 3 Nr. 4 bis 6 PflVG a.F. dar. Im Zuge der Einführung der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter zum 7.11.1939 wurden gleichsam im VVG allgemeine Regelungen über Pflichtversicherungen integriert, namentlich die §§ 158b ff. VVG a.F.1 Maßgebliche Bedeutung hatten die §§ 158b ff. VVG a.F. ursprünglich in erster Linie für die Kfz-Haftpflichtversicherung. Ihr Anwendungsbereich wurde indes durch die Neufassung des PflVG im Jahre 19652 deutlich zurückgedrängt, da die Vorschrift des § 3 PflVG a.F. für die Kfz-Haftpflichtversicherung Sonderregelungen enthielt. Durch diese Sonderregeln gem. § 3 PflVG a.F. war § 158c VVG a.F. in erster Linie nur noch für alle sonst bestehenden Pflichtversicherungen von Bedeutung; eine Einschränkung war nur in Bezug auf § 3 Nr. 6 PflVG a.F. gegeben, der wieder auf § 158c VVG a.F. zurückverwies. § 158c VVG a.F. selbst wurde im Jahre 1965 einmal einer geringfügigen Änderung unterzogen: § 158c Abs. 4 VVG a.F. wurde sprachlich modifiziert, Abs. 2 Satz 4 sowie Abs. 5 wurden neu eingeführt. Das Vorhaben des Gesetzgebers aus dem Jahre 1981, mit der Einführung eines StaatshaftungsG u.a. den § 158c Abs. 5 VVG a.F. aufzuheben blieb erfolglos, da das BVerfG das Gesetz für verfassungswidrig erklärte.3 Der heutige § 117 in der Fassung vom 10.12.2007, in Kraft seit dem 1.1.2008, übernimmt in weiten Teilen das Konzept des § 158c VVG a.F.4 Als Neuerung enthält § 117 zunächst Abs. 2 Satz 4, wonach dem Dritten auch die Tatsache entgegen gehalten werden kann, dass der zuständigen Stelle eine neue Versicherung entsprechend den Rechtsvorschriften angezeigt wurde. Abs. 4 wurde sprachlich leicht modifiziert und nimmt damit eine BGH-Entscheidung auf, wonach die Bestimmung nur das Innenverhältnis zwischen VR und öffentlicher Hand betrifft.5 Darüber hinaus übernimmt Abs. 5 weitestgehend die Regelung des § 158f VVG a.F. und regelt den Forderungsübergang auf den VR, soweit er den Dritten befriedigt und kein Fall des § 116 vorliegt. Abs. 6 stellt wiederum eine neue Regelung dar. Er bezieht sich auf Fälle der
1 2 3
RGBl. I 2223; vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 2. BGBl. I 213. BVerfG 19.10.1982 BVerfGE 61 149 = NJW 1983 25.
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4 5
BGBl. I 2833. BGH 28.10.1982 VersR 1983 84, 85; RegE BTDrucks. 16/3945 S. 89.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
Insolvenz des VR. Im Übrigen wurde die Vorschrift nur strukturell oder sprachlich modifiziert. Aufgrund der gleichzeitigen Neuordnung des PflVG ist darüber hinaus der Anwendungsbereich des § 117 deutlich größer, als er zuvor bei § 158c VVG a.F. war. Das PflVG enthält nunmehr kaum noch abweichende Regelungen, so dass § 117 auch für Kfz-Haftpflichtversicherungen eine zentrale Rolle spielt. Noch kurz vor Inkrafttreten der VVG-Reform am 1.1.2008 musste die mit dem 2 Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 6 verabschiedete Fassung des § 117 geändert werden. Nachdem im Gesetzgebungsverfahren der ursprünglich geplante allgemeine Direktanspruch für alle Pflichthaftpflichtversicherungen doch noch auf die Fälle insbesondere des § 115 Abs. 1 Nr. 2 und 3 eingeschränkt wurde,7 fanden sich noch unberücksichtigte Unstimmigkeiten zu §§ 114, 117, 119, 124, die sich zunächst noch auf einen allgemeinen Direktanspruch bezogen. Dies wurde indes durch Gesetz vom 10.12.20078 und noch vor Inkrafttreten der VVG-Reform „in bemerkenswerter Schnelligkeit“9 korrigiert.
II. Inhalt und Zweck der Regelung Primär dienen Pflichthaftpflichtversicherungen dem Schutz geschädigter Dritter 3 (Opferschutz), insbesondere wenn der Schädiger wirtschaftlich nicht in der Lage ist, eine ihn treffende Schadenshaftung auszugleichen.10 § 117 ist eine Vorschrift, die den Zweck verfolgt, den Dritten ausreichend zu schützen11 und zwar für den Fall, dass der HaftpflichtVR gegenüber dem VN leistungsfrei ist. Dem Regelungsgehalt nach umfasst sie in erster Linie die Rechtsbeziehungen zwischen Geschädigtem und HaftpflichtVR. Mitunter kann es vorkommen, dass das Versicherungsverhältnis zwischen VR und VN in der Weise gestört ist, dass der VR gegenüber dem VN grundsätzlich nicht mehr zur Erbringung seiner vertraglichen Leistung verpflichtet ist, sog. „gestörtes“ bzw. „krankes“ Versicherungsverhältnis. Im Rahmen einer bloßen freiwilligen Haftpflichtversicherung kann der VR auch im Regelfall dem geschädigten Dritten eine gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit entgegenhalten; da der VN gegenüber seinem VR keinen Deckungsanspruch hat, kann der Geschädigte keinen entsprechenden Anspruch beim VN pfänden und überweisen lassen. Er ist in der Konsequenz darauf angewiesen, dass der Schädiger wirtschaftlich selbst in der Lage ist, den Schaden des Dritten auszugleichen. Bei Pflichthaftpflichtversicherungen wird eine solche Situation durch § 117 gerade vermieden. Der VR kann im Rahmen von Pflichthaftpflichtversicherungen – unter den Voraussetzungen des § 117 – dem Dritten eine etwaige gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit gerade nicht entgegenhalten. Die gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit schlägt im Verhältnis zum geschädigten Dritten nicht durch. Durch § 117 Abs. 1 und Abs. 2 wird insoweit der Deckungsanspruch des VR gegenüber seinem VN fingiert, so dass der VR trotz grundsätzlich bestehender Leistungsfreiheit dennoch an den Dritten leisten muss.12
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BGBl. I S. 2631. Dazu bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 11 ff. sowie § 115 Rn. 2. BGBl. I 2833, 2834 f. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 4. BTDrucks. 16/3945 S. 50; vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 15 ff.
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Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 117 Rn. 1; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 2. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 320.
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§ 117
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
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Der Gesetzgeber sieht für den Bereich der Pflichthaftpflichtversicherungen den Dritten zu Recht als besonders schützenswert an. Da der Dritte auf die meisten Bereiche des Versicherungsverhältnisses zwischen VN und VR keine Einwirkungsmöglichkeiten hat und auch nicht erkennen kann, inwieweit dieses noch intakt ist, muss er vor störenden Handlungsweisen des VN geschützt werden, die zum Erlöschen bzw. Nichtbestehen des Deckungsanspruchs führen. Abs. 1 behandelt daher Fälle, in denen der VN vertragliche Pflichten oder Obliegenheiten verletzt, während Abs. 2 auf das Erlöschen des Versicherungsverhältnisses anspielt und den VR dazu drängt, das Erlöschen alsbald der für die Versicherungspflicht „zuständigen Stelle“ (Rn. 25) zu melden. Andernfalls kann er sich nicht auf das beendete Versicherungsverhältnis berufen. Die Rechtsnatur des § 117 Abs. 1 und Abs. 2 ist seit langem Bestandteil dogmatischer 5 Diskussionen. Die Ausführungen reichten von der Einordnung als Bürgschaft, über eine Fremdgeschäftsführung bis zu einem Legalschuldverhältnis bzw. einem gesetzlichen Schuldverhältnis.13 Zum Teil wird es auch als „Einwendungsausschluss“ oder Entziehungssperre deklariert.14 Der BGH und die heute ganz überwiegende Literatur ordnet § 117 Abs. 1 und Abs. 2 als gesetzliche Fiktion ein.15 Die rechtsdogmatische Einordnung stellt vornehmlich eine rechtstheoretische Frage dar und ist praktisch nicht von Bedeutung. Letztlich ist es entscheidend, dass der VR den Einwand der Leistungsfreiheit weder einer möglichen Pfändung des fingierten Deckungsanspruchs noch einem Direktanspruch entgegenhalten kann. Die Vorschrift fingiert das gestörte bzw. erloschene Versicherungsverhältnis als (weiter-)bestehend, soweit es für die Befriedigung des Geschädigten notwendig ist. Die Fiktion wirkt jedoch ausschließlich im Verhältnis zwischen VR und Geschädigtem. Der VN selbst kann aus dem Versicherungsverhältnis keine Ansprüche mehr geltend machen. Insbesondere hat er auch weiterhin keinen Befreiungsanspruch.
III. Anwendungsbereich 6
§ 117 ist anwendbar für alle Pflichthaftpflichtversicherungen, also für alle durch formelles Gesetz, RVO, Satzung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder durch EUVerordnungen vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungen.16 Zu nennen ist hierbei in erster Linie die Kfz-Haftpflichtversicherung gem. § 1 PflVG. Im Vergleich zu der alten Rechtslage hat § 117 nunmehr größere Bedeutung für diese als zuvor § 158c VVG a.F. Weiterhin sind Pflichtversicherungen auch für spezielle Berufszweige vorgesehen. Zu nennen ist insbesondere die gesetzliche Verpflichtung für Rechtsanwälte (§ 51 BRAO), Wirtschaftsprüfer (§ 54 WiPrO), Steuerberater (§ 67 StBerG), Notare (§ 19a BNotO), Jäger (§ 17 Abs. 1 Nr. 4 BJagdG), Versicherungsvermittler (§ 34d Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 8 f. VersVermV), Versicherungsberater (§§ 34e Abs. 2, 34d Abs. 2 Nr. 3, Abs. 8 GewO i.V.m. § 8 f. VersVermV), Schausteller (§§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 55f GewO) und viele mehr. Vgl. dazu im Einzelnen Anhang zu Vorbem. vor §§ 113–114.
13
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Ausführlich hierzu Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 10; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 5; BGH 23.10.1958 BGHZ 28 244 = NJW 1959 39, 40. Wandt5 Versicherungsrecht Rn. 1080. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 320; BGH 17.10.1957 BGHZ 25 330, 333 ff.; BGH
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15.3.1983 VersR 1983 688, 690 (= BGHZ 87 121); Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 5; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. V/1 Anm. B 10; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 7; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 117 Rn. 1. Zum Begriff der Pflichthaftpflichtversicherung vgl. Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 7.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
B. Tatbestand und Rechtsfolgen § 117 enthält wie die Vorgängerregelung des § 158c VVG a.F. zwei grundlegende Tat- 7 bestände, durch die die zuvor erloschene Deckungspflicht des VR im Verhältnis zum VN gegenüber dem Dritten fingiert wird. Hat ein Umstand bzw. ein Verhalten des VN dazu geführt, dass der VR von seiner vertraglichen Leistungspflicht frei wird, so kann er dies dennoch nicht dem Dritten entgegenhalten, Abs. 1. Gleichsam ist das Erlöschen bzw. die Beendigung des Versicherungsverhältnisses im Verhältnis zum Dritten unbeachtlich, solange der VR diesen Umstand nicht gegenüber der zuständigen Stelle angezeigt hat und eine Frist von einem Monat abgelaufen ist, Abs. 2. Der neu geschaffene Abs. 6 stellt hierzu eine Ergänzung dar. Für den Fall, dass der VR insolvent wird, gilt das Versicherungsverhältnis erst einen Monat nach erfolgter Anzeige der Insolvenzeröffnung bei der zuständigen Stelle als beendet.
I. Fiktion der Leistungspflicht, Abs. 1 1. Leistungsfreiheit insbesondere aufgrund Obliegenheitsverletzung, Pflichtverletzung etc. § 117 Abs. 1 setzt voraus, dass der VR von der Verpflichtung zur Leistung dem VN 8 gegenüber ganz oder teilweise frei ist. Unter Leistungsfreiheit versteht man im Allgemeinen Konstellationen, in denen ursprünglich eine Leistungspflicht des VR aufgrund eines Versicherungsverhältnisses bestand, diese jedoch nachträglich wieder entfallen ist. Um somit überhaupt von Leistungsfreiheit sprechen zu können, ist zunächst ein wirksamer Versicherungsvertrag über eine Haftpflichtversicherung zwischen VR und VN notwendig. Mangelt es an einem wirksamen Versicherungsvertrag (z.B. Nichtigkeit § 105, §§ 142 i.V.m. 119, 123 BGB), so ist nicht Abs. 1, sondern Abs. 2 einschlägig. Gem. Abs. 3 ist der VR „nur im Rahmen der vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme und der von ihm übernommenen Gefahr“ zur Leistung verpflichtet; insbesondere aus dem zweiten Tatbestandsmerkmal folgt, dass sich die Haftung gegenüber dem geschädigten Dritten auf die vom VR übernommene Gefahr beschränkt. Dem geschädigten Dritten stehen demnach keine Ansprüche gegen den HaftpflichtVR zu, wenn von vorneherein kein Versicherungsschutz bestand; Risikoausschlüsse und Risikobegrenzungen werden deshalb von § 117 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 nicht erfasst (im Einzelnen noch Rn. 12). Liegt ein wirksames Versicherungsverhältnis vor, so ist weiter zu fragen, inwiefern 9 eine grundsätzlich bestehende Leistungspflicht fortgefallen ist. Zu einem Wegfall der Leistungspflicht können mannigfaltige Umstände, Handlungen und Gegebenheiten führen. Zuvörderst kommen Obliegenheitsverletzungen des VN in Betracht.17 Sowohl das Gesetz, als auch die jeweiligen Verträge (unter Berücksichtigung von § 28) bürden dem VN gewisse Obliegenheiten auf, deren Nichtbeachtung zum Wegfall der Deckung führen kann. Man unterscheidet insofern insbesondere zwischen solchen vor Eintritt des Versicherungsfalles und solchen, denen der VN nach dem Eintritt des Versicherungsfalles nachzukommen hat. Die wichtigsten Fälle, die zur Leistungsfreiheit führen können, sind etwa die Verlet- 10 zung der Anzeigeobliegenheit bzgl. der bekannten Gefahrumstände (§§ 19 Abs. 1, 21
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Saarländisches OLG 4 U 31/12, 4.4.2013 (juris Rn. 24).
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Abs. 2) oder wegen Gefahrerhöhung (§§ 26 Abs. 1, 23). Ebenso wird von Abs. 1 die Leistungsfreiheit wegen Verzugs mit der Erst- oder Folgeprämie erfasst (§§ 37, 38). Weiterhin kommt die Verletzung der Rettungsobliegenheit in Betracht (§ 82, § 137).18 Wie bereits zum Ausdruck gebracht (Rn. 9), greift Abs. 1 auch im Falle einer Leistungsfreiheit des VR aufgrund Verletzung einer vertraglich begründeten Obliegenheitsverletzung ein.19 Im Zuge der Reform sind die Leistungsfreiheit wegen Verstoßes gegen das Vergleichsund Anerkenntnisverbot nach § 105 (§ 154 Abs. 2 VVG a.F.) sowie die Leistungsfreiheit aufgrund des Verstreichens der Klagefrist (§ 12 Abs. 3 VVG a.F.) weggefallen. Nach früherem Recht waren auch sie taugliche Anwendungsbereiche der Vorgängervorschrift des § 158c VVG a.F.20 2. Verjährung des Deckungsanspruchs
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Unterschiedlich beantwortet wird die Frage, inwieweit auch die Verjährung des Deckungsanspruchs im Innenverhältnis einen Unterfall von Abs. 1 darstellen kann. Vom Wortlaut her betrachtet, stellt die Verjährung keinen Fall der Leistungsfreiheit im eigentlichen Sinne dar. Leistungsfreiheit meint vielmehr die Verletzung versicherungsspezifischer Regelungen. Daher stehen auch einige Stimmen der Anwendung auf den § 117 Abs. 1 ablehnend gegenüber.21 Der Dritte habe es zudem auch mittels Feststellungsklage auf Bestehen der Leistungspflicht selbst in der Hand, die Verjährung zu hemmen. Der BGH vertritt jedoch in ständiger Rechtsprechung mit der heute überwiegenden Ansicht zutreffend eine analoge Anwendung des § 117 Abs. 1 auf die Fälle der Verjährung.22 Zum einen beginnt die Verjährung des fingierten Anspruchs für den Geschädigten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem er diesen Anspruch geltend machen kann, also erst ab dem rechtskräftigen Urteil gegen den VN.23 Bei einem „intakten“ Versicherungsverhältnis wäre die Anspruchsberechtigung indes schon früher zu bejahen. Ob jedoch ein „intaktes“ oder „gestörtes“ Versicherungsverhältnis vorliegt, ist mitunter schwer zu beurteilen. Daher ist eine analoge Anwendung geboten. 3. Risikoausschlüsse, Grenzen des Versicherungsschutzes
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Bereits aus dem Wortlaut des § 117 Abs. 1 („Leistungsfreiheit“), insbesondere aber aus dem Zusammenspiel mit Abs. 3 („im Rahmen […] der von ihm übernommenen Gefahr“) kommt zum Ausdruck, dass eine zuvor prinzipiell bestandene Leistungspflicht nachträglich entfallen sein muss (vgl. bereits oben Rn. 8). Es muss somit zumindest ursprünglich einmal Versicherungsschutz in Bezug auf ein gewisses Risiko bestanden haben.
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Vgl. zur Leistungsfreiheit des Versicherers (Kfz) Unberath NZV 2008 537. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 9; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 117 Rn. 5; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 9. Vgl. hierzu noch BGH 19.12.1966 VersR 1967 149; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 10. OLG Celle 14.7.1954 VersR 1954 427, 428; Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 8; R. Johannsen VersArch 1956 279, 283 f.; zweifelnd auch Schirmer VersR 1986 825.
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BGH 19.3.2003 VersR 2003 635, 637; BGH 20.1.1971 VersR 1971 333; OLG München 12.3.1959 VersR 1959 607; ebenso Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider 2 § 24 Rn. 169; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 6; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 13; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 10; kritisch Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 56. BGH 15.2.1968 VersR 1968 361, 362; BGH 27.11.1968 VersR 1969 127, 128.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
Gerade dies ist bei sog. Risikoausschlüssen nicht der Fall. Durch sie wird durch Gesetz oder im Vertrag ein bestimmtes Risiko von Anfang an vom Versicherungsschutz ausgenommen. Der Dritte kann sich, soweit der VR aufgrund eines solchen Risikoausschlusses nicht leisten muss, nicht auf § 117 Abs. 1 berufen. Das entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Er soll nicht besser gestellt werden, als er stünde, wenn das Versicherungsverhältnis zwischen VN und VR intakt wäre, sondern nur gleich gut.24 Aber auch in diesem Fall hätte der VN gerade keinen Deckungsanspruch und der Dritte somit auch keinen ggf. pfändbaren Anspruch bzw. keinen Direktanspruch. Die Einschätzung, ob tatsächlich ein Risikoausschluss vorliegt oder nicht, ist nicht immer einfach zu treffen; Abgrenzungsschwierigkeiten können sich insbesondere zu Obliegenheiten ergeben.25 Als subjektiver Risikoausschluss ist nach ganz überwiegender Meinung die vorsätz- 13 liche Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 103 einzuordnen.26 Der VR muss allerdings beweisen, dass die Voraussetzungen des § 103 gegeben sind.27 Da die Vorschriften der Haftpflichtversicherung gleichsam für die Pflichthaftpflichtversicherungen gelten, kommt in diesen Fällen § 117 Abs. 1 somit nicht zur Anwendung28 (vgl. hierzu noch Rn. 49). Dies wurde im Rahmen der VVG-Reform als nicht ganz unproblematisch erachtet; so hieß es im Zwischenbericht der VVG-Reformkommission: „Im Bereich der gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungen kollidiert § 152 VVG jedoch mit den durch die gesetzliche Regelung geschützten Interessen der Geschädigten: Obwohl hier der Opferschutz besonders im Vordergrund steht, ist gerade für den extremsten Fall der Schadenzufügung, der rechtswidrigen Vorsatztat, keine Versicherungsdeckung sichergestellt.“29 Gleichwohl sprach sich der VVG-Reformkommission insoweit nicht für eine Änderung der Vorgängervorschrift des § 158c VVG a.F. (heute § 117), sondern für eine Berücksichtigung der hiermit zusammenhängenden Probleme in Einzelfallregelungen aus; als Beispiele nannte die VVG-Reformkommission die Regelung im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung mit der Einschaltung der Verkehrsopferhilfe bzw. für die Fälle der Berufshaftung die Regelung für Notare (§ 19a Abs. 2 Satz 2 BNotO i.V.m. § 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BNotO).30 4. Versicherung für fremde Rechnung Bei Versicherungen für fremde Rechnung existiert neben dem VN noch zumindest ein 14 weiterer (Mit-)Versicherter. Auch der Mitversicherte hat den jeweiligen Obliegenheiten nachzukommen.31 Tut er dies nicht, so kann auch sein Verhalten zur Leistungsfreiheit
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Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 10. Vgl. Bruck/Möller/Heiss9 § 28 Rn. 17 ff.; Beckmann/Matusche-Beckmann/Marlow 2 § 13 Rn. 13 ff.; Wandt5, Rn. 545 ff.; Langheid/Wandt § 28 Rn. 45 f. BGH 15.12.1970 VersR 1971 239, 240 f.; OLG Düsseldorf 28.2.2003 VersR 2003 1248; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 117 Rn. 5; Langheid/Römer3 § 117 Rn. 7; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 11; Palmer VersR 1984 817, 818; Rischar VersR 1984 1025; a.A. OLG Frankfurt 23.5.1996 VersR 1997 224 f. (ablehnend wiederum Langheid VersR 1997 348 f.; Lemcke RuS 1996 483 f.; Lorenz VersR 1997 349 f.).
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OLG Köln 24.4.2002 SP 2002 301 f. BGH 15.12.1970 VersR 1971 239, 240; OLG München 19.1.1990 VersR 1990 484; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 23 f.; Römer/Langheid3 § 117 Rn. 7; a.A. OLG Frankfurt 23.5.1996 VersR 1997 224. Zwischenbericht der VVG-Reformkommission v. 30.5.202, S. 88. Zwischenbericht der VVG-Reformkommission v. 30.5.202, S. 89. BGH 28.11.1957 VersR 1957 814; Langheid/Wandt/Schneider 117 Rn. 12; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 12 m.w.N.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
des VR ihm gegenüber führen. Es ist insoweit allgemein anerkannt, dass bei Versicherungen für fremde Rechnung der Gesetzestext dahingehend auszulegen ist, dass bei Bezugnahme auf den „VN“ ebenso der Versicherte selbst mitumfasst ist.32 Bei derartigen Versicherungen ist zwischen den einzelnen Beteiligten zu differenzieren. Als Beispiel lässt sich die Kfz-Haftpflichtversicherung anführen. Hierbei fallen VN (Halter) und mitversicherter Fahrer häufig auseinander. Hat sich ein Schaden ereignet, so ist zu klären, gegen wen der beiden der Dritte überhaupt Ansprüche geltend machen kann. Danach stellt sich ggf. die Frage, wem gegenüber der VR von seiner Leistung frei ist. So kann etwa der VN als Halter seinen Versicherungsschutz verlieren, wenn er dem Fahrer ein nicht verkehrstaugliches Fahrzeug übergibt. Sofern der Fahrer aber hiervon nichts wusste, bleibt sein Versicherungsschutz unberührt. Umgekehrt kann es ebenso sein, dass der VN weiterhin Deckungsschutz genießt, obwohl der Fahrer seinerseits den Unfall in Folge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit verursacht hat und somit ohne Versicherungsschutz ist. Unbeschadet von § 123 führt also das Fehlverhalten des einen nicht unbedingt zum Verlust des Versicherungsschutzes des anderen.33 § 117 Abs. 1 fingiert bei Versicherungen für fremde Rechnung nur die Leistungs15 pflicht in dem Verhältnis, in dem sie zuvor erloschen ist. Besteht also eine Haftpflicht des Mitversicherten gegenüber einem Dritten (z.B. wegen eines Verkehrsunfalls), ist indes insoweit Leistungsfreiheit des VR eingetreten, so fingiert § 117 Abs. 1 gleichwohl die Leistungspflicht des VR gegenüber dem Mitversicherten; indes greifen die Beschränkungen nach § 117 Abs. 3 und Abs. 4 ein. Das daneben bestehende Versicherungsverhältnis kann dagegen intakt sein (vgl. vorstehende Rn. 14); aufgrund dieses intakten Versicherungsverhältnisses ist der VR dem geschädigten Dritten gegenüber zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet, ohne dass etwa § 117 Abs. 3 und Abs. 4 eingreifen können. Zu beachten bleibt § 123 (vgl. dortige Kommentierung). Zudem kann der VR ggf. nach § 116 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 117 Abs. 5 Satz 1 bei demjenigen Regress nehmen, gegenüber dem er leistungsfrei war. 5. Rechtsfolgen von Abs. 1
16
Ist der Tatbestand des § 117 Abs. 1 erfüllt, so schreibt das Gesetz vor, dass die Verpflichtung des VR zur Leistung „in Ansehung des Dritten bestehen bleibt“.34 Aufgrund des ausschließlichen Verweises auf den „Dritten“ ist somit von der Rechtsfolgenseite her zu unterscheiden. Nur im Außenverhältnis zum geschädigten Dritten fingiert das Gesetz das Bestehen des Deckungsanspruchs des VN gegenüber seinem VR. Steht dem Dritten ein Direktanspruch nach § 115 Abs. 1 gegen den VR zu, so kann dieser gem. § 115 Abs. 1 Satz 2 die Leistungsfreiheit nur in den Grenzen des § 117 Abs. 1 bis 4 entgegenhalten. Besteht – außerhalb der Kfz-Haftpflichtversicherung im Regelfall – kein Direktanspruch gem. § 115 Abs. Satz 1, so wird durch § 117 Abs. 1 nicht etwa ein Direktanspruch des Dritten begründet.35 Vielmehr muss der Geschädigte gegen den VN vorgehen und sich
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BGH 13.7.1988 VersR 1988 1062, 1064 m.w.N.; BGH 28.11.1957 VersR 1957 814; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 12; Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 9. BGH 14.9.2005 VersR 2005 1720 f.; OLG Schleswig 15.11.1994 VersR 1995 827; OLG Hamm 28.9.1992 NZV 1993 68, 70; Lang-
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heid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 12; vgl. auch Kommentierung zu § 116 Rn. 15. Zur Rechtsnatur siehe Rn. 5. Marlow/Spuhl Das Neue VVG kompakt 4 Rn. 642; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 117 Rn. 4; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 13.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
den fingierten Deckungsanspruch pfänden und überweisen lassen,36 wozu ein Vollstreckungstitel notwendig ist. Daneben ist es möglich und in einigen Fällen auch geboten, gegen den VR eine Klage auf Feststellung des Bestehens des Versicherungsanspruchs zu erheben, um u.a. die Verjährung dieses Anspruchs zu hemmen.37 § 117 Abs. 1 bewirkt letztlich nichts anderes, als dass der Dritte in die Situation ge- 17 rückt wird, in der er stünde, wenn das Versicherungsverhältnis zwischen VN und VR „intakt wäre“. Gegenüber dem Dritten wird das Versicherungsverhältnis somit als bestehend fingiert. Zu beachten sind aber die Einschränkungen gem. Abs. 3 und Abs. 4. Die Bindungswirkung einer Entscheidung im Haftpflichtprozess zwischen geschädig- 18 tem Dritten und VN entfaltete auch Wirkung im Rahmen der Vorgängervorschrift des § 158c VVG a.F.38 Indes wird die Bindungswirkung neuerdings grundsätzlich in Frage gestellt. Ausgangspunkt der Diskussion ist die sprachliche Umformulierung des § 106 Satz 1. Während § 154 VVG a.F. bestimmte, dass der Freistellungsanspruch binnen zwei Wochen fällig werde, nachdem „der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden“ sei, enthält § 106 Satz 1 nunmehr noch den Zusatz, dass der VR den VN innerhalb von zwei Wochen von dem Zeitpunkt an freizustellen hat, zu dem der Anspruch mit „bindender Wirkung“ für den VR durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist. Aus dieser Formulierung wird zum Teil gefolgert, dass die Bindungswirkung des Haftpflichtprozesses für das Deckungsverhältnis entfalle, was auch für die Konstellationen aus § 117 gelten müsse.39 Dem ist indes nicht zuzustimmen. Eine solch grundlegende Änderung lässt sich zum einen nicht der Gesetzesbegründung entnehmen, zum anderen zeigt auch die Vertragsauslegung im Zusammenhang mit dem Leistungsversprechen des VR, dass weiterhin an der Bindungswirkung festgehalten werden soll.40 Es bleibt also festzuhalten, dass eine Entscheidung im Haftpflichtprozess zwischen geschädigtem Drittem und VN Bindungswirkung für § 117 Abs. 1 entfaltet.41 An dem Rechtsverhältnis zwischen VR und VN ändert sich durch § 117 Abs. 1 19 nichts.42 Der VN hat keinen Deckungsanspruch und kann einen solchen folglich auch nicht geltend machen. Wird er vom geschädigten Dritten verklagt, hat er keinen Rechtsschutzanspruch gegen den VR. Andererseits kann der VR vom VN nicht eine Mitwirkungspflicht bei der Regulierung und Prozessführung erzwingen. Zweifelsohne sollte der VN jedoch ein großes Interesse daran haben, den VR dabei zu unterstützen, ist er es doch letzten Endes derjenige, der den Schaden zu tragen hat, § 117 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 116 Abs. 1 Satz 2.
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BGH 8.10.1952 BGHZ 7 244, 246 f.; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 13. BGH 20.1.1971 VersR 1971 333, 334; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 13. BGH 18.12.1970 VersR 1971 238; BGH 19.2.1959 VersR 1959 256, 257; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 14. Römer/Langheid3 § 117 Rn. 13; Langheid VersR 2009 1043, 1045 f.; a.A. Armbrüster RuS 2010 441, 445; Langheid/Wandt/ Littbarski § 106 Rn. 27.
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Armbrüster RuS 2010 441, 446; Schlegelmilch VersR 2009 1467; Marlow/Spuhl Das Neue VVG kompakt4 Rn. 621; im Ergebnis auch Bruck/Möller/R. Koch9 § 106 Rn. 1. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 55 f.; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 40; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 7. Vgl. Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 15.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
II. Fiktion des bestehenden Versicherungsverhältnisses, sog. Nachhaftung, Abs. 2 20
In Abgrenzung zu Abs. 1 umfasst Abs. 2 sämtliche Fälle, in denen das Versicherungsverhältnis zwischen VN und VR nicht (mehr) besteht. § 117 enthält vier Tatbestandsvarianten der Nachhaftung. In Abs. 2 Satz 1 spricht das Gesetz zunächst vom „Nichtbestehen“ des Versicherungsverhältnisses (1. Var.), sowie in der 2. Var. von der „Beendigung“ des Versicherungsverhältnisses. Die 3. Var. zur Erfüllung des Tatbestandes ist in Abs. 2 Satz 2 genannt, sofern das Versicherungsverhältnis durch „Zeitablauf“ endet. Im Vergleich zur Vorgängervorschrift des § 158c VVG a.F. neu geschaffen wurde Abs. 6, der eine besondere Regelung gegenüber § 16 für den Fall einer Insolvenz des VR darstellt (4. Var.; dazu Rn. 32). Diese vier möglichen Varianten können jeweils die identische Rechtsfolge hervorrufen, nämlich dass sich der VR nicht sofort nach dem Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses auf die Beendigung berufen kann, sondern erst nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Frist. Man spricht deshalb von der Nachhaftung des VR. Da alle Varianten auf dieselbe Rechtsfolge hin abzielen, ist die nicht immer eindeutige Unterscheidung zwischen den drei Varianten des Abs. 2 praktisch nicht von allzu großer Relevanz. 1. Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses (1. Var.)
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Soweit das Gesetz vom Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses spricht, sind davon vor allem die Fälle umfasst, in denen es bereits an einem wirksamen Vertragsschluss mangelt. So kann etwa der Vertrag wegen Geschäftsunfähigkeit oder Minderjährigkeit gemäß den §§ 104 ff. BGB unwirksam sein.43 Soweit sich die Parteien unbewusst nicht über die essentialia negotii geeinigt haben, ist ebenfalls kein Vertrag zustande gekommen. Gleiches gilt für einen versteckten Dissens (§ 155 BGB). Auch eine Anfechtung eines an sich geschlossenen Vertrages führt aufgrund der ex tunc Wirkung zu einem Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses (§§ 142, 119 ff. BGB).44 Es kommt für die Anwendung von Var. 1 entscheidend darauf an, dass zumindest eine Vertragspartei vom Vertragsschluss ausgeht und sich der „äußere Anschein bzw. Tatbestand“ eines Versicherungsverhältnisses aufzeigt.45 Dabei kommt es für die Frage, ob der äußere Anschein über das Vorliegen eines wirksamen Versicherungsverhältnisses besteht, auf die Sicht der Behörde an, der gegenüber das Bestehen des Versicherungsverhältnisses zu erklären ist.46 So genügt etwa eine vorläufige Deckungszusage auch dann den Anforderungen des § 117 Abs. 2, wenn sie einem Minderjährigen gegenüber erteilt wurde und der zugrunde liegende zunächst schwebend unwirksame Vertrag nicht genehmigt wird.47 Mit Aushändigung der Versicherungsbestätigung an die Behörde besteht für diese der äußere Schein einer vorläufigen Deckung.
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BGH 2.10.2002 VersR 2002 1501. Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 44; ders. VersArch 1956 279, 284; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 15. Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 18; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 13; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 10.
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Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 18; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber2 § 117 Rn. 67; Dallwig Deckungsbegrenzungen in der Pflichtversicherung, 141. BGH 2.10.2002 VersR 2002 1501.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
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Keine Anwendung findet § 117 Abs. 2 dagegen, wenn es bereits am Rechtsschein 22 eines wirksamen Versicherungsverhältnisses fehlt.48 Relativ eindeutig und praktisch wohl auch wenig problematisch sind die Fälle, in denen ein Antrag des VN abgelehnt wird und somit auch kein äußerer Anschein bestehen kann.49 Soweit sich die Parteien über wesentliche Punkte des Vertrages noch nicht geeinigt haben und sich dessen bewusst sind (offener Dissens § 154 BGB), wird wohl auch in den seltensten Fällen ein ausreichendes Schreiben o.ä seitens des VR vorliegen, um den äußeren Anschein zu begründen. Sollte es jedoch wider Erwarten dem VN doch gelingen die Behörde von einem bestehenden Versicherungsschutz zu überzeugen, wäre § 117 Abs. 2 sehr wohl einschlägig. Entsprechendes muss gelten, sofern die Parteien den Versicherungsschutz von einem Ereignis abhängig machen und dies im Folgenden nicht eintritt;50 sofern die Behörde über diese Bedingung nicht informiert wird und von einem bestehenden Schutz ausgeht, ist § 117 Abs. 2 sehr wohl einschlägig. Weiterhin wird auch vertreten, dass § 117 Abs. 2 nicht anzuwenden sei, wenn der VR dem VN zwar eine Versicherungsbestätigung aushändigt, beiden Parteien aber zugleich bewusst sei, dass noch kein Versicherungsschutz bestünde.51 Auch das kann nur solange gelten, sofern die Behörde nicht aufgrund der Versicherungsbestätigung von einem bestehenden Versicherungsschutz ausgeht.52 Ratio legis des § 117 Abs. 2 ist der Schutz Dritter, die mit der versicherungspflichtigen Tätigkeit in Kontakt kommen. Ist dieser Schutz gefährdet, weil kein Versicherungsschutz besteht, so greift die zuständige Behörde ein und unterbindet die versicherungspflichtige Tätigkeit. Sofern aber ihr gegenüber der Anschein erweckt wird, dass ein entsprechender Versicherungsschutz besteht, kann sie mangels Kenntnis von anderweitigen Tatsachen nicht einschreiten. Der Dritte muss in diesen Fällen über § 117 Abs. 2 geschützt werden. Dem VR ist daher anzuraten, dass – sobald er erkennt, dass die Behörde von bestehender Deckung ausgeht – diese unverzüglich über den nicht bestehenden Vertrag zu informieren53. 2. Beendigung des Versicherungsverhältnisses und Zeitablauf (2. und 3. Var.) a) Beendigung. Die Beendigung eines Versicherungsverhältnisses i.S.d. § 117 Abs. 2 23 Satz 1, 2. Var. erfordert, dass ursprünglich einmal ein gültiger Versicherungsvertrag bestanden hat, dieser nunmehr aber beseitigt wurde. Darunter fällt insbesondere die Kündigung des Versicherungsvertrages wegen Verletzung von vertraglichen Pflichten.54 Ebenso können die Parteien den Versicherungsvertrag auch einvernehmlich aufheben.55 Das versicherte Interesse kann nachträglich entfallen, § 80. Daneben ist auch der Rücktritt vom Vertrag als Beendigung einzuordnen, z.B. §§ 19 Abs. 2, 37 Abs. 1. Auch der Widerruf nach § 8 kann als Beendigung einzuordnen sein, sofern der Versicherungsschutz bereits vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hatte (§ 9 Satz 1).56 Die Einordnung als Beendi-
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 10. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 16; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 10; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 18. KG Berlin 2.11.1970 VersR 1971 613 (kein Eingreifen der Vorgängervorschrift). OLG Nürnberg 10.1.1961 VersR 1961 603, 605; R.Johannsen VersArch 1956 279, 285 f. In diese Richtung auch BGH 17.1.1973 VersR 1973 265. Zum Vorstehenden Berliner Kommentar/ Beckmann § 158c Rn. 18.
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Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 17; Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 17; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 19. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 17; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 8; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 19. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 17; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 117 Rn. 69; Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 17.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
gung bzw. als Nichtbestehen (zur 1. Var. oben Rn. 21 ff.) ist umstritten, hat jedoch wie bereits anfangs erwähnt keine praktische Bedeutung, da beide die Rechtsfolge des § 117 Abs. 2 nach sich ziehen.
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b) Zeitablauf. § 117 Abs. 2 Satz 2 ist der erste von zwei Sondertatbeständen für den Fall der Beendigung des Versicherungsverhältnisses. Die Vorschrift umfasst Versicherungsverhältnisse, die alleine durch Zeitablauf enden und erstreckt den Geltungsbereich von Satz 1 auch auf diese. Der neu geschaffene Abs. 6 stellt eine abweichende Sonderregelung zu § 16 dar und bestimmt, dass bei Insolvenz des VR das Versicherungsverhältnis erst einen Monat nach Anzeige der Insolvenz bei der zuständigen Behörde durch den Insolvenzverwalter endet (dazu Rn. 32). 3. Anzeige gegenüber der zuständigen Stelle
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Der VR kann seine Nachhaftung nur zeitlich begrenzen, in dem er der zuständigen Stelle das Nichtbestehen oder die Beendigung anzeigt. Sollte keine Behörde zur Entgegennahme bestimmt sein, so gilt § 117 Abs. 2 schon nicht, vgl. § 117 Abs. 2 Satz 5. Die zuständige Behörde ist jedoch regelmäßig in dem Gesetz genannt, das den Abschluss einer Haftpflichtversicherung vorschreibt (z.B. § 25 Abs. 1 FZV für Kfz-Haftpflichtversicherung die Zulassungsbehörden [§ 29c StVZO a.F.]), § 19a Abs. 5 BNotO für Notare die Landesjustizverwaltung, § 51 Abs. 7 BRAO für Rechtsanwälte die Rechtsanwaltskammer, § 67 StBerG für Steuerberater die Steuerberaterkammer). § 117 Abs. 1 bleibt von § 117 Abs. 2 Satz 5 unberührt und gilt auch, sofern keine Stelle zur Entgegennahme festgelegt wurde.57 Durch Anzeige über das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsver26 hältnisses bei der zuständigen Stelle kann der VR seine Nachhaftung auf einen Monat begrenzen. Für den Fristbeginn ist der Zugang der Mitteilung bei der zuständigen Stelle maßgebend.58 Die Fristberechnung erfolgt nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Dagegen findet § 193 BGB keine Anwendung.59 Die Anzeige bedarf keiner Form, sondern kann sowohl mündlich, schriftlich, als auch mittels Datenträger erfolgen60 (bei Kfz-HaftpflichtV gilt gemäß § 25 Abs. 1 FZV Anlage 11 Nr. 5). Hinsichtlich des Inhalts muss sie so bestimmt sein, dass die Behörde das zugrunde liegende Versicherungsverhältnis erkennen kann und keine Zweifel offen bleiben.61 Eine eindeutige Zuordnung muss möglich sein. So wurde eine ordnungsgemäße Anzeige verneint, als es bei einem HaftpflichtVR zu einer Rechtsnachfolge kam und dieser Rechtsnachfolger dies nicht in der Anzeige kund getan hat, so dass letztlich beim Sachbearbeiter erhebliche Unsicherheiten auftauchten.62 Die Behörde trifft in diesem Moment keine besondere Aufklärungspflicht, sondern kann die Anzeige zurücksenden. Ist die Anzeige missverständlich und beruht die Unrichtigkeit auf einer vorangegangenen Sorgfaltspflichtverletzung der Behörde, so muss die Anzeige
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Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 24; Römer/Langheid3 § 117 Rn. 21. OLG Celle 14.7.1954 VersR 1954 427 f.; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 20; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 21. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 20; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 11.
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Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 20; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 21. OLG Köln 14.10.1998 VersR 1999 1357: „formell ordnungsgemäß als auch sachlich zutreffend“. OLG Nürnberg 13.8.1998 VersR 1999 1273.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
als ordnungsgemäß gelten.63 Der VR trägt für den Zugang die Beweislast.64 Bei der KfzHaftpflichtversicherung wird dem VR der Beweis gut gelingen, da die zuständige Stelle dem VR das Datum der Anzeige (elektronisch) mitzuteilen hat, §§ 25 Abs. 2, 24 Abs. 2 FZV.65 Eine andere Frage betrifft die Beweislast für die Tatsachen, die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge haben; diese Beweislast trägt der VR. Nur wenn es zur tatsächlichen Beendigung gekommen ist, kann die Anzeige bei der zuständigen Behörde die Nachhaftung materiell-rechtlich begrenzen. Die Behörde selbst überprüft nicht die Richtigkeit der Anzeige.66 Wie sich aus § 117 Abs. 2 Satz 3 ergibt, kann die Nachhaftungsfrist frühestens mit 27 Beendigung des Versicherungsverhältnisses erfolgen. Der VR kann also die Monatsfrist nicht dadurch aushebeln, dass er die Beendigung des Versicherungsverhältnisses schon einen Monat vor der eigentlichen Beendigung anzeigt. Der Sinn und Zweck der Monatsfrist ist es, dass die Behörde in diesem Zeitraum die versicherungspflichtige Tätigkeit unterbinden kann, so dass Dritte hinreichend geschützt werden. Im Schrifttum wird die Frage, ob die Anzeige der Behörde auch schon vor Beendigung des VersVertrages zugehen darf, unterschiedlich beantwortet.67 Es erscheint indes eine unnötige Förmelei, die Zulassungsbehörden zu verpflichten, Anzeigen, die vor dem Tag eingehen, der als Tag der Beendigung des Versicherungsverhältnisses angegeben ist, zurückzuweisen. Im Falle schon vor Vertragsbeendigung erfolgten Anzeige, ist es ausreichend, die Frist dann mit dem Vertragsende beginnen zu lassen.68 Nach § 117 Abs. 2 Satz 4 wird die Nachhaftung des VR sofort dadurch beendet, dass 28 der Behörde die Bestätigung über eine neue Versicherung zugeht, die das gleiche Risiko abdeckt. Es bedarf dann keiner Anzeige durch den alten HaftpflichtVR mehr. 4. Rechtsfolgen des Abs. 2 Soweit die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt sind, trifft den VR die sog. Nachhaf- 29 tung. Obgleich das Versicherungsverhältnis nicht mehr besteht, wird der Versicherungsschutz dennoch in Ansehung des Dritten als bestehend fingiert. Die Nachhaftung endet im Regelfall erst einen Monat nach ordnungsgemäßer Anzeige bei der zuständigen Stelle. Da die Monatsfrist erst mit Zugang der Anzeige bei der jeweiligen Stelle beginnt, kann der VR sich solange nicht gegenüber dem Dritten auf das Nichtbestehen bzw. die Beendigung des Versicherungsverhältnisses berufen, solange er nicht die Anzeige getätigt hat und ein Monat verstrichen ist. Zur Vorgängervorschrift wurde vorgeschlagen, § 158c Abs. 2 VVG a.F. in den Fällen 30 teleologisch zu reduzieren, in denen die Behörde zwar innerhalb der Monatsfrist gegenüber dem versicherungslosen VN tätig werde und seine Tätigkeit unterbinde, dieser jedoch dennoch diese fortsetze und nach dem Tätigwerden der Behörde, aber vor Ablauf der Monatsfrist einen Dritten schädige. Argumentiert wurde insoweit mit dem Zweck der Vorschrift, der durch das Tätigwerden der Behörde erreicht sei.69 Angesichts des ein-
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BGH 13.2.74 VersR 1974 458; Langheid/ Wandt/Schneider § 117 Rn. 20; zweifelnd Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 15. OLG Celle 14.7.1954 VersR 1954 427; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 46; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 21. Skauradszun VersR 2009 330.
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BVerwG 22.10.1992 NJW 1993 1217, 1218; OVG Saarlouis 3.2.2009 1 B 10/09 (juris). Bejahend Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 13; a.A. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 117 Rn. 9 Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 13 R. Johannsen VersArch 1956 279, 290.
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§ 117
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
deutigen Wortlauts und auch im Sinne der Rechtssicherheit ist diesem Vorschlag indes nicht zu folgen.70 § 117 Abs. 2 ist kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.71 Der Geschädigte kann 31 nur seine Rechte aus §§ 115 ff. wahrnehmen. Er kann dem VR im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB gerade nicht vorhalten, dass dieser die Beendigung bzw. das Nichtbestehen nicht (rechtzeitig) angezeigt hat. Zum einen besteht zumeist keine allgemeine „Pflicht“ zur Anzeige, so heißt es in § 25 Abs. 1 Satz 1 FZV, dass der VR zur Beendigung seiner Haftung der zuständigen Zulassungsbehörde Anzeige erstatten kann (Ausnahme: § 51 Abs. 6 BRAO, § 19a Abs. 3 Satz 3 BNotO).72 Die Anzeige selbst liegt vielmehr im Interesse des VR, der dadurch seine Haftung zeitlich begrenzen kann. Überdies dient bereits die Fiktion des Deckungsanspruchs gegenüber dem Dritten seinem Schutze, so dass der Anzeige darüber hinaus keine weitere schützende Eigenschaft beizumessen ist.73 5. Nachhaftung bei Insolvenz des Haftpflichtversicherers, Abs. 6
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Der mit der VVG-Reform neu geschaffene Abs. 6 ist der Nachhaftung nach Abs. 2 nachgebildet. Die Vorschrift regelt den bisher gewiss seltenen Fall der Insolvenz des VR. Abs. 6 ist lex specialis zu § 16. Während nach § 16 das Versicherungsverhältnis zwischen VR und VN einen Monat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens des VR endet, bestimmt Abs. 6, dass das Versicherungsverhältnis einer PflichtV erst einen Monat nach Anzeige der Eröffnung durch den Insolvenzverwalter bei der zuständigen Stelle endet. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt das Versicherungsverhältnis gegenüber der Insolvenzmasse wirksam. Tritt während der Monatsfrist ein Versicherungsfall ein, so ist die Entschädigungsforderung Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Ist ein Versicherungsfall dagegen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten und noch nicht reguliert, ist der Entschädigungsanspruch des VN Insolvenzforderung.74 Der VR hat gegenüber dem VN bis zum Ende der in Abs. 6 genannten Monatsfrist auch noch einen Anspruch auf Zahlung der Prämie.75 Die Benachrichtigung nach Abs. 6 Satz 1 hat an die der in Abs. 2 entsprechenden 33 Stelle zu erfolgen Ist keine Stelle zur Entgegennahme der Anzeige durch den Insolvenzverwalter vorgesehen, so endet das Versicherungsverhältnis gem. Abs. 6 Satz 2 mit der Anzeige des Erlöschens in Textform (§ 126b BGB) gegenüber dem VN. Die Regelung des Abs. 6 dient einerseits dem Opferschutz und soll andererseits ermöglichen, dass die für die Überwachung der Versicherungspflicht zuständige Stelle in angemessener Zeit die sich aus der Beendigung des Versicherungsverhältnisses ergebenden Konsequenzen ziehen kann.76
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BGH 1.12.1960 VersR 1961 20; Schirmer VersR 1986 825, 826; Hübner/Schneider RuS 2002 89, 92; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 23. OLG Frankfurt a. M. 18.5.1954 VersR 1954 351; Skaraudszun VersR 2009 330; Schirmer VersR 1986 825, 829; Berliner Kommentar/ Beckmann § 158c Rn. 24. Dallwig Deckungsbegrenzungen in der Pflichtversicherung, 180.
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Ablehnend wohl auch BGH 4.4.1978 VersR 1978 609; OLG Köln 14.1.1982 VersR 1983 721, 722; Schirmer VersR 1986 830. Bruck/Möller/K.Johannsen9 § 16 Rn. 13; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 51. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 66; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 52; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 80. BTDrucks. 16/3945 S. 89.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
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6. Amtshaftung der zuständigen Behörde bei nicht-(rechtzeitigem) Einschreiten Geht die zuständige Behörde nach Zugang der Anzeige durch den VR nicht unver- 34 züglich gegen den nunmehr „Versicherungslosen“ vor, so kann hierin eine Amtspflichtverletzung i.S.v. § 839 BGB vorliegen.77 Im Bereich der Kfz-Versicherung ist in § 25 Abs. 4 Satz 1 FZV eine ausdrückliche Pflicht zum Tätigwerden bestimmt, deren Schutzrichtung auch auf potentielle Verkehrsopfer hinzielt.78 So kommt insbesondere ein hierauf begründeter Schadensersatzanspruch zugunsten des geschädigten Dritten in Betracht, wenn diesem infolge der Amtspflichtverletzung keine Ansprüche gegen den HaftpflichtVR zustehen, im Hinblick auf die Schadenshöhe indes im Rahmen der Grenzen von § 117 Abs. 3 und Abs. 4.79 Wird die zuständige Behörde nicht innerhalb der einmonatigen Nachhaftungsfrist tätig und entzieht die Erlaubnis zur Ausübung der versicherungspflichtigen Tätigkeit, so besteht der Anscheinsbeweis, dass sie ihre Amtspflicht verletzt hat. In Betracht kommt auch ein entsprechender Schadensersatzanspruch des HaftpflichtVR, der dem geschädigten Dritten im Rahmen der Nachhaftung gem. § 117 Abs. 2 ersatzpflichtig ist, gegen die Behörde wegen Amtspflichtverletzung.80
III. „Dritter“ i.S.d. § 117 Abs. 1 und Abs. 2 Das Gesetz lässt die Verpflichtung des VR in Ansehung des „Dritten“ bestehen. Wer 35 als Dritter in diesem Sinne einzuordnen ist, ergibt sich aus dem Normzusammenhang. Zunächst einmal ist – wie bei § 115 Abs. 1 – mit dem Dritten der Geschädigte gemeint, der durch die versicherungspflichtige Handlung/Tätigkeit des VN geschädigt wurde und dem deshalb ein Schadensersatzanspruch gegen den VN zusteht. Dieser Anspruch wäre im Regelfall von der Pflichthaftpflichtversicherung umfasst, ist aber aufgrund von Umständen, die zu einer Leistungsfreiheit führen (oben Rn. 8 ff., 20 ff.), ausnahmsweise nicht mehr abgedeckt. Gleichwohl wird der Geschädigte in den Fällen von § 117 Abs. 1 und Abs. 2 für schützenswert erachtet. Auch der Rechtsnachfolger des Geschädigten kann grundsätzlich Dritter sein.81 In 36 Betracht kommt zum einen der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger nach § 1922 BGB. Ebenso kann eine Rechtsnachfolge durch Abtretung des Anspruchs, Pfändung und Überweisung gegen den Geschädigten, sowie durch sonstige gesetzliche Vorschriften eintreten.82 Kein tauglicher Dritter i.S.d. § 117 ist jedoch ein anderer Schadensversicherer oder 37 aber ein Sozialversicherungsträger. Das ergibt sich bereits aus Abs. 3 Satz 2, der bestimmt, dass der VR nicht leisten muss, sofern eben ein derartiges Haftungssubjekt zur Verfügung steht.83 Im Unterschied dazu können Sozialhilfeträger sehr wohl Rechtsnachfolger und daher Dritter sein (vgl. hierzu Rn. 66 ff.).
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Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 23; Prölss/Martin/Knappmann28 Rn. 18. BGH 15.1.1987 VersR 1987 761 f. BGH 17.5.1990 VersR 1991 73 (betr. § 29c StVZO); Prölss/Martin/Knappmann28 Rn. 18. Prölss/Martin/Knappmann28 Rn. 18.; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 23. BGH 8.10.1952 BGHZ 7 244, 237; 17.5.1956 BGHZ 20 371, 376 ff.; 17.10.1957
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BGHZ 25 330, 337 ff.; BGH 23.9.1965 BGHZ 44 166 =NJW 1965, 2343; KG Berlin 2.3.1978 VersR 1978 435, 436; Langheid/ Wandt/Schneider § 117 Rn. 11; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 16. BGH 17.10.1957 BGHZ 25 330, 332. So schon BGH 8.10.1952 BGHZ 7 244, 247, obwohl damals der heutige Abs. 3 S. 2 nicht existierte; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 11.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
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Sogar der VN selbst kann in gewissen Fällen Dritter sein, wenn ihm ein Schaden von einem Mitversicherten zugefügt wurde und sein eigenes Versicherungsverhältnis zum VR nicht gestört ist.84 Soweit dem VR allerdings im Innenverhältnis Gegenansprüche zustehen, kann dem Anspruch des VN gegen den VR der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden.85 Der ausgleichsberechtigte Mitschädiger ist kein Dritter im Sinne dieser Vorschrift. Die 39 die frühere Rechtslage betreffende Rechtsprechung hat darauf abgestellt, das Pflichtversicherungsgesetz diene, insbesondere durch Gewährung des Direktanspruchs, dem Schutz von Unfallopfern, die den Risiken des Kraftfahrzeugverkehrs ausgesetzt seien; hingegen diene die Direkthaftung des Versicherers nicht dem Schutz der Schädigers.86 Diese Aspekte lassen sich auf die heute geltende Rechtslage übertragen.87
IV. Haftungsbegrenzung des Versicherers, Abs. 3 Satz 1 40
Erhebliche Bedeutung kommt im Rahmen des § 117 der Bestimmung von Abs. 3 zu. Diese Regelung bestimmt den Umfang der Leistungspflicht des VR in den Fällen von Abs. 1 und Abs. 2. Da der VR im Rahmen des § 117 Abs. 1 und Abs. 2 haftet, obwohl er im Verhältnis zum VN von der Leistung befreit ist, kommt ihm das Gesetz zumindest in Abs. 3 insoweit entgegen, als es den Haftungsumfang konkretisiert und begrenzt und somit seine Belastung abmildert. Der VR haftet danach lediglich bis zur vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme und der von ihm übernommenen Gefahr. Damit bewirkt § 117 Abs. 3 einen wesentlichen Unterschied zwischen einem „intakten“ Versicherungsverhältnis, wo der Umfang der Leistungspflicht primär vom Inhalt des Versicherungsverhältnisses bestimmt wird, und einem „gestörten“ Versicherungsverhältnis nach Abs. 1 und Abs. 2, in dem sich der Umfang der Leistungspflicht des VR eben nach Abs. 3 richtet. Hinzu tritt die Haftungssubsidiarität gem. Abs. 3 Satz 2 (dazu Rn. 50 ff.). 1. Mindestversicherungssumme
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In vielen Fällen sehen die Versicherungsverträge eine höhere Deckungssumme vor, als sie gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl. auch § 114 Rn. 16 f.). Je nach Art der Tätigkeit ist dies für den VN auch sinnvoll, da mitunter auch höhere Schäden eintreten können. Der VR haftet mit der vertraglich vereinbarten – über die gesetzliche Mindestversicherungssumme hinausgehenden – Versicherungssumme indes nur bei einem „intakten“ Versicherungsverhältnis. In den Fällen von Abs. 1 und Abs. 2 – also bei einem „gestörten“ Versicherungsverhältnis – ist der VR hingegen lediglich im Rahmen der (gesetzlich) vorgeschriebenen Mindestversicherungssummen verpflichtet, § 117 Abs. 3 Satz 1. Mit dieser Differenz aus gesetzlich festgelegter Mindestversicherungssumme und vertraglich zugesicherter Deckungssumme kann sich der VR gem. § 117 Abs. 3 Satz 1 auch gegenüber
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BGH 10.6.1986 VersR 1986 1010; vorangehend OLG Köln 13.3.1985 VersR 1985 488; Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 18; ausführlich zum Streitstand Langheid VersR 1986 15. BGH 10.6.1986 VersR 1986 1010 (juris Rn. 11); Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 11.
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Vgl. BGH 1.7.2008 VersR 2008 1273, 1274; OLG Hamm 14.6.1968 VersR 1969 508; KG Berlin 2.3.1978 VersR 1978 435; OLG Zweibrücken 13.12.1985 VersR 1987 656, 657; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 25. Im Ergebnis ebenso Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 11.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
Dritten stets auf die Leistungsfreiheit berufen. Das ist auch angemessen, da Dritte von Gesetzes wegen lediglich in Höhe der jeweiligen Mindestversicherungssumme geschützt sind. Die Untergrenzen für Versicherungsschutz bei Pflichtversicherungen sind in § 114 42 Abs. 1 kodifiziert. Für einen Versicherungsfall wurde sie auf € 250.000 je Fall festgesetzt. Für ein gesamtes Versicherungsjahr beträgt die Mindestversicherungssumme € 1 Mio. Die Vorschrift tritt indes zurück, soweit durch spezialgesetzliche Vorschriften höhere Summen festgelegt sind. So wird für den wohl wichtigsten Bereich der Pflichtversicherungen, nämlich die Kfz-Haftpflichtversicherung, die Mindestsumme durch die Anlage zu § 4 PflVG festgelegt. Danach haftet der VR für Personenschäden bis zu einer Höhe von € 7,5 Mio., für Sachschäden bis zu € 1 Mio. und für reine Vermögensschäden bis zu € 50.000. a) Teilweise Leistungsfreiheit. Häufig ist der HaftpflichtVR nicht vollständig befreit 43 sondern es besteht gegenüber dem VN lediglich teilweise Leistungsfreiheit. Als markantes Beispiel dienen hierzu etwa §§ 5, 6 KfzPflVV. So findet z.B. gem. § 5 Abs. 3 KfzPflVV eine Begrenzung der Leistungsfreiheit hinsichtlich aufgelisteter Obliegenheitsverletzungen auf maximal € 5.000 statt. Liegt ein solcher Fall vor, ist die Haftung des VR nicht auf die vorgeschriebene Mindestversicherungssumme als Obergrenze beschränkt; vielmehr haftet in einem solchen Fall der VR dem geschädigten Dritten in demselben Umfang, wie er seinem VN gegenüber verpflichtet ist, nämlich in Höhe der vertraglich vereinbarten Versicherungssumme abzüglich des Betrages hinsichtlich der VR dem VN den Deckungsschutz z.B. nach § 5 Abs. 3 KfzPflVV versagen kann.88 Eine andere Frage ist, ob derartige Höchstbeträge (wie etwa gem. § 5 Abs. 3 KfzPflVV) bei mehreren Verstößen gegen verschiedene Obliegenheiten zu addieren sind. Diese Frage stellt sich z.B., wenn ein VN trotz übermäßigem Alkoholgenusses (D.3.3 AKB 2008) seinen Pkw führt und einen Unfall verschuldet und anschließend noch Fahrerflucht begeht (E.6.3 AKB 2008). Die Rechtsprechung hat beide Beträge addiert, als eine Obliegenheitsverletzung vor Eintritt des Versicherungsfalls und eine weitere Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles im Raum standen.89 Bei mehreren Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalles soll es nach im Schrifttum vertretener Auffassung nicht zu einer Addition entsprechender Beträge kommen.90 In dem vom BGH entschiedenen Fall lässt sich eine Zäsur zwischen den beiden Obliegenheitsverletzungen bejahen (vor Eintritt bzw. nach Eintritt des Versicherungsfalles), die eine Addition der entsprechenden Beträge gerechtfertigt erscheinen lässt. Deshalb kommt eine solche Addition auch nur in Betracht, wenn sich die in Rede stehenden Obliegenheitsverletzung (z.B. zeitlich) trennen lassen. Ist dies nicht möglich, ist eine Addition abzulehnen. Ist der VR lediglich teilweise von der Leistungspflicht frei, so ist es möglich, dass die 44 Beschränkung auf die Mindestversicherungssumme gem. § 117 Abs. 3 Satz 1 nicht zur Anwendung kommt. Das ist dann der Fall, wenn die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme abzüglich der Höhe der Leistungsfreiheit immer noch höher ist als die
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BGH 15.3.1983 VersR 1983 688 (juris Rn. 21); Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 29. BGH 14.9.2005 VersR 2005 1720 (juris Rn. 8); OLG Düsseldorf 31.10.2003 VersR 2004 1129 (juris Rn. 13) Prölss/Martin/ Knappmann 28 § 5 KfzPflVV Rn. 17; a.A.
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OLG Nürnberg 27.7.200 VersR 2001 231 (juris Rn. 20); Hübner/Schneider RuS 2002 89, 96. Prölss/Martin/Knappmann28 § 5 KfzPflVV Rn. 17; a.A. wohl Stiefel/Maier18 § 5 KfzPflVV Rn. 40 sowie § 116 Rn. 55.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
gesetzlich festgelegte Mindestversicherungssumme. Ist etwa die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme auf einen Betrag von € 1 Mio. festgesetzt und der VR aber nur in Höhe von € 50.000 gegenüber dem VN von der Leistung frei, so bleibt der Versicherungsschutz in Höhe von € 950.000 erhalten, soweit der gesetzlich vorgeschriebene Mindestschutz (z.B. gem. § 114 Abs. 1 € 250.000) nicht unterschritten wird.91 Eine Beschränkung auf die Mindestversicherungssumme findet deshalb nicht statt, weil § 117 Abs. 3 Satz 1 dem Schutz des Dritten dient, dieser jedoch bei Anwendung der Norm schlechter stünde, als bei Nichtanwendung. Es bedarf in diesen Fällen auch keines Schutzes, da der Dritte bereits durch den bestehenden Versicherungsschutz hinreichende Befriedigungsmöglichkeiten hat. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb man die Haftung des VR im Umfang gegenüber dem Dritten stärker beschränken sollte, als gegenüber dem VN.92 Allerdings finden sich mittlerweile AVB, die für derartige Fälle den Versicherungsschutz auf die gesetzlich festgelegte Mindestversicherungssumme reduzieren (vgl. z.B. D.3.3 oder E.6.7 AKB 2008). Die Wirksamkeit einer solchen Klausel wird jedoch mit Blick auf §§ 28, 32 angezweifelt, da Obliegenheitsverletzungen in § 28 abschließend geregelt seien und hiervon nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden dürfe.93
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b) Mehrere Geschädigte. Nicht selten wird nicht bloß eine Person durch ein Schadensereignis in Mitleidenschaft gezogen. Sind mehrere Geschädigte vorhanden und wird die Versicherungssumme insgesamt nicht erreicht, so erhält jeder Geschädigte seinen vollen Schaden ersetzt. Wird jedoch die Mindestversicherungssumme überschritten, so gilt zunächst die mit der VVG-Reform eingeführte Regelung des § 118 und die hierin bestimmte Rangfolge. Indes ist es auch unter Anwendung des § 118 möglich, dass die Versicherungssumme nicht ausreicht, um die Ansprüche gleichrangig Geschädigter zu erfüllen. Nach früherer Rechtslage vor der VVG-Reform fand eine identische Verteilung wie bei einem intakten Versicherungsverhältnis statt, §§ 109, 108 (§ 156 Abs. 3 i.V.m. § 155 VVG a.F.).94 Diese Handhabung wird durch § 118 Abs. 1 bestätigt („bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beiträge“). Es erfolgt also eine Befriedigung nach den jeweiligen Quoten. Der VR hat ihre Beträge in ein Verhältnis zu setzen und sie im Hinblick auf die Versicherungssumme zu berichtigen (vgl. im Einzelnen Kommentierung zu § 118).
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c) Teilweise Ausgleich durch einen Sozialversicherungsträger. Noch komplexer gestaltet sich die Rechtslage, sofern im Rahmen derartiger Fälle noch andere Schadensversicherer oder aber insbesondere Sozialversicherungsträger (SVT) beteiligt sind. Gleicht etwa ein SVT einen Teil des Schadens aus, kann der Geschädigte den übrigen Teil (häufig sind das Nichtvermögensschäden)95 gewiss gegen den an sich leistungsfreien HaftpflichtVR des Schädigers geltend machen. Solange der Gesamtschaden nicht die Mindestversiche-
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Vgl. BGH 15.3.1983 VersR 1983 688, 689 f.; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 22; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 117 Rn. 21; Burmann NJW-Spezial 2006 15; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 29; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 117 Rn. 16; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 28. Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 28.
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Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 29; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 21 mit Verweis auf D.3 AKB 2008 Rn. 26; a.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 21; Burmann NJW-Spezial 2006 15. BGH 30.4.1975 VersR 1975 558, 559 (zu § 3 Nr. 1 PflVG a.F.); Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 30. Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 31.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
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rungssumme erreicht, wird der Geschädigte voll befriedigt. Sobald der Gesamtschaden diese Summe indes übersteigt (wenn also die Summe des Schadensbetrags, den der SVT übernimmt, sowie des weiteren Schadens, den der SVT nicht trägt, die Mindestversicherungssumme übersteigt), stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Abs. 3 Satz 1 und Satz 2. Nach Abs. 3 Satz 2 ist der VR leistungsfrei, soweit der Dritte Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem SVT erlangen kann (vgl. noch Rn. 50 ff.). Als Beispiel sei genannt, dass die Mindestversicherungssumme auf € 300.000 festgesetzt ist, der Schaden aber € 360.000 beträgt und der SVT davon € 270.000 ersetzt; dann steht immer noch eine Regulierung zugunsten des Geschädigten i.H.v. € 90.000 aus. Es stellt sich dann aber die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der VR haftet. Aus Abs. 3 Satz 2 ergibt sich, dass der HaftpflichtVR nur subsidiär haftet. Soweit der Geschädigte seinen Schaden anderweitig ersetzt verlangen kann, ist der HaftpflichtVR leistungsfrei. Man könnte nunmehr aber den Standpunkt vertreten, dass die Zahlung des SVT nicht auf die Mindestversicherungssumme anzurechnen sei. Dann könnte die Zahlung des SVT dem VR nicht zum Vorteil gereichen und seine Haftung einschränken.96 Resultat dieser Ansicht wäre, dass der HaftpflichtVR im oben genannten Beispiel dem Geschädigten die restlichen € 90.000 ersetzen müsste. Demgegenüber ist es auch denkbar, dass die Zahlung des SVT voll auf die Mindestversicherungssumme angerechnet wird; dies würde indes dazu führen, dass der HaftpflichtVR lediglich noch € 30.000 ersetzen müsste.97 Der BGH ist – noch zur Zeit der Geltung des § 1542 RVO – einer vermittelnden 47 Ansicht gefolgt 98 und argumentiert, soweit überhaupt keine Anrechnung der Zahlung des SVT auf die Mindestversicherungssumme stattfände, würde das zu dem Ergebnis führen, dass der Geschädigte bei gestörtem Versicherungsverhältnis besser stünde, als bei intaktem Versicherungsverhältnis mit der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme. Der Geschädigte sei so zu stellen, wie er stünde, wenn das Versicherungsverhältnis mit der Mindestversicherungssumme intakt wäre. Ist der HaftpflichtVR gegenüber seinem VN zur Leistung verpflichtet und übersteigt der Schaden die Versicherungssumme, so fände das Verteilungsverfahren nach §§ 155, 156 VVG a.F. (heute §§ 108, 109) statt, an dem sowohl der Geschädigte mit seinem restlichen Anspruch, als auch der SVT mit den auf ihn übergegangen Forderungen (damals § 1542 RVO) gegen den Schädiger zu beteiligen sind. Gleiches müsse auch bei einem gestörten Versicherungsverhältnis gelten. Geschädigter und SVT seien als gleichberechtigte Anspruchsinhaber anzusehen. Das hat zur Folge, dass der nicht beglichene Schaden des Geschädigten und der in Wirklichkeit ausgeschlossene Rückgriffsanspruch des SVT zusammenzurechnen sind und dann im Verhältnis des Gesamtbetrages zu der Mindestversicherungssumme zu kürzen sind.99 Im Beispielsfall hieße das, dass der nicht ersetzte Schaden des Geschädigten i.H.v. € 90.000 lediglich 25 % des Gesamtschadens ausmacht und daher ein Anspruch gegen den HaftpflichtVR auf € 25.000 resultiert.100 Schon nach der im Jahre 1983 erfolgten Ablösung des § 1542 RVO durch § 116 SGB X 48 war indes fraglich, ob die Entscheidung so noch Bestand haben würde.101 So beinhaltet
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So das Berufungsgericht als Vorinstanz zu BGH 30.4.1975 VersR 1975 558. Beispiel nach Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 31. BGH 30.4.1975 VersR 1975 558, 559 f.; so bereits Preußner ZfV 1967 526. Dem folgend Bruck/Möller/R.Johannsen8
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Bd. V/1 Anm. B 48; dagegen Ritze NJW 1975, 2284. Vgl. zum Vorstehenden Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 32. Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 48 plädierte für ein Fortbestehen der Rechtsprechung.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
§ 116 Abs. 4 SGB X ein umfassendes Befriedigungsvorrecht des Geschädigten gegenüber dem SVT.102 In seiner Begründung hatte der BGH ausgeführt, dass es entscheidend sei, dass der Geschädigte nicht besser gestellt werden dürfe, als bei einem intakten Versicherungsverhältnis mit der gesetzlichen Mindestversicherungssumme (vgl. oben Rn. 47). Aufgrund von § 116 Abs. 4 SGB X nimmt der SVT aber nicht mehr als Gleichberechtigter am Verteilungsverfahren teil, sondern muss dem Geschädigten vorzugsweise Befriedigung gewähren. Diese vorzugsweise Befriedigung ist dabei nicht bloß auf kongruente (deckungsgleiche),103 sondern vielmehr umfassend auf alle Ansprüche ausgerichtet. Diese bereits vor der VVG-Reform vertretene Sichtweise104 wird nach der VVG-Reform zudem durch § 118 gestützt, der dem Geschädigten zumindest für Personenschäden ein Befriedigungsvorrecht einräumt.105 Auch im Rahmen eines „gestörten“ Versicherungsverhältnisses ist deshalb das Befriedigungsvorrecht des Geschädigten gegenüber dem SVT ausschlaggebend.106 2. Haftung im Rahmen der vom Versicherer übernommenen Gefahr
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Dass der HaftpflichtVR nur im Rahmen der vertraglich übernommenen Gefahr haftet, hat letztlich nur klarstellenden Charakter.107 Es ist naheliegend, dass die Leistungspflicht des HaftpflichtVR bei gestörtem Versicherungsverhältnis nicht weitergehen kann, als bei intaktem Versicherungsverhältnis. Wurden insofern Leistungsbeschränkungen und Leistungsausschlüsse im Vertrag vereinbart, so kann dies auch dem Dritten gegenüber eingewandt werden. Sind bestimmte Risiken von Anfang an nicht übernommen oder finden sich Risikoausschlüsse, so ist § 117 überhaupt nicht einschlägig (vgl. bereits oben Rn. 12 ff.). So stellt insbesondere § 103 (§ 152 VVG a.F.) einen praxisrelevanten gesetzlichen Haftungsausschluss dar. Daneben können auch vertragliche Risikoausschlüsse der Anwendbarkeit des § 117 entgegenstehen. Ob ein vertraglicher Risikoausschluss vorliegt ist unter Umständen im Einzelfall aber nicht immer einfach zu bestimmen. Die Abgrenzung zwischen Risikoausschluss und „verhüllten Obliegenheiten“108, deren Verletzung lediglich zur Leistungsfreiheit im Innenverhältnis führen, spielt dabei eine gewichtige Rolle. Risikoausschlüsse liegen allgemein dann vor, wenn das versicherte Risiko objektiv begrenzt ist und die Leistungspflicht des VR nicht vom Verhalten des VN abhängig ist. Sie beschreiben damit einen vertraglichen Zustand.109 Im Gegensatz dazu knüpfen Obliegenheiten, die zu einer nachträglichen Leistungsfreiheit im Innenverhältnis führen, an das
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Denck VersR 1987 629; Schwintowski/ Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 44; vgl. auch Hessert VersR 1997 39, 41. Gem. § 116 Abs. 1 SGB X gehen Schadensersatzansprüche vom Geschädigten auf den SVT nur insoweit über, als sie mit einer Sozialleistung deckungsgleich sind; zum Begriff etwa Kreikebohm/Waltermann, Sozialrecht, 2. Aufl. 2011, § 116 SGB X Rn. 13; Küppersbusch VersR 1983 193. Vgl. bereits umfassend Berliner Kommentar/ Beckmann § 158c Rn. 33 m.w.N. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 117 Rn. 16; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 42; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 117 Rn. 44.
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So schon Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 33; ebenso auch nach der VVGReform Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 117 Rn. 44; wohl auch Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 42; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 117 Rn. 16; a.A. Römer/Langheid3 § 117 Rn. 26. Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 35. Dazu Bruck/Möller/Heiss9 § 28 Rn. 18; Beckmann/Matusche-Beckmann/Marlow 2 § 13 Rn. 15 jeweils m.w.N. Berliner Kommentar/Schwintowski § 6 Rn. 22 ff.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
Verhalten des VN an.110 Es versteht sich, dass ein vertraglicher Risikoausschluss nur Wirkung entfalten kann, wenn er rechtswirksam vereinbart ist, insbesondere mit den AGB-rechtlichen Vorgaben der §§ 305 ff., §§ 307 ff. BGB in Einklang steht.
V. Verweisungsprivileg des Haftpflichtversicherers, Abs. 3 Satz 2 Die Vorschrift des § 117 Abs. 3 Satz 2 stellt den im Innenverhältnis leistungsfreien HaftpflichtVR auch gegenüber dem Geschädigten von seiner nach Abs. 1 und 2 fortbestehenden Eintrittspflicht frei, soweit dieser in der Lage ist, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder Sozialversicherungsträger (SVT) zu erlangen.111 Nach § 117 Abs. 3 Satz 2 muss der HaftpflichtVR bei Leistungsfreiheit dann nicht dem Begehren des Geschädigten nachkommen, wenn und soweit dieser die Möglichkeit hat von einem anderen Schadensversicherer oder Sozialversicherungsträger (SVT) Ersatz seines Schadens zu erlangen. Durch dieses Verweisungsprivileg kommt der subsidiäre Charakter der Einstandspflicht des HaftpflichtVR zum Ausdruck.112 Eine zu beachtende Sonderregelung enthält § 3 Satz 1 PflVG (vgl. Rn. 72 f.). Abs. 3 Satz 2 schließt eine Haftung des HaftpflichtVR zum einen gegenüber dem Geschädigten aus. Zum anderen aber wird gleichzeitig auch der Regress des anderen SchadensVR bzw. SVT gegen den HaftpflichtVR ausgeschlossen, die im Wege der Legalzession Ansprüche des Geschädigten erwerben.113 Bevor der leistungsfreie HaftpflichtVR dem Anspruch des Dritten nachkommt, wird er deshalb zuvorderst nachprüfen, inwieweit der Dritte von anderen VR oder SVT Ersatz erlangen kann. Erst wenn kein anderer Ausgleichspflichtiger i.S.d. § 117 Abs. 3 Satz 2 vorhanden ist, ist § 117 Abs. 1 bzw. Abs. 2 einschlägig. § 117 Abs. 3 Satz 2 verfolgt den Zweck, dass der Geschädigte des Schutzes der Abs. 1 und 2 nicht bedarf, sofern sein Schaden von einem anderen SchadensVR oder SVT ausgeglichen wird. Der HaftpflichtVR soll nicht belastet werden, wenn von anderer Seite aufgrund eines wirksamen Rechtsverhältnisses eine Verpflichtung zur Deckung des Schadens besteht.114 Es würde den leistungsfreien HaftpflichtVR über Gebühr belasten, wenn er – trotz seiner Leistungsfreiheit und obwohl der Dritte abgesichert ist – dennoch haften müsste, zumal der andere SchadensVR bzw. SVT ohnehin aufgrund eines intakten Rechtsverhältnisses zur Leistung verpflichtet wäre. Der allgemeine Schutzzweck des § 117, dass der geschädigte Dritte im Bereich der Pflichthaftpflichtversicherungen nach Möglichkeit nicht ohne entsprechende Absicherung im Haftungsfall dasteht, wird durch Abs. 3 Satz 2 somit gerade nicht vereitelt. Die Eintrittspflicht eines anderen SchadensVR bzw. SVT muss der nach Abs. 1 bzw. Abs. 2 in Anspruch genommene HaftpflichtVR darlegen und beweisen.115
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Zu dieser Abgrenzung etwa Bruck/Möller/ Heiss9 § 28 Rn. 17 ff.; Beckmann/MatuscheBeckmann/Marlow 2 § 13 Rn. 12 ff. jeweils m.w.N. Saarländisches OLG 4 U 31/12, 4.4.2013 (juris Rn. 24). Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 34. BGH 2.10.2002 VersR 2002 1501 (juris Rn. 14); Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 28.
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BGH 2.10.2002 VersR 2002 1501 (juris Rn. 13). BGH 28.10.1982 VersR 1983 84; BGH 4.4.1978 VersR 1978 609, 611; OLG Koblenz 11.7.2005 VersR 2006 110; Schirmer VersR 1986 825, 831; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 59; Langheid/ Wandt/Schneider § 117 Rn. 48; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 117 Rn. 47.
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1. Anderer Schadensversicherer Vom Begriff des „anderen Schadensversicherers“ sind solche Institutionen umfasst, die eine Schadensregulierung vornehmen und für den Schaden des Dritten aufkommen müssen. Typischerweise fallen hierunter andere HaftpflichtVR des VN (im Falle einer Doppelversicherung) oder auch der Haftpflichtversicherungsschutz eines Mitschädigers.116 Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine Pflichthaftpflichtversicherung oder eine freiwillige Haftpflichtversicherung handelt.117 Es ist auch nicht erforderlich, dass es sich um einen HaftpflichtVR handelt. Vielmehr kommt auch ein Sachversicherer des Geschädigten in Betracht (z.B. Kaskoversicherung).118 Ebenso stellen Transportversicherungen eine solche Möglichkeit dar.119 Auch Rechtsschutzversicherungen sind in diesem Zusammenhang zu nennen.120 In den Kreis der anderen SchadensVR können auch Krankenversicherungen und Unfallversicherungen fallen, jedoch mit der Einschränkung, dass es sich nicht um eine Summenversicherung, sondern um eine Schadensversicherung handelt.121 Summenversicherungen sind grundsätzlich nicht unter den Begriff der „anderen Schadensversicherer“ zu subsumieren. Der Grund hierfür liegt darin, dass bei derartigen Versicherungen die Leistung des VR nicht an dem entstandenen Schaden bemessen wird, sondern aus der jeweiligen Versicherungssumme und den daraus resultierenden Teilbeträgen herrührt.122 Es ist auch generell irrelevant, wer die Summenversicherung abgeschlossen hat. Somit scheiden solche Versicherungsleistungen aus dem Anwendungsbereich des Abs. 4 aus, die einzig eine im Vorhinein schon bekannte Summe auszahlen, die nicht auf den jeweiligen Schaden bezogen ist. Insofern sind Lebensversicherungen, Unfallversicherungen und Krankenhaustagegeldversicherungen keine anderen Schadensversicherungen, soweit sie eine bestimmte Summe erbringen.123 Abgelehnt wurde das Verweisungsprivileg des Abs. 4 vom BGH auch für ein bei einer Zusatzversorgungskasse bestehendes Pensionsversicherungsverhältnis.124 Teilweise wird vertreten, dass die Unterscheidung zwischen Schadens- und Summenversicherungen dann nicht gerechtfertigt sei, wenn z.B. eine Krankentagegeldversicherung den Verdienstausfall des Geschädigten übernehme. Mit Verweis auf die Anzeigepflicht des VN aus § 4 Abs. 3 MB/KT 2009 bzgl. einer nicht nur vorübergehenden Minderung des Nettoeinkommens ließen sich Elemente der SchadensV herleiten.125 Wenn der Schädiger gegenüber dem Geschädigten befugt ist, eine Anrechnung der 55 Leistung aus einer bestehenden Summenversicherung auf gegen ihn gerichtete Schadensersatzansprüche zu verlangen,126 so bewirkt die Anrechnung insoweit die Tilgung der
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Römer/Langheid3 § 117 Rn. 30. Langheid/Wandt/Schneider § 115 Rn. 38. Saarländisches OLG 4 U 31/12, 4.4.2013 (juris Rn. 24); Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 30; Schneider DAR-Extra 2008 743. BGH 4.4.1978 VersR 1978 609, 611; OLG Koblenz 11.7.2005 VersR 2006, 110. LG Saarbrücken 14.8.1975 VersR 1976 83; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 39; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 39. BGH 12.12.1975 VersR 1976 235, 236; OLG Hamm 14.6.1968 VersR 1969 508, 509; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 40; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 39.
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BGH 15.2.1968 VersR 1968 361; BGH 26.9.1979 VersR 1979 1120, 1121; Bruck/ Möller/Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 53; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 39; anders noch BGH 17.10.1957 VersR 1957 731. Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 30; vgl. aber noch unten Rn. 55. BGH 26.9.1979 VersR 1979 1120, 1121; kritisch Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 53. Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 31; a.A. Prölss/ Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 27. Vgl. etwa BGH 7.5.1975 BGHZ 64 260, 266 (juris Rn. 15); Palandt/Grüneberg72 Vorbem. v. § 249 Rn. 84.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
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Haftpflichtschuld. Dies ist wie eine Zahlung des Geschädigten selbst zu behandeln. Der HaftpflichtVR ist berechtigt, sich hierauf zu berufen.127 Der HaftpflichtVR kann den Geschädigten ebenfalls nicht auf sog. Eigenversicherer 56 verweisen, soweit sie nicht von der Pflichtversicherung befreit sind.128 Eigenversicherer sind regelmäßig firmeneigene VU, die zur Absicherung von firmeneigenen Risiken dienen. Gleiches gilt auch dann, wenn sie sich im Ausland befinden. Manche Rechtsträger, insbesondere Bund, Länder und größere Gemeinden sind nach § 2 Abs. 1 PflVG von der Abschlusspflicht einer Haftpflichtversicherung ausgenommen. In derartigen Fällen kann der HaftpflichtVR den Geschädigten sehr wohl an diese Rechtsträger selbst verweisen, da sie nach § 2 Abs. 2 PflVG einem anderen HaftpflichtVR gleichzustellen sind.129 Neuerdings wird eine Analogie zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PflVG erwogen.130 Zur 57 Begründung wird angeführt, dass es aus Wertungsgesichtspunkten gerechtfertigt sei, für bestimmte Transportmittel (für die Straßenbahnen besteht z.B. keine Versicherungspflicht) deren Eigenversicherer wie einen anderen HaftpflichtVR zu behandeln i.S.d. § 2 Abs. 2 PflVG. Dieser Ansicht ist entgegenzutreten. Zwar mag es rechtspolitisch richtig sein, auch für derartige Transportmitteln eine derartige Versicherungspflicht aufzubürden. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 PflVG ist jedoch aufgrund des eindeutigen Wortlauts nicht analogiefähig. Es obliegt dem Gesetzgeber derartige versicherungsspezifische Fragen zu regeln. 2. Möglichkeit anderweitigen Ersatzes Die Einstandspflicht des VR entfällt gem. § 117 Abs. 3 Satz 2, „soweit der Dritte 58 Ersatz seines Schadens von dem anderen VR oder Sozialversicherungsträger erlangen kann“. Es kommt mithin nicht darauf an, dass er tatsächlich den Schaden ersetzt bekommen hat. Vielmehr ist die faktisch bestehende Möglichkeit der Erlangung von Schadensersatz maßgeblich.131 Das hat zur Folge, dass der HaftpflichtVR auch dann noch die Einrede des Abs. 3 Satz 2 erheben kann, wenn der Geschädigte z.B. seinen Anspruch beim anderen SchadensVR nicht rechtzeitig angemeldet hat und sein Versicherungsschutz deshalb verloren geht.132 In diesem Fall lebt die Haftung des HaftpflichtVR nach Abs. 1 bzw. Abs. 2 nicht wieder auf. Er bleibt vielmehr endgültig leistungsfrei. Gleiches gilt auch dann, wenn der Geschädigte bewusst darauf verzichtet, seinen eigenen VR in Anspruch zu nehmen um einer möglichen Prämienerhöhung oder gar Kündigung zu entgehen.133 Dabei unterliegt der Geschädigte vielfach ohnehin einem Trugschluss, da zum einen die Inanspruchnahme des eigenen VR in einem derartigen Fall regelmäßig nicht zu einer Hochstufung in der Versicherungsprämie führt, und zum anderen, weil eine etwaige erhöhte Versicherungsprämie vom HaftpflichtVR ausgeglichen werden muss. Insofern 127
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 53; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 41. BGH 20.1.1971 VersR 1971 333, 334; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 27; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 42. Näheres hierzu OLG Zweibrücken 13.12.1985 VersR 1987 656; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 117 Rn. 29. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 29 ff.
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Saarländisches OLG 4 U 31/12, 4.4.2013 (juris Rn. 24); Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 35. BGH 18.12.1970 VersR 1971 238. BGH 18.12.1970 VersR 1971 238; Bruck/ Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 56; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 29; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 43.
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greift das Haftungsprivileg des Abs. 3 Satz 2 nämlich gerade nicht.134 Der Geschädigte sollte den Schaden also stets auch seinem VR anzeigen, selbst wenn er davon ausgeht, dass er diesen nicht in Anspruch nehmen muss. Der HaftpflichtVR wird jedoch nicht zwangsläufig von der gesamten Leistungspflicht frei, wenn ein anderer SchadensVR eintritt. Wenn also beispielsweise ein KaskoVR des Geschädigten für den Schaden eintritt, so deckt diese Kaskoversicherung auch nur gewisse Teile des entstandenen Schadens ab. Den Restbetrag muss der HaftpflichtVR tragen. Der Geschädigte muss somit ggf. erst seine Kaskoversicherung in Anspruch nehmen und im Anschluss den HaftpflichtVR.135 Diese Ausführungen gelten jedoch dann nicht, wenn der andere Schadensversicherer 59 etwa aufgrund eines Risikoausschlusses oder eigener Leistungsfreiheit selbst nicht haftet. In diesen Fällen greift die Verweisung des Abs. 3 Satz 2 nicht und es bleibt bei einer Haftung des HaftpflichtVR nach Abs. 1 oder Abs. 2. Bei Leistungsfreiheit beider beteiligten (Haftpflicht-)VR kann nicht der eine an den 60 anderen verweisen. Abs. 2 Satz 3 ist dahin zu verstehen, dass der in Anspruch genommene Versicherer nur dann nicht haftet, wenn und soweit der Geschädigte in der Lage ist, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadenversicherer aufgrund eines wirksamen Versicherungsverhältnisses zu erlangen.136 Es ist grundsätzlich für den Verweis auf Abs. 3 Satz 2 nicht von Bedeutung, ob der 61 Geschädigte sich bei der Verfolgung seiner Ersatzansprüche an einen anderen SchadensVR oder SVT halten muss, der im Ausland seinen Sitz hat. Das gilt insbesondere solange sich der andere VR im EU-Ausland befindet.137 Alleine sprachliche Hürden sind nicht ausreichend.138 Hier ist die gerichtliche Geltendmachung und Zwangsvollstreckung ohne größere Probleme möglich. Das gilt umso mehr, wenn eine Klage im Inland möglich ist. Die Anwendung des Abs. 3 Satz 2 kommt nur dann nicht in Betracht, wenn dem Geschädigten die Geltendmachung nur unter besonderen Verzögerungen und Erschwerungen möglich wäre.139 Der BGH verweist insofern auf die parallele Interessenlage bei § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB mit den identischen Kriterien.140 3. Doppelversicherung bzw. Zusammentreffen mehrerer Haftpflichtversicherungen
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Da unter anderen SchadensVR i.S.d. Abs. 3 Satz 2 auch andere HaftpflichtVR des Schädigers oder auch eines Mitschädigers verstanden werden, kann es zu dem Sonderfall kommen, dass bei einem Schadensereignis mehrere HaftpflichtVR zugleich dem Geschädigten gegenüber eintrittspflichtig sind. Ist auch nur einer der vorhandenen HaftpflichtVR leistungspflichtig, so greift der Verweis des Abs. 3 Satz 2. Alle leistungsfreien VR können sich auf diesen Verweis berufen. Es spielt dabei weder ein Rolle, ob der Geschädigte gegen diesen auch im Wege der Direktklage vorgehen kann, noch dass es sich bei dem HaftpflichtVR um eine Pflichtversicherung handelt. Denkbar ist etwa, dass ein Schädiger zwei Haftpflichtversicherungen abgeschlossen hat, oder dass zwei oder mehrere Schädiger jeweils über eine Haftpflichtversicherung verfügen. Soweit zumindest ein
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BGH 18.12.1970 VersR 1971 238 a.E.; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 29; Schirmer VersR 1986 825. Zur Gebührenabrechnung des Rechtsanwalts in derartigen Fällen Schneider DARExtra 2008 743. OLG Schleswig 14.6.1990 RuS 1991 160, 161.
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OLG Koblenz 11.7.2005 VersR 2006 110 (spanische Transportversicherung); OLG München 24.2.1995 NJW-RR 1996 1179. Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 54. BGH 4.4.1978 VersR 1978 609, 611. Vgl. hierzu BGH 26.4.1976 VersR 1976 1034 ff.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
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VR leistungspflichtig ist, ist der Geschädigte auch hinreichend geschützt, soweit er von diesem den Schaden ersetzt verlangen kann.141 Schwieriger wird es, wenn der leistungspflichtige VR nicht den gesamten Schaden 63 abdecken kann. In diesem Fall haftet der leistungsfreie HaftpflichtVR für den darüberhinausgehenden Schaden bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme dann, wenn zwei HaftpflichtVR zweier oder mehrerer Schädiger zur Verfügung stehen. Unterhält dagegen nur ein Schädiger zwei Haftpflichtversicherungen, wovon ein Versicherungsverhältnis intakt und das andere gestört ist und überschreitet die Schadenshöhe die Versicherungssumme, so haftet der im Innenverhältnis leistungsfreie VR nicht, wenn die zur Verfügung stehende Versicherungssumme zumindest so hoch ist wie die vorgeschriebene Mindestversicherungssumme. Zur Begründung ist anzuführen, dass es für den Geschädigten ausreicht, wenn ihm ein VR in Höhe der gesetzlich festgelegten Mindestversicherungssumme zur Verfügung steht. Alleine dies entspricht dem Zweck des § 117.142 Die gegenteilige Auffassung, die auch den leistungsfreien VR in Anspruch nehmen möchte, selbst wenn der leistungspflichtige VR den Schaden bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme abdeckt, beruft sich auf den mutmaßlichen Willen des Geschädigten. Dieser bevorzuge möglicherweise einen HaftpflichtVR als Anspruchsgegner, als einen vielleicht nur freiwilligen HaftpflichtVR, etwa um den Anspruchsvorrang des § 118 zu erlangen.143 Die Ansicht überzeugt indes nicht. Der Wille des Geschädigten ist nicht maßgeblich. Zwar mag es zutreffen, dass er besser stünde, sofern ihm beide VR haften würden. Das ist aber nicht die Intention des § 117. Dieser zielt einzig darauf ab, dass der Geschädigte bei einem gestörten Deckungsverhältnis zumindest Ersatz seines Schadens bis zur Mindestversicherungssumme erhält. Soweit dies durch einen anderen HaftpflichtVR möglich ist, muss das Verweisungsprivileg des Abs. 3 Satz 2 eingreifen. Ein wenn auch seltener Ausnahmefall kann sich weiterhin ergeben, wenn der Schädi- 64 ger zwei Haftpflichtversicherungen unterhält, von denen beide Versicherungsverhältnisse nicht „intakt“ sind. Mithin wären hier also beide HaftpflichtVR im Innenverhältnis grundsätzlich von der Leistung frei. In diesem Fall findet eine Anwendung der Regeln über die Doppelversicherung gem. § 78 statt.144 Diese Vorschrift sieht eine gesamtschuldnerische Haftung der VR vor. Eine Differenzierung zwischen den Tatbeständen der Leistungsfreiheit, die zu einer anderen Verteilung führen könnte, findet nicht statt, da diese gleichwertig nebeneinander stehen und keine Differenzierung zulassen.145 Die Haftung der VR wird auch hier auf die Mindestversicherungssumme begrenzt gemäß Abs. 3 Satz 1. Das Verhältnis der haftenden VR zueinander bestimmt sich nach § 78 Abs. 2. Nach erfolgter Regulierung gegenüber dem Geschädigten hat dieser im Rahmen des gesamtschuldnerischen Innenausgleichs zu dem anderen HaftpflichtVR den entsprechenden Teil des Anspruchs gegen den VN nach § 117 Abs. 5 Satz 1 an den anderen HaftpflichtVR abzutreten.146
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 55; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 43. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 117 Rn. 24. Hierzu ausführlich Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. V/1 Anm. B 55; ebenso Hübner/ Schneider RuS 2002 89, 93. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 46. OLG München 12.3.1959 VersR 1959 607,
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Zuletzt ist es denkbar, dass zwei oder mehrere Schädiger für einen Schaden verantwortlich sind und jeder der HaftpflichtVR im Innenverhältnis zu diesen leistungsfrei ist. § 78 ist dann nicht einschlägig, zumal die VR unterschiedliche Risiken (§ 78 setzt eine Versicherung gegen dieselbe Gefahr voraus) abdecken. Der Geschädigte kann somit gegen beide HaftpflichtVR vorgehen und hat folglich zweimal einen Haftungsfonds in Höhe der Mindestversicherungssumme zur Verfügung.147 4. Sozialversicherungsträger i.S.d. Abs. 3 Satz 2, 2. Alt
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Als weiteres mögliches Haftungssubjekt, auf das der leistungsfreie HaftpflichtVR verweisen kann, kommen gem. Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. Sozialversicherungsträger in Betracht. Ob eine Institution als SVT in diesem Sinne einzustufen ist, hängt davon ab, ob dieser gegenüber dem Geschädigten eine Sozialversicherungsleistung erbringt. Maßgeblich ist demnach, dass sich die Leistung des SVT als Gegenleistung zu den Beiträgen der Versicherungspflichtigen darstellt. Insoweit spielt es keine Rolle, ob die Versicherungsleistung staatlich bezuschusst wird, oder zeitlich begrenzt ist.148 Die Vorschrift umfasst daher in jedem Fall alle inländischen und ausländischen gesetzlichen Unfall-, Kranken-, und Rentenversicherungen.149 Darüberhinaus ist auch die Zahlung des Arbeitslosengeldes I durch die Bundesagentur für Arbeit als Versicherungsleistung zu werten, da der Versicherte diese Leistung aufgrund seiner Zahlung in die Arbeitslosenversicherung erhält. Dazu zählen im Übrigen auch Aufwendungen für Rehabilitationsmaßnahmen um den Geschädigten wieder in einen arbeitsfähigen Zustand zu versetzen.150 Im Umkehrschluss erfüllen Leistungen aufgrund des Arbeitslosengeldes II (früher 67 Sozialhilfeleistungen) gerade nicht die Kriterien des Abs. 3 Satz 2. Die Zahlungen erfolgen hier nicht aufgrund eines Gegenseitigkeitsverhältnisses, sondern einzig aufgrund der staatlichen Fürsorgepflicht.151 Ebenfalls nicht von Abs. 3 Satz 2 umfasst sind Lohnfortzahlungen eines Arbeitgebers, 68 wenn sein Arbeitnehmer geschädigt wurde, da es auch hier an dem erforderlichen Versicherungsverhältnis mangelt.152 Für Leistungen eines öffentlichen Dienstherrn an seinen geschädigten Beamten gilt entsprechendes.153 Umstritten ist, inwieweit das Verweisungsprivileg des Abs. 3 Satz 2 im Rahmen des Beitragsregresses des SVT nach § 119 SGB X eingreift. Beim Beitragsregress zieht der SVT die Rentenbeiträge für den Geschädigten ein, die dieser aufgrund der verminderten Erwerbsunfähigkeit nunmehr nicht mehr selbst erbringen kann, sondern als Schadensersatz vom Schädiger verlangen kann. Der SVT erbringt somit keine eigene Versicherungsleistung, worin ja gerade der Unterschied zu § 116 SGB X liegt. Da Abs. 3 Satz 2 somit nicht einschlägig ist, kann der SVT beim leistungsfreien HaftpflichtVR regressieren.154 147
148 149 150
151
Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 55; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 47. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 32. Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 32; Römer/Langheid3 § 117 Rn. 32. OLG Frankfurt a.M. 30.11.1989 VersR 1991 686; OLG München 25.7.1986 VersR 1988 29 f. OLG Braunschweig 20.5.1966 VersR 1966 969; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1
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153 154
Anm. B 52; Römer/Langheid 3 § 117 Rn. 32; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 40. OLG Köln 13.3.1985 VersR 1985 488, 489; AG Nürnberg 9.5.1972 VersR 1973 516; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 52; Denck VersR 1980 9 ff; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 51. Steffen VersR 1986 101, 102; Schirmer VersR 1986 825, 831. BGH 2.10.2002 VersR 2002 1501; Küppersbusch VersR 1983 193, 211; Denck VersR 1986 402; Langheid/Wandt/Schneider § 117
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
5. Keine analoge Anwendung des Abs. 3 Satz 2 auf sonstige Ausgleichsmöglichkeiten Die Vorschrift des Abs. 3 Satz 2 ist zwingendes Recht und das Ausmaß des Rege- 69 lungsgehaltes weitestgehend eindeutig. Eine Anwendung auf Fälle, in denen der Geschädigte sonstige als die benannten Schuldner zur Befriedigung in Anspruch nehmen kann, ist nicht zulässig. Es kommen nur die aufgeführten SchadensVR und SVT in Betracht.155 6. Subsidiaritätsklauseln Mitunter sehen Versicherungsverträge von SchadensVR in ihren AVB vor, dass ihre 70 Einstandspflicht für die Fälle ausgeschlossen ist, in denen der VN (bezogen auf § 117 also der geschädigte Dritte) von einem anderen, insbesondere von einem anderen VR Ersatz seines entstandenen Schadens verlangen kann. So könnte beispielsweise ein UnfallVR seine Haftung gegenüber seinem VN ausschließen für den Fall, dass dieser beim Schädiger Schadensersatzansprüche geltend machen bzw. durchsetzen kann. Bei derartigen Klauseln spricht man von Subsidiaritätsklauseln. Ihr Verhältnis zu Abs. 3 Satz 2 ist bis heute nicht endgültig geklärt. Zunächst einmal unterscheidet man zwischen einfachen und qualifizierten Klauseln. Während die einfachen Klauseln die Haftung generell ausschließen, unabhängig davon, dass der VN als Geschädigter Ersatz tatsächlich erlangt, ist es bei den qualifizierten Klauseln kennzeichnend, dass die tatsächliche Erlangung von Schadensersatz betont wird. Weiter kann man danach differenzieren, ob derartige Klauseln nur auf die Entschädigungsmöglichkeit gegenüber jeglichen Dritten oder aber nur gegenüber VR abzielt. Subsidiaritätsklauseln dürfen die Regelung des Abs. 3 Satz 2 nicht ausschließen. Darüber ist man sich allgemein einig.156 Die Vorschrift ist zwingendes Recht und folglich nicht abdingbar. Würde also eine derartige Klausel dazu führen, dass der im Innenverhältnis leistungsfreie HaftpflichtVR sich nicht auf Abs. 3 Satz 2 berufen könnte, wäre die Klauseln unwirksam.157 Die Unwirksamkeit ergibt sich zwar nicht aus § 134 BGB, da § 117 Abs. 3 Satz 2 gerade kein Gesetz darstellt, dessen Sinn und Zweck die zivilrechtliche Unwirksamkeit derartiger Klauseln ist. Auch ein Verstoß gegen § 138 BGB kann nicht bejaht werden, da in einer solchen Klausel kein Sittenverstoß liegt, sondern diese lediglich eine Abweichung von gesetzlichen Regelungen darstellt. Richtigerweise handelt es sich bei der Kollision dieser Klausel mit § 117 Abs. 3 Satz 2 um einen Vertrag zu Lasten Dritter ohne deren Zustimmung, wodurch sie in diesen Fällen unwirksam ist. Dem Gesetz liegt eine eindeutige Risikoverteilung zugrunde, die vorsieht, dass in Fällen des § 117 der leistungsfreie HaftpflichtVR dann nicht haftet, wenn gleichzeitig ein „intaktes“ Versicherungsverhältnis vorliegt, aufgrund dessen ein anderer VR zur Leistung verpflichtet wäre. Diese Wertung kann nicht umgangen werden.158
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Rn. 40; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 32; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 51; a.A. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 117 Rn. 34; die Vorschrift des § 119 SGB X wird teilweise für verfassungswidrig gehalten, vgl. Einem VersR 1987 138; Stelzer VersR 1986 632. BGH 17.10.1957 BGHZ 25 330, 333; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 52. Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 58; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 31; Römer/Langheid3 § 117 Rn. 36;
157
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Hübner/Schneider RuS 2002 89, 93; Prölss VersR 1977 367. In einer früheren Entscheidung ist das LG Saarbrücken 1(4.8.1975 VersR 1976 83) trotz Verstoßes gegen § 117 Abs. 3 S. 2 nicht zur Unwirksamkeit gelangt und hat zur Begründung ausgeführt, dass die Klauseln durch die BAV genehmigt worden sei. Die Entscheidung ist zu Recht auf Kritik gestoßen, vgl. etwa Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 58. Zum Vorstehenden auch Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 48.
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§ 117 71
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Es ist damit nicht möglich und zulässig, die Wirkungen des § 117 Abs. 3 Satz 2 durch eine Subsidiaritätsklausel auszuschalten. Dies gilt insbesondere, wenn eine solche Klausel hierauf abzielt. Soweit eine Subsidiaritätsklausel einen generellen Risikoausschluss für Fälle enthält, bei denen der VN als Geschädigter von irgendeinem beliebigen Dritten Ersatz seines Schadens erlangen kann, hat der BGH die Klausel für wirksam erachtet.159 Problematisch ist jedoch, dass eine derart allgemein gehaltene Klausel vom Wortlaut eben Abs. 3 Satz 2 ausschaltet. In diesen Fällen ist die Klausel einschränkend auszulegen mit dem Inhalt, dass Abs. 3 Satz 2 hiervon nicht erfasst ist.160 Eine solche Auslegung erscheint indes dann problematisch, wenn es sich – wie im Regelfall – um eine AVB handelt. Um einen Verstoß gegen AGB-Recht zu vermeiden, ist es empfehlenswert, entsprechende Klauseln so zu formulieren, dass sie nicht in Widerspruch zu § 117 Abs. 3 Satz 2 stehen.161 7. Kein Verweisungsprivileg nach § 3 Satz 1 PflVG in der Kfz-Haftpflichtversicherung
72
§ 3 Satz 1 PflVG enthält eine Sonderregel und erklärt das Verweisungsprivileg gem. § 117 Abs. 3 Satz 2 in den dort genannten Fällen für unanwendbar. § 3 Satz 1 PflVG greift bei Leistungsfreiheit des HaftpflichtVR ein, wenn das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der StVZO nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde. Alle diese Fälle werden von § 117 Abs. 1 erfasst, indes mit der Besonderheit, dass § 3 Satz 1 PflVG das Verweisungsprivileg des Abs. 3 Satz 2 auf andere Schadensversicherer und SVT für unanwendbar erklärt. Der im Innenverhältnis leistungsfreie HaftpflichtVR haftet dem Geschädigten somit auch dann, wenn ein anderer Schadensversicherer zur Leistung verpflichtet wäre. Der Geschädigte hat dann ein Wahlrecht an welchen VR er sich halten will.162 Kommt aber eine weitere Obliegenheitsverletzung des VN hinzu, die nicht in den 73 Katalog des § 3 Satz 1 PflVG fällt, so kann sich der HaftpflichtVR wieder auf das Verweisungsprivileg des Abs. 3 Satz 2 berufen. Ansonsten stünde der HaftpflichtVR schlechter, als er stünde, wenn der VN nur eine nicht von § 3 PflVG umfasste Obliegenheitsverletzung begangen hätte.163 Für derartige Obliegenheitsverletzungen gelten jedoch ohnehin §§ 5, 6 KfzPflVV, wonach der HaftpflichtVR nur bis zu einer Höhe von max. € 5.000 leistungsfrei wird.
VI. Amtshaftung nach Abs. 4 74
§ 117 Abs. 4, dessen Vorgängerregelung des § 158c Abs. 5 VVG a.F. im Jahre 1965 eingeführt wurde, regelt das Verhältnis von Ansprüchen aus fahrlässiger Amtspflichtverletzung nach § 839 Abs. 1 BGB und der Leistungspflicht des HaftpflichtVR nach Abs. 1 und Abs. 2. Die Vorschrift ist insoweit speziell gegenüber § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie wurde im Zuge der VVG-Reform zur Klarlegung abgeändert. Der Wortlaut stellt nun-
159 160
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BGH 12.12.1975 VersR 1976 235, 237 mit Anm. Prölss VersR 1977 367. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 58; Schirmer VersR 1986 825; Looschelders/Pohlmann/Schwarze2 § 117 Rn. 21. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 58. Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 49.
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 3 PflVG Rn. 1. BGH 2.10.2002 VersR 2002 1501, 1502; OLG Stuttgart 15.11.2000 NVersZ 2001 428; Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 117 Rn. 22.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
mehr ausdrücklich klar, dass „die Ersatzpflicht nach § 839 BGB im Verhältnis zum VR nicht dadurch ausgeschlossen wird“. Der zur Vorgängervorschrift bestehende Meinungsstreit, inwieweit die Vorschrift das Außenverhältnis zum Geschädigten oder nur das Innenverhältnis zwischen Staat und VR betrifft, ist damit obsolet.164 Der Gesetzgeber schließt sich ausweislich der Gesetzesbegründung der zuvor vom BGH vertretenen Ansicht an.165 Daraus folgt, dass die öffentliche Hand dem Geschädigten sehr wohl das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegenhalten kann. Der im Innenverhältnis leistungsfreie HaftpflichtVR haftet demzufolge nach Abs. 1 oder Abs. 2 und kann nicht nach Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 auf die öffentliche Hand verweisen, sondern haftet dem Geschädigten vielmehr selbst. Es verbleibt aber nicht dauerhaft dabei, dass der HaftpflichtVR den Schaden zu tragen hat. Vielmehr kann er im Folgenden beim Fiskus Regress nehmen.166 In einigen anerkannten Fällen findet die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 75 BGB keine sachliche Rechtfertigung. Der BGH hat bereits des Öfteren klargestellt, dass die haftungsrechtliche Bevorzugung des Staates in gewissen Bereichen keine Anwendung findet. Die Vorschrift diene dazu, die Entschlusskraft des Beamten zu stärken, indem man ihn von einer drohenden Haftung befreit. Dieser Beweggrund ist etwa dann nicht einschlägig, wenn der Beamte wie ein gewöhnlicher Bürger mit dem Dienstwagen am Straßenverkehr teilnimmt. Das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB wird dann durch das Prinzip der Gleichstellung der Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr überlagert.167 § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB wird insoweit teleologisch reduziert. Der öffentliche Rechtsträger kann sich dann nicht auf das Verweisungsprivileg berufen und wird behandelt wie jeder andere Ersatzpflichtige. Führt etwa ein Polizeibeamter einen Streifenwagen im Straßenverkehr und verursacht er zusammen mit einem Zweitschädiger einen Unfall, so haftet nur der öffentliche Rechtsträger, wenn der HaftpflichtVR des Zweitschädigers im Innenverhältnis leistungsfrei ist, § 117 Abs. 3 Satz 2. Das Prinzip der Gleichbehandlung im Straßenverkehr gilt nicht, sofern der Beamte Sonderrechte nach § 35 StVO wahrnimmt.168 § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB findet des Weiteren keine Anwendung, sofern öffentlich- 76 rechtliche Straßenverkehrssicherungspflichten verletzt werden.169 Diskutiert wird ansonsten, inwieweit entsprechendes gilt, wenn die Zulassungsbehörde es während der einmonatigen Nachhaftungsfrist des Abs. 2 schuldhaft versäumt, den Fahrzeugschein einzuziehen und das Kennzeichen des haftpflichtlosen Fahrzeugs zu entstempeln.170 Haftet der Beamte persönlich, weil die öffentliche Hand die Haftung nicht nach 77 Art. 34 GG übernimmt, so verbleibt es gem. § 117 Abs. 4 Satz 2 beim Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der fahrlässig handelnde Beamte kann den Geschädigten mit seinen Schadensersatzansprüchen auf die anderweitige Ersatzmöglichkeit verweisen.171 164 165
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Vgl. hierzu noch Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 54 m.w.N. BTDrucks. 16/3945 S. 89 mit Verweis auf die maßgebliche BGH-Entscheidung 28.10.1982 VersR 1983, 84. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 46; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 117 Rn. 25. BGH 30.10.1980 VersR 1981 134 f.; BGH 22.5.1980 VersR 1980 939; BGH 15.3.1979 VersR 1979 547; BGH 28.9.1978 VersR 1979 348; BGH 27.1.1977 VersR 1977 541.
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BGH 28.10.1982 VersR 1983 84: Verfolgung eines Autodiebes mit einem Streifenwagen. BGH 29.11.1979 VersR 1980 282. Bejahend Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 117 Rn. 56; ablehnend BGH 2.7.1981 VersR 1981 1154, 1155 f. Hübner/Schneider RuS 2002 89, 93; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 47; Römer/ Langheid 3 § 117 Rn. 40.
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§ 117
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
VII. Regressanspruch des Haftpflichtversicherers gegen Versicherungsnehmer bzw. Mitversicherten, Abs. 5 78
Begleicht der HaftpflichtVR gem. § 117 Abs. 1 bis Abs. 4 Schadensersatzansprüche des geschädigten Dritten, so geht der Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den VN bzw. den Mitversicherten172 gem. Abs. 5 im Wege der Legalzession (gesetzlicher Forderungsübergang; cessio legis) auf den HaftpflichtVR über. Der VN bzw. der Mitversicherte wird also durch die Zahlung des VR an den Geschädigten nicht befreit.173 Abs. 5 übernimmt damit in weiten Teilen den § 158f VVG a.F. 79 Die Regelung des Abs. 5 findet indes nur Anwendung, wenn dem Geschädigten gegenüber dem VR kein Direktanspruch zusteht. In diesen Fällen ist nämlich der Regressanspruch des HaftpflichtVR nach § 116 Abs. 1 Satz 2 spezieller.174 Abs. 5 gilt somit nicht bei Vorliegen einer Kfz-Haftpflichtversicherung und in sonstigen Fällen eines Direktanspruchs gem. § 115 Abs. 1, sondern nur für alle übrigen Pflichthaftpflichtversicherung. 1. Vorliegen der Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 bzw. Abs. 2
80
Voraussetzung für den Übergang des Anspruchs ist zunächst, dass der VR gegenüber dem Geschädigten objektiv leistungspflichtig war und subjektiv aufgrund des § 117 Abs. 1 bis Abs. 4 an den Geschädigten geleistet hat.175 Abs. 5 ist daher nicht einschlägig, wenn überhaupt kein Haftpflichtanspruch des Geschädigten gegen den VN bestand.176 Der VR ist gem. § 117 Abs. 1 bis 4 auch dann nicht leistungspflichtig (so dass ein Forderungsübergang nach Abs. 5 ausscheidet), wenn der nach dem Vertrag versicherte Risikobereich den eingetretenen Schaden gar nicht umfasst177; das ist z.B. auch der Fall, wenn ein Risikoausschluss (vertraglich oder gesetzlich) eingreift (vgl. bereits oben Rn. 12 ff.). Gleiches gilt, sofern die Mindestversicherungssumme bereits voll ausgeschöpft war178 und er über diese Grenze hinaus bezahlt hat.179 Des Weiteren besteht kein Regressanspruch nach § 117 Abs. 5, wenn der HaftpflichtVR den Geschädigten auf einen anderen Schadensversicherer oder SVT hätte verweisen können.180 Die gleiche Wirkung kann darüber hinaus eintreten, wenn der Dritte eine Obliegenheit gem. § 119 verletzt hat und infolgedessen die Leistungspflicht des HaftpflichtVR gem. § 120 beschränkt ist.181
172
173 174
175
§ 117 Abs. 5 greift auch im Hinblick auf einen mitversicherten Schädiger (Langheid/ Wandt/Schneider § 117 Rn 60); zu berücksichtigen bleibt § 123. Dazu auch Rn. 93 ff. BGH 28.11.1957 BGHZ 26 133, 137 ff. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 117 Rn. 26; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 49. BGH 13.2.1958 VersR 1958 173, 174; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 38; Römer/Langheid3 § 117 Rn. 43; Langheid/ Wandt/Schneider § 117 Rn. 51; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 117 Rn. 28; a.A. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 8 bzgl. der subjektiven Komponente.
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OLG Schleswig 18.12.1996 NZV 1997 442; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 51 f. BGH 24.3.1976 VersR 1976 480, 481; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 52. Schmalzl VersR 1965 932, 933; Langheid/ Wandt/Schneider § 117 Rn. 52. BGH 28.11.1957 BGHZ 26 133, 142; OLG Köln 29.5.1996 VersR 1997 225, 227; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 38. BGH 28.11.1957 BGHZ 26 133, 140 f.; OLG Köln 29.5.1996 VersR 1997 225 226 f.; Schmalzl VersR 1965 932, 933; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 52. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 52.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
Fehlt es also einer Leistungspflicht des HaftpflichtVR gem. § 117 Abs. 1 bis 4, so 81 kommt es auch nicht zu einem gesetzlichen Forderungsübergang gem. Abs. 5. Hat der VR gleichwohl den Schaden des geschädigten Dritten beglichen, kommt ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch des VR in Betracht (dazu noch Rn. 101). 2. Rechtsfolgen Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor und gleicht der HaftpflichtVR den Scha- 82 den des Dritten aus, so bewirkt Abs. 5 Satz 1 den Übergang der Schadensersatzforderung des Dritten gegen den VN auf den HaftpflichtVR. Der Forderungsübergang findet im Zeitpunkt statt, indem der HaftpflichtVR an den Dritten aufgrund der Verpflichtung der Abs. 1 und Abs. 2 leistet. Die Forderung geht in dem Umfang über, in dem der HaftpflichtVR auch tatsächlich die Forderung des Dritten beglichen hat; dies folgt aus Abs. 5 Satz 1 („soweit“; zur Höhe vgl. noch sogleich Rn. 83 ff.). Für den Übergang spielt es keine Rolle, ob die Zahlung an den Dritten oder seinen Rechtsnachfolger erfolgte.182 Der HaftpflichtVR kann somit vom VN Zahlung in Höhe der an den Geschädigten erbrachten Leistungen verlangen und ggf. im Wege der Leistungsklage geltend machen. Soweit er auch künftig noch Leistungen an den Dritten erbringen muss, lässt sich eine solche Klage unter Umständen mit einer Feststellungsklage auf Bestehen der Erstattungspflicht zu verknüpfen.183 3. Höhe der übergegangenen Forderung/ Einwendungen des Versicherungsnehmers Wie sich aus dem Wortlaut des Abs. 5 Satz 1 ergibt, erfolgt Übergang der Forderung 83 im Umfang der Leistung.184 Die Leistung des HaftpflichtVR bestimmt sich in der Regel durch den unstreitigen oder durch Anerkenntnis, Vergleich oder Urteil festgestellten Haftpflichtanspruch des Dritten.185 a) Bindung an Haftpflichturteile. Ein aus einem Prozess zwischen dem Geschädigten 84 und dem VN hervorgegangenes Haftpflichturteil ist für den Umfang des auf den HaftpflichtVR übergegangenen Anspruchs gegen seinen VN bindend.186 Dies hat zur Folge, dass der VN gegenüber dem Regress nehmenden HaftpflichtVR keine Einwendungen aus dem Haftpflichtverhältnis entgegenhalten kann.187 b) Bindung an Vergleich und Anerkenntnis/Regulierungsvollmacht. Auch einen vom 85 HaftpflichtVR und dem geschädigten Dritten abgeschlossenen Vergleich bzw. ein Anerkenntnis des HaftpflichtVR muss der VN gegen sich gelten lassen.188 Der HaftpflichtVR
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186
OLG Frankfurt 25.4.1969 VersR 1970 266. BGH 28.6.1965 VersR 1965 846, 848. Vgl. vorstehende Rn. 82; Prölss/Martin/ Knappmann28 § 117 Rn. 39. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 40; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 55; Looschelders/Pohlmann/Schwarze2 § 117 Rn. 30. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 319 („wenn […] der Versicherungsvertrag als solcher gültig ist“); Hübner/Schneider RuS 2002 89,
187 188
93 f.; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 40; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 56; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 12. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 56; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 40. BGH 23.10.1958 BGHZ 28 244, 246 ff.; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 13; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 40; Looschelders/Pohlmann/Schwarze2 § 117 Rn. 30; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 55.
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§ 117
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
hat gem. Ziff. 5.2 AHB 2012 entsprechende Regulierungsvollmacht und zwar auch bei einem „gestörten“ Versicherungsverhältnis.189 Die Regulierungsvollmacht erlischt auch dann nicht, wenn das Versicherungsverhältnis zwar bereits beendet ist, jedoch noch die Möglichkeit einer Nachhaftung nach Abs. 2 bzw. Abs. 6 besteht.190 Da § 117 Abs. 5 bei Direktansprüchen gegen den VR keine Anwendung findet (siehe Rn. 79), ist die Frage nach dem Erlöschen der Regulierungsvollmacht für diese Fälle irrelevant.191 Im Hinblick auf mitversicherte Personen geht die h.M. von einer Vertretungsmacht kraft Gesetzes aus.192 Gleichwohl kommt eine Pflichtverletzung durch den HaftpflichtVR in Betracht, wenn er seine Pflichten aus dem der Vollmacht zugrunde liegenden Innenverhältnis verletzt hat (vgl. noch Rn. 87).193
86
c) Einwände aus dem Versicherungsverhältnis zum Versicherer. Unbenommen bleibt es dem VN jedoch, Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis selbst zu erheben. So ist es ohne weiteres möglich, dass er die Leistungsfreiheit des VR bestreitet. Ebenso kann er den Einwand erheben, dass zumindest in „Ansehung des Dritten“ nach § 117 keine Leistungsverpflichtung bestand (z.B. wegen Ausschlussgründen nach Abs. 3).194 So wäre die Darlegung über das Vorliegen des Verweisungsprivilegs195, das beschränkte Haften auf die vertraglich übernommene Gefahr und die begrenzte Haftung auf die Mindestversicherungssumme196 erheblich. Weiterhin kann der VN entgegnen, dass der VR bei der Schadensregulierung seine 87 vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt hat;197 dies lässt sich insbesondere damit begründen, die Vorgehensweise des VR sei nicht als aus seiner Sicht „zweckmäßig“ gem. Ziff. 5.2 AHB 2012 anzusehen.198 Dem VN kann hieraus ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB zustehen, den er dem VR entgegenhalten kann. In diesem Fall besteht die Möglichkeit der Aufrechnung, §§ 387 ff. BGB. Einem Schadensersatzanspruch des VN kann entgegenstehen, dass der HaftpflichtVR die Rechtslage zwar objektiv falsch beurteilt, aber schuldlos einem Irrtum bei den Vergleichsverhandlungen unterliegt; insofern kann es an dem für eine Haftung nach § 280 BGB notwendigen Verschulden fehlen. Ein Rückgriff des VR gegen den VN gem. § 117 Abs. 5 ist dann wieder möglich.199 Unter
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Vgl. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 317 ff.; BGH 8.11.1962 VersR 1963 33, 34; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 13. BGH 15.6.1967 VersR 1967, 942; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 13; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 117 Rn. 30; wohl auch Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 55. Vgl. hierzu BGH 3.6.1987 VersR 1987 924, 925 f. (juris Rn. 17); Langheid/Wandt/ Schneider § 117 Rn. 55; Prölss/Martin/ Knappmann28 § 117 Rn. 41; insofern obsolet Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 117 Rn. 87. BGH 23.10.1958 BGHZ 28 244, 246; BGH 22.9.1958 VersR 1959 329, 330; BGH 3.6.1987 VersR 1987 924, 926 (juris Rn. 20); Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 13; Langheid/Wandt/Schneider
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193 194 195 196 197
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§ 117 Rn. 55; Prölss/Martin/Knappmann 28 § 117 Rn. 42. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 16; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 57. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 320; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 56. OLG Köln 14.10.1969 VersR 1970 49, 50. Bach VersR 1965 932, 933. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 320; BGH 23.10.1958 BGHZ 28 244, 251; LG Nürnberg-Fürth 16.2.1966 VersR 1966 1126, 1127 f.; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 43. Vgl. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 16. BGH 8.11.1962 VersR 1963 33, 35; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 16; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 117 Rn. 57.
Roland Michael Beckmann
Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
Umständen kann sich ein etwaiger Schadensersatzanspruch des VN gegen den VR aufgrund von Mitverschulden gem. § 254 BGB mindern.200 Schließlich kann sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben, dass sich 88 der HaftpflichtVR mit einer Erstattung der gem. Abs. 5 auf ihn übergegangenen Forderung in angemessenen Raten begnügen muss.201 4. Die übergegangene Forderung/Wirkungen des Übergangs Da es sich um einen gesetzlichen Forderungsübergang handelt (oben Rn. 78), finden 89 die §§ 401 ff. BGB gemäß § 412 BGB Anwendung. Gleichwohl gehen etwaige Sicherheiten trotz der Regelung des § 401 BGB nicht unbedingt auf den HaftpflichtVR über; sie verbleiben bei dem Dritten, wenn diesem noch weitere zu sichernde Forderungen gegen den VN zustehen. Dies wird dem Rechtsgedanken des § 117 Abs. 5 Satz 2 entnommen.202 Sofern es sich bei der Forderung – wie vielfach – um eine solche aufgrund unerlaubter Handlung handelt, besteht für den HaftpflichtVR die Möglichkeit, den besonderen Gerichtsstand nach § 32 ZPO in Anspruch zu nehmen.203 Die übergegangene Forderung verjährt nach den allgemeinen Regeln. Das Berufen des 90 VN auf die Verjährung ist auch dann kein Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn der Deckungsprozess zuvor negativ für ihn ausgegangen ist.204 5. Verhältnis von Abs. 5 zu sonstigen Ansprüchen Soweit der Schadensersatzanspruch im Wege der Legalzession gem. Abs. 5 auf den 91 HaftpflichtVR übergegangen ist, geht dieser anderen Ansprüchen vor. Insbesondere bestehen daneben dann keine Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag.205 Denkbar ist aber eine Erstattung von eigenen Kosten des HaftpflichtVR, die nicht von dem übergegangenen Schadensersatzanspruch erfasst sind, aufgrund allgemeiner Anspruchsgrundlagen (vgl. sogleich Rn. 92). 6. Aufwendungsersatz/eigene Kosten des Versicherers Da von der Legalzession nach § 117 Abs. 5 nur der Schadensersatzanspruch des 92 geschädigten Dritten gegen den VN umfasst wird, unterfallen dieser nicht die vom HaftpflichtVR getätigten Aufwendungen. Da das Versicherungsverhältnis aber ungeachtet der Leistungsfreiheit weiter fortbesteht, kann der VR diese nach §§ 675, 670 BGB gegenüber dem VN bzw. Mitversichertem geltend machen, da die Geschäftsführungsbefugnis nicht erloschen ist.206 Unter derartige Aufwendungen fallen etwa Regulierungs- und Anwaltskosten, Sachverständigen-, Prozess-, und Ermittlungskosten.207 Der Ersatz der Anwalts200 201
202
203
OLG Hamm 13.5.1958 VersR 1958 670 f.; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 57. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 323 (juris Rn. 24); Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 16; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 57. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 58; im Ergebnis ebenso Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 50. OLG München 28.10.1966 VersR 1967 144; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 21.
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BGH 27.10.1971 VersR 1972 62. OLG Frankfurt 25.4.1969 VersR 1970 266, 267; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 39; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 50. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 26; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 54. BGH 24.3.1976 VersR 1976 480; BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 324; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 25.
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§ 117
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
kosten wurde dann versagt, wenn der VR im Rahmen eines Gerichtsprozesses zwischen Geschädigtem und VN als Streithelfer beitrat und hierbei einen eigenen Anwalt bestellte.208 Für Aufwendungen, die der VR getätigt hat, obwohl im Innenverhältnis keine Leistungspflicht bestand, kommen dagegen Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht.209 7. Beteiligung mehrerer Personen
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§ 117 Abs. 5 gelangt gleichfalls bei Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung zur Anwendung und gilt auch für mitversicherte Personen.210 Das bedeutet, dass grundsätzlich der Schadensersatzanspruch des Dritten gegen den mitversicherten Schädiger gem. Abs. 5 auf den HaftpflichtVR übergeht, wenn der HaftpflichtVR gegenüber dem mitversicherten Schädiger leistungsfrei ist und der HaftpflichtVR gem. Abs 1, 2 den Geschädigten befriedigt hat.211 Sieht das Versicherungsverhältnis vor, dass der VR nicht nur gegenüber dem VN, sondern auch gegenüber anderen Mitversicherten zur Leistung verpflichtet sein soll, so lässt im Falle des § 117 weiter differenzieren, wem gegenüber im Einzelfall Leistungsfreiheit bestand.
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a) Leistungsfreiheit gegenüber Versicherungsnehmer und Mitversichertem. Ist der HaftpflichtVR sowohl gegenüber dem VN als auch gegenüber dem Mitversicherten von seiner Leistungspflicht frei, so bewirkt eine Leistung nach § 117 Abs. 1 bzw. Abs. 2 den Übergang des Schadensersatzanspruchs des Dritten gegen beide Parteien auf den VR nach Abs. 5. Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, dass der VR für beide Parteien leisten wollte.212 Das gilt indes nur, wenn der VR nicht durch ausdrückliche oder konkludente Erklärung deutlich macht, nur für einen der beiden leisten zu wollen, was regelmäßig nicht der Fall sein wird. Hafteten der VN und der Versicherte dem Dritten zuvor als Gesamtschuldner, so bewirkt die Leistung des VR einen Anspruchsübergang nach Abs. 5, wodurch die beiden Parteien im Folgenden auch dem VR als Gesamtschuldner haften.213 Ob zwischen dem VN und dem Mitversicherten Ausgleichsansprüche aus dem Gesamtschuldverhältnis bestehen, ist für den Anspruch des VR unerheblich, weil keiner der beiden dem VR diese Einwendung entgegenhalten kann.214
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b) Leistungsfreiheit nur gegenüber Versichertem, nicht gegenüber Versicherungsnehmer. Besteht Leistungsfreiheit nicht gegenüber dem VN, wohl aber gegenüber dem Versicherten, so ist auch hier davon auszugehen, dass der VR die Leistung an den Dritten im
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BGH 24.3.1976 VersR 1976 480; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 26. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 324 f.; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 54; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 85. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 29; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 60; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 117 Rn. 32; vgl. bereits oben Rn. 78. Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 60. BGH 3.12.1962 VersR 1963 134; R. Johannsen VersArch 1956 281, 355;
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Schmalzl VersR 1965 932, 934; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 36. BGH 3.12.1964 VersR 1965 130; BAG 6.7.1964 NJW 1964 2445, 2446; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 36; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 60; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 48; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 117 Rn. 32. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 36; a.A. OLG München 14.8.1956 VersR 1957 89, 90.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
Zweifel für beide Parteien erbringt.215 Vorbehaltlich des § 123 geht der Schadensersatzanspruch des geschädigten Dritten gegen die mitversicherte Person gem. Abs. 5 auf den HaftpflichtVR über.216 Nach dem Standpunkt des BGH ist es dafür ebenfalls gleichgültig, ob die Leistungsfreiheit im Zeitpunkt der Leistung bereits feststand. Abzustellen sei nur auf die objektive Rechtslage.217 Bei Leistungsfreiheit gegenüber mehreren Versicherten haften diese als Gesamtschuldner.218 Wenn dem Versicherten gegenüber dem VN Ausgleichsansprüche aus dem Versicherungsfall zustehen sollten, so kann der Versicherte diese auch dem VR entgegenhalten. Das folgt daraus, dass der VR – bei der hier in Rede stehenden Konstellation – gegenüber dem VN leistungspflichtig ist und sich diese Leistungspflicht auch auf Ausgleichsansprüche erstreckt.219 Unterschiedlich beantwortet wird die Frage, ob für die hier beschriebene Konstella- 96 tion, dass der VR für beide Parteien an den Geschädigten zahlt (oben Rn. 95), neben dem Anspruchsübergang nach Abs. 5 auch der gesamtschuldnerische Innenausgleichsanspruch vom VN gegen den Versicherten nach § 426 Abs. 1 BGB über § 86 Abs. 1 mitübergeht. Das wird zum Teil verneint, ist aber richtigerweise zu bejahen, da beide Vorschriften sich nicht gegenseitig ausschließen.220 Sollte tatsächlich einmal die Situation auftreten, dass der VR aufgrund seiner Leis- 97 tungspflicht gegenüber dem VN nur für diesen an den Dritten leistet, so hat dies zur Folge, dass damit auch der Schadensersatzanspruch gegen den Versicherten erlischt, soweit er deckungsgleich ist. Der VR steht somit schlechter, da er nur noch über § 86 Abs. 1 den Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 erwirbt.221 c) Leistungsfreiheit nur gegenüber dem Versicherungsnehmer. Sofern der VR den 98 Anspruch des Dritten gegenüber dem VN ausgleicht, obwohl er gegenüber dem VN nicht zur Leistung verpflichtet war, so scheidet ein Regressanspruch nach Abs. 5 jedenfalls dann aus, wenn er zumindest für den Versicherten einzustehen hatte.222 8. Rückgriff gegen Mitschädiger Über § 117 Abs. 5 kann der VR nicht gegen eine außerhalb des Versicherungsverhält- 99 nisses stehende Person Rückgriff nehmen. Soweit die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 bzw. Abs. 2 erfüllt sind, kommt § 86 daneben ebenfalls nicht zur Anwendung, da die Leistung des VR auf § 117 beruht und nicht auf dem Versicherungsverhältnis.223 Der 215
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BGH 3.12.1962 VersR 1963 134, 135; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 32; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 46; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 60. BGH 3.12.1962 VersR 1963 134, 135; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 60; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 46. BGH 3.12.1962 VersR 1963 134, 135; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 60. BGH 3.12.1964 VersR 1965 130; Schmalzl VersR 1965 932, 935; Langheid/Wandt/ Schneider § 117 Rn. 60. OLG Frankfurt 25.4.1969 VersR 1970 266, 267; BGH 3.12.1962 VersR 1963 134, 135; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 32. BGH 3.12.1964 VersR 1965 130, 131; OLG Frankfurt 25.4.1969 VersR 1970 266, 267;
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Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 34 m.w.N.; R. Johannsen VersArch 1956 281, 356; a.A. LG Stuttgart 8.12.1955 VersR 1956 792; Lorenz VersR 1991 505 ff.; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 47; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 61. OLG Hamm 6.3.1970 VersR 1970 708 f.; BGH 3.12.1962 NJW 1963 487, 489; OLG München 29.10.1958 VersR 1959 129; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 35 m.w.N. BGH 8.11.1962 VersR 1963 33, 35; BGH 15.6.1967 VersR 1967 942, 943; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 37. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 38; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 61; anders ist dies, wenn der VR gegenüber dem
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§ 117
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
über § 117 Abs. 5 in Anspruch genommene VN kann jedoch die Ansprüche gegen den Mitschädiger an den VR abtreten um unter Umständen auf diese Weise einen Teil seiner Schuld gegenüber dem VR begleichen zu können. Daneben besteht weiterhin die Möglichkeit, dass der VR gegen den VN vollstreckt und sich auf diesem Wege die Forderung gegen den Mitschädiger pfänden und überweisen lässt.224 Sonstige Ansprüche gegen den Mitschädiger – etwa nach GoA oder ungerechtfertigter Bereicherung – bestehen nicht.225 Ist § 117 Abs. 5 nicht einschlägig, so gehen die Ausgleichsansprüche des VN gegen 100 den Mitschädiger nach § 86 Abs. 1 über, soweit der VR den Schadensersatzanspruch des Geschädigten befriedigt hat.226 9. Irrtümliche Leistung aufgrund § 117 Abs. 1 bzw. Abs. 2
101
Ging der VR bei bestehender Leistungsfreiheit gegenüber dem VN irrtümlich vom Vorliegen der Voraussetzungen von § 117 Abs. 1 bzw. Abs. 2 aus und leistet daraufhin an den Geschädigten, so ist § 117 Abs. 5 nicht einschlägig (vgl. Rn. 81). Wenn dadurch der VN von einer Schadensersatzpflicht befreit wurde (§ 267 BGB), kann der HaftpflichtVR gegen den VN nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung vorgehen, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.227 Der Bereicherungsanspruch verjährt dabei in der gleichen Zeit, wie der zuvor bestehenden Schadensersatzanspruch des Dritten.228 Entsprechendes gilt letztlich für den Mitversicherten. 10. Befriedigungsvorrecht nach Abs. 5 Satz 2
102
Nach Abs. 5 Satz 2 kann der Forderungsübergang nicht zum Nachteil des Dritten geltend gemacht werden. Die Vorschrift normiert ein Befriedigungsvorrecht des Dritten für den Fall, dass sein Schaden höher ist, als die erbrachte Leistung des VR. Ist der Schaden beispielsweise höher als die Mindestversicherungssumme, so kann der VR erst dann gegen seinen VN oder Mitversicherten vorgehen, wenn der Dritte seinen Schaden bei diesen voll ersetzt bekommen hat. Die Vorschrift verfolgt einen dem § 86 Abs. 1 Satz 2 vergleichbaren Zweck. Im Hinblick auf bestehende Sicherheiten kann die Vorschrift gleichfalls angewandt werden (vgl. bereits Rn. 89).
VIII. Verjährung 103
Im Hinblick auf Verjährungsfragen im Zusammenhang mit § 117 geht es zum einen darum, ob § 117 Abs. 1 Anwendung findet, wenn der (an sich bestehende) Deckungsanspruch des VN gegen den HaftpflichtVR verjährt ist (dazu bereits Rn. 11). Hiervon zu
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VN einstandspflichtig ist, dann gehen Ansprüche des VN gegen einen weiteren Schädiger gem. § 86 über (Schneider a.a.O.). BGH 23.5.1960 BGHZ 32 331, 334 ff.; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 40; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 61; a.A. Wahle VersRdsch 1960 45 ff. BGH 23.5.1960 BGHZ 32 331, 334 ff.; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 40; a.A. Prölss/Martin/Knappmann27 § 158f Rn. 21 bzgl. § 812 BGB.
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Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 45. BGH 24.3.1976 VersR 1976 480, 481; BGH 5.3.1964 VersR 1964 474; OLG Köln 29.5.1996 VersR 1997 225, 227; Looschelders/Pohlmann/Schwarze2 § 117 Rn. 28; Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 45; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 53. OLG Köln 29.5.1996 VersR 1997 225, 227.
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Leistungspflicht gegenüber Dritten
§ 117
trennen ist die Frage, innerhalb welcher Zeit der Dritte im Rahmen § 117 Abs. 1 bzw. 2 gegen den HaftpflichtVR vorgehen kann. Dabei ist es zum einen möglich, dass dem Dritten gem. § 115 i.V.m. § 117 Abs. 1, 2 ein Direktanspruch zusteht; zu der Verjährung des Direktanspruchs vgl. § 115 Rn. 51 ff. Zum anderen ist es denkbar, dass dem Dritten gerade kein Direktanspruch zusteht, sondern der Dritte den über § 117 Abs. 1 bzw. 2 fingierten Deckungsanspruch des VN gegen den HaftpflichtVR im Wege der Zwangsvollstreckung pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen muss (vgl. oben Rn. 16). Für diese Konstellation gilt Folgendes: Der durch § 117 Abs. 1 bzw. 2 fingierte Versicherungsanspruch wird für den geschädigten Dritten erst durch die Pfändung und Überweisung zu einem durchsetzbaren Zahlungsanspruch, der der Verjährung unterliegt.229 Für die Verjährung gelten die allgemeinen Verjährungsregeln und damit § 199 Abs. 1 BGB.230 Im Rahmen der Anwendung des § 199 Abs. 1 BGB ist aber zu beachten, dass – wie soeben ausgeführt – der für den geschädigten Dritten über § 117 Abs. 1 bzw. 2 fingierte Anspruch des VN gegen den HaftpflichtVR erst geltend gemacht werden kann, wenn der Dritte diesen Anspruch gepfändet und überwiesen erhalten hat.231 Hieraus folgt, dass die Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Dritte aufgrund eines vollstreckbaren Titels gegen den VN dessen fingierten Versicherungsanspruch pfänden und sich hat überweisen lassen. Zur früheren Rechtslage hat der BGH die Verjährung bereits mit dem Schluss des Jahres beginnen lassen, in dem der Dritte einen Vollstreckungstitel gegen den VN hatte erstreiten können.232 Indes ist dem Dritten zuzugestehen, dass er jedenfalls die für das Haftpflichtverhältnis geltende Verjährung ausschöpfen kann.233 Der Regressanspruch des HaftpflichtVR gegenüber dem VN bzw. Versicherten nach 104 § 117 Abs. 5 verjährt zur gleichen Zeit wie der zugrunde liegende Schadensersatzanspruch des Geschädigten.234 Es handelt sich hierbei gerade nicht um einen versicherungsvertraglichen Anspruch. Dauert ein zwischen VN und VR geführter Deckungsprozess so lange an, dass der Regressanspruch nach Abs. 5 währenddessen verjährt, so kann sich der VN ohne Verstoß gegen Treu und Glauben auf die Verjährung berufen.235 Der VR muss legitime Mittel ergreifen, um die Verjährung zu hemmen (Widerklage, Abrede, usw.).
C. Abdingbarkeit Die Vorschrift des § 117 ist zwingendes Recht zugunsten des geschädigten Dritten, 105 des VN und des (Mit-)Versicherten (vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 41). Soweit die Vorschrift darüber hinaus auch den Schutz des HaftpflichtVR bezweckt, ist auch dies zwingend (vgl. den Fall der Subsidiaritätsklauseln). Der Norm liegt eine ab229
230 231
BGH 15.2.1968 VersR 1968 361, 362 (juris Rn. 21); Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 58; Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 117 Rn. 36; a.A. offenbar Römer/Langheid3 § 117 Rn. 56, wonach ein „kranker“ Deckungsanspruch wie ein bestehender Deckungsanspruch verjährt. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 117 Rn. 36. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 117 Rn. 36; Berliner Kommentar/Beckmann § 158c Rn. 58.
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Vgl. BGH 15.2.1968 VersR 1968 361, 363; später offen lassend BGH 27.11.1968 VersR 1969 127, 128; Looschelders/Pohlmann/ Schwarze 2 § 117 Rn. 36. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 117 Rn. 36; kritisch Römer/Langheid3 § 117 Rn. 56. OLG Köln 29.5.1996 VersR 1997 225, 227; Prölss/Martin/Knappmann28 § 117 Rn. 44; Hübner/Schneider RuS 2002 89, 94. BGH 27.10.1971 VersR 1972 62.
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§ 117
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
gewogene Risikoverteilung zugrunde, die nicht durch vertragliche Abreden geändert werden kann. Einer besonderen Klarstellung der Unabdingbarkeit bedurfte es daher nicht.236
D. Prozessuales 106
Im Verhältnis zwischen Drittem und VR ist es für die Haftung des VR zunächst einmal unerheblich, ob der VR gegenüber seinem VN leistungspflichtig ist oder nicht, vgl. § 117 Abs. 1 und Abs. 2. Hat der Geschädigte gegen den Schädiger einen Pfändungsund Überweisungsbeschluss erlangt oder geht er – in den Fällen des § 115 Abs. 1 – im Wege der Direktklage gegen den HaftpflichtVR vor, so hat der Geschädigte die Umstände zu beweisen, die auch der VN im Deckungsprozess beweisen müsste.237 Im Rahmen von Pflichthaftpflichtversicherungen kann sich der VR gegenüber dem geschädigten Dritten zunächst nicht auf die im Innenverhältnis gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit berufen. Durch den Beweis der Leistungsfreiheit begründenden Umstände ist ihm allerdings die Möglichkeit eröffnet, die Einwendungen des § 117 (insbesondere gem. Abs. 3 und 4) auch dem Dritten gegenüber zu erheben. Daher muss er die Umstände beweisen, die zu seiner Leistungsfreiheit führen (siehe hierzu Rn. 8 ff.). Behauptet der VR im Folgenden, dass der Versicherungsfall zu einer Zeit eingetreten 107 ist, zu der die Nachhaftungsfrist des Abs. 2 bzw. Abs. 6 bereits verstrichen war, so muss er den Zugang der Anzeige bei der zuständigen Behörde nachweisen, sowie im Streitfall auch den Zeitpunkt.238 Beides sollte wenig Probleme bereiten, da die Behörde zumeist zur Rückmeldung an den VR gesetzlich verpflichtet ist, vgl. z.B. § 25 Abs. 2, 24 Abs. 2 FZG.239 Ist keine zuständige Stelle vorhanden, so genügt ein Verweis hierauf. Zu beachten ist, dass der VR gleichzeitig auch den Zugang einer Kündigung bzw. eines Rücktritts nachweisen muss, wenn er die Beendigung des Versicherungsverhältnisses nach Abs. 2 behauptet, denn ohne wirksame Kündigung kann die Nachhaftungsfrist materiell-rechtlich überhaupt nicht anlaufen. Der Beweis des Zugangs beim VN kann sich in der Praxis ggf. als schwierig gestalten.240 Hat der VR letztere Punkte bewiesen und ist nur noch streitig, dass der Versiche108 rungsfall im Zeitraum der Nachhaftung stattgefunden hat, so muss der Dritte beweisen, dass der Eintritt innerhalb der Nachhaftungsfrist erfolgt ist.241 Für den Fall der Insolvenz nach Abs. 6 gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch hier muss der Insolvenzverwalter die Anzeige und den Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle beweisen. Ist keine zuständige Stelle vorhanden, muss er ansonsten beweisen, dass er die Beendigung des Versicherungsverhältnisses dem VN in Schriftform mitgeteilt hat. Nach Abs. 3 steht dem Dritten kein fingierter Deckungsanspruch zu, wenn der ent109 standene Schaden nicht im Rahmen des vom VR übernommenen Risikos liegt. Der Dritte trägt insoweit die gleiche Beweislast wie zuvor der VN. Er muss ebenso darlegen
236 237
238
BTDrucks. 16/3945 S. 87. BGH 16.9.1986 VersR 1987 37, 38; Baumgärtel/Prölss § 158c Rn. 3 m.w.N.; Römer/ Langheid 3 § 117 Rn. 37; Römer/Langheid 2 § 158c Rn. 31. OLG Celle 14.7.1954 VersR 1954 427; Baumgärtel/Prölss § 158c Rn. 3 m.w.N.
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Skauradszun VersR 2009 330. Allgemein aus neuerer Zeit Mrosk Der Nachweis des Zugangs von Willenserklärungen im Rechtsverkehr, NJW 2013 1481. Baumgärtel/Prölss § 158c Rn. 2.
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Rangfolge mehrerer Ansprüche
§ 118
und beweisen, dass der entstandene Schaden vom bestehenden Versicherungsverhältnis abgedeckt wäre. Dies gilt nur dann nicht, wenn der VR einwendet, er müsse aufgrund eines bestehenden Risikoausschlusses nicht haften. Dass ein Risikoausschluss für eben dieses Ereignis besteht, muss der VR selbst darlegen und beweisen.242 Den Einwand, dass der Geschädigte bei einem anderen SchadensVR oder SVT Ersatz 110 seines Schadens verlangen kann nach Abs. 3 Satz 2 muss wiederum der VR darlegen und beweisen.243
§ 118 Rangfolge mehrerer Ansprüche (1) Übersteigen die Ansprüche auf Entschädigung, die auf Grund desselben Schadensereignisses zu leisten ist, die Versicherungssumme, wird die Versicherungssumme nach folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, an die Ersatzberechtigten ausgezahlt: 1. für Ansprüche wegen Personenschäden, soweit die Geschädigten nicht vom Schädiger, von einem anderen Versicherer als dessen Haftpflichtversicherer, einem Sozialversicherungsträger oder einem sonstigen Dritten Ersatz ihrer Schäden erlangen können; 2. für Ansprüche wegen sonstiger Schäden natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts, soweit die Geschädigten nicht vom Schädiger, einem anderen Versicherer als dessen Haftpflichtversicherer oder einem Dritten Ersatz ihrer Schäden erlangen können; 3. für Ansprüche, die nach Privatrecht auf Versicherer oder sonstige Dritte wegen Personen- und sonstiger Schäden übergegangen sind; 4. für Ansprüche, die auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind; 5. für alle sonstigen Ansprüche. (2) Ist die Versicherungssumme unter Berücksichtigung nachrangiger Ansprüche erschöpft, kann sich ein vorrangig zu befriedigender Anspruchsberechtigter, der bei der Verteilung nicht berücksichtigt worden ist, nachträglich auf Absatz 1 nicht berufen, wenn der Versicherer mit der Geltendmachung dieses Anspruchs nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste.
Schrifttum Denck Das Befriedigungsvorrecht nach § 116 IV SGB X bei unzureichender Versicherungssumme, VersR 1987 629; Deinhardt Der Schutz des Verkehrsopfers bei Erschöpfung der Versicherungssumme, VersR 1980 412; Hessert Sozialversicherung und Schadensregulierung – Befriedigungsvorrechte nach § 116 SGB X und das Verteilungsverfahren nach § 156 III VVG, VersR 1997 39; Huber Probleme der über die Versicherungssumme hinausgehenden Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers gem. § 156 III VVG, VersR 1986 851; Konradi Das Kürzungs- und Verteilungsverfahren gem. §§ 155, 156 Abs. 3 VVG a.F. bzw. § 109 VVG, VersR 2009 321; Küppersbusch Die Ablösung der §§ 1542, 1543 RVO durch die §§ 116 bis 119 SGB X, VersR 1983 193; Langenick Probleme des Verteilungsverfahrens, insbesondere das in § 118 Abs. 1 VVG verborgene Super-Befriedigungsvorrecht, Sonderheft zu RuS 4/2011 70; Sieg Zur Auslegung des Teilungsabkommens und des § 156
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Baumgärtel/Prölss § 158c Rn. 5 m.w.N. BGH 4.4.78 VersR 1978 609, 611; BGH
28.10.82 VersR 1983 84; OLG Koblenz 11.7.05 VersR 2006 110.
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§ 118
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
III VVG, SGb 1983 151; Sprung Das Verteilungsverfahren bei Deckungsüberschreitung in der Kfz-Haftpflichtversicherung, VersR 1992 657; Wenke Verteilungspläne bei nicht ausreichender Deckungssumme in der Kfz-Haftpflichtversicherung, VersR 1983 900; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehungsgeschichte und Normzweck II. Anwendungsbereich und Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . B. Tatbestand und Rechtsfolgen . . . . . . I. Übersteigen der Versicherungssumme, Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die jeweiligen Ansprüche im Verteilungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rangfolge, Abs. 1 Nr. 1–4 . . . . . . . IV. Verhältnismäßige Teilung bei gleichem Rang . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Haftungssubsidiarität – Verweis auf andere Ersatzmöglichkeiten i.R.v. Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . 1. Vorrangige Ersatzmöglichkeiten gem. Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 . . . . . . .
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Rn. 2. Anforderungen . . . . . . . . . . . . 3. Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . VI. Nachträgliche Änderungen . . . . . . . . 1. Geringere Ansprüche als zuvor kalkuliert . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachträglich geltend gemachte Ansprüche, Abs. 2 . . . . . . . . . . a) Haftpflichtversicherer hat nicht mit Anspruch gerechnet und musste es auch nicht . . . . . . . . . . . . . b) Haftpflichtversicherer hat mit dem Anspruch gerechnet oder musste damit rechnen . . . . . . . . . . . D. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . E. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . . F. Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte und Normzweck 1
§ 118 regelt die Rangfolge für den Fall, dass die Versicherungssumme eines Pflichthaftpflichtversicherungsvertrages nicht ausreicht, um sämtliche Ansprüche zu begleichen, die aus einem zuvor eingetretenen Schadensereignis resultieren. Die Vorschrift ist im Rahmen der VVG-Reform 2008 neu in das Gesetz aufgenommen worden; die VVGReformkommission hatte bereits für die Pflichthaftpflichtversicherung eine eigene Regelung vorgeschlagen, die der heutigen Fassung des § 118 entspricht.1 Eine Vorschrift mit entsprechendem Regelungsgehalt speziell für die Pflichthaftpflichtversicherung existierte zuvor noch nicht. Für die freiwillige Haftpflichtversicherung fand sich das in § 156 Abs. 3 VVG a.F.2 (vgl. heute § 109) geregelte Verteilungsverfahren, das auf die Pflichthaftpflichtversicherung angewandt werden konnte. Das nun für die Pflichthaftpflichtversicherung in § 118 geregelte Verteilungsverfahren weicht hiervon indes ab und hat Vorrang vor dem für die freiwillige Haftpflichtversicherung geltenden § 109. 2 Während das für die freiwillige Haftpflichtversicherung vorgesehene Verteilungsverfahren gem. § 109 (früher § 156 Abs. 3 VVG a.F.) eine verhältnismäßige Teilung der Deckungssumme unter den einzelnen Geschädigten vorsieht (sog. Paritätsprinzip),3 rückt 1 2
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Abschlussbericht, KomE S. 242, 372. Zur Entwicklung des § 156 Abs. 2 VVG a.F. vgl. etwa Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 45. Bereits das in § 156 Abs. 3 VVG a.F. (heute § 109) geregelte Paritätsprinzip weicht be-
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wusst von dem in der Einzelzwangsvollstreckung geltenden Prioritätsprinzip ab; vgl. Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 45. Gleiches gilt für das in § 118 geregelte Verteilungsverfahren.
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Rangfolge mehrerer Ansprüche
§ 118
§ 118 hiervon nun für die Pflichthaftpflichtversicherung deutlich ab.4 Der Gesetzgeber hat sich bei der Schaffung dieser Vorschrift von dem Gedanken leiten lassen, „anderweitig nicht abgesicherten Individualansprüchen der Geschädigten einen Vorrang insbesondere vor öffentlichen Ersatzansprüchen einzuräumen“5 (sog. Rangfolgeprinzip). § 118 bezweckt für bestimmte Geschädigte damit ein Befriedigungsvorrecht. Privilegierungen bestimmter Gläubiger finden sich auch anderenorts, etwa in § 86 Abs. 1 Satz 2 oder in § 268 Abs. 3 Satz 2 BGB, § 426 Abs. 2 Satz 2 BGB oder in § 774 Abs. 1 Satz 2 BGB, die dem Prinzip des Vorrangs des unmittelbar Geschädigten bzw. ursprünglichen Gläubigers vor dem Regressgläubiger folgen;6 indes verankert § 118 nicht nur dieses Prinzip, sondern auch andere Kriterien (vgl. noch Rn. 21 ff.). Im Schrifttum wird teilweise kritisiert, dass die Neuregelung nur für die Pflichthaftpflichtversicherung eingeführt worden ist, nicht aber in die freiwillige Haftpflichtversicherung Eingang gefunden hat.7 Der Grund für die Beschränkung auf die Pflichthaftpflichtversicherung durch den Gesetzgeber liegt offenbar darin, dass sich in diesem Bereich die gravierendsten Großschäden ereignen können.8 Die vom Gesetzgeber durch Abs. 1 Nr. 1 bis 5 festgelegte Rangfolge9 ist ebenso auf 3 Kritik gestoßen wie die Regelung über die anderweitige Ersatzmöglichkeit im Rahmen von Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 210. Die Kritik mag gerechtfertigt sein, indes handelt es sich vor allem um rechtspolitische Fragen wenn es etwa darum geht, welche Gläubiger vorrangig zu befriedigen sind. Hierüber lässt sich sicherlich diskutieren. Ob man dabei zu einem eindeutigen Ergebnis gelangen kann, erscheint aber zweifelhaft. Herauszustellen bleibt deshalb primär, dass die Neuregelung (im Gegensatz zur früheren Anwendung der Regelung über die freiwillige Haftpflichtversicherung gem. § 156 Abs. 3 VVG a.F. [heute § 109]) begrüßenswert ist.11 Soweit offene Fragen bei der Handhabung der Norm entstehen, bleibt ohnehin die grundsätzlich bestehende Möglichkeit, Konkretisierungen und Lösungen durch Rechtsprechung und Schrifttum zu entwickeln.
II. Anwendungsbereich und Rahmenbedingungen Aus der systematischen Stellung ergibt sich, dass § 118 auf Pflichthaftpflichtversiche- 4 rungen Anwendung findet. § 118 verdrängt in seinem Anwendungsbereich insbesondere die Vorschrift des § 109 und ist insoweit lex specialis.12 § 109 hingegen hat im Rahmen von Pflichthaftpflichtversicherungen zwar grundsätzlich keine Bedeutung; soweit indes einzelne Tatbestandsmerkmale und Grundsätze übereinstimmen, lassen sich zu § 109 bzw. § 156 Abs. 2 VVG a.F. ergangene Erkenntnisse auf § 118 übertragen. Insoweit kann insbesondere auf Entscheidungen, die zu diesen Vorschriften ergangen sind, auch im Rahmen von § 118 zurückgegriffen werden.
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Vgl. Langenick Sonderheft zu RuS 4/2011 70, 77, wonach die bisherige Rechtslage zugunsten des Opferschutzes „faktisch ‚auf den Kopf gestellt‘“ worden ist. BTDrucks. 16/3945 S. 90; vgl. bereits Abschlussbericht, KomE S. 372. Vgl. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 2. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 4; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 2 Langenick Sonderheft zu RuS 4/2011 70, 77.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 23 Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 8. Vgl. etwa Langenick Sonderheft zu RuS 4/2011 70, 77. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 118 Rn. 1; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 3; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 2; Langenick RuS Beilage 2011 70.
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Im Übrigen baut § 118 – wie auch die übrigen Vorschriften des Abschnitts über die Pflichtversicherung – auf den allgemeinen Regelungen der freiwilligen Haftpflichtversicherung gem. §§ 100 ff. auf. So gelten insbesondere § 101 Abs. 2 und § 107 Abs. 1 gleichsam auch für die Pflichthaftpflichtversicherung.13 Speziell für die Kfz-Haftpflichtversicherung ist darüber hinaus insbesondere § 8 KfzPflVV zu beachten. Nach § 101 Abs. 2 dürfen Kosten eines auf Veranlassung des VR geführten Rechtsstreits und Kosten einer Strafverfolgung nicht in die Versicherungssumme mit eingerechnet werden. § 107 Abs. 1 bestimmt, dass bei nicht ausreichend hohem Kapitalwert einer Rente, diese nur verhältnismäßig ausbezahlt wird. Dem ähnelnd regelt auch § 8 KfzPflVV die Berechnung der zu zahlenden Rente an den Geschädigten bei nicht ausreichender Versicherungssumme. Keine Rolle spielt § 118 in einem möglicherweise zeitlich vorgehenden Haftpflicht6 prozess zwischen geschädigtem Dritten und VN bzw. versicherter Person; für die Haftpflichtfrage ist § 118 also ohne Bedeutung.14 Für die Rangfolge nach § 118 spielt es keine Rolle, ob dem Geschädigten ein Direkt7 anspruch nach § 115 gegen den HaftpflichtVR zusteht, ob er aus vom VN abgetretenem Recht oder mittels Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorgeht.15 Für die Anwendung des § 118 kommt es auch nicht darauf an, ob eine Haftung des VR im Rahmen von § 117 im Raum steht. Geht der Dritte – sei es im Wege der Direktklage, sei es nach Abtretung oder aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses – gegen den HaftpflichtVR prozessual vor, so ist § 118 bereits im Erkenntnisverfahren, nicht erst im Rahmen einer etwaigen Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen.16 Kommt es gem. § 304 ZPO zu einem Zwischenurteil, so findet § 118 nicht im Verfahren über den Anspruchsgrund, sondern erst im Verfahren über die Anspruchshöhe Berücksichtigung.17 § 118 statuiert bei nicht ausreichender Versicherungssumme eine besondere Regulie8 rungspflicht des VR, aufgrund derer er zur Prüfung, Koordinierung und jeweiligen Berechnung der Ansprüche der Geschädigten herangezogen wird. Dieser Pflicht kann er sich nicht entziehen, insbesondere nicht durch Hinterlegung der Versicherungssumme nach § 372 BGB bzw. § 853 ZPO.18
B. Tatbestand und Rechtsfolgen I. Übersteigen der Versicherungssumme, Abs. 1 9
In Anbetracht der Tatsache, dass die vorgeschriebenen Mindestversicherungssummen in der Pflichthaftpflichtversicherung bereits relativ hoch angesetzt sind, regelt § 118 Abs. 1 den eher seltenen, aber insbesondere bei erheblichen Großschäden durchaus möglichen Fall, dass die zur Verfügung stehende Versicherungssumme nicht ausreicht, um alle
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Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 8. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 3; Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 12; Landheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 50. Langheid/Wandt/Brand § 117 Rn. 5; dazu Kommentierung zu § 115 Rn. 19. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 3; vgl. BGH 25.5.1982 VersR 1982 791;
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OLG München 27.3.2003 VersR 2005 89, 90. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 3; vgl. OLG München 27.3.2003 VersR 2005 89, 90. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 3; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 7; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 2.
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Rangfolge mehrerer Ansprüche
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Ansprüche aus dem Schadensereignis abzudecken. Die Vorschrift sieht vor, dass bestimmte Ansprüche als schutzwürdiger anzusehen sind und daher im Range höher stehen als andere Ansprüche. Das kann im gegebenen Fall dazu führen, dass manche Ansprüche voll, zum Teil, oder aber überhaupt nicht mehr befriedigt werden. Dabei nimmt die Wahrscheinlichkeit, als Geschädigter volle Befriedigung zu erlangen, naturgemäß ab, je niedriger die Schutzbedürftigkeit des Anspruchs durch § 118 angesehen wird. Wesentliche Tatbestandsvoraussetzung ist zunächst, dass die Ansprüche auf Entschädigung, die aufgrund desselben Schadensereignisses zu leisten ist, die Versicherungssumme übersteigen. Die Tatbestandsvoraussetzung des Übersteigens der Versicherungssumme entspricht der Vorschrift des § 109 (vor der VVG-Reform § 156 Abs. 3 VVG a.F.), so dass die hierzu gewonnenen Erkenntnisse auch im Rahmen von § 118 herangezogen werden können.19 Für § 118 Abs. 1 kommt es auf die gesetzliche bzw. gegebenenfalls vertraglich zugesicherte Versicherungssumme an.20 Ob die Versicherungssumme überstiegen wird, ist anhand der Summe aller Forderungen zu ermitteln. Es ist dabei nicht von Belang, ob die Forderungen bereits rechtskräftig festgestellt wurden, anerkannt oder durch Vergleich festgestellt wurden.21 Gleiches gilt für die Fälligkeit der geltend gemachten Ansprüche.22 Die Berechtigung einer geltend gemachten Forderung ist aber ohne Zweifel zunächst zu prüfen. Gerade darin liegt unter Umständen eine Schwierigkeit für den VR. Zum einen kann es Unsicherheiten im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Forderungen geben, teilweise sind sie insgesamt unberechtigt und andere sind wiederum bislang nur dem Grunde nach festgestellt, in der Höhe aber noch unbekannt (zur Behandlung von Rentenansprüchen vgl. noch Rn. 19). Der VR ist jedoch im Regelfall daran interessiert, den Verwaltungsaufwand gering zu halten.23 Um eine zügige Abwicklung zu erreichen, muss er daher unter Umständen einzelne Schadenspositionen schätzen und auch alle dem Grunde nach berechtigten Forderungen miteinkalkulieren, unabhängig davon, ob sie schon angemeldet wurden. Der Maßstab ergibt sich dabei aus § 118 Abs. 2. Danach kann sich ein im Verteilungsverfahren nicht berücksichtigter Anspruchsinhaber nicht mehr auf Abs. 1 berufen, wenn der VR mit der Geltendmachung dieses Anspruchs nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste. Muss der VR also mit bestimmten Forderungen bzw. mit bestimmten Schadenshöhen rechnen,24 so hat er diese bei der Feststellung der Forderungen zu berücksichtigen und ggf. Rückstellungen zu bilden.25 Ergibt sich nach Durchführung der Verteilung, dass der VR mit einer nicht berücksichtigten Forderung hätte rechnen müssen, so ist die Forderung nachträglich in das Verteilungsverfahren einzubeziehen und dementsprechend durch den VR auszugleichen (vgl. noch Rn. 48). Bei den Forderungen bleiben Zinsen außen vor, soweit sie nicht auf die Deckungssumme angerechnet werden.26 Von der Summe der zu erwartenden Forderungen sind
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Vgl. bereits oben Rn. 1 ff.; damit kann insoweit auch auf die Kommentierung bei Bruck/ Möller/R. Koch 9 § 109 Bezug genommen werden. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 10. Vgl. BGH 25.5.1982 VersR 1982 791 = BGHZ 84, 151, 153; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 118 Rn. 3. Vgl. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679.
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Vgl. hierzu auch Sprung VersR 1992 657. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 10; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 4. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. B 96. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 109 Rn. 6; Bruck/Möller/R. Koch9 § 109 Rn. 9; vgl. § 101 Abs. 2 Satz 2 und die dortige Kommentierung.
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noch Ausgleichsansprüche des HaftpflichtVR gegen andere SchadensVR und sonstige Schädiger abzuziehen.27 Die Berechnung, ob die Versicherungssumme überschritten wird, gestaltet sich 15 grundsätzlich einfacher, wenn eine pauschale Versicherungssumme zur Verfügung steht; in diesem Falle kann die Ermittlung für alle Schadensarten (Personenschaden, Sachschaden, Vermögensschaden) einheitlich erfolgen.28 Etwas diffiziler wird es, wenn die Versicherungssumme nach Anspruchskategorien unterscheidet, etwa in der Kfz-Haftpflichtversicherung nach Personen- und Sachschäden. Dann ist zunächst für jede einzelne Schadensart zu errechnen, inwieweit die jeweilige Versicherungssumme überschritten wird.29 Als maßgeblichen Zeitpunkt für die Frage, ob die Versicherungssumme überstiegen 16 wird, wird vielfach auf die Auszahlung der Versicherungssumme entsprechend der Verteilung abgestellt.30 Indes muss der VR ein Kürzungs- und Verteilungsverfahren durchführen, sobald er erkennt, dass die Versicherungssumme nicht ausreichen wird.31 Deshalb kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem der VR die zu berücksichtigenden Forderungen festgestellt hat, um den Kürzungs- und Verteilungsplan durchzuführen.32 Die Anzahl der beteiligten Personen ist für die Durchführung des Kürzungs- und Ver17 teilungsverfahrens unbeachtlich. Selbst wenn nur eine Person geschädigt wurde und daneben ein SVT Regressansprüche geltend macht, wird die geschädigte Person vorrangig befriedigt.33
II. Die jeweiligen Ansprüche im Verteilungsplan 18
Im Verteilungsplan des VR müssen alle Forderungen erfasst werden, die bereits festgestellt sind oder nur dem Grunde nach festgestellt sind; zudem sind die Forderungen zu berücksichtigen, die möglicherweise bestehen und vielleicht noch nicht angemeldet sind, aber mit denen der VR rechnen muss (oben Rn. 13). Die Erstellung erfordert daher eine gewisse Prognose des VR. Bereits festgestellte (insbesondere rechtskräftig oder infolge Anerkenntnis oder Vergleich festgestellte) Ansprüche können einfach erfasst werden und werden mit dem Nominalbetrag angesetzt.34 Insbesondere bei erst dem Grunde nach feststehenden Ansprüche, bei denen die Schadenshöhe noch nicht eindeutig feststeht, bedarf es einer Schätzung durch den VR. Insbesondere im Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, welche Anforderungen an eine solche Schätzung zu stellen sind. Vielfach wird darauf abgestellt, dass der VR im Regelfall den höchsten ernsthaft in Betracht kom-
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Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 4; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Schimikowski 2 § 118 Rn. 3; Bruck/Möller/R. Koch 9 § 109 Rn. 10. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 4. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 4; Römer/Langheid3 § 118 Rn. 3 mit Verweis auf § 109 Rn. 5; Rüffer/Halbach/ Schimikowski/Schimikowski2 § 118 Rn. 3. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 5; Prölss/Martin/Lücke28 § 109 Rn. 8; a.A. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 15.
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Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 118 Rn. 6. Bruck/Möller/R. Koch 9 § 109 Rn. 11; Langheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 30; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 15; Looschelders/Pohlmann/Schulze Schwienhorst 2 § 109 Rn. 5. Vgl. BGH 30.4.1975 VersR 1975 558, 560; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 5. Prölss/Martin/Lücke28 § 109 Rn. 6; zu Zinsen vgl. bereits Rn. 14.
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Rangfolge mehrerer Ansprüche
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menden Betrag anzusetzen habe.35 Demgegenüber wird vertreten, der VR habe die Entwicklung zugrunde zu legen, die nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge am wahrscheinlichsten sei.36 Im Rahmen dieser Diskussion lässt sich wiederum der durch § 118 Abs. 2 zum Ausdruck kommende Maßstab heranziehen. Zu berücksichtigen ist das, womit der VR rechnen muss.37 Dieser Maßstab spricht jedenfalls für vorsichtige Schätzungen des VR, die im Einzelfall über den gewöhnlichen Verlauf hinausgehen können. Hieraus folgt nicht zwingend der Ansatz von „Mondrenten“.38 Wenn dem Geschädigten in den Folgejahren wiederkehrende Leistungen, insbeson- 19 dere (Erwerbsunfähigen-)Rente zu zahlen sind, sind diese Ansprüche zu kapitalisieren.39 Für Rentenzahlungen ist somit ihr Kapitalwert maßgeblich.40 Bei der Errechnung des Kapitalwertes kann es mitunter erforderlich werden, dass im Rahmen einer jährlichen Überprüfung der Kapitalwert an Inflation, Teilhabe am Wirtschaftswachstum, Erhöhung der Pflegekosten und Ähnlichem angepasst wird, weil derartige Erwägungen nur schwerlich im Vorhinein zu schätzen sind.41 Sofern es sich jedoch um Schmerzensgeldrenten handelt, ist der BGH im Hinblick auf eine Anpassung der Rente eher restriktiv. So bedarf es für eine Abänderung der Rente einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse i.S.v. § 323 ZPO, die jedenfalls dann noch nicht erreicht sind, wenn die Steigerung des Lebenshaltungsindexes unter 25 % liegt.42 Probleme im Zusammenhang mit Rentenzahlungen bestehen aber vor allem in Bezug auf die erwartete Dauer. Gerade bei lebenslang zu zahlenden Renten muss der VR eine ungefähre Lebensdauer des Geschädigten schätzen. Das ist insoweit ein zweischneidiges Schwert, als dass der VR das Risiko trägt, dass die tatsächliche Dauer die geschätzte Dauer überschreitet und er somit das Risiko trägt, letztlich doch über die Versicherungssumme hinaus bezahlen zu müssen.43 Auf der anderen Seite führt es aber auch zu einem Wegfall der Rentenzahlungspflicht, wenn das Ende vor dem angenommenen Zeitpunkt eintritt.44 Ansprüche, die noch nicht geltend gemacht wurden, mit denen aber wohl noch zu rech- 20 nen ist, müssen angemessen berücksichtigt werden.45 Das begründet keineswegs eine Nachforschungspflicht oder gar eine Hinweispflicht des VR. Soweit aber derartige Ansprüche bekannt sind oder sich aufdrängen, muss der VR hierfür Rückstellungen bilden.46
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Wenke VersR 1983 900; Bruck/Möller/ R. Koch 9 § 109 Rn. 10. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 12; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 47. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 4. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 12. Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 52. Vgl. BGH VersR 10.10.2006 VersR 2006 1679; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 4; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 11; Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 52; Bruck/Möller/R. Koch 9 § 109 Rn. 10. Zur Berechnung des Kapitalwertes vgl. etwa Bruck/Möller/R. Koch9 § 107 Rn. 15; Langheid/Wandt/Littbarski § 109 Rn. 36 ff.; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 15 ff.
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Wenke VersR 1983 900, 901; Sprung VersR 1992 657, 659; BGH 25.5.1982 VersR 1982 791, 793; wohl auch Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 49 a.A. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 13. BGH 15.05.2007 NJW 2007, 2475, s.a. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 117 Rn. 49 f. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679 („Rentenzahlungen können grds. nicht dazu führen, dass die Versicherungssumme erschöpft wird“); Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 13. BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679; Berliner Kommentar/Baumann § 155 Rn. 4; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 13. Römer/Langheid 3 § 109 Rn. 5; Prölss/Martin/Lücke 28 § 109 Rn. 6. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 10; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 4.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
III. Rangfolge, Abs. 1 Nr. 1–4 Die Rangfolge des § 118 gewährt bestimmten Geschädigten ein Befriedigungsvorrecht. Zunächst genießen auf der ersten Rangebene gem. Abs. 1 Nr. 1 Personenschäden Vorrang vor den übrigen Schadensersatzansprüchen. Personenschäden haben damit grundsätzlich einen Vorrang etwa vor Sachschäden oder Vermögensschäden. Vielfach handelt es sich bei den dann in Rede stehenden Personenschäden um Schmerzensgeldansprüche. Denn aufgrund der Einschränkung im Rahmen von Abs. 1 Nr. 1 („soweit die Geschädigten nicht vom Schädiger, von einem anderen VR als HaftpflichtVR, einem SVT oder einem sonstigen Dritten Ersatz ihrer Schäden erlangen können“; dazu noch Rn. 30 ff.) werden vielfach Personenschäden nicht vom Rang gem. Abs. 1 Nr. 1 erfasst. Andererseits wird es durchaus auch Konstellationen geben, in denen ein SVT eben nicht vorhanden ist bzw. gar nicht alle Kosten übernimmt, so dass Heilungskosten durchaus vom Rang gem. Abs. 1 Nr. 1 erfasst sein können.47 Unter dem Begriff „Personenschäden“ sind Schäden zu verstehen, die durch den Tod, die Verletzung, oder Gesundheitsschädigung eines Menschen entstanden sind.48 Erfasst sind (Folge-)Schäden materieller und immaterieller Art, also Heilungskosten, Erwerbsausfallschaden etc., Schmerzensgeld.49 Unterschiedlich beantwortet wird die Frage, ob Ehrverletzungen und Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Personenschaden i.S.v. § 118 Abs. 1 Nr. 1 anzusehen sind. Soweit hiermit nicht Verletzungen, Gesundheitsschäden oder deren Folgeerscheinungen verbunden sind, wird dies teilweise abgelehnt.50 Schon die hiermit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten sprechen indes für die Gegenauffassung, die Ehrverletzungen und Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unter Abs. 1 Nr. 1 subsumiert.51 Es erscheint schwer begründbar, gerade Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht als Personenschaden einzuordnen. Anspruchsinhaber von Ansprüchen i.S.d. Abs. 1 Nr. 1 können nur natürliche Personen sein, da nur sie einen Personenschaden erleiden können. Zu der bereits erwähnten Einschränkung des Abs. 1 Nr. 1, wonach sich Geschädigte nicht auf diesen Rang berufen können, soweit ihnen Ansprüche gegen bestimmte Dritte zustehen, vgl. noch Rn. 30 ff. Auf der zweiten Ebene stehen gem. Abs. 1 Nr. 2 sonstige Ansprüche, die aus Vermö22 gens- und Sachschäden resultieren. Nach dem Wortlaut können Anspruchsinhaber nach Nr. 2 sowohl natürliche, als auch juristische Personen des Privatrechts sein. Eine analoge Anwendung auf juristische Personen des öffentlichen Rechts kommt richtigerweise nicht in Betracht.52 Der Wille des Gesetzgebers, Individualansprüchen Vorrang vor sämtlichen öffentlichen Ersatzansprüchen zu gewähren, kommt durch die Vorschrift zum Ausdruck. Das lässt keinen Raum für eine Analogie, mag man auch über die Sinnhaftigkeit streiten. Auch Abs. 1 Nr. 2 enthält die gleiche Einschränkung wie Nr. 1 („soweit die Geschä23 digten nicht vom Schädiger, von einem anderen VR als HaftpflichtVR, einem SVT oder einem sonstigen Dritten Ersatz ihrer Schäden erlangen können“; dazu noch Rn. 30 ff.). Die dritte Rangebene gem. Abs. 1 Nr. 3 erfasst Ansprüche, die nach Privatrecht auf 24 VR oder sonstige Dritte wegen Personen- und sonstiger Schäden übergegangen sind. Gemeint sind zum einen private VR, auf die der Schadensersatzanspruch des geschädig-
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 9 f. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 25; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 7. Langheid/Wandt/Brand § 119 Rn. 25; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 7.
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Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 25. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 11. So Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 12 f.; a.A. zu Recht Langheid/ Wandt/Brand § 118 Rn. 28; Looschelders/ Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 7.
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Rangfolge mehrerer Ansprüche
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ten Dritten gem. § 86 oder im Wege einer Abtretung übergegangen ist; in Frage kommen insbesondere KrankenVR, SachVR, KaskoVR etc. Als private Dritte sind insbesondere Arbeitgeber zu nennen, die etwa Schadensersatzansprüche im Wege einer Legalzession gem. § 6 des Entgeltfortzahlungsgesetzes erworben haben. Die vierte Rangebene erfasst Ansprüche, die auf SVT übergegangen sind. Hierzu 25 zählen vor allem Ansprüche, die im Wege der Legalzession nach § 116 SGB X übergehen. Zuletzt sind alle sonstigen Ansprüche zu befriedigen, die nicht schon unter die 26 Nr. 1–4 fallen. Unter Nr. 5 sind insbesondere Ersatzansprüche der öffentlichen Hand zu subsumieren. Berechnungsbeispiele finden sich bei Langenick Sonderheft zu RuS 4/2011 70, 75 f. 27
IV. Verhältnismäßige Teilung bei gleichem Rang Sind mehrere Geschädigte vorhanden, die Ansprüche vom gleichen Rang geltend 28 machen und reicht hierfür die Versicherungssumme nicht aus, so erfolgt gem. § 118 Abs. 1 eine Auszahlung „nach dem Verhältnis ihrer Beiträge“. Sind etwa mehrere Personen durch einen Unfall verletzt worden und übersteigen bereits deren Ansprüche die Versicherungssumme, so bleibt das weitere Rangfolgeprinzip (Rn. 21 ff.) außer Betracht. Vielmehr muss der VR alle Ansprüche dieser Geschädigten zusammenrechnen und in das Verhältnis zur Versicherungssumme setzen. In diesem Fall ist die Rechtslage damit identisch zu § 109 (vor der VVG-Reform § 156 Abs. 3 VVG a.F.) und es kommt zu einer gleichmäßigen Befriedigung der entsprechenden Ansprüche; es gelten die Ausführungen in der Kommentierung des § 109. Auch in diesem Falle gilt damit nicht das Prioritätsprinzip. Meldet sich nach Auszahlung an die bisher bekannten Gläubiger ein weiterer, bisher 29 unbekannter Gläubiger, so richtet sich die Frage, ob dieser noch zu berücksichtigen ist, nicht unmittelbar nach Abs. 2; diese Regelung kann insoweit indes entsprechend angewandt werden (vgl. noch Rn. 43); es kommt also darauf an, ob der VR mit der Geltendmachung dieses Anspruchs gerechnet hat oder rechnen musste53 (zu weiteren Fallkonstellationen im Rahmen von Abs. 2 vgl. im Übrigen Rn. 41 ff.).
V. Haftungssubsidiarität – Verweis auf andere Ersatzmöglichkeiten i.R.v. Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 § 118 enthält Verweise auf andere Haftungssubjekte als Befriedigungsmöglichkeit für 30 den Geschädigten. Sowohl in Abs. 1 Nr. 1 als auch in Abs. 1 Nr. 2 findet sich die Einschränkung, dass den Geschädigten diesen Ranges nur insoweit ein Befriedigungsvorrecht zusteht, als sie nicht von dem Schädiger, von einem anderen VR als dessen HaftpflichtVR, einem Sozialversicherungsträger (nur Nr. 1), oder einem (sonstigen) Dritten Ersatz ihrer Schäden verlangen können. Im Hinblick auf den Verweis auf einen anderen VR und auf einen SVT ähnelt diese Einschränkung dem Verweisungsprivileg aus § 117 Abs. 3 Satz 2.
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Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 6.
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1. Vorrangige Ersatzmöglichkeiten gem. Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2
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Die erste der vier Verweisungsalternativen bezieht sich auf eine mögliche Ersatzpflicht des Schädigers selbst. Denkbar wäre somit, dass der Geschädigte erst ausloten muss, ob er beim Schädiger Ersatz seines Schadens erlangen kann. Ob der Schädiger überhaupt als vorrangiger Ersatzpflichtiger in Betracht kommt, ist allerdings umstritten. Nach dem Standpunkt von Huber kann es gar nicht auf die Ersatzpflicht des Schädigers ankommen, da für diesen ja gerade der PflichthaftpflichtVR einstehen müsse, weshalb nur der Mitschädiger gemeint sein könne.54 Dagegen wird eingewandt, dass der Schädiger immer für überschießende Beträge haftbar bleibe, solange und soweit die Leistungspflicht des VR nicht ausreicht.55 Des Weiteren ist es möglich, dass der HaftpflichtVR gegenüber dem VN leistungsfrei ist und als VR gegenüber dem geschädigten Dritten im Rahmen von § 117 haftet; auch für diesen Fall gilt § 118 (oben Rn. 7). Auch dieser Aspekt spricht dafür, dass eine (vorrangige) Haftung des Schädigers im Rahmen des Befriedigungsvorranges gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 eine Rolle spielt. Hinzu kommt, dass die in Rede stehende Einschränkung nach Nr. 1 und 2 im Falle einer anderweitigen Befriedigungsmöglichkeit zugunsten des Geschädigten nur dann eingreift, wenn eine solche auch realisierbar ist56 (vgl. noch Rn. 37). Gleichwohl ist die Kritik57 an dieser Regelung nachvollziehbar; ihre Wirkung lässt sich indes aus dem zuletzt genannten Grund abmildern. Weiterhin wird der Geschädigte zunächst an andere VR und SVT verwiesen. Anders 32 als im Rahmen von § 117 Abs. 3 Satz 2 sind davon sämtliche VR umfasst und nicht nur SchadensVR. Ausweislich des Wortlauts des § 118 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ist nicht der Pflichthaftpflichtversicherer des Schädigers gemeint, der ja Normadressat des § 118 ist.58 Denkbar ist etwa die Konstellation, dass der Schädiger zwei Haftpflichtversicherungen unterhält, die beide das erfolgte Risiko abdecken. In diesem Fall müsste sich der Geschädigte zunächst an den HaftpflichtVR wenden, dessen Versicherungssumme noch nicht erschöpft ist. Auch eine eigene Versicherung des Geschädigten bei einem SchadensVR (z.B. KaskoV) würde in den Anwendungsbereich dieser Einschränkung fallen.59 Des Weiteren greifen die Einschränkungen gem. Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 auch ein, so33 weit ein Geschädigter von einem SVT Ersatz seiner Schäden erlangen kann. Zuletzt würde auch die Ersatzmöglichkeit bei (sonstigen) Dritten dem Befriedigungs34 vorrecht nach Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2 entgegenstehen. Obgleich nur im Rahmen von Abs. 1 Nr. 1 von „sonstigen Dritten“ die Rede ist (nicht hingegen bei Abs. 1 Nr. 2), sind in beiden Fällen sonstige Dritte (also weitere Ersatzpflichtige) gemeint, mithin nicht der geschädigte Dritte i.S.d. §§ 113 ff.60 Dieser weiteren Ersatzmöglichkeit zugunsten des geschädigten Dritten kommt insoweit Auffangfunktion zu, so dass hiervon alle Fälle umfasst werden, die nicht bereits durch die ersten drei Alternativen genannt sind. Hierzu zählen i.d.R. Arbeitgeber, die Entgeltfortzahlungen gewährt haben, ein privater Krankenversicherer,
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 19; kritisch auch Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 8. Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 6; so i.E. auch Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 23. So letztlich auch Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 4; ähnlich Looschelders/ Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 8. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 19; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 8.
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Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 21; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 22. Ebenso Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 23; vgl. aber Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 5; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 29. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 21; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 14.
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Rangfolge mehrerer Ansprüche
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oder die Bundesanstalt für Arbeit, die Arbeitslosengeld gezahlt hat.61 Folglich müsste der Geschädigte jede sich ihm bietende Ersatzmöglichkeit ausschöpfen, um sein Befriedigungsvorrecht nach Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 zu erlangen (dazu sogleich Rn. 35 ff.). 2. Anforderungen Ansprüche geschädigter Dritte sind im ersten bzw. zweiten Rang nur zu berücksichti- 35 gen, „soweit die Geschädigten nicht vom Schädiger, von einem anderer VR als dessen VR, einem SVT oder einem (sonstigen) Dritten Ersatz ihrer Schäden erlangen können“. Nicht ganz einheitlich wird im Schrifttum die Frage erörtert, was vom geschädigten Dritten erwartet wird, damit diese Einschränkung nicht eingreift und die Ansprüche im ersten bzw. zweiten Rang „verbleiben“. Unproblematisch greift die Einschränkung ein, wenn einer der in Rede stehenden Verpflichteten bereits einen entsprechenden Schaden des geschädigten Dritten ausgeglichen hat. Darüber hinaus erscheint es als selbstverständlich, dass entsprechende Ansprüche des geschädigten Dritten überhaupt bestehen müssen; anderenfalls könnte er von vorneherein keinen Ersatz von einem anderen verlangen. Andererseits wird man nicht sagen können, dass allein das Bestehen eines Anspruchs des geschädigten Dritten zum Eingreifen der Einschränkung führt. Ebenso wenig kann es darauf ankommen, dass der Geschädigte zuvor prozessual oder sogar im Wege der Zwangsvollstreckung Durchsetzungsversuche unternommen haben muss. Denn Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 enthalten z.B. keine dem § 771 Satz 1 BGB vergleichbare gesetzliche Vorgabe. Zudem wäre eine solche Sichtweise nicht mit dem Zweck des § 118 zu vereinbaren. Der Geschädigte soll durch § 118 besser gestellt werden, als er etwa im gewöhnlichen Verteilungsverfahren nach § 109 (§ 156 Abs. 3 VVG a.F.) stünde. Würde vom Geschädigten zunächst verlangen, gegen die in Rede stehenden Schuldner etwa prozessual vorgehen zu müssen, würde der Geschädigte im Ergebnis schlechter stehen.62 Voraussetzung ist vielmehr, dass die Geschädigten nicht bei einem der genannten Schuldner Ersatz „erlangen können“. Das bedeutet, dass es auf eine rechtliche und tatsächliche Möglichkeit des Schadensausgleichs ankommt. Huber schlägt vor, diese Verweisungskette stark teleologisch zu reduzieren. Der Ver- 36 weis auf den Schädiger selbst passe nicht und sei daher nicht mitzulesen (vgl. bereits oben Rn. 31). Auch die Verweisungsmöglichkeit auf (sonstige) Dritte sei teleologisch auf wenige Fälle zu reduzieren, in denen die Solvenz des Dritten außer Zweifel stünde.63 Eine solche weitgehende teleologische Reduktion würde indes kaum noch mit dem recht klaren Wortlaut zu vereinbaren sein; die Regelung würde auf einen äußerst geringen, kaum gewollten Regelungsgehalt beschränkt. Die Einschränkungen gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 sind neben dem Wortlaut 37 insbesondere aufgrund der Systematik und nach ihrem Sinn und Zweck auszulegen. Hinter diesen Einschränkungen steckt die Vorstellung, dass es eines Befriedigungsvorrechts dann nicht bedarf, wenn der Geschädigte anderweitig Ersatz finden kann. Dann fehlt ihm die Schutzbedürftigkeit. Vor diesem Hintergrund kommt es darauf an, dass die anderweitige Befriedigungsmöglichkeit tatsächlich auch realisierbar ist.64 Schwartze
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Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 23. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 19 ff.; wohl auch Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 8. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 19 ff.
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Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 22; Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 4; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 8.
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weist zu Recht darauf hin, dass dem Tatbestandsmerkmal „können“ die Einschränkung innewohnt, dass zumindest die Solvenz des Dritten gesichert sein muss;65 d.h. der Anspruch muss wirtschaftlich realisierbar sein.66 Dagegen kommt es nicht darauf an, ob der Geschädigte ihn auch tatsächlich geltend macht. Schließlich gilt auch hier – wie im Rahmen von § 117 Abs. 3 Satz 2 – die Grenze der Unzumutbarkeit; es bleibt also bei ersten bzw. beim zweiten Rang, wenn die Geltendmachung des Anspruchs nur unter besonderen Verzögerungen und Erschwerungen möglich ist.67 Von Bedeutung ist schließlich die Darlegungs- und Beweislast für die Verwirklichung 38 dieses Tatbestands, die den HaftpflichtVR trifft. Dieser muss darlegen und beweisen, dass dem geschädigten Dritten eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegen den Schädiger oder sonstige Dritte zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund werden die Interessen des geschädigten Dritten, möglichst einen hohen Rang zu erlangen, nicht unangemessen beeinträchtigt. Erst dann, wenn dem VR dieser Beweis gelingt, verliert der betroffene Dritte seine Rangposition. 3. Maßgeblicher Zeitpunkt
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Im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt stellen Stimmen im Schrifttum auf den Schadenseintritt ab.68 Dies erscheint indes fragwürdig. Im Zeitpunkt des Schadenseintritts lässt sich vielfach noch gar nicht absehen, ob und in welchem Umfang überhaupt eine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S.v. Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 vorliegt. Dies zeigt sich vielfach erst, wenn feststeht, welche Ansprüche auf den HaftpflichtVR zukommen. Im Hinblick auf die anderweitige Ersatzmöglichkeit ist deshalb auf den gleichen Zeitpunkt abzustellen, in dem der VR feststellt, dass die geltend gemachten Ansprüche die Versicherungssumme übersteigen.
VI. Nachträgliche Änderungen 1. Geringere Ansprüche als zuvor kalkuliert
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Da der Verteilungsplan je nach Umständen mehr oder minder auf Prognosen und Schätzungen basiert (vgl. oben Rn. 18), kann es natürlich vorkommen, dass sich ein ursprünglich höher kalkulierter Anspruch später als niedriger erweist oder sogar im Ganzen als unberechtigt anzusehen ist. Reicht nach dieser Feststellung die Versicherungssumme doch noch aus, um alle anderen Anspruchssteller zu befriedigen, so muss die nunmehr „freigewordene“ Versicherungssumme an diese ausbezahlt werden.69 Sie erhalten also die Differenz aus dem bereits ausbezahlten Betrag und dem ihnen in Wirklichkeit zustehenden Anspruch. Genügt die Versicherungssumme hingegen noch nicht, um
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Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 8; so auch Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 22; Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 4. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 22; Rüffer/Halbach/Schimikowski § 118 Rn. 4; Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 4. Vgl. § 117 Rn. 50 ff.; BGH 4.4.1978 VersR 1978 609.
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Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 22; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 4. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 16; Römer/Langheid 3 § 109 Rn. 8; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 118 Rn. 6.
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Rangfolge mehrerer Ansprüche
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volle Befriedigung zu gewährleisten, so erfolgt zumindest eine Ausschüttung der übrigen zur Verfügung stehenden Versicherungssumme an die Anspruchssteller nach ihrem jeweiligen Verhältnis.70 Als Ausnahme ist hier nur der Fall anzuführen, dass an einen Anspruchsteller eine Rente ausbezahlt wird und die Rentenzahlungen vor dem eigentlich erwarteten Zeitpunkt enden (z.B. Tod des Geschädigten). Weder das Überschreiten der Versicherungssumme, noch die vorzeitige Entlastung des VR berühren die Auszahlungspflicht des VR (siehe bereits Rn. 19). 2. Nachträglich geltend gemachte Ansprüche, Abs. 2 Ist das Verteilungsverfahren abgeschlossen und wurden die angemeldeten Forderun- 41 gen nach ihrem Rang bzw. ihrem Verhältnis befriedigt, kann ein vorrangig zu befriedigender Anspruchsberechtigter, der bei diesem Verteilungsverfahren nicht berücksichtigt wurde, sich nicht nach § 118 Abs. 2 auf seinen Rang berufen, wenn der VR mit diesem Anspruch zur Zeit der Durchführung des Verfahrens nicht gerechnet hat oder damit nicht rechnen musste. Ein einmal erfolgtes Verteilungsverfahren wird also grundsätzlich nicht mehr nachträglich geändert, sondern bleibt bestehen, wenn dem HaftpflichtVR bei der Verfahrensdurchführung kein Vorwurf gemacht werden kann. Verspätet angemeldete Forderungen laufen dann ins Leere. Ob das Verteilungsverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen wurde, muss der VR 42 beweisen.71 Die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich dabei sowohl auf die Erschöpfung der Versicherungssumme, als auch auf den Zeitpunkt der Auszahlung. Denn ob das Verfahren abgeschlossen ist, richtet sich nach dem Zeitpunkt der Auszahlung.72 Die Versicherungssumme muss dabei vollständig ausbezahlt worden sein.73 Ist die Versicherungssumme erst zu einem Teil ausbezahlt, kann die Anmeldung des Geschädigten demnach nicht zu spät erfolgen. Er muss genauso behandelt werden, als ob er von Anfang an seinen Anspruch angemeldet hätte. Die Quoten sind dann vom VR neu zu berechnen. Eventuell zu viel gezahlte Beträge sind zurückzufordern (vgl. noch Rn. 49 f.). Abs. 2 ist auch auf gleichrangige Ansprüche anwendbar. Vom Wortlaut des Abs. 2 43 werden zwar nur Anspruchssteller erfasst, die ansonsten vorrangig zu befriedigen gewesen wären. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass bereits § 156 Abs. 3 Satz 2 a.F. einen Anspruchsausschluss für gleichrangige Ansprüche vorsah.74 Zur alten Regelung existierte jedoch keine Rangfolgeregelung. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, warum ranghöhere Ansprüche nach der neuen Regelung schlechter gestellt werden sollten als gleichrangige Ansprüche. Abs. 2 zielt auf ein endgültiges Bestehen eines einmal erfolgten Verteilungsverfahrens ab. Weshalb daher bei nachträglicher Geltendmachung eines gleichrangigen Anspruchs, mit dem der VR nicht rechnen musste, der Ausschlusstatbestand nicht eingreifen soll, ist nicht zu erklären. Insoweit handelt es sich hierbei um ein gesetzgeberisches Versehen.75
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Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 16. BGH 12.6.1980 VersR 1980 817, 819; BGH 10.10.2006 VersR 2006 1679,1680; Looschelders/Pohlmann/Schwartze § 118 Rn. 5. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 38. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 118 Rn. 10; Prölss/Martin/Lücke28 § 109 Rn. 12;
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 108 Rn. 10; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 38; a.A. Huber VersR 1986 851. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 118 Rn. 10. So auch Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 39.
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a) Haftpflichtversicherer hat nicht mit Anspruch gerechnet und musste es auch nicht. Der HaftpflichtVR kann sich auf den Ausschlusstatbestand des Abs. 2 dann berufen, wenn er mit der nachträglichen Geltendmachung des Anspruchs des vorrangig (oder gleichrangig) zu befriedigenden Geschädigten nicht gerechnet hat oder nicht rechnen musste. Die Formulierung „gerechnet hat“ ist noch nicht unbedingt mit positiver Kenntnis gleichzusetzen; indes lässt sich sagen, dass der VR, der mit einem entsprechenden Anspruch gerechnet hat und diesen gleichwohl nicht berücksichtigt, praktisch einen fehlerhaften Verteilungsplan in Kauf nimmt. Das Tatbestandsmerkmal „rechnen musste“ entspricht einem fahrlässigen Verhalten des VR, das sich nach § 276 Abs. 2 BGB richtet.76 Den VR trifft keine Nachforschungs- und Erkundungspflicht.77 Vielfach findet sich noch weitergehend die Formulierung, die an den VR zu stellenden Anforderungen dürften nicht überspannt werden.78 Indes gelten die allgemeinen Sorgfaltsanforderungen gem. § 276 Abs. 2 BGB; hierbei sind selbstverständlich einhergehende Schwierigkeiten bei ggf. erforderlichen Prognosen und Schätzungen des HaftpflichtVR zu berücksichtigen. Den HaftpflichtVR trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er mit den später 45 angemeldeten Ansprüchen nicht gerechnet hat und auch nicht rechnen musste.79 Dringt der Geschädigte mit seinem nachträglich geltend gemachten Anspruch nach 46 Abs. 2 nicht mehr gegen den VR durch, so stellt sich die Frage nach Ansprüchen des verspätet vorgehenden Schädigers gegen zuvor befriedigte andere Geschädigte, ob er sich also an die bereits befriedigten anderen Geschädigten wenden kann und von ihnen den Betrag herausverlangen kann, den sie nicht erhalten hätten, wenn er rechtzeitig seinen Anspruch angemeldet hätte. Teile der Literatur bejahen hier einen Anspruch des Geschädigten aus § 816 Abs. 2 BGB.80 Ihrer Ansicht nach sei kein Rechtsgrund vorhanden hinsichtlich der im Grunde zuviel erhaltenen Zahlung. Die bereits befriedigten Gläubiger seien insofern als Nichtberechtigte anzusehen. Dem ist nicht zu folgen. Es mangelt an dem Tatbestandsmerkmal des „Nichtberechtigten“. Nichtberechtigter i.S.d. § 816 Abs. 2 ist, wer weder Inhaber des jeweiligen Anspruchs ist, noch zur Einziehung der Forderung aufgrund eines Rechtsgeschäfts oder kraft Gesetzes befugt war.81 Selbst wenn man noch argumentieren möchte, dass der befriedigte Geschädigte nicht Inhaber des Anspruchs in eben dieser Höhe sei, so ist er dennoch kraft Gesetzes zur Entgegennahme befugt. § 118 stellt eine abschließende Regelung dar. Wenn ein Verteilungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde, so soll derjenige, der die Leistung vom VR erhält, diese auch abschließend behalten können. Ein Anspruch des nicht rechtzeitig erschienenen Anspruchsstellers nach § 816 Abs. 2 BGB besteht demnach nicht.82 Unbenommen bleibt es dem zu spät kommenden Dritten, der seinen Anspruch zu spät 47 angemeldet hat, seinen Anspruch weiterhin gegen den VN als Schädiger zu verfolgen. Sein Anspruch gegen ihn wird durch § 118 nicht berührt.83
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Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 11; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 41. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 11. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 41; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 10. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 41; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 10. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 67 f.; Bruck/Möller/R. Johannsen8
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Bd. V/1 Anm. B 101; Hessert VersR 1997 39, 42 f. gegenüber einem Sozialversicherungsträger aufgrund § 116 Abs. 1 SGB X. Bamberger/Roth/Wendehorst3 § 816 Rn. 28. Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 58; Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 43; Prölss/ Martin/Lücke28 § 109 Rn. 14; Looschelders/ Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 12. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 43.
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b) Haftpflichtversicherer hat mit dem Anspruch gerechnet oder musste damit rech- 48 nen. Hat der VR mit dem später geltend gemachten Anspruch gerechnet oder musste er mit diesem rechnen, so hätte er für diesen entsprechende Rückstellung zu bilden gehabt (Rn. 20). Das Befriedigungsverhältnis für die übrigen Ansprüche hätte sich demnach verringert und auch der verspätet geltend gemachte Anspruch hätte noch Befriedigung erfahren. Hat der VR mit dem Anspruch gerechnet oder hätte er damit rechnen müssen, so ist der nicht rechtzeitig geltend gemachte Anspruch so zu stellen, als sei er rechtzeitig geltend gemacht worden. Eine zuvor zu hoch ausbezahlte Quote geht zunächst einmal zu Lasten des VR (zum Bereicherungsanspruch gegen den VN sogleich). Der nachträglich angemeldete Anspruch ist dann entsprechend der Quote zu befriedigen, die auf ihn bei rechtzeitiger Anmeldung entfallen wäre. Dass es dabei zu einer Überschreitung der Versicherungssumme kommt, ist unerheblich, weil dem VR diesbezüglich ja auch zumindest Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist.84 Fraglich ist, ob der HaftpflichtVR aber im Hinblick auf die zunächst zuviel gezahlten 49 Beträge gegen die bereits befriedigten Geschädigten vorgehen und diese zurückverlangen kann. Im Schrifttum wird wohl ganz überwiegend der Standpunkt vertreten, der VR könnte die insoweit zu viel gezahlte Summe nur insoweit nach § 812 BGB kondizieren, als er die Zahlung unter Vorbehalt oder unter Offenlegung des Verteilungsverfahrens geleistet habe.85 Diese Ansicht erscheint indes diskussionswürdig. Für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch kommt es zunächst nicht darauf an, ob zuvor unter Vorbehalt oder Offenlegung eines Verteilungsplanes gleistet worden ist. Entscheidend ist die Rechtswirkung von § 118, insbesondere die Wirkung des Abs. 2. Diese Vorschrift bewirkt, dass sich ein verspätet auftretender Geschädigter noch (anteilsmäßig) zu befriedigen ist, wenn der VR mit der Geltendmachung dieses Anspruchs gerechnet hat oder rechnen musste (vgl. oben Rn. 48). Entscheidend ist, ob zugleich der Rechtsgrund für die Zahlung an die zuvor befriedigten Geschädigten insoweit wegfällt. Dies lässt sich zumindest in Zweifel ziehen, da Abs. 2 primär auf ein Verschulden des HaftpflichtVR abstellt. Hieraus ließe sich ableiten, dass auch der VR (allein) das aus Abs. 2 resultierende Risiko zu tragen hat und nicht an die zuvor befriedigten Geschädigten weitergeben kann. Nach ganz herrschender Meinung kann der VR (auch) bei seinem VN Regress neh- 50 men. Danach steht ihm ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1.Alt. BGB zu, weil die Befriedigung des Geschädigten über die Versicherungssumme hinaus ohne Rechtsgrund erfolgte.86 Letztlich hängt dies davon ab, ob der VN eine Leistung durch den VR ohne Rechtsgrund erlangt.87 Die Beantwortung dieser Frage hängt auch damit zusammen, welche Wirkung Abs. 2 zukommt (vgl. bereits Rn. 49).
D. Abdingbarkeit § 118 ist zugunsten des VN, des Versicherten und der geschädigten Dritten zwingen- 51 des Recht und damit nicht abdingbar.88
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 11. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 118 Rn. 13; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 118 Rn. 66. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 45; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 65; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2
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§ 118 Rn. 13; a.A. offenbar Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 61. Differenzierend Berliner Kommentar/Baumann § 156 Rn. 61 (vgl. vorstehende Fn. 86). BTDrucks. 16/39445 S. 87.
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E. Prozessuales § 118 hat keine Bedeutung für den Haftpflichtprozess zwischen dem Geschädigten und dem VN. Für die Haftung des VN ist es zunächst einmal unerheblich, ob die Versicherungssumme ausreicht. Wird aber der VR verklagt – entweder aufgrund eines Direktanspruchs oder aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses – so ist § 118 bereits im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigen.89 Sofern ein Zwischenurteil nach § 304 ZPO ergeht, ist § 118 erst im Betragsverfahren und nicht schon im Verfahren über den Anspruchsgrund zu berücksichtigen.90 Jeder Anspruchssteller hat darzulegen und zu beweisen, dass sein geltend gemachter 53 Anspruch einem bestimmten der fünf Ränge zuzuordnen ist.91 Der HaftpflichtVR muss beweisen, dass die Versicherungssumme erschöpft ist und die angemeldeten und zu erwartenden Ansprüche diese übersteigen.92 Soweit die Schätzung des Schadens übermäßige Schwierigkeiten bereitet, wird jedoch für eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten plädiert.93 Für den Ausschluss nach Abs. 2 muss dagegen der VR beweisen, dass im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs das Verteilungsverfahren bereits abgeschlossen war und er bis dahin nicht mit der Anmeldung dieses Anspruchs rechnen musste oder gerechnet hat.94 Hiervon kann letztlich nur ausgegangen werden, wenn sich im Rahmen der Regulierung des Schadens keine Anhaltspunkte für sonstige Geschädigte zeigten.
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F. Übergangsrecht 54
Ist bei Altverträgen (Verträge, die bis zum 31.12.2007 abgeschlossen worden sind) ein Versicherungsfall bis zum 31.12.2008 eingetreten, findet § 118 keine Anwendung. Insoweit ist gem. Art. 1 Abs. 2 EGVVG weiterhin auf § 156 Abs. 3 a.F. zurückzugreifen.95
§ 119 Obliegenheiten des Dritten (1) Der Dritte hat ein Schadensereignis, aus dem er einen Anspruch gegen den Versicherungsnehmer oder nach § 115 Abs. 1 gegen den Versicherer herleiten will, dem Versicherer innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem Schadensereignis Kenntnis erlangt hat, in Textform anzuzeigen; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
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90 91 92
BGH 25.5.1982 BGHZ 84 151, 154; OLG München 27.3.2003VersR 2005 89, 90; vgl. bereits oben Rn. 7. OLG München 27.3.2003 VersR 2005 89, 90; vgl. bereits oben Rn. 7. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 118 Rn. 4. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 118 Rn. 72; Konradi VersR 2009 321.
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Konradi VersR 2009 321. BGH 12.6.1980 VersR 1980 817, 819; Wenke VersR 1983 900; Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 § 156 Rn. 24; Berliner Kommentar/ Baumann § 156 Rn. 59. Langheid/Wandt/Brand § 118 Rn. 47.
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Obliegenheiten des Dritten
§ 119
(2) Macht der Dritte den Anspruch gegen den Versicherungsnehmer gerichtlich geltend, hat er dies dem Versicherer unverzüglich in Textform anzuzeigen. (3) Der Versicherer kann von dem Dritten Auskunft verlangen, soweit sie zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich ist. Belege kann der Versicherer insoweit verlangen, als deren Beschaffung dem Dritten billigerweise zugemutet werden kann.
Schrifttum Doetsch Kein Besichtigungsrecht des beschädigten Fahrzeugs durch den Versicherer ZfS 2013 63; Jaeger Das Recht des Kfz-Haftpflichtversicherers zur Besichtigung des beschädigten Fahrzeugs, VersR 2011 50; Kummer Zu den Obliegenheiten des unmittelbar anspruchsberechtigten Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer, Festschrift Gerda Müller (2009) 437; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . II. Inhalt und Zweck der Regelung/Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . B. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . I. Anzeige des Schadensereignisses, Abs. 1 1. Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zugangserfordernis . . . . . . . . . 3. Inhalt und Form der Anzeige . . . . II. Anzeige der gerichtlichen Geltendmachung, Abs. 2 . . . . . . . . . . . . 1. Entstehen der Anzeigeobliegenheit . 2. Frist und Zugang . . . . . . . . . . 3. Inhalt und Form der Anzeige . . . .
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Rn. III. Auskunfts- und Belegrecht des Versicherers, Abs. 3 . . . . . . . . . . . . 1. Auskunftsobliegenheit, Abs. 3 Satz 1 a) Entstehen der Auskunftsobliegenheit . . . . . . . . . . . b) Umfang der Auskunftsobliegenheit 2. Belegobliegenheit, Abs. 3 Satz 2 . . a) Entstehen der Belegobliegenheit . b) Umfang der Belegobliegenheit . . IV. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . V. Verzicht des VR . . . . . . . . . . . . C. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . I. Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte Die derzeitige Form des § 119 geht zurück auf § 158d VVG a.F. sowie auf § 3 Nr. 7 1 PflVG a.F. Während § 158d Abs. 2 VVG a.F. wörtlich in § 119 Abs. 2 überführt und Abs. 3 gegenüber der Norm des § 158d Abs. 3 a.F. lediglich redaktionell überarbeitet wurde, ohne dass dies den Gehalt der Vorschrift verändert hätte,1 erfuhr § 119 Abs. 1 VVG gegenüber § 158d Abs. 1 VVG a.F. auch eine inhaltliche Modifizierung. Im Rahmen des im Jahre 2007 zunächst verabschiedeten Gesetzes entsprach Abs. 1 ursprünglich der Vorschrift des § 3 Nr. 7 PflVG a.F. mit der Konsequenz, dass Abs. 1 – § 3 Nr. 7 PflVG a.F. entsprechend – eine Anzeigeobliegenheit hinsichtlich eines Direktanspruchs des Dritten gegen den VR vorsah.2 Der Hintergrund dieser ursprünglichen Fassung lag
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So ausdrücklich die amtliche Begründung BTDrucks. 16/3945 S. 90.
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Vgl. BGBl. I 2631, 2651.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
darin, dass im Gesetzgebungsverfahren ursprünglich ein Direktanspruch für alle Pflichthaftpflichtversicherungen geplant war; diese Vorstellung wurde aber im Rahmen des weiteren Verfahrens auf die Fälle des § 115 Abs. 1 beschränkt (vgl. § 115 Rn. 2 ff.). Durch das Zweite Gesetze zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes vom 10.12.20073 wurde jedoch – noch vor Inkrafttreten des VVG – die Formulierung in Abs. 1 von „nach § 115 Abs. 1“ in „gegen den Versicherungsnehmer oder nach § 115 Abs. 1 gegen den Versicherer“ geändert und die Obliegenheit zur Schadensanzeige auch auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den VN ausgedehnt. Damit sollte die Rechtslage wieder mit derjenigen des § 158d Abs. 1 a.F. in Einklang gebracht werden, der eine Anzeigepflicht ebenfalls bei Inanspruchnahme des VN vorsah.4
II. Inhalt und Zweck der Regelung/Rechtsnatur 2
§ 119 ist in engem Zusammenhang mit der nachfolgenden Vorschrift des § 120 zu sehen.5 § 119 dient dabei in erster Linie dazu, den VR frühzeitig über mögliche Ansprüche unmittelbar gegen ihn oder den VN zu informieren. Dadurch soll erreicht werden, dass der VR sich rechtzeitig an der Feststellung des Schadenshergangs beteiligen und so ein unnötiges Auflaufen von Kosten vermeiden kann.6 Die Regelung ergänzt insoweit die Vorschriften der §§ 30, 31, 104, welche vergleichbare Anzeige- und Auskunftspflichten für den VN enthalten, aber erkennbar nicht auf den Dritten zugeschnitten sind.7 § 119 begründet gesetzliche Obliegenheiten des Dritten, nicht hingegen vertragliche 3 Nebenpflichten.8 Gegen eine Einordnung als vertragliche Nebenpflichten spricht insbesondere, dass zwischen VR und Drittem prinzipiell keine vertraglichen Beziehungen bestehen und sich solche auch nicht aus dem Haftpflichtverhältnis oder einem Direktanspruch nach § 115 Abs. 1 ergeben können.9 Gegen die Einordnung als Pflicht spricht weiterhin, dass die Anzeige- und Auskunftsobliegenheiten nicht durch den VR einklagbar sind10 und ein Verstoß – auch unter Beachtung der Sanktionen des § 120 – nicht zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Dritten führt.11 Ob man die Norm unter diesem Gesichtspunkt als gesetzliche Obliegenheit oder als spezielle Ausprägung der allgemeinen Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB ansieht12 – welche zweifellos eine gewisse Nähe zu § 119 aufweist – ist demgegenüber ohne größere Bedeutung.
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BGBl. I 2833. BTDrucks. 16/6627 S. 7. So auch Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 1; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 1. BGH 11.10.1956 VersR 1956 707; Kummer FS Gerda Müller 440. Stiefel/Maier/Jahnke18 § 119 Rn. 6; Langheid/ Wandt/Schneider § 119 Rn. 4; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 1. Vgl. auch Wandt5 Rn. 1091. Für die Einordnung als Pflicht insbesondere Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 4; zweifelnd auch Wandt5 Rn. 1091. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider 2 § 24 Rn. 176 („deliktsrechtlicher Schadens-
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ersatzanspruch“); Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 2. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 4. A.A. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 4. Kummer FS Gerda Müller 443 f.; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 119 Rn. 14; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 4; wohl auch Wandt5 Rn. 1093; a.A. Römer/ Langheid 3 § 119 Rn. 8; Rüffer/Halbach/ Schimikowski 2 § 119 Rn. 4. So Bruck/Möller/Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 26; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 4.
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Obliegenheiten des Dritten
§ 119
Das Gesetz bürdet dem Dritten eine Obliegenheit auf, da er der Hauptnutznießer des 4 Pflichtversicherungsverhältnisses ist. So ist nicht nur die generelle Absicherung durch einen in aller Regel zahlungsfähigen Schuldner in seinem Interesse; darüber hinaus besteht gem. § 117 eine Einstandspflicht des VR im Verhältnis zum geschädigten Dritten auch dann ist, wenn der VR im Innenverhältnis zum VN von seiner Leistungspflicht befreit ist. Zu Recht äußerte Johannsen daher in der Vorauflage, dass unter dem Blickwinkel des besonderen Schutzes, den der Dritte durch den Gesetzgeber erfährt, eine Anzeige- und Auskunftsobliegenheit bereits aus Treu und Glauben entspringt.13
III. Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich des § 119 bezieht sich nicht, wie teilweise geäußert wird, 5 lediglich auf gestörte Versicherungsverhältnisse, sondern ist unabhängig davon, ob zwischen VR und VN ein gestörtes oder intaktes Versicherungsverhältnis besteht.14 Gegen eine Beschränkung auf gestörte Versicherungsverhältnisse spricht bereits die, im Vergleich zur Vorgängervorschrift veränderte, systematische Stellung des § 119, welcher sich gerade nicht mehr in einem eigenen Abschnitt über gestörte Versicherungsverhältnisse befindet.15 Weiterhin bedarf es einer Mitteilung des Dritten auch beim intakten Versicherungsverhältnis, wenn der VN seinen Pflichten aus §§ 30, 104 nicht nachkommt. Soweit der VN jedoch seine Pflichten erfüllt und der VR somit auf anderem Wege Kenntnis erlangt, darf dem Dritten aus einem Verstoß gegen seine Obliegenheiten kein Nachteil erwachsen.16 Aus praktischer Sicht empfiehlt es sich für den Dritten, den in § 119 normierten Obliegenheiten nachzukommen, denn weder wird er je zuverlässig wissen, ob das entsprechende Versicherungsverhältnis zwischen VR und VN gestört ist, noch ob der VN seinen Pflichten gegenüber dem VR nachkommt. Durch die frühzeitige Änderung des § 119 Abs. 1, noch vor Inkrafttreten der VVG- 6 Reform (oben Rn. 1), wurde zudem der Anwendungsbereich ausdrücklich auf Direktansprüche nach § 115 und Ansprüche gegen den VN festgelegt.
B. Tatbestand I. Anzeige des Schadensereignisses, Abs. 1 § 119 Abs. 1 normiert die Obliegenheit des Dritten zur Anzeige eines Schadensereig- 7 nisses an den VR, soweit er aus diesem einen Anspruch gegenüber dem VN oder gem. § 115 Abs. 1 direkt gegen den VR geltend machen will.
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Bruck/Möller/Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 26. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 1; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 119 Rn. 3; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 1; a.A. Römer/Langheid3 § 119 Rn. 4.
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 4; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 §§ 119, 120 Rn. 6 f.; a.A. Römer/Langheid3 § 119 Rn. 4. Vgl. BGH 11.10.1956 VersR 1956 707.
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1. Frist
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Der Fristanlauf beginnt mit Kenntnis des Dritten vom Schadensereignis, mithin von den wesentlichen Umständen, die zu dem schadensauslösenden Moment geführt haben.17 Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Schaden bereits in allen Einzelheiten erkannt worden ist.18 Bekannt sein muss dem Dritten weiterhin die Person des Schädigers und des verantwortlichen HaftpflichtVR.19 Dabei treffen den Dritten gewisse Nachforschungslasten und er muss ggf. eigene Ermittlungen, beispielsweise eine Kennzeichenermittlung über die Zulassungsstelle, durchführen20. Unzumutbare Belastungen dürfen dem Dritten jedoch nicht auferlegt werden.21 Neben positiver Kenntnis des Schadensereignisses schadet dem Dritten auch fahrlässige Unkenntnis22; vgl. zum Verschulden noch § 120 Rn. 8 f. Der Verschuldensmaßstab umfasst dabei schon einfache Fahrlässigkeit, da die Vorschrift des § 28 Abs. 2 auf den Dritten keine Anwendung findet. Die Frist beträgt ausweislich des Gesetzeswortlautes zwei Wochen, wobei sich die Berechnung nach den §§ 187 ff. BGB richtet.23 Die Frist beginnt daher entsprechend § 187 Abs. 1 BGB mit dem Tag, welcher auf das Schadensereignis folgt und endet gem. § 188 Abs. 2 Halbs. 1 BGB mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Zur Wahrung des Fristerfordernisses ist es ausreichend, dass der Dritte die zum Absenden erforderlichen Handlungen innerhalb der Frist vorgenommen, z.B. die Anzeige in einen Briefkasten geworfen oder ein Fax versendet hat. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 119 Abs. 1, 2. Halbs. Nicht entscheidend ist mithin der Zugang beim VR, insbesondere sind durch den Ablauf der Briefbeförderung bedingte Verspätungen dem Dritten nicht zuzurechnen.24 2. Zugangserfordernis
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Der Dritte erfüllt seine Obliegenheit noch nicht mit der rechtzeitigen Absendung der Anzeige; die diesbezügliche Fristenregelung (vgl. Rn. 12) stellt lediglich eine Privilegierung in Bezug auf die Abgabe der Erklärung dar. Erforderlich bleibt jedoch ein Zugang der Anzeige beim VR.25 Zu beachten ist hierbei, dass Versicherungsvermittler regelmäßig nicht zur Entgegennahme einer Anzeige gem. § 119 Abs. 1 befugt sind. Die Regelung des § 69 bezieht sich insoweit lediglich auf die Entgegennahme von Mitteilungen des VN oder von dessen Vertreter.26 Die Anzeige sollte daher unmittelbar an den VR gerichtet 17 18 19
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Stiefel/Maier/Jahnke18 § 119 Rn. 12. BGH 10.7.1967 VersR 1967 974, 975 (= BGHZ 48 181, 183). Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 2, 5; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 2; a.A. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 11. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 5. Vgl. etwa KG 30.1.2007 VersR 2008 69, 70. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 4; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 3.
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Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 4. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 3. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 12; a.A. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 8; Stiefel/Maier/Jahnke18 § 119 Rn. 11. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 119 Rn. 4; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 12; Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 8; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 2.
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Obliegenheiten des Dritten
§ 119
werden. Im Ausnahmefall kann auch ein Regulierungsbeauftragter Empfangszuständigkeit besitzen.27 3. Inhalt und Form der Anzeige Hinsichtlich der Form der Anzeige lässt Abs. 1 wie bereits die Vorschrift des § 3 Nr. 7 14 PflVG a.F. die Textform i.S.d. § 126b BGB28 genügen. Der Gesetzgeber behält damit durch die Abschaffung der in § 158d a.F. verlangten Schriftform die Tendenz zur Vereinfachung des Rechtsverkehrs durch Abbau von Formalien bei.29 Inhaltlich stellt das Gesetz keine wesentlichen Anforderungen an die Schadensanzeige. 15 Zu beachten ist hierbei jedoch, dass es sich bei der Anzeige gem. Abs. 1 nicht (notwendig) um eine Anspruchsmeldung i.S.d. § 115 Abs. 2 Satz 3 handelt und sie insbesondere auch nicht zur Hemmung der Verjährung führt.30 Umgekehrt wird eine Anspruchsmeldung nach § 115 Abs. 2 Satz 3 jedoch regelmäßig den Anforderungen des § 119 Abs. 1 genügen.31
II. Anzeige der gerichtlichen Geltendmachung, Abs. 2 Abs. 2 enthält eine gegenüber Abs. 1 vorrangige Regelung hinsichtlich der Anzeigeob- 16 liegenheit des Dritten bei gerichtlicher Durchsetzung eines Anspruches gegen den VN. Die Vorrangigkeit des Abs. 2 ergibt sich dabei insbesondere aus dem Fristerfordernis, welches bei Abs. 1 eine Anzeige innerhalb zweier Wochen genügen lässt, bei Abs. 2 jedoch eine unverzügliche Anzeige gebietet. Einer entsprechenden Obliegenheit für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen nach § 115 gegen den VR bedarf es nicht, da der VR in diesem Fall als Beklagter ohnehin unmittelbar am Prozess beteiligt ist. Zweck des Abs. 2 ist es – insbesondere bei entsprechendem Verstoß gegen Anzeigeobliegenheit durch den VN – den VR frühzeitig über das Vorgehen durch den Dritten zu informieren, um eine Beteiligung an der Aufklärung zu ermöglichen und ein unnötiges Auflaufen von Prozesskosten ebenso zu vermeiden wie ein Abschneiden rechtserheblicher Einreden.32 1. Entstehen der Anzeigeobliegenheit Die Obliegenheit zur Anzeige entsteht mit der Geltendmachung jeglicher gerichtlicher 17 Ansprüche. Dies umfasst insbesondere auch das Vorgehen im gerichtlichen Mahnverfahren, die Einreichung einer Widerklage, die Stellung eines Beweissicherungsantrages, eines Arrestgesuchs, eines Verfügungsantrags und die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche im Strafverfahren im Wege des Adhäsionsverfahrens gem. § 403 ff. StPO.33 Nicht erfasst sind hingegen, wie sich aus einem Umkehrschluss aus § 104 ergibt, eine
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OLG Frankfurt 16.6.1967 VersR 1968 541, 542. Zur Textform Palandt/Ellenberger71 § 126b BGB. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/ Dörner 2 § 9 Rn. 77 ff. Rixecker ZfS 2004 367. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 7.
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BGH 11.10.1956 VersR 1956 707. Stiefel/Maier/Jahnke18 § 119 Rn. 18; Feyock/ Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 5; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 14; a.A. wohl Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 119 Rn. 6; Prölss/Martin/ Knappmann28 § 119 Rn. 8.
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§ 119
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Streitverkündung an den VN, ein Antrag auf Prozesskostenhilfe oder gar die bloße Androhung, den Rechtsweg zu beschreiten.34 Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass eine Anzeigepflicht für sämtliche Maßnahmen besteht, die einen Eintritt der Verjährung gem. § 204 BGB hindern.35 Richtigerweise entsteht die Obliegenheit erst mit Eintritt der Rechtshängigkeit, nicht 18 bereits mit Anhängigkeit.36 Solange die Klage dem VN nämlich noch nicht zugestellt wurde, steht es dem Dritten als Kläger jederzeit frei, seine Klage zurückzunehmen, ohne dass der VN hiervon etwas erfährt.37 2. Frist und Zugang
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Im Gegensatz zu Abs. 1 hat die Anzeige bei gerichtlicher Geltendmachung der Ansprüche unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 BGB), zu erfolgen. Dabei gilt auch im Rahmen des § 119, dass unverzüglich nicht umgehend bedeutet, sondern dem Dritten eine angemessene Frist zur Überlegung und Prüfung des Sachverhalts bleibt, insbesondere darf der Rat eines Rechtskundigen eingeholt werden.38 Wie auch im Rahmen des Abs. 1 darf dabei vom Dritten keine übergebührliche Anstrengung verlangt werden. So treffen den Dritten zwar gewisse Nachforschungspflichten hinsichtlich der Identität des VR; lässt sich dessen Identität allerdings nur durch größte Anstrengung ermitteln, so geht dies zu Lasten des VR.39 Hinsichtlich des Adressaten gelten die Ausführungen zu Abs. 1 entsprechend (vgl. 20 Rn. 13). Auch hier empfiehlt sich eine Adressierung unmittelbar an den VR, wobei Versicherungsvertreter lediglich als Empfangsboten des VR anzusehen sind.40 3. Inhalt und Form der Anzeige
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Formal ergeben sich hinsichtlich der Anzeigepflicht in Abs. 2 gegenüber Abs. 1 keinerlei Besonderheiten; erforderlich ist auch hier Textform i.S.d. § 126b BGB. Inhaltlich erfordert die Anzeige der gerichtlichen Geltendmachung hingegen nicht nur 22 eine schlichte Mitteilung über die Beschreitung des Rechtsweges. Der VR muss in die Lage versetzt werden, Erkundigungen beim entsprechenden Gericht einzuholen bzw. der Klage beizutreten. Ausreichend wenn auch nicht verpflichtend ist dabei jedenfalls die Mitteilung des entsprechenden Aktenzeichens;41 auch eine Auskunft über das betreffende Gericht und Datum der Klageerhebung wird regelmäßig die gesetzlichen Anforderungen erfüllen.42 Gleichsam empfiehlt es sich in der Praxis, dem VR eine Abschrift der Klageschrift zu übermitteln.43 Eine inhaltlich unzureichende oder unverständliche Anzeige führt entsprechend der Rechtsprechung jedoch zunächst nicht zu einem Verstoß gegen die Obliegenheit des Abs. 2. Vielmehr treffen den VR in diesem Fall gewisse Nachforschungs- bzw. Rückfragelasten.44
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BGH 11.10.1956 VersR 1956 707; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 14; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 8. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 2; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2, §§ 119, 120 Rn. 30. BGH 11.10.1956 VersR 1956 707. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 14.
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BGH 24.1.2008 NJW 2008 985, 986. KG 30.1.2007 VersR 2008 69. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 8. Berliner Kommentar/Hübsch § 158d Rn. 27. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 16. Römer/Langheid3 § 119 Rn. 6. Frankfurt 16.06.1967 VersR 1968, 541, 542; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 16.
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Obliegenheiten des Dritten
§ 119
Prinzipiell nicht ausreichend ist die bloße Anzeige der Absicht, den Rechtsweg zu 23 beschreiten, es sei denn, dass die Anzeige bereits konkrete Einzelheiten hinsichtlich der gerichtlichen Geltendmachung wie etwa das betreffende Gericht und den Zeitpunkt der Klageerhebung beinhaltet.45 Abs. 2 verlangt grundsätzlich nur eine Anzeige hinsichtlich der Beschreitung des 24 Rechtsweges. Meldungen zum Stand des Prozesses muss der Dritte dem VR allerdings nicht von sich aus übermitteln, anders allenfalls, soweit der VR nachfragt. Im Einzelfall kann sich jedoch eine weitergehende Pflicht zur Mitteilung aus Treu und Glauben ergeben, so beispielsweise, wenn der Dritte mit dem VR Verhandlungen aufgenommen hat, aber das Verfahren gegen den VN weiterbetreibt.46 Die Obliegenheit zur Anzeige der Beschreitung des Rechtsweges entfällt, wenn der 25 VR bereits zuvor Schadensersatzansprüche des Dritten abgelehnt hat.47
III. Auskunfts- und Belegrecht des Versicherers, Abs. 3 Die Vorschrift des Abs. 3 enthält zwei Regelungen. In Satz 1 wird bestimmt, dass der 26 VR vom Dritten Auskunft über Schadenshergang und -umfang verlangen kann. In Satz 2 wird dieses Recht verstärkt durch einen Anspruch, entsprechende Belege vom Dritten einzufordern. Mit Drittem i.S.d. Abs. 3 ist wie auch in Abs. 1 und Abs. 2 regelmäßig der Geschädigte gemeint. Indes ist es auch möglich, dass sich der Anspruch des VR gegen den SVT richtet, der den HaftpflichtVR aus übergegangenem Recht gem. § 116 SGB X in Anspruch nimmt.48 1. Auskunftsobliegenheit, Abs. 3 Satz 1 a) Entstehen der Auskunftsobliegenheit. Die Obliegenheit des Dritten, Auskunft zu 27 erteilen, korrespondiert mit der entsprechenden Obliegenheit des VN, die in § 31 normiert ist; sie entsteht erst durch Anfrage seitens des VR.49 Eine entsprechende Anfrage ist dabei ohne weiteres auch in der Übersendung eines Schadensanzeigeformulars an den Dritten zu sehen.50 b) Umfang der Auskunftsobliegenheit. Grundsätzlich muss der Dritte sämtliche Fra- 28 gen des VR vollständig und wahrheitsgemäß beantworten, soweit diese sachdienlich sind.51 Dabei kann der VR vom Dritten im Rahmen seines Auskunftsrechts durchaus das Ausfüllen einer detaillierten Schadensanzeige – etwa entsprechender Formulare – verlangen.52 Die Obliegenheit des Dritten erschöpft sich dabei nicht in einer am Wortlaut der Fragen verhafteten Auskunft. Evident bedeutsame Tatsachen sind dem VR auch ohne ausdrückliche Nachfrage mitzuteilen.53 Im Einzelfall kann es dem Dritten zumutbar sein,
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 10 m.w.N. Vgl. BGH 26.01.1959 VersR 1959 256. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 11. OLG Köln 20.10.2010 VersR 2012 79 (juris Rn. 1). Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 12; Römer/Langheid 3 § 119 Rn. 7; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 8.
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Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 18. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 18; Römer/Langheid 3 § 119 Rn. 7. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 7. Zur entsprechenden Pflicht des VN BGH 8.1.1969 VersR 1969 267; OLG Hamm 31.5.2000 VersR 2001 709.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
sich über ihm nicht bekannte Tatsachen, die vom VR erfragt werden, zu erkundigen.54 Umgekehrt trifft aber auch den VR die Last, bei unvollständigen oder unverständlichen Antworten, beim Dritten nachzufragen.55 Für den Fall, dass bereits ein Rechtsstreit gegen den VN anhängig, ist, kann der VR auch die Mitteilung des entsprechenden Aktenzeichens verlangen.56 Noch in den Grenzen des Erlaubten bewegen sich auch Fragen, die einen eventuellen Regress des VR beim VN zum Ziel haben.57 Nicht vom VR verlangt werden kann hingegen, dass der Dritte behandelnde Ärzte 29 von ihrer Schweigepflicht entbindet oder ein vom VR ausgewählter Arzt aufgesucht wird.58 Die Grenze der Auskunftspflicht ist auch überschritten, wenn der VR erkennbar nicht mehr sachdienliche Auskünfte verlangt. Im Rahmen der bestehenden Nachforschungsobliegenheit des Dritten ist zu berücksichtigen, dass die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschritten wird. Ebenfalls nicht mehr unmittelbar unter die Obliegenheit zur Auskunftserteilung fällt ein Besichtigungsrecht des VR hinsichtlich eines beschädigten PKW. Ein entsprechendes – nicht einklagbares Recht – des VR kann sich jedoch in analoger Anwendung des § 809 BGB ergeben.59 2. Belegobliegenheit, Abs. 3 Satz 2
30
a) Entstehen der Belegobliegenheit. Die Obliegenheit des Dritten zur Vorlage von Belegen entsteht, ebenso wie die Auskunftsobliegenheit des Satz 1, erst durch ausdrückliches Verlangen durch den VR.
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b) Umfang der Belegobliegenheit. Belege müssen auf Verlangen beigebracht werden, soweit sie vorhanden oder ohne weiteres zu erlangen sind.60 Größere (finanzielle) Aufwendungen können hingegen vom Dritten nicht verlangt werden; so müssen insbesondere Belege – etwa Kostenvoranschläge – nicht eigens auf Verlangen des VR erstellt werden.61 Der Belegpflicht ist regelmäßig durch Vorlage von Kopien genügt.62 Die Übersendung von Originalen ist nur erforderlich, soweit der VR ausdrücklich auf deren Vorlage besteht und ein berechtigtes Interesse an der Einsicht der Originale vorhanden ist.63 Da der Dritte nach der geltenden Rechtsprechung dazu befugt ist, seinen Schaden 32 auch dann auf Gutachtenbasis mit dem VR abzurechnen,64 wenn bereits eine entsprechende Reparatur vorgenommen worden ist, ist ein berechtigtes Interesse des VR an der Vorlage entsprechender Reparaturrechnungen zu verneinen.65
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Römer/Langheid3 § 119 Rn. 7. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 18 m.w.N. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 19; a.A. Berliner Kommentar/Hübsch § 158d Rn. 27. Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 8. OLG Stuttgart 10.6.1958 NJW 1958 2122; Berliner Kommentar/Hübsch § 158d Rn. 29; Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 12. Jaeger VersR 2011 20. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 8; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 20.
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OLG Koblenz 26.5.2000 OLGR 2000 547; Stiefel/Maier/Jahnke18 § 119 Rn. 45; Feyock/ Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 8; Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 12. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 12. OLG Bremen 17.5.1990 NZV 1990 475 f.; OLG Celle 19.10.1961 VersR 1961 1144; LG Berlin 14.12.1963 NJW 1963 498, 499; Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 8; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 21. BGH 29.04.2003 VersR 2003 918 (= BGHZ 154 395); BGH 29.4.2008 VersR 2008 839. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 21.
Roland Michael Beckmann
Obliegenheiten des Dritten
§ 119
Hinsichtlich Ort und Kosten der Vorlage ist auf § 811 BGB abzustellen.66 Ein wichti- 33 ger Grund i.S.d. § 811 Abs. 2 BGB wird im Regelfall im Interesse einer sachgemäßen Bearbeitung bestehen, so dass der VR Vorlage der Belege in seinen Räumen verlangen kann.67 Der Dritte kommt in diesem Fall seiner Obliegenheit nicht in ausreichendem Maße nach, soweit er eine Vorlage beim Prozessbevollmächtigten des VR anbietet.68 Die Kosten der Vorlage hat entsprechend § 811 Abs. 2 Satz 1 BGB der VR zu tragen.69
IV. Sanktionen Eine Sanktion für die Verletzung der Obliegenheit aus Abs. 1 ist im Gesetz nicht vorgesehen (vgl. auch § 120). Zum Teil wird vertreten, dass ein Schadensersatzanspruch des VR gegen den Dritten aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 119 Abs. 1 bei schuldhaftem Verstoß bestehe.70 Dem kann aus mehrerlei Gründen nicht zugestimmt werden.71 Zunächst einmal beinhaltet § 119 – wenngleich nicht unumstritten (vgl. oben Rn. 3) – nicht Pflichten, sondern Obliegenheiten. Weiterhin ist § 120 als abschließend hinsichtlich der Sanktionierung von Verstößen gegen § 119 anzusehen. Dieser beinhaltet jedoch gerade keine Folge für einen Verstoß gegen Abs. 1. Keinesfalls führt jedenfalls ein Verstoß gegen die Anzeigeobliegenheit zu einem vollständigen Anspruchsverlust.72 Zu beachten ist jedoch, dass ein Erfüllen der Obliegenheit des § 119 Abs. 1 in jedem Fall auch im Interesse des Dritten selbst liegt. So hat der Dritte nicht nur ein eigenes Interesse an einer schnellstmöglichen Schadensabwicklung. Im Einzelfall wird man bei völliger Untätigkeit des Dritten auch ein Verschulden gegen sich selbst annehmen müssen, welches durchaus im Rahmen der allgemeinen Schadensminderungspflicht zu berücksichtigen ist.73 In derartigen Fällen wird man daher einen Verstoß gegen Abs. 1 als ein mögliches Mitverschulden i.S.d. § 254 Abs. 2 BGB erachten können, mit der Folge, dass ein Anspruch des Dritten gegen den VR ggf. anteilig gekürzt werden kann.74 Hinsichtlich eines Verstoßes gegen Abs. 2 und Abs. 3 finden sich die Sanktionen in § 120. Ein Verstoß hat dabei zur Folge, dass der VR bei Ansprüchen aus §§ 115, 117 auf denjenigen Betrag beschränkt ist, den der VR auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit zu leisten gehabt hätte (vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 120). Die Verletzung der Obliegenheit aus § 119 Abs. 3 durch den Dritten kann sich auch prozessual, insbesondere im Hinblick auf die Kosten bei sofortigen Anerkennung gem. § 93 ZPO auswirken. Beruft sich der Dritte im Rahmen einer Klage gegen den VR auf Belege und Unterlagen, die er zuvor unter Verletzung von § 119 Abs. 3 dem VR nicht ausgehändigt hat, und erkennt der VR nach Erhalt dieser Unterlagen und Belege im Pro66
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OLG Köln 20.10.2010 VersR 2012 79 (juris Rn. 1); OLG Celle 19.10.1961 VersR 1961 1144. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 13. LG Berlin 14.12.1963 NJW 1963 498; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 22. OLG Köln 20.10.2010 VersR 2012 79 (juris Rn. 2) mit Anm. Dahm WzS 2011 119; Prölss/Martin/Knappmann § 119 Rn. 12; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 §§ 119, 120 Rn. 33; gegen eine analoge Anwendung des § 811 Abs. 2 BGB Mergner VersR 2012 81 f.
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BTDrucks. 16/3945 S. 90. Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 119 Rn. 14; Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 §§ 119, 120 Rn. 45 f.; Langheid/ Wandt/Schneider § 119 Rn. 24. BGH 19.11.1974 VersR 1975 279, 280; Saarländisches OLG 30.1.1976 VersR 1976 553. BGH 3.7.1951 VersR 1952 23 = BGHZ 3 46, 48 ff.; Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 25. Römer/Langheid 3 § 119 Rn. 8; Langheid/ Wandt/Schneider § 119 Rn. 25.
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§ 119
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
zess den Anspruch des Dritten sofort an, riskiert der Dritte gem. § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen; der VR hat dann keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben.75 Die Rechtsprechung hat insoweit aber auch Grenzen aufgezeigt: So gilt der zuvor genannte Grundsatz nicht, wenn auf diesem Wege ein dilatorisches Verhalten eines HaftpflichtVR honoriert würde, das auf eine sachlich nicht gerechtfertigte oder gar schikanöse Regulierungsverzögerung angelegt ist.76 In diese Fallgruppe lässt sich auch die Konstellation einordnen, bei der der VR eine entsprechende Anforderung unterlassen hat, obwohl er ausreichend lange Zeit zur Überprüfung hatte; in diesem Falle kann sich der VR nicht auf § 93 ZPO berufen, wenn der Geschädigte erst im Prozess Belege i.S.d. § 119 Abs. 3 VVG vorlegt.77
V. Verzicht des VR 38
Generell ist es dem VR möglich, einen Verzicht auf die Anzeigen des Dritten zu erklären. An einen derartigen Verzicht sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen. So wird ein bloßer Hinweis des VR auf die Rechtslage keinesfalls ausreichen.78 Nicht ausreichend soll dabei die Erklärung des VR sein, seinerseits keinerlei Leistung erbringen zu wollen.79 Dem ist eingeschränkt zuzustimmen. Verweigert der VR ernsthaft und endgültig die Verhandlung über eine Schadensregulierung und verweist insoweit auf den VN, so hat er bereits generell Kenntnis vom Schadensereignis und kann seine eigenen Nachforschungen anstellen. Insbesondere kann jedoch bei einer derartigen Haltung des VR nicht mehr davon gesprochen werden, dass er keinen Anlass zur Klage gegeben hat. Dem Schutzzweck der § 119 Abs. 1, Abs. 2 ist in diesen Fällen Genüge getan. Nicht ausreichend ist jedoch ein Hinweis, bei derzeitigem Kenntnisstand/derzeitiger Aktenlage den Anspruch nicht anzuerkennen, soweit dem VN mitgeteilt wird, dass noch weitere Ermittlungen erfolgen. Ob ein Verzicht vorliegt, muss im Ergebnis stets eine Einzelfallentscheidung bleiben.80
C. Beweislast I. Abs. 1 39
Hinsichtlich der Kenntnis des Versicherungsverhältnisses trägt der VR die Beweislast dafür, dass dem Dritten das Versicherungsverhältnis bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.81 Auch hinsichtlich eines unterbliebenen Zugangs der Mitteilung obliegt es dem VR den Vortrag des Dritten zu erschüttern.82 75
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OLG Karlsruhe 23.12.2011 RuS 2012 270, 271 (juris Rn. 8) mit Anm. Krenberger jurisPR-VerkR 21/2012 Anm. 3; OLG Celle 19.10.1961 VersR 1961 1144; OLG Köln 9.4.1973 VersR 1974 268; Römer/Langheid 3 § 119 Rn. 7; Prölss/Martin/Knappmann28 § 118 Rn. 13. OLG Karlsruhe 23.12.2011 RuS 2012 270, 271 (juris Rn. 8). LG Saarbrücken 20.1.2011 NJW-RR 2011 968 (juris Rn. 7); indes mit nicht ganz zutreffendem Beleg.
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Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 27. Vgl. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 119 Rn. 13. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 27. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 4; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 119 Rn. 3; Berliner Kommentar/Hübsch § 158d Rn. 25; Kummer FS Gerda Müller Fn. 24. Langheid/Wandt/Schneider § 119 Rn. 12.
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Obliegenheitsverletzung des Dritten
§ 120
II. Abs. 2 Da auch bei der Anzeige der gerichtlichen Geltendmachung das Wissen um die Iden- 40 tität des VR Voraussetzung ist, trägt der VR wie auch bei Abs. 1 die Beweislast für deren Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis.83
III. Abs. 3 Obwohl den Dritten keine Pflicht zur Erstellung von Belegen auf Verlangen des VR 41 trifft, wird er aus Gründen der Beweislast im Prozess regelmäßig derartige Belege, insbesondere Kostenvoranschläge, zum Nachweis des Schadensumfangs zu erstellen haben.84
§ 120 Obliegenheitsverletzung des Dritten Verletzt der Dritte schuldhaft die Obliegenheit nach § 119 Abs. 2 oder 3, beschränkt sich die Haftung des Versicherers nach den §§ 115 und 117 auf den Betrag, den er auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit zu leisten gehabt hätte, sofern der Dritte vorher ausdrücklich und in Textform auf die Folgen der Verletzung hingewiesen worden ist. Schrifttum Vgl. Schrifttum zu § 119 sowie Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B. I.
Einführung . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung . . Anwendungsbereich . . . . . . . . Tatbestand . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . 1. Verletzung einer Obliegenheit aus § 119 Abs. 2, 3 . . . . . . . . . 2. Verschulden . . . . . . . . . . .
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Rn. 3. Ausdrücklicher Hinweis durch Versicherer . . . . . . . . . . . . . . 4. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anspruchsbegrenzung . . . . . . . . . 2. Keine Bindungswirkung im Deckungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . C. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte § 120 geht zurück auf eine Zusammenführung der Vorgängervorschrift des § 158e 1 Abs. 1 VVG a.F. und der Regelung des früheren § 3 Nr. 7 Satz 2 PflVG a.F.1 Im Zuge der Zusammenfassung dieser Normen hat der Gesetzgeber das Verschuldenserfordernis des § 3 Nr. 7 Satz 2, 2. Halbs. PflVG a.F. nun auch ausdrücklich auf die vormals in § 158e Abs. 1 geregelten Fälle ausgeweitet.
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Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 119 Rn. 7. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 119 Rn. 8.
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BTDrucks. 16/3946 S. 90.
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§ 120 2
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Entfallen ist im Vergleich zur früheren Rechtslage die Vorschrift des § 158e Abs. 2 a.F. Begründet werden kann dies mit dem Wegfall des Anerkenntnis- und Befriedigungsverbots.2
II. Inhalt und Zweck der Regelung 3
§ 120 regelt als lex specialis gegenüber den allgemeinen Regelungen die Sanktionierung bei einem Verstoß des Dritten gegen eine ihm aus § 119 Abs. 2 und Abs. 3 auferlegte Obliegenheit. Die Vorschrift hat damit abschließende Wirkung.3 Ausweislich des Wortlauts bezieht sich § 120 nicht auf die Obliegenheit gem. § 119 Abs. 1. Der Dritte soll dazu angehalten werden, seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachzukommen und eine möglichst zeitnahe und kostengünstige Abwicklung des Schadensfalles zu unterstützen; indes verwendet das Gesetz eine „moderate“ Sanktion.4 Diese liegt darin, dass sich die Haftung des VR auf den Betrag beschränkt, den er auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit zu leisten gehabt hätte. Durch hypothetische Betrachtung ist der VR also so zu stellen, als habe der Dritte seine Obliegenheiten gem. § 119 Abs. 2 und Abs. 3 erfüllt.5 Erforderlich für das Eingreifen dieser Sanktion sind – ausweislich des Gesetzeswortlauts – zum einen eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung des Dritten sowie zum anderen ein vorheriger Hinweis des VR auf die Folgen einer Obliegenheitsverletzung.
III. Anwendungsbereich 4
Die gesetzliche Regelung bezieht sich ausdrücklich nur auf die Vorschrift des § 119 Abs. 2, Abs. 3 und muss als abschließend aufgefasst werden.6 Andere als die in § 120 geregelten Rechtsfolgen, insbesondere aufgrund von allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regelungen kommen damit prinzipiell nicht in Betracht. Ein Grund hierfür liegt darin, dass zwischen dem geschädigten Dritten und dem HaftpflichtVR grundsätzlich kein Vertragsverhältnis besteht. Weitergehende Rechtsfolgen können aber dann zum Zuge kommen, wenn der Dritte über eine Obliegenheitsverletzung gem. § 119 Abs. 2 und Abs. 3 hinausgehend betrügerisch gehandelt hat; insoweit versperrt § 120 nicht den Weg zu allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regelungen, insbesondere kommt das Deliktsrecht zur Anwendung.7 Die in § 120 geregelten Sanktionen beziehen sich auf eine Haftung des VR im Rah5 men von § 115 und § 117.8 Ein Verstoß des Dritten gegen die Obliegenheit aus § 119 Abs. 1 wird – wie schon 6 erwähnt – insoweit durch § 120 nicht sanktioniert 9 und unterliegt auch im Übrigen nicht den allgemeinen Schadensersatzansprüchen, etwa aus § 280 Abs. 1 BGB ggf. i.V.m. 311
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BTDrucks. 16/3946 S. 90; Prölss/Martin/ Knappmann28 § 120 Rn. 1; Rüffer/Halbach/ Schimikowski 2 § 120 Rn. 4. Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 4; vgl. noch Rn. 4. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 1. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 1 Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 4;
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Berliner Kommentar/Hübsch § 158e Rn. 2; bereits oben Rn. 3. Zu den Mitwirkungspflichten des Geschädigten im Zusammenhang mit betrügerischem Vorgehen vgl. etwa Höher NZV 2012 457, 461; vgl. auch Rn. 21. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 2. Saarländisches OLG 6.6.2007 VersR 2007 1554.
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Obliegenheitsverletzung des Dritten
§ 120
Abs. 3 BGB. Ein schuldhafter Verstoß gegen die Obliegenheit aus § 119 Abs. 1 kann jedoch im Einzelfall als ein Verschulden gegen sich selbst zu werten sein und im Rahmen der allgemeinen Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB Berücksichtigung finden.10
B. Tatbestand I. Voraussetzungen 1. Verletzung einer Obliegenheit aus § 119 Abs. 2, 3 Voraussetzung für eine Sanktion aus § 120 ist zunächst, dass der Dritte eine Oblie- 7 genheit aus § 119 Abs. 2, Abs. 3 verletzt hat. Zu den Einzelheiten hinsichtlich der Obliegenheiten aus § 119 Abs. 2, Abs. 3 wird auf die Kommentierung zu § 119 verwiesen. 2. Verschulden Im Gegensatz zum Wortlaut der Vorgängervorschrift des § 158e VVG a.F. (anders 8 hingegen § 3 Nr. 7 Satz 2, 2. Halbs. PflVG a.F.) erfordert eine Sanktion gem. § 120 nicht nur das objektive Verletzen einer Obliegenheit, sondern auch ein Verschulden durch den Dritten. Für die Vorschrift des § 3 Nr. 7 Satz 2 PflVG a.F. ergab sich das Verschuldenserfordernis ebenfalls bereits aus dem Gesetzeswortlaut, gleichwohl wurde auch im Rahmen von § 158e VVG a.F. ein Verschulden aus dem Erfordernis der Unverzüglichkeit abgeleitet,11 so dass sich inhaltlich zur früheren Rechtslage keine Unterschiede ergeben. Mangels spezialgesetzlicher Regelungen – insbesondere ist § 28 auf den Dritten nicht 9 anwendbar – richtet sich der Verschuldensmaßstab nach der allgemeinen Regelung des § 276 Abs. 1 BGB.12 Ausreichend ist daher prinzipiell einfache Fahrlässigkeit. Prima facie scheint dies eine ungerechtfertigte Benachteiligung gegenüber der Stellung des VN darzustellen, dessen Verantwortlichkeit für einfache Fahrlässigkeit bei Obliegenheitsverletzungen z.B. nach § 28 Abs. 2 ausgeschlossen ist. Aufgelöst wird dieses Missverhältnis allerdings bei einem Blick auf die Rechtsfolgen.13 Der Dritte haftet dem VR nämlich nicht auf den dem VR entstandenen Schaden. Vielmehr bleibt lediglich sein Anspruch gegen den VR auf denjenigen Betrag begrenzt, den der VR auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit zu leisten gehabt hätte. Ein Verschulden des Dritten kann man nur annehmen, wenn er alle für § 119 Abs. 2 10 bzw. Abs. 3 relevanten Umstände kennt oder kennen musste.14 Insoweit können den Dritten auch gewisse Nachforschungslasten treffen, insbesondere eine Erkundigung über den Zentralruf der Kfz-Versicherer oder über die Kfz-Zulassungsstelle ist vom Dritten durchaus zu erwarten.15 Bei anderen Versicherungsverhältnissen – etwa einer Berufshaftpflichtversicherung – ist der Dritte hingegen ggf. auf die Kooperationsbereitschaft des VN angewiesen. Weigert dieser sich die Identität seines VR offenzulegen, so können vom Dritten keine übergebührlichen Anstrengungen verlangt werden.16
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Zum Vorstehenden vgl. Kommentierung des § 119 Rn. 34 f. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 3. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 120 Rn. 5; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 4.
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Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 4. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 5. Prölss/Martin/Knappmann28 § 119 Rn. 5; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 5. Vgl. VG Hamburg 10.9.2010 DStR 2011 383.
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§ 120
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
3. Ausdrücklicher Hinweis durch Versicherer § 120, 2. Halbs. erfordert, dass der VR den Dritten vorher ausdrücklich und in Textform (dazu Rn. 12) auf die Folgen der Obliegenheitsverletzung hingewiesen hat. Umstritten ist dabei die Reichweite dieser Hinweispflicht, die sich prinzipiell sowohl auf Verstöße nach § 119 Abs. 2 als auch nach § 119 Abs. 3 erstreckt. Größtenteils wird insoweit in der Literatur vertreten, bei der Einbeziehung des § 119 Abs. 2 handele es sich schlicht um ein Redaktionsversehen.17 Ursprünglich sei die Hinweispflicht nicht in § 120 aufgenommen gewesen; bei der Übernahme der entsprechenden Regelung aus § 3 Nr. 7 PflVG wäre dann keine sorgfältige Prüfung mehr erfolgt. In der Tat erscheint es für den VR problematisch, dem Dritten quasi ins Blaue hinein einen Hinweis hinsichtlich bestehender Obliegenheiten und deren Sanktion bei einer Klageerhebung mitzuteilen und ihn somit gleichsam auf den Rechtsweg aufmerksam zu machen. Umso befremdlicher erscheint eine solche Pflicht, soweit zuvor keine Kontaktaufnahme zwischen VR und Drittem stattgefunden hat, sei es weil der Dritte seine Obliegenheit aus § 119 Abs. 1 verletzt hat, oder dass die Identität des VR für den Dritten nicht zu ermitteln war. Im Ergebnis ist es daher geboten, die Hinweispflicht des VR in diesen Fällen teleologisch zu reduzieren.18 Etwas anderes lässt sich aber annehmen, wenn bereits Kontakt bestand bzw. Verhandlungen aufgenommen sind; in diesem Fall ist es für den VR auch zumutbar auf gewisse Obliegenheiten bei Klageerhebung hinzuweisen. De lege lata ist also eine Hinweispflicht bezüglich der Sanktionierung von Verstößen gegen die Obliegenheit aus § 119 Abs. 2 bei bestehendem Kontakt zwischen Drittem und VR zu bejahen.19 Dass eine Sanktion wegen eines Verstoßes gegen die Obliegenheit aus § 119 Abs. 3 hingegen eines ausdrücklichen Hinweises bedarf, ist angesichts des Wortlautes zu Recht offenbar unstrittig. Der Hinweis muss in Textform gem. § 126b BGB ergehen und dergestalt formuliert 12 sein, dass seitens des Dritten keinerlei Zweifel hinsichtlich der Konsequenzen eines Verstoßes bestehen.20 Nicht ausreichend sind daher Hinweise auf „die Rechtslage“ oder die schlichte Bemerkung „auf die §§ 119, 120 VVG wird hingewiesen“. Im Schrifttum finden sich Musterformulierungen für einen entsprechenden Hinweis 13 des VR gem. § 120. Knappmann schlägt z.B. folgenden Hinweis vor: „Nach § 119 Abs. 2 und 3 VVG sind Sie verpflichtet, es uns, dem Versicherer, anzuzeigen, wenn Sie Ihren Anspruch gegen unseren VN gerichtlich geltend machen. Sie sind außerdem verpflichtet, die Auskünfte zu erteilen, die zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich sind. Wir können Belege insoweit verlangen, als deren Beschaffung Ihnen billigerweise zugemutet werden kann. Verletzen Sie schuldhaft eine dieser Verpflichtungen, so sind wir nur insoweit zur Leistung verpflichtet, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang unserer Leistung gehabt hat.“21/22 Vielfach wird eine optische Hervorhebung der Belehrung verlangt.23 Die Formu14 lierung „ausdrücklich“ bezieht sich zunächst auf den Erklärungsinhalt; das heißt not-
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 187; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 7; Wandt5 Rn. 1092. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider 2 § 24 Rn. 187; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 7. In diese Richtung auch Wandt5 Rn. 1092. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 8. Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 12.
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Weitere Formulierungsbeispiele bei Schwintowki/Brömmelmeyer/Huber 2 §§ 119, 120 Rn. 38; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 120 Rn. 6. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 120 Rn. 3; ähnlich Prölss/Martin/Knappmann 28 § 120 Rn. 11 („durch besondere, sich von dem übrigen Text abhebende Mitteilung“).
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Obliegenheitsverletzung des Dritten
§ 120
wendig ist ein eindeutiger Hinweis;24 der Hinweis muss also inhaltlich unmissverständlich erfolgen.25 Gleichwohl lassen sich zumindest aus dem Sinn und Zweck dieses Tatbestandsmerkmals auch Schlüsse auf die optische Darstellung ziehen, so dass in der Tat eine gewisse optische Hervorhebung zu erwarten ist. Der Hinweis darf nicht in weiteren Informationen „untergehen“, sondern muss für den Empfänger klar ersichtlich sein. Bejaht man mit der hier vertretenen Ansicht eine eingeschränkte Belehrungspflicht 15 auch bei Verstößen gegen § 119 Abs. 2 (oben Rn. 11), so hat der entsprechende Hinweis unverzüglich nach Kontaktaufnahme zwischen Drittem und VR zu erfolgen.26 Hinsichtlich der Belehrung bzgl. eines Verstoßes gegen die Obliegenheit aus § 119 Abs. 3 besteht die Möglichkeit, die Belehrung mit dem entsprechenden Auskunftsverlangen zu verbinden; dies ist allerdings nicht erforderlich.27 Es kommt darauf an, dass es dem Dritten zum Zeitpunkt des Hinweises noch möglich ist, die geforderten Handlungen ohne eigene Nachteile vorzunehmen.28 4. Kausalität Eine Sanktionierung des Dritten setzt weiterhin voraus, dass sein Verstoß gegen die 16 Obliegenheiten aus § 119 Abs. 2 bzw. Abs. 3 ursächlich für entstandene Mehrkosten war.29 Erforderlich ist, dass der Verstoß sich in irgendeiner Weise nachteilig auf den VR ausgewirkt hat.30 Hat der VR bei einem Verstoß gegen § 119 Abs. 2 auf anderem Wege Kenntnis von der Klage erlangt, ist dem Zweck des § 119 Abs. 2 Genüge getan. Dies betrifft auch den Fall, dass im bisherigen Prozessverlauf bereits ein Versäumnisurteil gegen den VN ergangen ist, der VR jedoch so rechtzeitig hiervon erfährt, dass er – fortbestehende Prozessvollmacht vorausgesetzt – Einspruch einlegen und den Prozess fortführen kann.31 Das Gleiche gilt grundsätzlich auch für die Obliegenheit aus § 119 Abs. 3. Sind die entsprechenden Belege der Ermittlung von Schadenshergang oder -umfang nicht dienlich, oder erlangt der VR entsprechende Belege durch Dritte, so ist eine Kausalität zu verneinen und das Verhalten des Dritten bleibt folgenlos.32
II. Rechtsfolgen Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist zu differenzieren zwischen einer Anspruchsbegren- 17 zung des Dritten gegenüber dem VR und den Folgen im Deckungsprozess. 1. Anspruchsbegrenzung Liegen die Voraussetzungen des § 120 vor, so beschränkt sich die Haftung des VR auf 18 den Betrag, den er auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheiten zu leisten gehabt hätte. Auf die ursprünglich durch den Schadensfall verursachten Kosten kann dies regel-
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Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 120 Rn. 6. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 8. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 9. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 11. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 9.
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Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 120 Rn. 2. Vgl. BGH 11.10.1956 VersR 1956 707; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 10. Vgl. BGH 22.10.2003VersR 2003 1565; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 10. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 10; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 7.
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§ 120
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
mäßig keinen Einfluss haben, da dieser Schaden schon vor Entstehen der Obliegenheiten aus § 119 Abs. 2, Abs. 3 abschließend beziffert werden kann.33 Erfasst sind etwa Mehrkosten des Dritten, die bei zeitnaher Einschaltung des VR vermieden worden wären;34 solche sind dann vom Dritten selbst zu tragen und können nicht auf den VR abgewälzt werden. Umfasst sind daher von der Anspruchsbeschränkung insbesondere nachträglich entstandene Kosten wie Anwalts- oder Gerichtskosten oder Kosten der Zwangsvollstreckung.35 Wie bereits im Rahmen der Kommentierung zu § 119 ausgeführt (dort Rn. 34 f.), ist 19 ein Schadensersatzanspruch aufgrund des Obliegenheitscharakters der Vorschrift bei Verstößen ausgeschlossen. Ein solcher sollte auch nicht „durch die Hintertür“ über § 120 ermöglicht werden. Es ist deshalb nicht möglich, dass der VR eigene Mehrkosten mit dem Anspruch des Dritten verrechnet.36 Erfährt der VR nicht oder zu spät von einem Anspruch/gerichtlichen Verfahren gegen seinen VN, so ist dies nicht zuletzt auf das Verletzen des VN zurückzuführen; die Obliegenheitsverletzung des Dritten hat demgegenüber zurückzutreten. Auch der Wortlaut des § 120 lässt sich für diese Sichtweise anführen.37 Einzige Folge eines Obliegenheitsverstoßes bleibt daher für den Dritten, dass ihm entstandene Mehrkosten nicht ersetzt werden. § 119 beinhaltet Obliegenheiten gegenüber dem VR. Deshalb hat eine Verletzung der 20 Obliegenheiten aus § 119 keine Auswirkungen auf den Anspruch gegen den VN.38 § 120 beinhaltet hingegen keine Sanktion für unwahre bzw. bewusst irreführende 21 Angaben oder gefälschte Belege des Dritten, um etwa einen ganz anderen (vielleicht schon früher entstandenen) Schaden dem VR „unterzuschieben“. Insoweit sind verschiedene Konsequenzen zu unterscheiden. Zum einen bleibt der VR grundsätzlich zum Ersatz des tatsächlich durch den Versicherungsfall eingetretenen Schadens verpflichtet. Das gilt indes nicht, wenn ausnahmsweise bereits der Tatbestand der Verwirkung mit der Konsequenz eingreift, dass der Anspruch des Dritten gegen den VR gänzlich hinfällig werden kann.39 Wenn ausnahmsweise ein solcher Fall der Wirkung tatsächlich einmal vorliegen sollte, ist er indes nicht auf die Konstellation zu beschränken, indem dem Dritten ein Direktanspruch gem. § 115 zusteht,40 sondern müsste konsequenterweise auch im Rahmen von § 117 Bedeutung haben. Praxisrelevanter dürfte die weitere denkbare Konsequenz sein, dass dem Dritten jedenfalls die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO nicht zur Seite stehen können,41 wenn er tatsächliche und mit dem Versiche-
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 2; Rüffer/Halbach/Schimikowski2 § 120 Rn. 3. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 14; vgl. auch Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 2. Stiefel/Maier/Jahnke18 § 120 Rn. 14; Feyock/ Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 120 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 2; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 120 Rn. 3. Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 4; Berliner Kommentar/Hübsch § 158e Rn. 13; a.A. Römer/Langheid3 § 120 Rn. 6; Schwintowki/Brömmelmeyer/Huber2 §§ 119, 120 Rn. 53; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 14.
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37 38 39
40 41
Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 4. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 14; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 2. Römer/Langheid3 § 120 Rn. 10; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 13; vgl. etwa LG Aachen ZfS 1991 132 (indes gestellter Unfall, so dass bereits zweifelhaft ist, ob dem Dritten überhaupt ein Anspruch zustand). So aber Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 120 Rn. 9. OLG Düsseldorf 27.4.1987 VersR 1988 1191; OLG Hamm 4.10.1989 NJW-RR 1990 42; OLG Köln 11.5.1988 VersR 1989 152; OLG Nürnberg 21.5.1976 VersR 1978 334 f.; Römer/Langheid 3 § 120 Rn. 10.
Roland Michael Beckmann
Obliegenheitsverletzung des Dritten
§ 120
rungsfall nicht zusammenhängende Schäden miteinander vermengt hat. Im Übrigen kommen bei Falschangaben und Täuschungen die allgemeinen bürgerlichrechtlichen Regelungen zur Anwendung, insbesondere etwa ein deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch des VR gegen den Dritten wegen Betruges gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB.42 2. Keine Bindungswirkung im Deckungsprozess Grundsätzlich geht von dem gegen den VN ergangenen Haftpflichturteil Bindungs- 22 wirkung für den Deckungsprozess aus.43 Ein Verstoß des geschädigten Dritten gegen § 119 Abs. 2 kann indes einer solchen Bindungswirkung entgegenstehen. Ist der VR nämlich nicht über den laufenden Haftpflichtprozess – weder durch den VN, noch den Dritten und auch nicht auf andere Weise – informiert, so kann er auch nicht seine Tatsachen- und Rechtspositionen in diesen Haftpflichtprozess einbringen. In einem anschließenden Deckungsprozess kann sich der VR auf § 120 berufen. Konsequenz ist, dass der VR geltend machen kann, dass und in welcher Weise er den Rechtsstreit für den VN geführt hätte und wie das Gericht dann richtigerweise hätte entscheiden müssen.44 Letztlich führt dies dazu, dass keine Bindungswirkung des Haftpflichtprozesses für den Deckungsprozess besteht.45 Dem VR stehen dann im Deckungsprozess sämtliche Einwendungen offen, die er im Haftpflichtprozess hätte geltend machen können.46 Um diese Wirkung zu erzielen, reicht indes die pauschale Behauptung nachteiliger Folgen einer verspäteten Anzeige nicht aus.47 Für den Wegfall der Bindungswirkung entscheidend ist jedoch, ob der VR nicht 23 tatsächlich auf anderem Wege Kenntnis vom Haftpflichtprozess erlangt hat. Ist dies der Fall und tritt er den Ansprüchen im Haftpflichtprozess nicht entgegen, so bleibt die Bindungswirkung des Haftpflichtprozesses für den Deckungsprozess vollständig erhalten. Der VR bleibt dann im Deckungsprozess konsequenterweise beschränkt auf Einreden, die sich aus dem Deckungsverhältnis ergeben.48 Bedeutungslos bleibt dabei, aus welcher Motivation heraus der VR sich trotz Kenntnis nicht in den Prozess eingeschaltet hat. Da die §§ 119, 120 nur dazu dienen, den VR möglichst frühzeitig über gegenüber ihm oder dem VN bestehende Ansprüche zu informieren, ist deren Zweck mit Kenntniserlangung des VR erfüllt, gleich woher sich diese Kenntnis ergibt.49
42 43
44 45
Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 13; vgl. bereits oben Rn. 4. Vgl. Bruck/Möller/R.Koch9 Vorbem. zu §§ 100–112 Rn. 94; Beckmann/MatuscheBeckmann/Schneider2 § 24 Rn. 4 ff.; Wandt 5 Rn. 1061; a.A. Römer/Langheid 3 § 106 Rn. 2 (keine Bindungswirkung seit der VVGReform). KG 30.1.2007 VersR 2008 69, 70 (juris Rn. 46). Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 12; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 5; Römer/Langheid3 § 120 Rn. 7; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 120 Rn. 8.
46
47 48
49
OLG Düsseldorf 26.3.1999 NVersZ 2000 96; LG München 4.3.1987 VersR 1988 233 m. Anm. Späth; ders. VersR 1989 354; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 12. Saarländisches OLG 31.10.2007 ZfS 2008 219, 221 (juris Rn. 41). BGH 19.3.2003 VersR 2003 635, 636; BGH 22.10.2003VersR 2003 1565, 1566; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 13; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 5. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 13; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 6.
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§ 121
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
C. Beweislast 24
Dem VR obliegt es, die Verletzung einer Obliegenheit aus § 119 Abs. 2, Abs. 3, sowie das entsprechende Verschulden des Dritten darzulegen und zu beweisen.50 Ebenso muss der VR nachweisen, dass er den Dritten ordnungsgemäß belehrt hat.51 Dem Dritten obliegt es hingegen zu beweisen, dass der Verstoß gegen die Obliegenheiten des § 119 Abs. 2, Abs. 3 nicht kausal für entstandene Mehrkosten war und der Schaden auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit derselbe gewesen wäre.52
§ 121 Aufrechnung gegenüber Dritten § 35 ist gegenüber Dritten nicht anzuwenden. Übersicht Rn. A. I. II. III. B.
Einführung . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung Anwendungsbereich . . . . . . Tatbestand . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
Rn.
1 1 2 3 8
I. Aufrechnung mit Forderungen gegen den Versicherungsnehmer . . . . . . . . . . II. Aufrechnung mit Forderungen gegen den Dritten . . . . . . . . . . . . . . . C. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . .
8 9 11
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
§ 121 entspricht inhaltlich der Vorschrift des § 158g VVG a.F., die Änderungen des Wortlauts sind lediglich redaktioneller Natur.1 Die Vorgängervorschrift war mit der Einführung der Pflichtversicherung für Kfz-Halter im Jahre 1939 in das VVG eingefügt worden.2
II. Inhalt und Zweck der Regelung 2
Grundsätzlich hat der VR gem. § 35 die Möglichkeit, dem geschädigten Dritten gegenüber mit einer fälligen Prämienforderung gegen den VN oder einer anderen ihm aus dem Vertrag zustehenden fälligen Forderung aufzurechnen.3 Um dem Geschädigten
50
51 52
Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 120 Rn. 11; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 3, 9; Römer/Langheid3 § 120 Rn. 8. Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 15; Prölss/Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 9. BGH 11.10.1956 VersR 1956 707 f.; Langheid/Wandt/Schneider § 120 Rn. 15; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 120 Rn. 3; Römer/ Langheid 3 § 120 Rn. 8; a.A. Rüffer/Halbach/
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Schimikowski 2 § 120 Rn. 2; Looschelders/ Pohlmann/Schwartze 2 § 120 Rn. 11. 1 2 3
BTDrucks. 16/3945 S. 90. Langheid/Wandt/Brand § 121 Rn. 1; vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 2. Vgl. im Einzelnen Kommentierung zu § 35.
Roland Michael Beckmann
Aufrechnung gegenüber Dritten
§ 121
einen angemessenen Schutz zu sichern, ist dem VR im Bereich der Pflichthaftpflichtversicherung durch die Vorschrift des § 121 die Möglichkeit genommen, den Anspruch des geschädigten Dritten mit offenen Forderungen gegen den VN aufzurechnen.4
III. Anwendungsbereich Aus der systematischen Stellung folgt, dass sich der Anwendungsbereich des § 121 auf Pflichtversicherungen beschränkt.5 Außerhalb von Pflichthaftpflichtversicherungen verbleibt es damit bei der allgemeinen Regelung des § 35, die dem VR grundsätzlich weitergehende Aufrechnungsmöglichkeiten eröffnet. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass in sonstigen Haftpflichtverhältnissen der Dritte regelmäßig keinen direkten Anspruch gegen den VR hat und eine Abtretung bzw. Einziehung der Forderung des VN gegen den VR regelmäßig nur dann Erfolg verspricht, wenn ein solcher Anspruch tatsächlich existiert und keine Einreden des VR bestehen.6 § 121 gilt sowohl im Rahmen von intakten, wie auch von gestörten Versicherungsverhältnissen.7 Das Aufrechnungsverbot gem. § 121 gilt auch gegenüber SVT, wenn diese den VR in Regress nehmen.8 Die Regelungen über die Pflichthaftpflichtversicherung gelten grundsätzlich auch für mitversicherte Personen (vgl. Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 16). Damit findet § 121 auch Anwendung, wenn dem VR gegen eine mitversicherte Person ein Anspruch zusteht; mit einem solchen Anspruch kann der VR gegenüber dem geschädigten Dritten nicht aufrechnen.9 Nicht beschränkt ist der Anwendungsbereich des § 121 hingegen auf Direktansprüche des Dritten gegen den VR. Auch wenn der Dritte sich im Wege der Zwangsvollstreckung den Anspruch des VN gegen den VR verschafft, ist dem VR die Möglichkeit einer Aufrechnung genommen.10 Auch auf den Rechtsnachfolger des Dritten lässt sich § 121 anwenden, wie z.B. auf den SVT (vgl. bereits oben Rn. 5). Das Aufrechnungsverbot kann schließlich Bedeutung in der Insolvenz des VR erlangen. So ist es dem Insolvenzverwalter aufgrund von § 121 nicht möglich, der Eintragung einer Forderung des Geschädigten in die Insolvenztabelle gem. § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO zu widersprechen.11
3
4 5
6
7
B. Tatbestand I. Aufrechnung mit Forderungen gegen den Versicherungsnehmer Ein Aufrechnungsverbot besteht uneingeschränkt hinsichtlich sämtlicher offener For- 8 derungen gegen den VN. 4 5 6 7
Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 121 Rn. 1. Stiefel/Maier/Jahnke18 § 121 Rn. 2; Römer/ Langheid3 § 121 Rn. 2. Langheid/Wandt/Brand § 121 Rn. 3; vgl. auch Berliner Kommentar/Hübsch § 158g Rn. 1. Vgl. Berliner Kommentar/Hübsch § 158g Rn. 1.
8 9
10 11
Langheid/Wandt/Brand § 121 Rn. 5. Vgl. Langheid/Wandt/Brand § 121 Rn. 6; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 121 Rn. 2. Vgl. Langheid/Wandt/Brand § 121 Rn. 2; Sieg VersR 1964 693 695. Langheid/Wandt/Brand § 121 Rn. 5.
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§ 122
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
II. Aufrechnung mit Forderungen gegen den Dritten 9
Eine Aufrechnung mit Forderungen des VR gegenüber dem Dritten ist hingegen durch § 121 nicht ausgeschlossen. In Betracht kommen hier beispielsweise Prämienzahlungsansprüche gegen den Dritten, sollte dieser ebenfalls (zufällig) beim VR versichert sein oder sich aus diesem Versicherungsverhältnis entspringende Regressansprüche des VR gegen den Dritten ergeben.12 10 Soweit man entgegen der hier vertretenen Ansicht (vgl. § 119 Rn. 34, § 120 Rn. 6) einen Schadensersatzanspruch des VR gegen den Dritten bei Verstoß gegen eine Obliegenheit aus § 119 bejaht, könnte der VR auch mit einem derartigen Anspruch prinzipiell aufrechnen.13
C. Abdingbarkeit 11
Die Vorschrift des § 121 ist zum Schutz des geschädigten Dritten, aber auch des VN und des Versicherten nicht abdingbar.14
§ 122 Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache Die §§ 95 bis 98 über die Veräußerung der versicherten Sache sind entsprechend anzuwenden. Schrifttum Lenski Zur Veräußerung der versicherten Sache (1965); Möring/Stelzer Übergang des Versicherungsvertrages bei Veräußerung eines vorübergehend stillgelegten Kraftfahrzeuges? VersR 1962 691; Schäfer Die Übernahme der Haftpflichtversicherung nach § 158h VVG, Diss. Köln 1973; Stelzer Probleme der Veräußerung in der Kfz-Versicherung ZfV 1959 601; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. I. II. III.
Einführung . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . Inhalt und Zweck der Regelung . Anwendungsbereich . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . . 2. Ausnahmen . . . . . . . . . . B. Veräußerung der versicherten Sache I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . 1. Veräußerungsvorgang . . . . . 2. Veräußerer . . . . . . . . . .
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Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 121 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann28 § 121 Rn. 1; Römer/Langheid3 § 121 Rn. 3; vgl. auch Berliner Kommentar/Hübsch § 158e Rn. 2.
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Rn.
1 1 2 3 3 7 9 9 9 13
II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . 1. Übergang des Versicherungsverhältnisses . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches . . . . . . . . b) Bestehen einer Regelungslücke? 2. Weitere Rechtsfolgen . . . . . . . C. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . .
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. .
16
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16 16 19 24 30
. . . . .
Prölss/Martin/Knappmann28 § 121 Rn. 1; Römer/Langheid 3 § 121 Rn. 3; Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 121 Rn. 2. Langheid/Wandt/Brand § 121 Rn. 8.
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Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache
§ 122
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte Die dem § 122 entsprechende Vorgängervorschrift fand sich in der bis zum 31.12. 1 2007 geltenden Fassung des VVG in § 158h Satz 1 VVG a.F. Diese Regelung wurde durch Gesetz vom 7.10.19391 in das VVG eingeführt und enthielt entsprechend dem heute geltenden § 122 zunächst nur den Verweis auf die Vorschriften über die Veräußerung der versicherten Sache. Die Schaffung einer solchen Norm wurde notwendig, weil die Rechtsprechung zuvor eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Veräußerung der versicherten Sache (§ 69 a.F.) abgelehnt hatte.2 Durch Gesetz vom 21.7.1994 wurde wiederum § 158h VVG a.F. Satz 2 eingefügt, der eine zusätzliche Regelung zur Vermeidung einer Doppelversicherung enthielt;3 danach wird die Kündigung der vom Veräußerer auf den Erwerber übergegangenen Kfz-Haftpflichtversicherung fingiert, wenn der Erwerber eine neue Versicherung abgeschlossen hat, ohne die alte zu kündigen. Diese Sonderregelung befindet sich seit der Reform des Versicherungsvertragsrechts in § 3b PflVG.4 Während die Vorgängervorschrift des § 158h Satz 1 VVG a.F. noch einen pauschalen Verweis auf die sinngemäße Geltung der „Vorschriften über die Veräußerung der versicherten Sache“ enthielt, erfolgt in § 122 nunmehr ein ausdrücklicher Verweis auf konkrete Rechtsnormen, namentlich auf die §§ 95 bis 98. Offenbar aufgrund eines Redaktionsversehens wurde indes ein Verweis auf § 99 nicht mit aufgenommen.5 Der Gesetzgeber hat – wie vor der VVG-Reform – unverändert die Geltung der (gesamten) Vorschriften über die Veräußerung der versicherten Sache beabsichtigt;6 zu diesen gehört auch § 99 (vgl. noch Rn. 12).
II. Inhalt und Zweck der Regelung § 122 erklärt die Vorschriften über die Veräußerung der versicherten Sache in den 2 §§ 95 bis 98 für entsprechend anwendbar. Da bei einer Haftpflichtversicherung nicht die Sache selbst, sondern das gesetzliche Haftpflichtrisiko gegenüber einem Dritten das versicherte Interesse darstellt, scheidet eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschriften aus. Zwar soll nach der Gesetzesbegründung zu § 95 diese Vorschrift außer reinen Sachversicherungen, auch alle sachbezogenen Haftpflichtversicherungen erfassen.7 Bereits hieraus ließe sich möglicherweise schließen, dass z.B. bei einer Kfz-Haftpflichtversicherung, bei der das versicherte Risiko an eine Sache anknüpft, bei Veräußerung der Sache das Versicherungsverhältnis gem. § 95 auf den Erwerber übergeht.8 Indes kann diese Frage letztlich offen bleiben, weil § 122 jedenfalls klarstellt, dass die §§ 95 ff. entsprechend anzuwenden sind. Der Hintergrund für diese Anordnung liegt darin, dass der 1 2
3 4 5
RGBl. I 2233. Vgl. RG 5.11.1937 RGZ 156 146, 150; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. D 45; Lenski 61 ff. BGBl. I 1630. BGBl. I 2631. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 2; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 122 Rn. 2; Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 122 VVG Rn. 2.
6 7 8
Vgl. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 90. BTDrucks. 16/3945 S. 84; vgl. auch Bruck/ Möller/Staudinger 9 § 95 Rn. 1, 7. So wohl auch Römer/Langheid (1. Aufl. 1997) § 69 Rn. 2 a.E.; Grassl-Palten 71 ff., 79 ff., die sich für eine analoge Anwendung des § 151 Abs. 2 VVG a.F. aussprachen); a.A. Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 1; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 1; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 122 Rn. 2.
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§ 122
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Erwerber die Sache regelmäßig in gleicher Weise weiterbenutzt wie der Veräußerer und damit auch die Gefahr einer Schädigung Dritter weiterhin besteht; zur Vermeidung einer Lücke im Versicherungsschutz im Bereich der Pflichthaftpflichtversicherung soll das Versicherungsverhältnis vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen.9
III. Anwendungsbereich 1. Grundsätzliches
3
§ 122 ist auf sämtliche Pflichthaftpflichtversicherungen anwendbar, bei denen die Haftpflicht an eine einzelne Sache gebunden ist, wie z.B. ein Kfz oder eine Anlage, wobei in der Praxis der größte Anwendungsbereich der der Kfz-Haftpflichtversicherung sein dürfte.10 Die §§ 95–98 sind auch entsprechend anwendbar, wenn eine Sachgesamtheit als Ganze übertragen wird.11 § 122 gilt indes nicht, wenn nur einzelne Sachen aus der Sachgesamtheit veräußert werden.12 Hintergrund ist, dass der HaftpflichtVR in Bezug auf eine Sachgesamtheit in der Regel ein Gesamtrisiko versichert wissen will, nicht aber eine Reihe verschiedener einzelner Risiken.13 Zur Kfz-Händlerversicherung vgl. noch Rn. 7. Des Weiteren ist § 122 auch dann anzuwenden, wenn der Versicherungsschutz nur 4 auf einer vorläufigen Deckungszusage beruht.14 § 122 findet auch auf ein gestörtes Versicherungsverhältnis Anwendung.15 Zu beachten ist auch, dass für die Betriebshaftpflichtversicherung in § 102 Abs. 2 eine 5 gesonderte Regelung erfolgt ist. Danach tritt bei Veräußerung oder Verpachtung (bzw. ähnlichen Verhältnissen) eines Unternehmens der Erwerber/Pächter an die Stelle des VN (vgl. im Einzelnen § 102 Abs. 2). Unter diese Vorschrift fallen insbesondere Unternehmensübertragungen,16 auch solche, bei denen § 25 HGB Anwendung findet.17 Eine analoge Anwendung des § 102 Abs. 2 auf andere Pflichtversicherungen scheidet aus; insoweit hat § 102 Abs. 2 Vorrang vor § 122.18 Neben dem Übergang eines Haftpflichtverhältnisses nach § 122 i.V.m. §§ 95 ff. kann 6 ein Haftpflichtverhältnis aufgrund anderer Übergangstatbestände erfolgen. Zu denken ist an eine Gesamtrechtsnachfolge, insbesondere gem. § 1922 BGB.19
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13 14
Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. D 45; Prölss/Martin/Knappmann28 § 122 Rn. 3. Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 2; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 4; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 122 Rn. 2. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 4; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 122 Rn. 2. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 4; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 122 Rn. 2; Begr. DJ 1939, 1771, 175. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 4. Vgl. BGH 7.3.84 VersR 1984 455, 456 zu § 158h a.F.; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 3.
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Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 3; vgl. noch Rn. 16 ff. Langheid/Wandt/Littbarski § 102 Rn. 109; Bruck/Möller/R. Koch9 § 102 Rn. 44 ff. A.A. wohl Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 7, wonach bei Veräußerung nach § 25 HGB die Vorschrift des § 122 Anwendung finden soll. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 8. Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 5; Prölss/Martin/Knappmann § 158h Rn. 7; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 122 Rn. 2.
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Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache
§ 122
2. Ausnahmen Voraussetzung für eine Anwendung des § 122 ist, dass sich die Versicherung auf einen 7 Einzelgegenstand bezieht, also ggf. ein bestimmtes Fahrzeug oder aber eine feststehende Gesamtheit von bestimmten Fahrzeugen Gegenstand des Versicherungsvertrages ist.20 Das Haftpflichtverhältnis geht deshalb nicht auf den Erwerber eines Kfz über, wenn es sich um eine Versicherung handelt, die z.B. nach den Sonderbedingungen für Kraftfahrzeug-Handel und -Handwerk21 geschlossen wurde. Hierbei besteht eine Sammelversicherung, die auf den ständigen Durchlauf von Fahrzeugen beim VN zugeschnitten ist. Eine solche Versicherung beläuft sich auf die Gesamtheit der beim VN im Versicherungszeitraum hereinkommenden und ggf. auch wieder hinausgehenden Fahrzeuge. Des Weiteren erhält der VR keine Kenntnis vom Bestand der Fahrzeuge, sondern ihm wird unter Umständen nur der Bestand an bestimmten Stichtagen mitgeteilt.22 Ein derartiger Sammelvertrag ist demnach grundsätzlich anders gestaltet als ein Kfz-Haftpflichtverhältnis für ein einzelnes Fahrzeug und kann auch nicht in eine Vielzahl von Einzelverträgen aufgeteilt werden.23 Darüber hinaus ist auch die Interessenlage zu berücksichtigen. Eine Anwendung des § 122 kommt nur dann in Betracht, wenn sonst die Gefahr einer Systemlücke im Schutz durch die Pflichthaftpflichtversicherung besteht. Dies ist bei derartig gelagerten Versicherungsverhältnissen nicht der Fall, da der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer beim Kauf eines Fahrzeugs vom Händler den Übergang eines Versicherungsverhältnisses aus einer Händlerpolice nicht erwartet; der Erwerber kümmert sich entweder selbst um Deckung oder der Händler tritt als Mittler auf.24 Zudem ist auch die Fahrt des Erwerbers zur Zulassungsstelle mit rotem Kennzeichen zwecks Umschreibung von der Händlerpolice gedeckt, so dass eine Lücke im Versicherungsschutz nicht ersichtlich ist.25 Gleiches gilt, wenn für zwei Fahrzeuge nur ein Versicherungsverhältnis besteht; insoweit fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit.26 Denkbar sind jedoch atypische Ausgestaltungen des Haftpflichtverhältnisses außer- 8 halb der Sonderbedingungen für Kraftfahrzeug-Handel und -Handwerk, die gleichfalls aber auch eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen erfassen. R.Johannsen hat das Beispiel genannt, dass ein VR für ein Industrieunternehmen eine Police ausfertigt, bei der eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen durch einen Vertrag erfasst sind, aber gegenüber der Zulassungsstelle die üblichen Einzelversicherungsbestätigungen gem. Muster 6 zu § 29a StVZO (heute geregelt in § 23 FZV) ausgestellt sind; in diesem Falle müsse der betreffende Vertragsbestandteil nach Sinn und Zweck der Pflichtversicherungsgesetzgebung auf den Erwerber übergehen.27 Eine Haftpflichtversicherung, die für ein vorübergehend stillgelegtes Fahrzeug abgeschlossen wurde, geht ebenfalls mit der Veräußerung auf den Erwerber über.28 20
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23
Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 19; vgl. Berliner Kommentar/Hübsch §158h Rn. 3; vgl. bereits oben Rn. 3. Abgedruckt z.B. bei Rüffer/Halbach/Schimikowski2 S. 1344 ff. Vgl. D.1.1 der Sonderbedingungen zur Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung für Kfz-Handel und -Handwerk (KfzSBHH) in der bei Rüffer/Halbach/Schimikowski2 S. 1344 ff. abgedruckten Fassung. Vgl. BGH 8.5.1961 BGHZ 35 153, 155; Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. D 45; a.A. Ossewski VersR 1953 312.
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Ausführlich und m.w.N. Bruck/Möller/ R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. D 45; ebenso Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 20. Vgl. BGH 8.5.1961 BGHZ 35 153, 155. Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 3; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 20. Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. D 45; Ossewski VersR 1953 312. Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 4; Möring/Stelzer VersR 1962 691.
Roland Michael Beckmann
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§ 122
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
B. Veräußerung der versicherten Sache I. Tatbestand 1. Veräußerungsvorgang
9
§ 95 knüpft an die Veräußerung der Sache an. Entscheidend für einen Übergang des Versicherungsverhältnisses ist der Eigentümerwechsel durch Vollzug des dinglichen Rechtsgeschäfts nach den Vorschriften des BGB. Im Rahmen einer Kfz-Haftpflichtversicherung genügt der bloße Wechsel des Halters für die Verwirklichung des Tatbestands gem. § 122 i.V.m. § 95 nicht.29 Zum Begriff der Veräußerung und möglichen Konstellationen vgl. die umfassende Kommentierung zu § 95.30 10 Eine Anzeige dieser Veräußerung an den VR ist für das Eingreifen von § 122 i.V.m. § 95 nicht erforderlich; eine andere Frage betrifft das Bestehen entsprechender Anzeigeobliegenheiten gem. § 122 i.V.m. § 97 und hiermit zusammenhängende Folgen. 11 Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Übergang des Eigentums auf den Erwerber. Erfolgt die Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt, bewirkt erst die Zahlung der letzten Kaufpreisrate und nicht schon die Übergabe der Sache den Übergang des Versicherungsverhältnisses.31 Maßgeblich für den Übergang des Versicherungsverhältnisses ist also der Zeitpunkt der Vollendung der Veräußerung. Gleichwohl ist z.B. bei einer Kfz-Versicherung der Erwerber als Fahrer bereits mitversichert, wenn er das Fahrzeug vor Eigentumsübergang nutzen darf; indes sind ggf. Anzeigeobliegenheiten gegenüber dem VR zu beachten. Auch die Sicherungsübereignung32 sowie die Umwandlung von Gesamthandsin Bruchteilseigentum fallen unter den Begriff der Veräußerung, nicht dagegen die Verpfändung.33 12 Auf den ersten Blick scheint die Eigentumsübertragung im Wege der Zwangsvollstreckung nicht mehr als Veräußerung zu gelten, da § 122 nur noch auf die §§ 95–98 verweist und gerade nicht auf § 99, der die §§ 95 ff. für die Eigentumsübertragung durch Zwangsvollstreckung für anwendbar erklärt. Dies ist jedoch als redaktionelles Versehen zu werten, da § 122 nach der Gesetzesbegründung sachlich mit § 158h Satz 1 a.F. übereinstimmen sollte34 und ein solcher Ausschluss nach der alten Gesetzeslage gerade nicht gewollt war. Bereits in den AKB 2008 wurde auf diese Gesetzeslücke reagiert, und so ist in G 7.6 AKB 2008 vorgesehen, dass der Versicherungsvertrag auch auf den Erwerber durch Zwangsvollstreckung übergeht.35
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Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 21; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 122 Rn. 3. Bruck/Möller/Staudinger9 § 95 Rn. 11 ff. Vgl. BGH 22.9.1958 BGHZ 28 137, 142; BGH 16.10.1974 VersR 1974 1191, 1193; BGH 8.2.1965 VersR 1965 425, 427; Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 6; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 122 Rn. 5; ausführlich Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. D 45.
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Vgl. BGH 8.2.1965 VersR 1965, 425; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 10. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 10 f. RegE BTDrucks.16/3945 S. 90; Feyock/ Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 122 Rn. 2; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 5, 11; vgl. bereits oben Rn. 1. Vgl. auch Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 5.
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Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache
§ 122
2. Veräußerer Erforderlich ist die Veräußerung durch den VN als Eigentümer oder als verfügungs- 13 berechtigter Dritter.36 Rechtshandlungen eines außenstehenden Dritten (auch eines Mitversicherten) können 14 das Vertragsverhältnis grundsätzlich nicht berühren.37 Veräußert ein Nichtberechtigter (der auch nicht VN ist) eine fremde Sache und erlangt der Erwerber über die Vorschriften des gutgläubigen Erwerbs (§§ 932 ff. BGB) Eigentum, greifen § 122 i.V.m. §§ 95 ff. nicht ein. Denn es fehlt bereits an einer Veräußerung durch den VN; vgl. den Wortlaut des § 95.38 Etwas anderes wird man annehmen können, wenn ein Nichtberechtigter (z.B. Entleiher, Mieter) eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, später über die Sache verfügt und der Erwerber gutgläubig Eigentum erlangt; bei dieser Konstellation wird die Sache vom VN veräußert, sodass es gerechtfertigt erscheint, § 122 i.V.m. §§ 95 ff. heranzuziehen.39 Ebenfalls erfasst § 122 i.V.m. §§ 95 ff. den Fall, dass ein Nichtberechtigter mit Zustimmung des VN (der zugleich Eigentümer ist) die Veräußerung vornimmt.40 Auch eine Partei kraft Amtes (insbesondere Insolvenzverwalter, Testamentsvoll- 15 strecker etc.) kann wirksam über die Sache verfügen, so dass § 122 i.V.m. §§ 95 ff. eingreift.41
II. Rechtsfolgen 1. Übergang des Versicherungsverhältnisses a) Grundsätzliches. Durch den Eigentumsübergang geht das Versicherungsverhältnis 16 in der Form, in der es zum Zeitpunkt der Veräußerung bestand, vom Veräußerer auf den Erwerber über. Der Veräußerer scheidet als bisheriger VN aus dem Versicherungsverhältnis aus, während der Erwerber die Position des bisherigen VN einnimmt.42 Der Erwerber, der zuvor ggf. mitversicherte Person war, erlangt durch den Erwerb die Rechtsstellung als VN und ist nicht weiter noch als mitversicherte Person zu behandeln.43 Hat der VR das Versicherungsverhältnis vor der Veräußerung (z.B. durch Rücktritt) beendet, kann das Versicherungsverhältnis als solches nicht mehr auf den Erwerber übergehen. Indes tritt der Erwerber in diesem Falle in eine Rechtslage ein; hier zählen auch solche Rechtsbeziehungen, die sich nur als Nachwirkungen des Versicherungsverhältnisses darstellen, insbesondere gehören dazu Bindungen, die sich aus § 117 Abs. 2 ergeben.44 Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung zu verstehen, der Erwerber übernimmt das Versicherungsverhältnis in dem Zustand, wie es sich beim Veräußerer befand.45
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Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 122 Rn. 3; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 13. Prölss/Martin/Knappmann28 § 122 Rn. 5; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 122 Rn. 3; vgl. umfassend BGH 7.3.1984 VersR 1984 455, 456. Bruck/Möller/Staudinger 9 § 95 Rn. 58; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 9. Ebenso Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 9. Bruck/Möller/Staudinger 9 § 95 Rn. 59.
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Bruck/Möller/Staudinger 9 § 95 Rn. 62. Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 7. Vgl. BGH 7.3.1984 VersR 1984 455, 456 (juris Rn. 19); Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 15; Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 7. BGH 7.3.1984 VersR 1984 455, 456 (juris Rn. 23). Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 7.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
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Die Versicherung geht in voller Höhe und nicht nur in Höhe der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme über.46 Mit dem Übergang kommen dem Erwerber schließlich auch günstigere Bedingungen oder Prämien, die zwischen VR und Veräußerer vereinbart waren, zugute.47 Indes gehen lediglich sachbezogene Bestandteile des Versicherungsvertrages auf den Erwerber über; für rein personenbezogene Bestandteile des Versicherungsvertrages (wie. z.B. der Schadensfreiheitsrabatt in der KfzHaftpflichtversicherung) gilt dies nicht.48 Da das Versicherungsverhältnis in der Form, in der es zum Zeitpunkt der Veräuße18 rung bestand, übergeht, wirken sich auch Nachteile auf den Erwerber aus.49 Dies bezieht sich z.B. auf wirksame Risikoausschlüsse; diese haben gegenüber dem Erwerber Bestand.50 Auch andere Nachteile, die etwa zu einem gestörten Versicherungsverhältnis geführt hatten, treffen den Erwerber.51 Besteht also lediglich ein gestörtes Versicherungsverhältnis, so kann der Erwerber auch nur in dieses eintreten.
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b) Bestehen einer Regelungslücke? Die überwiegende Meinung nimmt den „Übergang der Nachteile“ auf den Erwerber auch an, wenn sich der Veräußerer etwa im Prämienverzug mit einer Erst- oder Folgeprämie befand und der VR deswegen nach § 37 Abs. 2 bzw. § 38 Abs. 2 leistungsfrei ist; danach kann sich der VR auch gegenüber dem Erwerber auf die Leistungsfreiheit berufen52 und den Erwerber – nach Ausgleich des geschädigten Dritten – gem. § 117 Abs. 5 in Regress nehmen. Hiermit ist für den Erwerber ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko verbunden.53 Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Erwerber Kenntnis von dem gegenüber den VN im Innenverhältnis nicht bestehenden Versicherungsschutz hatte; anders als einer mitversicherten Person im Rahmen von § 123 hilft dem Erwerber auch kein guter Glaube.54 Insbesondere Huber sieht hierin eine vom Gesetzgeber übersehene Schutzlücke, die durch eine entsprechende Anwendung des § 123 auf den Erwerber zu schließen sei, so dass dieser ähnlich wie eine mitversicherte Person gem. § 123 geschützt wäre.55 Zur Verdeutlichung der Problematik benennt Huber eine ähnliche Konstellation, die der bereits erwähnten Entscheidung des BGH vom 7.3.198456 zugrunde lag: Nachdem der VR vom Versicherungsvertrag wegen Nichtzahlung der ersten Prämie 20 durch den ursprünglichen VN von einem Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag zurückgetreten war und der VR der Zulassungsstelle angezeigt hatte, dass die Versicherungsbestätigung ihre Geltung verloren habe, veräußerte der VN den Pkw. Noch innerhalb der Nachhaftungszeit gem. § 3 Nr. 5 PflVG a.F. (heute geregelt in § 117 Abs. 2) – die Veräußerung war bis dahin weder der Zulassungsstelle noch dem VR angezeigt – ver-
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Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 8; Prölss/Martin/Knappmann28 § 122 Rn. 3. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 16. Bruck/Möller/Staudinger9 § 95 Rn. 64. Prölss/Martin/Knappmann28 § 122 Rn. 3. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 16. Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 9; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 16; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 7; Bruck/Möller/Staudinger9 § 95 Rn. 66; differenzierend wohl Schwintowski/ Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 6 (anders wiederum zu Beginn von Rn. 7).
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Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 16; Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 9; vgl. BGH 7.3.1984 VersR 1984 455, 456 (juris Rn. 23); OLG Düsseldorf 9.8.1995 VersR 1996 1268 = NJW-RR 1997 88 f. Vgl. BGH 7.3.1984 VersR 1984 455; Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 16. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 16. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 7 ff. BGH 7.3.1984 VersR 1984 455; leicht abgewandelt bei Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 7.
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Veräußerung der von der Versicherung erfassten Sache
§ 122
ursachte der Erwerber mit dem Wagen schuldhaft einen Verkehrsunfall. Der VR ersetzte dem Unfallgegner den Schaden und nahm den Erwerber in Rückgriff. Der BGH bejahte den Anspruch des VR gem. § 426 BGB i.V.m. § 3 Nr. 9 Satz 2 PflVG a.F. (heute geregelt in § 116 Abs. 1 Satz 2). Denn durch den Erwerb des Fahrzeugs sei der Erwerber gem. § 158h i.V.m. §§ 69 ff. VVG a.F. (heute § 122 i.V.m. §§ 95 ff.) in dessen Stellung als VN eingetreten sei.57 Der vor dem Erwerb erklärte Rücktritt des VR stehe einer Nachfolge gem. § 158h VVG a.F. nicht entgegen. Der Erwerber trete nämlich nicht in bestimmte Rechte und Pflichten ein, sondern in eine Rechtslage.58 Problematisch ist bei solchen Konstellationen, dass der Erwerber, dem der fehlende 21 Versicherungsschutz regelmäßig nicht bekannt sein wird, nach § 116 Abs. 1 Satz 2 (bzw. gem. § 117 Abs. 5) dem Regress des VR ausgesetzt ist, was auch schon bei einem mittelschweren Unfall die Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz bedeuten kann. Dazu kommt das Risiko des Erwerbers, auch dem SVT nach § 116 SGB X, dem Arbeitgeber nach § 6 EFZG oder dem SchadensVR nach § 86 VVG oder anderen Regressgläubigern Ersatz leisten zu müssen. Auch wenn der Erwerber sich grundsätzlich beim Veräußerer schadlos halten kann, so wird dessen Vermögen bei gravierenden Unfällen häufig nicht zur Erfüllung der Forderungen ausreichen.59 Somit hat letztlich häufig der Erwerber die wirtschaftlichen Folgen des Unfalls zu tragen, ohne sich dessen vorher bewusst zu sein. Um die Angemessenheit dieser Konsequenzen zu rechtfertigen, könnte man freilich darauf verweisen, dass der Erwerber sich beim VR hinsichtlich eines ausreichenden Versicherungsschutzes hätte erkundigen müssen.60 Zutreffend weist Huber darauf hin, dass man in einer sehr ähnlichen Konstellation, 22 die aber „nur eine Spur anders gelagert“ sei,61 zu einem ganz anderen Ergebnis gelangt und ein Regressanspruch des HaftpflichtVR gegen den Erwerber nicht besteht. Hat nämlich der Erwerber das Fahrzeug unter Eigentumsvorbehalt erworben und nicht sämtlichen Raten bezahlt, liegt kein Fall des § 122 i.V.m. §§ 95 ff. vor; für diesen Tatbestand bedarf es der Eigentumsübertragung, die aufgrund der noch ausstehenden vollständigen Bezahlung des Kaufpreis gem. §§ 929, 158 BGB noch nicht eingetreten ist (vgl. oben Rn. 11). Der Vorbehaltskäufer tritt dadurch gerade nicht in die Rechtsstellung des Vorbehaltsverkäufers als VN. Vielmehr erlangt der Vorbehaltskäufer die Rechtsstellung einer mitversicherten Person. Und in dieser Rechtsposition droht ihm gem. § 123 Abs. 1, 4 ein Rückgriff durch den VR nur dann, wenn er von der Leistungsfreiheit des HaftpflichtVR gegenüber dem Veräußerer gewusst oder dies infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst hat.62 Vor diesem Hintergrund befürwortet Huber für die zuerst genannte Konstellation 23 (oben Rn. 20) eine analoge Anwendung des § 123.63 Als Konsequenz einer solchen analogen Anwendung könnte der HaftpflichtVR beim Erwerber keinen Regress nehmen, wenn diesem nicht Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis der Leistungsfreiheit des HaftpflichtVR vorgeworfen werden könnte. In der Tat hängt die Gestaltung der Eigentumsübertragung (unbedingte oder bedingte Übereignung auf Grundlage eines Vorbehaltskaufs) vielfach von Zufällen ab. Die Ansicht, die eine solche analoge Anwendung des § 123 ablehnt, argumentiert dagegen, der neue Eigentümer könne sich leicht darüber
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BGH a.a.O. (juris Rn. 15). BGH a.a.O. (juris Rn. 23); vgl. bereits in dieser Kommentierung Rn. 16. Zum Vorstehenden Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 7. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 16. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122
62 63
Rn. 9; Konstellation, die der Entscheidung des OLG Düsseldorf 9.8.1995 VersR 1996 1267 zugrunde lag. Auch zum Schwintowski/Brömmelmeyer/ Huber 2 § 122 Rn. 9. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 10.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
informieren, wie es um die Einstandspflicht des VR stehe.64 Für die Beantwortung der in Rede stehenden Frage kommt es im Wesentlichen auf zwei Aspekte an. Zum einen stellt sich die Frage, ob der Erwerber in beiden Konstellationen in gleichem Umfang schützenswert ist. Diese Frage wird man bejahen können; der Erwerber z.B. eines Pkw wird sich auf Anhieb ohne rechtliche Beratung keine Gedanken darüber machen, ob der Versicherungsschutz davon abhängt, ob er unter Eigentumsvorbehalt kauft oder nicht; möglicherweise ist ihm die Eigentumslage nicht einmal ganz klar. Zum Zweiten hängt eine analoge Anwendung des § 123 davon ab, ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Huber bejaht dies und argumentiert u.a., der Gesetzgeber habe die Rechtsstellung des gutgläubigen Mitversicherten nur in § 123 bedacht und im Rahmen der VVG-Reform ausgebaut; die hier in Rede stehende Regelungslücke sei dagegen planwidrig.65 In der Tat hat der Gesetzgeber – im Hinblick auf eine andere Konstellation – den Schutz des Mitversicherten in § 123 erweitert, nachdem der BGH auf eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskrepanz hingewiesen hatte;66 dem hat der Gesetzgeber mit dem neuen § 123 Abs. 4 Rechnung getragen. Soweit ersichtlich ist die hier in Rede stehende Konstellation (oben Rn. 20) vom Gesetzgeber nicht erörtert worden, was jedenfalls für eine planwidrige Regelungslücke spricht, wenn man die beiden oben beschriebenen Konstellationen (Rn. 20 bzw. 22)als vergleichbar ansieht und den Erwerber in beiden Konstellationen als gleich schutzwürdig betrachtet. 2. Weitere Rechtsfolgen
24
Die Veräußerung ist dem VR vom Veräußerer oder Erwerber unverzüglich anzuzeigen, § 97 Abs. 1 Satz 1. Ist die Anzeige unterblieben, ist der VR gem. § 97 Abs. 1 Satz 2 leistungsfrei, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen, und der Versicherer den mit dem Veräußerer bestehenden Vertrag mit dem Erwerber nicht geschlossen hätte. Leistungsfreiheit wird man aber dann nicht annehmen können, wenn Kontrahierungszwang für den HaftpflichtVR besteht (insbesondere gem. § 5 Abs. 2 PflVG). § 97 Abs. 1 soll die Vertragswahlfreiheit des VR schützen.67 Diese ist aber gar nicht berührt, wenn Kontrahierungszwang ohnehin besteht. In diesem Falle wird man eine Leistungsfreiheit gem. § 97 Abs. 1 Satz 2 abzulehnen haben.68 Nach § 96 ist der VR grundsätzlich berechtigt, das Versicherungsverhältnis unter Ein25 haltung einer Frist von einem Monat zu kündigen. Indes besteht ein solches Kündigungsrecht nicht, wenn für den VR (z.B. unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 PflVG) Kontrahierungszwang besteht.69 Deckungsansprüche des Veräußerers gehen nicht auf den Erwerber über. 26 Rechtsverbindlichen Erklärungen, die sich auf die künftige Ausgestaltung des Versi27 cherungsverhältnisses beziehen, müssen gegenüber dem neuen VN abgegeben werden.70
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66 67 68
Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 16. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 10 f.; vgl. dazu auch § 123 Rn. 6 f. BTDrucks. 16/3945, S. 90 unter Hinweis auf BGH 14.1.2004 VersR 2004 369. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 17. Langheid/Wandt/Brand § 122 Rn. 17 Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. F
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76; OLG Köln 5.11.1987 ZfS 1987 370; a.A. BGH 22.6.1967 VersR 1967 746; Saarländisches OLG 17.7.1968 VersR 1968 1133. Vgl. BGH 30.9.1981 VersR 1982 259, 260 (juris Rn. 31); Looschelders/Pohlmann/ Schwarze 2 § 122 Rn. 5; Langheid/Wandt/ Brand § 122 Rn. 18. BGH 14.3.1984 VersR 1984 550, 551; Brück/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm.
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Rückgriff bei mehreren Versicherten
§ 123
Wenn der Erwerber als neuer VN einen Schaden verursacht, hat dies keinen Einfluss 28 mehr auf den Schadensfreiheitsrabatt des alten VN; umgekehrt geht ein günstiger Schadensfreiheitsrabatt des Veräußerers nicht auf den Erwerber über (vgl. bereits oben Rn. 17). Zu den sich aus §§ 95 ff. ergebenden Rechtsfolgen vgl. im Übrigen die dortige Kommentierung. Bei einer neben der Haftpflichtversicherung bestehenden Fahrzeugversicherung geht 29 der diesbezügliche Vertragsbestandteil unmittelbar nach den §§ 95 bis 98 über.
C. Abdingbarkeit § 122 ist zugunsten des Dritten, des VN und des Erwerbers zwingend.71 Somit ist eine 30 Vereinbarung zwischen VR und VN, dass das Pflichthaftpflichtverhältnis nicht auf den Erwerber übergehen soll, nicht wirksam. Wenn die Vertragsparteien den Versicherungsvertrag im Hinblick auf eine spätere Veräußerung aufheben könnten, könnte § 122 seinen Schutzzweck nicht erfüllen.72
§ 123 Rückgriff bei mehreren Versicherten (1) Ist bei einer Versicherung für fremde Rechnung der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber nicht zur Leistung verpflichtet, kann er dies einem Versicherten, der zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt ist, nur entgegenhalten, wenn die der Leistungsfreiheit zu Grunde liegenden Umstände in der Person dieses Versicherten vorliegen oder wenn diese Umstände dem Versicherten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt waren. (2) Der Umfang der Leistungspflicht nach Absatz 1 bestimmt sich nach § 117 Abs. 3 Satz 1; § 117 Abs. 3 Satz 2 ist nicht anzuwenden. § 117 Abs. 4 ist entsprechend anzuwenden. (3) Soweit der Versicherer nach Absatz 1 leistet, kann er beim Versicherungsnehmer Rückgriff nehmen. (4) Die Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn die Frist nach § 117 Abs. 2 Satz 1 und 2 noch nicht abgelaufen ist oder der Versicherer die Beendigung des Versicherungsverhältnisses der hierfür zuständigen Stelle nicht angezeigt hat. Schrifttum Biela Zur Anwendung der seit dem 1.1.1991 geltenden Fassung des § 158i VVG auf zeitlich davor liegende Fälle, VersR 1993 1390; E. Lorenz Anmerkungen zum BGH-Urteil vom 14.1.2004 (Az. IV ZR 127/03), VersR 2004 369; R. Johannsen Bemerkungen zur Änderung des § 158i VVG, VersR 1991 500; Schirmer Neuere Entwicklungstendenzen in der Versicherung für fremde Rech-
71
D 48; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 6. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 122 Rn. 12; Berliner Kommentar/Hübsch § 158h Rn. 14.
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. D 45.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
nung – am Beispiel der Kfz-Haftpflichtversicherung – ZVersWiss 1981 120; ders. Aktuelle Entwicklungen zum Recht der Obliegenheiten (Teil 1), RuS 1990 217; ders. Aktuelle Entwicklungen zum Recht der Obliegenheiten (Teil 2), RuS 1990 253; ders. Verlust des Haftpflichtversicherungsschutzes für Kfz-Führer nach Versicherungskündigung, DAR 2004 375; Sieg Der zeitliche Geltungsbereich der Regressnormen des PflVersÄndG vom 5.4.1965, VersR 1966 101; ders. Verfahrensrechtliche Fragen bei der Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds, VersR 1967 324; van Bühren Anwendungsbereich des § 158i VVG, EWiR § 158i VVG 1/2004 455; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . II. Inhalt und Zweck . . . . . . . . . . . . 1. Durchbrechung des Akzessorietätsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbesserung der Stellung des Mitversicherten . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . B. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundtatbestand, Abs. 1 . . . . . . . . . 1. Versicherung für fremde Rechnung . . 2. Leistungsfreiheit . . . . . . . . . . . 3. Selbstständige Geltendmachung von Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kein schuldhaftes Verhalten bzw. Gutgläubigkeit des Mitversicherten, Abs. 1, 2. Halbs. . . . . . . . . . . . a) Kein schuldhaftes Verhalten . . . . b) Gutgläubigkeit . . . . . . . . . . 5. Wirksamer Versicherungsvertrag zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles . . .
Rn.
1 1 5 II. 5 C. I.
6 8 12 12 13 14 19
II. III.
21 22 23
IV. D.
a) Rechtslage vor der VVG-Reform . b) Behandlung im Rahmen der VVG-Reform . . . . . . . . . . . Anwendung während der Nachhaftung, Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . Keine Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Wirkungen, insbesondere Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers, Abs. 2 Satz 1 . . . Keine Anwendung des Verweisungsprivilegs, Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. . . . . Verhältnis zu Amtshaftungsanspruch, Abs. 2 Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . Regressrecht des Versicherers, Abs. 3 . . . Beweislast und Abdingbarkeit . . . . . .
26 28 30 34 34
34 35 37 38 39 43
26
A. Einleitung I. Entstehungsgeschichte 1
§ 123 Abs. 1 bis 3 entsprechen sachlich dem § 158i VVG a.F. in der bis zum 31.12. 2007 gültigen Fassung des VVG.1 Bei Abs. 4 wiederum handelt es sich um eine neue Regelung, die mit der VVG-Reform 2008 eingefügt wurde,2 die zuvor keine inhaltliche Entsprechung hatte. Die Vorgängervorschrift des § 158i VVG a.F. wurde erstmals durch Gesetz zur Ände2 rung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter vom 5.4.1965 in das VVG aufgenommen.3 Diese bis zum 31.12.1990 geltende Fassung des § 158i VVG a.F. enthielt lediglich ein Regressverbot des VR gegenüber dem Mitversicherten; außerdem bezog sie sich nur auf Obliegenheitsverletzungen (insbesondere nicht auf Verletzung der Prämienzahlungspflicht), so dass der VR auch gegenüber dem Versicherten leistungs-
1 2
BTDrucks. 16/3945 S. 90. BTDrucks. 16/3945 S. 90; dazu noch Rn. 11, 30 ff.
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BGBl. I 213.
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Rückgriff bei mehreren Versicherten
§ 123
frei blieb, wenn er gegenüber dem VN wegen Prämienverzuges leistungsfrei war.4 Nach der genannten BGH-Entscheidung (unten Fn. 4) ergingen zum Schutze von Mitversicherten geschäftsplanmäßige Erklärungen von VR, wonach diese auf einen Rückgriff gegen mitversicherte Personen verzichteten, wenn nicht die mitversicherte Person von der Nichtzahlung wusste oder ihr insofern wenigstens grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen war.5 Gleichwohl war damit der Schutz des Versicherten nicht lückenlos geworden. Da im Gegensatz zu den Kfz-HaftpflichtVR die Sozialversicherungsträger (SVT) keinen entsprechenden Regressverzicht abgegeben hatten, waren mitversicherte Personen (insbesondere Kfz-Fahrer) dem Regressanspruch des SVT ausgesetzt.6 Grundlegend geändert wurde § 158i VVG a.F. zum 1.1.1991 aufgrund des Gesetzes 3 zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 17.12.1990.7 Danach konnte der VR eine dem VN gegenüber bestehende Leistungsfreiheit dem Mitversicherten, der zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte befugt ist, nur dann entgegenhalten, wenn die der Leistungsfreiheit zugrunde liegenden Umstände in der Person des Versicherten vorliegen oder wenn diese Umstände dem Versicherten bekannt oder grob fahrlässig nicht bekannt waren. Diese neue Regelung ging damit über das in der bis 31.12.1990 geltenden Fassung statuierte Regressverbot hinaus und gestaltete den Versicherungsschutz für den Versicherten partiell unabhängig vom Versicherungsschutz für den VN.8 Auch die im Rahmen der Vorgängerfassung bestehende Lücke des Schutzes des Versicherten (oben Rn. 2) wurde damit beseitigt. Wie eingangs zum Ausdruck (Rn. 1) gebracht, entsprach diese vom 1.1.1991 bis 31.12.2007 geltende Fassung des § 158i VVG a.F. sachlich den heute geltenden Vorschriften des § 123 Abs. 1 bis 3. In Literatur und Rechtsprechung war seinerzeit umstritten, ob § 158i VVG a.F. ein 4 bestehendes Versicherungsverhältnis voraussetzt oder ob die Vorschrift den Versicherten auch bei nicht – oder zumindest bei nicht mehr – bestehendem Versicherungsverhältnis schützt.9 Insbesondere für den Fall, dass im Zeitpunkt des Versicherungsfalls wegen Kündigung kein wirksames Versicherungsverhältnis mehr besteht, wurde durch die Rechtsprechung mehrfach unter Hinweis auf die gesetzgeberische Entscheidung eine Anwendung des § 158i VVG a.F. abgelehnt.10 Somit bestand für den Mitversicherten, der von der Beendigung des Versicherungsverhältnisses keine Kenntnis hatte, kein Versicherungsschutz. Auf diese Diskrepanz hat der Gesetzgeber mit dem neuen Absatz 4 reagiert.11 Der Anwendungsbereich des § 123 ist nunmehr erweitert und bezieht den Mitversicherten auch in der Nachhaftungszeit ein, es sei denn, ihm war die Beendigung des Versicherungsverhältnisses bekannt oder grob fahrlässig unbekannt (dazu noch Rn. 30 ff.).
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Vgl. BGH 20.1.1971 VersR 1971 429 f. (juris Rn. 7 f.); zur bis 31.12.1990 geltenden Rechtslage Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. H 35 ff., 38; Schirmer ZVersWiss 1981 120,126. VerBAV 1973 103; VerBAV 1975 157; VerBAV 1987 169, 170; dazu Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. H 38; vgl. auch BGH 13.1.1988 VersR 1988 362, 363 (juris Rn. 12). BGH 13.1.1988 VersR 1988 362 mit Anm. Prölss JZ 1988 771; Schirmer ZfS 1988 194.
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BGBl. I 1990 2864, 2866. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. H 28. Vgl. Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 11 f.; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. H 29 jeweils m.w.N. BGH 14.1.2004 BGHZ 157 269, 272 = VersR 2004 369, 370 m. Anm. E. Lorenz; BGH 13.1.1988 VersR 1988 362, 264. BTDrucks. 16/3945 S. 90.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
II. Inhalt und Zweck 1. Durchbrechung des Akzessorietätsgrundsatzes
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Wie §§ 43 ff. näher regeln, kann der VN neben der Versicherung des eigenen Interesses auch eine Versicherung für fremde Rechnung abschließen, d.h. er kann ein Drittinteresse versichern. Der Versicherte ist nicht selbst VN; vielmehr ist der Versicherte als Dritter in den Versicherungsvertrag zwischen dem VN und dem VR mit einbezogen. Dabei kann sich der Versicherungsvertrag zum einen auf ein Haftpflichtrisiko beziehen, das sowohl für den VN als auch den Mitversicherten besteht,12 zum anderen kann auch ausschließlich ein fremdes Interesse gedeckt sein.13 Im Rahmen der Versicherung für fremde Rechnung gilt für die Rechtsstellung des Versicherten der Akzessorietätsgrundsatz; danach ist der Versicherungsschutz des Mitversicherten grundsätzlich von dem des VN abhängig.14 Demnach verliert der Mitversicherte seine Deckung, wenn und soweit der VR dem VN gegenüber aufgrund einer Rechts- oder Obliegenheitsverletzung leistungsfrei geworden ist.15 Dies gilt auch dann, wenn die Versicherung ausschließlich für ein fremdes Interesse abgeschlossen wurde. Unterschiedlich beurteilt wird insbesondere, woraus sich der Akzessorietätsgrundsatz herleiten lässt. Teilweise wird auf § 334 BGB zurückgegriffen,16 andere entnehmen diesen Grundsatz direkt aus § 44 Abs. 1 („aus dem Versicherungsvertrag“).17 Um den Mitversicherten vor dem Verlust seines Versicherungsschutzes durch Verhalten des VN, auf das er selbst keinen Einfluss hat, zu schützen, wird der Akzessorietätsgrundsatz für die Pflichthaftpflichtversicherung durch § 123 durchbrochen und der Leistungsanspruch des Mitversicherten von dem des VN gelöst. Der VR ist nur dann gegenüber dem Mitversicherten leistungsfrei, wenn dieser von den zur Leistungsfreiheit führenden Umständen gewusst oder grob fahrlässig nicht gewusst hat. Die mit der Vorschrift bezweckte soziale Risikoabsicherung besteht folglich auch nur für den gutgläubigen Mitversicherten.18 Da der Mitversicherte auf die Erfüllung der dem VN obliegenden Pflichten keinen Einfluss hat, wird zudem der Regress des VR verhindert, wenn dieser dem geschädigten Dritten aufgrund der § 117 Abs. 1 oder 2 zur Leistung verpflichtet ist.19
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So etwa in der Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 2 Abs. 2 KfzPflVV; in diesem Fall liegt eine kombinierte Eigen- und Fremdversicherung vor; z.B. für Notariatsverwalter vgl. etwa § 61 Abs. 2 BNotO. In diesen Fällen wird durch Rechtsvorschrift das Vorliegen der Eigen- und Fremdversicherung vorgegeben, so dass der VN insoweit kein Wahlrecht hat. So in einer D&O-Versicherung (directors and officers) für Vorstände und Geschäftsführer von Unternehmen, die Vermögensschäden abdeckt, oder in einem Gruppen-Haftpflichtversicherungsvertrag, sog. reine Fremdversicherung; siehe Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 1; Römer/Langheid 3 § 123 Rn. 4; mit weiteren Beispielen hierzu Späte § 1 AHB Rn. 9 f.; indes handelt es sich bei der D&O-Versicherung nicht um eine PflichtHaftpflichtversicherung.
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Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 123 Rn. 3; Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 1; teilweise werden zur Herleitung des Akzessorietätsgrundsatz zusätzlich §§ 43 ff. herangezogen, vgl. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 2; Römer/Langheid 3 § 123 Rn. 3, der auf § 47 Abs. 1 abstellt. Anders an dieser Stelle Stiefel/Maier/Hofmann7 § 3 AKB Rn. 23, der einen Einwendungsausschluss annimmt. Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 1. So Bruck/Möller/Brand 9 § 44 Rn. 6; Looschelders/Pohlmann/R. Koch 2 § 43 Rn. 14. Zum Vorstehenden Berliner Kommentar/ Hübsch § 158i Rn. 2; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 1; zu § 158i a.F.: BTDrucks. 11/6341 S. 35; BTDrucks. 4/2252 S. 31. Vgl. Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 2 zur insoweit sachlich übereinstimmenden Rechtslage vor der VVG-Reform.
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2. Verbesserung der Stellung des Mitversicherten Wie bereits zum Ausdruck gekommen, bezweckt die Durchbrechung des Akzesso- 6 rietätsprinzips eine für den Mitversicherten verbesserte Stellung, die sogar mit der des geschädigten Dritten nach §§ 115 Abs. Satz 2 und § 117 Abs. 1 vergleichbar ist.20 Grundsätzlich ist zwar der Opferschutz das Hauptziel von Pflichthaftpflichtversicherungen (vgl. Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 15), gleichwohl kommt insbesondere durch § 123 zum Ausdruck, dass der (gutgläubige) Mitversicherte in gewisser Hinsicht ebenso schutzwürdig sein kann wie der geschädigte Dritte. Umgekehrt lässt sich hieraus schließen, dass § 123 dem Mitversicherten nicht zugute 7 kommt, der selbst die Leistungsfreiheit des HaftpflichtVR herbeigeführt hat.21
III. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt zunächst für natürliche und juristische Personen sowie Personen- 8 gesamtheiten und Handelsgesellschaften, die aufgrund einer Rechtsvorschrift (vgl. § 113 Abs. 1) in den Versicherungsschutz des vom VN abzuschließenden Versicherungsvertrag einbezogen sind und zu deren Gunsten somit eine Versicherung für fremde Rechnung besteht.22 Die Anwendung setzt mithin das Vorliegen einer Pflichthaftpflichtversicherung voraus. Hierbei kann der mitversicherte Dritte neben dem VN oder isoliert versichert sein.23 In der Praxis vor allem bedeutsam ist der Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung, für den sich aus § 2 Abs. 2 KfzPflVV der Kreis der obligatorisch mitversicherten Personen ergibt. Weitere Anwendungsbereiche finden sich in Berufshaftpflichtversicherungen, ausdrücklich geht hiervon etwa § 61 Abs. 2 BNotO aus, der eine Mitversicherung zugunsten von Notariatsvertretern vorsieht. Eine Anwendung der Regelung erfolgt aber auch, wenn der Mitversicherte über die be- 9 stehende gesetzliche Verpflichtung hinaus durch Vereinbarung in den Versicherungsvertrag einbezogen wurde.24 Dies folgt aus § 113 Abs. 3, der auch eingreift, wenn der Kreis der mitversicherten Personen über die obligatorischen Vorgaben hinaus erweitert wird.25 Der Grund für die Leistungsfreiheit des VR gegenüber dem VN kann in der Verlet- 10 zung einer vertraglichen Pflicht oder einer vertraglichen oder gesetzlichen Obliegenheit liegen (dazu sogleich Rn. 14 ff.). Des Weiteren spielt es keine Rolle, ob der VR gegenüber dem VN in voller Höhe oder nur teilweise leistungsfrei geworden ist.26 Denkbar ist es auch, dass der VR gegenüber dem VN vollständig leistungsfrei ist und gegenüber dem Mitversicherten teilweise leistungsfrei ist; insoweit bleibt der VR gegenüber dem Versicherten grundsätzlich zumindest teilweise zur Leistung verpflichtet.27
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Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 1; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 123 Rn. 5. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 123 Rn. 4; Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 6. Für die Kraftfahrtversicherung ergibt sich der Kreis der versicherten Personen aus § 2 Abs. 2 KfzPflVV; Späte § 1 AHB Rn. 9 f.; vgl. auch Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 5. Die Möglichkeit bzw. die Pflicht das Haftpflichtrisiko Dritter in den Versicherungsschutz einzubeziehen ergibt sich zum einen
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aus dem Gesetz (z.B. § 1 PflVG, § 102 Abs. 1) und zum anderen aus den AHB (Ziff. 27 AHB 2008); siehe Rn. 3. Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 3; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 7; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 123 Rn. 2. Vgl. bereits § 113 Rn. 27. Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 4. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 8 (entsprechende Anwendung des § 123 Abs. 1).
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Durch VVG-Reform 2008 wurde der Versicherungsschutz auf die Nachhaftungszeit ausgedehnt, §§ 123 Abs. 4, 117 Abs. 2 Satz 1 und 2 (vgl. bereits oben Rn. 4 sowie noch Rn. 30 ff.).
B. Tatbestand I. Grundtatbestand, Abs. 1 12
Gem. § 123 Abs. 1 kann der HaftpflichtVR bei einer Versicherung für fremde Rechnung eine dem VN gegenüber bestehende Leistungsfreiheit einem Versicherten, der zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt ist, nur entgegenhalten, wenn die der Leistungsfreiheit zugrunde liegenden Umstände in der Person dieses Versicherten vorliegen oder wenn diese Umstände dem Versicherten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt waren. Im Einzelnen: 1. Versicherung für fremde Rechnung
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§ 123 Abs. 1 setzt eine Versicherung für fremde Rechnung gem. §§ 43 ff. voraus. Damit sind also Konstellationen gemeint, bei denen nicht nur das Interesse des VN versichert ist, sondern auch Interessen einer mitversicherten Person. Wie schon zum Ausdruck gebracht, spielt dies insbesondere im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung eine bedeutende Rolle; aus § 2 Abs. 2 KfzPflVV ergibt sich, welche Personen bei einer KfzHaftpflichtversicherung mitversichert sind; aber auch außerhalb dieses Bereichs finden sich solche Versicherungen für fremde Rechnung (vgl. bereits oben Rn. 5 und die dortigen Fußnoten). Wie sich aus der systematischen Stellung ergibt, gilt § 123 für Pflichthaftpflichtversicherungen i.S.v. § 113. Die Vorschrift greift auch ein wenn eine Pflichthaftpflichtversicherung im Raum steht, sich aber die Mitversicherung für eine andere Person aus einer vertraglichen Vereinbarung ergibt; die Einbeziehung der mitversicherten Person muss sich also nicht unbedingt aus einer Rechtsvorschrift ergeben (vgl. oben Rn. 9). 2. Leistungsfreiheit
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§ 123 Abs. 1 setzt weiter voraus, dass der HaftpflichtVR dem VN gegenüber nicht zur Leistung verpflichtet ist. Eine solche gegenüber dem VN wirkende Leistungsfreiheit kann sich aus verschiedenen Gründen ergeben. Die häufigsten Fälle hierfür sind die Verletzung einer Vertragspflicht (z.B. Verzug mit der Prämienzahlung, §§ 37, 38) oder einer gesetzlichen oder vertraglichen Obliegenheit (z.B. §§ 26, 28).28 Die die Leistungsfreiheit begründenden Umstände dürfen grundsätzlich nur in der Person des VN vorliegen.29 Indes ist es – wie an anderer Stelle bereits festgestellt (oben Rn. 10) – auch möglich, dass der VR gegenüber dem VN vollständig leistungsfrei ist und gegenüber dem Mitversicherten teilweise leistungsfrei ist; insoweit bleibt der VR gegenüber dem Versicherten grundsätzlich zumindest teilweise zur Leistung verpflichtet.30 Letzteres setzt aber voraus,
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Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 8; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 3; Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 6. Berliner Kommentar/Hübsch § 123 Rn. 6;
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Looschelders/Pohlmann/Schwarze2 § 123 Rn. 3. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 8 (entsprechende Anwendung des § 123 Abs. 1).
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dass das Verhalten des Versicherten lediglich zu einer teilweisen Leistungsfreiheit geführt hat; wenn dem Mitversicherten ein Verhalten vorzuwerfen ist, das zur vollständigen Leistungsfreiheit des VR führt, scheidet eine Anwendung der Vorschrift aus.31 Der Versicherungsschutz soll nur für gutgläubige Versicherte bestehen, die keinen Einfluss darauf nehmen können, ob der VN seine Vertragspflichten und Obliegenheiten erfüllt. Zu beachten ist, dass sich der Umfang der Leistungspflicht des HaftpflichtVR gem. 15 § 123 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. wiederum nach § 117 Abs. 3 Satz 1 richtet; danach ist der VR nur im Rahmen der vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme und der von ihm übernommenen Gefahr zur Leistung verpflichtet (vgl. noch Rn. 35). Soweit ein Risikoausschluss eingreift, fehlt es an einer vom VR übernommenen Gefahr.32 Hieraus ließe sich schließen, dass § 123 Abs. 1 nicht verwirklicht ist, wenn der VN etwa den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat;33 bei § 103 handelt es sich um einen subjektiven Risikoausschluss. Indes führt § 123 Abs. 1 zu einer Durchbrechung des Akzessorietätsprinzips (oben Rn. 5). Das heißt die Ansprüche des VN und der mitversicherten Person sind selbständig zu betrachten, also ist auch die vom VR übernommene Gefahr i.S.d. § 123 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. i.V.m. § 117 Abs. 3 Satz 1 auf die versicherte Person zu beziehen. Hieraus folgt, dass es sich auch im Falle einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 103 durch den VN um einen Fall der Leistungsfreiheit gegenüber dem VR gem. § 123 Abs. 1 handelt.34 Im Schrifttum wird vertreten, dass bei einer kombinierten Eigen- und Fremdversiche- 16 rung zu differenzieren sei. § 123 komme nicht zur Anwendung, wenn die in Rede stehende verletzte Obliegenheit die Sphäre des VN betreffe; in diesem Falle bleibe die Rechtsstellung des Versicherten schon nach der Grundregel des § 47 i.V.m. § 334 BGB unberührt. § 123 sei erst dann berührt, wenn zumindest auch die Sphäre des Versicherten betroffen sei.35 Indes ist eine solche Differenzierung mit Rechtsunsicherheiten verbunden. Im Rahmen von § 123 erscheint eine solche Differenzierung zudem nicht erforderlich. Es kann letztlich dahin stehen, ob man bereits aus § 47 herleitet, dass sich eine vom VN begangene Obliegenheitsverletzung nicht auf die Rechtsstellung des Versicherten auswirkt. § 123 bewirkt gerade, dass die Rechtsverhältnisse zwischen dem VN zum VR und dem Versicherten zum VR selbständig zu beurteilen sind, so dass – unabhängig von der Einordnung der Obliegenheit in die Sphäre des VN bzw. in die Sphäre des Versicherten – eine Obliegenheitsverletzung durch den VN unter den Tatbestand des § 123 Abs. 1 subsumiert werden kann. Zur Vorgängervorschrift des § 158i VVG a.F. wurde des Weiteren vertreten, dass 17 diese auch im Falle der Leistungsfreiheit aufgrund angefochtenen Versicherungsvertrags sowie versteckten Dissenses oder unerkannter Geschäftsunfähigkeit eingreift.36 Nach Hinzufügung des Abs. 4 erscheint es indes naheliegender, jene Fälle unter diesen neuen Tatbestand zu subsumieren.
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Vgl. Römer/Langheid3 § 123 Rn. 6; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 3; Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 6; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 10. Vgl. § 117 Rn. 49; Langheid/Wandt/Schneider § 117 Rn. 32. Im Ansatz auch Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. G 87. Ebenso Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. G 87 zu § 158i VVG a.F.; ohne
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Begründung Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 8; im Übrigen wird diese Frage in Kommentierungen zu § 123 kaum thematisiert. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 9; in anderen Kommentierungen – soweit ersichtlich – nicht aufgegriffen. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. H 29; ebenfalls zu § 123 Langheid/Wandt/ Brand § 123 Rn. 8.
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Die Vorschrift greift nicht, wenn der VR gegenüber dem Versicherten, nicht aber gegenüber dem VN leistungsfrei ist.37 3. Selbstständige Geltendmachung von Rechten
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Der Mitversicherte muss des Weiteren „zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt“ sein. Grundsätzlich kann der Mitversicherte im Rahmen einer Versicherung für fremde Rechnung gem. § 44 Abs. 2 seine Rechte nur mit Zustimmung des VN durchsetzen. Abgesehen von möglichen Ausnahmen, die sich aus § 44 selbst ergeben,38 ist der Schutz des Versicherten davon abhängig, dass dem Versicherten durch besondere Bestimmung diese Befugnis eingeräumt wird. Für den Hauptanwendungsfall der Kfz-Haftpflichtversicherung ist dies durch § 2 Abs. 3 KfzPflVV vorgeschrieben und durch A.1.2. AKB 2008 geschehen.39 Im Übrigen hängt dies davon ab, ob dem Versicherten durch vertragliche Vereinbarung das Recht eingeräumt wird, seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag selbständig geltend zu machen. Der durch § 123 angestrebte Schutz besteht dann nicht, wenn der Gesetzgeber zwar eine Pflichthaftpflichtversicherung vorschreibt, die Vertragspartner aber nicht zu einer von § 44 abweichenden Regelung verpflichtet40 oder dem Versicherten eine solche Möglichkeit nicht vertraglich eingeräumt wird. Vor diesem Hintergrund wird das Erfordernis der Verfügungsbefugnis des Versicher20 ten in § 123 Abs. 1 nicht zu Unrecht kritisiert.41 Es gefährde den von der Pflichthaftpflichtversicherung angestrebten Schutz des Mitversicherten. Es überrascht ein wenig, dass der Gesetzgeber im Rahmen der VVG-Reform diesen Aspekt nicht aufgegriffen hat, obgleich bereits vor der Reform diese Problematik im Schrifttum diskutiert worden ist.42 Teilweise wird weiterhin für eine gesetzliche Anpassung plädiert und vorgeschlagen dieses Erfordernis de lege ferenda ersatzlos zu streichen.43 Da nicht erkennbar ist, dass der Gesetzgeber im Rahmen der VVG-Reform ganz bewusst an diesem Merkmal festgehalten hat, erscheint es im Hinblick auf den unbestrittenen Schutzzweck des § 123 unter Umständen sogar möglich, diesem Merkmal bereits de lege lata keinen zu hohen Stellenwert zuzumessen; jedenfalls dann, wenn der Schutz des Mitversicherten hierdurch unterlaufen würde. 4. Kein schuldhaftes Verhalten bzw. Gutgläubigkeit des Mitversicherten, Abs. 1, 2. Halbs.
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Der HaftpflichtVR kann dem Versicherten die gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit nur entgegenhalten, wenn die der Leistungsfreiheit zugrunde liegenden Umstände in der Person dieses Versicherten vorliegen oder wenn diese Umstände dem Versicherten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt waren.
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R. Johannsen VersR 1991 500, 502; ders. in: Bruck/Möller8 Bd. V/1 Anm. H 30; hierzu insgesamt auch: Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 6; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 11. Dazu Bruck/Möller/Brand 9 § 44 Rn. 21 ff. Zuvor in § 10 Abs. 4 AKB geregelt. Römer/Langheid/Langheid3 § 123 Rn. 8; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 123 Rn. 6; zur Pfändung der Ansprüche des Ver-
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sicherten OLG Düsseldorf 29.10.1996 VersR 1997 1475. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 15 (rechtspolitisch zweifelhaft); Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 123 Rn. 7 („beeindruckende Ungereimtheit“). Vgl. R. Johannsen VersR 1991 500, 503, 505; Schirmer DAR 2004 375, 376. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 15 a.E.
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a) Kein schuldhaftes Verhalten. Die der Leistungsfreiheit zugrunde liegenden Um- 22 stände dürfen nicht in der Person des Versicherten liegen; diese Umstände dürfen also nicht durch den Versicherten selbst gesetzt werden.44 Damit sind insbesondere Fälle gemeint, bei denen der Versicherte selbst eine Obliegenheitsverletzung begeht (vgl. bereits oben Rn. 14). Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der HaftpflichtVR. b) Gutgläubigkeit. Der Mitversicherte muss zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls 23 gutgläubig gewesen sein, d.h. er darf die zur Leistungsfreiheit des VR führenden Umstände weder gekannt haben noch dürfen sie ihm aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sein. Anderenfalls ist er nicht schutzwürdig. Hierbei ist auf die Kenntnis der zugrunde liegenden Fakten und nicht auf die entsprechenden rechtlichen Schlussfolgerungen abzustellen.45 Wenn der Versicherte die zur Leistungsfreiheit führenden Umstände kennt und nichts dagegen unternimmt, entfällt der Versicherungsschutz ebenfalls. Ist dem Versicherten beispielsweise bekannt, dass der VN seiner Prämienzahlung nicht nachgekommen ist, ist er nicht schutzwürdig.46 Grob fahrlässige Unkenntnis ist gegeben, wenn der Mitversicherte seine Augen be- 24 wusst vor den zur Leistungsfreiheit führenden Umständen verschlossen hat.47 Ein schuldhaftes Verhalten des Mitversicherten in Zusammenhang mit dem die Haftung begründenden Vorgang ist nicht erforderlich.48 Auch im Hinblick auf mangelnde Gutgläubigkeit trifft den HaftpflichtVR die Darle- 25 gungs- und Beweislast.49 5. Wirksamer Versicherungsvertrag zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles a) Rechtslage vor der VVG-Reform. Vor der VVG-Reform 2008 war höchst umstrit- 26 ten, ob für die Anwendung der Vorgängervorschrift des § 158i VVG a.F. ein wirksamer Versicherungsvertrag zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls bestanden haben muss.50 Insoweit ließe sich argumentieren, dass Rechte des Versicherten einen zwischen dem VN und dem VR grundsätzlich bestehenden Versicherungsvertrag voraussetzen.51 Sofern das Versicherungsverhältnis bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht mehr besteht, kann nach dieser Auffassung auch keine Leistungspflicht des VR bestehen und somit scheidet auch eine damit korrespondierende Leistungsfreiheit aus.52 Dieser Lesart entsprechend hat die Rechtsprechung noch wenige Jahre vor der VVG-Reform eine Einbeziehung des Mitversicherten in den Schutzbereich des damaligen §158i VVG a.F. nach beendetem
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 123 Rn. 6. Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 9; beispielsweise ist es ausreichend, wenn der Mitversicherte Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis davon hat, dass der VN aus von ihm zu vertretenden Umständen die Versicherungsprämie nicht bezahlt hat und vom VR darauf hingewiesen wurde; woraufhin letzterer vorzeitig vom Vertrag zurückgetreten ist; entnommen aus Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 123 Rn. 3; gleiches gilt für den Fall einer Obliegenheitsverletzung die zur Leistungsfreiheit des VR führt. Berliner Kommentar/Hübsch § 158f Rn. 158i Rn. 9.
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Hierzu kritisch: Schirmer RuS 1990 253, 256. Prölss/Martin/Knappmann28 § 123 Rn. 7. Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 10. Dazu etwa Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 11 ff.; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 19; Looschelders/Pohlmann/ Schwartze 2 § 123 Rn. 6. So etwa Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 12; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 19. Schirmer DAR 2004 375, 376 mit Verweis auf BTDrucks. 11/6341 S. 36; BR-Drucks. 616/89 S. 103; zum Streitstand: Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 11; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 123 Rn. 6.
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Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Versicherungsvertrag abgelehnt.53 So sollte die Tatsache, dass der Wortlaut eine selbständige Geltendmachung von vertraglichen Rechten voraussetzt und dies nur bei bestehendem Versicherungsvertrag möglich ist, einen Freistellungsanspruch des Mitversicherten ausschließen. Diese Schlussfolgerung wurde teilweise als Begriffsjurisprudenz und als sachlich nicht einleuchtend kritisiert.54 Jedoch ergab sich auch aus den Gesetzesmaterialien, dass der Gesetzgeber dem Mitversicherten nicht den gleichen Schutz wie dem geschädigten Dritten zugestehen wollte55 und ein anderes Ergebnis somit auch durch korrigierende Auslegung nicht erreicht werden konnte. Das aufgrund dieser gesetzlichen Wertung erreichte Ergebnis sei daher zwar zu bedauern, aber als dogmatisch richtig hinzunehmen.56 Gleichwohl wurden zur Vorgängervorschrift des § 158i VVG a.F. auch andere Auffas27 sungen vertreten. So wurde nach teilweise vertretener Auffassung ein wirksamer Versicherungsvertrag nicht für erforderlich gehalten.57 Andere Ansichten zufolge konnte § 158i VVG a.F. nicht in Fällen der Beendigung des Versicherungsverhältnisses, wohl aber dann zur Anwendung gelangen, wenn der Vertrag nicht zustande gekommen war (z.B. wegen Dissens oder Geschäftsunfähigkeit des VN) oder aber durch Anfechtung gem. § 142 BGB i.V.m. §§ 119 bzw. 123 BGB unwirksam geworden war.58 b) Behandlung im Rahmen der VVG-Reform. Dieser Problematik hat sich der Gesetzgeber im Rahmen der VVG-Reform angenommen und den neuen Abs. 4 eingefügt. Hierdurch ist die bisherige umstrittene Rechtlage „wesentlich entschärft“ worden.59 Nach dieser Regelung des Abs. 4 wird erreicht, dass dem Mitversicherten auch dann Versicherungsschutz zusteht, wenn das Versicherungsverhältnis nicht bestanden hat oder beendet worden ist, aber der VR gegenüber dem geschädigten Dritten gem. § 117 Abs. 2 Satz 1 und 2 nachhaftet.60 Für die Regelung des § 123 Abs. 1 ergibt sich daraus, dass der Tatbestand einen wirk29 samen Versicherungsvertrag voraussetzt; ist dies nicht der Fall findet diese Vorschrift aber unter den Voraussetzungen des Abs. 4 i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 und 2 entsprechende Anwendung (dazu sogleich Rn. 30 ff.). Der Gesetzgeber hat insoweit ausdrücklich eine entsprechende Anwendung des Abs. 1 zum Ausdruck gebracht.61
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BGH 14.1.2004 BGHZ 157 269 = VersR 2004 369, 371 m. Anm. E. Lorenz. AG Köln 24.4.1992 VersR 1993 824, 825. BTDrucks. 11/6341 S. 36 („Das Recht zur selbständigen Geltendmachung von Rechten aus dem Versicherungsvertrag erlischt allerdings mit der wirksamen Kündigung gegenüber dem Versicherungsnehmer, etwa nach Fristsetzung wegen Prämienverzugs.“). BTDrucks. 11/6341 S. 36; van Bühren EWiR 2004 455, 456; Schirmer DAR 2004 375, 377; so auch schon R. Johannsen VersR 1991 500, 501. OLG Düsseldorf 9.8.1985 VersR 1996 1267, 1269; Prölss/Martin/Knappmann (27. Aufl. 2004) § 158i Rn. 4, wonach die Anknüpfung
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an das Recht zur selbständigen Geltendmachung auf die generelle Stellung des Versicherten nach den Versicherungsbedingungen und nicht auf die konkrete Berechtigung im Einzelfall abstelle. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. H 29; vgl. Berliner Kommentar/Hübsch § 158 i Rn. 11. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 19; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 6. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 6. Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 90; vgl. auch Rn. 33.
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Rückgriff bei mehreren Versicherten
§ 123
II. Anwendung während der Nachhaftung, Abs. 4 Durch die jüngste VVG-Reform wurden die Absätze 1 bis 3 in der Nachhaftungszeit für entsprechend anwendbar erklärt, § 123 Abs. 4. Versicherungsschutz besteht auch dann, wenn der Versicherungsvertrag beendet wurde oder nicht bestanden hat, sofern und solange der VR dem geschädigten Dritten gegenüber weiterhin aus § 117 Abs. 2 Satz 1 haftet.62 Innerhalb dieses Zeitraums haftet der VR gegenüber einem gutgläubigen Versicherten wie bei bestehendem und gültigem Versicherungsvertrag. Er kann dem Versicherten die Leistungsfreiheit nicht entgegenhalten, wenn im Zeitpunkt des Versicherungsfalles kein Versicherungsverhältnis besteht. Die Gründe für das Nichtbestehen des Versicherungsschutzes im Verhältnis zwischen VR und VN spielen keine Rolle. Der VR haftet, bis die Nachhaftungszeit abgelaufen ist und die Beendigung des Versicherungsverhältnisses der hierfür zuständigen Stelle angezeigt wurde, § 117 Abs. 2 Satz 1 und 2. Eine Nachhaftung scheidet aber aus, wenn der Versicherte Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Beendigung oder dem Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses hat (Abs. 4 i.V.m. Abs. 1).63 Durch Einfügung von Absatz 4 ist die Auseinandersetzung um den Schutz des gutgläubigen Mitversicherten nach Vertragsbeendigung hinfällig (dazu oben Rn. 26). Die sachlich nicht gerechtfertigte Diskrepanz zwischen dem Schutz des geschädigten Dritten und dem des Mitversicherten, auf die von der Rechtsprechung hingewiesen wurde, sollte nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers beseitigt werden.64 Um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, kommt nur eine entsprechende und keine unmittelbare Anwendung der Absätze 1 bis 3 in Betracht, weil der Mitversicherte nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses keinen vertraglichen Versicherungsschutz mehr hat und nicht mehr zur unmittelbaren Geltendmachung seiner Rechte aus dem nicht mehr bestehenden Versicherungsvertrag befugt sein kann.65
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C. Rechtsfolgen I. Keine Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherten 1. Grundsätzliche Wirkungen, insbesondere Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten Liegen die Voraussetzungen von Abs. 1 bzw. gem. Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 vor, so kann 34 der VR seine gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit dem Versicherten nicht entgegenhalten. § 123 schließt die Rechtsfolgen der allgemeinen Regelung des § 334 BGB aus. Kann der VR dem Versicherten die gegenüber dem VN bestehende Leistungsfreiheit nicht entgegenhalten, so bewirkt dies in der Konsequenz, dass der VR im Verhältnis zum Versicherten aus dem Versicherungsvertrag leistungspflichtig bleibt.66
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BTDrucks. 16/3945 S. 90. Im Gegensatz dazu bestand nach bisheriger Rechtslage auch dann kein Versicherungsschutz, wenn der Versicherte keine Kenntnis hatte und auch nicht hätte haben müssen. BTDrucks. 16/3945 S. 90. BTDrucks. 16/3945 S. 90; Langheid/Wandt/
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Brand § 123 Rn. 21; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 123 Rn 7. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 25; Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 14; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. H 28.
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§ 123
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
2. Umfang der Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers, Abs. 2 Satz 1 Der Umfang der Leistungspflicht des HaftpflichtVR ergibt sich aus § 123 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. i.V.m. § 117 Abs. 3. Danach besteht eine Verpflichtung zur Haftung in Höhe der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme. Diese Beschränkung ist gerechtfertigt, da der Versicherte nur auf einen Haftpflichtversicherungsschutz in Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssumme vertrauen kann. Sofern der Schaden die Mindestversicherungssumme übersteigt, bleibt der Versicherte in dieser Höhe zur Haftung allein verpflichtet. Der VR haftet dem Versicherten aus den genannten Regelungen gegenüber auch nur 36 im Rahmen der übernommenen Gefahr, da eine weitergehende Haftung als bei intaktem Versicherungsverhältnis nicht in Betracht kommt 67 (dazu Kommentierung zu § 117 Rn. 49), deshalb wird mancherorts geäußert, diese Vorschrift habe nur klarstellende Bedeutung.68 Im darüber hinausgehenden Umfang haftet der Versicherte allein. Der VR haftet auch dann, wenn er dem VN gegenüber nur teilweise von der Leistung befreit ist.69 § 123 ist auch anzuwenden, wenn der VR dem VN gegenüber vollständig, dem Versicherten gegenüber nur teilweise leistungsfrei ist;70 der VR bleibt dem Versicherten auch dann im Rahmen des Absatzes 1 zur Leistung verpflichtet.
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II. Keine Anwendung des Verweisungsprivilegs, Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. 37
In einem gestörten Versicherungsverhältnis ist der HaftpflichtVR gem. § 117 Abs. 3 Satz 2 leistungsfrei, soweit der Dritte Ersatz seines Schadens von einem anderen SchadensVR oder von einem SVT erlangen kann; in diesem Falle ist der geschädigte Dritte nicht schutzwürdig, da er anderweitig (von einem SchadensVR oder einem SVT) Ausgleich seines Schadens erlangen kann. Gem. § 123 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. findet das Verweisungsprivileg des § 117 Abs. 3 Satz 2 im Rahmen von § 123 zum Schutz des Versicherten keine Anwendung. Könnte sich der VR einer Leistung gegenüber dem Versicherten mit dem Hinweis, dass sich der geschädigte Dritte bei einem SchadensVR oder einem SVT schadlos halten kann, verweigern, wäre der Mitversicherte dem Regress des SchadensVR bzw. des SVT ausgesetzt.71 Anders als im Rahmen von § 117 gegenüber dem geschädigten Dritten ist also die Haftung des HaftpflichtVR gegenüber dem Versicherten ist nicht subsidiär.72
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R. Johannsen VersR 1991, 500, 503; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 123 Rn. 10; Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 14; Schirmer RuS 1990 253, 256; a.A. Bauer Rn. 895. Vgl. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 27. Etwa bei grob fahrlässiger Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, § 28 Abs. 2 Satz 2; vgl. Rn. 10; Prölss/Martin/Knappmann28 § 123 Rn. 9. Etwa bei vorsätzlicher Verletzung einer Obliegenheit durch den VN (z.B.: § 28
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Abs. 2 Satz 1) und gleichzeitigem Fahrlässigkeitsvorwurf gegen den Mitversicherten (§ 28 Ab. 2 Satz 1); vgl. etwa BGH 14.12.1967 BGHZ 49 130; Looschelders/ Pohlmann/Schwartze 2 § 123 Rn 8; vgl. bereits oben Rn. 14. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 29; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 123 Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann28 § 123 Rn. 10. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 29.
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Rückgriff bei mehreren Versicherten
§ 123
III. Verhältnis zu Amtshaftungsanspruch, Abs. 2 Satz 2 Beim Zusammentreffen einer Haftung des HaftpflichtVR mit einem Amtshaftungs- 38 anspruch des Geschädigten aus § 839 BGB wird durch § 123 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 117 Abs. 4 Satz 1 klargestellt, dass einem Regress des VR gegenüber der öffentlichen Hand nicht die Bestimmung des § 839 Abs. 1 Satz 2 entgegengehalten werden kann. Letztlich soll die öffentliche Hand und nicht der VR für den Schaden aufkommen. Dieser Hinweis hat lediglich klarstellende Bedeutung, da sich die Rechtsprechung bereits zuvor in diese Richtung entwickelt hat.73 Grundsätzlich wird eine Anwendung des § 839 Abs. 1 Satz 2 auch dann verneint, wenn ein Amtsträger bei der dienstlichen Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr schuldhaft einen Unfall verursacht hat.74 Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass der Amtsträger Sonderrechte nach § 35 StVO in Anspruch genommen hat.75
IV. Regressrecht des Versicherers, Abs. 3 Nach § 123 Abs. 3 kann der VR beim VN Rückgriff nehmen, wenn er diesem 39 gegenüber leistungsfrei war, jedoch aufgrund von Absatz 1 dem Mitversicherten diese Leistungsfreiheit nicht entgegenhalten konnte. Absatz 3 begründet kein eigenständiges Regressrecht sondern ist vorwiegend klarstellender Natur.76 Die dem Versicherten gegenüber angeordnete Leistungspflicht besteht nicht gegenüber dem VN und somit kann ein Regress bei diesem auch nicht ausgeschlossen sein. Insbesondere im Bereich der KfzPflichtversicherung ist der Rückgriff allerdings auf die in §§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 1 und 3 KfzPflVV angegebene Höhe beschränkt. Aus dem Wortlaut geht jedoch nicht unmittelbar hervor, dass ein Anspruch gegen den 40 VN nur dann auf den VR übergehen kann, wenn der VN dem geschädigten Dritten auch selbst verantwortlich gewesen wäre. Würde der VR immer dann, wenn er eine Ersatzleistung für den Versicherten erbringen muss, weil sich der VR wegen § 123 Abs. 1 nicht auf Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherten berufen kann, ein Regressrecht des VR gegenüber dem VN bestehen, würde die Verbesserung der Stellung des Mitversicherten zu Lasten des VN „erkauft“.77 Da dies nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entspricht, kommt ein Rückgriff nur bei gleichzeitiger Verantwortlichkeit des VN gegenüber dem Geschädigten in Betracht.78 Ein Regress erfolgt nur, „soweit“ der VR leistet. Wie sich nicht unmittelbar aus dem 41 Gesetz ergibt, soll der Rückgriff auf den Betrag beschränkt sein, für den der VN dem geschädigten Dritten gegenüber haftet. Diese Beschränkung kann Bedeutung erlangen, wenn die Haftungsbeträge zwischen VN und Versichertem nicht deckungsgleich sind.79
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Vgl. BGH 28.10.1982 VersR 1981 233 (= BGHZ 79 35); BGH 20.11.1980 VersR 1981 253 (= BGHZ 79 26); BGH 30.10.1980 VersR 1981 347. BGH 30.10.1980 VersR 1981 134; BGH 22.5.1980 VersR 1980 939. BGH 28.10.1982 VersR 1983 84, R. Johannsen VersR 1991 500, 504. Prölss/Martin/Knappmann28 § 123 Rn. 11; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 31; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 123 Rn. 11. So auch Langheid/Wandt/Brand § 123
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Rn 32; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 123 Rn. 11. Vgl. OLG Schleswig 18.12.1996 NZV 1997 442; R. Johannsen VersR 1991, 500, 504; Berliner Kommentar/Hübsch § 158i Rn. 17; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn 32; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 123 Rn. 11; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 123 Rn. 19; Stiefel/Maier/Jahnke18 § 123 Rn. 26; Looschelders/Pohlmann/Schwartze2 § 123 Rn. 11. Dies kann z.B. bei der Haftung von Kfz-Halter nach § 7 StVG (betraglich beschränkt,
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§ 123 42
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Eine andere Frage ist, ob § 123 einem möglichen Regress des Entschädigungsfonds gegen den Mitversicherte gem. § 12 Abs. 6 PflVG entgegensteht. Im Hinblick auf die Vorgängervorschrift des § 158i VVG a.F. ist dies in der Rechtsprechung aber abgelehnt worden.80
D. Beweislast und Abdingbarkeit 43
Der VR trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Umstände, die in der Person des Versicherten liegen und zur Leistungsfreiheit gegenüber dem Versicherten führen; des Weiteren muss er ggf. nachweisen, dass der Mitversicherte Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis bezüglich der Umstände, die zur Leistungsfreiheit führen, hatte.81 Im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang erörtert, ob sich etwas anderes daraus ergeben könnte, dass die Rechtsstellung des Versicherten von der des VN abhängig ist, da es sich um Versicherungsschutz aus einem fremden Versicherungsvertrag handelt.82 Dieser Argumentation wird aber entgegengehalten, dass der Zweck des § 123 darauf gerichtet sei, die Rechtsstellung des Versicherten zu verbessern.83 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen; die Leistungsfreiheit ist eine für den VR günstige Leistungsbefreiung, die somit auch von ihm zu beweisen ist.84 Auch der Wortlaut der Vorschrift („nur entgegenhalten, wenn“) lässt sich hierfür anführen. Dagegen muss der Versicherte die tatsächlichen Umstände dafür darlegen und bewei44 sen, dass er berechtigt ist, die Rechte aus dem Versicherungsvertrag selbstständig geltend zu machen.85 Die betreffenden Vorschriften zu Gunsten des VN, des Versicherten und des geschä45 digten Dritten sind zwingend und damit nicht abdingbar.86
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Gefährdungshaftung) und Lenker aus § 823 BGB (betraglich unbeschränkt, Verschuldenshaftung) oder bei den Regressbeschränkungen gem. den §§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 1, 3 KfzPflVV der Fall sein. Langheid/Wandt/ Brand § 123 Rn. 32; Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 123 Rn. 11. OLG Braunschweig 9.4.2001 VersR 2003 1567, 1569 mit Verweis auf BTDrucks. IV/2252; a.A. Prölss/Martin/Knappmann28 § 12 PflVG Rn. 10; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 128; Sieg VersR 1967 324. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 123 Rn 12; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 32; AG Köln 24.4.1992 VersR 1993 824, 825 f. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 123
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Rn. 12; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 34. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 123 Rn. 12; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 34. AG Köln 24.4.1992 VersR 1993 824, 825; R. Johannsen VersR 1991 500, 503; Hofmann NZV 1998 54; Feyock/Jacobsen/ Lemor/Jacobsen3 Kraftfahrtversicherung § 123 VVG Rn. 11; Berliner Kommentar/ Hübsch § 158i Rn. 10; a.A. Baumgärtel/ Prölss § 158i Rn. 2. Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 36. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 Kraftfahrtversicherung § 123 VVG Rn. 6; Langheid/Wandt/Brand § 123 Rn. 36.
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Rechtskrafterstreckung
§ 124
§ 124 Rechtskrafterstreckung (1) Soweit durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Dritten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zusteht, wirkt das Urteil, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherer ergeht, auch zugunsten des Versicherungsnehmers, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherungsnehmer ergeht, auch zugunsten des Versicherers. (2) Ist der Anspruch des Dritten gegenüber dem Versicherer durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden, muss der Versicherungsnehmer, gegen den von dem Versicherer Ansprüche auf Grund des § 116 Abs. 1 Satz 2 geltend gemacht werden, diese Feststellung gegen sich gelten lassen, es sei denn, der Versicherer hat die Pflicht zur Abwehr unbegründeter Entschädigungsansprüche sowie zur Minderung oder zur sachgemäßen Feststellung des Schadens schuldhaft verletzt. (3) Die Absätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, soweit der Dritte seinen Anspruch auf Schadensersatz nicht nach § 115 Abs. 1 gegen den Versicherer geltend machen kann.
Schrifttum Armbrüster Prozessuale Besonderheiten in der Haftpflichtversicherung RuS 2010 441; Bayer Kein Schutz des Haftpflichtversicherers vor nachteiliger Prozessführung durch den Versicherungsnehmer? NVersZ 1998 9; Birkner Der „manipulierte“ Verkehrsunfall, ZfS 1994 113; Denck Das Verhältnis von Schadensersatzanspruch und Direktanspruch bei Kraftfahrt-Haftpflichtschäden dargestellt am Problem der Bindungswirkung, VersR 1980 704; Ebel Die Bindung des VN an den von dem Haftpflichtversicherer geschlossenen Schadensregulierungsvergleich, VersR 1991 842; Freyberger Die Vertretung des Beklagten beim gestellten Unfall aus standesrechtlicher und prozessualer Sicht, VersR 1991 842; ders. Prozessuale Möglichkeiten des Haftpflichtversicherers beim gestellten Verkehrsunfall, NZV 1992 391; Gottwald/Adolphsen Zur Prozeßführung des Versicherers bei gestellten Verkehrsunfällen, NZV 1995 129; Haarmann Zum Anwendungsbereich des § 3 Nr. 8 PflVG, VersR 1989 683; Heinrichs Synopse der für das Versicherungsrecht im Verkehrsrecht bedeutsamsten Auswirkungen der VVG-Reform, ZfS 2009 187; Hirschberg Rechtskrafterstreckung gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer, VersR 1973 504; Höfle Prozessuale Besonderheiten in Haftpflichtprozess, RuS 2002 397; Hoegen Bindungswirkung des Haftpflichturteils auch im Direktanspruch des Geschädigten gegen den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer? 1978 1081; Höher Zu KfzPflVG § 3 Nr. 8, VersR 1993 1095; Keilbar Bindungswirkungen rechtskräftiger Entscheidungen über Versicherungs-, Haftpflicht- und Drittanspruch in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, ZVersWiss 1970 441; Kittner Streithilfe und Streitverkündung, JuS 1985 703; ders. Streithilfe und Streitverkündung JuS 1986 131, ders. Streithilfe und Streitverkündung, JuS 1986 624; Lemcke Problem des Haftpflichtprozesses bei behaupteter Unfallmanipulation-Teil A, RuS 1993 121; ders. Probleme des Haftpflichtprozesses bei behaupteter Unfallmanipulation-Teil B, RuS 1993 161; ders. Streithilfe bei behaupteter Unfallmanipulation, RuS 1994 212; ders. Neue Wege zur Abwehr des Versicherungsbetruges in der Haftpflichtversicherung? VersR 1995 989; ders. Regressanspruch und Verjährung in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung-Anmerkungen zum BGH-Urteil vom 9.1.2007 RuS 2007 126; Liebscher Die gemeinsame Klage gegen Haftpflichtversicherung und Versicherungsnehmer, NZV 1994 215; Littbarski Zur Rechtskrafterstreckung nach PflVG § 3 Nr. 8 EWiR 2003 1203; Marotzke Urteilswirkungen gegen Dritte und rechtliches Gehör, ZZP 100 164; Müller/Matlach Rechtskrafterstreckung und Verjährung nach § 3 Nr. 8, Nr. 3 Satz 2 Hs 2 PflVG-Anmerkungen zum Urteil des BGH vom 9.1.2007, ZfS 2007 366; Reif Zivilprozessuale Probleme der Haftpflichtversicherung insbesondere bei gestellten Verkehrsunfällen, VersR 1990 113; Schirmer/Clauß Grenzen der Rechtskrafterstreckung nach § 3 Nr. 8 PflVG bei Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer, Festschrift E. Lorenz (1994) 775; Spät Zur Bindungswirkung eines Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess für den Deckungsprozess mit dem Haftpflichtversicherer, VersR 1989 354; Voit Zur
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§ 124
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
Bindungswirkung des Haftpflichtprozesses für den Deckungsprozeß, VersR 1988 901; Weber Direktanspruch ohne Verschuldensnachweis? VersR 1985 1004; vgl. im Übrigen Schrifttum Vorbem. zu §§ 113–124.
Übersicht Rn. A. I. II. III. B.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . Inhalt und Zweck . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . Klageabweisendes, rechtskräftiges Urteil, Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kein Haftpflichtanspruch des Dritten a) Grundsätzliches . . . . . . . . . b) Verjährung . . . . . . . . . . . c) Abweisung aus anderen Gründen 2. Art der Entscheidung . . . . . . . . II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . 2. Weitere insbesondere prozessuale Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ggf. manipuliertes Versäumnisurteil
. . . .
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12 12 12 12 13 17 21 23 23
. .
26 32
Rn. III. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtskrafterstreckung bei stattgebendem Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich Abs. 2 I. Grundsätzliches/Anwendungsbereich . . II. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rückgriffsanspruch . . . . . . . . . . 2. Rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich . . . . . . . . . . . . 3. Ausschluss der Bindungswirkung, Abs. 2, 2. Halbs. . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . D. Anwendung bei Direktansprüchen, Abs. 3
34 35 35 40 40 41 43 46 49 51
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
Durch die VVG-Reform 2008 wurde in § 124 Abs. 1 der frühere § 3 Nr. 8 PflVG a.F. übernommen; § 124 Abs. 2 entspricht § 3 Nr. 10 Satz 1 PflVG a.F. Die Regelung über einen Aufwendungsersatzanspruch des VR gem. § 3 Nr. 10 Satz 2 PflVG a.F. findet sich nunmehr in § 116 Abs. 1 Satz 3.1 Noch kurz vor Inkrafttreten der VVG-Reform am 1.1.2008 wurde die Regelung des Abs. 3 durch Gesetz vom 10.12.20072 eingefügt (vgl. bereits Vorbem. zu §§ 113–124 Rn. 14).
II. Inhalt und Zweck 2
Die materielle Rechtskraft eines rechtskräftigen Urteils verhindert, dass in einem neuen Prozess über eine bereits rechtskräftig festgestellte Rechtsfolge verhandelt und entschieden wird. Grundsätzlich gilt diese nur gegenüber den an dem Rechtsstreit beteiligten Parteien, weil nur sie am Prozess mitwirken und auf den Inhalt des Urteils Einfluss nehmen können.3 Dies folgt aus § 325 Abs. 1 ZPO, der diesen Grundsatz zugleich auf Personen erstreckt, die nach Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger oder Besitzmittler der Parteien oder ihrer Rechtsnachfolger geworden sind.4 Über die Regelung des § 325 ZPO hinaus finden sich allerdings eine Reihe von Vorschriften, aus denen sich die Rechts-
1 2
Vgl. BTDrucks. 16/3945 S. 91. BGBl. I 2833, 2835; vgl. auch BTDrucks. 16/6627 S. 7.
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3 4
Musielak ZPO (10. Aufl. 2013) § 325 Rn. 1. Musielak a.a.O.
Roland Michael Beckmann
Rechtskrafterstreckung
§ 124
krafterstreckung von Urteilen für Dritte ergibt.5 Eine solche speziellere Norm stellt auch § 124 dar und bewirkt eine weitergehende Rechtskrafterstreckung. Darüber hinaus stellt die Vorschrift eine Ausnahme zu § 425 Abs. 2 BGB dar;6 gem § 425 Abs. 2 BGB wirkt ein rechtskräftiges Urteil nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie ergeht. § 124 Abs. 1 betrifft das prozessuale Verhältnis des Geschädigten zum VR und zum 3 VN.7 Die Norm regelt in Abs. 1, 1. Var. die Rechtskraftwirkung eines einen Anspruch des Dritten gegen den VR klageabweisenden Urteils zugunsten des VN; Abs. 1, 2. Var. regelt eine entsprechende Rechtskrafterstreckung zugunsten des VR im Hinblick auf ein klageabweisendes Urteil, das zwischen Dritten und VN ergeht. In den Fällen des § 115 Abs. 1 hat es der Dritte in der Hand, seinen Anspruch gegen 4 den Schädiger, dessen Haftpflichtversicherer oder gegen beide als Gesamtschuldner geltend zu machen. Die dem Dritten eröffnete Möglichkeit, nach seiner Wahl gegen den VR, den Schädiger oder gegen beide vorzugehen, dient der Verbesserung des Opferschutzes. Der Geschädigte soll, dem Zweck der Pflichtversicherung entsprechend, zeitnah und angemessen entschädigt werden. Ungerechtfertigten Nutzen soll er aus dieser Rechtslage aber nicht erlangen; insbesondere darf ihm der Umstand, dass er die Gesamtschuldner auch einzeln und damit möglicherweise nacheinander belangen kann, keinen über die geschuldete Entschädigung hinausgehenden Vorteil bringen.8 Zweck der Regelung ist es, dem Geschädigten keine Ansprüche gegen den VR über das materielle Haftpflichtrecht hinaus zuwachsen zu lassen.9 Es soll erreicht werden, dass der Anspruch gegen den VR hinsichtlich der Wirkung eines abweisenden Gerichtsurteils im Regelfall das Schicksal des Schadensersatzanspruchs gegen den Ersatzpflichtigen teilt und umgekehrt.10 Zudem soll der Geschädigte nach Klageabweisung nicht die Möglichkeit haben, den gleichen Anspruch in einem weiteren Prozess geltend zu machen, wenn er zuvor bereits abgelehnt wurde. Die Vorschrift dient somit auch der Prozessökonomie, da nicht zwei Verfahren über denselben Sachverhalt geführt werden müssen.11 Auch Abs. 2 regelt eine Bindungswirkung: Wenn der Anspruch des Dritten gegenüber 5 dem VR durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt wurde, sind diese Feststellungen danach grundsätzlich auch im Rahmen der Ansprüche des VR gegen den VN aus § 116 Abs. 1 Satz 2 bindend. Sofern der VN allerdings nachweisen kann, dass der VR seine Pflicht zur Abwehr unbegründeter Entschädigungsansprüche oder zur Minderung oder sachgemäßen Feststellung des Schadens schuldhaft verletzt hat, tritt die Rechtskrafterstreckung nicht ein. In diesem Fall tritt das Bedürfnis nach einer verfahrensökonomischen Entscheidung zurück und wird vom Interesse an einer Entscheidung entsprechend der materiellen Haftungslage überlagert.12 Die grundsätzliche Bin-
5
6 7 8
Vgl. etwa § 856 Abs. 4 ZPO; §§ 178 Abs. 3, 183 Abs. 1 InsO; § 248 Abs. 1 AktG; § 48 Abs. 3 WEG. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 2; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 1. BTDrucks. 16/6627 S. 7. Zum Vorstehenden BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164 (Rn. 13); unter Hinweis auf BGH 29.5.1979 VersR 1979 841, 842; BGH 14.7.1981 VersR 1981 1156, 1157; BGH 15.1.2008 VersR 2008 485 Rn. 6 f.; vgl. auch Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 2.
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BGH 15.1.2008 VersR 2008 485 (juris Rn. 7) zu § 3 Nr. 8 PflVG a.F; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 124 Rn. 2; Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 2. BGH 24.6.2003 VersR 2003 1121, 1122 (juris Rn. 14); vgl. BTDrucks. 4/2252 S. 15. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 4. Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 14.
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§ 124
Kap. 1: Haftpflichtversicherung, Abschnitt 2: Pflichtversicherung
dungswirkung nach Abs. 2 ist Konsequenz der dem VR nach dem Versicherungsvertrag zustehenden Regulierungsvollmacht.13 Abs. 3 wiederum stellt klar, dass sich die Vorschrift nur auf Konstellationen bezieht, 6 bei denen dem Geschädigten ein Direktanspruch gem. § 115 Abs. 1 gegen den VR zusteht. „Grundlage der Vorschrift ist, dass der Geschädigte sowohl gegen den VN als auch im Wege des Direktanspruchs gegen den VR vorgehen kann. Nur wenn aus Sicht des Geschädigten die Möglichkeit besteht, sowohl den Schädiger, als auch den VR im Wege des Direktanspruchs in Anspruch zu nehmen, besteht ein Bedürfnis, die Rechtswirkungen der beiden Verfahren in bestimmten Fällen einander anzugleichen. Der neue Abs. 3 stellt deshalb klar, dass die Bestimmung nur in den Fällen Anwendung findet, in denen der Dritte seinen Anspruch auf Schadensersatz nach §115 Abs. 1 gegen den Versicherer geltend machen kann.“14
III. Anwendungsbereich 7
Vor der VVG-Reform bezogen sich die entsprechenden Vorgängervorschriften gem. § 3 Nr. 8 PflVG a.F. und § 3 Nr. 10 PflVG a.F. zur Rechtskrafterstreckung allein auf den Bereich der Kfz-Pflichtversicherungen. Nun finden sie grundsätzlich Anwendung auf alle Pflichthaftpflichtversicherungen; durch Abs. 3 wird indes klargestellt, dass sich der Anwendungsbereich auf die Fälle beschränkt, in denen der geschädigte Dritte einen Direktanspruch auf Schadensersatz nach § 115 Absatz 1 gegen den VR geltend machen kann. Deshalb hat § 124 (weiterhin) hauptsächlich im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung Bedeutung.15 Die Anwendung erfolgt auch bei gestörtem Versicherungsverhältnis16 und im Falle 8 einer Nachhaftung17. Des Weiteren ist für die Anwendung der Vorschrift unerheblich, ob der Anspruch ganz oder nur teilweise verneint wird;18 eine Teilabweisung der geltend gemachten Ansprüche führt gleichfalls zur Bindungswirkung gem. § 124 Abs. 1. Über den teilweise zugesprochenen Anspruch können dem Dritten gegen den anderen Gesamtschuldner keine weitergehenden Ansprüche zugesprochen werden.19 Die zeitliche Reihenfolge der gerichtlichen Inanspruchnahme spielt keine Rolle. So be9 steht Bindungswirkung nicht nur dann, wenn VR und VN in getrennten, nacheinander geführten Prozessen verklagt werden, sondern auch dann, wenn über die Ansprüche des Geschädigten gegen den VR und den VN gleichzeitig entschieden wird;20 Letzteres hat Bedeutung dafür, dass im Rahmen einer nur im Verhältnis zum beklagten VN zugelassenen Berufung eine erneute Überprüfung der Haftungsfrage ausgeschlossen ist.21 Für die
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Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 17. BTDrucks. 16/6627 S. 7. Stiefel/Maier/Jahnke18 § 124 Rn. 68; Rüffer/ Halbach/Schimikowski § 124 Rn. 1; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 4. Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 2; Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 4; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 38. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 124 Rn. 2; zur Nachhaftung vgl. Kommentierung zu § 117 Rn. 20 ff.
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Prölss/Martin/Knappmann 28 § 124 Rn. 2; Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 124 Rn. 2. Stiefel/Maier/Jahnke18 § 124 VVG Rn. 42; vgl. auch OLG Hamm 15.4.1999 VersR 2000 1139, 1140 (juris Rn. 23). BGH 15.1.2008 VersR 2008 485 f. (Rn. 8); BGH 10.5.2005 VersR 2005 1087 (juris Rn. 8). BGH 15.1.2008 VersR 2008 485 f. (Rn. 8).
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Rechtskrafterstreckung
§ 124
sich aus § 124 folgende Bindungswirkung ist auch unerheblich, ob VR und VN als einfache Streitgenossen im Prozess auftreten;22 in diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass VR und VN keine notwendige Streitgenossen gem. § 62 ZPO sind, sondern gegebenenfalls einfache Streitgenossen; es besteht zu jedem Streitgenossen ein gesondertes Prozessrechtsverhältnis.23 Wird in einem Adhäsionsverfahren gem. §§ 403 ff. StPO ein Schadensersatzan- 10 spruch des Dritten gegen den VN dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, so hat dies keine Bindungswirkung auf das Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem HaftpflichtVR des Schädigers.24 Bei dieser Konstellation (Anspruchsbejahung dem Grunde nach) liegt § 124 Abs. 1 bereits tatbestandlich nicht vor (es fehlt an einem klageabweisenden Urteil). Eine Rechtskrafterstreckung folgt auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze zur Bindungswirkung eines vorangegangenen Haftpflichtprozesses zwischen dem Geschädigten und dem VN für den nachfolgenden Deckungsprozess zwischen VN und VR.25 Zwar tritt das Adhäsionsverfahren an die Stelle des Haftpflichtprozesses, denn es ist gerade einer der Zwecke dieses Verfahren, demjenigen, der Opfer einer Straftat geworden ist, einen weiteren Prozess zu ersparen.26 Das Adhäsionsverfahren ist dem zivilrechtlichen Haftpflichtprozess jedoch nicht vollständig vergleichbar; insbesondere hat der VR weder die Möglichkeit, den Prozess für den VN zu führen noch kann er ihm als Nebenintervenient beitreten. Hinzu tritt, dass der Gesetzgeber – nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Erwägungen – die in § 124 Abs. 1 VVG angeordnete Rechtskrafterstreckung auf klageabweisende Urteile beschränkt hat.27 Ein klageabweisendes Urteil im Adhäsionsverfahren ist dagegen nicht möglich. Soweit der Adhäsionsantrag unbegründet erscheint, sieht das Gericht von einer Entscheidung ab, § 406 Abs. 1 S. 3 StPO; anders als bei einem klageabweisenden Urteil kann der Anspruch damit weiterhin anderweitig geltend gemacht werden, § 406 Abs. 3 S. 3 StPO. Ausdrücklich betrifft die Norm das Verhältnis zwischen VR und VN; wie grundsätz- 11 lich im Rahmen von §§ 113 ff. erfasst diese Regelung aber auch das Verhältnis zwischen VR und versicherten Personen.28 Der Geschädigte ist durch § 124 Abs. 1 aber nicht gehindert, nach rechtskräftiger Abweisung seiner Schadensersatzklage gegen den Halter des schädigenden Kfz den Fahrer desselben und wegen dessen Haftung den HaftpflichtVR in Anspruch zu nehmen.29 Hat der Geschädigte indes zunächst Klage gegen den VR
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BGH 10.5.2005 VersR 2005 1087 (juris Rn. 8). BGH 13.7.2010 NJW-RR 2010 1725 (Rn. 11); BGH 15.1.2008 NJW-RR 2008 803, 804 (Rn. 6); Looschelders/Pohlmann/ Schwarze 2 § 124 Rn. 5 jeweils m.w.N. BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163; grundsätzlich zu stattgebenden Urteilen vgl. noch Rn. 22. BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164. Dies wird erreicht, indem im Strafverfahren zugleich über den Schadensersatzanspruch entschieden und diese Entscheidung einem im Zivilprozess ergangenen Urteil gleichgestellt wird, § 406 Abs. 3 S. 1 StPO.
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BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164 mit Verweis auf BTDrucks. IV/2252, S. 18. Vgl dazu auch Jahnke jurisPR-VerkR 7/2013 Anm. 1. BGH 24.9.1985 VersR 1986 153 (juris Rn. 18); Saarländisches OLG 17.11.2009 NJW-RR 2010 326, 329 (juris Rn. 41); Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 9; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider2 § 24 Rn. 181; Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 124 Rn. 8; generell für die §§ 113 ff. vgl. etwa § 115 Rn. 17. BGH 24.9.1985 VersR 1986 153 (juris Rn. 18); Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 9.
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erhoben und wurde diese abgewiesen – ohne dass unterschieden worden ist, ob diese sich auf die Haftung des VR des VN oder der mitversicherten Person bezieht – so gilt für einen folgenden Prozess die Rechtskrafterstreckung gem § 124 Abs. 1.30
B. Klageabweisendes, rechtskräftiges Urteil, Abs. 1 I. Tatbestand 1. Kein Haftpflichtanspruch des Dritten
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a) Grundsätzliches. Aufgrund von § 124 Abs. 1 wirkt die Rechtskraft eines Urteils, das den Haftpflichtanspruch eines Dritten gegen VR oder VN ablehnt, zugunsten der jeweils anderen Partei des Versicherungsvertrages. Das die Klage eines Dritten abweisende Urteil gegen den VR wirkt also auch zugunsten des VN und umgekehrt wirkt das die Klage eines Dritten abweisende Urteil gegen den VN zugunsten des VR. Dies gilt indes nur, wenn der vom Dritten geltend gemachte Haftpflichtanspruch aus materiellrechtlichen Gründen abgelehnt wird. Dies lässt sich bereits dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen; diese setzt voraus, dass durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Dritten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zusteht;31 in dem klageabweisenden Urteil muss also über den Anspruch auf Ersatz des Schadens entschieden werden, mithin auf materiellrechtliche Gründe abgestellt werden. Voraussetzung für eine Bindungswirkung der Klageabweisung ist also das Fehlen eines Haftpflichtanspruchs des Dritten32 (vgl. zur Abweisung aus anderen Gründen Rn. 17 ff.).
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b) Verjährung. Gewisse Schwierigkeiten bereiten Konstellationen, bei denen es wegen Verjährung zu einer Klageabweisung gekommen ist. Grundsätzlich wird man von einem materiellrechtlichen Grund der Klageabweisung sprechen können,33 so dass diese Fälle unter § 124 Abs. 1 zu subsumieren sind. Indes hatte der BGH eine Rechtskrafterstreckung bei einer Konstellation abgelehnt, bei der die Klage gegen den Schädiger – rechtsirrig wegen Verjährung – abgewiesen worden war.34 Diese Entscheidung ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen35 und auch als „Billigkeitsentscheidung“36 eingeordnet worden. So wurde eingewandt, dass mit dem gleichen Argument die Rechtskraft einer Entscheidung aufgehoben werden könne, wenn diese objektiv falsch ist. Wolle der Geschädigte die Bindungswirkung der Entscheidung verhindern, müsse er verhindern, dass die Entscheidung rechtskräftig wird. Insofern sei diese Durchbrechung der Bindungswirkung bedenklich und jedenfalls ein Ausnahmefall, der nicht ausgeweitet werden dürfe.37
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Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 9 unter Hinweis auf Saarländisches OLG 17.11.2009 NJW-RR 2010 326, 329 (juris Rn. 44); Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider 2 § 24 Rn. 181; vgl. bereits BGH 24.9.1985 VersR 1986 153. Armbrüster RuS 2010 441, 445. Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 124 Rn. 5; Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 7; Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 8; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 38.
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Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 7. BGH 29.5.1979 VersR 1979 841. Prölss/Martin/Knappmann (27. Aufl. 2004) § 3 Nr. 8 PflVG Rn. 2 („bedenklich, jedenfalls aber ein Sonderfall“). Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 12. Römer/Langheid 3 §124 Rn. 11; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 4.
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Rechtskrafterstreckung
§ 124
In einer späteren Entscheidung hat der BGH allerdings im Falle einer Klageabweisung 14 wegen Verjährung (gem. § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbs. PflVG a.F. [heute geregelt in § 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs.]) einen Fall der Rechtskrafterstreckung nach der Vorgängervorschrift des § 3 Nr. 8 PflVG a.F. angenommen.38 Die insoweit ergangene Kritik hat unter anderem ins Feld geführt, die deutlich unterschiedlichen Verjährungsfristen (gegen den VR gem. § 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. und gegen den Geschädigten bei einem Personenschaden gem. § 199 Abs. 2 BGB) seien nicht hinreichend berücksichtigt.39 Bedenkt man, dass die Rechtskrafterstreckung gem. § 124 Abs. 1 insbesondere vermeiden soll, dass die Haftpflichtfrage in zwei Prozessen unterschiedlich beurteilt wird, so ist die Kritik insoweit berechtigt, als in der genannten Entscheidung die besondere Verjährungsvorschrift im Rahmen des Direktanspruchs gem. § 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. zur Anwendung gekommen ist und sich somit argumentieren ließe, dass der materiellrechtliche Schadensersatzanspruch gar nicht abgewiesen worden ist. Andererseits erscheint es auch nachvollziehbar, wegen der rechtskräftig festgestellten Verjährung des Direktanspruchs auch ein prozessuales Vorgehen gegen den Schädiger abzulehnen. Wiederum eine andere Konstellation lag einer weiteren BGH-Entscheidung zugrunde: 15 Nachdem der Direktanspruch gegen den HaftpflichtVR tatsächlich (ohne entsprechendes feststellendes Urteil) verjährt war (gem. § 3 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbs. PflVG a.F. [heute geregelt in § 115 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs.]), klagte der SVT (als Rechtsnachfolger des Geschädigten) gegen den Schädiger;40 der Anspruch gegen diesen war nicht verjährt. Mangels zuvor ergangenen Urteils gegen den HaftpflichtVR konnte im Hinblick auf die Klage gegen den Schädiger keine Bindungswirkung eintreten; auch eine analoge Anwendung der Vorgängervorschrift des § 124 Abs. 1 lehnte der BGH ab. Insgesamt bleibt festzuhalten: In Anbetracht der vorangegangen Rechtsprechung 16 besteht für die Prozessparteien die Gefahr, aufgrund ihres Verhaltens für sie nachteilige Rechtsfolgen zu verursachen. Grundsätzlich führt aber die Verjährung zu einem materiellrechtlichen Abweisungsgrund, so dass § 124 Abs. 1 eingreift. Indes zeigen die dargelegten und im Schrifttum diskutierten Entscheidungen, dass es gegebenenfalls zu differenzieren gilt. Insbesondere die genannten unterschiedlichen Verjährungsregeln (oben Rn. 14) können zu Ungereimtheiten und Problemen führen. Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, allein darauf abzustellen, ob tatsächlich der Haftpflichtanspruch nach den hierfür geltenden Regelungen verjährt ist; ist insoweit ein rechtskräftiges Urteil ergangen, so greift § 124 Abs. 1 jedenfalls ein. c) Abweisung aus anderen Gründen. Der Zweck des § 124 Abs. 1 besteht darin, eine 17 erneute Entscheidung über denselben Anspruch zu vermeiden; deshalb greift die Rechtskrafterstreckung gem. Abs. 1 lediglich im Rahmen des gleichen Streitgegenstands ein.41 Dies kommt im Übrigen durch den Tatbestand zum Ausdruck, der ein rechtskräftiges Urteil mit dem Inhalt voraussetzt, „dass dem Dritten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zusteht“. Soweit die Klage aus anderen Gründen abgewiesen wird, kann die Rechtskrafterstreckung gem. Abs. 1 demzufolge nicht eingreifen.
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BGH 24.6.2003 VersR 2003 1121, 1122; kritisch Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 4; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 124 Rn. 14 ff.; Schirmer/Clauß, FS Lorenz 775 ff.
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Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 16. BGH 9.1.2007 VersR 2007 371. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 12.
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Wird die Klage z.B. aus formellen Gründen abgewiesen, ist die Klage also unzulässig, so tritt keine Bindungswirkung gem. § 124 Abs. 1 ein.42 Über den Haftpflichtanspruch wurde gerade nicht entschieden. Die Abweisung der Klage des Geschädigten gegen den VR aus Gründen, die das Ver19 sicherungsverhältnis betreffen, bewirkt nach dem eingangs Gesagten (oben Rn. 12) gleichfalls, dass keine Bindungswirkung gem. Abs. 1 eintreten kann und einer Klage gegen den VN nicht entgegensteht.43 Das ist z.B. der Fall, wenn ein Risikoausschluss eingreift oder wenn die Nachhaftungsfrist nach § 117 Abs. 2 bereits abgelaufen ist und deshalb die Klage gegen den VR abgewiesen worden ist. Das gilt etwa auch bei Abweisung der Klage gegen den VR wegen Überschreitung der Mindestversicherungssumme oder wegen nur subsidiärer Haftung (§ 117 Abs. 3).44 In solchen Konstellationen ist gerade nicht – wie für § 124 Abs. 1 erforderlich – die Haftpflichtfrage verneint worden. Der VR ist dem Geschädigten nur im Rahmen des versicherten Risikos verantwort20 lich. So kann der Geschädigte vom VR keine Naturalrestitution verlangen, auch wenn er derartiges vom VN verlangen könnte.45 2. Art der Entscheidung
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Abs. 1 setzt ein rechtskräftiges Urteil voraus, in dem festgestellt wird, dass dem Dritten ein Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Schadens gegen den VR bzw. gegen den VN nicht zusteht. Ein solches Urteil kann auf einer Leistungs- oder Feststellungsklage des Dritten sowie auf einer gegen den Dritten angestrengten negativen Feststellungsklage beruhen.46 Wird hingegen der Direktanspruch gegen den VR aus Gründen abgewiesen, die nicht die Verpflichtung zum Schadensersatz betreffen, sondern im Deckungsverhältnis zu suchen sind, kommt es nicht zu einer Rechtskrafterstreckung gegenüber dem VN.47 Eine Anwendung auf Vergleiche scheidet nach h.M. aus, da nur Urteile der Rechtskraft zugänglich sind.48 Eine Anwendung auf stattgebende Urteile kommt entsprechend dem eindeutigen 22 Wortlaut der Vorschrift nicht in Betracht.49 Eine Bindungswirkung stattgebender Urteile besteht indes nach allgemeinen Grundsätzen; insofern bindet das gegen den VN ergangene Haftpflichturteil jedenfalls grundsätzlich im nachfolgenden Deckungsprozess des VN gegen den VR.50 Das gilt jedenfalls dann, wenn der VR im Haftpflichtprozess beteiligt war oder die Deckung unberechtigt versagt hat.51 Diese Bindungswirkung kommt auch dem Geschädigten zugute, wenn er den Anspruch des VN gegen dessen VR pfänden und 42
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Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 123 Rn. 5; Armbrüster RuS 2010 441, 445; Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 7. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 8; Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 12; Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 8. Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 8. Vgl. Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 8. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 6; Bruck/Möller/R.Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 37. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 124 Rn. 8.
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Vgl. BGH 30.4.1985 VersR 1985 849 (juris Rn. 21); Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 8; Römer/Langheid3 § 124 Rn. 7; Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 2; kritisch hierzu Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber2 § 124 Rn. 6. OLG Düsseldorf 4.2.1971 VersR 1972 1015; Hoegen VersR 1978 1081; Hirschberg VersR 1973 504; Keilbar ZVersWiss 1970 448; Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 6. Dazu Bruck/Möller/R. Koch9 Vorbem. zu §§ 100–112 Rn. 94. Vgl. etwa Reiff, VersR 1990 113, 120 ff.; siehe zu Einschränkungen noch Rn. 33.
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Rechtskrafterstreckung
§ 124
sich überweisen lässt.52 Das Gericht ist dann regelmäßig an die Feststellungen des Haftpflichturteils über das Bestehen der Haftpflichtforderung gebunden. Dagegen profitiert der Geschädigte von der Bindungswirkung nicht, wenn er nach gewonnenem Prozess gegen den VN sodann gegen den VR im Wege der Direktklage vorgeht.53 Die Frage nach dem Bestehen der Haftpflichtforderung kann dann durchaus anders entschieden werden mit der Folge der Abweisung des Direktanspruchs. Dies wiederum wäre für sich genommen ein Fall des § 124 Abs. 1 und hätte zur Folge, dass das abweisende Urteil im Direktprozess gegen den VR nunmehr auch zugunsten des VN gelten müsste. Wurde aber, bereits zuvor der Klage gegen den VN stattgegeben, bleibt es dabei.54 Der Zweck des § 124 Abs. 1, nämlich die nochmalige Überprüfung der Haftpflichtfrage zu verhindern, kann dann nicht mehr erreicht werden.
II. Rechtsfolgen 1. Grundsätzliches Wird der Anspruch gegen VR bzw. VN durch rechtkräftiges Urteil ganz oder teilweise 23 abgewiesen, so gilt dieses Urteil gem. Abs. 1 auch zu Gunsten der jeweils nicht an der Entscheidung beteiligten Partei; eine weitere Klage gegen den anderen Gesamtschuldner muss abgewiesen werden.55 § 124 Abs. 1 führt also dazu, dass gegen den einen Beklagten nur noch eine Klageabweisung in Betracht kommt, sobald die Klageabweisung gegen den anderen Beklagten rechtskräftig geworden ist.56 So wird eine Angleichung der Rechtsfolgen in beiden Prozessen erreicht und divergierende Entscheidungen bei identischem Sachverhalt werden vermieden (zur Wirkung auf mitversicherte Personen vgl. bereits oben Rn. 11). Existieren mehrere mögliche Schädiger (VN, Mitversicherte) und wird die Klage 24 gegen den VR abgewiesen, ist es Frage der Urteilsauslegung, ob und wen das Urteil bindet. Hier wird eine personell umfassende Rechtskraftwirkung der Regelfall sein, wenn der Geschädigte alle in Betracht kommenden Ansprüche geltend macht.57 Die Bindungswirkung gem. § 124 Abs. 1 bezieht sich auf die Ansprüche des Dritten; 25 eine etwaig bestehende Deckungspflicht des VR im Innenverhältnis gegenüber dem VN ist hiervon nicht betroffen. So entfaltet ein klageabweisendes Urteil zugunsten des KfzHaftpflichtVR im Direktklageprozess des Geschädigten für den Deckungsprozess zwischen VN und VR keine versicherungsvertragsrechtliche oder prozessrechtliche Bindungswirkung.58
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Vgl. dazu Römer/Langheid 3 § 124 Rn. 9; siehe auch Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 10. BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164 (juris Rn. 13). Hoegen, VersR 1978 1081, 1082 bzgl. § 3 Nr. 8 PflVG; ebenso Prölss/Martin/ Knappmann 28 § 124 Rn. 10: § 124 Abs. 1 gilt nicht für widersprechende rechtskräftige Urteile.
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BGH 15.1.2008 VersR 2008 485 (Rn. 7): „Eine erneute Überprüfung der Haftungsfrage im Verfahren gegen den VN oder den VR ist danach nicht mehr zulässig.“ Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 124 Rn. 8. Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 8. OLG Köln 29.10.1990 VersR 1991 654; Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 8; Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 12.
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2. Weitere insbesondere prozessuale Aspekte § 124 Abs. 1 kommt nicht nur zur Anwendung, wenn die Prozesse des Geschädigten gegen VN bzw. VR zeitlich nacheinander geführt werden, sondern auch dann wenn der Geschädigte beide Gesamtschuldner gleichzeitig verklagt (vgl. bereits oben Rn. 9). In diesem Zusammenhang können sich verschiedene Fragen stellen. So ist es z.B. möglich, dass die Prozesse inhaltlich „unterschiedlich verlaufen“. Eine solche Situation kann z.B. entstehen, wenn der VN zu bestimmten Tatsachen ein Geständnis abgibt, während der VR diese bestreitet. Bei einem Geständnis des VN bzw. Versicherten entfällt die Beweisbedürftigkeit der zugestandenen Tatsache; dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn es bewusst unwahr ist.59 Eine Abweisung der Klage gegen den VN bleibt jedoch trotz des Geständnisses des VN möglich, wenn der Tatrichter zu der Überzeugung gelangt, dass dieses bewusst unrichtig ist und zum Nachteil des VR erfolgt.60 Dagegen kommt es auf das Geständnis nicht einmal mehr an, wenn die Direktklage gegen den VR aus materiellrechtlichen Gründen rechtskräftig abgewiesen wird (vgl. noch Rn. 30); in diesem Fall greift die Bindungswirkung des Abs. 1 und die Klage gegen den VN ist trotz Geständnis allein wegen dieser Bindungswirkung ebenfalls abzuweisen.61 Um bei getrennten, gleichzeitig stattfindenden Prozessen gegen VR und gegen VN 27 divergierende Entscheidungen zu vermeiden, sollten die Prozesse nach § 147 ZPO verbunden werden (Voraussetzung ist, dass mehrere Prozesse in gleicher Instanz beim gleichen Gericht anhängig sind).62 Scheitert die Verbindung, etwa weil die Prozesse nicht beim selben Gericht anhängig sind, kommt die Aussetzung eines der beiden Verfahren gem. § 148 ZPO in Betracht.63 Zwar fehlt es insofern an der Abhängigkeit von einem anderen Rechtsverhältnis und damit an der Vorgreiflichkeit; indes dürfte die analoge Anwendung des § 148 ZPO gerechtfertigt sein.64 Insbesondere fehlt es insoweit nicht deshalb an einer planwidrigen Regelungslücke, weil der Gesetzgeber die Bindungswirkung auf abweisende Urteile beschränkt hat.65 Damit dürfte der Gesetzgeber zwar die Möglichkeit divergierender Entscheidungen bewusst in Kauf genommen haben; ob ihm dabei jedoch der Fall gleichzeitig stattfindender, getrennter Prozesse vor Augen stand, ist zweifelhaft, besteht doch die Möglichkeit voneinander abweichenden Entscheidungen gerade nicht nur in diesem Fall.66
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Musielak/Huber ZPO (10. Aufl. 2013) § 288 Rn. 9: Römer/Langheid3 § 124 Rn. 9. Reiff VersR 1990 113, 116; Langheid/Wandt/ Schneider § 124 Rn. 14; Römer/Langheid 3 § 124 Rn. 10; BGH 13.12.1977 VersR 1978 862, 865. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 13; Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 3; vgl. BGH 13.12.1977 VersR 1978 862, 865; zur Vortäuschung eines Versicherungsfalles vgl. noch Rn. 32. Armbrüster, RuS 2010 441, 445; Prölss/ Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 6; Looschelders/Pohlmann/Schwarze2 § 124 Rn. 9; dagegen empfiehlt Langheid/Wandt/ Schneider § 124 Rn. 15 aus praktischen Gründen grundsätzlich die Prozesse nicht zu verbinden, sondern den auszusetzen, der
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voraussichtlich nicht durch Klageabweisung beendet werden kann. Ist eine Verbindung möglich, dürfte diese regelmäßig vorzuziehen sein, MüKo-ZPO/ Wagner 4 § 148 Rn. 14; noch deutlicher Musielak ZPO/Stadler (10. Aufl. 2013) § 148 Rn. 2 („Aussetzung ist nicht zulässig, wenn Verbindung in Betracht kommt“); für Alternativität hingegen Armbrüster, RuS 2010 441, 455, Rüffer/Halbach/Schimikowski 2 § 124 Rn. 2, Prölss/Martin/Knappmann 28 § 124 Rn. 6 Armbrüster, RuS 2010 441, 455; Prölss/ Martin/Knappmann 28 § 124 Rn. 6; Looschelders/Pohlmann/Schwarze 2 § 124 Rn. 9. So aber Reiff VersR 1990 113, 117 f. Vgl. das Bsp. bei Rn. 22.
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Rechtskrafterstreckung
§ 124
Noch weitergehend wird die Aussetzung auch für den Fall befürwortet, dass VR und 28 VN gemeinsam verklagt werden. Insofern kann es zu der Situation kommen, dass die Klage gegen den VR entscheidungsreif und abzuweisen ist, die andere gegen den VN noch nicht. In diesem Fall soll es möglich sein, zunächst die Klage gegen den VR durch Teilurteil abzuweisen und dann den Rechtsstreit gegen den VN solange auszusetzen, bis dieses rechtskräftig wird.67 Dagegen wird in rechtsdogmatischer Hinsicht vorgebracht, eine Aussetzung sei unzulässig, weil es insoweit um ein Verfahren vor demselben Spruchkörper gehe, mithin kein „anderer anhängiger Rechtsstreit“ vorliege.68 Dem ist hinzuzusetzen, dass eine solche Handhabung eine faktische Bindung erzeugt, die der Gesetzgeber nicht gewollt hat. Letztlich wird der Geschädigte regelmäßig schon dann scheitern, wenn nur eine der beiden Klagen abgewiesen werden kann. § 124 Abs. 1 sieht eine Bindungswirkung jedoch nur für den Fall einer rechtskräftigen Klageabweisung vor. Anders liegt der Fall hingegen, wenn eine von beiden Klagen abzuweisen ist, ohne dass insoweit ein Rechtsmittel gegeben wäre; insofern sind sogleich beide Klagen abzuweisen werden, weil die Bindungswirkung des § 124 Abs. 1 bereits zu beachten ist.69 Für eine Aussetzung besteht dann kein Bedürfnis. Werden VN und VR gleichzeitig verklagt und wird die Klage gegen den einen Beklag- 29 ten rechtskräftig abgewiesen, so führt die Rechtskrafterstreckung gem. Abs. 1 auch im Hinblick auf die Klage gegen den anderen Beklagten zur Abweisung.70 Deshalb sollten bei Berufung/Revision auch beide Prozesse weitergeführt werden, damit die vollständige oder teilweise Klageabweisung gegen einen der Beteiligten der vorigen Instanz nicht rechtskräftig wird.71 Wird das Rechtsmittel nur bezüglich eines der beiden Gesamtschuldner eingelegt oder gegen einen zurückgenommen, führt dies zur Rechtskraft der vollständigen bzw. teilweisen Abweisung gegen den anderen und somit dazu, dass auch das prozessual weiterverfolgte Begehren abzuweisen ist. Das ist auch dann der Fall, wenn nur im Verhältnis zu einem der beiden Beklagten die Berufung zugelassen ist.72 Entscheidet der BGH in letzter Instanz, so wird die Abweisung des einen Begehrens sogleich rechtskräftig, da gegen Entscheidungen eines obersten Gerichts kein Rechtsmittel zulässig ist. Das andere Begehren ist abzuweisen.73 Kann eine Klage gegen einen der beiden Gesamtschuldner (VR oder VN) rechtskräftig 30 abgewiesen werden, weil ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung nicht mehr möglich ist, so kann gegen den anderen Gesamtschuldner kein Versäumnisurteil ergehen.74 In diesem Falle kann in ein und demselben Urteil eine Klageabweisung gegen alle Gesamtschuldner erfolgen, da die Entscheidung sofort rechtskräftig wird und damit die Rechtskrafterstreckung unmittelbar nach sich zieht.75 Langheid spricht sich im Weiteren dafür 67 68 69
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Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 13; OLG Celle VersR 1988 1286. Musielak/Stadler ZPO (10. Aufl. 2013) § 148 Rn. 6; Reiff VersR 1990 113, 117. Vgl. dazu schon Rn. 26 und noch Rn. 29 f. Insofern hätte auch das OLG Celle a.a.O. beide Klagen abweisen können; dazu Reiff VersR 1990 113, 117; wohl ebenso Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 7. BGH 14.7.1981 VersR 1981 1156; Weber VersR 1985 1108; vgl. bereits oben Rn. 26. BGH 15.1.2008 VersR 2008 485, 486; OLG Karlsruhe 11.3.1988 VersR 1988 1192, 1193; Römer/Langheid 3 § 124 Rn. 8; Langheid/
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Wandt/Schneider § 124 Rn. 11; Weber VersR 1985 1004, 1008. BGH 15.1.2008 VersR 2008 485; Römer/ Langheid3 § 124 Rn. 8. BGH 14.7.1981 VersR 1981 1158; BGH 13.12.1977 VersR 1978 862, 865; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 33. Prölss/Martin/Knappmann28 § 3; Langheid/ Wandt/Schneider § 124 Rn. 11; OLG Köln 16.11.1981 VersR 1982 860. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 11 unter Hinweis u.a. auf BGH 15.1.2008 VersR 2008 485; BGH 14.7.1981 VersR 1981 1156; BGH 29.5.1979 VersR 1979
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aus, dass ein Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil gegen den nicht anwaltlich vertretenen (nicht erschienenen oder anerkennenden VN/Versicherten) nicht erlassen werden sollte, solange eine rechtskräftige Klageabweisung gegen den VR noch möglich sei. Da sich die Rechtskraft einer rechtskräftigen Entscheidung gegen den VR auch auf das andere Prozessrechtsverhältnis auswirkt, könne die zeitliche Reihenfolge der Entscheidungen, die häufig auch vom Zufall abhängt, nicht dazu führen, dass die Rechtskraft unterlaufen wird.76 Indes hat Knappmann dem einleuchtend entgegenhalten, dass der Erlass eines Versäumnisurteils nur in den Fällen der §§ 335, 337 ZPO verweigert werden könne; § 335 ZPO sei nicht einschlägig und § 337 ZPO helfe dem VR nicht. Entscheidend sei deshalb, welches Urteil früher rechtskräftig wird.77 Erhebt der beklagte VR Widerklage gegen das Begehren des Geschädigten, und wird 31 der Anspruch des Geschädigten abgewiesen und der Widerklage stattgegeben, so sollen aus der Abweisung der Klage gegen den VR nicht zwingend Rückschlüsse auf die Behandlung der Widerklage gezogen werden können.78 3. Ggf. manipuliertes Versäumnisurteil
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Einzelne der vorstehenden Aspekte (insbesondere die Ausführungen zu einem Geständnis des VN bzw. des Versicherten [oben Rn. 26] und zu einer möglichen Aussetzung [oben Rn. 27]) können auch im Zusammenhang mit einer etwaigen Vortäuschung eines Versicherungsfalles eine Rolle spielen. Hat der VN bzw. der Mitversicherte beispielsweise den Eintritt des Versicherungsfalles (genauer gesagt die zugrunde liegenden Tatsachen) zugestanden, gelten die zivilprozessualen Grundsätze zum Geständnis gem. §§ 288 ff. ZPO. Bei einem Geständnis des VN bzw. Versicherten entfällt die Beweisbedürftigkeit der zugestandenen Tatsache; dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn es bewusst unwahr ist.79 Nach den jeweiligen Umständen besteht gegebenenfalls gleichwohl die Möglichkeit, das Geständnis des VN unter Berücksichtigung aller Umstände als unwahr anzusehen;80 in diesem Falle ist das Geständnis unbeachtlich. Bei etwaigen manipulierten Verkehrsunfällen besteht die weitere Gefahr, dass der 33 Dritte schnell gegen den VN ein stattgebendes Versäumnisurteil erlangt; selbst wenn der Dritte in einer anschließenden Direktklage gegen den VR unterliegt, bleibt ihm immer noch die rechtliche Möglichkeit, aufgrund des zuvor erstrittenen Versäumnisurteils den Deckungsanspruch des VN gegen den VR pfänden und sich überweisen zu lassen81 (die Klageabweisung der Direktklage wirkt sich nicht auf das Deckungsverhältnis aus; vgl. bereits oben Rn. 25). Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass bei einem Urteil gegen den VN schon nach allgemeinem Grundsätzen Bindungswirkungen des Haftpflichturteils für den Deckungsprozess bestehen.82 Damit ist grundsätzlich dem Dritten nur bei Leis-
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841; Saarländisches OLG 21.10.1989 OLGR 1999 1. Römer/Langheid3 §124 Rn. 8. Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 3 Zu diesem Fragenkreis insgesamt Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 38. Musielak/Huber ZPO (10. Aufl. 2013) § 288 Rn. 9: Römer/Langheid 3 § 124 Rn. 9. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 14; Reiff VersR 1990 113; Lemcke RuS 1993 164; vgl. auch Römer/Langheid3 § 124 Rn. 10.
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Vgl. Römer/Langheid3 § 124 Rn. 9; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 42; umfassend zur Zulässigkeit dieses Vorgehens Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. V/1 Anm. B 39. Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 10; vgl. Bruck/Möller/R. Koch 9 Vorbem. zu §§ 100–112 Rn. 94; kritisch Römer/ Langheid 3 § 124 Rn. 9.
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Rechtskrafterstreckung
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tungsfreiheit des VR im Innenverhältnis das Vorgehen über den Deckungsanspruch des VN verwehrt.83 In diesem Zusammenhang wird bereits unterschiedlich diskutiert, ob und unter welchen Voraussetzungen tatsächlich eine Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den Deckungsprozess besteht. Dies wird beispielsweise für den Fall abgelehnt, dass dem HaftpflichtVR mangels Benachrichtigung vom Versicherungsfall eine Teilnahme am Haftpflichtprozess nicht möglich war.84 Nach anderer Ansicht muss die kontradiktorisch entschiedene rechtskräftige Klageabweisung dem (manipulierten) Versäumnisurteil vorgehen.85 Unabhängig davon dass eine solche Bindungswirkung des Haftpflichturteils im Rahmen des Deckungsverhältnisses also kritisch gesehen wird,86 und Versuche einer Einschränkung der Bindungswirkung entwickelt worden sind,87 befürwortet die wohl überwiegende Ansicht prozessuale Lösungen zur Vermeidung einer solchen Situation. Der VR kann dem anwaltlich nicht vertretenen Schädiger als Streithelfer gemäß § 67 ZPO beitreten, um auf diese Weise ein Versäumnisurteil zu verhindern.88 So kann er verhindern, dass der geschädigte Dritte durch Manipulation ein Versäumnisurteil und damit einen Deckungsanspruch erlangt.
III. Beweislast Im Rahmen von § 124 gelten die allgemeinen Grundsätze; vgl. dazu Kommentierung 34 zu § 100 Rn. 178 ff.
C. Rechtskrafterstreckung bei stattgebendem Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich Abs. 2 I. Grundsätzliches/Anwendungsbereich § 124 Abs. 2 ist im Lichte insbesondere der §§ 115, 117 Abs. 1 und 2 sowie des § 116 35 Abs. 1 zu sehen. Ist der VR von der Verpflichtung zur Leistung dem VN gegenüber ganz oder teilweise frei (gestörtes Versicherungsverhältnis), so bleibt gem. § 117 Abs. 1 gleichwohl seine Verpflichtung in Ansehung des Dritten bestehen. Ergänzt wird dieses Einstehenmüssen des VR gegenüber dem Dritten gem. § 117 Abs. 2, wonach ein Umstand, der das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, in Ansehung des Dritten erst mit dem Ablauf eines Monats wirkt, nachdem der VR die83
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 10 zugleich kritisch („Das ist dogmatisch nicht haltbar und wegen der fehlenden Schutzwürdigkeit des Geschädigten, der diese u.U. missliche Situation durch eine einheitliche Klage gegen den VN und den VR hätte vermeiden können, nicht geboten.“; ähnlich Römer/Langheid 3 § 124 Rn. 9. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 46; Denck VersR 1980 704, 707; Reiff VersR 1990 113, 122 f. Römer/Langheid3 § 124 Rn. 9. Römer/Langheid3 § 124 Rn. 9. Vgl. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2
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§ 124 Rn. 44 ff.; Römer/Langheid3 § 124 Rn. 9. Römer/Langheid 3 § 124 Rn. 9; Langheid/ Wandt/Schneider § 124 Rn. 14; Stiefel/Maier/ Jahnke18 § 124 Rn. 17; vgl. auch Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 50; Lemcke RuS 1993, 161, 162; Gottwald/Adolphsen NZV 1995 129 („elegante Lösung“). Vgl. etwa auch Lemcke RuS 1993, 161, 164, wonach in einer solchen Situation ein TeilVersäumnisurteil gegen VN oder Versicherten gem. § 310 ZPO nicht erlassen werden sollte ähnlich Langheid a.a.O. § 124 Rn. 8 f.
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sen Umstand der hierfür zuständigen Stelle angezeigt hat (vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 117). Bestehen aufgrund dieser Regelungen gegenüber dem Dritten Verpflichtungen des VR, ist dieser aber im Innenverhältnis gegenüber dem VN leistungsfrei, so kann der VR insbesondere gem. § 116 Abs. 1 Satz 2 beim VN Rückgriff nehmen (insgesamt zu den Rückgriffsmöglichkeiten des VR, vgl. § 117 Rn. 78 ff.). Vor diesem Hintergrund gewinnt § 124 Abs. 2 Bedeutung: Unter den Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 ist die vom VR vorgenommene Regulierung für den Rückgriffsanspruch gegenüber dem VN bindend. Diese Regelung ist des Weiteren vor dem Hintergrund zu sehen, dass der VN an das Regulierungsverhalten des VR aufgrund der vertraglich vereinbarten Regulierungsvollmacht gebunden ist, die auch bei Leistungsfreiheit im Innenverhältnis besteht.89 Die Vorschrift hat nicht nur Bedeutung im Rahmen des Rückgriffs des VR gegen den VN, sondern auch im Hinblick auf einen Rückgriff gegen den Versicherten.90 Keine Bedeutung hat die Regelung bei intakten Versicherungsverhältnissen. Insoweit ist der VR gegenüber dem VN bzw. dem Versicherten zur Leistung verpflichtet; ein Rückgriff des VR gegen VN bzw. Versicherten kommt gerade nicht in Betracht. Schon tatbestandlich findet die Vorschrift keine Anwendung, wenn der VN den Dritten vorab befriedigt. Dies führt seit der VVG-Reform zwar nicht ohne Weiteres zur Leistungsfreiheit des VR,91 gleichwohl geht von einer solchen „Regulierung“ durch den VN für den VR keine Bindungswirkung aus; ggf. müsste er beim Rückgriff gegenüber dem VR darlegen und beweisen, dass die erfolgten Leistungen auch vom Versicherungsschutz erfasst waren.92 Durch die Bindungswirkung gem. Abs. 2 besteht für den Fall eines Vergleichs oder eines Anerkenntnisses die Gefahr, dass Absprachen getroffen werden, die nicht der materiellen Haftungslage entsprechen, und die Position des VN negativ beeinflussen. Insofern wurde die Vorgängernorm teilweise für verfassungswidrig gehalten, da in diesen Fällen ein Vertrag zulasten Dritter geschlossen werde, und somit ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG gegeben sei.93 Gegen diese Sichtweise spricht, dass sich die Belastung des VN nicht in jedem Falle unmittelbar aus dem Vergleichsvertrag ergibt, sondern häufig durch die gesetzliche Anordnung der Rechtskrafterstreckung in Absatz 2. Die Rechtsfolge des Vergleichs wird durch Anordnung der Bindung erweitert, nicht jedoch durch die Norm selbst begründet. Der Vergleich wird vom VR im Hinblick auf seine eigene, aus § 115 folgende Verbindlichkeit geschlossen. Insofern liegt auch kein Vertrag zulasten Dritter im herkömmlichen Sinne vor.94 Nach anderer Auffassung soll die inhaltliche Bedenklichkeit der Norm z.B. dazu führen, dass an das Verschulden des HaftpflichtVR nur geringe Anforderungen zu stellen.95 Entscheidend dürfte sein, dass sich der VN gegen die Entscheidung des VR (Vergleich, Anerkenntnis) aber auch gegen ein entsprechendes Urteil insoweit verteidigen und geltend machen kann, dass der VR sich bei der Regulierung pflichtwidrig verhalten hat; insoweit steht dem VN eine „Überprüfungsmöglichkeit“ zur Seite; auch kann er vom VR gem. § 666 BGB Auskunft über die Schadensregulierung verlangen (vgl. Rn. 49, vgl. zur Anwendung des § 666 BGB § 116 Rn. 31). Problematisch 89 90
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Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 16; Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 17. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 18; OLG Düsseldorf 25.4.1997 VersR 1997 1140. Dazu Bruck/Möller/R. Koch9 Kommentierung zu § 105. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 18.
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Marotzke ZZP 100 164; Ebel VersR 1980 158; Thomas/Putzo/Reichhold § 325 ZPO Rn. 6. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 124 Rn. 12. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 60.
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und bedenklich würde die Rechtslage wohl dann, wenn sich herausstellen sollte, dass diese „Rechtsschutzmöglichkeit“ des VN faktisch nicht wirken würde und entgegen von § 124 Abs. 2, 2. Halbs. stets die Entscheidung des VR für den VN bindend wirkt. Bei einer solchen Sachlage wäre es angebracht, die Regelung zu überdenken.
II. Tatbestand 1. Rückgriffsanspruch Leistet der VR an den geschädigten Dritten, obwohl er dem VN gegenüber leistungs- 40 frei ist, hat er gegen diesen einen Rückgriffsanspruch aus § 116 Abs. 1 Satz 2. Der VN muss nach Absatz 2 die Feststellungen durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich aus dem Prozess zwischen VR und dem geschädigten Dritten gegen sich gelten lassen, wenn er vom VR in Anspruch genommen wird. Bedeutung erlangt diese Regelung vor allem bei gestörtem Versicherungsverhältnis und in Fällen der Nachhaftung (vgl. bereits oben Rn. 35). § 124 Abs. 2 setzt das Vorliegen eines Rückgriffanspruch des VR gegen den VN bzw. gegen eine versicherte Person gem. § 116 Abs. 1 Satz 2 voraus; erst soweit der VR die tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs dargetan und ggf. bewiesen hat, greift die von § 124 Abs. 2 ausgehende Bindungswirkung ein. Über die Regressansprüche des § 116 Abs. 1 hinaus wird durch § 124 Abs. 2 keine weitere Regressmöglichkeit begründet. 2. Rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich Die betreffenden Feststellungen können durch jede Art von Urteil erfolgen. Bei Leis- 41 tungen des VR aufgrund einer einstweiliger Verfügung findet die Vorschrift ebenso Anwendung, wie bei jeder anderen Entscheidung im zivilrechtlichen Eilrechtsschutz.96 Ausweislich des Tatbestands gilt die Bindungswirkung auch für Anerkenntnisse und Vergleiche. Dies lässt sich damit rechtfertigen, dass dem VR eine Regulierungsvollmacht zusteht und damit die Befugnis, den Versicherungsfall im eigenen Namen zu bearbeiten.97 Erfasst sind sowohl gerichtliche und außergerichtliche98 Vergleiche sowie Anerkenntnisse. Als derartiges Anerkenntnis hat die Rechtsprechung bereits eine Zahlung des VR gewertet, auch wenn sie „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ oder unter einem ähnlichen Vorbehalt geleistet wurde.99 Im Hinblick auf die Wirkung des Abs. 2 wird man indes einen verbindlichen Vergleich oder ein verbindliches Anerkenntnis voraussetzen müssen. Eine Entscheidung im Deckungsprozess zwischen VR/VN hat keine Auswirkungen 42 auf die Rechtsstellung des „anderen Schadenversicherers“ im Sinne von § 117 Abs. 3 Satz 2 oder des SVT, die Rechtsnachfolger des geschädigten Dritten sind. Eine Entscheidung im Deckungsprozess zwischen den Parteien des Versicherungsvertrages wirkt nicht gegenüber dem geschädigten Dritten und kann somit auch keine Folgen für dessen Rechtsnachfolger haben.100 96
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OLG Karlsruhe 27.11.1970 VersR 1971 509, 510; LG Stuttgart 6.4.1979 VersR 1979 1021, 1022 m. Anm. Ebel VersR 1980 158. Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 19; vgl. bereits oben Rn. 35. OLG Karlsruhe 27.11.1970 VersR 1971 509; Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 19.
99 OLG 100
Hamm 13.11.1981 VersR 1982 765, 766. BGH 4.12.1974 BGHZ 65 1, 6; m. Anm. v Gitter JR 1975 419, 420.
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3. Ausschluss der Bindungswirkung, Abs. 2, 2. Halbs. Das Gesetz geht davon aus, dass bei ordentlicher und gewissenhafter Prozessführung bzw. Schadensregulierung durch den VR die Wahrung der Interessen des VR gewährleistet ist und die Entscheidung des VR, ohne die Interessen des VN wesentlich zu beeinträchtigen, auch für diesen grundsätzlich rechtlich bindend werden kann. Verletzt nun der VR seine Pflicht zum ordentlichen und gewissenhaften Umgang mit dem Schadensfall, indem er seiner Pflicht zur Abwehr unbegründeter Entschädigungsansprüche, sowie zur Minderung oder sachgemäßen Feststellung des Schadens nicht nachkommt, darf dem VN hieraus allerdings kein Nachteil entstehen. Ist der VR dieser Pflicht schuldhaft nicht nachgekommen, ist der VN gem. Abs. 2, 2. Halbs. nicht an das entsprechende Urteil, den entsprechenden Vergleich bzw. das entsprechende Anerkenntnis gebunden. Die Verpflichtung des VR, bei der Regulierung bzw. Prozessführung die Belange des VN zu beachten, ergibt sich bereits aus dem Versicherungsvertrag. Somit stellt eine derartige Pflichtverletzung eine Verletzung des Versicherungsvertrages dar und kann zugleich Schadensersatzansprüche gegen den VR begründen. Mit diesen kann der VN ggf. auch aufrechnen. Zu beachten ist, dass dem VR bei der Regulierung des Schadens ein Ermessenspiel44 raum zusteht.101 Gleichwohl versteht es sich, dass der VR Umstände, die dem Versicherungsschutz entgegen stehen können, zu beachten hat. Beispiele solcher Umstände hat etwa Feyock zusammengefasst;102 danach liegt unter Umständen eine fehlerhafte, über das Ermessen hinausgehende Pflichtverletzung z.B. in folgenden Fällen vor: Im Rahmen der Schadensregulierung kann dem VR beispielsweise bei fragwürdiger Schilderung des Sachverhalts durch den Dritten, bei Bestreiten jeglicher Schadensverursachung durch den VN, bei möglicher Schadensverursachung durch ein anderes Kfz, bei Fehlen von Zeugen für das Schadensereignis, bei Fehlen einer Beschädigung des Fahrzeugs des VN,103 bei Ausbleiben einer Berücksichtigung des Quotenvorrechts des Sozialversicherungsträgers nach § 1542 RVO104 und bei Durchführung einer Regulierung trotz erkennbaren Mitverschuldens 105 möglicherweise eine Pflichtverletzung angelastet werden. Ein Verstoß des VR, die Belange des VN bei der Prozessführung in gebührender Weise zu beachten, kann beispielsweise die Zahlung einer Kapitalabfindung an den Geschädigten in Fällen des § 843 BGB wegen Erwerbsbeeinträchtigung bzw. Vermehrung der Bedürfnisse sein, obwohl kein wichtiger Grund gem. § 843 Abs. 3 BGB vorliegt. Keine schuldhafte Pflichtverletzung des VR ist gegeben, wenn der VN seine Bedenken nicht rechtzeitig äußert, obwohl es ihm möglich gewesen wäre oder er vom VR darauf hingewiesen wurde. Die Wirkungen des § 124 Abs. 2 greifen nicht ein, wenn der VN dem VR im Direkt45 prozess des Geschädigten beigetreten ist.106 Insoweit greift für den VN die hiermit verbundene prozessuale Bindungswirkung ein, was grundsätzlich der Annahme einer Pflichtverletzung durch den VR entgegensteht.
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101
102 103
Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 21 („weiter Ermessensspielraum“); ähnlich Maier/Stiefel/Jahnke18 § 124 VVG Rn. 55. Zum Folgenden: Feyock/Jacobsen/Lemor/ Jacobsen3 § 124 Rn. 9. OLG Köln 19.3.1993 RuS 1992 261.
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BGH 20.11.1980 VersR 1981 180, 181. Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen3 § 124 Rn. 9. Römer/Langheid3 §124 Rn. 13; Langheid/ Wandt/Schneider § 124 Rn. 21; Prölss/Martin/Knappmann28 § 124 Rn. 14.
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III. Rechtsfolgen Gem. § 124 Abs. 2 muss der VN die gerichtliche oder außergerichtliche Schadensfest- 46 stellung gegen sich gelten lassen. Um den VN zu entlasten, muss ihm unter Umständen die Möglichkeit der Tilgung des 47 Regressanspruches in angemessenen Raten eingeräumt werden.107 Der VR kann gem. § 116 Abs. 1 Satz 3 neben seiner Leistung an den Dritten vom VN 48 auch den Ersatz der Aufwendungen, die zur Anspruchsverfolgung notwendig waren, verlangen. Derartige Aufwendungen sind beispielsweise Gutachterkosten.
IV. Beweislast Hinsichtlich des Vorliegens einer Pflichtverletzung nach Abs. 2, 2. Halbs. 2 ist der 49 VN darlegungs- und beweisbelastet. Auch durch die Einfügung der Formulierung („es sei denn“) in Absatz 2 hat sich gegenüber der Vorgängerregelung hinsichtlich der Beweislast nichts geändert.108 Er muss dem VR also jedenfalls nachweisen, dass er seine Pflicht zur Abwehr unbegründeter Entschädigungsansprüche sowie zur Minderung oder sachgemäßen Feststellung des Schadens verletzt hat. Dabei hat der VN das Recht, vom VR gem. § 666 BGB Auskunft über die Schadensregulierung zu verlangen109. Insbesondere wenn der VR dem nicht nachkommt, wird man unter Umständen zu einer Beweislastumkehr gelangen können.110 Nach dem Wortlaut der Vorschrift hat der VN auch das Verschulden des VR darzule- 50 gen und ggf. zu beweisen. Teilweise wird insoweit zum Ausdruck gebracht, dass eine Pflichtverletzung „regelmäßig auch schuldhaft sein“ wird.111 Nach einer weiteren Ansicht sind – im Hinblick auf die Bedenklichkeit der Norm (dazu oben Rn. 39) – an das Verschulden des HaftpflichtVR nur geringe Anforderungen zu stellen.112 Eine Pflichtverletzung gem. § 124 Abs. 2, 2. Halbs. stellt in aller Regel zugleich eine versicherungsvertragliche Pflichtverletzung des VR dar, die unter Umständen sogar einen Schadensersatzanspruch des VN auslösen kann. Für einen solchen Schadensersatzanspruch würde indes jedenfalls die Verschuldensvermutung gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB gelten. Unterschiedliche Beweislastverteilung im Rahmen von § 124 Abs. 2 einerseits und im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs im Hinblick auf die gleiche Pflichtverletzung erscheinen aber kaum gerechtfertigt. Die allgemeine Vermutung im Hinblick auf das Verschulden wird man deshalb auch im Rahmen von § 124 Abs. 2 anwenden können.
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BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 332; OLG Hamm 25.2.1976 VersR 1978 379, 380; OLG Hamm 18.12.1970 VersR 1971 914, 915. Looschelders/Pohlmann/Schwartze 2 § 124 Rn. 17; der an dieser Stelle auf die anderslautende, dem § 3 Nr. 10 PflVG entsprechende Formulierung der Reformkommission verweist.
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Vgl. zur Anwendung des § 666 BGB § 116 Rn. 31. Vgl. auch Langheid/Wandt/Schneider § 124 (zunächst „sekundäre Darlegungslast“ des VR). Langheid/Wandt/Schneider § 124 Rn. 21. Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber 2 § 124 Rn. 60.
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D. Anwendung bei Direktansprüchen, Abs. 3 51
Rechtskrafterstreckung nach Absatz 1 und 2 besteht nur bei Vorliegen eines gesetzlichen Direktanspruchs des geschädigten Dritten gegen den VR gem. § 115 Abs. 1. Ein Direktanspruch kann nur dann vorliegen, wenn der Geschädigte sowohl den Schädiger/ VN als auch den VR in Anspruch nehmen kann. Dies gilt für Kfz-HaftpflichtVR und ggf. sonstige Pflichthaftpflichtversicherer. Nur in diesen Fällen kann ein Interesse an einer einheitlichen Entscheidungsfindung bestehen. Dies stellt Abs. 3 klar. Nur in diesem Falle besteht ein Bedürfnis wechselseitiger Bindungswirkung gem. Abs. 1 und Abs. 2.113
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BRDrucks. 16/6627 S. 7; Maier/Stiefel/ Jahnke18 § 124 Rn. 68.
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Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB 2012) (inkl. Alternativen für die echte unterjährige Beitragszahlung) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604 Umfang des Versicherungsschutzes 1. Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall . . 2. Vermögensschäden, Abhandenkommen von Sachen 3. Versichertes Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorsorgeversicherung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Leistungen der Versicherung . . . . . . . . . . . . 6. Begrenzung der Leistungen . . . . . . . . . . . . 7. Ausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Beginn des Versicherungsschutzes/Beitragszahlung 8. Beginn des Versicherungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/erster oder einmaliger Beitrag 10. Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/Folgebeitrag . . . . . . . . 11. Rechtzeitigkeit der Zahlung bei Lastschriftermächtigung . . . . . . . 12. Teilzahlung und Folgen bei verspäteter Zahlung . . . . . . . . . . . . 13. Beitragsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Beitrag bei vorzeitiger Vertragsbeendigung . . . . . . . . . . . . . . 15. Beitragsangleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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885 887 888 889 891 892 898 899
Dauer und Ende des Vertrages/Kündigung 16. Dauer und Ende des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Wegfall des versicherten Risikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18. Kündigung nach Beitragsangleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Kündigung nach Versicherungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. Kündigung nach Veräußerung versicherter Unternehmen . . . . . . . . . . . 21. Kündigung nach Risikoerhöhung aufgrund Änderung oder Erlass von Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Mehrfachversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
903 904 907 908 911 913 914
Obliegenheiten des Versicherungsnehmers 23. Vorvertragliche Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers 24. Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles . . . . 25. Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles . . . 26. Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten . . . . . .
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. 918 . 922 . 927 . 949
Weitere Bestimmungen 27. Mitversicherte Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28. Abtretungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29. Anzeigen, Willenserklärungen, Anschriftenänderung . . . 30. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Haftpflichtversicherung
31. Zuständiges Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 968 32. Anzuwendendes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 970 33. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972 Schrifttum Bähr Sinn und Zweck des Ausschlusses von Allmählichkeitsschäden in der allgemeinen Haftpflichtversicherung, VersR 1994 530; Bechert Neue AHB: Viele warten erst noch die VVG-Reform ab, VW 2006 1175; Birke/Isenbart Sanktionsklausel ersetzt Beratung nicht, VW 2012 513; Büsken Allgemeine Haftpflichtversicherung 5. Aufl. (2003); ders. Voraussetzungen und Wirksamkeit der Serienschadensklausel der AHB, NJW 2003 1715; Buschbel Radfahrer im Straßenverkehr: Haftungs- und versicherungsrechtliche Aspekte, NJW 2011 3605; Chab Abgrenzung zwischen Erfüllungsansprüchen und Haftpflichtansprüchen AnwBl. 2012 922; Diedrichsen Die Deckung des Produkthaftpflichtrisikos im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung VersR 1971 1077; Döring/ Meinke Risikoausschluss im Rahmen des § 4 AHB bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften und Wohngemeinschaften, VersR 1988 228; Eiselt Zur Abgrenzung der von der Betriebshaftpflichtversicherung nicht erfassten Erfüllungspflicht des Werkunternehmers, NJW 1984 899; Eyermann Verwaltungsgerichtsordnung 13. Aufl. (2010); Faust Der Schutz vor reinen Vermögensschäden – illustriert am Beispiel der Expertenhaftung, AcP 210 (2010) 555; Fenyves Anmerkungen zur „Herstellungsbzw. Lieferklausel“, VersR 1991 1; ders. Die rechtliche Behandlung von Serienschäden in der Haftpflichtversicherung (1988); Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze 60. Aufl. (2013); v. Forstner Zum Ausschluss nach AHB § 4 Ziff. 1 Abs. 6 Buchstabe b, VersR 1984 750; Franz Das Versicherungsvertragsrecht im neuen Gewand, VersR 2008 298; Fricke Wen oder was schützt § 215 VVG?, VersR 2009 15; ders. Das Internationale Privatrecht der Versicherungsverträge nach Inkrafttreten der Rom-I-Verordnung) VersR 2008 443; Garbes Die Haftpflichtversicherung der Architekten/ Ingenieure 4. Aufl. (2010); Gebauer Grenzen der Ausgestaltung weicher Tarifmerkmale, NVersZ 2000 7; Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) Erläuterungen zu den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung (Umwelthaftpflicht-Modell) (Stand: Februar 2012), http://www. gdv.de/wp-content/uploads/2012/08/VersBedingungen_Erlaeuterungen_UHV_Modell_2012.pdf (zit. GDV-Erläuterungen); Gräfe/Brügge Die Vermögensschadenhaftpflicht für Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Notare 2. Aufl. (2013); Graf von Westphalen Änderungsbedarf in der Haftpflichtversicherung (AHB) auf Grund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts? NVersZ 2002 241; ders. Das Kondensator-Urteil des BGH – Mangelbeseitigungsaufwendungen und Versicherungsschutz, ZiP 1992 532; Grigoleit/Riehm Die Kategorien des Schadensersatzes im Leistungsstörungsrecht, AcP 203 (2003)727; Grote/Schneider VVG 2008: Das neue Versicherungsvertragsrecht BB 2007 2689; Gruber Der Anspruch auf Ersatz von Nutzungs- und Betriebsausfall bei Lieferung einer mangelhaften Sache, ZGS 2003 130 ff; Harsdorf-Gebhardt Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Haftpflichtversicherung, RuS 2012 261; Heidemann Asbest und Schimmelpilze – derzeitiger Stand, VP 2003 92; Heinisch Compliance mit EU-Sanktionen in der Versicherungswirtschaft, CCZ 2012 102; ders. Die praktische Umsetzung von Sanktionen in der (Rück-)Versicherungswirtschaft, CCZ 2012 136; Hinsch Eigentumsverletzungen an neu hergestellten und an vorbestehenden Sachen durch mangelhafte Einzelteile, VersR 1992 1053; Hönig Sind Schadensersatzansprüche aus Amtspflichtverletzung (BGB § 839; GG Art. 34) Gegenstand des Versicherungsschutzes in Haftpflicht- u. Rechtsschutz-Versicherung?, VersR 1966 514; Huber Der Nacherfüllungsanspruch im neuen Kaufrecht, NJW 2002 1004; Hübner Zu Ausschluss und Definition des Nutzungsausfalls bei der Lieferklausel (§ 4 II 5 AHB), VersR 1985 810; Jenssen Der Ereignisbegriff in der Haftpflichtversicherung – eine kritische Würdigung der neueren Entwicklung, ZVersWiss 1987 425; R. Johannsen Bemerkungen zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflicht-Versicherung 2004, ZVersWiss 2005 179; ders. Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in der Haftpflichtversicherung, RuS 2000 133; ders. Haftpflichtversicherungsschutz gegen Umweltschäden durch Verunreinigungen des Erdbodens und der Gewässer (1987); ders. Bemerkungen zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung, ZVersWiss 1971 51; Klingmüller Zum Begriff des Ereignisses in AHB § 1 Ziff. 1, VersR 1981 421; Knappmann Alkoholbeeinträchti-
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Vorbemerkung
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gung und Versicherungsschutz, VersR 2000 11; R. Koch Abschied von der Rechtsfigur der verhüllten Obliegenheit, FS für Attila Fenyves (2013) 541; ders. Kollisions- und versicherungsvertragsrechtliche Probleme bei internationalen D&O-Haftungsfällen, VersR 2009 141; ders. Versicherung von Haftpflichtrisiken nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz,VersR 2007 288; ders. Nullstellung und Wiedereinschluss von IT-Risiken in der Betriebshaftpflichtversicherung (AHB 2004/BHV-IT), RuS 2005 181; ders. Versicherbarkeit von IT-Risiken (2005); ders. Haftung für die Weiterverbreitung von Viren durch E-Mails NJW 2004 801; Krause Das neue ProdukthaftpflichtVersicherungsmodell für Produktions- und Handelsbetriebe (Verbandsmodell des GDV vom März 2000) NVersZ 2001 103; ders. Deckung von Rückrufkosten und Unternehmerrisiko, NVersZ 1999 153; Krause-Allenstein Pro Bauvorhaben nur eine Versicherungssumme in der Berufshaftpflichtversicherung der Architekten?, NZBau 2011 217; Kretschmer Der Schadensereignisbegriff in der allgemeinen Haftpflichtversicherung – Mehrdeutigkeit und Intransparenz des § 1 Ziff. 1 AHB, VersR 2004 1376; Küppersbusch Der Anspruch des Sozialversicherungsträgers auf den Kapitalwert einer Rente nach § 110 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, RuS-Beil. 2011 60; Kullmann Die Rechtsprechung des BGH zum Produkthaftpflichtrecht in den Jahren 1991/92, NJW 1992 2669; Kuwert Allgemeine Haftpflichtversicherung 4. Aufl. (1990); Kuwert/Erdbrügger Privathaftpflichtversicherung 2. Aufl. (2005); Langheid Uneingeschränkte Haftpflichtdeckung trotz Vorsatz, NVersZ 1999 253; Littbarski Das neue Geräte- und Produktsicherheitsgesetz: Grundzüge und Auswirkungen auf die Haftungslandschaft, VersR 2005 448; ders. Betriebshaftpflicht und Anhängerschaden, NVersZ 2001 397; ders. Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (2001); ders. Der Folgeschaden in der Betriebshaftpflichtversicherung, VersR 1982 915; ders. Produkthaftpflichtversicherung (1999); Looschelders/Smarows Das Internationale Versicherungsvertragsrecht nach Inkrafttreten der Rom-I-Verordnung) VersR 2010 1; Looschelders/Heinig Der Gerichtsstand am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers nach § 215 VVG JR 2008 265; E. Lorenz Der subjektive Risikoausschluss durch § 61 VVG und die Sonderregelung in § 152 VVG, VersR 2000 2; Meyer-Kahlen Der Serienschaden in der Produkthaftpflichtversicherung VersR 1976 8; Müller-Frank/Langheid Rechtsprechungsübersicht zum Versicherungsvertragsrecht im ersten Halbjahr 2012, NJW 2012 2324; Müller-Hengstenberg/Kirn Vertragscharakter des Application Service Providing-Vertrags, NJW 2007 2370; dies. Rechtsprechungsübersicht zum Versicherungsvertragsrecht 2011, NJW 2012 358; Neuhaus Die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung im neuen VVG RuS 2008 45; Nickel Der Tätigkeitsschaden in der Betriebshaftpflichtversicherung, VersR 1987 965; Nickel/Nickel-Fiedler Technische Verträge – Deckungsschädlich in der Betriebs-Haftpflichtversicherung? RuS 2011 459; Nickel/Nickel-Fiedler Die Herstellungs- und Lieferungsklausel in der Betriebshaftpflichtversicherung, VersR 2011 41; Nowak-Over Auslegung und rechtliche Zulässigkeit von Serienschadensklauseln in der Haftpflicht- und Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (1991); Pardey Die Waffenklausel in der Privat- und Jagdhaftpflichtversicherung, VersR 1989 681; Richter „Gebrauch“ und „Betrieb“ eines Kfz, SVR 2011 13; Rolfes Der Versicherungsfall nach den AHB 02 und den AHB 04 am Beispiel der Arzthaftpflichtversicherung, VersR 2006 1162; Rottmüller Zur Anwendung der „Tätigkeitsklausel“ in § 4 I Ziff. 6b AHB, VersR 1986 843; Salzmann-Hennersdorf Zur Problematik des Haftpflichtversicherungsschutzes eines Zahnarztes für von ihm verursachte Erfüllungsschäden, VersR 2012 1101; Schacht Die Problematik der Gewässerschadenhaftpflicht nach 22 WHG in der Kommunalversicherung, VersR 1986 1045; Schamir Kein Versicherungsschutz für Asbestschäden, Der Sachverständige 2005 10; Schimikowski Aktuelle Fragen zum Abschluss des Versicherungsvertrags RuS 2012 577; ders. Mangelbeseitigung und Mangelfolgeschäden – Anmerkungen zu einem „Dauerthema“ der Haftpflichtversicherung, RuS 2012 105; ders. Vorvertragliche Informationspflichten des Versicherers und des Versicherungsnehmers – Ausgewählte Fragen, RuSBeil. 2011 96; ders. Die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung nach dem neuen VVG, VersR 2009 1304; ders. Die vorvertragliche Anzeigepflicht, RuS 2009 353; ders. Einbeziehung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den Vertrag RuS 2007 309; ders. Privathaftpflichtversicherung – aktuelle Themen und Rechtsprechung, RuS 2006 7; ders. Der Erfüllungsschadenausschluss in der Haftpflichtversicherung – Rechtscharakter, Reichweite, Transparenz –, RuS 2005 445; ders. Zins- und Kostenklauseln in der Haftpflichtversicherung, VersR 2005 861; ders. Ansprüche wegen abhanden gekommener Sachen in der Haftpflichtversicherung – Ausschluss, Abgrenzungsfragen, Einschlussmöglichkeiten –, RuS 2004, 397; ders. Umwelthaftungsrecht und Umwelthaftpflichtversicherung, 6. Aufl. (2002); ders. Das recht-
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liche Gebot zu transparenter und inhaltlich angemessener Gestaltung von AVB, RuS 1998 353; Schirmer/Marlow Die versicherungsrechtliche Behandlung sogenannter weicher Tarifmerkmale, VersR 1997 782; Schmalzl/Krause-Allenstein Berufshaftpflichtversicherung des Architekten und Bauunternehmers 2. Aufl. (2006); Schmidt-Salzer Produkthaftung Bd. IV Produkthaftpflichtversicherung, Teil 1, 2. Aufl. (1990); ders. Revolution der Betriebshaftpflichtversicherung durch Neudefinition des Ereignisbegriffs?, BB 1981 459; Schönke/Schröder Strafgesetzbuch 28. Aufl. (2010); Schramm Das Anspruchserhebungsprinzip – ein Deckungskonzept in der Haftpflichtversicherung mit Zukunft?, ZVersWiss Supplement Jahrestagung 2006 285; Seybold/Wendt Schafft Deckung doch Haftung? Eine Erinnerung an das Trennungsprinzip, VersR 2009 455; Späte Haftpflichtversicherung (1993); Späth Probleme der wissentlichen Pflichtverletzung in der Berufshaftpflichtversicherung nach § 4 Ziff. 6 AVB-WB, VersR 2000 825; Steinkühler/Kassing Das Claims-Made-Prinzip in der D&O-Versicherung, VersR 2009 643; Stockmeier Die kleine Benzinklausel, VersR 2013 823; ders. Die Haftpflichtversicherung des Internet-Nutzers (2005); Syré Handelt es sich bei dem Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB um einen solchen, der unter die Bestimmungen des § 1 AHB fällt?, VersR 1973 116; Teichler Verstoß, Ereignis oder claims made? Gedanken zu einer Reform der Versicherungsfalldefinition für die Haftpflichtversicherung in Deutschland, ZfV 1984 643; Terno Abgrenzungsprobleme zwischen KH-Versicherung und Allgemeiner Haftpflichtversicherung, RuS 2011 361; Theda Der Begriff „Ausland“ nach § 4 Abs. 1 Ziffer 3, AHB ZfV 1968 266; Thürmann Rückruf und Haftpflichtversicherung nach AHB und ProdHB, NVersZ 1999 145; Thürmann/Kettler Produkthaftpflichtversicherung und ausgewählte Fragen der Produkthaftpflicht 6. Aufl. (2009); van Bühren Handbuch Versicherungsrecht 5. Aufl. (2012); Vogel/Stockmeier Umwelthaftpflichtversicherung 2. Aufl. (2009); Voit Zum Ausschluss der Haftpflichtdeckung bei Krankheitsübertragung und Tierkrankheiten nach § 4 II Ziff. 4 AHB, VersR 1989 8; Vrzal Zur Beurteilung vorgerichtlicher Erklärungen des Haftpflichtversicherers im Rahmen der Schadensregulierung, VersR 2012 694; G. Wagner Das neue Umweltschadengesetz, VersR 2008 565; ders. Die gemeinschaftsrechtliche Umwelthaftung aus der Sicht des Zivilrechts, VersR 2005 117; O. Wagner Der richtige Gerichtsstand für Klagen des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer nach der VVG-Reform, VersR 2009 1589; Wandt Gedanken zur Serienschadenklausel Ziff. 6.3 AHB 2008, FS für Attila Fenyves (2013) 781; ders. Versicherungsverbote im Rahmen von Embargomaßnahmen, VersR 2013 257; ders. Zum Sachschadensbegriff in der Haftpflichtversicherung, FS für Helmut Schirmer (2005) 619; Weidinger Die Versicherung der Arzt- und Krankenhaushaftpflicht, MedR 2012 238; Wendt Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rechtsschutzversicherung – Der Rechtsschutzversicherer und sein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, RuS 2012 209; Weitzel Beweislast des Versicherers für vorsätzliches und widerrechtliches Handeln des VN, VersR 2006 783; Werber Haftungsverschärfendes Gesetz und Haftpflichtversicherung, VersR 1991 522; Graf von Westphalen Waren- oder Rückrufaktion bei nicht sicheren Produkten: §§ 8, 9 ProdSG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB – rechtliche und versicherungsrechtliche Konsequenzen DB 1999 1369; Wilting 4 II Ziff. 4 AHB – eine Ausschlussklausel für AIDS?, VersR 1988 115; Wussow Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung 8. Aufl. 1976); Zeller Versicherungsfall in der Produkt-Haftpflichtversicherung: Verstoß, Ereignis oder Anspruchserhebung, VW 1981 376.
Vorbemerkung 1
Der nachstehenden Kommentierung liegen die AHB-Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) i.d.F. vom April 2012 zugrunde, die u.a. die Grundlage für die Privat-, Betriebs-, Produkt-, Umwelthaftpflicht- und Rückrufkostenversicherung bilden. Der GDV hat die AHB ständig an die Rechtsentwicklung angepasst. Diese wurde in den 1990er Jahren vor allem durch die Rechtsprechung geprägt, die eine Änderung und Ergänzung einzelner Klauseln erforderlich machte. Im Jahre 2004 änderte der GDV die bis dato durch Paragraphen gekennzeichneten Klauseln und führte ein numerisches System ein. Zudem wurden zahlreiche Klauseln umgruppiert, um die Transparenz der AHB insgesamt zu verbessern. Die Reform des VVG hatte eine umfängliche Überarbeitung der AHB zur Folge. Um die Fortentwicklung der AHB besser nachvoll-
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ziehen und Rechtsprechung und Literatur zu den AHB vor Einführung des numerischen Systems besser einordnen zu können, werden die aktuelle Fassung sowie die letzte Fassung mit §§-Bezeichnungen aus dem Jahre 2002, mit der der GDV insbesondere der Schuldrechtsreform Rechnung trug, synoptisch dargestellt. Auf sonstige Fassungen wird nur näher eingegangen, soweit die hierzu ergangene Rechtsprechung für die Auslegung der aktuellen Fassung bedeutsam ist. Auf die Besonderheiten (Deckungserweiterungen/-einschränkungen) in der Privat- und Betriebshaftpflichtversicherung, wird im Rahmen der Kommentierung der AHB eingegangen. Dabei werden die GDV Muster-Bedingungsstrukturen in der Haftpflichtversicherung zugrunde gelegt.1 Produkthaftpflichtversicherung und die Umwelthaftpflicht-/-schadensversicherung werden eigenständig kommentiert. Abweichend von sonstigen Darstellungen wird zum besseren Verständnis nicht auf 2 Absätze, sondern auf die Sätze in den jeweiligen Klauseln Bezug genommen, die durchnummeriert und durch hochgestellte Ziffern gekennzeichnet werden. Beispiel: Statt Ziff. 1.1 Abs. 2 AHB heißt es somit Ziff. 1.1 S. 3 AHB. AHB 2012
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1. Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
§ 1 Ziff. 1 § 5 Ziff. 1
1.1 1Versicherungsschutz besteht im Rahmen des versicherten Risikos für den Fall, dass der VN wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadensereignisses (Versicherungsfall), das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögens schaden zur Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. 2Schadensereignis ist das Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist. 3Auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadensereignis geführt hat, kommt es nicht an.
§ 1 Ziff. 1 Der VR gewährt dem VN Versicherungsschutz für den Fall, dass er wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadensereignisses, das den Tod, die Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen (Personenschaden) oder die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hatte, für diese Folgen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. § 5 Ziff. 1 Versicherungsfall im Sinne dieses Vertrages ist das Schadensereignis, das Haftpflichtansprüche gegen den VN zur Folge haben könnte.
1.2 Kein Versicherungsschutz besteht für Ansprüche, auch wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt, (1) auf Erfüllung von Verträgen, Nacherfüllung, aus Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung, auf Schadensersatz statt der Leistung; (2) wegen Schäden, die verursacht werden, um die Nacherfüllung durchführen zu können; (3) wegen des Ausfalls der Nutzung des Vertragsgegenstandes oder wegen des Ausbleibens des mit der Vertragsleistung geschuldeten Erfolges; 1
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv.de/ downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/muster-
§ 4 I 6 Abs. 3 Versicherungsschutz besteht für Ansprüche – auf Erfüllung von Verträgen, Nacherfüllung, aus Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung, auf Schadensersatz statt der Leistung; – wegen Schäden, die verursacht werden, um die Nachbesserung durchführen zu können; – wegen des Ausfalls der Nutzung des Vertragsgegenstandes oder wegen des Ausbleibens des mit der Vertragsleistung geschuldeten Erfolges;
1Kein
bedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/.
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1. Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
§ 1 Ziff. 1 § 5 Ziff. 1
(4) auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen im Vertrauen auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung; (5) auf Ersatz von Vermögensschäden wegen Verzögerung der Leistung; (6) wegen anderer an die Stelle der Erfüllung tretender Ersatzleistungen.
– auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen im Vertrauen auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung; – auf Ersatz von Vermögensschäden wegen Verzögerung der Leistung; – wegen anderer an die Stelle der Erfüllung tretender Ersatzleistungen. 2Dies gilt auch dann, wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt.
1.3 1Es besteht – unbeschadet der übrigen Vertragsbestimmungen – Versicherungsschutz nur, soweit und solange dem keine auf die Vertragsparteien direkt anwendbaren Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos der Europäischen Union oder der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen. 2Dies gilt auch für Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos, die durch die Vereinigten Staaten von Amerika in Hinblick auf den Iran erlassen werden, soweit dem nicht europäische oder deutsche Rechtsvorschriften entgegenstehen.
Fehlt.
Übersicht Rn. A. B. I. II.
Ziff. 1 AHB . . . . . . . . . . . . . . Ziff. 1.1 AHB . . . . . . . . . . . . . Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . Versicherungsschutz im Rahmen des versicherten Risikos . . . . . . . . . . . . III. Eintritt des Schadensereignisses während der Wirksamkeit der Versicherung . . . 1. Begriff und Bedeutung des Schadensereignisses . . . . . . . . . . . . . . 2. Während der Wirksamkeit der Versicherung . . . . . . . . . . . . . . IV. Personen- und/oder Sach(folge)schaden 1. Personenschaden . . . . . . . . . . . 2. Sachschäden . . . . . . . . . . . . . a) Sachbegriff . . . . . . . . . . . . b) Vorliegen eines Sachschadens . . . c) Einzelfragen zur Qualifikation als Sachschaden . . . . . . . . . . . aa) Lieferung oder Herstellung mangelhafter Ware . . . . . . bb) Qualifizierung von sog. „Weiterfresserschäden“ . . . . . . . . cc) Produktionsschäden . . . . . . dd) Bearbeitungs-/Reparaturschäden . . . . . . . . . . . . ee) Abgrenzung zum Abhandenkommen . . . . . . . . . . .
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Rn. ff) Beschädigung eigener Sachen des VN . . . . . . . . . . . . . V. Inanspruchnahme auf Schadensersatz aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts . . 1. Begriff der gesetzlichen Haftpflichtbestimmung . . . . . . . . . . . . . . 2. Inanspruchnahme des VN auf Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zum Begriff des vom Versicherungsschutz erfassten Schadensersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . b) Einordnung von Anspruchsgrundlagen aa) Schadensersatzansprüche . . . . bb) Ausgleichsansprüche . . . . . . cc) Beseitigungsansprüche . . . . . dd) Aufwendungsersatzansprüche . . ee) Bereicherungsansprüche . . . . . ff) Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . gg) § 179 Abs. 1 BGB . . . . . . . . hh) § 14 Ziff. 4 Hs. 2 WEG . . . . . ii) Ansprüche aus EigentümerBesitzer-Verhältnis . . . . . . . 3. Privatrechtlicher Inhalt der Haftpflichtbestimmung . . . . . . . . . . . . . . VI. Inanspruchnahme durch einen Dritten . .
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
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Rn. C. I. II. III.
Ziff. 1.2 AHB . . . . . . . . Sinn und Zweck . . . . . . . Rechtsnatur . . . . . . . . . Reichweite von Ziff. 1.2 AHB 1. Ziff. 1.2 (1) AHB . . . . . 2. Ziff. 1.2 (2) AHB . . . . . 3. Ziff. 1.2 (3) AHB . . . . . 4. Ziff. 1.2 (4) AHB . . . . . 5. Ziff. 1.2 (5) AHB . . . . . 6. Ziff. 1.2 (6) AHB . . . . . D. Ziff. 1.3 AHB . . . . . . . . I. Sinn und Zweck . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
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63 63 64 69 69 74 81 83 85 86 89 89
Rn. II. III. E. I. II.
Anwendungsbereich . . . . . . . . . Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . AGB-Recht . . . . . . . . . . . . . . Einbeziehungskontrolle . . . . . . . Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . 1. Ziff. 1.1 und 1.2 AHB . . . . . . . 2. Ziff. 1.3 AHB . . . . . . . . . . . a) Transparenzkontrolle . . . . . b) Sanktionsbestimmungen der EU und Deutschlands . . . . . . . . c) Sanktionsbestimmungen der USA F. Beweislast . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
93 98 100 100 101 101 105 105
. . 107 . . 109 . . 114
A. Ziff. 1 AHB Ziff. 1 AHB bestimmt und begrenzt zugleich den Schutzbereich des Versicherungsver- 1 trages in persönlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht.1 Abschließend lässt sich der Schutzbereich nur im Zusammenhang mit der individuellen (z.B. Betriebsbeschreibung in der Betriebshaftpflichtversicherung) oder formularmäßigen (z.B. Privathaftpflichtversicherung) Umschreibung des versicherten Risikos (Ziff. 3 AHB), der Festlegung des Kreises der versicherten Personen (Ziff. 27 AHB) und des zeitlichen Umfangs des Versicherungsschutzes (materielle Versicherungsdauer) (Ziff. 8 ff. AHB) bestimmen. Die hierzu in den AHB getroffenen Regelungen werden durch die jeweils vereinbarten Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen konkretisiert. Zur teilweisen Betroffenheit des Schutzbereichs s. § 100 VVG Rn. 73 ff.
B. Ziff. 1.1 AHB I. Sinn und Zweck Ziff. 1.1 AHB definiert den Versicherungsfall und legt positiv die Voraussetzungen 2 fest, unter denen der VN Anspruch auf die Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz hat. Insoweit füllt Ziff. 1.1 AHB den Rahmen aus, den der Gesetzgeber den VR durch die offen gehaltene Fassung des § 100 VVG gegeben hat (§ 100 VVG Rn. 7). Die Leistungspflichten des VR sind in Ziff. 5 AHB festgelegt.
II. Versicherungsschutz im Rahmen des versicherten Risikos Versicherungsschutz besteht nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB im Rahmen des versicherten 3 Risikos. Hierzu zählt nach Ziff. 3 AHB die gesetzliche Haftpflicht (1) aus den im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Risiken des VN, (2) aus Risikoerhöhungen oder -erweiterungen sowie (3) aus Risiken, die für den VN nach Abschluss der Versicherung neu entstehen (Vorsorgeversicherung). Zu den weiteren Einzelheiten s. die Kommentierung zu Ziff. 3 und Ziff. 4 AHB.
1
Vgl. Prölss/Martin/Lücke § 1 AHB Rn. 1.
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III. Eintritt des Schadensereignisses während der Wirksamkeit der Versicherung 1. Begriff und Bedeutung des Schadensereignisses
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Nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB ist der Eintritt des Schadensereignisses während der Wirksamkeit der Versicherung Voraussetzung für den Anspruch auf Versicherungsschutz. Das Schadensereignis ist definiert in Ziff. 1.1 S. 2 als „Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist“. Klarstellend heißt es in S. 3, dass es auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadensereignis geführt hat, nicht ankomme. Entscheidend für den Versicherungsschutz ist somit nicht das haftungsbegründende Verhalten (Tun oder Unterlassen), sondern der Eintritt des Erfolgs. Der Streit über die Auslegung des Begriffs Schadensereignis, der daraus resultierte, dass es bis zu den AHB-Musterbedingungen 2002 an einer Definition dieses Begriffs fehlte, ist somit obsolet geworden.2 5 Gleichwohl äußern Lücke 3 und ihm folgend das OLG Brandenburg 4 Zweifel an der hinreichenden Transparenz der Versicherungsfalldefinition. Es sei z.B. unklar, ob bei der Lieferung einer fehlerhaften Maschine auf den Zeitpunkt der Lieferung oder erst der Inbetriebnahme abzustellen sei. Diese Kritik überzeugt nicht, weil der Begriff des Ereignisses im Hinblick auf die in der Haftpflichtversicherung (sowohl vom VN als auch vom VR) angestrebte Kongruenz zwischen Haftung und Deckung nicht losgelöst von der haftungsrechtlichen Ebene ausgelegt werden kann. Das Ereignis i.S.v. Ziff. 1.1 S. 2 AHB ist deshalb gleichbedeutend mit Eintritt der (ersten) Rechtsgutsverletzung.5 Werden fehlerhafte Produkte mit fehlerfreien Produkten verbunden, tritt das Schadensereignis (Verletzung des Eigentums an den fehlerfreien Produkten) somit im Zeitpunkt der Verbindung ein. Soweit Vermögensschäden mitversichert sind, ist der Beginn des Schadenseintritts maßgeblich (vgl. Ziff. 2 AHB Rn. 7 ff.). 2. Während der Wirksamkeit der Versicherung
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Nach dem Wortlaut von Ziff. 1.1 S. 1 AHB muss das Schadensereignis, d.h. die Rechtsgutsverletzung, „während der Wirksamkeit der Versicherung“ eingetreten sein. Gemeint ist hiermit die materielle Versicherungsdauer, also der Zeitraum, für den Versicherungsschutz besteht (vgl. Ziff. 8 ff. AHB).6 Er ist nicht zwingend identisch mit der formellen Vertragsdauer, die durch den Abschluss und das Ende des Vertrages markiert wird. Im Fall der Rückwärtsversicherung (§ 2 Abs. 1 VVG) beginnt der Versicherungsschutz vor Abschluss des Vertrages.
IV. Personen- und/oder Sach(folge)schaden 7
Der VN muss wegen eines Personen- oder Sachschadens und/oder eines sich daraus ergebenden Vermögensschadens in Anspruch genommen werden. Die AHB vollziehen insoweit die auf haftungsrechtlicher Ebene getroffene Differenzierung zwischen haftungsbegründendem Tatbestand (Rechtsgutsverletzung) und haftungsausfüllendem Tatbestand 2 3 4
Vgl. Nachw. bei Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 1. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 42. OLG Brandenburg 23.10.2012 RuS 2013 125, 126.
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Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 12; HK-VVG/Schimikowski AHB Ziff. 1 Rn. 22. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 5; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 4.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
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nach. In dem Umfang, in dem der VN für den Ersatz der Folgeschäden aus einem Personen- oder Sachschaden nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB haftet, besteht grundsätzlich Deckung. 1. Personenschaden Der Begriff „Personenschaden“ ist dem BGB fremd. §§ 249 Abs. 2 S. 1, 842 BGB (amtliche Überschrift) sprechen von „Verletzung einer Person“. In § 843 BGB ist die Rede von Verletzung des Köpers oder der Gesundheit. § 823 Abs. 1 BGB differenziert zwischen Verletzung des Lebens, des Körpers und der Gesundheit. Nach Schiemann erfasst die Formulierung „Verletzung einer Person“ nicht nur Eingriffe in die körperliche Integrität, sondern auch in die Freiheit und das Persönlichkeitsrecht.7 Der Begriff „Personenschaden“ hat – ohne nähere Bestimmung – Eingang in zahlreiche Sondergesetze (z.B. §§ 1 PflVG, § 45 LuftVG) sowie in das Sozialversicherungsrecht (z.B. § 104 SGB VII) gefunden. Zum Teil geben die amtlichen Überschriften Aufschluss über das Verständnis des Gesetzgebers. So statuiert § 45 LuftVG unter der Überschrift „Haftung für Personenschäden“ die Verpflichtung des Luftfrachtführers zum Ersatz des Schadens, der daraus resultiert, dass ein Fluggast durch einen Unfall an Bord eines Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen „getötet, körperlich verletzt oder gesundheitlich geschädigt“ wird. Bis zur Fassung 2002 haben die AHB-Musterbedingungen den Personenschaden definiert als Schadensereignis, „das den Tod, die Verletzung oder Gesundheitsbeschädigung von Menschen“ zur Folge hatte (vgl. § 1 Ziff. 1 S. 1 AHB 2002). Seither verzichtet der Musterbedingungsgeber auf eine Definition. Gleichwohl ist die früher verwandte Definition weiterhin als Ausgangspunkt für die Auslegung maßgebend, weil sie im Einklang mit dem Verständnis des durchschnittlichen VN steht. Der Verzicht auf eine Definition gibt jedoch Spielraum für eine weiter gehende Auslegung, die nicht nur Ansprüche wegen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einschließt, sondern auch Eingriffe in die körperliche Freiheit umfasst, ohne dass zugleich ein Personenschaden vorliegen muss. Insoweit sei auch auf die – für die Auslegung nach Ansicht der Rechtsprechung allerdings unbeachtliche (s. Ziff. 7 AHB Rn. 3) – Begründung verwiesen, die der GDV für den Verzicht auf die Definition gegeben hat. Der GDV führt die „eher fließende Rechtsprechung in diesem Bereich“ an, weshalb „eine offene Formulierung als geeigneter anzusehen [.] [sei], umfassend zu greifen“.8 Auf der anderen Seite hat der GDV seit der Neufassung der AHB im Jahre 2004 in Ziff. 7.16 AHB ausdrücklich einen Ausschluss für Persönlichkeitsschäden vorgesehen. Der Streit über die Einbeziehung solcher Ansprüche 9 hat sich also praktisch erledigt, da gegen die Wirksamkeit dieses Ausschlusses, selbst wenn er konstitutiv sein sollte, keine Bedenken bestehen.10 Zum Wiedereinschluss bei IT-Risiken gem. Ziff. 2.4. ZusBed IT s. Ziff. 7 Rn. 403 f.11
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Vgl. Staudinger/Schiemann § 249 Rn. 217. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 25/04 M v. 17.6.2004, Synopse, Hinweise zu Ziff. 1.1 (Hervorhebung durch den Verfasser). S. hierzu Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 31 f.; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 24; Späte § 1 Rn. 49;
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Littbarski AHB § 1 Rn. 18; Wussow § 1 Rn. 80; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 71. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 33. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 30; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 24; Späte § 1 Rn. 51.
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Im Übrigen kann ein Personenschaden nicht nur bei einer physischen, sondern selbstverständlich auch bei einer psychischen Beeinträchtigung gegeben sein. Voraussetzung für die Deckung ist jedoch, dass die Beeinträchtigung geeignet ist, Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB auszulösen. Die Schädigung des ungeborenen oder noch nicht gezeugten mitversicherten Kindes ist ebenfalls als Personenschaden zu qualifizieren, wenn es deswegen später krank zur Welt kommt.12 Dabei reicht es aus, wenn die psychische Schädigung der Mutter zu einem Schaden beim Kind führt.13 13 Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht nur auf die Personenschäden selbst, sondern auch auf alle daraus resultierenden Personenfolgeschäden, auch „unechte“ Vermögensschäden oder Vermögensfolgeschäden genannt, die aus den finanziellen Nachteilen für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten resultieren (vgl. § 842 BGB).14 Neben den Heilungskosten zählen der Erwerbsausfallschaden, die Minderung der Erwerbsfähigkeit, vermehrte Bedürfnisse (vgl. § 843 Abs. 1 BGB) sowie das Schmerzensgeld dazu.15 Zu den versicherten Folgeschäden zählt auch das Abhandenkommen von Sachen infolge eines Personenschadens (Ziff. 2 AHB Rn. 24). 2. Sachschäden
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a) Sachbegriff. Bis zur Fassung 2002 haben die AHB-Musterbedingungen den Begriff des Sachschadens definiert als Schadensereignis, das „die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen zur Folge hatte“. Seither verzichtet der Musterbedingungsgeber – wie bei den Personenschäden – auf eine Definition. Von einem Sachschaden i.S.v. Ziff. 1.1. S. 1 AHB lässt sich begrifflich nur sprechen, wenn der Schaden an einer „Sache“ eingetreten ist. Im Hinblick auf die in der Haftpflichtversicherung (sowohl vom VN als auch vom VR) angestrebte Kongruenz zwischen Haftung und Deckung16 ist ausgehend von dem Verständnis und der Interessenlage des (durchschnittlichen Haftpflicht-)VN, die sich am Wortlaut der Klausel und an deren Sinn und Zweck orientieren,17 die bürgerlich-rechtliche Definition der Sache gem. § 90 BGB für die Auslegung der AHB maßgebend.18 15 Sachen im bürgerlich-rechtlichen Sinne sind abgrenzbare und beherrschbare körperliche Gegenstände.19 Ohne Bedeutung ist der Aggregatzustand, sodass auch Gas und
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BGH 12.11.1952 BGHZ 8 23, 24; BGH 5.5.1970 BGHZ 54 45, 48; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 26; Späte § 1 Rn. 48; Littbarski AHB § 1 Rn. 16; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 28. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 30. Späte § 1 Rn. 50. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 36; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 27; Littbarski AHB § 1 AHB Rn. 19. Vgl. OLG München 27.5.1998 RuS 1999 146, 147. Vgl. BGH 18.6.2008 RuS 2008 381 f.; BGH 25.4.2007 NJW 2007 2544, 2545; BGH 11.12.2002 RuS 2003 149, 150; BGH 8.12.1999 NJW 2000 1194, 1195 f.; OLG München 9.2.1999 NJW-RR 1999 1303, 1304; BGH 23.6.1993 BGHZ 123 83,
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85; BGH 18.3.1992 NJW-RR 1992 793 f.; BGH 5.2.1992 NJW 1992 1511, 1512; BGH 26.3.1986 NJW-RR 1986 900, 901. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 29; Späte § 1 Rn. 55; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 31; Wussow § 1 Anm. 34; weiter gehend Bruck/Möller/ R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 73, der aus der Zubilligung eines Schadensersatzanspruchs die Sacheigenschaft bei körperlichen, aber nicht beherrschbaren Sachen herleiten will (bezogen auf Gewässerschäden); wohl auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 28. Vgl. auch BGH 14.7.1993 NJW 1993 2346, 2437; OLG Hamm 5.10.2012 BeckRS 2012 23275; OLG München 14.11.1966 NJW 1967 1326, 1328.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
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Wasser unter den Sachbegriff fallen, sofern sie in einem Raume, Behälter oder einem geschlossenen (Leitungs-)Wassersystem (z.B. Stausee, Teich) abgegrenzt (und deshalb beherrschbar) sind.20 Keine Sachqualität weist deshalb Grundwasser auf (soweit es sich nicht in abgeschlossenen Grundwasserseen befindet 21).22 Zur Mitversicherung der gesetzlichen Haftpflicht für unmittelbare oder mittelbare Folgen von Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit eines Gewässers einschließlich des Grundwassers s. Kommentierung zu Ziff. 7.10 lit. b) AHB Rn. 331 ff. Elektrizität ist hingegen keine Sache im bürgerlich-rechtlichen Sinne, da sie keine kör- 16 perliche Existenz hat.23 Tiere sind weder nach dem Gesetz (§ 90a S. 1 BGB) noch nach der Verkehrsanschauung als Sachen anzusehen. Nach § 90a S. 3 BGB finden auf sie die für Sachen geltenden Vorschriften jedoch entsprechend Anwendung. Tiere können somit Gegenstand eines Sachschadens sein. Im Hinblick auf die durch die Haftpflichtversicherung angestrebte Kongruenz von Haftung und Deckung sind sie versicherungsrechtlich deshalb als Sache zu qualifizieren.24 Umstritten ist die Einordnung von Daten und Programmen. Für deren Qualifikation als 17 Sachen i.S.d. § 90 BGB spricht, dass die danach vorausgesetzte Körperlichkeit nach der Verkehrsanschauung nur sinnliche Wahrnehmbarkeit und Beherrschbarkeit des Gegenstandes verlangt,25 mögen diese auch erst durch eine technische Einrichtung ermöglicht werden.26 Beide Voraussetzungen sind bezüglich solcher Daten und Programme gegeben, die auf einem Datenträger gespeichert sind. Der Anwender kann sie mit Hilfe des Bildschirms, der Tastatur oder der Maus abrufen, bearbeiten, speichern, löschen oder per E-mail versenden. Nur solchen Daten und Programmen, die bei Ausfall der Energiezufuhr (Strom, Akku) oder bei einem Programmabsturz (abnormal program termination) verloren gehen, weil sie noch nicht durch die automatische Sicherung gespeichert sind, ist deshalb die Sachqualität abzusprechen. Der Musterbedingungsgeber hat die Unsicherheit über die Qualifikation seit der AHB-Neufassung 2004 insoweit beseitigt, als es um die Haftpflichtrisiken aus dem elektronischen Datenaustausch geht (vgl. Ziff. 7.15 AHB). b) Vorliegen eines Sachschadens. Nach der Rechtsprechung zu § 1 Ziff. 1 AHB a.F. 18 liegt ein Sachschaden immer dann vor, wenn auf die Substanz einer bereits bestehenden Sache körperlich so eingewirkt wird, dass deren zunächst vorhandener Zustand beeinträchtigt und dadurch die Brauchbarkeit zur Erfüllung des ihr eigentümlichen Zwecks wirtschaftlich beeinträchtigt wird.27 Eine Verletzung der Sachsubstanz selbst ist jedoch
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Vgl. KG 29.10.2010 NJW-RR 2011 468, 469; OLG Brandenburg 19.12.2001 RdE 2004 20, 23; MüKo-BGB/Holch § 90 Rn. 38. BGH 22.12.1976 BGHZ 69 1, 3 ff. = NJW 1977 1770. Vgl. OLG Hamm 5.10.2012 RuS 2013 68, 69 = BeckRS 2012 23275; LG Berlin 23.10.2001 RuS 2003 234, 236. BGH 8.7.1981 NJW 1982 930, 931 f.; BGH 10.11.1960 NJW 1961 453, 455; RG 16.12.1907 RGZ 67 229, 232. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 35; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 29; Späte § 1 Rn. 57. OLG Schleswig 9.4.2003 NJW-RR 2003 1170, 1171; OLG Schleswig 14.12.2000
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NJW 2001 1073 f.; Staudinger/Jickeli/Stieper § 90 Rn. 1; Bamberger/Roth/Fritzsche § 90 Rn. 5 ff.; MüKo-BGB/Holch § 90 Rn. 8. MüKo-BGB/Holch § 90 Rn. 8. Vgl. BGH 21.9.1983 VersR 1983 1169 f.; BGH 27.6.1979 VersR 1979 853, 854; BGH 14.4.1976 VersR 1976 629, 631; BGH 28.5.1969 VersR 1969 723, 726; BGH 26.1.1961 VersR 1961 265, 266; BGH 24.10.1960 NJW 1961 269 f. OLG Hamm 21.5.1976 VersR 1978 28, 29; OLG Hamm 3.5.1989 RuS 1989 334, 335; OLG Hamm 11.11.1992 VersR 1993 823; OLG Saarbrücken 29.11.1995 VersR 1996 1356, 1357.
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nicht erforderlich. Vielmehr reicht eine körperliche Einwirkung ohne eine solche aus.28 Damit unterscheidet sich der deckungsrechtliche Begriff des Sachschadens i.S.v. § 1 Ziff. 1 AHB a.F. von der für das Haftungsrecht maßgebenden Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB vor allem darin, dass letztere auch die Beeinträchtigung des Rechts an einer Sache oder deren Nutzungsmöglichkeit umfasst, ohne dass es darauf ankommt, ob eine körperliche Einwirkung auf die Sachsubstanz stattgefunden hat.29 19 Ausreichend für die Annahme einer Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB ist bereits die Beeinträchtigung des Eigentümers in dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache, wenn und soweit sich die Beeinträchtigung auf die Benutzbarkeit der Sache und nicht nur auf die Dispositionsmöglichkeit des Eigentümers auswirkt, m.a.W. der bestimmungsgemäße Gebrauch der Sache unmittelbar entzogen wird und nicht lediglich eine vorübergehende Einengung der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit vorliegt.30 Der BGH hat eine Gebrauchsbeeinträchtigung im vorgenannten Sinn bejaht für ein Schiff, das durch ein Schifffahrtshindernis derart in einem Kanal eingeschlossen war, dass es jede Bewegungsmöglichkeit verlor, eine Eigentumsverletzung hinsichtlich des ausgesperrten Schiffs dagegen verneint.31 Ferner hat er eine Eigentumsverletzung angenommen bei einer mehrtätigen Blockade von Baumaschinen32 und bei der polizeilichen Absperrung eines Betriebsgrundstücks wegen der auf dem Nachbargrundstück bestehenden Explosionsgefahr33. 20 Die Neufassung des Ziff. 1.1 AHB verzichtet – wie beim Personenschaden – auf die Definition des Begriffs des Sachschadens. Damit stellt sich die Frage, ob nicht der Begriff der Eigentumsverletzung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB zur Auslegung dieses Begriffs herangezogen werden kann.34 Hierfür ließe sich die für den Verzicht auf die Definition des Sachschadens gegebene Begründung des Musterbedingungsgebers anführen (die allerdings für die Auslegung unbeachtlich ist, s. Ziff. 7 AHB Rn. 3). Infolge der Aufgabe der Definition ist es jedenfalls vertretbar, die Verschlechterung der Gebrauchstauglichkeit für die Annahme eines Sachschadens ausreichen zu lassen und insoweit auf das Erfordernis einer Einwirkung körperlicher Art zu verzichten.35 Nach der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB (Grundsatz der anwenderfeindlichsten Auslegung) erfasst der Begriff des Sachschadens somit nicht nur Beeinträchtigungen der Sachsubstanz, sondern auch bloße Nutzungsbeeinträchtigungen.36 21 Die Differenzierung zwischen Eigentumsverletzung und Sachschaden ist – abgesehen vom Abhandenkommen – nur insoweit noch von Bedeutung, als es für die Deckung keine Rolle spielt, ob der Geschädigte Eigentümer der beschädigten oder zerstörten
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BGH 27.6.1979 VersR 1979 853, 854 f.; OLG Hamm 11.11.1992 VersR 1993 823; OLG Hamm 21.5.1976 VersR 1978 28; Späte § 1 Rn. 55 ff.; Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 § 1 AHB Rn. 12; Littbarski AHB § 1 Rn. 18. Vgl. Thürmann in: Thürmann/Kettler 57 f. Vgl. BGH 21.12.1970 BGHZ 55 153, 159 f. – Fleet-Fall; BGH 31.10.1974 BGHZ 63 203, 207 – Kfz-Papiere; vgl. auch Staudinger/ Hager § 823 Rn. B 96 ff.; MüKo-BGB/Wagner § 823 Rn. 111 ff.; MüKo-BGB/Mertens 3 § 823 Rn. 113 ff.; Möschel JuS 1977 1, 2 f.;
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Grunewald JZ 1987 1098, 1100; Franzen JZ 1999 702, 707 f. Vgl. BGH 21.12.1970 BGHZ 55 153, 159 – Fleet-Fall. Vgl. BGH 4.11.1997 BGHZ 137 89, 97 f. Vgl. BGH 21.6.1977 NJW 1977 2264 ff. Ablehnend Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 28, der auf § 303 StGB als Bezugsnorm zurückgreifen will. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 22. Vgl. MüKo-BGB/Wagner § 1 ProdHaftG Rn. 5; Staudinger/Oechsler § 1 ProdHaftG Rn. 8.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
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Sache ist (oder war).37 Versicherungsschutz besteht deshalb auch für die Ansprüche von Inhabern beschränkt dinglicher Rechte oder von Anwartschaftsrechten sowie für die Ansprüche von rechtmäßigen Besitzern. c) Einzelfragen zur Qualifikation als Sachschaden aa) Lieferung oder Herstellung mangelhafter Ware. Die Lieferung oder Herstellung 22 mangelhafter Ware stellt keinen Sachschaden i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB dar. Eine Eigentumsverletzung/ein Sachschaden scheidet aus, weil der Erwerber zu keiner Zeit mangelfreies Eigentum an der Sache hatte.38 Soweit die Verwendung der fehlerhaften Sache Schäden an anderen Sachen verursacht, besteht für die daraus resultierenden vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüche Deckung. Bloße Umbaukosten als Folge fehlerhafter Lieferung/Herstellung stellen dagegen einen nicht versicherten (reinen) Vermögensschaden dar.39 Dagegen ist eine Eigentumsverletzung 40/Sachbeschädigung zu bejahen, wenn die Sache nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet oder verwertet werden kann. So liegt der Fall, wenn einzelne Tiere einer Herde mit einem Krankheitserreger infiziert worden sind und dadurch auch die Brauchbarkeit der anderen Tiere als Zuchtvieh aufgehoben ist.41 bb) Qualifizierung von sog. „Weiterfresserschäden“. Von der Lieferung oder Herstel- 23 lung einer mangelhaften Sache sind die sog. „Weiterfresserschäden“ abzugrenzen. Hierbei handelt es sich um die Fälle, in denen bei einem aus mehreren Einzelteilen bestehenden Erzeugnis – einer zusammengesetzten Sache – ein funktionell abgrenzbares Einzelteil mit einem Mangel behaftet ist, der nach einer gewissen Zeit zur Beschädigung oder Zerstörung der zusammengesetzten Sache oder Teilen dieser Gesamtsache führt. Die Rechtsprechung bejaht in solchen Konstellationen eine Eigentumsverletzung an der Restsache, sofern nicht der Mangelunwert der Sache bei Eigentumsübergang und der später eingetretene Schaden „stoffgleich“ sind.42 Da nach hier vertretener Ansicht der Schutzbereich des Sachschadens nach Ziff. 1.1 S.1 AHB – mit Ausnahme des Abhandenkommens – nicht anders zu bestimmen ist als derjenige der Eigentumsverletzung in § 823 Abs. 1 BGB, stellt sich die Beeinträchtigung der Restsache durch weiterfressende Mängel auch als Sachschaden i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB dar.43
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Vgl. Späte § 1 Rn. 67; Littbarski AHB § 1 Rn. 22. Vgl. zum Begriff des Sachschadens i.S.d. AHB BGH 29.9.2004 RuS 2004 499, 500 = VersR 2005 110 f.; BGH 27.6.1979 VersR 1979 853, 854; BGH 14.4.1976 VersR 1976 629, 631; OLG Karlsruhe 15.1.2009 NJOZ 2009 1934, 1936; OLG Düsseldorf 3.3.1998 RuS 1999 18, 19; OLG Saarbrücken 29.11.1995 VersR 1996 1356, 1357; OLG Hamm 21.4.1989 VersR 1990 376, 377; ÖOGH 24.3.1988 VersR 1989 423 f.; ÖOGH 3.2.1977 VersR 1978 477; zur Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 BGB s. BGH 27.1.2005 NJW 2005 1423, 1425; BGH 12.12.2000 NJW 2001 1346, 1347. BGH 29.9.2004 RuS 2004 499, 500 = VersR 2005 110 f. Vgl. BGH 25.10.1988 NJW 1989 707, 708.
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OLG Celle 6.2.1961 VersR 1962 1050, 1051; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 29. St. Rspr., BGH 12.12.2000 NJW 2001 1346, 1347; BGH 3.2.1998 NJW 1998 2282, 2283 f.; BGH 14.5.1985 NJW 1985 2420 f; BGH 18.1.1983 BGHZ 86 256, 259 ff. = NJW 1983 812. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 32; HK-VVG/Schimikowski/Schimikowski Ziff.1 Rn. 27; Berliner Kommentar/ Baumann § 149 Rn. 34; Wandt FS Schirmer 629; Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8.174; Thürmann, in: Thürmann/Kettler 48 f.; Foerste/Graf von Westphalen/Graf von Westphalen § 50 Rn. 50; MAH/Molitoris/ Stempfle § 14 Rn. 56 (bezogen auf Ziff. 1.1 ProdHM); vgl. auch Littbarski AHB § 1 Rn. 29, § 4 Rn. 506 ff.
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Weiterfresserschäden sind auch bei der Erbringung von Werkleistungen möglich, etwa wenn spätere mangelhafte Leistungsteile solche vorangehenden Leistungsteile schädigen, die schon mangelfrei in das Eigentum des Bestellers übergegangen waren.44 Für solche Schäden besteht jedoch aufgrund des Ausschlusses gem. Ziff. 7.8 AHB (Ziff. 7.8 AHB Rn. 241 ff.) kein Versicherungsschutz.
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cc) Produktionsschäden. Von der Fallgruppe der „Weiterfresserschäden“ sind wiederum die Sachverhalte abzugrenzen, in denen im Rahmen des Herstellungsprozesses einwandfreie Sachen mit fehlerhaften Sachen verbunden, vermischt oder be-/verarbeitet werden. In solchen Fällen liegt haftungsrechtlich eine Eigentumsverletzung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB und deckungsrechtlich ein Sachschaden i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB 45 an jenen Einzelteilen vor, die zuvor unversehrt im Eigentum des Herstellers der Gesamtsache standen, soweit sie durch ihr unauflösliches Zusammenfügen mit fehlerhaften Teilen des Zulieferers nicht nur in ihrer Verwendbarkeit, sondern erheblich in ihrem Wert beeinträchtigt oder gar wertlos geworden sind.46 Daneben ist eine Eigentumsverletzung/ein Sachschaden an den zuvor unversehrten Teilen des Herstellers zu bejahen, wenn der Ausbau der defekten Teile zur Beschädigung oder Zerstörung der zuvor unversehrten Teile führt.47
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dd) Bearbeitungs-/Reparaturschäden. Ein Sachschaden liegt vor, wenn eine zur Reparatur oder sonstigen Bearbeitung gegebene Sache durch die Werkleistung in Integrität und Wert gemindert wird.48 Schäden, die im Rahmen der Nacherfüllung in Form der Nachbesserung an anderen Sachen (etwa ein durch den Wassereintritt zu Schaden gekommenes Baugerät) oder an einem anderen Gewerk 49 entstanden sind, stellen ebenfalls einen Sachschaden dar.50 Gleiches gilt, wenn der im Rahmen der Ersatzlieferung (Kaufvertrag) oder Neuherstellung (Werkvertrag) erforderliche Ausbau der defekten Sache zu einer Beschädigung anderer Sachen führt. Bei Bearbeitungs-/Reparaturschäden kommt regelmäßig der Ausschluss gemäß Ziff. 7.7 AHB (Ziff. 7.7 AHB Rn. 190 ff.) zum Tragen.
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ee) Abgrenzung zum Abhandenkommen. Aus Ziff. 2.2 AHB folgt, dass das Abhandenkommen (hierzu Ziff. 2 AHB Rn. 20 ff.) von Sachen nach dem Willen des Bedingungsgebers nicht als Sachschaden i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB anzusehen ist. Insbesondere in den Fällen, in denen die Sache mit dem Abhandenkommen zugleich vernichtet oder danach zerstört oder beschädigt wird, stellt sich die Frage, ob Versicherungsschutz besteht. Diese Frage ist zu Recht bejaht worden (hierzu sogleich Rn. 28). Es gilt zu beachten, dass zur Auslegung des Sachschadenbegriffs nicht auf die Auslegung der Begriffe Vermögensschaden und Abhandenkommen zurückgegriffen werden kann, weil für Sachschäden nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB grundsätzlich immer – für Ansprüche wegen
44
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Vgl. nur BGH 27.1.2005 BGHZ 162 86, 93=NZBau 2005 287; Staudinger/Peters/ Jacoby § 634 Rn. 168. Vgl. Späte § 1 Rn. 70; Wussow § 1 Rn. 45; Krause NVersZ 2001 103, 107; nunmehr auch Thürmann PHI 2000 163, 169; differenzierend Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.550. Vgl. BGH 31.3.1998 NJW 1998 1942, 1943 – Transistor. Vgl. BGH 12.2.1992 BGHZ 117 183, 188 =
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VersR 1992, 837, 838 – Kondensator; Staudinger/Peters/Jacoby § 634 Rn. 166; Thürmann, in: Thürmann/Kettler 54 f.; Späte § 1 Rn. 71; Schmidt-Salzer/Hinsch/ Thürmann Rn. 7.550. Staudinger/Peters/Jacoby § 634 Rn. 167. Vgl. BGH 20.9.1962 NJW 1962 2106 f. Vgl. BGH 16.6.2010 RuS 2011 284, 286; BGH 20.11.1990 RuS 1991 83; OLG Karlsruhe 15.1.2009 NJOZ 2009 1934, 1936.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
AHB 2012 Ziff. 1
Vermögensschäden und Abhandenkommen dagegen gem. Ziff. 2 AHB nur bei besonderer Vereinbarung – Deckung besteht. Der Begriff des Sachschadens muss deshalb eigenständig aus sich selbst heraus bestimmt werden, was im Verhältnis zum Vermögensschaden auch durch dessen negative Abgrenzung in Ziff. 2.1 AHB deutlich wird. Nichts anderes gilt für das Abhandenkommen. Nicht nur aus dem für den VN erkennbaren Willen des VR, sondern auch aus dem Sinnzusammenhang zwischen Ziff. 1.1 S. 1 und Ziff. 2.2 AHB wird klar, dass der Begriff des Sachschadens inhaltlich nicht mithilfe des Begriffs des Abhandenkommens bestimmt werden kann. Vielmehr gilt umgekehrt, dass ein Abhandenkommen i.S.v. Ziff. 2.2. nur bejaht werden kann, wenn kein Sachschaden gegeben ist. Ein Sachschaden i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB liegt danach nicht nur vor, wenn die Sache 28 mit dem Abhandenkommen zugleich vernichtet wird, sondern auch dann, wenn sie erst danach zerstört oder beschädigt wird.51 Hierzu folgende Beispiele: Werden Eltern wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht verantwortlich gemacht (§ 832 BGB), genießen sie keinen Versicherungsschutz, wenn ihre Kinder etwas gestohlen haben. Deckung besteht jedoch, wenn die Kinder die gestohlenen Sachen vernichtet haben.52 Treibt der VN irrig eine fremde Herde von der Weide und lässt sie schlachten, besteht für die Haftpflichtansprüche wegen des Schlachtens der Tiere Versicherungsschutz.53 Darüber hinaus liegt ein Sachschaden i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB nach allgemeiner 29 Ansicht auch dann vor, wenn eine Sache in ihrer Substanz und ihrer Funktionsfähigkeit zwar unbeeinträchtigt bleibt, jedoch dem Berechtigten endgültig entzogen wird, weil sie mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht wiedererlangt werden kann.54 Mit dieser Begründung hat die Rechtsprechung einen Sachschaden angenommen hinsichtlich einer Taucherausrüstung, die über Bord gegangen und deren kurzfristige Bergung infolge der Wassertiefe nicht möglich war, so dass mit einer baldigen Zerstörung der Ausrüstung durch Salzwasser zu rechnen war55, und einer Uhr, die im Wasser des Hafens von Martinique versank.56 Darüber hinaus wird das Abhandenkommen einer Vernichtung – und damit einem 30 Sachschaden – gleichgestellt, wenn „eine Wiedererlangung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist“57. Dies ist der Fall, wenn ein Gemälde irrig mit einem Bündel Altpapier in den Papiercontainer der öffentlichen Müllabfuhr geworfen wird,58 eine Kette nach einem Zusammenprall und Sturz im Tiefschnee verlorengeht,59 eine Zahnprothese versehentlich die Toilette herunter gespült wird 60 oder eine Hirschkuh in den Wald entkommt und auch nach mehr als 18 Monaten nicht wieder aufgefun-
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Vgl. BGH 21.5.1959 VersR 1959 499; KG 29.10.2010 NJW-RR 2011 468, 469; OLG München 27.11.1979 VersR 1980 1138, 1139; Prölss/Martin/Lücke AHB Ziff. 1 Rn. 26; Späte § 1 Rn. 120; Wussow AHB 1. 60; Kuwert Rn. 1061; HK-VVG/Schimikowski AHB Ziff. 1 Rn. 13 und Ziff. 2 Rn. 13. RG 8.3.1940 DR 1940 988, 989. BGH 21.5.1959 VersR 1959 499. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 44; HK-VVG/Schimikowski AHB Ziff. 1 Rn. 16; Späte § 1 Rn. 124; a.A. Kuwert Rn. 1060.
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Vgl. LG Passau 14.3.2000 NVersZ 2000 396, 397. OLG Karlsruhe 19.10.1995 RuS 1996 302. Prölss/Martin/Lücke AHB Ziff. 1 Rn. 25. Vgl. LG Berlin 29.10.2002 NJW-RR 2003 460, 461. OLG München 27.11.1979 VersR 1980 1138, 1139. LG Paderborn 7.3.1991 NJW-RR 1991 1182, 1183; a.A. AG Limburg 28.9.1989 zfs 1990 65: kein Sachschaden, wenn ein Kleinkind einen Brillantring in eine Klosettschüssel wirft und er dann in die Kanalisation gelangt.
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den worden ist.61 Das Abhandenkommen von Sachen infolge eines Sachschadens ist ebenfalls versichert (Ziff. 2 Rn. 24). 31 Umstritten ist, ob ein Sachschaden vorliegt, wenn wegen Abhandenkommens eines Schlüssels Schlösser oder eine ganze Schlüsselanlage ausgewechselt werden müssen. Die Instanzgerichte62 und die ganz überwiegende Literatur63 verneinen einen Sachschaden mit der Begründung, die Gebrauchstauglichkeit der Hausschließanlage sei weder gemindert noch aufgehoben worden. Diese Überlegung verdient zwar Zustimmung, trifft aber nicht den Kern, weil entscheidend ist, ob der Verlust der Schlüssel einem Sachschaden an den Schlüsseln gleichkommt. Eine Beschädigung oder Zerstörung des Schlüssels wird nur selten vorliegen. Dagegen dürfte eine wirtschaftliche Entwertung jedoch oftmals gegeben sein, weil eine Wiedererlangung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist oder nur mit wirtschaftlich unvertretbarem Aufwand möglich wäre.
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ff) Beschädigung eigener Sachen des VN. Nach dem Wortlaut von Ziff. 1.1 S. 1 AHB ist nicht erforderlich, dass der Schaden an einer für den VN fremden Sache eingetreten ist. Die Sache kann auch dem VN selbst gehören.64 Ansprüche des zum Besitz der Sache Berechtigten wegen Beschädigung der Sache gegen den VN fallen deshalb grundsätzlich unter Ziff. 1.1 S. 1 AHB. In der Regel wird dem VN jedoch kein Versicherungsschutz zustehen. Der Anspruch des Besitzers wird, soweit er sich aus Vertrag ergibt, zumeist als Erfüllungssurrogat zu qualifizieren sein, z.B. wenn der Mieter vom Vermieter die Beseitigung von Mängeln der Mietsache fordert. Ausnahmen sind denkbar, etwa wenn der VN einem Dritten eine wertvolle Maschine unter Eigentumsvorbehalt liefert und diese bei einem späteren Besuch fahrlässig beschädigt. Bedenkenswert scheint ferner der Fall, dass der VN dem Dritten Geschäftsräume vermietet mit der Auflage, diese zu Mietbeginn zu renovieren und ständig für einen ordnungsgemäßen Zustand zu sorgen. Wenn hier der VN schuldhaft die Innendekoration beschädigt, so kann der Dritte von ihm nicht den vertragsgemäßen Zustand als „Erfüllungsleistung“ verlangen (da ein solcher nicht geschuldet wird), sondern lediglich Schadensersatz neben der Leistung aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 1 BGB. Für einen solchen Anspruch besteht Deckung.65 33 Wichtiger und bedeutsamer sind daneben die Fälle, in denen gegen den VN wegen des eigentlichen Sachschadens kein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann, wohl aber wegen der sich daraus ergebenden Folgen. Als Beispiel ist der Fall zu nennen, dass ein Dritter einen Vermögensnachteil durch den Brand von Sachen des VN erleidet, weil er z.B. eine wichtige Besprechung verpasst. Dieser unechte Vermögensschaden ist gedeckt.66
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AG Neuwied 24.4.1986 RuS 1986 202, 203; a.A. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2 Rn. 6. AG Bremen 4.10.1991 VersR 1992 1257; AG Hamburg 13.5.1993 RuS 1994 250 f.; LG Heidelberg 18.2.1975 RuS 1975 70 f.; a.A. OLG Karlsruhe 12.11.1975 RuS 1976 6 f. (Rechtsmittelinstanz zu RuS 1975 70). Prölss/Martin/Lücke AHB Ziff. 2 Rn. 7; Späte § 1 Rn. 123; Langheid/Wandt/Büsken
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AllgHaftpflV Rn. 45; HK-VVG/Schimikowski AHB Ziff. 2 Rn. 15. OLG Frankfurt 29.10.1981 VersR 1982 790; ÖOGH 17.2.1977 VersR 1978 456. A.A. Heimbücher VW 1967 531. Vgl. OLG Karlsruhe 20.3.1957 VersR 1957 526; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 30; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 26.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
AHB 2012 Ziff. 1
V. Inanspruchnahme auf Schadensersatz aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts 1. Begriff der gesetzlichen Haftpflichtbestimmung Versicherungsschutz besteht nur für Ansprüche aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbe- 34 stimmungen. Darunter fallen nach allgemeiner Auffassung solche Normen, die unabhängig vom Willen der Beteiligten an die Verwirklichung eines unter Ziff. 1.1 S. 1 AHB fallenden Ereignisses Rechtsfolgen knüpfen.67 Dabei macht es keinen Unterschied, ob sie auf Gesetz, Verordnung oder Richterrecht beruhen, deliktischen, quasideliktischen oder vertraglichen Ursprungs sind.68 Dass ein Schadensersatzanspruch sich auch auf vertragliche Grundlagen stützt und deshalb notwendigerweise an den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung anknüpft, steht seiner Einordnung als gesetzliche Haftpflichtbestimmung nicht entgegen.69 Nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind hingegen Schadensersatzansprüche, die nur aufgrund einer die gesetzliche Haftpflicht erweiternden vertraglichen Vereinbarung durchgesetzt werden können, etwa weil der VN aufgrund der Vereinbarung verschuldensunabhängig haftet, die Beweislast zugunsten des Geschädigten verändert oder die Verjährung verlängert wird (vgl. Ziff. 7.3 AHB Rn. 62 ff.). Abzulehnen ist die von Graf von Westphalen vertretene Ansicht, der Anspruch auf 35 Ersatz eines Sachschadens gem. §§ 280 und 281 BGB sei vertraglichen Ursprungs und deshalb nicht als gesetzliche Haftpflichtbestimmung i.S.d. § 1 Ziff. 1 S. 1 AHB zu qualifizieren.70 Schon der Ausgangspunkt, die Haftung der Parteien ergebe sich nach der Reform des Schuldrechts nur noch aus dem vertraglich vereinbarten Pflichtenprogramm, lässt sich mit §§ 434, 435 und § 633 BGB nicht in Einklang bringen. Insbesondere § 434 Abs. 1 Nr. 2 und § 633 Abs. 2 Nr. 2 BGB (bei Fehlen vertraglicher Vereinbarungen begründet die Ungeeignetheit für die gewöhnliche Verwendung einen Sachmangel) sind Beleg dafür, dass eine Schadensersatzhaftung wegen Sach- und Rechtsmängeln nicht allein an das vertraglich vereinbarte Pflichtenprogramm anknüpft.71 Grundsätzlich fallen auch Haftpflichtansprüche, die auf ausländisches Recht gestützt – 36 und ggf. vor ausländischen Gerichten geltend gemacht – werden, unter den Begriff der gesetzlichen Haftpflichtbestimmung. Soweit das Schadensereignis im Ausland eingetreten ist, gilt es jedoch die Beschränkungen nach Ziff. 7.9 AHB i.V.m. den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (Muster-Bedingungsstrukturen) zu beachten (Ziff. 7.9 AHB Rn. 257 ff.). 2. Inanspruchnahme des VN auf Schadensersatz a) Zum Begriff des vom Versicherungsschutz erfassten Schadensersatzanspruchs. 37 Nach dem Wortlaut von Ziff. 1.1 S. 1 AHB muss der VN von dem Geschädigten auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
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St. Rspr., vgl. nur BGH 11.12.2002 RuS 2003 149 = VersR 2003 236 f.; BGH 8.12.1999 RuS 2000 100, 101 ff. = VersR 2000 311 f.; BGH 20.11.1970 VersR 1971 144 = NJW 1971 429, 430; BGH 8.12.1999 NJW 2000 1194 ff. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 6; Späte § 1 Rn. 126; Schmidt-Salzer/Hinsch/ Thürmann Rn. 7.216.
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Vgl. nur BGH 3.3.1966 VersR 1966 434, 435; BGH 9.1.1964 NJW 1964 1026, 1027; BGH 20.9.1962 NJW 1962 2106 f.; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 8; Beuck VersR 2003 1097, 1099. Graf von Westphalen NVersZ 2002 241, 243. Ablehnend auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 8; Beuck VersR 2003 1097, 1099 ff.; Terrahe VersR 2004 680, 689.
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Nach Ansicht des BGH 72 „führt der Ausdruck Schadensersatz [den VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse] nicht eindeutig in den Bereich der Rechtssprache, weil es dort keinen, in seinen Konturen eindeutig festgelegten Schadensersatzbegriff gibt; in der Umgangssprache umschreibt der Ausdruck Schadensersatz allgemein den Ausgleich eines erlittenen Nachteils. Dementsprechend kann der VN unabhängig davon, wie die einschlägige gesetzliche Haftpflichtbestimmung diese Rechtsfolge beschreibt, nach § 1 Ziff. 1 AHB Versicherungsschutz jedenfalls dann erwarten, wenn der Anspruch auf Ausgleich des eingetretenen Schadens im Wege der Wiederherstellung des Zustands vor dem Schadensereignis gerichtet ist“. [Hervorhebung durch Verfasser]
Es ist somit nicht erforderlich, dass die Anspruchsgrundlage, auf die der Geschädigte seinen Anspruch stützt, Schadensersatz als Rechtsfolge vorsieht. Nach Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung ist für die Bestimmung des Schadensersatzanspruchs i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB vielmehr entscheidend, dass sich die Haftpflichtbestimmung auf den Ausgleich für erlittene Nachteile richtet.73 Ob die Haftpflichtbestimmung an ein Verschulden anknüpft oder nicht, ist unerheblich. 38 Versicherungsschutz kann somit auch für Ausgleichsansprüche, privatrechtliche Aufopferungsansprüche, Wertersatzansprüche oder Beseitigungsansprüche bestehen, nicht hingegen für Ansprüche, die auf Unterlassung74 oder auf die Erfüllung von Verträgen, z.B. auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB), auf Nacherfüllung (§§ 439, 635 BGB) oder aus Minderung (§§ 441, 638 BGB) gerichtet sind.75 Erfüllungsansprüche sind Ausdruck des kaufmännischen Risikos, das beim Unternehmer verbleiben soll. b) Einordnung von Anspruchsgrundlagen
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aa) Schadensersatzansprüche. Auf Schadensersatz i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB sind alle deliktischen, quasideliktischen und sonstigen Ansprüche gerichtet, die den Ausgleich eines Schadens gewähren. Hierzu zählen nicht nur §§ 823 ff.,76 832,77 833 BGB,78 sondern auch Schadensersatzansprüche aus gerechtfertigten Eingriffen des VN in Rechte des Geschädigten (§§ 228, 231 und 904 BGB)79. Unerheblich ist, ob die betreffende Norm ein Verschulden des VN voraussetzt oder nicht. Soweit nicht Ausschlüsse eingreifen, sind somit Schadensersatzansprüche aus Gefährdungshaftung (z.B. §§ 22 WHG, 7 StVG, 33 LuftVG, 1 HPflG, 25 ff. AtG, 1 ff. UmweltHG, 1 Abs. 1 ProdhaftG) versichert.80 40 Auf Schadensersatz i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB sind ferner gerichtet die kauf- und werkvertraglichen Ansprüche wegen Sachmängeln auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 437 Nr. 3/634 Ziff. 4, 280, 281 Abs. 1 BGB) und Schadensersatz neben der Leistung (§§ 437 Nr. 3/634 Ziff. 4, 280 BGB), Ansprüche gem. § 536a Abs. 1 BGB wegen eines
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BGH 11.12.2002 RuS 2003 149, 150 = VersR 2003 236 f.; vgl. auch BGH 8.12.99 RuS 2000 100, 101 ff. = VersR 2000 311 f. So bereits BGH 20.11.1970 VersR 1971 144 = NJW 1970 429; Späte § 1 Rn. 127. Vgl. Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 1 AHB Rn. 7 (zu Unterlassungsansprüchen nach §§ 862, 1004 BGB). Vgl. Späte § 1 Rn. 152. Vgl. Nachweise bei Späte § 1 Rn. 128.
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BGH 12.5.1960 VersR 1960 554 f. = NJW 1960 1346, 1347; OLG Stuttgart 12.3.2008 VersR 2009 206, 208. OLG Celle 30.12.1952 VersR 1953 81, 82; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 51. Späte § 1 Rn. 171. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 51.
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(anfänglichen) Mangels der vermieteten Sache, der Anspruch aus § 618 Abs. 3 BGB81 und aus § 651f BGB82 sowie Ansprüche wegen der Verletzung sonstiger (vor-)vertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 und 3, §§ 280 Abs. 2, 311a Abs. 2 BGB). bb) Ausgleichsansprüche. Auf Schadensersatz i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB sind nicht nur 41 deliktische und vertragliche Schadensersatzansprüche, sondern auch die wegen dieser Schadensersatzansprüche unter Gesamtschuldnern bestehenden Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 und 2 BGB gerichtet.83 Soweit bei unechter Gesamtschuldnerschaft ein Ausgleichsanspruch zugebilligt oder jedenfalls geltend gemacht wird, liegt ebenfalls ein Schadensersatzanspruch i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB vor. Gleiches gilt, wenn der VN in der Weise in Anspruch genommen wird, dass ein Dritter von ihm die Freihaltung von Schadensersatzansprüchen eines Vierten verlangt.84 Solche Situationen können sich z.B. ergeben, wenn der VN gegenüber einem Dritten die Verkehrssicherungspflicht übernommen hat. cc) Beseitigungsansprüche. Der Beseitigungsanspruch nach §§ 54185, 862, 1004 42 Abs. 1 S. 1 BGB ist als Schadensersatzanspruch i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB zu qualifizieren, soweit er dieselbe wiederherstellende Wirkung hat wie ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch (vgl. § 249 Abs. 1 BGB).86 Daran fehlt es, wenn sich das Beseitigungsbegehren der Sache nach darauf beschränkt, dass der VN weitere Beeinträchtigungen unterlässt.87 dd) Aufwendungsersatzansprüche. Aufwendungsersatzansprüche nach § 437 Nr. 3/ 43 § 634 Nr. 4 i.V.m. § 284 BGB wegen Lieferung/Herstellung einer mangelhaften Sache bzw. eines mangelhaften Werks sind als Schadensersatzanspruch i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB zu qualifizieren, da sie auf den Ausgleich eines erlittenen Nachteils gerichtet sind (Frustrationsschaden). Der Gläubiger wird bezogen auf die getätigten Aufwendungen schadlos gestellt.88 Der Aufwendungsersatzanspruch nach § 536a Abs. 2 BGB ist ebenfalls als Schadensersatzanspruch i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB anzusehen, weil auch die Aufwendungen, die der Mieter für erforderlich halten durfte, letztlich Schäden sind. 89 Ansprüche des Beauftragten nach § 670 BGB oder des Geschäftsführers ohne Auftrag 44 gem. §§ 670, 677, 683 BGB auf Aufwendungsersatz sind auf die Erstattung von Kosten gerichtet, die der Beauftragte oder der Geschäftsführer ohne Auftrag für den Geschäftsherrn aufgewendet hat. Sie stehen insoweit Erfüllungsansprüchen gleich, für die keine 81 82 83
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Späte § 1 Rn. 162. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 52. Zu § 426 Abs. 1 BGB s. BGH 21.5.2003 VersR 2003 900, 901; BGH 17.5.1956 VersR 1956, 364; LG Hamburg 21.7.1992 VersR 1994 299 mit Anm. Harms; Prölss/Martin/ Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 12; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 54; Späte § 1 Rn. 175. Vgl. dazu BGH 7.1.1965 BGHZ 43 42, 44 = NJW 1965 758 f. Vgl. dazu BGH 17.4.2007 NJW 2007 2180 (im Wohnraummietverhältnis kann ein Be-
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seitigungsanspruch nicht auf § 1004 BGB, sondern allein auf § 541 BGB gestützt werden). BGH 8.12.1999 VersR 2000 311 f. = NJW 2000 1194; vgl. auch Schimikowski RuS 2005 329; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 53. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 13; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 53; Späte § 1 Rn. 166. Vgl. Staudinger/Otto § 284 Rn. 10; MüKo-BGB/Ernst § 284 Rn. 9; Bamberger/ Roth/Unberath § 284 Rn. 1. MüKo-BGB/Häublein § 536 Rn. 2.
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Deckung besteht.90 Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine in den Deckungsbereich der Haftpflichtversicherung fallende Verbindlichkeit des VN getilgt worden ist. Dann tritt der Anspruch des Beauftragten/Geschäftsführers ohne Auftrag an die Stelle des Anspruchs des Geschädigten gegen den VN, was eine Einordnung als Schadensersatzanspruch i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB rechtfertigt.91 Widerspricht der VN der Geschäftsführung, wird man in der Konsequenz auch den Bereicherungsanspruch gem. §§ 684, 812 Abs. 1 S. 1 BGB (Befreiung von einer Verbindlichkeit) als vom Anwendungsbereich des Ziff. 1.1 S. 1 AHB umfasst ansehen können. Versicherungsschutz besteht zudem, wenn der Beauftragte oder Geschäftsführer Ansprüche geltend macht, weil er bei seiner Tätigkeit selbst einen Personen- oder Sachschaden erlitten hat, ohne dass es darauf ankommt, ob der VN den Schaden zu vertreten hat.92 45 Der Herausgabeanspruch aus § 667 BGB fällt nicht unter den Versicherungsschutz.93 Wird die vom VN herauszugebende Sache zerstört oder beschädigt, so ist der auf Ersatz dieses Schadens gerichtete Anspruch des Dritten dagegen gedeckt, soweit kein Ausschluss eingreift. Ist das Eigentum des Dritten ohne Verschulden des VN infolge von Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung untergegangen, besteht für den Anspruch auf Entschädigung aus § 951 Abs. 1 i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB Versicherungsschutz, da § 951 Abs. 1 BGB dem Güterschutz dient und (Vermögens-)Ausgleich für erlittene Nachteile bietet.94
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ee) Bereicherungsansprüche. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind nicht als Schadensersatzanspruch i.S.v. Ziff. 1.1 S.1 AHB zu qualifizieren, weil sie nur auf den Ausgleich einer vorhandenen Bereicherung gerichtet sind.95 Etwas anderes gilt, wenn die Bereicherung des VN darin liegt, dass er aufgrund der Leistung eines Vierten von einem unter den Versicherungsschutz fallenden Schadensersatzanspruch eines geschädigten Dritten befreit wurde (s.a. Rn. 41).96
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ff) Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch. Ansprüche aus zu duldenden Eigentumsoder Besitzverletzungen gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB97 oder § 14 S. 2 BImschG 98, die auf den Ausgleich des Schadens (z.B. Beseitigungskosten, verbleibender Minderwert) gerichtet sind, sind ohne Weiteres als Schadensersatzansprüche i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB zu qualifizieren.99 In dem Umfang, in dem dem Minderwert des Eigentümers/Besitzers ein Mehrwert des VN gegenübersteht (z.B. weil sich der Nutzungswert des Grundstücks erhöht), ist der vom VN auszugleichende Minderwert nicht versichert. Der Ausgleichsanspruch steht insoweit einem Erfüllungsanspruch gleich, für den kein Versicherungs-
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So auch Späte § 1 Rn. 163; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 54. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 13; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 54; ; offengelassen in BGH 20.12.2006 RuS 2007 94, 95; BGH 4.7.1978 VersR 1978 962. LG Köln 24.4.2003 RuS 2004 183, 184; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 13; Späte § 1 Rn. 165. Hans. OLG Hamburg 23.5.1962 VersR 1963 226; vgl. auch Chab AnwBl. 2012 922 f. Vgl. MüKo-BGB/Füller § 951 Rn. 1; Staudinger/Gursky Neubearb. 2011 § 951 Rn. 1. Vgl. KG 16.10.1937 JRPV 1938 7; Prölss/
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Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 13; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 54; Späte § 1 Rn. 176. Vgl. H 5.3.1964 VersR 1964 474. BGH 11.6.1999 RuS 1999 407, 408 = VersR 1999 1139 f. (zu § 906 Abs. 2 S. 2 BGB); vgl. auch K. Sieg VersR 1984 1105, 1106; Späte § 1 Rn. 167; a.A. LG Stuttgart 24.10.1963 VersR 1964 156. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 Rn. 15; Späte § 1 Rn. 168. Vgl. auch BAV VerBAV 1979 48: bei Ansprüchen aus § 90 BGB und § 14 BImSchG handelt es sich um Schadensersatzansprüche i.S.v. § 1 AHB.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
AHB 2012 Ziff. 1
schutz besteht. Zu Recht hat K. Sieg darauf hingewiesen, dass der VN aus seinem Verhalten Vorteile ziehe, die er sich durch Zahlung des Ausgleichs quasi erkaufe.100 Dagegen sind die vom VN auszugleichenden Beseitigungskosten versichert.101 Dasselbe gilt für den Anspruch aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog.102 Der Anspruch auf eine Überbau- oder Notwegrente (§§ 912 Abs. 2, 917 Abs. 2 BGB) 48 ist ebenfalls nicht als Schadensersatzanspruch i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB anzusehen. Diese Renten werden zwar nach dem Schaden des Dritten bemessen. Da sie jedoch zugleich einen Ausgleich für den Vermögensvorteil darstellen, den der VN aus dem Überbau und dem Notwege zieht, wirkt sich auch hier wieder die Erwägung aus, dass die Rentenzahlung das Gegenstück für einen Vorteil darstellt, also Erfüllungscharakter hat.103 Für Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Verletzung der als Schutzgesetze i.S.v. 49 § 823 Abs. 2 BGB anzusehenden §§ 906 Abs. 2 S. 2, 907–909 BGB und § 14 BImschG besteht dagegen in vollem Umfang Deckung, soweit nicht Ausschlüsse eingreifen.104 gg) § 179 Abs. 1 BGB. Hat der VN als vollmachtloser Vertreter gehandelt und 50 nimmt ihn der andere Teil nach § 179 Abs. 1 BGB in Anspruch, ist dieser Anspruch auch dann als Schadensersatz i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB zu qualifizieren, wenn der andere Teil Erfüllung verlangt.105 Diese Qualifikation lässt sich damit rechtfertigen, dass die in § 179 Abs. 1 BGB gewährten Rechte dem anderen Teil einen Ausgleich für den Vermögensschaden schaffen, den er dadurch erleidet, dass der VN ihm mangels Vertretungsmacht nicht die gewollten und erstrebten Vertragsansprüche gegenüber dem Vertretenen verschafft hat. Da der Haftpflichtanspruch nicht vom VN persönlich übernommenen Vertragspflichten entspringt, greifen die Ausschlüsse gem. Ziff. 1.2 (1) oder (6) AHB nicht ein.106 hh) § 14 Ziff. 4 Hs. 2 WEG. Entsteht durch das erforderliche Betreten und die Nut- 51 zung des Sondereigentums ein Schaden, so ist er nach § 14 Ziff. 4 Hs. 2 WEG zu ersetzen, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt. Der Anspruch ist dem aus § 904 S. 2 BGB nachempfunden und stellt nach Ansicht des BGH einen Spezialtatbestand des verschuldensunabhängigen Aufopferungsentschädigungsanspruchs dar, weil der Geschädigte den Eingriff in sein Eigentum dulden muss. Er ist deshalb als Schadensersatzanspruch i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB zu qualifizieren.107 ii) Ansprüche aus Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Der Herausgabeanspruch nach 52 § 985 BGB ist kein Schadensersatzanspruch i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB.108 Dagegen ist der
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Vgl. K. Sieg VersR 1984 1105, 1106. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 Rn. 15; Späte § 1 Rn. 168; K. Sieg VersR 1984 1105, 1106; für Österreich vgl. ÖOGH 19.10.1989 VersR 1990 445, 446. Späte § 1 Rn. 167; K. Sieg VersR 1984 1105, 1106. Vgl. LG Heidelberg 16.11.1982 VersR 1983 526; K. Sieg VersR 1984 1105, 1106; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 15; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 54; a.A. Wussow § 1 Rn. 76. Vgl. K. Sieg VersR 1984 1105, 1106; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 15; Späte § 1 Rn. 169; Berliner Kommentar/
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Baumann § 149 Rn. 53; Littbarski Bauwesen Rn. 446; Wussow § 1 Anm. 76. Vgl. BGH 20.11.1970 VersR 1971 144 = NJW 1971 429, 430; a.A. Prölss VersR 1971 538: gesetzlicher Erfüllungsanspruch; vgl. auch Chab AnwBl. 2012 922 f. Vgl. BGH 20.11.1970 VersR 1971 144 = NJW 1971 429, 430 zu § 4 I 6 Abs. 3 AHB a.F. BGH 11.12.2002 BGHZ 153 182, 187 = RuS 2003 149 f. Späte § 1 Rn. 177; vgl. auch BGH 30.9.1964 VersR 1965 131 = NJW 1964 2414, 2415.
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Haftpflichtversicherung
Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer aus § 989 BGB auf Schadensersatz gerichtet. Soweit die Sache aus einem anderen Grunde als der Beschädigung oder Zerstörung nicht herausgegeben werden kann, wird man diesen Anspruch mit Späte jedoch nur insoweit als gedeckt ansehen können, als der Versicherungsschutz auf Ansprüche wegen reiner Vermögensschäden und wegen des Abhandenkommens von Sachen (s. Ziff. 2 Rn. 25 ff.) erweitert wurde.109 53 Fraglich ist, ob Ansprüche des Eigentümers gegen den bösgläubigen Besitzer nach § 990 BGB versichert sind.110 Deckung für diese Ansprüche kann jedenfalls nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es handele sich nicht um Schadensersatzansprüche. Sie kann deshalb nur versagt werden, soweit ein Risikoausschluss eingreift. Dies ist gem. Ziff. 7.6 AHB (Ausschluss bei verbotener Eigenmacht) der Fall, wenn der VN Diebesgut fahrlässig beschädigt oder zerstört.111 3. Privatrechtlicher Inhalt der Haftpflichtbestimmung
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Die von Dritten gegenüber dem VN geltend gemachten Haftpflichtansprüche müssen privatrechtlichen Inhalts sein. Haftpflichtansprüche aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften sind deshalb im Grundsatz vom Versicherungsschutz ausgenommen. Hierzu zählen u.a. die Kosten einer behördlich angeordneten Ersatzvornahme,112 Kosten für Maßnahmen im öffentlichen Interesse, die der VN aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu ersetzen hat,113 sowie der Anspruch aus § 49 GKG114. 55 Freilich ist auch in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Haftungsbestimmungen privatrechtlichen Inhalts die Rede.115 Gleichwohl sind Angehörige des öffentlichen Dienstes gegen Regressansprüche des Dienstherrn versichert.116 Ebenso sind Ansprüche aus § 19 BNotO gedeckt, obwohl der Notar gem. § 1 BNotO unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes ist.117 Eine privatrechtliche Anspruchsnorm i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB stellt bei der Haftpflichtversicherung eines Insolvenzverwalters § 60 Abs. 1 InsO dar.118 Nach R. Johannsen erfährt der Begriff des Anspruchs privatrechtlichen Inhalts in all diesen Fällen eine „Sinneswandlung aus der primären Umschreibung des versicherten Risikos“.119 56 Unter Anlegung heutiger AGB-rechtlicher Auslegungsmaßstäbe lässt sich diese „Sinneswandlung“ ohne Weiteres damit erklären, dass der Begriff Ansprüche privatrechtlichen Inhalts erstens nicht fest umrissen ist, zweitens Versicherungsschutz gem. Ziff. 1.1 S. 1 AHB im Rahmen des versicherten Risikos gewährt wird und drittens der Vertragszweck bei der Auslegung nicht außer Betracht gelassen werden darf.
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Späte § 1 Rn. 177. Bejahend Wussow § 1 Anm. 8; Bruck/ Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. 58; ablehnend Späte § 1 Rn. 177. Vgl. auch Späte § 1 Rn. 177. OLG Oldenburg 15.9.1999 NVersZ 2000 536 = VersR 2001 229 f.; OLG Nürnberg 5.8.1999 NVersZ 2000 537; OLG Düsseldorf 13.10.1965 NJW 1966 738 f. ÖOGH 19.9.1974 VersR 1975 552. OLG Köln 9.7.2002 NVersZ 2002 475 = VersR 2003 55.
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Vgl. Kommentierung von Prölss/Martin/ Lücke zu § 1 I S. 1 AVB Vermögen/P. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 18; Späte § 1 Rn. 182. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 18; Späte § 1 Rn. 182. Vgl. OLG Hamm 11.2.1935 JRPV 1935 Zusatzheft 59 f. zu § 82 KO; Späte § 1 Rn. 182. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 66.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
AHB 2012 Ziff. 1
Im Übrigen ist bei der Auslegung die Rechtsschutzverpflichtung in den Blick zu nehmen, die Gegenstand von Ziff. 5.1 AHB ist. Diese geht erkennbar davon aus, dass Ansprüche gegen den VN vor ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden können. Deshalb sind Haftpflichtansprüche, für die keine Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht, weil der Hoheitsträger kraft seiner Hoheitsgewalt zwar berechtigt ist, den Eingriff vorzunehmen, nicht aber die Entschädigungsforderung geltend zu machen, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.120 Soweit (versicherte) privatrechtliche Ansprüche mit (nicht versicherten) öffentlich-rechtlichen Ansprüchen konkurrieren, besteht jedoch auch in diesen Fällen Versicherungsschutz (§ 100 VVG Rn. 81). Deshalb ist stets zu prüfen, ob der auf Basis des öffentlichen Rechts geltend gemachte Anspruch auch nach dem Zivilrecht bestünde. Darüber hinaus ist der Hinweis auf § 83 VVG geboten. Gem. § 83 Abs. 1 S. 1 VVG hat der VN Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die er zur Abwendung und Minderung des Schadens nach § 82 Abs. 1 VVG tätigt. Zu den Aufwendungen zählen auch öffentlich-rechtliche Gebühren, die der VN z.B. für den Einsatz der Feuerwehr schuldet. Voraussetzung für deren Ersatzfähigkeit ist jedoch, dass die sonstigen Voraussetzungen des Ziff. 1.1 S. 1 AHB vorliegen. Es muss ein Versicherungsfall eingetreten sein, d.h. es muss bereits ein Sach- oder Personenschaden vorliegen, der vom versicherten Risiko umfasst ist.121 Daran fehlt es, bei Gewässerschäden (soweit diese nicht mitversichert sind, s. Kommentierung zu Ziff. 7.10 lit. b) AHB Rn. 331 ff.).122 Sollte der Versicherungsfall noch nicht eingetreten sein, sondern nur drohen, besteht kein Anspruch auf Rettungskostenersatz (vgl. § 90).123 Wird eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft oder ein sonstiger öffentlichrechtlicher Verband versichert, so fallen auch Ansprüche aus § 839 BGB, Art. 34 GG unter den Versicherungsschutz,124 ebenso Aufopferungsansprüche auf der Grundlage der §§ 74, 75 Einl. ALR125. Kein Versicherungsschutz besteht hingegen für Ansprüche auf Entschädigung wegen Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG, weil sie Erfüllungsansprüchen gleichstehen.126 Der Regressanspruch des Sozialversicherungsträgers aus § 110 SGB VII ist als „bürgerlich-rechtlicher Anspruch eigener Art auf Ersatz mittelbaren Schadens“ privatrechtlichen Inhalts.127 Öffentlich-rechtlicher Natur sind dagegen Strafprozesskosten, soweit sie aufgrund strafprozessualer Vorschriften (§§ 464 ff. StPO) ersetzt verlangt werden.128 Gleiches gilt
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125
Vgl. Späte § 1 Rn. 178; Hönig VersR 1966 514, 516; Weber VersR 1951 192. BGH 20.12.2006 VersR 2007 200 = RuS 2007 94, 95 f. Vgl. OLG Oldenburg 15.9.1999 NVersZ 2000 536 = VersR 2001 229 f. Vgl. Bruck/Möller/R. Koch § 90 Rn. 9 ff. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 18; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 49; Hönig VersR 1966 514, 515. BGH 11.6.1999 VersR 1999 1139 f. = RuS 1999 407 f.; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 49; Späte § 1 Rn. 184; vgl. auch KG 19.8.2008 NJOZ 2009 1704, 1708.
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I.E. auch Späte § 1 Rn. 184; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 49; Hönig VersR 1966 515, 516. BGH 21.12.1971 VersR 1972 271 f.; BGH 7.11.1967 VersR 1968 64 f. = NJW 1968 251 f.; vgl. BGH 30.4.1968 VersR 1968 641 f. = NJW 1968 1429 f.; BGH 24.6.1969 VersR 1969 848; BAG 19.12.1967 VersR 1968 296 f. = NJW 1968 908. BGH 23.1.1958 BGHZ 26 261 264 = VersR 1958 106; BGH 16.4.1959 VersR 1959 361.
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nach Ansicht des LG Tübingen für die dem VN als Schädiger im Strafverfahren gem. § 153a StPO auferlegte Schmerzensgeldzahlung an den Geschädigten sowie die dem Schädiger für das Aushandeln des vom Strafgericht festgesetzten Betrags angefallenen Rechtsanwaltskosten.129 Soweit die Zahlungen im Zivilprozess auf das dort eingeklagte Schmerzensgeld angerechnet werden, sind sie jedoch ersatzfähig.130 Insoweit kommen hier die gleichen Überlegungen zum Tragen, die für die Ersatzfähigkeit öffentlich-rechtlicher Schadensersatzansprüche gelten, die mit (versicherten) privatrechtliche Ansprüchen konkurrieren (Rn. 81).
VI. Inanspruchnahme durch einen Dritten 62
Der VN muss von einem Dritten (zur Person des Dritten s. Kommentierung zu § 100 VVG Rn. 137 f.) auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden (zum Begriff der Inanspruchnahme s. § 100 VVG Rn. 20 ff.). Damit werden Eigenschäden des VN vom Versicherungsschutz ausgenommen. Nicht erforderlich ist, dass der Dritte mit der geschädigten Person identisch ist.131 Es sei hier nur auf die Ansprüche der Hinterbliebenen aus § 844 BGB verwiesen (vgl. auch § 845 BGB). Soweit es um die Rechtsschutzverpflichtung des VR geht, ist ohne Belang, ob der Anspruchsteller tatsächlich einen Personen- und/oder Sachschaden erlitten hat, da diese Pflicht bereits dann entsteht, wenn der Dritte eine in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallende haftungsbegründende Handlung behauptet (§ 100 VVG Rn. 29 ff.).
C. Ziff. 1.2 AHB I. Sinn und Zweck 63
Ziff. 1.2 AHB stellt klar, dass die Haftpflichtversicherung den VN gegen Schadensersatzansprüche Dritter schützen soll, die ihm unbeabsichtigt bei der Ausübung seiner (nicht-)unternehmerischen Tätigkeit erwachsen. Sie soll dem VN jedoch nicht die Erfüllung willentlich eingegangener Verbindlichkeiten oder hieraus entspringender Ansprüche auf Ersatzleistungen (Surrogate) abnehmen.132 Dementsprechend bleiben alle vertraglichen und gesetzlichen Schadensersatzforderungen vom Versicherungsschutz ausgenommen, durch die ein unmittelbares Interesse am vertraglichen Leistungsgegenstand selbst geltend gemacht wird.133 Deckung besteht nur für Haftpflichtansprüche, die einen Schaden zum Gegenstand haben, der über das Erfüllungsinteresse hinausgeht.
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LG Tübingen 31.12.1987 VersR 1988 1172; vgl. auch AG Köln 11.12.2006 BeckRS 2008 24965. Vgl. OLG Düsseldorf 12.7.1996 NJW 1997 1643. Vgl. Späte § 1 Rn. 194. Vgl. BGH 20.11.1970 VersR 1971 144 = NJW 1971 429, 430; BGH 20.9.1962 VersR
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1962 1049; BGH 26.1.1961 VersR 1961 265, 266; OLG Frankfurt 3.4.2009 BeckRS 2010 04046 (zu § 4 I 6 Abs. 3 AHB i.d.F. vor 2002). St. Rspr., vgl. BGH 28.9.2011 NJW-RR 2012 103, 104; BGH 19.11.2008 NJW-RR 2009 381, 382.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
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II. Rechtsnatur Nach h.A. handelt es sich bei Ziff. 1.2 AHB nicht um eine sekundäre Risikobegrenzung in Form eines Ausschlusses, sondern um eine Regelung auf der primären Risikobegrenzungsebene. Begründet wird diese Auffassung vornehmlich damit, dass es sich bei den Klauseln gemäß Ziff. 1.2 AHB um rein deklaratorische Klauseln handele, da für die darin genannten Ansprüche bereits nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB keine Deckung bestehe.134 Die Unterscheidung ist vor allem von Bedeutung für die Beweislast, da diese von Stufe zu Stufe wechselt. Der VN hat zu beweisen, dass der Sachverhalt, aus dem er seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung herleitet, unter die primäre Risikoabgrenzung fällt.135 Demgegenüber hat der VR den Beweis für das Eingreifen eines Risikoausschlusses zu führen.136 Wie nachstehend bei näherer Betrachtung der Reichweite von Ziff. 1.2 AHB deutlich wird, sind die Regelungen nach Ziff. 1.2 (2) AHB (Rn. 74 ff.) und Ziff. 1.2 (6) AHB (Rn. 86 ff.) nicht nur deklaratorischer Natur. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie automatisch der sekundären Risikobegrenzungsebene zuzuordnen sind.137 Deklaratorisch oder konstitutiv sind nämlich untaugliche Kriterien für die Zuordnung von Regelungen zu den verschiedenen Risikobegrenzungsebenen. Für die Zuordnung bedarf es vielmehr der Auslegung.138 Die primäre Risikobegrenzung umschreibt des versicherte Risiko. Durch sie wird festgelegt, „welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind“.139 Auf der Ebene der sekundären Risikoabgrenzung werden bestimmte Teilrisiken aus den Risikoeinschlüssen der primären Risikoabgrenzung wieder herausgenommen.140 Hierzu zählen nicht nur Risikoausschlüsse, sondern nach h.M. auch die (teilweise) Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzungen. Ausgangspunkt – und soweit daraus eine Begünstigung des VN folgt – wegen 305c Abs. 1 BGB auch Endpunkt dieser Auslegung sind der Wortlaut und die systematische Stellung der Klausel.141 Eine Regelung in den AVB, die sich der Formulierung „Ausschluss“ bedient oder unter der Überschrift „Ausschlüsse“ platziert ist, ist von vornherein als sekundäre Risikobegrenzung zu qualifizieren. Lassen Wortlaut und systematische Stellung die Einordnung offen, ist – ebenso wie bei der Abgrenzung zwischen Ausschlüssen und Obliegenheiten auf der Sekundärebene142 – auf den materiellen Gehalt der Regelung abzustellen (Ziff. 7
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Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 60; so bereits zu § 4 I Ziff. 6 Abs. 3 AHB a.F. Späte § 4 Rn. 170; Littbarski AHB § 1 Rn. 37; Kuwert Rn. 4210; SchmidtSalzer/Thürmann Rn. 8.057; Bruck/Möller/ R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 59 und G 259; a. A. Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 32 f.; Prölss/Martin/ Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 47: „weitgehend deklaratorisch[.]“;Beckmann/MatuscheBeckmann/Schneider § 24 Rn. 25 („vornehmlich deklaratorisch[.]“; bereits zu § 4 I Ziff. 6 Abs. 3 AHB a.F. Wussow § 1 Anm. 68; Berliner Kommentar/Baumann § 149 Rn. 57; Schimikowski RuS 2005 445, 446. Vgl. nur Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 56; Beckmann/MatuscheBeckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 5.
136
137 138 139 140 141 142
Vgl. z.B. BGH 16.6.1999 NVersZ 1999 476, 477; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 56; Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 5. So aber offenbar Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 33. Vgl. auch Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 61. Vgl. ÖOGH 27.1.2010 BeckRS 2010 91477. Vgl. ÖOGH 27.1.2010 BeckRS 2010 91477. Vgl. OLG Oldenburg 18.2.2004 RuS 2005 59, 61. Vgl. BGH 18.5.2011 RuS 2012 130; BGH 18.6.2008 RuS 2008 381; BGH 16.11.2005 RuS 2006 166 = VersR 2006 215; BGH 16.6.2004 NJW-RR 2004 1259, 1261; OLG Celle 11.2.1010 RuS 2011 123, 124.
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AHB Rn. 4). Hat die Klausel den Charakter einer Produktbeschreibung, handelt es sich um eine primäre Risikoabgrenzung. 68 Die Eingangsformulierung („Kein Versicherungsschutz besteht für Ansprüche, auch wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt …“) gibt keinen sicheren Aufschluss über die Rechtsnatur von Ziff. 1.2 AHB. Der zuvor beschriebene – und für den VN ohne Weiteres erkennbare – Zweck von Ziff. 1.2 AHB sowie der Standort – Einordnung unter „Gegenstand der Versicherung“ und nicht unter „Ausschlüsse“ (Ziff. 7 AHB) – sprechen jedoch gegen eine Qualifikation als Ausschluss und für eine solche als primäre Risikobegrenzung, die Ziff. 1.1 S. 1 AHB insoweit ergänzt.143
III. Reichweite von Ziff. 1.2 AHB 1. Ziff. 1.2 (1) AHB
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Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei der Voraussetzung der „Erfüllung von Verträgen“ (ebenso wie bei der Voraussetzung „an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung“ nach Ziff. 1.2 (6) AHB) um einen eigenständigen versicherungsrechtlichen Begriff, „der losgelöst davon ist, wie die vom Geschädigten erhobenen Ansprüche vertraglich einzuordnen sind“144. Was darunter zu verstehen sei, müsse anhand des Interesses am unmittelbaren Leistungsgegenstand bestimmt werden, wie es in den den VN bindenden Verträgen seinen Niederschlag gefunden habe.145 Beim Kaufvertrag schuldet der Verkäufer die Lieferung einer mangelfreien Sache. Beim Werkvertrag schuldet der Auftragnehmer im Rahmen der getroffenen Vereinbarung ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk.146 70 Ist die Sache oder das Werk mit einem Mangel behaftet, sind die Gewährleistungsansprüche deshalb dem nicht versicherten vertraglichen Erfüllungsbereich zuzuordnen.147 Dementsprechend bestimmt Ziff. 1.2 (1) AHB, dass kein Versicherungsschutz besteht für Ansprüche „auf Erfüllung von Verträgen, auf Nacherfüllung, aus Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung sowie auf Schadensersatz statt der Leistung“. 71 Ziff. 1.2 (1) AHB kommt von vornherein nur deklaratorische Bedeutung zu, soweit Ansprüche aufgeführt werden, die nicht auf Schadensersatz i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1. AHB gerichtet sind. Ob Ziff. 1.2 (1) AHB hinsichtlich des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung deklaratorischer Natur ist oder Ziff. 1.1 S. 1 AHB ergänzt, hängt von der Zuordnung von Personen- und Sachschäden zu § 281 BGB oder § 280 BGB ab. Legt man mit Teilen der Literatur die Prämisse zugrunde, dass § 281 BGB alle Schäden
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Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 60; Kettler, in: Thürmann/Kettler 259; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 25. BGH 28.9.2011 NJW-RR 2012 103, 104; vgl. auch BGH 19.11.2008 NJW-RR 2009 381, 382. BGH 28.9.2011 NJW-RR 2012 103, 104. Vgl. BGH 29.9.2004 RuS 2004 499, 501; BGH 9.7.2002 NJW-RR 2002 1533, 1534 f.; BGH 17.6.1997 BauR 1997 1032; BGH 17.5.1994 NJW-RR 1994 1134, 1135; BGHZ 96 111, 114 f.; OLG Karlsruhe
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15.1.2009 VersR 2009 1218 f. = NJOZ 2009 1934, 1936; OLG Frankfurt 11.1.2006 VersR 2007 640, 641; OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391 ff. Vgl. BGH 28.9.2011 NJW-RR 2012 103, 104; BGH 19.11.2008 NJW-RR 2009 381, 382; BGH 29.9.2004 VersR 2005 110 f.; BGH 25.9.1985 BGHZ 96 29, 31 = NJW 1986 1346; BGH 7.12.1977 VersR 1978 219; BGHZ 46 238, 241; BGH 13.12.1962 VersR 1963 180; BGHZ 23 349 351 ff. = VersR 1957 213; KG 19.8.2008 NJOZ 2009 1704, 1709.
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AHB 2012 Ziff. 1
ersetzt, die durch Nacherfüllung im spätestmöglichen Zeitpunkt148 oder allgemeiner durch eine fiktive ordnungsgemäße Nacherfüllung hätten vermieden werden können149, sind selbst Personen- und Sachschäden nach § 281 BGB ersatzfähig. Ziff. 1.2 (1) AHB käme insoweit konstitutiver Charakter zu. Dieser Ansatz hat zwar den Vorteil, dass die Abgrenzung zwischen einfachem Scha- 72 densersatz und Schadensersatz statt der Leistung für alle Arten von Schäden einem einheitlichen Abgrenzungskriterium unterworfen wird. Er steht jedoch im Widerspruch zu den Vorstellungen des Gesetzgebers. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs sind Schäden an anderen Rechtsgütern stets im Wege des (einfachen) Schadensersatzes neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen.150 Ausgangspunkt für die Abgrenzung ist somit, ob das Äquivalenz- oder das Integritätsinteresse betroffen ist, nicht der Entstehungszeitpunkt von Schäden.151 Werden somit nur Vermögensschäden, nicht jedoch Personen- und Sachschäden vom Schadensersatz statt der Leistung erfasst, kommt Ziff. 1.2 (1) AHB keine eigenständige Bedeutung zu. Schimikowski, der entgegen der hier vertretenen Ansicht Ziff. 1.2 (1) AHB als Aus- 73 schluss qualifiziert152, hat zur Vorgängerregelung in Ziff. 1.2 AHB 2004/§ 4 I Ziff. 6 Abs. 3 AHB 2002 die Auffassung vertreten, die Erfüllungsklausel habe konstitutiven Charakter, wenn Vermögensschäden i.S.v. Ziff. 2 AHB mitversichert sind.153 Bei der Mitversicherung von Vermögensschäden stellt sich jedoch vorrangig die Frage, ob für die Anwendung von Ziff. 1.2 (1) AHB überhaupt noch Raum ist, wenn man ihn als Ausschluss qualifizierte. Diese Frage ist zu verneinen, soweit Sonderregelungen hinsichtlich des Ausschlusses von Vermögensschäden bestehen. Dies ist in der Privathaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 6.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht), Betriebshaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 7.6.5.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Betriebshaftpflicht) und Produkthaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 6.1.1 ProdHM) der Fall. Diese gehen als speziellere vertragliche Regelungen Ziff. 1.2 (1) AHB vor.154 2. Ziff. 1.2 (2) AHB Im Werkvertragsrecht umfasst das Erfüllungsinteresse auch Schäden, die dem Besteller 74 im Rahmen der Nacherfüllung zur Behebung des Mangels zugefügt werden müssen.155 Der Unternehmer hat deshalb, sofern die ihm obliegende Behebung des Werkmangels einen zerstörenden Eingriff in das sonstige Eigentum des Bestellers erfordert, die hiervon betroffenen Gegenstände auf seine Rechnung wiederherstellen zu lassen.156
148 149
150
151 152 153 154
Bamberger/Roth/Faust § 437 Rn. 51, 60. Tiedtke/Schmitt BB 2005 615 ff.; Skamel NJW 2008 2820, 2822; vgl. OLG Saarbrücken 25.7.2007 NJW 2007 3503, 3504. Vgl. RegE BTDrucks. 14/6040 S. 225; ebenso Staudinger/Otto § 280 Rn. E 19 ff.; AnwKom/Dauner-Lieb § 280 Rn. 76, 81 f.; Oetker/Maultzsch § 2 Rn. 282 f. Staudinger/Otto § 280 Rn. E 19 ff. Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 1 Rn. 36 ff. Vgl. Schimikowski RuS 2005 445, 446. Vgl. auch OLG Hamm 27.3.2009 BeckRS 2009 87443 (zum Vorrang der Besonderen
155
156
Bedingungen als speziellere vertragliche Regelung gegenüber den AHB). BGH 31.12.1962 VersR 1963 179 = NJW 1963 805, 806; BGH 13.12.1962 VersR 1963 180 = NJW 1963 811, 812; vgl. auch BGH 20.11.1990 RuS 1991 83 = VersR 1991 293; OLG Karlsruhe 15.1.2009 NJOZ 2009 1934, 1936; OLG Köln 30.10.2001 RuS 2002 58, 60; OLG Hamm 15.11.1991 RuS 1992 46, 47 = VersR 1992 730; OLG Naumburg 20.2.1995 RuS 1996 348, 349; LG Düsseldorf 9.1.2009 RuS 2009 462; LG Berlin 9.1.2003 RuS 2004 326 f. BGH 31.12.1962 VersR 1963 179 = NJW 1963 805, 806.
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Nach dem Urteil des EuGH vom 16.6.2011157 wird man den Umfang des Erfüllungsinteresses ähnlich weit für den Bereich des Kaufrechts – allerdings beschränkt auf den Verbrauchsgüterkauf (Rn. 76) – abstecken können. Nach Ansicht des EuGH ist der Verkäufer nach Art. 3 Abs. 2 und 3 VerbrGK-RL im Fall der Ersatzlieferung verpflichtet, „entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen“158. 76 In der abschließenden Entscheidung über den dem EuGH vorgelegten Fall des Verbrauchsgüterkaufs vom 21.12.2011 hat der BGH daraufhin § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtlinienkonform dahin ausgelegt, dass die Nacherfüllungsvariante „Lieferung einer mangelfreien Sache“ den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache umfasst.159 Mit Urteil vom 17.10.2012 hat der BGH einerseits – in Abkehr zu seiner Entscheidung vom 15.7.2008160 – in richtlinienkonformer Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Kaufsache als im Rahmen der Nacherfüllung geschuldet angesehen, andererseits hat er die richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB auf den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) beschränkt.161 77 Ziff. 1.2 (2) AHB bestimmt – ohne zwischen Werk- und Kaufvertragsrecht zu unterscheiden –, dass für Ansprüche „wegen Schäden, die verursacht werden, um die Nacherfüllung durchführen zu können“, kein Versicherungsschutz besteht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der VN Mängelbeseitigungsnebenkosten mitversichert hat.162 Ziff. 1.2 (2) AHB hat konstitutiven Charakter und ergänzt Ziff. 1.1 S. 1 AHB, soweit es sich bei den Schäden um Schäden an anderen Sachen handelt, die vertragliche Ansprüche nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB und gesetzliche Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB zur Folge haben.163 Insoweit betrifft Ziff. 1.2 (2) AHB einen Sachverhalt, in dem das Erfüllungsinteresse das Integritätsinteresse mit umfasst. 78 Qualifizierte man entgegen der hier vertretenen Ansicht (Rn. 68) die Regelungen in Ziff. 1.2 (2) AHB als sekundäre Risikobegrenzung, wäre zu klären, ob die Klausel nicht überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB und sogar intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist, da die Überschrift von Ziff. 1 AHB „Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall“ den VN nicht vermuten lässt, dass in Ziff. 1.2 AHB Ausschlüsse enthalten sind. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine aus sich heraus verständliche Klausel nämlich gleichwohl intransparent, „wenn sie etwa an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird“164. Dabei kommt es – wie stets bei der Auslegung von AVB –
157 158 159 160 161 162
EuGH 16.6.2011 NJW 2011 2268; BGH 21.12.2011 NJW 2012 1073. EuGH 16.6.2011 NJW 2011 2268, 2271. BGH 21.12.2011 NJW 2012 1073, 1075. BGH 15.7.2008 BGHZ 177 224 Rn. 2 = NJW 2008 2837. BGH 17.10.2012 NJW 2013 220, 221. Hierzu BGH 16.6.2010 RuS 2011 284, 286; BGH 20.11.1990 RuS 1991 83 = VersR 1991 293; OLG Hamm 27.3.2009 RuS 2011
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163 164
284; LG Berlin 13.12.2011 BeckRS 2012 19702; LG Düsseldorf 9.1.2009 RuS 2009 462; zur Mangelbeseitigungsnebenkostenklausel s. Schimikowski RuS 2012 105, 107 f. Vgl. OLG Saarbrücken 25.7.2007 NJW 2007 3503, 3505. Vgl. BGH 20.6.2012 RuS 2012 454, 455 = NJW 2012 3184; BGH 23.2.2005 BGHZ 162 210, 213 f. = RuS 2005 257; BGH
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
AHB 2012 Ziff. 1
auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen VN an, von dem die aufmerksame Durchsicht der Bedingungen, deren verständige Würdigung und die Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnzusammenhangs erwartet werden kann.165 Für den Bereich der Berufshaftpflichtversicherung hat das OLG München eine Klau- 79 sel, wonach auch ein angestellter Scheinsozius keinen Deckungsschutz gegen Schadensersatzansprüche von Mandanten wegen Veruntreuungen durch echte Sozien haben soll, als überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB angesehen, weil die Gleichstellung von Sozien und Scheinsozien nicht bei den Ausschlüssen, sondern in dem das Versicherungsverhältnis betreffenden Abschnitt unter der Überschrift „Sozien“ vorgenommen wurde. Für einen angestellten Rechtsanwalt, so das OLG München, sei nicht zu erwarten, dass sein Versicherungsverhältnis von dieser Regelung betroffen und insbesondere nicht, dass eine Bestimmung enthalten sei, dass auch Angestellte als Sozien gelten.166 Nach Ansicht des OLG Hamm ist eine Klausel in der Architekten-Haftpflichtversicherung, die unter dem Begriff „Einschluss“ einen „Ausschluss“ verbirgt, wegen Intransparenz unwirksam.167 Berücksichtigt man, dass die Ausschlüsse vom Versicherungsschutz in Ziff. 7 AHB 80 umfassend und im Detail geregelt sind, kann (nicht nur) der durchschnittliche VN leicht den Eindruck gewinnen, dass es sich hierbei um einen abschließenden Katalog von Ausschlüssen handele. Er wird deshalb (weitere) Ausschlüsse unter Ziff. 1.2 AHB nicht ohne Weiteres vermuten. Dies gilt auch dann, wenn der VN mit (anderen) Haftpflichtversicherungsprodukten vertraut ist, weil diese Klausel in der vor 2002 gebräuchlichen Fassung der AHB (§ 4 I Ziff. 6 Abs. 3 AHB 2002) unter der Überschrift „Ausschlüsse“ in § 4 AHB 2002 Eingang gefunden hatte. Selbst wenn man die Klausel entgegen der hier vertretenen Ansicht als sekundäre Risikobegrenzung qualifizierte und die wirksame Einbeziehung und/oder die Wirksamkeit von Ziff. 1.2 (2) AHB verneinte, würde der Versicherungsschutz für Haftpflichtansprüche wegen Schäden bei der Nacherfüllung oftmals am Tätigkeitsschadensausschluss nach Ziff. 7.7 AHB scheitern (Ziff. 7 AHB Rn. 190 ff.). 3. Ziff. 1.2 (3) AHB Allein dem vertraglichen Erfüllungsbereich zuzuordnen sind der Nutzungsausfall 81 wegen der Mangelhaftigkeit der Sache oder Arbeit. Dementsprechend nimmt Ziff. 1.2 (3) AHB Ansprüche „wegen des Ausfalls der Nutzung des Vertragsgegenstandes oder wegen des Ausbleibens des mit der Vertragsleistung geschuldeten Erfolges“ vom Versicherungsschutz aus. Hierbei ist es rechtlich ohne Bedeutung, ob es sich um einen dem Gläubiger selbst unmittelbar entgangenen Gebrauchsvorteil und Gewinn handelt oder um einen Schaden desjenigen, dem er die Nutzung gegen Entgelt überlassen hat und dessen Ersatzanspruch er sich nun ausgesetzt sieht (z. B. Ersatzansprüche des mietenden Supermarktbetreibers gegen den Bauherrn – Gläubiger des VN – wegen der Auslagerung des Geschäftsbetriebes während Nachbesserungsarbeiten des Bauunternehmers).168 In dem
165 166
10.3.1993 NJW 1993 2052 f.; BGH 11.2.1992 NJW 1992 1097, 1098; OLG Köln 12.5.2009 RuS 2010 525; OLG Hamm 19.10.2007 RuS 2008 124 (zu AUB). St. Rspr., vgl. BGH 23.2.2005 BGHZ 162 210, 213 f. = RuS 2005 257 m.w.N. OLG München 23.2.2010 RuS 2010 196 f.; OLG München 26.8.2009 BeckRS 2011 07960; OLG München 8.8.2008 NJW-RR 2008 1560, 1561.
167 168
OLG Hamm 7.2.2007 RuS 2007 152, 154. Vgl. BGH 25.9.1985 VersR 1985 1153; OLG Köln 30.10.2001 RuS 2002 58 ff.; OLG Stuttgart 30.11.2000 VersR 2001 187; OLG Naumburg 20.2.1995 VersR 1997 179 f.; OLG Frankfurt 5.11.1981 VersR 1982 790, 791.
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einen wie dem anderen Fall handelt es sich um einen Anspruch, der auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichtet ist, für den bereits nach Ziff. 1.1 S.1 AHB keine Deckung besteht. Ziff. 1.2 (3) AHB kommt somit nur deklaratorische Bedeutung zu. Soweit die Nutzungsausfallschäden vom Schadensersatzanspruch statt der Leistung umfasst sind, greift im Übrigen auch Ziff. 1.2 (1) AHB ein. 82 Verursacht die mangelhafte Sache oder die fehlerhafte Vertragsleistung Schäden an anderen Sachen, sind diese ebenso gedeckt wie Schäden aus der entgangenen Nutzungsmöglichkeit der anderen Sachen.169 Zu den versicherten Schäden zählen auch die Kosten für die Begutachtung der Schäden an den anderen Sachen sowie Personalkosten, die trotz der nicht möglichen Nutzung der anderen Sache, entstanden sind.170 4. Ziff. 1.2 (4) AHB
83
Nicht versichert sind Ansprüche auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen im Vertrauen auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung. Diese Klausel orientiert sich erkennbar an § 284 BGB. Zwar handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch i.S.d. Ziff. 1.1 S. 1 AHB (Rn. 43). Da der Anspruch auf Aufwendungsersatz nur anstelle des Anspruchs auf Schadensersatzes statt der Leistung geltend gemacht werden kann und letzterer nach hier vertretener Ansicht nur auf den Ersatz von Vermögensschäden gerichtet ist, kann aus rechtssystematischen Gründen für den Anspruch aus § 284 BGB aber zwangsläufig nichts anderes gelten. Gleiches gilt für die Ansprüche des Mieters auf Aufwendungsersatz wegen Sach- oder Rechtsmängeln der Mietsache gem. §§ 536, 536a Abs. 2 BGB.171 Ziff. 1.2 (4) AHB ist folglich nur deklaratorischer Natur.172 84 Soweit es zu Begleitschäden an Sachen des Gläubigers kommt, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung erleidet, handelt es sich nicht um nach § 284 BGB ersatzfähige Aufwendungen, sondern um einen nach §§ 280 Abs. 1 i.V.m. 241 Abs. 2 BGB ersatzfähigen Schaden, für den gem. Ziff. 1.1 S. 1 AHB Versicherungsschutz besteht.173 Zu denken ist hier an solche Fälle, in denen z.B. der Käufer Umbaumaßnahmen getätigt hat, die nicht ohne Zerstörung der zum Umbau eingesetzten Sachen rückgängig gemacht werden können. 5. Ziff. 1.2 (5) AHB
85
Ebenfalls rein deklaratorisch ist Ziff. 1.2 (5) AHB, die Ansprüche auf Ersatz von Vermögensschäden wegen Verzögerung der Leistung vom Versicherungsschutz ausnimmt (ohne dass es darauf ankommt, ob die Ansprüche Verzug des VN zur Voraussetzung haben). Per-
169
OLG München 16.4.2010 BeckRS 2010 09797; OLG Karlsruhe 19.7.2007 VersR 2007 1551 f. = RuS 2007 455; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 55; vgl. auch Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 44; ders. RuS 2006 372; v. Rintelen NZBau 2006 401, 403 f.; a.A. OLG Köln 30.10.2001 RuS 2002 58, 60 (nicht nur der Schaden infolge mangelhafter Zuwegung aus Granitplatten für ein Bauvorhaben soll Erfüllungssurrogat sein, sondern sogar eine mögliche vorübergehende Betriebsschließung von
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170 171 172 173
Anliegern durch die Neuverlegung); LG Hanau 22.9.1994 VersR 1995 1476 (Pachtminderungsschaden wegen mangelhaft durchgeführter Dachsanierung, die zu Unbenutzbarkeit des Gebäudes führte, soll Erfüllungssurrogat sein). OLG München 16.4.2010 BeckRS 2010 09797. Vgl. Schimikowski RuS 2005 445, 446. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 56. Staudinger/Otto § 284 Rn. 22.
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sonen- und Sachschäden, die durch die Verzögerung beim Abnehmer eintreten (z.B. Personenschäden wegen verspäteter Lieferung von Medikamenten, Sachschäden durch Regen wegen verspätet gedeckten Daches), sind jedoch nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB gedeckt.174 6. Ziff. 1.2 (6) AHB Ziff. 1.2 (6) AHB nimmt vertragliche und gesetzliche Ansprüche wegen anderer an 86 die Stelle der Erfüllung tretender Ersatzleistungen vom Versicherungsschutz aus. Wie bei Ziff. 1.2 (1) AHB (Rn. 69 ff.) kommt es auch hier für die Einordnung auf das Interesse des Vertragspartners des VN am unmittelbaren Leistungsgegenstand an, wie es in den den VN bindenden Verträgen seinen Niederschlag gefunden hat.175 Soweit sich die Ansprüche mit dem vertraglichen Erfüllungsinteresse des Schadensersatzberechtigten decken, besteht kein Versicherungsschutz.176 Derartige Überschneidungen kommen bei sog. „Weiterfresserschäden“ im Kauf- und Werkvertragsrecht (Rn. 23 f.) in Betracht, da sich die Nacherfüllung auch auf die Beseitigung solcher Integritätsschäden erstreckt, für die der VN gem. §§ 280, 241 Abs. 2 BGB und § 823 Abs. 1 BGB haftet.177 In diesen Fällen hat Ziff. 1.2 (6) AHB konstitutiven Charakter und ergänzt Ziff. 1.1 S. 1 AHB. Insoweit kann auf die vorstehend zu Ziff. 1.2 (2) AHB angestellten Überlegungen verwiesen werden (Rn. 77). Selbst wenn man die Klausel entgegen der hier vertretenen Ansicht als sekundäre 87 Risikobegrenzung qualifizierte und die Einbeziehung und/oder die Wirksamkeit von Ziff. 1.2 (6) AHB verneinte, würde der Versicherungsschutz für diese Ansprüche im Übrigen an Ziff. 7.8 S. 1 und 2 AHB scheitern (Ziff. 7 AHB Rn. 241 ff.). Da Ziff. 1.2 (6) AHB nur von Ansprüchen spricht, erfasst diese Klausel im Übrigen 88 auch den Gegenleistungsanspruch des Veräußerers aus § 326 Abs. 2 BGB. Da es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt, ist Ziff. 1.2 (6) AHB insoweit nur deklaratorischer Natur.178
D. Ziff. 1.3 AHB Schrifttum Heinisch Die praktische Umsetzung von Sanktionen in der (Rück-)Versicherungswirtschaft CCZ 2012 136; Wandt Versicherungsverbote im Rahmen von Embargomaßnahmen VersR 2013 257.
I. Sinn und Zweck Gem. Ziff. 1.3 S. 1 AHB besteht Versicherungsschutz nur, „soweit und solange dem 89 keine auf die Vertragsparteien direkt anwendbaren Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos der Europäischen Union oder der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen“. Dies gilt nach Ziff. 1.3 S. 2 AHB auch „für Wirtschafts-, Handelsoder Finanzsanktionen bzw. Embargos, die durch die USA in Hinblick auf den Iran er-
174 175 176
Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 AHB Rn. 57. Vgl. auch BGH 28.9.2011 NJW-RR 2012 103, 104. Vgl. auch Schimikowski RuS 2005 445, 447; Prölss VersR 1967 432, 436; Schmalzl VersR 1956 270, 272.
177
178
Vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann § 439 Rn. 14 ff.; Bamberger/Roth/Faust § 439 Rn. 15; Jauernig/Ch. Berger Rn. 20. Vgl. LG Köln 12.3.2008 RuS 2009 107.
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lassen werden, soweit dem nicht europäische oder deutsche Rechtsvorschriften entgegenstehen“. Mit dieser Regelung, die erstmalig in der Fassung der AHB-Musterbedingungen vom April 2012 enthalten ist, soll nationalen und vor allem gemeinschaftsrechtlichen Sanktionsmaßnahmen Rechnung getragen werden.179 90 Anlass für die Klausel gaben die EU-Sanktionen gegen den Iran.180 Die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 v. 23.3.2012181, die am 24.3.2012 in Kraft getreten ist und die Verordnung (EU) Nr. 961/2010182 vollständig ersetzt hat, verbietet die Bereitstellung von Versicherungen für iranische Personen, die keine natürlichen Personen sind, Organisationen oder Einrichtungen (Art. 35 Abs. 1 EU-VO Nr. 267/2012).183 Hiervon ausgenommen ist die Bereitstellung von Haftpflichtversicherungen für iranische Personen, Organisationen und Einrichtungen in der EU (Art. 35 Abs. 2 EU-VO Nr. 267/2012). 91 Ein ähnliches Versicherungsverbot besteht seit Januar 2012 auch für Syrien.184 Dieses gilt für den syrischen Staat, seine Regierung, öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen und Agenturen und gegenüber solchen (natürlichen oder juristischen) Personen, die im Namen oder auf Anweisung der Erstgenannten handeln (Art. 26 Abs. 1 lit. a) EU-VO Nr. 36/2012). Die Bereitstellung von Versicherungsdeckung für in Privatbesitz befindliche syrische Unternehmen ist somit noch möglich (sofern sie nicht von Finanzsanktionen betroffen sind oder ihre Eigentümer Sanktionen unterliegen).185 92 Ziff. 1.3 S. 2 AHB trägt dem Umstand Rechnung, dass die EU durch Verordnung (EG) Nr. 2271/96 v. 22.11.1996186 sogenannte „blocking statutes“ erlassen hat, durch die ihren Bürgern und Unternehmen die Befolgung bestimmter US-Sanktionen untersagt wird.187 Die von der Verordnung erfassten Gesetze, Verordnungen und anderen Rechtsakte von Drittstaaten werden dort im Anhang im Einzelnen aufgeführt. Art. 1 Abs. 2 EG-VO Nr. 2271/96 ermächtigt den Rat, dem Anhang der Verordnung Gesetze hinzuzufügen oder zu streichen.
II. Anwendungsbereich 93
Ziff. 1.3 AHB zielt nicht auf den Abschluss von Versicherungsverträgen mit den vorgenannten iranischen und syrischen Sanktionsadressaten ab. Solche Verträge sind nach § 134 BGB unwirksam.188 Vielmehr geht es um wirksame Haftpflichtversicherungsverträge mit VN, die nicht zum Kreis der Sanktionsadressaten – wie z. B. deutsche VN – zählen, und um das Schicksal der aus Ziff. 5.1 AHB resultierenden Verpflichtungen des
179 180 181 182 183
Hierzu Heinisch CCZ 2012 102; ders. CCZ 2012 136. Hierzu Birke/Isenbart VW 2012 513. ABl. L 88 v. 24.3.2012 S. 1. ABl. L. 281 v. 27.10.2010 S. 1. Gem. Art. 1 lit. o) EU-VO Nr. 267/2012 umfasst der Begriff „iranische Person, Organisation oder Einrichtung“: „i) den iranischen Staat und jede Behörde dieses Staates, ii) jede natürliche Person mit Aufenthaltsort oder Wohnsitz in Iran, iii) jede juristische Person, Organisation oder Einrichtung mit Sitz in Iran, iv) jede juristische Person, Organisation oder Einrichtung innerhalb oder außerhalb Irans,
632
184 185 186 187 188
die sich im Eigentum oder unter der direkten oder indirekten Kontrolle einer oder mehrerer der vorgenannten Personen oder Einrichtungen befinden;“ Verordnung (EU) Ziff. 36/2012 v. 18.1.2012 ABl. L 16 v. 19.1.2012 S. 1. Heinisch CCZ 2012 102, 104. ABl. L 309 v. 29.11.1996 S. 1. Heinisch CCZ 2012 136, 137. Hierzu Heinisch CCZ 2012 102, 103 (zweifelnd für Verträge, die vor dem Inkrafttreten der (ersten) EU-Verordnung Nr. 961/2010 geschlossen wurden); Birke/Isenbart VW 2012 513; Wandt VersR 2013 261, 262.
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AHB 2012 Ziff. 1
VR, soweit es sich bei dem Geschädigten um Sanktionsadressaten – z. B. ein iranisches Unternehmen – handelt. Dieser Frage soll auf der Grundlage des nachstehenden Beispiels nachgegangen werden. Beispiel: Ein deutscher Maschinenhersteller (VN) wird wegen eines Konstruktionsfehlers einer vor Jahren ausgelieferten Maschine von seinem iranischen Abnehmer wegen Sach- und Personenschäden vor einem Schiedsgericht auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der VN verlangt von seinem VR Gewährung von Versicherungsschutz.
Nach Art. 5 Abs. 1 lit. c), Art. 11 Abs. 1 lit. d), Art. 13 Abs. 1 lit. d) EU-VO 94 Nr. 267/2012 sowie Art. 10a Abs. 1 lit. b), Art. 14a Abs. 1 lit. c) und Art. 15b Abs. 1 lit. b) EU-VO Nr. 1263/2012189 ist es verboten, für iranische Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder zur Verwendung im Iran unmittelbar oder mittelbar Finanzmittel oder Finanzhilfen bereitzustellen. Ob auch Zahlungen des Haftpflicht-VR an den Geschädigten als Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen anzusehen sind, ist allerdings ungeklärt und eher zweifelhaft. Näher liegt es solche Zahlungen als nach Art. 30 EU-VO Nr. 267/2012 genehmigungspflichtige und -fähige Geldtransfers i.S.v. Art. 1 lit. t) EU-VO Nr. 267/2012190 zu qualifizieren. Jedoch ist Art. 23 Abs. 3) EU-VO Nr. 267/2012 zu beachten. Nach dieser Vorschrift 95 dürfen den in Anhang VIII und IX der Verordnung aufgeführten natürlichen und juristischen Personen (hierunter fallen auch zahlreiche Banken), Organisationen und Einrichtungen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder i.S.v. Art. 1 lit. l) EU-VO Nr. 267/2012191 oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen. Zählen die Geschädigten zu diesem Kreis oder sind mittelbar betroffen, weil sie ihr Konto bei einer Bank haben, die einer Vermögenssperre unterliegt, dürfen im Schadensfall somit keine Zahlungen geleistet werden.192 189 190
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ABl. L 356 v. 22.12.2012 S. 34. „Geldtransfer“ ist „i) jede Transaktion, die im Namen eines Auftraggebers über einen Zahlungsverkehrsdienstleister auf elektronischem Weg mit dem Ziel abgewickelt wird, einem Begünstigten bei einem Zahlungsverkehrsdienstleister einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, unabhängig davon, ob Auftraggeber und Begünstigter dieselbe Person sind. Dabei gelten für die Begriffe „Auftraggeber“, „Begünstigter“ und „Zahlungsverkehrsdienstleister“ die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, ii) jede Transaktion, die auf nichtelektronischem Weg wie Bargeld, Schecks oder Buchführungsanweisungen mit dem Ziel abgewickelt wird, einem Begünstigten bei einem Zahlungsverkehrsdienstleister einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, unabhängig davon, ob Auftraggeber und Begünstigter dieselbe Person sind.“ „Gelder“ sind finanzielle Vermögenswerte und Vorteile jeder Art, die Folgendes ein-
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schließen, aber nicht darauf beschränkt sind: i) Bargeld, Schecks, Geldforderungen, Wechsel, Zahlungsanweisungen und andere Zahlungsmittel, ii) Einlagen bei Finanzinstituten oder anderen Einrichtungen, Guthaben auf Konten, Zahlungsansprüche und verbriefte Forderungen, iii) öffentlich und privat gehandelte Wertpapiere und Schuldtitel einschließlich Aktien und Anteilen, Wertpapierzertifikate, Obligationen, Schuldscheine, Optionsscheine, Pfandbriefe und Derivate, iv) Zinserträge, Dividenden und andere Einkünfte oder Wertzuwächse aus Vermögenswerten, v) Kredite, Rechte auf Verrechnung, Bürgschaften, Vertragserfüllungsgarantien und andere finanzielle Ansprüche, vi) Akkreditive, Konnossemente, Übereignungsurkunden und vii) Dokumente zur Verbriefung von Anteilen an Fondsvermögen oder anderen Finanzressourcen.“ Verneinend Heinisch CCZ 2012 132, 140.
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AHB 2012 Ziff. 1
Haftpflichtversicherung
96
Bezogen auf das zuvor gebildete Beispiel ist dem VR in dieser Konstellation eine Erfüllung seiner Freistellungspflichten gegenüber dem VN rechtlich i.S.v. § 275 Abs. 1 BGB – zumindest zeitweilig193 – unmöglich.194 Eine Auszahlung an den Geschädigten vor oder nach einer auf der Grundlage des für vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs bewirkten Pfändung und Überweisung (§§ 829, 835 ZPO) oder Abtretung des Freistellungsanspruchs (§ 398 BGB) scheitert an Art. 23 Abs. 3) EU-VO Nr. 267/2012. Bei nach Art. 30 EU-VO Nr. 267/2012 genehmigungsfähigen Geldtransfers wird die Erfüllung erst unmöglich, wenn die Genehmigung endgültig versagt wird.195 97 Die Erfüllung der Verpflichtung des VR zur Prüfung der Haftpflichtfrage und zur Abwehr unbegründeter Ansprüche bleibt dagegen von den vorstehenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften unberührt und fällt deshalb nicht in den Anwendungsbereich der Ziff. 1.3 AHB. Hat sich der Freistellungsanspruch in der Person des VN in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, weil dem VR eine wirksame Abwehr des Zugriffs des Geschädigten auf das Vermögen des VN nicht mehr möglich ist oder der VR von einem Aktivprozess im Falle der Aufrechnung mit bestrittener Haftpflichtforderung absieht (§ 100 VVG Rn. 114 ff.), ist Ziff. 1.3 AHB ebenfalls nicht anwendbar und der VR zur Erfüllung des Zahlungsanspruchs verpflichtet. Wie der Fall zu bewerten ist, wenn der VN den Anspruch des Geschädigten anerkennt und unter Verstoß gegen EU-Sanktionsvorschriften befriedigt, um sodann von dem VR nach § 106 S. 2 VVG Ersatz zu verlangen, hängt von der Auslegung der EU-Sanktionsregelungen ab. Nur soweit die Erfüllung des Zahlungsanspruchs des VN gegen die EU-Sanktionsregeln verstieße, würde Ziff. 1.3 AHB eingreifen. Insgesamt halten sich die für den VN nachteiligen Folgen von Ziff. 1.3 AHB somit in Grenzen.
III. Rechtsnatur 98
Fraglich ist, ob es sich bei Ziff. 1.3 AHB um eine primäre Risikobegrenzung oder um einen Ausschluss handelt. Diese Frage ist zum einen für die Beweislast (Ziff. 1 AHB Rn. 65), zum anderen für die Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht von Bedeutung (dazu sogleich Ziff. 1 AHB Rn. 100 u. 105 ff.). Betrachtet man die zur Abgrenzung zwischen primären und sekundären Risikobegrenzungen herangezogenen Kriterien (Ziff. 1 AHB Rn. 66) sprechen sowohl der Standort der Klausel als auch die Formulierung („soweit und solange“) für eine primäre Risikobegrenzung und somit gegen einen Ausschluss. Es geht nicht um die vollständige Herausnahme bestimmter Teilrisiken, sondern um die zeitweilige Aussetzung der Erfüllung des Freistellungsanspruchs. Im Übrigen bleibt – wie zuvor aufgezeigt – der Rechtsschutzanspruch des VN durch Ziff. 1.3 AHB unberührt und der VR bei Umwandlung des Freistellungsanspruchs in der Person des VN zu einem Zahlungsanspruch diesem gegenüber verpflichtet (Rn. 97).
193
194
§ 275 Abs. 1 BGB findet auch auf vorübergehende Leistungshindernisses Anwendung (vgl. nur Staudinger/Otto Neubearb. 2009 § 326 Rn. B 26; MüKo-BGB/Ernst § 275 Rn. 134). Vgl. BGH 8.6.1983 NJW 1983 2873, 2874; RG 27.5.1921 RGZ 102 203, 204 f.; Staudinger/Otto Neubearb. 2009 § 326
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195
Rn. B 26; Staudinger/Löwisch/Caspers Neubearb. 2009 § 275 Rn. 38 ff. und 46 f.; R. Koch VersR 2009 141, 147. Palandt/Grüneberg § 275 Rn. 42; Staudinger/Löwisch/Caspers Neubearb. 2009 § 275 Rn. 40; Staudinger/Sack/Seibl Neubearb. 2011 § 134 Rn. 185; R. Koch VersR 2009 141, 147.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
AHB 2012 Ziff. 1
Nicht zu folgen ist der allgemein und nicht speziell auf die Haftpflichtversicherung 99 vertretenen Ansicht von Wandt, wonach das Verständnis des VN „weniger durch die positive Formulierung der Sanktionsklausel, sondern vor allem durch den Ausnahmecharakter dieser Klausel geprägt [wird], die einen nach der (sonstigen allgemeinen) primären Risikoabgrenzung bestehenden Versicherungsschutz abhängig von der Reichweite und Anwendbarkeit eines Embargogesetzes ausschließt“. Diese Auffassung berücksichtigt nicht hinreichend den Umstand, dass es dem Haftpflicht-VR – jedenfalls im Anwendungsbereich von Ziff. 1.3 S. 1 AHB – rechtlich unmöglich ist, seine Freistellungsverpflichtung durch Zahlung an den Geschädigten zu erfüllen und die Klausel somit lediglich dem allgemeinen, auch im Versicherungsrecht geltenden Grundsatz Rechnung trägt, dass niemand zu einer unmöglichen Leistung verpflichtet sein kann (impossibilium nulla obligatio est). Die Statuierung einer solchen Klausel in den AVB ist sicherlich ungewöhnlich und weist insoweit Ausnahmecharakter auf. Diese Tatsache vermag indes nicht eine Qualifikation als Ausschluss zu rechtfertigen.
E. AGB-Recht I. Einbeziehungskontrolle Die Klauseln Ziff. 1.1–1.3 AHB sind – auch soweit es Ziff. 1.2 (2) und (6) AHB an- 100 geht – nicht als überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB anzusehen.196
II. Inhaltskontrolle 1. Ziff. 1.1 und 1.2 AHB Ziff. 1.1 und 1.2 AHB sind kontrollfähig (vgl. § 100 VVG Rn. 18). Eine unangemes- 101 sene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 2 Ziff. 1 BGB kommt nicht in Betracht, weil es an einer Abweichung von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung fehlt (§ 100 VVG Rn. 14). Eine Gefährdung des Vertragszwecks i.S.v. § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB liegt ebenfalls 102 nicht vor. Eine solche Gefährdung ist nach der Rechtsprechung erst dann anzunehmen, wenn mit der Einschränkung der Leistung der Vertrag ausgehöhlt werden kann und damit der Versicherungsvertrag in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos wird.197 Davon kann bei Ziff. 1.1 AHB keine Rede sein. Ziff. 1.1 AHB ist auch nicht intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Soweit der Ausschluss nach Ziff. 1.2 AHB Ansprüche betrifft, die auf den Ersatz des 103 Erfüllungsinteresses gerichtet sind, scheidet eine Vertragszweckgefährdung im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung ebenfalls aus. Ziff. 1.2 (2) und (6) AHB, die sich auch auf Sachverhalte erstrecken, bei denen das Vertragserfüllungsinteresse auch das Integritätsinteresse mit umfasst, sind nicht geeignet, den Versicherungsvertrag in Bezug auf die versicherte Gefahr zwecklos werden zu lassen, weil es sich bei 196 197
A.A. Schimikowski RuS 2005 445, 450 zu zu Ziff. 1.2 AHB 2004. St. Rspr., vgl. nur BGH 18.2.2009 RuS 2009 246, 248; BGH 11.2.2009 RuS 2009 248, 250; BGH 24.5.2006 RuS 2006 366, 368; BGH 18.1.2006 RuS 2006 159, 160 f.;
BGH 15.2.2006 NJW-RR 2006 895, 897; BGH 19.5.2004 RuS 2004 423, 425; BGH 19.11.1997 BGHZ 137 174, 176 = NJW 1998 1069 f.; BGH 19.11.1997 RuS 1998 79.
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Haftpflichtversicherung
dem Bereich, in dem es zu einer Überschneidung von Erfüllungs- und Integritätsinteresse kommt, nur um einen kleinen Ausschnitt des Haftpflichtrisikos handelt. Selbst wenn man bereits eine Gefährdung annähme, wäre eine unangemessene Benachteiligung zu verneinen, weil der VR ein berechtigtes Interesse hat, den Erfüllungsbereich im Hinblick auf den Zweck der Haftpflichtversicherung und der Begrenzung der Prämien vom Versicherungsschutz auszunehmen. 104 Fraglich ist, ob die Klauseln Ziff. 1.2 (2) und (6) AHB hinreichend transparent i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind. Schimikowski verneint dies für Ziff. 1.2 (6) AHB. Die Formulierung „an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistungen“ sei zu unbestimmt.198 Der VN könne der Regelung nicht entnehmen, wie weit der Ausschluss reiche. Diese Begründung überzeugt nicht (mehr), da nach Ansicht des BGH hinreichend geklärt ist, was unter Erfüllungssurrogat i.S.d. Ausschlussklausel zu verstehen ist.199 2. Ziff. 1.3 AHB
105
a) Transparenzkontrolle. Es bestehen Bedenken, ob Ziff. 1.3 AHB mit dem Transparenzgebot in Einklang steht. Nach der Rechtsprechung des BGH verlangt das Transparenzgebot vom AGB-Verwender, dass „die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann“.200 Diesen Anforderungen wird Ziff. 1.3 AHB nicht gerecht. Das Abstellen auf „direkt anwendbare Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos der EU oder der Bundesrepublik Deutschland“ lässt offen, ob auch solche Sanktionen von S. 1 erfasst werden, die ohne Beteiligung der Legislativorgane ergangen sind. Gleiches gilt für die US-Sanktionen, auf die S. 2 Bezug nimmt. Zu dieser Unklarheit trägt bei, dass nicht auf das für Rechtsvorschriften kennzeichende In- und Außerkrafttreten abgestellt wird, sondern stattdessen die Formulierung „solange“ gebraucht wird. Diese bezieht sich zwar erkennbar auch auf die Dauer der Sanktionen und Embargos, lässt aber eine genaue Bestimmung von deren Beginn und Ende nicht zu. Die Formulierung „entgegenstehen“ ist ebenfalls unscharf. Hier hätte der Muster-Bedingungsgeber besser daran getan, eine Formulierung zu wählen, derzufolge keine Verpflichtung zur Gewährung von Versicherungsschutz besteht, wenn und soweit die Erfüllung des Versicherungsvertrags nach gemeinschaftsrechtlichen oder deutschen Vorschriften unrechtmäßig ist. Für die von S. 2 erfassten US-Sanktionen hätte es einer Formulierung bedurft, derzufolge keine Verpflichtung zur Gewährung von Versicherungsschutz besteht, wenn die Erfüllung nach US-amerikanischem Recht unrechtmäßig ist. 106 Wandt hat darüber hinaus Bedenken gegen die hinreichende Transparenz der Formulierung „auf die Vertragsparteien direkt anwendbar“ geäußert, weil Embargobestimmungen regelmäßig nur auf den VR, nicht auch auf den VN anwendbar seien.201 Zudem sei nicht vollständig klar, dass mit der Formulierung „Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos“ nur Sanktionen im Außenwirtschaftsverkehr gemeint seien.202 Er kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Transparenzdefizite der Klausel nicht so gewichtig seien, um den VN unangemessen zu benachteiligen.203 Soweit eine Sank198 199
200
Schimikowski RuS 2005 445, 450. BGH 19.11.2008 NJW-RR 2009 381, 382; BGH 29.9.2004 NJW-RR 2004 1675, 1676 = VersR 2005 110. Vgl. nur BGH 20.6.2012 RuS 2012 454,
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201 202 203
455 = NJW 2012 3184 m.w.N.; Hervorhebung durch den Verfasser. Wandt VersR 2013 257, 264. Wandt VersR 2013 257, 264. Wandt VersR 2013 257, 264.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
AHB 2012 Ziff. 1
tionsklausel Versicherungsschutz schon allein wegen des auch EU-VR erfassenden Geltungsanspruchs US-amerikanischer Embargobestimmungen ausschließen solle, obwohl der Versicherungsschutz nach dem Recht des Gerichtsstaats wirksam gewährt werden dürfte, spricht nach Wandt einiges dafür, dass die US-Embargobestimmungen konkret benannt werden müssen, um dem VN Klarheit über den Umfang seines Versicherungsschutzes zu geben.204 Für erst nach Vertragsschluss in Kraft tretende ausländische Embargobestimmungen sei eine Klauselregelung zu erwägen, dass der VR solche Embargobestimmungen nachbenennen dürfe und so mit einer festgelegten Übergangsfrist die Begrenzung des Versicherungsschutzes herbeiführen könne.205 b) Sanktionsbestimmungen der EU und Deutschlands. Selbst bei unterstellter 107 Unwirksamkeit von Ziff. 1.3 AHB wegen Intransparenz (§ 307 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB) wäre der VR im Anwendungsbereich von Ziff. 1.3 S. 1 AHB nach § 275 Abs. 1 BGB, der gem. § 306 Abs. 2 BGB zur Anwendung berufen wäre (Rn. 96), von seiner Pflicht zur Freistellung zeitweilig suspendiert. Da der VR die Umstände, die das Leistungshindernis (Sanktion) begründen, nicht zu vertreten hat, ist er dem VN nicht nach § 283 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, soweit die zuständigen Legislativorgane die Sanktionsregel i.S.v. Ziff. 1.3 S. 1 AHB erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages beschließen. Ist die Sanktionsregel zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits beschlossen wor- 108 den und/oder schon in Kraft getreten, dürfte eine Haftung des VR nach § 311a Abs. 2 BGB ebenfalls am Verschulden scheitern, da für ihn vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht vorhersehbar ist, ob das Leistungshindernis eingreift. Wollte man dies anders sehen, stellte sich die Frage nach dem Mitverschulden des VN. Insoweit ist an den früheren § 307 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. zu erinnern, der eine Ersatzpflicht ausschloss, wenn auch der andere Teil die Unmöglichkeit kannte oder kennen musste. Zwar enthält § 311a Abs. 2 BGB keine entsprechende Regelung. Indessen ist ein solches Kennen oder Kennenmüssen des Gläubigers im Rahmen des § 254 BGB zu berücksichtigen.206 c) Sanktionsbestimmungen der USA. Anders stellt sich die Rechtslage hinsichtlich 109 Ziff. 1.3 S. 2 AHB bei US-Sanktionen dar. Ist die Anwendung der Sanktionsregelungen durch EU-Recht oder deutsches Recht blockiert, so ist dem VR auch die Freistellung des VN von begründeten Haftpflichtansprüchen möglich, die von iranischen Sanktionsadressaten geltend gemacht werden. Ist deren Anwendung nicht (oder noch nicht) blockiert, ließe sich angesichts des deutschen Vertragsstatuts (Ziff. 32 AHB) eine Leistungsbefreiung des VR wegen rechtlicher Unmöglichkeit i.S.v. § 275 Abs. 1 BGB nur über Art. 9 Abs. 3 Rom I VO rechtfertigen.207 Nach Art. 9 Abs. 3 Rom I VO kann den Eingriffsnormen des Staates Wirkung verliehen werden, „in dem die durch den Vertrag begründeten Verpflichtungen erfüllt werden sollen oder erfüllt worden sind [...] und soweit diese Eingriffsnormen die Erfüllung des Vertrags unrechtmäßig werden lassen. Dabei sind bei der Entscheidung, ob diesen Eingriffsnormen Wirkung zu verleihen ist, Art und Zweck dieser Normen sowie die Folgen zu berücksichtigen, die sich aus ihrer Anwendung oder Nichtanwendung ergeben würden.“
204 205 206
Wandt VersR 2013 257, 266. Wandt VersR 2013 257, 266 Fn. 74. Vgl. Staudinger/Feldmann/Löwisch Neu-
207
bearb. 2012 § 311a Rn. 54 f.; MüKoBGB/Ernst § 311a Rn. 68. Vgl. auch Wandt VersR 2013 257, 264.
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Art. 9 Abs. 1 Rom I VO definiert Eingriffsnormen als Vorschriften, „deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie ungeachtet des nach Maßgabe dieser Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen.“
110
Dass es sich bei den US-Sanktionsbestimmungen um Eingriffsnormen im vorstehenden Sinne handelt, ist unzweifelhaft. Diese finden jedoch keine Anwendung, da ein deutscher VR ungeachtet der unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur über die Bestimmung der Erfüllungsortes i.S.v. Art. 9 Abs. 3 Rom I VO seine Freistellungsverpflichtung, die er gegenüber dem in Deutschland ansässigen VN hat, in Deutschland erfüllt. Insoweit kommt Art. 9 Abs. 3 Rom I VO nach ganz herrschender Ansicht kollisionsrechtlich eine Sperrwirkung für Eingriffsnormen anderer Drittstaaten als denen des Erfüllungsortstaats zu.208 Umstritten ist, ob die Sperrwirkung auch einer materiell-rechtlichen Berücksichtigung anderer Eingriffsnormen als jener des Erfüllungsstaates entgegensteht. Eine Mehrheit im Schrifttum spricht sich dafür im Rahmen von Generalklauseln oder sonstigen wertungsoffenen Vorschriften des Vertragsstatuts aus.209 111 Damit ließe sich eine rechtliche Unmöglichkeit nur noch in der Weise begründen, dass man die US-Sanktionsregelungen materiell-rechtlich berücksichtigt. Vor Inkrafttreten der Rom I VO hat der BGH ausländische Eingriffsnormen im Rahmen der Anwendung von § 138 BGB beachtet und auf diesem Weg z.B. die Sittenwidrigkeit von Transportversicherungsverträgen bejaht, die deutschem Recht unterlagen. In seinem Urteil vom 24.5.1962 ging es um einen Verstoß gegen im Verteidigungsinteresse erlassene US-Embargo-Bestimmungen. Nach Ansicht des BGH ist dem Versicherten durch die Versicherung ein großer Teil des Risikos abgenommen worden, weshalb er sich viel leichter zu einem solchen Geschäft entschlossen habe, als wenn er die erhebliche Gefahr allein hätte tragen müssen.210 Die Versicherung habe hierdurch in jedem Fall nach Inhalt, Beweggrund und Zweck einen unsittlichen Gesamtcharakter erhalten, da der Zweck der U.S. amerikanischen Embargobestimmungen – zu verhindern, dass mit westlichen Wirtschaftsgütern das Kriegspotenzial des Ostblocks vermehrt würde – der Aufrechterhaltung des Friedens und der freiheitlichen Ordnung des Westens und damit auch deutschen Interessen diene. Im Urteil vom 22.6.1972 ging es um ein Verbot, das die Erhaltung des künstlerischen Erbes im Ursprungsland und den Schutz des Landes vor einer Ausplünderung durch ausländische Kunstliebhaber und außerdem durch Händler bezweckt. Die Ausfuhr von Kulturgut entgegen einem Verbot des Ursprungslands (Nigeria) verdient nach Ansicht des BGH im Interesse der Wahrung der Anständigkeit im internationalen Verkehr mit Kunstgegenständen keinen bürgerlich-rechtlichen Schutz. Dies auch nicht durch die Versicherung einer Beförderung, durch die Kulturgut aus dem von der ausländischen Rechtsordnung beherrschten Gebiet dem seiner Sicherung dienenden Ausfuhrverbot zuwider ausgeführt werden solle. Ein solcher Kaufvertrag verstoße gegen die 208
209
Staudinger/Magnus Neubearb. 2011 Art. 9 Rom I VO Rn. 123; Palandt/Thorn Art 9 Rom I VO Rn. 14; MüKo-BGB/Martiny Art. 9 Rom I VO Rn. 113; Reithmann/ Martiny/Freitag Internationales Vertragsrecht 7. Aufl. (2010), Rn. 653; Bamberger/ Roth/Spickhoff Art. 9 Rom I VO Rn. 30. Dafür z.B. MüKo-BGB/Martiny Art. 9 Rom I VO Rn. 114; jurisPK/Ringe Art. 9
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210
Rom I VO Rn. 25; Palandt/Thorn Art. 9 Rom I VO Rn. 14; krit. Freitag Die kollisionsrechtliche Behandlung ausländischer Eingriffsnormen nach Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO, IPRax 2009 109, 115; a.A. Staudinger/Magnus Neubearb. 2011 Art. 9 Rom I VO Rn. 124). BGH 24.5.1962 VersR 1962 659, 660 = NJW 1962 1436.
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Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall
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guten Sitten, was zur Nichtigkeit des Kaufvertrags gem. § 138 Abs. 1 BGB und damit zum Wegfall des versicherbaren Interesses führe.211 Im Unterschied zu den hier in Rede stehenden US-Sanktionsregelungen ging es bei 112 den vom BGH entschiedenen Fällen nicht um ausländische Gesetze, die extraterritoriale Geltung beanspruchen. Selbst wenn diese Rechtsprechung nach Inkraftreten der Rom I VO grundsätzlich fortgelten sollte, dürften die US-Sanktionsregelungen deshalb keine Berücksichtigung bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit finden. Die Entscheidung, ob eine Rechtsgeschäft sittenwidrig ist, hat der BGH nämlich davon abhängig gemacht, ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der deutschen Rechtsund Sittenordnung zu vereinbaren ist. Der BGH hat diese Frage bejaht, wenn die Beachtung der ausländischen Verbotsnorm auch im deutschen Interesse liegt 212 oder die Verbotsnorm durch gemeinsame sittlichrechtliche Vorstellungen gerechtfertigt ist.213 Insoweit ist auch für die Beachtung ausländischer Verbotsnormen im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB ein Interessen- und Wertegleichklang zwischen der ausländischen Verbotsnorm und (nicht nur) der deutschen, sondern auch der EU-Rechtsordnung erforderlich („shared values approach“). An einem solchen Interessen- und Wertegleichklang fehlt es jedoch bei den US-Sanktionsbestimmungen, wie sich u.a. aus den Erwägungsgründen 4 und 5 der VO (EG) Nr. 2271/96 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen ergibt. Danach verletzen Rechtsakte „durch ihre extraterritoriale Anwendung das Völkerrecht und behindern die Verwirklichung der zuvor genannten Ziele [der Europäischen Gemeinschaft]. Solche Gesetze, einschließlich Verordnungen und anderer Rechtsakte, sowie die darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen beeinträchtigen die bestehende Rechtsordnung oder drohen diese zu beeinträchtigen; sie haben ferner nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Gemeinschaft und die Interessen natürlicher und juristischer Personen, die ihre Rechte gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ausüben.“ Eine extraterritoriale Anwendung wäre nur dann im Einklang mit den deutschen und gemeinschaftsrechtlichen Wertungen, wenn ein US-Bezug als Anknüpfungspunkt bestünde. Daran fehlt es jedoch, soweit die Erfüllung der Freistellungsverpflichtung außerhalb des US-Territoriums erfolgt.214 Dieser Befund wirft – losgelöst vom Aspekt der fehlenden Transparenz – die Folge- 113 frage nach der inhaltlichen Angemessenheit von Ziff. 1.3 S. 2 AHB i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB auf. Wandt bejaht diese Frage. Nach seiner Ansicht ist ein – in der Abwägung überwiegendes – berechtigtes Interesse des VR an der Einschränkung des Versicherungsschutzes zu bejahen, wenn ihm bei Nichtbeachtung eines Drittstaaten-Embargogesetzes – mangels Schutzes durch die VO (EG) Nr. 2271/96 – außerhalb des Gerichtsstaats und außerhalb der EU strafrechtliche Verfolgung und erhebliche Behinderungen seiner Ge211 212
BGH 22.6.1972 BGHZ 59 82, 85 f. = VersR 1972 849, 850. BGH 22.11.1990 VersR 1991 439 = NJW 1991 634; BGH 8.5.1985 BGHZ 94 268, 270 u. 272; BGH 22.6.1972 BGHZ 59 82, 85 = VersR 1972 849; BGH 6.11.1980 VersR 1982 92, 93; BGH 29.9.1977 BGHZ 69 295, 298 = NJW 1977 2356; BGH 21.12.1960 BGHZ 34 169, 177 = NJW 1961 822; RG 17.6.1939 RGZ 161 296, 299 f.;
213
214
Hans. OLG Hamburg 6.5.1993 RIW 1994 686, 687. BGH 22.6.91972 BGHZ 59 82, 85 f. = VersR 1972 849, 850; BGH 29.9.1977 BGHZ 69 295, 298; BGH 8.5.1985 BGHZ 94 268, 271 f.; Hans. OLG Hamburg 6.5.1993 RIW 1994 686, 687. So auch die Bewertung von Wandt VersR 2013 257, 266.
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AHB 2012 Ziff. 2
Haftpflichtversicherung
schäftstätigkeit sowie finanzielle Nachteile drohen. Für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle sei wegweisend, dass es grundsätzlich in der Entscheidung des VR liege, welche Risiken er unter Versicherungsschutz nehme.215
F. Beweislast 114
Es handelt sich bei den Regelungen in Ziff. 1.1, 1.2 und 1.3 AHB um primäre Risikoabgrenzungen. Die tatsächlichen Voraussetzungen muss im Streitfall der VN beweisen. Ist eine Sache abhandengekommen, trägt er auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Sache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wieder zu erlangen ist oder die Wiedererlangung nur mit wirtschaftlich unvertretbarem Aufwand möglich wäre. 115 Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Leistungsfreiheit nach § 275 Abs. 1 BGB trifft den VR die Beweislast.216 In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die Schuldbefreiung kraft Gesetzes eintritt, weshalb sie im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen ist.217
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AHB 2002
2. Vermögensschaden, Abhandenkommen von Sachen
§ 1 Ziff. 3
Dieser Versicherungsschutz kann durch besondere Vereinbarung erweitert werden auf die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des VN wegen
Der Versicherungsschutz kann durch besondere Vereinbarung ausgedehnt werden auf die gesetzliche Haftpflicht wegen
2.1 Vermögensschäden, die weder durch Personen- noch durch Sachschäden entstanden sind;
Vermögensschädigung, die weder durch Personenschaden noch durch Sachschaden entstanden ist,
2.2 Schäden durch Abhandenkommen von Sachen; hierauf finden dann die Bestimmungen über Sachschäden Anwendung.
Abhandenkommens von Sachen. Auf die Versicherung wegen Abhandenkommens von Sachen finden die Bestimmungen über Sachschaden Anwendung.
Übersicht Rn. A. B. I. II.
215 216
Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . Vermögensschaden . . . . . . . . . . . Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitversicherung von Vermögensschäden 1. Privathaftpflichtversicherung . . . . 2. Betriebshaftpflichtversicherung . . .
. . . . . .
Wandt VersR 2013 257, 266. Vgl. Staudinger/Löwisch/Caspers Neubearb. 2009 § 275 Rn. 121.
640
Rn.
1 3 3 7 8 10
3. Betriebshaftpflichtversicherung für die Nutzer von Internet-Technologien . . 4. Produkthaftpflichtversicherung . . . . 5. Umwelthaftpflichtversicherung . . . . 6. Haftpflichtversicherung von IT-Dienstleistern . . . . . . . . . . . . . . . .
217
12 13 14 15
Vgl. Staudinger/Löwisch/Caspers Neubearb. 2009 § 275 Rn. 119.
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Vermögensschaden, Abhandenkommen von Sachen
AHB 2012 Ziff. 2
Rn. 7. Exkurs . . . . . . . . . . . . . . . a) Kfz-Haftpflichtversicherung . . . b) Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . C. Schäden durch Abhandenkommen . . . I. Begriff des Abhandenkommens . . . . 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . 2. Einschränkende Auslegung . . . . . II. Versicherungsschutz trotz Abhandenkommens . . . . . . . . . . . . . . .
. .
18 18
. . . . .
19 20 20 20 21
.
23
Rn. III. Mitversicherung von Schäden durch Abhandenkommen . . . . . . . . IV. Behandlung mitversicherter Schäden durch Abhandenkommen wie Sachschäden . . . . . . . . . . . . . . D. Beweislast . . . . . . . . . . . . . E. AGB-Recht . . . . . . . . . . . .
. . .
25
. . . . . . . . .
27 28 29
A. Sinn und Zweck Ziff. 2 AHB stellt klar, dass bei Versicherung von Haftpflichtrisiken auf der Basis der 1 AHB weder für Vermögensschäden noch für Schäden durch Abhandenkommen standardmäßig Deckung besteht. Ziff. 2.1 AHB definiert den Begriff des (reinen) Vermögensschadens negativ in Abgrenzung zum Personen- und Sach(folge)schaden. Ziff. 2.2 AHB ordnet an, dass bei Mitversicherung von Haftpflichtansprüchen wegen Abhandenkommens die Bestimmungen über Sachschäden zur Anwendung kommen. Der Grund für den Ausschluss von Haftpflichtansprüchen wegen Vermögensschäden 2 und aus dem Abhandenkommen liegt darin, dass sich diese nach Grund und Höhe schwer einschätzen lassen.1 Bei Haftpflichtansprüchen aus dem Abhandenkommen kommt hinzu, dass der VR nicht mit den Problemen unklarer Ersatzverpflichtungen des VN aus dem Abhandenkommen von Sachen belastet werden will. Unklarheiten ergeben sich vor allem daraus, dass im Falle des Abhandenkommens – anders als bei der Beschädigung oder Vernichtung einer Sache – Überprüfungen zum Schadensereignis und auch zur Schadenshöhe in aller Regel nicht möglich sind.2 Es besteht deshalb die Gefahr, dass ein Abhandenkommen vorgespiegelt und damit die Versicherungsleistung ohne Vorliegen eines Schadens erschwindelt wird.3
B. Vermögensschaden I. Begriff Die AHB unterscheiden zwischen (unechten) Vermögensschäden, die sich aus einem 3 Personen- oder Sachschaden ergeben, und (echten) Vermögensschäden, die weder durch Personenschäden noch durch Sachschäden entstanden sind. Ein (echter) Vermögensschaden liegt z.B. vor, wenn der VN an einen Dritten anderen als den verkauften Samen liefert mit der Folge, dass nach der Aussaat ein Minderertrag erzielt wird oder gar für eine gewisse Zeit der Boden überhaupt keinen Nutzen abwirft, weil der Samen nicht aufgeht.4 Diese Abgrenzung folgt in ihrem Muster dem bürgerlichen Recht, weil auch dort der 4 echte Vermögensschaden nicht positiv, sondern negativ definiert wird. Nach bürgerlichem Recht liegt ein echter Vermögensschaden immer dann vor, wenn keines der absolut
1 2
HK-VVG/Schimikowski Ziff. 2 AHB Rn. 1; Späte § 1 Rn. 121; Littbarski AHB § 1 Rn. 89. Vgl. auch Späte § 1 Rn. 124.
3 4
Vgl. LG Paderborn 7.3.1991 NJW-RR 1991 1182, 1183. BGH 7.3.1968 VersR 1968 437, 438.
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AHB 2012 Ziff. 2
Haftpflichtversicherung
geschützten Rechtsgüter i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB des Geschädigten verletzt worden ist.5 Die Definition nach Ziff. 2.1 AHB ist jedoch weiter als nach bürgerlichem Recht, weil Verletzungen der Freiheit und des Persönlichkeitsrechts – soweit man diese nicht vom Begriff des Personenschadens als mitumfasst ansieht (Ziff. 1.1 Rn. 11) – sowie des Rechts am Gewerbebetrieb als echte Vermögensschäden qualifiziert werden. 5 Gleichwohl handelt es sich bei Ziff. 2.1 AHB nicht um eine überraschende Klausel i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB, da Ziff. 1.1 S. 1 AHB den Versicherungsschutz positiv abgrenzt. Insoweit bedarf es auch keines besonderen Hinweises auf den Ausschluss von (echten) Vermögensschäden. Bestehen für den VR Anzeichen dafür, dass beim VN ein besonderes Bedürfnis nach dem Einschluss von Vermögensschäden in den Versicherungsschutz oder ein Fehlverständnis des VN über die Reichweite der Deckung besteht, muss er ihn gemäß § 6 Abs. 1 und 4 VVG entsprechend beraten.6 6 Nicht als Vermögensschaden zu qualifizieren sind Ansprüche wegen Abhandenkommens von Sachen.7 Dies wird durch die Überschrift von Ziff. 2 AHB und die gesonderte Behandlung in Ziff. 2.2 AHB deutlich. Die Versicherung von Haftpflichtansprüchen wegen Vermögensschäden schließt somit nicht solche wegen Abhandenkommens von Sachen ein.8 Es bedarf insoweit einer besonderen Vereinbarung. Soweit es in der Privathaftpflichtversicherung unter der Überschrift „Mitversicherung von Vermögensschäden“ heißt, ausgeschlossen seien Ansprüche wegen Schäden „aus dem Abhandenkommen von Sachen, auch z.B. von Geld, Wertpapieren und Wertsachen“ (vgl. Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht Ziff. 6.2)(hierzu sogleich Rn. 8 f.), soll mit dieser Formulierung keine abweichende Einordnung getroffen werden.
II. Mitversicherung von Vermögensschäden 7
Die Versicherung von Vermögensschäden bedarf gem. Ziff. 2 AHB besonderer Vereinbarung. Aus der bloßen Streichung von Ausschlüssen, die den Ersatz bestimmter echter Vermögensschäden zum Gegenstand haben, kann auf eine solche konkludente Vereinbarung nicht geschlossen werden.9 1. Privathaftpflichtversicherung
8
Am Markt hat sich bezüglich der Mitversicherung von Vermögensschäden in der Privathaftpflichtversicherung ein weitgehend einheitlicher Standard herausgebildet, der durch die Musterbedingungen des GDV abgebildet wird. Danach sind Vermögensschäden standardmäßig zu einem Sublimit mitversichert (Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht Ziff. 6.1). Jedoch weist Ziff. 6.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht einen solch umfangreichen Ausschlusskatalog auf, dass sich die Deckung im Wesentlichen auf Ansprüche aus Schäden wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Namensrechts beschränkt. So sind ausgeschlossen Ansprüche wegen Schäden
5 6 7
Vgl. Dauner-Lieb/Langen/Magnus § 249 Rn. 70; Faust AcP 210 (2010) 555. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2 Rn. 2; HKVVG/Schimikowski Ziff. 2 AHB Rn. 2. Schimikowski RuS 2004 397, 398 f.; Littbarski AHB § 1 Rn. 101; das Abhandenkommen von Sachen als Unterfall des echten
642
8 9
Vermögensschaden sehen an: Späte § 1 Rn. 119; Wussow § 1 Anm. 60; Kuwert Rn. 1059. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2 Rn. 4; Schimikowski RuS 2004 397, 398 f. Vgl. auch OLG Köln 28.3.1958 VersR 1958 747 f.; LG Krefeld 10.3.1953 VersR 1954 52.
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Vermögensschaden, Abhandenkommen von Sachen – – – – – –
– – – –
– – –
AHB 2012 Ziff. 2
durch vom VN (oder in seinem Auftrag oder für seine Rechnung von Dritten) hergestellte oder gelieferte Sachen, erbrachte Arbeiten oder sonstige Leistungen; aus planender, beratender, bau- oder montageleitender, prüfender oder gutachterlicher Tätigkeit; aus Ratschlägen, Empfehlungen oder Weisungen an wirtschaftlich verbundene Unternehmen; aus Vermittlungsgeschäften aller Art; aus Auskunftserteilung, Übersetzung sowie Reiseveranstaltung; aus Anlage-10, Kredit-11, Versicherungs-, Grundstücks-, Leasing- oder ähnlichen wirtschaftlichen Geschäften, aus Zahlungsvorgängen aller Art, aus Kassenführung sowie aus Untreue oder Unterschlagung; aus Rationalisierung und Automatisierung; aus der Verletzung von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten sowie des Kartelloder Wettbewerbsrechts; aus der Nichteinhaltung von Fristen, Terminen, Vor- und Kostenanschlägen; aus Pflichtverletzungen, die mit der Tätigkeit als ehemalige oder gegenwärtige Mitglieder von Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Beirat oder anderer vergleichbarer Leitungsoder Aufsichtsgremien / Organe im Zusammenhang stehen; aus bewusstem Abweichen von gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften, von Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers oder aus sonstiger bewusster Pflichtverletzung; aus dem Abhandenkommen von Sachen, auch z.B. von Geld, Wertpapieren und Wertsachen; aus Schäden durch ständige Emissionen (z.B. Geräusche, Gerüche, Erschütterungen).
Ein Großteil der Ausschlüsse ist für die Privathaftpflichtversicherung ohne Relevanz, 9 weil sie nicht die darin versicherten Gefahren des täglichen Lebens betreffen (anders liegt der Fall, soweit in einer Privathaftpflichtversicherung der Versicherungsschutz auf die Deckung von Forderungsausfällen des VN erweitert wird12). Es geht vornehmlich darum, zu verhindern, dass der VN Deckung über die Vorsorgeversicherung insbesondere für solche Risiken erhält, für die der Markt spezielle Versicherungsprodukte angeboten hat (z.B. Produkthaftpflichtversicherung). Der Ausschluss von Ansprüchen aus dem Abhandenkommen von Sachen ist überflüssig, da die Mitversicherung von Vermögensschäden nach dem zuvor Gesagten solche Ansprüche nicht einschließt (Rn. 6). 2. Betriebshaftpflichtversicherung In der Betriebshaftpflichtversicherung sind Vermögensschäden wegen Versicherungs- 10 fällen aus der Verletzung von Datenschutzgesetzen durch Missbrauch personenbezogener Daten standardmäßig mitversichert (Muster-Bedingungsstruktur AT Ziff. 7.6.5.1). Deckung besteht insoweit für Haftpflichtansprüche wegen Verletzung des BDSG, von Länderdatenschutzgesetzen sowie bereichsspezifischen Datenschutzregeln (z.B. im SGB I, SGB X, TKG oder TMG). Die Haftpflicht wegen sonstiger Vermögensschäden bedarf dagegen nach Ziff. 7.6.5.2 S. 1 Muster-Bedingungsstruktur AT weiterer besonderer Vereinbarung. Ziff. 7.6.5.2 S. 2 Muster-Bedingungsstruktur AT enthält einen mit Ziff. 6.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht identischen Ausschlusskatalog, erweitert um den Ausschluss von Ansprüchen wegen Schäden aus Datenerfassung, -speicherung, -sicherung, -wiederherstellung, Austausch, Übermittlung, Bereitstellung elektronischer Daten sowie der Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Namensrechten.
10
11
Vgl. OLG Stuttgart 19.7.2012 RuS 2013 21, 22 (Verwaltungsvertrag „für Investmentzwecke“). Vgl. OLG Hamm 13.7.2012 RuS 2013 19, 21 (Darlehensvertrag).
12
Vgl. OLG Stuttgart 19.7.2012 RuS 2013 21, 22; OLG Hamm 13.7.2012 RuS 2013 19, 21.
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AHB 2012 Ziff. 2 11
Haftpflichtversicherung
Nur bei besonderer Vereinbarung und sublimitiert versichert ist die gesetzliche Haftpflicht aus dem Abhandenkommen von Sachen (einschl. Kraftfahrzeuge und Fahrräder mit Zubehör) der Betriebsangehörigen und Besucher und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. Ausgenommen hiervon sind Geld, Wertpapiere (einschl. Sparbücher), Scheckhefte, Scheck- und Kreditkarten, Urkunden, Kostbarkeiten und andere Wertsachen (Muster-Bedingungsstruktur AT Ziff. 7.1.3.5). 3. Betriebshaftpflichtversicherung für die Nutzer von Internet-Technologien
12
S. hierzu Ziff. 7 AHB Rn. 394 ff. 4. Produkthaftpflichtversicherung
13
S. hierzu Kommentierung von Ziff. 4.2 bis 4.6 ProdHM. 5. Umwelthaftpflichtversicherung
14
S. hierzu Kommentierung von Ziff. 1 UmweltHM. 6. Haftpflichtversicherung von IT-Dienstleistern
15
Die Haftpflichtversicherung für IT-Dienstleister (Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung von IT-Dienstleistern – BBR IT-D)13 umfasst standardmäßig auch Schadensersatzansprüche wegen Vermögensschäden i.S.v. Ziff. 2.1 AHB, soweit es sich handelt um Schäden –
– – – –
aus für Dritte erstellter fehlerhafter Software. Hierzu zählen auch Schäden im Zusammenhang mit Software-Handel sowie -Implementierung und -Pflege für Dritte (Ziff. 3.3.3.1 BBR IT-D); aus für Dritte vorgenommener fehlerhafter IT-Analyse, -Organisation, -Einweisung und -Schulung sowie aus damit verbundenen Beratungsleistungen (Ziff. 3.3.3.2 BBR IT-D); aus für Dritte vorgenommener fehlerhafter Netzwerkplanung, -installation, -integration und -pflege sowie aus damit verbundenen Beratungsleistungen (Ziff. 3.3.3.3 BBR IT-D); aus der versicherten Tätigkeit als Provider für die Zugangsvermittlung ins Internet (z.B. Access Providing), das Bereithalten fremder Inhalte (z.B. Host Providing); aus der Verletzung von Datenschutzgesetzen und Persönlichkeitsrechten (Ziff. 1.5.5 BBR IT-D).
16
Nur im Falle gesonderter Vereinbarung versichert sind Ansprüche wegen Schäden aus dem Bereithalten eigener Inhalte (z.B. Content Providing), dem Zur-Verfügung-Stellen von Anwendungsprogrammen, auf die über das Internet zugegriffen werden kann (Application Service Providing), und dem Betrieb von Rechenzentren und Datenbanken (Ziff. 3.3.3.4 BBR IT-D). 17 Ergänzend wird für Ansprüche wegen Vermögensschäden im Zusammenhang mit Hardware-Handel und -Beratung einschl. -Modifizierung (Nachrüstung), -Installation, -Wartung standardmäßig und für Hardware-Herstellung und die Herstellung von Steuer-, Mess- und Regeltechnik aufgrund besonderer Vereinbarung Versicherungsschutz gewährt, dessen Umfang sich an dem Aus- und Einbaukosten-Baustein nach Ziff. 4.4 Prod-
13
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/muster-
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bedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/; umfassend R. Koch Versicherbarkeit von IT-Risiken Rn. 2438 ff.
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Vermögensschaden, Abhandenkommen von Sachen
AHB 2012 Ziff. 2
HM sowie dem Maschinenschäden-Baustein Ziff. 4.5 ProdHM orientiert (Ziff. 3.3.4 und 3.3.5 BBR IT-D). 7. Exkurs a) Kfz-Haftpflichtversicherung. Kfz-Haftpflichtschäden werden nicht auf der Basis 18 der AHB, sondern der AKB versichert. Diese gewähren in A.1.1.1 AKB 2008 standardmäßig Deckung auch für echte Vermögensschäden. b) Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. Ausschließlich Ersatz von echten Ver- 19 mögensschäden gewährt die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung, wie sie für Angehörige freier Berufe angeboten wird. Der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung liegen nicht die AHB, sondern die AVB Vermögensschäden zugrunde.14 Es handelt sich nicht um eine durch besondere Vereinbarung auf Vermögensschäden ausgedehnte Haftpflichtversicherung i.S.v. Ziff. 2.1 AHB. Denn die AVB stellen nicht lediglich Zusatzbedingungen zu den AHB, sondern ein selbstständiges und in sich geschlossenes Bedingungswerk dar. Für eine auch nur subsidiäre Anwendung der AHB ist kein Raum.15
C. Schäden durch Abhandenkommen I. Begriff des Abhandenkommens 1. Ausgangspunkt Bei dem Begriff des Abhandenkommens handelt sich um einen fest umrissenen Begriff 20 der Rechtssprache, der Eingang in § 935 Abs. 1 S. 2 BGB gefunden hat.16 Abhandengekommen sind danach solche Sachen, „die dem unmittelbaren Besitzer ohne seinen Willen aus dem Besitz gekommen sind“17. Unkenntnis des unmittelbaren Besitzers reicht aus.18 Abhandenkommen liegt des Weiteren im Falle einer freiwilligen, aber weisungswidrigen Weggabe durch den Besitzdiener vor.19 2. Einschränkende Auslegung Zu beachten ist, dass ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis in Betracht 21 kommt, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt.20 Des Weiteren ist der Hinweis geboten, dass in solchen Fällen, in denen eine Wiedererlangung der Sache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist oder die Sache mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht wiedererlangt werden kann,
14 15 16
17
Vgl. Übersicht bei Prölss/Martin/Lücke, AVB Vermögensschäden, Vorbemerkung Rn. 6. BGH 9.1.1964 NJW 1964 1025, 1026. KG 29.10.2010 NJW-RR 2011 468, 469 zu AVB Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung § 1 Ziff. 1; LG Berlin 29.10.2002 NJWRR 2003 460, 461; zweifelnd HK-VVG/Schimikowski Ziff. 2 AHB Rn. 8. Wolff/Raiser § 69 I 1; BGH 6.3.1995 NJW 1995 2097, 2099; RG 21.1.1921 RGZ 101
18
19 20
224, 225; LG Berlin 29.10.2002 NJW-RR 2003 460. Vgl. Staudinger/Wiegand § 935 Rn. 4; MüKo-BGB/Quack § 935 Rn. 5; Soergel/ Henssler § 935 Rn 2. Bamberger/Roth/Kindl § 935 Rn. 6. St. Rspr., vgl. BGH 8.5.2013 BeckRS 2013 09811; BGH 5.5.2011 RuS 2012 23, 24 = VersR 2011 1179; BGH 21.5.2003 RuS 2003 362 f.; BGH 8.12.1999 VersR 2000 311 f.
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Haftpflichtversicherung
ein gem. Ziff. 1.1 S. 1 AHB versicherter Sachschaden vorliegt (Ziff. 1 AHB Rn. 29 ff.). Das Abhandenkommen lässt sich somit nicht allein auf den Besitzverlust stützen. Es ist vielmehr auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vorzunehmen.21 22 Um ein Abhandenkommen i.S.v. Ziff. 2.2 AHB anzunehmen, ist somit zu verlangen, dass eine Wiedererlangung der Sache nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen und mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln möglich ist.22 Daran fehlt es, wenn eine Taucherausrüstung über Bord geht und wegen der Wassertiefe nicht so schnell geborgen werden kann, dass eine Zerstörung durch Salzwasser verhindert wird23, eine Uhr im Wasser des Hafens versinkt24, ein Gemälde irrig mit einem Bündel Altpapier in den Papiercontainer der öffentlichen Müllabfuhr geworfen wird,25 eine Kette nach einem Zusammenprall und Sturz im Tiefschnee verlorengeht,26 eine Zahnprothese versehentlich die Toilette herunter gespült wird 27 oder eine Hirschkuh in den Wald entkommt und auch nach mehr als 18 Monaten nicht wieder aufgefunden worden ist.28 In all diesen Fällen liegt ein Sachschaden i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB vor.
II. Versicherungsschutz trotz Abhandenkommens 23
Werden Ansprüche gegen den VN erhoben, weil die abhanden gekommene Sache ihrerseits einen Schaden an einer anderen Sache oder einer Person angerichtet hat, ist der VR zur Deckung verpflichtet, sofern kein Ausschluss eingreift.29 So liegt der Fall, wenn ein entlaufener Hund einen Dritten beißt oder Erdöl in das Erdreich sickert. Deckung besteht ferner, wenn die Sache nicht gleichzeitig mit dem Abhandenkommen, sondern erst danach zerstört oder beschädigt wird (Ziff. 1 Rn. 27 f.). Ein solches Szenario ist z.B. gegeben, wenn der VN irrig eine fremde Herde von der Weide treibt und sie schlachten lässt.30 24 Versicherungsschutz besteht schließlich auch in den Fällen, in denen das Abhandenkommen seinerseits die Folge eines gedeckten Personen- oder Sachschadens ist, etwa wenn der durch einen vom VN verschuldeten Fahrrad-Unfall bewusstlose Dritte von einem anderen bestohlen wird 31 oder auch nur einfach seine Brieftasche verliert.32 Die gegenteilige Ansicht von R. Johannsen, der meint, Deckung ließe sich nur bejahen, wenn es hieße, der Versicherungsschutz könne durch besondere Vereinbarung auf die gesetz-
21
22 23 24 25 26 27
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2 Rn. 7; HKVVG/Schimikowski AHB Ziff. 2 Rn. 16; Littbarski AHB § 1 Rn. 107; a.A. Kuwert/Erdbrügger Rn. 5051. Littbarski AHB § 1 Rn. 106; vgl. auch Kuwert Rn. 1060. Vgl. LG Passau 14.3.2000 NVersZ 2000 396, 397. OLG Karlsruhe 19.10.1995 RuS 1996 302. Vgl. LG Berlin 29.10.2002 NJW-RR 2003 460, 461. OLG München 27.11.1979 VersR 1980 1138, 1139. LG Paderborn 7.3.1991 NJW-RR 1991 1182, 1183; a.A. AG Limburg 28.9.1989 zfs 1990 65: kein Sachschaden, wenn ein Kleinkind einen Brillantring in eine Klosettschüssel wirft und er dann in die Kanalisation gelangt.
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28 29 30 31
32
AG Neuwied 24.4.1986 RuS 1986 202, 203; a.A. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2 Rn. 6. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2 Rn. 6; Littbarski AHB § 1 Rn. 109. BGH 21.5.1959 VersR 1959 499. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2 Rn. 8; HK-VVG/ Schimikowski AHB Ziff. 2 Rn. 12; Kuwert Rn. 1064; Späte § 1 Rn. 123; Littbarski AHB § 1 Rn. 113; Schimikowski RuS 2004 397 ff.; zu abweichenden Bedingungen vgl. BGH 26.4.1962 VersR 1962 557 ff.; OLG Celle 10.12.1959 VersR 1961 242; Hans. OLG Hamburg 23.5.1962 VersR 1963 226. Wussow § 1 Anm. 60; A.A. für den Fall, dass der Kraftfahrer bei einem Verkehrsunfall aus dem Fahrzeug geschleudert wird und dabei seine Uhr oder Brieftasche verliert Littbarski AHB § 1 Rn. 110.
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Vermögensschaden, Abhandenkommen von Sachen
AHB 2012 Ziff. 2
liche Haftpflicht wegen Abhandenkommens von Sachen, welches nicht durch Personenoder durch Sachschäden entstanden sei, ausgedehnt werden, lässt sich mit den heute geltenden AGB-Auslegungsmaßstäben nicht mehr vereinbaren.33
III. Mitversicherung von Schäden durch Abhandenkommen Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Abhandenkommen sind standardmäßig ver- 25 sichert in der Heilwesenversicherung (Muster-Bedingungsstruktur V – Heilwesen Ziff. E.1.: Ärzte, Krankenhäuser, Tierärzte), der Bewachungshaftpflichtversicherung (Muster-Bedingungsstruktur I: Industrie, Handel und Gewerbe Ziff. 2.1.2.2 lit. a.), der Zusatzhaftpflichtversicherung für Kfz-Handel und -Handwerk (Besondere Bedingungen für die Zusatzhaftpflichtversicherung für Kfz-Handel und -Handwerk Ziff. 16.1.3 und Ziff. 16.2.3) sowie der Versicherung von Beherbergungsbetrieben (Muster-Bedingungsstruktur IV: Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe Ziff. 3.2.1). In der allgemeinen Betriebshaftpflichtversicherung ist die gesetzliche Haftpflicht aus dem 26 Abhandenkommen nur bei besonderer Vereinbarung mitversichert (Muster-Bedingungsstruktur AT Ziff. 7.1.3.5).34 Falls vereinbart, erfolgt die Mitversicherung regelmäßig zu einer im Vergleich zur Sachschadensdeckung niedrigeren Versicherungssumme (Sublimit). Ausgenommen von der Mitversicherung sind stets Haftpflichtansprüche aus dem Abhandenkommen von Geld und Wertsachen, zu denen regelmäßig Wertpapiere (einschließlich Sparbücher), Scheckhefte, Scheck- und Kreditkarten sowie Urkunden zählen.
IV. Behandlung mitversicherter Schäden durch Abhandenkommen wie Sachschäden Die Anordnung der Anwendung der Regeln über Sachschäden auf den Fall des Ab- 27 handenkommens hat zur Folge, dass für die Haftpflichtansprüche aus Abhandenkommen dieselben Selbstbehalte und sachspezifischen Ausschlusstatbestände gelten.
D. Beweislast Es handelt sich bei den Regelungen in Ziff. 2 AHB um primäre Risikoabgrenzungen. 28 Soweit Vermögensschäden und/oder Schäden durch Abhandenkommen mitversichert sind, hat der VN den Eintritt eines Vermögensschadens oder die Voraussetzungen für ein Abhandenkommen zu beweisen.
E. AGB-Recht Die Regelungen gem. Ziff. 2 AHB sind weder überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB 29 noch intransparent i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie sind auch nicht geeignet, den Vertragszweck i.S.v. § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB zu gefährden.
33 34
Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 79. Alle vorbezeichneten Bedingungswerke sind im Internet abrufbar unter http://www.gdv.
de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/.
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Haftpflichtversicherung
AHB 2012
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3. Versichertes Risiko 3.1 1Der Versicherungsschutz umfasst die gesetzliche Haftpflicht
§ 1 Ziff. 2 Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf die gesetzliche Haftpflicht
(1) aus den im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Risiken des VN,
§ 1 Ziff. 2 lit. a) aus den im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Eigenschaften, Rechtsverhältnissen oder Tätigkeiten des VN (versichertes „Risiko“);
(2) aus Erhöhungen oder Erweiterungen der im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Risiken. 2Dies gilt nicht für Risiken aus dem Halten oder Gebrauch von versicherungspflichtigen Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugen sowie für sonstige Risiken, die der Versicherungs- oder Deckungsvorsorgepflicht unterliegen,
§ 1 Ziff. 2 lit. b) Abs. 1 aus Erhöhungen oder Erweiterungen des versicherten Risikos, soweit sie nicht in dem Halten oder Führen von Luft-, Kraft- oder Wasserfahrzeugen (abgesehen von Ruderbooten) bestehen.
(3) aus Risiken, die für den VN nach Abschluss der Versicherung neu entstehen (Vorsorgeversicherung) und die in Ziff. 4 näher geregelt sind.
§ 1 Ziff. 2 lit. c) aus Risiken, die für den VN nach Abschluss der Versicherung neu entstehen, gemäß § 2 (Vorsorge-Versicherung).
3.2 1Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf Erhöhungen des versicherten Risikos durch Änderung bestehender oder Erlass neuer Rechtsvorschriften. 2Der VR kann den Vertrag jedoch unter den Voraussetzungen von Ziff. 21 kündigen.
§ 1 Ziff. 2 lit. b) Abs. 2 und 3 Erhöhungen des übernommenen Risikos, die durch Änderung bestehender oder durch Erlass neuer Rechtsnormen eintreten, gilt Folgendes: 2Der VR ist berechtigt, das Versicherungsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zu kündigen. 3Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an ausgeübt wird, in welchem der VR von der Erhöhung der Gefahr Kenntnis erlangt, oder wenn der Zustand wieder hergestellt ist, der vor der Erhöhung bestanden hat. 1Bei
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck der Klausel . . . . . . B. Bestimmung des versicherten Risikos (Ziff. 3.1 (1) AHB) . . . . . . . . . . . I. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . II. Konkretisierung des versicherten Risikos am Beispiel der Betriebs- und der Privathaftpflichtversicherung . . . . . . . . . 1. Privathaftpflichtversicherung . . . . . a) Abgrenzung zur Betriebshaftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . aa) Gefahren eines Betriebes . . . bb) Gefahr eines Berufs . . . . .
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.
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Rn. cc)
Zuordnung von Nebentätigkeiten zur Privathaftpflichtversicherung . . . . . . . . . b) Gefahren des täglichen Lebens . . aa) Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art . . . (1) Dienst . . . . . . . . . . . . (2) (Ehren-)Amt . . . . . . . . . (3) Verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art . . .
. .
20 30
. . .
31 34 35
.
37
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Versichertes Risiko Rn. bb) Ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung . . . . . . . . . (1) Rechtsnatur und Zweck . . . . (2) Beschäftigung . . . . . . . . . (3) Ungewöhnlich . . . . . . . . . (4) Gefährlich . . . . . . . . . . . (5) Kasuistik . . . . . . . . . . . . (a) Straftaten (Schadensfälle infolge krimineller Handlungen) . . . . (aa) Brandverursachung/Herbeiführung einer Brandgefahr i.S.v. §§ 306 ff. StGB . . . . . . (bb) Diebstahl/Hausfriedensbruch i.S.v. § 242, § 123 StGB 52 . . (cc) Sonstiges . . . . . . . . . . . . (b) Explosionen/Schusswaffen . . . (c) Selbstmord . . . . . . . . . . . (d) Heimwerkertätigkeit/Hobbyaktivitäten . . . . . . . . . . . (aa) Bedienung eines Schweißgeräts . (bb) Sonstiges . . . . . . . . . . . . (e) Verhalten Minderjähriger . . . (f) Varia . . . . . . . . . . . . . . c) Einzelfälle von Haftpflichtgefahren des täglichen Lebens . . . . . . . . . aa) Vorbemerkung . . . . . . . . . bb) Gesetzliche Haftpflicht als Familien- und Haushaltungsvorstand (Ziff. 1.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . . cc) Gesetzliche Haftpflicht als Dienstherr (Ziff. 1.2 MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . . . . . . . . . . . dd) Gesetzliche Haftpflicht als Inhaber von Wohnungen und Häusern (Ziff. 1.3 MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . . . . . . . . . . . (1) Wohnungs- und Hausrisiko . . (2) Vermieterhaftpflichtrisiko . . . (3) Bauherrenrisiko . . . . . . . . (4) Grundstücksbesitzerrisiko/Insolvenzverwalterhaftpflicht . . . . ee) Radfahrer (Ziff. 1.4 MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . . . . . . . . . . .
Rn. ff)
39 39 43 49 52 53 54
54 55 56 57 58 59 59 60 61 62 63 63
67 III. C. 68
I. II. III.
69 69 77 80 83 IV. D. 84
Sportrisiko (Ziff. 1.5 MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . . . . . . . . . . . gg) Waffenklausel (Ziff. 1.6 MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . . . . . . . . . . . (1) Auslegung . . . . . . . . . . . (2) Begrifflichkeiten . . . . . . . . (3) Versicherte Gefahren . . . . . . (a) Erlaubter privater Besitz . . . . (b) Gebrauch von Waffen und Munition . . . . . . . . . . . . hh) Haustierhaltung/-hütung (Ziff. 1.7 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . (1) Tierhalterhaftung . . . . . . . (2) Tierhüterhaftung . . . . . . . . (3) Versicherte Tiere . . . . . . . . (4) Nicht versicherte Tiere . . . . . ii) Haftung als Hüter fremder Tiere (Ziff. 1.8 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . 2. Betriebshaftpflichtversicherung . . . . . a) Risikodeklaration . . . . . . . . . . b) Bestimmung des Umfangs des versicherten Risikos . . . . . . . . . . aa) Haupttätigkeiten . . . . . . . . bb) Nebentätigkeiten . . . . . . . cc) Hilfstätigkeiten . . . . . . . . c) Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . Behandlung von Mischfällen . . . . . . . Erhöhungen und Erweiterungen des versicherten Risikos (Ziff. 3.1 (2) AHB) . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu §§ 23 ff. VVG . . . . . . . Erhöhungen und Erweiterungen des versicherten Risikos . . . . . . . . . . . . 1. Risikoerhöhungen . . . . . . . . . . . a) Begriff der Risikoerhöhung . . . . . b) Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . 2. Risikoerweiterungen . . . . . . . . . . a) Begriff der Risikoerweiterung . . . . b) Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung zu neuen Risiken . . . . . . Verschärfung von Haftpflichtnormen (Ziff. 3.2 AHB) . . . . . . . . . . . . . .
86
93 93 94 99 99 104
106 107 111 115 117
118 120 120 123 124 131 134 138 139 140 140 141 143 143 143 144 148 148 150 156 158 163
A. Sinn und Zweck der Klausel Ziff. 3.1 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 1 Ziff. 2 AHB 2002. Ziff. 3.1 (1) AHB 1 stellt klar, dass die Haftpflichtversicherung nicht für alle Wagnisse Versicherungsschutz bietet, sondern nur für die im Versicherungsvertrag näher umschriebenen Risiken (Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos). Die Festlegung des versicherten Risikos erleichtert für den VR die Risikobewertung und ist für die Kalkulation der Prämie erforderlich.1 1
Vgl. auch OLG München 24.4.1981 VersR 1982 665 a.E.
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AHB 2012 Ziff. 3 2
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5
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Haftpflichtversicherung
Die Prämie bemisst sich im unternehmerischen Bereich vor allem nach dem Gegenstand des Unternehmens/der (frei-)beruflichen Tätigkeit (Branche), der Bilanzsumme und/oder nach dem Umsatz. So bringt die Herstellung von Kfz im Hinblick auf die Gefahr der Inanspruchnahme wegen Personen- oder Sachschäden, die verschuldensunabhängige Haftung nach dem ProdHaftG und die mögliche Höhe der Haftung augenscheinlich größere Risiken mit sich als beispielsweise die Reinigung von Schaufenstern. Dementsprechend niedriger fällt die Versicherungsprämie für die Versicherung der Haftpflichtrisiken aus, die aus der Reinigung von Schaufenstern resultieren. Im privaten Bereich hängt die Gefahr der Inanspruchnahme vor allem von der Lebensführung eines Menschen ab, die wiederum durch objektive und subjektive Faktoren geprägt ist. Objektive Anknüpfungspunkte wie z.B. ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität können wegen § 19 AGG jedoch nicht für die Prämienbemessung herangezogen werden. Die daraus resultierenden Haftpflichtrisikopotentiale für den VR lassen sich zudem versicherungstechnisch nur schwer erfassen. Gleiches gilt für subjektive Faktoren wie z.B. Risikofreudigkeit, die mit der Persönlichkeit des VN zu tun haben. Deshalb werden im privaten Bereich sämtliche Gefahren des täglichen Lebens versichert. Das Risikopotential, das für den VR aus der im Vergleich zur Unternehmenshaftpflichtversicherung weit und relativ unbestimmt gefassten Beschreibung des versicherten Risikos in der Privathaftpflichtversicherung resultiert, wird erst durch negative Abgrenzungsmerkmale – z. B. keine Versicherung der Haftpflicht aus ungewöhnlicher und gefährlicher Beschäftigung (vgl. hierzu Rn. 39 ff.) – verringert.2 Demgegenüber ist im unternehmerischen Bereich aufgrund Erfahrungswissens der VR eine Vergleichsgruppenbildung, die sich am Unternehmensgegenstand oder an der Berufstätigkeit, an der Bilanzsumme und/oder am Umsatz orientiert, in aller Regel möglich und zulässig. Die Festlegung des „versicherten Risikos“ ist nicht nur aus versicherungstechnischen, sondern auch aus versicherungsrechtlichen Gesichtspunkten höchst bedeutsam, weil das versicherte Risiko Anknüpfungspunkt für das versicherte Interesse ist.3 Fällt das versicherte Risiko weg, z.B. weil der VN sein Unternehmen aufgibt und kein Spätschadenrisiko besteht, entfällt auch das versicherte Interesse und der Versicherungsvertrag endet (vgl. § 80 Abs. 2).4 Insoweit handelt es sich entgegen Lücke5 bei der Festlegung des versicherten Risikos um eine Regelung, bei deren Fehlen von einem wirksamen Vertrag nicht mehr ausgegangen werden kann. Dies hat zur Folge, dass formularmäßige Festlegungen nur der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 S. 2 BGB unterliegen, nicht dagegen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Darüber hinaus ist das versicherte Risiko bedeutsam für die Feststellung, ob eine Mehrfachversicherung i.S.v. § 78 Abs. 1 S. 1 VVG vorliegt.6 Unabhängig davon sind bei Formularverträgen die Vorgaben der §§ 305 ff. BGB zu beachten. Besondere Bedeutung kommt § 305c Abs. 1 BGB zu. Beantragt z.B. ein selbst-
2 3
Vgl. BGH 10.3.2004 VersR 2004 591 f. Vgl. BGH 28.11.1990 VersR 1991 172; BGH 28.11.1990 RuS 1991 224, 225; BGH 20.3.1974 VersR 1974 535, 536 = NJW 1974 1139, 1140; BGH 22.9.1958 BGHZ 28 137, 141 = NJW 1958 1872 f.; OLG Stuttgart 12.3.2008 NZV 2009 191, 193 ff.; OLG Frankfurt 11.3.2004 NJW-RR 2004 1333, 1334 f.; OLG Nürnberg 26.5.1995 RuS 1996
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395; LG München I 24.6.2003 NJOZ 2003 2613, 2614; LG Düsseldorf 9.12.1983 VersR 1984 477, 478 f. BTDrucks. 16/3945 S. 79. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 3 Rn. 1. OLG Stuttgart 12.3.2008 VersR 2009 206, 208; OLG Nürnberg 26.5.1995 VersR 1997 180; OLG Nürnberg 8.12.1975 VersR 1976 330.
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Versichertes Risiko
AHB 2012 Ziff. 3
ständiger Architekt eine Berufshaftpflichtversicherung und stellt er dabei gegenüber dem den Antrag aufnehmenden Versicherungsvertreter klar, dass er als Architekt überwiegend für eine GmbH tätig sein wolle, deren Alleingesellschafterin und Mitgeschäftsführerin seine Ehefrau und deren Geschäftsführer er selbst sei, so ist die Klausel, die die Deckung für die Tätigkeit im Auftrag einer solchen GmbH ausschließt, überraschend. Sie wird deshalb nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil der Annahmeerklärung des VR und somit auch nicht des Vertrags. Vielmehr bestimmt der Inhalt des Versicherungsantrags den Inhalt des Vertrags.7 Eines Rückgriffs auf § 5 VVG bedarf es nicht.8 Die sich aus dem Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos gelegentlich für 7 den VN ergebenden Härten werden durch den Einschluss der Erhöhungen und Erweiterungen des versicherten Risikos gem. Ziff. 3.1 (2) AHB und durch die Vorsorgeversicherung für neue Risiken nach Ziff. 3.1 (3), 4 AHB abgemildert (s. hierzu Ausführungen zu Ziff. 4 AHB). Im Anwendungsbereich des Ziff. 3.1 (2) AHB sind die gesetzlichen Regelungen zur Gefahrerhöhung (§§ 23 ff. VVG) abbedungen (Rn. 141 f.).9 Im Übrigen ist der VR nach § 6 Abs. 1 VVG verpflichtet, die Entstehung von Fehlvor- 8 stellungen des VN über den Umfang des versicherten Risikos zu vermeiden und vorhandene Fehlvorstellungen des VN, die für ihn im Rahmen der Beratung und/oder aufgrund der Antworten auf die vor Abschluss des Versicherungsvertrags gestellten Fragen, erkennbar sind, zu beseitigen. Anderenfalls schuldet der VR gem. § 6 Abs. 5 VVG Versicherungsschutz als Schadensersatz. Dies gilt insbesondere dann, wenn der VN mit seinem Antrag zum Ausdruck bringt, dass nicht ein bestimmtes Berufsbild oder Betriebsmodell unabhängig von seiner tatsächlichen Ausgestaltung versichert werden soll, sondern seine gewöhnliche Tätigkeit bzw. sein realer Betrieb.10 Ziff. 3.2 AHB stellt sich als eine Konkretisierung der gesetzlichen Regelungen zur 9 objektiven Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 Abs. 3 VVG dar.
B. Bestimmung des versicherten Risikos (Ziff. 3.1 (1) AHB) I. Ausgangspunkt Nach Ziff. 3.1 (1) AHB umfasst der Versicherungsschutz die gesetzliche Haftpflicht 10 aus den im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Risiken des VN. Während die AHB-Fassungen bis 2002 auf die „Eigenschaften, Rechtsverhältnisse und Tätigkeiten des VN“ abstellten, bedient sich die aktuelle Fassung nur noch des Begriffs des Risikos. Die Neufassung trägt der Versicherungspraxis Rechnung, die das versicherte Risiko entweder individualvertraglich oder nach Maßgabe Besonderer Bedingungen und Risikobeschreibungen eigenständig, und zwar unter Bezugnahme auf ganz konkrete Eigenschaften, Rechtsverhältnisse und Tätigkeiten des VN umschreibt. Die früher verwandte Formulierung in den AHB hat sich somit als überflüssig erwiesen.
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Vgl. OLG Düsseldorf 21.8.2001 VersR 2002 1273; LG Dortmund 22.7.2009 RuS 2009 410, 411 f. Vgl. Prölss/Martin/Prölss § 5 Rn. 5; so aber OLG Karlsruhe 15.12.2005 NZBau 2006 256; KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229, 230 f. Vgl. OLG Köln 15.9.1988 RuS 1989 9; OLG
10
Hamm 9.1.1981 VersR 1981 1122; OLG Celle 16.3.1953 VersR 1953 181; ÖOGH 24.10.1974 VersR 1975 1140; s. auch BGH 12.9.2012 VersR 2012 1506, 1507 f. (zur D&O-Versicherung). Zu weitgehend jedoch OLG Karlsruhe 15.7.2010 RuS 2010 416, 417.
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AHB 2012 Ziff. 3
Haftpflichtversicherung
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Beispielhaft seien wiederum die GDV Muster-Bedingungsstrukturen genannt. In der Betriebshaftpflichtversicherung wird zunächst abgestellt auf die gesetzliche Haftpflicht des VN „aus dem im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Betrieb mit seinen Eigenschaften, Rechtsverhältnissen oder Tätigkeiten bzw. aus der Ausübung der im Versicherungsschein und seinen Nachträgen beschriebenen beruflichen Tätigkeit“ (Ziff. 7.1.1 Muster-Bedingungsstruktur AT). Sodann erfolgt eine weitere formularmäßige Konkretisierung des versicherten Risikos für die Bereiche „Industrie, Handel und Gewerbe“, „Land- und Forstwirtschaft“, „Tierhaltung“, „Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe“, „Heilwesen“, „Architekten, Bauingenieure und Beratende Ingenieure, sonstige freischaffende Ingenieure, Vermessungsingenieure, Baubeamte“, „Vereine“, „Bauherren, Haus- und Grundbesitz“, „Privathaftpflicht“, „Unterrichtswesen“, „Gemeinde“, „Freizeit“, „Wasserfahrzeuge“, „Jagdhaftpflicht“, „Gewässerschadenhaftpflicht“, „Umwelthaftpflicht“ und „Umweltschadensversicherung (USV)“ (Muster-Bedingungsstrukturen I–XVII).11 In der Produkthaftpflichtversicherung bezieht sich das versicherte Risiko auf den „in der Betriebsbeschreibung genannten Produktions- und Tätigkeitsumfang“ (Ziff. 2 ProdHM) und in der Haftpflichtversicherung von IT-Dienstleistern auf die typischen Tätigkeiten eines Softwarehauses und von Providern (Ziff. 1 BBR IT-D).12 12 Im Rahmen dieser Kommentierung ist es nicht möglich, den Umfang der versicherten Risiken in allen Zweigen der Haftpflichtversicherung im Einzelnen zu erörtern. Da die Produkt- und Umwelthaftpflicht- sowie die Umweltschadensversicherung noch gesondert kommentiert werden, sollen an dieser Stelle nur die allgemeine Betriebshaftpflichtversicherung (Muster-Bedingungsstruktur AT) und die Privathaftpflichtversicherung (MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) näher in den Blick genommen werden.
II. Konkretisierung des versicherten Risikos am Beispiel der Betriebsund der Privathaftpflichtversicherung 1. Privathaftpflichtversicherung Muster-Bedingungsstruktur IX: Privathaftpflicht 1.
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1Versichert
ist im Rahmen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und der nachstehenden Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen die gesetzliche Haftpflicht des VN aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes. 2Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des VN aus (1) den Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art (2) oder einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung. 3Insbesondere ist versichert die gesetzliche Haftpflicht des VN 1.1 als Familien- und Haushaltsvorstand (z.B. aus der Aufsichtspflicht über Minderjährige) 1.2 als Dienstherr der in seinem Haushalt tätigen Personen; 1.3 als Inhaber (1) einer oder mehrerer im Inland gelegener Wohnungen (bei Wohnungseigentum als Sondereigentümer), einschließlich Ferienwohnung.
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/.
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Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/.
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Versichertes Risiko
1.4 1.5
1.6
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Bei Sondereigentümern sind versichert Haftpflichtansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums. Die Leistungspflicht erstreckt sich jedoch nicht auf den Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum. (2) eines im Inland gelegenen Einfamilienhauses, (3) eines im Inland gelegenen Wochenend-/Ferienhauses, sofern sie vom VN ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet werden, einschließlich der zugehörigen Garagen und Gärten sowie eines Schrebergartens. Hierbei ist mitversichert die gesetzliche Haftpflicht – aus der Verletzung von Pflichten, die dem VN in den oben genannten Eigenschaften obliegen (z.B. bauliche Instandhaltung, Beleuchtung, Reinigung, Streuen und Schneeräumen auf Gehwegen); – aus der Vermietung von nicht mehr als drei einzeln vermieteten Wohnräumen; nicht jedoch von Wohnungen, Räumen zu gewerblichen Zwecken und Garagen. Werden mehr als drei Räume einzeln vermietet, entfällt die Mitversicherung. Es gelten dann die Bestimmungen über die Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB); – als Bauherr oder Unternehmer von Bauarbeiten (Neubauten, Umbauten, Reparaturen, Abbruch-, Grabearbeiten) bis zu einer Bausumme von EUR 50.000,– je Bauvorhaben. Wenn dieser Betrag überschritten wird, entfällt die Mitversicherung. Es gelten dann die Bestimmungen über die Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB); – als früherer Besitzer aus § 836 Abs. 2 BGB, wenn die Versicherung bis zum Besitzwechsel bestand; – der Insolvenzverwalter in dieser Eigenschaft; als Radfahrer; aus der Ausübung von Sport, ausgenommen ist eine jagdliche Betätigung und die Teilnahme an Pferde-, Rad- oder Kraftfahrzeug-Rennen sowie die Vorbereitung hierzu (Training); aus dem erlaubten privaten Besitz und aus dem Gebrauch von Hieb-, Stoß- und Schusswaffen sowie Munition und Geschossen, nicht jedoch zu Jagdzwecken oder zu strafbaren Handlungen; als Halter oder Hüter von zahmen Haustieren, gezähmten Kleintieren und Bienen, nicht jedoch von Hunden, Rindern, Pferden, sonstigen Reit- und Zugtieren, wilden Tieren sowie von Tieren, die zu gewerblichen oder landwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden. Eingeschlossen ist die gesetzliche Haftpflicht des VN – als nicht gewerbsmäßiger Hüter fremder Hunde oder Pferde, – als Reiter bei der Benutzung fremder Pferde, – als Fahrer bei der Benutzung fremder Fuhrwerke zu privaten Zwecken, soweit Versicherungsschutz nicht über eine Tierhalter-Haftpflicht-Versicherung besteht. Nicht versichert sind Haftpflichtansprüche der Tierhalter oder -eigentümer sowie Fuhrwerkseigentümer, es sei denn es handelt sich um Personenschäden.
a) Abgrenzung zur Betriebshaftpflichtversicherung. Der Grundsatz der Spezialität des 13 versicherten Risikos dient nicht nur zur Abgrenzung der versicherten Risiken in der Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung, sondern auch der Abgrenzung zwischen der Betriebs-/Berufs- und der Privathaftpflichtversicherung (vgl. § 102 Rn. 25 ff.). Gefahren des täglichen Lebens, die den VN als Privatperson betreffen, können sich nicht mit Risiken aus dem Bereich eines Betriebs oder Berufs, Dienstes oder Amtes überschneiden. Daraus folgt, dass ein Ereignis grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen ist, wenn es nicht in den Bereich eines Betriebs oder Berufs, Dienstes oder Amtes fällt.13
13
BGH 25.6.1997 BGHZ 136 142, 145 = RuS 1997 451, 452; BGH 19.12.1990 RuS 1991
120, 121 = VersR 1991 293, 294; BGH 10.12.1980 BGHZ 79 124, 126 ff.; KG
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Haftpflichtversicherung
14
Gleichwohl hat sich die Versicherungswirtschaft in ihren früheren Bedingungswerken nicht auf die positive Abgrenzung „als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens“ beschränkt, sondern diese durch den Zusatz „mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art“ ergänzend negativ abgegrenzt.14 Diese Formulierung hat die Rechtsprechung indessen nicht als Klarstellung i.S.e. Beschränkung auf das Privathaftpflichtrisiko begriffen, sondern als Ausschlusstatbestand, dessen Voraussetzungen der VR darzulegen und zu beweisen hat.15 15 Dies überzeugt nicht. Wenn sich betriebliche/berufliche und private Risiken gegenseitig ausschließen, ist es widersprüchlich, sie auf unterschiedlichen Risikoabgrenzungsebenen anzusiedeln. Ausgehend vom Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos hätte es somit dieses (klarstellenden) Zusatzes gar nicht bedurft, weil der VN im Schadensfall den Nachweis, dass sich eine Gefahr des täglichen Lebens realisiert hat, die ihn als Privatperson trifft, auch durch den Negativbeweis erbringen kann, dass der Schadensfall nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufs resuliert.16 Den gleichen Bedenken begegnet die Einordnung der Gefahren eines „Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art“ als Ausschluss.17 Auch hier schließen sich private und mit der Übernahme solcher Tätigkeiten verbundene Haftungsrisiken einander aus. 16 Die VR haben als Reaktion auf die Rechtsprechung die Risikobeschreibung in der Privathaftpflichtversicherung neu formuliert. In der aktuellen Fassung heißt es nunmehr, „[V]ersichert ist … die gesetzliche Haftpflicht des VN aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes“ (Ziff. 1 S. 1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht).18 Durch diese Formulierung („und nicht“) soll klargestellt werden, dass es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung handelt und deshalb der VN darzulegen und zu beweisen hat, dass ihn ein privates und nicht ein Risiko des Berufes oder Betriebes getroffen hat.19 Ob die die Umformulierung die Rechtsprechung dazu bewegen wird, das Nichtvorliegen eines betrieblichen/ beruflichen Risikos als primäre Risikobegrenzung zu qualifzieren, bleibt abzuwarten.
17
aa) Gefahren eines Betriebes. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 19.12.1990 festgestellt, dass „[u]nter der Gefahr eines Betriebes [.] die Gefahr zu verstehen [ist], wegen des Betreibens eines (gewerblichen, kaufmännischen, landwirtschaftlichen oder freiberuflichen) Unternehmens auf Haftpflicht in Anspruch genommen zu werden; diese Gefahr besteht aber nur für den, der dieses Unternehmen betreibt“.20
14
15
26.10.2001 NVersZ 2002 229; OLG Düsseldorf 14.1.2003 NJOZ 2003 2427, 2428; OLG Düsseldorf 12.4.1994 RuS 1994 291, 292; OLG Bamberg 19.9.1991 VersR 1993 734, 735. Vgl. z.B. Ziff. I Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Privathaftpflichtversicherung bei Späte 671; Hervorhebung durch Verfasser. Vgl. nur BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189 = VersR 2004 591 f.; OLG Celle 12.4.2007 8 U 33/05 zitiert nach juris; KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229; OLG Hamm 2.11.1990 VersR 1991 652; OLG Hamm 2.11.1990 RuS
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16 17 18 19 20
1991 83 f.; OLG Hamm 16.5.1984 VersR 1985 438; OLG Schleswig 25.11.1983 VersR 1984 954, 955; OLG Hamm 9.12.1977 VersR 1980 1037; LG Limburg 16.11.2007 VersR 2008 814 f. Vgl. Wussow § 1 Anm. 103; Kuwert/Erdbrügger Rn. 3017. Vgl. BGH 6.2.1991 RuS 1991 299 = VersR 1991 803. Hervorhebung durch Verfasser. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 1 Rn. 4. BGH 19.12.1990 RuS 1991 120, 121 = VersR 1991 293, 294; OLG Düsseldorf 14.1.2003
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Versichertes Risiko
AHB 2012 Ziff. 3
Nicht zuletzt mit Blick auf die Legaldefinition in § 14 BGB könnte es statt „Gefahren des Betriebes“ deshalb auch heißen „Gefahren aus unternehmerischer Tätigkeit“ oder noch kürzer „Gefahren als Unternehmer“. Ein Betrieb i.S.v. Ziff. 1 S. 1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht liegt vor, wenn persönliche und sachliche Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte Erwerbstätigkeit getroffen worden sind. Zudem muss ein nach außen selbstständiger, von der privaten Sphäre des Betriebsinhabers getrennter Lebensbereich gegeben sein.21 Freizeit- und Hobbywerkstätten fallen nicht darunter.22 Die Grenze zur unternehmerischen Tätigkeit ist erst dann überschritten, wenn die Tätigkeit über eine längere Zeit hinweg planmäßig und mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt wird.23 bb) Gefahr eines Berufs. Ob eine Gefahr dem beruflichen Bereich zuzuordnen ist, 18 bestimmt sich nach dem Begriff des Berufs. Hierunter ist nach Ansicht des BGH eine „auf Dauer angelegte, zumeist dem Erwerb des Lebensunterhalts dienende Tätigkeit“ zu verstehen.24 Nicht erforderlich ist, dass der VN im Zeitpunkt des Schadenseintritts die Tätigkeit bereits über einen längeren Zeitraum ausgeübt hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass der VN die Absicht hatte, die Tätigkeit auf Dauer auszuüben.25 Nicht entscheidend ist, ob die Tätigkeit einem Berufsbild entspricht, ob sie durch eine 19 besondere Ausbildung des Handelnden oder durch eine in früheren Berufen erworbene Fähigkeit begünstigt wird und ob ein Entgelt für die Tätigkeit verlangt wird.26 Als privat wird die Tätigkeit der Hausfrau angesehen.27 Aufbewahrung und Verlust des Schlüssels zu dem Büro beim Arbeitgeber stellen keine berufliche Tätigkeit dar.28 cc) Zuordnung von Nebentätigkeiten zur Privathaftpflichtversicherung. Die Frage der 20 Abgrenzung von privaten und beruflichen Tätigkeiten wird in der Literatur vornehmlich am Beispiel eines privathaftpflichtversicherten VN diskutiert, der außerhalb seines Hauptberufes/-betriebs einer selbstständigen (un-)entgeltlichen Nebentätigkeit nachgeht und sich dabei seiner beruflich erlangten Kenntnisse und Fertigkeiten bedient. Nach einer vereinzelt von Obergerichten und vom Schrifttum vertretenen Ansicht besteht Deckung in der Privathaftpflichtversicherung, wenn der VN seine Kenntnisse und Fertigkeiten in der Hauptsache zu privaten Zwecken und aus privaten Motiven einsetzt.29 Nach Wussow liegt eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auch dann vor, wenn sie im Einzelfall aus privaten oder freundschaftlichen Motiven ausgeübt wird (z.B. handele ein Radio-
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VersR 2004 323 f.; OLG Köln 20.6.1995 RuS 1996 52; OLG Düsseldorf 12.4.1994 RuS 1994 291, 292. BGH 27.11.1961 VersR 1962 33 f.; OLG Oldenburg 3.11.1993 OLGR Oldenburg 1994 261; OLG Hamm 2.10.1992 RuS 1993 210, 211; vgl. auch Späte PrivH Rn. 3; Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 1 Rn. 6. OLG Oldenburg 3.11.1993 OLGR Oldenburg 1994 261. OLG Düsseldorf 14.1.2003 VersR 2004 323 f. BGH 11.12.1980 BGHZ 79 145, 150 = VersR 1981 271. Vgl. Späte PrivH Rn. 11.
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BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189 = VersR 2004 591; BGH 11.12.1980 BGHZ 79 145, 150 = VersR 1981 271, 272; OLG Celle 12.4.2007 8 U 33/05 zitiert nach juris; OLG Düsseldorf 14.1.2003 NJOZ 2003 2427, 2430; OLG Düsseldorf 12.4.1994 RuS 1994 291, 292; OLG Hamm 2.10.1992 RuS 1993 210, 211. Späte § 4 Rn. 132. OLG Köln 5.3.1991 RuS 1992 228; LG Limburg 16.11.2007 VersR 2008 814 f.; Prölss/ Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 1 Rn. 6. OLG Hamm 9.12.1977 VersR 1980 1037; vgl. auch OLG Celle 14.1.1961 VersR 1961 169.
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monteur, der seinem Freund abends aus Gefälligkeit einen Radioapparat ausbessere, im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit).30 Nach Lücke ist nur der spontane, ungeplante Einsatz beruflicher Kenntnisse aus akutem Anlass dem privaten Bereich zuzurechnen.31 Diese Ansicht führt zu einer nicht unerheblichen Einschränkung des Versicherungsschutzes in der Privathaftpflichtversicherung und ist deshalb abzulehnen. Soweit und solange die Nebentätigkeit des VN nicht als berufliche oder betriebliche Tätigkeit im zuvor dargestellten Sinne zu qualifizieren ist, muss im Grundsatz Deckung in der Privathaftpflichtversicherung bestehen. Dies gilt selbst dann, wenn der VN sich nicht nur der Kenntnisse und Fertigkeiten bedient, die er im Hauptbetrieb/-beruf erworben hat, sondern auch der Einrichtung oder sonstiger Betriebsmittel des Hauptbetriebs. Nimmt die Nebentätigkeit des VN solche Ausmaße an, dass sie bereits als Beruf oder betriebliche Tätigkeit zu qualifizieren ist, besteht Versicherungsschutz nur unter einer eigenständig vom VN hierfür abzuschließenden Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung.32 Eine Ausnahme vom Grundsatz der Deckung in der Privathaftpflichtversicherung ist unter Zugrundelegung der Judikatur zur Abgrenzung von Privat- und Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung in den Fällen geboten, in denen der privathaftpflichtversicherte VN im Rahmen seiner noch nicht als Betrieb oder Beruf anzusehenden Nebentätigkeit Arbeiten und Aktivitäten erbringt, die dem Interesse seines Hauptbetriebs/-berufs dienen und in einem inneren ursächlichen Zusammenhang zu der Hauptbetriebs-/-berufstätigkeit stehen, m.a.W. wenn die Nebentätigkeiten hauptbetriebs-/-berufsbezogen sind. Dies ist im Zweifel zu bejahen, wenn der VN die Nebentätigkeit bei lebensnaher Betrachtung aus hauptbetrieblicher oder -beruflicher Veranlassung erbracht hat. Eine solche Veranlassung ist zu bejahen, wenn der VN beim Abladen einer von ihm bestellten Maschine seinen eigenen Kran einsetzt, ohne dass es darauf ankommt, ob der VN gegenüber seinem Vertragspartner zur Kranhilfe vertraglich verpflichtet war33, oder die Nebentätigkeit dem guten sozialen Klima am Arbeitsplatz/im Betrieb dienen (soll), etwa weil das reparierte Fahrzeug einer Betriebsangehörigen gehört.34 An einer hauptbetrieblichen/-beruflichen Veranlassung fehlt es dagegen, wenn es sich bei der Nebentätigkeit um familiären Beistand oder um eine Freizeitbeschäftigung handelt, die zur Pflege der Freundschaft, Nachbarschaft oder aus reiner Gefälligkeit betrieben wird, wenn ein Karosseriebauer aus Gefälligkeit für seinen Freund Schweißarbeiten an dessen Kfz ausführt,35 ein Heizungsbauer Heizungsrohre zum Zwecke der Errichtung einer Kfz-Werkstatt verlegt36 oder ein angestellter Bodenleger in seiner Freizeit aus Gefälligkeit eine Zimmerdecke verlegt37. Mithilfe der hier formulierten Zweifelsregel lassen sich auch die Fälle befriedigend lösen, in denen die Nebentätigkeit nicht nur hauptbetrieblichen/-beruflichen Zwecken, sondern zugleich auch privaten Belangen dient (sog. Mischtätigkeiten, vgl. § 100 Rn. 74 f.). Nimmt ein Mitarbeiter einer Firma, die Maler-, Rigips- und Trockenbauarbeiten übernommen hat, Lötarbeiten an der Wasserleitung des Hauses der Auftraggeberin
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Wussow § 4 Anm. 50, 51. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 1 Rn. 6. Vgl. OLG Köln 20.4.1999 RuS 1999 366, 367; OLG Köln 19.12.2000 VersR 2001 1418, 1419; OLG Frankfurt 28.6.1978 VersR 1978 910. BGH 3.6.1987 RuS 1987 248 = VersR 1988 125.
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Vgl. BGH 7.10.1987 RuS 1987 337. OLG Düsseldorf 12.4.1994 RuS 1994 291, 292 = VersR 1994 1172, 1173; vgl. auch OLG Köln 23.12.1993 VersR 1994 1056. OLG Bamberg 19.9.1991 VersR 1993 734, 735. ÖOGH 20.12.1995 VersR 1996 1439 f.
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vor, um einen Wasseranschluss im Dachgeschoss als Arbeitserleichterung für seine Malerarbeiten zur Verfügung zu haben, ist diese Tätigkeit betriebsbezogen, selbst wenn sie mit den eigentlichen Malerarbeiten nichts zu tun hat und der Mitarbeiter der Auftraggeberin damit einen Gefallen erweist. Die Lötarbeit ist nach ihrem Zweck noch so nah mit der für seine Firma auszuführenden Malerarbeit verbunden, dass ein innerer Zusammenhang unzweifelhaft vorliegt.38 Der Mitarbeiter hätte die Lötarbeiten ohne die Beauftragung seines Unternehmens nicht durchgeführt. Eine Tätigkeit, die der Beseitigung oder Minderung eines bei der Berufsausübung angerichteten Schadens dient, ist ebenfalls Berufsausübung, auch wenn die beschädigte Sache nicht Gegenstand des Auftrags war.39 Handlungen, die darauf abzielen, den Absatz des versicherten Unternehmens zu fördern, sind ebenfalls betriebsbezogen. So liegt der Fall, wenn der Inhaber einer Firma, deren Gegenstand die Montage von Sanitärtrennwänden und der Verkauf von Kacheln für Kachelöfen ist, sich dazu bereit erklärt, den Kachelofen auch zu errichten, um den Kunden zum Kauf der Kacheln zu bewegen.40 Abzulehnen ist die Entscheidung des OLG Hamm vom 16.5.198441, das eine Zuordnung zum betrieblichen Bereich mit der Begründung bejaht hat, es habe sich bei der Herbeiführung des Schadens durch Benutzung der Betriebseinrichtungen „die typische Gefahr eines derartigen Betriebes verwirklicht“, weshalb die Tatsache, dass der privathaftpflichtversicherte VN diese Arbeiten außerhalb seiner Dienstzeit verrichtet habe, unbeachtlich sei. Deshalb könne offen bleiben, ob die Gefahr, die sich in dem zum Haftpflichtanspruch führenden Ereignis verwirklicht hat, dem beruflichen Bereich zuzurechnen sei. Dieses Urteil ist nicht mehr mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Einklang zu bringen, derzufolge die Gefahr eines Betriebs nur für denjenigen besteht, der dieses Unternehmen betreibt (Rn. 17). In jenem Fall hatte der als Meister in der technischen Betriebsverwaltung einer Universität beschäftigte VN das Kfz eines Verwandten in der Werkstatt der Verwaltung repariert. Bei der Reparatur kam es infolge von Schweißarbeiten zu einem Brand. Da die Tätigkeit weder objektiv im Interesse der Betriebsverwaltung lag, noch dazu bestimmt war, deren betrieblichen Belangen zu dienen, hätte das OLG Hamm den Schaden dem Privathaftpflichtrisiko zurechnen müssen. Keine Zustimmung verdient auch das Urteil des LG Amberg vom 16.10.1985 42, das unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Hamm das Ausmisten eines Hühnerstalls mit der automatischen Entmistungsanlage durch die Schwester des Inhabers des Stalls als Betriebsgefahr angesehen und folglich der Schwester Deckung aus der Privathaftpflichtversicherung versagt hat. Reinigt der Betreiber einer Wäscherei hingegen nicht nur die Wäsche von Hotels, sondern auch unentgeltlich die Wäsche von Freunden und wird diese bei einem Waschgang beschädigt, verwirklicht sich ein betriebliches, nicht privates Risiko, weil der VN bei lebensnaher Betrachtung die Reinigung nicht ohne den Betrieb der Wäscherei vorgenommen hätte. Ein arbeitsloser Schreiner, der mit Erlaubnis seines früheren Arbeitgebers in
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KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229, 230. BGH 13.6.1973 VersR 1973 809; OLG Braunschweig 1.3.1955 VersR 1955 245 f.; AG Leer 17.5.1974 RuS 1974 18 f.; AG Köln 6.11.1957 VersR 1958 282 f. OLG Frankfurt 28.2.1992 RuS 1993 51; vgl. auch OLG Köln 20.4.1999 RuS 1999 366,
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367 zum beruflichen Charakter unentgeltlicher handwerklicher Arbeiten für Kunden zum Zwecke der Kundenakquisition. OLG Hamm 16.5.1984 VersR 1985 438, 439 = zfs 1985 219. LG Amberg 16.10.1985 VersR 1987 402.
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dessen Betrieb für sich privat eine Schreinerarbeit ausführt, übt dagegen keine berufliche Tätigkeit aus.43
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b) Gefahren des täglichen Lebens. Der Begriff „Gefahren des täglichen Lebens“ dient dem bildhaften Verständnis des Versicherungsumfangs. Da sich diese Gefahren nicht positiv abschließend festlegen lassen, hat der Bedingungsgeber Beispiele für versicherte Haftpflichtrisiken in Ziff. 1 S. 3 Ziff. 1.1–1.8 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht aufgeführt und sich im Übrigen darauf beschränkt, den Umfang des Versicherungsschutzes negativ durch den Ausschluss der Haftpflicht des VN aus „den Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art“ (Ziff. 1 S. 2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) oder einer „ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung“ (Ziff. 1 S. 2 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) zu begrenzen.
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aa) Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art. Nach – kritikwürdiger (Rn. 14 f.) – Ansicht der Rechtsprechung zu älteren Bedingungswerken der Privathaftpflichtversicherung, denen zufolge „die gesetzliche Haftpflicht des VN als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens – mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art oder einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung – …“44, handelt es sich bei diesem Tatbestand um einen Ausschluss, dessen Voraussetzungen der VR darzulegen und zu beweisen hat.45 An dieser Qualifikation durch die Rechtsprechung dürfte die heutige Formulierung „Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus (1) den Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art“ (Ziff. 1 S. 2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) nichts ändern. Nach Lücke ist die Einschränkung als Ausschluss konzipiert.46 32 Bei diesem Ausschluss handelt es sich nach Ansicht des BGH nicht um eine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB, weil die mit solchen Tätigkeiten verbundenen Risiken über die allgemeinen Risiken aus den Gefahren des täglichen Lebens hinausgehen.47 Der VN könne deshalb nicht erwarten, dass für diese Tätigkeiten Deckung in der Privathaftpflichtversicherung besteht. Aus dem gleichen Grunde benachteilige der Haftungsausschluss den VN auch nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.48 33 Nach Sinn und Zweck der Ziff. 1 S. 2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht muss sich eine typische Gefahr des Dienstes, (Ehren-)Amtes oder einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art realisiert haben.49 Ebenso wie bei der Abgrenzung zwischen betrieblichen/beruflichen und privaten Risiken genügt ein auf Kau-
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OLG Hamm 30.5.1986 RuS 1986 226, 227; vgl. auch LG Karlsruhe 8.2.1991 RuS 1992 298 f. Vgl. Klausel, die BGH 10.3.2004 RuS 2004 188 zugrundelag. Hervorhebung durch Verfasser. BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189; BGH 6.2.1991 RuS 1991 299=VersR 1991 803. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 1 Rn. 11.
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BGH 6.2.1991 RuS 1991 299 = VersR 1991 803, 804. BGH 6.2.1991 RuS 1991 299 = VersR 1991 803, 804. OLG Frankfurt 7.2.2012 VersR 2013 617, 618 (Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH 5.12.2012 IV ZR 56/12 – unveröffentlicht – zurückgewiesen); LG Wiesbaden 29.6.2012 BeckRS 2012 19492.
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salität beschränkter, lediglich äußerer Zusammenhang zwischen der schadenstiftenden Tätigkeit und dem Dienst, (Ehren-)Amt oder der verantwortlichen Betätigung in einer Vereinigung nicht. Erforderlich ist vielmehr ein innerer Zusammenhang zwischen dem übertragenen Aufgabenkreis und der Schadenszufügung. Daran fehlt es, wenn ein Ortsbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr der örtlichen Polizei das Gelände des Gerätehauses für ein Grillfest zur Verfügung stellt und beim Ingangbringen des Grills hilft, bei dem ein Teilnehmer infolge fehlerhaften Einsatzes von Brennspiritus Verbrennungen erleidet. Weder gehört das Grillen für die Polizei zum Aufgabenkreis der Freiwilligen Feuerwehr, noch hat der Ortsbrandmeister eine repräsentative Tätigkeit in seiner Funktion als Ortsbrandmeister wahrgenommen. Daran ändert auch der Umstand nichts, wenn er Uniform trägt.50 (1) Dienst. Der Begriff „Dienst“ erfasst solche Tätigkeiten, die mit einer beruflichen 34 Tätigkeit versicherungsrechtlich vergleichbar sind, von der Bezeichnung „Beruf“ aber nach allgemeinem Sprachgebrauch ebensowenig umfasst werden wie die weiter aufgezählten Tätigkeiten als Inhaber eines Ehrenamtes oder im Rahmen einer verantwortlichen Tätigkeit in Vereinen aller Art.51 Unter „Dienst“ i.S.v. Ziff. 1.2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht ist z.B. der Wehr- oder Ersatzdienst zu verstehen.52 (2) (Ehren-)Amt. Die Gefahren eines (Ehren-)Amtes treffen den jeweiligen Amtsträ- 35 ger. Wer Träger eines Amtes ist, wird in § 11 Abs. 1 Ziff. 2 StGB legaldefiniert. Hierzu zählen Beamte, Richter, weitere Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen (z.B. Notare) und sonstige Dienstkräfte, die dazu bestellt sind, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (z.B. Wahlhelfer). Diese Definition dürfte dem allgemeinen Sprachverständnis und -gebrauch des VN entsprechen. Eine gesetzliche Definition des Begriffs Ehrenamt fehlt. Im ursprünglichen Sinne ist es 36 ein öffentliches Amt, für das kein Gehalt, aber eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird.53 Heute ist das Ehrenamt durch ein freiwilliges Tätigwerden im gemeinnützigen Bereich gekennzeichnet.54 Ehrenamtsträger sind Mitarbeiter von sozialen Diensten, Vereinen, Glaubensgemeinschaften oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die ihre Tätigkeit unentgeltlich verrichten.55 Hierzu zählen sowohl Personen in Wahlämtern (z.B. ehrenamtliche Bürgermeister, ehrenamtliche Gemeinderäte, Elternbeiräte, Vereinsvorsitzende) als auch Personen, die kontinuierlich Aufgaben als Mitglieder von Vereinen, öffentlichen Einrichtungen, Parteien oder Kirchen übernehmen (z.B. Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr, Sanitätshelfer, Gemeindehelfer).56
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OLG Frankfurt 7.2.2012 VersR 2013 617, 618 (Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH 5.12.2012 IV ZR 56/12 – unveröffentlicht – zurückgewiesen); LG Wiesbaden 29.6.2012 BeckRS 2012 19492. Vgl. LG Wiesbaden 29.6.2012 BeckRS 2012 19492. Vgl. BGH 11.12.1980 BGHZ 79 145 155 f. = VersR 1981 271. Küttner Personalbuch 20. Aufl. (2013) Kap. E Rn. 1. Küttner Personalbuch 20. Aufl. (2013) Kap. E Rn. 1; vgl. auch Kuwert/Erdbrügger Rn. 3051.
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Küttner Personalbuch 20. Aufl. (2013) Kap. E Rn. 1 und Rn. 31; vgl. auch Kuwert/Erdbrügger Rn. 3052. Vgl. OLG Frankfurt 7.2.2012 VersR 2013 617, 618 (Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH 5.12.2012 IV ZR 56/12 – unveröffentlicht – zurückgewiesen); LG Wiesbaden 29.6.2012 BeckRS 2012 19492 (Ortsbrandmeister der freiwilligen Feuerwehr); Küttner Personalbuch 20. Aufl. (2013) Kap. E Rn. 1 und Rn. 31.
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(3) Verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet man als Vereinigung den auf eine bestimmte Dauer berechneten Zusammenschluss mehrerer Personen, bei dem die Mitglieder zur Durchsetzung gemeinsamer Ziele in eine gewisse organisatorische Beziehung zueinander treten.57 Klassischer Fall einer Vereinigung ist ein Verein (i.S.d. bürgerlichen Rechts, §§ 21 ff. BGB).58 Im Hinblick darauf, dass die Gefahren ehrenamtlicher Tätigkeit ohnehin ausgeschlossen sind, geht es hier vor allem um den Bereich der entgeltlichen Vereinstätigkeit. Erforderlich ist, dass der VN aus einer verantwortlichen Betätigung in Anspruch genommen wird. Regelmäßig wird es dabei um die Tätigkeit von Vorstandsmitgliedern gehen59. 38 Nach Ansicht des OLG München umfasst diese Formulierung aber auch Tätigkeiten unterhalb der Vorstandsebene in gehobener Position. Hierzu zählt die Leitung eines Kinder-Kletterkurses wegen des mit dieser Position verbundenen Anordnungs- und Weisungsrechts sowie der Überwachungspflichten und der Verantwortung für das Kursgeschehen.60 Die verantwortliche Tätigkeit erfordert, dass der Handelnde nicht nur bloßer „Befehlsempfänger“ ist.61 Die Bedienung eines Grills anlässlich eines Pfarrfestes fällt deshalb nicht unter den Risikoausschluss einer verantwortlichen Tätigkeit in Vereinigungen aller Art.62 bb) Ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung
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(1) Rechtsnatur und Zweck. Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus einer „ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung“ (Ziff. 1 S. 2 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Bei diesem Merkmal handelt es sich nach Ansicht der Rechtsprechung wiederum um einen Ausschluss, der dazu dient den Begriff „Gefahren des täglichen Lebens“ zu umschreiben.63 Die Auslegung anspruchsbegründender Tatbestandsmerkmale mit Hilfe von Ausschlusstatbeständen ist dogmatisch bedenklich, weil es zu einer Vermischung von primären und sekundären Risikobegrenzungen führt. Vorzugswürdig ist deshalb die Einordnung als negative primäre Risikobegrenzung. 40 Nach Ansicht des BGH lässt sich aus dem Begriff „Gefahren des täglichen Lebens“ keine Beschränkung des Versicherungsschutzes herleiten.64 Dieser besteht vielmehr auch für nicht alltägliche, ja sogar leichtsinnige und selbst verbotene Tätigkeiten. In der Entscheidung vom 25.6.1997 ging es um die Deckung von Schadensersatzansprüchen eines Kfz-Eigentümers, die daraus resultierten, dass sich der mitversicherte Sohn des VN in Selbsttötungsabsicht von der oberen Etage eines Parkhauses gestürzt hatte und dabei auf das vor dem Gebäude geparkte Kfz gefallen war. Der beklagte VR hatte unter Bezugnahme auf obergerichtliche Urteile 65 argumentiert, der Begriff „Gefahren des täglichen Lebens“ sei dahingehend einschränkend auszulegen, dass der VN Versicherungsschutz
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BVerfG 30.10.1963 NJW 1964 539, 540. Kuwert/Erdbrügger Rn. 3053. Vgl. BGH 6.2.1991 RuS 1991 299 = VersR 1991 803, 804; LG Bielefeld 20.10.1981 zfs 1982 122. OLG München 27.4.1999 NVersZ 2001 288; das Urteil ist durch Nichtannahme der Revision (BGH 11.10.2000 – IV ZR 187/99) rechtskräftig geworden. Späte PrivH Rn. 14; vgl. auch Kuwert/Erdbrügger Rn. 3054.
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OLG Nürnberg 23.5.1985 zfs 1985 248. BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189; BGH 25.6.1997 BGHZ 136 142 145 = RuS 1997 451, 452; BGH 17.1.1996 RuS 1996 129, 130 = VersR 1996 495. BGH 25.6.1997 BGHZ 136 142 145 = RuS 1997 451, 452. Hans. OLG Hamburg 10.1.1995 RuS 1995 175 f.= VersR 1995 1475, 1476; OLG Hamm 23.11.1984 VersR 1985 463, 464.
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nur erwarten könne, soweit er nicht bewusst grundlegende Regeln des sozialen Zusammenlebens missachte und für sich außer Kraft setze. Dabei sei diese Einschränkung nicht auf Straftaten zu begrenzen. Auch ein Selbstmord sei eine so weitreichende Abweichung von allgemeinen Regeln und üblichem Verhalten, dass sich für den Selbstmörder damit nicht mehr die Gefahren des täglichen Lebens verwirklichten. Der BGH ist dieser Argumentation – ebenso wie das OLG Karlsruhe in der Beru- 41 fungsinstanz66 – nicht gefolgt und hat die Revision gegen das der Klage auf Gewährung von Deckungsschutz stattgebende Berufungsurteil zurückgewiesen. Nach Ansicht des BGH geben weder der Wortlaut der Klausel noch ihr erkennbarer Sinn „Raum für eine Abgrenzung des Versicherungsschutzes danach, ob ein Verhalten des VN als ‚sozialwidrig‘ oder als aus dem Rahmen des ‚Normalbürgers‘ fallend einzustufen ist.“67
Vielmehr ergebe sich aus der Regelung im Zusammenwirken mit der Vorsatzausschlussklausel gem. § 4 II Ziff. 1 AHB a.F. (= Ziff. 7.1 AHB) für den VN, „daß der ihm mit Ziff. 1 BBR als Privatperson versprochene Verssicherungsschutz aus den Gefahren des täglichen Lebens jede Tätigkeit, jedes Verhalten umfasst, soweit es sich dabei nicht um eine ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung handelt und soweit der VN den Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt hat. Für eine weitere Differenzierung fehlt es an einem dem VN erkennbaren Anhalt in den Versicherungsbedingungen.“68
Der Begriff der Gefahren des täglichen Lebens ist somit allein unter Rückgriff auf das 42 Merkmal der Haftpflicht aus „einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung“ i.S.v. Ziff. 1 S. 2 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht zu bestimmen. (2) Beschäftigung. Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass 43 eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung nicht bereits dann vorliegt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Vielmehr muss „die schadenstiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen Betätigung des Versicherten vorgenommen worden [sein], die ihrerseits ‚ungewöhnlich und gefährlich‘ ist und deshalb in erhöhtem Maße die Gefahr der Vornahme schadenstiftender Handlungen in sich birgt. Lässt sich die schadenstiftende Handlung nicht in den Kreis einer allgemeinen Betätigung einordnen, greift die Klausel nicht ein … Wenn die Ausschlussklausel schon dann eingreifen würde, wenn die den Haftpflichtanspruch auslösende Handlung selbst ungewöhnlich und gefährlich ist, wäre der grundsätzlich auch grob fahrlässige Schadenverursachung abdeckende Versicherungsschutz zumindest teilweise wertlos. Schadenstiftende Handlungen sind als Ausdruck von Leichtsinn oder Übermut oft ungewöhnlich und ihrem Wesen nach gefährlich.“69 66 67
OLG Karlsruhe 18.7.1996 RuS 1996 433. BGH 25.6.1997 BGHZ 136 142, 145 = RuS 1997 451, 452; vgl. BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189; BGH 17.1.1996 RuS 1996 129, 130 = VersR 1996 495; aus der jüngeren Rspr. der Obergerichte s. OLG Hamm 27.4.2011 BeckRS 2011 18634; OLG Celle 12.4.2007 BeckRS 2010 11357; OLG Jena 25.1.2006 RuS 2006 107, 108 = VersR 2006 1064; OLG Hamm 25.8.2004 RuS 2005 16 f. = VersR 2005 680 f.; OLG Düsseldorf 7.12.1999 RuS 2001 105; OLG Karlsruhe 8.11.2001 NVersZ 2002 134 = VersR 2002 562.
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BGH 25.6.1997 BGHZ 136 142, 145 = RuS 1997 451, 452; vgl. auch BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 22; BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189 = VersR 2004 591; OLG Oldenburg 4.11.2011 RuS 2011 171; OLG Hamm 27.4.2011 RuS 2011 469, 470. BGH 17.1.1996 RuS 1996 129, 130 = VersR 1996 495 f.; vgl. auch BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 22; BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189; BGH 25.6.1997 BGHZ 136 142 145 = RuS 1997 451, 452 m.w.N.
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Der BGH leitet somit aus dem Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung her, dass die den Haftpflichtanspruch auslösende ungewöhnliche und gefährliche Handlung Folge einer besonderen Gefahrensituation sein muss, die ihrerseits aus einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung i.S.v. Ziff. 1 S. 2 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht resultiert. Aus dem Vergleich des Begriffs der „ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäfti44 gung“ mit den Übrigen in der Ziff. 1 S. 2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht enthaltenen Ausnahmen folgert der BGH, dass „mit der ‚Beschäftigung‘ nicht lediglich eine einzelne Handlung, sondern ein Gefahrenbereich gemeint ist, also eine allgemeine, in gewissen Zeitabständen wiederholte oder wiederkehrende Betätigung als Rahmen für die konkrete schadenstiftende Handlung vorausgesetzt wird“.70
Die Beschäftigung muss somit von gewisser – nicht notwendig längerer – Dauer sein. Der Zeitraum, innerhalb dessen das durch die allgemeine Beschäftigung geschaffene gesteigerte Risiko akut bis in das Stadium der Verwirklichung hineingesteigert wird, darf nicht derart kurz bemessen werden darf, dass eine Trennung zwischen der Betätigung und der die Haftung auslösenden Handlung gekünstelt erscheint. Ähnlich wie bei der Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 VVG ist ein „in gewissem Umfang typisierbarer, auf ein Minimum an zeitlicher Dauer oder Nachhaltigkeit aufbauender Lebenssachverhalt“ erforderlich.71 Impulsive und spontane Handlungen sind somit keine Beschäftigung i.S.v. Ziff. 1 S. 2 45 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX.72 Umgekehrt liegt eine „Beschäftigung“ nicht schon dann vor, wenn sich der VN nicht spontan oder impulsiv, sondern planvoll verhält.73 Auch ein planvolles Vorgehen des VN vermag die aufgezeigten Anforderungen an die Dauerhaftigkeit der Beschäftigung nicht zu erfüllen oder zu ersetzen, solange es sich auf ein punktuelles Geschehen von wenigen Stunden beschränkt.74 Bezüglich des Fällens dreier großer Bäume innerhalb eines Tages hat der BGH eine Beschäftigung verneint.75 Das OLG Oldenburg hat eine Beschäftigung bei einem mehrjährigen Nachstellen i.S.v.
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BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 22. OLG Koblenz 7.7.1995 RuS 1995 334; vgl. auch BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 22 f. BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 23; OLG Jena 25.1.2996 VersR 2006 1064; OLG Saarbrücken 15.9.1999 VersR 2002 351 f.; OLG Düsseldorf 11.1.1994 RuS 1994 209 f.; OLG Düsseldorf 14.3.1995 RuS 1997 11, 12; OLG Koblenz 7.7.1995 RuS 1995 334; Hans. OLG Hamburg 8.3.1990 VersR 1991 92 f.; OLG Frankfurt/M. 29.9.1995 VersR 1996 964, 965; krit. Späte PrivH Rn. 15; Schimikowski RuS 1995 335 (Anm. zu OLG Koblenz 7.7.1995 RuS 1995 334). BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 23; vgl. auch OLG Hamm 27.4.2011 RuS 2011 469, 470; OLG Jena 25.1.2006 VersR 2006 1064; OLG Hamm 22.6.2005 RuS 2005 374, 375 f.; OLG Hamm 25.8.2004 VersR 2005 680 f.; OLG Hamm 12.3.1993 VersR 1994 339; OLG Hamm 9.1.1981 VersR 1981 1122; OLG Frankfurt 29.9.1995 VersR 1996 964,
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965; OLG Oldenburg 15.12.1995 VersR 1996 1487 (planmäßig und sich nicht nur auf einen ganz kurzen Zeitraum erstreckend); OLG Düsseldorf 11.1.1994 RuS 1994 209 f. (von einer gewissen Regelmäßigkeit oder aber doch wenigstens längerer Dauer); Hans. OLG Hamburg 8.3.1990 VersR 1991 92 f. (gewisse Regelmäßigkeit); ÖOGH 16.3.1978 VersR 1979 69; s.a. OLG München 20.7.2004 VersR 2004 1167 f.; ausdrücklich offengelassen OLG Karlsruhe 26.1.1995 RuS 1995 376, 377; ohne Erörterung dieses Erfordernisses eine ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung bejahend: OLG Oldenburg 20.4.2004 VersR 2005 262; OLG Schleswig 25.11.1983 VersR 1984 954, 956; OLG Hamm 29.4.1981 VersR 1982 565; krit. Späte PrivH Rn. 15; Schimikowski RuS 1995 335 (Anm. zu OLG Koblenz 7.7.1995 RuS 1995 334). BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 22. BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 22.
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§ 238 StGB (Stalking) bejaht.76 Sehr fragwürdig ist dagegen die Entscheidung des OLG Hamm vom 27.4.2011, in der es bereits einen Zeitraum von mehr als 5 Minuten bei sexuell motivierten Spielen, bei denen es zu Personenschäden kam, als Beschäftigung genügen lässt.77 Nach dieser unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten (§ 305c Abs. 2 BGB) zu billigen- 46 den Auslegung des Begriffs der Beschäftigung fallen spontane Handlungen des VN somit grundsätzlich nicht unter den Ausschluss. Selbst wenn der VN vorsätzlich fremde Rechtsgüter verletzt, verwirklicht sich unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH somit nur eine Gefahr des täglichen Lebens. Unter dem Aspekt des Entwertungsgedankens ist die Einbeziehung vorsätzlichen Verhaltens zwar nicht zwingend geboten, weil es der VN in der Hand hat, sich den Versicherungsschutz durch Unterlassen der ungewöhnlichen und gefährlichen Betätigung zu erhalten. Das muss auch dem durchschnittlichen VN einleuchten. Auf der anderen Seite nimmt Ziff. 7.1 AHB – ebenso wie § 103 VVG – nur solche Schäden von der Deckung aus, auf die sich der Vorsatz des VN bezieht. Der VN erwartet somit auch bei vorsätzlichem Verhalten den Ersatz solcher Schäden, auf die sich sein Vorsatz nicht erstreckt hat. Fraglich ist jedoch, ob das auch für vorsätzlich begangene Straftaten gilt. So ist kaum 47 vorstellbar, dass der durchschnittliche VN ernsthaft Versicherungsschutz für die Folgen einer von ihm spontan begangenen (versuchten) Vergewaltigung78 oder eines Einbruchsdiebstahls79 erwartet. Bei Selbsttötungsversuchen wird man im Hinblick auf die Ausführungsart zu unterscheiden haben, weil hiervon die Zahl möglicherweise betroffener Unbeteiligter abhängt.80 In Fällen, in denen eine Vielzahl Unbeteiligter betroffen ist, handelt es sich bei lebensnaher Betrachtung nicht mehr um eine Gefahr des täglichen Lebens. Deshalb haben sich vereinzelt Stimmen in der Literatur für eine positive Bestimmung der Gefahren des täglichen Lebens ausgesprochen. Handlungen, die eindeutig und schwerwiegend gegen die Grundregeln der Rechtsordnung und des sozialen Zusammenlebens verstoßen, könnten nicht mehr als Gefahren des täglichen Lebens qualifiziert werden, weshalb eine ungewöhnliche und gefährliche Rahmenbetätigung als Ausgangspunkt für die daraus resultierende schadenstiftende strafbare Handlung nicht erforderlich sei.81 Dabei sei nicht bei jeder Straftat stets ein schwerer Verstoß zu bejahen. Körperverletzungen als Folge von Raufereien stellten z.B. keinen schwerwiegenden Verstoß dar.82 Diese Kritik hat im Kern durchaus ihre Berechtigung. Die Auslegung des Begriffs der 48 ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung durch die Rechtsprechung belegt, dass sich die Gefahren des täglichen Lebens mit Hilfe der Verkehrsauffassung durchaus normativ positiv bestimmen lassen. Gerade das Beispiel von Schäden infolge von Straftaten des VN macht deutlich, dass die unterschiedlichen Ansätze – selbstständige Bestimmung auf der Ebene der primären Risikobegrenzung oder unselbstständige Bestimmung mithilfe des Mittels der sekundären Risikoabgrenzung – nur Auswirkungen bezüglich der
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OLG Oldenburg 4.11.2011 RuS 2012 171. OLG Hamm 27.4.2011 RuS 2011 469, 470; m. krit Anm. von Schimikowski RuS 2012 171, 172. Vgl. OLG München 10.3.1997 RuS 1997 409, 410. OLG Hamm 29.4.1981 VersR 1982 565, 566. OLG Hamm 29.4.1981 VersR 1982 565, 566; zu weitgehend LG Köln 6.12.1989 RuS 1990 368, 369, wonach schon Blutspritzer
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auf Einrichtungsgegenständen für die Annahme einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung ausreichen sollen; vgl. auch Späte PrivH Rn. 17; Eberwein RuS 1995 321, 323 f. Vgl. auch Weitzel VersR 2004 1167; Schimikowski RuS 1995 335 (Anm. zu OLG Koblenz 7.7.1995 RuS 1995 334); Eberwein RuS 1995 321, 323. Vgl. auch Weitzel VersR 2004 1167.
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Beweislast haben, auch weil die Rechtsprechung – wie das oben angesprochene Urteil des OLG Hamm belegt (Rn. 45) – zum Teil sehr kurze Zeiträume für die Rahmenbetätigung genügen lässt. Gleichwohl kann die Kritik im Ergebnis nicht verfangen, weil sie den aus § 305c Abs. 2 BGB folgenden Grundsatz der VN-freundlichen Auslegung unberücksichtigt lässt.
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(3) Ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist die allgemeine Beschäftigung, wenn sie objektiv ihrer Art nach deutlich aus dem Rahmen der gewöhnlichen Betätigungsarten herausfällt.83 Dies beurteilt sich danach, was nach heutiger Verkehrsauffassung allgemein und nicht nur in Einzelfällen noch als gewöhnliche Betätigung im Rahmen eines Privathaushalts angesehen werden kann. Hierbei dienen die Gepflogenheiten des Durchschnittsbürgers, nicht aber die bestimmter Kreise als Maßstab.84 Die Grenzen der Gefahren des täglichen Lebens sind erreicht, wenn die fragliche Tätigkeit wegen der mit ihr verbundenen Gefahren von einem durchschnittlich verständigen VN vernünftigerweise nicht mehr ausgeübt würde.85 50 Trotz des Abstellens auf den durchschnittlichen VN als Maßstab für die Beurteilung der Ungewöhnlichkeit sollen nach verbreiteter Ansicht besondere Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen einer Betätigung das Merkmal des Ungewöhnlichen nehmen können.86 So könne das ungesicherte Herumlaufen auf einem Dach eine ungewöhnliche Beschäftigung sein, nicht jedoch für einen Dachdecker oder Schornsteinfeger.87 Andererseits könnten Blindheit, Taubheit und andere Behinderungen eine gewöhnliche Betätigung zu einer ungewöhnlichen machen, wenn damit Gefahren verbunden sind, die dem Behinderten vernünftigerweise eine solche Betätigung allgemein verbieten (Führen von Fahrzeugen, Schusswaffengebrauch durch Blinde).88 Nach Ansicht des OLG Köln ist ein unvernünftiges und leichtsinniges Spiel von Jugendlichen im Alter von 16 Jahren (Herumspritzen mit Nitroverdünnung in der Mittagspause von Lehrlingen) nicht ungewöhnlich, wenn es nicht völlig aus dem Rahmen von allgemeinen Betätigungen Gleichaltriger fällt.89 Bei einem Alkoholiker, der betrunken zu Straftaten neigt, wertet das OLG Hamm das Sichbetrinken nicht als ungewöhnliche Beschäftigung.90 51 Gegen das Abstellen auf besondere Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen spricht an sich, dass dann zur Beurteilung der Ungewöhnlichkeit eine Vergleichsgruppe herangezogen werden muss, die mit dem durchschnittlichen VN einer Privathaftpflichtversicherung nichts gemeinsam hat und für die möglicherweise in der Privathaftpflichtversicherung gar kein Versicherungsschutz bestünde. Gleichwohl ist diese Auslegung nicht fernliegend und somit gemäß § 305c Abs. 2 BGB zugunsten des VN zugrunde zu legen.
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Vgl. OLG Hamm 27.4. 2011 RuS 2011 469, 470; OLG Celle 12.4.2007 BeckRS 2010 11357, im Anschluss an Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PHV Rn. 18. OLG Hamm 27.4. 2011 RuS 2011 469, 470; OLG Oldenburg 20.4.2004 VersR 2005 262; Späte PrivH Rn. 18. OLG Hamm 27.4.2011 RuS 2011 469, 470; OLG Frankfurt/M. 18.7.2008 BeckRS 2008 21813; OLG Oldenburg 20.4.2004 VersR 2005 262; LG Braunschweig 28.7.1965 VersR 1966 482; LG Berlin 15.1.1980 zfs 1983 374, 375; Späte PrivH Rn. 18. Z.B. OLG Celle 12.4.2007 BeckRS 2010
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11357; OLG Hamm 19.2.1999 NVersZ 1999 338 = RuS 2000 12; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PHV Rn. 19. OLG Celle 12.4.2007 BeckRS 2010 11357; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PHV Rn. 19. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PHV Rn. 19. OLG Köln 17.1.1991 VersR 1992 88. OLG Hamm 22.6.2005 RuS 2005 374, 376; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PHV Rn. 19; a. A. OLG Köln 2.5.1991 VersR 1991 1283.
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(4) Gefährlich. Die Beschäftigung muss nicht nur ungewöhnlich sein, sondern auch 52 gefährlich. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Das Merkmal der Gefährlichkeit ist zu bejahen, wenn sich durch die allgemeine Betätigung die Gefahr der Schädigung fremder Rechtsgüter und der daraus resultierenden gesetzlichen Haftpflicht für den VN erhöht.91 Wie beim Merkmal ungewöhnlich kommt es bei der Gefährlichkeit auf den konkreten Einzelfall an. Abweichend vom Merkmal der Ungewöhnlichkeit gibt für die Gefährlichkeit nicht das Verständnis des VN das Maß, so dass hier besondere Fertigkeiten des VN ohne Weiteres Berücksichtigung finden und einer für den durchschnittlichen VN gefährlichen Betätigung das Merkmal des Gefährlichen nehmen können. Umgekehrt können Behinderungen des VN dazu führen, eine grundsätzlich ungefährliche zu einer gefährlichen Betätigung zu machen. (5) Kasuistik. Nachstehend werden exemplarisch und ohne Anspruch auf Vollstän- 53 digkeit Beispiele aus der Rechtsprechung zur Reichweite des Ausschlusses in der Privathaftpflichtversicherung für die Fallgruppe der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigungen gegeben. Insbesondere mit Blick auf das Urteil des BGH vom 9.11.2011, in dem er betont, dass das Wort „Beschäftigung“ ein Verhalten verlange, das auf eine gewisse Dauer angelegt sei und aus dem sich mit gewisser Regelmäßigkeit besondere Gefahrenlagen ergeben könnten92, dürften die meisten der nachstehend angeführten Entscheidungen, die eine Anwendbarkeit des Ausschlusses bejaht haben, kritischer Prüfung nicht standhalten.93 (a) Straftaten (Schadensfälle infolge krimineller Handlungen) (aa) Brandverursachung/Herbeiführung einer Brandgefahr i.S.v. §§ 306 ff. StGB OLG Frankfurt/M. 7.2.2012 VersR 2013 617: Bei der Betätigung des Grills handelt es sich um eine im privaten gesellschaftlichen Bereich alltäglich vorkommende Tätigkeit, die keine besonderen Gefahren mit sich bringt, sondern nur die Gefahren des täglichen Lebens betrifft. OLG Düsseldorf 11.4.2000 VersR 2001 888: Entfachen eines Kaminfeuers mittels Brennspiritus stellt für sich zwar eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar, jedoch kann die als Rahmenbeschäftigung in Betracht kommende Handlung des Anzündens des Feuers im Kaminofen an sich weder als ungewöhnlich noch als gefährlich angesehen werden. OLG Düsseldorf 7.12.1999 RuS 2001 105: Verwendung eines aufgeschnittenen Öltanks bzw. einer Stahlwanne zu dem Zweck, in einer fremden Halle einen Ofen zu schaffen und in diesem Müll zu verbrennen, stellt nur dann eine ungewöhnliche und gefährliche Rahmenbeschäftigung dar, wenn diese Rahmenhandlung eine gewisse Regelmäßigkeit aufweist oder doch wenigstens von längerer Dauer ist, was bei nur zweimaliger „Müllentsorgung“ noch nicht vorliegt. BGH 17.6.1998 VersR 1998 1011: Spontane Entzündung eines Feuerzeuges und Inbrandsetzung eines Anwesenden mit benzingetränkter Hose stellt keine allgemeine Betätigung im Sinne einer Rahmenhandlung dar. OLG Hamm 19.7.1995 RuS 1996 96: Öffnen einer Propangasflasche, um daran zu „schnüffeln“, ist nicht als gefährlich einzustufen, da es insoweit auf die gesundheitlichen Gefahren für den Handelnden selbst nicht ankommt und eine Gefährlichkeit in Bezug auf dritte Personen oder Sachen erst dann in Betracht kommt, wenn Sicherungsmaßnahmen unterlassen werden.
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Vgl. BGH 10.3.2004 VersR 2004 591 f.; OLG Oldenburg 4.11.2011 RuS 2012 171; OLG Hamm 27.4.2011 RuS 2011 469, 470; OLG Celle 12.4.2007 BeckRS 2010 11357; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PHV Rn. 16.
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BGH 9.11.2011 RuS 2012 21, 22. Vgl. auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 21; Schimikowski RuS 2012 172.
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OLG Düsseldorf 14.3.1995 RuS 1997 11: Hat der versicherte Ehemann nach einer ehelichen Auseinandersetzung in alkoholisiertem Zustand die Kleidung der VN in einem Kleiderschrank in Brand gesteckt, den Brand dann jedoch mit einem Feuerlöscher gelöscht und sich entfernt, ohne zu bemerken, dass der vermeintlich gelöschte Brand weiterschwelte und später auf das Haus übergriff, so ist der Haftpflichtversicherer nicht leistungsfrei, weil die einmalige und kurzfristige Handlung des Ehemannes keine allgemeine Betätigung und damit keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung darstellt. OLG Hamm 27.4.1994 VersR 1995 161: Aufstellen und Betreiben eines Propangasofens zu Heizzwecken in einer privaten Garage stellt jedenfalls dann keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung des VN dar, wenn keine weiteren Gefahrenmomente hinzutreten. Nach der Verkehrsauffassung ist der Betrieb einer derartigen Heizung mit offener Flamme allgemein nicht ungewöhnlich, da insbesondere Garagen, die von ihrem Mieter/Eigentümer auch als Werkstatt für private Zwecke genutzt werden, vielfach mit Heizungsanlagen ausgestattet sind, wobei mit Propangas betriebene Öfen wegen ihrer Unabhängigkeit vom Stromnetz durchaus nicht selten sind. ÖOGH 26.9.1991 VersR 1992 1497: Setzt der VN mit einem Gasfeuerzeug aus Bosheit – also bewusst und gewollt – die Hose eines Betrunkenen in Brand, und kann sich dieser infolge seiner alkoholbedingt herabgesetzten Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit nicht von der brennenden Hose befreien und erleidet Brandverletzungen, so ist dieser Schaden nicht von der Privathaftpflichtversicherung gedeckt. OLG Köln 2.5.1991 VersR 1991 1283: Weiß der VN, der Alkoholiker ist, dass er nach übermäßigem Alkoholkonsum regelmäßig Straftaten, insbesondere Brandstiftungen, begeht, so stellt die Tatsache, dass er sich in einen Vollrausch versetzt, im Hinblick auf seine Person eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar. ÖOGH 4.9.1991 VersR 1993 211: Die Schaffung einer Brandgefahr durch „Zündeln“ stellt keinen „Ausrutscher eines Durchschnittsmenschen“ dar und ist nicht mit dem kontrollierten Entzünden von Gegenständen (etwa Kerzen) zu vergleichen, sondern mit gefährlichen Bosheitsakten, und zwar auch dann, wenn der tatsächliche Erfolg weit über die Erwartungen hinausgeht. Auch handelt es sich nicht um eine gewöhnliche Gefahr, da es genügt, wenn die Gefahr theoretisch häufig, praktisch aber seltener eintritt. OLG Hamm 18.10.1989 VersR 1990 775: Ausbrennen eines Wespennestes mit einer Lötlampe ist weder ungewöhnlich noch gefährlich, da dies zu den üblichen Methoden der Bekämpfung von Wespen gehört und auch grundsätzlich nicht gefährlich ist, wenn es unter Beachtung der gebotenen Vorsichtsmaßnahmen vorgenommen wird. Der Mangel der gebotenen Sorgfalt macht eine übliche Tätigkeit noch nicht zu einer gefährlichen Betätigung. LG Frankfurt/M. 10.10.1989 VersR 1991 454: Wird verbotenerweise ein im Bau befindlicher S-Bahn-Tunnel betreten und werden dort herumliegende Schaumstoffe aus „Jux“ angezündet, wodurch ein Brandschaden in Millionenhöhe eintritt, so liegt eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung vor. LG Bremen 16.8.1989 VersR 1990 776: Anzünden von Telefonbüchern in Telefonzellen unter Drogeneinfluss ist (auch) als allgemeine (Rahmen)Betätigung ungewöhnlich und gefährlich. OLG Hamm 17.11.1987 VersR 1988 1038: Anzünden von in einem fremden Schuppen lagernden Spänen ist eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung. OLG Hamm 27.5.1987 RuS 1987 277: Anzünden von Fußmatten in einem Treppenhaus, um Licht zu machen, ist eine ungewöhnliche und gefährliche Betätigung, da Feuer an einem Ort entzündet wird, an dem es normalerweise kein offenes Feuer gibt, und sich das Verhalten unter Berücksichtigung des Zwecks als kaum noch nachvollziehbare Tätigkeit darstellt. LG Bielefeld 20.10.1981 zfs 1982 122: Bedienung eines mit Brennspiritus befeuerten Bratrostes anlässlich eines Sportfestes ist keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung. BGH 11.12.1980 VersR 1981 271: Reinigung einer Schärmaschine mit einem Benzin-Rohölgemisch in der Nähe eines elektrischen Heizlüfters ist weder ungewöhnliche noch gefährliche Tätigkeit. ÖOGH 16.3.1978 VersR 1979 69: Verbrennen von Reisig im Garten mithilfe von Benzin stellt keine ungewöhnliche Beschäftigung dar, da diese für einen Gartenbesitzer periodisch auftretende Tätigkeit dem täglichen Leben zuzuordnen ist und dies auch bleibt, wenn dabei die gebotene Sorgfalt nicht eingehalten wird.
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ÖOGH 18.3.1976 VersR 1977 461: Einschlafen mit brennender Zigarette auf einem aus leicht entzündlichen Material hergerichteten Notlager ist an sich noch nicht als ungewöhnlich zu betrachten. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der VN nicht in seinem Bett, sondern in einem Abstellraum eingeschlafen ist, in den er ohne Wissen und Willen des Hauseigentümers widerrechtlich eingestiegen war, wodurch der Brand verursacht wurde, ist die geschaffene Gefahrenlage jedoch eine ungewöhnliche.
(bb) Diebstahl/Hausfriedensbruch i.S.v. § 242, § 123 StGB LG Köln 8.2.2006 BeckRS 2006 04471: Die Verwirklichung eines Ladendiebstahls ist nicht als übliche, sondern als ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung des VN anzusehen, sodass bei der anschließenden Flucht begangene Handlungen – hier: Umrennen einer Frau, die sich die Kniescheibe brach – eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung darstellen. OLG Oldenburg 12.3.1997 VersR 1998 446: Das Betreten von Räumen als solches und der Aufenthalt darin (hier: Kfz-Werkstatt, um nach Dienstschluss aus einem Kundenmotorrad Benzin zu entwenden) stellt sich – auch in psychologischer Hinsicht – nicht als Verhaltensweise im Rahmen einer Ausnahmesituation dar, die mit besonderen Gefahrenmomenten belastet wäre, sodass eine gefährliche Beschäftigung nicht vorliegt. OLG Oldenburg 15.12.1995 VersR 1996 1487: Ein Hausfriedensbruch des Versicherten, der sich zur Nachtzeit um 3.30 Uhr in ein Jugendzentrum begeben hat, um dort noch Jugendliche anderer politischer Einstellung anzutreffen und bei dieser Gelegenheit „ein bisschen aufzumischen“, der dann unter Anwendung von körperlicher Gewalt in das verschlossene, leere Gebäude eingedrungen ist und dort in der Folge durch unachtsamen Umgang mit einem Feuerzeug oder einer brennenden Zigarette einen Brand verursacht hat, ist eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung, für die kein Versicherungsschutz besteht. LG Essen 11.1.1994 RuS 1995 52: Betätigung als Ladendieb ist nicht als übliche Beschäftigung des durchschnittlichen VN anzusehen und stellt vielmehr einen Ausnahmefall dar, bei dem sich der Täter in der Regel in einer psychologischen Ausnahmesituation befindet, die gewöhnlich mit besonderen Gefahrenmomenten belastet ist. LG Siegen 18.7.1986 zfs 1987 23: Fahrlässige Brandverursachung unter vorausgehendem Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung als ungewöhnliche und gefährliche Rahmenbeschäftigung stellt keine Verwirklichung der Gefahren des täglichen Lebens dar. OLG Schleswig 25.11.1983 VersR 1984 954: Ein Brandschaden, den der VN fahrlässig bei einem versuchten Einbruchdiebstahl verursacht, fällt nicht unter das versicherte Risiko, da die Betätigung des VN als Einbrecher aus der Sicht eines sich gesetzeskonform verhaltenen Bürgers ungewöhnlich ist und auch gefährlich, da sich auch ein unbewaffneter Täter in einer psychischen Ausnahmesituation befindet und seine Tätigkeit durch besondere Gefahrenmomente belastet ist. OLG Hamm 29.4.1981 VersR 1982 565: Ein Einbruch ist eine Betätigung, die allgemein ungewöhnlich und gefährlich ist. Die Beteiligung des VN an einer Schlägerei bedeutet hingegen eine Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos.
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(cc) Sonstiges OLG Oldenburg 4.11.2011 RuS 2012 171: Stellt ein VN über mehrere Jahre einem anderen Menschen i.S.v. § 238 StGB nach (Stalking), so handelt es sich dabei um eine ungewöhnliche und gefährliche Betätigung. OLG Jena 25.1.2006 VersR 2006 1064: Fußtritt in die Glasscheibe einer Eingangstür, wodurch das Glas zersplitterte und ein Splitter das Auge einer dahinter stehenden Person traf, ist eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung, die im Rahmen einer länger andauernden Gewalttätigkeit (vorsätzliche Sachbeschädigung) verübt wurde. OLG Hamm 22.6.2005 RuS 2005 374: Ein Angriff des VN auf dessen Ehefrau stellt keine ungewöhnliche und gefährliche (Rahmen)Beschäftigung dar, da insoweit keine Betätigung von gewisser Dauer vorliegt, sondern nur eine spontane, impulsive Handlung, die auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht als allgemeine „Beschäftigung“ verstanden werden kann. Auch genügt es
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nicht, auf das dem Angriff vorausgehende Betrinken abzustellen, da dies jedenfalls keine ungewöhnliche Beschäftigung ist. LG Dortmund 17.2.2005 BeckRS 2005 122305: Alkoholkonsum des VN kann grds. als ungewöhnliche und gefährliche (Rahmen)Beschäftigung angesehen werden, da hierdurch in erhöhtem Maß die Gefahr schadenstiftender Handlungen entsteht, jedoch muss sich die Gefahr der Verursachung eines Fremdschadens erhöhen, was namentlich bei Haftpflichtansprüchen aus Schadensfällen von Angehörigen des VN gem. § 4 II Ziff. 2 lit. a) AHB ausgeschlossen ist. OLG Hamm 25.8.2004 VersR 2005 680: Das Nichtbefolgen eines Platzverweises durch den VN ist keine ungewöhnliche und gefährliche (Rahmen)Beschäftigung, da insoweit bereits zweifelhaft ist, ob das Verweilen an einem Ort als Beschäftigung angesehen werden kann, dieses jedenfalls aber nicht als gefährlich zu bewerten ist. Verbale Auseinandersetzungen und auch die Störung der Nachtruhe gehören im Übrigen noch zu den Erscheinungen des täglichen Lebens. OLG München 20.7.2004 VersR 2004 1167: Bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung handelt es sich um eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung, die, wenn sie im Rahmen von mehrmonatigen Nachstellungen in Verbindung mit sexuellen Nötigungen vorgenommen wird, zum Ausschluss der Deckung führt. OLG München 10.3.1997 RuS 1997 409: Vorbereitungshandlungen einer versuchten sexuellen Nötigung oder einer versuchten Vergewaltigung stellen eine ungewöhnliche und gefährliche Rahmenbeschäftigung dar, weil sie in erhöhtem Maß die Gefahr der Vornahme schadenstiftender Handlungen bergen, wohingegen allgemein verbale Streitigkeiten um Alltagsprobleme, die in Tätlichkeiten ausarten, zum täglichen Leben gehören. OLG Koblenz 7.7.1995 VersR 1996 444: Losreißen aus dem Zugriff des dadurch verletzten Polizisten ist impulsive, aus der Situation heraus sich spontan aufbauende Reaktion, die lediglich auf die Flucht vor der drohenden Blutprobe ausgerichtet war und keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung darstellt. OLG Düsseldorf 11.1.1994 VersR 1994 850: Einmaliger Messerstich mit einem Klappmesser in Putativnotwehr im Rahmen einer tätlichen Auseinandersetzung ist keine allgemeine Beschäftigung, da es an einer gewissen Regelmäßigkeit oder aber doch wenigstens an einer längeren Dauer fehlt. OLG Köln 11.11.1993 VersR 1994 339: Spontanes Losreißen des erheblich alkoholisierten Täters von ihn festhaltenden Polizeibeamten, stellt sich bei vernünftiger Betrachtungsweise als eine impulsive, aus der Situation heraus sich spontan aufgebaute Reaktion dar, bei der jedenfalls von einer ungewöhnlichen und (gleichzeitig) gefährlichen Betätigung nicht gesprochen werden kann. ÖOGH 25.6.1992 VersR 1993 1259: Nicht versichert ist die gesetzlich Haftpflicht eines Jugendlichen, der ein in der Dunkelheit nicht erkennbares Hindernis in Form einer quer über die Straße gelegten Zaunlatte aufbaut, um einen provozierten Verfolger zum Stürzen zu bringen, da es sich nicht unter die Gefahr des täglichen Lebens subsumieren lässt, sondern als bewusstes und gewolltes Schaffen einer Gefahr im Rahmen eines Bosheitsakts, ohne dass hierfür die geringste Notwendigkeit besteht. ÖOGH 23.10.1980 VersRdsch 1982 274: Der Wurf eines Bierkrugs im Zuge einer Rauferei ist keinesfalls ein im Privatleben eines Menschen üblicherweise vorkommender Vorfall und daher nicht von den Gefahren des täglichen Lebens umfasst. OLG Hamm 24.8.1973 VersR 1973 1133: Die Beteiligung des VN an einer tätlichen Auseinandersetzung kann nicht als allgemeine (Rahmen)Beschäftigung angesehen werden, auch wenn die schadenstiftende Handlung (hier: wuchtige Faustschläge in das Gesicht des Opfers, das bewusstlos zu Boden sinkt) als solche ungewöhnlich und gefährlich sein mag. ÖOGH 17.2.1971 VersR 1971 1134: Verletzung eines Unbeteiligten durch eine Bierflasche, die der VN zerschlägt, um sich auf eine Auseinandersetzung mit einem bewaffneten Gegner vorzubereiten, stellt einen ungewöhnlichen Schadensfall dar, auf den sich der Versicherungsschutz für die gesetzliche Haftpflicht des VN aus Gefahren des täglichen Lebens nicht erstreckt.
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OLG Frankfurt 18.7.2008 OLGR Frankfurt 2008 967: Die Erprobung eines nicht näher bekannten Gewehres auf einem Sägeblock ohne die erforderliche fachliche Qualifikation stellt eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar.
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LG Berlin 16.11.2000 VersR 2003 55: Zünden einer mit Schottersteinen aufgefüllten und mit Moltofill verfüllten Kugelbombe in der Silvesternacht stellt eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar. OLG Hamm 19.2.1999 RuS 2000 12: Das Abbrennen einer kleinen Menge eines selbst entwickelten (und patentgeschützten) Sprengstoffs in der Silvesternacht stellt keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar, da bei der Qualifikation als ungewöhnlich und gefährlich auf die Kenntnisse und Fähigkeiten des Handelnden abzustellen ist, der vorliegend über nicht unerhebliche chemische Kenntnisse verfügt, wie aus seiner Patentanmeldung folgt. Auch das Herstellen, Lagern und Abbrennen hochbrisanten Sprengstoffes in einem Wohnhaus stellt keine taugliche Rahmenbeschäftigung dar, weil sonst die nur zeitlich aufeinanderfolgenden Tätigkeiten unzulässig zu einer allgemeinen Beschäftigung zusammengefasst würden und sich die Gefahren einer Tätigkeit auf die Vornahme der nächsten nicht auswirken. OLG Frankfurt/M. 29.9.1995 VersR 1996 964: Abfeuern einer Farbmarkierungspistole in einer Menschenansammlung stellt als schadenstiftende Handlung einen gefährlichen und ungewöhnlichen Einzelakt bzw. eine punktuelle Handlung dar, womit es an einer allgemeinen Beschäftigung, die sich über eine gewisse Zeit hinziehen muss, aber fehlt. OLG Karlsruhe 26.1.1995 RuS 1995 376: Schießübungen mit einer erlaubnisfreien Luftdruckpistole in einer Wohnung, wobei das Projektil an einem Heizkörper abprallte und die Geschädigte in das rechte Auge traf, sind jedenfalls nicht als ungewöhnlich anzusehen. LG Zweibrücken 17.7.1992 VersR 1993 431: Das Herstellen von Sprengkörpern und das Herbeiführen von Explosionen liegt außerhalb der Verhaltensweisen des täglichen Lebens und der sich daraus ergebenden Gefahrensituationen, da nicht nur eine ungewöhnliche, sondern auch eine besonders gefährliche Beschäftigung vorliegt. OLG Hamm 22.5.1991 RuS 1992 47: Beim Schuss aus einer halbautomatischen Schreckschusspistole vom Typ „Reck-Baby-Automatic 8 mm Knall“ in unmittelbarer Nähe einer Person ist es bereits zweifelhaft, ob das spontane Herausholen einer Pistole eine allgemeine (Rahmen)Beschäftigung darstellt. Das Hantieren mit der Waffe ist nicht als gefährlich zu werten, da eine Verletzungsgefahr nur dann gegeben ist, wenn die Waffe in unmittelbarer Nähe zum Körper eines Menschen oder Tieres abgefeuert wird, und es im Übrigen nicht ungewöhnlich ist, eine Waffe erlaubnisfrei zu erwerben und zu gebrauchen. OLG Hamburg 8.3.1990 VersR 1991 92: Anzünden von Feuerwerkskörpern aus grobem Unfug in Geschäftsräumen ist deswegen nicht als allgemeine Beschäftigung zu verstehen, da Beschäftigung nicht mit einer einzelnen gefährlichen Handlung gleichgesetzt werden kann. OLG Hamm 3.11.1989 RuS 1990 360: Abfeuern eines verfallenen pyrotechnischen Seenotsignals – Signalrakete – ist weder ungewöhnliche noch gefährliche Betätigung, da es durchaus üblich ist, dass in Häfen Seenotraketen als Silvesterfeuerwerk eingesetzt werden, und es ferner der Lebenserfahrung und der menschlichen Natur entspricht, dass zu Silvester nicht nur handelsübliches Feuerwerk gezündet wird, sondern auch andere Lärm- oder Lichteffekte auslösende, nicht nur harmlose Objekte, vor allem aber solche, die überlagert und daher für den Notfall möglicherweise nicht mehr geeignet sind, verwendet werden, weil sie Feuerwerksraketen in Funktion und Farbeffekt sehr ähnlich sind.94 OLG Frankfurt/M. 28.1.1987 zfs 1987 153: Verschießen von Feuerwerkskörpern aus Schreckschusspistolen ist angesichts ständiger Übung keine ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung. ÖOGH 17.9.1981 VersR 1984 498: Unvorsichtiges (fahrlässiges) Hantieren mit einer Faustfeuerwaffe (Revolver) stellt eine gefährliche Beschäftigung dar, die nicht zu den Gefahren des täglichen Lebens gehört. LG Darmstadt 25.3.1980 zfs 1981 88: Verwenden eines hochexplosiven Kontaktklebers ist selbst dann ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung, wenn der VN wegen seines Berufes nicht ungeübt im Umgang mit diesem Material ist.
94
Ähnlich OLG Hamm 12.7.1989 VersR 1990 40; AG Rahden 09.12.1988 zfs 1989 281.
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Haftpflichtversicherung
ÖOGH 4.4.1973 VersR 1974 404: Schießen zwei Schützen vorsätzlich aus verschiedenen Richtungen, und zwar jeder aus dem Schussbereich des anderen, auf dasselbe Ziel, so wird hierdurch eine ungewöhnliche – nicht alltägliche – Gefahrenlage begründet.
(c) Selbstmord
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OLG München 29.3.1999 RuS 2000 58: Handlungen, die in Selbsttötungsabsicht (hier: Zurennen auf einen mit 200km/h herannahenden ICE-Zug) vorgenommen werden, stellen keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar. BGH 25.6.1997 VersR 1997 1091: Sprung in Selbsttötungsabsicht von einem Parkhaus mit der Folge der Beschädigung eines unten geparkten Pkw durch den Aufprall stellt keine ungewöhnliche und gefährliche Betätigung dar, insbesondere kann die Selbsttötungsabsicht als solche keine Rahmenhandlung sein. OLG Karlsruhe 18.7.1996 VersR 1997 177: Sturz auf ein geparktes Kfz bei einem in Selbstmordabsicht ausgeführten Sprung aus dem Fenster stellt im Rahmen des Risikos, dass ein VN seinen Lebenswillen so weit verliert, dass er sich zur Selbsttötung entschließt, keine derart ungewöhnliche Beschäftigung dar, als dass mit einem derartigen Lebenssachverhalt im Privatleben eines VN nicht gerechnet werden müsste.95 LG Köln 6.12.1989 RuS 1990 368: Schäden Dritter (hier: Blutspritzer auf Einrichtungsgegenständen), die durch eine Selbsttötung entstehen, sind jedenfalls dann als im Rahmen einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung verursacht anzusehen, wenn der VN keine Erlaubnis für die zur Selbsttötung verwendete Waffe besaß, da die Selbsttötung auch derart weitgehend von den allgemeinen Regeln und üblichen Verhaltensnormen abweicht, dass sich für den Selbstmörder nicht mehr die Gefahren des täglichen Lebens verwirklichen. OLG Hamm 23.11.1984 VersR 1985 463: Öffnen der Gasleitung, sodass Gas ungehindert und unbewacht ausströmen kann, ist eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung, da auch bei lebensnaher Betrachtungsweise und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Schadensersatzansprüche aus Anlass eines Selbstmords keine Verwirklichung der Gefahren des täglichen Lebens darstellen.
(d) Heimwerkertätigkeit/Hobbyaktivitäten (aa) Bedienung eines Schweißgeräts
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BGH 17.1.1996 VersR 1996 495: Die Bedienung eines Schweißgeräts im Zustand der Schuldunfähigkeit infolge akuter Psychose ist als Verhalten, durch das spontan ein Brand gelegt und zugleich eigenes wie fremdes Eigentum beschädigt wurde, nicht allgemeine Betätigung im Sinne einer Rahmenhandlung. OLG Bamberg 19.9.1991 VersR 1993 734: Schweißarbeiten im Zusammenhang mit der Verlegung von Heizungsrohren in einer Werkhalle stellen allgemein zwar („auch heutzutage“) noch eine gefährliche Tätigkeit dar, jedoch keine ungewöhnliche mehr. OLG Celle 28.2.1990 RuS 1990 224: Schweißarbeiten am Fahrzeug eines Bekannten gerade zum Reparieren alter Kraftfahrzeuge ist („in der heutigen Zeit“) keine ungewöhnliche Beschäftigung. LG Kassel 22.4.1987 VersR 1989 797: Durchführung von Schweißarbeiten in Hobby-Reparaturwerkstatt ist eine ungewöhnliche und gefährliche Betätigung, da es über den gewöhnlichen Umfang der Heimwerkertätigkeit hinausgeht.
95
Ebenso Hans. OLG Hamburg 10.1.1995 VersR 1995 1475, 1476; LG Köln 6.12.1989 VersR 1990 778; a.A. LG Aachen 19.10.1990 VersR 1991 871: Sprung aus einem Hochhaus in Selbstmordabsicht ist sowohl „unge-
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wöhnlich“ als auch „gefährlich“, denn ein solcher ist in erhöhtem Maße geeignet, Rechtsgüter Dritter zu verletzen und damit den Versicherungsfall herbeizuführen.
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Versichertes Risiko
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LG Essen 8.1.1987 zfs 1987 152: Schweißarbeiten des VN an der unterhalb des Walmdachs angebrachten ausgetrockneten Holzkonstruktion eines alten Gebäudes stellen eine den Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung ausschließende ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar.
(bb) Sonstiges BGH 9.11.2011 RuS 2012 21: Beim Absägen von drei ca. 20 m hohen Pappeln mit Hilfe einer Motorkettensäge an einem Tag, liegt keine Tätigkeit von ausreichend langer Dauer vor, um eine Beschäftigung i.S. der Ausschlussklausel anzunehmen. OLG Celle 12.4.2007 BeckRS 2010 11357: Ausritt einer nicht als Reitlehrerin ausgebildeten Hobbyreiterin ins Gelände mit einer Gruppe von 13 ihr bis dahin nicht bekannten kindlichen Reitschülern ist gefährlich, aber die Begleitung eines derartigen Ausritts einer in ihren reiterlichen Fähigkeiten nicht bekannten Reitschülergruppe durch eine solche Person auf Reiter- bzw. Ponyhöfen ist grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. OLG Oldenburg 20.4.2004 VersR 2005 262: Der Einsatz eines Baggers zur Auskofferung großflächiger und kellertiefer Baugruben (2,50m tief / 50 qm) stellt eine ungewöhnliche und gefährliche (Rahmen)Beschäftigung dar, wenngleich zum Begriff des „Ungewöhnlichen“ die Tendenz erkennbar ist, bei der erforderlichen Abgrenzung auf den Umfang der üblicherweise von Heimwerkern im „do it yourself“-Verfahren erbrachten Bauleistungen abzustellen und dabei auch die Verfügbarkeit verwendeter Werkzeuge in Baumärkten, Versandhandel oder im Rahmen der gewerblichen Vermietung von Werkzeugen und Bauzubehör zu berücksichtigen. BGH 10.3.2004 VersR 2004 591: Apnoetauchen in große Tiefen birgt aufgrund der Druckverhältnisse, der schlechten Sicht und der dadurch im Unglücksfall erschwerten Hilfeleistung besonders hohe Risiken, die aber nicht als gefährlich i.S.d. Ziff. 1.1 der BBR zu qualifizieren sind, weil aus der Betätigung keine Risikoerhöhung für einen in der Haftpflichtversicherung allein relevanten Fremdschaden resultiert. Für das Vorliegen von Rettungs- bzw. besonderen Schutzpflichten Dritter bspw. aus Organisationsverschulden und den damit verbundenen Gefahren eines Fremdschadens muss Beweis angetreten werden. ÖOGH 30.1.1992 VersR 1993 595: Beim Ausladen eines Tontaubenschleudergeräts aus einem Transportfahrzeug, handelt es sich um eine Tätigkeit des täglichen Lebens. In den Deckungsbereich einer österreichischen Haushaltsversicherung, die auch eine Haftpflichtversicherung umfasst, sind auch Gefahren einer nichtberufsmäßigen Sportausübung, ausgenommen die Jagd, einbezogen. Eine derartige Sportausübung ist auch das Tontaubenschießen. Es ist dem (Schieß-)Sport und nicht der Jagd zuzuordnen. OLG Nürnberg 29.9.1988 VersR 1989 582: Arbeiten mit einem elektrisch betriebenen Trennschleifgerät (Flex) am Blechdach eines landwirtschaftlichen Gebäudes stellen selbst dann keine gefährliche oder ungewöhnliche Betätigung dar, wenn ein Funkenflug nicht auszuschließen ist, da Selbsthilfe- und Heimwerkertätigkeiten sich in zunehmendem Maße ausbreiten und der Markt im Hobby- und Baumarktbereich immer mehr Maschinen hierfür anbietet, um auch schwierige Arbeiten zu erleichtern. OLG Karlsruhe 19.3.1987 RuS 1987 157: Einmaliges Baumfällen in der Freizeit ist weder gefährliche noch ungewöhnliche Beschäftigung. OLG Hamm 30.5.1986 RuS 1986 304: Schließung und Neuinstallation einer (unzureichenden) Lüftungsöffnung beim Umbau eines Duschraumes mit Gasboiler im Anbau eines Wohnwagens sind weder als gefährliche noch ungewöhnliche Beschäftigung, allenfalls als unsachgemäß einzuordnen. ÖOGH 8.9.1983 VersR 1984 1197: Sachschaden infolge des Anschlusses einer Waschmaschine an den Wasserhahn stellt eine Verwirklichung der Gefahren des täglichen Lebens dar, da eine einmalige oder doch nur gelegentliche Reparatur in einem privaten Haushalt sich nicht als gefährliche, im Sinne einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehrende Beschäftigung qualifizieren lässt. Gefahren, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss, sind danach vom Versicherungsschutz umfasst, ohne dass solche Gefahren geradezu täglich auftreten müssten. OLG Hamm 9.1.1981 zfs 1982 56: Das Abdichten eines Daches durch Aufkleben von mittels eines Propangasbrenners erwärmten Teerpappebahnen durch einen hierfür nicht ausgebildeten Heimwerker ist weder ungewöhnliche noch gefährliche Betätigung.
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Haftpflichtversicherung
LG Berlin 15.1.1980 zfs 1983 374: Abtrennen eines alten Anstrichs am Gebälk eines Hauses mittels Lötlampe ist als ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung anzusehen, da eine handwerkliche Tätigkeit, die wegen des Umfangs, der Gefährlichkeit und der Erforderlichkeit besonderer Werkzeuge oder Ausrüstung in der Regel von gewerblichen Handwerkern ausgeführt werden muss, nicht mehr als gewöhnlich qualifiziert werden kann. LG Braunschweig 28.7.1965 VersR 1966 482: Beim Betrieb, Verleihen oder Vermieten einer elektrischen Betonmischmaschine handelt es sich um eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung.
(e) Verhalten Minderjähriger
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OLG Karlsruhe 30.3.2007 BeckRS 2009 18303: Einbruch eines 13jährigen in ein fremdes Gebäude, bei dem aus Furcht vor Entdeckung kein helles Licht gemacht und deshalb mit offenem Feuer hantiert wird, stellt zwar eine gefährliche, aber deswegen keine ungewöhnliche Beschäftigung dar, weil viele der Umstände, die ein Einbrechen oder Einschleichen zu Diebstahlszwecken bei Erwachsenen zu einer Ausnahmesituation machen, bei Kindern geradezu zum Alltag gehören. LG Karlsruhe 28.7.2006 BeckRS 2009 18305: Einsteigen in einen Kindergarten und Entzünden eines Vorhangs durch 13-jährigen ist als gefährliche, aber nicht als ungewöhnliche Beschäftigung anzusehen, da es als Ausfluss des kindlichen Spieltriebs zu bewerten ist. OLG Düsseldorf 17.12.2002 RuS 2004 457: Entleeren eines Benzinkanisters und Anzünden des Benzins durch 12 1/2jährigen ist nicht vom Deckungsumfang ausgeschlossen, da das Spielen eines Kindes als Rahmenbeschäftigung nicht ungewöhnlich und auch nicht allgemein gefährlich ist, ohne dass es auf die Gefährlichkeit in concreto ankäme. OLG Karlsruhe 8.11.2001 VersR 2002 562: Einschleichen in ein Gebäude zum verbotenen Absaugen von Kraftstoff durch den 13jährigen Sohn eines VN stellt keine ungewöhnliche (Rahmen)Beschäftigung dar. Da Kinder und Jugendliche gelegentlich nicht über hinreichende Barmittel zum Erwerb des Kraftstoffs verfügen, liegen auch ungewöhnliche Beschaffungsaktionen, selbst gesetzwidrige, nicht außerhalb der Übungen des entsprechenden Umfelds. OLG Saarbrücken 15.9.1999 VersR 2002 351: Flucht vor Polizeibeamten, um sich der Festnahme zu entziehen und die damit zusammenhängende Herausforderung der Verfolger ist keine allgemein gefährliche und unübliche (Rahmen)Betätigung. Dies gilt auch für das Fahren ohne Versicherungsschutz und ohne gültige Fahrerlaubnis eines 17-jährigen, da es keineswegs als etwas für einen Jugendlichen derart Atypisches bezeichnet werden kann. OLG Karlsruhe 23.6.1998 VersR 1999 843: Die Herstellung und das Mitsichführen von Molotowcocktails durch einen 17-jährigen stellt eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar, da das Mitsichführen von solchen Brandsätzen als verbotene Rahmenbetätigung die Gefahr in sich birgt, sie auszuprobieren oder anderweitig einzusetzen. OLG Köln 17.1.1991 zfs 1992 90: Das Herumspritzen mit Nitroverdünnung durch Lehrlinge im Sinne eines unvernünftigen und leichtsinnigen „Spiels“ von Jugendlichen im Alter von 16 1/2 Jahren ist nicht ungewöhnlich, wenn es nicht völlig aus dem Rahmen von allgemeinen Betätigungen Gleichaltriger fällt. ÖOGH 4.10.1979 VersR 1980 894: Hantieren von Kindern mit Sprengkörpern (-kapseln) ist eine Gefahr des täglichen Lebens, da hierfür genügt, dass sie erfahrungsgemäß im normalen Leben immer wieder häufiger oder auch nur seltener vorkommt, und Kinder eben erfahrungsgemäß dazu neigen, mit Sprengkörpern zu hantieren. ÖOGH 2.7.1969 VersR 1970 654: Eine Verwundung, die darauf zurückzuführen ist, dass sich Minderjährige beim Indianerspielen gegenseitig mit Luftdruckgewehren beschießen, stellt keinen auf Gefahren des täglichen Lebens beruhenden Schadensfall dar.
(f) Varia
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OLG Hamm 27.4.2011 RuS 2011 469: Wiederholtes Zuziehen eines der Partnerin um den Hals gelegten Gürtels bis zur Bewusstlosigkeit zum Zwecke der sexuellen Stimulation erfüllt die Voraussetzungen der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung, da das Herumführen eines auf allen Vieren kriechenden Menschen an einem um den Hals gelegten Gürtel – auch für nur 5 Minuten –,
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zumindest vom Standpunkt des Durchschnittsbürgers aus betrachtet, als „schon“ ungewöhnlich anzusehen und obendrein mit erheblichen Gefahren verbunden ist und damit als Betätigung einer gewissen Dauer den Risikoausschluss verwirklicht. ÖOGH 23.2.1994 VersR 1994 1007: Beim Umstürzen eines Grabsteins – durch das Streifen eines Kindes –, für den der VN instandhaltungspflichtig ist, realisiert sich eine Gefahr des täglichen Lebens, da dieser Begriff jene Gefahren umfasst, mit denen üblicherweise im Privatleben gerechnet werden muss, ohne dass solche Gefahren täglich auftreten müssten. Es genügt, wenn die Gefahr erfahrungsgemäß im normalen Lebensverlauf immer wieder, sei es auch seltener, eintritt. BGH 26.3.1956 VersR 1956 283: Beim Eingreifen des VN in das Lenkrad, um einer vermeintlich unmittelbar bevorstehenden Gefahrenlage auszuweichen, wird der Risikoausschluss der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung nicht verwirklicht, da sich die schadenstiftende Handlung hier überhaupt nicht in den Kreis einer notwendigen allgemeinen Betätigung einordnen lässt.
c) Einzelfälle von Haftpflichtgefahren des täglichen Lebens aa) Vorbemerkung. Nach Ziff. 1.1–1.8 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaft- 63 pflicht ist „insbesondere [.] versichert“ die gesetzliche Haftpflicht des VN aus dort näher aufgeführten Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten des VN. Entgegen der Eingangsformulierung, die beim Leser den Eindruck erweckt, es handele sich nur um Beispiele zur Erläuterung des Begriffs der Gefahren des täglichen Lebens, dienen die Erläuterungen auch der Risikobegrenzung. Soweit sie nämlich Eigenschaften (z.B. „im Inland gelegenes Einfamilienhaus“), Rechtsverhältnisse und Tätigkeiten (z.B. erlaubter privater Besitz von Waffen) positiv beschreiben, folgt daraus im Umkehrschluss, was insoweit nicht vom Versicherungsschutz umfasst sein soll (z.B. im Ausland gelegenes Haus, unerlaubter Besitz von Waffen).96 Nach Ansicht des BGH und ihm folgend Lücke handelt es sich hierbei um Risikoaus- 64 schlüsse, die in eine positive Risikobeschreibung gekleidet sind.97 Dieser Bewertung ist im Ergebnis zu folgen. Die Bedenken, die gegen die Einordnung der Einschränkungen gem. Ziff. 1 S. 2 (1) und (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht geäußert wurden, kommen hier nicht zum Tragen, weil es nicht mehr um die Bestimmung des versicherten Risikos („Gefahren des täglichen Lebens“) geht, sondern um die Nichtversicherung von bestimmten Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten des VN, die – wie die Wendung „insbesondere [.] versichert“ deutlich macht – grundsätzlich zu den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson zählen. Die Einordnung als Risikoausschluss hat zur Folge, dass für die hiernach ausgeschlossenen Risiken kein Vorsorgeversicherungsschutz besteht, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist (z.B. Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) (Ziff. 4 AHB Rn. 20). Solche in positive Risikobeschreibungen gekleideten Risikoausschlüsse sind der Ver- 65 sicherungspraxis nicht fremd. Unter dem Gesichtspunkt der Transparenz ist eine solche Vertragsgestaltung nicht optimal und sollte deshalb besser unterbleiben. In jedem Fall hat der VR sowohl hinsichtlich ihrer Einbeziehung (§ 305c Abs. 1 BGB) als auch ihrer Wirksamkeit (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) dafür Sorge zu tragen, dass der durchschnittliche VN erkennt, wie weit der bezweckte Umkehrschluss gezogen werden soll. Ob die hier in Rede stehende Darstellungsweise diesen Anforderungen gerecht wird, ist fraglich, soweit sich die Ausschlüsse nicht als Beispiel für eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung qualifizieren oder dem betrieblichen/beruflichen Bereich zuordnen lassen. Die Ein-
96 97
Vgl. BGH 3.11.2004 RuS 2005 57, 58 (zur Waffenklausel). Vgl. BGH 3.11.2004 RuS 2005 57, 58 (zur
Waffenklausel); Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 23.
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Haftpflichtversicherung
gangsformulierung „Insbesondere ist versichert …“ lässt Deckungsausschlüsse jedenfalls nicht vermuten und gibt dem VN auch keinen Grund, einen Umkehrschluss zu ziehen. An einer klärenden Überschrift, wie sie aus anderen Zweigen der Haftpflichtversicherung bekannt ist (z.B. Risikoabgrenzungen“, vgl. Ziff. 6 ProdHM) fehlt es. 66 Gleichwohl hat der BGH die Einkleidung von Risikoausschlüssen in eine positive Risikobeschreibung in der Privathaftpflichtversicherung bei der sog. Waffenklausel (Ziff. 1.6 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) als unbedenklich angesehen und lediglich festgestellt, bei der Auslegung sei in besonderem Maße zu beachten, „dass der durchschnittliche VN nicht damit zu rechnen braucht, dass sein Versicherungsschutz Lücken hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden“.98
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bb) Gesetzliche Haftpflicht als Familien- und Haushaltungsvorstand (Ziff. 1.1 MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Versichert sind insbesondere Ansprüche, die aus elterlicher Aufsichtspflichtverletzung nach § 832 BGB hergeleitet werden,99 soweit nicht die Ausschlüsse gem. Ziff. 7.4 und 7.5 AHB eingreifen.
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cc) Gesetzliche Haftpflicht als Dienstherr (Nr. 1.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Versichert ist insbesondere die gesetzliche Haftpflicht als Dienstherr der im Haushalt des VN tätigen Personen. Zu diesem Kreis zählen alle solche Personen, die zumindest als Verrichtungsgehilfen i.S.d. § 831 BGB anzusehen sind.100 Nicht erforderlich ist, dass ein Anstellungsverhältnis besteht. Insoweit finden hier die gleichen Grundsätze Anwendung, die für die Bestimmung des Dienstverhältnisses im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung gelten (§ 102 Rn. 19 ff.). Zur Mitversicherung der im Haushalt des VN beschäftigten Personen s. Ziff. 2.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht (Ziff. 27 AHB Rn. 56). dd) Gesetzliche Haftpflicht als Inhaber von Wohnungen und Häusern (Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht)
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(1) Wohnungs- und Hausrisiko. Versicherungsschutz besteht insbesondere für die gesetzliche Haftpflicht, die den VN trifft als Inhaber einer im Inland gelegenen und ausschließlich zu Wohnzwecken verwendeten (Ferien-)Wohnung (Ziff. 1.3 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) oder eines im Inland gelegenen und ebenfalls ausschließlich diesen Zwecken dienenden Einfamilienhauses (Ziff. 1.3 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) oder Wochenend-/Ferienhauses (Ziff. 1.3 (3) MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht)101. Die zugehörigen Garagen und Gärten sind mitversichert, ebenso ein Schrebergarten. Schrebergarten ist auch ein einzeln gelegener Kleingarten.102 Unter dem Begriff Inland ist das gesamte Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verstehen. 70 Für Wohnungen und (Einfamilien-)Häuser im Ausland ist der Versicherungsschutz somit ausgeschlossen. Dies ergibt sich auch aus Ziff. 7.9 AHB. Standardmäßig wird Versicherungsschutz für die vorübergehende Benutzung oder Anmietung (nicht den Eigentums-
98
99 100
BGH 3.11.2004 RuS 2005 57, 58 m.w.N; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 23. OLG Hamm 25.8.1989 RuS 1990 46. BGH 19.3.1952 VersR 1952 141 f.; Späte PrivH Rn. 41.
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Zum Begriff des Wochenendhauses s. OLG Hamm 30.5.1986 VersR 1987 194, 195 f. LG Bonn 22.12.1978 VersR 1979 570; Späte PrivH Rn. 21; Kuwert/Erdbrügger Rn. 3082.
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Versichertes Risiko
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erwerb) von im Ausland gelegenen Wohnungen und Häusern für einen vorübergehenden Auslandsaufenthalt von bis zu einem Jahr gewährt (Ziff. 5.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht findet keine Anwendung auf andere, nicht unter diese Aufzählung fallende Objekte. Für Risiken aus dem Besitz eines Pferdestalles besteht deshalb grundsätzlich Deckung, soweit nicht ein Ausschlusstatbestand eingreift, z.B. weil dieses Risiko dem beruflichen/betrieblichen Bereich zuzuordnen ist.103 Nicht erforderlich ist, dass der VN Eigentümer der Wohnung oder der Häuser ist. Der – juristisch nicht eindeutige – Begriff des Inhabers ist also nicht gleichbedeutend mit dem des Eigentümers, sondern geht darüber hinaus. Auch der kraft eines Schuldverhältnisses berechtigte Besitzer (z.B. Mieter oder Pächter) ist als Inhaber anzusehen.104 Insoweit ist unmittelbarer Besitz für die Inhaberschaft nicht erforderlich; mittelbarer Besitz genügt. Der VN ist selbst dann noch als Inhaber i.S.v. Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht anzusehen, wenn er seine Wohnung oder sein Haus nicht selbst zu Wohnzwecken nutzt.105 Es genügt, Verwandte oder Bekannte darin wohnen zu lassen.106 Voraussetzung für die Deckung ist, dass die Wohnungen und Häuser vom VN ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet werden. Bei dem Begriff „zu Wohnzwecken“ handelt es sich nicht um einen eindeutig festgelegten Begriff der Rechtssprache, so dass für die Auslegung die Verkehrsanschauung das Maß gibt, die sich wiederum am allgemeinen Sprachgebrauch und am allgemeinen Sprachverständnis orientiert. Kein ausschließlich zu Wohnzwecken dienender Gebrauch liegt vor in Mischnutzungsfällen, z.B. wenn der privathaftpflichtversicherte VN in seinem Einfamilienhaus auch einen Betrieb unterhält oder ein Architektenbüro betreibt.107 Dagegen wird die Nutzung zu Wohnzwecken nicht dadurch berührt, dass einzelne Räume für bestimmte Freizeitaktivitäten (z.B. als Musikzimmer) oder als häusliches Arbeitszimmer genutzt werden. Zu weit geht die Ansicht Lückes, der die ausschließliche Nutzung zu Wohnzwecken durch eine gewerbliche oder berufliche Nutzung als nicht berührt ansieht, „soweit das Gewerbe oder der Beruf nicht üblicherweise in der Wohnung ausgeübt werden und keine den Wohncharakter stark beeinträchtigende Einrichtung erfordern (Schriftsteller, Musiklehrer, Hausschneiderin, Heimarbeiter)“. Eine sachgerechte Eingrenzung des Erfordernisses der ausschließlichen Nutzung zu Wohnzwecken wird dadurch bewirkt, dass sich im Versicherungsfall ein mit der wohnzweckfremden Nutzung verbundenes spezifisches Risiko verwirklicht haben muss. Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn die Wohnungen und Häuser im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls tatsächlich allein zu Wohnzwecken benutzt wurden. Deckung besteht somit auch für Wohnungen und Häuser, die der VN für gewerbliche Zwecke gemietet oder erworben hat, (mittlerweile) tatsächlich aber für Wohnzwecke gebraucht. Keine Deckung besteht dagegen, wenn der Inhaber die Absicht aufgegeben hat, die Wohnungen und Häuser zu Wohnzwecken zu nutzen. Nach Ziff. 1.3 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht sind bei Sondereigentum auch Haftpflichtansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wegen
103 104 105
Vgl. OLG Hamm 18.10.1989 VersR 1990 775, 776. Vgl. OLG Düsseldorf 28.10.1997 VersR 1998 966; Späte PrivH Rn. 20. Vgl. OLG Düsseldorf 28.10.1997 VersR 1998 966; OLG Karlsruhe 8.5.1996 VersR 1997 100, 101 = RuS 1996 346, 347.
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OLG Düsseldorf 28.10.1997 VersR 1998 966, 967; OLG Karlsruhe 8.5.1996 VersR 1997 100, 101 = RuS 1996 346, 347. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 27.
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Beschädigung des Gemeinschaftseigentums gegen den VN versichert. Ausgenommen ist jedoch der Miteigentumsanteil des VN an dem gemeinschaftlichen Eigentum (kein Fremd-, sondern Eigenschaden).108 75 Für die Abgrenzung, ob ein Ein- oder Mehrfamilienhaus vorliegt, kommt es allein auf die Bauweise an. Charakteristisch für ein Mehrfamilienhaus sind mehrere, jeweils für sich abgeschlossene Wohnungen mit gesonderter Wohnungstür. Wird ein Anwesen zum Bewohnen durch die Familie errichtet und als Einfamilienhaus konzipiert, verliert es durch die spätere Vermietung einzelner Bereiche seinen Charakter nicht.109 Gleiches gilt, wenn das Einfamilienhaus eine abgeschlossene „Einliegerwohnung“ hat, in der mitversicherte Familienangehörige leben.110 76 Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, die den VN als Wohnungs- oder Hausinhaber treffen. Beispielhaft führt Ziff. 1.3, 1. Spiegelstrich Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht die Pflicht zur baulichen Instandhaltung, Beleuchtung, Reinigung sowie zum Streuen und Schneeräumen auf Gehwegen auf.
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(2) Vermieterhaftpflichtrisiko. Beschränkungen bestehen hinsichtlich des Risikos des Inhabers einer (Ferien-)Wohnung, Einfamilienhauses oder Wochenend-/Ferienhauses aus der (Unter-/Weiter-)Vermietung zu Wohnzwecken. Betroffen sind sowohl Schäden, die der Mieter in den gemieteten Räumen erleidet, als auch Schadensfälle im Hauseingang oder auf dem Gehweg vor dem Haus.111 Für dieses Risiko besteht Versicherungsschutz nach Maßgabe des Hauptvertrages, soweit der VN nicht mehr als drei einzelne Räume seiner Wohnung oder seines Hauses (unter-/weiter-)vermietet. Werden mehr Räume (unter-/weiter-)vermietet, dürfte bereits eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen, für die an sich kein Versicherungsschutz – auch nicht über die Vorsorgeversicherung (vgl. Ziff. 4 AHB Rn. 3) – besteht. Jedoch erklärt Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht für diesen Fall ausdrücklich, dass die Vorsorgeversicherung eingreift, und zwar insgesamt, d.h. auch für die ersten drei vermieteten Räume. Deckungsunschädlich ist, wenn der Mieter abredewidrig eine „zu Wohnzwecken vermietete“ Wohnung tatsächlich zu anderen Zwecken nutzt. 78 Bei der Vermietung einer ganzen (Einlieger-)Wohnung besteht dagegen kein Versicherungsschutz112, mag es sich dabei auch nur um eine Einzimmerwohnung handeln. Nicht versichert ist zudem die Haftpflicht aus der Vermietung von Räumen zu gewerblichen Zwecken und Garagen.113 Eine Mitversicherung über die Vorsorgeversicherung käme nur aufgrund ausdrücklicher Anordnung in Betracht, an der es jedoch fehlt. 79 Zu beachten ist, dass durch die (Unter-/Weiter-)Vermietung von Wohnungen oder mehr als drei Räumen nur die Mitversicherung des Vermieterhaftpflichtrisikos berührt wird.114 Das Risiko, wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht haftpflichtig zu werden, bleibt versichert, z.B. wenn ein Passant durch einen herabfallenden Dachziegel
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Vgl. auch Späte PrivH Rn. 20. OLG Frankfurt 8.5.1996 RuS 1996 346, 347. Vgl. Späte PrivH Rn. 21; Kuwert/Erdbrügger Rn. 3084. OLG Karlsruhe 8.5.1996 VersR 1997 100, 101 = RuS 1996 346, 347; Heimbücher VW 1978 994, 995. OLG Frankfurt/M. 10.2.2012 RuS 2013
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171; Vgl. LG Wiesbaden 15.7.2011 BeckRS 2012 15470; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 30; Späte PrivH Rn. 21; Kuwert/Erdbrügger Rn. 3085. Vgl. OLG Frankfurt/M. 10.2.2012 RuS 2013 171. OLG Frankfurt 8.5.1996 RuS 1996 346, 347; Späte PrivH Rn. 21; Heimbücher VW 1978 994, 995.
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Versichertes Risiko
AHB 2012 Ziff. 3
verletzt wird.115 Nach zutreffender Ansicht des OLG Düsseldorf greift der Ausschluss der Haftpflicht aus der Vermietung von Wohnungen nicht ein bei unentgeltlicher Überlassung zu Wohnzwecken.116 (3) Bauherrenrisiko. Versicherungsschutz besteht auch für das Risiko des Wohnungs-/ 80 Hausinhabers, als Bauherr oder Unternehmer von Bauarbeiten in Anspruch genommen zu werden (z.B. wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten und Unterlassung von Sicherungsvorkehrungen im Zusammenhang mit der Bautätigkeit), sofern die Bausumme 50.000 € („je Bauvorhaben“) nicht überschreitet (sog. Bauherrenklausel). Der Begriff „Bauarbeiten“ umfasst – wie durch den Klammerzusatz klargestellt wird – Neubauten, Umbauten, Reparaturen, Abbruch- und Grabearbeiten. Auch für – sich länger hinziehende – Renovierungsarbeiten besteht somit Versicherungsschutz.117 Bauherr ist derjenige, der in seiner Eigenschaft als Wohnungs-/Hausinhaber in eigener 81 Regie Bauarbeiten vornimmt oder vornehmen lässt.118 Die Haftpflichtfälle müssen sich während der Bauphase ereignet haben.119 Sie dürfen nicht auf Sicherheitsrisiken beruhen, die sich erst nach Abschluss der Bauarbeiten als Folge verbliebener Baumängel verwirklicht haben.120 Für solche Haftpflichtfälle haftet der Inhaber nicht mehr als Bauherr, sondern als Haus-/Wohnungseigentümer, sodass Versicherungsschutz im Rahmen des zuvor beschriebenen Haus- und Wohnungsrisikos besteht (Rn. 69 ff.).121 Die Begrenzung auf „50 000 € je Bauvorhaben“ ist nach der Gesamtplanung vorzu- 82 nehmen.122 Maßgeblich für die Berechnung sind grundsätzlich die dem VN tatsächlich entstehenden Kosten.123 Soweit er Arbeiten in Eigenleistung erbringt, für die kein Geldbetrag aufgewendet werden muss, sind zunächst die (fiktiven) ortsüblichen Kosten zu ermitteln, die der VN bei Beauftragung eines Dritten gezahlt hätte.124 Von den so ermittelten Kosten ist ein Abschlag zu machen ist, weil Eigenleistungen des Bauherrn in jedem Fall kostengünstiger, zudem umsatzsteuerfrei wären.125 Übersteigen die Kosten diese Grenze, besteht Versicherungsschutz kraft ausdrücklicher Anordnung nur nach Maßgabe der Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB). (4) Grundstücksbesitzerrisiko/Insolvenzverwalterhaftpflicht. Mitversichert ist insbe- 83 sondere die Haftpflicht des VN als früherer Besitzer aus § 836 Abs. 2 BGB, wenn die Versicherung bis zum Besitzwechsel bestanden hat. Nach dieser Vorschrift haftet der frühere Besitzer des Grundstücks für einen Schaden, wenn der Einsturz oder die Ab-
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OLG Karlsruhe 8.5.1996 VersR 1997 100, 101 = RuS 1996 346, 347; Prölss/Martin/ Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 27; zur Abgrenzung zur Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung s. OLG Hamm 25.1.2012 NJW-RR 2012 1056. Vgl. OLG Düsseldorf 28.10.1997 VersR 1998 966, 967. Vgl. auch OLG Düsseldorf 17.6.2008 BeckRS 2009 23757. Vgl. OLG Düsseldorf 17.6.2008 BeckRS 2009 23757; OLG Karlsruhe 28.4.2005 VersR 2006 353, 354; Späte PrivH Rn. 25. Vgl. auch ÖOGH 3.5.1979 VersR 1981 266. OLG Karlsruhe 28.4.2005 VersR 2006 353, 354.
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OLG Karlsruhe 28.4.2005 VersR 2006 353, 354; OLG Hamm 12.5.1982 VersR 1983 257. OLG Düsseldorf 17.6.2008 BeckRS 2009 23757; AG Saarbrücken 17.12.1985 VersR 1986 754; ÖOGH 29.09.1988 VersR 1989 826. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 34. Vgl. auch OLG Düsseldorf 17.6.2008 BeckRS 2009 23757; vgl. auch OLG Bamberg 21.2.2013 NZBau 2013 382, 383. Offengelassen von OLG Bamberg 21.3.2013 NZBau 2013 382, 383.
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Haftpflichtversicherung
lösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, dass er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können. Mitversichert ist schließlich auch die gesetzliche Haftpflicht des Insolvenzverwalters in dieser Eigenschaft (§ 60 Inso). Insoweit wird der Anwendungsbereich der Privathaftpflichtversicherung – abweichend von Ziff. 1 S. 1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht – auf die Gefahren eines Berufes ausgedehnt. ee) Radfahrer (Ziff. 1.4 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) Schrifttum Heimbücher Das Fahrrad im Blickfeld der Assekuranz VW 2007, 1299; Stockmeier Die kleine Benzinklausel, VersR 2013 823.
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Versichert ist insbesondere die gesetzliche Haftpflicht des VN als Radfahrer. Hierunter ist aus der Sicht des durchschnittlichen VN der Fahrradfahrer i.S.v. § 2 Ziff. 4 StVO zu verstehen, nicht der Motor-/Kraftradfahrer.126 Ein Fahrrad i.S.d. StVO ist „jedes Fahrzeug mit wenigstens zwei Rädern, das ausschließlich durch die Muskelkraft auf ihm befindlicher Personen, insbesondere mit Hilfe von Pedalen oder Handkurbeln, angetrieben wird“; hierzu zählen auch Liegefahrräder 127 und sog. „Bierbikes“ (vierrädriges Partyfahrzeug mit einer Rundumtheke).128 Die beispielhafte Nennung des Radfahrers bedeutet nicht, dass die gesetzliche Haftpflicht des VN als Fahrer von Fahrzeugen, die nicht als Fahrrad zu qualifizieren sind, ausgeschlossen ist. Die gesetzliche Haftpflicht des VN als Fahrer von Elektroscooter (rollerähnliche Fahrzeuge, meist fahrradähnlicher Sattel, zwei Räder mit geringem Durchmesser, batteriebetriebener Elektromotor, Höchstgeschwindigkeit bis 20 km/h), zweirädrigen Segways (Human/Personal Transporter, elektronische Mobilitätshilfe), Höchstgeschwindigkeit bis 20 km/h), Mofas und Fahrrädern mit Hilfsmotor/Trethilfe ist deshalb versichert, soweit diese nicht bereits als Kfz zu qualifizieren sind und deshalb von der Benzinklausel gem. Ziff. 3.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht (sog. „kleine Benzinklausel“) erfasst werden.129 Die Benzinklausel schließt die Deckung der gesetzlichen Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kfz wegen Schäden aus, die durch den Gebrauch des Kfz verursacht werden. Als Kfz i.S.v. § 1 Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 und 2 FZV gelten Landfahrzeuge, die durch 85 Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. Hierzu zählen auch Krafträder (§ 2 Nr. 9 FZV), Leichtkrafträder (§ 2 Nr. 10 FZV), Kleinkrafträder (§ 2 Nr. 11 FZV), vierrädrige Leicht-Kfz (§ 2 Nr. 12 FZV), motorisierte Krankenfahrstühle (§ 2 Nr. 13 FZV) und wohl auch Segways.130 Dagegen fallen nach § 1 Abs. 3 S. 1 StVG nicht unter den Kfz-Begriff „Landfahrzeuge, die durch Muskelkraft fortbewegt werden und mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und 1. beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h oder früher, 2. wenn der Fahrer im Treten einhält, unterbrochen wird“. 126 127 128
Vgl. auch Späte PrivH Rn. 26. BVerwG 31.5.2001 NZV 2001 493, 494; VGH BW 17.7.2000 VM 2001 16. Zu Einzelheiten s. Stockmeier VersR 2013 823, 826.
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Zu Einzelheiten s. Stockmeier VersR 2013 823, 826. Stockmeier VersR 2013 823, 826.
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Versichertes Risiko
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Dies gilt gem. § 1 Abs. 3 S. 2 StVG auch dann, soweit diese Fahrzeuge zusätzlich über eine elektromotorische Anfahr- oder Schiebehilfe verfügen, die eine Beschleunigung des Fahrzeuges auf eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h, auch ohne gleichzeitiges Treten des Fahrers, ermöglicht. Ausdrücklich bestimmt § 1 Abs. 3 S. 3 StVG, dass für Fahrzeuge i.S.d. Sätze 1 und 2 die Vorschriften über Fahrräder anzuwenden sind. Folglich sind Fahrräder mit Trethilfe wie Fahrräder i.S.v. Ziff. 1.4 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht zu behandeln. ff) Sportrisiko (Ziff. 1.5 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Versichert 86 ist insbesondere die gesetzliche Haftpflicht des VN aus der Ausübung von Sport, ausgenommen ist eine jagdliche Betätigung und die Teilnahme an Pferde-, Rad- oder KfzRennen sowie die Vorbereitung hierzu (Training). Nach der Verkehrsanschauung liegt ein Rennen nur vor, wenn es im Rahmen einer organisierten Veranstaltung stattfindet131 und eine Platzierung der Teilnehmer erfolgt132. Neben dem VN muss somit noch mindestens eine weitere Person an dem Wettkampf teilnehmen. Nicht organisierte, sog. „wilde“ Rennen, die zwei oder mehrere Personen spontan durchführen, stellen kein Rennen i.S.v. Ziff. 1.5 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht dar (z.B. private Rennen zwischen ehrgeizigen Reitern, Rad- oder Autofahrern, die ausprobieren wollen, wer von ihnen schneller Rad/Auto fährt oder ein schnelleres Pferd reitet).133 Nach Sinn und Zweck der Klausel geht es allerdings nicht nur um die Fernhaltung 87 der Gefahr, die sich aus der hohen Geschwindigkeit als solcher ergibt,134 sondern auch um die Fernhaltung spezifischer Risiken, die sich aus der Teilnahme an einem Rennen (z.B. erhöhte physische und psychische Belastung für den Fahrer/Reiter) und dem Austesten von Grenzbereichen sowohl hinsichtlich der Person des Fahrers/Reiters als auch hinsichtlich der Eigenschaften des Fahrrads/Kfz oder des Pferdes ergeben. Es geht also in erster Linie um die Gefahren, die aus dem Streben des VN nach einem Höchstmaß an Geschwindigkeit resultieren. Reine Geschicklichkeitswettbewerbe, wie z.B. Dressurreiten, fallen somit nicht unter den Ausschluss.135 Weder Dressur- noch Springreitwettbewerbe werden nach allgemeinem Sprachgebrauch und -verständnis als Pferderennen angesehen, mag es auch beim Springreiten im Stechen um die Schnelligkeit gehen. Nach herrschender Ansicht gilt der Ausschluss für Veranstaltungen, bei denen sowohl 88 Geschwindigkeit als auch andere Leistungen gewertet werden, nur für den Teil, der auf Geschwindigkeit angelegt ist.136 Dieser Ansicht ist grundsätzlich zu folgen. Sie setzt allerdings voraus, dass zwischen den Wettbewerbsteilen/-phasen getrennt werden kann. So liegt der Fall bei Sportarten, die sich aus mehreren Disziplinen zusammensetzen, wie z.B. Triathlon. Hier ist nur die Haftpflicht ausgeschlossen, die aus dem (Fahrrad-)Rennen resultiert. Beim Vielseitigkeitsreiten sind nur die Risiken aus dem Geländeritt ausge-
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Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff.1 BesBed PrivH Rn. 37. Vgl. OLG Köln 21.11.2006 RuS 2007 12, 13 zu AKB. Vgl. Littbarski AHB § 4 Rn. 68; Prölss/Martin/Lücke BesBed PrivH Ziff. 1 Rn. 37; Kuwert/Erdbrügger Rn. 3090. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 37; OLG Celle 9.10.2003 VersR 2005 1066, 1067; OLG Köln 21.11.2006
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RuS 2007 12, 13 zu § 2 Abs. 1 Satz 5 AUB 94. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 37; OLG Celle 9.10.2003 VersR 2005 1066, 1067; OLG Köln 21.11.2006 RuS 2007 12 zu § 2 Abs. 1 Satz 5 AKB a.F. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 37; Littbarski AHB § 4 Rn. 71; Kuwert AHB Rn. 4027.
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schlossen. Ist eine Trennung zwischen den Wettbewerbsteilen/-phasen nicht möglich sein, kommt es darauf an, ob es bei dem Wettkampf vornehmlich auf Schnelligkeit oder Geschicklichkeit ankommt. Unter Teilnahme ist nur die aktive Beteiligung zu verstehen.137 Diese ist im Falle von Beifahrern und Schrittmachern bei Radrennen gegeben, nicht hingegen bei Schiedsrichtern138, Veranstaltern, Aufsichtspersonen oder gar Zuschauern.139 Ist die Haftung der Aufsichtspflichtigen für eine Handlung eines Teilnehmers gegeben, z.B. nach § 832 BGB, oder der Aufsichtspflichtige zu Unrecht in Anspruch genommen wird, besteht ebenfalls Versicherungsschutz. Soweit der Ausschluss auch für das Training zu den genannten Sportarten gilt, ist zu verlangen, dass das Training selbst Wettkampfcharakter hat. Es muss also organisiert und auf die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten ausgerichtet sein.140 Reines Konditionstraining fällt nicht unter den Ausschluss. Weitere Voraussetzung ist, dass mindestens eine weitere Person an dem Training teilnimmt. Einzelfahrten/-ritte werden deshalb ebenfalls nicht von dem Ausschluss erfasst.141 Der Formulierung „sowie die Vorbereitung hierzu (Training)“ ist nicht dahingehend zu verstehen, dass sich das Training unmittelbar auf ein konkretes Rennen beziehen muss.142 Hinsichtlich des Ausschlusses von Pferderennen ist zu beachten, dass das bloße Halten von Pferden nach Ziff. 1.7 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht nicht versichert ist. Das hieraus resultierende Haftpflichtrisiko kann nur durch die Tierhalterhaftpflichtversicherung abgedeckt werden (Rn. 106 ff.). Für Kfz-Rennen besteht auch deshalb keine Deckung, weil – wie zuvor bereits bemerkt (Rn. 84) – nach Ziff. 3.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht die gesetzliche Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kfz wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Kfz verursacht werden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist. Ausgenommen bleiben ferner die Risiken aus jagdlicher Betätigung.143 gg) Waffenklausel (Ziff. 1.6 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) Schrifttum Pardey Die Waffenklausel in der Privat- und Jagdhaftpflichtversicherung VersR 1989 681.
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(1) Auslegung. Versichert ist insbesondere die gesetzliche Haftpflicht des VN aus dem erlaubten privaten Besitz und aus dem Gebrauch von Hieb-, Stoß- und Schusswaffen sowie Munition und Geschossen, nicht jedoch zu Jagdzwecken oder zu strafbaren Handlungen. Nach Ansicht des BGH beschreibt die sog. „Waffenklausel“ positiv, für welche Formen des Umgangs mit Waffen, Munition und Geschossen Deckung besteht. Andererseits bringe die Klausel zugleich negativ – im Umkehrschluss – zum Ausdruck, was insoweit – d.h. im Hinblick auf die Formen des Umgangs – nicht vom Versiche-
137 138 139 140 141
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 38; Littbarski AHB § 4 Rn. 65. A.A. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 38; Littbarski AHB § 4 Rn. 65. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 38; Littbarski AHB § 4 Rn. 66. Vgl. OLG Köln 21.11.2006 VersR 2007 683, 684 zu § 2b AKB. A.A. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. G
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169; Littbarski AHB § 4 Rn. 70; wohl auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 39. A.A. zu A.2.16.2 AKB 2008 („Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten“): Stiefel/ Maier/Halbach AKB 2.16 Rn. 60. Zur Versicherung der Jagdhaftpflicht s. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 50 ff.
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rungsschutz umfasst sei.144 Die Klausel kann somit wie folgt gelesen werden: Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des VN aus dem unerlaubten privaten Besitz und aus dem Gebrauch von Hieb-, Stoß- und Schusswaffen sowie Munition und Geschossen zu Jagdzwecken oder zu strafbaren Handlungen. (2) Begrifflichkeiten. Die von der Klausel verwendeten Begriffe nehmen erkennbar 94 auf das (öffentlich-rechtliche) Waffenrecht Bezug. Deshalb ist zur Auslegung auf die Begriffsbestimmungen des Bundeswaffengesetzes zurückzugreifen, wobei nach Ansicht der Rechtsprechung die jeweils (im Zeitpunkt des Versicherungsfalles) geltende Fassung zu Grunde zu legen ist.145 Ein Teil der Rechtsprechung, die auf der Basis des Waffengesetzes i.d.F. vor dem 1.4.2003 ergangen ist, und der daran anknüpfenden Kommentierungen146 ist somit Makulatur. Nach dieser Rechtsprechung fallen unter den Begriff der Schusswaffen Druckluftwaf- 95 fen, die als Kinderspielzeug dienen,147 sowie Vorderladerbüchsen,148 nicht hingegen Gasund Schreckschusspistolen,149 Feuerwerkskörper 150 oder Seenotraketen.151 In der aktuellen Fassung des Waffengesetzes zählen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 und 4 WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1, 2 zu den Schusswaffen („Arten von Schusswaffen“) nicht nur Feuerwaffen (Nr. 2.1), automatische Schusswaffen (Nr. 2.2), Repetierwaffen (Nr. 2.3), Einzelladerwaffen (Nr. 2.4) und Langwaffen (Nr. 2.5), sondern eben auch Schreckschusswaffen (Nr. 2.6), Reizstoffwaffen (Nr. 2.7), Signalwaffen (Nr. 2.8) sowie Druckluft- und Federdruckwaffen und Waffen, bei denen zum Antrieb der Geschosse kalte Treibgase verwendet werden (z.B. Druckgaswaffen)(Nr. 2.9). SoftAir-Spielzeugwaffen mit einer Bewegungsenergie der Geschosse von weniger als 0,08 Joule sind hingegen nicht als Waffen anzusehen.152 Munition ist nach der gesetzlichen Definition des § 1 Abs. 4 WaffG i.V.m. Anlage 1 96 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 zum Verschießen aus Schusswaffen bestimmte Patronenmunition (Hülsen mit Ladungen, die ein Geschoss enthalten, und Geschosse mit Eigenantrieb) (Nr. 1.1), Kartuschenmunition (Hülsen mit Ladungen, die ein Geschoss nicht enthalten) (Nr. 1.2), hülsenlose Munition (Ladung mit oder ohne Geschoss, wobei die Ladung eine den Innenabmessungen einer Schusswaffe oder eines Gegenstandes nach Unterabschnitt 1 Nr. 1.2 angepasste Form hat)(Nr. 1.3), pyrotechnische Munition (Nr. 1.4). Ladungen sind die Hauptenergieträger, die in loser Schüttung in Munition oder als vorgefertigte Ladung oder in loser Form in Waffen nach Unterabschnitt 1 Nr. 1.1 eingegeben werden und zum Antrieb von Geschossen oder Wirkstoffen oder zur Erzeugung von Schall- oder Lichtimpulsen bestimmt sind, sowie Anzündsätze, die direkt zum Antrieb von Geschossen dienen (Nr. 2).
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BGH 3.11.2004 RuS 2005 57, 58; vgl. auch OLG Frankfurt 29.9.1995 RuS 1997 189, 190. Vgl. BGH 3.11.2004 RuS 2005 57, 58 = VersR 2005 69, 70; BGH 22.2.1978 VersR 1978 409; vgl. auch LG Saarbrücken 6.8.1983 RuS 1985 4, 5. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 41 ff. BGH 24.6.1963 VersR 1963 766, 767; BGH 10.3.1966 VersR 1966 674; OLG Celle 9.5.1986 zfs 1986 281.
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LG Köln 12.5.1980 VersR 1980 1162. BGH 22.2.1978 VersR 1978 409 f.; OLG Frankfurt 28.1.1987 zfs 1987 153; OLG Hamm 22.5.1991 VersR 1992 86, 87; AG Rahden 9.12.1988 VersR 1989 582. Ebenso wenig Signalraketen: OLG Hamm 12.7.1989 RuS 1989 283. OLG Hamm 3.11.1989 VersR 1991 217, 218. MüKo-StGB/Heinrich § 2 WaffG Rn. 37; vgl. VG Hannover 15.3.2007 BeckRS 2007 23191 zum WaffG a.F.: 0,5 Joule.
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Geschosse sind nach § 1 Abs. 4 WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 für Schusswaffen bestimmte feste Körper (Nr. 3.1) und gasförmige, flüssige oder feste Stoffe in Umhüllungen (Nr. 3.2). 98 Hieb- und Stoßwaffen sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen von Menschen herbeizuführen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 a) WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1). Hierzu zählen u.a. Dolche, Degen, Säbel, Totschläger,153 nicht aber Taschenmesser, ein gewöhnliches Fahrtenmesser oder Äxte und Beile154. Für Ansprüche wegen Verletzungen, die aus dem Gebrauch der letztgenannten Gegenstände resultieren, besteht Deckung, soweit nicht ein Ausschlusstatbestand eingreift. (3) Versicherte Gefahren
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(a) Erlaubter privater Besitz. Versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des VN „aus dem erlaubten privaten Besitz“ einerseits und „aus dem Gebrauch von Waffen“ andererseits. Keine Voraussetzung für die Deckung ist somit, dass die Haftpflichtansprüche resultieren „aus dem erlaubten privaten Besitz und dem anschließenden Gebrauch“155. Deshalb muss nur der Waffenbesitz erlaubt sein, damit Deckungsschutz gewährt wird. Der Waffengebrauch hingegen kann auch unerlaubt sein.156 100 Haftpflichtrisiken aus dem Besitz einer Waffe können sich daraus ergeben, dass der VN die Waffe nicht ordnungsgemäß aufbewahrt (§ 36 WaffG).157 Deckung besteht auch bei erlaubtem Besitz, wenn der VN wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht nach § 832 BGB in Anspruch genommen wird.158 Bei unerlaubtem Besitz besteht Versicherungsschutz dagegen weder hinsichtlich des § 832 BGB159 noch beim Gebrauch der Waffe durch Dritte160. Etwas anderes gilt dann, wenn der Minderjährige die Waffe von einem Dritten erhalten hat, da nur der unerlaubte Besitz des VN selbst von der Haftpflichtversicherung ausgeschlossen ist.161 101 Erlaubt ist der Besitz, wenn er nach dem Waffengesetz zulässig ist. Unerlaubt ist er, wenn er nach dem Waffengesetz verboten ist (vgl. hierzu § 2 WaffG).162 Abzulehnen ist das Urteil des OLG Celle vom 26.3.1976 163, wonach der Besitz auch dann unerlaubt sein soll, wenn er „privatrechtlich unzulässig, durch verbotene Eigenmacht erworben“ ist (gestohlene Rauch- und Leuchtgaspatronen).164
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Späte PrivH Rn. 28. MüKo-StGB/Heinrich § 1 WaffG Rn. 100. OLG Frankfurt 29.9.1995 RuS 1997 189, 190 (Hervorhebung im Original); ebenso OLG Hamm 22.5.1991 VersR 1992 86, 87; OLG Hamm 1.7.1988 VersR 1989 581; OLG Koblenz 6.2.1987 zfs 1987 375, 376. OLG Hamm 22.5.1991 VersR 1992 86, 87; OLG Hamm 1.7.1988 VersR 1989 581; OLG Koblenz 6.2.1987 zfs 1987 375, 376; LG Bremen 25.7.1996 zfs 1997 143; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 48; Späte PrivH Rn. 29; Kuwert/Erdbrügger Rn. 3094; ausdrücklich offenlassend BGH 28.11.1990 RuS 1991 224, 225 = VersR 1991 172, 173.
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158 159 160 161
162 163 164
Vgl. BGH 28.11.1990 RuS 1991 224, 225 = VersR 1991 172, 173; BGH 12.6.1990 RuS 1990 371, 372. Vgl. LG Saarbrücken 6.8.1983 RuS 1985 4, 5. OLG Celle 26.3.1976 VersR 1976 746, 747. LG Verden 25.11.1987 VersR 1989 282, 283. BGH 10.3.1966 VersR 1966 674; vgl. auch LG Koblenz 20.3.1986 zfs 1986 154; Prölss/ Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 43. BGH 28.11.1990 RuS 1991 224, 225 = VersR 1991 172, 173. OLG Celle 26.3.1976 VersR 1976 746, 747. Ebenso Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 44.
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Versichertes Risiko
AHB 2012 Ziff. 3
Da für gesetzliche Haftpflichtansprüche, die an den erlaubten Waffenbesitz anknüp- 102 fen, auch in der Jagdhaftpflichtversicherung (Pflichtversicherung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 4 BJagdG, §§ 113 ff. VVG)165 Deckung besteht, liegt eine Mehrfachversicherung (§ 78 VVG) vor, wenn ein privathaftpflichtversicherter Jäger als Besitzer auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.166 Hat der VN die Jagdhaftpflicht- und Privathaftpflichtversicherung bei demselben VR abgeschlossen hat, ist § 78 VVG entsprechend anzuwenden.167 Der Besitz muss privat sein, d.h. er darf nicht gewerblichen oder beruflichen Zwecken 103 dienen. Dies folgt bereits aus Ziff. 1 S. 1 Muster-Bedingungsstruktur IX. Insoweit besteht auch keine Deckung für den Gebrauch zur Abwehr von Gefahren für den Betrieb oder aus der Berufsausübung. So liegt der Fall, wenn ein beim VN angestellter Bäckermeister anlässlich der Jagd auf Ratten auf dem Betriebsgrundstück der Bäckerei einen anderen durch einen Schrotschuss verletzt,168 oder der Taxifahrer bei der Kontrolle der Entladung einer Schusswaffe fahrlässig einen Sachschaden herbeiführt169. (b) Gebrauch von Waffen und Munition. Der Gebrauch von Waffen und Munition 104 ist von der Deckung ausgenommen, wenn er „zu Jagdzwecken“ oder zur Begehung „strafbarer Handlungen“ erfolgt. Die Formulierungen „zu Jagdzwecken“ und „zu strafbaren Handlungen“ beziehen sich auf den Gebrauch, nicht auf den Besitz.170 Der Gebrauch einer Schusswaffe „zu strafbaren Handlungen“ setzt voraus, dass der VN die Waffe bewusst und gewollt als Mittel zum Zweck der Straftat, also vorsätzlich benutzt. Bedingter Vorsatz genügt insoweit nicht. Will der VN nur schießen, nicht aber verletzen, so fehlt es an einer strafbaren Handlung i.S.v. Ziff. 1.6 Muster-Bedingungsstruktur IX.171 Ob dabei (auch) gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen wird, ist irrelevant.172 Ist die Waffe im Rahmen einer Notwehrhandlung (§ 32 StGB) gebraucht worden oder 105 liegen die Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB, §§ 228, 904 BGB) vor, besteht Deckung. Soweit der VN sich nur wegen fahrlässigen Fehlgebrauchs strafbar gemacht hat (z.B. nach § 230 StGB), besteht ebenfalls Versicherungsschutz.173 Schließlich besteht Versicherungsschutz auch bei fahrlässigem Notwehrexzess oder Putativnotwehr.174 Ordnungswidrigkeiten stellen keine strafbaren Handlungen dar.175 hh) Haustierhaltung/-hütung (Ziff. 1.7 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaft- 106 pflicht). Insbesondere ist versichert die gesetzliche Haftpflicht des VN als Halter oder Hüter von zahmen Haustieren, gezähmten Kleintieren und Bienen, nicht jedoch von
165 166
167 168 169
170
Zur Jagdhaftpflichtversicherung s. Prölss/ Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 50 ff. Vgl. BGH 28.11.1990 RuS 1991 224, 225 = VersR 1991 172, 173 zu § 59 a.F.; OLG Frankfurt 29.9.1995 RuS 1997 189, 190, 191; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 47; Pardey VersR 1989 1238 ff. BGH 28.11.1990 RuS 1991 224, 225 = VersR 1991 172, 173 zu § 59 a.F. OLG Hamm 11.1.1995 RuS 1975 245. LG Nürnberg-Fürth 21.6.1974 VersR 1975 630; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 43. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 47.
171 172 173
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OLG Koblenz 6.2.1987 zfs 1987 375, 376; Späte PrivH Rn. 30. Späte PrivH Rn. 30; krit. Pardey VersR 1989 1238, 1241. OLG Hamm 22.5.1991 VersR 1992 86, 87; OLG Hamm 1.7.1988 VersR 1989 581; a.A. offenbar LG Köln 12.5.1980 VersR 1980 1162. BGH 22.9.1971 VersR 1972 39 ff.; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 49; Späte PrivH Rn. 30; Kuwert/Erdbrügger Rn. 3100. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 49; Curtze VW 1988 977.
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AHB 2012 Ziff. 3
Haftpflichtversicherung
Hunden, Rindern, Pferden, sonstigen Reit- und Zugtieren, wilden Tieren sowie von Tieren, die zu gewerblichen oder landwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden. Auch hier handelt es sich um einen in Form einer positiven Risikobeschreibung verpackten Ausschluss, der auch wie folgt gelesen werden kann: Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des VN als Halter oder Hüter von Hunden, Rindern, Pferden, sonstigen Reit- und Zugtieren, wilden Tieren sowie von Tieren, die zu gewerblichen oder landwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden. Der Zweck der Klausel besteht darin, das mit dem Halten und Hüten von Tieren verbundene erhöhte Haftungsrisiko von dem einer „Privatperson“ aus den „Gefahren des täglichen Lebens“ drohenden Haftungsrisiko abzugrenzen.176 Zu beachten ist, dass Ziff. 1.8 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht die Haftpflicht des VN als nicht gewerbsmäßigem Hüter fremder Hunde oder Pferde, als Reiter bei der Benutzung fremder Pferde und als Fahrer bei der Benutzung fremder Fuhrwerke zu privaten Zwecken teilweise wiedereinschließt (Rn. 118 ff.). (1) Tierhalterhaftung. Die Haustierhalter/-hüterklausel ist nicht tatbestandsbezogen, sondern eigenschaftsbezogen zu verstehen.177 Ausgeschlossen sind deshalb nicht nur Ansprüche aus § 833 BGB, sondern auch solche aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen – in erster Linie § 823 BGB –, denen sich der VN gerade in seiner Eigenschaft als Tierhalter ausgesetzt sieht.178 Selbst wenn die Klausel nicht i.d.S. auszulegen ist, dass alleine den Tatbestand des 108 § 833 BGB erfüllende Schadensfälle von der Deckung ausgenommen sind, kann jedenfalls zur Bestimmung der Eigenschaft als Tierhalter auf die Auslegung zu § 833 BGB zurückgegriffen werden. Tierhalter ist danach derjenige, dem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und der aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt.179 Dies ist i.d.R., aber nicht notwendigerweise, der Eigentümer. Im Falle des rechtsgeschäftlichen Erwerbs beginnt die Tierhaltereigenschaft mit Gefahrübergang, i.d.R. also mit der Übergabe des Tieres, beim Versendungskauf mit der Übergabe an den Transporteur.180 In anderen Fällen kommt es darauf an, ab wann nach außen die Übernahme der Haltereigenschaft erkennbar wird.181 Die Haltereigenschaft endet, wenn ein anderer faktisch in die Stellung des bisherigen Tierhalters eintritt und so ein Zuständigkeitswechsel erfolgt.182 Eine nur vorübergehende Aufgabe der unmittelbaren Verfügungsgewalt über das Tier 109 oder eine vorübergehende Besitzentziehung lässt die Tierhaltereigenschaft unberührt.183 Wird das Tier durch einen Dritten auch für eigene Zwecke genutzt, ist der Eigentümer gleichwohl Tierhalter, solange sich nicht der Schwerpunkt der Nutzung des Tieres auf
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BGH 25.4.2007 RuS 2007 319, 320; OLG Köln 16.2.2010 RuS 2010 374; OLG Düsseldorf 15.11.1994 RuS 1995 91 = VersR 1995 1343. BGH 25.4.2007 RuS 2007 319, 320. BGH 25.4.2007 RuS 2007 319 f.; vgl. auch OLG Köln 16.2.2010 RuS 2010 374; OLG Düsseldorf 15.11.1994 RuS 1995 91 = VersR 1995 1343; a.A. OLG Hamm 23.3.2005 RuS 2005 196, 198; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 61 f. St. Rspr., vgl. BGH 19.1.1988 VersR 1988 609, 610 = NJW-RR 1988 655; OLG Hamm
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23.3.2005 RuS 2005 196, 197; OLG Schleswig 8.7.2004 BeckRS 2004 10899. Bamberger/Roth/Spindler § 833 Rn. 12; MüKo-BGB/Wagner § 833 Rn. 26; Staudinger/Eberl-Borges § 833 Rn. 105, jew. m.w.N. Bamberger/Roth/Spindler § 833 Rn. 12. BGH 19.1.1988 VersR 1988 609, 610 = NJW-RR 1988 655, 656; BGH 15.12.1970 VersR 1971 320 (insoweit in BGHZ 55 96 nicht mit abgedruckt). BGH 19.1.1988 VersR 1988 609, 610 = NJW-RR 1988 655, 656 m.w.N.
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Versichertes Risiko
AHB 2012 Ziff. 3
den Dritten verlagert.184 Wann eine solche Schwerpunktsverlagerung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalles, die an rein tatsächliche Verhältnisse anknüpft.185 Eigentum und Eigenbesitz müssen sich nicht notwendigerweise mit der Haltereigenschaft decken.186 Wird der VN nicht als Halter, sondern nach § 832 BGB wegen Verletzung der Auf- 110 sichtspflicht über Minderjährige in Anspruch genommen, besteht Versicherungsschutz auch dann, wenn der VN zugleich Halter des den Schaden verursachenden Tieres und er in dieser Eigenschaft deshalb ohne Versicherungsschutz ist (Fall der Anspruchskonkurrenz, vgl. § 100 VVG Rn. 76 ff.).187 (2) Tierhüterhaftung. Der Begriff „Haftpflicht als Tierhüter“ knüpft an die Haftung 111 des Tieraufsehers gem. § 834 S. 1 BGB an. Tieraufseher (bzw. Tierhüter) ist demnach, wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt.188 Die Übernahme setzt voraus, dass der VN selbstständig über Maßnahmen zur Steuerung des Tieres zu wachen hat.189 Daran fehlt es, wenn die Tätigkeit auf Weisung erbracht wird. Die Bediensteten eines Tierhalters, wie etwa Stallburschen oder angestellte Reitlehrer einer Reitschule190, kommen deshalb i.d.R. nicht als Tierhüter in Betracht.191 Die vertragliche Übernahme der Aufsichtsführung kann auch konkludent erfolgen. 112 Der BGH hat eine solche bei selbstständigem Ausreiten eines gemieteten Pferdes bejaht, „wenn sich der Tierhalter jeder Einflußmöglichkeit auf das Pferd begibt und aus Erklärungen oder dem Verhalten des Mieters berechtigterweise den Schluß ziehen durfte, der Mieter werde an seiner Stelle die Aufsichtspflicht übernehmen“192. Im Übrigen muss der Vertrag über die Aufsichtsführung nicht mit dem Halter geschlossen werden.193 Die Tierhütereigenschaft bejaht hat die Rechtsprechung beim Mieter eines Reit- 113 pferdes194, bei Schäfern, Hirten und auf Kommissionsbasis arbeitenden Viehhändlern195 sowie bei demjenigen, der Tiere „in Pension“196 oder während der Abwesenheit des Halters in Pflege nimmt197, um sie zu versorgen und ggf. auch auszubilden, zu trainieren oder zu dressieren198. Hat ein Reitverein die Führung der Aufsicht über das Pferd eines Mitglieds durch Vertrag übernommen, ist der Verein als Tierhüter anzusehen.199 Allein das Mitreiten gefälligkeitshalber zur Beaufsichtigung einer Gruppe unerfahrener Reiter begründet hingegen keine Tierhütereigenschaft.200
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188 189 190 191
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OLG Hamm 1.6.1990 RuS 1990 408. OLG Hamm 1.6.1990 RuS 1990 408. Vgl. Palandt/Thomas Anm. 4 zu § 833 BGB. OLG Hamm 25.8.1989 VersR 1990 774, 775; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 57. Vgl. Felsch RuS 2008 265, 271. Vgl. BGH 30.9.1986 NJW 1987 949, 950; OLG Hamm 23.3.2005 RuS 2005 196, 198. OLG Düsseldorf 11.6.2002 VersR 2003 870. OLG München 29.7.1983 VersR 1984 1095 f.; OLG Düsseldorf 15.1.1980 VersR 1981 82; Staudinger/Eberl-Borges Rn. 19 f. BGH 30.9.1986 NJW 1987 949, 950. OLG Hamm 14.4.1994 NJW-RR 1995 409, 410.
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BGH 30.9.1986 NJW 1987 949, 950. BGH 6.2.1959 VersR 1959 802; OLG München 13.12.1955 VersR 1957 31; OLG München 17.12.1957 VersR 1958 461; ähnlich RG 11.4.1907 RGZ 66 1, 4; RG 9.12.1941 RGZ 168 331, 332 f. OLG Hamm 28.10.1974 VersR 1975 865; OLG Frankfurt 25.7.1995 MDR 1996 590. BGH 19.10.1993 VersR 1993 1540, 1541; OLG Saarbrücken 17.2.1988 NJW-RR 1988 1492 f.: Übernahme eines Dackels wegen längeren Krankenhausaufenthalts. RG 13.7.1904 RGZ 58 410, 413. BGH 19.1.1982 VersR 1982 348, 350. OLG München 2.10.1997 VersR 1999 585.
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Haftpflichtversicherung
Liegt keine vertragliche, sondern lediglich eine tatsächliche Übernahme der Aufsicht vor, kommt nur eine Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB aus der Übernahme von Verkehrspflichten in Betracht 201, für die ebenfalls Versicherungsschutz besteht, soweit es sich nicht um ein vom Versicherungsschutz ausgeschlossenes Tier (dazu sogleich Rn. 117 f.) handelt.
(3) Versicherte Tiere. Das Gesetz definiert den Begriff „Haustier“ nicht. Maßgeblich ist die Verkehrsauffassung (am gewöhnlichen Aufenthaltsort des VN).202 Danach sind Haustiere zahme Tiere, die vom Menschen in seiner Wirtschaft und zu seinem Nutzen gezogen und gehalten werden.203 Hierzu zählen Schweine, Ziegen, Schafe, Katzen und Geflügel wie Tauben oder zahme Kaninchen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Tiere in ihrer Eigenschaft als Haustiere gehalten werden, was nicht der Fall ist, wenn sie zur wissenschaftlichen Untersuchung bestimmt sind.204 Gezähmte Kleintiere, die nicht zu den Haustieren zählen, z.B. Hamster, Meerschwein116 chen, Papageien, Singvögel usw., sind gleichfalls in den Versicherungsschutz der Privathaftpflichtversicherung einbezogen. Wann ein Tier noch als gezähmtes Kleintier anzusehen ist, richtet sich wiederum nach der Verkehrsanschauung.205 Gesondert unter den Versicherungsschutz der Privathaftpflichtversicherung gestellt sind Bienen, die keine Haustiere sind, weil keine genügende Verfügungsgewalt des Eigentümers besteht.206
115
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(4) Nicht versicherte Tiere. Kein Versicherungsschutz besteht für die Inanspruchnahme als Halter oder Hüter von Hunden, Rindern, Pferden, sonstigen Reit- und Zugtieren, wilden Tieren sowie von Tieren, die zu gewerblichen oder landwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden, selbst wenn es sich um Haustiere handelt (z.B. Zucht- und Schlachtvieh, das ein Händler zur Weiterveräußerung angeschafft hat; der Wachhund in einem Betrieb; Suchhunde der Polizei).207 Bei Hunden, Rindern, Pferden, sonstigen Reitund Zugtieren, wilden Tieren kommt es somit nicht darauf an, zu welchen Zwecken sie gehalten werden. Grundsätzlich keine Deckung besteht somit für Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die durch Urinieren von Hunden am Parkett der Mietwohnung entstanden sind.208 Bei Katzen kommt es dagegen auf den Haltungszweck an. Keine Deckung besteht für den Halter oder Hüter der Katzen, wenn sie in landwirtschaftlichen Betrieben zum Zwecke der Mäuseverzehrung gehalten werden. Kein Versicherungsschutz besteht ferner bei zur Zucht bestimmten Tieren. Maßgebend ist stets die Zweckbestimmung, die der Tierhalter der Verwendung des Tieres im Rahmen vernünftiger Erwägungen gibt. Auf die konkrete Eignung des Haustieres zu deren Erfüllung kommt es nicht an.
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ii) Haftung als Hüter fremder Tiere (Ziff. 1.8 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Ziff. 1.8 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht schließt die gesetzliche Haftpflicht des VN als nicht gewerbsmäßiger Hüter fremder Hunde oder Pferde, als Reiter bei der Benutzung fremder Pferde, als Fahrer bei der Benutzung fremder Fuhr-
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203
Bamberger/Roth/Spindler § 834 Rn. 2. Vgl. Kuwert/Erdbrügger PrivH Rn. 3102 (maßgeblich ist die inländische Verkehrsauffassung, nach der z.B. das Kamel kein Haustier ist). RG 18.4.1912 RGZ 79 246, 248; a.A. Späte PrivH Rn. 32 (maßgeblich ist der gewöhnliche Sprachgebrauch).
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Späte PrivH Rn. 32; Kuwert/Erdbrügger PrivH Rn. 3102. A.A. Späte PrivH Rn. 32, wonach der gewöhnliche Sprachgebrauch maßgeblich ist. Späte PrivH Rn. 32. Späte PrivH Rn. 32; Kuwert/Erdbrügger PrivH Rn. 3104. OLG Köln 16.2.2010 RuS 2010 374.
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Versichertes Risiko
AHB 2012 Ziff. 3
werke zu privaten Zwecken wieder ein, soweit nicht (im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles) Deckung über eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung besteht. Fremd ist ein Tier, das nicht im Eigentum des VN steht.209 Es handelt es sich um eine eingeschränkte Subsidiaritätsklausel, bei der die Haftung des Privathaftpflicht-VR erst dann entfällt, wenn und soweit eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung nicht nur besteht, sondern im konkreten Fall auch Deckung gewährt.210 Das hat zur Folge, dass die Haftung des Privathaftpflicht-VR bestehen bleibt, wenn in der Tierhalter-Haftpflichtversicherung ein Selbstbehalt vereinbart ist oder der Tierhalter-Haftpflicht-VR wegen einer Obliegenheitsverletzung (teilweise) leistungsfrei ist. Nach Lücke soll die Subsidiaritätsklausel selbst in den Fällen eingreifen, in denen es aufgrund mangelhaften Vortrags im Prozess gegen den Tierhalter-Haftpflicht-VR zu der sachlich unzutreffenden Entscheidung kommt, dass die Tierhalterhaftpflichtversicherung nicht eintrittspflichtig ist.211 Vom Versicherungsschutz ausgenommen bleiben dagegen Haftpflichtansprüche der 119 Tierhalter oder -eigentümer sowie Fuhrwerkseigentümer gegen den Tierhüter, es sei denn es handelt sich um Personenschäden. Die Teilnahme an Pferderennen bleibt aber nach Ziff. 1.5 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht unversichert.212 Ist der Reiter zugleich (nicht gewerbsmäßiger) Tierhüter und als solcher in der Tierhalterhaftpflichtversicherung des Halters mitversichert (vgl. Muster-Bedingungsstruktur III S. 1), kommt Mehrfachversicherung (§ 78 VVG) in Betracht.213 2. Betriebshaftpflichtversicherung a) Risikodeklaration. In der Betriebshaftpflichtversicherungspraxis knüpft die Risiko- 120 deklaration in erster Linie an den Gegenstand des Unternehmens oder der beruflichen Tätigkeit an. Versichert werden z.B. die Risiken aus „Bau- und Möbelschreinerei inkl. Handel mit Möbeln“214, aus dem Betrieb eines Sport- und Gymnastikstudios215, aus Zimmereibetrieb216, aus Dachdeckergeschäft217, aus Elektroinstallationsbetrieb218, aus der Tätigkeit als Assistenzarzt in der Weiterbildung219, aus freiberuflicher Ingenieurstätigkeit220, aus „gewerbsmäßige[r] Verwahrung und Pflege von Pensionspferden i.V.m. pferdesportlichen Aktivitäten“221, aus Fugarbeiten222, aus Montage, Ausrichtung und Umsetzung von Maschinen innerhalb von Werksgebäuden223, aus dem Betrieb einer Bauunternehmung224, aus dem Betrieb eines „Investment-Shops“225, aus der „Reparatur von Bootsmotoren“226 oder aus dem „Betriebe des Bau- und Ausbauhandwerks – Maurerarbeiten –“227.
209 210 211 212 213 214 215 216 217
Kuwert/Erdbrügger PrivH Rn. 3101. BGH 21.4.2004 RuS 2004 422= VersR 2004 994. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 65. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 66; Kuwert/Erdbrügger PrivH Rn. 3101. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 1 BesBed PrivH Rn. 67. OLG Karlsruhe 15.7.2010 RuS 2010 416, 417. OLG Nürnberg 15.7.1974 VersR 1975 995. OLG Frankfurt 27.5.1999 NVersZ 2000 241. BGH 9.10.1974 VersR 1975 77.
218 219 220 221 222 223 224 225
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OLG Hamm 25.2.2005 RuS 2005 243, 244. AG Offenbach 31.7.2000 VersR 2001 1102, 1103. LG München 28.1.2010 BeckRS 2011 09912 und 17.12.2009 BeckRS 2011 11890. LG Kassel 21.3.1990 zfs 1990 280. LG Verden 14.2.1990 zfs 1990 315. LG Karlsruhe 26.4.1988 zfs 1988 256, 257. ÖOGH 24.10.1974 VersR 1975 1140. OLG Köln 27.6.2003 RuS 2006 370, 371 zur Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. BGH 7.10.1987 VersR 1981 1181. OLG Celle 5.7.2012 VersR 2013 127 = RuS 2013 705.
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Haftpflichtversicherung
Auf Eigenschaften, spezielle Rechtsverhältnisse oder Tätigkeiten wird zumeist zur Konkretisierung des versicherten Risikos (und damit zur Abgrenzung von unversicherten Risiken) abgestellt. Im Gegensatz zum Unternehmensgegenstand, dessen Umschreibung im Rahmen einer Individualvereinbarung erfolgt, werden diese in der Regel formularmäßig beschrieben. Entsprechendes gilt für die Risikodeklaration bei beruflichen Tätigkeiten. So wird in der Betriebshaftpflichtversicherung standardmäßig mitversichert die gesetzliche Haftpflicht des VN „als Eigentümer, Mieter, Pächter, Leasingnehmer und Nutznießer von Grundstücken – nicht jedoch von Luftlandeplätzen –, Gebäuden oder Räumlichkeiten, die ausschließlich für den versicherten Betrieb oder für Wohnzwecke des VN und seiner Betriebsangehörigen benutzt werden“ (Ziff. 7.1.2.1 Muster-Bedingungsstruktur AT)
sowie „aus seinen Sozialeinrichtungen für Betriebsangehörige, die ausschließlich für den versicherten Betrieb bestimmt sind (z.B. Betriebssportgemeinschaften, Werkskantinen, Badeanstalten, Erholungsheime, Kindergärten) und aus Vorhandensein und Betätigung einer Werk- oder Betriebsfeuerwehr“ (Ziff. 7.1.2.2 Muster-Bedingungsstruktur AT).
122
Hat der VN von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einzelne Teilrisiken in eigenständigen Tarifpositionen zu versichern und andere nicht, ist eine nicht gewählte Position im Zweifel auch nicht durch eine andere Position gedeckt.228 Unterhält der VN z.B. einen Dachdeckerbetrieb und gibt es eine eigene Tarifposition für die Betriebsart Gerüstbau, Gerüstverleih und Gerüstvermietung, die der VN nicht mitversichert hat, gehört die Vermietung nicht zum versicherten Risiko.229 Zu Recht weist v. Rintelen darauf hin, dass unklare Beschreibungen im Zweifel zu Lasten des VR gehen.230
123
b) Bestimmung des Umfangs des versicherten Risikos. Gibt die Beschreibung des zu versichernden Gegenstands nicht den kompletten Tätigkeits- und/oder Produktionsbereich wieder (z.B. Softwarehaus, Bauunternehmung, Dachdeckerbetrieb), ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, welche Tätigkeiten im Einzelnen versichert sind.231 Hat der VN – um auf das vorherige Beispiel zurückzukommen – keine Kenntnis davon, dass der VR in seinem Tarif eine besondere Tarifposition für die Betriebsart Gerüstbau, Gerüstverleih und Gerüstvermietung gebildet hat, kann dieser Umstand bei der Auslegung, ob die Schadensersatzansprüche eines anderen Handwerkers, der das Gerüst gemietet hatte, unter das versicherte Risiko „Dachdeckereibetrieb“ fallen, keine Berücksichtigung als Abgrenzungsmaßstab finden.232 Soweit die Tätigkeit, die zum Schadenseintritt geführt hat, nicht unter das versicherte Risiko fällt, greifen die Regeln zur Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB) ein.
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aa) Haupttätigkeiten. Im Rahmen der Auslegung kommt dem Merkmal der Branchenüblichkeit und dem Berufsbild entscheidende Bedeutung zu. Im Zweifel sind alle Haupt228
229 230
Vgl. BGH 7.10.1987 VersR 1987 1181; OLG Koblenz 17.5.1973 VersR 1973 957; LG Itzehoe 15.11.1985 VersR 1987 553; LG Marburg 14.12.1977 VersR 1978 909; LG Göttingen 28.10.1976 RuS 1977 157, 158; vgl. auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 3 AHB Rn. 3. BGH 9.10.1974 VersR 1975 77. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen
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231 232
§ 26 Rn. 9, unter Hinweis auf OLG Karlsruhe 19.7.2007 VersR 2007 1551; OLG Saarbrücken 1.6.2005 VersR 2006 400, 401 f. OLG Celle 5.7.2012 VersR 2013 127 = RuS 2013 705 A.A. wohl Späte BetrH Rn. 8: „grobe Faustregel“.
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Versichertes Risiko
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tätigkeiten versichert, die branchenüblich sind und/oder dem Berufsbild entsprechen.233 Nicht entscheidend ist, ob es sich um typische oder untypische Tätigkeiten handelt.234 Soweit das Gesetz oder Standesrecht das Berufsbild nicht abschließend regelt, bestimmt es sich nach der Verkehrsauffassung.235 So zählt zur Architektentätigkeit auch die Prüfung möglicher Grundstücksaufteilungen sowie der Realisierbarkeit von Wünschen potentieller Käufer.236 Unter die versicherte Tätigkeit „Stahl- + Kesselbau, Bürobetrieb“ ist nicht nur die Herstellung, sondern auch das Aufstellen der Öfen zu fassen.237 Nicht als branchenüblich anzusehen sind im Grundsatz alle Tätigkeiten, zu denen der 125 VN gewerberechtlich nicht befugt ist.238 Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich der VN der Überschreitung der gewerberechtlichen Befugnis bewusst war.239 Kein Versicherungsschutz besteht, wenn der VN seine Tätigkeiten in der Eigenschaft als Auftraggeber eines für die konkreten Arbeiten konzessionierten Subunternehmers erbringt und dieser Subunternehmer ebenso wie die auszuführenden Tätigkeiten einem anderen Gewerbe unterfallen als die eigentliche Tätigkeit des VN. Anderenfalls könnte es durch die Einschaltung von Subunternehmern zu einer für die Versicherung nicht überschaubaren Ausdehnung des versicherten Risikos kommen.240 Etwas anderes wird man unter Berücksichtigung des § 5 HwO gelten lassen müssen, 126 wenn es um nach § 1 HwO zulassungspflichtige Arbeiten in anderen Handwerken geht. Nach § 5 HwO ist ein Handwerker berechtigt, „auch Arbeiten in anderen Handwerken nach § 1 Abs. 1 aus[zu]führen, wenn sie mit dem Leistungsangebot seines Gewerbes technisch oder fachlich zusammenhängen oder es wirtschaftlich ergänzen“. Einen fachlichen Zusammenhang nimmt die Rechtsprechung an, wenn die Arbeiten in einer derartig engen Verbindung zu einem konkreten Arbeitsauftrag stehen, dass die gemeinsame Verrichtung zwar nicht notwendigerweise technisch, wohl aber wirtschaftlich geboten ist.241 Einen solchen fachlichen Zusammenhang hat das OLG Karlsruhe in einem Fall be- 127 jaht, in dem der VN als Hauptauftrag aus seinem eigenen Handwerk die Möbelherstellung und -montage einer Küche vorzunehmen hatte, zu der auch eine Teeküche gehörte.242 Der gerichtliche Sachverständige hatte in seiner Anhörung ausgeführt, es entspreche gängiger Praxis, dass ein Schreiner bei einer Küchenmontage auch die in diesem Zusammenhang erforderlichen sanitären Installationsarbeiten wie die Montage eines
233
234
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Vgl. OLG Karlsruhe 15.7.2010 RuS 2010 416, 417; OLG Karlsruhe 15.12.2005 NZBau 2006 256, 257; Späte BetrH Rn. 7; Kuwert Rn. 1048; vgl. auch OLG Stuttgart 23.9.2010 BeckRS 2011 13674; OLG Stuttgart 28.10.2004 BeckRS 2007 18594 jeweils zur Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte. OLG München 24.4.1981 VersR 1982 665; LG Dortmund 22.7.2009 NJW-RR 2009 1544, 1545; Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 9; Prölss/ Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff. 7.1.1 Rn. 4; vgl. auch OLG Frankfurt 27.5.1999 NVersZ 2000 241, 242. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 272; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 34.
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Vgl. OLG Hamm 7.7.2007 RuS 2007 152, 153 = VersR 2007 980, 981. ÖOGH 21.4.1993 RIS 7Ob5/93. OLG Frankfurt 27.5.1999 NVersZ 2000 241, 242; ÖOGH 24.11.1998 RIS 7Ob148/98k; ÖOGH 21.4.1993 RIS 7Ob/93; ÖOGH 9.11.1989 VersR 1990 1414. A.A. wohl ÖOGH 28.11.1991 VersR 1992 1378, 1379, wonach die Überschreitung der gewerberechtlichen Befugnis offensichtlich sein muss; offenlassend OLG Frankfurt 27.5.1999 NVersZ 2000 241, 242. OLG Frankfurt 27.5.1999 NVersZ 2000 241, 242. OLG Stuttgart 27.7.1990 GewA 1990 416; VG Berlin 11.9.1991 GewA 1992 188. OLG Karlsruhe 15.7.2010 RuS 2010 416, 417.
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Wasserhahns – und zwar auch dessen Anschluss an einen Boiler zur Warmwasseraufbereitung – ausführe.243 Es sei bei wirtschaftlicher Betrachtung völlig unverhältnismäßig, hierfür jedes Mal gesondert einen Sanitärfachbetrieb zu beauftragen. Diese Argumentation gibt Anlass zu der Frage, ob man nicht Arbeiten an anderen Gewerken unter den Voraussetzungen des § 5 HwO sogar als mitversicherte Nebentätigkeiten ansehen kann. Dann bedürfte es in der Haftpflichtversicherung für das Baunebengewerbe keines Einschlusses des Risikos gem. § 5 HwO mehr. Aufschlussreich ist auch das Urteil des OLG Celle vom 5.7.2012.244 Darin ging es um 128 die Errichtung einer Sohlplatte (Fundamentplatte) aus Stahlbeton durch einen VN, der eine Betriebshaftpflichtversicherung für „Sonstige Betriebe des Bau- und Ausbauhandwerks – Maurerarbeiten –“ abgeschlossen hatte. Bedingt durch die Mängel der Sohlplatte kam es zu Schäden am von dritter Seite darauf errichteten Fertighaus, das deswegen abgerissen und einschließlich Sohlplatte neu errichtet werden musste. Der VR verneinte die Deckung mit der Begründung, die Errichtung der Platte falle nicht unter das versicherte Risiko „Maurerarbeiten“. Die Arbeiten gehörten zum Berufsbild des Stahlbetonbauers und nicht zum Berufsbild des Maurers. Das OLG Celle ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat dem VN Deckung mit folgender Begründung gewährt 245: „Entgegen der Ansicht [des VR] darf der Begriff der ,Maurerarbeiten‘ nicht zu eng ausgelegt werden. Er umfasst nicht ohne weiteres nur dasjenige, was man umgangssprachlich traditionell auf der Grundlage des Begriffs für die typischen Maurerarbeiten halten wird, nämlich das Erstellen von Mauern, das Mauern also. Der Versicherungsschein wendet sich an … an ein Bauunternehmen, so dass es deshalb nicht auf die laienhafte Auslegung des Begriffes ,Maurerarbeiten‘ ankommen kann. Die … Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft enthält auch Vorgaben für die Ausbildung der Maurer…. Dabei zeigt § 23 der Verordnung (,Ausbildungsberufsbild‘), dass der Maurerberuf deutlich umfassender ist. Gegenstand der Berufsausbildung sind danach die dort genannten Fertigkeiten und Kenntnisse. Dabei geht es in keiner Weise nur um das Herstellen von Mauern oder überhaupt auch nur das Herstellen von Baukörpern aus Steinen. Dieser Punkt ist nur einer von vielen im Ausbildungsberufsbild. Es zeigt sich weiter, dass es vielfältige Überschneidungen mit anderen Bauberufen gibt. § 28 der Verordnung betrifft den Beton- und Stahlbetonbauer. Die Errichtung von Boden-/Sohlplatten ist auch dort nicht explizit erwähnt. Das gleiche gilt für das Ausbildungsberufsbild des Spezialtiefbauers (§ 88) oder das Ausbildungsberufsbild des Hochbaufacharbeiters (§ 5). Nach § 2 der Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild vom 30. August 2004 sind im Maurer- und Betonbauer-Handwerk (eine Differenzierung findet insoweit nicht statt) zum Zwecke der Meisterprüfung die dort genannten zahlreichen Fertigkeiten und Kenntnisse erforderlich. Unter anderem ist es erforderlich (Abs. 2 Nr. 8), Baugrund nach Bodenarten und Bodenklassen zu unterscheiden, auf Tragfähigkeit, Bearbeitbarkeit und Schadstoffen nach Augenschein zu beurteilen, sowie (Nr. 9) Baugruben herzustellen, zu sichern und zu verfüllen, Gründungen auszuführen und Gebäude zu sichern. Und nach § 58 Abs. 6 NBauO dürfen auch Maurermeister für genehmigungsbedürftige Baumaßnahmen Entwürfe erstellen.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
Diese sorgfältige Begründung überzeugt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach der Risikobeschreibung nicht nur ein Maurerbetrieb, sondern ein Betrieb des Bauund Ausbauhandwerks versichert war, durfte der VN davon ausgehen, dass die Errichtung einer Sohlplatte eine mitversicherte Tätigkeit ist.
243 244
Vgl. auch OLG Hamm 25.2.2005 RuS 2005 243, 245. OLG Celle 5.7.2012 RuS 2013 127 = VersR 2013 705.
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OLG Celle 5.7.2012 RuS 2013 127, 128 = VersR 2013 705.
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Versicherungsschutz trotz Überschreitens der Gewerbeberechtigung hat der ÖOGH 129 in seinem Urteil vom 28.11.1991 gewährt.246 In jenem Fall wurde der VN einer Haftpflichtversicherung für den Betrieb „Kaminschleifunternehmen ohne Rauchfangkehrerarbeiten“, dem die Befugnis zur gewerbsmäßigen Ausübung des Patents „Vorrichtung zum Verputzen der Innenwandung von Schornsteinen o. dgl.“ erteilt worden war, damit beauftragt, die Kaminschläuche eines zum Haus gehörenden Kamins auch im Bereich des Kaminkopfes zu schleifen. Hierzu war es erforderlich, die vorhandenen Abzugsrohre zu entfernen. Da diese aus Steingut bestanden, wurden sie durch die Abtragung zwangsläufig zerstört. Deshalb hatte der VN nach Abschluss der Schleifarbeiten neue Metallrohre anzubringen, die bei einem starken Sturm aus der Verankerung gerissen wurden. Der ÖOGH bejahte die Deckung mit der etwas fragwürdigen Begründung, zum einen 130 sei dem VR die Erteilung des Patents bekannt gewesen; zum anderen habe der VN die Risikobeschreibung „Kaminschleifunternehmen ohne Rauchfangkehrerarbeiten“ dahingehend verstehen dürfen, dass alle mit der Ausübung des Patents verbundenen Tätigkeiten vom Versicherungsschutz umfasst seien, sofern hierzu nur nicht offensichtlich die gewerberechtliche Befugnis fehle. bb) Nebentätigkeiten. Abzugrenzen von den versicherten Haupttätigkeiten sind die 131 Nebentätigkeiten. Darunter zu verstehen sind Tätigkeiten, die zusätzlich und/oder neben der Haupttätigkeit z.B. zur Erweiterung der Produkt-/Dienstleistungspalette oder zur Ausnutzung von Synergien betrieben werden.247 Solche Tätigkeiten sind nur dann mitversichert, wenn sie branchenüblich sind. Branchenunübliche Nebenrisiken sind hingegen nur insoweit versichert, wie sie im Vertrag als versichert bezeichnet werden.248 Branchenüblich ist der Betrieb einer Sauna im Rahmen eines Sportstudios. Bei größe- 132 ren Studios wird auch der Betrieb eines Schwimmbeckens als üblich anzusehen sein. Dies dürfte auch dann gelten, wenn Sauna und Schwimmbecken gegen Entgelt von Nichtmitgliedern benutzt werden dürfen. Entsprechendes gilt für Hotelbetriebe gehobenen Standards. Das bloß gelegentliche Überlassen von Gerüsten durch einen Dachdecker an andere Handwerker ist ebenfalls branchenüblich.249 Die aus diesen zusätzlichen Tätigkeiten resultierenden Haftpflichtgefahren sind – als Risikoerweiterung i.S.v. Ziff. 3.1 (2) AHB – mitversichert, sofern sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden sind. Gleiches gilt für die Risiken, die aus dem Besitz und der Nutzung von Grundstücken, 133 Gebäuden oder Räumlichkeiten zu betrieblichen Zwecken und aus betrieblichen Sozialeinrichtungen resultieren. Soweit dies branchenüblich ist, bedarf es keiner ausdrücklichen Mitversicherung. Allerdings sind solche Risiken in der Betriebshaftpflichtversicherung bereits standardmäßig mitversichert (Ziff. 7.1.2.1, 7.1.2.2 Muster-Bedingungsstruktur AT) 250, was für den VN den Vorteil hat, dass der VR die aus dem Besitz und dem Betrieb resultierenden zusätzlichen Gefahren nicht zum Anlass für eine Beitragsregulierung nach Ziff. 13.1 AHB machen kann. cc) Hilfstätigkeiten. Hilfstätigkeiten sind (ggf. als Risikoerhöhung, vgl. Ziff. 3.1 (2) 134 AHB) versichert, soweit sie dazu bestimmt sind, dem versicherten (Haupt-/Neben-)Risiko
246 247 248
ÖOGH 28.11.1991 VersR 1992 1378, 1379. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 10. Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff. 7.1.1 Rn. 6; Beckmann/MatuscheBeckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 10.
249 250
Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 11; BGH 9.10.1974 VersR 1975 77. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 11.
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zu dienen.251 Da solche Tätigkeiten auch von anderen Betrieben oder Berufen ausgeübt werden können, kommt es auf die Branchenüblichkeit nicht an.252 Zu Hilfstätigkeiten zählen z.B. die auf das Betriebsgrundstück bezogene Sicherstellung der Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten.253 Als weiteres Beispiel sei der Einsatz elektronischer Datenverarbeitung genannt, ohne 135 die eine betriebliche oder berufliche Tätigkeit gleich welcher Branche heutzutage nicht mehr vorstellbar ist. Der Austausch (z.B. mittels Datenträgern), die Übermittlung (z.B. per E-Mail) sowie die Bereitstellung elektronischer Daten im Rahmen der IT-Nutzung sind daher grundsätzlich ebenso als mitversicherte Hilfstätigkeiten anzusehen wie das mit dem Betrieb einer Homepage einhergehende Content-Providing, soweit es sich auf die werbende Darstellung des Unternehmens beschränkt. Auch die Einrichtung und der Betrieb eines Intranets oder Corporate Networks zur 136 Verbesserung der zu dienstlichen Zwecken erfolgenden Kommunikation fällt noch in diese Kategorie, nicht jedoch die Gestattung der Online-Nutzung zu auch privaten Zwecken.254 Zwar erfolgt diese nicht aus privaten Gründen, sondern mit der Absicht oder zumindest in der Hoffnung, dass das soziale Klima und die Motivation der Mitarbeiter gefördert werden. Diese Zielsetzung rechtfertigt jedoch nur die Annahme einer betrieblichen Veranlassung mit der Folge der Zuordnung eines Risikos zur Betriebshaftpflichtversicherung255, nicht hingegen die Einordnung als mitversicherte Hilfstätigkeit. Als solche kann die Gestattung der Online-Nutzung zu privaten Zwecken erst dann angesehen werden, wenn sie einen mit der dienstlichen Nutzung vergleichbaren Verbreitungsgrad gefunden hat.256 Ebenso wie bei Haupttätigkeiten (Rn. 125) kommt es nicht darauf an, ob es sich um 137 typische oder untypische Hilfstätigkeiten handelt.257 So umfasst das Risiko „Elektroepilation“ auch die Injektion des Lokalanästhetikums zu dem Zweck einer Betäubung der zu behandelnden Körperstellen, da die Haarentfernung auf diese Weise zugunsten der Kunden schmerzfrei gestaltet, mithin erleichtert werden soll.258 Das versicherte Risiko „Betrieb des Campingplatzes sowie des dazugehörenden [See-]Freibades“ umfasst nicht nur die Verwendung eines Motorbootes zur Rettung betriebseigener Gäste, sondern auch Probefahrten im Anschluss an eine Reparatur des Bootes.259 Nach der Rechtsprechung sind selbst Schäden durch Gewehrschüsse bei der Rattenjagd eines Bäckers 260 oder beim Vertreiben von Elstern durch einen Landwirt 261 versichert.
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c) Kasuistik. Bei der nachstehenden Rechtsprechungsübersicht ist zu beachten, dass sich Berufsbilder in den vergangenen Jahr(zehnt)en verändert haben und es eine Fortent-
251
252
253 254
Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 9; Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff. 7.1.1 Rn. 6; Späte BetrH Rn. 7; Kuwert Rn. 1048. Vgl. ÖOGH 24.10.1974 VersR 1975 1140; Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 9; Schmalzl/Krause-Allenstein Berufshaftpflichtversicherung Rn. 681 f.; anders noch R. Koch VersR 2006 1433, 1435. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 11. Vgl. R. Koch IT-Risiken Rn. 1449.
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255 256 257
258 259 260 261
Vgl. Späte PrivH Rn. 4 und BetrH Rn. 7; BGH 7.10.1987 VersR 1987 1181. R. Koch VersR 2006 1433, 1435. LG Dortmund 22.7.2009 NJW-RR 2009 1544, 1545; Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 9; Prölss/ Martin/Lücke Betriebshaftpflicht Ziff. 7.1.1 Rn. 6. LG Dortmund 22.7.2009 RuS 2009 410, 411. ÖOGH 24.11.1998 RIS 7Ob148/98k. OLG Hamm 9.7.1975 VersR 1976 233 f. BGH 4.12.1958 VersR 1959 42, 43.
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wicklung des Branchenüblichen gegeben hat. Insbesondere bei älteren Urteilen ist daher sorgfältig zu prüfen, ob sie noch Geltung beanspruchen können. Als Beispiel für eine heute so nicht mehr aufrechtzuerhaltende Entscheidung sei hier nur das Urteil des OLG Nürnberg vom 15.7.1974 genannt, demzufolge das Risiko „Sport- und Gymnastikstudio“ nicht den Betrieb einer Sauna umfasse.262 Arzt: Nicht versichert ist die Eröffnung einer selbstständigen Facharztpraxis bei einem versicherten Risiko „Assistenzarzt in der Weiterbildung“.263 Baubetrieb: Das versicherte Risiko „Bauunternehmung“ umfasst auch die Errichtung und Bedienung einer Bahnschrankenanlage zur Fahrwegsicherung des Transports von Baumaterial für eine Baustelle.264 Das Betriebsrisiko eines Hochbaubetriebes beinhaltet geringe Abbrucharbeiten, die im Zusammenhang mit einer Hochbaumaßnahme stehen.265 Fassadenreinigungsarbeiten mit Wasserhochdruck und Quarzsand gehören hingegen nicht zum versicherten Risiko „Fugarbeiten“.266 Die Errichtung einer Sohlplatte (Fundamentplattte) aus Stahlbeton füllt unter die Risikobeschreibung „Sonstige Betriebe des Bau- und Ausbauhandwerks – Maurerarbeiten“.267 Dachdeckerbetrieb: Kein Versicherungsschutz besteht für die gewerbsmäßige Überlassung von Gerüsten durch einen Dachdeckerbetrieb an andere Bauhandwerker.268 Die nur gelegentliche Überlassung von Gerüsten eines Dachdeckers an andere Bauhandwerker ist dagegen versichert.269 Elektroinstallationsbetrieb: Bei einem versicherten Risiko „Elektroinstallationsbetrieb“ sind Arbeiten an einer Wasserleitung, die über den unmittelbaren Anschluss des Wärmeerzeugers an das Wassernetz hinausgehen, nicht versichert.270 Entsprechendes gilt für das Löten von Warmwasserleitungen.271 Zur versicherten Tätigkeit „Stahl- + Kesselbau, Bürobetrieb“ zählt auch das Aufstellen von Öfen.272 Kosmetiksalon: Das Risiko „Elektroepilation“ umfasst auch die Injektion des Lokalanästhetikums zu dem Zweck einer Betäubung der zu behandelnden Körperstellen.273 Ladenbaubetrieb: Versichert sich ein Ladenbaubetrieb ausdrücklich als holzverarbeitender Betrieb, sind Schäden im Zusammenhang mit Leichtmetall- und Glasbauarbeiten nicht versichert.274 Malerbetrieb: Das versicherte Risiko „Malerbetrieb“ umfasst auch Schäden, die bei der Demontage einer vom VN erworbenen Spritzraumanlage beim Verkäufer entstehen.275 Montagebetrieb: Schadensersatzansprüche wegen falschen Verladens einer Maschine auf einen Lkw fallen nicht unter den Versicherungsschutz, wenn nach dem Versicherungsvertrag nur die Montage, Ausrichtung und Umsetzung von Maschinen innerhalb von Werksgebäuden versichert ist.276 Transportunternehmen: Das Risiko „Transportunternehmen, Deichgräberei und Kanalreinigungsunternehmen“ erstreckt sich nicht auf den Abtransport des gesammelten Schlammes in Kesselwagen.277
262 263 264 265 266 267 268 269
OLG Nürnberg 15.7.1974 VersR 1975 995; vgl. Bocianiak VersR 1997 1453, 1454. AG Offenbach 31.7.2000 VersR 2001 1102, 1103. ÖOGH 24.10.1974 VersR 1975 1140. OLG Nürnberg 20.12.1956 VersR 1957 501. LG Verden 14.2.1990 zfs 1990 315 (zweifelhaft). OLG Celle 5.7.2012 RuS 2013 127, 128 = VersR 2013 705. BGH 9.10.1974 VersR 1975 77, 78. BGH 9.10.1974 VersR 1975 77; hingegen OLG Frankfurt 16.2.1954 VersR 1954 362:
270 271 272 273 274 275 276 277
Versicherungsvertrag in Bezug auf Leih- und Obhutsschäden bezieht sich nicht auf geliehene Kfz. OLG Hamm 25.2.2005 RuS 2005 243, 245. LG Marburg 8.12.1977 VersR 1978 909. ÖOGH 21.4.1993 RIS 7Ob5/93. LG Dortmund 22.7.2009 RuS 2009 410, 411. OLG Frankfurt 23.11.1978 VersR 1980 1018. OLG München 24.4.1981 VersR 1982 665. LG Karlsruhe 26.4.1988 zfs 1988 256, 257. ÖOGH 7.7.1977 VersR 1978 455.
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Haftpflichtversicherung
Tierhandel/-haltung: Hat ein VN das Risiko „gewerbsmäßige Verwahrung und Pflege von Pensionspferden i.V.m. pferdesportlichen Aktivitäten“ versichert und wird er nach Abschluss des Versicherungsvertrages auch im Pferdehandel in einem Umfang tätig, dass er aus beiden Bereichen gleich hohe Umsätze erzielt, so besteht kein Versicherungsschutz für einen Schadensfall i.V.m. einer Pferdeverkaufsschau.278 Zimmereibetrieb: Verursacht ein Zimmereibetrieb Schäden bei Kunststoffschweißarbeiten auf einem Flachdach, besteht keine Deckung.279
III. Behandlung von Mischfällen 139
Zur Behandlung von Mischfällen s. § 100 VVG Rn. 74 f.
C. Erhöhungen und Erweiterungen des versicherten Risikos (Ziff. 3.1 (2) AHB) I. Bedeutung 140
Ziff. 3.1 (2) AHB verbessert den Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung durch den Einschluss der Erhöhungen und Erweiterungen des versicherten Risikos gegenüber der gesetzlichen Regelung (§§ 23 ff. VVG). Ausgangspunkt für die Ermittlung, ob im konkreten Fall eine nach Ziff. 3.1 (2) AHB gedeckte Erhöhung oder Erweiterung vorliegt, ist zunächst immer die Feststellung des Umfangs des durch den Haftpflichtversicherungsvertrag primär gebotenen Versicherungsschutzes.280 Soweit bestimmte Risiken durch Ausschlussklauseln vom Versicherungsschutz ausgenommen sind, ist kein Raum für die Anwendung von Ziff. 3.1 (2) AHB.281 Die Rechtsfolgen bei Erhöhungen oder Erweiterungen des versicherten Risikos sind in Ziff. 13 AHB bestimmt, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann.
II. Verhältnis zu §§ 23 ff. VVG 141
Die §§ 23 ff. VVG gelten auch für die Haftpflichtversicherung. Im Interesse eines möglichst lückenlosen Deckungsschutzes werden die Vorschriften über die Gefahrerhöhungen jedoch durch Ziff. 3.1 (2) AHB zugunsten des VN abgeändert.282 Der VR ist somit weder zur Kündigung gem. § 24 VVG berechtigt noch leistungsfrei nach § 26 Abs. 1 VVG, wenn eine Risikoerhöhung oder -erweiterung vorliegt, die zugleich als Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 Abs. 1 und Abs. 3 VVG zu qualifizieren ist. Der VR ist auch nicht berechtigt, die Erhöhungen oder Erweiterungen nach § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VVG auszuschließen. Er kann lediglich gem. Ziff. 13.2 AHB – insoweit in Übereinstimmung
278 279 280 281 282
LG Kassel 21.3.1990 zfs 1990 280. OLG Frankfurt 27.5.1999 NVersZ 2000 241, 242. OLG Hamm 9.1.1981 VersR 1981 1122. Littbarski AHB § 1 Rn. 66. Vgl. OLG Köln 15.9.1988 RuS 1989 9; OLG Hamm 9.1.1981 VersR 1981 1122,
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1123; OLG Hamm 2.12.1960 VersR 1962 413 f.; OLG Celle 16.3.1953 VersR 1953 181; ÖOGH 24.10.1974 VersR 1975 1140; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 78; vgl. auch BGH 12.9.2012 VersR 2012 1506, 1507 f. (zur D&O-Versicherung).
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mit § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VVG – die Prämie ab dem Zeitpunkt der Erhöhung oder Erweiterung des Risikos erhöhen. Soweit Ziff. 13.2 AHB abweichend von § 25 Abs. 2 S. 1 VVG dem VN nicht das 142 Recht zur Kündigung einräumt, wenn sich die Prämie um mehr als 10 % erhöht, liegt angesichts der für den VN vorteilhaften Abweichungen und bei Anlegung eines abstraktgenerellen Maßstabs insgesamt keine nachteilige Abweichung i.S.v. § 32 VVG vor.283 Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Vertragsstrafenandrohung für den Fall, dass der VN unrichtige Angaben macht (vgl. Ziff. 13.1 S. 3 AHB).284 Hielte man diese für unangemessen (hierzu näher Ziff. 13 AHB Rn. 8 ff.), hätte dies nur die Unwirksamkeit der Vertragsstrafenregelung in Ziff. 13.1 S. 3 AHB, nicht aber die Unwirksamkeit von Ziff. 3.1 AHB zur Folge.285
III. Erhöhungen und Erweiterungen des versicherten Risikos 1. Risikoerhöhungen a) Begriff der Risikoerhöhung. Ausgangspunkt für die Ermittlung dessen, was in 143 Ziff. 3.1 (2) Alt. 1 AHB mit dem Begriff der Risikoerhöhung gemeint ist, ist der zu § 23 VVG entwickelte Begriff der Gefahrerhöhung. Von einer Risikoerhöhung kann begrifflich nur dann gesprochen werden, wenn nachträglich eine Änderung der bei Vertragsschluss tatsächlich vorhandenen gefahrerheblichen Umstände eingetreten ist, die den Eintritt des Versicherungsfalles wahrscheinlicher macht.286 Darüber hinaus muss die Änderung der Gefahrenlage von gewisser Dauer sein.287 Nur vorübergehende Risikoerhöhungen haben dementsprechend keinen Einfluss auf die Versicherungsprämie. b) Beispiele. Eine Risikoerhöhung in der Betriebshaftpflichtversicherung ist gegeben, 144 wenn der VN neue, bisher nicht vorhandene Maschinen oder Arbeitsgeräte einsetzt288 oder neue Produktionsmethoden einführt 289. Auch „anomale“ Erhöhungen sind gedeckt, z.B. wenn der VN ungeübte Arbeitskräfte dauernd an gefährlichen Maschinen beschäftigt 290, ständig Sicherheitsvorschriften missachtet, Sicherheitsanlagen von gefährlichen Maschinen entfernt oder den Umfang der eingelagerten explosiven Stoffe wesentlich erhöht 291.
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Vgl. Schimikowski RuS 2012 435, 436 (Anmerkung zu BGH 30.5.2012 RuS 2012 435); zum Erfordernis einer Saldierung von Vor- und Nachteilen bei der Anwendung von § 32 s. Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 32 Rn. 8 ff. Schimikowski RuS 2012 435, 436; offengelassen von BGH 30.5.2012 RuS 2012 435, 436 (zur Haftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren). Offengelassen von BGH 30.5.2012 RuS 2012 435, 436 (zur Haftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren). LG Berlin 9.12.2003 NJOZ 2004 1680 f.;
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289 290 291
vgl. allgemein Bruck/Möller/Matusche-Beckmann § 23 Rn. 4 ff.; Prölss/Martin/Prölss § 23 Rn. 7; Langheid/Wandt/Wrabetz/ Reusch § 23 Rn. 21. Vgl. BGH 23.6.2004 VersR 2005 218, 219; BGH 5.5.2004 VersR 2004 895, 896; Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 15; Späte § 1 Rn. 233. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 76; Schmalzl/Krause-Allenstein Berufshaftpflichtversicherung Rn. 59; Späte § 1 Rn. 234. Späte § 1 Rn. 234. OLG Hamm 2.12.1960 VersR 1962 413, 415. Vgl. BGH 20.11.1958 VersR 1959 13, 14.
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Haftpflichtversicherung
In der Privathaftpflichtversicherung dürfte eine Risikoerhöhung gegeben sein, wenn der VN eine Schusswaffe nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise aufbewahrt (vgl. § 36 WaffG). Bei solchen Fallgestaltungen ist freilich stets zu prüfen, ob der Versicherungsschutz entfällt (z.B. weil eine ungewöhnliche und gefährliche Betätigung vorliegt oder der Vorsatzausschluss zum Tragen kommt). In der Hundehalterhaftpflichtversicherung liegt eine Erhöhung vor, wenn der VN, der 146 bisher einen Pudel besaß, sich anstelle dessen einen Rottweiler zulegt.292 Keine Risikoerhöhung liegt vor, wenn der VN auf Ausgleichsansprüche verzichtet293 147 oder nach Vertragsschluss eine Maschine mit einer Schutzvorrichtung versieht, diese später aber wieder entfernt294.
145
2. Risikoerweiterungen a) Begriff der Risikoerweiterung. Eine Erweiterung des versicherten Risikos i.S.v. Ziff. 3.1 (2) Alt. 2 AHB liegt vor, wenn sich die Zahl der durch den Versicherungsvertrag bereits versicherten gleichartigen Risiken vermehrt.295 Im Unterschied zur Risikoerhöhung kommt es nicht zur Änderung der bei Vertragsschluss gefahrerheblichen Umstände, sondern zu einer Erweiterung des – hinsichtlich der Gefahrrelevanz gleichbleibenden – zugrundeliegenden versicherten Risikos.296 Allerdings ist auch für die Annahme einer Risikoerweiterung Voraussetzung, dass diese Erweiterung von gewisser Dauer ist. Eine Risikoerweiterung kann im Übrigen auch gleichzeitig mit einer Risikoerhöhung 149 eintreten. So liegt der Fall, wenn der VN einer Tierhalter-Haftpflichtversicherung zunächst ein Pferd im Vertrag deklariert und sich später noch einen Hund zulegt.297 Hat der VN nur eine Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen und schafft er sich einen Hund an, liegt hingegen keine Risikoerweiterung vor, sondern ein neues Risiko (für das allerdings keine Deckung im Rahmen der Vorsorgeversicherung besteht, vgl. Ziff. 4 AHB Rn. 21).298
148
150
b) Beispiele. In der Betriebshaftpflichtversicherung wird eine Risikoerweiterung angenommen, wenn eine Reitschule zusätzliche Pferde anschafft299, ein Betrieb zusätzliche Mitarbeiter beschäftigt300, der Jahresumsatz bzw. beim Haus- und Grundbesitz der Brutto-Jahresmietwert ansteigt, soweit dieser Grundlage für die Risiko- und Prämienbemessung ist301 sowie wenn ein Dachdecker die für den Eigenbedarf bestimmten Gerüste ausnahmsweise einmal vermietet302.
292 293 294 295 296 297 298 299
Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 76. OLG Düsseldorf 28.7.1959 VersR 1959 822, 823. OLG Hamm 2.12.1960 VersR 1962 413, 415. Späte § 1 Rn. 236; Littbarski AHB § 1 Rn. 71. Vgl. OLG Köln 15.9.1988 RuS 1989 9. Späte § 1 Rn. 236; Wussow § 1 Anm. 94. Vgl. Wussow § 1 Anm. 94. OLG Celle 2.5.1990 VersR 1991 1282,
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300
301 302
1283; a.A. OLG München 19.2.1960 MDR 1960 677 f. für zweiten Hund. Hans. OLG Hamburg 22.6.1982 VersR 1985 229, 230 (zum Rechtsanwaltsbüro); Späte § 1 Rn. 236; a.A. LG Berlin 9.12.2003 NJOZ 2004 1680 f. (Risikoerhöhung) Späte § 1 Rn. 236. Vgl. BGH 9.10.1974 VersR 1975 77, 78 (bei laufender Vermietung liegt hingegen ein anderes, nicht versichertes Risiko vor).
Robert Koch
Versichertes Risiko
AHB 2012 Ziff. 3
Nach Ansicht v. Rintelens stellt die Gestattung zur privaten Internetnutzung im Betrieb eine bloße Risikoerweiterung dar.303 Diese Qualifikation ist mit Blick auf die Abgrenzungskriterien zwischen Risikoerhöhungen/-erweiterungen und neuen Risiken (hierzu sogleich Rn. 158 ff.) fraglich, wenn weder ein innerer, noch ein wirtschaftlicher Zusammenhang zu dem ursprünglich versicherten Risiko besteht. Ist im Versicherungsvertrag vereinbart, dass der Geschäftsbetrieb des VN in allen Nebenbetrieben gegen die gesetzliche Haftpflicht versichert ist, ist jede Ausdehnung des Geschäftsbetriebes, die sich mit den gleichen Artikeln oder mit artverwandten Produkten befasst, als Erweiterung des versicherten Risikos anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn die Erweiterung auf einem anderen Grundstück oder an einem anderen Ort als dem bisherigen Sitz des VN vollzogen wird.304 Ist in einer Haftpflichtversicherung für die Land- und Forstwirtschaft die gesetzliche Haftpflicht des VN aus Besitz und Verwendung von selbst fahrenden Arbeitsmaschinen (mit nicht mehr als 20 km/h) im eigenen Betrieb mitversichert, erstreckt sich die allgemeine Risikobeschreibung auch auf eine nach Abschluss des Versicherungsvertrages neu erworbene Arbeitsmaschine.305 In der Privathaftpflichtversicherung liegt eine Risikoerweiterung vor, wenn der VN als Besitzer eines Grundstücks auf diesem zwei Zimmer vermietet.306 In der Hundehalterhaftpflichtversicherung wird eine Erweiterung angenommen, wenn der VN einen weiteren Hund der gleichen Rasse kauft. Eine Risikoerweiterung und -erhöhung zugleich liegen dann vor, wenn der VN seinen Pudel behält und sich zusätzlich einen Rottweiler anschafft.307
151
152
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154 155
3. Ausnahmen Kein Versicherungsschutz besteht nach Ziff. 3.1 (2) S. 2 AHB für Risikoerhöhungen 156 und -erweiterungen aus dem Halten oder dem Gebrauch von versicherungspflichtigen Kraftfahrzeugen (Rn. 85), Luft- oder Wasserfahrzeugen (zu diesen Begriffen s. Ziff. 4 AHB Rn. 24 f.) sowie für sonstige Risiken, die der Versicherungs- oder Deckungsvorsorgepflicht unterliegen. Der Klausel kommt lediglich klarstellende Bedeutung zu, da diese Risiken in der Privathaftpflichtversicherung durch (Ziff. 3.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) (Rn. 84) und in der Betriebshaftpflichtversicherung durch die sog. „große Benzinklausel“ genannt – (vgl. Ziff. 7.4.3 Muster-Bedingungsstruktur AT) – und von vornherein vom Versicherungsschutz ausgenommen sind.308 Zu beachten ist, dass sich hier wie dort eine Gefahr verwirklicht haben muss, „die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist“.309
303
304 305 306 307 308
Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 15; a.A. R. Koch VersR 2006 1433, 1438. So auch Späte § 1 Rn. 236. OLG Nürnberg 28.2.2002 AgrarR 2002 335 f. Späte § 1 Rn. 236. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 76. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 99; Langheid/Wandt/
309
Büsken AllgHaftpflV Rn. 79; zu den Unterschieden s. Terno RuS 2011 361, 362; zur Wirksamkeit der „kleinen Benzinklausel“ s. OLG München 4.7.2013 VersR 2013 1168, 1169; LG München 20.12.2012 RuS 2013 225, 226 f. Zur Abgrenzung zwischen Kfz-Haftpflichtversicherung und Privat-/Betriebshaftpflichtversicherung s. Kommentierung zur KfzHaftpflichtversicherung.
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AHB 2012 Ziff. 3 157
Haftpflichtversicherung
Zu beachten ist, dass in der Privathaftpflichtversicherung gem. Ziff. 3.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht Deckung für Schäden besteht, die verursacht werden durch den Gebrauch von nur auf nicht öffentlichen Wegen und Plätzen verkehrenden Kfz und Anhängern ohne Rücksicht auf eine Höchstgeschwindigkeit, Kfz mit nicht mehr als 6 km/h Höchstgeschwindigkeit und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit nicht mehr als 20 km/h Höchstgeschwindigkeit. Ausdrücklich heißt es dort, dass für diese Kfz nicht die Ausschlüsse in Ziff. 3.1 (2) AHB gelten.
IV. Abgrenzung zu neuen Risiken 158
Während die Abgrenzung zwischen der Erhöhung und der Erweiterung des versicherten Risikos lediglich der begrifflichen Klarheit dient, ist die Abgrenzung zu neu hinzutretenden Risiken von wesentlicher praktischer Bedeutung. Nach Ziff. 3.1 (3) AHB besteht Deckung für neue Risiken nur nach Maßgabe der Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB). Diese bietet nur eingeschränkten Versicherungsschutz und entfällt unter gewissen Voraussetzungen rückwirkend (siehe hierzu Kommentierung zu Ziff. 4 AHB). Zudem erstrecken sich die Regeln der Vorsorgeversicherung nach 27.1 S. 2 AHB, anders als in den Fällen der Erhöhung oder der Erweiterung des versicherten Risikos, nicht auf den Versicherten. 159 Die Rechtsprechung stellt für die Abgrenzung zum Teil darauf ab, ob die Änderung oder Ausweitung der im Versicherungsvertrag beschriebenen Eigenschaften, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnisse in einem inneren Zusammenhang mit dem ursprünglich versicherten Risiko steht und ob sie unter eine andere Position des Prämientarifs fällt.310 Das Abstellen auf Positionen des Prämientarifs ist in der Literatur mit der Begründung auf Ablehnung gestoßen, dass eine Tarifposition nur dann als verbindliches Kriterium herangezogen werden könne, wenn sie Vertragsbestandteil geworden sei.311 Zu Recht weisen Späte312 und Büsken313 darauf hin, dass ein neues Risiko auch dann gegeben sein kann, wenn der VR dafür keine eigene Tarifposition vorhalte, weil es sich um ein neuartiges Risiko handelt, er das Risiko nicht erkannt oder für gering erachtet hat.314 Soweit im Schrifttum vorgeschlagen wird, zur Abgrenzung zwischen risikobegrenzenden Hauptfragen und gefahranzeigenden Nebenfragen zu unterscheiden315, begegnet dieser Vorschlag den gleichen Bedenken, die gegen die Heranziehung von Tarifpositionen geäußert werden, soweit für den VN nicht erkennbar ist, um welchen Fragentypus es sich handelt. 160 Beim Fehlen ausdrücklicher vertraglicher Abreden dürfte es dem Verständnis des durchschnittlichen VN eher gerecht werden, auf die zur Bestimmung des Umfangs des versicherten Risikos herausgearbeiten Kriterien abzustellen (Rn. 124 ff.) und den Begriff
310
311
Vgl. BGH 9.10.1974 VersR 1975 77, 78; OLG Stuttgart 7.7.1972 VersR 1974 123, 124; vgl. auch KG 13.2.2004 NJOZ 2004 2496, 2498 = VersR 2004 1593, 1594, das auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang abstellt, und OLG Köln 12.6.1986 VersR 1987 1987, 1230, das auf einen unmittelbaren Zusammenhang abstellt. Vgl. Littbarski AHB § 2 Rn. 17; Späte § 2 Rn. 4; v. Rintelen § 26 Rn. 17; Bocianiak VersR 1997 1453, 1455.
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312 313 314 315
Späte § 2 Rn. 4 im Anschluss an Wussow § 1 Anm. 94. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 77. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 77. Späte § 2 Rn. 4 im Anschluss an Wussow § 1 Anm. 94.
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Versichertes Risiko
AHB 2012 Ziff. 3
des neuen Risikos negativ in dem Sinne zu bestimmen, dass ein neues Risiko immer dann vorliegt, wenn die Änderung oder Ausweitung der im Versicherungsvertrag beschriebenen Eigenschaften, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnisse nach der Verkehrsauffassung mit dem Berufsbild nicht vereinbar und branchenunüblich ist. Sind im Vertrag Prämien zuschläge für die Veränderung bestimmter Risiken vorgesehen, liegt im Zweifel kein neues Risiko, sondern eine Risikoerhöhung/-erweiterung vor. Vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung gilt Vorstehendes entsprechend, 161 wenn der VR für ein bestimmtes Risiko Versicherungsschutz ohne besonderen Prämienzuschlag bis zu einer bestimmten Höhe gewährt. Eine solche abweichende Vereinbarung enthält die Privathaftpflichtversicherung hinsichtlich der Mitversicherung des Bauherrenrisikos (Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Werden mehr als drei Räume einzeln vermietet oder überschreitet die Bausumme 50.000 € gelten die Bestimmungen über die Vorsorgeversicherung (Rn. 80 ff.). Diese Abweichungen werden somit wie neue Risiken behandelt. Weder ein neues Risiko i.S.d. Ziff. 4 AHB noch eine Risikoerhöhung/-erweiterung 162 i.S.v. Ziff. 3.1 liegt vor, wenn der VN als Grundstückseigentümer versichert war und sein Haus zerstört wird.316 Hier handelt es sich vielmehr um eine Risikoverringerung, die prämienmäßig i.R.d. Ziff. 13.2 AHB zu berücksichtigen ist.
D. Verschärfung von Haftpflichtnormen (Ziff. 3.2 AHB) Schrifttum Werber Haftungsverschärfendes Gesetz und Haftpflichtversicherung VersR 1991 522.
Die Erhöhung des versicherten Risikos durch Änderung bestehender oder Erlass 163 neuer Rechtsvorschriften berührt den Versicherungsschutz grundsätzlich nicht. Der VR ist jedoch zur Kündigung des Vertrages nach Maßgabe von Ziff. 21 AHB berechtigt. Unter den Begriff der Rechtsvorschrift fallen alle materiellen Rechtsnormen, die in Deutschland und – soweit Auslandsrisiken mitversichert sind (Ziff. 7 AHB Rn. 266 ff.) – in den jeweils betroffenen Staaten unmittelbar wirksam sind (z.B. Gesetze, (EU-)Verordnungen und Satzungen). Als Beispiel für eine Verschärfung sei die Einführung einer verschuldensunabhängigen (Gefährdungs-)Haftung317 oder die Einführung von neuen Schutzgesetzen i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB 318 genannt. Nicht unter den Begriff der Rechtsvorschrift fallen Akte der Rechtsprechung sowie 164 Verwaltungsakte.319 Eine das Haftpflichtrisiko verschärfende Änderung der Rechtsprechung oder der Verwaltungspraxis berechtigt den VR somit nicht zur Kündigung. Keine Rechtsvorschriften i.S.v. Ziff. 3.2 AHB sind auch Unfallverhütungsvorschriften i.S.v. § 15 SGB VII oder privat gesetzte Rechtsregeln (z.B. DIN-Regeln), mag ihnen auch eine Konkretisierungsfunktion i.R.d. Verkehrspflichten zukommen mit der Folge, dass Änderungen durchaus geeignet sein können, das Haftpflichtrisiko zu erhöhen.
316
317
BGH 24.1.1951 NJW 1951 314, 315 = VersR 1951 76; Späte § 2 Rn. 4; a.A. Wussow § 8 Anm. 26. Späte § 1 Rn. 243; Werber VersR 1991 522 f.
318 319
Vgl. Wussow § 1 Anm. 96. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 21 AHB Rn. 2; Littbarski AHB § 1 Rn. 81 ff.; Späte § 1 Rn. 243; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 82.
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AHB 2012 Ziff. 4
Haftpflichtversicherung
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4. Vorsorgeversicherung
§ 2 Vorsorgeversicherung
4.1 Risiken, die nach Abschluss des Versicherungsvertrages neu entstehen, sind im Rahmen des bestehenden Vertrages sofort versichert. (1) 1Der VN ist verpflichtet, nach Aufforderung des VR jedes neue Risiko innerhalb eines Monats anzuzeigen. 2Die Aufforderung kann auch mit der Beitragsrechnung erfolgen. 3 Unterlässt der VN die rechtzeitige Anzeige, entfällt der Versicherungsschutz für das neue Risiko rückwirkend ab dessen Entstehung. 4Tritt der Versicherungsfall ein, bevor das neue Risiko angezeigt wurde, so hat der VN zu beweisen, dass das neue Risiko erst nach Abschluss der Versicherung und zu einem Zeitpunkt hinzugekommen ist, zu dem die Anzeigefrist noch nicht verstrichen war. (2) 1Der VR ist berechtigt, für das neue Risiko einen angemessenen Beitrag zu verlangen. 2Kommt eine Einigung über die Höhe des Beitrags innerhalb einer Frist von einem Monat nach Eingang der Anzeige nicht zustande, entfällt der Versicherungsschutz für das neue Risiko rückwirkend ab dessen Entstehung.
§ 2 Ziff. 1 1Der Versicherungsschutz beginnt sofort mit dem Eintritt eines neuen Risikos, ohne dass es einer besonderen Anzeige bedarf. 2Der VN ist aber verpflichtet, auf Aufforderung des VR, die auch durch einen der Beitragsrechnung bei gedruckten Hinweis erfolgen kann, binnen eines Monats nach Empfang dieser Aufforderung jedes neu eingetretene Risiko anzuzeigen. 3 Unterlässt der VN die rechtzeitige Anzeige oder kommt innerhalb der Monatsfrist nach Eingang der Anzeige bei dem VR eine Vereinbarung über den Beitrag für das neue Risiko nicht zustande, so fällt der Versicherungsschutz für dasselbe rückwirkend vom Gefahreneintritt ab fort. 4 Tritt der Versicherungsfall ein, bevor die Anzeige des neuen Risikos erstattet ist, so hat der VN zu beweisen, dass das neue Risiko erst nach Abschluss der Versicherung und in einem Zeitpunkt eingetreten ist, in dem die Anzeigefrist nicht verstrichen war.
4.2 Der Versicherungsschutz für neue Risiken ist von ihrer Entstehung bis zur Einigung i.S. von Ziff. 4.1 (2) auf den Betrag von EUR … für Personenschäden und EUR … für Sachschäden und – soweit vereinbart – EUR … für Vermögensschäden begrenzt, sofern nicht im Versicherungsschein geringere Versicherungssummen festgesetzt sind.
§ 2 Ziff. 2 Der Versicherungsschutz wird auf den Betrag von EUR … für Personenschaden und EUR … für Sachschaden begrenzt, sofern nicht im Versicherungsschein geringere Deckungssummen festgesetzt sind.
4.3 Die Regelung der Vorsorgeversicherung gilt nicht für Risiken
§ 2 Ziff. 3 Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf die Gefahren, welche verbunden sind mit
(1) aus dem Eigentum, Besitz, Halten oder Führen eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs, soweit diese Fahrzeuge der Zulassungs-, Führerschein- oder Versicherungspflicht unterliegen;
c) dem Führen oder Halten von Kraftfahrzeugen.
(2) aus dem Eigentum, Besitz, Betrieb oder Führen von Bahnen;
a) dem Besitz oder Betrieb von Bahnen, von Theatern, Kino- und Filmunternehmungen, Zirkussen und Tribünen, ferner von Luft- und Wasserfahrzeugen aller Art (abgesehen von Ruderbooten) und dem Lenken solcher Fahrzeuge sowie der Ausübung der Jagd; b) Herstellung, Bearbeitung, Lagerung, Beförderung, Verwendung von und Handel mit explosiblen Stoffen, soweit hierzu eine besondere behördliche Genehmigung erforderlich ist;
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Vorsorgeversicherung
AHB 2012
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4. Vorsorgeversicherung
§ 2 Vorsorgeversicherung
(3) die der Versicherungs- oder Deckungsvorsorgepflicht unterliegen;
Neu
(4) die kürzer als ein Jahr bestehen werden und deshalb im Rahmen von kurzfristigen Versicherungsverträgen zu versichern sind.
Neu
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Übersicht Rn. A. Zweck der Vorsorgeversicherung . . . . B. Rechtsnatur der Vorsorgeversicherung . . C. Verhältnis des Hauptvertrages zur Vorsorgeversicherung . . . . . . . . . . I. Akzessorietät der Vorsorgeversicherung . II. Beschränkung und Erweiterung der Vorsorgeversicherung durch Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen . III. Sonstige Konsequenzen aus der akzessorischen Ausgestaltung der Vorsorgeversicherung . . . . . . . . . . . . . . . D. Vorliegen eines „Neuen Risikos“ . . . . I. Abweichung von dem versicherten Hauptvertragsrisiko . . . . . . . . . . . . . . II. Entstehung des neuen Risikos nach Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . III. Kein Verzicht des VN auf Vorsorgeversicherung . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . . . E. Geltung der Vorsorgeversicherung . . . . I. Erstreckung auf andere Versicherungsarten/-zweige . . . . . . . . . . . . . . II. Von der Vorsorgeversicherung ausgenommene Risiken . . . . . . . . . . . . 1. Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeuge (Ziff. 4.3 (1) AHB) . . . . . . . . . . a) Kraftfahrzeug . . . . . . . . . . .
Rn.
1 2 3 3 III. 4
7 10 10
IV. V. VI.
12 13 15 17
F. G.
17 22 22 23
I. II. H. I.
b) Wasserfahrzeug . . . . . . . . . . c) Luftfahrzeug . . . . . . . . . . . . 2. Bahnen (Ziff. 4.3 (2) AHB) . . . . . . 3. Versicherungs- und Deckungsvorsorgepflicht (Ziff. 4.3 (3) AHB) . . . . . . 4. Kurzfristige Risiken (Ziff. 4.3 (4) AHB) Rechtzeitige Anzeige des neuen Risikos nach Aufforderung . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur der Anzeige . . . . . . . 2. Materiellrechtliche Bedeutung . . . . Einzelheiten über Aufforderung und Anzeige nach Ziff. 4.1 AHB . . . . . . . Anzeige ohne Aufforderung des VR . . . Einigung über die Höhe der Prämie für das neue Risiko . . . . . . . . . . . . . 1. Angebot des VR . . . . . . . . . . . 2. Angemessenheit der Prämie . . . . . . 3. Überhöhte Prämienforderung . . . . . Deckungssummen der Vorsorgeversicherung . . . . . . . . . . . . . . . Doppelte Vorsorgeversicherung und Mehrfachversicherung . . . . . . . . . . Doppelte Vorsorgeversicherung . . . . . Mehrfachversicherung . . . . . . . . . . Vorsorgeversicherung und Rechtsstellung des Versicherten . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .
24 25 26 27 28 30 30 31 33 41 42 42 44 47 50 51 51 53 54 55
A. Zweck der Vorsorgeversicherung Ziff. 4 AHB hat die Vorsorgeversicherung zum Gegenstand. Die Klausel ist die Nach- 1 folgeregelung zu § 2 AHB 2002. Die Vorsorgeversicherung dient ebenso wie die Mitversicherung von Risikoerhöhungen und -erweiterungen der Verbesserung des Versicherungsschutzes des VN. Indem die neuen Risiken bereits mit ihrer Entstehung in den Versicherungsschutz einbezogen werden, werden Versicherungslücken verhindert und die Beschränkung der Deckung auf das versicherte Risiko wird durchbrochen.1
1
Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 1; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 83.
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AHB 2012 Ziff. 4
Haftpflichtversicherung
B. Rechtsnatur der Vorsorgeversicherung 2
Die Vorsorgeversicherung stellt keinen Abschluss eines neuen, selbstständigen Vertrages dar, sondern die Ausfüllung des bestehenden Versicherungsvertrages (Hauptvertrag).2 Dies ergibt sich aus der Formulierung in Ziff. 4.1 AHB, wonach die Risiken, die nach Abschluss des Versicherungsvertrages neu entstehen, „im Rahmen des bestehenden Vertrages“ sofort versichert sind. Die Vorsorgeversicherung ist somit keine Rückwärtsversicherung. Vielmehr umfasst schon der ursprüngliche Vertragsschluss auch das später neu entstehende Risiko. Das Nichtzustandekommen der nachträglichen Prämienvereinbarung gemäß Ziff. 4.1 (2) S. 2 AHB ist als auflösende Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) der (antizipiert vereinbarten) Vorsorgeversicherung anzusehen.3
C. Verhältnis des Hauptvertrages zur Vorsorgeversicherung I. Akzessorietät der Vorsorgeversicherung 3
Da die Vorsorgeversicherung den Versicherungsvertrag nicht ersetzt, sondern den nach Maßgabe des Hauptvertrages bestehenden Versicherungsschutz lediglich auf ein neu hinzukommendes Risiko ausdehnt, setzt sie einen wirksamen Hauptvertrag voraus. Eine Anfechtung oder Kündigung des Hauptvertrages sowie ein Rücktritt oder Widerruf (§ 8) schlagen stets auf die Vorsorgeversicherung durch.4 Der akzessorische Charakter der Vorsorgeversicherung hat des Weiteren zur Folge, dass für sie grundsätzlich alle Bedingungen des Hauptvertrages gelten. Dies trifft sowohl für die in den AHB als auch für die in den Besonderen Versicherungsbedingungen und Risikobeschreibungen enthaltenen primären und sekundären Risikobegrenzungen zu.5 Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die im Hauptvertrag nicht versichert oder ausgeschlossen sind (z.B. Haftpflichtansprüche wegen Schäden aus dem Austausch, der Übermittlung und der Bereitstellung elektronischer Daten, vgl. Ziff. 7.15 AHB), können deshalb auch nicht über die Vorsorgeversicherung abgedeckt werden.6
II. Beschränkung und Erweiterung der Vorsorgeversicherung durch Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen 4
Zu beachten ist des Weiteren, dass nach dem Sprachgebrauch besondere Vereinbarungen den allgemeinen vorgehen. Insoweit haben die Muster-Bedingungsstrukturen und sonstige Besondere Versicherungsbedingungen und Risikobeschreibungen Vorrang gegenüber den AHB.7 Dies hat zur Folge, dass eine Klausel in den Besonderen Bedingungen, 2
3 4 5
Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 85; Späte § 2 Rn. 1; Littbarski AHB § 2 Rn. 5; Wussow § 2 Anm. 1; Kuwert Rn. 2003. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 85; Littbarski AHB § 2 Rn. 5; Späte § 2 Rn. 1. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 86; Wussow § 2 Anm. 2. Vgl. OLG Schleswig 4.7.1967 VersR 1968 337, 338; OLG Düsseldorf 12.2.1963 VersR 1964 669, bestätigt durch BGH 14.6.1965 VersR 1965 750, 751; LG Itzehoe 21.8.1987
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6 7
RuS 1989 114; Späte § 2 Rn. 2; Beckmann/ Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 21 f.; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 9; Littbarski AHB § 2 Rn. 10; Bocianiak VersR 1997 1453, 1457. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 5; Späte § 2 Rn. 3. Vgl. OLG München 4.7.2013 VersR 2013 1168, 1169; LG München 20.12.2012 RuS 2013 225, 228; Langheid/Wandt/Thürmann ProdHM Rn. 16 zum Verhältnis AHB und
Robert Koch
Vorsorgeversicherung
AHB 2012 Ziff. 4
die den Versicherungsschutz über Ziff. 4.3 AHB hinaus einschränkt, auch im Rahmen der Vorsorgeversicherung nach Ziff. 4.1 AHB maßgebend ist. Andererseits versteht es sich, dass Erweiterungen in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen Ziff. 4.3 AHB vorgehen und auch im Rahmen der Vorsorgeversicherung gelten, wenn sie dem VN günstigeren Versicherungsschutz gewähren. Demgemäß ist der Ausschluss des Versicherungsschutzes in der Vorsorgeversicherung 5 durch Ziff. 4.3 (1) AHB für Haftpflichtansprüche aus dem Eigentum, Besitz, Halten oder Führen eines Kfz insoweit bedeutungslos, als gemäß Ziff. 3.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht und Ziff. 7.5.1 Muster-Bedingungsstruktur AT Deckung z.B. für Schäden besteht, die verursacht werden durch den Gebrauch von nur auf nicht öffentlichen Wegen und Plätzen verkehrenden Kfz und Anhängern ohne Rücksicht auf eine Höchstgeschwindigkeit, Kfz mit nicht mehr als 6 km/h Höchstgeschwindigkeit und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit nicht mehr als 20 km/h Höchstgeschwindigkeit. Deshalb findet sich dort die Klarstellung, dass für diese Fahrzeuge nicht die Ausschlüsse in Ziff. 4.3 (1) AHB gelten (Ziff. 3.2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX, Ziff. 7.5.2 Muster-Bedingungsstruktur AT). Gleiches gilt für Luftfahrzeuge, die nicht der Versicherungspflicht unterliegen, und 6 Wassersportfahrzeuge, deren Gebrauch nach Ziff. 3.2 (2) und (3) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht versichert ist. Es besteht also nach dem Hauptvertrag Versicherungsschutz sowohl für einen Schaden, der durch ein zur Zeit des Beginns des materiellen Versicherungsschutzes gemietetes Boot angerichtet wurde, als auch für durch ein später geliehenes oder gemietetes Tretboot verursachte Schäden. Die Ausschlussbestimmung der Vorsorgeversicherung gem. Ziff. 4.3 (1) AHB greift insoweit nicht ein.
III. Sonstige Konsequenzen aus der akzessorischen Ausgestaltung der Vorsorgeversicherung Ist der VR im Ganzen leistungsfrei, etwa nach §§ 37 oder 38 VVG, oder wäre das 7 neue Risiko nach einem anderen, nicht den AHB unterliegenden Bedingungswerk (etwa nach den AVB Vermögen) abzudecken, besteht auch kein Versicherungsschutz in der Vorsorgeversicherung.8 Wird der Versicherungsschutz durch Zahlung der rückständigen (Folge-)Prämie wiederhergestellt (§ 38 Abs. 3 VVG), beginnt er gleichzeitig auch für das neue Risiko.9 Dies gilt auch dann, wenn zum Ausgangsvertrag ausnahmsweise noch gar kein Versicherungsschutz bestanden hat, sofern nur das neue Risiko nach Abschluss des Hauptvertrages entstanden ist. Ist der Hauptvertrag im gegenseitigen Einverständnis aufgehoben, so fehlt es für eine 8 Anwendung der Vorsorgeversicherung auf neue Risiken an einer entsprechenden Grundlage.10 Das Gleiche gilt für den Fall, dass der VN zunächst seinen Betrieb mit den in § 102 9 Abs. 2 S. 1 VVG vorgesehenen Folgen veräußert und sodann einen neuen Betrieb übernimmt. Anders ist aber der Vorgang zu beurteilen, wenn der VN kurz vor der Veräuße-
8
ProdHM; Schimansky/Bunte/Lwowski/Bunte Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. (2007) § 6 Rn. 6 zum Verhältnis allgemeine Banken-AGB zu Sonderbedingungen. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 5; Späte § 2 Rn. 3.
9 10
Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 87. So auch Späte § 2 Rn. 1.
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Haftpflichtversicherung
rung seines Betriebes oder auch gleichzeitig damit ein anderes Unternehmen übernimmt. Hier schützt ihn die Vorsorgeversicherung.11 Es liegt dann der Fall vor, dass Versicherungsschutz im Rahmen der Vorsorgeversicherung besteht, obwohl der Hauptvertrag später auf einen Dritten übergegangen ist. Aus der Einheit des Vertrages folgt, dass auf die für das neue Risiko zu entrichtende Prämie nicht § 37 VVG, sondern § 38 VVG Anwendung findet.
D. Vorliegen eines „Neuen Risikos“ I. Abweichung von dem versicherten Hauptvertragsrisiko 10
Für die Feststellung, ob ein „neues Risiko“ vorliegt, muss zunächst der Umfang des bisher gedeckten Risikos festgestellt werden. Ausgangspunkt ist die Risikodeklaration. Ein neues Risiko ist zu bejahen, wenn die Änderung oder Ausweitung der im Versicherungsvertrag beschriebenen Eigenschaften, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnisse nach der Verkehrsauffassung mit dem Berufsbild nicht vereinbar und branchenunüblich ist (s. hierzu Ziff. 3 AHB Rn. 158 ff.). 11 Das Ende der Berufsausbildung stellt sich in der Privathaftpflichtversicherung nicht als neues Risiko dar, da das Ende der Schul- oder einer unmittelbar anschließenden Berufsausbildung (oder die Heirat) lediglich die Mitversicherung volljähriger Kinder beendet.12
II. Entstehung des neuen Risikos nach Vertragsschluss 12
Weitere Voraussetzung ist, dass es erst nach Vertragsschluss entstanden ist. Ein Risiko, das bei Vertragsabschluss schon existierte, fällt nicht unter die Vorsorgeversicherung. Das gilt auch dann, wenn dieses Risiko zur Zeit des Vertragsschlusses nur im ganz geringen Maße vorhanden war.13
III. Kein Verzicht des VN auf Vorsorgeversicherung 13
Wer bereits bei Abschluss des Vertrages über die Versicherung seiner privaten Haftpflicht mehr als drei Räume seines Einfamilienhauses vermietete, deren Versicherung aber ablehnte, kann nicht später für einen Schaden im Rahmen der Vorsorgeversicherung Deckung begehren. Erwirbt der VN ein Wochenendhaus und vermietet auch hier mehr als drei Räume, so ist es eine Frage der Auslegung, ob mit dem Verzicht auf den Vermieterhaftpflichtversicherungsschutz für das Einfamilienhaus auch auf den Vorsorgeversicherungsschutz für künftig zu erwerbende Wochenendhäuser verzichtet werden sollte (vgl. Ziff. 3 AHB Rn. 77 ff.). 14 Ein solcher Verzicht ist regelmäßig zu bejahen, wenn sich nicht aus den Einzelumständen etwas anderes ergibt. So ist denkbar, dass der VN dem VR bei Abschluss des Vertrages schreibt, dass er für sein Einfamilienhaus kein Vermieterhaftpflichtversicherungsschutz benötige, sondern ihm ein Versicherungsschutz nur etwa für ein Wochenendhaus erforderlich erscheine. Wird dieser VN später Eigentümer eines Wochenendhauses, so ist von der Anwendung der Vorsorgeversicherung auszugehen.
11 12
So auch Späte § 2 Rn. 1. OLG Hamm 12.7.2006 RuS 2006 417.
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13
BGH 20.11.1958 VersR 1959 13, 14.
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Vorsorgeversicherung
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IV. Kasuistik Bejaht hat die Rechtsprechung ein neues Risiko bei Einrichtung einer Sauna in einem 15 versicherten Sportstudio.14 Dieses Urteil lässt sich nach heutiger Verkehrsauffassung aber nicht mehr aufrechterhalten.15 Ein neues Risiko liegt vor, wenn ein Dachdeckerbetrieb regelmäßig Baugerüste vermietet16, ein bisher als Assistenzarzt versicherter VN eine eigene Praxis eröffnet17 oder nach der Betriebsbeschreibung „die gesetzliche Haftpflicht als Handelsvertretung, auch mit Auslieferungslager“ sowie „der Handel mit Lackiergeräten“ versichert sind und der VN später seine Tätigkeit auch auf die Montage und Demontage von Lackiergeräten und Lackierkabinen erweitert.18 Schließt ein versicherter Elektroinstallateur einen Wärmeerzeuger an das Wassernetz 16 an, gehört dies zu seinem Beruf und ist deshalb versichert. Führt er dagegen auch die gesamte Wasserinstallation aus, soll es sich nach zweifelhafter, bedauerlicherweise nicht näher begründeter Ansicht des OLG Hamm um kein neues Risiko im Rahmen des bestehenden Vertrages handeln.19 Ergänzend sei auf die Darstellung zur Bestimmung des Umfangs des versicherten Risikos verwiesen (Rn. 123 ff.).
E. Geltung der Vorsorgeversicherung I. Erstreckung auf andere Versicherungsarten/-zweige Im Rahmen der Vorsorgeversicherung hat der VR auch Risiken zu übernehmen, die 17 er sonst nicht übernimmt.20 Fraglich ist, ob und inwieweit die Vorsorgeversicherung auch neue Risiken umfassen kann, die andere Arten/Zweige der Haftpflichtversicherung betreffen. Von vornherein ausgenommen aufgrund des akzessorischen Charakters der Vorsorgeversicherungen sind solche Risiken, die nicht auf der Basis der AHB oder Besonderer Bedingungen und Risikobeschreibungen versichert werden. Im Übrigen gelten nach Ziff. 4.3 (1) bis (4) AHB – vorbehaltlich Besonderer Bedingungen und Risikobeschreibungen (Rn. 4) – die Regeln der Vorsorgeversicherung nicht für Risiken aus dem Eigentum, Besitz, Halten oder Führen eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs, soweit diese Fahrzeuge der Zulassungs-, Führerschein- oder Versicherungspflicht unterliegen, sowie aus dem Eigentum, Besitz, Betrieb oder Führen von Bahnen, die der Versicherungs- oder Deckungsvorsorgepflicht unterliegen und die kürzer als ein Jahr bestehen werden (hierzu Rn. 24 f.). Weiter gehende Beschränkungen enthalten die AHB nicht. Umstritten ist, ob sich aus Ziff. 4.3 AHB der Umkehrschluss ziehen lässt, dass alle 18 anderen nach Maßgabe der AHB versicherbaren Haftpflichtrisiken von der Vorsorgeversicherung erfasst werden.21 Kann z.B. der privathaftpflichtversicherte VN, der zur Zeit des Abschlusses der Privathaftpflichtversicherung keinen Beruf ausübte, später aber einen Betrieb als selbstständiger Gewerbetreibender übernimmt, sich für diesen Gewerbe-
14 15 16 17 18
OLG Nürnberg 15.7.1974 VersR 1975 995. Zu Recht Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 4. BGH 9.10.1974 VersR 1975 77, 78. AG Offenbach 31.7.2000 VersR 2001 1102, 1103. LG Düsseldorf 25.6.2003 VersR 2004 101, 102.
19 20 21
Zweifelhaft OLG Hamm 25.2.2005 RuS 2005 243, 245. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 10; Späte § 2 Rn. 3, Littbarski AHB § 2 Rn. 10. So Späte § 2 Rn. 5; Prölss/Martin/Voit 27 § 2 AHB Rn. 10.
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betrieb auf die Bestimmungen der Vorsorgeversicherung berufen? Die Rechtsprechung22 und die überwiegende Literatur23 haben sich gegen eine solche Ausdehnung mit der Begründung ausgesprochen, der Grundsatz der Spezialität der versicherten Gefahr behalte auch in der Vorsorgeversicherung seine Geltung. Deshalb könnten berufliche oder gewerbliche Risiken nie der Vorsorgeversicherung in der Privathaftpflichtversicherung unterfallen, ebenso wenig private Risiken der beruflichen oder gewerblichen Haftpflichtversicherung. Diese Begründung geift zu kurz, weil die Vorsorgeversicherung gerade geschaffen 19 worden ist, um dem die Haftpflichtversicherungstechnik beherrschenden Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos zugunsten des VN entgegenzuwirken. Dieser Grundsatz dient nicht nur der Abgrenzung des versicherten Risikos innerhalb der Betriebshaftpflichtversicherung, sondern auch zur Abgrenzung von versicherten Risiken anderer Deckungskonzepte, die auf den AHB basieren. Im Ergebnis verdient die h.M. jedoch Zustimmung. Entscheidend ist, dass die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen als 20 speziellere Regelung den AHB vorgehen (Rn. 4). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Ausschlüsse, sondern auch für Beschränkungen, die in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen enthalten sind. Zu Recht weisen Späte und Wussow darauf hin, dass eine negative Umgrenzung des versicherten Risikos (auf der Ebene der primären Risikobegrenzung) einen grundsätzlichen Ausschluss bestimmter Risiken von dem Gesamtvertrag bedeuten und insoweit auch deren Hineinnahme in den Vertrag im Wege der Vorsorgeversicherung entgegenstehen könne.24 In der Tat kann der durchschnittliche VN nicht davon ausgehen, dass Risiken, die schon nach den Risikobeschreibungen des Hauptvertrages eindeutig als nicht versichert bezeichnet sind, über den Umweg der Vorsorgeversicherung abgedeckt werden sollen.25 Folglich werden alle nach Ziff. 1 S. 2 und S. 3 Nr. 1.1–1.8 Muster-Bedingungs21 struktur IX Privathaftpflicht ausgeschlossene Risiken (Ziff. 3 AHB Rn. 13 ff.) wie z.B. die Gefahren eines Betriebes oder Berufes, der unerlaubte Waffenbesitz oder das Halten von Hunden nicht gem. Ziff. 4.1 AHB von der Vorsorgeversicherung im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung erfasst.26 Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Regeln der Vorsorgeversicherung ausdrücklich zur Anwendung berufen sind. So liegt der Fall bei der Mitversicherung der gesetzlichen Haftpflicht aus der Vermietung von mehr als drei einzeln vermieteten Wohnräumen, soweit die Vermietung als gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist (vgl. Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht, Ziff. 3 AHB Rn. 77).
22 23
Z.B. OLG Celle 2.5.1990 VersR 1991 1282, 1283. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 99; differenzierend Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 6 f.; Littbarski AHB § 2 Rn. 10; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 128 (den Littbarski fälschlicherweise der Gegenansicht zurechnet).
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24 25 26
Späte § 2 Rn. 3; Wussow § 2 Anm. 2. Späte § 2 Rn. 3. I.E. auch OLG Celle 2.5.1990 VersR 1991 1282, 1283; OLG Düsseldorf 12.2.1963 VersR 1964 669; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 7; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 78, 86, 98.
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II. Von der Vorsorgeversicherung ausgenommene Risiken 1. Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeuge (Ziff. 4.3 (1) AHB) Nach Ziff. 4.3 (1) AHB greifen die Regelungen der Vorsorgeversicherung nicht für 22 Risiken aus dem Eigentum, Besitz, Halten oder Führen eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs, soweit dieses Fahrzeug der Zulassungs-, Führerschein- oder Versicherungspflicht unterliegt. Diese Regelung wird in der Privathaftpflichtversicherung und in der Betriebshaftpflichtversicherung zugunsten des VN erweitert (Rn. 5 f.).
23
a) Kraftfahrzeug. Zum Begriff des Kraftfahrzeugs s. Ziff. 3 AHB Rn. 85.
b) Wasserfahrzeug. Der Begriff des Wasserfahrzeugs ist nicht gesetzlich definiert. Im 24 Steuerrecht wird als Wasserfahrzeug jedes Fahrzeug angesehen, das zur Beförderung von Menschen oder Gütern auf dem Wasser bestimmt ist, ohne dass es darauf ankommt ob es durch Motor, Wind oder menschliche Kraft oder durch die Wasserströmung bewegt wird.27 Diese Vorstellung dürfte dem Verständnis des durchschnittlichen VN entsprechen. Erfasst werden somit sowohl motorbetriebene Binnenschiffe als auch Segelschiffe und Wassersportfahrzeuge i.S.v. Ziff. 3.2 (3) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht, nicht dagegen bloß schwimmende Vorrichtungen.28 c) Luftfahrzeug. Der Begriff des Luftfahrzeugs ist gesetzlich ebenfalls nicht definiert. 25 § 1 Abs. 2 LuftVG verwendet ihn nur als Oberbegriff für die im Einzelnen dort aufgeführten Luftfahrzeuge. Nach allgemeinem Sprachgebrauch dürfte es sich um Geräte handeln, „die der Eigenschaft der Luft bedürfen, um sich in der Luft zu halten“.29 Hiervon abzugrenzen sind Raumfahrzeuge. Das sind nach Mühlbauer Gegenstände, die auf Umlaufbahnen oder darüber hinaus einen Weltraumverkehr eröffnen sollen.30 2. Bahnen (Ziff. 4.3 (2) AHB) Nach Ziff. 4.3 (2) AHB sind Risiken aus dem Eigentum, Besitz, Betrieb oder Führen 26 von Bahnen von der Vorsorgeversicherung ausgenommen. Mit Ausnahme des Begriffs „Bahnen“ sind die verwendeten Begriffe im Sprachgebrauch verhältnismäßig eindeutig festgelegt, sodass es einer näheren Erläuterung nicht bedarf. Streitigkeiten über die Auslegung dieser Begriffsmerkmale sind bisher auch nicht bekannt geworden. Unter „Bahnen“ sind in Erweiterung des § 1 HPflG und § 4 PBefG nicht nur schienengebundene Fahrzeuge, sondern maschinengetriebene Beförderungsmittel mit Bahncharakter aller Art zu verstehen, also auch Seilbahnen und Sessellifte.31 Eine Bahn in diesem Sinne liegt darüber hinaus auch dann vor, wenn sie nicht maschinen-, sondern handgetrieben wird.32
27
28
29
Vgl. Mößlang, in: Sölch/Ringleb/Mößlang, Umsatzsteuer, 66. EL September 2011, § 1b Rn. 5. Vgl. Mößlang, in: Sölch/Ringleb/Mößlang, Umsatzsteuer, 66. EL September 2011, § 1b Rn. 5. Erbs/Kohlhaas/Lampe Strafrechtliche Nebengesetze 191. Ergänzungslieferung (2012), § 1 LuftVG Rn. 5; Giemulla/Schmid Frankfurter
30 31
32
Kommentar zum Luftverkehrsrecht (1989 ff.), § 1 Rn. 27. Geigel/Mühlbauer Haftpflichtprozess 26. Aufl. (2011) Kap. 29 Rn. 1. So Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 109; Späte § 2 Rn. 24; Wussow § 2 Anm. 22. Wussow § 2 Anm. 22.
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3. Versicherungs- und Deckungsvorsorgepflicht (Ziff. 4.3 (3) AHB)
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Ziff. 4.3 (3) AHB betrifft zum einen die Fälle, in denen der Abschluss einer Haftpflichtversicherung durch Rechtsvorschrift angeordnet wird (obligatorische Haftpflichtversicherung) (§§ 113 ff. VVG), zum anderen die Fälle, in denen eine Pflicht zur Deckungsvorsorge besteht (z.B. § 94 AMG), die entweder durch eine Haftpflichtversicherung oder z.B. durch eine Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung eines Kreditinstituts erbracht werden kann. Von der Vorsorgeversicherung ausgenommen sind z.B. Kampfhunde, soweit für sie eine Versicherungspflicht aus landesrechtlichen Vorschriften besteht33, sowie berufliche Risiken, die einer Versicherungspflicht unterliegen. 4. Kurzfristige Risiken (Ziff. 4.3 (4) AHB)
28
Die Regelung der Vorsorgeversicherung gilt nach Ziff. 4.3 (4) AHB nicht für Risiken, „die kürzer als ein Jahr bestehen werden und deshalb im Rahmen von kurzfristigen Versicherungsverträgen zu versichern sind“ (Ziff. 4.3 (4) AHB). Mit dieser neuen Regelung soll der bislang bestehende Streit über die Deckung kurzfristiger Risiken im Rahmen der Vorsorgeversicherung beendet werden.34 Diejenigen, die eine Deckung vorübergehender Risiken im Rahmen der Vorsorgeversicherung bislang ablehnten, begründeten dies damit, dass die Deckung solcher Risiken zulasten der VR gehe, weil der VN ein kurzfristiges Risiko nur dann anzeigen werde, wenn ein Schadensereignis ihn dazu veranlasst habe. Der VR habe deshalb ein berechtigtes Interesse daran, vorübergehende Risiken vom Versicherungsschutz auszunehmen.35 Dagegen lässt sich jedoch anführen, dass die Vorsorgeversicherung mit der Prämie für 29 den Hauptvertrag bis zur Einigung über die Prämienanpassung bereits abgegolten ist (Rn. 46). Unterbleibt der Einschluss des neuen Risikos wegen dessen kurzfristiger Natur, erleidet der VR somit keinen Nachteil. Ein berechtigtes Interesse des VR, kurzfristige Risiken auszunehmen, ist deshalb nicht anzuerkennen. Hinzukommt, dass die Regelung den VN vor das Problem stellt, eine Prognose anzustellen, wie lange das neue Risiko bestehen wird. Dies wird ihm nicht immer gelingen. Nickel weist insoweit zu Recht darauf hin, dass nicht alle Risiken, die unterjährig bestehen, bereits „geborene KurzfristRisiken“ seien.36 Der Streit über die Versicherung im Rahmen der Vorsorgeversicherung ist vorprogrammiert, wenn der Versicherungsfall vor Anzeige des neuen Risikos eintritt. Es stellt sich die Frage, ob der VR nicht aus § 6 Abs. 4 VVG verpflichtet ist, den VN über die Möglichkeit der Versicherung von Risiken im Rahmen von kurzfristigen Versicherungsverträgen aufzuklären. Dem VN ist zu empfehlen, auf eine Abbedingung von Ziff. 4.3 (4) AHB zu drängen.37
33 34 35
HK-VVG/Schimikowski Ziff. 4 AHB Rn. 9. Zum Meinungsstand vgl. Späte § 2 Rn. 7 m.w.N. Vgl. OLG Hamm 15.3.2000 RuS 2000 408 f. = NJW-RR 2000 1194, 1195; OLG Celle 2.5.1990 VersR 1991 1282, 1283; OLG Schleswig VersR 1968 337, 338; LG Itzehoe
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36 37
21.8.1987 RuS 1989 114; Späte § 2 Rn. 7 f.; Wussow § 2 Anm. 17; Kuwert Rn. 2017; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 8. Nickel VW 2010 1624. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 111.
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III. Rechtzeitige Anzeige des neuen Risikos nach Aufforderung 1. Rechtsnatur der Anzeige Nach Ziff. 4.1 (1) S. 1 u. 3 AHB tritt der Versicherungsschutz für das neue Risiko 30 rückwirkend (ex tunc) außer Kraft, wenn es der VN unterlässt, dem VR binnen eines Monats nach Erhalt einer entsprechenden Aufforderung durch den VR das neue Risiko anzuzeigen. Anzeigen werden im Bereich des Versicherungsrechts typischerweise den Obliegenheiten zugerechnet. Dies gilt für die Anzeige nach Ziff. 4.1 AHB aber nur im eingeschränkten Umfang. Soweit sich der VN binnen eines Monats nach Zugang der Aufforderung darüber zu erklären hat, ob er das neue Risiko versichern will, handelt es sich nicht um ein Obliegenheit, sondern um die Frage, ob der VN von einer für ihn günstigen Ausgestaltung des Versicherungsschutzes Gebrauch machen will oder nicht. 2. Materiellrechtliche Bedeutung Materiell ist die Aufforderung des VR, etwaige neue Risiken anzuzeigen, dahin zu 31 verstehen, dass der VR auf die durch die AHB bestehende „vorsorgliche Deckung“ des neuen Risikos hinweist und eine Erklärung des VN darüber verlangt, ob diese „vorsorgliche Deckung“ endgültig in den bestehenden Vertrag einbezogen werden soll. Es liegt in der Hand des VN, ob er sein Recht auf Erstreckung des Versicherungsschutzes auf dieses Risiko wahren will oder nicht. Dieser Lebensvorgang ist seinem Wesenskern nach dem Problemkreis des Vertragsabschlusses zuzurechnen (§§ 145 ff. BGB).38 Der VN ist nicht verpflichtet, einen Versicherungsantrag zu stellen oder zu erklären, dass er die Versicherung der im Rahmen der Vorsorgeversicherung bereits gedeckten neuen Risiken endgültig im Rahmen des Grundvertrages wünsche. Wenn er aber Erklärungen über das Risiko abgibt, so obliegt es ihm, diese Angaben wahrheitsgemäß zu machen. Insoweit weist die Anzeige nach Ziff. 4.1 (1) S. 1 AHB durchaus Doppelcharakter auf. §§ 19 bis 22 VVG sind deshalb entsprechend anzuwenden.39 Dies bedeutet auf Ziff. 4.1 (1) S. 1 AHB übertragen, dass ein VN nur ihm bekannte 32 neue Risiken anzuzeigen hat.40 Der Vorsorgeversicherungsschutz entfällt somit nicht, wenn die Anzeige durch den VN schuldlos unterbleibt, er also unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt das neue Risiko nicht kannte oder es rechtlich nicht als solches qualifizieren konnte.41
IV. Einzelheiten über Aufforderung und Anzeige nach Ziff. 4.1 AHB Sowohl die Aufforderung als auch die Anzeige (vgl. Ziff. 29 AHB) können grundsätz- 33 lich formlos erfolgen.42 Die Aufforderung zur Anzeige muss so eindeutig sein, dass der VN klar erkennen kann, was gemeint ist.43 Die Anzeige des VN muss inhaltlich zu 38
39
OLG Düsseldorf 5.12.1995 NJW-RR 1996 928, 929 = VersR 1997 177; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 90. Vgl. OLG Köln 12.6.1986 RuS 1988 130, 131 = VersR 1987 1230, 1231 (der BGH hat die Annahme der Revision mit Beschluss vom 7.4.1987 – IVa ZR 202/86 – abgelehnt); OLG Düsseldorf 5.12.1995 NJW-RR 1996
40 41 42 43
928, 929 = VersR 1997 177; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 91. Vgl. OLG Köln 12.6.1986 RuS 1988 130, 131 = VersR 1987 1230, 1231. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 91. Späte § 2 Rn. 14; Wussow § 2 Anm. 7. OLG Düsseldorf 17.6.2008 BeckRS 2009 23757; KG 13.2.2004 NJOZ 2004 2496,
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erkennen geben, dass ein neues Risiko eingetreten ist.44 Im Hinblick auf die Parallele zu vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten wird man den VR bei unklaren Angaben als zur Nachfrage beim VN verpflichtet ansehen müssen.45 In der Praxis erfolgt die Aufforderung durch Aufdruck auf einer Beitragsrechnung. 34 Dies ist nach Ziff. 4.1 (1) S. 2 AHB zulässig. Die Aufforderung muss allerdings so abgedruckt sein, dass sie im Rahmen der gesamten Rechnung dem VN auffällt. Sie darf nicht auf der Rückseite oder zwischen anderen Hinweisen und Erläuterungen gleichsam „versteckt“ sein. Es bedarf vielmehr eines entsprechenden Hinweises auf der Vorderseite der Beitragsrechnung.46 Ein Fettdruck ist nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Hinweis durch die Überschrift „Erläuterungen zu Ihrem Versicherungsschutz“ oder durch Quer- bzw. Vertikalstrich geweckt wird.47 Nach Ansicht des KG und einem Urteil des IV. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 35 5.12.1995 muss die Aufforderung nicht nur klar über die einzuhaltende Frist, sondern auch auf die bei deren Versäumung eintretende Rechtsfolge, den Verlust des Versicherungsschutzes für das neu hinzutretende Risiko, belehren.48 In seiner Entscheidung vom 17.6.2008 hat derselbe Senat des OLG Düsseldorf dagegen festgestellt, dass der VR auf die Rechtsfolgen einer Fristversäumung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 AHB a.F. nicht hinzuweisen habe. Es genüge die Belehrung über die vom VN einzuhaltende Frist.49 Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde trotz der vorgenannten anderslautenden Urteile mit Beschluss v. 11.2.200950 mangels grundsätzlicher Bedeutung mit der Begründung zurückgewiesen, die vom OLG Düsseldorf und vom KG angestellten Erwägungen seien jeweils nicht entscheidungserheblich gewesen. Weitergehend hat der BGH folgende Feststellungen getroffen, die darauf hindeuten, dass er den VR nicht als zur Rechtsfolgenbelehrung verpflichtet ansieht: „Die Sach- und Rechtslage bei Aufforderungen, die Prämienzahlungspflicht zu erfüllen, einerseits und Aufforderungen zur Anzeige von Neurisiken, um sich darüber die Möglichkeit zu erhalten, auch für diese Risiken Versicherungsschutz zu bekommen, andererseits ist gerade auch mit Blick auf eine Rechtsfolgenbelehrung im Rahmen der Vorsorgeversicherung nicht vergleichbar. Für eine Gleichbehandlung der Fallgestaltungen gibt es danach keine Grundlage.“
Der Bewertung des BGH und der des OLG Düsseldorf in seinem jüngeren Urteil wird man sich im Grundsatz sicherlich anschließen können. Zu beachten ist jedoch, dass beide Entscheidungen noch auf der Grundlage des nicht reformierten VVG ergingen. Nach der Reform des VVG stellt sich die Frage, ob den VR nicht aus § 6 Abs. 4 VVG die Verpflichtung trifft, den VN über die Rechtsfolgen einer nicht fristgemäßen Anzeige des neuen Risikos in den AHB hinzuweisen. Da es um eine Frage der Deckung geht und der die Beratungspflicht des VR auslösende Anlass auch ein vom VR selbst geschaffener – hier die Aufforderung zur Anzeige – sein kann, lässt sich diese Frage nicht von vorn-
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2498 = VersR 2004 1593, 1595; OLG Düsseldorf 5.12.1995 NJW-RR 1996 928, 928 f. = VersR 1997 177; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 92; Späte § 2 Rn. 15; Littbarski AHB § 2 Rn. 25. Späte § 2 Rn. 14; Wussow § 2 Anm. 7. Zur Nachfrageobliegenheit des VR bei vorvertraglichen Anzeigeobliegenheiten vgl. BGH 11.5.2011 VersR 2011 909, 910 m.w.N. Vgl. auch OLG Düsseldorf 17.6.2008 BeckRS 2009 23757.
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Vgl. auch OLG Düsseldorf 17.6.2008 BeckRS 2009 23757. KG 13.2.2004 NJOZ 2004 2496, 2498 = VersR 2004 1593, 1595; OLG Düsseldorf 5.12.1995 NJW-RR 1996 928, 928 f. = VersR 1997 177. Vgl. auch OLG Düsseldorf 17.6.2008 BeckRS 2009 23757. BGH 11.2.2009 BeckRS 2009 07075.
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herein verneinen. Bejahendenfalls könnte der VN nach § 6 Abs. 5 VVG verlangen, so gestellt zu werden, als ob er bei entsprechendem Hinweis das neue Risiko rechtzeitig angezeigt hätte. Unabhängig davon kann sich eine Hinweispflicht des VR auch aus § 242 BGB ergeben, wenn er den Beratungsbedarf des VN erkennt. Die Formulierung 36 „Nach den Versicherungsbedingungen sind sie verpflichtet, alle Änderungen des versicherten Risikos anzuzeigen. Dieser Hinweis gilt als Aufforderung dazu“
genügt jedenfalls nicht den Anforderungen nach Ziff. 4.1 (1) S. 1 AHB, die an eine Aufforderung des VR zu stellen sind, da hierdurch beim VN, der kurz vor Ablauf der Monatsfrist auf die Pflicht zur Anzeige eines neuen Risikos aufmerksam wird, der Eindruck hervorgerufen werden kann, eine derartige Anzeige sei nunmehr ohnehin verspätet.51 Entspricht die Aufforderung nicht vorgenannten Anforderungen, wird die in Ziff. 4.1 (1) S. 1 AHB aufgeführte Monatsfrist für die Anzeige nicht in Gang gesetzt. Zur Einhaltung dieser Frist genügt nicht die Absendung der Anzeige. Vielmehr ist es – anders als z.B. bei den in § 104 VVG für den Schadensfall genannten Anzeigeobliegenheiten – erforderlich, dass die Anzeige innerhalb der Monatsfrist dem VR zugeht.52 Die Konstruktion der Vorsorgeversicherung bringt es mit sich, dass ein VN, der ein bestimmtes, der Vorsorgeversicherung unterfallendes neues Risiko eigentlich nicht mitversichern wollte, seine Meinung bei Eintritt eines Schadens ändern kann, wenn die Anzeigefrist noch nicht abgelaufen ist. Darin liegt entgegen der Auffassung von Wussow 53 kein Verstoß gegen den Grundgedanken der Haftpflichtversicherung, dass diese nur gegen ungewisse Ansprüche genommen werden dürfe. Maßgebend ist nämlich, dass bei Abschluss der Versicherung unter Einschluss der Vorsorgeversicherung der Eintritt eines Schadensfalles ungewiss war. Im Übrigen ist zu beachten, dass dann, wenn der VN dem VR bereits ausdrücklich mitgeteilt hat, ein bestimmtes neues Risiko nicht mitversichern zu wollen, kein Versicherungsschutz in der Vorsorgeversicherung besteht (Rn. 13). Tritt ein Schaden ein, kann der VN nicht etwa innerhalb der Anzeigefrist den Versicherungsschutz durch eine „Gegenanzeige“ wieder in Kraft setzen. Die Äußerung des VN, er wolle ein bestimmtes Risiko nicht versichern, bedarf nicht der Annahmeerklärung durch den VR. Vielmehr ist dieser Willenserklärung nach der Konstruktion der Vorsorgeversicherung Gestaltungswirkung zuzusprechen. Allerdings gilt es auch hier die Regeln des bürgerlichen Rechts zu beachten, sodass eine wirksam nach § 119 BGB erklärte Anfechtung den alten Zustand wiederherstellt. Man denke etwa daran, dass der VN diktiert hat, dass ein bestimmtes neues Risiko eingeschlossen werden solle. Schreibt dann seine Sekretärin versehentlich das Gegenteil, so ist eine Anfechtung möglich. Wird der Fehler erst aus Anlass eines Schadensfalles entdeckt, so bewirkt die Anfechtung, sofern die Monatsfrist des Ziff. 4.1 (1) S. 1 AHB noch nicht abgelaufen ist, dass der VN im Rahmen der Vorsorgeversicherung Versicherungsschutz genießt.
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Der VN kann ein neues Risiko auch ohne Aufforderung des VR anzeigen. Dies ergibt sich bereits aus der Beweislastregelung in Ziff. 4.1 (1) S. 4 AHB (Rn. 55). Zeigt der VN z.B. einen Schadensfall bezüglich eines Ereignisses an, das in den Bereich der Vorsorgeversicherung fällt, so liegt in dieser Schadensanzeige zugleich die Anzeige eines neuen Risikos. Damit überträgt er auf den VR die Handlungslast aus Ziff. 4.1 AHB, ein angemessenes Prämienangebot zu unterbreiten.54 Unterbleibt eine solche Unterbreitung, besteht Versicherungsschutz für das neue Risiko in Höhe der (vollen) Deckungssummen des Hauptvertrages.55
VI. Einigung über die Höhe der Prämie für das neue Risiko 1. Angebot des VR
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Nach der Anzeige des Risikos muss eine Vereinbarung über die Höhe der Prämie für das neue Risiko getroffen werden. Dies ergibt sich aus Ziff. 4.1 (2) AHB, der eine Einigung über die Höhe voraussetzt. Ziff. 4.1 (2) AHB ist somit keine Anpassungsklausel i.S.v. § 40. Nach der Konzeption der Vorsorgeversicherung ist der VR verpflichtet, dem VN nach Anzeige des neuen Risikos ein Prämienangebot zu unterbreiten, über das innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine Einigung zu erzielen ist. Kommt es innerhalb dieser Frist nicht zu einer Einigung, so entfällt der Versicherungsschutz nach Ziff. 4.1 (2) AHB rückwirkend. Während sich der VR insoweit einem Kontrahierungszwang unterwirft,56 gewährt er dem VN in Ergänzung der gesetzlichen Regelung vom Beginn des neuen Risikos an materiellen Versicherungsschutz, lässt ihm aber die Freiheit, ob er zur angemessenen Prämie den Versicherungsschutz behalten will. Der VR muss dem VN das Angebot so rechtzeitig unterbreiten, dass er es innerhalb 43 der Frist prüfen und annehmen kann. Für die Entscheidung, ob er das Angebot annimmt, ist dem VN nach Treu und Glauben ein Zeitraum von einer Woche zu gestatten.57 Gibt der VR sein angemessenes Prämienangebot so spät ab, dass dem VN dieser Zeitraum zur Wahrung der Monatsfrist nicht mehr zur Verfügung steht, verlängert sich die Frist zur Annahme entsprechend. Dabei ist es eine Frage des Geschmacks, ob man dieses Ergebnis aus einer auf Treu und Glauben abstellenden Auslegung des Angebots herleitet58 oder das späte Angebot des VR zugleich als konkludentes Angebot auf Fristverlängerung ansieht, dass der VN unter Verzicht auf Zugang der Annahmeerklärung gem. § 151 BGB annimmt.59 Zu beachten ist, dass nur die Einigung bezüglich der Prämie, nicht aber deren Zahlung innerhalb der Monatsfrist von Ziff. 4.1 (2) S. 2 AHB erfolgen muss. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung gelten die allgemeinen Regeln, bei Verzug das Verfahren nach § 38 VVG.60
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Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 92. Späte § 2 Rn. 18. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 92; vgl. auch Kuwert Rn. 2004; Wussow § 2 Anm. 1. Vgl. Späte § 2 Rn. 17; Wussow § 2 Anm. 12. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G. 143; Späte § 2 Rn. 18.
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Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 92. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 97; Späte § 2 Rn. 19; Wussow § 2 Anm. 12.
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Vorsorgeversicherung
AHB 2012 Ziff. 4
2. Angemessenheit der Prämie Die Prämie muss „angemessen“ sein. Dies ist der Fall, wenn der VR für das neue Risiko 44 die nach seinem augenblicklichen Tarif maßgebliche Prämie fordert.61 Findet sich keine Tarifprämie, weil der VR das in Betracht kommende Risiko sonst grundsätzlich nicht versichert, so muss er als allgemeinen Maßstab die Tarifprämie anderer VR zugrunde legen (marktüblicher Prämiensatz), die für ein Risiko der betreffenden Art Versicherungsschutz gewähren.62 Es stellt dabei keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, wenn der VR mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles einen angemessenen Wagniszuschlag verlangt. Eine überhöhte Prämienforderung kann vom VR aber nicht mit dem Argument 45 gerechtfertigt werden, dass er sonst für derartige Risiken keinen Versicherungsschutz biete.63 Denn durch die Vereinbarung der Vorsorgeversicherung hat sich der VR gerade dazu verpflichtet, auch derartige Risiken zu decken, so dass die gegenteilige Argumentation Rechte aus dem eigenen widerspruchsvollen Verhalten herleiten würde („venire contra factum proprium“). Keine Prämie steht dem VR für die Zeit der Vorsorgedeckung selbst zu.64 Die Haf- 46 tung im Rahmen der Vorsorgedeckung ist bereits durch die Zahlung der Grundprämie des Ausgangsvertrages abgegolten (Rn. 22). Etwas anderes gilt dann, wenn kraft Vereinbarung rückwirkend Versicherungsschutz zur vollen Versicherungssumme des Hauptvertrages geboten wird. In diesem Fall ist eine Prämienforderung gerechtfertigt. Es liegt dann in Höhe der Differenz zwischen Vorsorgeversicherungssumme und Versicherungssumme des Ausgangsvertrages eine echte Rückwärtsversicherung i.S.d. § 2 vor.65 Beträgt in einem solchen Fall der eingetretene Sachschaden, von dem wohl der VN nicht aber der VR Kenntnis hat, z.B. 25.000 €, so kann der VN gleichwohl nur zur Höhe von 5.000 € (Vorsorgeversicherungssumme) Versicherungsschutz begehren. 3. Überhöhte Prämienforderung Verlangt der VR eine unangemessen hohe Prämie, so kann der VN im Klagewege 47 Festlegung einer angemessenen Prämie durch Richterspruch erzwingen.66 Die ergänzende Vertragsauslegung ergibt, dass sich der VR trotz Ablaufs der in Ziff. 4.1 (2) S. 2 AHB vorgesehenen Monatsfrist in einem derartigen Falle im Risiko befindet. Das Gleiche gilt auch dann, wenn der VR innerhalb der genannten Monatsfrist überhaupt keinen Vorschlag zur Prämienhöhe macht. In derartigen Fällen besteht Versicherungsschutz nicht zu den eingeschränkten Ver- 48 sicherungssummen des Ziff. 4.2 AHB, sondern zu den (vollen) Deckungssummen des Hauptvertrages. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass eine vertragliche Verpflichtung des VR zum Einschluss des neuen Risikos zu den Grunddeckungssummen des Vertrages gegen angemessene Prämie besteht. Dem VR ist es insoweit nach § 242 BGB („venire
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Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 95; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 AHB Rn. 13; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 41; Wussow § 2 Anm. 12. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 95, der allerdings eine Orientierung an Tarifen anderer VR ablehnt. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV
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Rn. 95; Späte § 2 Rn. 18; Wussow § 2 Anm. 12. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 94; Späte § 2 Rn. 19; Kuwert Rn. 2006; Littbarski AHB § 2 Rn. 32. Vgl. Späte § 2 Rn. 19. So auch Späte § 2 Rn. 18.
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Haftpflichtversicherung
contra factum proprium“) verwehrt, sich auf Ziff. 4.2 AHB zu berufen, wonach sich die Deckung bis zur Einigung über die Prämie auf die Vorsorgeversicherungssumme beschränkt. Die Zahlung der angemessenen Prämie bzw. die Erklärung, zur Zahlung der angemessenen Prämie bereit zu sein, ersetzt dabei die Vereinbarung über die Prämienhöhe. Der Versicherungsschutz geht allerdings nach Maßgabe des § 38 VVG verloren, wenn der VN die von ihm selbst als angemessen bezeichnete Prämie auf entsprechende Aufforderung durch den VR nicht zahlt.67 Nicht zu folgen ist der von R. Johannsen 68 und ihm folgend Späte 69 vertretenen 49 Ansicht, wonach der VN sein Recht auf Einschluss des neuen Risikos verwirke, wenn er nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten Ansprüche gegen den VR geltend mache. Da Verwirkung nicht nur ein Zeit-, sondern auch ein Umstandsmoment voraussetzt, müssen weitere Umstände hinzutreten.
F. Deckungssummen der Vorsorgeversicherung 50
Die Deckungssummen der Vorsorgeversicherung werden – wie sich aus Ziff. 4.2 AHB ergibt – gesondert vereinbart. In der Praxis sind sie bedeutend niedriger als die Deckungssummen des Hauptvertrages, was sich daraus erklärt, dass dem VR die Kalkulationsgrundlagen (Schadenseintrittswahrscheinlichkeit, zu erwartende Schadenshöhe) für ihm unbekannte Risiken fehlen. Wünscht der VN im Rahmen der Vorsorgeversicherung eine Gleichstellung mit den Deckungssummen des Grundvertrages, fallen die Prämien entsprechend höher aus.
G. Doppelte Vorsorgeversicherung und Mehrfachversicherung I. Doppelte Vorsorgeversicherung 51
Hat der VN Haftpflichtversicherungsverträge (gegen unterschiedliche Risiken) bei zwei VR abgeschlossen, kann er bei Eintritt eines Schadens, der die im Vergleich zum Hauptvertrag niedrigeren Deckungssummen der Vorsorgeversicherung überschreitet, die Vorsorgeversicherung beider VR für ein neues Risiko in Anspruch nehmen.70 Ein Verstoß gegen § 77 Abs. 1 VVG liegt nicht vor. Gedacht sei z.B. an den Fall, dass der VN, der in Hamburg eine Werft und in Baden-Württemberg einen Kfz-Zuliefererbetrieb betreibt, für die zwei Versicherungsverträge bei zwei VR bestehen, nunmehr in Bayern zusätzlich den Betrieb einer Fabrik zur Bierherstellung aufnimmt.71 Hat der VN im Beispielsfall hingegen die Haftpflichtversicherungsverträge mit ein 52 und demselben VR geschlossen, kann er nur einmal die Vorsorgebestimmungen beider Verträge in Anspruch nehmen, weil hier der VR für den VN erkennbar nur zweimal eine Erklärung gleichen Inhalts abgegeben hat, ohne dabei aber eine Verdoppelung der Wirkung zu beabsichtigen.72 Für den VN kann das „Bestehen“ des „doppelten“ Vorsorge-
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So auch Späte § 2 Rn. 18. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G. 143. Späte § 2 Rn. 18. Heimbücher VW 1967 344 f.; Bruck/Möller/ R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G. 131; Späte § 2
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Rn. 11; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 100. Bejahend Heimbücher VW 1967 344 f. Späte § 2 Rn. 11; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 100; Heimbücher VW 1967 344, 345.
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Vorsorgeversicherung
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versicherungsschutzes aber auch hier bedeutsam werden, wenn nämlich für den einen Vertrag z.B. nach § 38 VVG kein Versicherungsschutz mehr gegeben ist, wohl aber Deckung für die zweite Police besteht.73 Sofern die Anzeige des VN nicht eindeutig einem der beiden geführten Verträge zuzuordnen ist, ist sie nach dem Empfängerhorizont dem Vertrag zuzuschreiben, der den besseren Versicherungsumfang aufweist.74
II. Mehrfachversicherung Hat der VN dasselbe Risiko bei verschiedenen VR (mehrfach) versichert, finden die 53 §§ 78, 79 VVG Anwendung. Mehrfache Deckung aus der Vorsorgeversicherung kann nur dann entstehen, wenn der VN unter Verletzung von § 77 Abs. 1 VVG bei beiden Haftpflichtversicherern die Anzeige und Beitragsvereinbarung im Sinne von Ziff. 4.1 (1) und (2) AHB vornimmt, oder wenn er das neue Risiko insgesamt in Unkenntnis der Vorsorgeversicherung bei einem anderen VR in Deckung gibt.75
H. Vorsorgeversicherung und Rechtsstellung des Versicherten Gem. Ziff. 27.1 S. 2 AHB gelten die Bestimmungen über die Vorsorgeversicherung 54 (Ziff. 4 AHB.) nicht, wenn das neue Risiko nur in der Person eines Mitversicherten entsteht. Bei der reinen Fremdversicherung führt dies freilich dazu, dass die Regeln zur Vorsorgeversicherung überhaupt nicht eingreifen. Es stellt sich daher die Frage, ob Ziff. 27.1 S. 2 AHB in diesem Fall nicht durch den Vorrang der Individualabrede nach § 305b BGB verdrängt und verneinendenfalls als überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB anzusehen ist.
I. Beweislast Sowohl bei der Aufforderung zur Anzeige des neuen Risikos durch den VR als auch 55 bei der darauf erfolgenden Anzeige durch den VN handelt es sich um empfangsbedürftige Willenserklärungen.76 Nach allgemeinen Beweisregeln hat der VR den Zugang der Aufforderung, der VN den Zugang der Anzeige innerhalb der in Ziff. 4.1 (1) S. 1 AHB aufgeführten Monatsfrist zu beweisen.77 Weder dem VR noch dem VN steht der primafacie-Beweis zur Seite, wenn er die Absendung der Aufforderung/Anzeige beweist.78 Für den Fall, dass ein Versicherungsfall eintritt, bevor die Anzeige erfolgt ist, hat der 56 VN nach Ziff. 4.1 (1) S. 4 AHB zu beweisen, dass das neue Risiko erst nach Abschluss der Versicherung und in einem Zeitpunkt eingetreten sei, in dem die Anzeigefrist noch nicht verstrichen war. In dieser Konstellation wird dem VN somit auch der Beweis hinsichtlich des Beginns der Anzeigefrist aufgebürdet.
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Späte § 2 Rn. 11. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 100. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 100; Späte § 2 Rn. 11.
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Späte § 2 Rn. 16. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 93; Späte § 2 Rn. 16. Vgl. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 312 = NJW 1957 1230, 1231.
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5. Leistungen der Versicherung 5.1 1Der Versicherungsschutz umfasst die Prüfung der Haftpflichtfrage, die Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche und die Freistellung des VN von berechtigten Schadensersatzverpflichtungen. 2Berechtigt sind Schadensersatzverpflichtungen dann, wenn der VN aufgrund Gesetzes, rechtskräftigen Urteils, Anerkenntnisses oder Vergleiches zur Entschädigung verpflichtet ist und der VR hierdurch gebunden ist. 3Anerkenntnisse und Vergleiche, die vom VN ohne Zustimmung des VR abgegeben oder geschlossen worden sind, binden den VR nur, soweit der Anspruch auch ohne Anerkenntnis oder Vergleich bestanden hätte. 4Ist die Schadensersatzverpflichtung des VN mit bindender Wirkung für den VR festgestellt, hat der VR den VN binnen zwei Wochen vom Anspruch des Dritten freizustellen.
§ 3 III Ziff. 1 S. 1 Die Leistungspflicht des VR umfasst die Prüfung der Haftpflichtfrage, die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, welche der VN auf Grund eines von dem VR abgegebenen oder genehmigten Anerkenntnisses, eines von ihm geschlossenen oder genehmigten Vergleichs oder einer richterlichen Entscheidung zu zahlen hat.
5.2 1Der VR ist bevollmächtigt, alle ihm zur Abwicklung des Schadens oder Abwehr der Schadensersatzansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des VN abzugeben. 2Kommt es in einem Versicherungsfall zu einem Rechtsstreit über Schadensersatzansprüche gegen den VN, ist der VR zur Prozessführung bevollmächtigt. 3Er führt den Rechtsstreit im Namen des VN auf seine Kosten.
§ 5 Ziff. 7 Der VR gilt als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des VN abzugeben.
§ 3 III Ziff. 1 S. 2 Steht die Verpflichtung des VR zur Zahlung fest, ist die Entschädigung binnen zwei Wochen zu leisten.
§ 3 III Ziff. 3 Kommt es in einem Versicherungsfall zu einem Rechtsstreit über den Anspruch zwischen dem VN und dem Geschädigten oder dessen Rechtsnachfolger, so führt der VR den Rechtsstreit im Namen des VN auf seine Kosten.
5.3 Wird in einem Strafverfahren wegen eines Schadensereignisses, das einen unter den Versicherungsschutz fallenden Haftpflichtanspruch zur Folge haben kann, die Bestellung eines Verteidigers für den VN von dem VR gewünscht oder genehmigt, so trägt der VR die gebührenordnungsmäßigen oder die mit ihm besonders vereinbarten höheren Kosten des Verteidigers.
§ 3 III Ziff. 1 S. 3 Wird in einem Strafverfahren wegen eines Schadensereignisses, das einen unter den Versicherungsschutz fallenden Haftpflichtanspruch zur Folge haben kann, die Bestellung eines Verteidigers für den VN von dem VR gewünscht oder genehmigt, so trägt der VR die gebührenordnungsmäßigen, gegebenenfalls die mit ihm besonders vereinbarten höheren Kosten des Verteidigers.
5.4 Erlangt der VN oder ein Mitversicherter das Recht, die Aufhebung oder Minderung einer zu zahlenden Rente zu fordern, so ist der VR zur Ausübung dieses Rechts bevollmächtigt.
§ 5 Ziff. 6 Wenn der VN infolge veränderter Verhältnisse das Recht erlangt, die Aufhebung oder Minderung einer zu zahlenden Rente zu fordern, so ist er verpflichtet, dieses Recht auf seinen Namen von dem VR ausüben zu lassen. Die Bestimmungen unter Ziff. 3 bis 5 finden entsprechende Anwendung.
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Leistungen der Versicherung
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Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Haftpflichtversicherungsanspruch (Ziff. 5.1 AHB) . . . . . . . . . . . . . C. Regulierungsvollmacht des VR (Ziff. 5.2 S. 1 AHB) . . . . . . . . . . . I. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . II. Umfang der Regulierungsvollmacht . . . 1. Unbeschränkte Außenvollmacht . . . 2. Bindungen und Beschränkungen im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . III. Dauer der Regulierungsvollmacht . . . . 1. Erteilung der Regulierungsvollmacht . 2. Erlöschen der Regulierungsvollmacht . 3. Widerruf der Regulierungsvollmacht . a) Grundsatz: Unwiderruflichkeit der Regulierungsvollmacht . . . . . . . b) Ausnahme: Widerruf aus wichtigem Grund . . . . . . . . . . . . . . . c) Beispiele . . . . . . . . . . . . . . aa) Vermögensverfall des Versicherers . . . . . . . . . . . . bb) Unberechtigte Verweigerung des Versicherungsschutzes . . . . . cc) Überschreitung der Deckungssummen . . . . . . . . . . . . IV. Personelle Reichweite . . . . . . . . . . V. Auftreten des Versicherers gegenüber dem geschädigten Dritten . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz: Handeln im Namen des VN . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . VI. Auftreten des VR gegenüber sonstigen am Regulierungsgang beteiligten Personen . .
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Rn. D. Bevollmächtigung zur Prozessführung (Ziff. 5.2 S. 2 und S. 3 AHB) . . . . . I. Abgrenzung zur gewillkürten Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . II. Umfang der Prozessführungsvollmacht 1. Begriff der Prozessführung . . . . . 2. Vollmacht des VR zur Erteilung der Prozessvollmacht? . . . . . . . . . a) Stand der Diskussion zu § 5 Ziff. 7 AHB 2002 . . . . . . . . . . . . b) Vollmacht zur Prozessvollmachtserteilung aus Ziff. 5.2 S. 2 AHB? c) Wirksamkeit einer Vollmacht zur Prozessvollmachtserteilung . . . . 3. Bindungen und Beschränkungen im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . III. Dauer der Prozessführungsvollmacht . 1. Erteilung der Prozessführungsvollmacht . . . . . . . . . . . . . . 2. Erlöschen der Prozessführungsvollmacht . . . . . . . . . . . . . . 3. Widerruf der Prozessführungsvollmacht . . . . . . . . . . . . . . E. Vereinbarkeit der Tätigkeit des VR mit dem RDG und § 79 ZPO . . . . . . . F. Kostentragung . . . . . . . . . . . . . I. Zivilverfahren . . . . . . . . . . . . . II. Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . 2. Kosten der Strafverteidigung . . . . 3. Kosten der Nebenklage und des Adhäsionsverfahrens . . . . . . . . G. Rentenzahlungen . . . . . . . . . . .
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A. Sinn und Zweck Ziff. 5.1 AHB beschreibt den Umfang des Versicherungsschutzes. Die Klausel ist an 1 die Stelle von § 3 III Ziff. 1 S. 1, 2 AHB 2002 getreten. Die aktuelle Fassung trägt der Reform des VVG Rechnung. Die in Ziff. 5.1 S. 1 AHB genannten vertraglichen Hauptleistungspflichten des VR (Prüfung der Haftpflichtfrage, die Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche und die Erfüllung berechtigter Schadensersatzverpflichtungen) gehen nicht über die Pflichten des VR hinaus, die ihn nach § 100 VVG treffen. Ziff. 5.1 S. 2 entspricht hinsichtlich der Bindungswirkung der Regelung des § 106 VVG (§ 106 VVG Rn. 12 ff.). Ziff. 5.1 S. 3 AHB stellt klar, dass der VN im Falle eines Anerkenntnisses oder Vergleichsschlusses ohne Zustimmung des VR nur Anspruch auf Freistellung in Höhe der tatsächlich bestehenden Haftpflichtschuld hat. Ziff. 5.1 S. 4 AHB entspricht der Fälligkeitsregelung des § 106 S. 1 VVG. Ergänzt wird Ziff. 5.1 AHB durch Ziff. 5.3 AHB (≈ § 3 III Ziff. 1 S. 3 AHB 2002), 2 der die Kostentragungspflicht des VR in Strafverfahren wegen eines Schadensereignisses behandelt, das einen unter den Versicherungsschutz fallenden Haftpflichtanspruch zur Folge haben könnte. Diese Regelung entspricht der Sache nach § 101 Abs. 1 S. 2 VVG. Zur Wahrnehmung der Pflichten aus Ziff. 5.1 AHB lässt sich der VR weitreichende 3 Vollmachten (im Außenverhältnis zum Geschädigten) und Befugnisse (im Innenverhältnis
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Haftpflichtversicherung
zum VN) einräumen. Ziff. 5.2 S. 1 AHB gibt dem VR eine umfassende Regulierungsvollmacht. Die Klausel entspricht sachlich der Regelung in § 5 Ziff. 7 AHB 2002. Sie hat keine Entsprechung im Gesetz und wird ergänzt durch Ziff. 5.4 AHB (≈ § 5 Ziff. 6 AHB 2002), der eine Vollmacht zugunsten des VR für den Fall begründet, dass der VN oder ein Mitversicherter nachträglich das Recht erlangt, die Aufhebung oder Minderung einer zu zahlenden Rente zu fordern. Ziff. 5.2 S. 2 AHB (≈ § 3 III Ziff. 3 AHB 2012) bevollmächtigt den VR zur Prozessführung (Rn. 39 ff.). Hierzu korrespondiert die Obliegenheit des VN aus Ziff. 25.5 AHB (≈ § 5 Ziff. 4 AHB 2002), dem VR die Prozessführung zu überlassen, einem Rechtsanwalt Vollmacht zu erteilen und diesem alle erforderlichen Auskünfte zu geben sowie die angeforderten Unterlagen zur Verfügung stellen. Ziff. 5.2. S. 3 AHB stellt klar, dass der VR die Kosten der Prozessführung trägt.
B. Haftpflichtversicherungsanspruch (Ziff. 5.1 AHB) 4
Wie soeben festgestellt, entspricht Ziff. 5.1 S. 1 AHB sachlich § 100 VVG und Ziff. 5.1 S. 2 und 4 AHB entsprechen § 106 S. 1 und 2 VVG. Insoweit sei auf die dortigen Kommentierungen verwiesen. Ziff. 5.1 S. 3 AHB trägt dem Wegfall des Anerkenntnisverbotes gem. § 105 VVG Rechnung. Diese Klausel findet keine Anwendung auf Anerkenntnisse und Vergleiche des VN nach unberechtigter Deckungsverweigerung (vgl. § 106 VVG Rn. 26 u. 31 f.).
C. Regulierungsvollmacht des VR (Ziff. 5.2 S. 1 AHB) I. Ausgangspunkt 5
Den gesetzlichen Bestimmungen über die Haftpflichtversicherung ist keine Regulierungsvollmacht des VR zu entnehmen. Der Gesetzgeber ging offenbar davon aus, dass es dem VR auch ohne eine solche Vollmacht möglich sei, seinen Verpflichtungen aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag nachzukommen. Dabei mag eine wesentliche Rolle gespielt haben, dass in der Anfangszeit der Haftpflichtversicherung die Regulierung der Schäden im Einverständnis mit dem VR überwiegend noch durch den VN selbst oder erst im Anschluss an einen rechtskräftig durchgeführten Haftpflichtprozess erfolgte.1 Aus rechtskonstruktiver Sicht wäre es dem VR ohne Weiteres möglich, seine auf Frei6 stellung des VN von begründeten und Abwehr von unbegründeten Schadensersatzansprüchen gerichtete Verbindlichkeit ohne Zuhilfenahme einer Vollmacht zu erfüllen. Das liegt für den Fall der Bezahlung einer der Höhe nach feststehenden Haftpflichtschuld auf der Hand. Nach § 267 Abs. 2 BGB kann der Gläubiger zwar die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht. Ein solcher Widerspruch dürfte aber, soweit die Leistung aus dem Vermögen des VR zu erfolgen hat, die absolute Ausnahme bilden. Im Übrigen dürfte dem geschädigten Dritten im Verhältnis zum VR kein Recht zustehen, die Annahme der Leistung zu verweigern.2 Dagegen spricht die speziell zugunsten des Dritten vom Gesetzgeber festgelegte soziale Zweckbindung der Haftpflichtversicherungsforderung.3
1 2
Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 9; vgl. auch Schirmer Vertretungsmacht 3 f. So Schirmer Vertretungsmacht 88; a.A. K. Sieg Ausstrahlungen 185.
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Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 9.
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Die in zweifelhaften Schadensfällen angestrebte vergleichsweise Erledigung des ge- 7 samten Haftpflichtschadenkomplexes könnte ebenfalls ohne Vertretungsmacht durchgeführt werden. Zwar ist ein Erlassvertrag zugunsten Dritter nach Ansicht des BGH nicht möglich.4 Jedoch können der VR und der Geschädigte vereinbaren, dass letzterer auf die Inanspruchnahme des VN verzichtet. Der VN erwirbt daraus nach § 328 BGB den Anspruch, dass die Einziehung der fortbestehenden Forderung unterbleibt.5 Die Einräumung einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht zugunsten des VR dient somit im Wesentlichen dazu, die Einordnung der Rechtsbeziehungen zwischen dem VR, dem VN und dem Dritten zu vereinfachen.
II. Umfang der Regulierungsvollmacht 1. Unbeschränkte Außenvollmacht Nach 5.2 S. 1 AHB „ist“ der VR bevollmächtigt, alle ihm zur Abwicklung des Scha- 8 dens oder zur Abwehr der Schadensersatzansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des VN abzugeben. § 5 Ziff. 7 AHB 2002 sprach noch davon, dass der VR als bevollmächtigt „gilt“. Mit der Änderung reagiert der Musterbedingungsgeber auf die Kritik, die gegen die Anordnung einer solchen Fiktion und die Einbettung dieser Klausel in den Abschnitt „Obliegenheiten des VN“ im Schrifttum geäußert wurde.6 Es handelt sich um eine vom VN dem VR rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht i.S.d. 9 §§ 164 ff. BGB, die dazu dient, den VR in die Lage zu versetzen, seinen Leistungspflichten aus Ziff. 5.1 AHB nachzukommen.7 Der Vollmacht liegt nach dem Urteil des BGH vom 27.5.1957 im Innenverhältnis „eine durch den Versicherungsvertrag begründete Geschäftsführungsbefugnis eigener Art zugrunde, kraft deren der VR berechtigt ist, bei Eintritt des Haftpflichtfalles nach seinem Gutdünken, unabhängig von den Weisungen des Versicherungsnehmers, ja sogar mit eigenem Weisungsrecht gegenüber diesem, alle mit der Schadensfeststellung und -regulierung zusammenhängenden, gerichtlichen oder außergerichtlichen, Maßnahmen und Rechtsgeschäfte für den Versicherungsnehmer durchzuführen, also auch einen außergerichtlichen Vergleich mit dem Geschädigten abzuschließen oder dessen Anspruch anzuerkennen (vgl. § 7 Ziff. I, 2, II, 1, 4, 5, § 10 Ziff. 5 AKB, § 150 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 VVG).“8 [Hervorhebung durch den Verfasser]
Im Gegenzug ist er dem VN gegenüber analog §§ 675, 666 BGB zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet.9 Eine Herausgabepflicht analog § 667 BGB dürfte nicht praktisch werden. Die Regulierungsvollmacht des VR ist somit unbeschränkt und hat in Bezug auf einen 10 vom Versicherungsschutz erfassten Haftpflichtanspruch umfassenden Charakter.10 Er-
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7 8
BGH 21.6.1994 NJW 1994 2483, 2484; a.A. MüKo-BGB/Gottwald § 328 Rn. 201. BGH 21.6.1994 NJW 1994 2483, 2484. Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 5 AHB Rn. 20; Littbarski AHB § 5 Rn. 134; Späte § 5 Rn. 62. Vgl. BGH 3.6.1987 NJW 1987 2586, 2587. BGH 27.5.1957 BGHZ 24 308, 317 = NJW 1957 1230 (zu § 10 Ziff. 3 AKB a.F.); vgl. auch BGH 3.6.1987 BGHZ 101 276, 284 = NJW 1987 2586.
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BGH 20.11.1980 VersR 1981 180, 181; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 22; Landheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 114; Späte § 5 Rn. 62. Vgl. BGH 11.10.2006 RuS 2007 16, 17 = VersR 2006 1676, 1677; BGH 22.11.1988 VersR 1989 138, 139; vgl. auch BGH 19.11.2008 RuS 2009 504 = VersR 2009 106, 107 jew. zu § 5 Ziff. 7 AHB a.F.
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kennt der VR eine nicht bestehende Schadensersatzforderung (deklaratorisch) an, so gelangt sie durch dieses Anerkenntnis grundsätzlich wirksam gegenüber dem VN zur Entstehung.11 Voraussetzung hierfür ist, dass der Geschädigte die Regulierungszusage des VR annimmt, da auch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis einen wirksamen Anerkenntnisvertrag voraussetzt. Die reine Zahlung und Annahme eines Betrages reichen hierfür nicht aus.12 Der VR ist auch berechtigt, einen für und gegen den VN wirkenden Vergleich zu schließen13 oder auf die Einrede der Verjährung des Haftpflichtanspruchs zu verzichten14. Führt der VR Verhandlungen mit dem Geschädigten, beginnt die Verjährung nach § 212 Abs. 1 Ziff. 1 BGB neu.15 Dies alles gilt auch dann, wenn die aus den vorstehend genannten rechtsgeschäftlichen Handlungen resultierende Verpflichtung die Deckungssumme übersteigt und der VN somit für den darüber hinausgehenden Teil der Haftpflichtforderung selbst einstehen muss.16 Auch der Umstand, dass eine Selbstbeteiligung vereinbart ist, beschränkt die Vollmacht des VR nicht.17 Sie umfasst auch die Entgegennahme rechtsverbindlicher Erklärungen des Dritten mit Wirkung für den VN.18 Macht der VR von seiner Vollmacht Gebrauch, findet § 166 BGB Anwendung.19 2. Bindungen und Beschränkungen im Innenverhältnis
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Der BGH rechtfertigt die Annahme einer unbeschränkten Außenvollmacht damit, dass der VR in der Praxis regelmäßig der maßgebliche Ansprechpartner des Geschädigten sei. Dieser solle sich auf das Wort des VR verlassen können, ohne von sich aus nachforschen zu müssen, ob der VR seinem VN, dem Schädiger, gegenüber teilweise leistungsfrei ist.20 Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn der VR gegenüber dem Dritten klar zum Ausdruck bringt, dass er insoweit von seiner Vollmacht keinen Gebrauch mache.21 Dieser Sichtweise ist grundsätzlich zuzustimmen, gibt aber Anlass zu dem Hinweis, dass die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht (§ 242 BGB) auch im Versicherungsvertragsrecht gelten. Im Übrigen verletzt der VR seine Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) aus dem Versicherungsvertrag, wenn er ohne Zustimmung des VN zu dessen Lasten rechtsgeschäftliche Erklärungen in der Form eines Vergleiches
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Vgl. BGH 19.10.2008 RuS 2009 504 = VersR 2009 106, 107; BGH 11.10.2006 RuS 2007 16, 17 f. = VersR 2006 1676, 1677. Vgl. OLG Hamm 9.4.2013 BeckRS 2013 10194. BGH 20.2.1961 VersR 1961 382, 383. BGH 26.6.1962 VersR 1962 809, 810; OLG Düsseldorf 20.5.2010 BeckRS 2010 21270; OLG Tübingen 6.3.1952 VersR 1952 224; ÖOGH 11.11.1964 VersR 1966 248; Schirmer VersR 1970 112 ff.; a.A. OLG Köln 3.3.1954 NJW 1955 713, 714. Vgl. BGH 11.10.2006 RuS 2007 16, 17 f. = VersR 2006 1676, 1676; BGH 23.10.1958 BGHZ 28 244, 250 f.; BGH 20.11.1962 VersR 1963 187, 188; BGH 25.9.1964 VersR 1964 1199, 1200; BGH 11.5.1965 VersR 1965 958; BGH 17.3.1970 VersR 1970 549; BGH 11.1.1972 1972 372, 373; BGH 6.11.1973 VersR 1974 175, 176; ÖOGH 3.10.1985 VersR 1987 423.
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BGH 11.10.2006 RuS 2007 16, 17 f. = VersR 2006 1676, 1677; BGH 17.3.1970 VersR 1970 549, 550; a.A. OLG Frankfurt 17.6.2005 VersR 2005 1525, 1526; OLG Düsseldorf 29.6.1978 VersR 1979 151. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 118; Späte § 5 Rn. 68. BGH 3.4.1973 VersR 1973 711, 712; offenlassend BGH 20.11.1970 VersR 1971 439, 440; a.A. offenbar OLG Karlsruhe 25.3.1988 RuS 1988 130; ÖOGH 13.3.1986 VersR 1987 271; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 114. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 13. BGH 11.10.2006 RuS 2007 16, 17; vgl. auch BGH 7.10.2003 NJW-RR 2004 109, 111. Vgl. BGH 11.10.2006 RuS 2007 16, 17; BGH 22.11.1988 VersR 1989 138, 139; vgl. auch BGH 19.11.2008 RuS 2009 504.
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oder eines Anerkenntnisses abgibt, die die Deckungssumme übersteigen (vgl. auch § 100 VVG Rn. 101).22 In diesem Zusammenhang ist der Hinweis geboten, dass den VR besondere Rücksichtnahmepflichten treffen, wenn die Kosten abweichend von Ziff. 6.5 AHB auf die Deckungssumme angerechnet werden (§ 101 VVG Rn. 65 ff.). Nach der Rechtsprechung des BGH hat der VR im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherten nämlich so zu wahren, wie das ein von diesem beauftragter Anwalt tun würde. Bei Interessenkollisionen hat der VR seine eigenen Interessen hintanzustellen.23 Diese vom BGH zur Prozessführung getroffenen Feststellungen sind nicht auf eine bestimmte Phase der Anspruchsprüfung/-abwehr beschränkt. Die Pflicht zur Interessenwahrung gilt nicht nur im Rahmen des Haftpflichtprozesses, sondern auch bereits in dessen Vorfeld.24 Verletzt der VR diese Pflicht, ist es gerechtfertigt, ihm den Kausalitätsgegenbeweis aufzuerlegen, dass das Anerkenntnis der Sach- und Rechtslage entsprach.25 Misslingt der Nachweis, schuldet der VR die Differenz zwischen dem anerkannten Betrag und der Deckungssumme. Nach österreichischer Rechtsprechung bewirkt die Regulierungsvollmacht des VR zwar die Hemmung der Verjährungsfrist hinsichtlich aller Ansprüche auch über die Deckungssumme hinaus, wenn der VR Vergleichsgespräche führt. Die Vollmacht geht aber nicht so weit, dass der VR auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Schädigers diesen dem Grunde und der Höhe nach unbeschränkt verpflichten kann.26 Umstritten ist, ob der VR mit Forderungen des VN gegen den Schadensersatzanspruch des Geschädigten aufrechnen kann, ob sich die Aufrechnungsvollmacht auf Ansprüche aus demselben Schadensereignis beschränkt und ob insgesamt eine vorherige Zustimmung des VN eingeholt werden muss. Überwiegend wird in der aktuellen Literatur die Ansicht vertreten, die Aufrechnung mit Forderungen des VN aus demselben Schadensereignis sei dem VR gestattet.27 Dies wird damit begründet, dass Belange des VN nicht beeinträchtigt würden, weil der VR den Aufrechnungsbetrag an ihn zu zahlen habe. Im Übrigen sei der VN nach Ziff. 25.2 S. 1 AHB verpflichtet, seine Zustimmung zur Aufrechnung zu erklären, weil dies im Prozess für den VR vorteilhaft sei (wegen der Kosten).28 R. Johannsen hat sich hingegen ohne nähere Begründung gegen eine Aufrechnungsvollmacht ausgesprochen29, ebenso das AG Köln 30 und der ÖOGH 31. Letztlich kann auch diese Frage nur durch Auslegung von Ziff. 5.2 S. 1 AHB beantwortet werden. Dabei ist zu beachten, dass der Wortlaut von Ziff. 5.2 S. 1 AHB abweicht von § 5 Ziff. 7 AHB 2002 (und älteren Fassungen). Es heißt nicht mehr „alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen“, sondern „alle ihm
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Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 18; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 114; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 5 Rn. 7. BGH 18.7.2001 VersR 2001 1150, 1151; BGH 30.9.1992 RuS 1992 406, 407 f. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 114; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 22. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 22; a.A. Armbrüster RuS 2010 441, 444. ÖOGH 28.9.2005 7Ob14405k zitiert nach RIS-Justiz; ÖOGH 22.12.2004 7Ob219/04p zitiert nach RIS-Justiz.
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Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 20; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 118; Späte § 5 Rn. 65; Schirmer Vertretungsmacht 68. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 118; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 20; Späte § 5 Rn. 65. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 81. AG Köln 31.10.1986 VersR 1988 940. ÖOGH 18.3.1965 VersR 1965 1064.
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zur Abwicklung des Schadens oder Abwehr der Schadensersatzansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen“. Unter Abwicklung des Schadens – eine Aufrechnung kommt nur in dieser Alternative in Betracht – dürfte ein durchschnittlicher VN die Übernahme der Regulierung des verursachten Schadens verstehen, was eine Aufrechnung mit wechselseitigen Ansprüche aus ein und demselben Schadensereignis – sei es durch einseitige Erklärung, sei es im Rahmen eines Vergleichs – einschließt, aber nicht darüber hinausgeht. Ob der VN aus Ziff. 25.2 S. 1 AHB auch unter dem Gesichtspunkt der Obliegenheit 16 zur Schadensminderung gehalten ist, – ggf. nach Anweisung durch den VR nach Ziff. 25.2 S. 2 AHB – die Aufrechnung selbst zu erklären oder dem VR Aufrechnungsvollmacht zu erteilen, ist fraglich. Jedenfalls soweit der Haftpflichtanspruch dem Grunde und/oder der Höhe nach streitig ist, dürfte dem VN die Aufrechnung oder Vollmachtserteilung hierzu nicht zuzumuten sein.
III. Dauer der Regulierungsvollmacht 1. Erteilung der Regulierungsvollmacht
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Die Regulierungsvollmacht wird mit Abschluss des Versicherungsvertrages erteilt i.S.v. § 167 Alt. 1 BGB. Die Vollmacht ist dabei nicht unbedingt, sondern aufschiebend bedingt für den Fall erteilt, dass Dritte Schadensersatzansprüche gegen den VN geltend machen, die in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallen (§ 100 VVG Rn. 29 ff.). Die Wirkung der Regulierungsvollmacht tritt erst mit Eintritt dieser Bedingung ein. 2. Erlöschen der Regulierungsvollmacht
Ziff. 5.2 S. 1 AHB enthält keine Regelung über das Erlöschen der Vollmacht. Enthält die Bevollmächtigung keine ausdrückliche Bestimmung hierüber, so kommt es für die Auslegung der Vollmachtserteilung auf die Umstände an, welche für den Willen des Vollmachtgebers maßgebend waren. Dabei kommt dem Zweck der Vollmacht maßgebende Bedeutung zu.32 Wendet man diese bürgerlich-rechtlichen Auslegungsgrundsätze auf Ziff. 5.2 S. 1 AHB an, lassen sich folgende Feststellungen treffen: Werden gegen den VN Schadensersatzansprüche geltend gemacht, die in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallen, bleibt die Vertretungsmacht auch nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, z.B. im Falle einer Kündigung wegen Eintritts des Versicherungsfalles, bestehen.33 Die Vollmacht erlischt wegen Zweckerreichung erst dann, wenn der VR die erhobe19 nen Ansprüche vorgerichtlich befriedigt oder erfolgreich abwehrt.34 Darüber hinaus erlischt die Vollmacht wegen Zweckfortfalls, wenn der VN den Haftpflichtanspruch anerkannt und/oder befriedigt hat.35 In diesen Fällen besteht für eine weitere Tätigkeit im Namen des VN kein Raum mehr, da der VR eine unrichtige Behandlung der Sachund Rechtslage durch den VN nicht mehr verhindern kann. Besteht Streit über Grund und/oder Höhe des Haftpflichtanspruchs und/oder des Deckungsanspruchs, bleibt dem
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Staudinger/Schilken § 168 Rn. 2; Palandt/ Ellenberger § 168 Rn. 1; Bamberger/Roth/ Habermeier § 168 Rn. 1. BGH 3.6.1987 BGHZ 101 276, 284 = NJW
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1987 2586, 2588; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 5 Rn. 8. Vgl. Schirmer Vertretungsmacht 116. Vgl. Schirmer Vertretungsmacht 116.
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VR nur der Weg, den Zahlungsanspruch des VN mit haftpflichtrechtlichen und versicherungsrechtlichen Einwendungen zu bestreiten. Als Zweckfortfall ist auch die zu Recht erfolgte Deckungsverweigerung anzusehen. Verweigert der VR die Deckung zu Unrecht, liegt eine Zweckverfehlung vor, die ebenfalls zum Erlöschen der Vollmacht führt. Die Vollmacht lebt wieder auf, wenn der VR später aufgrund neuer Erkenntnisse oder eines Sinneswandels sich dazu entschließt, Deckung nun doch zu gewähren. Dagegen bleibt die Vollmacht bestehen, wenn der VN nur den Anspruch auf Freistel- 20 lung an den geschädigten Dritten abtritt, ohne den Haftpflichtanspruch zugleich anzuerkennen. Hier kann es nämlich zu einer erneuten Inanspruchnahme des VN kommen, soweit der Dritte nicht durch den VR befriedigt wird (§ 100 VVG Rn. 108, § 108 VVG Rn. 57). 3. Widerruf der Regulierungsvollmacht a) Grundsatz: Unwiderruflichkeit der Regulierungsvollmacht. Nach § 168 S. 2 BGB 21 ist eine Vollmacht auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses jederzeit widerruflich, soweit sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. Ziff. 5.2 S. 1 AHB enthält keinen vertraglichen Ausschluss des Widerrufsrechts. Für die Entscheidung, ob die Regulierungsvollmacht widerruflich oder unwiderruflich ist, ist deshalb die Interessenlage maßgeblich. Nach der Rechtsprechung ist ein Ausschluss zu bejahen, wenn die Vollmacht zumindest in gleichem Maße wie dem Interesse des Vollmachtgebers auch dem Interesse des Bevollmächtigten dient.36 Die Interessenlage lässt sich wiederum nicht der Vollmacht als abstraktem Rechtsgeschäft, sondern nur dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis entnehmen.37 Die Regulierungsvollmacht nach Ziff. 5.2 S. 1 AHB dient der schnelleren Abwicklung des Versicherungsfalls auf Seiten des VR und liegt deshalb (auch) in seinem Interesse. Sie ist deshalb grundsätzlich unwiderruflich.38 b) Ausnahme: Widerruf aus wichtigem Grund. Selbst bei einem wirksamen Aus- 22 schluss des Widerrufsrechts bleibt nach allgemeiner Auffassung der Widerruf aus wichtigem Grund zulässig.39 Es kommt darauf an, ob dem VN nach Treu und Glauben ein unbeschränktes Festhalten an der Unwiderruflichkeit zugemutet werden kann. Die Interessen des geschädigten Dritten können dagegen bei der Beurteilung dieser Frage keine Berücksichtigung finden. Dieser wird, wenn er über den Widerruf nicht unterrichtet wird, genügend durch die Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht geschützt. Ferner kann zu seinem Schutz unter Umständen § 179 BGB eingreifen. Ein VR, der den VN trotz eines Widerrufs nach den Grundsätzen über die Anscheins- 23 vollmacht verpflichtet, kann sich nach §§ 241 Abs. 2, 280 BGB gegenüber dem VN schadensersatzpflichtig machen (Rn. 11 f.). Ein Schaden im Rechtssinne kann dem VN dabei allerdings in der Regel nur entstehen, wenn entgegen der materiellen Rechtslage eine Feststellung der Haftpflichtforderung erfolgt ist und der VN den Haftpflichtanspruch ganz oder teilweise selbst erfüllen muss. Maßgebend für die Frage eines Widerrufs der
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Vgl. BGH 13.12.1990 NJW-RR 1991 439, 441; BGH 13.5.1971 DNotZ 1972 229, 230; BayObLG 14.3.1996 NJW-RR 1996 848, 849. BayObLG 14.3.1996 NJW-RR 1996 848, 849.
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Allg.M., vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 12; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 115; Littbarski AHB § 5 Rn. 136; Schirmer Vertretungsmacht 131 f. Vgl. nur Nachw. bei Staudinger/Schilken § 168 Rn. 14.
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Vollmacht aus wichtigem Grund sind alle Umstände des Einzelfalles. Die folgenden Beispiele bilden demgemäß keine erschöpfende Aufzählung des Widerrufsrechts aus wichtigem Grund. c) Beispiele
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aa) Vermögensverfall des Versicherers. Gerät der VR in Vermögensverfall, wird gar das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet (hierzu § 110 VVG Rn. 28 ff.), so ist der VN zum sofortigen Widerruf der Vollmacht berechtigt.
bb) Unberechtigte Verweigerung des Versicherungsschutzes. Soweit man entgegen der zuvor vertretenen Ansicht (Rn. 19) ein Erlöschen der Vollmacht wegen Zweckverfehlung verneint, ist der VN jedenfalls zum Widerruf berechtigt, wenn der VR den Versicherungsschutz unberechtigt verweigert. Der VR handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er dessen ungeachtet von der Vollmacht Gebrauch macht. Weiß der geschädigte Dritte, dass der VR den Versicherungsschutz abgelehnt hat, so kann er sich auf die generell erteilte Vollmacht nicht berufen. Er ist so zu behandeln, als sei ihm ein Widerruf des VN zugegangen. Darauf, ob der VR schuldhaft oder nicht schuldhaft meinte, den Versicherungsschutz verweigern zu dürfen, kommt es nicht an, da er das Risiko der Fehleinschätzung trägt. Entscheidend ist, dass durch eine unberechtigte Deckungsverweigerung das Ver26 trauensverhältnis regelmäßig empfindlich gestört wird. Zu Recht nimmt deshalb auch der BGH 40 an, dass in einem solchen Falle für den VN keine Obliegenheit mehr bestehe, einem vom VR benannten Anwalt Prozessvollmacht zu erteilen und dem VR die Prozessführung zu überlassen.41
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cc) Überschreitung der Deckungssummen. Wird der VN durch rechtsgeschäftliche Handlungen des VR in einer die Deckungssumme übersteigenden Weise zur Zahlung verpflichtet, kann sich der VR dem VN gegenüber schadensersatzpflichtig machen (vgl. Rn. 11 f.). Doch ist der VN damit unter Umständen nicht genügend geschützt, weil dem VR bei Gebrauch seiner Regulierungsvollmacht ein Ermessensspielraum zusteht und nicht jede die materielle Rechtslage verkennende Abwicklung als schuldhaft qualifiziert werden kann. Es erscheint daher als sachgerecht, dem VN bereits ein Widerrufsrecht zuzubilligen, soweit die geltend gemachten Haftpflichtansprüche die Deckungssummen des Versicherungsvertrages oder – bei Kostenanrechnung abweichend von Ziff. 6.5 AHB – die Haftpflichtansprüche zusammen mit den Kosten übersteigen.42 Hierdurch werden auch keine schutzwürdigen Rechte des geschädigten Dritten verletzt. Nach dem Gesagten wird man es dem VN auch nicht als Obliegenheitsverletzung 28 (nach Ziff. 25.5 AHB) anlasten können, wenn er bei nicht ausreichender Deckungssumme darauf besteht, dass neben dem Anwalt des VR auch auf seine Kosten ein Anwalt seines Vertrauens in den Rechtsstreit eingeschaltet wird (Ziff. 25 AHB Rn. 62, 68).
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BGH 7.11.1966 NJW 1967 202 = VersR 1967 27, 28. A.A. Schirmer Vertretungsmacht 145 f.
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IV. Personelle Reichweite In Ziff. 5.2 S. 1 AHB heißt es lediglich, dass der VR bevollmächtigt ist, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des VN abzugeben. Werden Schadensersatzansprüche gegen mitversicherte Personen geltend gemacht, lässt sich eine Befugnis des VR zu deren Vertretung aus dem Wortlaut von Ziff. 5.2 S. 1 AHB nicht herleiten. Eine solche Befugnis ergibt sich auch nicht in Verbindung mit Ziff. 27.1 S. 1 AHB. Zwar heißt es dort, dass die für den VN geltenden Bestimmungen auf die Mitversicherten entsprechend anzuwenden seien. Da die versicherten Personen aber nicht Partei des Versicherungsvertrages werden, könnte der VR aus dieser Regel allenfalls dann eine Regulierungsvollmacht herleiten, wenn der VN für diese Dritten eine gesetzliche oder vertraglich eingeräumte Vertretungsmacht besäße. Um den berechtigten Interessen des VR Rechnung zu tragen, hat der BGH die „sinngemäße Anwendung“ des § 5 Ziff. 7 AHB 2002 (und ältere Fassungen) auf den (Mit-) Versicherten dahingehend verstanden, dass der versicherten Person die Obliegenheit treffe, spätestens nach Eintritt des Versicherungsfalles dem VR Vollmacht zu erteilen.43 Nach der Neufassung der AHB ist die Erteilung der Regulierungsvollmacht indessen nicht mehr als Obliegenheit ausgestaltet,44 sodass dieser rechtskonstruktive Ansatz ins Leere geht. Davon abgesehen fehlt es an einer Sanktion, wenn die versicherte Person keine Vollmacht erteilt. Insoweit ist eine Änderung der AHB geboten. Nicht selten werden bei Eigen- und Fremdschadenrisiken kombinierenden Haftpflichtversicherungsverträgen (z.B. Betriebshaftpflichtversicherung) Ansprüche gleichzeitig gegen den VN und versicherte Personen erhoben. Überlassen Letztere dem VR ohne Widerspruch die Regulierung, so kann darin unter Umständen eine stillschweigende Genehmigung der Vollmachtserteilung nach Ziff. 5.2 S. 1 AHB gesehen werden. Schließlich ist auch sorgsam zu prüfen, ob eine versicherte Person, die im Vorstadium eines Haftpflichtprozesses durch einen VR ohne Vollmacht vertreten war, nicht gegen Treu und Glauben verstößt, wenn sie im Prozess auf Verlangen des VR, der diese Verhandlungen geführt hat und der eigentliche Träger des Prozessrisikos ist, die Einrede der Verjährung erhebt. Nach R. Johannsen liegt es nahe, aus diesem Grunde die Einrede der Verjährung in dem Umfang zurückzuweisen, in dem ein wirksam vertretener VN oder Versicherter sich nicht auf sie hätte berufen dürfen. Letzteres gelte nur dann nicht, wenn der VR oder der Versicherte dem Dritten rechtzeitig mitteilten, dass eine Regulierungsvollmacht für den Versicherten nicht bestehe.45 Soweit der VR eine Vollmacht vom VN, nicht aber eine solche von der versicherten Person hat, lässt sich nach der Interessenlage regelmäßig nicht annehmen, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des VR zugleich im Namen beider abgegeben werden. Man wird hier aber bezüglich der versicherten Person auch keinen Verpflichtungswillen des VR im eigenen Namen annehmen können, sondern regelmäßig einen im Namen des VN abgeschlossenen Vertrag, der gekoppelt ist mit einem Vertrag zugunsten der versicherten Person i.S.d. § 328 BGB. Das Problem taucht im Übrigen regelmäßig nur bei außergerichtlichen Vergleichen und Verhandlungen auf, also nicht, wenn sowohl VN als
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BGH 3.6.1987 BGHZ 101 276, 285 = VersR 1987 926. Unberücksichtigt von Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 21; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 117.
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auch versicherte Person vom Dritten verklagt worden sind und der vom VR bestellte Anwalt Prozessvollmacht gemäß der nach Ziff. 25.5 S. 3 AHB bestehenden Obliegenheit erhalten hat, die sowohl für den VN als auch die versicherte Person gilt.
V. Auftreten des Versicherers gegenüber dem geschädigten Dritten 1. Grundsatz: Handeln im Namen des VN Dass dem VR eine regelmäßig unwiderrufliche Vollmacht des VN zur Regulierung des Haftpflichtschadens zusteht, bedeutet nicht, dass der VR stets als Vertreter des VN handelt oder gar zu einem Auftreten im Namen des VN verpflichtet wäre. Es steht dem VR vielmehr frei, von der Vollmacht keinen Gebrauch zu machen und im eigenen Namen nach Maßgabe der zuvor dargestellten gesetzlichen Ausgangsposition zu handeln (Rn. 5 ff.). Jedoch besteht eine Vermutung tatsächlicher Art, dass der VR gegenüber dem geschädigten Dritten regelmäßig als Vertreter des VN auftritt und beim Abschluss von Abfindungsverträgen demgemäß den VN und nicht sich selbst verpflichtet. Dementsprechend hat der BGH festgestellt: 35
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„[A]us der maßgeblichen Sicht des Geschädigten liegt im Allgemeinen die Annahme fern, der uneingeschränkt bevollmächtigte Haftpflichtversicherer wolle, wenn er mit dem Geschädigten in Verbindung tritt, etwa nur eigene Pflichten gegenüber seinem Versicherungsnehmer, dem Schädiger, erfüllen und nicht zugleich dessen Pflichten gegenüber dem Geschädigten“ 46.
Das bedeutet, dass der VR auch bei seinen Zahlungen an den Geschädigten regelmäßig als Vertreter des VN und nicht als Dritter i.S.d. § 267 BGB leistet. 2. Ausnahmen
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Wenn von dem zuvor dargestellten Grundsatz abweichend ein Handeln des VR im eigenen Namen angenommen werden soll, so bedarf dies besonderer Begründung aus den Umständen des Falles und den speziell vom VR bei den Vertragsverhandlungen abgegebenen Erklärungen. So hatte sich z.B. in dem Fall, der der Entscheidung des RG vom 19.11.1929 47 zugrunde lag, der betreffende VR ausdrücklich im eigenen Namen verpflichtet und der VN hatte dazu erklärt, dass er die vom VR übernommene Verpflichtung auch für sich dergestalt als bindend anerkenne, dass er dem Dritten neben dem VR als Gesamtschuldner hafte. Ähnlich verhält es sich bei der Entscheidung des KG vom 26.9.1934.48 Dort hatte der VR sich ebenfalls ausdrücklich zur Zahlung verpflichtet und dazu erklärt, dass dieses Anerkenntnis „als ein besonderer Verpflichtungsgrund im Sinne des BGB gelten“ solle. Eine solche ausdrückliche Schuldübernahme lag auch dem Urteil des OLG München vom 2.11.1931 zugrunde.49 Ähnlich war es auch in dem Fall, den der BGH am 7.4.1956 zu entscheiden hatte und in dem der VR sich nach der Meinung des Gerichts in geradezu unzweideutiger, einer Auslegung gar nicht mehr fähigen Weise im eigenen Namen verpflichtet hatte.50
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BGH 11.10.2006 RuS 2007 16, 17 = VersR 2006 1676, 1677; vgl. auch BGH 22.11.1988 RuS 1989 78, 79; OLG Düsseldorf 20.5.2010 BeckRS 2010 21270. RG 19.11.1929 JW 1929 579, 580.
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KG 26.9.1934 JW 1934 348 ff. OLG München 29.11.1931 VA 1931 289 ff. Ziff. 2344. BGH 7.4.1956 VersR 1956 339.
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Übernimmt der VR ausnahmsweise eine eigene Haftung, so ist diese grundsätzlich 37 unabhängig von dem Bestand des Versicherungsverhältnisses. Der VR bleibt dem Dritten auch dann zur Leistung verpflichtet, wenn er nachträglich feststellt, dass er dem VN keinen Versicherungsschutz zu gewähren brauchte oder wenn der VN den Versicherungsschutz durch später begangene Obliegenheitsverletzungen verliert.51 Eine solche Verpflichtung des VR wird aber zumeist stillschweigend auf die Versicherungssummen des Vertrages begrenzt sein.52 Wird eine solche summenmäßige Begrenzung in einem gegen den VR gerichteten Prozess jedoch nicht ausdrücklich in das Feststellungsurteil mit aufgenommen, so haftet der VR der Höhe nach für diesen Zukunftsschaden unbeschränkt.
VI. Auftreten des VR gegenüber sonstigen am Regulierungsgang beteiligten Personen Bei einem Handeln des VR gegenüber anderen Personen als dem geschädigten Dritten 38 kann nicht davon ausgegangen werden, dass der VR im Namen des VN handelt. Es ist vielmehr im Gegenteil in tatsächlicher Beziehung zu vermuten, dass der VR gegenüber von ihm ausgewählten Sachverständigen und Anwälten im eigenen Namen auftritt und demgemäß auch eigene Verbindlichkeiten begründet.53 Das bedeutet, dass regelmäßig allein der VR und nicht der VN Kostenschuldner des im Haftpflichtprozess für den VN tätigen Anwalts ist.54
D. Bevollmächtigung zur Prozessführung (Ziff. 5.2 S. 2 und S. 3 AHB) I. Abgrenzung zur gewillkürten Prozessstandschaft Kommt es in einem Versicherungsfall zu einem Rechtsstreit über Schadensersatzan- 39 sprüche gegen den VN, ist der VR nach Ziff. 5.2 S. 2 AHB „zur Prozessführung bevollmächtigt“. Er führt gemäß Ziff. 5.2 S. 3 AHB den Rechtsstreit im Namen des VN auf eigene Kosten. Die Bevollmächtigung zur Prozessführung ist somit nicht gleichbedeutend mit der Ermächtigung zur Prozessführung i.S.v. § 51 Abs. 1 ZPO; sie bedeutet nicht, dass die Prozessführungsbefugnis des VN auf den VR übertragen wird. Eine solche gewillkürte Prozessstandschaft würde zur Parteistellung des Prozessführers führen. Es handelt sich auch nicht um eine offene Prozessvertretung (§ 80 ZPO) durch den VR.55 Ziff. 5.2 S. 2 und S. 3 AHB dienen allein dazu, die Einflussnahme des VR auf den Haftpflichtprozess sicherzustellen, in dem er sich die Stellung eines Bevollmächtigten einräumt. Insoweit ergänzen beide Klauseln die Regulierungsvollmacht gem. Ziff. 5.2 S. 1 AHB.
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RG 23.4.1940 JRPV 1940 100, 101. RG 23.4.1940 JRPV 1940 100, 101; dagegen K. Sieg Ausstrahlungen 187 f. Ebenso Schirmer Vertretungsmacht 76. So OLG Köln 10.5.1932 VA 1932 255–258 Ziff. 2448; LG Hamburg 8.3.1955 VersR
55
1955 365; ebenso ÖOGH 8.1.1958 VersRdsch 1958 224, 226; Prölss/Martin/ Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 32; Littbarski AHB § 5 Rn. 81. Vgl. H. Koch/Hirse VersR 2001 405.
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II. Umfang der Prozessführungsvollmacht 1. Begriff der Prozessführung
40
Der Begriff der Prozessführung ist gesetzlich nicht definiert. Soweit er verschiedentlich in Gesetzen gebraucht wird (z.B. §§ 51, 56, 89, 114, 282 ZPO), bezieht sich der Begriff auf Verfahren vor Gerichten (sowohl staatliche Gerichte als auch Schiedsgerichte) und dürfte in diesem Sinne auch von einem durchschnittlichen VN verstanden werden. Als Prozesshandlung sind alle Betätigungen anzusehen, die darauf abzielen ein Verfahren zu beginnen, weiterzuführen oder zu beenden.56 Der Begriff der Prozessführung umfasst auch außergerichtliche Vergleichsverhandlungen während eines Prozesses.57 Dieses Verständnis des Prozessführungsbegriffs erlaubt eine klare Abgrenzung von Ziff. 5.2 S. 2 und S. 3 AHB zur Regulierungsvollmacht i.S.v. Ziff. 5.2 S. 1 AHB, die alle Handlungen umfasst, die auf die Beendigung eines noch nicht anhängigen Rechtsstreits gerichtet sind. 2. Vollmacht des VR zur Erteilung der Prozessvollmacht?
41
a) Stand der Diskussion zu § 5 Ziff. 7 AHB 2002. Unter der Regelung des § 5 Ziff. 7 AHB 2002 war es umstritten, ob die Regulierungsvollmacht den VR auch dazu berechtigte, einem Rechtsanwalt Prozessvollmacht zu erteilen, um diesen in die Lage zu versetzen, im Interesse des VN vor Gericht aufzutreten und z.B. den Erlass eines Versäumnisurteils abzuwenden.58 Voit/Knappmann haben aus § 5 Ziff. 4 AHB 2002 eine Befugnis des VR hergeleitet, einen Anwalt zu „bestellen“, was nach dem Sprachgebrauch bedeute, ihm Prozessvollmacht zu erteilen. Dass der VN dem vom VR ausgewählten Anwalt Vollmacht zu erteilen habe, sei nur eine der Praxis entsprechende Regelung für den Normalfall und stehe der Annahme einer Bestellungsvollmacht des VR nicht entgegen. Dies zeige sich insbesondere, wenn der VN schuldlos außerstande sei, dem Anwalt seinerseits Vollmacht zu erteilen, etwa bei schwerer Krankheit oder Unerreichbarkeit. Dass der VR in solchen Fällen im Anwaltsprozess keine eigene Verteidigungsmöglichkeit haben solle, sei mit Sinn und Zweck der Regelung unvereinbar.59 Nach Ansicht des Hans. OLG Bremen ermächtigt § 5 Ziff. 7 AHB a.F. den VR nicht, 42 gegen den erklärten Willen des VN einem Anwalt Prozessvollmacht zu erteilen, weil der VN bereits aus § 5 Ziff. 4 AHB a.F. verpflichtet sei, einem vom VR bestellten Anwalt Prozessvollmacht zu erteilen. Diese Bestimmung sei überflüssig, wenn § 5 Ziff. 7 AHB a.F. dem VR bereits das Recht gewähren würde, einem von ihm ausgewählten Anwalt namens des VN Vollmacht zu erteilen. Ein sachliches Bedürfnis, den VR in die Lage zu versetzen, die Beauftragung eines eigenen Prozessbevollmächtigten durch den VN zu verhindern und es dem VR zu ermöglichen, den Prozess durch einen eigenen Anwalt zu
56
57 58
Musielak/Musielak ZPO Einleitung Rn. 58; vgl. auch OLG Brandenburg 7.9.2006 NJW 2007 1470, 1471; OLG Oldenburg 28.7.1993 FamRZ 1996 682 (zu § 121 BRAGO a.F.) („jede Handlung einer Partei, die auf die Beendigung eines anhängigen Rechtsstreits gerichtet ist“). OLG Oldenburg 28.7.1993 FamRZ 1996 682. Bejahend BGH 23.10.1990 BGHZ 112 345, 348 = RuS 1992 110 (für Kfz-Haftpflichtver-
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59
sicherung); OLG Hamm 10.11.1981 VersR 1982 1068; Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 5 AHB Rn. 28; ablehnend BGH 4.12.1967 VersR 1968 162, 163 (für die KfzHaftpflichtversicherung); OLG Köln 24.5.1965 VersR 1965 950; Späte § 5 Rn. 63; Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 10; offengelassen von Hans. OLG Bremen 12.2.1991 RuS 1992 369. Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 § 5 Rn. 28.
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führen, bestehe nicht, da der VR durch die Ausgestaltung dieser Verpflichtung als Obliegenheit hinreichend geschützt sei.60 b) Vollmacht zur Prozessvollmachtserteilung aus Ziff. 5.2 S. 2 AHB? Lücke sieht die 43 Streitfrage durch die Neuregelung des Ziff. 5.2 S. 2 AHB in dem Sinne als entschieden an, dass der VR einem Rechtsanwalt Prozessvollmacht erteilen darf.61 Für Lückes Ansicht scheint Ziff. 25.5 S. 2 AHB zu sprechen, wonach „[d]er VR [.] im Namen des Versicherungsnehmers einen Rechtsanwalt [beauftragt]“.62 Allerdings befindet sich diese Regelung im Abschnitt „Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls“ und ist eingebettet in die Obliegenheit des VN, dem VR die Prozessführung gem. Ziff. 25.5 S. 1 AHB zu überlassen und dem Rechtsanwalt nach Ziff. 25.5 S. 3 AHB Vollmacht zu erteilen. Die Regelung in Ziff. 25.5 S. 3 AHB ergibt keinen Sinn, wenn der VR berechtigt wäre, einem Rechtsanwalt Prozessvollmacht zu erteilen. Insoweit hat es der Musterbedingungsgeber versäumt, für größere Klarheit zu sorgen, was angesichts der jahrzehntelangen Diskussion63 zu dieser Frage nur verwundern kann. Der Widerspruch lässt sich in der Weise auflösen, dass Ziff. 25.5 S. 3 AHB die Pro- 44 zessvollmacht i.S.v. § 80 ZPO betrifft, die der VN zu erteilen hat, und Ziff. 25.5 S. 2 AHB die hiervon zu unterscheidende bürgerlich-rechtliche Vollmacht des VR zur Beauftragung eines Anwalts, die der eigentlichen Prozessvollmacht vorgelagert ist.64 Insoweit ist Ziff. 25.5 S. 2 AHB keine ausreichende Grundlage für die Erteilung einer Prozessvollmacht. Ein vom VR ohne Einwilligung des VN bestellter Anwalt ist bis zur Genehmigung der Vollmacht – die auch konkludent erfolgen kann – als vollmachtloser Vertreter i.S.v. § 89 ZPO zu behandeln. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der vom VR bestellte Anwalt vom Gericht gem. § 88 Abs. 2 ZPO grundsätzlich bis zur Erhebung einer Rüge nach § 88 Abs. 1 ZPO als ausreichend bevollmächtigt anzusehen ist.65 Hat der VN bereits einen Anwalt bestellt und weist der VR ihn an, einem anderen 45 Anwalt Vollmacht zu erteilen, so kann der erste Anwalt nicht nach § 26 Abs. 2 GWB vom VR Unterlassung verlangen.66 c) Wirksamkeit einer Vollmacht zur Prozessvollmachtserteilung. Soweit man ent- 46 gegen der hier vertretenen Ansicht den VR aus Ziff. 5.2 S. 2 AHB als berechtigt ansieht, Prozessvollmacht zu erteilen, stellt sich die Frage, ob die so verstandene Klausel einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 u. 2 BGB im Hinblick darauf standhält, dass sich der VN bei einer möglichen Interessendivergenz zwischen ihm und dem VR bei der Auswahl und Bevollmächtigung seinen Anwalt nicht selbst aussuchen kann.67 Büsken, der dem VR zubilligt, dem Rechtsanwalt Prozessvollmacht zu erteilen, hat 47 sich dafür ausgesprochen, einer möglichen Interessendivergenz dadurch Rechnung zu tragen, dass der VR im Falle des Widerspruchs durch den VN keine Prozessvollmacht erteilen darf.68 Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH zu § 10 Abs. 5
60 61
62
Vgl. Hans. OLG Bremen 12.2.1991 RuS 1992 369. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 24; so auch OLG Karlsruhe 26.10.2010 NJOZ 2011 1694, a.A. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 5 Rn. 6; Langheid/Wandt/Littbarski AHB § 101 VVG Rn. 35. Vgl. auch Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 122.
63 64 65 66 67 68
Vgl. Schirmer Vertretungsmacht 94 ff. Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 5 Rn. 6. OLG Koblenz 20.3.2012 VersR 2012 1008, 1009. LG München 11.9.1985 RuS 1986 4, 5. Verneinend H. Koch/Hirse VersR 2001 405, 408; krit. Späte § 5 Rn. 40. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 123.
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AKB69 plädiert er für eine Interessenabwägung, die grundsätzlich zugunsten des VR und nur in Ausnahmefällen zugunsten des VN ausfalle, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen VN und dem vom VR benannten Rechtsanwalt so stark beeinträchtigt ist, dass dem VN eine Zusammenarbeit nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden könne.70 48 Diese Überlegungen verdienen durchaus Zustimmung. Für die Wirksamkeit der Klausel – soweit man aus ihr die Vollmacht des VR zur Erteilung der Prozessvollmacht herleitet – spricht aber vor allem, dass hierdurch weder die Bindungen und Beschränkungen, die der VR im Innenverhältnis zu beachten hat (dazu sogleich Rn. 49), noch das Recht des VN zum Widerruf der Prozessvollmacht eingeschränkt werden (Rn. 54). 3. Bindungen und Beschränkungen im Innenverhältnis
49
Hinsichtlich Bindungen und Beschränkungen im Innenverhältnis gelten die Ausführungen zur Regulierungsvollmacht (Rn. 11 ff.) entsprechend. Die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebietet es dem VR darüber hinaus, dem VN bereits eine beabsichtigte Deckungsverweigerung offen zu legen, um ihm die Gelegenheit zu geben, die weitere Prozessführung in die eigene Hand zu nehmen. Der VR darf von diesem Zeitpunkt an keine Prozesshandlungen mehr vornehmen, die für den VN erkennbar nachteilig sind.71 Es versteht sich von selbst, dass der VR erst recht nicht dem Haftpflichtprozess auf Seiten des Anspruchstellers beitreten darf, um eine Verurteilung seines VN wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung zu erreichen und dadurch sicherzustellen, dass er sich im Deckungsprozess auch dem Anspruchsteller gegenüber auf Leistungsfreiheit berufen kann.72 50 Umgekehrt ist der VN aus § 241 Abs. 2 BGB (nicht aus Ziff. 25.2 AHB) verpflichtet, dem VR ein Anerkenntnis und/oder eine Befriedigung des Haftpflichtanspruchs unverzüglich mitzuteilen, um zu verhindern, dass dem VN Kostennachteile entstehen (§ 108 VVG Rn. 60). Im Übrigen ist der VN nicht daran gehindert, seinen Pflichten aus §§ 138 Abs. 1, 141 Abs. 1 ZPO nachzukommen.73
III. Dauer der Prozessführungsvollmacht 1. Erteilung der Prozessführungsvollmacht
51
Hinsichtlich der Erteilung der Prozessführungsvollmacht gelten die Ausführungen zur Erteilung der Regulierungsvollmacht entsprechend (Rn. 17). Sie wird aufschiebend bedingt für den Fall erteilt, dass Dritte Schadensersatzansprüche gegen den VN geltend machen, die in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallen. 2. Erlöschen der Prozessführungsvollmacht
52
Die Bevollmächtigung des VR zur Prozessführung erlischt wegen Zweckerreichung mit der Beendigung des vor einem (Schieds-)Gericht anhängigen Rechtsstreits. Ob zu diesem Zeitpunkt der Versicherungsvertrag noch besteht, ist unerheblich. Lehnt der VR die
69 70
Vgl. BGH 23.10.1990 RuS 1992 110, 111: s.a. BGH 30.4.1981 NJW 1981 1952, 1953. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 123.
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71 72 73
Vgl. BGH 18.7.2001 NVersZ 2001 472, 473. OLG München 5.2.2009 VersR 2009 822, 823. OLG Hamm 29.4.1996 RuS 1997 55, 56.
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Deckung im Verlaufe des Verfahrens ab, darf er ab diesem Zeitpunkt keinen Gebrauch mehr von seiner Vollmacht machen.74 Die Bevollmächtigung erlischt wegen Zweckverfehlung. Darüber hinaus erlischt die Bevollmächtigung wegen Zweckfortfalls, wenn der VN 53 den Haftpflichtanspruch während des Prozesses anerkennt und/oder befriedigt. Im Unterschied zur Regulierungsvollmacht erlischt diese Vollmacht nicht sogleich im Falle des Anerkenntnisses und/oder der Befriedigung des Haftpflichtanspruchs, sondern erst mit der (rechtskräftigen) Beendigung des Verfahrens. 3. Widerruf der Prozessführungsvollmacht Die Prozessführungsvollmacht, die ebenso wie die Regulierungsvollmacht grundsätz- 54 lich unwiderruflich ist, kann vom VN nur ausnahmsweise und unter den gleichen Voraussetzungen widerrufen werden, nach denen auch ein Widerruf der Regulierungsvollmacht möglich ist (Rn. 21 ff.).75 Soweit man entgegen der hier vertretenen Ansicht den VR als bevollmächtigt ansieht, einem Anwalt Prozessvollmacht zu erteilen, ist im Fall des Widerrufs der Prozessführungsvollmacht der VR gegenüber dem VN zum Widerruf der Prozessvollmacht des Anwalts verpflichtet. Der VN ist in diesem Fall ebenfalls zum Widerruf der Prozessvollmacht berechtigt. Widerruft der VN nur die Prozessvollmacht des Anwalts, ist dies zugleich als teilweiser Widerruf der Prozessführungsvollmacht des VR zu bewerten.
E. Vereinbarkeit der Tätigkeit des VR mit dem RDG und § 79 ZPO Weder die vorgerichtliche Regulierung des Haftpflichtschadens noch die Führung 55 eines Prozesses für den VN stellen eine Rechtsdienstleistung des VR dar. Für die Qualifikation als Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG fehlt es an der Voraussetzung einer Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten. Fremd ist die Rechtsangelegenheit, die nicht – auch nicht zugleich – die Rechte des Auftretenden betrifft. Entscheidend ist, in wessen wirtschaftlichem Interesse die Rechtsdienstleistung liegt.76 Insbesondere aus der Verpflichtung des VR, den VN von begründeten Haftpflichtan- 56 sprüchen freizustellen und unbegründete Ansprüche abzuwehren, folgt, dass vornehmlich das wirtschaftliche Interesse des VR betroffen ist. Dieser besorgt somit bei seiner Mitwirkung nicht nur fremde, sondern zugleich, und zwar überwiegend, eigene Rechtsangelegenheiten.77 Der VR darf deshalb den VN im Parteiprozess (§ 79 ZPO) durch seinen (schriftlich bevollmächtigten) Angestellten vertreten lassen.78
74
75 76 77
Vgl. BGH 18.7.2001 NVersZ 2001 472, 473; BGH 7.11.1966 VersR 1967 27, 28 f. = NJW 1967 202; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 125; Späte § 3 Rn. 65. Vgl. auch Schirmer Vertretungsmacht 110. Vgl. nur BGH 3.5.2007 RuS 2007 520, 521. BGH 28.6.1962 BGHZ 38 71, 79 = NJW
78
1963 441, 442; vgl. auch BGH 3.5.2007 RuS 2007 520, 521. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 29 (allerdings unter Bezugnahme auf § 157 ZPO a.F.; § 157 ZPO n.F. beschränkt sich darauf, die Vertretung durch Referendare im Parteiprozess zu regeln).
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F. Kostentragung I. Zivilverfahren 57
Gem. Ziff. 5.2 S. 3 AHB hat der VR alle gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu tragen („auf seine Kosten“), die wegen der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den VN entstehen. Diese Regelung entspricht § 101 Abs. 1 S. 1 VVG, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird. Ergänzend sei angemerkt, dass der VR keine Kostenerstattung schuldet, wenn der VN zusätzlich zu dem vom VR bestellten Prozessbevollmächtigten einen weiteren bestellt.79 Sind Anwaltskosten bereits entstanden, bevor der VR in Verzug ist, so sind sie nicht vom VR zu tragen.80 58 Zur Frage, ob in der Bestellung des zusätzlichen Anwalts eine Obliegenheitsverletzung vorliegt, s. Ziff. 25 AHB Rn. 62, 68.
II. Strafverfahren 1. Grundsätzliches
59
Ziff. 5.3 AHB konkretisiert der Sache nach § 101 Abs. 1 S. 2 VVG dahin gehend, dass der VR die gebührenordnungsmäßigen, ggf. die mit ihm besonders vereinbarten höheren Kosten des Verteidigers trägt, wenn die Bestellung eines Verteidigers für den VN von dem VR gewünscht oder genehmigt wurde. Durch diese Formulierung wird verdeutlicht, dass grundsätzlich nur die Anwaltskosten und nicht auch die entstehenden Gerichts- und Nebenklagekosten zu bezahlen sind.81 2. Kosten der Strafverteidigung
60
Nach den Umständen des Einzelfalles abzugrenzen ist, wann der VR die Bestellung eines Verteidigers „gewünscht oder genehmigt“ hat. Geht die Initiative zur Einschaltung eines Verteidigers vom VR aus, so trifft diesen auch die Kostenpflicht. Immer wenn der VR die Einschaltung eines Anwalts im Strafverfahren empfiehlt, muss er für dessen Honorarforderung (im Umfang der gesetzlichen Gebühren gem. §§ 42 f. RVG) einstehen.82 Schreibt der VR etwa an den VN: „Wir regen an, gegen den uns übersandten Strafbefehl Einspruch durch Rechtsanwalt X einlegen zu lassen, da dieser als spezieller Kenner der Materie am besten für ihre Verteidigung geeignet sein dürfte“, so ist die Haftung des VR für die Kosten des Verteidigers gegeben, wenn in einem derartigen Schreiben nicht ausdrücklich vermerkt ist, dass durch diese Anregung aber keine Kostenübernahme i.S.d. § 100 Abs. 1 S. 2 VVG erfolgen solle. Wollte der VR eine solche Erklärung mit der Folge einer Kostenübernahme nicht abgeben, so ändert das an der eingetretenen Verbind-
79
80
OLG München 25.4.1983 VersR 1983 1084; LG Nürnberg-Fürth 30.8.1971 VersR 1973 511, 512; AG Frankfurt 3.2.1972 VersR 1973 516; anders in einem Ausnahmefall AG Stuttgart 20.3.1970 VersR 1970 659, 660. LG Köln 8.1.1986 RuS 1986 250; AG Bonn 29.9.1987 VersR 1988 841, 842.
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81 82
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 36; Späte § 3 Rn. 34. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 AHB Rn. 36; Späte § 3 Rn. 33; Littbarski AHB § 3 Rn. 91.
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lichkeit grundsätzlich nichts. Ein Irrtum über die Rechtsfolgen einer Erklärung ist als unbeachtlicher Motivirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 BGB anzusehen.83 Ziff. 5.3 AHB nimmt dem VR nicht das Recht, sich nach Abschluss einer jeden Instanz von der Bezahlung weiterer Verteidigungskosten durch eine rechtzeitige Erklärung gegenüber dem VN zu befreien.84 Dagegen kann sich der VN nur durch eine ausdrückliche abweichende Vereinbarung schützen; für diese kann durchaus ein rechtlich beachtliches Interesse bestehen, da nach § 411 Abs. 3 StPO bei einem Einspruch gegen einen Strafbefehl das Gericht bei der Urteilsfällung an den in dem Strafbefehl enthaltenen Ausspruch nicht gebunden ist. Schwierig ist es abzugrenzen, was in Ziff. 5.3 AHB unter dem Ausdruck zu verstehen ist, dass der VR die Bestellung eines Verteidigers für den VN „genehmigt“. Der VN unterliegt im Strafverfahren keinerlei Weisungen des VR. Ihm steht es völlig frei, ob er Einspruch gegen einen Strafbefehl einlegt oder nicht. An eine Genehmigung im rechtstechnischen Sinne des § 184 Abs. 1 BGB ist daher nicht gedacht. Vielmehr ist diese Bedingungsbestimmung schon dann erfüllt, wenn der VR, der nachträglich von der Bestellung eines Verteidigers erfährt, gegenüber dem VN erklärt, dass er die Bestellung des ausgewählten Verteidigers billige, etwa in dem Sinne, dass ohne das Tun des VN der VR selbst die Verteidigung in dieser Weise gewünscht hätte.85 In der Praxis werden derartige „genehmigende“ Erklärungen eines VR nur ausnahmsweise vorkommen. Aus der Interessenlage lässt sich sagen, dass regelmäßig vom Standpunkt eines verständigen VR keine Veranlassung besteht, Kosten für einen bereits vom VN bestellten Anwalt zu übernehmen, ohne dazu vom VN gebeten worden zu sein. Nur ausnahmsweise kann demgemäß eine nachträgliche Kostenübernahme durch den VR aus konkludenten Handlungen geschlossen werden.86 Der VR ist nicht verpflichtet ist, sich an den Verteidigungskosten zu beteiligen. Der VN hat insbesondere auch keinen Anspruch darauf, dass der VR die beiderseitigen Interessen abwägt und sich dann nach objektiven Gesichtspunkten für oder gegen die Übernahme der Verteidigungskosten entscheidet.87 Wussow vertritt demgegenüber den Standpunkt, dass der VR als verpflichtet angesehen werden müsse, nach verständigem Ermessen von der Möglichkeit zur Bestellung eines Verteidigers Gebrauch zu machen.88 Der Wortlaut von Ziff. 5.3 AHB gibt für eine solche Auslegung jedoch nichts her. Der VR begeht daher keine Vertragsverletzung, wenn er es ablehnt, sich in irgendeiner Form in das Strafverfahren einzuschalten. Das Auslassen der Möglichkeit, einen Verteidiger zu vermitteln und dessen Kosten zu übernehmen, macht den VR auch dann nicht schadensersatzpflichtig, wenn wider Erwarten einmal adäquat kausal durch eine ungeschickte Verteidigung des („hilflosen“) VN die Schadensersatzansprüche des geschädigten Dritten (aufgrund der faktischen Auswirkungen des Strafverfahrens) derart anwachsen sollten, dass die Versicherungssumme überschritten wird.89
83 84 85 86
Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. G 24; Späte § 3 Rn. 33. Späte § 3 Rn. 33. Vgl. Späte § 3 Rn. 33; Littbarski AHB § 3 Rn. 92. Vgl. Späte § 3 Rn. 33; Littbarski AHB § 3 Rn. 93.
87 88 89
Vgl. Späte § 3 Rn. 33; Littbarski AHB § 3 Rn. 92. Vgl. Wussow § 3 Anm. 12 (zu § 3 II Ziff. 2 a.F.). So auch Späte § 3 Rn. 33; Littbarski AHB § 3 Rn. 94.
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3. Kosten der Nebenklage und des Adhäsionsverfahrens
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Die Tragung der Kosten, die dadurch entstehen, dass der Dritte als Nebenkläger auftritt und/oder seine zivilrechtlichen Ansprüche im Adhäsionsverfahren gem. §§ 403 ff. StPO verfolgt, bestimmt sich nach § 101 Abs. 1 VVG (s. § 101 VVG Rn. 32).
G. Rentenzahlungen Ziff. 5.4 AHB betrifft den Fall, dass der VN zur Zahlung einer Rente verurteilt worden ist (§ 843 Abs. 3 BGB). Tritt danach eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse ein, die für die Berechnung der Höhe und Dauer der Rentenleistung erheblich waren, kann der VN die Abänderung der Rente in der ausgeurteilten Höhe durch eine Abänderungsklage gem. § 323 ZPO erreichen, wenn die Rentenverpflichtung auf einem Urteil oder gerichtlichen Vergleich beruht.90 Bei einem außergerichtlichen Vergleich ist die Leistungsklage der richtige Rechtsbehelf.91 Ziff. 5.4 AHB bevollmächtigt den VR, das Recht des VN zur Änderung oder Auf68 hebung der Rente nach Maßgabe des entsprechend anzuwendenden Ziff. 5.2 AHB auszuüben. Der VR kann die Aufhebung oder Änderung zunächst außergerichtlich anstreben. Misslingt dies, kann er im Namen des VN Klage erheben. Die Anpassung oder der Wegfall der Rentenzahlungen setzt eine Störung der Ge69 schäftsgrundlage i.S.v. § 313 BGB voraus. Eine Störung ist anzunehmen, wenn sich die bei Abschluss des Vertrags bestehenden und von den Parteien vernünftigerweise vorauszusehenden wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben.92 Zu beachten ist, dass der VN nicht gehalten ist, von sich aus die Verhältnisse des Dritten, den er geschäftlich oder privat kennt, fortlaufend zu beobachten, um den VR unaufgefordert bei wesentlichen Veränderungen auf die Möglichkeit einer Abänderungsklage hinzuweisen.93 Erlangt der VN zufälligerweise von einschlägigen Tatsachen Kenntnis, besteht allerdings die Obliegenheit zur Information. Im Übrigen muss der VN nur auf Weisung des VR tätig werden.94 Diese Obliegenheit folgt aus Ziff. 25.2 S. 2 u. 3 AHB i.V.m. § 82 VVG.95
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90 91
92
Hierzu näher MüKo-BGB/Wagner § 843 Rn. 95. Vgl. BGH 4.10.1988 BGHZ 105 243, 245 f. = NJW 1989 289; MüKo-BGB/Wagner § 843 Rn. 96; a.A. Späte § 5 Rn. 59 u. Littbarski AHB § 5 Rn. 130: Feststellungsklage. BGH 4.10.1988 BGHZ 105 243, 245 f. =
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93 94 95
NJW 1989 289; MüKo-BGB/Wagner § 843 Rn. 96; Späte § 5 Rn. 59; Littbarski AHB § 5 Rn. 130. Späte § 5 Rn. 60. Späte § 5 Rn. 60. Prölss/Martin/Lücke § 5 AHB Rn. 38.
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Begrenzung der Leistungen
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6. Begrenzung der Leistungen 6.1 1Die Entschädigungsleistung des VR ist bei jedem Versicherungsfall auf die vereinbarten Versicherungssummen begrenzt. 2Dies gilt auch dann, wenn sich der Versicherungsschutz auf mehrere entschädigungspflichtige Personen erstreckt.
§ 3 III Ziff. 2 Abs. 1 S. 1, 2 den Umfang der Leistung des VR bilden die im Versicherungsschein angegebenen Versicherungssummen die Höchstgrenze bei jedem Schadensereignis. 2Dies gilt auch dann, wenn sich der Versicherungsschutz auf mehrere entschädigungspflichtige Personen erstreckt.
1Für
6.2 Sofern nicht etwas anderes vereinbart wurde, sind die Entschädigungsleistungen des VR für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres auf das ...-fache der vereinbarten Versicherungssummen begrenzt.
§ 3 III Ziff. 2 Abs. 3 Ferner kann vereinbart werden, dass der VR seine Gesamtleistung für alle Schadensereignisse eines Versicherungsjahres auf ein Mehrfaches der vereinbarten Versicherungssummen begrenzt.
6.3 Mehrere während der Wirksamkeit der Versicherung eintretende zeitlich zusammenhängende Versicherungsfälle gelten als ein Versicherungsfall, der im Zeitpunkt des ersten dieser Versicherungsfälle eingetreten ist, wenn diese – auf derselben Ursache, – auf gleichen Ursachen mit innerem, insbesondere sachlichem und zeitlichem Zusammenhang oder – auf der Lieferung von Waren mit gleichen Mängeln beruhen.
§ 3 III Ziff. 2 Abs. 1 S. 3 Mehrere zeitlich zusammenhängende Schäden aus derselben Ursache oder mehrere Schäden aus Lieferungen der gleichen mangelhaften Waren gelten als ein Schadensereignis.
6.4 1Falls besonders vereinbart, beteiligt sich der VN bei jedem Versicherungsfall mit einem im Versicherungsschein festgelegten Betrag an der Schadensersatzleistung (Selbstbehalt). 2Soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, ist der VR auch in diesen Fällen zur Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche verpflichtet.
§ 3 III Ziff. 2 Abs. 2 Es kann vereinbart werden, dass sich der VN bei jedem Schadensereignis mit einem im Versicherungsschein festgelegten Betrag an einer Schadensersatzleistung selbst beteiligt.
6.5 Die Aufwendungen des VR für Kosten werden nicht auf die Versicherungssummen angerechnet.
§ 3 III Ziff. 4 Die Aufwendungen des VR für Kosten werden nicht als Leistungen auf die Versicherungssumme angerechnet (vgl. aber Ziff. IV 1).
6.6 Übersteigen die begründeten Haftpflichtansprüche aus einem Versicherungsfall die Versicherungssumme, trägt der VR die Prozesskosten im Verhältnis der Versicherungssumme zur Gesamthöhe dieser Ansprüche.
§ 3 IV Ziff. 1 S. 1 Übersteigen die Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme, so hat der VR die Prozesskosten nur im Verhältnis der Versicherungssumme zur Gesamthöhe der Ansprüche zu tragen, und zwar auch dann, wenn es sich um mehrere aus einem Schadensereignis entstehende Prozesse handelt.
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AHB 2002
6. Begrenzung der Leistungen 6.7 1Hat der VN an den Geschädigten Rentenzahlungen zu leisten und übersteigt der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme oder den nach Abzug etwaiger sonstiger Leistungen aus dem Versicherungsfall noch verbleibenden Restbetrag der Versicherungssumme, so wird die zu leistende Rente nur im Verhältnis der Versicherungssumme bzw. ihres Restbetrages zum Kapitalwert der Rente vom VR erstattet. 2Für die Berechnung des Rentenwertes gilt die entsprechende Vorschrift der Verordnung über den Versicherungsschutz in der KraftfahrzeugHaftpflichtV in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles. 3Bei der Berechnung des Betrages, mit dem sich der VN an laufenden Rentenzahlungen beteiligen muss, wenn der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme oder die nach Abzug sonstiger Leistungen verbleibende Restversicherungssumme übersteigt, werden die sonstigen Leistungen mit ihrem vollen Betrag von der Versicherungssumme abgesetzt.
6.8 Falls die von dem VR verlangte Erledigung eines Haftpflichtanspruchs durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich am Verhalten des Versicherten scheitert, hat der VR für den von der Weigerung an entstehenden Mehraufwand an Entschädigungsleistung, Zinsen und Kosten nicht aufzukommen.
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§ 3 IV Ziff. 2 der VN an den Geschädigten Rentenzahlungen zu leisten und übersteigt der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme oder den nach Abzug etwaiger sonstiger Leistungen aus dem Versicherungsfall noch verbleibenden Restbetrag der Versicherungssumme, so wird die zu leistende Rente nur im Verhältnis der Versicherungssumme bzw. ihres Restbetrages zum Kapitalwert der Rente vom VR erstattet. 2Der Rentenwert wird aufgrund der Allgemeinen Sterbetafeln für Deutschland mit Erlebensfallcharakter 1987 R Männer und Frauen und unter Zugrundelegung des Rechnungszinses, der die tatsächlichen Kapitalmarktzinsen in Deutschland berücksichtigt, berechnet. 3Hierbei wird der arithmetische Mittelwert über die jeweils letzten 10 Jahre der Umlaufrenditen der öffentlichen Hand, wie sie von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht werden, zugrunde gelegt. 4Nachträgliche Erhöhungen oder Ermäßigungen der Rente werden zum Zeitpunkt des ursprünglichen Rentenbeginns mit dem Barwert einer aufgeschobenen Rente nach der genannten Rechnungsgrundlage berechnet. 5Für die Berechnung von Waisenrenten wird das ... Lebensjahr als frühestes Endalter vereinbart. Für die Berechnung von Geschädigtenrenten wird bei unselbständig Tätigen das vollendete ... Lebensjahr als Endalter vereinbart, sofern nicht durch Urteil, Vergleich oder oder eine andere Festlegung etwas anderes bestimmt ist oder sich die der Festlegung zugrunde gelegten Umstände ändern. 6Bei der Berechnung des Betrages, mit dem sich der VN an laufenden Rentenzahlungen beteiligen muss, wenn der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme oder die nach Abzug sonstiger Leistungen verbleibende Restversicherungssumme übersteigt, werden die sonstigen Leistungen mit ihrem vollen Betrag von der Versicherungssumme abgesetzt. 1Hat
§ 3 IV Ziff. 3 Falls die von dem VR verlangte Erledigung eines Haftpflichtanspruchs durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich an dem Widerstand des Versicherten scheitert, so hat der VR für den von der Weigerung an entstehenden Mehraufwand an Hauptsache, Zinsen und Kosten nicht aufzukommen.
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Begrenzung der Leistungen
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Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . B. Versicherungssumme . . . . . . . . I. Entschädigungsleistung im Versicherungsfall (Ziff. 6.1 AHB) . . . . . II. Jahreshöchstleistung (Ziff. 6.2 AHB) III. Serienschäden (Ziff. 6.3 AHB) . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . 2. Inhalt . . . . . . . . . . . . . 3. Voraussetzungen der Verbindung zur Serie . . . . . . . . . . . . a) Ursachenklausel . . . . . . .
. . . . . .
1 2
. . . . . . . . .
. . . . .
2 6 8 8 9
. . . . . .
14 15
Rn.
C. D. E. F. G.
aa) Ursachenidentität . . . . . . bb) Beispiele . . . . . . . . . . . b) Erweiterte Ursachenklausel . . . c) Warenklausel . . . . . . . . . . aa) Geltungsbereich . . . . . . . bb) Einzelheiten . . . . . . . . . Selbstbehalt (Ziff. 6.4 AHB) . . . . . . Aufwendungen des VR (Ziff. 6.5 AHB) Prozesskosten (Ziff. 6.6 AHB) . . . . . Rentenzahlungen (Ziff. 6.7 AHB) . . . Widerstand des VN (Ziff. 6.8 AHB) . .
. . . . . . . . . . .
15 16 18 22 23 25 30 34 35 40 42
A. Sinn und Zweck Ziff. 6 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 3 III Ziff. 2–4, IV Ziff. 1–3 AHB 2002. 1 Ziff. 6.1–6.4 AHB regeln den Umfang der Leistung des VR. Ziff. 6.5 AHB stellt klar, dass u.a. die Kosten der Anspruchsabwehr nicht auf die Versicherungssumme angerechnet werden. Ziff. 6.6 AHB sieht eine verhältnismäßige Aufteilung der Prozesskosten vor, wenn die begründeten Haftpflichtansprüche aus einem Versicherungsfall die Versicherungssumme übersteigen. Ziff. 6.7 AHB betrifft den Fall, dass der VN dem Geschädigten zur Rentenzahlung verpflichtet ist. Diese Klausel ergänzt § 107 VVG. Ziff. 6.8 AHB bestimmt die Rechtsfolgen, wenn die Erledigung eines Haftpflichtanspruchs durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich am Verhalten des VN scheitert.
B. Versicherungssumme I. Entschädigungsleistung im Versicherungsfall (Ziff. 6.1 AHB) Gem. Ziff. 6.1 S. 1 AHB ist die Entschädigungsleistung des VR bei jedem Versiche- 2 rungsfall auf die vereinbarten Versicherungssummen begrenzt. Für gewöhnlich werden für Personen- und Sachschäden sowie mitversicherte Vermögensschäden unterschiedliche Versicherungssummen vereinbart.1 Im Rahmen der Vorsorgeversicherung und bei Deckungserweiterungen werden regelmäßig niedrigere Versicherungssummen zur Verfügung gestellt. Die Frage nach der richtigen Höhe der Versicherungssumme lässt sich nicht allgemein beantworten. Während in der Sachversicherung ein fester Risikorahmen durch den Wert der ver- 3 sicherten Sache besteht, lässt sich ein möglicher Höchstschaden in der Haftpflichtversicherung nicht bestimmen.2 Soweit nicht die infrage kommenden Haftungsnormen Haftungshöchstsummen vorsehen, an denen sich der VN orientieren kann, fehlt es an einer objektiven Bezugsgröße für die Ermittlung der „erforderlichen“ Deckungssumme. Die Entscheidung über deren Höhe kann deshalb nur aufgrund einer sorgfältigen Analyse der vorhandenen Risiken und des Umfangs der finanziellen Mittel erfolgen, die der VN zur Deckung dieser Risiken bereitstellen kann und will.3 Hierbei trifft den VR bzw. den Versicherungsvermittler eine Beratungspflicht (§§ 6 Abs. 1, 61 Abs. 1 VVG).4
1 2
Späte § 3 Rn. 48. Vgl. hierzu Schmidt-Salzer/Schmidt-Salzer Produkthaftung IV/1 Rn. 7.289 ff.
3 4
Vgl. Littbarski AHB § 3 Rn. 137 f. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 6 AHB Rn. 1.
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Die für die verschiedenen Schadensarten vereinbarten Versicherungssummen stehen für jeden einzelnen Versicherungsfall zur Verfügung. Das bedeutet, dass die vereinbarten Versicherungssummen pro Versicherungsfall nur einmal verfügbar sind. Dies gilt gem. Ziff. 6.1 S. 2 AHB auch dann, wenn sich der Versicherungsschutz auf mehrere entschädigungspflichtige versicherte Personen erstreckt.5 Reicht die zur Verfügung stehende Versicherungssumme bei mehreren Anspruchsstellern nicht aus, den VN von allen Ansprüchen freizustellen, kommt die gesetzliche Verteilungsregelung des § 109 VVG zur Anwendung. Haben A und B zusammen einen Sachschaden von 100.000 € verursacht und beträgt die Versicherungssumme für Sachschäden nur 50.000 €, so hat der VR bei Bestehen eines einheitlichen Haftpflichtversicherungsvertrages nur für insgesamt 50.000 € aufzukommen. Keine Anwendung finden die Bestimmungen über die Unterversicherung (§ 74 VVG), da es in der Haftpflichtversicherung an einem Versicherungswert i.S.v. § 88 VVG fehlt. Unberührt von der Begrenzung der Entschädigungspflicht auf die Versicherungs5 summe bleiben gem. Ziff. 6.5 AHB die Kosten der Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie nach § 101 Abs. 2 S. 2 VVG Zinsforderungen des Geschädigten, soweit sie der VN infolge einer vom VR veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem zu entrichten hat. Zudem schuldet der VR Verzugszinsen über die Deckungssumme hinaus, wenn er mit der Erfüllung des Freistellungsanspruchs gegenüber dem VN in Verzug gerät (§ 288 BGB) (vgl. § 101 VVG Rn. 44).6 Die Nichterwähnung der Zinsen in Ziff. 6.5 AHB begründet keine Abbedingung von § 101 Abs. 2 S. 2 VVG.7
II. Jahreshöchstleistung (Ziff. 6.2 AHB) 6
Von der Höchstgrenze für jeden Versicherungsfall ist die Jahreshöchstleistung (sog. Maximierung) i.S.v. Ziff. 6.2 AHB zu unterscheiden, die die Entschädigungsleistung des VR unabhängig von der Zahl der im Versicherungsjahr eingetretenen Versicherungsfälle begrenzt. Üblich ist eine Maximierung, die sich auf das Doppelte der Versicherungssumme je Versicherungsjahr beläuft. Beispiel: Vereinbarte Versicherungssumme 5 Mio. € (2-fach maximiert). Der VR zahlt pro Versicherungsfall max. 5 Mio. € und für alle Schäden eines (Versicherungs-)Jahres max. 10 Mio. €.
Höhere Maximierungen sind nach entsprechender Vereinbarung mit dem VR möglich.8 Bezüglich der Beschränkung der Entschädigungsleistung auf einen Jahreshöchstbetrag 7 kann den VR bzw. den Versicherungsvermittler eine über die bloße Information nach § 7 VVG und § 4 VVG-InfoV hinausgehende Hinweispflicht aus §§ 6 Abs. 1, 61 Abs. 1 VVG treffen.9
5 6
7
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 1. Vgl. auch BGH 11.3.1992 VersR 1992 1257 = RuS 1992 193; BGH 8.11.1989 RuS 1990 82 f. (zu AVB-WB); R. Johannsen ZVersWiss 1994 461 f.; a.A. LG Koblenz 10.12.1954 VersR 1955 338, 339. Vgl. BGH 11.3.1992 VersR 1992 1257 = RuS
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8 9
1992 193; BGH 8.11.1989 RuS 1990 82 f. (zu AVB-WB); Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 3; a.A. LG Koblenz 10.12.1954 VersR 1955 338. Vgl. Späte § 3 Rn. 64; Littbarski § 3 Rn. 197. Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 6 AHB Rn. 1; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 8.
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III. Serienschäden (Ziff. 6.3 AHB) 1. Sinn und Zweck Ziff. 6.3 AHB definiert den Serienschaden. Serienschadensklauseln fassen mehrere 8 Versicherungsfälle im Hinblick auf die Deckungssumme und den Selbstbehalt zu einem einzigen Versicherungsfall zusammen. Sie sind ein übliches Mittel zur Begrenzung der Haftung des VR und lassen sich in unterschiedlichen Ausprägungen in allen Zweigen der Haftpflichtversicherung finden (zur Produkthaftpflichtversicherung s. Ziff. 8.3 ProdHM; zur Umwelthaftpflicht-/-schadensversicherung s. Ziff. 7.2 UmweltHM/Ziff. 11.2 USV).10 2. Inhalt Nach Ziff. 6.3 AHB gelten mehrere während der Wirksamkeit der Versicherung ein- 9 tretende zeitlich zusammenhängende Versicherungsfälle als ein Versicherungsfall, der im Zeitpunkt des ersten dieser Versicherungsfälle eingetreten ist, wenn diese auf derselben Ursache, auf gleichen Ursachen mit innerem, insbesondere sachlichem und zeitlichem Zusammenhang oder auf der Lieferung von Waren mit gleichen Mängeln beruhen. Es handelt sich hierbei um eine Fiktion.11 Die Schadensereignisse werden fiktiv zu einem einheitlichen Versicherungsfall verklammert. Dies hat zur Folge, dass die Deckungssummen für die einzelnen Schadensarten ungeachtet der Zahl der tatsächlich eingetretenen Versicherungsfälle einerseits nur einmal zu Verfügung stehen12, andererseits ein etwa vereinbarter Selbstbehalt nur einmal in Abzug zu bringen ist. Die Verklammerung erfasst nur die während der Wirksamkeit der Versicherung einge- 10 tretenen Serienschadensereignisse. Für Versicherungsfälle, die erst nach der Beendigung der Versicherung auftreten, besteht somit kein Versicherungsschutz.13 Der VN muss deshalb damit rechnen, dass der VR bei einem Serienschadensrisiko nach dem ersten Schadensfall von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, den Versicherungsvertrag nach Ziff. 19 AHB zu kündigen. Für die nach der Kündigung eintretenden (Serien-)Schäden bestünde keine Deckung mehr, neuer Versicherungsschutz bei einem anderen VR wäre wegen § 19 Abs. 1 VVG praktisch nicht erhältlich. Um diesem Szenario vorzubeugen, das dem VN vor allem aus der Herstellung und 11 Lieferung von Waren droht, die einen Konstruktionsfehler aufweisen, ist folgende Alternativklausel14, die hinsichtlich der Voraussetzungen der Verbindung zur Serie mit Ziff. 8.3 ProdHM übereinstimmt (s. zu den Einzelheiten Kommentierung zu Ziff. 8.3 ProdHM Rn. 9 ff.), geschaffen worden: „Mehrere Versicherungsfälle – aus der gleichen Ursache, z.B. aus dem gleichen Konstruktions-, Produktions- oder Instruktionsfehler, es sei denn, es besteht zwischen den mehreren gleichen Ursachen kein innerer Zusammenhang, oder – aus Lieferungen solcher Erzeugnisse, die mit den gleichen Mängeln behaftet sind (Serie), gelten unabhängig von ihrem tatsächlichen Eintritt als ein Versicherungsfall und in dem Zeitpunkt eingetreten, in dem der erste dieser Versicherungsfälle eingetreten ist.“
10 11 12
Vgl. Späte § 3 Rn. 59. BGH 18.1.1965 BGHZ 43 88, 92 f.; Fenyves Serienschäden 6. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 128; Späte § 3 Rn. 52.
13 14
Vgl. OLG Oldenburg 27.11.1996 RuS 1997 57. Vgl. Rundschreiben des GDV H 35/2002 M vom 30.7.2002 S. 19 f.
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Zwar werden auch nach der alternativen Serienschadensklausel mehrere Versicherungsfälle einer Serie zu einem einzigen Versicherungsfall verklammert. Im Unterschied zu Ziff. 6.3 AHB ist hierfür jedoch nicht Voraussetzung, dass die später eintretenden Versicherungsfälle während der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages eingetreten sein müssen, sodass eine einmal gedeckte Serie versichert bleibt, auch wenn der Versicherungsvertrag beendet wird.15 Als nachteilig kann sich für den VN erweisen, dass selbst für Serienschäden, die im 12 Versicherungszeitraum eingetreten sind, kein Versicherungsschutz besteht, wenn der erste Serienschaden davor liegt. Abhilfe schafft hier die Abrede, dass Versicherungsschutz auch für Serienschäden besteht, deren erster Versicherungsfall vor Beginn des Versicherungsvertrages eingetreten ist, soweit diese Serienschäden dem VN bis zum Abschluss dieses Vertrages weder bekannt waren noch bekannt sein mussten und die weiteren Versicherungsfälle nach Beginn des Vertrages eingetreten sind.16 Aus dem Zweck der Serienschadensklausel, die Haftung des VR zu begrenzen, folgt, 13 dass die Serienschadensklausel die sonstigen Rechte und Obliegenheiten des VN sowie Risikoausschlüsse unberührt lässt. So gelten die Anzeige- und Rettungsobliegenheiten für jeden Versicherungsfall und sind nicht etwa auf den ersten Versicherungsfall beschränkt.17 Ebenso wenig führt die Verklammerung zu einem Versicherungsfall dazu, dass der VN nunmehr zum Ersatz von Rückrufkosten nach § 83 VVG berechtigt ist, wenn er nach Eintritt des ersten Serienschadens einen Rückruf durchführt.18 3. Voraussetzungen der Verbindung zur Serie
14
Anknüpfend an den Wortlaut von Ziff. 6.3 AHB ist zwischen der Ursachenklausel (1. Spiegelstrich), der erweiterten Ursachenklausel (2. Spiegelstrich) und der Warenklausel (3. Spiegelstrich) zu unterscheiden. a) Ursachenklausel
15
aa) Ursachenidentität. Die Ursachenklausel stellt auf das Kausalereignis oder den Verstoß ab. Auf die Gleichheit des Schadens kommt es nicht an. Schäden aus derselben Ursache liegen nicht schon dann vor, wenn sie auf einer „gleichen“ oder „gleichartigen“ Ursache i.S. adäquater Kausalität beruhen.19 Von derselben Ursache i.S.v. Ziff. 6.3, 1. Spiegelstrich AHB ist auszugehen, wenn das auf eine einzige Handlung beschränkte Fehlverhalten des VN zu mehreren Versicherungsfällen führt.20 Nach Ansicht des BGH verlangt Ursachenidentität vielmehr, dass „auf Grund einer einzigen Schadensursache zeitnah mehrere Schadensereignisse entstehen“.21 Die Entscheidung des BGH ist noch zu einer mit § 3 III Ziff. 2 Abs. 1 S. 3 AHB 2002 identischen Klausel ergangen, die zeitlich
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18
Vgl. Späte ProdHM Rn. 87; Littbarski ProdHaftpflichtV Ziff. 8 Rn. 22. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdHaftpflV Rn. 352; Späte ProdHM Rn. 88. Fenyves Serienschäden 6, 69; Meyer-Kahlen VersR 1976 8, 15; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 9; krit. im Hinblick auf das Transparenzgebot Wandt FS Fenyves, 785 Fn. 18. Vgl. Thürmann NVersZ 1999, 145, 149; Krause NVersZ 1999 153, 154; Beckmann
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19
20 21
RuS 1997, 265, 267; a.A. Graf von Westphalen DB 1999 1369, 1373 f. Vgl. BGH 27.11.2002 RuS 2003 106, 107 f. = VersR 2003 187, 188; BGH 28.11.1990 RuS 1991 158 = VersR 1991 175; BGH 28.5.1969 VersR 1996 723; Büsken NJW 2003 1715 f.; Späte § 3 Rn. 55; Littbarski AHB § 3 Rn. 168. Wandt FS Fenyves, 786. BGH 27.11.2002 RuS 2003 106, 108 = VersR 2003 187.
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zusammenhängende Schäden aus derselben Ursache verlangte. Nach dem Wortlaut von Ziff. 6.3, 1. Spiegelstrich AHB ist ein solcher zeitlicher Zusammengang bei Ursachenidentität nicht mehr erforderlich.22 Hierdurch wird weder der Vertragszweck i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB gefährdet, noch wird der VN aus anderen Gründen unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt.23 bb) Beispiele. Ursachenidentität ist gegeben, wenn ein einzelner betrieblicher Produk- 16 tionsvorgang mehrere Schadensereignisse verursacht. So liegt der Fall, wenn ein chemischer Prozess Kontaminationen durch Lösungsmittel auslöst. Handelt es sich um eine Vielzahl immer wieder neu eingeleiteter Prozesse, fehlt es hingegen an der bedingungsgemäßen Verklammerung zu einem Versicherungsfall.24 Der ÖOGH hat Ursachenidentität bejaht bei einem Schaden durch die Lieferung von Hartsplitten aus derselben Schottergrube zur Erfüllung von Lieferverpflichtungen mit jeweils demselben Qualitätserfordernis.25 Führt eine an mehrere Personen erteilte falsche Anweisung über die Einlagerung von Sprengstoffen an mehreren Orten zu Explosionen, ist Ursachenidentität ebenfalls zu bejahen. Sie liegt auch dann noch vor, wenn zwei Angestellte des VN auf unrichtige Weisung ihres Vorgesetzten hin unabhängig voneinander je ein Merkblatt, das sich nur auf bestimmte Sprengmaterialien, nicht aber auf die infrage stehenden Stoffe bezog, an die im Außendienst stehenden Arbeitnehmer herausgegeben haben. Sind diese Angestellten dagegen richtig belehrt worden und machen sie unabhängig voneinander den gleichen Fehler, liegt keine Ursachenidentität vor und die Versicherungssumme steht zweimal zur Verfügung. Schwierig ist die Abgrenzung, wenn der eine der Angestellten die Belehrung des Vorge- 17 setzten richtig, der andere unrichtig verstanden hat und nunmehr der letztere den ersteren davon überzeugt, dass seine Auffassung „richtig“ sei. Bei natürlicher Betrachtungsweise wäre eine einheitliche Ursache anzunehmen. Gedanklich ließe sich der Vorgang aber auch in der Weise unterscheiden, dass für den einen Angestellten sein ursprüngliches Missverständnis maßgebend war, während sich bei dem anderen im Wesentlichen die Überzeugungskraft des Kollegen niedergeschlagen hat. Macht ein Architekt in 18 Ausführungszeichnungen den gleichen Fehler bezüglich der Wärmedämmung, so beruhen die daraus entstehenden Schäden auf gleichartiger, nicht aber auf derselben Ursache.26 Ursachenidentität liegt ferner nicht vor, wenn ein Angestellter einen Berechnungsfehler mehrmals hintereinander macht. Demgegenüber ist Ursachenidentität zu bejahen, wenn ein Konstrukteur zehn Objekte mit einheitlichen fehlerhaften Werkzeugen macht 27 oder aufgrund eines Konstruktionsfehlers aus zu leichtem Material hergestellte Fahrradketten zu Belastungsbrüchen führen, die Stürze mit Personenschäden zur Folge haben.28 b) Erweiterte Ursachenklausel. Ein Serienschaden liegt daneben vor, wenn die Ver- 18 sicherungsfälle auf gleichen Ursachen mit innerem, insbesondere sachlichem und zeitlichem, Zusammenhang beruhen. Diese Alternative ist angelehnt an Ziff. 8.3, 1. Spiegelstrich ProdHM, weshalb ergänzend auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann (Ziff. 8 ProdHM Rn. 9 f.). Sie liegt Verträgen erst seit der Änderung der AHB in
22
23
Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 134; Wandt FS Fenyves, 791 ff.; a.A. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 12; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 140. Wandt FS Fenyves, 793 f.
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Vgl. nur BGH 27.11.2002 RuS 2003 106, 107 = VersR 2003 187, 188. ÖOGH 3.3.2010 VersR 2010 1479, 1480. BGH 28.5.1969 VersR 1969 723, 726. Späte § 3 Rn. 55. Kuwert Rn. 3032.
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2004 zugrunde und ist die Antwort der Versicherungswirtschaft auf das zuvor in Bezug genommene Urteil des BGH vom 27.11.2002 (Rn. 15).29 Die Ausdehnung des Serienschadenbegriffs auf Schäden aufgrund gleicher Ursachen scheint nicht unproblematisch. Immerhin hat der BGH in dem vorgenannten Urteil zur Ursachenklausel festgestellt, dass „[e]in ausdehnendes Verständnis dieser Klausel auf nur gleiche bzw. gleichartige Ursachen [.] zudem Gefahr [liefe], zum Nachteil des VN von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der privaten Haftpflichtversicherung abzuweichen“.30 Im Schrifttum werden vor diesem Hintergrund erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der erweiterten Ursachenklausel geäußert.31 Zwar werde der Gefahr einer zu weiten Ausdehnung der erweiterten Ursachenklausel durch das Erfordernis der gleichen Ursache und des inneren Zusammenhangs entgegengesteuert. Was darunter zu verstehen sei, dürfte sich einem durchschnittlichen VN jedoch kaum erschließen. So weist Schimikowski darauf hin, „gleich“ könne die Bedeutung haben „in jeder Hinsicht übereinstimmend“, aber auch „in der Art übereinstimmend“.32 Nach der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB (Grundsatz der anwenderfeind19 lichsten Auslegung) ist der Begriff „gleich“ im erstgenannten Sinne zu verstehen. Gleichartigkeit genügt mithin nicht.33 Schwieriger ist die Bestimmung des inneren Zusammenhangs zwischen gleichen Ursachen. In der Literatur 34 wird ein solcher Zusammenhang angenommen, wenn zwischen mehreren gleichen Ursachen eine Ursache nicht ohne die andere denkbar sei oder alle Ursachen nicht ohne eine gemeinsame dritte Ursache möglich seien. Daran fehle es, wenn die gleiche Schadensursache nur rein zufällig gesetzt worden sei. Es ist jedoch fraglich, ob ein durchschnittlicher VN den Begriff des inneren Zusammenhangs in diesem Sinne versteht.35 Selbst wenn man die Frage im Hinblick darauf bejahte, dass dieser Begriff durch den Hinweis auf den sachlichen und zeitlichen Zusammenhang beispielhaft konkretisiert werde,36 bleibt letztlich unklar, was unter einem zeitlichen Zusammenhang zu verstehen ist.37 Der BGH hat einen zeitlichen Zusammenhang angenommen, nachdem es innerhalb 20 von viereinhalb Monaten zu verschiedenen Deckenabstürzen gekommen war.38 In der Literatur wird der erforderliche zeitliche Zusammenhang bejaht, wenn die Schäden sich an einem sich senkenden Haus und am Nachbarhaus im Abstand von Tagen oder Wochen zeigen.39 Hingegen soll es am zeitlichen Zusammenhang bereits fehlen, wenn eine schlecht unterhaltene Mauer zum Teil einstürzt und der Rest erst einige Wochen später zusammenfällt.40 Als zeitliche Höchstgrenze für den ersten und den zweiten Schadenseintritt werden
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BGH 27.11.2002 RuS 2003 106, 107 = VersR 2003, 187, 188. BGH 27.11.2002 RuS 2003 106, 107 = VersR 2003, 187, 188; vgl. auch BGH 17.9.2003 VersR 2003 1389, 1390 = NJW 2003 3705, 3706. Prölss/Martin/Lücke Nr. 6 AHB Rn. 15; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 141; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 6 AHB Rn. 3. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 6 AHB Rn. 3. Wandt FS Fenyves, 798. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 135; Thürmann/Kettler 319; Späte ProdHM Rn. 81; Littbarski Produkthaftpflichtversicherung Ziff. 8 Rn. 13.
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Vgl. Späte ProdHM Rn. 81; Littbarski Produkthaftpflichtversicherung Ziff. 8 Rn. 13. Langheid/Wandt/Thürmann ProdHaftplfV Rn. 339. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Nr. 6 AHB Rn. 15; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 139; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 6 AHB Rn. 3. Vgl. BGH 18.1.1965 BGHZ 43 88, 94 = NJW 1965 755, 757 f. Vgl. Wussow § 3 Anm. 15; Bruck/Möller/ R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 43; MeyerKahlen VersR 1976 8, 12. Vgl. Wussow § 3 Anm. 15.
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sechs Monate genannt. Überwiegend werden jedoch pauschale zeitliche Vorgaben abgelehnt und die besonderen Umstände des Einzelfalles als maßgeblich angesehen.41 Ob ein so vom durchschnittlichen VN verstandenes Erfordernis des zeitlichen Zusammenhangs mit dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vereinbar ist, scheint indes fraglich.42 Anders als bei Ziff. 8.3, 1. Spiegelstrich ProdHM besteht nach den AHB keine Ver- 21 mutung eines inneren Zusammenhangs bei mehreren gleichen Ursachen (Ziff. 8 ProdHM Rn. 11), sodass der VR, der einen solchen Zusammenhang behauptet, hierfür beweispflichtig ist. c) Warenklausel. Ein Serienschaden liegt ferner vor, wenn die Schäden auf der Liefe- 22 rung von Waren mit gleichen Mängeln beruhen. aa) Geltungsbereich. Fraglich ist zunächst, ob die Klausel in der Privathaftpflichtver- 23 sicherung gilt, die die gesetzliche Haftpflicht des VN aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes versichert. Teile der Literatur sind der Ansicht, der Begriff der Lieferung setze eine gewerbliche Betätigung voraus, weshalb diese Klausel nur bei gewerblicher Tätigkeit des VN einschlägig sein könne.43 Für diese Ansicht spricht, dass unter dem Begriff der Ware „ganz allgemein bewegliche körperliche Sachen, die Gegenstand des Handelsverkehrs sind oder die nach der Anschauung des Verkehrs als Gegenstände des Warenumsatzes in Betracht kommen können“, verstanden werden.44 Soweit im bürgerlichen Recht der Begriff der Ware gebraucht wird (z.B. §§ 312b ff., 355 BGB) geht die Lieferung stets von einem Unternehmer aus. Diese Vorstellung liegt letztlich auch dem Begriff der Warenlieferung in § 309 Nr. 1 und Nr. 9 BGB zugrunde, denn die Verwendung von AGB bei Warenlieferungen weist auf eine unternehmerische Tätigkeit hin, da Privatleute bei Verkäufen in der Regel keine AGB verwenden. Legt man den Horizont des durchschnittlichen VN einer Privathaftpflichtversicherung 24 als Auslegungsmaßstab zugrunde, sprechen deshalb entgegen R. Johannsen und der ihm folgenden Literatur 45 die besseren Argumente gegen eine Erstreckung der Warenklausel auf die Privathaftpflichtversicherung. Soweit die Privathaftpflicht-VN sich unternehmerisch betätigen, besteht bereits nach Ziff. 1 S. 2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht kein Versicherungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung. bb) Einzelheiten. Eine Lieferung liegt begrifflich vor, wenn einem anderem die Verfü- 25 gungsmacht über einen Gegenstand verschafft wird.46Der Begriff ist somit gleichbedeutend mit Ablieferung. Die Lieferung setzt voraus, dass die Ware bewusst und freiwillig in den Verkehr gebracht worden ist. Sie muss also letztlich auf einer vertraglichen Abrede beruhen, in der Regel wird es sich um einen Kauf- oder Werklieferungsvertrag handeln.47 Führen mangelhafte Sachen, die dem VN gestohlen worden sind, zu Schäden, greift die Warenklausel daher nicht ein. 41
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Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 136; Littbarski AHB § 3 Rn. 171, jeweils m.w.N. Vgl. auch Prölss/Martin/Lücke Nr. 6 AHB Rn. 15 (der einen Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken von § 100 VVG bejaht); a.A. Wandt FS Fenyves, 800 f. (Transparenz bejahend). Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 14; Kuwert Rn. 3033; Wussow § 3 Anm. 17.
44 45
46 47
RG 14.10.1930 RGZ 130 85, 88. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 44; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 137; Littbarski AHB § 3 Rn. 172; Nowak-Over 14. Vgl. Bamberger/Roth/Räntsch § 312d Rn. 18. Vgl. Nowak-Over 14.
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AHB 2012 Ziff. 6
Haftpflichtversicherung
26
Während § 3 III Ziff. 2 Abs. 1 S. 3 AHB 2002 an die Lieferung der „gleichen mangelhaften Waren“ anknüpfte, spricht Ziff. 6.3, 3. Spiegelstrich AHB von der Lieferung von „Ware mit gleichen Mängeln“. Angesichts dieser Neuformulierung bedarf es somit nicht mehr der Klärung der Frage, ob sich die Gleichheit auf den Mangel oder auf die Waren oder gar auf beides beziehen muss. Entscheidend ist die Gleichheit des Mangels der gelieferten Waren, während die Waren selbst durchaus verschiedenartig sein können.48 Auch müssen die durch die Mängel eingetretenen Schäden nicht gleichartig sein und können daher auch bei verschiedenen Personen oder Sachen entstehen.49 Auf einen irgendwie gearteten Zusammenhang zwischen den Mängeln kommt es nicht an.50 Soweit Schneider die Ansicht vertritt, dass es sich nach wie vor auch um „gleiche Waren“ handeln müsse und dies mit der „gebotenen restriktiven Auslegung“ begründet51, ist dieser Ansicht nicht zu folgen, da der Wortlaut der Klausel hierfür keinen Raum gibt.52 Den Begriff des Mangels wird der durchschnittliche VN zunächst mit dem Begriff des 27 Mangels i.S.d. § 434 BGB gleichsetzen, obschon die Deckung nicht auf Schadensersatzansprüche von Vertragspartnern beschränkt ist, sondern auch solche von außenstehenden Dritten erfasst, die an mangelhafte Konstruktion oder Fabrikation bzw. an falsche oder unzureichende Instruktion anknüpfen. Da nach Nr. 1 S. 1 AHB nur Deckung für Personen- und Sachschäden besteht, kann es für die Gleichheit des Mangels – für den VN erkennbar – jedoch nicht allein darauf ankommen, ob die Sachen nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB), nicht zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung geeignet sind (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) oder es ihnen an der üblichen Beschaffenheit oder an der Eignung zur gewöhnliche Verwendung fehlt (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Die Gleichheit lässt sich auch nicht anhand der Beschränkungen der Gebrauchstauglichkeit bestimmen. Dagegen spricht insbesondere, dass die Warenklausel weder an die Ursache für die 28 Mangelhaftigkeit der gelieferten Ware noch an die daraus resultierenden Schäden zur Bestimmung der Gleichheit anknüpft. Gleiche Mängel können einmal zu Sachschäden an Maschinen, ein anderes Mal zu Personenschäden bei Verwendern der Ware führen. Damit verbleibt neben dem Mangelbegriff i.S.v. § 434 BGB als weiterer Anknüpfungspunkt zur Bestimmung der Gleichheit nur noch die Wirkungsweise des Mangels (z.B. mechanisch, thermisch oder chemisch).53 An der Gleichheit fehlt es z.B., wenn Lager einer Charge vorzeitig ausfallen, weil z.T. 29 zu große Maßtoleranzen vorliegen, z.T. die Rollen unzureichend gehärtet sind.54 Gleiche
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49 50
Hierzu Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 44; Nowak-Over 18; Wussow § 3 Anm. 17; Kuwert Rn. 3034; Meyer-Kahlen VersR 1976 8, 12. Vgl. Späte ProdHM Rn. 82; Littbarski Produkthaftpflichtversicherung, Ziff. 8 Rn. 16. MAH/Stempfle § 15 Rn. 316; vgl. auch Bsp. bei Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 340: War ein Rohstoff verunreinigt, den der VN für die Produktion von Medikamenten und von Diät-Lebensmitteln verwendet hat, so gehören die Schadensereignisse aufgrund der Einnahme der Medikamente und des Verzehrs der Lebensmittel zu einer Serie.
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51 52 53
54
Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 140. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 139. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 138: „Gleich sind Mängel, wenn sie keine wesentlichen Unterschiede aufweisen, d.h. in ihrer Wirkweise völlig übereinstimmen oder nur ganz unwesentliche Abweichungen zeigen“; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 341: „gleicher konkretisierter Fehlermechanismus“. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 341.
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Begrenzung der Leistungen
AHB 2012 Ziff. 6
Mängel i.S.d. Warenklausel können z.B. aus dem Einsatz defekter Maschinen oder mangelhafter Erzeugnisse im (Serien-)Fertigungsprozess oder aus Konstruktionsfehlern resultieren.55 In diesen Fällen greift auch Ziff. 6.3, 1. Spiegelstrich AHB ein, so dass der Anwendungsbereich von Ziff. 6.3, 3. Spiegelstrich AHB sehr beschränkt ist.
C. Selbstbehalt (Ziff. 6.4 AHB) In den AHB ist ein genereller Selbstbehalt nicht vorgesehen. Ein solcher bedarf nach 30 Ziff. 6.4 S. 1 AHB vielmehr einer besonderen Vereinbarung. Der Selbstbehalt spielt vornehmlich in der Betriebshaftpflichtversicherung eine Rolle. Zumeist handelt es sich um eine Kombination zwischen einer sog. Quotenfranchise (z.B. 10 %) und einer Abzugsfranchise (z.B. mindestens Euro 500) mit/ohne Höchstbetrag. Beispiel: Der VN hat bei jedem Versicherungsfall von der Schadensersatzleistung 10 %, mindestens Euro 5.000, höchstens Euro 25.000 selbst zu tragen.
Alternativ hierzu kommt die Vereinbarung einer sog. Integralfranchise in Betracht, bei der ein unter dem Selbstbehalt liegender Anspruch überhaupt nicht, eine darüber hinausgehende Ersatzforderung dagegen in voller Höhe übernommen wird.56 Beispiel: Eingeschlossen sind Haftpflichtansprüche mitversicherter Personen untereinander wegen Sachschäden, soweit diese mehr als Euro 100,00 je Schadensereignis betragen.
Der Selbstbehalt bezieht sich nach dem Wortlaut von Ziff. 6.4 S. 1 AHB nur auf die 31 Schadensersatzleistung, betrifft also nicht die entstehenden (Abwehr-)Kosten eines Haftpflichtprozesses.57 Ist der VR nach § 101 Abs. 3 VVG zur Sicherheitsleistung verpflichtet, um die Zwangsvollstreckung abzuwenden, muss der VN deshalb nicht selbst Sicherheit in Höhe des Selbstbehalts leisten, weil es sich hierbei um Kosten der Anspruchsabwehr handelt.58 Dies gilt selbst dann, wenn der VR vor rechtskräftigem Abschluss des Haftpflichtprozesses zur Abwendung der Zwangsvollstreckung nicht nur Sicherheit, sondern Zahlung in Höhe der Urteilssumme leistet59, oder die geltend gemachten Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme übersteigen und der VR nach Ziff. 6.6 AHB die Prozesskosten nur anteilig trägt.60 Gem. Ziff. 6.4 S. 2 AHB ist der VR auch bei Vereinbarung eines Selbstbehalts zur 32 Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche verpflichtet. Hieraus ist zu folgern, dass er zur Anspruchsabwehr selbst dann verpflichtet ist, wenn die Haftpflichtforderung unterhalb des Selbstbehaltsbetrags liegt. Der Streit über das Bestehen einer Rechtsschutzverpflichtung in solchen Fällen, der daraus resultierte, dass die Vorgängerregelung in § 3 III Ziff. 2 Abs. 2 AHB 2002 keine mit Ziff. 6.4 S. 2 AHB vergleichbare Bestimmung enthielt 61, ist somit hinfällig. Der Selbstbehalt wird fällig mit der Versicherungsleistung (§ 106 VVG). Soweit der 33 VR die Haftpflichtforderung in voller Höhe befriedigt, hat er aus der Vereinbarung über den Selbstbehalt einen Anspruch gegen den VN aus § 670 BGB.62
55
56 57 58
Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 138; Späte § 3 Rn. 57; Meyer-Kahlen VersR 1976 8, 12; Littbarski AHB § 3 Rn. 175. Vgl. Littbarski AHB § 3 Rn. 187. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 17. Späte § 3 Rn. 62.
59 60 61 62
Wussow WJ 1983 183. Späte § 3 Rn. 62. Hierzu Späte § 3 Rn. 61. Zu aufsichtsrechtlichen Bedenken gegen die Verfahrensweise wegen des Insolvenzrisikos des VN vgl. Späte § 3 Rn. 62.
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AHB 2012 Ziff. 6
Haftpflichtversicherung
D. Aufwendungen des VR (Ziff. 6.5 AHB) 34
S. hierzu Ziff. 6 AHB Rn. 5.
E. Prozesskosten (Ziff. 6.6 AHB) 35
Grundsätzlich ist die Haftpflichtversicherung als Versicherung auf erstes Risiko ausgestaltet, d.h. dass begründete Schadensersatzansprüche bis zum Erreichen der vereinbarten Versicherungssumme reguliert werden. Der Einwand der Unterversicherung gem. § 74 VVG kann nicht erhoben werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift für Prozesskosten ein. Bei diesem Begriff handelt es sich um die „gerichtlichen Kosten“ i.S.v. § 101 Abs. 1 VVG, so dass auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann (§ 101 VVG Rn. 14 ff.). Übersteigen die begründeten Haftpflichtansprüche aus einem Versicherungsfall die Versicherungssumme63, trägt der VR diese nach Ziff. 6.6. AHB nur anteilig, nämlich im Verhältnis der Versicherungssumme zur Gesamthöhe dieser Ansprüche. Beispiel: Bei einer Deckungssumme von 1 Mio. € und einem begründeten Haftpflichtanspruch in Höhe von 1,5 Mio. € gehen 2/3 der aus dem Streitwert zu erstattenden Kosten – der höher als 1,5 Mio. € sein kann – zulasten des VR und 1/3 zulasten des VN.64
Bei der Berechnung wird ein Selbstbehalt – wie zuvor erwähnt (Rn. 31) – nicht berücksichtigt, da Ziff. 6.6 AHB ausschließlich an die Versicherungssumme anknüpft.65 36 Zu beachten ist, dass sich die Beschränkung in Ziff. 6.6 AHB nur auf begründete Ansprüche bezieht. Ziff. 6.6 AHB weicht insoweit von § 3 IV Ziff. 1 S. 1 AHB 2002 ab, als dort nur allgemein von Haftpflichtansprüchen, die die Versicherungssumme übersteigen, die Rede ist, die Begrenzung also auch bei der Geltenmachung unbegründeter Haftpflichtansprüche zum Tragen kommt.66 In diesem Sinne hatte zuvor das OLG Düsseldorf eine mit den AHB gleichlautende Bestimmung in den AVB Vermögen ausgelegt.67 Ferner ist § 3 IV Ziff. 1 S. 2 AHB 2002 ersatzlos gestrichen worden, der in solchen Fällen den VR berechtigte, sich durch Zahlung der Versicherungssumme und seines der Versicherungssumme entsprechenden Anteils an den bis dahin erwachsenen Kosten von weiteren Leistungen zu befreien (sog. Abandon).68 37 Erweisen sich die gegen den VN geltend gemachten Ansprüche als unbegründet, hat der VR die Prozesskosten stets zu tragen. Deshalb sind die Prozesskosten nach dem Verhältnis der begründeten Ansprüche zur Deckungssumme aufzuteilen, nicht nach dem Verhältnis der gesamten, teilweise unbegründeten Ansprüche zur Deckungssumme.69 Beispiel: Bei einer Deckungssumme von 1 Mio. € werden Schadensersatzansprüche in Höhe von 2 Mio. € geltend gemacht. Gibt das Gericht der Klage nur in Höhe von 1 Mio. € statt und weist 63 64 65 66
Z.B. OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 393. Vgl. Späte § 3 Rn. 73; Wussow WJ 1989 113, 114. OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 393. Zur Auslegung der Altregelung s. OLG Karlsruhe 12.1.1993 RuS 1994 7 = VersR 1993 821; inzidenter auch OLG Karlsruhe 6.3.1963 VersR 1963 1067; zu Hinweisen auf die ältere Rspr. s. Vorauflage, Bd. IV, Anm. G 29.
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67 68
69
OLG Düsseldorf 28.11.1989 VersR 1991 94. Zur Wirksamkeit dieser Regelung und zum Umfang der daraus resultierenden Verpflichtungen des VR sei auf die Darstellungen bei Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 6; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 21; Späte § 3 Rn. 74 verwiesen. Späte § 3 Rn. 73.
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Begrenzung der Leistungen
AHB 2012 Ziff. 6
sie im Übrigen als unbegründet ab, hat der VR dem VN sämtliche aus dem Streitwert in Höhe von 2 Mio. € anfallenden Kosten zu erstatten. Ein möglicherweise bestehender Kostenerstattungsanspruch gegen den teilweise unterlegenen Dritten bleibt unberücksichtigt.
Bei unterschiedlichen Versicherungssummen für Personen- und Sachschäden ist für jede Schadensart gesondert festzustellen, ob eine Überschreitung der Versicherungssumme vorläge, wenn der Haftpflichtanspruch nur zur Höhe der Versicherungssumme anhängig gemacht worden wäre.70 Hat der VR die gesamten Prozesskosten vorfinanziert, kann er nach § 670 BGB vom 38 VN Aufwendungsersatz in Höhe des vorfinanzierten, anteilig jedoch vom VN zu tragenden Prozesskostenteils verlangen.71 Wird der Klage nur in einer Höhe stattgegeben, die der Deckungssumme entspricht oder niedriger liegt, so hat der VR die Prozesskostenfolgen zu tragen,72 selbst wenn der Streitwert die Deckungssumme übersteigt. Der VR ist nur zur anteiligen Kostentragung verpflichtet, wenn im Haftpflichtprozess 39 Ansprüche geltend gemacht werden, die teilweise dem Versicherungsschutz unterliegen und teilweise sich als – z.B. nach Ziff. 1.2 (2) AHB – nicht gedeckte Ansprüche darstellen.73
F. Rentenzahlungen (Ziff. 6.7 AHB) Hat der VN an den Geschädigten Rentenzahlungen zu leisten, bestimmt sich die Ver- 40 pflichtung des VR bei unzureichender Deckungssumme nach Ziff. 6.7 AHB, der insoweit § 107 Abs. 1 konkretisiert. Wenn danach der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme oder den nach Abzug etwaiger sonstiger Leistungen aus dem Versicherungsfall noch verbleibenden Restbetrag der Versicherungssumme übersteigt, wird die zu leistende Rente nur im Verhältnis der Versicherungssumme bzw. ihres Restbetrages zum Kapitalwert der Rente vom VR erstattet (Ziff. 6.7 S. 1 AHB). Für die Berechnung des Rentenwertes gilt die entsprechende Vorschrift der Verordnung über den Versicherungsschutz in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung in der jeweils gültigen Fassung zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles (Ziff. 6.7 S. 2 AHB). Gem. § 8 Abs. 1 S. 2 KfzPflVV ist der Rentenwert „auf Grund einer von der Versicherungsaufsichtsbehörde entwickelten oder anerkannten Sterbetafel und unter Zugrundelegung des Rechnungszinses, der die tatsächlichen Kapitalmarktzinsen in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt, zu berechnen“.
Mit „sonstigen Leistungen“ sind nicht die Kosten oder Zinsen gemeint, weil diese 41 nicht auf die Versicherungssumme anzurechnen sind (vgl. Rn. 5).74 Vielmehr handelt es sich um Kapitalzahlungen, z.B. Schmerzensgeld, Ersatz von Heilungskosten oder für Verdienstausfall.75 Solche Zahlungen sind nach Ziff. 6.7 S. 1 und 3 AHB vor der Errechnung der vom VR zu tragenden Quote vorab von der Versicherungssumme abzusetzen („nach Abzug etwaiger sonstiger Leistungen“).
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71 72
OLG Karlsruhe 6.3.1963 VersR 1963 1067, 1068; vgl. auch AG Köln 14.12.1951 VersR 1952 207. Späte § 3 Rn. 73; Wussow WJ 1989 113, 114. Späte § 3 Rn. 73.
73
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Vgl. BGH 28.9.1961 VersR 1961 975, 976; Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 23; Langheid/Wandt/Littbarski AHB § 101 Rn. 87. Prölss/Martin/Lücke § 101 Rn. 22. Späte § 3 Rn. 75.
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AHB 2012 Ziff. 6
Haftpflichtversicherung
G. Widerstand des VN (Ziff. 6.8 AHB) 42
Gem. Ziff. 6.8 AHB hat der VR für den Fall, dass eine von ihm verlangte Erledigung eines Haftpflichtanspruchs durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich am Verhalten des VN scheitert, für den von der Weigerung an entstehenden Mehraufwand an Entschädigungsleistung, Zinsen und Kosten nicht aufzukommen. Bei dieser Klausel, die in der Schadensregulierungspraxis nicht erkennbar von Bedeutung ist76 und deren Brauchbarkeit von Littbarski zu Recht in Zweifel gezogen wird,77 handelt es sich nach h.M. um eine Obliegenheit.78 Hierauf weist in der Tat die Formulierung hin, dass der VR für den Mehraufwand nicht einzustehen habe. Diese Rechtsfolge entspricht insoweit § 28 Abs. 3 S. 1 VVG, als der VR bei vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn sich dadurch für ihn der Umfang der Leistungspflicht erhöht. 43 Die Rechtsfolge weicht jedoch von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG ab, weil sie auch in den Fällen eingreift, in denen sich der VN grob fahrlässig oder nur einfach fahrlässig einer vorzeitigen Erledigung des Haftpflichtanspruchs widersetzt. Die Klausel ist deshalb als für den VN nachteilige Abweichung von § 28 VVG gem. § 32 und bei Vorliegen eines Großrisikos gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Dies gilt selbst dann, wenn man mit R. Johannsen 79 und den sich ihm anschließenden Stimmen in der Literatur80 nur die unberechtigte Weigerung des VN als Obliegenheitsverletzung qualifiziert. Denn vielfach wird der VN die Rechtslage nicht erkennen oder sie verkennen. In diesen Fällen handelt der VN höchstens grob fahrlässig. Der VR ist dann nur in dem Maße, in dem ihm ein Mehraufwand entstanden ist, zur anteiligen Kürzung seiner Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis berechtigt. Einen Teil des Mehraufwandes hat der VR also entgegen Ziff. 6.8 AHB zu tragen. 44 Im Übrigen ist zu beachten, dass ein Widerspruch des VN den grundsätzlich unwiderruflich zur Schadensregulierung und zur Prozessführung bevollmächtigten VR nicht an der Erledigung des Rechtsstreits hindert. Soweit der VN nicht ausnahmsweise zum Widerruf der Vollmacht berechtigt ist (Zif. 5 AHB Rn. 22 ff., 54) und diesen erklärt, ist die Klausel nur von Bedeutung, wenn der VR in zweifelhaften Fällen von seiner Vollmacht wegen des Widerspruchs des VN keinen Gebrauch macht, obwohl er hierzu in der Lage wäre. Dann aber fehlt es an der Kausalität, weil die Erledigung nicht an der Weigerung des VN scheitert, sondern an den Bedenken des VR, der nicht das Risiko eines Schadensersatzprozesses mit ungewissem Ausgang auf sich nehmen will.81 Vor diesem Hintergrund sollte die Klausel bei einer erneuten Überarbeitung der AHB gestrichen werden.82
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Späte § 3 Rn. 81. Littbarski AHB § 3 Rn. 231 ff. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 6 AHB Rn. 23; Späte § 3 Rn. 81; Littbarski AHB § 3 Rn. 231. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 87.
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80 81 82
Späte § 3 Rn. 81; Wussow § 3 Anm. 23. Späte § 3 Rn. 82; Wahle ZVersWiss 1960 78, 86. Zur Kritik an der Regelung: R. Johannsen ZVersWiss 1994 502.
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Ausschlüsse
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 7
AHB 2002
7. Ausschlüsse Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen:
§4 Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf:
7.1 Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.
§ 4 II Ziff. 1 S. 1 Ausgeschlossen von der Versicherung bleiben: Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.
7.2 Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden dadurch verursacht haben, dass sie in Kenntnis von deren Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit Erzeugnisse in den Verkehr gebracht oder Arbeiten oder sonstige Leistungen erbracht haben.
§ 4 II Ziff. 1 S. 2 Bei der Lieferung oder Herstellung von Waren, Erzeugnissen oder Arbeiten steht die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit der Waren usw. dem Vorsatz gleich.
7.3 Haftpflichtansprüche, soweit sie auf Grund Vertrags oder Zusagen über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des VN hinausgehen.
§ 4 I Ziff. 1 Haftpflichtansprüche, soweit sie auf Grund Vertrags oder besonderer Zusagen über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des VN hinausgehen.
7.4 Haftpflichtansprüche (1) des VN selbst oder der in Ziff. 7.5 benannten Personen gegen die Mitversicherten, (2) zwischen mehreren VNn desselben Versicherungsvertrages, (3) zwischen mehreren Mitversicherten desselben Versicherungsvertrages.
§ 7 Ziff. 2 Soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, gilt: Ansprüche des VN selbst oder der in § 4 II Ziff. 2 genannten Personen gegen die Versicherten sowie Ansprüche von Versicherten untereinander sind von der Versicherung ausgeschlossen. § 4 II S. 1 Ziff. 2 b) Haftpflichtansprüche zwischen mehreren VN desselben Versicherungsvertrages
7.5 Haftpflichtansprüche gegen den VN
§ 4 II Ausgeschlossen von der Versicherung bleiben
(1) aus Schadensfällen von seinen Angehörigen, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben oder die zu den im Versicherungsvertrag mitversicherten Personen gehören;
§ 4 II S. 1 Ziff. 2 a) Haftpflichtansprüche aus Schadensfällen von Angehörigen des VN, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben oder die zu den im Versicherungsvertrag mitversicherten Personen gehören; § 4 II Ziff. 2 S. 2 Als Angehörige gelten Ehegatten, Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes oder vergleichbarer Partnerschaften nach dem Recht anderer Staaten, Eltern und Kinder, Adoptiveltern und -kinder, Schwiegereltern und -kinder, Stiefeltern und -kinder, Großeltern und Enkel, Geschwister sowie Pflegeeltern und -kinder (Personen, die durch ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Verhältnis wie Eltern und Kinder miteinander verbunden sind).
Als Angehörige gelten Ehegatten, Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes oder vergleichbarer Partnerschaften nach dem Recht anderer Staaten, Eltern und Kinder, Adoptiveltern und -kinder, Schwiegereltern und -kinder, Stiefeltern und -kinder, Großeltern und Enkel, Geschwister sowie Pflegeeltern und -kinder (Personen, die durch ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Verhältnis wie Eltern und Kinder miteinander verbunden sind).
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AHB 2012 Ziff. 7
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
7. Ausschlüsse (2) von seinen gesetzlichen Vertretern oder Betreuern, wenn der VN eine geschäftsunfähige, beschränkt geschäftsfähige oder betreute Person ist;
§ 4 II Ziff. 2 c) von gesetzlichen Vertretern geschäftsunfähiger oder beschränkt geschäftsfähiger Personen;
(3) von seinen gesetzlichen Vertretern, wenn der VN eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts oder ein nicht rechtsfähiger Verein ist;
§ 4 II Ziff. 2 e) von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sowie nicht rechtsfähiger Vereine;
(4) von seinen unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschaftern, wenn der VN eine Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist;
§ 4 II Ziff. 2 d) von unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschaftern nicht rechtsfähiger Handelsgesellschaften;
(5) von seinen Partnern, wenn der VN eine eingetragene Partnerschaftsgesellschaft ist;
Fehlt
(6) von seinen Liquidatoren, Zwangs- und Insolvenzverwaltern;
§ 4 II Ziff. 2 f) von Liquidatoren.
zu Ziff. 7.4 und Ziff. 7.5: Die Ausschlüsse unter Ziff. 7.4 und Ziff. 7.5 (2) bis (6) erstrecken sich auch auf Haftpflichtansprüche von Angehörigen der dort genannten Personen, die mit diesen in häuslicher Gemeinschaft leben.
§ 4 II a.E. Die Ausschlüsse unter b) bis f) erstrecken sich auch auf Haftpflichtansprüche von Angehörigen der dort genannten Personen, wenn sie miteinander in häuslicher Gemeinschaft leben.
7.6 Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn der VN diese Sachen gemietet, geleast, gepachtet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder sie Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind.
§ 4 I Ziff. 6 a) Ansprüche wegen Schäden an fremden Sachen und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn der VN diese Sachen gemietet, geleast, gepachtet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder sie Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind.
7.7 Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn
§ 4 I Ziff. 6 b) Ansprüche wegen Schäden an fremden Sachen und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn die Schäden
(1) die Schäden durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN an diesen Sachen (Bearbeitung, Reparatur, Beförderung, Prüfung und dgl.) entstanden sind; bei unbeweglichen Sachen gilt dieser Ausschluss nur insoweit, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar von der Tätigkeit betroffen waren;
§ 4 I Ziff. 6 b) 1. Spiegelstrich durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN an diesen Sachen (Bearbeitung, Reparatur, Beförderung, Prüfung und dgl.) entstanden sind; bei unbeweglichen Sachen gilt dieser Ausschluss nur insoweit, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar von der Tätigkeit betroffen waren;
(2) die Schäden dadurch entstanden sind, dass der VN diese Sachen zur Durchführung seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeiten (als Werkzeug, Hilfsmittel, Materialablagefläche
§ 4 I Ziff. 6 b) 2. Spiegelstrich dadurch entstanden sind, dass der VN diese Sachen zur Durchführung seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeiten (als Werkzeug,
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Ausschlüsse
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7. Ausschlüsse und dgl.) benutzt hat; bei unbeweglichen Sachen gilt dieser Ausschluss nur insoweit, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar von der Benutzung betroffen waren;
Hilfsmittel, Materialablagefläche und dgl.) benutzt hat; bei unbeweglichen Sachen gilt dieser Ausschluss nur insoweit, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar von der Benutzung betroffen waren;
(3) die Schäden durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN entstanden sind und sich diese Sachen oder – sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt – deren Teile im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Tätigkeit befunden haben; dieser Ausschluss gilt nicht, wenn der VN beweist, dass er zum Zeitpunkt der Tätigkeit offensichtlich notwendige Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Schäden getroffen hatte.
§ 4 I Ziff. 6 b) 3. Spiegelstrich durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN entstanden sind und sich diese Sachen oder – sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt – deren Teile im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Tätigkeit befunden haben; dieser Ausschluss gilt nicht, wenn der VN beweist, dass er zum Zeitpunkt der Tätigkeit offensichtlich notwendige Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Schäden getroffen hatte.
zu Ziff. 7.6 und Ziff. 7.7: Sind die Voraussetzungen der Ausschlüsse in 7.6 und 7.7 in der Person von Angestellten, Arbeitern, Bediensteten, Bevollmächtigten oder Beauftragten des VN gegeben, so entfällt gleichfalls der Versicherungsschutz, und zwar sowohl für den VN wie für die durch den Versicherungsvertrag etwa mitversicherten Personen.
§ 4 I Ziff. 6 S. 3 Sind die Voraussetzungen der obigen Ausschlüsse in der Person von Angestellten, Arbeitern, Bediensteten, Bevollmächtigten oder Beauftragten des VN gegeben, so entfällt gleichfalls der Versicherungsschutz, und zwar sowohl für den VN wie für die durch den Versicherungsvertrag etwa mitversicherten Personen.
7.8 1Haftpflichtansprüche wegen Schäden an vom VN hergestellten oder gelieferten Sachen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen infolge einer in der Herstellung, Lieferung oder Leistung liegenden Ursache und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. 2Dies gilt auch dann, wenn die Schadenursache in einem mangelhaften Einzelteil der Sache oder in einer mangelhaften Teilleistung liegt und zur Beschädigung oder Vernichtung der Sache oder Leistung führt. 3Dieser Ausschluss findet auch dann Anwendung, wenn Dritte im Auftrag oder für Rechnung des VN die Herstellung oder Lieferung der Sachen oder die Arbeiten oder sonstigen Leistungen übernommen haben.
§ 4 II Ziff. 5 Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die an den vom VN (oder in seinem Auftrage oder für seine Rechnung von Dritten) hergestellten oder gelieferten Arbeiten oder Sachen infolge einer in der Herstellung oder Lieferung liegenden Ursache entstehen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden.
7.9 Haftpflichtansprüche aus im Ausland vorkommenden Schadensereignissen; Ansprüche aus § 110 SGB VII sind jedoch mitversichert.
§ 4 I Ziff. 3 Haftpflichtansprüche aus im Ausland vorkommenden Schadensereignissen; jedoch sind Ansprüche aus § 110 SGB VII mitgedeckt.
7.10 (a) 1Ansprüche, die gegen den VN wegen Umweltschäden gemäß Umweltschadensgesetz oder anderen auf der EU-Umwelthaftungs-
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7. Ausschlüsse richtlinie (2004/35/EG) basierenden nationalen Umsetzungsgesetzen geltend gemacht werden. 2Dies gilt auch dann, wenn der VN von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Erstattung der durch solche Umweltschäden entstandenen Kosten in Anspruch genommen wird. 3Der Versicherungsschutz bleibt aber für solche Ansprüche erhalten, die auch ohne Bestehen des Umweltschadensgesetzes oder anderer auf der EU- Umwelthaftungsrichtlinie (2004/35/EG) basierender nationaler Umsetzungsgesetze bereits aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den VN geltend gemacht werden könnten. 4Dieser Ausschluss gilt nicht im Rahmen der Versicherung privater Haftpflichtrisiken. 7.10 (b) 1Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkung. 2Dieser Ausschluss gilt nicht (1) im Rahmen der Versicherung privater Haftpflichtrisiken oder (2) für Schäden, die durch vom VN hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse (auch Abfälle), durch Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen (Produkthaftpflicht). 3Kein Versicherungsschutz besteht jedoch für Schäden durch Umwelteinwirkung, die aus der Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von – Anlagen, die bestimmt sind, gewässerschädliche Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten (WHG-Anlagen); – Anlagen gem. Anhang 1 oder 2 zum Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG-Anlagen); – Anlagen, die nach dem Umweltschutz dienenden Bestimmungen einer Genehmigungs- oder Anzeigepflicht unterliegen; – Abwasseranlagen oder Teilen resultieren, die ersichtlich für solche Anlagen bestimmt sind.
752
§ 4 I Ziff. 8 Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkung und alle sich daraus ergebenden weiteren Schäden. Dies gilt nicht a) im Rahmen der Versicherung privater Haftpflichtrisiken oder b) wenn gegen den VN Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkung erhoben werden, die durch vom VN hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse (auch Abfälle), durch Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen (Produkthaftpflicht), es sei denn, sie resultieren aus der Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von – Anlagen, die bestimmt sind, gewässerschädliche Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten (WHG-Anlagen); – Anlagen gem. Anhang 1 oder 2 zum Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG-Anlagen); – Anlagen, die nach dem Umweltschutz dienenden Bestimmungen einer Genehmigungs- oder Anzeigepflicht unterliegen, soweit es sich nicht um WHG- oder UmweltHG-Anlagen handelt; – Abwasseranlagen oder Teilen, die ersichtlich für solche Anlagen bestimmt sind.
Robert Koch
Ausschlüsse
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 7
AHB 2002
7. Ausschlüsse 7.11 Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die auf Asbest, asbesthaltige Substanzen oder Erzeugnisse zurückzuführen sind.
Fehlt
7.12 Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang stehen mit energiereichen ionisierenden Strahlen (z.B. Strahlen von radioaktiven Stoffen oder Röntgenstrahlen).
§ 4 I Ziff. 7 Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang stehen mit energiereichen ionisierenden Strahlen (z.B. von radioaktiven Substanzen emittierte Alpha-, Beta- und Gammastrahlen sowie Neutronen oder in Teilchenbeschleunigern erzeugte Strahlen) sowie mit Laser- und Maserstrahlen.
7.13 Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die zurückzuführen sind auf (1) gentechnische Arbeiten, (2) gentechnisch veränderte Organismen (GVO), (3) Erzeugnisse, die – Bestandteile aus GVO enthalten, – aus oder mit Hilfe von GVO hergestellt wurden.
Fehlt
7.14 Haftpflichtansprüche aus Sachschäden, welche entstehen durch
§ 4 I Ziff. 5 Haftpflichtansprüche aus Sachschaden, welcher entsteht durch allmähliche Einwirkung der Temperatur, von Gasen, Dämpfen oder Feuchtigkeit, von Niederschlägen (Rauch, Ruß, Staub u. dgl.),
(1) Abwässer, soweit es sich nicht um häusliche Abwässer handelt,
ferner durch Abwässer, Schwammbildung,
(2) Senkungen von Grundstücken oder Erdrutschungen,
Senkungen von Grundstücken (auch eines darauf errichteten Werkes oder eines Teiles eines solchen), durch Erdrutschungen,
(3) Überschwemmungen stehender oder fließender Gewässer.
Erschütterungen infolge Rammarbeiten, durch Überschwemmungen stehender oder fließender Gewässer sowie aus Flurschaden durch Weidevieh und aus Wildschaden.
7.15 Haftpflichtansprüche wegen Schäden aus dem Austausch, der Übermittlung und der Bereitstellung elektronischer Daten, soweit es sich handelt um Schäden aus (1) Löschung, Unterdrückung, Unbrauchbarmachung oder Veränderung von Daten, (2) Nichterfassen oder fehlerhaftem Speichern von Daten, (3) Störung des Zugangs zum elektronischen Datenaustausch, (4) Übermittlung vertraulicher Daten oder Informationen.
Fehlt
Robert Koch
753
AHB 2012 Ziff. 7
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
7. Ausschlüsse 7.16 Haftpflichtansprüche wegen Schäden aus Persönlichkeits- oder Namensrechtsverletzungen.
Fehlt
7.17 Haftpflichtansprüche wegen Schäden aus Anfeindung, Schikane, Belästigung, Ungleichbehandlung oder sonstigen Diskriminierungen.
Fehlt
7.18 1Haftpflichtansprüche wegen Personenschäden, die aus der Übertragung einer Krankheit des VN resultieren. 2Das gleiche gilt für Sachschäden, die durch Krankheit der dem VN gehörenden, von ihm gehaltenen oder veräußerten Tiere entstanden sind. 3In beiden Fällen besteht Versicherungsschutz, wenn der VN beweist, dass er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat.
§ 4 II Ziff. 4 Haftpflichtansprüche wegen Personenschaden, der aus der Übertragung einer Krankheit des VN entsteht, sowie Sachschaden, der durch Krankheit der dem VN gehörenden, von ihm gehaltenen oder veräußerten Tiere entstanden ist, es sei denn, dass der VN weder vorsätzlich noch grobfahrlässig gehandelt hat.
Übersicht Rn. A. I. II. III.
IV. V. VI.
VII.
B. I. II.
754
Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . Zum Aufbau der Kommentierung . . . Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle . 1. Einbeziehungskontrolle . . . . . . . 2. Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . a) § 307 Abs. 2 BGB . . . . . . . . b) § 307 Abs. 1 BGB . . . . . . . . Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . Abänderungen der Ausschlussbestimmungen . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . 2. Form . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Voraussetzungen der Abänderung . Konkludentes Anerkenntnis des VR im Schadensfalle . . . . . . . . . . . . 1. Prüfung der Haftpflichtigkeit des VN . . . . . . . . . . . . . . . 2. Befriedigung des Haftpflichtanspruchs . . . . . . . . . . . . . 3. Gewährung von Rechtsschutz im Haftpflichtprozess . . . . . . . . . 4. Beispiele aus der Rechtsprechung . . Ausschlusstatbestände . . . . . . . . . Vorsatzausschluss (Ziff. 7.1 AHB) . . . Kenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit von Erzeugnissen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen (Ziff. 7.2 AHB) . . . . . . . . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich . . . . . . . . a) Auslegung zu § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB 2002 . . . . . . . . . . . b) Inverkehrbringen von Erzeugnissen
1 1 2 6 6 12 13 15 16 20 21 21 22 24 30 31 34 35 39 40 40
43 43 44 44 46
Robert Koch
Rn. aa) Begriff des Erzeugnisses . . . bb) Begriff des Inverkehrbringens c) Erbringen von Arbeiten oder sonstigen Leistungen . . . . . . 3. Kenntnis von deren Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit . . . . . . . . . a) Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit . . . . . . . . . . . . . b) Kenntnis . . . . . . . . . . . . 4. Kausalität . . . . . . . . . . . . . 5. Beweislast . . . . . . . . . . . . . 6. Geltung von Ziff. 7.2 AHB in der Privathaftpflichtversicherung . . . . III. Über die gesetzliche Haftpflicht hinausgehende vertragliche Ansprüche (Ziff. 7.3 AHB) . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . 2. Zum Begriff der über den gesetzlichen Umfang hinausgehenden Haftung . 3. Abgrenzung zwischen erhöhten Vertragspflichten und der Vereinbarung einer erhöhten Haftung . . . . . . . a) Kaufvertrag . . . . . . . . . . . aa) Beschaffenheitsgarantie i.S.v. §§ 442, 444, 445 i.V.m.§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . bb) Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantie i.S.v. § 443 BGB cc) Sonstige Garantien . . . . . b) Werkvertrag . . . . . . . . . . . c) Mietvertrag . . . . . . . . . . . d) Übernahme vertraglicher Verpflichtungen und Haftungsübernahme . e) Konzeptverantwortungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . .
46 47 48 49 49 52 55 56 58
62 62 63
66 67
67 68 69 70 71 72 74
AHB 2012 Ziff. 7
Ausschlüsse Rn. 4. Kausalität . . . . . . . . . . . . . 5. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . a) Abbedingung von § 377 HGB . b) Verlängerung der Verjährungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . c) Freistellungen . . . . . . . . . . d) Vertragsstrafen, Bearbeitungspauschalen etc. . . . . . . . . . e) Schiedsgerichtsabreden . . . . . 6. Wiedereinschlüsse in der Betriebshaftpflichtversicherung? . . . . . . IV. Haftpflichtansprüche bestimmter Personengruppen (Ziff. 7.4, 7.5 AHB) . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Haftpflichtansprüche des VN und versicherter Personen (Ziff. 7.4 AHB) a) Übersicht . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen . . . . . . . . aa) Ziff. 7.4 (1) AHB . . . . . . bb) Ziff. 7.4 (2) AHB . . . . . . cc) Ziff. 7.4 (3) AHB . . . . . . c) Sonstige Einzelheiten . . . . . . 3. Haftpflichtansprüche gegen den VN (Ziff. 7.5 AHB) . . . . . . . . . . a) Schadensfälle von Angehörigen des VN . . . . . . . . . . . . . aa) Ausgeschlossener Personenkreis . . . . . . . . . . . . bb) Leben in häuslicher Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . cc) Bedeutung der Formulierung „aus Schadensfällen“ . . . . b) Ansprüche von gesetzlichen Vertretern/Betreuern geschäftsunfähiger, beschränkt geschäftsfähiger oder betreuter VN . . . c) Ansprüche von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen und nicht rechtsfähiger Vereine . . . d) Ansprüche von Gesellschaftern der OHG, KG und GbR . . . . e) Ansprüche von Partnern der Partnerschaftsgesellschaft . . . . f) Ansprüche von Liquidatoren, Zwangs- und Insolvenzverwaltern . . . . . . . . . . . . . g) Numerus clausus der Ausschlusstatbestände . . . . . . . . . . . V. Miete, Pacht, Leasing, Leihe, Verwahrung und verbotene Eigenmacht (Ziff. 7.6 AHB) . . . . . . . . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Fremde Sachen . . . . . . . . . . a) Begriff der Sache . . . . . . . . b) Bestimmung des Merkmals der Fremdheit . . . . . . . . . . . c) Kenntnis des Merkmals der Fremdheit . . . . . . . . . . . 3. Gemietete, geleaste, gepachtete und geliehene Sachen . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches . . . . . . . .
75 76 77 78 82 83 84 85 86 86 88 88 89 90 91 92 93 95 96 97 100 111
112
113 116 117
118 119
120 120 122 122 123 126 127 127
Rn. b) Schäden an gemieteten/gepachteten Sachen . . . . . . . . . . . c) Schäden an geleasten Sachen . . d) Schäden an geliehenen Sachen . 4. Schäden an vom VN verwahrten Sachen . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwahrung als Hauptpflicht . . b) Unentgeltliche Verwahrung . . . 5. Gemischte Verträge . . . . . . . . 6. Aus verbotener Eigenmacht abgeleiteter Besitz . . . . . . . . . . . 7. Folgeschäden . . . . . . . . . . . 8. Hilfspersonenklausel . . . . . . . 9. Abbedingung . . . . . . . . . . . 10. Wiedereinschlüsse . . . . . . . . . a) Privathaftpflichtversicherung . . aa) Mietsachschäden . . . . . . bb) Ziff. 5.2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX . . . . (1) Mietverhältnis . . . . . . . (2) Wohnräume und sonstige zu privaten Zwecken gemietete Räume in Gebäuden . . . . cc) Ziff. 5.2 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX . . . . (1) Schäden wegen Abnutzung, Verschleiß und übermäßiger Beanspruchung (1. Spiegelstrich) . . . . . . . . . . . . (2) Schäden an Heizungs-, Maschinen-, Kessel- und Warmwasserbereitungsanlagen sowie an Elektro- und Gasgeräten (2. Spiegelstrich) . . (3) Glasschäden (3. Spiegelstrich) (4) Schimmelschäden (4. Spiegelstrich) . . . . . . . . . . . . dd) Regressverzicht nach dem Abkommen der Feuerversicherer (Ziff. 5.3 MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht 2007) . . . b) Wiedereinschluss in der Betriebshaftpflichtversicherung . . . . . VI. Tätigkeitsschäden (Ziff. 7.7 AHB) . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Schäden an fremden Sachen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit 4. Tätigkeitsbegriff . . . . . . . . . . 5. Ausschlussobjekte . . . . . . . . . a) Tätigkeitsschäden (Ziff. 7.7 (1) AHB) . . . . . . . . . . . . . . aa) Bewegliche Sachen . . . . . bb) Unbewegliche Sachen . . . . b) Benutzungsschäden (Ziff. 7.7 (2) AHB) . . . . . . . . . . . . . . c) Schäden im Einwirkungsbereich der zu bearbeitenden Sache (Ziff. 7.7 (3) AHB) . . . . . . .
Robert Koch
131 136 138 142 142 150 151 162 163 165 169 170 170 171 172 172
173 181
181
184 185 186
187 188 190 190
193 194 195 204 205 205 223 223
226
755
AHB 2012 Ziff. 7
Haftpflichtversicherung Rn.
aa) Bestimmung des unmittelbaren Einwirkungsbereichs . bb) Bedeutung von Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . 6. Kasuistik . . . . . . . . . . . . . a) Tätigkeitsschäden (Ziff. 7.7 (1) AHB) . . . . . . . . . . . . . . b) Benutzungsschäden (Ziff. 7.7 (2) AHB) . . . . . . . . . . . . . . c) Wirkbereichsschäden (Ziff. 7.7 (3) AHB) . . . . . . . 7. Hilfspersonenklausel . . . . . . . 8. Wiedereinschlüsse . . . . . . . . . a) Betriebshaftpflichtversicherung . aa) Betriebe des Handels, Handwerks und des produzierenden Gewerbes . . . . . . bb) Tätigkeitsschäden bei Betrieben des Bauhaupt-/Baunebengewerbes . . . . . . . b) Produkthaftpflichtversicherung (Produkthaftpflicht-Modell) . . c) Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung von IT-Dienstleistern . . . . . . . . VII. Herstellungs- und Lieferklausel (Ziff. 7.8 AHB) . . . . . . . . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Weiterfresserschäden . . . . . . . 3. Schäden an nicht vom VN hergestellten/gelieferten Sachen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen sowie Personenschäden . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . b) Abgrenzungsfragen . . . . . . . 4. Kausalität . . . . . . . . . . . . . 5. Deckung für zugerechnete Haftung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Auslandsschäden (Ziff. 7.9 AHB) . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Eintritt des Versicherungsfalles im Ausland . . . . . . . . . . . . . . 3. Wiedereinschluss . . . . . . . . . a) Betriebshaftpflichtversicherung . aa) Begriff der gesetzlichen Haftpflicht . . . . . . . . . bb) Anwendbarkeit der AHB . . cc) Deckungserweiterungen . . (1) Geschäftsreisen, Ausstellungen, Messen . . . . . . . . (2) Indirekte/direkte Exporte . . (a) Bedeutung der Unterscheidung . . . . . . . . . . . . (b) Abgrenzungskriterium . . . (3) Bau-, Montage-, Reparaturund Wartungsarbeiten . . . dd) Ausländisches Betriebsrisiko . . . . . . . . . . . . ee) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten . . . . . . . . .
756
Rn.
228 230 232 233
IX.
234 235 236 237 237
X.
237
238 239
240 241 241 243
244 244 247 254 256 257 257
XI.
XII. 261 266 267 267 275 277
XIII.
XIV.
277 278 278 280 286 287 289
Robert Koch
ff) Kostenklausel . . . . . . . . gg) USA-/Kanada-Risiken . . . . hh) Währungsklausel . . . . . . ii) Sonstige Ausschlüsse mit Auslandsbezug . . . . . . . b) Privathaftpflichtversicherung . . Umweltschäden (Ziff. 7.10 lit. a) AHB) 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich . . . . . . . . 3. Umweltschadensversicherung . . . Schäden durch Umwelteinwirkung (Ziff. 7.10 lit. b) . . . . . . . . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Schäden durch Umwelteinwirkung a) Begriff der Umwelteinwirkung . b) Ausgeschlossene Schäden . . . . 3. Vom Ausschluss ausgenommene Bereiche . . . . . . . . . . . . . . a) Private Umwelthaftpflichtrisiken b) Betriebliche und berufliche Haftpflichtrisiken . . . . . . . . . . aa) Allgemeines Umwelt-Betriebsrisiko . . . . . . . . . . . . bb) Nicht-anlagenspezifisches Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko . . . . . . . . . . . . cc) Anlagenspezifisches UmweltProdukthaftpflichtrisiko . . dd) Umwelthaftpflicht-Basisversicherung . . . . . . . . 4. Sonderregelungen für das Gewässerschaden- und Umweltrisiko . . . . a) Privathaftpflichtversicherung . . aa) Gewässerschädenrestrisiko . bb) Gewässerschaden-Anlagenrisiko . . . . . . . . . . . . b) Betriebs- oder Berufshaftpflichtversicherung . . . . . . . . . . Asbestausschluss (Ziff. 7.11 AHB) . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Reichweite des Ausschlusses . . . . Strahlenausschluss (Ziff. 7.12 AHB) . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Reichweite des Ausschlusses . . . . Gentechnikausschluss (Ziff. 7.13 AHB) 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Reichweite des Ausschlusses . . . . Abwässer, Senkungen, Erdrutsch, Überschwemmung (Ziff. 7.14 AHB) . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Ausschluss von Sachschäden . . . 3. Ausgeschlossene Schadensursachen a) Abwässer (Ziff. 7.14 (1) AHB) . aa) Begriffsbestimmung . . . . . bb) Ableitung . . . . . . . . . . cc) Gefährlichkeit des Abwassers . . . . . . . . . . . dd) Wiedereinschluss . . . . . . b) Senkungs- und Erdrutschungsschäden (Ziff. 7.14 (2) AHB) . . aa) Senkungsschaden . . . . . .
291 294 296 298 301 305 305 306 311 312 312 314 315 321 322 322 323 324
325 326 330 331 332 333 335 337 338 338 340 341 341 343 345 345 346 350 350 353 355 355 355 365 369 370 371 371
Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Rn. bb) Erdrutschungen . . . . . . . cc) Wiedereinschlüsse . . . . . c) Überschwemmungen (Ziff. 7.14 (3) AHB) . . . . . . XV. IT-Ausschluss (Ziff. 7.15 AHB) . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Reichweite des Ausschlusses . . . . a) Schäden aus Löschung, Unterdrückung, Unbrauchbarmachung oder Veränderung von Daten . . b) Schäden aus Nichterfassen oder fehlerhaftem Speichern von Daten . . . . . . . . . . . . . . c) Schäden aus Störung des Zugangs zum elektronischen Datenaustausch . . . . . . . . . . . . d) Schäden aus Übermittlung vertraulicher Daten oder Informationen . . . . . . . . . . . . 3. Wiedereinschluss von IT-Risiken . a) Zusatzbedingungen zur Betriebshaftpflichtversicherung für die Nutzer von Internet-Technologien . . . . . . . . . . . . . . aa) Gegenstand des Versicherungsschutzes (Ziff. 1 ZusBedIT) . . . . . . . . . bb) Versicherte Risiken (Ziff. 2 ZusBedIT) . . . . . . . . . (1) Schäden aus der Löschung, Unterdrückung, Unbrauchbarmachung oder Veränderung von Daten durch Computer-Viren und/oder andere Schadprogramme (Ziff. 2.1 ZusBedIT) . . . . . . . . . (2) Schäden infolge der Datenveränderung aus sonstigen Gründen sowie der Nichterfassung oder fehlerhaften Speicherung von Daten bei Dritten (Ziff. 2.2 ZusBedIT) (3) Schäden aus der Störung des Zugangs Dritter zum elektronischen Datenaustausch (Ziff. 2.3 ZusBedIT) . . . . (4) Schäden aus Persönlichkeitsrechtsverletzungen (Ziff. 2.4 ZusBed-IT) . . . . . . . . . (5) Schäden aus Namensrechtsverletzungen (Ziff. 2.5 ZusBedIT) . . . . . . . . .
375 379 380 385 385 386
386
392
393
394 395
396
396 397
398
400
401
403
405
Rn. (6) Besonderheiten hinsichtlich des Umfangs des Versicherungsschutzes (Ziff. 2.4, Ziff. 2.5 ZusBedIT) . . . . . cc) Risikobegrenzungen (Ziff. 6 ZusBedIT) . . . . . . . . . dd) Mitversicherte Personen (Ziff. 3 ZusBedIT) . . . . . ee) Versicherungssumme/Sublimit/Serienschaden/Anrechnung von Kosten (Ziff. 4 ZusBedIT) . . . . . . . . . (1) Versicherungssumme . . . . (2) Sublimit . . . . . . . . . . (3) Serienschaden . . . . . . . . (4) Anrechnung von Kosten . . ff) Auslandsschäden (Ziff. 5 ZusBedIT) . . . . . . . . . gg) Ausschlüsse (Ziff. 7 ZusBedIT) (1) Nicht IT-risikospezifische Ausschlüsse . . . . . . . . . (2) IT-risikospezifische Ausschlüsse . . . . . . . . . . . (a) Vom Empfänger ungewollte Informationen . . . . . . . (b) Dateien zur widerrechtlichen Sammlung von Nutzerinformationen . . . . . . . . . . hh) Obliegenheiten (Zusatz zu Ziff. 2.1 bis 2.3 ZusBedIT) . b) Privathaftpflichtversicherung (Ziff. 4 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) . . . . XVI. Persönlichkeits- und Namensrechtsverletzungen (Ziff. 7.16 AHB) . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Verletzung von Persönlichkeits- und Namensrechten . . . . . . . . . . XVII. Diskriminierung (Ziff. 7.17 AHB) . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Praktische Bedeutung . . . . . . . 3. Mitversicherung von Ansprüchen aus Benachteiligungen für Privatpersonen . . . . . . . . . . . . . . XVIII. Übertragung von Krankheiten (Ziff. 7.18 AHB) . . . . . . . . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Personenschaden aus Krankheitsübertragungen . . . . . . . . . . . 3. Sachschäden als Folge von Tierkrankheiten . . . . . . . . . . . . 4. Verschulden und Beweislast . . . .
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406 407 408
409 409 410 411 412 413 414 414 415 415
417 419
422 424 424 425 426 426 427
429 431 431 432 437 440
757
AHB 2012 Ziff. 7
Haftpflichtversicherung
A. Vorbemerkung I. Zum Aufbau der Kommentierung 1
Die Erläuterung der Ausschlusstatbestände der AHB erfolgt in der Weise, dass zunächst der Systematik der AHB gefolgt wird. Im Anschluss an die jeweiligen Ausschlusstatbestände wird auf Wiedereinschlüsse in der Privat- und Betriebshaftpflichtversicherung eingegangen.
II. Auslegungsregeln 2
Die allgemeinen Regeln zur Auslegung von AGB finden auch auf die Ausschlusstatbestände der AHB Anwendung.1 Im Hinblick auf ihre den Versicherungsschutz einschränkende Wirkung sind sie vergleichbar mit Freizeichnungsklauseln (z.B. Haftungsbeschränkungen, Gewährleistungsausschlüsse), weshalb für die Auslegung und Transparenz ähnlich strenge Maßstäbe gelten. Die AHB-Auschlussklauseln sind grundsätzlich „eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Der Zweck der Ausschlussregelung ist dabei nur in den Grenzen der Wortwahl berücksichtigungsfähig“2.
Dies begründet die Rechtsprechung damit, dass der durchschnittliche VN nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen brauche, soweit ihm dies durch die Klausel nicht hinreichend verdeutlicht werde.3 Nach Ansicht des BGH kommt es für die Ermittlung des Zwecks einer Ausschluss3 klausel auf deren dem VN aus dem Klauselwortlaut nicht erschließbare Entstehungsgeschichte oder zugrunde liegende wirtschaftliche Erwägungen des VR nicht an. Dies gelte selbst dann, wenn deren Berücksichtigung zu einem dem VN günstigeren Ergebnis führen könnte.4 Die Einbeziehung der Entstehungsgeschichte komme nur für die Auslegung von Gesetzen in Betracht.5 Dieser Ansatz ist zu restriktiv. Soweit – nach Ausschöpfung der für AGB geltenden Auslegungsmethoden – mindestens zwei Auslegungsvarianten rechtlich vertretbar sind und keine davon den klaren Vorzug verdient, sollte ein Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte – soweit bekannt – zulässig sein, um der für den VN günstigeren Variante zur Anwendung zu verhelfen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätze sind insbesondere 4 auch bei der Unterscheidung zwischen einer Obliegenheit und einem Ausschluss zu beachten. Hierfür kommt es nicht nur auf Wortlaut und Stellung einer Versicherungsbedingung an. Entscheidend ist vielmehr, ob der materielle Gehalt der einzelnen Klausel „eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der VR Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des VN for-
1 2
Hierzu Bruck/Möller/Beckmann Einf. C Rn. 166 ff. BGH 20.7.2011 RuS 2011 427, 428; st. Rspr., vgl. BGH 27.6.2012 RuS 2012 490, 491 = VersR 2012 1253; BGH 15.9.2010 NJW-RR 2011 385, 386; BGH 17.12.2008 VersR 2009 341, 342; BGH 23.11.1994 NJW-RR 1995 276, 277 = VersR 1995 162; BGH 17.3.1999 VersR 1999 748, 749.
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Vgl. BGH 20.7.2011 RuS 2011 427, 428; BGH 11.12.2002 RuS 2003 149, 150 = VersR 2003 236, 237; BGH 17.3.1999 RuS 1999 192 = VersR 1999 748, 749. BGH 27.6.2012 RuS 2012 490, 491 = VersR 2012 1253; BGH 25.9.2002 RuS 2003 16; BGH 17.5.2000 RuS 2000 478, 479. BGH 27.6.2012 RuS 2012 490, 491 f. = VersR 2012 1253.
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Ausschlüsse
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dert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ihn verliert. Wird von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt und nicht ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens wieder entzogen, so handelt es sich um eine Risikobegrenzung“ 6.
Wird hingegen ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens des VN wieder entzogen, liegt eine Obliegenheit vor.7 In diesem Fall steht ein bestimmtes Verhalten im Vordergrund, das nicht hinter objektiven Voraussetzungen, wie etwa den Versicherungsort oder den Zustand der versicherten Sache, zurücktritt.8 Als Ausschlusstatbestand hat die Rechtsprechung z.B. Ziff. 7.14 (2) AHB qualifiziert, 5 der Haftpflichtansprüche aus Sachschäden ausschließt, welche durch Senkungen von Grundstücken oder Erdrutschungen entstehen. Die sog. Erprobungsklausel in der Produkthaftpflichtversicherung (Ziff. 6.2.5 ProdHM), derzufolge Ansprüche aus Sach- und Vermögensschäden durch Erzeugnisse, deren Verwendung oder Wirkung im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck nicht nach den anerkannten Regeln der Technik oder Wissenschaft oder in sonstiger Weise ausreichend erprobt war, ist ebenfalls als Ausschluss angesehen worden.9 Die in der Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung übliche Pflichtwidrigkeitsklausel begründet einen subjektiven Risikoausschluss.10 Bei der Klausel in der Bauhandwerkerversicherung, wonach die Haftpflicht bei Schäden infolge vorschriftswidrigen Umgangs mit brennbaren oder explosiblen Stoffen nicht versichert ist, handelt es sich dagegen um eine (verhüllte) Obliegenheit.11
III. Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle 1. Einbeziehungskontrolle Die AHB-Ausschlusstatbestände werden nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie nicht 6 überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB sind. Überraschend ist eine Klausel, wenn sie eine Regelung enthält, die von den Erwartungen des typischerweise damit konfrontierten VN in einer Art und Weise abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht.12 Es muss sich um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handeln, was nach den Gesamtumständen zu beurteilen ist. Als zweite Voraussetzung muss hinzukommen, dass der andere Teil mit der Klausel „nicht zu rechnen braucht“. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn sie im Vertragstext falsch eingeordnet und dadurch geradezu „versteckt“ wird.13 Im Hinblick darauf, dass die Ausschlussklauseln in Ziff. 7 AHB
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BGH 18.5.2011 NJW-RR 2011 1110, 1113; BGH 16.8.2008 NJW-RR 2008 1411, 1412 = VersR 2008 1107, 1108; BGH 16.11.2005 NJW-RR 2006 394, 396 = VersR 2006 215, 216; BGH 14.5.2003 NJW-RR 2003 1105, 1106 = VersR 2003 897, 898; BGH 24.5.2000 NJW-RR 2000 1190. BGH 16.6.2004 NJW-RR 2004 1259, 1261; BGH 24.5.2000 NJW-RR 2000 1190 = NVersZ 2000 443; BGH 14.12.1994 NJW 1995 784, 785 = VersR 1995 328, 329. BGH 16.6.2004 NJW-RR 2004 1259, 1261. BGH 9.1.1991 VersR 1991 414, 416; Hans. OLG Bremen 30.6.1998 VersR 1999 1102,
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1103; LG Aachen 26.4.1994 VersR 1995 286, 287. KG 1.2.2005 RuS 2006 67, 68. Vgl. BGH 9.5.1990 RuS 1990 266, 267 = VersR 1990 887; BGH 24.10.1979 NJW 1980 837, 838. Zur Wirksamkeit von verhüllten Obliegenheiten s. R. Koch FS Fenyves 541 ff. St. Rspr.: BGH 21.7.2011 BeckRS 2011 21189; BGH 30.9.2009 VersR 2009 1622, 1623. Vgl. BGH 20.6.2012 RuS 2012 454, 455=NJW 2012 3184; BGH 21.7.2010 NJW 2010 3152, 3153; BGH 23.2.2005
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unter einer entsprechenden Überschrift zusammengefasst sind und jahr(zehnt)elanger Praxis entsprechen, sind sie weder objektiv ungewöhnlich, noch muss der VN nicht mit ihnen rechnen.14 Etwas anderes gilt dann, wenn sich die Parteien vor Vertragsschluss über die Ab7 bedingung von Ausschlüssen geeinigt haben (soweit man hier nicht die Vorrangregel des § 305b BGB eingreifen lässt) oder der VR die standardmäßigen Ausschlüsse ergänzt.15 Insoweit ist der Hinweis geboten, dass sich Ungewöhnlichkeit und Überraschungsmoment einer Klausel auch aus den individuellen Umständen bei der Vertragsanbahnung (Gang und Inhalt der Verhandlungen) ergeben können.16 Soweit Vermögensschäden mitversichert sind, können Klauseln, die solche Schäden vom Versicherungsschutz in den typischen Haftpflichtfällen des VN ausschließen, als überraschend zu qualifizieren sein.17 Verneint hat die Rechtsprechung den überraschenden Charakter von Ziff. 7.6 AHB18 8 und Ziff. 7.7 AHB19. Auch die Ausschlussklausel betreffend die Deckung von Haftpflichtansprüchen aus Schadensfällen von Angehörigen des VN, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, ist nicht überraschend (Ziff. 7.5 (1) AHB).20 Gleiches gilt für den Umwelthaftpflicht-Ausschluss (Ziff. 7.10 (a) AHB).21 Verneint hat das OLG Hamm den überraschenden Charakter des Ausschlusses von Ansprüchen bei wohnsitzlosen Schädigern in der Forderungsausfallversicherung, die als Ergänzungsdeckung zur Privathaftpflichtversicherung angeboten wird.22 Das LG Dortmund hat einen Ausschluss als überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB 9 angesehen, weil die Regelung im Angebot des VR zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung lediglich mit einem dem VN positiven Inhalt dargestellt wurde. In jenem Fall hatte die VN den Abschluss einer Versicherung für ihren Kosmetiksalon unter Bezug auf ein Angebot des VR, in welchem als Risiko u.a. die Elektroepilation genannt wird, beantragt. In dem Angebot wurde der Versicherungsschutz wie folgt dargestellt: „Außerdem gilt Klausel 70 (Friseurbetriebe und Kosmetiksalons): Mitversichert sind Ansprüche wegen Beschädigung oder Verschmutzung der Kleidung der Kunden sowie wegen sonstiger Tätigkeitsschäden bis 50 000 Euro. Eine Selbstbeteiligung für derartige Schäden gilt ausdrücklich als nicht vereinbart.“ Unerwähnt blieb in dem Angebot, dass für kosmetische Eingriffe sowie alle medizinischen Eingriffe und Behandlungen wie Hautpigmentierungen (z.B. Permanent-Make-up, Tattoos, Piercing) und alle mittels ärztlicher Instrumente (auch Lasern) zur Schönheitskorrektur durchzuführenden Maßnahmen (z.B. Liftingverfahren, Faltenunterspritzungen) kein Versicherungsschutz bestand.
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BGHZ 162 210, 213 f. = RuS 2005 257; BGH 10.3.1993 NJW 1993 2052 f.; BGH 11.2.1992 NJW 1992 1097, 1098; OLG Köln 12.5.2009 RuS 2010 525; OLG München 8.8.2008 VersR 2009 59, 60 = NJW-RR 2008 1560, 1561; OLG Hamm 19.10.2007 RuS 2008 124 (zu AUB). Vgl. OLG Frankfurt/M. 7.4.1999 NVersZ 2000 242, 243. Vgl. LG Dortmund 22.7.2009 NJW-RR 2009 1544, 1546. OLG Düsseldorf 21.8.2001 RuS 2003 195, 196 – die Revision hat der BGH mit Beschl. v. 19.6.02 – IV ZR 228/01 – nicht angenommen; LG Dortmund 22.7.2009 NJW-RR 2009 1544, 1546.
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Vgl. OLG Saarbrücken 29.11.1995 NJW-RR 1996 477, 478; LG München 29.6.1988 RuS 1988 254. LG Darmstadt 12.3.1987 RuS 1987 188 zu § 4 I Ziff. 6 lit. a) AHB a.F. AG Aachen 6.6.1995 VersR 1996 1228 zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F. Vgl. OLG Frankfurt/M. 7.4.1999 NVersZ 2000 242, 243; OLG Hamm 1.3.1995 RuS 1995 210, 211. OLG München 27.5.1998 RuS 1999 146, 147. OLG Hamm 26.1.2005 RuS 2005 154, 155.
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Klauseln in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte, die 10 mittelbar Ausschlusswirkung durch Gleichstellung von Scheinsozien mit Sozien zur Folge haben, jedoch nicht unter den Ausschlussbestimmungen enthalten sind, sind ebenfalls überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB.23 Der Ausschluss von Schäden durch Erdrutschungen nach Ziff. 7.14 (2) AHB soll hingegen auch bei Versicherung eines Baggerbetriebes nicht als überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB zu qualifizieren sein.24 Ebenfalls nicht überraschend ist Ziff. 7.18 AHB, nach der für Sachschäden keine Deckung besteht, die durch Krankheit der dem VN gehörenden, von ihm gehaltenen oder veräußerten Tiere entstanden sind, es sei denn, dass der VN weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat.25 Auch die sog. „große Benzinklausel“ der Betriebshaftpflichtversicherung, die zulas- 11 sungs- und versicherungspflichtige Kfz – auch Gabelstapler, die eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h erreichen können und auch auf öffentlichen Straßen benutzt werden – von der Deckung ausschließt (vgl. Ziff. 7.5.1 Muster-Bedingungsstruktur AT), ist nicht überraschend.26 Die in der Betriebshaftpflichtversicherung bei der Mitversicherung von Abbruch- und Einreißarbeiten übliche Radiusklausel (Ausschluss von Sachschäden aus Abbruch- und Einreißarbeiten in einem Umkreis, dessen Radius der Höhe des einzureißenden Bauwerks entspricht) ist ebenfalls keine überraschende Klausel, da sie im Baugewerbe nicht unüblich ist.27 Der Ausschluss für Schäden, die als Folge eines im Inland oder Ausland begangenen Verstoßes im Ausland eingetreten sind, ist nicht überraschend.28 2. Inhaltskontrolle Risikoausschlüsse unterliegen – auch soweit es an gesetzlichen Regelungen fehlt, von 12 denen abgewichen wird – grundsätzlich der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB.29 a) § 307 Abs. 2 BGB. Da es abgesehen von § 103 VVG in der Haftpflichtversiche- 13 rung keine gesetzlichen Regelungen zu Risikoausschlüssen gibt, ist § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur bei Abweichungen von dieser Norm von Bedeutung. In allen anderen Fällen ist Prüfungsmaßstab im Rahmen der Inhaltskontrolle vornehmlich § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB sowie das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB niedergelegte Transparenzgebot. Eine Vertragszweckgefährdung liegt allerdings erst dann vor, „wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht“30. Die Rechtsprechung hat Ausschlüssen nur selten eine den Vertragszweck gefährdende Wirkung zugesprochen. So hat der BGH den Deckungsausschluss für mittelbare Schäden in § 4 Ziff. 3 der Vertrauensschadenversicherung für Notarkammern als den Vertragszweck gefährdend i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB qualifiziert.31 Eine Ver-
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Vgl. OLG München 26.8.2009 BeckRS 2011 07960; OLG München 8.8.2008 VersR 2009 59, 60 = NJW-RR 2008 1560, 1561. OLG Saarbrücken 8.9.2004 BeckRS 2004 12280; AG München 11.12.2003 VersR 2005 394 zu § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. OLG Oldenburg 8.3.2000 RuS 2000 320, 321 zu § 4 II Ziff. 4 AHB a.F. OLG Köln 9.3.1999 RuS 1999 272, 273. LG Hannover 25.3.1999 RuS 2000 149, 150.
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LG Köln 8.1.1992 RuS 1993 51, 52. St.Rspr., vgl. nur BGH 20.7.2011 RuS 2011 427, 428; BGH 26.9.2007 RuS 2008 25, 26 = VersR 2007 1690, 1691; BGH 22.12.2000 NJW 2001 1132, 1133. BGH 21.7.2011 BeckRS 2011 21189; BGH 11.2.2009 RuS 2009 248, 250 = VersR 2009 533, 534 m.w.N. BGH 20.7.2011 RuS 2011 427, 429.
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tragszweckgefährdung durch das Claims-made-Prinzip in der D&O-Versicherung hat das OLG München hingegen verneint.32 Nach Ansicht des OLG Koblenz wird durch die Bearbeitungsklausel (§ 4 I Ziff. 6b 14 AHB a.F.) das aus der Natur des Versicherungsvertrages sich ergebende wesentliche Recht des VN auf Gewährung von Versicherungsschutz für seine Tätigkeit als Lohnunternehmer nicht so stark eingeschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks i.S.v. § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB gefährdet wäre.33 Dagegen meint das OLG Saarbrücken, dass von einer Vertragszweckgefährdung ausgegangen werden muss, wenn die Klausel den vom VR versprochenen Schutz vor der Haftung des Frachtführers aus Frachtverträgen durch die Reichweite ihres Risikoausschlusses aushöhlte und – ohne dass dies dem VN erkennbar gewesen wäre – nur noch ein Risiko deckte, das in der Mehrzahl der denkbaren Versicherungsfälle von wirtschaftlich nicht nennenswerter Bedeutung sei (Frachtführerhaftpflichtversicherung).34 Der Ausschluss von Auslandsschäden stellt keine Vertragszweckgefährdung dar.35
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b) § 307 Abs. 1 BGB. Um dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB gerecht zu werden, muss dem VN zudem „klar und deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang sein Versicherungsschutz trotz der Klausel noch besteht“.36 Diesen Anforderungen wird die sog. „kleine Benzinklausel“ der Privathaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 3.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) gerecht.37
IV. Kausalität 16
Für alle Ausschlusstatbestände gilt, dass sie nur bei adäquater Kausalität eingreifen. Für alle Ausschlusstatbestände gilt ferner im Grundsatz, dass sie immer schon dann eingreifen, wenn nur eine Ursache, die von einer Ausschlussklausel erfasst wird, den Schaden herbeigeführt hat, unabhängig davon, ob auch andere Ursachen mitgewirkt haben (Grundsatz der Gesamtkausalität).38 Führt beispielsweise das vom VN vorgenommene Ablassen von Kühlwasser aus dem von ihm reparierten Boot zusammen mit der von dem VN nicht zu vertretenden Undichtigkeit des Schiffskörpers zum Sinken des Schiffes, genießt der VN im Ganzen für diesen Schaden keinen Versicherungsschutz, da ohne sein Tun das Boot überhaupt nicht gesunken wäre.39 Das Charakteristikum dieser Art von Schadensfällen liegt also darin, dass es ohne die vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Ursache überhaupt nicht zum Schadensfalle gekommen wäre. Abzugrenzen von der so verstandenen Gesamtkausalität sind die Fälle, in denen eine 17 geringe Mitwirkung einer ausgeschlossenen Ursache zwar gegeben ist, der Schaden aber überwiegend auf gedeckte Schadensereignisse zurückzuführen ist. Beispielhaft sei auf das
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OLG München 8.5.2009 RuS 2009 321, 326. OLG Koblenz 16.5.2008 RuS 2009 236, 237 – sehr zweifelhaft. OLG Saarbrücken 13.7.2005 BeckRS 2005 13001. LG Köln 8.1.1992 RuS 1993 51, 52. OLG Nürnberg 20.12.2001 RuS 2002 499 (zu § 4 I Ziff. 5 AHB a.F.); vgl. auch Rspr. außerhalb der Haftpflichtversicherung BGH 22.12.2000 NJW 2001 1132, 1133; BGH NJW 1999 2279, 2280; OLG Saar-
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brücken 21.3.2001 NVersZ 2001 506, 507; KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229, 231. LG München I 20.12.2012 RuS 2013 225, 226 f. Vgl. BGH 9.5.1990 RuS 1990 265, 266; BGH 12.5.1966 VersR 1966 722, 723; BGH 20.9.1962 NJW 1962 2106, 2107 zu § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. LG Kiel 9.10.1964 VersR 1965 506, 507 zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F.
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Ausschlüsse
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Urteil des BGH vom 17.2.1966 40 verwiesen. Dort war streitig, ob das Einstürzen einer Außenmauer und der darauf zurückzuführende Personenschaden allein auf den vom VN zu vertretenden zu hohen Druck der Erdmassen zurückzuführen oder dieser hohe Druck zusammen mit dem Gewicht der Planierraupe des VN ursächlich war. Der BGH bejahte den Versicherungsschutz – bei Unterstellung einer Mitwirkungsursache durch die Planierraupe – unter anderem mit folgender Begründung: „Risikobegrenzungen und Ausschlussklauseln haben in der Schadensversicherung im allgemeinen den Sinn, bestimmte Tatbestände, die erfahrungsgemäß eine besondere Gefahrenquelle bilden, wegen der außergewöhnlichen Häufigkeit oder Schwere der durch sie ausgelösten Schäden aus der auf eine Normallage abgestellten Versicherung herauszunehmen. Dieser Zweckbestimmung entspricht es nicht, Haftpflichtfälle, die ihren Ursprung in einem Betriebsgeschehen haben und deshalb nach natürlicher Anschauung unter das allgemeine betriebliche Risiko fallen, ungedeckt zu lassen, nur weil zu der im Betrieb begründeten Ursache als ein auf der Grundlage dieser Ursache mitwirkender Umstand noch der Einsatz eines Kraftfahrzeuges getreten ist“.41
Bei Grenzfällen gilt es somit, den (erkennbaren) Sinn und Zweck der jeweiligen Aus- 18 schlussklausel zu beachten. Erst aus diesem Blickwinkel ergibt sich die recht verstandene adäquate Kausalität des Haftungsausschlusstatbestandes. Das macht auch ein Blick auf den Ausschluss der Vorsatzschäden deutlich. Hier kommt es entscheidend auf das Vorstellungsbild des Täters und seine Billigung der künftig eintretenden Ereignisse an. Aus der besonderen Eigenart dieser Situation können dabei die erwähnten Grundsätze über die Gesamtkausalität nur höchst selten Anwendung finden. Zum Vorstellungsbild des VN im Falle einer vorsätzlichen Tat im Einzelnen vergleiche die Ausführungen zu § 103 VVG (§ 103 VVG Rn. 28 ff.). Abzugrenzen von der Gesamtkausalität sind des Weiteren solche Fälle, in denen die 19 ausgeschlossene Ursache nur einen Teil eines Gesamtschadens verursacht hat. Hier besteht nur bezüglich dieses Teils kein Versicherungsschutz. Beispielhaft sei auf das Urteil des BGH vom 12.5.1966 verwiesen42: Der VN hatte fehlerhaften Mörtel geliefert, der als zweite Lage auf den Mauern und Wänden eines Gebäudes Verwendung fand. Durch die Mangelhaftigkeit des Mörtels entstanden auf der dritten Lage Bläschen und Löcher (sog. Kalkspatzen). Ursache dafür war Feuchtigkeit, die beim Abbinden der zweiten Lage dadurch entstand, dass in dem Mörtel versehentlich nicht ausreichend abgelöschte Kalkteilchen enthalten waren. Diese Kalkspatzen waren teils sofort, teils erst durch allmähliche Einwirkung der Feuchtigkeit entstanden. Das Berufungsgericht wollte – unter Hinweis auf die dem VR obliegende Beweislast für das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes – vollen Umfangs Deckung gewähren, weil es nicht feststellen könne, welcher Teil des Schadens auf das versicherte Ereignis und welcher Teil auf die ausgeschlossene Ursachenreihe zurückzuführen sei. Der BGH wies demgegenüber auf die naheliegende Möglichkeit hin, in einem derartigen Falle den nicht unter den Versicherungsschutz des Vertrages fallenden Anteil des Schadens nach § 287 ZPO abzuschätzen.
V. Beweislast Anders als die Geltendmachung von (teilweiser) Leistungsfreiheit wegen Obliegen- 20 heitsverletzungen, sind Risikoausschlüsse (selbst in der Revisionsinstanz noch) von Amts wegen zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn der VN in den Tatsacheninstanzen 40 41
BGH 17.2.1966 NJW 1966 929, 930. BGH 17.2.1966 NJW 1966 929, 930; Hervorhebung durch den Verfasser.
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BGH 12.5.1966 VersR 1966 722, 723.
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nicht auf diese Bestimmung abgehoben hat.43 Die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestands hat der VR darzulegen und zu beweisen.44 Bei einem auf mehrere Ursachen zurückzuführenden Schaden ist der von der Ausschlussklausel erfasste Teil unter Umständen vom Gericht nach § 287 ZPO abzuschätzen.45
VI. Abänderungen der Ausschlussbestimmungen 1. Grundsätzliches
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Ausschlüsse sind abdingbar. Dies stellt der Eingangssatz von Ziff. 7 AHB ausdrücklich klar. Dort heißt es: „[F]alls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen: […]“.
Der VR darf allerdings mit der Gewährung von Versicherungsschutz nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen. Als seltene Möglichkeit für einen derartigen theoretisch denkbaren Verstoß sei darauf verwiesen, dass ein VR einem VN grundsätzlich nicht Deckung für von diesem vorsätzlich herbeigeführte Schäden versprechen darf.46 Keine Bedenken bestehen dagegen, dem VN Versicherungsschutz für seine eigene Inanspruchnahme aus vorsätzlicher Schadenszufügung durch eine Hilfsperson zu gewähren. 2. Form Umstritten ist, ob die Änderungen der Schriftform bedürfen. Wussow 47 und Kuwert 48 qualifizieren den Eingangssatz als Schriftformklausel, sodass mündliche Änderungen nach §§ 124, 127 BGB unwirksam seien.49 Dieser Ansicht hat sich das OLG Koblenz ohne nähere Begründung angeschlossen.50 R. Johannsen hat sich hingegen gegen die Herleitung eines Schriftformerfordernisses ausgesprochen. Es sei schon zweifelhaft, ob durch den Eingangssatz überhaupt i.S.d. § 127 BGB Schriftform vereinbart werden solle. Für eine solche einschneidende Bestimmung hätte eine ausdrückliche Vereinbarung näher gelegen.51 Diese Ansicht ist zumindest vertretbar, sodass ihr nach der Unklarheitenregel i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB der Vorzug gebührt. Zu keinem anderen Ergebnis gelänge man, wenn man sich der gegenteiligen Ansicht 23 anschlösse und den Eingangssatz als Schriftformklausel qualifizierte. Als solche kollidierte sie mit dem Vorrang der Indidividualabrede (§ 305b BGB), weil sie sich auch auf individuelle Abreden erstreckt, die nach Abschluss des Versicherungsvertrages getroffen werden.52 Abweichungen von AHB können somit in jeder Form getroffen werden, also auch mündlich. Dass es generell nicht empfehlenswert ist, auf mündliche Zusagen zu
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BGH 12.6.1985 VersR 1985 1029, 1030; OLG Köln 25.5.1992 RuS 1992 343, 344. Vgl. nur BGH 10.3.2004 RuS 2004 188, 189; BGH 21.2.1957 BGHZ 23 355, 359 = NJW 1957 907; OLG Jena 25.1.2006 RuS 2006 107, 108. BGH 12.5.1966 VersR 1966 722, 723. Vgl. auch Späte Vor § 4 Rn. 5. Wussow § 4 Anm. 19 (zu § 4 AHB a.F.).
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Kuwert Rn. 4002 (zu § 4 AHB a.F.). Offenlassend Littbarski AHB § 4 Rn. 10; Späte Vor § 4 Rn. 6. OLG Koblenz 2.1.2004 RuS 2004 191, 192 zu § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 151. Vgl. BGH 21.9.2005 NJW 2006 138; BGH 9.7.1991 NJW 1991 2559.
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bauen, ist hier nicht weiter zu erörtern. Es mag aber besondere Situationen geben, in denen ein VR Wert darauf legt, von bestimmten Bedingungsbestimmungen nicht schriftlich abzuweichen. 3. Voraussetzungen der Abänderung Soweit es im Eingangssatz von Ziff. 7 AHB heißt „ausdrücklich etwas anderes 24 bestimmt ist“, darf diese Formulierung nicht in dem Sinne missverstanden werden, dass „stillschweigenden“ Abänderungen keine Wirksamkeit zukomme. Es muss vielmehr wie auch sonst bei der Vertragsauslegung der übereinstimmende Wille der Parteien ermittelt werden. Eine ausdrückliche Bestimmung liegt nicht nur dann vor, „wenn die Ausschlußklausel unter Nennung der gemeinten Vorschrift ganz oder teilweise wegbedungen wird. Sie kann auch positiv in Form eines ausdrücklichen Einschlusses getroffen werden, der seinem Inhalt nach das Gegenteil eines in den AHB enthaltenen Ausschlusses besagt und diesen dadurch, soweit das zusätzlich übernommene Wagnis reicht, außer Kraft setzt“.53
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass eine Abänderung der Ausschlussbestimmungen von den Parteien ausdrücklich im Vertrage verankert wird. Dass die Geltung bestimmter Ausschlussbestimmungen den Anwendungsbereich einer speziellen Betriebshaftpflichtversicherung entscheidend einzuschränken vermag, lässt daher keinen sicheren Schluss darauf zu, dass die Parteien stillschweigend diese Gefahrumstandsausschlussklausel abbedungen haben. Die Annahme eines dahingehenden Willens des VR ist eher fernliegend.54 So beinhaltet nach Ansicht der Rechtsprechung die Mitversicherung betriebsüblicher 25 Risiken, insbesondere als Eigentümer, Mieter, Pächter, Leasingnehmer … von Grundstücken, Gebäuden und Räumlichkeiten in der Betriebshaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 7.1.2.1 Muster-Bedingungsstruktur AT) keine Abbedingung von Ziff. 7.6 AHB.55 Zur Begründung wird angeführt, dass die Mitversicherungsklausel eine (primäre) Risikobeschreibung darstelle, mit der lediglich die versicherte Gefahr nach Eigenschaften, Rechtsverhältnissen oder Tätigkeiten des VN beschrieben und gegenüber anderen Schädigungen abgegrenzt werde, die nicht von der Definition abgedeckt würden. Diese Beschreibung besage für sich allein noch nichts darüber, unter welchen weiteren Voraussetzungen der VR dafür Versicherungsschutz gewähren wolle. Aus dem Hinweis in der Betriebshaftpflichtversicherung, dass die gesetzliche Haftpflicht „auf Grundlage der AHB“ versichert werde, und der Formulierung, dass die betrieb(süb)lichen Risiken „im Rahmen dieses Vertrages“ versichert seien (vgl. Ziff. 7.1.1 Muster-Bedingungsstruktur AT), gehe für den VN hervor, dass auch der nach § 4 I Ziff. 6 lit. a) AHB geltende Haftungsausschluss weiterhin Geltung habe.56
53
54 55
BGH 16.10.1968 VersR 1968 1129, 1130 zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F.; vgl. auch OLG Düsseldorf 2.12.1986 NJW-RR 1987 727 zu § 4 I Ziff. 6 lit. a) AHB a.F. Vgl. Späte vor § 4 Rn. 8; Kuwert § 4 Rn. 4003. BGH 9.6.2004 RuS 2004 371, 372; so auch OLG Düsseldorf 2.12.1986 NJW-RR 1987 727 = VersR 1988 393; LG Frankfurt/M. 22.9.1988 zfs 1989 98; vgl. auch Schlegelmilch VersR 1993 176.
56
BGH 9.6.2004 RuS 2004 371, 372; vgl. auch BGH 25.10.1962 VersR 1963 32, 33; OLG Düsseldorf 2.12.1986 NJW-RR 1987 727 = VersR 1988 393; Schlegelmilch VersR 1993 176; Littbarski AHB § 4 Rn. 208; Späte § 4 Rn. 113; a.A. OLG Karlsruhe 21.11.1991 RuS 1993 96, 97 = VersR 1992 1215, 1216.
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Blickt man auf die ältere Rechtsprechung, so ist vom BGH 57 nicht beanstandet worden, dass das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 15.1.196058 allein daraus, dass die Haftpflicht aus dem Betrieb eines Wehrs versichert war, nicht geschlossen hat, dass Haftpflichtansprüche aus Überschwemmungsschäden abweichend von § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. gedeckt seien. Auch aus dem Einschluss der Haftpflichtgefahr aus der Betätigung einer Hebebühne einer Tankstelle kann nicht zwingend geschlossen werden, dass § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F. bezüglich der Beschädigung der von dieser Hebebühne hochzuhebenden Kraftfahrzeuge abbedungen sei, wenngleich diese Auslegung naheliegt.59 Ein gutes Gegenbeispiel diesbezüglich bildet der vom BGH in seinem Urteil vom 27 16.10.196860 behandelte Fall, in dem das Berufungsgericht aus dem Gesamttext des umfangreichen und schwer zu verstehenden Vertrages geschlossen hatte, dass für alle Haftpflichtansprüche aus der Prüf- und Forschungstätigkeit des VN „stillschweigend“ § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F. abbedungen worden sei. Richtunggebend ist auch das Urteil des OLG München vom 28.5.199361: Dort 28 umschrieb der Versicherungsvertrag unter der Überschrift „Umfang des Versicherungsschutzes – Betriebsbeschreibung“ das Tätigkeitsgebiet des VN mit den Betriebsarten Möbelspedition und Lagerung ohne direkten Umschlag von und zum Schiff. Im Fortgang wurde als versichertes Risiko die gesetzliche und vertragliche Haftpflicht des VN als Betriebsunternehmer aus seinen sich aus der Betriebsbeschreibung ergebenden Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten bezeichnet. Eine solche Beschreibung, so das OLG München,
26
„läßt für einen verständigen und vernünftigen VN nur den Schluß zu, daß er für die Risiken, die er durch seine betriebliche Tätigkeit eingeht, nämlich Möbelspedition und Lagerung, versichert ist. Jede andere Auslegung würde die Anforderungen überziehen, die an das Verständnis eines durchschnittlichen VN zu stellen sind. Unter diesem Blickwinkel ist die Formulierung ‚besonderer Verwahrungsvertrag‘ dahingehend zu verstehen, daß nur Gegenstände, die der VN nicht in seiner Eigenschaft als Betriebsunternehmer, sondern – … – außerhalb des Rahmens seiner sonstigen betrieblichen Tätigkeit in die versicherten Räume aufgenommen hat, vom Versicherungsschutz nicht erfaßt werden“.62
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In diesem Zusammenhang ist weiter zu beachten, dass der VN daraus, dass er sich über den Umfang des Versicherungsschutzes irrt, möglicherweise Schadensersatzansprüche gegen den VR (§ 6 Abs. 5 VVG)63 oder den Vermittler (§ 63 VVG) geltend machen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der VR einen ihm erkennbaren Irrtum des VN nicht korrigiert.64 Schutz wird des Weiteren geboten durch § 305c Abs. 1 BGB, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB und § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.65
57 58 59 60 61 62 63
BGH 25.10.1962 VersR 1963 32, 33. OLG Hamm 15.1.1960 VersR 1960 697, 698. OLG Düsseldorf 1.2.1966 VersR 1967 1189, 1190. BGH 16.10.1968 VersR 1968 1129, 1131. OLG München 28.5.1993 VersR 1993 1517. OLG München 28.5.1993 VersR 1993 1517, 1518. Zurückhaltend Langheid/Wandt/Armbrüster § 6 Rn. 189 f.: VR muss VN nur dann über die Risikoausschlüsse beraten, wenn sie kom
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pliziert und für den VN in ihrer Tragweite nicht verständlich sind. Vgl. BGH 20.6.1963 NJW 1963 1978, 1980; OLG München 3.7.1995 NJWE-VHR 1996 28, 29; OLG Frankfurt/M. 4.12.1986 VersR 1987 579. Vgl. OLG Düsseldorf 21.8.2001 RuS 2003 195, 196; OLG Saarbrücken 29.11.1995 NJW-RR 1996 477, 478; LG München 29.6.1988 RuS 1988 254.
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Ausschlüsse
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VII. Konkludentes Anerkenntnis des VR im Schadensfalle Nicht selten wird in Deckungsprozessen eingewandt, dass der VR auf die Anwendung 30 bestimmter, an sich vertraglich vereinbarter Ausschlussbestimmungen für den konkreten Schadensfall konkludent verzichtet habe. Dabei geht es um die Abgabe eines deklaratorischen Anerkenntnisses, durch das der VR in Kenntnis dessen, dass er sich auf eine bestimmte Ausschlussbestimmung berufen könnte, erklärt, er wolle dessen ungeachtet Deckung gewähren. Rechtskonstruktiv bestehen gegen ein solches bestätigendes Anerkenntnis keine Bedenken (vgl. auch § 103 VVG Rn. 86).66 Ein derartiger Verzicht setzt aber voraus, dass der VR überhaupt von den Tatsachen, die den Ausschlusstatbestand erfüllen, Kenntnis hat. Wenn dem VR also gewisse Tatsachen nicht bekannt sind, so kann er sich auf diese auch noch nach Abgabe eines Anerkenntnisses berufen.67 Im Übrigen erfordert das deklaratorische Schuldanerkenntnis den Abschluss eines Vertrages.68 1. Prüfung der Haftpflichtigkeit des VN Ein Verzicht des VR auf Ausschlüsse ist nicht zu vermuten. Vielmehr ist im Gegenteil 31 davon auszugehen, dass der VR auf seine vertraglichen Rechte nicht verzichten wollte. Allein daraus, dass der VR die Bearbeitung eines Schadensfalles übernimmt und die Ansprüche der Gegenseite als unbegründet zurückweist, darf deshalb nicht auf einen derartigen Verzicht geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn sich diese Vorgänge über einen längeren Zeitraum hinziehen. Es ist zwar als ergänzende Vertragspflicht des VR anzusehen, dass er dem VN sofort „reinen Wein“ einschenkt, indem er den Versicherungsschutz versagt. Zu bedenken ist aber, dass die Rechts- und Sachlage häufig zunächst recht unübersichtlich ist und dass sich demgemäß auch die Frage der Deckung nicht immer sicher beurteilen lässt. Auf der anderen Seite genügt es, den VN in der Weise zu schützen, dass dieser über 32 Schadensersatzgrundsätze bei Verletzung der genannten Verpflichtung so gestellt wird, als wenn der VR die Deckung alsbald abgelehnt hätte (vgl. § 100 VVG Rn. 102 ff.). In aller Regel wird der VN aber keinen ihm aus dem zögerlichen Verhalten des VR erwachsenen Schaden dartun können. Es liegt grundsätzlich auch nicht im Sinne einer abgewogenen Ermittlung der Interessenlage, dass der VN aus einem Fehler des VR Gewinn zieht, wenn ihm kein Schaden erwachsen ist. Wenn der VN allerdings nachweist, dass er etwa ein günstiges Vergleichsangebot des geschädigten Dritten angenommen hätte, wenn er durch eine Ablehnung des VR erfahren hätte, dass er keinen Versicherungsschutz habe, ist die Verpflichtung des VR zum Schadensersatz aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB klar umrissen. Lässt sich der VR auf ein Sachverständigenverfahren ein und behauptet er seine Leis- 33 tungsfreiheit unter Hinweis auf Obliegenheitsverletzungen, so liegt hierin noch kein Ver-
66
Vgl. BGH 19.11.2008 VersR 2009 106, 107; BGH 27.10.1966 VersR 1966 1174; BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 317; OLG Düsseldorf 6.2.1979 VersR 1980 33; Hans. OLG Hamburg 25.10.1973 VersR 1974 463, 464; OLG Köln 10.11.1964 VersR 1965 54; LG Köln 27.2.1985 RuS 1985 164, 165; verfehlt insoweit LG Nürnberg-Fürth 25.2.1959 VersR 1960 241, 243.
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68
OLG Köln 4.2.1965 VersR 1965 751, 752 – für ein ausdrückliches Anerkenntnis; vgl. auch OLG Jena 12.3.2012 U 470/11 (zitiert nach juris). Vgl. nur OLG Hamm 9.4.2013 BeckRS 2013 10194.
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zicht auf den Einwand eines Risikoausschlusses. Diesen kann er noch in der letzten mündlichen Verhandlung erheben. Ebenso liegt in einer bestimmten Begründung einer Ablehnung noch kein Verzicht auf andere als die genannten Einwendungen gegenüber dem Anspruch des VN, und zwar auch dann nicht, wenn ihre Voraussetzungen dem VR bekannt waren.69 2. Befriedigung des Haftpflichtanspruchs
34
Grundsätzlich wird man einen „Verzicht“ des VR auf die Anwendung von Ausschlussbestimmungen anzunehmen haben, wenn er den Schaden abschließend in der Weise reguliert, dass er den Anspruch des Dritten befriedigt. Hier ist ein Bereicherungsanspruch des VR regelmäßig nur dann zuzulassen, wenn neue Umstände tatsächlicher Art nach Abschluss der Regulierung aufgetreten sind. Gleiches gilt, wenn der VR eine Regulierungszusage gegenüber dem Geschädigten macht. Diese ist nach Ansicht des BGH nämlich dahingehend zu verstehen, dass der VR seinem VN gegenüber deckungspflichtig sei und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkenne.70 Die Regulierungszusage stellt nicht nur ein Angebot des VR (im eigenen Namen) auf Abschluss eines Schuldanerkenntnisvertrages mit dem VN über die Deckung, sondern zugleich auch ein an den Geschädigten gerichtetes Angebot (im Namen des VN) auf Abschluss eines Schuldanerkenntnisvertrages über die Haftung dar.71 Erklärt sich der Geschädigte mit dem angebotenen Betrag oder der bereits geleisteten Zahlung nicht einverstanden, kommt ein Schuldanerkenntnisvertrag zwischen VN und Geschädigten über die Haftung des VN nicht zustande.72 Ob eine vom VN erklärte Annahme des Angebots des VR in diesem Fall Wirksamkeit erlangt, hängt davon ab, ob der VN sie vom Zustandekommen des Schuldanerkenntnisvertrages mit dem Geschädigten über die Haftung abhängig gemacht hat (§ 158 BGB). 3. Gewährung von Rechtsschutz im Haftpflichtprozess
35
Die Gewährung von Rechtsschutz im Haftpflichtprozess stellt kein deklaratorisches Anerkenntnis für den nachfolgenden Deckungsprozess dar. Dies folgt daraus, dass der Rechtsschutzanspruch in der Haftpflichtversicherung entsteht und fällig wird mit der Erhebung von Ansprüchen durch den Dritten, die in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallen. Dabei kommt es grundsätzlich auf den Sachverhalt an, den der Dritte behauptet (§ 100 VVG Rn. 29 ff.). Behauptet der Dritte vorsätzliches Verhalten des VN und/oder stützt seinen Anspruch auf Tatsachen, die auf eine vorsätzliche Schadensherbeiführung schließen lassen, so stellt eine vorbehaltlose Abwehrschutzleistung allerdings konkludent einen unwiderruflichen Verzicht auf die Geltendmachung des § 103/Ziff. 7.1 AHB dar. Dieser Verzicht ist in seiner Reichweite freilich auf den Ersatz von Aufwendungen für die Anspruchsabwehr beschränkt (§ 100 VVG Rn. 41 und § 103 VVG Rn. 83). 69
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Vgl. ÖOGH 26.4.1995 VersR 1996 654 zur Betriebsunterbrechungsversicherung; LG Karlsruhe 28.10.1988 zfs 1989 203 (Rechtsschutzversicherung). BGH 19.11.2008 VersR 2009 106, 107; vgl. auch OLG Hamm 9.4.2013 BeckRS 2013 10194 und KG 11.2.2010 12 U 92/09 (zitiert nach juris).
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BGH 19.11.2008 VersR 2009 106, 107; vgl. auch OLG Hamm 9.4.2013 BeckRS 2013 10194 und KG 11.2.2010 12 U 92/09 (zitiert nach juris). BGH 19.11.2008 VersR 2009 106, 107.
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Da der Haftpflichtprozess dem VR erst die Grundlage für die Prüfung seiner Ein- 36 standspflicht im Deckungsverhältnis geben soll, gilt in allen anderen Fällen, dass die Gewährung von Rechtsschutz weder zu einem Ausschluss von Einwendungen noch zu einem Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Frage der Zahlung an die Geschädigten führt.73 Ein stillschweigender „Verzicht“ auf die Anwendung bestimmter Ausschlussbestimmungen kommt erst dann ernsthaft in Betracht, wenn der VR über einen längeren Zeitraum Rechtsschutz gewährt oder gegnerische Ansprüche teilweise befriedigt. Stets sind alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Allgemeine Grundsätze über einen stillschweigenden Verzicht des VR auf die Anwendung bestimmter Ausschlussbestimmungen lassen sich deshalb nicht aufstellen. R. Johannsen hält es als Faustregel für gerechtfertigt, dass der VR, der vorbehaltlos 37 für den VN über zwei Instanzen den Haftpflichtprozess geführt habe, sich – bei unverändertem Sachverhalt – nicht mehr auf das Vorliegen von von Anfang an gegebenen Ausschlussbestimmungen berufen könne und dass ein Gleiches regelmäßig auch schon dann zu gelten habe, wenn der VR bis zur Berufungsbegründung oder Berufungsbeantwortung vorbehaltlosen Rechtsschutz gewährt habe.74 Dies rechtfertigt er überzeugend mit der Überlegung, dass jedenfalls nach Abschluss einer Instanz wieder eine sorgfältige Prüfung des Gesamtkomplexes beim VR vorgenommen werde. Zu Recht will R. Johannsen ausnahmsweise auch schon zu einem früheren Zeitpunkt 38 einen stillschweigenden Verzicht des VR annehmen, wenn sich Verhandlungen mit dem geschädigten Dritten oder ein Prozess in erster Instanz über mehrere Jahre erstreckten. Aus der steten Wiederholung der Interessenwahrnehmung des VN in diesen Verhandlungen und im Prozesse könne ein VN durchaus den berechtigten Eindruck gewinnen, dass der VR – unabhängig von etwaigen Zweifeln über die Versicherungsschutzfrage – eintreten wolle.75 4. Beispiele aus der Rechtsprechung Die Beispiele aus der Rechtsprechung sind überwiegend älteren Datums. Dies lässt den 39 Schluss zu, dass die VR bei Zweifeln über ihre Einstandspflicht Rechtsschutz nur unter Deckungsvorbehalt erbringen, so dass sich die Frage eines etwaigen Verzichts nicht stellt. OLG Hamm 9.4.2013 BeckRS 2013 10194 stellt zutreffend fest, dass es an einem wirksamen Anerkenntnisvertrag fehlt, wenn der Geschädigte sich mit der Zahlung des VR nicht einverstanden erklärt. Selbst wenn man in der Abrechnung ein Angebot auf Abschluss eines Schuldanerkenntnisses sehen wollte, fehlt es an der korrespondierenden Annahmeerklärung durch den Geschädigten. KG 11.2.2010 12 U 92/09 (zitiert nach juris) bejaht ein Anerkenntnis, wenn der VR des Unfallschädigers einzelne Schadenspositionen zu 100 % reguliert, obwohl Streit zwischen den Parteien über die Haftung des Schädigers bestand, weil der Geschädigte nach der Behauptung des Schädigers bei rotem Ampellicht über die Kreuzung gefahren sei. LG Köln 27.2.1985 RuS 1985 164, 165 qualifiziert zu Recht die Formulierung des VR, „daß für die Folgeschäden am Innenputz und den Innenanstrich Versicherungsschutz besteht, soweit diese Schäden nicht notwendige Begleiterscheinung der Nachbesserungsmaßnahmen sind“, als deklaratorisches Anerkenntnis hinsichtlich der Folgeschäden.
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74
Vgl. hierzu OLG Saarbrücken 20.12.2006 zfs 2007 522, 524; OLG Hamm 25.6.1980 VersR 1981 178, 180. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 155.
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Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 155.
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LG Stuttgart 1.12.1956 VersR 1956 791 hat zutreffend entschieden, dass allein darin, dass der VR sich mit der Durchführung der Reparatur eines beschädigten Daches einverstanden erklärte, noch kein „Verzicht“ auf den Einwand aus § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F. gesehen werden könne. OLG Köln 14.1.1955 VersR 1955 138, 140 verneint zutreffend einen „Verzicht“ in einem Fall, in dem der VR zwar veranlasste, dass im Haftpflichtprozess Berufung eingelegt wurde, gleichzeitig aber deutlich zu erkennen gab, dass er nur „vorläufig“ Rechtsschutz bis zur endgültigen Klärung der Deckungsfrage gewähren wolle (Entscheidung zum primären Umfang des Versicherungsschutzes). BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 317 hält es ebenfalls für möglich, dass in dem Gewähren von Rechtsschutz über eine längere Zeit ein bestätigendes Anerkenntnis der Leistungspflicht des VR liegen könne mit der Folge, dass der VR für die Zukunft mit solchen Einwendungen ausgeschlossen bleibe, die er zur Zeit des Anerkenntnisses gekannt habe. Zu einer abschließenden Entscheidung kam es nicht, da nicht feststand, ob der VR in der infrage stehenden Zeit, in der er zunächst Rechtsschutz gewährte (von 1947 bis zum 15.10.1949), bereits Kenntnis von den später erhobenen Einwendungen hatte. OLG Köln 22.11.1940 HansRGZ 1941 A Sp. 229–23276 hat einen stillschweigenden „Verzicht“ des VR in folgendem Falle angenommen: Der VN war Inhaber eines Sandgrubenbetriebes. Am 14.9.1938 rutschte beim Beladen eines LKW eine etwa 20 m hohe Sandwand ab. Dabei fielen Sandmassen auf den Lkw. Dieser Sachverhalt war dem VR von Anfang an bekannt. In seinem Schreiben vom 28.11.1939 an die Gegenseite hatte der VR selbst von einem Sandrutsch gesprochen. Der VR gewährte während der gesamten ersten Instanz Rechtsschutz. Erst mit Schreiben vom 29.8.1939, vier Tage vor Ablauf der Berufungsfrist, stellte sich der VR auf den Standpunkt, dass eine Erdrutschung im Sinne des § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. vorliege. Die Entscheidung ist im Ergebnis zu billigen. Dass ein Sandrutsch eine Erdrutschung darstellen kann, ist so naheliegend, dass der VN das Verhalten des VR nicht anders verstehen konnte als dahin, dass der VR sich bei der besonderen Situation des VN nicht auf § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. berufen wolle.
B. Ausschlusstatbestände I. Vorsatzausschluss (Ziff. 7.1 AHB) 40
Der Vorsatzausschluss in Ziff. 7.1 AHB entspricht der Regelung des § 4 II Ziff. 1 AHB 2002. Abweichend von § 103 VVG ist das Erfordernis der Widerrechtlichkeit nicht enthalten. Ein Unterschied zwischen Ziff. 7.1 AHB und § 103 VVG besteht jedoch nicht, weil nach bürgerlichem Recht der VN nur haftet, wenn der Erfolg objektiv pflichtwidrig/rechtswidrig ist und der VN sich dessen auch bewusst gewesen ist. Ziff. 7.1 AHB setzt deshalb ebenso wie § 103 VVG voraus, dass der VN den pflichtwidrigen/rechtswidrigen Erfolg vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen hat.77 Insoweit wird auf die Kommentierung zu § 103 VVG verwiesen. 41 Mit der Formulierung „aller Personen“ sind nicht nur der/die VN selbst, sondern alle mitversicherten Personen gemeint. Letzteres ergibt sich aus Ziff. 27.1 AHB, wonach alle für den VN geltenden Bestimmungen auch auf mitversicherte Personen Anwendung finden. Soweit sich der Versicherungsschutz auf mehrere VN oder versicherte Personen erstreckt, gilt auch im Rahmen von Ziff. 7.1 AHB der Grundsatz, dass nur derjenige Interesseträger seinen Versicherungsschutz verliert, der vorsätzlich den Schaden her-
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OLG Köln 22.11.1940 HansRGZ 1941 A Sp. 229–232. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.1. AHB Rn. 4; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider
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§ 24 Rn. 50; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 150; zu § 4 II Ziff. 1 AHB a.F. vgl. BGH 28.4.1958 VersR 1958 361, 362; Späte § 4 Rn. 205.
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beiführt, und die Zurechnung des Verhaltens von Mit-VN, versicherten Personen und sonstigen Dritten besonderer Rechtfertigung bedarf (§ 103 Rn. 47 ff.). Zum Ausschluss von Haftpflichtansprüchen wegen Schäden, die unter bewusstem 42 Verstoß gegen gesetzlich, behördlich oder auf anderem Wege begründete Pflichten herbeigeführt worden sind, vgl. die Kommentierung zu Ziff. 6 ProdHM Rn. 11 ff. sowie § 103 VVG Rn. 103.
II. Kenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit von Erzeugnissen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen (Ziff. 7.2 AHB) 1. Sinn und Zweck Ziff. 7.2 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB 2002. Hier wird 43 bestimmt, dass bei dem Inverkehrbringen von Erzeugnissen oder dem Erbringen von Arbeiten oder sonstigen Leistungen die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit der Erzeugnisse, Arbeiten oder Leistungen dem Vorsatz gleichsteht. Dies bedeutet, dass der schädigende Erfolg selbst nicht mit in den Willen aufgenommen zu werden braucht.78 Der Grund für diese Abweichung von § 103 VVG ist in den Beweisschwierigkeiten des VR zu sehen, die sich namentlich bei dem bestimmungsgemäßen Verkauf einer Ware ergeben können.79 Dem VN wird der naheliegende (und meist nicht zu widerlegende) Einwand abgeschnitten, er habe wohl die Schädlichkeit gekannt, aber darauf vertraut, dass kein Schaden eintrete. Dabei kommt es, wie bei Ziff. 7.1 AHB/§ 103 VVG, nur auf die positive Kenntnis des VN selbst, der versicherten Personen oder ihrer Repräsentanten an.80 Grob fahrlässige Unkenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit lässt den Versicherungsschutz unberührt.81 2. Anwendungsbereich a) Auslegung zu § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB 2002. In § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB 2002 hieß es 44 noch „Lieferung und Herstellung von Waren, Erzeugnissen oder Arbeiten“. Diese Begriffe wurden umfassend verstanden. Nicht nur Lebensvorgänge aus dem Bereich des Handels und der Fabrikation, sondern auch (geistige) Leistungen anderer Berufe, wie z.B. die des Architekten, wurden erfasst, soweit es sich dabei um mangelhafte oder schädliche Sachen handelte. Eine Anwendung dieser Klausel auf die Vermietung mangelhafter Räume lehnte die Rechtsprechung (zu Recht) mit der Begründung ab, die Vermietung unterscheide sich rechtlich und wirtschaftlich von den Geschäften des Waren- und Dienstleistungsverkehrs.82 78
79 80
Vgl. BGH 26.1.1961 VersR 1961 265, 266; BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 317; OLG Karlsruhe 20.3.2003 RuS 2003 281 = VersR 2003 987, 988; OLG Koblenz 15.1.1999 RuS 2000 192, 193 jew. zu § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB; ÖOGH 24.10.1974 VersR 1976 54, 55; ÖOGH 7.11.1973 VersR 1975 75. OGHBrZ 10.2.1950 NJW 1950 543, 544; Süß VersR 1950 84, 85. Vgl. OLG Koblenz 13.1.2006 BeckRS 2006 15162; OLG Karlsruhe 20.3.2003 RuS 2003 282, 283.
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BGH 26.1.1961 VersR 1961 265, 266; BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 317; OLG Karlsruhe 20.3.2003 RuS 2003 282, 283; OLG Stuttgart 5.5.1994 RuS 1994 451, 452 = VersR 1995 1229, 1230; vgl. ÖOGH 24.10.1974 VersR 1976 54, 55; ÖOGH 7.11.1973 VersR 1975 75. BGH 29.11.1972 NJW 1973 284, 285; BGH 18.1.1965 NJW 1965 755, 757 = VersR 1965 325, 327; a.A. E. Prölss VersR 1965 328, der sich für eine entsprechende Anwendung der Kenntnisklausel auf die Vermietung von
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Nach Ansicht des OLG Koblenz war die Bezugnahme auf „Arbeiten“ unklar, weil darunter verstanden werden könne „bei der Lieferung oder Herstellung von Arbeiten“ oder aber „bei Arbeiten“.83 Es hat deshalb die Anwendung der Kenntnisklausel auf die Durchführung von Werkarbeiten an einem Grundstück und dort befindlichen Baulichkeiten abgelehnt. Diese Unklarheit ist durch die Neufassung in Ziff. 7.2 AHB beseitigt worden, die zwischen dem Inverkehrbringen von mangelhaften oder schädlichen Erzeugnissen und dem Erbringen von mangelhaften oder schädlichen Arbeiten oder sonstigen Leistungen unterscheidet.84 b) Inverkehrbringen von Erzeugnissen
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aa) Begriff des Erzeugnisses. Der Begriff des Erzeugnisses ist in den AHB nicht erläutert. Im Gesetz hat er Eingang in § 99 Abs. 1 BGB und kennzeichnet dort die „Frucht einer Sache“. Das sind alle natürlichen Tier- und Bodenprodukte.85 Ein solches Begriffsverständnis ist angesichts des weiten Anwendungsbereichs der AHB zu eng, da die AHB nicht nur der Versicherung von Betrieben, die Früchte i.S.v. § 99 Abs. 1 BGB gewinnen, zugrunde liegen. Unter dem Begriff „Erzeugnis“ fallen deshalb nicht nur Früchte einer Sache, sondern alle körperlichen Gegenstände i.S.v. § 90 BGB. Da Tierjungen, z.B. von den Muttertieren geworfene Kälber, Fohlen, Lämmer und die von der Henne ausgebrüteten Kücken, als Tierprodukte gelten86, sind grundsätzlich auch (lebende) Tiere als Erzeugnisse i.S.v. Nr. 7.2 AHB anzusehen (vgl. auch Ziff. 1 ProdHM Rn. 9 f.).87
47
bb) Begriff des Inverkehrbringens. Der Begriff des Inverkehrbringens findet sich in § 1 Abs. 2 ProdHaftG. Nach der Rechtsprechung zu § 1 Abs. 2 ProdHG liegt ein Inverkehrbringen stets vor, wenn sich der Hersteller willentlich der tatsächlichen Herrschaftsgewalt über das Erzeugnis begibt.88 Ausnahmsweise liegt ein Inverkehrbringen auch dann vor, wenn das Erzeugnis die Herrschaftssphäre des VN nicht verlassen hat, weil es sich um ein Erzeugnis handelt, das gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass sich die Person, für die es bestimmt ist, selbst in diese Herrschaftssphäre begeben muss (zu näheren Einzelheiten zum Begriff des Inverkehrbringens s. Ziff. 1 ProdHM Rn. 11 ff.).89 Soweit es das Inverkehrbringen betrifft, ist eine Einschränkung geboten. Hier findet 48 Ziff. 7.2 AHB angesichts der Orientierung der Auslegung an § 1 Abs. 2 ProdHaftG nur dann Anwendung, wenn der VN eine von ihm selbst hergestellte (neue) Sache veräußert (oder verschenkt). Keine Anwendung findet Ziff. 7.2 AHB auf den Fall, dass der VN die (mangelhafte oder schädliche) Sache von einem Dritten erworben hat und weiter-
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Sachen aussprach, wenn der VN den schadenauslösenden Mangel der vermieteten Sache schon bei Abschluss des Mietvertrages oder bei Übergabe der Sache an den Mieter gekannt habe. OLG Koblenz 13.1.2006 VersR 2007 787, 788; OLG Koblenz 25.6.1993 RuS 1994 9, 10. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 12; nach Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.2 Rn. 17 ist auch nach der Neufassung unklar, was unter der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit der Erbringung von Arbeiten zu verstehen sein soll.
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MüKo-BGB/Stresemann § 99 Rn. 2; Staudinger/Jickeli/Stieper Neubearb. 2011 § 99 Rn. 6 f. MüKo-BGB/Stresemann § 99 Rn. 2; Staudinger/Jickeli/Stieper Neubearb. 2011 § 99 Rn. 7. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 Rn. 17; zu § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB OLG Nürnberg 10.1.1964 VersR 1965 225. EuGH 9.2.2006 EuZW 2006 184, 185; EuGH 10.5.2001 NJW 2001 2781, 2178. EuGH 10.5.2001 NJW 2001 2781, 2782.
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veräußert (oder verschenkt).90 Hier hat nur der Hersteller die Sache durch Lieferung an den VN oder – soweit ein Verkauf über eine Kette von Vertriebsunternehmen hinweg erfolgte – an den ersten Vertriebspartner in den Verkehr gebracht. Ziff. 7.2 AHB schließt somit – abweichend von § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB 2002 – nur noch Ansprüche aus, die gegen den Hersteller (mangelhafter oder schädlicher) Sachen geltend gemacht werden. Entsprechendes gilt für Tiere. Diese Auslegung dürfte dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem allgemeinen 49 Sprachverständnis entsprechen und ist somit auch bei der Auslegung von Ziff. 7.2 AHB zugrunde zu legen. Werden bewusst mangelhafte oder schädliche Erzeugnisse gegen den Willen des Herstellers aus seinem Herrschaftsbereich entfernt, sind sie deshalb nicht in den Verkehr gegeben und Ziff. 7.2 AHB findet keine Anwendung (s. Ziff. 1 ProdHM Rn. 14).91 Soweit ein Erzeugnis die Herrschaftssphäre des VN nicht verlassen hat, kann es zu einer Überschneidung zwischen dem Inverkehrbringen und dem Ausschluss bei Kenntnis von der Mangelhaftigkeit/Schädlichkeit von Arbeiten oder sonstigen Leistungen kommen. So liegt der Fall, wenn das im Rahmen einer medizinischen Behandlung benutzte fehlerhafte Erzeugnis im Krankenhaus selbst hergestellt worden ist und Schäden z.B. bei Patienten verursacht (vgl. Ziff. 1 ProdHM Rn. 12). c) Erbringen von Arbeiten oder sonstigen Leistungen. Unter den Begriff „Arbeiten 50 und sonstigen Leistungen“ i.S.v. Ziff. 7.2 AHB fallen alle Leistungen, die im Rahmen eines Werk-, Geschäftsbesorgungs- oder Dienstvertrages erbracht werden können. Die Vermietung einer Sache lässt sich nicht unter den Begriff „sonstige Leistungen“ subsumieren, weil die Voranstellung des Begriffs „Arbeiten“ die Annahme nahelegt, dass es sich bei den nachfolgend aufgeführten „sonstigen Leistungen“ um ähnliche Leistungen handelt, also um solche, bei denen der VN eine Tätigkeit entfaltet.92 3. Kenntnis von deren Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit a) Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit. Nach Späte und Wussow kommt den Begrif- 51 fen „Mangelhaftigkeit“ bzw. „Schädlichkeit“ keine unterschiedliche Bedeutung zu, da ein Mangel immer nur dann versicherungsrechtlich bedeutsame Ansprüche zur Folge haben könne, wenn er zu einem Schaden führe.93 Dieser Ansicht ist insoweit zu folgen, als Erzeugnisse, Arbeiten oder sonstige Leistungen, die schädliche Wirkungen haben, stets auch als mangelhaft anzusehen sind, wobei sich die schädliche Wirkung im Hinblick auf die nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB versicherten Schäden nicht auf reine Vermögensschäden beschränken darf, sondern auf Personen oder Sachen beziehen muss. Der Ausschluss ist nicht auf Schäden beim Vertragspartner des VN beschränkt. Bei der Auslegung des Begriffes der Schädlichkeit wird von der Rechtsprechung darauf 52 abgestellt, ob „die Ware bei üblichem oder bestimmungsgemäßem Verbrauch [oder Gebrauch] auch unter gewöhnlichen Umständen, nicht nur beim Zusammentreffen besonderer Umstände, eine schädigende Wirkung haben kann“ 94. Diese Voraussetzungen
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Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 13. EuGH 9.2.2006 EuZW 2006 184, 185; EuGH 10.5.2001 NJW 2001 2781, 2178. OLG München 7.10.2011 RuS 2012 484, 485. Späte § 4 Rn. 214: Pleonasmus; Wussow § 4 Anm. 82; Littbarski AHB § 4 Rn. 391.
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BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 317; BGH 15.12.1951 VersR 1952 64; OLG Hamm 2.12.1992 RuS 1993 294; OGHBrZ 10.2.1950 NJW 1950 543, 544 zu § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB.
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seien, so der BGH, bei einer brennbaren Flüssigkeit dann nicht gegeben, wenn der Abnehmer die Brennbarkeit kenne. Dann setze der übliche und bestimmungsgemäße Verbrauch der Flüssigkeit voraus, dass bei ihm auch die erforderlichen und für solche brennbaren Flüssigkeiten vorgeschriebenen Feuerverhütungsvorschriften beachtet würden, sodass damit eine schädigende Wirkung vermieden werde.95 Bekomme der Abnehmer die Flüssigkeit hingegen unter Umständen geliefert, die in 53 ihm die Vorstellung erwecken, dass sie völlig unbrennbar sei, entspreche es ihrem üblichen und bestimmungsgemäßen Verbrauch, wenn hierbei, wie auch sonst bei unbrennbaren Flüssigkeiten, die arbeits- und betriebserschwerenden Feuerverhütungsvorschriften nicht beachtet würden. Damit werde die brennbare Flüssigkeit zu einer schädlichen, weil dann der Umgang mit ihr auch unter gewöhnlichen Umständen eine schädigende Wirkung haben könne.96 Die Schädlichkeit von Erzeugnissen kann sich somit auch daraus ergeben, dass der VN es unterlässt, Hinweise zum gefahrlosen Gebrauch/Verbrauch zu geben. Arbeiten können schädliche Wirkung entfalten, wenn der VN vertragswidrig Maschinen einsetzt.97 Unberücksichtigt bleiben nur solche Umstände, mit denen der VN nicht rechnen konnte.
54
b) Kenntnis. Kenntnis von der Mangelhaftigkeit/Schädlichkeit ist gegeben, wenn der VN weiß, dass das Erzeugnis bei bestimmungsgemäßem Ge- oder Verbrauch oder die Arbeiten auch unter gewöhnlichen Umständen, nicht nur bei Zusammentreffen außergewöhnlicher Umstände, eine schädigende Wirkung haben können.98 Der Kenntnis von der Mangelhaftigkeit/Schädlichkeit steht gleich, wenn der VN Erdarbeiten statt von Hand vertragswidrig mit Maschinen ausführt und dabei einer von den Gegenständen beschädigt wird, die durch die Abrede „von Hand“ gerade geschützt werden sollten.99 Kein bewusst pflichtwidriges Verhalten ist beim Schallschutznachweis eines Statikers 55 anzunehmen, wenn die Mindestvoraussetzungen der BauO eingehalten sind. Ist ein höherer Schallschutz längst üblich, gilt dies jedenfalls dann, wenn er den Architekten darauf hingewiesen hat.100 Die Kenntnis der Schädlichkeit bei einem zum Zwecke des Alkoholgenusses gelieferten Getränk ist gegeben, wenn der VN zwar den Empfänger vor dem Genuss der üblichen Menge warnt, aber weiß, dass der Verbrauch der üblichen Menge gesundheitsschädlich ist.101 Oftmals wirkt sich die Mangelhaftigkeit/Schädlichkeit von Produkten nicht zur glei56 chen Zeit aus, so z.B. bei Serienschäden als Folge von Konstruktionsfehlern. Hier stellt sich die Frage, von welchem Zeitpunkt an man die Kenntnis des VN von der Mangelhaftigkeit oder der Schädlichkeit annehmen muss. Die bloße Kundenreklamation wird man allein noch nicht als maßgeblich ansehen können, da Reklamationen auch unbegründet sein können. Jedoch besteht für den VN die Pflicht, den Reklamationen nachzugehen, soweit sie ihrem Inhalt nach begründet erscheinen.102 Stellt der VN im Rahmen der Überprüfung die Mangelhaftigkeit/Schädlichkeit fest, liegt Kenntnis vor, auch wenn er die genaue Ursache der Mangelhaftigkeit oder der Schädlichkeit nicht ermittelt hat.103 Geht der VN den Reklamationen bewusst nicht nach, obwohl er angesichts des Inhalts
95 96 97 98 99
BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 317. BGH 27.6.1953 VersR 1953 316, 317. OLG München 1.7.1986 VersR 1987 755, 756. Vgl. OLG Hamm 2.12.1992 RuS 1993 294; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.2 Rn. 4. OLG München 1.7.1986 VersR 1987 755.
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100 101 102 103
OLG Karlsruhe 18.9.2003 VersR 2004 505, 506. BGH 15.12.1951 VersR 1952 64. Späte § 4 Rn. 216. Späte § 4 Rn. 216; Littbarski AHB § 4 Rn. 392.
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der Reklamationen mit der Mangelhaftigkeit oder der Schädlichkeit rechnen musste, greifen die zur Vornahme einer Gefahrerhöhung gem. § 23 VVG entwickelten Grundsätze ein, wonach es der Kenntnis gleichsteht, wenn sich der VN ihr „arglistig entzieht“.104 4. Kausalität Zur Anwendung von Ziff. 7.2 AHB ist erforderlich, dass die Mangelhaftigkeit/Schäd- 57 lichkeit für den Schaden ursächlich war.105 5. Beweislast Das Vorliegen des Ausschlusstatbestands und damit die Kenntnis von der Mangelhaf- 58 tigkeit/Schädlichkeit muss der VR darlegen und beweisen.106 Wegen der Gleichsetzung mit der vorsätzlichen Schadensherbeiführung stellt die Rechtsprechung wie bei anderen Klauseln, die bei einem bewussten/wissentlichen Pflichtverstoß einen subjektiven Risikoausschluss begründen107, hohe Anforderungen an die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit/Schädlichkeit.108 Eine Beweisführung durch Anscheinsbeweis kommt nicht in Betracht.109 Zulässig ist es jedoch, aufgrund festgestellter äußerer Tatsachen im konkreten Fall im Wege der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) Schlüsse auf die Bewusstseinslage und Willensbildung eines Täters zu ziehen.110 Zu Haftpflichtansprüchen wegen der Übertragung von Krankheiten s. Ziff. 7 AHB 59 Rn. 431 ff. 6. Geltung von Ziff. 7.2 AHB in der Privathaftpflichtversicherung Die zu § 4 II Ziff. 1 S. 2 AHB a.F. ergangene Rechtsprechung bezieht sich auf Lebens- 60 vorgänge aus dem gewerblichen und (frei-)beruflichen Bereich. In der Literatur bestand wegen der Begriffe „Herstellung“ und „Lieferung“ weitgehend Einigkeit darüber, dass die Kenntnisklausel auf den Privatrechtsverkehr und damit auf die Privathaftpflichtversicherung keine Anwendung finde.111 Fraglich ist, ob Ziff. 7.2 AHB sich ebenfalls nur auf die gewerbliche oder berufliche Sphäre bezieht. Büsken verneint dies unter Hinweis auf den geänderten Wortlaut.112 Für die Alternative des Erbringens von Arbeiten oder sonstigen Leistungen, auf das 61 sich das von ihm gewählte Beispiel des privathaftpflichtversicherten VN bezieht, der einmalig und ohne Wiederholungsabsicht eine vertragliche Schwarzarbeit in Kenntnis von deren Mangelhaftigkeit verrichtet, trifft das ohne Einschränkung zu. Soweit es das Inver-
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Vgl. nur BGH 26.5.1982 NJW 1983 121, 122 m.w.N. Späte § 4 Rn. 215; Kuwert Rn. 4163 f. OLG Karlsruhe 20.3.2003 RuS 2003 282, 283; OLG Stuttgart 5.5.1994 RuS 1994 451, 452 = VersR 1995 1229, 1230. Vgl. BGH 26.9.1990 RuS 1991 45, 46 = VersR 1991 176, 177. OLG Karlsruhe 20.3.2003 RuS 2003 282, 283; OLG Stuttgart 5.5.1994 RuS 1994 451, 452 = VersR 1995 1229, 1230; OLG Hamm 2.12.1992 RuS 1993 294.
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BGH 4.5.1988 VersR 1988 683; OLG Karlsruhe 20.3.2003 RuS 2003 282, 283. BGH 9.11.1977 VersR 1978 74, 75; OLG Karlsruhe 20.3.2003 RuS 2003 282, 283; OLG Karlsruhe 16.6.1994 RuS 1995 408, 409. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 228; Littbarski AHB § 4 Rn. 389; Späte § 4 Rn. 214; Wussow § 4 Anm. 81. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 154; a.A. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 13.
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kehrbringen von mangelhaften oder schädlichen Sachen betrifft, ist der – allerdings nicht auf privathaftpflichtversicherte VN beschränkte – Hinweis geboten, dass Ziff. 7.2 AHB nur dann Anwendung findet, wenn der VN eine von ihm selbst hergestellte (neue) Sache veräußert oder verschenkt (s. hierzu Rn. 49).
III. Über die gesetzliche Haftpflicht hinausgehende vertragliche Ansprüche (Ziff. 7.3 AHB) Schrifttum Nickel/Nickel-Fiedler Technische Verträge – Deckungsschädlich in der Betriebs-Haftpflichtversicherung? RuS 2011 459 ff.
1. Anwendungsbereich
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Ziff. 7.3 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 I Ziff. 1 AHB 2002. Der Ausschluss erfasst vornehmlich die Vertragshaftung. Konkurrieren außervertragliche Schadensersatzansprüche (z.B. aus §§ 823 ff. BGB) mit vertraglichen und erstrecken sich die Abreden auch auf die außervertraglichen Schadensersatzansprüche, ergreift der Ausschluss aber auch letztere. Ein Nebeneinander von vertraglicher und außervertraglicher Haftung kommt u.a. bei Lieferbeziehungen zwischen Zulieferer und Hersteller, bei der Lieferung von Maschinen sowie im Bereich des Werk- und Mietvertragsrechts in Betracht. 2. Zum Begriff der über den gesetzlichen Umfang hinausgehenden Haftung
63
Da nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB der VR nur Versicherungsschutz für die Inanspruchnahme aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gewährt, kommt dem Ausschluss von Ansprüchen, soweit sie aufgrund Vertrages oder Zusagen über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des VN hinausgehen, nur deklaratorische Bedeutung zu.113 Hier wie dort geht es darum, das Haftpflichtrisiko für den VR kalkulierbar(er) zu machen. Die Einstandspflicht des VN soll sich allein nach dem Gesetz und nicht nach den Vereinbarungen der Parteien bestimmen, m.a.W. soll die Haftpflicht der Parteiwillkür entzogen werden.114 64 Über die gesetzliche Haftpflicht hinausgehende Haftungsverschärfungen bedürfen des besonderen Einschlusses in die Deckung. Die in Ziff. 7.3 AHB verwendeten Begriffe „Vertrag“ und „Zusage“ sind gleichzusetzen.115 Weder die Wahl einer ausländischen Rechtsordnung noch das mangels Rechtswahl nach Art. 4 ff. Rom I-VO anzuwendende Recht beeinträchtigen den Versicherungsschutz des VN.116 Deckung besteht deshalb auch dann, wenn das durch Parteivereinbarung zur Anwendung kommende Recht eine schärfere Haftung vorsieht als dasjenige Recht, das ohne entsprechende Vereinbarung zur Anwendung gekommen wäre. 65 Wird aber die zur Anwendung gelangende ausländische Rechtsordnung durch Parteivereinbarung verschärfend ergänzt – z.B. durch Vereinbarung einer sonst nicht vorgesehenen verschuldensunabhängigen Haftung –, besteht insoweit kein Versicherungs113
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 18; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 158; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 15.
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Späte § 4 Rn. 1. Späte § 4 Rn. 1. Vgl. Späte § 4 Rn. 13.
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schutz.117 Soweit der VN mit dem geschädigten Dritten nach Eintritt des Versicherungsfalles ohne Zustimmung des VR eine Rechtswahl zugunsten ausländischen Rechts trifft, das eine über die Haftung nach deutschem Recht hinausgehende Haftung vorsieht, verletzt er seine Obliegenheit zur Schadensminderung gem. Ziff. 25.2 S. 1 AHB. 3. Abgrenzung zwischen erhöhten Vertragspflichten und der Vereinbarung einer erhöhten Haftung Zu unterscheiden von der Vereinbarung einer über den gesetzlichen Umfang der Haf- 66 tung hinausgehenden Haftpflicht des VN sind Abreden, die den Kreis der Pflichten des VN erweitern oder ergänzen, ohne dabei die gesetzlichen Haftungsmaßstäbe selbst zu verändern. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Vertragspflichten fallen grundsätzlich in den Deckungsbereich der Haftpflichtversicherung, soweit nicht ein sonstiger Ausschluss eingreift. a) Kaufvertrag aa) Beschaffenheitsgarantie i.S.v. §§ 442, 444, 445 i.V.m. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. 67 Beschaffenheitsangaben i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB lassen die Deckung unberührt, weil der Verkäufer für das Vorhandensein einer vereinbarten Beschaffenheit nur bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit auf Schadensersatz haftet und insoweit der Haftungsmaßstab unberührt bleibt.118 Davon abzugrenzen ist die Beschaffenheitsgarantie nach §§ 442, 444, 445 BGB i.V.m. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB,119 bei der der Verkäufer für das Vorhandensein der Beschaffenheitsmerkmale verschuldensunabhängig haftet. Dies schließt Schadensersatzansprüche neben der Leistung nach §§ 437 Ziff. 3, 280 Abs. 1 BGB ein, die grundsätzlich Vertretenmüssen voraussetzen.120 Die Vereinbarung einer Beschaffenheitsgarantie ändert somit den Haftungsmaßstab im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung. bb) Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantie i.S.v. § 443 BGB. Ebenso wenig be- 68 steht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche, die an eine Beschaffenheitsgarantie oder Haltbarkeitsgarantie i.S.d. § 443 Abs. 1 BGB anknüpfen, da „dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie zu den in der Garantieerklärung angegebenen Bedingungen“ zustehen. Während sich die Beschaffenheitsgarantie auf das Vorhandensein einer vereinbarten Beschaffenheit im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bezieht, verspricht der Verkäufer bei einer Haltbarkeitsgarantie, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behalten wird.121 cc) Sonstige Garantien. Schließlich besteht auch keine Deckung für sonstige (selbst- 69 ständige) Garantien, die über die Mängelfreiheit der Kaufsache hinausgehen und insoweit ihre Grundlage außerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsrechte haben.122 Als Bei-
117 118 119
Vgl. Späte § 4 Rn. 28. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 164. Vgl. BGH 12.3.2008 NZV 2008 344, 345; BGH 29.11.2006 BGHZ 170 86, 91 = NJW 2007 1346, 1348; Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 463; Braunschmidt/Vesper JuS 2011 393, 394.
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HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 15; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 164; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 55. Vgl. Bamberger/Roth/Faust § 443 Rn. 9; MüKo-BGB/H. P.Westermann § 434 Rn. 8 f. MüKo-BGB/H. P. Westermann § 443 Rn. 3; Bamberger/Roth/Faust § 443 Rn. 11 f.
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spiel hierfür sei der Fall aufgeführt, dass ein Hersteller dem Produkt eine Garantiekarte beigibt und auf diese Weise ein Garantievertrag zwischen Hersteller und Endkunden zustandekommt.
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b) Werkvertrag. Beim Werkvertrag ist zu unterscheiden zwischen der Beschaffenheitsvereinbarung (§ 633 Abs. 2 S. 1 BGB), der (unselbstständigen) Beschaffenheitsgarantie, bei der der Unternehmer die Garantie dafür übernimmt, dass sein Werk über eine bestimmte Beschaffenheit verfügt oder bestimmte Fehler nicht auftreten (§ 639 i.V.m. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB), und der hiervon abgelösten (selbstständigen) Garantie, für die nicht die Regeln des Werkvertragsrechts gelten.123 Für Schadensersatzansprüche, die an eine unselbstständige Beschaffenheitsgarantie oder eine selbstständige Garantie anknüpfen, besteht keine Deckung.
71
c) Mietvertrag. Beim Mietvertrag haftet der Vermieter nach § 536a Alt. 1 BGB verschuldensunabhängig wegen eines anfänglichen Mangels der vermieteten Sache, der zu einem Personen- oder Sachschaden geführt hat. Da das Gesetz eine verschuldensunabhängige Haftung vorsieht, greift der Ausschluss nicht ein.124 Bei nachträglichen Mängeln ist dagegen für die Haftung ein Verschulden des Vermieters erforderlich. In dieser Konstellation kommt der Ausschluss zum Tragen, wenn der Schadensersatzanspruch auf dem Nichtvorhandensein einer zugesicherten Eigenschaft i.S.v. § 536 Abs. 2 BGB beruht und die Auslegung ergibt, dass der Vermieter für das Vorhandensein der zugesicherten Eigenschaft unabhängig vom Verschulden Gewähr übernehmen wollte.125
72
d) Übernahme vertraglicher Verpflichtungen und Haftungsübernahme. Übernimmt der VN vertraglich, z.B. als Mieter, die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten, die einem Dritten (Vermieter) obliegen, liegt darin keine Erweiterung der gesetzlichen Haftung. Vielmehr verpflichtet sich der VN vertraglich, für den ordnungsgemäßen Zustand einer Sache zu sorgen. Erst an diese tatsächlich bestehende Verpflichtung knüpft die unmittelbare Haftung gegenüber dem Dritten an. In einer solchen Konstellation kann der Versicherungsschutz aber daran scheitern, dass die vertragliche Übernahme der Verkehrssicherungspflicht nicht vom versicherten Risiko umfasst wird (und kein Vorsorgeversicherungsschutz besteht).126 Übernimmt der VN von dem Dritten nicht die Erfüllung der Pflichten, sondern nur 73 dessen Haftung für den Fall, dass der Dritte seine Pflichten nicht erfüllt, liegt eine vertragliche Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) fremder Haftpflicht vor, die auf Freistellung gerichtet ist. Für diese Verpflichtung des VN besteht kein Versicherungsschutz, da es sich um einen auf Erfüllung gerichteten Anspruch des Dritten handelt. Soweit der VN seine Pflicht zur Befreiung verletzt und deshalb der Dritte selbst den Anspruch seines Gläubigers erfüllt, ist der VN zur Ersatzleistung an den Dritten verpflichtet. Diese Verpflichtung ergibt sich entweder – stillschweigend – aus der vertraglichen Abrede der Parteien, aus
123 124
125
Vgl. Bamberger/Roth/Voit § 634 Rn. 14 f. Vgl. BGH 18.1.1965 BGHZ 43 88, 89 = NJW 1965 755, 756; LG Detmold 7.1.1958 NJW 1958 793, 793. Vgl. Späte § 4 Rn. 12; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 19 zu § 463 BGB a.F.; Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 463; J. Prölss VersR 1967 432, 435 zu § 463 BGB
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a.F.; a.A. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 160. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 161; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 18; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 54; Späte § 4 Rn. 4 (der bei „privativer“ Pflichtübernahme aber den Ausschluss eingreifen lassen will).
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§ 670 oder aus einem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 275, 280, 283).127 Unabhängig davon, worauf man den Anspruch auf Ersatzleistung stützt, handelt es sich dabei um ein Erfüllungssurrogat oder steht einem solchen gleich (§ 670 BGB, vgl. Ziff. 1 AHB Rn. 44), sodass keine Deckung besteht. e) Konzeptverantwortungsvereinbarungen. Vom Ausschlusstatbestand der Ziff. 7.3 74 AHB sind auch sog. Konzeptverantwortungsvereinbarungen zwischen Herstellern und Zulieferern umfasst, soweit die vertraglich vereinbarte Konzeptverantwortungs- und daraus resultierende Haftungsquote die gesetzliche Haftung des Lieferanten übersteigt.128 4. Kausalität Ziff. 7.3 AHB lässt den VR nur in dem Umfang leistungsfrei werden, in dem der 75 Anspruch aufgrund der Vereinbarung dem Grund und/oder der Höhe nach über die gesetzliche Haftpflicht hinausgeht. Insoweit ist stets ein Vergleich der Haftung auf Grundlage des Gesetzes mit derjenigen aufgrund der Vereinbarung anzustellen. Dies kann bei der Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Haftung oder Beweislastumkehr zum vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes, bei der Vertragsstrafe (Rn. 83) zu einer Reduktion des Anspruchs auf Versicherungsschutz führen. Dabei ist stets zu beachten, dass Ziff. 7.3 AHB nur eingreift, wenn die vertragliche Abrede wirksam ist. 5. Beispiele Vereinbarungen, die über die gesetzliche Haftpflicht hinausgehen, finden sich regel- 76 mäßig in Rahmenlieferverträgen und Qualitäts-Sicherungs-Vereinbarungen, teilweise in Allgemeinen Einkaufs- oder Lieferbedingungen, Konsignationslagerverträgen und Werkzeugbeistellverträgen.129 a) Abbedingung von § 377 HGB. Ein ausdrücklicher Verzicht des Lieferanten auf 77 den Einwand der verspäteten Mängelanzeige ist deckungsschädlich, soweit er Ansprüche aus Vertrag betrifft. Ebenfalls deckungsschädlich ist ein verhüllter Verzicht z.B. durch Vereinbarung, dass die Gewährleistung und Haftung für die Produkte des Lieferanten dem Werkvertragsrecht unterliegen.130 Für Werkverträge gilt die Rügeobliegenheit des Abnehmers nach § 377 HGB nicht. Sowohl die Ausdehnung der Frist zur Mängelanzeige („unverzüglich“) als auch der zur Untersuchung („unverzüglich“) ist deckungsschädlich, da sich die (Gesamt-)Frist des § 377 Abs. 1 HGB für die Mängelanzeige aus der Frist für die Untersuchung und die daran anschließende (Abfassung der) Mängelanzeige zusammensetzt.131
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Vgl. Staudinger/Jagmann § 329 Rn. 20; Soergel/Hadding § 329 Rn. 16. Rüffer/Halbach/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 16; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 4; vgl. Beispiel für Konzeptverantwortungsvereinbarung bei Nickel/ Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 462: „Der Lieferant nimmt teil am System der Konzept-Verantwortungs-Vereinbarung (KVV) und wird mit dem Kunden eine Konzept-
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Verantwortungs-Quote (KVQ) abstimmen.“; zu solchen Vereinbarungen s. ferner Lenz PHi 2008 164 ff.) Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 460, die diese Art von Verträgen unter den Begriff „Technische Verträge“ zusammenfassen. Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 460. Vgl. Oetker/R. Koch HGB 3. Aufl. (2013), § 377 Rn. 35.
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b) Verlängerung der Verjährungsfrist. Nach h.M. ist die Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist haftungserweiternd und damit deckungsschädlich (z.B. auf 60 Monate ab Wareneingang beim Auftraggeber).132 Gleiches muss dann auch für Vereinbarungen gelten, die die Verjährungsfrist später beginnen lassen, als nach dem Gesetz vorgesehen.133 Demgegenüber vertritt Lücke die Ansicht, Ziff. 7.3 AHB sei nicht zu entnehmen, dass neben den materiellen Grundlagen der Haftung auch die der zeitlichen Durchsetzung des Anspruches gemeint sein könnten. Der Umfang der gesetzlichen Haftpflicht, auf die die Klausel allein abhebe, werde durch die Dauer ihrer Durchsetzbarkeit nicht berührt. Jedenfalls sei eine solche Auslegung möglich und deshalb zulasten des VR maßgeblich (§ 305c Abs. 2 BGB).134 Diese Ansicht verdient Zustimmung. Zwar ist die Verjährung als materiell-rechtliche Einrede ausgestaltet.135 Wenn und 79 soweit man mit der hier vertretenen Ansicht Ziff. 7.3 AHB wegen Ziff. 1.1 S. 1 AHB nur deklaratorische Bedeutung beimisst, kann es jedoch auf die Durchsetzbarkeit des Anspruchs zur Bestimmung des Umfangs der gesetzlichen Haftung nicht ankommen, weil die Durchsetzbarkeit im Rahmen von Ziff. 1.1 S. 1 AHB keine Rolle spielt. Nach Ziff. 1.1 S.1 AHB kommt es allein auf die Inanspruchnahme seitens des Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen an. In Betracht kommt allenfalls eine Verletzung der Obliegenheit zur Schadensminderung gem. Ziff. 25.2 S. 1 AHB, wenn der VN nach Eintritt des Versicherungsfalles einer Verlängerung der Verjährungsfrist zustimmt.136 Auch eine solche wird man im Ergebnis verneinen müssen, da die Wertung des § 105 VVG zu berücksichtigen ist. Die Freiheit des VN, den Haftpflichtanspruch anzuerkennen oder zu befriedigen, darf 80 nach dieser Vorschrift nicht durch versicherungsvertragliche Sanktionen eingeschränkt werden. Der VR kann sich deshalb nicht auf den Ausschluss gem. Ziff. 7.3 AHB berufen, wenn die Verjährungsfrist gem. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB infolge des Anerkenntnisses neu beginnt (§ 105 VVG Rn. 23). Nichts anderes kann für den Fall gelten, dass anstelle einer einseitigen Anerkenntniserklärung des VN eine (zweiseitige) Vereinbarung zwischen VN und VR tritt, die in ihren verjährungsrechtlichen Wirkungen nicht über ein Anerkentnis hinausgeht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn VN und Geschädigter zum Nachteil des VR kollusiv zusammenwirken, um unbegründete Haftpflichtansprüche zu verfolgen. Ziff. 7.3 AHB greift im Übrigen auch dann nicht ein, wenn der VN vereinbart, dass 81 die Gewährleistungsfrist für die als Ersatz von fehlerhaften Teilen gelieferten Austauschteile oder für die ohne Austausch instand gesetzten Teile nach Einbau oder Instandsetzung stets neu beginnt.137 Diese Rechtsfolge entspricht § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
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c) Freistellungen. Vereinbart der Lieferant (VN) mit seinem Auftraggeber, diesen von Ansprüchen Dritter wegen Mängeln der Liefersache freizustellen, liegt darin entgegen Nickel/Nickel-Fiedler138 keine Erweiterung der gesetzlichen Haftung des VN. Dies gilt selbst dann, wenn VN und Auftraggeber als Gesamtschuldner z.B. nach § 840 BGB, § 5 ProdHaftG haften, weil diese Abrede nur für das Innenverhältnis bedeutsam ist. Insoweit kann eine solche Abrede jedoch als (vorsätzliche) Obliegenheitsverletzung analog § 86 132
133
LG Kaiserslautern 31.1.2005 NJW-RR 2005 1114, 1115; Schmidt-Salzer Produkthaftung Rn. 217 f.; Späte § 4 Rn. 3; Littbarski AHB § 4 Rn. 272; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 143; offengelassen von OLG Düsseldorf 3.3.1998 NVersZ 1999 82. Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 460.
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134 135 136 137 138
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 24. Palandt/Ellenberger § 214 Rn. 1. OLG Düsseldorf 3.3.1998 NVersZ 1999 82. A.A. Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 462. Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 461.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Abs. 2 VVG139 zu qualifizieren sein, die den VR in dem Umfang leistungsfrei werden lässt, in dem ihm die Möglichkeit zum Regress genommen wird. Hat die Abrede bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrages bestanden, ist zu prüfen, ob eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit gem. § 19 Abs. 1 VVG vorliegt. d) Vertragsstrafen, Bearbeitungspauschalen etc. Vertragsstrafen oder Bearbeitungs- 83 pauschalen, die an Mangelfolgeschäden anknüpfen, stellen selbst für den Fall, dass sie (zufällig) dem tatsächlichen Schaden entsprechen, eine Erweiterung der gesetzlichen Haftpflicht dar, weil sie den VN zur Leistung verpflichten, ohne dass der Geschädigte den Schaden nachweisen muss.140 Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass formularmäßige Vereinbarungen, die eine Vertragsstrafe unabhängig von dem Verschulden des Verwendungsgegners vorsehen, nach § 307 Abs. 1 S 1 BGB unwirksam sind.141 e) Schiedsgerichtsabreden. Schiedsgerichtsvereinbarungen erweitern die gesetzliche 84 Haftpflicht des VN nicht, da sie keine materiell-rechtlichen, sondern nur prozessrechtliche Wirkungen entfalten.142 6. Wiedereinschlüsse in der Betriebshaftpflichtversicherung? Nach Ziff. 7.1.3.3 Muster-Bedingungsstruktur AT ist in der Betriebshaftpflichtver- 85 sicherung eingeschlossen „– abweichend von Ziff. 7.3 AHB – die vom Versicherungsnehmer als Mieter, Entleiher, Pächter oder Leasingnehmer durch Vertrag übernommene gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des jeweiligen Vertragspartners (Vermieter, Verleiher, Verpächter, Leasinggeber) in dieser Eigenschaft“. Da nach Ziff. 7.3 AHB nur Abreden deckungsschädlich sind, die die gesetzlichen Haftungsmaßstäbe ändern, Abreden, die den Kreis der Pflichten des VN erweitern oder ergänzen, dagegen versichert sind, kommt Ziff. 7.1.3.3 Muster-Bedingungsstruktur AT nur klarstellende Bedeutung zu. Es handelt sich somit nicht um einen Wiedereinschluss.
IV. Haftpflichtansprüche bestimmter Personengruppen (Ziff. 7.4, 7.5 AHB) 1. Sinn und Zweck Ziff. 7.4 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 7 Ziff. 2 AHB und Ziff. 7.5 AHB tritt 86 an die Stelle von § 4 II Ziff. 2 AHB a.F. Sie regeln personale Ausschlüsse und dienen dem Zweck, Interessenkonflikte zwischen dem VN und einer ihm persönlich oder wirtschaftlich nahestehenden Person zu vermeiden143 und vom VR solche Schadensersatzansprüche fernzuhalten, bei denen eine besonders hohe Kollusionsgefahr besteht.144 Außerdem sollen solche Schäden ausgeschlossen werden, bei denen eine gewisse tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die Ansprüche ohne Bestehen einer Haftpflichtversicherung aus privater und/oder beruflicher Rücksichtnahme nicht geltend gemacht würden.145 Schließ139 140 141
142
Vgl. Bruck/Möller/Voit § 86 Rn. 155. Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 462. BGH 6.12.2007 NJW-RR 2008 615, 616; BGH 24.4.1991 NJW-RR 1991 1013, 1015; LG Aachen 23.3.1987 NJW-RR 1987 948. A.A. Nickel/Nickel-Fiedler RuS 2011 459, 462
143 144 145
Vgl. Littbarski AHB § 4 Rn. 395. Vgl. OLG Frankfurt/M. 7.4.1999 NVersZ 2000 242; Späte § 4 Rn. 219. Vgl. OLG Hamm 1.3.1995 NJW-RR 1995 1309; Späte § 4 Rn. 219; Wussow § 4 Anm. 83.
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Haftpflichtversicherung
lich dienen die Ausschlüsse auch dem Zweck, Schäden von der Deckung auszunehmen, die den VN treffen können und deshalb wirtschaftlich betrachtet als Eigenschäden zu qualifizieren sind.146 In der Literatur sprechen sich vereinzelt Autoren für eine „teleologische Reduktion“ 87 des Ausschlusses aus, wenn sein Zweck, einer möglichen Kollusion vorzubeugen, im Einzelfall eindeutig nicht eingreife.147 Ob dieser Weg mit AGB-rechtlichen Auslegungsgrundsätzen in Einklang zu bringen ist, scheint indes fraglich. Die wenigen Urteile lassen im Übrigen vermuten, dass die praktische Bedeutung dieser Klausel gering ist. 2. Haftpflichtansprüche des VN und versicherter Personen (Ziff. 7.4 AHB)
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a) Übersicht. Ziff. 7.4 AHB schließt Haftpflichtansprüche (1) des VN und der mit ihm in einem privaten oder beruflichen Näheverhältnis stehenden Personen gegen die Mitversicherten sowie (2) zwischen mehreren VN und (3) zwischen mehreren Mitversicherten desselben Versicherungsvertrages aus. Ergänzend bestimmt der Zusatz zu Ziff. 7.4 und Ziff. 7.5 AHB, dass sich die Ausschlüsse unter Ziff. 7.4 AHB auch auf Haftpflichtansprüche von Angehörigen der dort genannten Personen erstrecken, die mit diesen in häuslicher Gemeinschaft leben.
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b) Voraussetzungen. Voraussetzung für die Anwendung von Ziff. 7.4 AHB ist, dass der Haftpflichtanspruch in der Person des VN oder eines Mitversicherten entstanden ist. Die Abtretung eines in der Person eines anderen entstandenen Haftpflichtanspruchs gegen andere VN oder Mitversicherte desselben Versicherungsvertrages an den VN oder einen Mitversicherten lässt den Versicherungsschutz unberührt, soweit der Geschädigte nicht selbst zu dem nach Ziff. 7.4 AHB ausgeschlossenen Personenkreis oder dessen Angehörigen zählt.148
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aa) Ziff. 7.4 (1) AHB. Ziff. 7.4 (1) AHB trägt dem Umstand Rechnung, dass der VN im Rahmen einer Fremdversicherung auch geschädigter Dritter sein kann, dem Haftpflichtansprüche gegen Mitversicherte zustehen. Für solche Ansprüche besteht keine Deckung. Aus dem Bereich der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung sei die D&OVersicherung als Beispiel genannt. Erfasst werden nicht nur Haftpflichtansprüche des VN, sondern auch Ansprüche der in Ziff. 7.5 AHB genannten Personen und ihrer Angehörigen, mit denen sie in häuslicher Gemeinschaft leben. Abweichend von Ziff. 7.5 (1) AHB ist in Ziff. 7.4 (1) AHB nicht von Haftpflichtansprüchen „aus Schadensfällen“ die Rede, sondern von Haftpflichtansprüchen des VN oder den in Ziff. 7.5 AHB genannten Personen. Der Ausschluss von Ziff. 7.4 (1) AHB gilt deshalb unabhängig davon, ob der VN Ansprüche wegen eines selbst erlittenen Schadens oder aber Ansprüche als mittelbar Geschädigter z.B. aus §§ 844, 845 BGB geltend macht.149
91
bb) Ziff. 7.4 (2) AHB. Der Ausschluss von Ansprüchen mehrerer VN desselben Versicherungsvertrages untereinander gem. Ziff. 7.4 (2) AHB kann Einzelpersonen betreffen, die ohne ein besonderes rechtliches Band zu den VN eines Vertrages zählen. Diese Fallgruppe dürfte der Ausnahmefall sein. In der Regel wird zwischen ihnen eine rechtliche Verbundenheit bestehen, z.B weil sie Mitglieder einer BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB),
146 147
Vgl. auch OLG Hamm 1.3.1995 NJW-RR 1995 1309; Späte § 7 Rn. 10. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.3 AHB Rn. 28.
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148 149
Vgl. Späte § 4 Rn. 230. Späte § 7 Rn. 12; Littbarski AHB § 3 Rn. 400.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB), Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB) oder Wohnungseigentümergemeinschaft sind.150 cc) Ziff. 7.4 (3) AHB. Der Ausschluss von Ansprüchen zwischen Versicherten dessel- 92 ben Versicherungsvertrages nach Ziff. 7.4 (3) AHB ist vor allem im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung von Bedeutung. Betroffen sind Ansprüche zwischen mitversicherten selbstständigen Tochterunternehmen151 und Ansprüche mitversicherter Arbeitnehmer wegen Sachschäden. Für Ansprüche aus Personenschäden, bei denen es sich um Arbeitsunfälle im Betrieb oder im Haushalt des VN handelt, besteht bereits nach Ziff. 7.1.2.4 Muster-Bedingungsstruktur AT für die Betriebshaftpflichtversicherung (s. Ziff. 27 AHB Rn. 25) und Ziff. 2.3 Muster-Bedingungsstruktur IX für die Privathaftpflichtversicherung (Ziff. 27 Rn. 56) keine Deckung. c) Sonstige Einzelheiten. Unberührt von Ziff. 7.4 AHB bleiben Ansprüche von Mit- 93 versicherten152 und ihren Angehörigen gegen den VR.153 Soweit es sich bei den Mitversicherten um Angehörige des VN handelt, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, sind deren Ansprüche jedoch nach Ziff. 7.5 (1) AHB ausgeschlossen. Die Voraussetzungen von Ziff. 7.4 AHB müssen im Zeitpunkt des Eintritts des Ver- 94 sicherungsfalles vorliegen.154 Wird die Person, die den Haftpflichtanspruch geltend macht, erst nach Eintritt des Schadensereignisses Mitglied der häuslichen Gemeinschaft oder erlangt die Person, gegen die sich der Anspruch richtet, erst nach Eintritt des Schadensereignisses den Status eines Mitversicherten, besteht Deckung. 3. Haftpflichtansprüche gegen den VN (Ziff. 7.5 AHB) Ziff. 7.5 AHB hat Haftpflichtansprüche gegen den VN zum Gegenstand. Gem. 95 Ziff. 27.1 AHB gilt Ziff. 7.5 AHB entsprechend für Haftpflichtansprüche gegen mitversicherte Personen. a) Schadensfälle von Angehörigen des VN. Ziff. 7.5 (1) AHB betrifft Haftpflicht- 96 ansprüche aus Schadensfällen der Angehörigen des VN, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben oder die zu den mitversicherten Personen gehören. aa) Ausgeschlossener Personenkreis. Als Angehörige des VN gelten gem. Ziff. 7.5 (1) 97 AHB „Ehegatten, Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes oder vergleichbarer Partnerschaften nach dem Recht anderer Staaten, Eltern und Kinder, Adoptiveltern und -kinder, Schwiegereltern und -kinder, Stiefeltern und -kinder, Großeltern und Enkel, Geschwister sowie Pflegeeltern und -kinder“.
Der ausgeschlossene Personenkreis ist klar umrissen. Die Erwähnung der Adoptivkinder ist überflüssig, da diese den leiblichen Kindern nach dem Gesetz (§§ 1741 ff. BGB) ohnedies gleichgestellt sind.
150 151 152
Vgl. Späte § 4 Rn. 230. Späte § 7 Rn. 14. BGH 7.1.1965 BGHZ 43 42, 44 = NJW 1965 758; OLG Köln 30.4.2001 RuS 2002 279, 280; Späte § 7 Rn. 16; Littbarski AHB § 7 Rn. 39; Kuwert Rn. 7007.
153 154
Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 167. Vgl. OLG Frankfurt/M. 7.4.1999 NVersZ 2000 242, 243; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 33; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 167.
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Der durch das Familienrecht nicht definierte Begriff der Pflegeeltern und -kinder wird durch den Klammerzusatz erläutert. Pflegeeltern und -kinder sind danach nur solche „Personen, die durch ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Verhältnis wie Eltern und Kinder miteinander verbunden sind“.
Daran fehlt es, wenn das fremde Kind nur für einen begrenzten Zeitraum jeweils sechs Tage in der Woche im Haushalt des VN versorgt wird, am Wochenende aber bei seinen leiblichen Eltern lebt.155 Besteht ein familienähnliches Verhältnis nur zu einem Elternteil und wird es durch den Lebenspartner des Elternteils geschädigt, der die Versicherung genommen hat, sind die Ansprüche des Kindes gegen den Schädiger gedeckt.156 99 Der Kreis der Angehörigen i.S.v. Ziff. 7.5 (1) AHB ist abschließend. Bei geschiedenen Ehegatten greift der Ausschluss nicht ein, ebenso wenig bei Schadensfällen von Verlobten157 oder bei in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebenden Personen158. Urgroßeltern und Urenkel sind ebenfalls von der Klausel nicht betroffen.159
100
bb) Leben in häuslicher Gemeinschaft. Die Angehörigen müssen mit dem VN in häuslicher Gemeinschaft leben. Der Grund für diese differenzierende Ausgestaltung des Versicherungsschutzes ist darin zu sehen, dass bei den in Ziff. 7.5 (1) AHB genannten Nähebeziehungen die Gefahr einer Kollusion erst dann als schwerwiegend angesehen wird, wenn enger Kontakt besteht. In der Privathaftpflichtversicherung sind standardmäßig der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner des VN, die unverheirateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden minderjährigen Kinder (auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder) und die noch in einer Schul- oder sich unmittelbar anschließenden Berufsausbildung befindenden volljährigen Kinder mitversichert (vgl. Ziff. 2.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Da nicht nur Ansprüche aus Schadensfällen von in häuslicher Gemeinschaft mit dem VN lebenden Personen, sondern auch der mitversicherten Personen ausgeschlossen sind, kommt es auf das Erfordernis der häuslichen Gemeinschaft in der Privathaftpflichtversicherung somit nur in den Fällen an, in denen es um volljährige Kinder des VN geht, die nicht mehr in einer Schul- oder sich daran unmittelbar anschließenden Berufsausbildung befinden, um (Adoptiv-)Eltern, Schwiegereltern, Großeltern und Enkel, Geschwister sowie Pflegeeltern und -kinder. 101 Der Begriff „häusliche Gemeinschaft“ ist der Rechtssprache nicht fremd. Er hat u.a. Eingang in das BGB (z.B. § 208 S. 2, § 617 Abs. 1 S. 1, § 618 Abs. 2 S. 1, § 1567 Abs. 1 BGB), HGB (§ 62 Abs. 2 HGB), SGB (§ 116 Abs. 6 S. 1 SGB X) sowie das VVG (§ 86 Abs. 3 VVG) gefunden. Nach Ansicht des BGH ist „[i]hr Begriff [.] im Versicherungsvertragsrecht ein einheitlicher, gilt also gleichermaßen auch, soweit er zugunsten des VR einen Leistungsausschluß bedingt“.160
155 156
157
OLG Frankfurt/M. 28.6.1978 VersR 1978 910, 911. Vgl. ÖOGH 18.03.1982 VersR 1984 950; a.A. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 174; Littbarski AHB § 4 Rn. 412. OLG Braunschweig 1.12.1959 BB 1960 1080; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 31; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 172.
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Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 167; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 31; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 58; Späte § 4 Rn. 223; Littbarski AHB § 4 Rn. 404. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 31. BGH 16.2.1971 VersR 1971 478 = NJW 1971 884, 885.
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AHB 2012 Ziff. 7
Zwar dient § 86 Abs. 3 VVG anderen Zwecken als Ziff. 7.5 (1) AHB. Dort geht es – vereinfacht gesagt – um das Interesse am unbelasteten Zusammenwohnen in häuslicher Gemeinschaft,161 hier um die Vermeidung der Kollusionsgefahr. Je enger die häusliche Gemeinschaft ist, desto größer ist jedoch sowohl das Interesse am unbelasteten Zusammenwohnen als auch die Kollusionsgefahr. Dieser Zusammenhang lässt es gerechtfertigt erscheinen, eine häusliche Gemeinschaft i.S.v. Ziff. 7.5 (1) AHB anzunehmen, wenn eine solche i.S.v. § 86 Abs. 3 VVG vorliegt. Insoweit kann im Grundsatz auf die Rechtsprechung zu § 86 Abs. 3 bzw. § 67 Abs. 2 VVG a.F. zurückgegriffen werden.162 Ein Rückgriff auf den Begriff des Familienangehörigen i.S.d. § 67 Abs. 2 VVG a.F., der nicht auf Eheleute, Verwandte oder Verschwägerte im Rechtssinn beschränkt ist,163 ist wegen der abschließenden Aufzählung der Angehörigen in Ziff. 7.5 (1) AHB hingegen unzulässig. Voraussetzung für das Vorliegen einer häuslichen Gemeinschaft ist, dass ein gemeinsamer Haushalt besteht.164 Führt der Angehörige in einer eigenen Wohnung (im ausgebauten Dachgeschoss) seinen eigenen Haushalt, liegt keine häusliche Gemeinschaft vor.165 Darüber hinaus verlangt die Rechtsprechung für das Bestehen eines gemeinsamen Haushalts, dass ein gemeinsames Familienleben mit einem örtlichen Mittelpunkt stattfinden muss.166 Ob diese Voraussetzungen vorliegen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Zugrundelegung der Verkehrsauffassung.167 Im Vordergrund steht die Frage, ob der betreffende Angehörige sich in den Organismus des Hauswesens eingefügt hat.168 Fraglich ist, ob man den heutigen Lebensverhältnissen nicht besser dadurch Rechnung tragen sollte, anstelle des örtlichen auf den gemeinsamen persönlichen Mittelpunkt abzustellen. In jedem Fall darf das Erfordernis des örtlichen Mittelpunkts nicht dahingehend verstanden werden, dass es nur einen geben kann. Möglich ist auch ein Leben in mehreren häuslichen Gemeinschaften, so z.B. wenn ein Kind geschiedener Eltern die Wochenenden mal bei dem einen, mal bei dem anderen Elternteil verbringt.169 Unter Familienangehörigen, die über ein eigenes Einkommen verfügen, ist die finanzielle Beteiligung an der Wirtschaftsführung ein wesentliches Indiz dafür, dass ein gemeinsamer Haushalt besteht und nicht etwa ein Familienmitglied von dem anderen nur wie ein Gast zu den Mahlzeiten eingeladen wird.170 Die Einkünfte müssen zusammenfließen und für die Ausgaben aller zur Verfügung stehen. Es muss also aus „einem Topf“ gewirt161 162 163
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Vgl. Bruck/Möller/Voit § 86 Rn. 162. Vgl. OLG Hamm 9.10.1991 RuS 1992 118. Vgl. BGH 22.4.2009 RuS 2009 230 (auch Personen, die ohne familienrechtliche Verbindung, sei es aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder auch rein tatsächlich, mit anderen in einer Weise zusammenleben, die einem Familienverband ähnlich ist, werden von § 67 Abs. 2 a.F. erfasst). Vgl. BVerfG 12.10.2010 NJW 2011 1793, 1795 (zu § 116 Abs. 6 SGB X). OLG Hamm 25.1.2012 NJW-RR 2012 1056, 1057. OLG Frankfurt/M. 7.4.1999 NVersZ 2000 242, 243; vgl. auch OLG Hamm 9.10.1991 RuS 1992 118; OLG Stuttgart 27.9.1950 VersR 1951 33, 35; LG Stade 7.7.1956 VersR
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1957 638; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 167; Späte § 4 Rn. 224 m.w.N. zu § 4 II Ziff. 2 lit. a) AHB a.F.; vgl. auch BGH 28.6.2011 RuS 2012 516, 519 (zu § 116 Abs. 6 SGB X). Späte § 4 Rn. 224. Vgl. auch BGH 15.1.1980 VersR 1980 644, 645: „… daß es nicht genügt, wenn die Angehörigen gemeinschaftlich wohnen; das Gesetz fordert vielmehr, daß sie in häuslicher Gemeinschaft ‚leben‘“; vgl. auch OLG Hamm 9.10.1991 RuS 1992 118. Vgl. BVerfG 12.10.2010 NJW 2011 1793, 1795; BGH 28.6.2011 RuS 2012 516, 519 (zu § 116 Abs. 6 SGB X). Vgl. BGH 12.11.1985 NJW-RR 1986 385, 386 zu § 67 Abs. 2.
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schaftet werden.171 Ohne Bedeutung ist dagegen, ob eine finanzielle Abhängigkeit zwischen den Angehörigen besteht.172 Gemeinsame Mahlzeiten und gemeinsam benutzte Wohn- und Schlafräume sind fast immer ein untrügliches Indiz für eine häusliche Gemeinschaft. Andererseits steht der Annahme einer häuslichen Gemeinschaft nicht entgegen, dass der VN nicht in der Wohnung oder dem Haus seiner Familie schläft, sondern in einem möblierten Zimmer173 oder in einem Nebengebäude. Notsituationen können zu von dem Normalfall abweichenden Wohngegebenheiten führen. Eine häusliche Gemeinschaft besteht auch dann, wenn die Angehörigen in einer Wohnung leben, jeder aber für sich kocht und jeder sein eigenes Zimmer hat, sofern noch andere äußere Gemeinsamkeiten bestehen (gemeinsame Küchenbenutzung; grundsätzliche Erlaubnis, die Räume des anderen jederzeit zu betreten und ähnliches). Anders liegt der Fall, wenn aufgrund gespannter Lebensverhältnisse kein weiterer Kontakt mehr vorhanden ist als der mit einem gewöhnlichen Untermieter (etwa auch noch mit genau vorgeschriebener Zeit für die Küchenbenutzung). Leben Ehegatten getrennt, aber dennoch unter einem Dach, so ist keine häusliche Gemeinschaft mehr gegeben.174 Kennzeichnend für eine häusliche Gemeinschaft ist „eine gewisse, auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit“175. Das bedeutet aber nicht, dass man erst nach einer gewissen Zeit in die häusliche Gemeinschaft eintritt und bis dahin nicht dazugehört. Vielmehr kommt es auf die Vorstellungen der Beteiligten bei Aufnahme des betreffenden Familienmitgliedes in den eigenen Lebensbereich an. Der Ausschlusstatbestand greift daher auch dann ein, wenn die häusliche Gemeinschaft erst vor wenigen Tagen oder Stunden begonnen hat. Das Dauererfordernis ist nicht gegeben, wenn es sich um einen Ferienbesuch handelt. Dies gilt auch, wenn er sich jedes Jahr wiederholt. Vorübergehende Abwesenheit hebt die häusliche Gemeinschaft nicht auf. Für die Annahme einer häuslichen Gemeinschaft nicht erforderlich ist ein überwiegender Aufenthalt in der gemeinsamen Wohnung. Wie zuvor bereits bemerkt, ist es möglich, dass jemand in zwei häuslichen Gemeinschaften lebt. Eine Studierende, die zum Studium an einem anderen Ort bei Verwandten wohnt, befindet sich in deren häuslicher Gemeinschaft. Kommt sie am Wochenende zu ihren Eltern, so lebt sie in zwei häuslichen Gemeinschaften. Selbst eine längere Abwesenheit hebt die häusliche Gemeinschaft nicht auf, wenn sie auf äußeren Gründen beruht, die nicht für eine willkürliche Lockerung des Familienverbands sprechen.176 Wohnt die auswärtig Studierende allein, bleibt sie deshalb Mitglied der häuslichen Gemeinschaft, wenn sie ihr Zimmer im Elternhaus nicht aufgibt und an Wochenenden oder in den Semesterferien dort wohnt.177 Abzulehnen ist die Ansicht, die eine häusliche
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BVerfG 12.10.2010 NJW 2011 1793, 1795 (zu § 116 Abs. 6 SGB X). Vgl. BGH 12.11.1985 NJW-RR 1986 385, 386 zu § 67 Abs. 2. BGH 2.11.1961 NJW 1962 41, 42. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 167; Späte § 4 Rn. 224; HK-VVG/ Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 22; Littbarski AHB § 4 Rn. 417. Vgl. BGH 12.11.1985 NJW-RR 1986 385, 386 zu § 67 Abs. 2; ÖOGH 29.3.1995 VersR 1996 915, 916 zu § 67 VersVG; vgl.
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auch BVerfG 12.10.2010 NJW 2011 1793, 1795; OLG Dresden 21.4.2010 BeckRS 2011 23658 (zu § 116 Abs. 6 SGB X). OLG Karlsruhe 16.4.1987 VersR 1988 483 zur Hausratversicherung. (Das Urteil des OLG Karlsruhe nimmt fälschlicherweise Bezug auf BGH 16.2.1971, das sich aber mit dem Prozesskostenausgleich zwischen GS beschäftigt). Vgl. OLG Karlsruhe 16.4.1987 VersR 1988 483; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 35.
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Gemeinschaft nur für den Zeitraum der Rückkehr in das Elternhaus annimmt.178 Diese Ansicht misst dem Erfordernis des gemeinsamen örtlichen Mittelpunkts eine zu große Bedeutung bei und lässt den gemeinsamen persönlichen Mittelpunkt unberücksichtigt, der bei Beibehaltung des Zimmers im Elternhaus bei allen Beteiligten dort bestehen bleibt. Die Angehörigen- und Versicherteneigenschaft oder häusliche Gemeinschaft im Sinne 110 der Ausschlussbestimmung muss im Zeitpunkt des Versicherungsfalles bestanden haben.179 Spätere Veränderungen dieses Status sind unerheblich; ebenso ist es gleichgültig, ob vor Eintritt des Schadensereignisses einmal Angehörigeneigenschaft im Sinne des Bedingungsrechts bestanden hat. cc) Bedeutung der Formulierung „aus Schadensfällen“. Durch die Verwendung der 111 Formulierung „aus Schadensfällen“ ist klargestellt, dass nicht nur die Haftpflichtansprüche der in der Ausschlussbestimmung genannten Angehörigen und ihrer Rechtsnachfolger aus solchen Schadensfällen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, sondern auch solche Ansprüche, die originär (z.B. nach § 110 SGB X) in der Person von Sozialversicherungsträgern entstehen. Ausgeschlossen sind auch Ansprüche mittelbar Geschädigter nach §§ 844, 845 BGB, Ausgleichsansprüche aus Gesamtschuld (§ 426 BGB), Ansprüche aus übergeleitetem Recht (§ 116 SGB X, § 86 Abs. 1 S. 1 VVG) und Regressansprüche Dritter, die wegen des bei dem Angehörigen des VN eingetretenen Schadens Ersatzleistungen zu erbringen hatten.180 b) Ansprüche von gesetzlichen Vertretern/Betreuern geschäftsunfähiger, beschränkt 112 geschäftsfähiger oder betreuter VN. Nach Ziff. 7.5 (2) AHB besteht keine Deckung für Haftpflichtansprüche gegen den VN, die von seinen gesetzlichen Vertretern oder Betreuern geltend gemacht werden, wenn der VN eine geschäftsunfähige, beschränkt geschäftsfähige oder betreute Person ist. Ausgeschlossen gemäß der Anmerkung zu Ziff. 7.4 und 7.5 AHB sind auch Ansprüche der Angehörigen der genannten gesetzlichen Vertreter, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Die Begriffe „gesetzliche Vertreter“ und „Betreuer“ sind ebenso wie die Begriffe „geschäftsunfähig“, „beschränkt geschäftsfähig“ und „betreut“ nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts zu bestimmen. Die Eltern als wichtigster Fall der gesetzlichen Vertreter einer natürlichen Person fallen ohnedies unter den Ausschluss nach Ziff. 7.5 (1) AHB. Der Ausschlussklausel kommt daher vor allem für die Ansprüche des Vormundes (§§ 1773 ff. BGB) Bedeutung zu. Auch ein Pfleger (§§ 1909 ff. BGB) kann als gesetzlicher Vertreter im Sinne der Ausschlussbestimmung aufgefasst werden, wenn er nämlich für einen geschäftsunfähigen Pflegling bestellt ist. Der Ausschluss trägt dem Umstand Rechnung, dass der gesetzliche Vertreter wirtschaftlich an die Stelle des VN tritt und hieraus eine Missbrauchsgefahr entsteht.181 c) Ansprüche von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen und nicht rechtsfähi- 113 ger Vereine. Ist die VN eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts oder ein nicht rechtsfähiger Verein, sind Ansprüche ihrer gesetzlichen Vertreter gegen die VN
178
179
So aber Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 171; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 238; Späte § 4 Rn. 224; zum Meinungsstand Littbarski AHB § 4 Rn. 418. OLG Dresden 21.4.2010 BeckRS 2011 23658 (zu § 116 Abs. 6 SGB X).
180
181
Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 170; Späte § 4 Rn. 221; Wussow § 4 Anm. 84. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 175; Späte § 4 Rn. 231.
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gem. Ziff. 7.5 (3) AHB ausgeschlossen. Ausgeschlossen gem. der Anmerkung zu Ziff. 7.4 und 7.5 AHB sind auch Ansprüche der Angehörigen der genannten gesetzlichen Vertreter, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Wer gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person des privaten Rechts ist, bestimmt 114 sich je nach Gesellschaftsform nach den Vorschriften des BGB, AktG, GmbHG oder GenG. Gesetzliche Vertreter i.S.v. Ziff. 7.5 (3) AHB sind bei juristischen Personen des Handelsrechts (§ 82 Abs. 1 AktG, § 37 Abs. 2 GmbHG, § 27 Abs. 2 GenG) nur solche, deren Vertretungsmacht unbeschränkt und unbeschränkbar ist. Der Aufsichtsrat einer AG/Beirat einer GmbH ist kein gesetzlicher Vertreter, da sich seine Vertretungsmacht darauf beschränkt, die Gesellschaft in ihren Rechtsbeziehungen gegenüber den Vorstandsmitgliedern zu vertreten (§ 112 AktG, § 52 GmbHG). Ergänzend sei bemerkt, dass auch ein stellvertretendes Vorstandsmitglied einer AG unter den Begriff des gesetzlichen Vertreters fällt (vgl. § 94 AktG). Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 278 AktG) ist gesetzlicher Vertreter der persönlich haftende Gesellschafter. Bei den juristischen Personen des bürgerlichen Rechts (rechtsfähige Vereine und rechts115 fähige Stiftungen) zählen die Mitglieder des Vorstands zu den gesetzlichen Vertretern (§ 26 BGB). Nicht zu den gesetzlichen Vertretern gehört hingegen der besondere Vertreter nach § 30 BGB. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts kommt es auf die Bezeichnung der gesetzlichen Vertreter nicht an.182 Zur Bestimmung des gesetzlichen Vertreters eines nicht rechtsfähigen Vereins gelten die Vorschriften des Vereinsrechts entsprechend.183
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d) Ansprüche von Gesellschaftern der OHG, KG und GbR. Nach Ziff. 7.5 (4) AHB sind Haftpflichtansprüche der unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschafter einer OHG (§§ 105 HGB), einer KG (§ 161 HGB) oder einer GbR (§ 705 BGB) sowie ihrer Angehörigen, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben (Anmerkung zu Ziff. 7.4 und 7.5 AHB), gegen die Gesellschaft als VN von der Deckung ausgeschlossen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Gesellschafter gesetzliche Vertreter der VN sind. Für Ansprüche von Kommanditisten oder stillen Gesellschaftern der VN besteht Versicherungsschutz, da diese nicht unbeschränkt persönlich haften (vgl. §§ 171 Abs. 1, 232 Abs. 2 HGB).184
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e) Ansprüche von Partnern der Partnerschaftsgesellschaft. Für Haftpflichtansprüche der Partner einer Partnerschaftsgesellschaft i.S.v. § 1 PartGG sowie ihrer Angehörigen, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben (Anmerkung zu Ziff. 7.4 und 7.5 AHB), die sich gegen die Gesellschaft als VN richten, besteht gemäß Ziff. 7.5 (5) AHB keine Deckung.
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f) Ansprüche von Liquidatoren, Zwangs- und Insolvenzverwaltern. Ziff. 7.5 (6) betrifft die gegen den VN gerichteten Ansprüche von Liquidatoren, Zwangsverwaltern (§ 150 ZVG) und Insolvenzverwaltern (§ 56 InsO) sowie ihrer Angehörigen, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben (Anmerkung zu Ziff. 7.4 und 7.5 AHB). Unter Liquidatoren sind alle Personen zu verstehen, die nach gesetzlichen Bestimmungen unter diesem Titel (§§ 146 ff. HGB, §§ 66 ff. GmbHG, §§ 46 ff., 76 BGB) für die Abwicklung 182 183
Späte § 4 Rn. 233. Vgl. BGH 11.7.1968 BGHZ 50 325, 328 = NJW 1968 1830, 1830; MüKo-BGB/Reuter § 26 Rn. 27; Palandt/Ellenberger § 54 Rn. 1.
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Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 179; Späte § 4 Rn. 232.
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einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft eingesetzt oder beauftragt werden. Hierzu zählt auch der Abwickler i.S.d. § 265 AktG,185 der ebenso wie der Liquidator z.B. einer GmbH (vgl. § 70 GmbHG) oder oHG/KG (vgl. § 149 HGB) die Aufgabe hat, die laufenden Geschäfte zu beenden, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen (§ 268 S. 1 AktG). Soweit der Liquidator zugleich gesetzlicher Vertreter der in der Liquidation befindlichen VN ist, kann sich der Ausschluss der Deckung bereits aus Ziff. 7.5 (3) AHB ergeben. g) Numerus clausus der Ausschlusstatbestände. Der Ausschluss gem. Ziff. 7.5 AHB 119 erstreckt sich nur auf den zuvor genannten Personenkreis.186 Für die Ansprüche des Allein- oder Mehrheitsgesellschafters einer juristischen Person des Handelsrechts greift Ziff. 7.5 AHB nicht ein, obgleich Kollusionsgefahr wegen der wirtschaftlichen Gleichlagerung der Interessen zwischen VN und Allein-/Mehrheitsgesellschafter besteht. Nicht erfasst werden durch den Wortlaut der Ausschlussbestimmungen Tochtergesellschaften einer juristischen Person, deren Majorität dem VN oder einer der sonst genannten Ausschlusspersonen gehört. Ansprüche derartiger Tochtergesellschaften gegen die VN fallen demgemäß unter den Versicherungsschutz.187
V. Miete, Pacht, Leasing, Leihe, Verwahrung und verbotene Eigenmacht (Ziff. 7.6 AHB) 1. Sinn und Zweck Ziff. 7.6 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 I Ziff. 6 lit. a) AHB 2002. Mit dieser 120 Regelung soll nach allgemeiner Ansicht dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der VN fremde Sachen bei derartigen Rechtsverhältnissen wie eigene besitzt und behandelt, nämlich häufig mit geringerer Sorgfalt.188 Immer wieder liest man auch, dass Schäden an solchen Sachen als Eigenschäden des VN anzusehen seien.189 Ob diese Überlegungen so allgemein zutreffen, scheint fraglich. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist es naheliegender, dass der VN mit fremden 121 Sachen, die er im Besitz hat, weniger sorgfältig umgeht als mit eigenen. Für die daraus resultierenden Schäden will der VR aus naheliegenden Gründen nicht aufkommen. Die Klausel dient somit vor allem dem Schutz des VR vor Moral Hazard des VN.190 Zutreffend bemerkt Späte, dass ohne diese Ausschlussklausel in der Betriebshaftpflichtversicherung für den VN ein Anreiz bestünde, aus Rentabilitätserwägungen möglichst häufig fremde Sachen zu verwenden.191 Im Hinblick auf diese Zielsetzung von Ziff. 7.6 AHB ist es verständlich, dass es deckungsrechtlich unbeachtlich ist, wenn der VN die Sache so sorgfältig wie möglich behandelt hat. Entscheidend ist, dass der VN (trotz aller Sorgfalt) für den eingetretenen Schaden haftet.
185 186 187 188
Späte § 4 Rn. 234; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 181. Späte § 4 Rn. 237. Späte § 4 Rn. 237. Littbarski AHB § 4 Rn. 195; vgl. Späte § 4 Rn. 110; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 182.
189 190
191
Vgl. Späte § 4 Rn. 110; Langheid/Wandt/ Büsken AllgHaftpflV Rn. 182. Vgl. OlG Frankfurt/M. 9.11.1982 VersR 1983 946; OLG Karlsruhe 18.1.1990 VersR 1990 845, 846; Wussow § 4 Anm. 32, 37. Späte § 4 Rn. 110; OLG Jena 2.7.1997 VersR 1998 576.
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2. Fremde Sachen
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a) Begriff der Sache. Der Begriff der Sache beurteilt sich nach § 90 BGB. (Lebende) Tiere sind deckungsrechtlich als Sache zu behandeln (Ziff. 1 AHB Rn. 16).
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b) Bestimmung des Merkmals der Fremdheit. Die Sache muss fremd sein, d.h. im Eigentum eines Dritten stehen. Entscheidend sind die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt des Versicherungsfalles.192 Soweit die Sache im Miteigentum des VN steht, bezieht sich der Ausschluss nur auf die Ansprüche, die den Anteil des anderen Eigentümers betreffen (im Übrigen handelt es sich um einen nicht gedeckten Eigenschadensanteil).193 Haben beide Miteigentümer einen einheitlichen Versicherungsvertrag abgeschlossen, greift Ziff. 7.4 (2) AHB ein.194 Die Sachen brauchen nicht dem Vertragspartner des VN zu gehören.195 Sie können beweglich oder unbeweglich sein.196 Herrenlose Sachen zählen nicht zu den Sachen i.S.v. Ziff. 7.6 AHB, da sie in niemandes Eigentum stehen (vgl. § 958 Abs. 1 BGB).197 Bei Beschädigung einer herrenlosen Sache kann deshalb eine Deckungspflicht bestehen, soweit nicht ein ungedeckter Vermögensschaden (z.B. Aneignungsrecht des Jagdberechtigten) vorliegt.198 124 Umstritten ist, ob für das Merkmal der Fremdheit eine rein juristische Betrachtung oder vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen ist. Die Befürworter einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise wollen den unmittelbaren Besitzer von Sachen, die er unter Eigentumsvorbehalt erworben oder zur Sicherheit übereignet hat oder deren Eigentumsübertragung nichtig ist, versicherungsrechtlich als Eigentümer qualifizieren. Wussow begründet diese Ansicht damit, dass das Risiko, das den Gegenstand der Versicherung bilde, sich nicht nach dem richte, was letzen Endes richtig sei, sondern nach den Rechten und Pflichten des VN, wie sie sich den Beteiligten im Zeitpunkt des Schadensereignisses darstellten.199 Die Gegner einer wirtschaftlichen Betrachtung machen hingegen geltend, dass nur eine formal-juristische Sichtweise eine die Rechtssicherheit nicht beeinträchtigende Abgrenzung zulasse, wann Versicherungsschutz bestehe.200 Gerade in den Fällen, in denen Unsicherheit und Streit über die gegenseitigen Rechte und Pflichten herrsche, weil nicht klar sei, ob das Eigentum wirksam übergegangen sei, helfe eine wirtschaftliche Betrachtung nicht weiter.201 125 Die letztgenannte Ansicht verdient den Vorzug. Ein formal-juristischer Maßstab trägt nicht nur der Einheit der Rechtsordnung und damit der Rechtssicherheit, sondern auch der Systematik des Versicherungsrechts Rechnung. Folgte man der gegenteiligen Auffassung, würde der Versicherungsschutz im Übrigen bereits daran scheitern, dass die Beschädigung nicht als Fremdschaden, sondern als vom Haftpflichtversicherungsschutz nicht umfasster Eigenschaden des VN zu qualifizieren wäre. Bei einer rein wirtschaftlichen
192 193
194 195 196 197
Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 65; Späte § 4 Rn. 112. Vgl. Späte § 4 Rn. 112; Langheid/Wandt/ Büsken AllgHaftpflV Rn. 183; Wussow § 4 Anm. 31; a.A. LG Aurich 28.10.1954 VersR 1955 475. Vgl. Späte § 4 Rn. 112. BGH 5.6.1961 VersR 1961 602. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 38. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 38; Späte § 4 Rn. 112; Littbarski AHB § 4 Rn. 198.
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198 199 200
201
Wussow § 4 Anm. 31; Späte § 4 Rn. 112. Wussow § 4 Anm. 31, ihm folgend Späte § 4 Rn. 112. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 183; vgl. auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 38; Littbarski AHB § 4 Rn. 199. Littbarski AHB § 4 Rn. 199; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 183.
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Betrachtungsweise hätte der VN nämlich nicht einen Dritten, sondern nur sich selbst geschädigt.202 c) Kenntnis des Merkmals der Fremdheit. Fraglich ist, ob der VN sich bewusst 126 gewesen sein muss, dass es sich bei der in seinem Besitz befindlichen Sache um eine fremde handelt. Für den Tätigkeitsschadensausschluss nach § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F. (= Ziff. 7.7 AHB) hat die Rechtsprechung dies verlangt und mit dem Sinn und Zweck des Ausschlusses begründet, „dass nämlich verhindert werden soll, dass der VN das unternehmerische Risiko selbst trägt, … denn da sich die Haftpflichtversicherung ihrem Wesen nach ohnehin nicht auf die Beschädigung oder Vernichtung eigener Sachen beziehen kann (…), kann als unternehmerisches Risiko bei § 4 AHB [a.F.] nur dasjenige Risiko in Betracht kommen, das der Versicherungsnehmer bei seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit bewußt in bezug auf fremde Sachen eingeht. Verrichtet er die Tätigkeit in der Vorstellung, es handle sich um seine eigene Sache, so handelt es sich bei dem Risiko ihrer Beschädigung oder Vernichtung nicht um dasjenige unternehmerische Risiko, das ihm durch die Ausschlußklausel aufgebürdet werden soll“203. [Hervorhebung durch Verfasser]
Diese Erwägungen tragen auch bei Ziff. 7.6 AHB, sodass Kenntnis von der Fremdheit der Sache erforderlich ist. 3. Gemietete, geleaste, gepachtete und geliehene Sachen a) Grundsätzliches. Unter Zugrundelegung AGB-rechtlicher Auslegungsmaßstäbe sind 127 die Besitzmittlungsverhältnisse, auf die Ziff. 7.6 AHB Bezug nimmt, im strengen Wortsinn des bürgerlichen Rechts zu verstehen.204 Nach h.A. soll es dabei nach Sinn und Zweck von Ziff. 7.6 AHB nicht darauf ankommen, ob der Miet-, Leasing-, Pacht-, Leihoder besondere Verwahrungsvertrag rechtswirksam abgeschlossen ist oder nicht. Es reiche aus, dass dem VN der Besitz vom Eigentümer eingeräumt worden sei und sich daraus für ihn Obhuts- und Gewahrsamspflichten ergäben.205 Dieser Ansicht ist für alle Anfechtungsfälle zuzustimmen. Nach dem auch für den 128 durchschnittlichen VN erkennbaren Zweck der Klausel wäre es nicht zu billigen, dass durch eine Anfechtung wegen eines nach § 119 BGB relevanten Irrtums der Versicherungsschutz nachträglich auflebte. Derjenige, der aufgrund eines nachträglich – wenn auch mit ex-tunc Wirkung – vernichteten Vertrages der infrage stehenden Art eine Sache besessen hat, ist dem aufgrund eines wirksamen Vertrages besitzenden VN gleichzustellen, und zwar nach der Interessenlage auch für den Zeitraum nach erfolgter Anfechtung, solange er die Sache weiter wie ein Mieter, Pächter usw. behält (Rn. 154), nicht aber, wenn er die Sache berechtigt zurückbehält oder nur bei sich duldet, weil der Kontrahent meint, die Entgegennahme aus Rechtsgründen verweigern zu können. Den Anfechtungsfällen gleichzustellen ist nach der Interessenlage der versteckte Dissens (§ 155 BGB).206
202 203
204
Vgl. LG München 19.8.1999 NZV 1999 516. BGH 21.5.1959 VersR 1959 499 = NJW 1959 1492, 1493; vgl. auch BGH 7.12.1959 VersR 1960 109, 110; BGH 27.10.1955 VersR 1955 706 = NJW 1956 23. Allg.M., vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 39; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 Rn. 33; Langheid/Wandt/Büsken
205
206
AllgHaftpflV Rn. 184; Späte § 4 Rn. 112; Littbarski AHB § 4 Rn. 202; Kuwert Rn. 4088; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 66. OLG Frankfurt/M. 9.11.1982 VersR 1983 946 = RuS 1983 224; Späte § 4 Rn. 122; Wussow § 4 Anm. 37. Späte § 4 Rn. 122.
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Anders sind die Fälle einzuordnen, in denen es wegen Geisteskrankheit oder Minderjährigkeit nicht zu einem wirksamen Vertragsabschluss gekommen ist.207 Kein überzeugendes Argument stellen die Ausführungen von Wussow dar, dass in der Ausschlussbestimmung nicht ausdrücklich von rechtsgültigen Verträgen die Rede sei.208 Vielmehr ist zu entscheiden, ob trotz des gegen die Auslegung durch die h.M. sprechenden Wortlauts der Ausschlussbestimmung, die nämlich vom Vertragsrecht des bürgerlichen Rechts ausgeht, eine extensive Auslegung möglich ist. Dies ist zu verneinen. Dabei ist zu bedenken, dass das bürgerliche Recht die Minderjährigen und Geisteskranken durch die Unwirksamkeit der von ihnen abgegebenen Willenserklärungen schützen will.209 Ziff. 7.6 AHB findet nach Sinn und Zweck nur dann Anwendung, wenn das Schaden130 ereignis in der Zeit eintritt, in der der Besitz aufgrund der in der Klausel aufgeführten Rechtsverhältnisse besteht.
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b) Schäden an gemieteten/gepachteten Sachen. Es ist nicht erforderlich, dass die Sache einem Mieter/Pächter zum Alleingebrauch überlassen wird. Die Einräumung eines Mitbenutzungsrechts genügt. Der Ausschluss kann deshalb auch eingreifen, wenn der Vermieter/Verpächter seinerseits ebenfalls zum Gebrauch der Sache und zum unmittelbaren Besitz berechtigt ist, soweit sich der Gebrauch durch die verschiedenen Personen nicht nach Lage der Sache ausschließt.210 Mietet ein Mitglied einer BGB-Gesellschaft (hier: Hobbyfußballkicker) eine Ferienwohnung an, so wird der einzelne Gesellschafter nicht Mieter i.S.v. Ziff. 7.6 AHB.211 Werden Wohnräume oder sonstige Räume dem VN aufgrund öffentlich-rechtlicher 132 Vorschriften zugewiesen, so liegt keine Miete i.S.v. § 535 BGB vor, sondern ein öffentlich-rechtliches Nutzungsverhältnis.212 Dagegen ist die Einräumung eines schuldrechtlichen Wohnrechts, je nachdem, ob eine entgeltliche oder unentgeltliche Gestaltung vorliegt, als Leihe oder Miete einzuordnen.213 Das Entgelt kann hier in der Übernahme der Betriebskosten (bei einer Eigentumswohnung in der Übernahme des Wohngeldes), aber auch in der Zahlung eines einmaligen Betrages bestehen. Werden dagegen alle Kosten vom Wohnungsgeber übernommen, so liegt eine Leihe vor. Der Ausschluss greift auch dann ein, wenn sich die Betriebshaftpflichtversicherung 133 eines Gaststättenpächters gerade auf Haftpflichtansprüche bezieht, die aus Verstößen gegen die Pflichten resultieren, die ihm wie einem Hauseigentümer aufgrund der Innehabung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die gepachteten Räumlichkeiten gegenüber Dritten obliegen.214 Allerdings kann Ziff. 7.6 AHB auch insoweit durch Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen modifiziert sein.215 Bei der Miete einer Wohnung sind alle Schäden an der Wohnung selbst vom Versiche134 rungsschutz ausgeschlossen. Stößt der Mieter einer Etagenwohnung einen Eimer mit Wasser um, so ist der Schaden am Fußboden nicht gedeckt, wohl aber der Haftpflichtanspruch wegen der Verunzierung der Zimmerdecke der darunterliegenden Wohnung. Nicht ausgeschlossen sind die in einem Mietshaus von einem der Mieter am gemeinsamen Treppenhaus angerichteten Schäden, wohl aber Schäden im Treppenhaus im Fall 207 208 209 210 211
Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 197. Wussow § 4 Anm. 37. Kritisch auch Späte § 4 Rn. 122. Späte § 4 Rn. 120; Wussow § 4 Anm. 36. Vgl. LG Essen 7.4.2005 RuS 2005 504 zu § 4 I Ziff. 6 lit. a) AHB a.F.
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212 213 214 215
Vgl. Blank/Börstinghaus Miete 3. Aufl. (2008) § 535 Rn. 3. BGH 5.11.1997 NJW 1998 595. LG Düsseldorf 16.1.1987 zfs 1987 186. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 70.
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der Miete eines Einzelhauses durch den VN. Auch ein in einem Mietshaus an den gemeinschaftlichen Kellerräumen (z.B. Waschküche) angerichteter Schaden fällt nicht unter den Versicherungsschutz. Hier liegt Mitbesitz vor. Demgemäß umfasst der Ausschlusstatbestand bei der Miete eines Hotelzimmers nur dieses und die in diesem selbst befindlichen Sachen des Vermieters, nicht dagegen die allgemein den Hotelgästen zur Verfügung stehenden Einrichtungen (z.B. gemeinsamer Waschraum, Toilettenräume, Hotelhalle usw.). Wird einem Studierenden ein Zimmer mit Küchenbenutzung vermietet, besteht sowohl für Schäden an diesem Zimmer als auch an der Küche keine Deckung. Ist dagegen nur das Zimmer, wenn auch mit Frühstück, vermietet, so besteht für die in der Küche angerichteten Schäden Deckung, und zwar auch dann, wenn dem VN für einen Einzelfall (besonders frühes Aufstehen) die Benutzung der Küche zum Kaffeekochen gestattet war. Nach dem Sinngehalt von Ziff. 7.6 AHB kann auch nur ein Teil einer Sache oder 135 einer Sachgesamtheit unter den Ausschluss fallen, sofern sich das vertragliche Gebrauchsrecht nur auf diesen Teil bezieht. Mietet ein VN nur einen Teil einer Fabrikhalle, so ist nur dieser Teil Ausschlussobjekt, auch wenn das Mietobjekt selbst nur betreten werden kann, wenn die gesamte Halle durchquert wird. Durch den An- oder Abtransport von Waren an der Halle entstehende Schäden werden also, soweit sie sich nicht auf das eigentliche Mietobjekt beziehen, vom Versicherungsschutz erfasst. Führen durch die vom VN gemieteten Räume einer Fabrikhalle im Eigentum des Vermieters stehende Starkstromkabel, die für einen anderen Mieter bestimmt sind, so lässt sich daran zweifeln, ob der Ausschlusstatbestand eingreift. Nach dem Sinn der Klausel ist aber die Anwendung zu bejahen. Es besteht eine vertraglich erhöhte Sorgfaltspflicht gegenüber dem Eigentum des Vermieters. Auch ist aus der Interessenlage kein Grund zu sehen für eine unterschiedliche Behandlung von Schäden an Kabelleitungen des Vermieters, die dem Betrieb des VN dienen, und solchen, die lediglich durch die gemieteten Räume führen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn es sich um Kabel handelt, die von dem anderen Mieter nachträglich gelegt worden sind und in dessen Eigentum stehen. c) Schäden an geleasten Sachen. Der Leasingvertrag ist als solcher nicht gesetzlich 136 definiert. Die Leasingpraxis unterscheidet zwischen Operating-Leasing und Finanzierungsleasing. Beim Operating-Leasing erstrebt der Leasinggeber die volle Amortisation seines Anschaffungsaufwandes nicht bereits durch einmaliges, sondern erst durch mehrfaches Überlassen des Leasinggegenstands an verschiedene Leasingnehmer.216 Kennzeichnend für das Operating-Leasing ist deshalb, dass keine oder nur eine – im Verhältnis zur gewöhnlichen Nutzungsdauer der Leasingsache – sehr kurze feste Vertragslaufzeit vereinbart wird und der Vertrag im Übrigen jederzeit frei kündbar ist. Deshalb findet Mietrecht Anwendung.217 Für das Finanzierungsleasing ist seine Finanzierungsfunktion kennzeichnend.218 Dem 137 Leasingnehmer wird das mit Mitteln des Leasinggebers angeschaffte – und damit vorfinanzierte – Leasinggut zur Nutzung überlassen. Deshalb haben §§ 499, 500 BGB a.F. das Finanzierungsleasing als „Finanzierungshilfe“ behandelt und es in einzelnen Beziehungen dem Recht des (Verbraucher-)Darlehens unterworfen. Infolge der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG 219 zum 11.6.2010 ist der Begriff des Leasing216 217
BGH 11.3.1998 NJW 1998 1637, 1639 m.w.N. BGH 11.3.1998 NJW 1998 1637, 1639; MüKo-BGB/Schürnbrand § 506 Rn. 29;
218 219
Graf v.Westphalen Der Leasingvertrag 6. Aufl. (2007) Rn. B 76. Vgl. BGH 4.7.1990 BGHZ 112 65, 71. ABl. EG Ziff. L 133 v. 22.5.2008, S. 66.
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vertrages aus dem BGB verschwunden. Jedoch wird das Finanzierungsleasing nach den Vorstellungen des deutschen Gesetzgebers als entgeltliche Finanzierungshilfe von § 506 Abs. 2 BGB erfasst. Lässt man den personellen Anwendungsbereich des § 506 Abs. 2 BGB unberücksichtigt (Beschränkung auf Verbraucherverträge), sind alle Verträge über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes als Finanzierungsleasing zu qualifizieren, wenn vertraglich entweder eine Erwerbsverpflichtung des Leasingnehmers geregelt ist (Ziff. 1), dem Leasinggeber die Möglichkeit eingeräumt wird, von dem Leasingnehmer den Erwerb des Vertragsgegenstandes zu verlangen (Ziff. 2) oder der Leasingnehmer bei Vertragsablauf einen vereinbarten Restwert garantieren muss (Ziff. 3).220 Darüber hinaus erfasst Ziff. 7.6 AHB auch das sog. Null-Leasing, Kilometerabrechnungsverträge des Kfz-Leasings sowie den Mietkauf.221
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d) Schäden an geliehenen Sachen. Die Leihe ist ein (unvollkommen) zweiseitig verpflichtender Vertrag, der zunächst den Verleiher verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten (§ 598 BGB), und zwar für die Dauer einer etwa bestimmten Zeit oder jedenfalls so lange, dass der Entleiher den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch machen kann (vgl. § 604 Abs. 1 und 2 BGB). Bezeichnend für den Leihvertrag ist deshalb ein einklagbarer Anspruch auf Gebrauchsüberlassung.222 In Abgrenzung dazu liegt ein Gefälligkeitsverhältnis ohne vertragliche Bindung vor, wenn die zum Gebrauch überlassene Sache jederzeit zurückgefordert werden kann und dem Entleiher kein Besitz übertragen, sondern dieser vielmehr Besitzdiener wird. Ob nur ein Gefälligkeitsverhältnis vorliegt, ist im Einzelfall nach Anlass und Zweck 139 der Gebrauchsüberlassung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und nach Interessenlage der Parteien zu beurteilen.223 Für die Annahme eines rechtsgeschäftlichen Bindungswillens sprechen der Wert des überlassenen Gegenstands und das Unvermögen des Eigentümers, sein Eigentum während einer längeren Abwesenheit zu überwachen.224 Fehlt es an einem entsprechenden Rechtsbindungswillen, greift Ziff. 7.6 AHB nicht ein.225 Abzulehnen ist das Urteil des LG Wuppertal, das die Überlassung von Wohnung und Hausratsgegenständen zu Mitbesitz unter Lebensgefährten als ein leiheähnliches Verhältnis bezeichnet, weil es den Rahmen nur gesellschaftlicher Kontakte und Freundlichkeiten überschreite.226
220 221
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Vgl. BTDrucks. 16/11643 S. 92. Graf v.Westphalen Der Leasingvertrag 6. Aufl. (2007) Rn. B 78; zum Anwendungsbereich von § 506 Abs. 2 BGB vgl. Omlor NJW 2010 2694, 2697. Vgl. OLG Frankfurt/M. 16.4.2008 RuS 2010 510, 511; OLG Brandenburg 11.6.2008 RuS 2008 328, 329 zur Abgrenzung zwischen einer bloßen Gefälligkeit und einem besonderen Verwahrungsvertrag; OLG Jena 2.7.1997 VersR 1998 576; OLG Hamm 8.3.1995 RuS 1995 450; OLG München 3.12.1991 NJW-RR 1993 215; LG Düsseldorf 12.12.2001 VersR 2002 838, 839; LG Hamburg 16.2.1995 RuS 1995 452; LG Köln 23.1.1991 VersR 1991 1046 (LS); LG Bochum 10.5.1991 VersR 1991 1401, 1402; AG Hannover 26.9.2001 BeckRS 2001 31146224.
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OLG Frankfurt/M. 16.4.2008 RuS 2010 510, 511; vgl. auch BGH 22.6.1956 BGHZ 21 102, 107 = NJW 1956 1313. LG Düsseldorf 31.3.2000 NVersZ 2001 429, 430. OLG Hamm 8.3.1995 RuS 1995 450; OLG München 3.12.1991 NJW-RR 1993 215; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.6 AHB Rn. 42; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 186; Späte § 4 Rn. 124; a.A. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 194; LG Wuppertal 8.9.1989 RuS 1990 299; LG München I 10.1.1985 zfs 1985 184; AG Spaichingen 18.11.1986 zfs 1987 121; unklar OLG Frankfurt/M. 19.11.1982 VersR 1983 946, 947. LG Wuppertal 8.9.1989 RuS 1990 299.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Ohne nähere Qualifikation des Vertragsverhältnisses hat das LG Darmstadt die Über- 140 lassung eines Pferdes zur Benutzung als einen Fall des Ziff. 7.6 AHB angesehen.227 Das LG Heidelberg hat einen Leihvertrag angenommen, wenn ein Musikverein seinem Mitglied für Konzerte eine vereinseigene Basstuba mit der in der Satzung verankerten Maßgabe zur Verfügung stellt, dass das Instrument schonend zu behandeln und das Mitglied für jede Beschädigung haftbar sei.228 Ein leiheähnliches Verhältnis mit der Folge der Anwendbarkeit des Haftungsausschlusses hat das OLG Frankfurt/M. in einem Fall bejaht, in dem der VN zumindest unmittelbaren Mitbesitz an einem Anhänger dadurch erlangt hatte, dass der Eigentümer diesen auf Bitten des VN hin auf dessen Grundstück abgestellt und dort zunächst unbestimmte Zeit stehengelassen hatte, damit der VN zwischenzeitlich Schutt aufladen konnte.229 Kein Leihvertrag, sondern eine nicht unter den Ausschluss fallende unverbindliche 141 Gefälligkeitshandlung soll hingegen anzunehmen sein, wenn unter Geschwistern ein Kfz zum Zwecke einer lediglich eintägigen Fahrt überlassen wird.230 Verallgemeinernd folgert Schneider daraus, dass das Vorliegen verwandtschaftlicher oder sehr enger freundschaftlicher Beziehungen in der Regel auf eine echte Gefälligkeitshandlung ohne rechtsgeschäftlichen Hintergrund hindeute, während eine hohe wirtschaftliche Bedeutung eher auf den rechtsgeschäftlichen Charakter der Überlassung schließen lasse.231 4. Schäden an vom VN verwahrten Sachen a) Verwahrung als Hauptpflicht. Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden an 142 Sachen, die der VN aufgrund eines besonderen Verwahrungsvertrages in Besitz hat. Ein besonderer Verwahrungsvertrag ist nur dann gegeben, wenn die Verwahrung eine objektiv selbstständige Bedeutung im Rahmen der Vertragsbeziehungen hat, und nicht lediglich im Rahmen einer Nebenpflicht aus einem anderen Vertrag besteht.232 Es muss sich m.a.W. um einen Verwahrungsvertrag i.S.v. § 688 BGB handeln. Verwahrungspflichten aufgrund Werkvertrages233, Auftrages, Dienst-, Geschäftsbesorgungs-, Speditions- oder Sicherungsübereignungsvertrages oder Kaufvertrages unter Eigentumsvorbehalt 234 fallen demgemäß nicht unter den Ausschlusstatbestand. Die Aufbewahrung der Garderobe des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ist somit 143 nicht vom Ausschluss betroffen. Hierbei handelt es sich – genauso wie bei der Aufbewahrung der Fahrräder der Arbeitnehmer – lediglich um Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag. Besondere Ausschlussklauseln für die Belegschaftshabe machen daher nur dann einen Sinn, wenn der Versicherungsschutz – wie es vielfach geschieht – auch auf das Abhandenkommen von Sachen erstreckt (abweichend von Ziff. 2.2 AHB) oder sogar 227
228 229 230 231 232
LG Darmstadt 12.3.1987 RuS 1987 188; vgl. aber auch BGH 9.6.1992 NJW 1992 2474, 2475 = VersR 1992 1145, 1147. LG Heidelberg 9.12.1986 VersR 1988 257. OLG Frankfurt/M. 9.11.1982 VersR 1983 946 = RuS 1983 224. AG Mannheim 4.7.1995 VersR 1995 1084, 1085. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 71. OLG Brandenburg 11.6.2008 RuS 2008 328, 329; OLG Frankfurt/M. 16.4.2008 RuS 2010 510, 511; OLG Jena 2.7.1997
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VersR 1998 576; OLG Karlsruhe 2.12.1993 VersR 1994 801; OLG München 28.5.1993 VersR 1993 1517; OLG Karlsruhe 2.12.1993 VersR 1994 801, 802; OLG Düsseldorf 2.10.1990 RuS 1992 226. BGH 7.10.1987 VersR 1987 1181 = NJW-RR 1988 148; vgl. auch BGH 3.3.1966 NJW 1966 1073, 1074 = VersR 1966 434, 435. Vgl. OLG Karlsruhe 18.1.1990 VersR 1990 845, 846; OLG Hamm 8.6.1994 RuS 1994 409, 410 = VersR 1995 161.
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Haftpflichtversicherung
festgelegt wird, dass bei der Beschädigung oder dem Abhandenkommen von Belegschaftshabe Ersatz zu leisten ist ohne Rücksicht darauf, ob eine Ersatzpflicht des VN besteht oder nicht. Hier wird zur Erhaltung des Betriebsfriedens einer Klärung der Rechtslage aus dem Wege gegangen. Als besonderer Verwahrungsvertrag ist nicht nur die Verwahrung i.S.d. §§ 688 ff. BGB, sondern vor allem auch das Lagergeschäft nach §§ 467 ff. HGB anzusehen, ferner die Sonderverwahrung nach § 2 DepotG und die Verwahrung nach §§ 432, 1217, 1281, 2039 BGB.235 Nicht hierher gehört hingegen ein durch Hoheitsakt begründetes öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis, z.B. aufgrund einer polizeilichen Beschlagnahme. Anders ist es aber dann, wenn ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über die Verwahrung abgeschlossen wird. Kein besonderer Verwahrungsvertrag liegt bei einem Kauf auf Probe vor.236 Wenngleich auch hier nach der Interessenlage ein Ausschluss unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt wäre, lässt doch der Wortlaut der Ausschlussbestimmung deren Anwendung nicht zu. Stets bezieht sich ein Verwahrungsvertrag nur auf die Aufbewahrung beweglicher Sachen. Unbewegliche Sachen können nicht Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages i.S.d. Ziff. 7.6 AHB ein.237 Wenn der VN es also übernimmt, auf das Haus eines Dritten in dessen Abwesenheit „aufzupassen“, so findet auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung dieser Verpflichtung Ziff. 7.6 AHB keine Anwendung. Der Ausdruck „besonderer“ Verwahrungsvertrag ist im Übrigen nicht in dem Sinne zu verstehen, dass ein „gesonderter“ Verwahrungsvertrag vorliegen müsste. Auch „gemischte“ Verträge können unter den Ausschlusstatbestand fallen (hierzu sogleich ausführlich Rn. 151 ff.). Mit Rücksicht auf das erwähnte gänzliche Ausscheiden der Nebenverpflichtungen ist aber eine besonders scharfe Analyse des Vertragsverhältnisses erforderlich. Wie zuvor bemerkt, ist entscheidend, ob die Verwahrungspflicht eine objektiv selbstständige Bedeutung hat. Danach ist bei der Übergabe einer Sache zur Bearbeitung die Verwahrungspflicht stets dem eigentlichen Vertragszweck unterzuordnen, mag diese Sache auch noch so wertvoll sein, z.B. bei Schmucksachen. Anders ist es dagegen, wenn jemand eine lange Reise antreten will und aus diesem Grunde bei Übergabe der Sache zur Bearbeitung eine durch die eigentliche Arbeitszeit nicht erforderliche längere Aufbewahrung vereinbart. Hier lässt sich die Anwendung der Klausel rechtfertigen;238 dagegen nicht in dem Fall, in dem der säumige Vertragspartner die fertiggestellte Sache entgegen den Vereinbarungen über Wochen nicht abholt oder wenn das reparierte Motorboot wegen der Vereisung der Gewässer zunächst am Bootssteg des VN, der es repariert hatte, liegenbleibt. Wird ein Pelz im Sommer zur Überarbeitung gebracht und soll er erst zur kalten Jahreszeit wieder abgeholt werden, greift Ziff. 7.6 AHB ein.239 Nicht anwendbar ist die Klausel hingegen in Fällen, in denen Garderobe im Lokal an den Haken gehängt wird (anders bei Übernahme der Garderobe durch Personal gegen Entgelt), oder beim Abstellen eines Fahrzeuges auf dem Parkplatz eines Geschäftslokales.240
235 236 237
Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 73. Wussow § 4 Anm. 44. BGH 9.3.1961 BGHZ 34 349, 354 = NJW 1961 1164, 1165 (zum öffentlich-rechtlichen
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Verwahrungsverhältnis); OLG München 30.3.1960 VersR 1962 54, 55. Wussow § 4 Anm. 44. Wussow § 4 Anm. 44. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.6 AHB Rn. 40.
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AHB 2012 Ziff. 7
Einen besonderen Verwahrungsvertrag hat die Rechtsprechung bejaht im Falle des 149 Erwerbs eines Fohlens, das der Erwerber nach dem Kauf absprachegemäß für die Dauer des Winters in dem Stall des Verkäufers belassen hatte,241 sowie bei einem Verpächter, der in der verpachteten Gaststätte Inventar zurückgelassen hatte in der Absicht, es später noch abzuholen242. Hingegen wird durch die Übergabe von Gegenständen zur Reparatur an eine Reparaturwerkstatt ein besonderer Verwahrungsvertrag nicht geschlossen.243 Der Haftungsausschluss greift schließlich auch dann nicht ein, wenn nach dem Versicherungsvertrag gerade die Tätigkeit des VN als Verwahrer Gegenstand des Versicherungsschutzes ist.244 b) Unentgeltliche Verwahrung. Erfolgt die besondere Verwahrung unentgeltlich, ist eine 150 Abgrenzung zur vom Versicherungsschutz nicht ausgeschlossenen bloßen Gefälligkeit erforderlich. Wiederum kommt für die Beurteilung der Frage des Bindungswillens dem Wert der anvertrauten Sache, der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit, dem erkennbaren Interesse des Begünstigten sowie der nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbaren Gefahr, in die er durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann, besondere Bedeutung zu.245 Wer längerfristig ein fremdes, wertvolles Reitpferd in seinen Stall aufnimmt, das weiterhin vom Eigentümer gefüttert, gepflegt und bewegt wird, und dieses nach den Umständen mit zu überwachen hat, hat konkludent einen Verwahrungsvertrag über das Pferd geschlossen.246 Fremde Sachen sind im Übrigen auch dann noch Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrags i.S.v. Ziff. 7.6 AHB, wenn der Auftraggeber zeitweise selbst die tatsächliche Sachherrschaft über den zur Verwahrung gegebenen Gegenstand im Herrschaftsbereich des Auftragnehmers ausübt.247 5. Gemischte Verträge Weist das Besitzmittlungsverhältnis nicht nur Elemente der vorgenannten Vertrags- 151 typen, sondern auch anderer Verträge auf, stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit von Ziff. 7.6 AHB. Zieht man zur Beantwortung dieser Frage die (nicht versicherungsrechtliche) Rechtsprechung zu gemischten Verträgen heran, wäre Ziff. 7.6 AHB anwendbar, wenn die (un-)entgeltliche Gebrauchsüberlassung i.S.v. Miete, Pacht, Leihe, Leasing oder die Verwahrung im Mittelpunkt der vertraglichen Beziehungen stehen.248 Steht die Gebrauchsüberlassung (nur) gleichbedeutend neben anderen Leistungen, käme Ziff. 7.6 AHB bezüglich der zum Gebrauch überlassenen Sachen ebenfalls zum Tragen, da der mutmaßliche Wille der Vertragsparteien i.d.R. dahin geht, auf die jeweilige Leistungspflicht diejenigen Rechtsvorschriften anzuwenden, die zur Geltung kämen, wenn die Pflicht in einem gesonderten Vertrag begründet worden wäre.249 Die versicherungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur wählen einen etwas ande- 152 ren Ansatz, kommen aber letztlich zu dem gleichen Ergebnis. Im Hinblick darauf, dass nach AGB-rechtlichen Auslegungsgrundsätzen eine ausdehnende Anwendung von Aus-
241 242 243 244 245
OLG Karlsruhe 2.12.1993 VersR 1994 801, 802. LG Darmstadt 29.5.1987 zfs 1988 150. BGH 7.10.1987 VersR 1987 1181 = RuS 1987 337. OLG München 28.5.1993 VersR 1993 1517. BGH 22.6.1956 BGHZ 21 102, 107 = NJW 1956 1313; OLG Brandenburg 11.6.2008
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RuS 2008 328, 329; OLG Jena 2.7.1997 VersR 1998 576; OLG Karlsruhe 2.12.1993 VersR 1994 801. OLG Düsseldorf 2.10.1990 RuS 1992 226, 227. LG Hamburg 11.10.1989 VersR 1990 845. Vgl. BGH 13.9.2007 NJW 2008 1072, 1073. Vgl. BGH 13.9.2007 NJW 2008 1072, 1073.
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Haftpflichtversicherung
schlussklauseln nicht zulässig ist,250 verlangen sie für die Anwendung von Ziff. 7.6 AHB, dass die Gebrauchsüberlassung die Tatbestandsmerkmale eines der ausgeschlossenen Besitzmittlungsverhältnisse aufweist.251 Für diese Ansicht spricht, dass Ziff. 7.6 AHB sich fest umrissener Begriffe der Rechtssprache bedient und insoweit alle unter diese Begriffe fallende Besitzmittlungsverhältnisse erfasst. Die Ausschlussbestimmung findet deshalb keine Anwendung auf den Nießbrauch an 153 Sachen und das dingliche Wohnrecht. Ziff. 7.6 AHB greift darüber hinaus nicht ein im Falle der Überlassung einer Baumaschine zum Zweck ihrer technischen Erprobung,252 bei Beschädigung eines Teppichs, den der Verkäufer einem potentiellen Käufer vorübergehend überlassen hat, um ihn zum Kauf geneigt zu machen,253 eines Appartements auf Sylt, dessen Nutzung aufgrund eines Gefälligkeitsverhältnisses unentgeltlich erfolgt 254 oder eines Grundstücks, das der VN wegen Nichtigkeit des Kaufvertrages oder nach erfolgter Zwangsversteigerung rechtsgrundlos besitzt.255 Auch der Mitbesitz unter Ehegatten/Lebenspartnern, Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder Mitgliedern einer Wohngemeinschaft fällt nicht unter den Ausschluss.256 Für Schäden im Rahmen des fortgesetzten Gebrauchs der Mietsache nach Ablauf der 154 Mietzeit besteht keine Deckung, weil sich das Mietverhältnis nach § 545 BGB auf unbestimmte Zeit verlängert. Widerspricht der Vermieter der Fortsetzung und setzt der VN gleichwohl den Gebrauch fort, besteht nach Sinn und Zweck von Ziff. 7.6 AHB ebenfalls kein Versicherungsschutz.257 Nach der Rechtsprechung bedarf es zur Feststellung, ob ein Mietverhältnis i.S.v. 155 Ziff. 7.6 AHB vorliegt, konkreter Angaben zu einem bestimmten vertraglich vereinbarten und gerade auf die Nutzungsüberlassung bezogenen Entgelt.258 Daran fehlt es nach Ansicht des LG Dortmund beim Krankenhausaufnahmevertrag, soweit darin zwar vorgesehen ist, dass die Unterbringung in einem Zimmer mit Telefon und Fernsehen erfolgt, ein Entgelt für die Überlassung des Fernsehgeräts aber nicht vereinbart wurde.259 Keine Anwendung findet Ziff. 7.6 AHB auf einen „Mietvertrag für Veranstaltungs- und Promo-
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Vgl. OLG Frankfurt/M. 16.4.2008 RuS 2010 510, 512; OLG Koblenz 8.7.1994 RuS 1994 410, 411 = VersR 1995 1083, 1084; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 Rn. 33; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 182. Vgl. OLG Hamm 25.8.2005 RuS 2005 104, 105; OLG Koblenz 8.7.1994 RuS 1994 410, 411 = VersR 1995 1083; OLG Karlsruhe 2.12.1993 VersR 1994 801; LG Dortmund 7.4.2005 RuS 2007 18; LG Essen 7.4.2005 RuS 2005 504; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 185; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 66; Späte § 4 Rn. 119 f.; Wussow § 4 Anm. 36; Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 196. OLG Jena 2.7.1997 VersR 1998 576. Hans. OLG Hamburg 7.6.1989 VersR 1989 1292; s. auch LG Düsseldorf 12.12.2001 VersR 2002 838, 839.
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OLG Hamm 8.3.1995 RuS 1995 450 = VersR 1996 444 (LS); vgl. auch OLG München 3.12.1991 NRW-RR 1993 215, 216 = VersR 1993 303. OLG Düsseldorf 11.4.2000 VersR 2001 888, 890; OLG Stuttgart 30.6.1994 VersR 1996 445. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 66; Littbarski AHB § 4 Rn. 203; Späte § 4 Rn. 121. A.A. OLG Düsseldorf 11.4.2000 RuS 2001 16, 17; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 Rn. 33. OLG Hamm 25.8.2005 RuS 2005 104, 105; OLG Koblenz 8.7.1994 RuS 1994 410, 411 = VersR 1995 1083; LG Berlin 2.3.2006 zfs 2006 698; LG Dortmund 7.4.2005 RuS 2007 18; LG Essen 7.4.2005 RuS 2005 504. LG Dortmund 7.4.2005 RuS 2007 18.
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AHB 2012 Ziff. 7
tionsflächen“, wenn der „Mieter“ keine Miete zahlt, sondern zur Durchführung einer für Kunden des „Vermieters“ attraktiven Veranstaltung verpflichtet ist und dafür – neben der Zurverfügungstellung der Fläche – ein Entgelt erhält.260 Wird dem VN eine Bordwohnung im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses ohne Ab- 156 schluss eines Mietvertrags dergestalt von seinem Arbeitgeber überlassen, dass er entsprechend den betrieblichen Anforderungen und Erfordernissen während des Einsatzes auf dem Schiff jederzeit zu den erforderlichen Arbeitseinsätzen zur Verfügung stehen und in den dazwischen liegenden Zeiten in dem ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereich nach Bedarf seine Freizeit verbringen kann, liegt ebenfalls kein Mietverhältnis vor.261 Die Nutzung des Kfz des Arbeitgebers zu einem von diesem bestimmten dienstlichen Zweck, stellt keine Leihe dar.262 Es fehlt bereits an der Besitzübertragung, wenn der Arbeitnehmer nur die Stellung eines Besitzdieners i.S.v. § 855 BGB innehat. Dies genügt für den genannten Haftungsausschluss nicht.263 Etwas anderes soll nach Ansicht des AG Reutlingen gelten, wenn der VN das Kfz auch privat nutzen darf (rechtliche Qualifikation des Nutzungsverhältnisses offenlassend).264 Die Überlassung einer Sache an den VN im Rahmen eines Dienstvertrages zur Ermöglichung seiner Dienstleistung, rechtfertigt nicht die Annahme einer Leihe.265 Das mietvertragliche Element dominiert bei Hotelaufnahme- oder Beherbergungs- 157 verträgen, weil bei diesen Vertragstypen die Raumüberlassung regelmäßig den Schwerpunkt bildet.266 Auch auf den Campingvertrag des Platzbetreibers mit einem Gast, der das Recht zum Aufstellen eines Zeltes oder Wohnwagens zum Gegenstand hat, wendet die Rechtsprechung Mietrecht an.267 Bei den Heimverträgen ist auf den Umfang der Betreuungspflicht abzustellen. Bei Studentenwohnheimen und Lehrlingswohnheimen geht das Gesetz (vgl. § 549 Abs. 3 BGB) davon aus, dass der Raumüberlassungsanteil generell überwiegt. Auch die Verträge über Altenwohnungen und zum Teil auch in Altenheimen mit gewisser Serviceleistung werden von der Raumüberlassung geprägt, sodass Wohnraummietrecht anwendbar ist.268 Erhält die Pflegeleistung aber verstärktes Gewicht, kann auch bei Altenheimen, in jedem Fall aber bei Altenpflegeheimen, die Raumüberlassung so weit zurücktreten, dass die sonstigen Leistungen den Vertragscharakter bestimmen (§ 1 Heimgesetz).269 Mietrechtliche Elemente von nur untergeordneter Bedeutung enthält der Gastauf- 158 nahmevertrag mit dem Gastwirt/Restaurantbetreiber. Hier stehen die dienst-, werk- und kaufvertraglichen Elemente bezüglich der servierten Speisen und Getränke im Vordergrund. Andere Vertragselemente überwiegen gegenüber der Miete auch beim Krankenhausvertrag zwischen Patient und Krankenhausträger sowie beim Beförderungsvertrag. Bei der Beförderung mit Schiff, Bahn oder Flugzeug steht die Beförderung (sowie ggf. weitere Dienstleistungen), nicht hingegen die Raumgewährung im Vordergrund. Das
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OLG Hamm 25.8.2004 RuS 2005 104, 105. OLG Koblenz 8.7.1994 RuS 1994 410. OLG Karlsruhe 28.4.2005 NZV 2005 585. OLG Karlsruhe 28.4.2005 NZV 2005 585; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.6 AHB Rn. 42. AG Reutlingen 27.3.1992 RuS 1992 369, 370. OLG Hamm 8.6.1994 RuS 1994 409: Überlassung eines Mischpultes zur Durchführung einer Veranstaltung. BGH 29.3.1987 BGHZ 71 175, 177 = NJW
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1978 1426; BGH 18.12.1974 BGHZ 63 333, 336; OLG Düsseldorf 20.12.2001 ZMR 2002 512, 513. S. OLG Frankfurt/M. 20.6.1985 NJW-RR 1986 108; OLG Koblenz 24.5.1966 NJW 1966 2017. Gramlich Mietrecht 11. Aufl. (2010) § 535 Anm. I. 6. Gramlich Mietrecht 11. Aufl. (2010) § 535 Anm. I. 6.
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Chartern eines Beförderungsmittels ist Miete, wenn es ohne Besatzung und Ausrüstung auf Zeit gegen Entgelt erfolgt (bareboat charter oder dry lease).270 Beim Vertrag über die Aufnahme in ein Internat steht die schulische Erziehung im 159 Vordergrund, sodass es sich um einen Dienstvertrag handelt.271 Dagegen ist der Vertrag über die Aufnahme in ein Schülerwohnheim (Pensionat), in dem lediglich Unterbringung und Versorgung des Schülers gewährt werden, im Schwerpunkt Mietvertrag, selbst wenn auch gewisse Betreuungsleistungen übernommen werden, wie etwa die Beaufsichtigung von Hausaufgaben.272 Ein Vertrag über den Besuch von Oper-, Theater-, Konzert-, Sport- und ähnlichen Veranstaltungen hat zwar wegen der Platzüberlassung mietrechtlichen Einschlag, es überwiegen jedoch die werkvertraglichen Elemente, sodass grundsätzlich die §§ 631 ff. BGB zur Anwendung kommen.273 Beim Automatenaufstellvertrag treten die mietvertraglichen Elemente einer schlichten 160 Gebrauchsüberlassung gegenüber konkreten Handlungs- oder Unterlassungspflichten in den Hintergrund.274 Automatenmietverträge, bei denen der Automat gegen Entgelt überlassen und vom Übernehmer selbst aufgestellt/angebracht sowie auf eigene Rechnung betrieben wird, sind dagegen als Mietverträge zu qualifizieren. Wird der Automat gegen eine entsprechend erhöhte Miete überlassen und dem Übernehmer das Recht eingeräumt, das Gerät innerhalb eines bestimmten Zeitraums unter Anrechnung der gezahlten Miete zu erwerben, handelt es sich um Mietkauf. Verträge, durch die Räume entgeltlich und auf Zeit zum Betrieb einer Spielhalle überlassen werden, sind als Pachtverhältnis über die Räume anzusehen, wenn die Räume vom Überlassenden im Wesentlichen mit Spiel-, Waren- und Getränkeautomaten, ausgestattet sind. Verträge, durch die ein Teil einer Hauswand oder Mauer, eines Zauns oder Grundstücks zum Anbringen eines Automaten gegen Entgelt überlassen wird (Automatenanbringungsvertrag), sind als Mietverträge zu qualifizieren.275 Filmleihverträge und dgl. haben die Auswertung eines Films durch öffentliche Vor161 führung, vor allem in Kinos, zum Gegenstand. Während im Verhältnis zwischen dem Filmhersteller und dem Verleihunternehmer der Erwerb der Rechte im Mittelpunkt steht und die physische Überlassung des Films meist dazu dient, die erforderlichen Kopien zu fertigen, weist das nachgeordnete Verhältnis zwischen Verleihunternehmer und Kinobetreiber (meist als Filmbestell- oder Filmleihvertrag bezeichnet) ein starkes mietvertragliches Element auf. Letzteres wird daher als Mietverhältnis angesehen, verbunden mit einer (einfachen) Lizenz, durch die das Vorführungsrecht auf Zeit eingeräumt wird.276 Beim erstgenannten, dem eigentlichen Filmverleihvertrag, kann eine dauerhafte oder eine vorübergehende Überlassung des Ausgangsmaterials vereinbart werden. Im letzteren Fall wird verbreitet ein Pachtverhältnis angenommen.277 Bei Überlassung eines als Tankstelle eingerichteten Grundstücks handelt es sich meist um Pacht, während bei Überlassung eines unbebauten Grundstücks zur Errichtung und zum Betrieb einer Tankstelle ein Mietvertrag zu gewerblichen Zwecken näherliegt.278
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MüKo-BGB/Häublein Vorbemerkung § 535 Rn. 25. BGH 28.2.1985 NJW 1985 2585; BGH 17.12008 BGHZ 175 102, 105 = NJW 2008 1064. MüKo-BGB/Häublein Vorbemerkung § 535 Rn. 25. MüKo-BGB/Häublein Vorbemerkung § 535 Rn. 25.
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BGH 15.3.1978 NJW 1978 1155, 1156. MüKo-BGB/Häublein Vorbemerkung § 535 Rn. 27. OLG 25.6.1965 Celle NJW 1965 1667. MüKo-BGB/Häublein Vorbemerkung § 535 Rn. 31. MüKo-BGB/Häublein Vorbemerkung § 535 Rn. 32.
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6. Aus verbotener Eigenmacht abgeleiteter Besitz Der Begriff der verbotenen Eigenmacht ist der Rechtssprache entnommen und i.S.v. 162 § 858 BGB zu verstehen.279 Verbotene Eigenmacht liegt nur dann vor, wenn ein Unbefugter ohne Willen des Berechtigten den Besitz ergreift, nicht aber bei Unterlassen der Rückgabe nach Beendigung des Besitzrechts.280 Ein beschränkt Geschäftsfähiger kann nicht in verbotener Eigenmacht handeln.281 Nimmt der VN eine fremde Videoausrüstung an sich, die ihm vom Eigentümer früher bereits einmal geliehen worden war, und wird diese durch sein Verschulden zerstört, so greift der Ausschluss wegen verbotener Eigenmacht in Form der Besitzstörung.282 7. Folgeschäden Ziff. 7.6 AHB erfasst Haftpflichtansprüche „wegen Schäden an fremden Sachen und 163 allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden“. Ausgeschlossen sind somit nicht nur Schäden an gemieteten, geleasten, gepachteten, geliehenen oder aufbewahrten Sachen, sondern auch alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden des Vermieters, Leasinggebers, Verpächters, Verleihers oder Hinterlegers, die z.B. daraus resultieren, dass sie die Sache nicht anderweitig nutzen können.283 Der Begriff „Vermögensschäden“ ist somit nicht gleichbedeutend mit dem gleichlautenden Begriff in Ziff. 2.1 AHB. Vielmehr sind damit Sachfolgeschäden i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB gemeint. Versichert bleiben somit die sich aus dem Sachschaden ergebenden weiteren Schäden 164 an anderen Sachen sowie Personenschäden und sich daraus etwa ergebende weitere Vermögensschäden. Mietet der einen Kfz-Betrieb unterhaltende VN einen Industrieroboter und beschädigt mit diesem versehentlich fremde Kfz, die zur Inspektion anstehen, fallen nur der Schaden am gemieteten Roboter sowie ein dem Vermieter ggf. entstehender Mietausfall unter den Ausschluss. Versicherungsschutz besteht jedoch für die Schadensersatzansprüche der geschädigten Fahrzeughalter, soweit nicht der Ausschluss gem. Ziff. 7.7 AHB eingreift. Versichert bleiben auch die Ansprüche Dritter, die sich an der nicht ausreichend gewarteten Mietsache verletzen.284 8. Hilfspersonenklausel Der Anwendungsbereich von Ziff. 7.6 AHB wird durch die Anmerkung zu Ziff. 7.6 165 und 7.7 AHB erheblich erweitert. Sind die Voraussetzungen des Ausschlusses in der Person von Angestellten, Arbeitern, Bediensteten, Bevollmächtigten oder Beauftragten des
279 280 281
282 283
Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.7 AHB Rn. 42. OLG Düsseldorf 11.4.2000 RuS 2001 16, 18. LG Freiburg 22.2.1990 zfs 1990 137; vgl. LG München 1.10.1985 zfs 1985 184; LG Aachen 8.4.1987 VersR 1988 619. AG Köln 28.10.1994 zfs 1996 63. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.6 AHB Rn. 46; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 186. § 4 I Ziff. 6 lit. a) AHB 1999 sah den Ausschluss für alle aus dem Sachschaden sich ergebenden Vermögensschäden
284
noch nicht vor. Mit Urteil vom 17.3.1999 stellte der BGH in Bezug auf den Tätigkeitsschadenausschluss gemäß § 4 I Ziff. 6 lit. b) 1999 AHB fest, der sich ebenfalls nicht auf Folgeschäden bezog, dass der Ausschluss nur auf den unmittelbaren Sachschaden beschränkt sei. Folgeschäden würden nicht unter den Ausschluss fallen, da sich dies nicht aus dem Wortlaut der Klausel ergebe; vgl. BGH 17.3.1999 RuS 1999 192 = VersR 1999 748, 749. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 46.
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VN gegeben, so entfällt nach dieser Anmerkung gleichfalls der Versicherungsschutz, und zwar sowohl für den VN als auch für die durch den VN mitversicherten Personen. Die Begriffe der Angestellten und Arbeiter sind im arbeitsrechtlichen Sinne zu ver166 stehen. Bedienstete sollen nach weit verbreiteter Meinung diejenigen sein, die Dienste höherer Art nach § 611 Abs. 2 BGB leisten, wie z.B. Ärzte und Anwälte.285 Dies dürfte sich mit dem heutigen Sprachverständnis indes nicht mehr vereinbaren lassen.286 Zu Recht bemerkt v. Rintelen, dass durchschnittliche VN Bedienstete wohl eher mit Dienstboten gleichsetzen dürften. Er mag hierunter noch Gärtner und Putzhilfen verstehen, aber keine Ärzte oder Anwälte.287 Bevollmächtigte sind nur rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte, nicht aber gesetzliche Vertreter, deren Verhalten sich der VN stets zurechnen lassen muss.288 Beauftragter ist derjenige, der eine vom VN veranlasste oder zumindest gebilligte Tätigkeit erbringt, ohne dass es darauf ankommt, ob er diese selbstständig oder unselbstständig, entgeltlich oder unentgeltlich ausführt.289 Dabei ist zu beachten, dass die Hilfspersonenklausel – soweit sie sich auf Ziff. 7.6 AHB bezieht – eine „Beauftragung“ in Bezug auf den Besitz verlangt. Durch die Hilfspersonenklausel soll verhindert werden, dass der VN den Ausschluss 167 dadurch umgeht, dass er die fremde Sache etwa durch einen Angestellten im eigenen Namen mieten lässt. Dieser Zweck begrenzt zugleich die Reichweite der Klausel. Sie greift nur ein, wenn die von der Hilfsperson ausgeübte Tätigkeit zu der gewerblichen oder beruflichen Sphäre des VN gehört, also etwa in dessen Betrieb ausgeübt wird. Schäden an Sachen, die die Mitarbeiter des VN für sich privat gemietet haben und für sich privat nutzen, bleiben dagegen versichert.290 Es wäre völlig unverständlich, wenn ein VN, der ein von seinem Mitarbeiter abgestelltes Kfz beschädigt, dafür Deckung genösse, wenn der Arbeitnehmer Eigentümer dieses Kfz wäre, nicht aber, wenn dieser es gemietet oder sich geliehen hätte. Gerade der Umstand, dass anders als beim Eigenschaden des VN dann Versicherungsschutz bestünde, wenn der betreffende Mitarbeiter Eigentümer der beschädigten Sache wäre, zeigt den Widersinn, der darin liegt, die Hilfspersonenklausel in Bezug auf die Besitzklausel immer Anwendung finden zu lassen, wenn nur eine der genannten Personen einen Vertrag der erwähnten Art geschlossen hat. Auf andere als die aufgezählten Personengruppen ist die Klausel nicht anwendbar.291 168 Dies bedeutet, dass z.B. Ehegatten und auch mitversicherte Kinder nicht hierunter fallen, soweit sie nicht zugleich in einer dort ausdrücklich aufgeführten Eigenschaft tätig sind. Eine Einbeziehung dieses letztgenannten Personenkreises der Familienangehörigen verbietet sich nach Sinn und Zweck des Ausschlusses auch, soweit diese nicht auf Veranlassung des VN, sondern originär und eigenverantwortlich tätig werden.292 Eine Umgehung des Ausschlusses droht dann nämlich nicht. Beschädigt z.B. der auf einer Ferienreise befindliche (nach dem primären Deckungsumfang der Privathaftpflichtversicherung generell mitversicherte) minderjährige Sohn das von ihm gemietete Hotelzimmer, so entfällt zwar nach Ziff. 27.1 AHB für ihn der Deckungsschutz, nicht aber für den wegen Verletzung
285
286 287 288
Späte § 4 Rn. 163; einschränkend auf ständige Dienstverhältnisse Wussow § 4 Anm. 70. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 92. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 92. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 92.
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289 290 291
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Littbarski AHB § 4 Rn. 296; Späte § 4 Rn. 163. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 87. OLG Köln 16.12.1993 VersR 1994 1220; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 87; Späte § 4 Rn. 164. OLG Köln 16.12.1993 VersR 1994 1220.
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der Aufsichtspflicht belangten VN. Gleiches gilt für die Einschaltung von eigenverantwortlichen und selbstständigen Subunternehmern.293 Sie zählen im Hinblick auf die Zwecksetzung der Klausel nur dann zu den Hilfspersonen, wenn sie im Rahmen ihrer Beauftragung Besitz halten. So liegt der Fall, wenn der VN den Subunternehmer mit der Anmietung von Baugerät für seine eigenen Zwecke beauftragt.294 9. Abbedingung Nach Ansicht der Rechtsprechung beinhaltet allein die Mitversicherung betriebsüb- 169 licher Risiken, insbesondere als Eigentümer, Mieter, Pächter oder Leasingnehmer von Grundstücken, Gebäuden und Räumlichkeiten in der Betriebshaftpflichtversicherung keine Abbedingung der Ziff. 7.6 AHB.295 Etwas anderes gilt dann, wenn gerade die Tätigkeit als Verwahrer Gegenstand des Versicherungsschutzes ist.296 10. Wiedereinschlüsse a) Privathaftpflichtversicherung. In der Privathaftpflichtversicherung wird der Aus- 170 schluss von Mietsachschäden durch Ziff. 5.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht erheblich modifiziert: 5. Außerdem gilt: 5.1. … 5.2 Für den Einschluss von Mietsachschäden (1) Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.6 AHB – die gesetzliche Haftpflicht aus der Beschädigung von Wohnräumen und sonstigen zu privaten Zwecken gemieteten Räumen in Gebäuden und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. (2) Ausgeschlossen sind Haftpflichtansprüche wegen – Abnutzung, Verschleiß und übermäßiger Beanspruchung, – Schäden an Heizungs-, Maschinen-, Kessel- und Warmwasserbereitungsanlagen sowie an Elektro- und Gasgeräten und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, – Glasschäden, soweit sich der VN hiergegen besonders versichern kann, – Schäden infolge von Schimmelbildung. Die Höchstersatzleistung beträgt innerhalb der Versicherungssumme für Sachschäden je Versicherungsfall EUR ......, begrenzt auf EUR ...... für alle Versicherungsfälle des Versicherungsjahres.
aa) Mietsachschäden. Versicherungsschutz besteht nur für unter das Privathaftpflicht- 171 risiko fallende Sachschäden an der Wohnung und sonstigen zu privaten Zwecken gemieteten Räumen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden (= Sachfolgeschäden). Versicherungsschutz für Mietsach(folge-)schäden durch Tiere besteht nur für die in Ziff. 1.7 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht genannten zahmen Haustiere, gezähmte Kleintiere und Bienen (Ziff. 3 AHB Rn. 115 f.). Durch Hunde angerichtete Mietsachschäden bleiben deshalb für den Halter unversichert.297
293
294 295
OLG Karlsruhe 18.1.1990 VersR 1990 845, 846; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 Rn. 50; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 88. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 94. BGH 9.6.2004 RuS 2004 371, 372; OLG Düsseldorf 2.12.1986 VersR 1988 393; vgl. auch Schlegelmilch VersR 1993 176.
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297
Vgl. OLG München 28.5.1993 VersR 1993 1517 (Möbelspedition und Lagerung ohne direkten Umschlag von und zum Schiff); s. auch OLG Hamm 14.1.1987 RuS 1987 99 (zum Einschluss von Gewahrsamsschäden bei Land- und Forstwirtschaft). OLG Köln 16.2.2010 RuS 2010 374; OLG Düsseldorf 15.11.1994 RuS 1995 91 =
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bb) Ziff. 5.2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX
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(1) Mietverhältnis. Voraussetzung für die Deckung ist, dass die Räume zu privaten Zwecken gemietet sind. Mietsachschäden an gepachteten oder geleasten Räumen sind nicht versichert. Der Schaden muss während der Mietzeit engetreten sein.298 Die Klausel soll den durch Ziff. 7.6 AHB bewirkten Ausschluss von Mietsachschäden für den Bereich der privaten Haftpflichtversicherung teilweise abbedingen. Wendet man mit der h.A. Ziff. 7.6 AHB auch auf nicht rechtswirksam geschlossene Mietverträge an (Rn. 127), kann für die Deckungserweiterung nichts anderes gelten.299 Lässt man Ziff. 7.6 AHB dagegen nur bei wirksamen Mietverhältnissen eingreifen, besteht kein Bedürfnis für einen Wiedereinschluss bei unwirksamen Mietverträgen.
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(2) Wohnräume und sonstige zu privaten Zwecken gemietete Räume in Gebäuden. Dem Begriff des Wohnraums kommt in unterschiedlichen Regelungszusammenhängen unterschiedliche Bedeutung zu. Nach dem in § 549 Abs. 1 BGB zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Sondervorschriften für die Wohnraummiete verwendeten Begriff des Wohnraums fällt hierunter jeder nach dem Vertrag zum Wohnen bestimmte Raum, d.h. ein von Boden, Wänden und Dach umschlossenes Bauwerk oder ein entsprechender Teil davon. Wohngelegenheiten in beweglichen Sachen wie Baubaracken, Wohnwagen und Schiffen sind kein Wohnraum300, wohl aber Räume in Containern, die fest mit dem Grund und Boden verbunden sind.301 Auf die Eignung des Wohnraums kommt es nicht an. Zum Wohnraum gehören Nebenräume wie Keller, Bodenräume, Waschküchen und Trockenräume sowie Räume und Baulichkeiten außerhalb des Wohngebäudes wie Schuppen, Garagen, Gartenlauben und Ställe, wenn sie dem Wohnbereich zuund untergeordnet und in den Wohnraummietvertrag eingeschlossen sind.302 Der Begriff des Wohnraums nach dem Wohngeldgesetz ist – verständlicherweise – 174 enger. Nach § 2 WoGG muss es sich handeln um „Räume, die vom Verfügungsberechtigten zum Wohnen bestimmt und hierfür nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung tatsächlich geeignet sind“. Nicht zum Wohnen bestimmt sind Geschäftsräume, gewerblich genutzte Flächen und Notunterkünfte (z.B. Schlafstellen, Sammellager, Turnhallen). Bei gemischter Zweckbestimmung (z.B. Wohnbüro) ist nur der zum Wohnen bestimmte Teil Wohnraum.303 Die Eignung des Raums zum Wohnen beurteilt sich nach der baulichen Anlage und der Ausstattung.304 Nicht zum Wohnen geeignet sind Zelte. Ein Wohnwagen kann Wohnraum sein, wenn sein Zweck dahingehend geändert wurde, dass in ihm dauerhaft an einem Ort gewohnt werden soll.305 § 5 WiStG spricht nicht von der Vermietung von Räumen als Wohnung oder Wohn175 raum, sondern von der Vermietung von „Räumen zum Wohnen“. Dieser Begriff ist weiter als der in § 549 Abs. 1 BGB benutzte Begriff.306 Es kommt nicht darauf an, zu welchem Zweck der Raum errichtet worden oder zu welchem er geeignet ist. Entscheidend ist, dass er zum Wohnen, sei es auch nur zum Schlafen, benutzt werden soll.307 Zu „Räu-
298 299 300 301 302
VersR 1995 1343; LG Frankfurt/M. 15.1.1997 VersR 1998 1412; Prölss/Martin/ Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 3. Späte PrivH Rn. 45. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5.2 Rn. 7. MüKo-BGB/Bieber § 549 Rn. 3. MüKo-BGB/Bieber § 549 Rn. 3. MüKo-BGB/Bieber § 549 Rn. 3.
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303 304 305 306 307
BeckOK WoGG/Winkler § 2 Rn. 2. BeckOK WoGG/Winkler § 2 Rn. 3. VG Trier 14.4.2011 BeckRS 2011 50450. Vgl. Erbs/Kohlhaas/Lampe § 5 WiStG Rn. 2. BayObLG 21.2.1966 BayObLGSt. 1966 24, 25; Erbs/Kohlhaas/Lampe § 5 WiStG Rn. 2.
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men zum Wohnen“ in diesem Sinne zählen daher nicht nur Wohnungen, Zimmer, Appartements, Räume in Boarding-Häusern und ähnlichen Gewerbebetrieben, sondern auch Räume, die üblicherweise nicht zum Wohnen vermietet werden, wie Schlafstellen in Kellern und Böden, sowie nur vorübergehend zum Wohnen überlassene Räume in Werkhallen, Lagerräumen, Geräteschuppen, Scheunen, Wohnwagen u.ä. Auch Notquartiere in Gebäuden, Schiffen und abgestellten Eisenbahnwaggons können Räume zum Wohnen sein.308 Im Hinblick darauf, dass Ziff. 5.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht auch alle „sonstigen zu privaten Zwecken gemieteten Räume in Gebäuden“ umfasst, kann es hier dahinstehen, wie eng man den Begriff des Wohnraums fasst, da auch Nebenräume wie z.B. Keller, Waschküche, Trockenboden oder Hausflur309 oder einzeln stehende feste Garagen310 in jedem Fall von der Deckungserweiterung mit umfasst sind. Eine Abgrenzung wird nur erforderlich, wenn Schiffe, Wohnwagen, Eisenbahnwaggons u.ä. betroffen sind. Da die Rechtssprache mit dem Begriff des Wohnraums nach dem zuvor Gesagten keinen fest umrissenen Begriff verbindet, kommt es auf die Verkehrsauffassung an. Danach dürften unter Wohnraum jedenfalls auch solche Räume zu verstehen sein, in denen eine Person oder mehrere Personen bestimmungsgemäß ein häusliches Leben führen können. Wohnräume i.S.v. Ziff. 5.2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht müssen deshalb nicht notwendig in einem Gebäude liegen.311 Die Führung eines häuslichen Lebens ist grundsätzlich auch auf Schiffen, in Wohnwagen oder Eisenbahnwaggons möglich. Entscheidend ist insoweit die tatsächliche Nutzung als Wohnraum. In diesen Fällen ist jedoch erforderlich, dass der Schaden an dem versicherten Wohnraum eintritt. Daran fehlt es, wenn an einer vornehmlich zu Wohnzwecken genutzten Yacht der Dieseltank beschädigt wird.312 Zelte wird man nicht zum Wohnraum zählen können.313 Zu den Wohnräumen gehören aber auch mitgemietete angrenzende Terrassen und Balkone.314 Abzulehnen ist insofern die Entscheidung des LG Köln, wonach eine zur Mietwohnung gehörende freiliegende und nicht umschlossene Dachterasse nicht mitversichert sein soll.315 Die gemeinschaftliche Nutzung von Wohnraum durch mehrere Mieter ist ohne Einfluss auf die Deckung.316 Wird Wohnraum nicht nur zu Wohnzwecken oder werden Räume in Gebäuden nicht nur zu privaten, sondern auch zu geschäftlichen Zwecken benutzt, darf der geschäftliche Zweck nicht überwiegen (§ 100 VVG Rn. 74 f.). Ergänzend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch dem Begriff des Gebäudes keine einheitliche Bedeutung zukommt. Unter den in §§ 94 f. BGB zur Bestimmung der Bestandteilseigenschaft einer Sache verwendeten Gebäudebegriff, der in seiner sachenrechtlichen Zielsetzung auf eine Erhaltung wirtschaftlicher Werte sowie die Wah-
308 309 310
311 312
Erbs/Kohlhaas/Lampe § 5 WiStG Rn. 2. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7. LG Bielefeld 18.5.1988 VersR 1989 246; vgl. auch OLG Oldenburg 14.12.1994 RuS 1995 292 = VersR 1995 909. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7. LG Düsseldorf 31.3.2000 NVersZ 2001 429, 430 = VersR 2001 321, 322; Prölss/Martin/ Lücke Ziff. 5.2 Rn. 5.
313
314 315 316
Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7; vgl. auch OLG Oldenburg 14.12.1994 RuS 1995 292 = VersR 1995 909. Späte PrivH Rn. 45. LG Köln 11.5.1988 zfs 1988 257. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7.
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rung rechtssicherer Vermögenszuordnungen ausgerichtet ist, werden etwa auch Brücken und Windkraftanlagen sowie vereinzelt sogar Mauern gefasst.317 Dagegen steht in steuerrechtlichen Bewertungszusammenhängen die Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen im Vordergrund, was zu anderen Abgrenzungsergebnissen führen kann. Nach der Verkehrsaufassung dürften vom Begriff des Gebäudes i.S.v. Ziff. 5.2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht nur Bauwerke umfasst sein, die durch räumliche Umfriedung Schutz gewähren und den Eintritt von Menschen gestatten.318 Mitversichert sind auch Schäden an mit dem Wohnraum/dem Gebäude fest verbunde180 nen Einrichtungsgegenständen – also in der Regel an Sachen, die zugleich wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes i.S.v. § 94 Abs. 2 BGB sind. Zu nennen sind etwa Badewannen, Waschbecken, fest verlegter Teppichboden und Einbauküchen319, wobei aber der Ausschluss für Schäden an Heizungs-, Maschinen-, Kessel- und Warmwasserbereitungsanlagen sowie an Elektro- und Gasgeräten in Ziff. 5.2 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht zu beachten ist (Rn. 184). Nicht unter den Versicherungsschutz fallen Haftpflichtansprüche wegen Schäden an Waschmaschinen, gemieteten Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen, wie lose verlegten Teppichen.320 cc) Ziff. 5.2 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX
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(1) Schäden wegen Abnutzung, Verschleiß und übermäßiger Beanspruchung (1. Spiegelstrich). Nicht vom Wiedereinschluss nach Ziff. 5.2 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht erfasst sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Abnutzung, Verschleiß und übermäßiger Beanspruchung (1. Spiegelstrich). Soweit der Ausschluss Abnutzung oder Verschleiß von gemieteten Räumen betrifft, kommt ihm keine große Bedeutung zu, da derartige Schäden nicht vom Mieter zu vertreten sind (§ 538 BGB). Hier geht es dem VR darum, nicht für die Abwehr ungerechtfertigt erhobener Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter Sorge tragen zu müssen.321 Hat sich der Mieter vertraglich zur Erhaltung verpflichtet, bestünde für einen hierauf gestützten Schadensersatzanspruch nach Ziff. 1.2 (1) AHB keine Deckung.322 Für Schäden infolge übermäßiger Beanspruchung haftet der Mieter nach §§ 280, 241 182 Abs. 2 BGB, wenn und soweit die übermäßige Beanspruchung den vertragsgemäßen Gebrauch überschreitet. Die übermäßige Beanspruchung der Mietsache muss den Schaden herbeigeführt haben. Die Beeinträchtigung muss also durch einen „grundsätzlich vertragsgemäßen, jedoch in der Intensität gesteigerten Gebrauch entstehen“323, nicht hingegen durch eine schon ihrer Art nach (auch ohne Übermaß) falsche Behandlung der Mietsache (im Fall: Verwendung eines ungeeigneten – doppelseitig klebenden – Teppichklebebandes und Benutzung eines falschen Teppichreinigungsmittels mit der Folge, dass sich der Teppichboden in der Mietwohnung verfärbte und vom Untergrund löste).324 Schäden, die nur gelegentlich der Benutzung fahrlässig verursacht werden, fallen nicht unter den Ausschluss.325
317 318
319 320 321
Vgl. BGH 17.11.2010 NJW 2011 380. Allgemeiner Gebäudebegriff, vgl. Staudinger/Jickeli/Stieper § 94 Rn. 23; Soergel/ Marly § 94 Rn. 4. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7; Späte PrivH Rn. 45. Späte PrivH Rn. 45. Späte PrivH Rn. 46.
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Wussow WJ 1978 123, 124; Späte PrivH Rn. 46. AG Biberach 23.3.1993 und LG Ravensburg 24.6.1993 VersR 1994 340, 341. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7. Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7.
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Um eine allzu starke Einengung des Deckungsbereichs der Mietsachschadenklausel zu 183 vermeiden, wird man für eine „übermäßige Beanspruchung“ verlangen müssen, dass eine Sache während längerer Zeit über das übliche Maß hinaus in Gebrauch genommen wird.326 Dies soll nach Rechtsprechung der Fall sein, wenn es zu Kratzspuren an Türen durch Haustiere (z.B. Katzen) kommt,327 nicht aber bei Beschädigung des Kunststoffbodens beim Herausreißen der Teppichbodenfliesen.328 Schäden durch das Aufkleben von Teppichfliesen sind nicht versichert, wenn der Mieter mit dem Aufkleben der Teppichfliesen dem Schadensrisiko begegnen will, dass sein Hund die Treppe zerkratzt.329 (2) Schäden an Heizungs-, Maschinen-, Kessel- und Warmwasserbereitungsanlagen 184 sowie an Elektro- und Gasgeräten (2. Spiegelstrich). Keine Deckung besteht für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an Heizungs-, Maschinen-, Kessel- und Warmwasserbereitungsanlagen sowie an Elektro- und Gasgeräten. Der Ausschluss wegen Schäden an diesen technischen Anlagen und Geräten ist erforderlich, weil die VR keine Deckung für anfallende Wartungskosten übernehmen wollen.330 Dabei ist unerheblich, ob der Schaden von außen an das Gerät herangetreten ist, oder ob das Gerät selbst das schadenverursachende Ereignis herbeigeführt hat.331 (3) Glasschäden (3. Spiegelstrich). Glasschäden an der Mietsache sind ausgeschlos- 185 sen, soweit sich der VN hiergegen besonders versichern kann. Nach Lücke wird der durchschnittliche VN diese Formulierung dahingehend verstehen, dass diese Versicherung von dem eigenen VR angeboten werden muss und auch tatsächlich angeboten worden ist.332 Diese Auslegung ist sehr fraglich, da es nach dem Wortlaut nur darauf ankommt, dass der Abschluss einer Glasversicherung möglich ist. Es kommt also nicht darauf an, ob der VN eine Glasversicherung abgeschlossen hat, die Glasschäden des Vermieters abdeckt. Der Sache nach handelt es sich um eine qualifizierte Subsidiaritätsklausel. Da durch eine Glasversicherung nur die in dem Versicherungsschein bezeichneten Gebäude oder Räume von Gebäuden eintretenden Glasschäden versichert sind (vgl. § 5 AGlB 2010 333), sind Schäden an Fenstern in Hotelzimmern oder Ferienwohnungen in der Privathaftpflichtversicherung versichert.334 (4) Schimmelschäden (4. Spiegelstrich). Keine Deckung besteht für Schäden infolge 186 von Schimmelbildung, die z.B. darauf beruht, dass der Mieter die Wohnung mangelhaft lüftet oder falsch heizt. Schimmel steht für Schimmelpilz. Der Zweck dieses Ausschlusses ist darin zu erblicken, dass wegen der verschiedenen Einflussfaktoren (Raumnutzung, Feuchtigkeitsursache) für Schimmelpilzbildung der Nachweis des Schadensursprungs und der Verantwortlichkeit schwierig ist. dd) Regressverzicht nach dem Abkommen der Feuerversicherer (Ziff. 5.3 Muster- 187 Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht 2007). In der Neufassung der Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht 2011 ist der Ausschluss von Rückgriffsansprüchen 326 327 328
329 330 331
LG Trier 14.31985 zfs 1985 248. LG Trier 14.31985 zfs 1985 248. A.A. LG Wuppertal 16.7.1981 zfs 1981 316; AG Berlin-Wedding 18.1.1979 VersR 1979 638. OLG Oldenburg 12.5.2004 zfs 2004 374. Späte PrivH Rn. 47; Kuwert/Erdbrügger PrivH Rn. 5029. AG Bonn 13.2.1987 zfs 1988 151, 152.
332 333
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Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv.de/wp-content/uploads/ 2013/01/AGlB_2010_Glasversicherung2013.pdf. Späte PrivH Rn. 48; Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV BesBed PHV Ziff. 5.2 Rn. 7.
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Haftpflichtversicherung
gem. Ziff. 5.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht 2007 gestrichen worden, die unter den Regressverzicht nach dem Abkommen der Feuerversicherer (RVA) bei übergreifenden Versicherungsfällen fallen. Dieser Ausschluss hatte zur Folge, dass die Haftpflichtversicherer nicht leisten mussten, wenn der Feuerversicherer den Mieter als Quasi-VN im Wege des Regressverzichts schützte (Vor §§ 100–112 Rn. 11). Ziff. 5.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht 2007 hatte somit die Bedeutung einer einfachen, die umfassend erteilte Leistungszusage einschränkenden Subsidiaritätsabrede. Anlass für die Streichung gab das Urteil des BGH vom 27.1.2010, in dem er diesen Ausschluss nach § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB für unwirksam befand, weil er in seinen praktischen Auswirkungen geeignet sei, den versprochenen Versicherungsschutz auszuhöhlen.335 b) Wiedereinschluss in der Betriebshaftpflichtversicherung 7.1.3.4 Mietsachschäden 7.1.3.4.1 Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.6 AHB – die gesetzliche Haftpflicht wegen Schäden, die anläßlich von Dienst- und Geschäftsreisen an gemieteten Räumen in Gebäuden entstehen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. 7.1.3.4.2 Falls besonders vereinbart, gilt: Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.6 AHB – die gesetzliche Haftpflicht wegen Schäden an zu betrieblichen Zwecken gemieteten (nicht geleasten) Gebäuden und/oder Räumen (nicht jedoch an Einrichtung, Produktionsanlagen und dgl.) und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden durch Brand, Explosion, Leitungswasser und – insoweit abweichend von Ziff. 7.14 (1) AHB – durch Abwässer. Die Höchstersatzleistung beträgt innerhalb der Versicherungssumme für Sachschäden je Versicherungsfall EUR ......, begrenzt auf EUR ...... für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres.
Nach Ziff. 7.1.3.4.1 Muster-Bedingungsstruktur AT ist die gesetzliche Haftpflicht wegen solchen Mietsachschäden standardmäßig versichert, die anlässlich von Dienst- und Geschäftsreisen an gemieteten Räumen in Gebäuden entstehen, sowie alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. Nur nach besonderer Vereinbarung besteht nach Ziff. 7.1.3.4.2 Muster-Bedingungs189 struktur AT Deckung wegen Schäden an zu betrieblichen Zwecken gemieteten (nicht geleasten) Gebäuden und/oder Räumen (nicht jedoch an Einrichtung, Produktionsanlagen und dgl.) und wegen sich daraus ergebender Vermögensschäden durch Brand, Explosion, Leitungswasser und – insoweit abweichend von Ziff. 7.14 (1) AHB – durch Abwässer.
188
VI. Tätigkeitsschäden (Ziff. 7.7 AHB) Schrifttum Nickel Der Tätigkeitsschaden in der Betriebshaftpflichtversicherung VersR 1987 965; Rottmüller Zur Anwendung der „Tätigkeitsklausel“ in § 4 I Ziff. 6b AHB VersR 1986 843.
1. Sinn und Zweck
190
Ziff. 7.7 AHB ist inhaltlich identisch mit der Nachfolgeregelung zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB 2002, deren Anwendungsbereich gegenüber älteren Fassungen im Anschluss an das Urteil des BGH vom 3.5.2000 336 auf sog. Benutzungsschäden und Wirkbereichsschäden
335 336
BGH 27.1.2010 RuS 2010 154, 155. BGH 3.5.2000 RuS 2000 449, 450 = VersR
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2000 963, 964; Aufgabe von BGH 25.9.1961 VersR 1961 974.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
ausgedehnt wurde.337 Obgleich man deshalb an sich vom Tätigkeits-, Benutzungs- und Wirkbereichsschadensausschluss sprechen müsste,338 wird nachfolgend zur Vereinfachung an der Verwendung des eingebürgerten Begriffs des Tätigkeitsschadensausschlusses festgehalten. Die Erweiterung gilt es bei der Betrachtung der Rechtsprechung zu älteren Fassungen zu berücksichtigen. Mit dem Tätigkeitsschadensausschluss soll einerseits dem Umstand Rechnung getra- 191 gen werden, dass der gewerblich oder beruflich tätige VN durch unmittelbares Bearbeiten einer Sache (= Ausschlussobjekt) diese in erhöhtem Maße der Gefahr einer Beschädigung aussetzt.339 Andererseits will der VR verhindern, dass der VN im Hinblick auf das Bestehen von Versicherungsschutz in qualitativer und quantitativer Hinsicht an personeller und sachlicher Ausstattung spart. Ziff. 7.7 AHB dient deshalb vor allem dazu, der Gefahr des Moral Hazard – hier hinsichtlich der Eingehung unternehmerischer Risiken – zu begegnen.340 Entgegen einigen Stimmen aus der Literatur341 kann nichts Gegenteiliges aus der Praxis hergeleitet werden, dass Tätigkeitsschäden in den Fällen, in denen Tätigkeiten an fremden Sachen berufstypisch sind,342 zu reduzierten Deckungssummen wieder in den Deckungsbereich der Betriebshaftpflichtversicherung eingeschlossen werden. Moral Hazard kann auf allen Ebenen der Risikoabgrenzung und mit allen Mitteln der Versicherungstechnik begegnet werden. Hierzu zählen nicht nur Selbstbehalte auf der Ebene der primären Risikoabgrenzungsebene,343 sondern eben auch Wiedereinschlüsse mit Sublimit (Tertiärebene). Der Tätigkeitsschadensausschluss benachteiligt den VN nicht unangemessen i.S.v. 192 § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, und zwar auch insoweit nicht, als er Benutzungsschäden und Wirkbereichsschäden umfasst.344 Erstens handelt es sich bei Schäden an den zu bearbeitenden und/oder zu benutzenden Sachen um ein für den VN kalkulierbares Risiko.345 Zweitens kann der VN den Versicherungsschutz für Wirkbereichsschäden nach Ziff. 7.7 (3) letzter Halbs. AHB sicherstellen, indem er zum Zeitpunkt der Tätigkeit die notwendigen Schutzvorkehrungen zur Vermeidung solcher Schäden trifft. Die Voraussetzungen für das Eingreifen des Ausschlusses sind – wie nachstehend deutlich wird – hinreichend bestimmt, sodass auch keine Bedenken hinsichtlich des Transparenzgebotes des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB bestehen.346
337
338 339
340
Zur Entwicklung der Tätigkeitsschadenklausel s. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 191. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 191. OLG Frankfurt/M. 11.1.2006 RuS 2007 55, 56 = VersR 2007 640, 641; OLG Köln 5.3.1987 RuS 1988 6, 7 = NJW-RR 1987 1052, 1053; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 AHB Rn. 47; Späte § 4 Rn. 128; Littbarski Ziff. 4 Rn. 219. Vgl. auch BGH 21.5.1959 VersR 1959 499 = NJW 1959 1492, 1493; OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 393 = BeckRS 2009 08817; LG Düsseldorf 25.6.2003 NJW-RR 2003 1679; LG Berlin 5.1.1988 VersR 1989, 281; Littbarski AHB § 4 Rn. 219.
341
342 343 344 345
346
Späte § 4 Rn. 129; Beckmann/MatuscheBeckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 55; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 190. Hierzu Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7. AHB Rn. 49. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 55. Krit. Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 68. Vgl. auch OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 393 = BeckRS 2009 08817; LG Berlin 5.1.1988 VersR 1989 281; AG Aachen 6.6.1995 VersR 1996 1228; Späte § 4 Rn. 128; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 190. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 204 zu Ziff. 7.7 (2) AHB; Späte § 4 Rn. 162.
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Haftpflichtversicherung
2. Schäden an fremden Sachen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden
193
Der Tätigkeitsschadensausschluss umfasst nicht nur Schäden an fremden Sachen, die Gegenstand einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des VN gewesen sind, ihrer Durchführung gedient oder sich im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Tätigkeit befunden haben, sondern auch alle daraus resultierenden Vermögensschäden (= Sachfolgeschäden). Somit ist die Rechtsprechung des BGH zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB hinfällig, derzufolge Nutzungsausfallschäden ersatzfähig seien, weil Folgeschäden in der Klausel nicht erwähnt würden.347 Nach der Rechtsprechung greift der Ausschluss nur ein, wenn der VN Kenntnis davon hatte, dass es sich bei der Sache, an der er tätig wird, um eine fremde handelt (vgl. Rn. 126).348 Dabei spielt es keine Rolle, ob der Auftraggeber auch der Eigentümer der beschädigten fremden Sache ist.349 Verkauft der VN versehentlich fremdes Vieh anstelle des eigenen zum Schlachten, greift Ziff. 7.7 AHB somit nicht ein. 3. Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
194
Ziff. 7.7 AHB setzt eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN (oder der ihm gleichgestellten Personen; vgl. dazu Rn. 165 ff.) voraus. Keine Anwendung findet der Ausschluss in der Privathaftpflichtversicherung.350 Folglich kann auf die in der Kommentierung zu Ziff. 1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht vorgenommene Abgrenzung zwischen gewerblicher, beruflicher und privater Tätigkeit verwiesen werden (Ziff. 3 AHB Rn. 13 ff.). Dient die Tätigkeit sowohl gewerblichen/beruflichen als auch privaten Zwecken, darf der gewerbliche/berufliche Zweck nicht überwiegen (§ 100 VVG Rn. 74 f.). 4. Tätigkeitsbegriff
195
Ziff. 7.7 (1) AHB nennt als Beispiele für gewerbliche oder berufliche Tätigkeiten „Bearbeitung, Reparatur, Beförderung, Prüfung und dgl.“ Die Aufzählung ist nicht erschöpfend („und dgl.“). Andere auf die Erfüllung des Auftrags gerichtete Tätigkeiten fallen ebenfalls unter den Ausschlusstatbestand.351 Maßgebend ist eine bewusste und gewollte Einwirkung auf die fremde Sache, wobei es auf die Intensität der Einwirkung nicht ankommt. Nicht erforderlich ist, dass die schadenstiftende Handlung selbst bewusst und gewollt vorgenommen wird.352 In diesem Fall wäre der Anwendungsbereich der Ziff. 7.1 AHB betroffen.
347
348
349 350
BGH 17.3.1991 RuS 1999 192, 193; BGH 12.11.1997 RuS 1998 58 = VersR 1998 228, 229; BGH 21.9.1983 BGHZ 88 228, 231 = VersR 1984 750. BGH 21.5.1959 VersR 1959 499 = NJW 1959 1492, 1493; BGH 7.12.1959 VersR 1960 109, 110; BGH 3.3.1966 VersR 1966 434, 435 = NJW 1966 1073, 1074; BGH 16.5.1966 VersR 1966 625; zum österreichischen Recht ÖOGH 21.12.1994 VersR 1996 219, 220. KG 19.8.2008 NJOZ 2009 1704, 1711. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV
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351 352
Rn. 194; teilweise anders Späte § 4 Rn. 132; Kuwert Rn. 4124; wohl auch Littbarski AHB § 4 Rn. 220 und 225; Schmalzl/ Krause-Allenstein Rn. 187. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 61; Späte § 4 Rn. 130. BGH 12.11.1997 VersR 1998 228, 229; BGH 3.3.1966 VersR 1966 434 = NJW 1966 1073 f.; BGH 7.12.1959 VersR 1960 109; BGH 21.5.1959 VersR 1959 499 = NJW 1959 1492, 1493; BGH 27.10.1955 VersR 1955 706 = NJW 1956 23, 24; OLG Hamm 28.2.1996 VersR 1997 608.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Ein besonderes Besitz- oder Gewaltverhältnis ist nicht erforderlich,353 kann aber im 196 Rahmen eines Werkvertrages oder eines Kaufvertrages (im Zuge der Mangelbeseitigung) bestehen. Soweit ein besonderes Verwahrungsverhältnis an den zu bearbeitenden Sachen besteht oder der VN gemietete, geleaste oder geliehene Werkzeuge einsetzt, greift auch der Ausschluss gem. Ziff. 7.6 AHB ein.354 Gleichgültig ist, ob die Einwirkung zur Erfüllung des jeweiligen Auftrages des VN notwendig war bzw. von ihm als erforderlich angesehen wurde,355 oder ob sie irrtümlich erfolgte (Bsp.: VN demontiert versehentlich anstelle der defekten Rohrleitung des A die intakte Rohrleitung des B)356 oder dem Zweck des Auftrages widersprach.357 Nicht erforderlich ist, dass die Tätigkeit an der beschädigten Sache Endzweck der geplanten unternehmerischen Arbeitsleistung ist.358 Unerheblich ist, ob eine vertragliche Beziehung zwischen VN und Gläubiger/Geschädigtem bestand.359 Grundsätzlich fallen auch Mangelbeseitigungsmaßnahmen im Rahmen der Nach- 197 erfüllung (§§ 439, 635 BGB) sowie darüber hinausgehende Maßnahmen zum Zwecke der Schadensminderung oder -beseitigung unter die Tätigkeitsklausel,360 sodass für (weitere) Schäden an dem Ausschlussobjekt infolge des Versuchs der Mängelbeseitigung oder Schadensminderung keine Deckung besteht:361 Bei einem Bearbeitungsschaden kann sich der VR auf einen Leistungsausschluss nach Ziff. 7.7 AHB nicht berufen, wenn der Schaden im Wesentlichen bereits durch eine vorausgegangene, nicht unter den Ausschlusstatbestand fallende Tätigkeit des VN herbeigeführt wurde und der VN hiernach nur bei dem Versuch, eine Ausdehnung des Schadens zu verhindern, unter den Ausschluss fallende fehlerhafte Maßnahmen ergriffen hat. Maßnahmen, mit denen der VN seiner Obliegenheit zur Schadensminderung (Ziff. 25.2 S. 1 AHB, § 82 VVG) nachkommen will, berechtigen ihn unter den Voraussetzungen des § 83 VVG zum Aufwendungsersatz.362 Zu beachten ist jedoch, dass keine Obliegenheit zur Schadensminderung besteht, 198 wenn ein Risikoausschluss eingreift363 und damit auch kein Anspruch aus § 83 VVG.364 Besteht für den ursprünglichen Schaden an der Sache wegen Eingreifens der Tätigkeitsklausel kein Versicherungsschutz, sind somit auch alle auf die Sache bezogenen Schadensminderungsmaßnahmen nicht als Rettungskosten ersatzfähig. Dies gilt selbst dann, wenn es dem VN darum geht, Folgeschäden an anderen Sachen zu verhindern, weil es einen Rettungskostenersatz vor Eintritt des Versicherungsfalles in der Haftpflichtversicherung nur bei entsprechender Vereinbarung gibt (vgl. § 90 VVG).365
353 354 355
356
357
OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 393 = BeckRS 2009 08817. Vgl. BGH 3.3.1966 VersR 1966 434, 435 = NJW 1966 1073. LG Koblenz 2.5.1974 VersR 1975 630; Späte § 4 Rn. 130; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 AHB Rn. 53. BGH 21.5.1959 VersR 1959 499 = NJW 1959 1492, 1493; OLG Köln 28.6.1957 VersR 1957 636, 637 = NJW 1957 1807 f. BGH 29.5.1961 VersR 1961 601; BGH 8.2.1962 VersR 1962 312; OLG Frankfurt/M. 30.10.1962 VersR 1963 571; OLG Hamm 16.3.1988 RuS 1988 293; OLG Hamm 16.6.1971 VersR 1973 509; ÖOGH 30.7.1987 VersR 1989 388; vgl. aber ÖOGH 28.2.1991 VersR 1991 1043, 1044.
358 359 360 361
362 363 364 365
BGH 25.9.1961 VersR 1961 974; Späte § 4 Rn. 130. OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 393 = BeckRS 2009 08817. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 69. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 69; Späte § 4 Rn. 55; a.A. Hans. OLG Hamburg 18.4.1973 VersR 1974 1189, 1190. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 69; Späte § 4 Rn. 139. Bruck/Möller/R. Koch § 82 Rn. 64. Vgl. Bruck/Möller/R. Koch § 83 Rn. 4. Bruck/Möller/R. Koch § 90 Rn. 24.
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Haftpflichtversicherung
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Das Erfordernis einer bewussten und gewollten Tätigkeit gilt nicht nur für Schäden an Sachen, die Auftragsobjekt sind, sondern auch für Schäden an Sachen, die der VN zum Zwecke der Durchführung des Auftrags als Werkzeug, Hilfsmittel, Materialablagefläche und dgl. benutzt (Ziff. 7.7 (2) AHB). An einem solchen finalen Zusammenhang fehlt es, wenn der Malermeister seinen Farbeimer auf einem auf dem Weg zum Arbeitsplatz befindlichen Tisch abstellt, um einem Kollegen zur Hand zu gehen und ihn nach der Hilfeleistung wieder aufnimmt.366 In diesem Fall wäre der Tisch nicht als Materialablagefläche i.S.v. Ziff. 7.7 (2) AHB zu qualifizieren, weil dieser nicht zur Durchführung der Malerarbeiten benutzt worden ist. Bei Schäden im Einwirkungsbereich der Tätigkeit (Ziff. 7.7 (3) AHB) ist erforderlich, dass die Gefährdung für den VN erkennbar gewesen ist (Rn. 231). Eine Tätigkeit an (Ziff. 7.7 (1) AHB) oder mit (Ziff. 7.7 (2) AHB) einer Sache liegt 200 nur dann vor, wenn eine physische Beziehung des VN zu der Sache besteht.367 Dies wird durch die in Ziff. 7.7 (1) und (2) AHB angeführten Beispiele wie „Bearbeitung, Reparatur, Beförderung, Prüfung“ und „als Werkzeug, Hilfsmittel, Materialablagefläche“ deutlich. Wie bereits erwähnt kommt es dabei nicht auf die Intensität der Einwirkung an. Es ist auch nicht erforderlich, dass die Einwirkung überhaupt auf eine Änderung der Substanz oder der äußeren Gestalt der Sache gerichtet ist.368 Eine Einwirkung liegt deshalb auch dann vor, wenn Sachen nur aus sicherer Entfernung mit Strahlung, durch magnetische oder sonstige Wellen, durch Zufuhr von Wärme oder Kälte behandelt werden.369 Dagegen fehlt es an einer Einwirkung, wenn der Beitrag des VN an der Entstehung des Schadens lediglich darin besteht, dass er dem Eigentümer der Sache eine Rezeptur zu der von dem Eigentümer selbst vorzunehmenden Bearbeitung der Sache ausarbeitet370 oder wenn infolge einer fehlerhaften Berechnung eines Statikers die Decke eines Neubaus einstürzt.371 Die Ausschlussklausel ist auch nicht anwendbar bei bloß falscher Beratung hinsichtlich der Benutzung der vom VN einwandfrei installierten Sache.372 Tätigkeiten an oder mit Tieren unterfallen der Tätigkeitsschadenklausel. Hier genügt 201 für die Einwirkung bereits die „Möglichkeit einer Verständigung mit dem Tier“.373 Eine berufliche Tätigkeit des Pferdeausbilders liegt deshalb auch beim Freispringen des Pferdes vor, bei dem das Tier ohne Reiter und unter Beschränkung auf ein Minimum menschlicher Anleitung den Springvorgang üben und selbst zu bewältigen lernen soll.374 Besteht ein unmittelbarer körperlicher Bezug, gilt das zuvor Ausgeführte. Bei einer fehlerhaften Spritze, die der Tierarzt setzt, oder einer misslungenen Operation ist eine Einwirkung zu bejahen. Stellt er ein falsches Rezept aus, sodass das Tier nach Einnahme der Medizin eingeht, fehlt es hinsichtlich dieser Handlung am unmittelbaren körperlichen Bezug.375 Verwendet der VN ein fremdes Pferd zum Abtransport von Bäumen, ist das Pferd als Hilfsmittel zu qualifizieren. 366 367
368
369
Beispiel von Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 194. BGH 21.9.1983 VersR 1983 1169, 1170; BGH 7.12.1959 VersR 1960 109, 110; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 AHB Rn. 52; Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 69 f. BGH 4.3.1987 RuS 1987 187 = VersR 1987 677; BGH 21.9.1983 VersR 1983 1169, 1170; BGH 7.12.1959 VersR 1960 109. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 197; Späte § 4 Rn. 130; Nickel VersR 1987 965, 968.
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370 371 372 373 374
375
BGH 21.9.1983 VersR 1983 1169, 1170: Rezeptur zur Mostbereitung. Späte § 4 Rn. 130; Kuwert Rn. 4127. OLG Hamm 18.6.1982 VersR 1983 525. Treffend: Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 AHB Rn. 52. BGH 4.3.1987 RuS 1987 187 = VersR 1987 677: Pferd verletzt sich beim freien Auslaufen nach Sprungtraining. Späte § 4 Rn. 130; Kuwert Rn. 4127; Wussow § 4 Anm. 53; Littbarski AHB § 4 Rn. 239; vgl. auch BGH 21.9.1983 VersR 1983 1169, 1170.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Beginnt der VN nicht mit der Tätigkeit und kommt es deshalb zu einem Schaden an 202 der zu bearbeitenden Sache, greift der Ausschluss gem. Ziff. 7.7 AHB nicht ein.376 So liegt der Fall, wenn ein Maurer trotz Reparaturauftrages die dringend notwendige Verfestigung einer Mauer unterlässt, die daraufhin einstürzt.377 Stürzt eine Mauer nach der Unterbrechung oder (vorzeitigen) Beendigung der Arbeit ein, weil die erforderliche Abstützung im Rahmen der bis zur Unterbrechung oder (vorzeitigen) Beendigung ausgeübten Tätigkeit unterblieben ist, besteht dagegen keine Deckung für Haftpflichtansprüche, die an die unterlassene Abstützung anknüpfen.378 Wird nicht (nur) die zu bearbeitende Sache beschädigt, sondern werden auch andere 203 fremde Sachen beeinträchtigt, weil der VN nicht die zum Schutz dieser anderen Sachen erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, ist das Unterlassen keine Tätigkeit an diesen Sachen.379 Solche Sachen werden jedoch regelmäßig Ausschlussobjekt i.S.v. Ziff. 7.7 (3) AHB sein, weil sie sich im Einwirkungsbereich der Tätigkeit am Auftragsobjekt befinden (Ziff. 7.7 (3) AHB). Auch Schäden durch Schutzmaßnahmen bei Anbringung oder Entfernung des Schutzmittels fallen unter den Ausschluss.380 5. Ausschlussobjekte Ob eine fremde Sache Ausschlussobjekt i.S.v. Ziff. 7.7 AHB ist, hängt vom Inhalt des 204 Vertragsverhältnisses ab, das der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des VN zugrunde liegt und Anlass zur Bearbeitung der Sache (Auftragsgegenstand) oder Benutzung der Sache (Hilfsmittel) gegeben hat.381 Bei Schäden an fremden unbeweglichen Sachen richtet sich die Bestimmung des Ausschlussobjekts darüber hinaus nach der Verkehrsanschauung (Rn. 215 ff.).382 Der Inhalt des Vertragsverhältnisses ist auch maßgeblich für die Frage, inwieweit Sachen als im unmittelbaren Einwirkungsbereich der (vertraglich geschuldeten) Tätigkeit befindlich angesehen werden können. Dabei ist bedingungsgemäß zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen zu unterscheiden. a) Tätigkeitsschäden (Ziff. 7.7 (1) AHB) aa) Bewegliche Sachen. Bewegliche Sachen sind grundsätzlich im Ganzen als Aus- 205 schlussobjekt anzusehen, und zwar auch dann, wenn nur ein Teil von ihnen bearbeitet wird.383 Für dieses Verständnis spricht der Wortlaut des Ausschlusstatbestandes und ins-
376 377 378
379
Vgl. BGH 9.4.1975 VersR 1975 557 = NJW 1975 1278. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 71. Vgl. BGH 3.3.1966 VersR 1966 434, 435; OLG Hamm 8.6.1994 RuS 1994 409, 410 = VersR 1995 161, 162; OLG Saarbrücken 22.12.1967 VersR 1969 123; LG Wuppertal 28.6.1968 VersR 1968 1031,1032; Späte AHB § 4 Rn. 131; Beckmann/MatuscheBeckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 71; Prölss/ Martin/Lücke Ziff. 7.7 AHB Rn. 52. Vgl. BGH 30.6.1971 VersR 1971 807, 808; BGH 25.3.1970 VersR 1970 609, 610; BGH 3.3.1966 VersR 1966 434, 435; OLG Frankfurt/M. 12.5.1966 NJW 1966 1973, 1974; Rottmüller VersR 1986 843, 849.
380
381
382
383
OLG Frankfurt/M. 12.5.1966 NJW 1966 1973, 1974; OLG Celle 21.1.1963 VersR 1963 418, 419 = NJW 1963 1206, 1207; OLG Celle 3.10.1963 VersR 1963 1215, 1216. Vgl. BGH 3.5.2000 RuS 2000 449, 500; OLG Frankfurt/M. 16.4.2008 RuS 2010 510, 512. Vgl. BGH 12.11.1997 RuS 1998 58; BGH 27.9.1956 VersR 1956 37 f.; BGH 25.3.1970 VersR 1970 610 f.; BGH 30.6.1971 VersR 1971 807 f.; BGH 25.3.1970 VersR 1970 610 f.; BGH 27.9.1956 VersR 1956 37 f. OLG Köln 28.10.1982 VersR 1984 26; AG Olpe 2.7.1980 VersR 1981 25, 26; ÖOGH 20.9.1990 VersR 1991 1043; Prölss/ Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 61; Lang-
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besondere auch das argumentum e contrario aus der Sonderregelung für unbewegliche Sachen, für die der Ausschluss nur insoweit gilt, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar von der Tätigkeit betroffen waren.384 Bei Arbeiten an Teilen eines Kfz ist somit das ganze Fahrzeug Ausschlussobjekt.385 Nach h.M. ist bei Arbeiten an Schiffen das gesamte Schiff,386 bei Arbeiten an Flugzeugen das gesamte Flugzeug Ausschlussobjekt387. R. Johannsen hat dieser Bewertung für Arbeiten an Schiffen widersprochen mit der 206 Begründung, Schiffe würden nach unserer Rechtsordnung traditionell als „schwimmende Häuser“ behandelt.388 In der Tat gelten für im Schiffsregister eingetragene Schiffe teilweise Regelungen, die denen für Grundstücke entsprechen (vgl. SchiffRG, §§ 452 BGB, 870a ZPO, 162 bis 171, 181 ZVG). Gleiches gilt für die Belastung und Verwertung von Flugzeugen, die in der Luftfahrzeugrolle oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind (vgl. LuftRG, §§ 171a bis 171n, 181 ZVG). Jedoch sind sowohl auf Schiffe (vgl. die §§ 929a, 932a BGB) als auch auf Flugzeuge die für bewegliche Sachen geltenden Vorschriften anzuwenden. Insofern behandelt unsere Rechtsordnung weder Schiffe noch Flugzeuge einheitlich als unbewegliche Sache. Die Anknüpfung in weitem Umfang an das Immobiliarsachenrecht lässt es gerecht207 fertigt erscheinen, die für die Bestimmung des Ausschlussobjekts bei unbeweglichen Sachen geltende Rechtsprechung anzuwenden und bei Schiffen und Flugzeugen nicht nur auf den Gegenstand des Auftrags, sondern auch auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Schiffe und Flugzeuge sind deshalb so zu behandeln, wie in Ziff. 7.7 (1) AHB für unbewegliche Sachen vorgesehen, d.h. nur die unmittelbar von der Tätigkeit betroffenen Teile sind Ausschlussobjekt.389 Als Beispiel dafür, dass das Schiff im Ganzen Objekt der Tätigkeit ist, ist das Schleppen zu nennen. Späte hat sich darüber hinaus zu Recht dafür ausgesprochen, bei einer zusammengesetzten (beweglichen) Sache, die so große Ausmaße hat, „dass nach der Verkehrsauffassung die Arbeit an einem Teil davon vernünftigerweise nicht mehr als Tätigkeit an der Sache im Ganzen betrachtet wird“.390 Diese Ausnahmefälle dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch bei zu208 sammengesetzten Sachen der Grundsatz gilt, dass die Gesamtsache (z.B. Maschine oder Kfz) Ausschlussobjekt i.S.v. Ziff. 7.7 (1) AHB ist, selbst wenn nur ein Teil von ihr bearbeitet wird. Erfolgt die Bearbeitung jedoch nach der Herauslösung des Teiles getrennt von der Restsache, sind nur Schäden an dem herausgelösten Teil nicht versichert.391 Die
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heid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 209; Littbarski AHB § 4 Rn. 244; Wussow § 4 Anm. 65; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 Rn. 43; a.A. KG 5.6.1958 VersR 1958 537 f.; OLG Koblenz 30.5.1958 VersR 1958 637, 638. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 209; Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 72. BGH 13.6.1973 VersR 1973 809 f.; OLG Köln 28.10.1982 VersR 1984 26; LG Hamburg 16.5.1979 VersR 1980 228; AG Olpe 2.7.1980 VersR 1981 25, 26. LG Kiel 9.10.1964 VersR 1965 506 f.; LG Duisburg 15.10.1957 VersR 1957 797; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 209; Späte § 4 Rn. 135; Littbarski AHB § 4 Rn. 252; Beckmann/Matusche-Beck-
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mann/v. Rintelen § 26 Rn. 72; Wussow § 4 Anm. 62; a.A. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 Rn. 43. Littbarski 4 Rn. 252; Prölss/Martin/Voit/ Knappmann 27 § 4 AHB Rn. 64; a.A. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 Rn. 43. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 206. Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.7 AHB Rn. 43; a.A. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 72. Späte § 4 Rn. 135; zustimmend Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 61. OLG Köln 22.12.1965 OLGZ 1966 301, 302; vgl. auch OLG Köln 28.10.1984 VersR 1984 26; LG Tübingen 3.10.1972 VersR 1973 510.
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Ausschlüsse
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Restsache kann hingegen Ausschlussobjekt i.S.v. Ziff. 7.7 (3) AHB sein, wenn die Reparatur an dem herausgelösten Teil in ihrer näheren Umgebung stattfindet.392 Hiervon ist wiederum der Fall zu unterscheiden, dass das Teil aus der Sache herausgelöst und (im reparierten Zustand) wieder eingebaut wird und beim Herauslösen/Wiedereinbau ein Schaden an der zusammengesetzten Sache entsteht. In dieser Konstellation ist die Gesamtsache Ausschlussobjekt i.S.v. Ziff. 7.7 (1) AHB.393 Es handelt sich somit um einen ausgeschlossenen Tätigkeitsschaden, und zwar auch 209 dann, wenn sich der Fehler beim Wiedereinbau erst nach Abschluss der Arbeiten auswirkt.394 Werden nach dem Aufziehen neuer Reifen die Radmuttern nicht genügend angezogen und wird das Kfz nach dem Lösen des Rades beschädigt, besteht für den Schaden am Kfz somit kein Versicherungsschutz.395 Beruht der Schaden dagegen nicht auf dem fehlerhaften Wiedereinbau, sondern auf der fehlerhaften Reparatur des herausgelösten Teils, wird die zusammengesetzte Sache dadurch nicht zum Ausschlussobjekt.396 Hat der VN oder eine von ihm beauftragte Hilfsperson (Rn. 165 ff.) den reparierten 210 Teil der zusammengesetzten Sache selbst nicht eingebaut, greift der Ausschluss nicht ein, weil es am Tätigkeitsbewusstsein fehlt.397 Erst recht gilt das für solche Fälle, in denen dem VN nicht bekannt ist, wofür der von ihm reparierte Teil einer Sache verwendet werden soll. Ebenso wenig findet die Klausel Anwendung, wenn der reparierte Teil bereits dauernd von der zusammengesetzten Sache getrennt war, sodass nach der Verkehrsauffassung keine einheitliche zusammengesetzte Sache im Rechtssinne mehr vorlag. Das ist z.B. der Fall, wenn ein Transportunternehmer einmal im Jahr alle im Laufe der Zeit abgefahrenen Reifen zum Vulkanisieren gibt. Hier kann nicht von einer Tätigkeit an den Kfz die Rede sein, sodass ein bei späterer Verwendung der Reifen durch diese am Kfz angerichteter Schaden genauso gedeckt ist, als wenn er durch einen fehlerhaften, neu gekauften Reifen verursacht worden wäre. Nach der Tätigkeitsschadensklausel in den AHB-Fassungen vor 2002 waren Schäden 211 ausgeschlossen, „die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen (z.B. Bearbeitung, Reparatur, Beförderung, Prüfung u. dgl.) entstanden sind“ (vgl. § 4 I Ziff. 6 b) AHB 1999). Schäden an Sachen im Einwirkungsbereich der Tätigkeit waren nicht ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Jedoch war nach Ansicht der Rechtsprechung das Ausschlussobjekt nicht nur auf die im Mittelpunkt der Bearbeitung stehenden Sachen begrenzt. Zu den Ausschlussobjekten zählten vielmehr auch solche Sachen, auf die bei Durchführung des Auftrages „praktisch erkennbar unvermeidlich bzw. zwangsläufig hätte eingewirkt werden müssen“.398 Schäden an Sachen im zwangsläufigen Einwir392 393 394 395 396 397 398
Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 209. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 61; Späte § 4 Rn. 135. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 73. AG Olpe 2.7.1980 VersR 1981 25, 26. Späte § 4 Rn. 135; a.A. Bruck/Möller/ R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 205. OLG Köln 22.12.1965 OLGZ 1966 301, 302. So die Formulierung von OLG Karlsruhe 7.10.2004 BeckRS 2004 09794; in diesem Sinne BGH 30.6.1971 VersR 1971 807, 808;
BGH 25.3.1970 VersR 1970 609, 610; BGH 3.3.1966 VersR 1966 434, 435; Hans. OLG Hamburg 14.6.1996 VersR 1997 1137, 1138 f.; OLG Köln 19.5.1983 VersR 1984 73; OLG Bremen 19.5.1983 VersR 1984 127, 128; OLG Oldenburg 6.5.1981 VersR 1983, 357; OLG Hamm 10.1.1973 VersR 1973 633, 634; OLG Frankfurt/M. 12.5.1966 NJW 1966 1973, 1974 f.; a.A. offenbar BGH 15.9.2010 VersR 2011 66; Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 72; Späte § 4 Rn. 138 f.; Wussow § 4 Anm. 63.
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kungs- und Gefahrenbereich der Arbeiten (z.B. bei Sandstrahl- oder Schweißarbeiten) sind nunmehr Gegenstand von Ziff. 7.7 (3) AHB (Rn. 225 ff.).
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bb) Unbewegliche Sachen. Für unbewegliche Sachen gilt die Einschränkung, dass nur unmittelbar von der Tätigkeit betroffene Sachen oder Teile von ihnen Ausschlussobjekt sind. Im Vergleich zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB 1999 (und ältere Fassungen), der Schäden an unbeweglichen Sachen ausschloss, soweit diese Sachen oder deren Teile „unmittelbar Gegenstand der Tätigkeit“ waren, dürfte darin keine Erweiterung des Ausschlusses zu sehen sein. Soweit Sachen oder deren Teile sich im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Tätigkeit befinden, greift Ziff. 7.7 (3) AHB ein.
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(1) Begriff der unbeweglichen Sache. Zu den unbeweglichen Sachen zählen zunächst alle unbeweglichen Sachen im Rechtssinne, also vor allem Grundstücke und Gebäude. Darüber hinaus spricht sich die h.M. aus teleologischen Gründen dafür aus, auch Gebäude, die vom bürgerlichen Recht als bewegliche Sachen behandelt werden, als unbewegliche im Sinne der Ausschlussbestimmung zu qualifizieren.399 Es geht vor allem um Scheinbestandteile i.S.v. § 95 BGB, also z.B. um solche Fälle, in denen Mieter auf einem gemieteten Grundstück ein massives Wohngebäude errichten, dessen Beseitigung nach Ablauf des langjährigen Vertrages vorgesehen ist.400 Holzschuppen, Gartenlauben und ähnliche Bauwerke, die nur lose aufgestellt sind, sind hingegen als bewegliche Sachen anzusehen.401 Bei den betreffenden Grundstücks- und Gebäudeteilen braucht es sich nach dem Sinn 214 der Ausschlussklausel nicht um solche von rechtlich oder wirtschaftlich selbstständiger Bedeutung zu handeln.402 Sonst, so der BGH, wäre die Klausel praktisch bedeutungslos, weil unbewegliche Sachen, vor allem bebaute Grundstücke, in aller Regel nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich ein einheitliches, nicht ohne Wertminderung teilbares Ganzes bilden. Unter Teilen einer unbeweglichen Sache sind deshalb nur (un-/wesentliche) Bestandteile i.S.d. §§ 93 ff. BGB zu verstehen.403
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(2) Unmittelbare Betroffenheit der unbeweglichen Sache. Nach der Rechtsprechung zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB 1999 (und ältere Fassungen) wird ein Betriebsinhaber als VN unter einem Grundstücksbestandteil, der unmittelbar Gegenstand der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des VN ist, „das Objekt verstehen, das er, wie es im Beispielkatalog des ersten Halbsatzes heißt, bearbeiten, reparieren, befördern oder prüfen soll“.404 Aus dem Wort „unmittelbar“ entnehme der VN weiterhin, dass der beschädigte Grundstücksbestandteil Auftragsgegenstand gewesen sein muss.405 Für die Beurteilung der Frage, ob der VN an der Sache bzw. an welchen Teilen der Sache er „unmittelbar“ tätig ist, stellt die Rechtsprechung auf die Verkehrsanschauung ab.406 Die Teile müssten nach
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Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 210; Wussow § 4 Anm. 62; Kuwert Rn. 4137; Späte § 4 Rn. 136. Vgl. z.B. BGH 31.10.1952 BGHZ 8 1, 5 f. = NJW 1953 137, 138; RG 2.6.1915 RGZ 87 43, 51. Späte § 4 Rn. 136; Littbarski AHB § 4 Rn. 251. BGH 27.9.1956 VersR 1956 637; vgl. weiter BGH 5.6.1961 VersR 1961 602; BGH 12.7.1962 VersR 1962 749.
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BGH 27.9.1956 VersR 1956 637; vgl. LG Dortmund 14.12.2006 NJW-RR 2007 909, 910. BGH 3.5.2000 RuS 2000 449, 450 = VersR 2000 963; vgl. auch KG 19.8.2008 NJOZ 2009 1704, 1711. BGH 3.5.2000 RuS 2000 449, 450 = VersR 2000 963. Vgl. BGH 3.5.2000 RuS 2000 449, 450 = VersR 2000 963; BGH 12.11.1997 RuS 1998 58 = VersR 1998 228; BGH 10.7.1968
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„natürlicher Betrachtungsweise eines vernünftigen, unvoreingenommenen Beobachters, als Gegenstand der Bearbeitung anzusehen sein“.407 An dieser Rechtsprechung ist auch nach der Neufassung von Ziff. 7.7 (1) AHB – 216 obwohl es anstelle von „Gegenstand der Tätigkeit“ nunmehr „von der Tätigkeit betroffene [Sachen]“ heißt – festzuhalten. Wird ein Maurer auftragsgemäß an einer Mauer eines Hauses tätig, so ist nur der an dieser entstehende Schaden ausgeschlossen. Handelt es sich um eine Wand, die durch mehrere Stockwerke geht, soll diese Mauer aber nur innerhalb einer Wohnung repariert werden, so entspricht es der Verkehrsauffassung, dass nur der in dieser Wohnung befindliche Teil der Mauer vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist. Wurde hingegen der Auftrag zum Ausbrechen einer Mauer aus einem Haus mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf erteilt, dass z.B. von Seiten der Baupolizei besondere Stützungsaktionen wegen der für das gesamte Haus bestehenden Einsturzgefahr verlangt wurden, so ist das Haus im Ganzen Gegenstand der Tätigkeit. Der Fall liegt nicht anders, als wenn in einem kleinen Hause Stützbalken eingezogen 217 werden und dabei das ganze Haus zusammenbricht. Ein gutes Beispiel bildet auch ein vom BGH im Jahre 1961 entschiedener Fall.408 Dort war der VN mit dem Abreißen der Hälfte einer Scheune beauftragt worden. Ursprünglich hatte es sich um ein einheitliches Gebäude gehandelt, das später mit der Teilung des Grundstückes durch eine Trennmauer ebenfalls aufgeteilt wurde. Das verbliebene Restgebäude des Nachbarn stürzte infolge des Abrisses ein. Dem Gericht ist darin zuzustimmen, dass es unrichtig wäre, deshalb eine Tätigkeit an der gesamten „zweiten“ Scheune anzunehmen, weil die Dachverbindungen gelöst wurden. Richtig ist auch dahin erkannt worden, dass der Schaden am gesamten Dachgerüst vom Versicherungsschutz nicht erfasst wurde. Mit dem Durchschneiden der Dachverbindungen war der VN auch am Dach der Restscheune tätig. Von der Deckung ausgeschlossen ist dabei auch der Schaden an der Trennmauer. Auf diese Trennmauer erstreckte sich zwangsläufig die Tätigkeit des Abreißens, da die Verbindungen gelöst wurden.409 Soll von einer fest mit dem Grund und Boden verankerten Krananlage, die eine Länge 218 von etwa 100 m hat und bei der in einer Höhe von etwa 10 m zwei Kranbrücken auf Schienen fahren, eine dieser Brücken demontiert werden, so ist grundsätzlich nur diese Ausschlussobjekt, nicht dagegen die Pfeiler und Stützen der Krananlage. Erfolgt die Demontage in der Weise, dass die Brücke mit Seilen durch Motorkraft von der Laufschiene gezogen wird, so ist während des Ziehens auch die Schiene Ausschlussobjekt. Erfolgt eine Beschädigung der Schiene aber dadurch, dass infolge eines Fehlers die Brücke nicht auf die Erde vor der Krananlage schlägt, sondern gegen einen Pfeiler, dessen Einknicken eine Verformung der Schiene bewirkt, so ist die Gleisschiene kein Ausschlussobjekt i.S.v. Ziff. 7.7 (1) AHB. Hier kommt nur Leistungsfreiheit nach Ziff. 7.7 (3) AHB in Betracht.410
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VersR 1968 1029, 1030; BGH 5.6.1961 VersR 1961 602; BGH 27.9.1956 VersR 1956 637; KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229, 231; OLG Karlsruhe 16.12.1993 RuS 1995 11; OLG Oldenburg 24.6.1981 VersR 1983 357, 358. KG 26.10.2001 NVersZ 2002 229, 331; vgl. auch BGH 25.3.1970 VersR 1970 609, 610; BGH 27.9.1956 VersR 1956 637; Hans. OLG Hamburg 14.8.1996 VersR
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1997 1137, 1138; OLG Hamm 13.12.1985 VersR 1986 1117, 1118. BGH 5.6.1961 VersR 1961 602 f. So ausdrücklich BGH 28.9.1961 VersR 1961 975, 976 für eine gemeinsame Wand zwischen zwei Häusern; vgl. auch LG Saarbrücken 2.11.1981 RuS 1982 92, 93. Vgl. Hans. OLG Hamburg 29.10.1970 VersR 1970 1021, 1022.
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Wird etwas an eine Mauer geschüttet, so ist diese Mauer Ausschlussobjekt. Erst recht greift die Ausschlussbestimmung ein, wenn beim Bau eines Hauses eine Zwischenmauer durch sandigen, feuchten Lehm hinterfüllt wird.411 Stürzt die Mauer dann um, so sind Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung der Mauer vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, die an anderen Teilen des Baues entstehenden Schäden hingegen nur nach Maßgabe von Ziff. 7.7 (3) AHB. Gerade bei der Errichtung von Neubauten wird der VN häufig nur an einem Teil der unbeweglichen Sache tätig. Zutreffend ist vom BGH 412 angenommen worden, dass derjenige, der einen Auftrag 220 zum Bau eines Dachstuhls habe, nach der Verkehrsauffassung nicht an anderen Teilen des Daches, z.B. der Dachhaut, der Dachrinne oder einer Dachantenne tätig werde. Andererseits widerspricht es aber auch der Verkehrsauffassung, das bearbeitete Gebäude in winzig kleine Teile aufzuspalten.413 Wird ein Dach mit heißem Bitumen isoliert, ist das gesamte Dach unmittelbar Gegenstand der Arbeiten.414 Das Gleiche gilt, wenn elektrische Leitungen im Dachinneren verlegt werden,415 über ein Fabrikdach eine Röhrenleitung auf Metallstützen gelegt wird 416 oder auf dem Dach eines Wohnhauses eine Neon-Reklameanlage installiert wird.417 Handelt es sich um ein größeres Fabrikgebäude und ist die Tätigkeit des VN von vornherein auf einen bestimmten Dachbereich beschränkt, so ist allein dieser Teil Ausschlussobjekt. Bei Neubauten wird man im Übrigen vielfach die Nichtanwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes schon daran erkennen können, dass die später beschädigten Grundstücksteile zur Zeit der Tätigkeit des VN selbst noch gar nicht errichtet waren.418 Wird ein VN, der die Überwachung einer Ölheizungsanlage vertraglich übernommen 221 hat, zur Reparatur eines Schadens gerufen, der die Funktionsfähigkeit der Anlage betrifft, so erstreckt sich seine Tätigkeit auch dann auf die gesamte Heizungsanlage, wenn er nur einen Sicherheitsschalter durch einen anderen ersetzt.419 Zu Recht hat deshalb auch das LG Frankfurt/M. bei der probeweisen Vorführung einer automatischen Kesselwagenabfüllungsanlage diese im Ganzen als Ausschlussobjekt angesehen.420 Wird der VN beauftragt, einen Tankbehälter zu entleeren, zu reinigen und zu entgasen sowie sämtliche im Pumpenschacht und im Tankbehälter befindlichen Installationen wie Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen auszubauen, sind nach Ansicht des OLG Hamm nur die zu demontierenden Rohre und Armaturen unmittelbar Gegenstand der Tätigkeit.421 Häufig sind Leitungen für elektrische Energie oder für Gas Gegenstand der Bearbei222 tung. Soweit es sich dabei um in einem Gebäude befindliche Leitungen handelt, bilden diese Leitungen meist einen wesentlichen Bestandteil der unbeweglichen Sache. Der Handwerker ist im Sinne der Ausschlussklausel grundsätzlich nur an dem von ihm unmittelbar bearbeiteten Teil der Leitung tätig.422 Dazu zählen aber auch zu den Leitungen gehörige, nahe gelegene elektrische Zähler oder Gasuhren.423 Nach Ansicht des KG stellt nach der Verkehrsauffassung ein Arbeiten an der elektrischen Hauptleitung des Mietshauses nicht zugleich eine Tätigkeit an den einzelnen Leitungen der Mietwohnungen dar. 411 412 413 414 415 416 417 418 419
So LG Nürnberg-Fürth 26.5.1965 VersR 1965 1144, 1145. BGH 27.9.1956 VersR 1956 637. BGH 27.9.1956 VersR 1956 637. LG Wiesbaden 5.3.1974 VersR 1974 1169. OLG Hamm 16.6.1971 VersR 1973 509. LG Stuttgart 1.12.1956 VersR 1956 791. LG München 11.3.1965 VersR 1965 774. BGH 27.9.1956 VersR 1956 637, 638. BGH 12.7.1962 VersR 1962 749, 750;
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ebenso LG Wuppertal 28.6.1968 VersR 1968 1031, 1032 (für das Auswechseln eines Steuerungselements). LG Frankfurt/M. 9.7.1964 VersR 1964 1237 f. OLG Hamm 26.9.1984 VersR 1985 377. KG 5.6.1958 VersR 1958 537, 538. Vgl. dazu OLG Frankfurt/M. 3.5.1955 VersR 1955 434.
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Demnach seien auch die an die Leitung angeschlossenen Geräte grundsätzlich nicht Gegenstand der Tätigkeit.424 Etwas anderes könne sich allerdings dann ergeben, wenn die Tätigkeit eines Installateurs gerade darin bestehe, einen Motor an eine elektrische Leitung anzuschließen.425 b) Benutzungsschäden (Ziff. 7.7 (2) AHB). Für Schäden an beweglichen/unbeweg- 223 lichen Sachen, die dadurch entstanden sind, dass der VN diese Sachen zur Durchführung seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeiten (als Werkzeug, Hilfsmittel, Materialablagefläche und dgl.) benutzt hat, gelten keine von Ziff. 7.7 (1) AHB abweichenden Besonderheiten. Ausschlussobjekt ist grundsätzlich die als Werkzeug oder Hilfsmittel benutzte Sache im Ganzen, bei als Ablagefläche benutzten unbeweglichen Sachen nur der Teil, auf dem etwas abgelegt wird. Entscheidend für die Einordnung als Werkzeug, Hilfsmittel, Materialablagefläche und dgl. ist die Benutzung zum Zwecke der Erfüllung des Auftrags. Nach Sinn und Zweck des Ausschlusses kommt es allein darauf an, dass der VN die Sache einsetzt, um – im Sinne eines Hilfsmittels oder Werkzeugs – die Arbeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung des Auftrags stehen, leichter, schneller oder besser erledigen zu können.426 Ob die Sache objektiv hierzu geeignet ist, ist unerheblich. An einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung des Auftrages fehlt es, 224 wenn Mitarbeiter eines Elektroinstallationsbetriebs in einem Gebäude Steckdosen ersetzen und dabei einen Aufzug benutzen, um zusammen mit ihren Arbeitsgeräten schneller und bequemer von einem Arbeitsplatz an einen anderen zu gelangen.427 Benutzt ein Umzugsunternehmen den Aufzug zum Transport der Einrichtungsgegenstände, fallen die hierbei verursachten Schäden dagegen unter Ziff. 7.7 (2) AHB. Gleiches gilt, wenn ein Fleischhändler beim Transport von Fleisch aus einem Kühlhaus zum Verkaufsstand in der Markthalle den dabei benutzten Lastenaufzug des Kühlhauses beschädigt.428 Setzt sich ein Handwerker, der die Wohnung renovieren soll, während einer Pause auf einen Stuhl, der daraufhin zusammenbricht, fehlt es dagegen an einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung des Auftrags. Ziff. 7.7 (2) AHB greift nicht ein. Anders liegt der Fall, wenn er sich auf den Stuhl stellt, um eine Lampe zu montieren, und dabei der Stuhl zusammenbricht. Setzt der VN Material während des Transports zum Arbeitsplatz kurzfristig ab, weil 225 ihn die Kräfte verlassen und er kurze Erholung braucht, fehlt es an dem erforderlichen Zweckbezug, weil die Ablagefläche nicht dazu benutzt wird, den Auftrag leichter, schneller oder besser zu erledigen. Gleiches gilt, wenn der VN ein Gefäß mit Reinigungsflüssigkeit umstößt, das er auf einen Tisch abgestellt hat, um es zu entsorgen, und die Flüssigkeit die Tischoberfläche beschädigt. Auch in diesen Konstellationen ging es dem VN nicht darum, den Auftrag leichter, schneller oder besser zu erledigen, weshalb Boden und Tisch nicht als Hilfsmittel der beruflichen Tätigkeit beschädigt worden sind, sondern aufgrund unvorsichtiger Handhabung oder nicht ausreichender Schutzmaßnahmen.429 Anders liegt der Fall, wenn der VN beim Streichen von Fensterrahmen die Reinigungsflüssigkeit auf einem in der Nähe der Fenster stehenden Tisch abstellt, um sich Laufwege zu ersparen.430
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KG 5.6.1958 VersR 1958 537, 538. KG 5.6.1958 VersR 1958 537, 538. Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 Rn. 47; Nickel VersR 2010 1133, 1142. Vgl. BGH 27.11.1969 VersR 1970 145. Hans. OLG Hamburg 6.4.1976 VersR 1976 869, 870.
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Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 68, 83. Vgl. AG Köln 8.11.1979 Zfs 1980 138; Späte § 4 Rn. 156; Littbarski AHB § 4 Rn. 259; a.A. offenbar Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 83.
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c) Schäden im Einwirkungsbereich der zu bearbeitenden Sache (Ziff. 7.7 (3) AHB). Schäden an (sonstigen) Sachen oder – sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt – deren Teilen sind ausgeschlossen, wenn sie sich im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Tätigkeit am Auftragsobjekt befinden. Dieser Ausschluss gilt jedoch nicht, „wenn der VN beweist, dass er die zum Zeitpunkt der Tätigkeit offensichtlich notwendigen Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Schäden getroffen hatte“. Zur Auslegung dieser Klausel kann auf ein Urteil des OLG Frankfurt/M. vom 12.5.1966 zurückgegriffen werden. Dort hatte der VN in mehreren Räumen eines Krankenhauses Schweißarbeiten an den Decken zum Zwecke der Anbringung von Verdunkelungseinrichtungen auszuführen. Zum Schutze vor abspringenden Schweißperlen deckten Arbeiter des VN die Kachelplatten der Wände ab. Trotz dieser Schutzmaßnahmen wurden durch herabfallende Schweißperlen die Wandplatten beschädigt. Nach Ansicht des OLG Frankfurt/M. machte die bloße Abdeckung der Platten diese 227 noch nicht zum unmittelbaren Gegenstand. Sodann führte es aus, dass „[f]ür einen Schaden, der an einem nicht den unmittelbaren Gegenstand der schadensstiftenden Tätigkeit bildenden Sachteil eintritt, [.] Versicherungsschutz nur versagt werden [kann], wenn [erstens] der beschädigte Sachteil infolge seiner räumlichen Nähe und der Art der unternehmerischen Tätigkeit von vornherein einer zwangsläufigen oder doch fast mit Sicherheit zu erwartenden Einwirkung und dadurch bedingten Schädigungsgefahr ausgesetzt ist, [zweitens] der Versicherungsnehmer oder seine Gehilfen diese Gefahr erkannt und dennoch [drittens] entweder überhaupt keine oder doch von vornherein völlig ungeeignete oder unzureichende Schutzmaßnahmen getroffen haben. In diesem Falle würde der Versicherungsnehmer durch die schadensstiftende Tätigkeit an dem einen Sachteil auch auf den beschädigten anderen Sachteil bewußt und gewollt einwirken“.431 (Hervorhebung durch den Verfasser]
Berücksichtigt man, dass die Rechtsprechung – insoweit abweichend von den Ausführungen des OLG Frankfurt/M. – zum Teil schon die Unvermeidbarkeit der Schadensverursachung als solche hat ausreichen lassen432 und zum Teil darüber hinausgehend gefordert hat, die beschädigte Sache müsse mit der konkret bearbeiteten Sache körperlich zusammenhängen und beide müssten als sachliche Einheit erscheinen,433 wird deutlich, dass der Wirkbereichsschadensausschluss der Ziff. 7.7 (3) AHB den Anwendungsbereich des § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB 1999 (und älteren Fassungen) nicht erweitert. Im Hinblick darauf, dass dem VN nur grob fährlässiges Fehlverhalten bei unzureichenden Schutzmaßnahmen schadet, ist vielmehr das Gegenteil der Fall.
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aa) Bestimmung des unmittelbaren Einwirkungsbereichs. Der unmittelbare Einwirkungsbereich ist räumlich danach zu bestimmen, ob der beschädigte Sachteil infolge seiner räumlichen Nähe und der Art der unternehmerischen Tätigkeit von vornherein einer zwangsläufigen oder doch fast mit Sicherheit zu erwartenden Einwirkung und dadurch bedingten Schädigungsgefahr ausgesetzt ist. Es muss somit eine ernsthafte Schädigungsgefahr an in der Nähe befindlichen Sachen drohen. Ob eine solche Gefahr gegeben ist, hängt von dem Auftragsgegenstand und der Art der Tätigkeit ab. Ist Auftragsgegenstand die Neulackierung von Fensterrahmen, drohen beispielsweise Schäden an den Fensterscheiben und an den angrenzenden Fassadenfenstereinlassungen, wenn diese nicht abgeklebt werden. 431
432
OLG Frankfurt/M. 12.5.1966 NJW 1966 1973, 1974 f.; vgl. auch LG Berlin 10.8.1993 RuS 1994 51, 52. So OLG Köln 19.5.1983 VersR 1984 73; offengelassen von OLG Köln 5.3.1987 RuS 1988 6 f.
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433
Wie z.B. bei einer Fassade und den in sie eingelassenen Türen und Fenstern; vgl. dazu die sog. „Mörtelspritzerfälle“ des BGH 25.3.1970 VersR 1970 610 f.; BGH 10.7.1968 VersR 1968 1029, 1030; s.a. OLG Koblenz 23.1.1998 RuS 1998 190.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Der Einwirkungsbereich wird nicht dadurch größer, dass die Neulackierung mittels 229 eines Hubsteigers erfolgt, sodass aus dem Einsatz des Hubsteigers resultierende Schäden an der Fassade nicht unter den Wirkbereichsschadensausschluss fallen. Geht es um Tiefbauarbeiten mit einem Bagger an öffentlichen Straßen in der Nähe von Straßen-, Untergrund- oder Eisenbahnen, zählen unterirdisch verlegte Versorgungsleitungen zum Einwirkungsbereich. Beim Umfüllen des Öls vom Tanklastwagen in die Tankanlage eines Einfamilienhauses zählt der Boden unterhalb des Einfüllstutzens zum Einwirkungsbereich, sodass für Schäden durch ausfließendes Öl keine Deckung besteht. bb) Bedeutung von Schutzmaßnahmen. Trifft der VN alle zum Zeitpunkt der Tätig- 230 keit (ex-ante-Sicht) offensichtlich notwendigen Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Schäden, fehlt es haftungsrechtlich an einer schuldhaften Schutz-/Verkehrspflichtverletzung.434 Die Einschränkung des Wirkungsbereichsschadensausschlusses ist dennoch nicht nur von Bedeutung, wenn es um die Abwehr unbegründeter Ansprüche geht, weil der Sorgfaltsmaßstab im Rahmen der Deckung niedriger ist als im Rahmen der Haftung. Während für die Haftung einfache Fahrlässigkeit ausreicht, entnimmt die Literatur der Formulierung „offensichtlich notwendige Schutzvorkehrungen“ zu Recht, dass dem VN deckungsrechtlich nur grobe Fahrlässigkeit schadet. Offensichtlich notwendig sind nämlich nur Schutzmaßnahmen, die sich jedermann aufdrängen mussten. Bei Unterlassung solcher Schutzvorkehrungen ist deshalb stets die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt, weshalb der Rückschluss gut vertretbar ist, dass für einfache Fahrlässigkeit Versicherungsschutz besteht.435 Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem grob fahrlässigen 231 Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt.436 Allein aus dem Unterlassen offensichtlich erforderlicher Schutzvorkehrungen kann somit nicht ohne Weiteres auf grobe Fahrlässigkeit geschlossen werden. In subjektiver Hinsicht ist in jedem Fall erforderlich, dass die Gefährdung für den VN im Zeitpunkt der Tätigkeit erkennbar gewesen ist. Des Weiteren ist mit v. Rintelen grobe Fahrlässigkeit zu verneinen, wenn die vom VN getroffenen Schutzmaßnahmen auf erste Sicht geeignet schienen, die Realisierung der offen zutage liegenden Gefährdung zu vermeiden.437 Grobe Fahrlässigkeit ist hingegen zu bejahen, wenn sich der Tiefbauunternehmer nicht selbst über Lage und Verlauf der Versorgungsleitungen anhand zuverlässiger Unterlagen der in Betracht kommenden Versorgungsunternehmen vergewissert. Abzulehnen ist das Urteil des LG Berlin vom 10.8.1993, wonach ein unter den Tätigkeitsschadensausschluss fallender Schaden an der U-Bahn-Tunneldecke infolge von Arbeiten an der darüber liegenden Straßendecke nur dann gegeben sein soll, wenn der VN positive Kenntnis davon hatte, dass sich die U-Bahn-Tunneldecke unter der Straßendecke befindet.438
434
435
Zum Verhältnis zwischen Verkehrspflicht und Sorgfaltswidrigkeit/Fahrlässigkeit s. MüKo-BGB/Wagner § 823 Rn. 62; Staudinger/Hager § 823 Rn. E 69 f.; Bamberger/Roth/Spindler § 823 Rn. 278 f. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 86; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 211; v. Bühren/Glück § 9 Rn. 85.
436 437 438
BGH 11.7.2007 NJW 2007 2988, 2989; BGH 29.1.2002 NJW 2003 1118, 1119. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 86. LG Berlin 10.8.1993 RuS 1994 51, 52 m. kritischer Anmerkung von Schimikowski RuS 1994 52.
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Haftpflichtversicherung
6. Kasuistik
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Rechtsprechung zu der Neufassung der Tätigkeitsschadensklausel gibt es – soweit ersichtlich – bislang nicht. Nachstehend wird deshalb der Versuch unternommen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit die seit 1970 ergangene Rechtsprechung zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F. dem Tätigkeits-, Benutzungs- und Wirkbereichsschadensausschluss zuzuordnen. a) Tätigkeitsschäden (Ziff. 7.7 (1) AHB)
233
KG 19.8.2008 NJOZ 2009 1704, 1710: Müssen für das Herstellen des Baugrubenverbaus auch Grundanker auf dem Nachbargrundstück gesetzt werden, sind die hiervon betroffenen Teile des Nachbargrundstücks unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung durch das Tiefbauunternehmen. Für die Sachschäden an diesen Teilen, die durch die Beseitigung der Anker entstehen, besteht keine Deckung. OLG Koblenz 16.5.2008 RuS 2009 236, 237 = VersR 2009 248: Werden durch zu tiefes Fräsen eines Spargelfeldes die darin befindlichen Spargelpflanzen beschädigt, so sind auch diese Bearbeitungsgegenstand und somit Ausschlussobjekt. BGH 12.11.1997 RuS 1998 58: Reißt bei der Begrünung des Dachs eines Neubaus ca. 7 m oberhalb des Daches das Tuch, in dem das aufzubringende Substrat aus Lava und Bims an einem Kran auf das Dach hinuntergelassen werden soll, und stürzt das Dach daraufhin teilweise ein, so ist das gesamte Dach als Bearbeitungsgegenstand anzusehen und somit Ausschlussobjekt. OLG Hamm 20.11.1996 RuS 1997 151, 152 = VersR 1997 1475: Bei der Nachverlötung einzelner Kupferplatten einer Dachverkleidung sind nicht nur die einzelnen Platten, sondern auch die gesamte Dachverkleidung Ausschlussobjekt. OLG Hamm 8.6.1994 VersR 1995 161, 162: Besteht die berufliche Tätigkeit eines Tontechnikers darin, die Beschallung während einer Konzertveranstaltung durchzuführen, so ist bei einem Schaden durch Regenwassereintritt das von ihm benutzte, einem anderen gehörende Mischpult auch dann Ausschlussobjekt, wenn der Schaden erst nach Beendigung des Konzerts eingetreten ist. OLG Hamm 2.7.1993 RuS 1994 169, 171: Wird im Zuge der Durchführung der Maßnahmen des VN zur Sicherung (hier: Fixierung) einer anderen Sache (hier: eines Rohres im Erdreich) eine Verfüllung vorgenommen, so ist das zu fixierende Rohr unmittelbar Gegenstand der Tätigkeit des VN und damit Ausschlussobjekt. OLG München 2.10.1990 RuS 1991 260, 261: Bei dem Beladen eines Kfz liegt stets eine Tätigkeit an und mit diesem vor. Auch Beschädigungen des Ladegutes während des Ladevorgangs durch Herunterfallen der Ladung aufgrund zu frühzeitiger Inbetriebsetzung des Lkw fallen unter die Ausschlussklausel. OLG Saarbrücken 22.9.1987 RuS 1990 368: Ist zur Sanierung der Dachhaut eines Hauses eine 1,5 mm starke Dachpappe zu entfernen, so wird von der Tätigkeitsklausel die Dachhaut und die darunter liegende Verschalung umfasst, nicht aber der Dachstuhl. OLG Hamm 16.3.1988 RuS 1988 293: Wird ein zur Wartung an den VN übergebener Schaltschrank in der Werkstatt des VN bewusst verschoben, um Platz zu schaffen, und tritt dabei eine Beschädigung ein, so ist der Schaltschrank Ausschlussobjekt. BGH 3.6.1987 RuS 1987 248: Setzt ein VN beim Abladen einer von ihm bestellten, noch im Eigentum des Verkäufers stehenden Maschine gefälligkeitshalber ohne vertragliche Verpflichtung seinen eigenen Kran ein, so fällt ein beim Abladen an der Maschine entstandener Schaden unter den Ausschluss der Tätigkeitsklausel. ÖOGH 5.3.1987 VersR 1988 479: Werden Plakate fehlerhaft aufgeklebt und müssen durch neue überklebt werden, wobei die alten Plakate zerstört werden, so sind diese Ausschlussobjekt. OLG Köln 28.10.1982 VersR 1984 26: Wird bei der Bearbeitung der Antriebsachse eines Baggers, die mit dem Motorblock verbunden ist, versehentlich ein Kurzschlussfunken im Motor ausgelöst, woraufhin ein Brand im Motorblock entsteht, so ist nicht nur die Achse Ausschlussobjekt, sondern der gesamte Motor.
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Ausschlüsse
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BGH 21.9.1983 VersR 1984 750: Wird dem VN, einem Sachkundigen auf dem Gebiet der Unfallverhütungsvorschriften, ein Gabelstapler zur Überprüfung überlassen, so fallen bei Beschädigung des Gabelstaplers während der Überprüfung nur die unmittelbaren Schäden unter die Ausschlussklausel, nicht jedoch Folgeschäden wie beispielsweise die Miete für ein Ersatzgerät. OLG Saarbrücken 27.5.1982 RuS 1982 137, 138: Bei der Ummantelung eines Tanks mit hierfür ungeeignetem Sand sind sowohl der Tank als auch die anzubringende Ummantelung unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung und somit Ausschlussobjekte. LG Saarbrücken 2.11.1981 RuS 1982 92, 93: Haben Aushebungsarbeiten, die der VN in unmittelbarer Nähe einer Giebelmauer ausführt, zwangsläufig dadurch Einfluss auf das Mauerwerk, dass sie die Statik verändern, so liegt bei natürlicher Betrachtungsweise eine Tätigkeit in Bezug auf das Mauerwerk vor. OLG Koblenz 16.10.1981 VersR 1983 73: Kann ein Auftrag, der sich auf das Ausheben von Gräben bezieht, nur ausgeführt werden, wenn zugleich Fernmeldekabel freigelegt werden, werden diese Fernmeldekabel zum Gegenstand unmittelbarer, bewusster und gewollter Einwirkung und damit zum Anschlussobjekt.439 LG Wiesbaden 5.3.1974 VersR 1974 1169: Wird durch die Arbeiten des VN (Isolieren der Pappauflage eines Flachdachs mit heißem Bitumen) die Dämmschicht eines Daches in Brand gesetzt, so ist das gesamte Dach unmittelbar Gegenstand der Arbeiten und somit Ausschlussobjekt. LG Mainz 11.7.1974 VersR 1976 378, 379: Soll vom VN die obere Schicht eines Daches entfernt werden, wofür diese mit einem Beil zerkleinert wird, und werden durch die Beilhiebe auch die unteren Schichten des Daches beschädigt, so sind sämtliche Dachschichten unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung und mithin Ausschlussobjekt. OLG Oldenburg 11.7.1974 RuS 1974 49, 51: Wird arsenhaltiger Schlamm vom VN bei seinem Auftraggeber abgeholt und auf eine nicht grundwassersichere Müllkippe transportiert, so ist diese Müllkippe Ausschlussobjekt. BGH 25.2.1975 VersR 1975 437: Bei der Düngung einer Wiese mit Hühnergülle ist die Wiese Ausschlussobjekt. OLG Frankfurt 27.6.1973 VersR 1974 457: Wird bei der Reinigung von automatischen Glasschiebetüren deren Arretierung verschoben, sodass die Türen beim Schließen aneinander prallen und eine der Türen zerbricht, so sind nicht nur die zu reinigenden Scheiben, sondern auch die gesamte Tür inklusive des Schließmechanismus Ausschlussobjekt. OLG Hamm 16.6.1971 VersR 1973 509: Werden beim Verlegen elektrischer Leitungen im Dachinneren die Nägel versehentlich durch die Dachhaut geschlagen, obwohl gerade dieser Schaden vermieden werden sollte, so ist die Dachhaut unmittelbar Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit und somit Ausschlussobjekt.
b) Benutzungsschäden (Ziff. 7.7 (2) AHB BGH 15.10.2010 RuS 2010 512: Der VN verwendet ein dem Verkäufer von Kies gehörenden Bagger zum Aufladen von gekauftem Kies. Infolge eines Fahrfehlers stürzt der Bagger in einen in der Kiesgrube befindlichen Baggersee. Dabei wird die Steuerelektronik des Radladers beschädigt. BGH hat Ausschlussobjekteigenschaft des Baggers i.S.v. § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F. verneint. BGH 3.5.2000 RuS 2000 449: Auf dem Dach eines Parkhauses wird auf dessen oberster Parkfläche 56 cbm Erde für die Bepflanzung von Pflanzenkübeln zwischengelagert. Aufgrund des Gewichts der Blumenerde entstehen Risse im Beton und verformt sich die Stahlträgerkonstruktion. BGH hat Ausschlussobjekteigenschaft des Parkfläche i.S.v. § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB a.F. verneint.
439
Vgl. auch OLG Frankfurt/M. 10.5.1978 VersR 1979 562; OLG Saarbrücken 6.11.1973 VersR 1974 794, 795; anders LG Bad Kreuznach 21.5.1980 VersR 1980 1138: hiernach lag ein Postkabel, neben dem
ein weiteres Kabel verlegt werden sollte, zwar im Gefahrenbereich der Tätigkeit, ein bewusstes und gewolltes Einwirken auf jenes Kabel wurde jedoch verneint.
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OLG Oldenburg 24.6.1998 RuS 1998 369: Wird eine Positivform, welche die Vorlage für eine Negativform zur Herstellung von Rotorblättern für Windkraftanlagen ist, als Ablagefläche bei der Montage eines Untergestells für die Negativform durch den VN genutzt, so ist die Positivform Ausschlussobjekt. LG Hamburg 2.6.1977 VersR 1978 241: Beschädigt der VN durch das Aufstellen eines Malergerüstes auf dem Flachdach eines Hauses dieses Dach, so ist es Ausschlussobjekt. LG Heidelberg 3.2.1976 RuS 1976 112: Werden für den Innenausbau bestimmte Wandelemente auf einem Palettenwagen zu ihren jeweiligen Bestimmungsorten transportiert und wird hierbei aufgrund des hohen Gewichts von ca. 14 Zentnern der Boden beschädigt, so ist dieser Ausschlussobjekt. LG Berlin 8.11.1973 VersR 1974 557: Schleifen Mitarbeiter einer Möbelfabrik bei der Anlieferung von Holzmöbeln diese aufgrund ihres hohen Gewichts über einen neu verlegten PVC Boden, woraufhin dieser stark beschädigt wird, so ist auch der Boden als eine Art Transportmittel Gegenstand der Tätigkeit und somit Ausschlussobjekt. ÖOGH 15.12.1971 VersR 1972 846: Wird eine Schubraupe bei dem Versuch, einen in einer Baustelle eingesunkenen Bagger zu befreien, beschädigt, so ist sie Ausschlussobjekt. OLG München 19.12.1972 VersR 1975 608: Wird bei der Bewegung eines auf dem Rand eines Flachdachs angebrachten Rundumgerüstes, an dem eine Gondel für Arbeiten an der Fassade des Gebäudes angebracht ist, die Dachhaut beschädigt, so ist diese Ausschlussobjekt.
c) Wirkbereichsschäden (Ziff. 7.7 (3) AHB)
235
OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 392: Wird bei Erdarbeiten für die Ausschachtung eines Aufzugschachtes für ein Fischrestaurant die Baugrube nicht richtig verfüllt, sodass sich in der Folge die der Stadt gehörenden Gehwegplatten oberhalb der Ausschachtung absenken und der Grundstücksteil nicht mehr ausreichend tragfähig ist, so liegen diese Gehwegplatten im Gefahrenbereich der Arbeiten. OLG Frankfurt 11.1.2006 VersR 2007 640, 641: Entsteht bei dem Anschweißen einer Dachfolie, die Bearbeitungsgegenstand ist, ein auf unbewegliche Teile des Gebäudes übergreifender Schwelbrand, handelt es sich nicht zwangsläufig um eine Folge der Schweißarbeiten. LG Dortmund 14.12.2006 VuR 2007 119: Bei Dämmarbeiten an der Innenwand der Kirche liegt keine zwangsläufige Einwirkung auf die Kirchenorgel vor. OLG Karlsruhe 7.10.2004 VersR 2005 213: Bei der Untersuchung von Erdreich, das über einer Tiefgarage aufgeschüttet wurde, liegen die die Tiefgarage abdeckenden Vlies- und Folienschichten nicht im Einwirkungsbereich der Tätigkeit des mit der Entnahme von Bodenproben beauftragten Chemielabors. KG Berlin 26.10.2001 NVersZ 2002 229: Nimmt ein Malerbetrieb Lötarbeiten an einer Wasserleitung im Badezimmer eines reetgedeckten Hauses vor, so befindet sich das Dach, das durch die Lötarbeiten in Brand gesetzt wurde, nicht im Einwirkungsbereich dieser Arbeiten. OLG Koblenz 23.1.1998 RuS 1998 190: Die Kücheneinrichtung liegt im Gefahrenbereich, wenn zur Reinigung des Bodens mittels einer Maschine mit schnell rotierenden Bürsten aggressive Lösungsmittel verwendet werden, die zu Schäden an der Kücheneinrichtung führen. LG Köln 2.10.1997 RuS 1998 104: Eine Steuerungsanlage liegt nicht im Einwirkungsbereich von Sandstrahlentrostungsarbeiten, wenn sich zwischen dem Bearbeitungsbereich und dem beschädigten Objekt zwei Wände befinden und der schädigende Staub lediglich durch Öffnungen in den Wänden zu dem geschädigten Objekt gelangt. OLG Hamm 28.2.1996 RuS 1997 191: Schäden, die ein Fensterreiniger mit dem hierbei eingesetzten Hubsteiger an der übrigen Fassade anrichtet, fallen nicht in den Einwirkungsbereich der Arbeiten an den Fenstern, da gerade der Einsatz des Hubsteigers einen zwangsläufigen Kontakt mit der Fassade ausschließt. OLG Karlsruhe 16.12.1993 RuS 1995 11: Fensterscheiben, die sich ca. 1,30 m entfernt von auf dem Handlauf einer Treppe befindlichen Schweiß- und Schleifspritzern befinden, zählen nicht zum Einwirkungsbereich der Schweißarbeiten an der Treppe.
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AHB 2012 Ziff. 7
LG Berlin 10.8.1993 RuS 1994 51: Die Tunneldecke einer U-Bahn befindet sich im Einwirkungsbereich von Straßenbaumaßnahmen. Fahrlässige Unkenntnis vom Vorhandensein der Tunneldecke führt nicht zur Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes. LG Düsseldorf 24.6.1988 VersR 1989 282: Ein auf der Straße geparktes Kfz befindet sich nicht im Einwirkungsbereich von Abbeizarbeiten an einem Gebäude. OLG Saarbrücken 22.9.1987 VersR 1989 178: Wird eine 20–30 cm unterhalb der Holzverschalung angebrachte Dachisolierung beim Lösen der alten Dachhaut dadurch entzündet, dass die Brennerflamme durch eine Ritze durchschlägt, handelt es sich nicht um eine zwangsläufig notwendige Einwirkung, wenn dieses Durchschlagen bei waagerechter Haltung des Brenners ohne Weiteres vermeidbar war. OLG Saarbrücken 11.3.1987 VersR 1987 1003: Bei der Aufstockung eines Gebäudes befinden sich Schäden an den Sachen eines Mieters infolge unzureichender Abdeckung durch Regenwasser nicht im Einwirkungsbereich der Tätigkeit. OLG Köln 5.3.1987 RuS 1988 6: Gelangen bei einer Fußbodenreinigung mit verdünnter Salzsäure Spritzer auf die Edelstahlverkleidung einer auf einem Sockel stehenden Kücheneinrichtung, handelt es sich nicht um eine notwendige Einwirkung, wenn bei sorgfältigem und behutsamem Verteilen und Abspülen keine Salzsäure verspritzt worden wäre. AG Köln 8.1.1986 RuS 1986 173: Eine beim Abtransport eines Fernsehgerätes zufällig beschädigte Schrankwand befindet sich nicht im Einwirkungsbereich der Transporttätigkeit. OLG Hamm 13.12.1985 VersR 1986 1117: Bei einem durch Schweißarbeiten zur Verbindung von Lüftungsrohren mit der obersten Schweißbahn eines Flachdachs ausgelösten Feuer an den unteren Dachelementen befinden sich diese nicht zwangsläufig im Einwirkungsbereich der Arbeiten. OLG Hamm 26.9.1984 VersR 1985 377: Bei der Entleerung, Reinigung und Entgasung eines Tankbehälters und dem Ausbau sämtlicher im Pumpenschacht und im Tankbehälter befindlichen Installationen wie Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen befindet sich der Pumpenschacht nicht im Einwirkungsbereich der Arbeiten, weil der Schacht selbst und die Wände nicht zwangsläufig mit der Tätigkeit des Abtrennens von Rohren in Berührung kommen. OLG Köln 19.5.1983 VersR 1984 73: Bei Schweiß- und Schleifarbeiten an einem Balkongeländer handelt es sich um eine notwendige Einwirkung, wenn in der Nähe befindliche Fensterscheiben durch Funkenflug beschädigt werden. OLG Oldenburg 6.5.1981 VersR 1983 357: Ein Plattenvibrierstampfwerk, das sich ca. 2 m unterhalb einer 80 m langen, unter dem Dach einer Produktionshalle anzubringenden Kübelbahn befindet, liegt im Einwirkungsbereich von Schweißarbeiten bei der Montage der Kübelbahn. LG München II 29.9.1981 RuS 1982 47: Fensterscheiben, deren Rahmen im Zuge von Malerarbeiten abgeschliffen werden, liegen zwangsläufig im Einwirkungsbereich der Tätigkeit. OLG Karlsruhe 28.5.1980 VersR 1981 569: Werden durch Schweißarbeiten bei der Errichtung einer Feuer-Außentreppe an einem Verwaltungsgebäude die Fenster des Hauses trotz vorgenommener Abdeckung beschädigt, kann sich der VR der Schlosserei nicht auf Leistungsfreiheit wegen eines Bearbeitungsschadens berufen. BGH 19.5.1978 VersR 1978 1009: Beim Aushub einer Baugrube befinden sich die direkt angrenzenden Gebäude der benachbarten Grundstücke nicht im Einwirkungsbereich von Unterfangungsarbeiten. Hans. OLG Bremen 2.8.1978 VersR 1978 1057: Fallen bei der Entladung eines Schiffes Güter, die mit dem Kran direkt vom Schiff auf ein bereitstehendes Transportfahrzeug gehoben werden sollen, neben dieses Fahrzeug auf die Pier und beschädigen diese, so ist die Pier als unbewegliche Sache nur dann Bearbeitungsobjekt, wenn die Entladungstätigkeit bewusst und gewollt davon ausging, auch die Pier bei der Entlöschung körperlich-instrumental einzusetzen, etwa durch Absetzen oder Zwischenlagern der Kranhieve auf der Pier. OLG Hamm 25.11.1977 VersR 1978 858: Wird ein Bohrrohr, durch das eine Sprengladung in einen Felsen herabgelassen wurde, nach dem Entfernen desselben aus dem Felsen durch die Explosion der Sprengladung beschädigt, weil diese unbemerkt im Rohr stecken geblieben ist, so befindet sich das Bohrrohr nicht im Einwirkungsbereich der Sprengtätigkeit.
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Haftpflichtversicherung
LG Saarbrücken 6.10.1977 RuS 1978 93: Auch mehr als 1 m von einer Schweißstelle entfernte Fenster befinden sich im Gefahrenbereich umherfliegender glühender Eisenteile. KG Berlin 8.10.1976 VersR 1977 1141: Fallen Gegenstände von einem Beschickungswagen, der zur Seite geschoben wurde, um besseren Zugriff auf den vom VN zu reparierenden Sterilisator zu erlangen, so sind die heruntergefallenen Gegenstände Ausschlussobjekt, da der VN bewusst und gewollt auf den Wagen eingewirkt hat und die darauf befindlichen Gegenstände mit diesem eine Gesamtheit beweglicher Sachen bildeten. LG Wiesbaden 5.3.1974 VersR 1974 1169: Wird durch die Arbeiten des VN (Isolieren der Pappauflage eines Flachdachs mit heißem Bitumen) die Dämmschicht in Brand gesetzt und dabei eine durch das Dach verlaufende Antenne beschädigt, so liegt diese im Einwirkungsbereich. OLG Hamm 10.1.1973 VersR 1973 633: Fenster, die sich in einer mit flüssigem Reinigungsmittel zu reinigenden Fassade befinden, liegen im Gefahrenbereich der Tätigkeit. ÖOGH 12.7.1972 VersR 1973 139: Wird bei der Aushebung eines Abflussgrabens ein quer zu diesem Graben liegendes, freizulegendes Eternitrohr der städtischen Wasserleitung beschädigt, so liegt dieses Rohr im Einwirkungsbereich der Aushebungsarbeiten. BGH 30.06.1971 VersR 1971 807: Wird bei der Imprägnierung des Dachstuhls einer Kirche gegen Schädlingsbefall im Druckansprühverfahren die Stuckdecke der Kirche beschädigt, so liegt diese im Einwirkungsbereich der Tätigkeit. BGH 25.3.1970 VersR 1970 612: Stroh, das mit einem Abstand von 15 cm hinter einer Drempelwand gelagert wird, liegt im Einwirkungsbereich von Arbeiten, die mit einem Schweißbrenner an der Drempelwand vorgenommen werden. BGH 25.3.1970 VersR 1970 610: Werden beim Verputzen einer Wandfläche die Metallrahmen der in die Fläche eingelassenen Türen und Fenster durch Mörtelspritzer beschädigt, so liegen diese im Einwirkungsbereich der Tätigkeit. BGH 25.3.1970 VersR 1970 609: Wird ein Loch in die Decke eines Raumes gesägt und gelangen in der Folge durch dieses Loch von einem Schneidbrenner verursachte sog. „Spratzen“ auf den Dachboden und entzünden ca. 1,60 m von dem Loch entfernt liegendes Stroh, so liegt dieses im Einwirkungsbereich der Tätigkeit. Hans. OLG Hamburg 29.10.1969 VersR 1970 1021: Stürzt ein Laufkran bei dessen Demontage von der Kranbahn ab, so ist fraglich, ob die Stromleitungen, Stützen und Fundamente der Kranbahn im Einwirkungsbereich der Demontage des Laufkrans liegen.
7. Hilfspersonenklausel
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Der Hilfspersonenklausel (Anmerkung zu Ziff. 7.6 und 7.7 AHB) kommt für die Tätigkeitsschadensklausel – anders als für die Besitzklausel – weitgehend nur klarstellende Bedeutung zu. Im Übrigen kann auf die Kommentierung zu Ziff. 7.6 AHB verwiesen werden (Ziff. 7 AHB Rn. 165 ff.). 8. Wiedereinschlüsse a) Betriebshaftpflichtversicherung
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aa) Betriebe des Handels, Handwerks und des produzierenden Gewerbes. Nach Ziff. 7.6.3 Muster-Bedingungsstruktur AT sind Tätigkeitsschäden bei Betrieben des Handels, Handwerks und des produzierenden Gewerbes in folgendem Umfang versichert: –
–
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Be- und Entladeschäden (Ziff. 7.6.3.1): Gesetzliche Haftpflicht wegen der Beschädigung von Land- und Wasserfahrzeugen, Containern durch/oder beim Be- und Entladen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. Leitungsschäden (Ziff. 7.6.3.2): Gesetzliche Haftpflicht wegen Schäden an Erdleitungen (Kabel, unterirdische Kanäle, Wasserleitungen, Gasrohre und andere Leitungen) sowie Freiund/oder Oberleitungen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden.
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Ausschlüsse –
AHB 2012 Ziff. 7
Sonstige Tätigkeitsschäden (Ziff. 7.6.3.3): Gesetzliche Haftpflicht aus Schäden, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN an oder mit diesen Sachen entstanden sind, und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn diese Schäden – durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN an diesen Sachen entstanden sind; – dadurch entstanden sind, dass der VN diese Sachen zur Durchführung seiner gewerblichen und beruflichen Tätigkeit benutzt hat; – durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN entstanden sind und sich diese Sachen im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Tätigkeit befunden haben.
Ausgeschlossen bleiben Ansprüche wegen der – Beschädigung von Sachen, die sich beim VN zur Lohnbe- oder -verarbeitung, Reparatur oder zu sonstigen Zwecken befinden, befunden haben oder die von ihm übernommen wurden; – Beschädigung der Ladung von Fahrzeugen und Containern durch/oder beim Be- und Entladen.
Deckung wird in der Regel nur zu einem Sublimit gewährt. Hierdurch wird der VN nach zutreffender Ansicht des OLG Koblenz nicht unangemessen benachteiligt i.S.d. § 307 BGB, da der VN selbst für die ausreichende Bemessung der Versicherungssumme verantwortlich sei.440 bb) Tätigkeitsschäden bei Betrieben des Bauhaupt-/Baunebengewerbes. Nach Ziff. 7.6.4 238 Muster-Bedingungsstruktur AT sind Tätigkeitsschäden bei Betrieben des Bauhaupt-/Baunebengewerbes in folgendem Umfang zu einem Sublimit versichert: – – –
–
Be- und Entladeschäden (Ziff. 7.6.4.1): wie Ziff. 7.6.3.1 (Rn. 237). Leitungsschäden (Ziff. 7.6.4.2): wie Ziff. 7.6.3.2 (Rn. 237). Unterfangungen, Unterfahrungen (Ziff. 7.6.4.3): Gesetzliche Haftpflicht wegen Sachschäden an den zu unterfangenden und zu unterfahrenden Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen und Anlagen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. Sonstige Tätigkeitsschäden (Ziff. 7.6.4.4): wie Ziff. 7.6.3.3 (Rn. 237).
b) Produkthaftpflichtversicherung (Produkthaftpflicht-Modell). In der Produkthaft- 239 pflichtversicherung sind gem. Ziff. 1.2 ProdHM versichert Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN an oder mit diesen Sachen entstanden sind, und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden, „sofern die Schäden nach Abschluss der Arbeiten oder Ausführung der sonstigen Leistungen eingetreten sind“ (Tätigkeitsspätschäden)(Ziff. 1 ProdHM Rn. 23 f.). c) Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung 240 von IT-Dienstleistern. Folgende Tätigkeitsschäden sind bei der Erbringung von ITDienstleistungen zu einem Sublimit versichert 441: –
–
440
Schäden durch Datenlöschung, -beschädigung oder Beeinträchtigung der Datenordnung sowie Tätigkeitsschäden (Ziff. 1.5.3.2): Eingeschlossen ist die gesetzliche Haftpflicht aus Schäden an fremden Sachen (auch Daten) und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn die Schäden durch Installations- und Implementierungsarbeiten oder eine sonstige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN an diesen Sachen (auch Daten) entstanden sind; bei unbeweglichen Sachen gilt diese Regelung nur insoweit, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar von der Tätigkeit betroffen waren;
OLG Koblenz 23.1.1998 RuS 1998 190, 191.
441
Zu Einzelheiten s. R. Koch IT-Risiken Rn. 2476 ff.
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Haftpflichtversicherung
–
die Schäden dadurch entstanden sind, dass der VN diese Sachen (auch Daten) zur Durchführung von Installations- und Implementierungsarbeiten oder einer sonstigen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit benutzt hat; bei unbeweglichen Sachen gilt diese Regelung nur insoweit, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar von der Benutzung betroffen waren; – die Schäden durch Installations- oder Implementierungsarbeiten oder durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN entstanden sind und sich diese Sachen (auch Daten) oder – sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt – deren Teile im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Tätigkeit befunden haben. Dies gilt unabhängig davon, ob der Schaden vor oder nach Abschluss der Arbeiten oder der Ausführung der sonstigen IT-Leistungen eintritt. – Be- und Entladeschäden (Ziff. 1.5.4): Eingeschlossen ist die gesetzliche Haftpflicht wegen der Beschädigung von Land- und Wasserfahrzeugen, Containern durch/oder beim Be- und Entladen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. Für Schäden an Containern besteht auch dann Versicherungsschutz, wenn diese beim Abheben von oder Heben auf Land- oder Wasserfahrzeuge durch Kräne oder Winden zum Zwecke des Be- und Entladens entstehen. Dies gilt nicht, wenn die Container selbst Gegenstand von Verkehrsverträgen (Fracht-, Speditions- oder Lagerverträgen) sind. Ausgeschlossen bleiben Ansprüche wegen Beschädigung der Ladung von Fahrzeugen und Containern. – Schäden durch Datenlöschung, -beschädigung oder Beeinträchtigung der Datenordnung (Ziff. 3.3.2): Eingeschlossen ist die gesetzliche Haftpflicht des VN aus der Tätigkeit als Provider wegen Schäden Dritter durch die Löschung, Beschädigung oder Beeinträchtigung der Ordnung von Daten Dritter und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden.
VII. Herstellungs- und Lieferklausel (Ziff. 7.8 AHB) 1. Sinn und Zweck
241
Ziff. 7.8 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 II Ziff. 5 AHB 2002. Ausgeschlossen sind nach Ziff. 7.8 S. 1 AHB Haftpflichtansprüche „wegen Schäden an vom VN hergestellten oder gelieferten Sachen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen infolge einer in der Herstellung, Lieferung oder Leistung liegenden Ursache und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden“.442 Da die Herstellung und Lieferung einer mangelhaften Sache schon keinen Sachschaden begründet, kommt Ziff. 7.8 S. 1 AHB neben Ziff. 1.1 S. 1 AHB keine eigenständige Bedeutung zu. Ziff. 7.8 S. 2 AHB dehnt den Anwendungsbereich auf die Fallgruppe der Weiterfresserschäden (dazu sogleich Rn. 243) aus. Auch dieser Regelung kommt keine eigenständige Bedeutung zu, da für solche Schäden gemäß Ziff. 1.2 (6) AHB von vorn herein kein Versicherungsschutz besteht (Ziff. 1 Rn. 86).443 Im Vergleich zu § 4 II Ziff. 5 AHB 2002 bezieht die Neuregelung nicht nur Schäden an 242 Sachen und Arbeiten, sondern auch an „sonstigen Leistungen“ ein. Hierdurch soll klargestellt werden, dass auch geistige Leistungen von der Klausel erfasst werden.444 Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs von Ziff. 7.8 S. 1 AHB ist damit jedoch nicht verbunden, weil die in § 4 II Ziff. 5 AHB 2002 verwandte Formulierung „Arbeiten“ auch „geistige Leistungen“ umfasst.445 Der Klausel liegt u.a. der allgemeine Gedanke zugrunde, dass das Risiko der Unternehmerleistung grundsätzlich nicht versicherbar sein soll.446
442
443
Zur Geschichte der Klausel vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 94a. Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.7 AHB Rn. 92.
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444 445
446
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 AHB Rn. 91. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 216; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 AHB Rn. 91. OLG Köln 10.6.2008 VersR 2009 391, 392.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
2. Weiterfresserschäden Unter § 4 II Ziff. 5 AHB 2002 (und älteren Fassungen) war umstritten, ob Haft- 243 pflichtansprüche ausgeschlossen waren, die daraus resultierten, dass bei einem aus mehreren Einzelteilen bestehenden Erzeugnis ein funktionell abgrenzbares Einzelteil mit einem Mangel behaftet war und dieses nach einer gewissen Zeit zur Beschädigung oder Zerstörung der zusammengesetzten Sache oder von Teilen dieser Gesamtsache führte (sog. Weiterfresserschäden).447 Dieser Streit hat durch Hinzufügung von Ziff. 7.8 S. 2 AHB sein Ende gefunden. Danach sind Haftpflichtansprüche auch dann ausgeschlossen, wenn die Schadensursache in einem mangelhaften Einzelteil der Sache oder in einer mangelhaften Teilleistung liegt und zur Beschädigung oder Vernichtung der Sache oder Leistung führt.448 Aus dem Sinnzusammenhang mit Ziff. 7.8 S. 1 AHB folgt, dass Ziff. 7.8 S. 2 AHB nur dann Anwendung findet, wenn die mangelhafte Teilleistung oder das mangelhafte Einzelteil Teil einer vom VN zu liefernden oder herzustellenden Gesamtsache ist.449 3. Schäden an nicht vom VN hergestellten/gelieferten Sachen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen sowie Personenschäden a) Grundsatz. Ziff. 7.8 S. 1 und 2 AHB schließt nur Schäden an den vom VN selbst 244 hergestellten oder gelieferten Sachen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen sowie daraus fließende Vermögensfolgeschäden beispielsweise wegen Nutzungsausfalls oder entgangenen Veräußerungsgewinns von der Deckung aus. Durch die Einbeziehung von Vermögensfolgeschäden in den Ausschluss wird der zu § 4 II Ziff. 5 AHB 2002 (und ältere Fassungen) geführte Streit, zu dem die Rechtsprechung des BGH zu § 4 I Ziff. 6 lit. b) AHB 2002 (und ältere Fassungen) beigetragen hatte 450, obsolet, ob insbesondere auch Nutzungsausfallschäden ausgeschlossen sind.451 Unberührt von dem Ausschluss bleiben Schäden, die die vom VN hergestellten oder 245 gelieferten Sachen an anderen Sachen oder Personen verursachen, einschließlich sich daraus ergebender Vermögensfolgeschäden.452 Werden die vom VN hergestellten oder gelieferten Sachen weiterverwendet, gilt es genau zu unterscheiden. Werden z.B. infolge des Einbaus eines defekten Einzelteils andere zuvor unversehrte Teile beschädigt, besteht Deckung für die daraus resultierenden Haftpflichtansprüche des Herstellers gegen den Zulieferer (= VN) aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB/§ 823 Abs. 1 BGB. Nicht ersetzt wird der Schaden am defekten Einzelteil. Beschränkt sich der Nachteil des Herstellers der Gesamtsache darauf, dass die Gesamtsache infolge des Einbaus des defekten Einzelteils mangelhaft ist, besteht mangels Sachschadens für die Schadensersatzansprüche des Herstellers kein Versicherungsschutz.453 Für die Ansprüche auf Nacherfüllung (§§ 437 Ziff. 1, 439 BGB) und Minderung (§§ 437 Ziff. 2, 441 BGB) sowie aus Rücktritt (§§ 437
447
448
449
Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 12 AHB Rn. 92; Littbarski AHB § 4 Rn. 506 ff.; Späte § 4 Rn. 264; Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8.243. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 218; Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 94d. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.7 AHB Rn. 92; Beckmann/Matusche-Beckmann/ v. Rintelen § 26 Rn. 94d.
450 451 452 453
Vgl. BGH 17.3.1999 RuS 1999 192 f.; BGH 12.11.1997 RuS 1998 58. Vgl. Littbarski AHB § 4 Rn. 492 ff.; Späte § 4 Rn. 257 ff. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 90. A.A. offenbar Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 94d; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 218.
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AHB 2012 Ziff. 7
Haftpflichtversicherung
Ziff. 2, 440, 323 und 326 Abs. 5 BGB) besteht ohnehin keine Deckung, da diese Ansprüche nicht auf Schadensersatz gerichtet sind. Liefert z.B. ein VN an eine Kfz-Herstellerfirma Achsen, besteht Versicherungsschutz 246 für den Haftpflichtanspruch wegen des Sachschadens an einem Kfz, der dadurch entsteht, dass eine dieser Achsen nach verhältnismäßig kurzer Zeit zerbricht. Ausgeschlossen ist der Schaden an der Achse selbst – gleichgültig ist dabei, ob der Anspruch von dem ursprünglichen Vertragspartner oder von dem Erwerber des Wagens erhoben wird. Entsteht an dem Wagen – abgesehen vom Bruch der Achse – kein weiterer Schaden, so besteht insoweit überhaupt kein Haftpflichtversicherungsschutz, insbesondere auch nicht für den Nutzungsausfall des Wagens. Werden dagegen andere Teile des Wagens durch das Zusammenbrechen der Achse beschädigt, so besteht für den infolge des Nutzungsausfalls entgangenen Gewinn insoweit Haftpflichtversicherungsschutz, als dieser entgangene Gewinn auf die Beschädigung der anderen Teile des Wagens zurückzuführen ist.
247
b) Abgrenzungsfragen. Versorgt ein Zulieferbetrieb den Hersteller von Campingwagen mit Propangaskochern, welche in die Fahrzeuge eingebaut werden, und führt ein Defekt eines dieser Geräte dazu, dass Propangas ausströmt, sich entzündet und die darauf folgende Explosion den auf dem Werksgelände stehenden Caravan zerstört, hat der Zulieferer Versicherungsschutz bezüglich des Schadens am Caravan, nicht jedoch bezüglich des Schadens am defekten Kocher. Hat der Hersteller den Caravan zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles bereits an einen Endkunden ausgeliefert, so hat er wegen Ziff. 7.8 AHB gar keinen Versicherungsschutz. Zwar hat er das fehlerhafte Teil nicht hergestellt, wohl aber hat er die letztlich insgesamt fehlerhafte Sache geliefert.454 Werden mehrere Sachen geliefert oder mehrere Leistungen erbracht, kommt es darauf 248 an, ob die Zusammenfassung der Gegenstände oder Leistungen in einem Vertrag im Sinne eines inneren Zusammenhangs erfolgt oder ob dies nicht der Fall ist.455 Letzterenfalls besteht Versicherungsschutz wegen Schäden an den anderen Leistungsgegenständen, nicht aber bezüglich derjenigen gelieferten Sache oder geleisteten Arbeit, die sich selbst zerstört hat. Wenn also der VN z.B. von der gleichen Ware größere Mengen liefert – etwa 100 Radios – und durch einen Fehler des einen Radios ein anderes der gelieferten Radios beschädigt wird, so fallen die Ansprüche wegen dieses Schadens nicht unter Ziff. 7.8 AHB.456 Werden drei gelieferte Lkw nebeneinander abgestellt, sodass ein herstellungsbedingter Brand in einem Lkw auf die anderen übergreift, so ist der Schaden an dem brandursächlichen Lkw wegen Ziff. 7.8 AHB nicht gedeckt, wohl aber der darüber hinausgehende Schaden an den beiden anderen Lkw.457 Die Bestimmung, wann bei natürlicher Lebensanschauung und Verkehrsauffassung 249 ein innerer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Arbeits- oder Leistungsteilen gegeben sein kann, bereitet angesichts der Vielfalt möglicher rechtlicher und tatsächlicher Gegebenheiten und mangels einer ausreichenden Judikatur mitunter Schwierigkeiten. Erfolgt die Leistung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses, so wird häufig auch nur von einem Leistungsgegenstand auszugehen sein. Ein wichtiges Indiz ist im Übrigen der funktionale Zusammenhang zwischen den einzelnen Arbeits- oder Lieferungsteilen, bei dessen Vorliegen grundsätzlich von einer einheitlichen Arbeit oder Sache auszugehen ist, sodass Schäden hieran durch Ziff. 7.8 AHB insgesamt ungedeckt sind.458 Kein Ver454 455
Beispiel bei Kuwert Rn. 4223; vgl. auch Wussow § 4 Anm. 109. Späte § 4 Rn. 261; Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8. 222.
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456 457 458
Späte § 4 Rn. 261; Wussow § 4 Anm. 109. Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8.224. Im Einzelnen hierzu Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8. 225.
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sicherungsschutz besteht also, wenn der VN einen Gesamtauftrag zur Errichtung eines Dachstuhles einschließlich Dacheindeckung ausführt, danach jedoch der Wind wegen mangelhafter Verankerung des Dachstuhls das gesamte Dach wegreißt.459 Der funktionale Zusammenhang kann aber im Einzelfall von anderen Kriterien überlagert werden, sodass nach der Verkehrsanschauung dennoch von mehreren Leistungsgegenständen auszugehen ist. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn eindeutige zeitliche oder räumliche Trennungen zwischen den einzelnen Leistungen gegeben sind. Schuldet der VN z.B. die Herstellung einer Dachkonstruktion und gleichzeitig die Lieferung der Treppe im Untergeschoss, so findet Ziff. 7.8 AHB keine Anwendung, wenn sich infolge eines Fehlers in der Dachkonstruktion später Schäden an der Treppe ergeben.460 Kein Versicherungsschutz besteht hingegen, wenn der VN in demselben Fall die Errichtung des gesamten Hauses schlüsselfertig schuldet; dann ist von einem einheitlichen Leistungsgegenstand auszugehen, der durch den einheitlichen Vertrag und durch den inneren Funktionszusammenhang geprägt ist.461 Beim Abschluss mehrerer Verträge ist gewöhnlich auch von mehreren Leistungsgegenständen auszugehen:462 Liefert der VN einen Kunststoffkanister mit Motorenöl und läuft dieses Öl beim Kunden infolge eines Lecks aus, so ist der Versicherungsschutz durch Ziff. 7.8 AHB ausgeschlossen. Wenn aber ein Kunde mit einem beim Händler A gekauften Benzinkanister diesen bei der Tankstelle B auffüllt, so handelt es sich hierbei um zwei Verträge mit zwei verschiedenen Leistungsgegenständen, sodass der Schaden am auslaufenden Benzin – Sachschaden, kein Abhandenkommen463 – infolge des leckenden Kanisters in der Betriebshaftpflichtversicherung des A nicht durch Ziff. 7.8 AHB ausgeschlossen ist. Jedoch kann nach der Verkehrsauffassung auch nur ein Leistungsgegenstand gegeben sein, der nur formell in mehrere Verträge aufgespalten ist:464 Das Aufspalten in verschiedene Einzelverträge geschieht aus Gründen, die mit der eigentlichen vertraglichen Leistung selbst nichts zu tun haben, etwa aus steuerlichen oder außenwirtschaftlichen Erwägungen. So liegt etwa der Fall, wenn nach Erteilung eines Grundauftrages die Lieferung durch Nachbestellungen ergänzt wird, wobei hier aber wiederum die zeitliche Komponente eine Rolle spielen kann, welche die Annahme von mehreren Leistungsgegenständen rechtfertigt. Erfolgt die weitere Leistung aufgrund einer neuen Entscheidung des Bestellers, so ist regelmäßig von mehreren Leistungsgegenständen auszugehen. Ziff. 7.8 AHB greift deshalb nicht ein, wenn der gelieferte Gegenstand den anderen – zuvor gelieferten – beschädigt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn eine bereits fertiggestellte Anlage im Hinblick auf neue Bedürfnisse des Bestellers geändert oder optimiert werden muss; die Änderungen oder Optimierungen sind dann jeweils als neue Leistungsgegenstände anzusehen.465 Bei mehrfacher Lieferung gleichartiger Ware in zeitlichem Abstand kommt es nicht darauf an, ob es sich um mehrere Einzelverträge oder um einen Sukzessivlieferungsvertrag handelt.466 Entscheidend ist hier, ob die zeitliche/räumliche Einheit der einzelnen Lieferungen nach der Verkehrsauffassung die Annahme eines einzelnen Leistungsgegenstandes rechtfertigt. 459 460
461 462
LG Traunstein 10.6.1968 VersR 1968 1029. Abweichend in der Begründung Wussow § 4 Anm. 110, der auf eine Mehrheit von Einzelaufträgen abstellt. Vgl. Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8.228. Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8.229; vgl. hierzu auch Kuwert Rn. 4226 und Wussow § 4 Anm. 109 und 115.
463 464 465 466
Vgl. Wussow § 4 Anm. 114. Beispiele nach Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8.229. Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8.229. Schmidt-Salzer/Thürmann Rn. 8.239.
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4. Kausalität
254
Zwischen dem eingetretenen Schaden und der Herstellung oder Lieferung muss adäquate Kausalität bestehen. Werden größere Mengen Zement mittels einer Maschine in einen entsprechenden Silo geblasen und kommt es dabei infolge Überdrucks zur Explosion, so können sich Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich des Schadens am bereits eingeblasenen Zement ergeben. Maßgebend muss insoweit die Verkehrsauffassung sein. Danach lässt sich grundsätzlich sagen, dass der gesamte bereits eingeblasene Zement noch als Liefergegenstand gilt. Anders ist aber zu entscheiden, wenn ein Sukzessivlieferungsvertrag vorliegt oder wenn ein Kaufvertrag über eine so große Menge abgeschlossen ist, dass sich die Lieferung über einen längeren Zeitraum erstreckt. Hier muss jede Teillieferung getrennt betrachtet werden. Im Übrigen wird es sich bei dem gebildeten Beispiel häufig um ein Kraftfahrzeughaftpflichtrisiko handeln, wenn der Zement nämlich von entsprechenden Spezialkraftfahrzeugen eingeblasen wird. Um einen durch die Lieferung verursachten Schaden an gelieferten Sachen handelt es 255 sich im Sinne der adäquaten Kausalität auch dann, wenn der Schaden als Folge mangelhafter Verpackung eingetreten ist. Demgemäß sind durch Ziff. 7.8 AHB z.B. die Schadensersatzansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 447 Abs. 2 BGB vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.467 Das Gleiche gilt, wenn eine Maschine mit einer unzutreffenden Gebrauchsanweisung geliefert wird. 5. Deckung für zugerechnete Haftung Dritter
256
Nach Ziff. 7.8 S. 3 AHB findet der Ausschluss auch dann Anwendung, wenn Dritte im Auftrag oder für Rechnung des VN die Herstellung oder Lieferung der Sachen oder die Arbeiten oder sonstige Leistungen übernommen haben. Anders als bei Ziff. 7.7 AHB werden somit auch Subunternehmer erfasst.468
VIII. Auslandsschäden (Ziff. 7.9 AHB) 1. Sinn und Zweck
257
Ziff. 7.9 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 I Ziff. 3 AHB 2002. Ausgeschlossen sind Haftpflichtansprüche aus im Ausland vorkommenden Schadensereignissen. Lediglich Ansprüche aus § 110 SGB VII bleiben bei ausländischen Schadensereignissen versichert (soweit sie nicht nach anderen Klauseln vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind). Hierbei handelt es sich um Rückgriffsansprüche des Sozialversicherungsträgers gegen den einen Personenschaden verursachenden Arbeitnehmer, dessen Haftung nach §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist. Sinn und Zweck dieser Klausel zutreffend erfassend soll hierdurch nach Ansicht des 258 LG Köln verhindert werden, „dass der Umfang der Haftung des VR durch die Anwendung ausländischen Rechts vergrößert und die Aufklärung durch größere Entfernung und sonstige Umstände schwieriger und teurer wird. Aufklärung, Schadenregulierung und Prozeßführung sind im Ausland in der Regel mit größeren Schwierigkeiten und mit höheren Kosten verbunden“.469 467 468
Vgl. Schmalzl VersR 1956 272 Anm. 22. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 93; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 219.
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469
LG Köln 8.1.1992 RuS 1993 51, 52 (zum Ausschluss von Auslandsschäden in der Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Bauingenieure); vgl. auch Lang-
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AHB 2012 Ziff. 7
Ob dieses Ziel durch die Anknüpfung an den Ort des Versicherungsfalles erreicht 259 wird, ist jedoch fraglich. Entscheidend für die „Haftung des VR“ ist vor allem, vor welchem Gericht und nach welchem Recht der Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird. Zwar wird es vielfach so sein, dass die Geschädigten am Ort des Eintritts des Versicherungsfalles ihren Wohn-/Geschäftsitz haben und den VN auch vor den dort zuständigen Gerichten verklagen. Zwingend ist aber weder das eine noch das andere. Bestehen zwischen dem VN und dem Geschädigten vertragliche Beziehungen, wird es zudem regelmäßig Vereinbarungen zum anwendbaren Recht und Gerichtsstand oder eine Schiedsgerichtsvereinbarung geben. In diesem Fall müssen sich insbesondere die gefürchteten US-Prozesskostenrisiken nicht immer verwirklichen.470 Sinnvoller wäre es deshalb, Beschränkungen des Versicherungsschutzes – wie nach 260 Ziff. 7.7.4 Muster-Bedingungsstruktur AT, den BBR für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren (Ziff. 2.6.4)471 oder den Zusatzbedingungen zur Betriebshaftpflichtversicherung für die Nutzer von InternetTechnologien (Rn. 412)472 – davon abhängig zu machen, wo der VN verklagt wird und/oder welches Recht zur Anwendung gelangt. Durch eine solche Klausel würde auch der Problematik des forum-shopping473 Rechnung getragen mit der damit verbundenen Gefahr, dass vom Versicherungsschutz erfasste Schadensfälle etwa vor US-Gerichten geltend gemacht würden. 2. Eintritt des Versicherungsfalles im Ausland
261
Ziff. 1.1 S. 2 u. 3 AHB definiert den Begriff des Schadensereignisses als „das Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist. Auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadenereignis geführt hat, kommt es nicht an“.
Ein Auslandsschaden liegt somit begrifflich immer dann vor, wenn der schädigende Erfolg im Ausland (z.B. Einsatzort der fehlerhaften Maschine) eingetreten ist, mag auch die Ursache im Inland (z.B. Ort der Herstellung der Maschine) gesetzt worden sein.474 Ohne Bedeutung ist, ob ein deutsches oder ein ausländisches Gericht angerufen wird. Wird ein deutscher VN z.B. in New York wegen eines Schadensfalles verklagt, der 262 sich in Deutschland zugetragen hat, besteht Versicherungsschutz. Deckung besteht auch dann, wenn das ausländische Gericht sein eigenes Recht anwendet, gleichgültig ob der
470 471
472
473
heid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 220; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 79; Späte § 4 Rn. 18; Littbarski AHB § 4 Rn. 47. Späte § 4 Rn. 40. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/. Mankowski in: v. Bar/Mankowski Inter-
474
nationales Privatrecht, Bd. I, 2. Aufl. (2003) § 5 Rn. 157 beschreit das Phänomen des forum shopping wie folgt: Der Kläger sucht sich unter mehreren international zuständigen Gerichten dasjenige heraus, das nach seinem Recht voraussichtlich die ihm günstigste Entscheidung treffen wird. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.9 AHB Rn. 96; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 79; vgl. auch OLG Karlsruhe 17.6.1999 VersR 2000 448 = RuS 2000 13; OLG Saarbrücken 1.12.1964 VersR 1966 54, 55 f.; LG Köln 8.1.1992 RuS 1993 51, 52; LG Hamburg 16.5.1979 VersR 1980 228; LG Duisburg 20.12.1960 VersR 1961 938; ÖOGH 5.3.1987 VersR 1988 419.
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VN nach ausländischem Recht in weiterem Umfang haftet als nach deutschem Rechtsgrundsätzen. Bezogen auf das vorherige Beispiel bedeutet dies, dass Versicherungsschutz auch dann besteht, wenn ein Gericht in New York das in seinem Bundesstaat geltende Recht anwendet (z.B. weil der deutsche VN die Maschine in New York hat fertigen lassen). In der Literatur wird einhellig die Ansicht vertreten, der Begriff „Ausland“ sei staats263 rechtlich zu verstehen und umfasse alle Gebiete außerhalb Deutschlands.475 Dabei werden Ausnahmen gemacht für Schiffe, die unter deutscher Flagge auf hoher See, d.h. in internationalen Gewässern, fahren. Dort auftretende Schäden werden wie inländische Versicherungsfälle behandelt.476 Anders liegt der Fall, wenn sich die Schiffe zum Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits in Hoheitsgewässern eines anderen Staates befinden. Entsprechendes soll bei in Deutschland registrierten Flugzeugen gelten. Solange sie sich nicht in ausländischem Luftraum befinden, besteht Versicherungsschutz für Schadensfälle in der Luft.477 Im Ergebnis verdient diese Einordnung von Versicherungsfällen Zustimmung. Die 264 Herleitung allein aus dem staatsrechtlich auszulegenden Begriff des Auslands scheint jedoch mit den heutigen Maßstäben, die bei der Auslegung von AGB gelten, kaum vereinbar zu sein. Der Begriff des Auslands ist ebenso wenig gesetzlich geregelt wie der Begriff Europa. Insoweit gelten die vom LG Berlin in seinem Urteil vom 9.1.2007 zur Auslegung des Begriffs Europa i.S.d. § 6 Ziff. 3 S. 1 VHB 74 getroffenen Feststellungen auch hier.478 In der vorbezeichneten Entscheidung ging es um die Frage, ob sich ein Versicherungsfall in der Hausratsversicherung, der auf Gran Canaria eingetreten ist, innerhalb Europas zugetragen hat. Nach der zutreffenden Ansicht des LG Berlin ist der Begriff Europa mehrdeutig. Er 265 könne nämlich nicht nur rein geografisch, sondern auch politisch verstanden werden.479 Nach dem Grundsatz der verwenderfeindlichsten Auslegung von AGB (§ 305c Abs. 2 BGB) legte das LG Berlin sodann den Begriff zugunsten des VN im letztgenannten Sinn aus und bejahte wegen der politischen Zugehörigkeit der Insel zu Spanien einen Versicherungsfall in Europa. Auch der Begriff des Auslands kann nicht nur geografisch beurteilt werden,480 sondern eben auch nach staats- und völkerrechtlichen Maßstäben. Nur deshalb ist es gerechtfertigt, Versicherungsfälle auf unter deutscher Flagge fahrenden Schiffen, die auf Hoher See unterwegs sind, sowie auf Kriegsschiffen, die nach den Regeln des Völkerrechts stets als Inland des Heimatstaates gelten,481 nicht als Haftpflichtansprüche anzusehen, die aus im Ausland vorkommenden Schadensereignissen resultieren.
475
476
477
Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.9 AHB Rn. 96; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 79; Langheid/Wandt/ Büsken AllgHaftpflV Rn. 221. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 220; Littbarski AHB § 4 Rn. 53; Späte § 4 Rn. 21, jew. m.w.N. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 221; Späte § 4 Rn. 21; HK-VVG/ Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 48.
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481
A.A. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.9 AHB Rn. 96. LG Berlin 9.1.2007 RuS 2008 476, 477 = VersR 2007 941, 942. Vgl. Kraft Außensteuergesetz 2009 § 1 AStG Rn. 72; Vögele/Raab Verrechungspreise3 Kap. A Rn. 201 zum Begriff des Auslands im Rahmen des § 1 AStG. Späte § 4 Rn. 21.
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3. Wiedereinschluss Der vollständige Ausschluss von Auslandsschäden trägt weder den Bedürfnissen von 266 Unternehmern noch von Privatpersonen angemessen Rechnung. Der Ausschluss wird deshalb standardmäßig in der Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung abbedungen und durch eine differenzierte Regelung ersetzt. a) Betriebshaftpflichtversicherung Muster-Bedingungsstruktur AT 7.7 Einschluss von Auslandsschäden in Betriebshaftpflicht-Versicherung Insgesamt gilt: 7.7.1 1Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.9 AHB – die gesetzliche Haftpflicht des VN wegen im Ausland vorkommender Versicherungsfälle a. aus Anlass von Geschäftsreisen oder aus der Teilnahme an Ausstellungen, Kongressen, Messen und Märkten; b. durch Erzeugnisse, die ins Ausland gelangt sind, ohne dass der VN dorthin geliefert hat oder hat liefern lassen; c. durch Erzeugnisse, die der VN ins europäische Ausland geliefert hat, hat liefern lassen oder die dorthin gelangt sind; d. aus Bau-, Montage-, Reparatur- und Wartungsarbeiten (auch Inspektion und Kundendienst) oder sonstigen Leistungen im Inland oder europäischen Ausland. 2Zu lit. b. und c.: Für Versicherungsfälle in den USA, US-Territorien oder Kanada durch Erzeugnisse, die im Zeitpunkt ihrer Auslieferung durch den VN oder von ihm beauftragte Dritte ersichtlich für eine Lieferung in die USA, US-Territorien oder nach Kanada bestimmt waren, besteht Versicherungsschutz nur nach besonderer Vereinbarung. (Besonderer Vereinbarung bedarf die Versicherung der Haftpflicht für im Ausland belegene Betriebsstätten, z.B. Produktions- oder Vertriebsniederlassungen, Läger u. dgl. sowie eine Erweiterung des Export-, Arbeits- oder Leistungsrisikos auf Länder außerhalb Europas) 7.7.2 1Ausgeschlossen sind Ansprüche aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten von Personen, die vom VN im Ausland eingestellt oder dort mit der Durchführung von Arbeiten betraut worden sind. 2Eingeschlossen bleiben jedoch Haftpflichtansprüche gegen den VN und die unter Ziff. 7.1.2.3 genannten Personen aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, die den Bestimmungen des SGB VII unterliegen (siehe Ziff. 7.9 AHB); 7.7.3 1Aufwendungen des VR für Kosten werden – abweichend von Ziff. 6.5 AHB – als Leistungen auf die Versicherungssumme angerechnet. 2Kosten sind: Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und Gerichtskosten, Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung des Schadens bei oder nach Eintritt des Versicherungsfalles sowie Schadenermittlungskosten, auch Reisekosten, die dem VR nicht selbst entstehen. 3Das gilt auch dann, wenn die Kosten auf Weisung des VR entstanden sind. 7.7.4 Bei Versicherungsfällen in den USA/US-Territorien und Kanada oder in den USA/US-Territorien und Kanada geltend gemachten Ansprüchen gilt: Selbstbeteiligung des VN an jedem Schaden: ... %, mindestens EUR ......, höchstens EUR ...... Kosten gelten als Schadensersatzleistungen. 7.7.5 Die Leistungen des VR erfolgen in Euro. Soweit der Zahlungsort außerhalb der Staaten, die der Europäischen Währungsunion angehören, liegt, gelten die Verpflichtungen des VR mit dem Zeitpunkt als erfüllt, in dem der Euro-Betrag bei einem in der Europäischen Währungsunion gelegenen Geldinstitut angewiesen ist.
aa) Begriff der gesetzlichen Haftpflicht. Mit „gesetzlicher Haftpflicht“ sind – ebenso wie 267 mit „gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen“ nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB (Ziff. 1 Rn. 34 ff.) – Haftpflichtansprüche aufgrund derjenigen Gesetze gemeint, die im Einzelfall zur Anwen-
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dung kommen. Welche das sind – ob deutsche oder ausländische –, bestimmt sich nach dem Kollisionsrecht desjenigen Staates, in dem der Haftpflichtanspruch gerichtlich geltend gemacht wird.482 Soweit vor einem Gericht eines EU-Staates geklagt wird, richtet sich das anwendbare Recht je nachdem, ob es sich um vertragliche (Ausnahme) oder um außervertragliche Ansprüche handelt, nach der Rom I-Verordnung oder der Rom II-Verordnung. Abweichend von Ziff. 1.1 S. 1 AHB ist die Deckung nicht auf Haftpflichtbestimmun268 gen privatrechtlichen Inhalts beschränkt. Dies hat seinen Grund darin, dass ausländische Rechtsordnungen vielfach nicht zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht unterscheiden. Nicht anders als bei Ziff. 1.1 S. 1 AHB ist für die Deckung nach Ziff. 7.7.1 MusterBedingungsstruktur AT entscheidend, dass nach dem anwendbaren materiellen Recht (Gesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen sowie Gewohnheitsrecht) die Rechtsfolgen unabhängig vom Willen der Parteien eintreten. Ob es sich dabei um kodifiziertes Recht (z.B. österreichisches ABGB, französischer Code Civil u.ä.) oder um Richterrecht (Common-law Länder) handelt, ist unerheblich.483 Grundsätzlich werden von dem Begriff der „gesetzlichen Haftpflicht“ auch solche aus269 ländischen Anspruchsnormen erfasst, deren Tatbestand und/oder Rechtsfolgen mit dem deutschen ordre public nicht vereinbar sind. Beispielhaft seien punitive/treble damages genannt, die nach dem Recht nahezu aller U.S.-Bundesstaaten dem Geschädigten bei besonders rücksichtslos begangenen unerlaubten Handlungen/Kartellrechtsverstößen zugesprochen werden können.484 Zwar mag die Anerkennung (§ 328 ZPO) und Vollstreckung (§ 722 ZPO) in Deutschland unterbleiben, wenn der VN zu unverhältnismäßig hohen Strafzahlungen verurteilt wird.485 Dies hilft dem VN freilich nicht, wenn er in dem Urteilsstaat oder einem anderen Staat, der solche Urteile anerkennt und vollstreckt, Vermögen hat. Zu Recht vertritt Späte deshalb die Ansicht, dass es nicht darauf ankommen könne, ob ausländische Haftpflichtbestimmungen dem deutschen ordre public zuwiderlaufen oder nicht, da die Interessenlage nicht nur des VN, sondern auch des VR die Bejahung des Versicherungsschutzes grundsätzlich gebiete.486 Schließlich ist auch der VR an einer möglichst zügigen Schadensregulierung und deshalb nicht daran interessiert, Rechtsgutachten zur Klärung der Frage einzuholen, ob und inwieweit die Anwendung eines ausländischen Gesetzes gegen den deutschen ordre public verstößt. Die Grenze ist erst dann überschritten, wenn von „gesetzlicher Haftpflicht“ nicht 270 mehr die Rede sein kann, weil „nach rechtsstaatlichen Gepflogenheiten überhaupt keine Haftung mehr angenommen werden kann, weil entweder eine allgemeine gesetzliche Grundlage überhaupt fehlt oder aber die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs nach allgemeiner Rechtsanschauung als reiner Willkürakt anzusehen wäre“.487
Ansonsten ist der VR dadurch hinreichend geschützt, dass er entweder von vornherein oder nach Maßgabe des Versicherungsvertrages entsprechende Risikozuschläge zum Versicherungsbeitrag vereinbaren kann.488 Verschlechtern sich die rechtlichen und/oder tatsächlichen Verhältnisse in einem ausländischen Staat nach Abschluss des Versicherungsvertrages, kann sich der VR durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung von einem ihm zu groß gewordenen Risiko befreien.489 482 483 484 485
Späte § 4 Rn. 26. Späte § 4 Rn. 26; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7.1 BetriebsHaftPfl Rn. 1. MAH/Stempfle § 33 Rn. 62. BGH 4.6.1992 BGHZ 118 312, 334 f. = NJW 1992 3096, 3102 f.; vgl. auch
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486 487 488 489
BGH 8.5.2000 NJW-RR 2000 1372, 1373. Späte § 4 Rn. 27. Späte § 4 Rn. 27. Späte § 4 Rn. 27. Späte § 4 Rn. 27.
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Werden Auslandsschäden wieder in den Versicherungsschutz eingeschlossen, stellt sich die Frage, inwieweit der Versicherungsschutz von rechtlichen Wertungen ausländischer Haftungsregimes abhängig ist. Muss der VR z.B. für die Verursachung von Datenund Programmschäden in einem ausländischen Staat Deckung gewähren, dessen Rechtsordnung (gespeicherte) Daten und Programme als Sachen und Schäden daran folglich als Eigentumsverletzung/Sachschaden qualifiziert, und kann er im umgekehrten Fall, wenn solche Schäden nach dem ausländischen Erfolgsortrecht nicht als Eigentumsverletzung/ Sachschaden eingeordnet werden, die Deckung verweigern? Oder muss der VR Deckung für die Inanspruchnahme des VN wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen gewähren, wenn das ausländische Recht diese als Personenschäden qualifiziert? Die Antwort auf diese Fragen hängt von der Auslegung des Begriffs des Sach- und Personenschadens i.S.v. Ziff. 1.1 S. 1 AHB ab. Wie bereits mehrfach festgestellt (Ziff. 1 AHB Rn. 14, 16) muss dieser Begriff in der Haftpflichtversicherung im Hinblick auf die angestrebte Kongruenz zwischen Haftung und Deckung ausgelegt werden. Bedeutet dies nun, dass er bei der Mitversicherung von Auslandsschäden im Lichte des Erfolgsorthaftungsrechts zu verstehen ist? Dagegen ließe sich im Hinblick auf den Auslandsschadensausschluss gem. Ziff. 7.9 AHB anführen, dass der Begriff des Sach- und Personenschadens in Ziff. 1.1 S.1 AHB an die Haftung nach deutschem Deliktsrecht anknüpft. Der Wiedereinschluss von Versicherungsfällen gem. Ziff. 7.7.1 Muster-Bedingungsstruktur AT im Ausland in der Betriebshaftpflichtversicherung geht den AHB jedoch als Spezialregelung vor und muss deshalb grundsätzlich auch primärer Anknüpfungspunkt für die Auslegung sein. Legt man mit der Rechtsprechung die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – seine Interessen zugrunde,490 erscheint es deshalb naheliegend, den versicherungsvertraglichen Begriff des Sach- und Personenschadens bei Versicherungsfällen im Ausland im Lichte des dort geltenden Haftungsrechts auszulegen. Für Schadensersatzansprüche, die auf ausländischem Erfolgsortrecht beruhen, das die in Rede stehenden Schäden als Sachschäden oder Personenschäden qualifiziert, besteht deshalb ungeachtet der Einordnung nach deutschem Recht Deckung. Im umgekehrten Fall, in dem das ausländische Erfolgsortrecht derartige Schäden nicht als Sach- und Personenschäden qualifiziert, ist diese Frage schwierig zu beantworten. Hier dürfte jedenfalls in den Konstellationen, in denen der Geschädigte nach der lex fori zwischen dem Erfolgsort- und dem Handlungsortrecht wählen kann und das Handlungsortrecht die Schäden wie Sach- oder Personenschäden behandelt, die Deckung zu bejahen sein, weil es anderenfalls der Geschädigte in der Hand hätte, dem VN den Versicherungsschutz durch die Wahl des Erfolgsortrechts zu entziehen. Bezogen auf die zuvor genannten Beispiele (Rn. 271) ist die Deckung somit stets zu bejahen, wenn das Handlungs- und/oder das Erfolgsortrecht Datenschäden als Eigentumsverletzung/Sachschaden qualifiziert. Bei einer Qualifikation von Persönlichkeitsrechtsverletzungen als Personenschaden besteht wegen Ziff. 7.16 AHB kein Versicherungsschutz (Rn. 423).
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bb) Anwendbarkeit der AHB. Die Deckungserweiterung lässt die Geltung der AHB 275 unberührt, was seinen Ausdruck bereits in der Fomulierung findet, dass der Versiche490
St. Rspr., vgl. BGH 25.4.2007 NJW 2007 2544, 2545; BGH 11.12.2002 RuS 2003 149, 150; BGH 8.12.1999 NJW 2000 1194, 1196; BGH 5.7.1995 NJW-RR 1995 1303, 1304; BGH 18.3.1992 NJW-RR 1992 793,
794; BGH 5.12.1992 NJW 1992 1511 f.; BGH 26.3.1986 NJW-RR 1986 900, 901; OLG München 27.5.1998 RuS 1999 146, 147.
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rungsschutz abweichend von Ziff. 7.9 AHB gewährt wird. Entscheidend ist jedoch, dass der standardmäßige Wiedereinschluss von Auslandsschäden ein Baustein der Betriebshaftpflichtversicherung ist, die grundsätzlich Versicherungsschutz nur auf Grundlage der AHB gewähren (vgl. 7.1.1 Muster-Bedingungsstruktur AT: „Versichert ist im Rahmen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und der nachfolgenden Bestimmungen die gesetzliche Haftpflicht des VN …“). Durch die Bezugnahme auf die gesetzliche Haftpflicht des VN wird der Kreis der üb276 licherweise in der Betriebshaftpflichtversicherung versicherten Personen nicht eingeschränkt, da dieser Personenkreis nach Ziff. 7.1.2 Muster-Bedingungsstruktur AT mitversichert ist (vgl. Ziff. 27 AHB Rn. 19 ff.). Anwendung finden auch, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist, die Serienschadensklausel der Ziff. 6.3 AHB, alle sonstigen Ausschlusstatbestände, die Bestimmungen über Obliegenheiten u.a.m.491 Gehen beispielsweise Haftpflichtansprüche durch Vereinbarung der Parteien über den Umfang der jeweils zur Anwendung gelangenden Haftungsbestimmungen hinaus, greift der Ausschluss nach Ziff. 7.3 AHB ein (Rn. 62 ff.). Bei Bau-, Montage-, Reparatur- und Wartungsarbeiten kann ferner der Tätigkeitsschadensausschluss gem. Ziff. 7.8 AHB zur Anwendung kommen (hierzu Rn. 241 ff.). cc) Deckungserweiterungen
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(1) Geschäftsreisen, Ausstellungen, Messen. Nach Ziff. 7.7.1 lit. a) Muster-Bedingungsstruktur AT ist weltweit die gesetzliche Haftpflicht wegen im Ausland vorkommender Schadensereignisse aus Anlass von Geschäftsreisen oder aus der Teilnahme an Ausstellungen, Kongressen, Messen und Märkten versichert. Dient die Geschäftsreise oder Teilnahme nicht nur betrieblichen oder beruflichen Zwecken, sind die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze zur Behandlung von Mischtätigkeiten (§ 100 VVG Rn. 74 f.) und zur Abgrenzung zwischen Privathaftpflichtversicherung und Betriebshaftpflichtversicherung bei der Auslegung heranzuziehen (§ 102 VVG Rn. 25 ff.). Insoweit macht es für die Zurechung zum privaten oder betrieblichen Bereich keinen Unterschied, ob sich ein Schadensfall im Inland oder im Ausland ereignet.492 (2) Indirekte/direkte Exporte
278
(a) Bedeutung der Unterscheidung. Der Umfang des Versicherungsschutzes wegen im Ausland vorkommender Versicherungsfälle durch Erzeugnisse, die der VN in Verkehr gebracht hat, hängt davon ab, wie sie ins Ausland gelangt sind und ob die Versicherungsfälle innerhalb oder außerhalb Europas eingetreten sind. Sind die Erzeugnisse ins Ausland gelangt, „ohne dass der VN dorthin geliefert hat oder hat liefern lassen“ (sog. indirekte Exporte), besteht nach Ziff. 7.7.1 lit. b) Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht weltweit Versicherungsschutz. Hat der VN die Erzeugnisse geliefert oder liefern lassen (direkte Exporte), besteht 279 Versicherungsschutz gem. Ziff. 7.7.1 lit. c) Muster-Bedingungsstruktur AT nur für Versicherungsfälle im europäischen Ausland. Da nach dem zuvor Ausgeführten (Rn. 265) unklar ist, ob Europa im geografischen Sinne oder staats-/völkerrechtlich zu verstehen ist, gilt nach der Unklarheitenregel die jeweils für den VN günstigere Auslegung.493 Um sich gegen Versicherungsfälle zu schützen, die durch direkte Exporte im nicht europä-
491 492
Späte § 4 Rn. 28. Vgl. auch Späte § 4 Rn. 30.
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So auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 BetriebsHaftPfl Rn. 2.
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ischen Ausland eintreten, bedarf es besonderer Vereinbarung. VR und Vermittler treffen insoweit Beratungspflichten nach §§ 6 Abs. 1, 61 Abs. 1 VVG. (b) Abgrenzungskriterium. Der Wiedereinschluss von Auslandsschäden in der Betriebshaftpflichtversicherung und damit auch die Abgrenzung zwischen direkten und indirekten Exporten war bislang nicht Gegenstand der Rechtsprechung. In der Literatur wird zur Abgrenzung darauf abgestellt, ob die Erzeugnisse ohne/auf Veranlassung des VN ins Ausland gelangt sind.494 Dabei soll es unerheblich sein, ob dem VN eine Auslandsberührung seiner Erzeugnisse bekannt ist.495 Danach ist ein Fall des indirekten Exports gegeben, wenn z.B. ein deutscher Hersteller sein Produkt an einen inländischen Händler liefert und dieser es ins Ausland exportiert oder ein Käufer das Erzeugnis mit ins Ausland nimmt oder es jemandem schenkt, der es seinerseits ins Ausland bringt.496 Ein indirekter Export liegt auch dann vor, wenn ein Zulieferer sein Erzeugnis an einen anderen Hersteller liefert, der aus diesem Produkt zusammen mit anderen ein Endprodukt herstellt und das fertige Endprodukt ins Ausland verkauft.497 Das Kriterium der Veranlassung hat keinen Eingang in den Text der hier einschlägigen Klauseln gefunden. Begreift man die Lieferung als Realakt i.S.v. Ablieferung,498 liegt es näher, auf den Erfolgsort abzustellen. Da der Leistungserfolg in der Regel beim Käufer eintritt, weil dort die Übergabe und ggf. der Eigentumserwerb stattfindet, ist somit grundsätzlich der Sitz des Käufers entscheidend. Hat der VN an einen Käufer geliefert, der seinen Sitz in Deutschland hat, beurteilt sich die Deckung für Auslandsschäden nach 7.7.1 lit. b) Muster-Bedingungsstruktur AT. Erfolgt die Lieferung an einen Käufer, der seinen Sitz außerhalb Europas hat, besteht nach Ziff. 7.7.1 lit. c) Muster-Bedingungsstruktur AT nur Versicherungsschutz, wenn das Erzeugnis nach Europa zurückgelangt und dort einen Versicherungsfall auslöst. Hat der Käufer dagegen seinen Sitz im europäischen Ausland, besteht stets nach Ziff. 7.7.1 lit. c) Muster-Bedingungsstruktur AT Deckung, selbst wenn es zu einer Weiterlieferung an einen Abkäufer mit Sitz im nicht europäischen Ausland kommt, dem direkten Export also ein – aus der Sicht des VN – indirekter Export nachfolgt. Um einen von Ziff. 7.7.1 lit. c) Muster-Bedingungsstruktur AT erfassten Fall handelt es sich auch beim sog. Streckengeschäft, bei dem der europäische Käufer und der VN vereinbaren, dass das Erzeugnis ohne den Umweg über den Käufer direkt an seinen Abnehmer außerhalb Europas geliefert wird. Hierbei gilt es allerdings, die Beschränkungen für Versicherungsfälle in den USA, US-Territorien oder Kanada zu beachten (Rn. 294 f.). Weder um einen Fall des direkten noch des indirekten Exports i.S.v. Ziff. 7.7.1 lit. b) und c) Muster-Bedingungsstruktur AT geht es, wenn Erzeugnisse für Ausstellungen und Messen ins Ausland verbracht werden. Ereignet sich beim Vorführen des eigenen Erzeugnisses auf der Ausstellung ein Personenschaden oder ein Schaden an Sachen Dritter, beurteilt sich die Deckung nach Ziff. 7.7.1 lit. a) Muster-Bedingungsstruktur AT.499 Liefert der VN seine Erzeugnisse von der Ausstellung oder Messe an einen Dritten im Ausland, besteht Versicherungsschutz nach Maßgabe von Ziff. 7.7.1 lit. c) Muster-Bedingungsstruktur AT. Deckung besteht nur für Produkthaftpflichtschäden innerhalb Europas.
494 495 496
Vgl. Späte § 4 Rn. 32; ähnlich Kuwert Rn. 4024. Späte § 4 Rn. 32. Späte § 4 Rn. 32.
497 498 499
Späte § 4 Rn. 32. Vgl. BGH 11.10.1995 NJW 1995 3381, 3383 zu § 377 HGB. Vgl. Späte § 4 Rn. 31.
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Ist der Aussteller nicht der Hersteller, sondern ein Händler, der das Erzeugnis innerhalb Deutschlands oder Europas erworben und auf der Messe ausgestellt hat, liegt ein Fall des indirekten Exports vor, sodass Versicherungsschutz nach Ziff. 7.7.1 lit. b) oder c) Muster-Bedingungsstruktur AT besteht. Die Auslandsdeckung in der Betriebshaftpflichtversicherung sei anhand nachstehen285 der Fallkonstellationen verdeutlicht: – – – – –
286
Erzeugnis wird in Deutschland ausgeliefert, Schadensfall tritt im (nicht-/europäischen) Ausland ein: Versicherungsschutz gem. Ziff. 7.7.1 lit. b) Muster-Bedingungsstruktur AT Erzeugnis wird ins europäische Ausland ausgeliefert, Schadensfall tritt in Europa ein: Versicherungsschutz gem. Ziff. 7.7.1 lit. c) Muster-Bedingungsstruktur AT Erzeugnis wird ins europäische Ausland ausgeliefert, Schadensfall tritt außerhalb Europas ein: Versicherungsschutz gem. Ziff. 7.7.1 lit. c) Muster-Bedingungsstruktur AT Erzeugnis wird ins nichteuropäische Ausland geliefert, Schadensfall tritt außerhalb Europas ein: Versicherungsschutz besteht nicht Erzeugnis wird ins nichteuropäische Ausland geliefert, Schadensfall tritt in Europa ein: Versicherungsschutz gem. Ziff. 7.7.1 lit. c) Muster-Bedingungsstruktur AT
(3) Bau-, Montage-, Reparatur- und Wartungsarbeiten. Ziff. 7.7.1 lit. d) Muster-Bedingungsstruktur AT betrifft die Erbringung von Bau-, Montage-, Reparatur- und Wartungsarbeiten (auch Inspektion und Kundendienst) oder sonstigen Leistungen im Inland oder europäischen Ausland. Da Montage-, Wartungs- und Reparaturarbeiten zwangsläufig ein Objekt voraussetzen, an dem diese Tätigkeiten entfaltet werden, kann die Tätigkeitsschadenklausel des Ziff. 7.7 AHB zur Anwendung gelangen. Hat der VN die Sache, an der er eine Montage-, Reparatur- oder Wartungsarbeit entfaltet, selbst hergestellt und/oder geliefert, ist zudem Ziff. 7.8 AHB zu beachten. Wer also beispielsweise die Lieferung einer Maschine und deren Montage vertraglich vereinbart, hat regelmäßig keinen Versicherungsschutz, wenn er bei der Montage die Maschine beschädigt.500
dd) Ausländisches Betriebsrisiko. Besonderer Vereinbarung bedarf nach Ziff. 7.7.1 Muster-Bedingungsstruktur AT die Versicherung „der Haftpflicht für im Ausland gelegene Betriebsstätten, z.B. Produktions- oder Vertriebsniederlassungen, Läger u. dgl.“. Hierauf weist der außerhalb des Bedingungstextes stehende Klammerzusatz hin, um zu vermeiden, dass beim VN Fehlvorstellungen über die Erstreckung des Versicherungsschutzes auf ausländische Betriebsstätten entstehen.501 Der Grund dafür, dass ausländische Betriebsstätten nicht automatisch versichert sind, besteht darin, dass die VR solche zusätzlichen Haftpflichtrisiken nicht ohne sorgfältige Prüfung und ggf. Prämienerhöhung übernehmen wollen.502 Aufsichtsrechtlich ist zu klären, ob das ausländische Betriebsstättenrisiko überhaupt 288 in rechtlich zulässiger Weise durch einen deutschen VR im Rahmen einer sog. UmbrellaPolice – ggf. als Exzedentendeckung für die Auslandstochter im Anschluss an deren örtliche Haftpflichtversicherung – versichert werden darf oder dieses vollständig im jeweiligen Land bei einem dort zugelassenen VR abzudecken ist.
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ee) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach Ziff. 7.7.2 Muster-Bedingungsstruktur AT besteht für Ansprüche aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten von Personen,
500 501
Späte § 4 Rn. 36. Späte § 4 Rn. 37.
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Vgl. Späte § 4 Rn. 37.
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die vom VN im Ausland eingestellt oder dort mit der Durchführung von Arbeiten betraut worden sind, kein Versicherungsschutz. Der Ausschluss trägt dem Umstand Rechnung, dass die deutschen Sozialversicherungsgesetze nicht ohne Weiteres auf das Ausland übertragbar sind. Da auf die Besonderheiten und die gesetzlichen Vorschriften des jeweiligen Auslandes Rücksicht genommen werden muss, ist dieser Problemkreis einer generalisierenden Lösung nicht zugänglich.503 Für die Fälle, dass sich die ausländischen Arbeitnehmer im Ausland untereinander schädigen, empfiehlt Späte, sie nach Maßgabe des dortigen Sozialversicherungsrechts selbst zu versichern.504 Ohne Belang ist es, ob der VN mit diesen Personen im Ausland einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, da der Ausschluss auch dann greift, wenn eine Person nur rein tatsächlich mit der Durchführung der Arbeiten betraut worden ist.505 Eingeschlossen bleiben jedoch Haftpflichtansprüche gegen den VN und die unter 290 Ziff. 7.1.2.3 Muster-Bedingungsstruktur AT genannten Personen (gesetzliche Vertreter und die zur Leitung und zur Beaufsichtigung angestellten Betriebsangehörigen des VN) aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, die den Bestimmungen des SGB VII unterliegen (Ziff. 27 AHB Rn. 19 ff.). Damit werden die Fälle erfasst, in denen ein im Inland angestellter Arbeitnehmer im Ausland einen Arbeitsunfall erleidet. Daraus erklärt sich auch der in Klammern gesetzte Hinweis auf Ziff. 7.9 AHB.506 Sind Regressansprüche gem. § 110 Abs. 1 SGB VII wegen inländischer Arbeitsunfälle eingeschlosssen, gilt dies auch für ausländische. Sind Regressansprüche wegen inländischer Arbeitsunfälle durch die Arbeits- oder Dienstunfallklausel ausgeschlossen sind,507 bleiben sie es auch für ausländische.508 ff) Kostenklausel. Ziff. 7.7.3 Muster-Bedingungsstruktur AT sieht – abweichend von 291 § 101 Abs. 2 S. 1 VVG und Ziff. 6.5 AHB – die Anrechnung von Aufwendungen des VR für Kosten als Leistungen auf die Deckungssumme vor. Als Kosten werden gem. Ziff. 7.7.3 S. 2 u. 3 Muster-Bedingungsstruktur AT definiert: „2Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und Gerichtskosten, Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung des Schadens bei oder nach Eintritt des Versicherungsfalles sowie Schadenermittlungskosten, auch Reisekosten, die dem VR nicht selbst entstehen. 3Das gilt ausdrüclich auch dann, wenn die Kosten auf Weisung des VR entstanden sind“.
Gegen die Wirksamkeit der Anrechnung von Kosten in Satz 2 bestehen trotz der oben genannten Bedenken gegen die Anknüpfung allein an den Eintritt des Versicherungsfalles im Ausland keine Bedenken (vgl. § 101 VVG Rn. 65 ff.).509 Während bei inländischen Versicherungsfällen die Kosten des Rechtsstreits aufgrund 292 der nach RVG zu berechnenden Gebühren und die nach dem GKG zu berechnenden Gerichtskosten kalkulierbar und bei erfolgreicher Anspruchsabwehr vom Kläger zu tragen sind, ist dies bei Verfahren vor ausländischen Gerichten nicht immer der Fall. Der VR hat deshalb ein berechtigtes Interesse an der Kostenanrechungsregelung (zur Wirksamkeit von Kostenanrechnungsklauseln bei Inlandssachverhalten s. § 101 VVG
503 504 505 506 507
Späte § 4 Rn. 38; Kuwert Rn. 4024. Späte § 4 Rn. 38. Späte § 4 Rn. 38. Späte § 4 Rn. 38; Kuwert Rn. 4024. Vgl. BGH 19.5.2010 BeckRS 2010 14815 (zur Arbeitsunfallklausel in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur
508 509
Haftpflichtversicherung für Betriebe des Baunebengewerbes). Späte § 4 Rn. 38; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 222. A.A. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 BetriebsHaftPfl Rn. 4.
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Rn. 71 ff.). Besteht das Risiko, dass die Kosten der Abwehr von Ansprüchen die üblichen Regeldeckungssummen übersteigen, was insbesondere bei Produkthaftpflichtfällen in den USA vorkommen kann, gilt es deshalb, von vornherein ausreichende Deckungssummen zu vereinbaren. Dagegen ist Satz 3 nach § 87 VVG und bei Versicherung von Großrisiken gem. 293 §§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil er sich auch auf Aufwendungen des VN zur Minderung oder Abwendung des Schadens i.S.v. § 82 Abs. 1 VVG erstreckt.510 Insoweit steht Satz 2 in Widerspruch zu § 83 Abs. 3 VVG, demzufolge der VR dem VN Aufwendungen, die dieser gemäß seinen Weisungen macht, auch dann zu erstatten hat, wenn sie zusammen mit der sonstigen Entschädigung die Versicherungssumme übersteigen.511 Nach der neu vom GDV gefassten Auslandskostenanrechnungsklausel, die erstmals in den AVB-AVG in der Fassung vom Mai 2012 Eingang gefunden hat512 und nunmehr im Zuge der laufenden Strukturreform der Haftpflicht-Musterbedingungen sukzessive in die jeweiligen Musterbedingungen eingearbeitet werden soll, ist S. 3 bereits nicht mehr enthalten.
294
gg) USA-/Kanada-Risiken. Für Versicherungsfälle in den USA, US-Territorien oder Kanada durch Erzeugnisse, die im Zeitpunkt ihrer Auslieferung durch den VN oder von ihm beauftragte Dritte ersichtlich für eine Lieferung in diese Gebiete bestimmt waren, besteht Versicherungsschutz nur nach besonderer Vereinbarung, ohne dass es darauf ankommt, auf welchem Wege (in-/direkter Export) die Erzeugnisse dorthin gelangt sind. Zugunsten des VN (§ 305c Abs. 2 BGB) ist der Begriff „ersichtlich“ subjektiv zu bestimmen. Legt man das allgemeine Sprachverständnis als Maßstab zugrunde und unternimmt den Versuch einer näheren Bestimmung dieses Verständnisses durch Heranziehung von Synonymen wie z.B. „bemerkbar, erkennbar, fassbar, fühlbar, nachvollziehbar, plausibel, sichtbar, spürbar, unübersehbar, wahrnehmbar“, ist unter dem Begriff „ersichtlich“ sicherlich nicht positive Kenntnis zu verstehen. Anderseits wird aus den Synonymen deutlich, dass dem VN nicht bereits einfache, sondern nur grob fahrlässige Unkenntnis von der Auslieferung in eines der vorbezeichneten Länder schadet.513 Soweit Deckung für Versicherungsfälle in den USA/US-Territorien und Kanada be295 steht, sieht Ziff. 7.7.4 Muster-Bedingungsstruktur AT Sonderregelungen für die Selbstbeteiligung des VN vor und bestimmt, dass Kosten als Schadensersatzleistungen gelten, was im Ergebnis zu einer Anrechnung der Kosten auf die Versicherungssumme führt. Darüber hinaus („oder“) werden auch ausländische Versicherungsfälle außerhalb dieser Gebiete erfasst, soweit die daraus resultierenden Ansprüche vor Gerichten in den USA oder Kanada geltend gemacht werden.
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hh) Währungsklausel. In Ziff. 7.7.5 Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht ist festgelegt, dass die Leistungen des VR in Euro erfolgen. Soweit der Zahlungs-
510 511 512 513
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 BetriebsHaftPfl Rn. 3. So auch Bruck/Möller/Baumann Ziff. 4 AVB-AVG Rn. 32 (zu Ziff. 4.4 AVB-AVG). Bruck/Möller/Baumann Ziff. 4 AVB-AVG Rn. 90. Weitergehend zu Ziff. 2.6 UmweltHM s. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 89 („Ersichtlich heißt, dass der
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Versicherungsnehmer konkret wissen muss, dass sein Produkt oder seine Leistung in den genannten Anlagen Verwendung findet oder er diesen ersichtlich vorhandenen Verwendungszweck infolge Sorglosigkeit nicht bemerkt.“) und Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen, § 50 Rn. 50 zu Ziff. 4.4. ProdHM (nur positive Kenntnis schadet).
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ort außerhalb der Staaten liegt, die der Europäischen Währungsunion angehören, gelten die Verpflichtungen des VR in dem Zeitpunkt als erfüllt, in dem der Euro-Betrag bei einem in der Europäischen Währungsunion gelegenen Geldinstitut angewiesen ist. Hierbei handelt es sich um eine in der Haftpflichtversicherung allgemein übliche Regelung, die in ähnlicher Form schon seit langer Zeit praktiziert wird.514 Hintergrund der Regelung ist, dass der VR das Kurs- und Transferrisiko nicht tragen will.515 Hiergegen äußert Lücke Bedenken.516 Es sei unklar, was mit „Europäischer Währungsunion gemeint sein soll (Europäische Union oder Länder, in denen der Euro gesetzliches Zahlungsmittel ist)“. Diese Bedenken sind unberechtigt. Lücke überspannt die Anforderungen an die Transparenz. Europäische Währungsunion ist Verkürzung für die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, weshalb sich die Klausel nur auf Länder bezieht, die den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt haben. Zu folgen ist dagegen Lückes Ansicht, die Klausel widerspreche der Hauptverpflich- 297 tung des VR zur Befriedigung begründeter Schadensersatzverpflichtungen, weil sie den VN in den Fällen unangemessen i.S.v. § 307 BGB benachteilige, in denen nach dem zur Anwendung berufenen ausländischen Recht das Verlustrisiko nicht vom (Haftpflicht-)Gläubiger zu tragen sei.517 Durch die Vorverlagerung des Zeitpunkts der gegenüber dem VN geschuldeten Freistellung vom Haftpflichtanspruch auf den Zeitpunkt der Anweisung einer Bank, wird der VN unangemessen benachteiligt, weil er für den Fall, dass das Geld nicht auf dem Konto des Geschädigten gelangt, diesem gegenüber weiterhin haftet. Insoweit schuldet der VR gegenüber dem VN die Verbringung des Geldes zum Geschädigten als solche und nicht bloß deren Veranlassung. ii) Sonstige Ausschlüsse mit Auslandsbezug Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht 7.4 Nicht versicherte Risiken 7.4.1 Ausgeschlossen sind Ansprüche 7.4.1.1 wegen Schäden, die nachweislich auf Kriegsereignissen, anderen feindseligen Handlungen, Aufruhr, inneren Unruhen, Generalstreik, illegalem Streik oder unmittelbar auf Verfügungen oder Maßnahmen von hoher Hand beruhen; das gleiche gilt für Schäden durch höhere Gewalt, soweit sich elementare Naturkräfte ausgewirkt haben; 7.4.1.2 auf Entschädigung mit Strafcharakter, insbesondere punitive oder exemplary damages; 7.4.1.3 nach den Art. 1792 ff. und 2270 und den damit im Zusammenhang stehenden Regressansprüchen nach Art. 1147 des französischen Code Civil oder gleichartiger Bestimmungen anderer Länder.
Nicht mehr im Rahmen des Wiedereinschlusses von ausländischen Versicherungs- 298 fällen, sondern unter Ziff. 7.4.1 Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht aufgeführt sind die früher im sog. Auslandsmodell enthaltenen Ausschlüsse von Haftpflichtansprüchen wegen „Schäden, die nachweislich auf Kriegsereignissen, anderen feindseligen Handlungen, Aufruhr, inneren Unruhen, Generalstreik, illegalem Streik oder unmittelbar auf Verfügungen oder Maßnahmen von hoher Hand beruhen“, sowie wegen
514
Vor Gründung der Europäischen Währungsunion lautete die Klausel: „Die Verpflichtung des VR gilt mit dem Zeitpunkt als erfüllt, in dem der DM-Betrag bei einem inländischen Geldinstitut angewiesen ist“; vgl. Späte § 4 Rn. 42.
515 516 517
Späte § 4 Rn. 42. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 BetriebsHaftPfl Rn. 5. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7.7 BetriebsHaftPfl Rn. 5.
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Schäden „durch höhere Gewalt, soweit sich elementare Naturkräfte ausgewirkt haben“ (Ziff. 7.4.1.1 Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht). Da es in diesen Fällen regelmäßig an einem schuldhaften Verhalten des VN und damit auch an einem Schadensersatzanspruch des Dritten fehlt, ist dieser Ausschluss nur von Bedeutung für die Anspruchsabwehr, die der VR nicht zu erbringen hat. Ausgeschlossen nach Ziff. 7.4.1.2 Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht 299 sind auch Ansprüche auf Entschädigung mit Strafcharakter, insbesondere punitive oder exemplary damages. Hier bleibt der VR zur Deckung verpflichtet, soweit mit der Klage auch Ansprüche geltend gemacht werden, die auf Kompensation des erlittenen Schadens gerichtet sind, und nicht der Vorsatzausschluss gem. Ziff. 7.1 AHB zum Tragen kommt (Rn. 40 ff.). Schließlich sind nach Ziff. 7.4.1.3 Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht 300 auch Ansprüche nach den Art. 1792 ff. und 2270 und den damit im Zusammenhang stehenden Regressansprüchen nach Art. 1147 des französischen Code Civil oder gleichartiger Bestimmungen anderer Länder nicht versichert. Nach Art. 1792 des französischen Code Civil haftet der „Konstrukteur“ eines Bauwerks dem Eigentümer oder Käufer des Bauwerks für Schäden – auch wenn sie auf einem Mangel des Baugrundes beruhen –, die die Standfestigkeit des Bauwerks herabsetzen oder einen seiner wesentlichen Bestandteile oder seiner Ausstattungselemente für die vorgesehene Nutzung beeinträchtigen.518 b) Privathaftpflichtversicherung Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht 5. Außerdem gilt: 5.1: 1Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.9 AHB – die gesetzliche Haftpflicht aus im Ausland vorkommenden Versicherungsfällen – die auf eine versicherte Handlung im Inland bzw. auf ein im Inland bestehendes versichertes Risiko zurückzuführen sind, – die bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt bis zu einem Jahr eingetreten sind. 2Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht aus der vorübergehenden Benutzung oder Anmietung (nicht dem Eigentum) von im Ausland gelegenen Wohnungen und Häusern gem. Ziff. 1.3 (1) bis (3). 3Die Leistungen des VR erfolgen in Euro. 4Soweit der Zahlungsort außerhalb der Staaten, die der Europäischen Währungsunion angehören, liegt, gelten die Verpflichtungen des VR mit dem Zeitpunkt als erfüllt, in dem der Euro-Betrag bei einem in der Europäischen Währungsunion gelegenen Geldinstitut angewiesen ist.
301
In der Privathaftpflichtversicherung wird der Ausschluss gem. Ziff. 7.9 AHB durch Ziff. 5.1 S. 1, 2. Spiegelstrich Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht für den Fall eines nur vorübergehenden Auslandsaufenthaltes von bis zu einem Jahr wieder aufgehoben. Verlegt der VN seinen Wohnsitz ins Ausland und hält sich dort dauernd auf, scheidet die Anwendung von Ziff. 5.1 S. 1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht hingegen aus.519 Im Vergleich zu der Vorgängerfassung 520 in Ziff. 5.1 S. 1, 1. Spiegelstrich Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht neu hinzugekommen ist die Voraussetzung, dass die ausländischen Versicherungsfälle auf eine versicherte Handlung 518 519
Roquette/Otto/Brück Vertragsbuch Privates Baurecht 2. Aufl. (2011), Kap. F Rn. 43. Vgl. OLG Karlsruhe 17.6.1999 RuS 2000 13 = VersR 2000 448; Späte PrivH Rn. 44; Kuwert/Erdbrügger Rn. 5013.
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Abgedruckt bei Prölss/Martin/Lücke BesBed PHV Ziff. 5.
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im Inland bzw. auf ein im Inland bestehendes versichertes Risiko zurückzuführen sein müssen. Eine Einschränkung des Auslandsversicherungsschutzes zu der Vorgängerfassung geht damit jedoch nicht einher. Im Hinblick darauf, dass „beziehungsweise“ synonym für die Konjunktion „oder“ 302 sein kann, ist Ziff. 5.1 S. 1, 1. Spiegelstrich Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht so zu lesen, dass ausländische Versicherungsfälle wieder eingeschlossen sind, „die auf eine versicherte Handlung im Inland oder auf ein auch im Inland bestehendes versichertes Risiko zurückzuführen sind“. Für Versicherungsfälle, die im Ausland bei einem nicht länger als ein Jahr währenden Auslandsaufenthalt auftreten und auf Gefahren des täglichen Lebens beruhen, besteht somit Versicherungsschutz. Für die Bemessung der Jahresfrist kommt es nicht darauf an, ob sich der VN den gesamten Zeitraum in ein und demselben Land aufgehalten hat. Reist der VN nach Deutschland zurück, beginnt die Jahresfrist bei einem neuerlichen Auslandsaufenthalt neu. Nach Ziff. 5.1 S. 2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht ist mitversichert 303 die gesetzliche Haftpflicht aus der vorübergehenden Benutzung oder Anmietung (nicht dem Eigentum) von im Ausland gelegenen Wohnungen und Häusern gem. Ziff. 1.3 (1) bis (3) Muster-Bedingungsstruktur IX.521 Ausgenommen sind somit Haftpflichtansprüche gegen den VN, die an seine Eigenschaft als Eigentümer einer der in Ziff. 1.3 (1) bis (3) MusterBedingungsstruktur IX Privathaftpflicht genannten (Ferien-)Wohnungen, Einfamilienhäuser sowie Wochenend-/Ferienhäusern anknüpfen. Vorübergehend ist die Benutzung, wenn sie „von vornherein mit der Absicht ihres 304 späteren Wegfalls erfolgt“522. Grundsätzlich kann somit auch eine länger als ein Jahr dauernde Benutzung als vorübergehend angesehen werden. Jedoch ergibt sich aus dem Zusammenhang mit S. 1, dass Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die nach Ablauf eines Jahres eintreten, nicht mehr versichert sind. Ziff. 5.1 S. 3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht ist identisch mit Ziff. 7.7.5 Muster-Bedingungsstruktur AT, weshalb auf die dortigen Anmerkungen verwiesen wird (Rn. 299 f.).
IX. Umweltschäden (Ziff. 7.10 lit. a) AHB) 1. Sinn und Zweck Ziff. 7.10 lit. a) AHB schließt im Rahmen der Versicherung gewerblicher und beruf- 305 licher Risiken Ansprüche aus, die gegen den VN wegen Umweltschäden gemäß Umweltschadensgesetz oder anderen auf der EU-Umwelthaftungsrichtlinie 523 basierenden nationalen Umsetzungsgesetzen geltend gemacht werden. Für die Versicherung dieser Risiken, von denen natürliche oder juristische Personen betroffen sind, die eine berufliche Tätigkeit i.S.v. § 2 Ziff. 4 USchadG ausüben, hat die Versicherungswirtschaft ein eigenständiges Konzept entwickelt (s. hierzu Kommentierung zur Umweltschadensversicherung – USV –).
521 522
Vgl. auch OLG Hamm 30.5.1986 RuS 1986 304, 305 = VersR 1987 194, 195. RG 26.1.1901 RGZ 47 197, 202 zu § 97 Abs. 2 BGB; vgl. auch MüKo-BGB/Stresemann § 97 Rn. 24.
523
RL 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, ABl. EU v. 30.4.2005 Ziff. L 143 S. 56.
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2. Anwendungsbereich
306
Die im Zuge der Umsetzung der Richtlinie eingeführte Haftung gem. § 3 USchadG betrifft keine Personen-, Sach- oder daraus resultierende Folgeschäden, sondern Umweltschäden i.S.d. USchadG. Zudem ist die Haftung öffentlich-rechtlicher Natur. Ziff. 7.10 lit. a) AHB kommt somit nur deklaratorische Funktion zu, da es bereits an einem nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB ersatzfähigen Schaden fehlt.524 Umweltschäden i.S.v. § 2 Ziff. 1 USchadG sind 307 „a) eine Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen nach Maßgabe des § 19 BNatSchG [sog. Biodiversitätsschäden], b) eine Schädigung der Gewässer nach Maßgabe des § 90 WHG, c) eine Schädigung des Bodens durch eine Beeinträchtigung der Bodenfunktionen im Sinn des § 2 Abs. 2 des BBodSchG, die durch eine direkte oder indirekte Einbringung von Stoffen, Zubereitungen, Organismen oder Mikroorganismen auf, in oder unter den Boden hervorgerufen wurde und Gefahren für die menschliche Gesundheit verursacht“.
Es geht also um ökologische Schäden im Bereich des Naturschutzes, der Gewässer und des Bodens.525 308 Der Ausschluss gilt nach Ziff. 7.10 lit. a) S. 2 AHB auch dann, wenn der VN von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Erstattung der durch solche Umweltschäden entstandenen Kosten in Anspruch genommen wird. Hierbei ist an die Fälle gedacht, in denen ein Dritter behördlich in Anspruch genommen wurde und Regress beim VN nimmt, der den Umweltschaden (mit-)verursacht hat.526 Es handelt sich wiederum nur um eine Klarstellung. Da es – wie zuvor ausgeführt – an einem nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB ersatzfähigen Schaden fehlt, besteht auch keine Deckung für die Regressansprüche Dritter für „solche“ Schäden nach den privatrechtlichen Gesamtschuldvorschriften.527 309 Der Versicherungsschutz bleibt gem. Ziff. 7.10 lit. a) S. 3 AHB für solche Ansprüche erhalten, die auch ohne Bestehen des USchadG oder anderer auf der EU-Umwelthaftungsrichtlinie basierender nationaler Umsetzungsgesetze bereits aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den VN geltend gemacht werden könnten. Auch insoweit enthält die Klausel keine Besonderheit, da die so beschriebene deckungsrechtliche Behandlung von versicherten Ansprüchen, die mit nicht versicherten Ansprüchen konkurrieren, aus allgemeinen Grundsätzen des Haftpflichtversicherungsrechts folgt (vgl. § 100 VVG Rn. 76 ff.). 310 Der Ausschluss gilt nach Ziff. 7.10 lit. a) S. 4 AHB nicht im Rahmen der Versicherung privater Haftpflichtrisiken. Da es an einem nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB ersatzfähigen Schaden fehlt, ist dieser Satz überflüssig. Der VR schuldet insbesondere auch keine Abwehrdeckung, weil die geltend gemachten Ansprüche nicht in den Schutzbereich des Vertrages fallen (zu diesem Erfordernis § 100 VVG Rn. 29 ff.).528
524
525
Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 53; Langheid/Wandt/Schimikowski UmwelthaftpflV/USV Rn. 2; zum USchaG, auch zur Versicherbarkeit dieses Risikos, vgl. Wagner VersR 2008 565, 578 f. Vgl. Landmann/Rohmer/Beckmann/Wittmann Umweltrecht 54. Erg-Lfg. 2008 § 2 USchaG Rn. 3.
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526
527 528
Vgl. Langheid/Wandt/Schimikowski UmwelthaftpflV/USV Rn. 2; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 224. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 224. A.A. offenbar Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 224.
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3. Umweltschadensversicherung VN können sich gegen die nach den AHB nicht versicherte Inanspruchnahme wegen 311 Umweltschäden durch Abschluss einer Umweltschaden-Basisversicherung (Ziff. 1 USV Rn. 14 als Annex zur Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung oder einer separaten Umweltschadenversicherung (s. Kommentierung USV) versichern.
X. Schäden durch Umwelteinwirkung (Ziff. 7.10 lit. b) AHB) Schrifttum Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg Umwelthaftpflicht – Haftung und Versicherungsschutz 2. Aufl. (2002); Klinkhammer „Tücken“ der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung VP 2000 67; D. Koch/Sigulla Die sog. „Nullstellung für Umweltschäden“ in der Haftpflichtversicherung – ein Beitrag zur Systematik des Haftpflichtversicherungsrechts VP 1993 181; Landsberg/Lülling Kommentar zum Umwelthaftungsrecht 1991; Röhrig Die „Umwelteinwirkung auf Boden, Luft oder Wasser“ PHI 1994 156; Salje/Peter Kommentar zum Umwelthaftungsgesetz 2. Aufl. (2005); Schimikowski Umwelthaftungsrecht und Umwelthaftpflichtversicherung 6. Aufl. (2002); ders. Ausschluss des Umwelt-Haftpflichtrisikos aus der gewerblichen und industriellen Haftpflichtversicherung VW 1994 748; ders. Umwelthaftpflichtversicherung – Stand und Perspektive VP 1995 113; ders. Umwelthaftpflichtversicherung – Bestandsaufnahme, Auslegungsfragen und Transparenzgebot PHI – Jubiläumsausgabe 2002 37; Schmidt-Salzer Kommentar zum Umwelthaftungsrecht 1992; SchmidtSalzer/Schramm Kommentar zur Umwelt-Haftpflichtversicherung 1993.
1. Sinn und Zweck Ziff. 7.10 lit. b) AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 I Ziff. 8 AHB a.F., die ihren 312 Ausgangspunkt in der Verabschiedung des UmweltHG hatte, das am 1.1.1991 in Kraft trat und eine Gefährungshaftung für Schäden durch Umwelteinwirkungen (§§ 1, 3 UmweltHG) einführte. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Umwelthaftpflichtrisiko in der Betriebshaftpflichtversicherung versichert.529 Daneben gab es seit Inkrafttreten des WHG zum 1.3.1960 Deckungskonzepte, die auf die durch § 22 WHG a.F. (§ 89 WHG) statuierte Gefährdungshaftung zugeschnitten waren. Die Einführung der Haftung für den Betrieb umweltgefährdender Anlagen nahm die Versicherungswirtschaft zum Anlass, das sog. Umwelthaftpflicht-Modell (UmweltHM) einzuführen, das in Anlehnung an das Produkthaftpflicht-Modell (ProdHM) ein Baustein-System vorsieht, mit dem sämtliche umweltbezogenen Haftpflichtrisiken (einschließlich der Gewässerschadensrisiken) versichert sind.530 Zeitgleich mit der Einführung des UmweltHM, das am 27.7.1992 veröffentlich wurde, 313 wurden Schäden durch Umwelteinwirkungen in der allgemeinen Betriebshaftpflichtversicherung durch § 4 I Ziff. 8 AHB a.F. ausgeschlossen (sog. „Nullstellung des Umwelthaftpflichtrisikos“). Der Ausschluss dient somit der Abgrenzung zu Sonderdeckungen für Schäden durch Umwelteinwirkungen. Betroffen von der Nullstellung sind das Betriebsstättenrisiko (auch als allgemeines Umwelt-Betriebsrisiko bezeichnet) sowie das anlagen-
529
Zur Historie vgl. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg 53 ff.; Vogel/Stockmeier/Vogel Einl. UHV Rn. 16 ff.; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 225; Littbarski AHB § 4 Rn. 354 ff.
530
Für das Medium Wasser stehen Ansprüche aus dem UmweltHG und dem WHG in zivilrechtlicher Anspruchskonkurrenz nebeneinander, vgl. Siedler/Zeitler/ Schwendner § 89 WHG Rn. 17.
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spezifische Umwelt-Produkthaftpfichtrisiko (s. hierzu Rn. 326 ff.), das z.T. in der Literatur in irreführender Weise auch als Umweltregressrisiko bezeichnet wird. 2. Schäden durch Umwelteinwirkung
314
Gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 1 AHB sind „Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkung“ ausgeschlossen.
315
a) Begriff der Umwelteinwirkung. Der Begriff der Umwelteinwirkung ist in den AHB nicht definiert. Umstritten ist, ob sich dieser Begriff vollständig an § 3 UmweltHG orientiert, was nur dann zu bejahen ist, wenn es sich um einen fest umrissenen Rechtsbegriff handelt. Die Rechtsprechung531 und die Literatur532 bejahen mehrheitlich diese Frage. Nach § 3 UmweltHG entsteht ein Schaden durch eine Umwelteinwirkung, „wenn er durch Stoffe, Erschütterungen, Geräusche, Druck, Strahlen, Gase, Dämpfe, Wärme oder sonstige Erscheinungen verursacht wird, die sich in Boden, Luft oder Wasser ausgebreitet haben“.533 Der Schaden durch Umwelteinwirkung muss sich nicht in dem eine Anlage, Betriebsstätte o.ä. umgebenden Außenbereich ereignet haben. Er kann sich vielmehr auch innerhalb des Anlagenbereichs ereignen. Demgegenüber hat das OLG Köln in einer Entscheidung aus dem Jahre 1995 die 316 Ansicht vertreten, schädliche Umwelteinwirkungen seien nur solche, die mit Gefahren für die Allgemeinheit oder Nachbarschaft verbunden sind. Schäden innerhalb von geschlossenen Räumen sind nach dieser Auffassung nicht Schäden durch Umwelteinwirkung. Ohne auf § 3 UmweltHG einzugehen, begründet das OLG Köln seine Ansicht damit, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen VN der Ausschluss der Haftung für Umweltschäden nur dazu dienen könne, die Haftung des VR auf ein überschaubares Maß zu begrenzen, d.h. also solche Schäden auszuschließen, die beliebig viele Dritte treffen könnten. Das sei bei Schäden innerhalb geschlossener Räume nicht der Fall.534 Deshalb seien Schäden durch Farbnebel, der unmittelbar aufgrund der Sprühbewegung der Farbsprühgeräte auf einen Gegenstand trifft, nicht vom Umwelthaftpflichtausschluss erfasst. Anders liege es, wenn Farbpartikel durch den zusätzlichen Einfluss von Wind oder ähnlichen Kräften beliebig in die Höhe gewirbelt würden.535 Nach Schimikowski handelt es sich bei dem Begriff der Umwelteinwirkung nicht um 317 einen fest umrissenen Begriff der Rechtssprache. Aus der Sicht des durchschnittlichen VN seien die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestands nur erfüllt, wenn entweder die Umwelt geschädigt sei oder ein Umweltmedium – Boden, Luft oder Wasser – an der Schadensentstehung mitgewirkt habe.536 Daran fehle es, wenn sich Ruß nach einem Schwelbrand innerhalb eines geschlossenen Raums verteile. Hier habe kein Umweltmedium
531
532
OLG Köln 24.6.2008 VersR 2009 350, 351 f. = RuS 2009 149; OLG München 27.5.1998 RuS 1999 146, 147; AG Kehl 1.4.1999 VersR 2000 313 f.; unklar OLG Jena 3.2.2011 RuS 2011 248, das sich nach eigenem Bekunden an § 3 Abs. 1 UmweltHG orientiert, andererseits darauf verweist, nicht jeder durch die Umwelt vermittelte Schaden sei ausgeschlossen. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 226; Beckmann/Matusche-Beckmann/
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533 534 535 536
Matusche-Beckmann § 27 Rn. 16; Vogel/ Stockmeier/Stockmeier Ziff. 7.10 (b) Rn. 20; MAH/Fränzer §15 Rn. 16. Zur Definition dieser Begriffe vgl. MAH/Fränzer § 15 Rn. 16. OLG Köln 25.4.1995 RuS 1995 248, 249 = VersR 1996 442 f. OLG Köln 25.4.1995 RuS 1995 248, 249 = VersR 1996 442 f. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 61; ders. RuS 2011 249 f.
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Einfluss auf Schadensentstehung oder -umfang genommen.537 Schäden durch elektromagnetische Felder, durch explosionsbedingt weggeschleuderte Teile sowie infolge übergreifender Feuerschäden seien ebenfalls nicht durch Umweltmedien verursacht.538 Weder die Auslegung des OLG Köln noch die von Schimikowski vertretene vermögen 318 zu überzeugen. Das OLG Köln nimmt den Zweck der Klausel in den Blick, ohne auf § 3 UmweltHG einzugehen, obgleich in Ziff. 7.10 lit. b) S. 3 2. Spiegelstrich AHB zur Klarstellung des Umfangs des Auschlusses u.a. auf das UmweltHG Bezug genommen wird. Hinzu kommt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers durch § 1 UmweltHG auch Arbeitnehmer, Besucher und andere Personengruppen geschützt werden sollen, die sich innerhalb der Anlage aufhalten und wegen ihrer räumlichen Nähe zur Anlage besonders gefährdet sind.539 Nach dem Willen des Gesetzgebers erfasst der Begriff der Umwelteinwirkung somit auch eine solche im innerbetrieblichen Bereich, also auch innerhalb der Anlage.540 Den Hinweis auf das UmweltHG lässt auch Schimikowski unbeachtet, obschon es 319 aufgrund dieser Bezugnahme naheliegt, dass der durchschnittliche VN den Begriff der Umwelteinwirkung i.S.v. Ziff. 7.10 lit. b) S. 1 AHB mit dem des § 3 UmweltHG gleichsetzt. Stellt man auf § 3 UmweltHG ab, so ist nach einer Literaturansicht nicht einmal eine nachteilige Veränderung der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit eines Umweltmediums erforderlich, da § 1 UmweltHG nicht dem Schutz der Umwelt, sondern dem Schutz von Individualgütern diene, die auf dem Umweltpfad geschädigt werden.541 Selbst wenn man aber eine das Umweltmedium betreffende Beschaffenheitsverände- 320 rung für erforderlich hielte,542 ließe sie sich z.B. bei Rußschäden ohne Weiteres bejahen, weil die konkrete mengenmäßige Beschaffenheit der Luft – mag sie auch minimal oder vorübergehend sein – verändert wird.543 Lediglich rein mechanische Gefahren, wie das Herabfallen von Anlageteilen,544 oder Schäden bei bloßer Einwirkung von Sachen durch Schwerkraft, etwa bei Erdrutschungen, wie sie beispielsweise im Zusammenhang mit Bergschäden vorkommen, werden nicht erfasst.545 b) Ausgeschlossene Schäden. Abweichend von den Ausschlüssen gem. Ziff. 7.6 bis 321 7.8 AHB und von der Vorgängerregelung in § 4 I Ziff. 8 AHB 2002 weist Ziff. 7.10 lit. b) S. 1 AHB nicht den Zusatz „und alle sich daraus ergebenden weiteren Schäden“ auf. Eine sachliche Änderung ist mit der Streichung nicht verbunden.546 Der Zusatz war überflüssig, da Ziff. 7.10 lit. b) S. 1 AHB im Unterschied zu Ziff. 7.6 bis 7.8 AHB nicht daran anknüpft, dass der Schaden „an einer Sache“ entstanden ist, weshalb beim VN auch nicht der Eindruck entstehen kann, der Ausschluss sei nur auf unmittelbare
537
538 539 540 541 542
So auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 104; a.A. OLG München 27.5.1998 RuS 1999 146, 147. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 62. BTDrucks. 11/7104, S. 17. Landmann/Rohmer/Rehbinder Umweltrecht 66. Erg-Lfg. 2012 § 3 UmweltHG Rn. 56. Landmann/Rohmer/Rehbinder § 3 UmweltHG Rn. 8. Z.B. Staudinger/Kohler § 3 UmweltHG Rn. 2.
543 544 545 546
Vgl. Staudinger/Kohler § 3 UmweltHG Rn. 2. Landmann/Rohmer/Rehbinder § 3 UmweltHG Rn. 8. OLG Köln 24.6.2008 VersR 2009 350, 351 f. = RuS 2009 149, 150 f. Vogel/Stockmeier/Stockmeier UHV Rn. 4; vgl. auch HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.10 AHB; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 225; Beckmann/MatuscheBeckmann/Schneider § 24 Rn. 82; Prölss/ Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 101 ff.
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Haftpflichtversicherung
Sachschäden aufgrund von Umwelteinwirkungen beschränkt. Folglich besteht weder für (Folge-)Schäden durch Umwelteinwirkung, die erst durch einen sonstigen Schaden ausgelöst wurden, der keine Umwelteinwirkung darstellt, noch für (Folge-)Schäden infolge eines Primärschadens durch Umwelteinwirkung Deckung. Beispiele 547: 1) Ein Kran stößt ein Anlagenteil um. Das Anlagenteil fällt auf einen Öltank, der hierdurch zertrümmert wird. Das im Öltank lagernde Öl fließt aus und verursacht einen Sachschaden. Der Primärschaden am Anlagenteil und der erste Folgeschaden am Öltank stellen keinen Schaden durch Umwelteinwirkung dar, so dass Versicherungsschutz über die Betriebshaftpflichtversicherung besteht. Der durch die Ölkontamination entstandene weitere Folgeschaden stellt hingegen einen nicht gedeckten Schaden durch Umwelteinwirkung dar. 2) Eine Explosion in einem Steinbruch löst eine Druckwelle aus. Durch die Druckwelle wird ein Stein auf der gegenüberliegenden Böschung gelockert. Dieser löst sich allein aufgrund der Lockerung und der Schwerkraft – ohne von der Druckwelle weiter getragen zu werden – und verursacht einen Personen- oder Sachschaden. In diesem Fall ist der Personen- oder Sachschaden, der für sich (isoliert) betrachtet an sich keinen Schaden durch Umwelteinwirkung darstellt, kausale Folge der durch die Explosion ausgelösten Druckwelle, die sich in der Luft ausgebreitet hat. Für den durch den Steinschlag verursachte Personen- oder Sachschaden besteht deshalb keine Deckung.
3. Vom Ausschluss ausgenommene Bereiche
322
a) Private Umwelthaftpflichtrisiken. Keine Nullstellung erfolgt gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (1) AHB für Schäden durch Umwelteinwirkungen im Rahmen der Versicherung privater Haftpflichtrisiken (z.B. Privathaftpflichtversicherung, Haftpflichtversicherung für Wassersportfahrzeuge, Pferde- und Hundehalter-Haftpflichtversicherung, Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung, Bauherren-Haftpflichtversicherung, Jagd-Haftpflichtversicherung, Gewässerschaden-Haftpflichtversicherung).
323
b) Betriebliche und berufliche Haftpflichtrisiken. Die Nullstellung des Umwelthaftpflichtrisikos gilt in der Betriebshaftpflichtversicherung nicht uneingeschränkt.
324
aa) Allgemeines Umwelt-Betriebsrisiko. Kein Versicherungsschutz pflichtansprüche wegen Schäden infolge Umwelteinwirkungen, die Umwelt-Betriebsrisiko (Betriebsstättenrisiko) zuzuordnen sind. (z.B. Betrieb, bei dem Ruß sich in der Nachbarschaft ausbreitet und dort verursacht).
325
bb) Nicht-anlagenspezifisches Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko. Für Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkung, die durch vom VN hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, durch Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen und deshalb dem Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko zuzuordnen sind, besteht dagegen gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB Deckung, soweit sich die Erzeugnisse, Leistungen und Arbeiten nicht auf umweltrelevante Anlagen beziehen. Als Beispiele für das nicht-anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko lassen sich Gesundheitsschäden durch Baustoffe, Farben, Lacke, giftige Dämpfe oder Handys anführen.548 Als Erzeugnisse gelten ausweislich des Klammerzu-
547
Nach GDV-Erläuterungen 6; für weitere Beispiele s. Ziff. 2 UmweltHM Rn. 67.
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besteht für Haftdem allgemeinen Brandschaden im Verschmutzungen
HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 64.
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Ausschlüsse
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satzes auch Abfälle. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 S. 1 KrWG, die dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechen dürfte, fallen hierunter „alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.“
cc) Anlagenspezifisches Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko. Von dem Wiedereinschluss 326 ausgenommen ist nach Ziff. 7.10 lit. b) S. 3 AHB das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko. Damit wird die Inanspruchnahme des VN durch den Anlagenhersteller oder einen sonstigen Dritten umschrieben wegen „Schäden durch Umwelteinwirkung, die aus der Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von – Anlagen, die bestimmt sind, gewässerschädliche Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten (WHG-Anlagen); – Anlagen gem. Anhang 1 oder 2 zum Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG-Anlagen); – Anlagen, die nach dem Umweltschutz dienenden Bestimmungen einer Genehmigungs- oder Anzeigepflicht unterliegen; – Abwasseranlagen oder Teilen resultieren, die ersichtlich für solche Anlagen bestimmt sind“.
Nach Vogel ist unter Planung „die zielorientierte und rückkoppelnde Vorbereitung 327 und Festlegung von Handlungen und Handlungssystemen auf der Grundlage umfassender Information über voraussichtliche Bedingungen und Folgen“ zu verstehen.549 Herstellung bedeutet „gewerbsmäßige Produktion.550 Lieferung ist „die Zustellung, das Bringen oder Schicken einer gekauften Ware an den Käufer oder Nutzer“.551 Montage beinhaltet „Aufbau, Installation oder Zusammensetzung einer Anlage oder eines Anlagenteils (z.B. einer Maschine)“, wozu auch das Anschließen, Gebrauchsfertigmachen oder Zusammensetzen gehört.552 Demontage ist der „Abbau, Rückbau oder die Zerlegung von Anlagen oder Anlagenteilen“.553 Instandhaltung bedeutet, „eine Sache in einem brauchbaren Zustand zu halten“.554 Dies schließt kleinere Reparaturen und den Austausch von Verschleißteilen (z.B. Dichtungen, Schaltungen, Reibebeläge) mit ein.555 Wartung ist eine turnusmäßig sich wiederholende Tätigkeit.556 Soweit sich die vorbezeichneten Tätigkeiten auf Teile umweltrelevanter Anlagen be- 328 ziehen, besteht jedoch auch für das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko Versicherungsschutz, sofern die Teile nicht ersichtlich (zu diesem Begriff s. Rn. 294) für solche Anlagen bestimmt sind. Ist das nicht der Fall, bleibt es beim Wiedereinschluss gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB. Nach Vogel sind Teile für Anlagen alle geformten, festen Produkte, die nicht für sich allein, sondern erst nach dem Einbau oder Zusammenbau technisch einsetzbar sind.557 Darüber hinaus fielen die dem Betrieb der Anlage zu dienen bestimmte Teile (Notstromaggregat, Warnanlagen o.ä.) unter diesen Baustein.558
549 550 551 552 553
Vogel/Stockmeier/Vogel Zweiter Teil, C Rn. 735. Vogel/Stockmeier/Vogel Zweiter Teil, C Rn. 736. Vogel/Stockmeier/Vogel Zweiter Teil, C Rn. 737. Vogel/Stockmeier/Vogel Zweiter Teil, C Rn. 738. Vogel/Stockmeier/Vogel Zweiter Teil, C Rn. 739.
554 555 556 557 558
Vogel/Stockmeier/Vogel Zweiter Teil, C Rn. 740. Vogel/Stockmeier/Vogel Zweiter Teil, C Rn. 740. Vogel/Stockmeier/Vogel Zweiter Teil, C Rn. 741. Prölss/Martin/Voit Umwelthaftpfl. Ziff. 2 Rn. 15. Prölss/Martin/Voit Umwelthaftpfl. Ziff. 2 Rn. 15; MAH/Fränzer § 16 Rn. 39.
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Haftpflichtversicherung
Ähnlich fällt die Beschreibung von Gößl aus. Danach sind Anlagenteile „selbstständig beurteilbare und abgrenzbare Teile einer Anlage. Dazu gehören auch technische Schutzvorkehrungen, die einer an sich für den Zweck funktionstüchtigen Anlage hinzugefügt werden, um eine Gewässergefährdung auszuschließen (z.B. Innenbeschichtung, Leckanzeigegerät, Grenzwertgeber)“.559 Diese Auslegung des Begriffs des Anlagenteils dürfte dem allgemeinen Sprachgebrauch/-verständnis entsprechen. Demzufolge sind Werkzeuge keine Anlagenteile560, ebensowenig Flüssigkeiten561 und 329 Teile, die nur für die zu der Anlage gerechneten ortsveränderlichen Einrichtungen wie Geräte, Fahrzeuge oder bewegliche Maschinen bestimmt sind.562 Dies gilt selbst dann, wenn diese in einem betriebstechnischen Zusammenhang mit einer umweltrelevanten Anlage genutzt werden. Beispiel563: Der VN liefert Bremsscheiben für einen Gabelstapler, von dem er weiß, dass dieser in einem betriebstechnischen Zusammenhang mit einer Anlage Anhang 1 zum UmweltHG genutzt wird. Aufgrund der Mangelhaftigkeit einer Bremsscheibe versagt die Bremsanlage des Gabelstaplers mit der Folge, dass der Gabelstapler gegen eine gasführende Leitung prallt und eine Umwelteinwirkung der Anlage verursacht. Für die Schäden an der Gasleitung besteht Deckung gem. Ziff. 1.1 S. 1 AHB und für die Sach- und Personenschäden durch die Umwelteinwirkung gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB.
330
dd) Umwelthaftpflicht-Basisversicherung. Die aus Ziff. 7.10 lit. b) AHB resultierende Deckungslücke hinsichtlich des Umwelt-Betriebsrisikos und des anlagenspezifischen Umwelt-Produkthaftpflichtrisikos kann der VN durch Abschluss einer UmwelthaftpflichtBasisversicherung als Annex zur Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 1 UmweltHM Rn. 23 ff.) oder einer separaten Umwelthaftpflichtversicherung (Umwelthaftpflicht-Modell) schließen. Die Umwelthaftpflicht-Basisversicherung 564 schließt zwar das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko zunächst aus (Ziff. 2.6 UmwHaftpfl-BasisV). Es kann aber aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung mitversichert werden (Ziff. 3 UmwHaftpfl-BasisV). Diese Möglichkeit besteht allerdings nur für Betreiber nicht umweltrelevanter Anlagen. VN, die eine umweltrelevante Anlage betreiben, können sowohl das Umwelt-Betriebsrisiko als auch das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko nur nach Maßgabe des Umwelthaftpflicht-Modells versichern. 4. Sonderregelungen für das Gewässerschaden- und Umweltrisiko
331
Ziff. 7.10 lit. b) AHB wird ergänzt durch Ziff. 7.10 Muster-Bedingungsstruktur AT, der die Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden betrifft. Muster-Bedingungsstruktur AT 7.10 Gewässerschaden- und Umweltrisiko 7.10.1 Bei der Versicherung privater Risiken, insbesondere bei der – Privathaftpflichtversicherung, 559 560 561
562 563
Sieder/Zeitler/Gößl § 19g WHG a.F. Rn. 14. Prölss/Martin/Voit Umwelthaftpfl. Ziff. 2 Rn. 15. Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 Umwelthaftpfl. Ziff. 2 Rn. 16 ; a.A. Prölss/Martin/ Voit Umwelthaftpfl. Ziff. 2 Rn. 15. Prölss/Martin/Voit Umwelthaftpfl. Ziff. 2 Rn. 15. Nach Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 2.64.
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564
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/besonderebedingungen-und-risikobeschreibungen-furdie-versicherung-der-haftpflicht-wegenschaden-durch-umwelteinwirkung-imrahmen-der-betriebs-und-berufshaftpflichtversicherung-umwelthaftpflicht-b/.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
– Haftpflichtversicherung für Wassersportfahrzeuge, – Pferde- und Hundehalter-Haftpflichtversicherung, – Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung, – Bauherren-Haftpflichtversicherung, – Jagd-Haftpflichtversicherung, – Gewässerschaden-Haftpflichtversicherung gilt: 7.10.1.1 Mitversichert ist im Umfang der Besonderen Bedingungen für die Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden im Rahmen der Privat- sowie Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht-Versicherung – außer Anlagenrisiko – das sog. Restrisiko. 7.10.1.2 Gewässerschaden-Anlagenrisiko: Tarifstruktur XV. 7.10.2 In sonstigen Fällen gilt: 7.10.2.1 Falls besonders vereinbart, ist das allgemeine Umweltrisiko (Ziff. 2.7 des Umwelthaftpflicht-Modells) und/oder das Umweltanlagen-Regressrisiko (Ziff. 2.6 des UmwelthaftpflichtModells) im Rahmen der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung im Rahmen der Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung (Umwelthaftpflicht-Basis-Versicherung) mitversichert. 7.10.2.2 Umwelthaftpflicht-Versicherung nach den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung (Umwelthaftpflicht-Modell): Tarifstruktur XVI.
a) Privathaftpflichtversicherung. Ziff. 7.10.1 Muster-Bedingungsstruktur AT betrifft die 332 Versicherung privater Risiken in den verschieden Sparten der Privathaftpflichtversicherung. aa) Gewässerschädenrestrisiko. Gem. Ziff. 7.10.1.1 Muster-Bedingungsstruktur AT 333 ist im Umfang der Besonderen Bedingungen für die Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden im Rahmen der Privat- sowie Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht-Versicherung das sog. Restrisiko aus der Haftpflicht für Gewässerschäden mitversichert. Hierbei handelt es sich gem. Ziff. 2.4 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht um das Risiko „aus der Lagerung von gewässerschädlichen Stoffen in Kleingebinden bis … l/kg Inhalt, soweit das Gesamtfassungsvermögen der vorhandenen Behälter … l/kg nicht übersteigt. Kein Versicherungsschutz – auch nicht über Ziff. 3.1 (3) und 4 AHB – besteht für Anlagen, die über die Begrenzung des Fassungsvermögens je Einzelgebinde bzw. der Gesamtmenge hinausgehen.“
Nach Ziff. 1 Besondere Bedingungen für die Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden im Rahmen der Privat- sowie Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung565 ist versichert „im Umfang des Vertrages, wobei Vermögensschäden wie Sachschäden behandelt werden, die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers für unmittelbare oder mittelbare Folgen von Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit eines Gewässers einschließlich des Grundwassers (Gewässerschäden) mit Ausnahme der Haftpflicht als Inhaber von Anlagen zur Lagerung von gewässerschädlichen Stoffen und aus der Verwendung dieser gelagerten Stoffe (Versicherungsschutz hierfür wird ausschließlich durch besonderen Vertrag gewährt).“
Die Restrisikoversicherung ist somit auf vertraglich vereinbarte Mengen für einzelne 334 Kleingebinde und für alle vorhandenen Behälter beschränkt. Werden diese Mengen für
565
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/besonderebedingung-fur-die-versicherung-der-
haftpflicht-aus-gewasserschaden-imrahmen-der-privat-sowie-haus-undgrundbesitzer-haftpflichtversicherungauser-anlagenrisiko/.
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AHB 2012 Ziff. 7
Haftpflichtversicherung
Einzelgebinde oder alle Behälter überschritten, besteht für Ansprüche Dritter (z.B. aus § 89 WHG) wegen Gewässerschäden infolge fehlerhafter Lagerung kein Versicherungsschutz, auch nicht im Rahmen der Vorsorgeversicherung. Die Klausel trägt dem Umstand Rechnung, dass in Privathaushalten Farben und Lacke sowie Benzin in haushaltsüblichen Mengen gelagert werden.566
335
bb) Gewässerschaden-Anlagenrisiko. Für das Gewässerschaden-Anlagenrisiko, für das Versicherungsschutz nur durch besondere Vereinbarung nach Maßgabe der Zusatzbedingungen zur Privat- sowie Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung für die Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden-Anlagenrisiko567 gewährt wird, verweist Ziff. 7.10.1.2 Muster-Bedingungsstruktur AT auf die Muster-Bedingungsstruktur XV Gewässerschadenshaftpflicht.568 Diese sieht ein Sublimit vor, das pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden gilt. Als Beispiel für eine gesondert zu versichernde Anlage im Privatbereich ist der Heizöltank eines Wohnhauses zu nennen.569 Für die Inhaberschaft kommt es nicht auf das Rechtsverhältnis an der Anlage, insbe336 sondere die Eigentümerstellung des VN an. Entscheidend ist vielmehr, dass der VN die Anlage für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt. Er muss Anlass, Zeit und Zeitpunkt des Betriebs der Anlage selbst bestimmen können570; dies kann auf mehrere Beteiligte zugleich zutreffen (zu näheren Einzelheiten s. Ziff. 2 UmweltHM Rn. 16 ff.).
337
b) Betriebs- oder Berufshaftpflichtversicherung. Für die Betriebs- oder Berufshaftpflichtversicherung verweist Ziff. 7.10.2 Muster-Bedingungsstruktur AT auf die Möglichkeit, die gesetzliche Haftpflicht für Gewässerschäden durch Abschluss einer Umwelthaftpflicht-Basisversicherung (vgl. Ziff. 1 UmweltHM Rn. 23 ff.) oder separat nach Maßgabe des Umwelthaftpflicht-Modells zu versichern.
XI. Asbestausschluss (Ziff. 7.11 AHB) Schrifttum Heidemann Asbest und Schimmelpilze – derzeitiger Stand VP 2003 92; Schamir Kein Versicherungsschutz für Asbestschäden Der Sachverständige 2005 10.
1. Sinn und Zweck
338
Der Asbestschädenausschluss hat seit der Fassung 2004 Eingang in die AHB gefunden. Asbest ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Silikat-Minerale, welche früher im industriellen Bereich, im Brandschutz und im Bauwesen (Wellasbest, Eternitdächer)
566 567
568
Prölss/Martin/Lücke BesBed Privathaftpfl Ziff. 2 Rn. 11. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/16_PrivatHaus-Grundbesitzerhaftpflicht_Gewaesserschaeden_mit_Anlagenrisiko.pdf. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/18_ Muster-Bedingungsstruktur_XV_
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569
570
Gewaesserschadenhaftpflicht_1104_ Homepagefassung1.pdf. OLG Frankfurt/M. 4.12.1986 VersR 1988 1069, 1070; zur Haftung beim Befüllen vgl. Fell VersR 1988 1222 ff.; OLG Köln 19.9.1995 RuS 1995 450, 451 m. Anm. Schimikowski. Vgl. BGH 31.5.2007 NVwZ-RR 2007 754, 755.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
weite Verbreitung gefunden haben.571 Die Herstellung und Verwendung von Asbest unterliegt wegen seiner gesundheitsschädlichen Wirkung gem. Art. 67 i.V.m. Ziff. 6 des Anhangs XVII der VO (EG) Ziff. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)572 weitreichenden Beschränkungen. Die Versicherungswirtschaft wollte die Asbestrisiken nicht mehr standardmäßig decken, weil insbesondere die Rückversicherer die Kosten für die Schäden durch Asbest letztlich als nicht mehr kalkulierbar ansahen.573 Der Ausschluss erweist sich vor allem für Architekten und Bauunternehmen als pro- 339 blematisch.574 Kontakt zu Asbest findet heute vor allem im Rahmen von Rückbau- und Entsorgungsmaßnahmen statt.575 Inwieweit und zu welchen Deckungssummen die VR bereit sind, Wiedereinschlüsse im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung zu vereinbaren, ist nicht bekannt.576 2. Reichweite des Ausschlusses Nach der Formulierung von Ziff. 7.11 AHB sind alle Schäden, d.h. Personen- und 340 Sachschäden nebst Folgeschäden, von der Deckung ausgenommen, die auf Asbest, asbesthaltige Substanzen oder Erzeugnisse zurückzuführen sind. Die Klausel ist insoweit klar und eindeutig.577 Nur für die kausal auf der Asbestverseuchung beruhenden Schäden, für die der VN in Anspruch genommen wird, besteht kein Versicherungsschutz. Verursacht der VN bei Abbrucharbeiten an seinem Haus Sachschäden an der Fassade des Nachbarhauses, in der Asbestzementplatten verarbeitet wurden, ist somit ein Vergleich anzustellen zwischen den Haftpflichtschäden, die der VN seinem Nachbarn ohne die Verseuchung hätte ersetzen müssen, und den Haftpflichtschäden, für die der VN aufgrund der Verseuchung zusätzlich haftet.
XII. Strahlenausschluss (Ziff. 7.12 AHB) 1. Sinn und Zweck Ziff. 7.12 AHB ist die Nachfolgeregelung von § 4 I Ziff. 7 AHB 2002. Die Neurege- 341 lung ist auf den Ausschluss von energiereichen ionisierenden Strahlen beschränkt. Laserund Maserstrahlen werden nicht mehr genannt. Ionisierende Strahlung wird in der Medizin im Wesentlichen eingesetzt bei Röntgenuntersuchungen und in der Krebstherapie. Während man beim Röntgen an einer teilweisen Transmission der Strahlung durch das Gewebe interessiert ist, wobei die ionisierenden Effekte möglichst gering gehalten werden sollen, geht es der Strahlentherapie darum, solche ionisierenden Effekte vor allem für die Beseitigung von malignem Gewebe zu nutzen.578
571 572 573
574 575
Vogel/Stockmeier/Vogel USV Rn. 336. ABl. EU v. 30.12.2006 Ziff. L 396 S. 1. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 226; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 235. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 105; Schamir DS 2005 10 f. Vogel/Stockmeier/Vogel USV Rn. 337; Vogel/Stockmeier/Stockmeier UHV Rn. 113 ff.
576 577 578
Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 66; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 235. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 105. Suter Ionisierende Strahlung 191, abrufbar unter http://e3.physik.uni-dortmund.de/ ~suter/Vorlesung/Medizinphysik_06/11_ Ionisierende_Strahlung.pdf.
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AHB 2012 Ziff. 7 342
Haftpflichtversicherung
Ziff. 7.12 AHB dient der Abgrenzung zu deckungsvorsorgepflichtigen Strahlenschädenrisiken z.B. nach § 13 AtG. Diese Risiken müssen gesondert versichert werden.579 Das Strahlenrisiko kann in der Heilwesenversicherung für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Krankenhäuser und Tierkliniken (Muster-Bedingungsstruktur V580) wieder eingeschlossen werden: Muster-Bedingungsstruktur V E. Zu Abschnitt B., C. und D.: 2. Strahlenwagnisse 2.1 Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.12 AHB und Ziff. 7.10 (b) AHB – die gesetzliche Haftpflicht 2.1.1 wegen Schäden durch Röntgeneinrichtungen, Störstrahler sowie deckungsvorsorgefreie radioaktive Stoffe und Beschleuniger; 2.1.2 wegen Schäden, die ein Patient erleidet aus Untersuchung oder Behandlung mit deckungsvorsorgepflichtigen radioaktiven Stoffen und Beschleunigern. Kein Versicherungsschutz besteht, wenn diese radioaktiven Stoffe und Beschleuniger oder die notwendigen Messgeräte nicht dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik entsprochen haben. Das gleiche gilt, wenn der Schaden darauf zurückzuführen ist, dass die Stoffe, Beschleuniger oder Messgeräte nicht oder nicht ausreichend gewartet worden sind. Dies gilt nur, soweit diese Apparate und Behandlungen in der Heilkunde anerkannt sind.
2. Reichweite des Ausschlusses
343
Der Ausschluss betrifft nur Schäden im Zusammenhang mit „energiereichen ionisierenden Strahlen (z.B. Strahlen von radioaktiven Stoffen oder Röntgenstrahlen)“. Nach dem Bundesamt für Strahlenschutz zählen zur ionisierenden Strahlung „sowohl elektromagnetische Strahlen – wie Röntgen- und Gammastrahlung – als auch Teilchenstrahlung – wie Alpha-, Beta- und Neutronenstrahlung. Sie ist dadurch charakterisiert, dass sie genügend Energie besitzt, um Atome und Moleküle zu ionisieren, das heißt aus elektrisch neutralen Atomen und Molekülen positiv und negativ geladene Teilchen zu erzeugen. Beim Durchgang durch Materie – zum Beispiel durch eine Zelle oder einen Organismus – gibt die ionisierende Strahlung Energie ab. Ist diese hoch genug, kann es zu schweren Strahlenschäden kommen.“581
Nicht unter den Ausschluss fallen somit Radio-, Radar- und Mikrowellen sowie Laser- oder Infrarotstrahlen, die nicht ionisierend strahlen.582 Der Ausschluss betrifft zwar vornehmlich Personenschäden, ist seinem Wortlaut nach 344 aber nicht darauf beschränkt und umfasst somit auch Sachschäden (z.B. die Verstrahlung von Tieren oder Lebensmitteln). Das Erfordernis „energiereich“ schließt Schäden infolge ionisierender Strahlung aus natürlichen Quellen aus. Den nach Ziff. 7.12 AHB notwendigen „unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang“ der Schäden mit der Strahlung dürfte ein durchschnittlicher VN dahin gehend verstehen, dass es nicht darauf ankommt, ob die Schäden aus direkter/unmittelbarer oder indirekter/mittelbarer Strahlung/Einwirkung resultieren. 579 580
581
Im Einzelnen Littbarski AHB § 4 Rn. 343 ff. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/08_MusterBedingungsstruktur_V_Heilwesen_1104_ Homepagefassung1.pdf S. Information des Bundesamtes für Strahlenschutz, http://www.bfs.de/ion.
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582
S. Leitfaden-Laserstrahlung vom 24.10.2004 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, abrufbar unter www.baua. de/de/Themen-von-A-Z/OptischeStrahlung/pdf/Leitfaden-Laserstrahlung. pdf?_blob=publicationFile&v=3.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
XIII. Gentechnikausschluss (Ziff. 7.13 AHB) 1. Sinn und Zweck Der Gentechnikschädenausschluss hat mit der Neufassung 2004 Eingang in die AHB 345 gefunden. Anlass für die Aufnahme dieses Ausschlusses gab die Richtlinie 2001/18/EG vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt,583 die durch das Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts umgesetzt wurde. Letzteres ist am 4.1.2005 in Kraft getreten.584 Da die (Langzeit-)Folgen, die aus der Herstellung oder Verwendung genetisch veränderter Organismen resultieren, nicht bekannt sind, lassen sich keine gesicherten Prognosen über Schadeneintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe treffen, sodass die Haftungsrisiken unkalkulierbar sind. Deshalb hat sich die Versicherungswirtschaft für eine umfassende Nullstellung des Gentechnikrisikos entschieden.585 2. Reichweite des Ausschlusses Der Ausschluss nach 7.13 AHB umfasst alle Haftpflichtansprüche wegen Personen- 346 (z.B. Allergien, Antibiotika-Resistenzen), Sach- sowie Folgeschäden (z.B. Ertragsausfälle bei Anwendung der sog. grünen Gentechnologie in der Landwirtschaft), die zurückzuführen sind auf gentechnische Arbeiten, gentechnisch veränderte Organismen oder Erzeugnisse, die Bestandteile aus solchen Organismen enthalten oder aus oder mithilfe solcher Organismen hergestellt wurden.586 Die in Ziff. 7.13 AHB verwendeten Begrifflichkeiten orientieren sich terminologisch am GenTG.587 347 Nach § 3 Ziff. 2 GenTG zählen zu gentechnischen Arbeiten „a) die Erzeugung gentechnisch veränderter Organismen, b) die Vermehrung, Lagerung, Zerstörung oder Entsorgung sowie der innerbetriebliche Transport gentechnisch veränderter Organismen sowie deren Verwendung in anderer Weise, soweit noch keine Genehmigung für die Freisetzung oder das Inverkehrbringen zum Zweck des späteren Ausbringens in die Umwelt erteilt wurde“.
Ein gentechnisch veränderter Organismus ist nach § 3 Ziff. 3 GenTG „ein Organismus, mit Ausnahme des Menschen, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt; ein gentechnisch veränderter Organismus ist auch ein Organismus, der durch Kreuzung oder natürliche Rekombination zwischen gentechnisch veränderten Organismen oder mit einem oder mehreren gentechnisch veränderten Organismen oder durch andere Arten der Vermehrung eines gentechnisch veränderten Organismus entstanden ist, sofern das genetische Material des Organismus Eigenschaften aufweist, die auf gentechnische Arbeiten zurückzuführen sind“.
Da auch Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Erzeugnisse, auch (tote) Tiere, 348 ausgeschlossen sind, die Bestandteile aus gentechnisch veränderten Organismen enthalten oder aus oder mithilfe solcher Organismen hergestellt wurden, erfasst Ziff. 7.13 AHB
583 584 585
ABl. EG v. 17.4.2001 Ziff. L 106 S. 1. BGBl. I S. 186. Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.13 AHB Rn. 68; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 230.
586 587
Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.13 AHB Rn. 69. Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 230.
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Haftpflichtversicherung
alle Stufen des Wirtschaftskreislaufes.588 Soweit in der Literatur deshalb AGB-rechtliche Bedenken wegen der Reichweite des Ausschlusses geäußert werden,589 sind diese unberechtigt. Der Ausschluss ist weder überraschend (§ 305c Abs. 1 BGB) noch intransparent (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) oder vertragszweckgefährdend (§ 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB).590 Aus der Formulierung „Schäden, die zurückzuführen sind auf …“ ist zu folgern, dass sich das Gentechnikrisiko verwirklicht haben muss, sodass nur Haftpflichtansprüche wegen Schäden ausgeschlossen sind, die aus spezifisch mit der Gentechnik verbundenen Risiken resultieren.591 Allerdings kommt die auf haftungsrechtlicher Ebene zugunsten des Geschädigten gel349 tende Vermutung auf deckungsrechtlicher Ebene zugunsten des VR zum Tragen. Ist der Schaden durch gentechnisch veränderte Organismen verursacht worden, so wird nach § 34 Abs. 1 GenTG vermutet, dass er durch Eigenschaften dieser Organismen verursacht wurde, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen. Der VR muss also nur dartun, dass die Schäden durch gentechnisch veränderte Organismen verursacht wurden. Sodann liegt es am VN, diese Vermutung zu entkräften, indem er Tatsachen darlegt und ggf. beweist, die es wahrscheinlich machen, dass der Schaden auf anderen Eigenschaften dieser Organismen beruht (vgl. § 34 Abs. 2 GenTG). Jedes andere Verständnis ließe den Ausschluss praktisch leerlaufen, da der VR den Kausalitätsbeweis – wenn überhaupt – nur mit erheblichen Schwierigkeiten führen könnte.592 In Versicherungsverträgen, denen AHB zugrundeliegen, die diesen Ausschluss noch nicht enthalten, kann das von Ziff. 7.13 AHB erfasste Risiko ggf. im Rahmen der Vorsorgeversicherung versichert sein.593
XIV. Abwässer, Senkungen, Erdrutsch, Überschwemmung (Ziff. 7.14 AHB) 1. Sinn und Zweck
350
Ziff. 7.14 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 I Ziff. 5 AHB 2002. Der dort vorgesehene Ausschluss sog. Allmählichkeitsschäden wurde bereits mit der Neufassung der AHB im Jahre 2004 ersatzlos gestrichen. Anlass hierfür gab das OLG Nürnberg, das diesen Ausschluss mit Urteil vom 20.12.2001 als unklar und deshalb intransparent angesehen hatte.594 Zuvor hatte der BGH keinerlei Bedenken gegen die Wirksamkeit dieses Ausschlusses geäußert.595 In jüngerer Zeit hat sich das LG Hannover gegen die Entscheidung des OLG Nürnberg gestellt. Nach seiner Ansicht geht aus § 4 I Ziff. 5 AHB 2002 mit der erforderlichen Deutlichkeit hervor, dass der VR für Gefahrenlagen nicht einstehen wolle, bei denen erstens der Nachweis des Schadensursprungs und der Verantwortlichkeit oft sehr schwierig und deren Eintritt und Ablauf meist unberechenbar sei und zweitens die Gefahrenlagen auch in den Folgen so unübersehbar seien, dass sie von der für normale Verhältnisse kalkulierten Versicherungsprämie nicht gedeckt würden.596 588 589 590 591
592
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 109. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 86; Bechert VW 2006 1175, 1177. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.13 AHB Rn. 69. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 231; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 86; a.A. Bechert VW 2006 1175, 1177. Vgl. Spickhoff/Fenger Medizinrecht (2011) § 34 GenTG Rn. 1.
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593 594 595
596
R. Johannsen ZVersWiss 2005 179, 184. OLG Nürnberg 20.12.2001 RuS 2002 499 = VersR 2002 967. Vgl. BGH 6.7.1994 RuS 1994 330, 331 = VersR 1994 1171, 1172; BGH 9.5.1990 RuS 1990 265, 266 = VersR 1990 733. LG Hannover 19.8.2008 BeckRS 2009 12266; zustimmend Langheid/Wandt/ Büsken AllgHaftpflV Rn. 144.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Für den durchschnittlichen VN sei deshalb ohne Weiteres erkennbar, für welche Fälle der Ausschlusstatbestand gelten solle.597 Der Streit über die Wirksamkeit des Allmählichkeitsschadensausschlusses dürfte des- 351 halb bei Verträgen, denen ältere AHB-Fassungen zugrunde liegen, noch nicht beendet sein. Gleichwohl soll auf diesen Ausschluss nicht mehr eingegangen werden. Vielmehr kann insoweit auf die Kommentierung von Lücke verwiesen werden.598 Im Übrigen ist mit der Neufassung der Abwasserausschluss auf nichthäusliche Abwässer beschränkt worden und bei Senkungsschäden der Klammerzusatz („auch eines darauf errichteten Werkes …“) entfallen. Gestrichen wurden ferner die Ausschlüsse für Schäden durch Schwamm, Rammarbeiten sowie durch Weidevieh und Wild. Die in Ziff. 7.14 AHB zusammengefassten Ausschlusstatbestände betreffen Gefahren- 352 lagen, „deren Eintritt und Ablauf meist unberechenbar sind, die auch in den Folgen so unübersehbar sind, daß sie von der für normale Verhältnisse auskalkulierten Versicherungsprämie nicht gedeckt werden, und bei denen der Nachweis des Schadenursprungs und der Verantwortlichkeit oft sehr schwierig ist“599.
Insbesondere bei Erdrutschung und Überschwemmungen drohen Katastrophenschäden.600 2. Ausschluss von Sachschäden Ziff. 7.14 AHB betrifft nur Sachschäden sowie alle daraus resultierenden Schäden an 353 anderen Sachen und Vermögensschäden. Personenschäden bleiben versichert, selbst wenn sie die Folge ausgeschlossener Sachschäden sind. Die eingetretenen Schäden müssen adäquat-kausal auf einer der in Ziff. 7.14 AHB benannten Ursachen beruhen. Ob daneben noch andere Ursachen mitgewirkt haben, ist ohne Belang.601 Abzugrenzen von der so verstandenen Gesamtkausalität, in der der gesamte Schaden nur durch eine (einzelne) unter einen Ausschlusstatbestand fallende Ursache herbeigeführt worden ist, sind solche Fälle, in denen die ausgeschlossene Ursache nur einen Teil eines Gesamtschadens verursacht hat. Hier besteht nur bezüglich dieses Teils kein Versicherungsschutz (s. hierzu Ausführungen Rn. 20). Für das Eingreifen der Ausschlussklausel ist im Übrigen ohne Belang, ob der Aus- 354 schlusstatbestand gleichzeitig eine schuldhafte Handlung oder Unterlassung des VN darstellt oder ob der Schaden durch ein Verhalten des VN oder eine sonstige menschliche Handlung oder eine Naturkatastrophe eingetreten ist.602 Deshalb wird selbst dem unberechtigt wegen eines Senkungs- oder Erdrutschungsschadens in Anspruch genommenen VN kein Abwehrschutz gewährt.603 597 598 599
600
LG Hannover 19.8.2008 BeckRS 2009 12266. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 126 ff. BGH 6.7.1994 RuS 1994 330, 331; BGH 3.2.1988 RuS 1988 101 = VersR 1988 1259; BGH 2.10.1968 VersR 1968 1080; OLG Schleswig 20.5.2010 VersR 2011 341, 342; OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2005 394, 395; OLG Koblenz 2.1.2004 RuS 2004 191, 192, jew. zu § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. Vgl. BGH 19.11.1956 VersR 1956 789, 790 = NJW 1957 140.
601 602
603
Vgl. BGH 20.9.1962 NJW 1962 2106, 2107; OLG München 2.5.1952 VersR 1952 270. BGH 3.2.1988 RuS 1988 101 = VersR 1988 1259; BGH 19.11.1956 VersR 1956 789, 790 = NJW 1957 140; OLG Koblenz 2.1.2004 RuS 2004 191, 192, jew. zu § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. OLG Schleswig 20.5.2010 VersR 2011 341, 342; OLG Koblenz 2.1.2004 RuS 2004 191, 192.
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Haftpflichtversicherung
3. Ausgeschlossene Schadensursachen a) Abwässer (Ziff. 7.14 (1) AHB)
355
aa) Begriffsbestimmung. Ausgeschlossen bleiben Schäden durch nichthäusliche Abwässer. Der Begriff des Abwassers ist in den AHB nicht definiert. Eine gesetzliche Definition enthält § 2 Abs. 1 AbwAG: „Abwasser im Sinne dieses Gesetzes sind das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (Schmutzwasser) sowie das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser). Als Schmutzwasser gelten auch die aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen austretenden und gesammelten Flüssigkeiten.“
DIN 4045 (Abwasserwesen, Fachausdrücke und Begriffserklärungen) umschreibt den Begriff als „nach häuslichem oder gewerblichem Gebrauch verändertes, insbesondere verunreinigtes, abfließendes und von Niederschlägen stammendes und in die Kanalisation gelangendes Wasser“.
356
Die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des AbwAG hat den Begriff des Abwassers „nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sowie dem Sinn und wirtschaftlichen Zweck des Ausschlusses in § 4 I Ziff. 5 AHB [a.F.] bestimmt“ und als Abwasser nur Wasser qualifiziert, „das infolge einer Beeinflussung in seiner Brauchbarkeit gemindert worden ist und deshalb abgeleitet wird“604. Besonders aufschlussreich ist das Urteil des BGH vom 13.12.1972605: „Benutztes und dadurch in seiner Qualität herabgemindertes Wasser, das wegen dieser Minderung beseitigt werden soll, ist stets Abwasser. Hierneben kann allerdings auch Wasser, das ohne Gebrauch von menschlichen Siedlungen abfließt, bei der Berührung mit diesen einer spezifischen Verschmutzung unterliegen, die es ebenfalls zum Abwasser macht … Die besondere Abwassergefahr ergibt sich aus dem Hauptfall des benutzten und sodann wegen seiner Qualitätsminderung abgeleiteten Wassers. Sie liegt in den unübersehbaren Veränderungen der Beschaffenheit, denen Gebrauchswasser nach seiner Nutzung unterliegen kann. Es vermag Krankheitskeime, Fäulnisstoffe oder chemische Zusätze in sich aufzunehmen, die ihm aggressive, gefährliche Eigenschaften verleihen, mit denen in der Natur vorkommendes Wasser regelmäßig nicht behaftet ist. Schon die Möglichkeit solcher schädlichen Veränderungen zwingt dazu, gebrauchtes Wasser abzuleiten. Das Berufungsgericht hat deshalb Abwässer sachlich und sprachlich zu Recht mit Abfällen auf eine Stufe gestellt …“
357
Die Rechtsprechung legt den Begriff des Abwassers i.S.d. AHB somit enger aus als in § 2 Abs. 1 AbwAG und DIN 4045. Niederschlagswasser fällt nicht per se unter den Abwasserbegriff, sondern nur dann, wenn es mit gebrauchtem und dadurch qualitätsgemindertem Wasser in Kontakt geraten und damit in einer Weise beeinflusst worden ist, dass es als Abfallstoff angesehen werden kann.606 358 Diese am Sinn und Zweck orientierte Auslegung des Abwasserschädenausschlusses dürfte auch heutzutage dem Verständnis des durchschnittlichen VN entsprechen. Regenwasser ist somit kein Abwasser, solange es sich in der Regenrinne, im Fallrohr oder
604
605
BGH 2.10.1968 VersR 1968 1080, 1081; vgl. auch OLG Brandenburg 23.10.2012 RuS 2013 125, 126. BGH 13.12.1972 NJW 1973 366.
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606
Vgl. BGH 2.10.1968 VersR 1968 1080, 1081; LG Duisburg 28.4.1977 VersR 1977 949; LG Kassel 29.5.1974 VersR 1974 1190.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
einem gesonderten Abflussrohr befindet.607 Mit Bausand vermischtes Regenwasser ist ebenfalls kein Abwasser.608 Wird Regenwasser durch Röhrenleitungen vom Betriebsgrundstück des VN in einen Bach geleitet, so liegt nach der Verkehrsanschauung auch dann kein Abwasser vor, wenn der neben dem Rohrleitungssystem liegende Öltank undicht wird und mit Öl versetztes Regenwasser im nächsten Teich einen großen Schaden anrichtet. Regenwasser, das wegen eines nicht geschlossenen Rückstauventils aus der Kanalisation in den Hauskeller eindringt, ist dagegen als Abwasser zu qualifizieren, da es sich in der Kanalisation mit anderem Schmutzwasser vermischt.609 Mit Eintritt in die Kanalisationsrohre wird das Wasser zum Abwasser. Wird ein Kanal ausgebaggert und läuft aus dem ausgebaggerten Schlamm und Geröll 359 Spülwasser ab, so handelt es sich nicht um Abwässer, da es an einer Einwirkung auf die Zusammensetzung des Wassers i.S.d. Ziff. 7.14 AHB fehlt.610 Anders ist aber zu entscheiden, wenn es sich um einen Abwasserkanal mit entsprechendem Inhalt handelt. Kondenswasser eines Klimageräts, das keiner weiteren Beeinflussung als derjenigen der normalen Raumluft ausgesetzt ist, stellt kein Abwasser dar.611 Wasser, das im Bereich der gewerblich-industriellen und handwerklichen Produktion zum Abtransport, zur Kühlung oder zur Erwärmung eingesetzt wird, ist jedenfalls dann nicht als Abwasser zu qualfizieren, wenn es danach noch nahezu unverändert und in gleicher Weise (auch für den menschlichen Genuss) verwendbar ist wie Leitungswasser.612 Um Abwasser handelt es sich dagegen bei Wasser, das von einer Badewanne durch das 360 Abflusssystem geleitet worden und aus einer Toilette wieder ausgetreten ist. Die Möglichkeit, dass es auf dem letzten Stück seines Weges an der Rohrwand abgelagerte Fäulnisoder sonstige Schmutzstoffe aufgenommen hat, führt zu Mischwasser, das als Abwasser einzustufen ist.613 Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Abwasser bei Reparaturarbeiten austritt, die gerade der Verringerung des Abwasserrisikos dienen sollen.614 Durch Rückstau einen Keller überflutendes Wasser, das zuvor durch einen Sinkkasten in das Abflusssystem gelangt ist, welcher Wasser nach Reinigung einer Gaststättentoilette aufgenommen und im Zuge des bestimmungsgemäßen Gebrauches verschmutzt hat, ist infolge des „Kontaktes“ mit den unsauberen Ablagerungen zu Abwasser geworden.615 Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass unter den Abwasserbegriff alle üb- 361 licherweise im Rahmen der Abwasserbeseitigung abgeleiteten Flüssigkeiten fallen sowie Flüssigkeiten, die zwar nicht von ihrem Ursprung her zum Abwasser zählen, durch die Vermischung mit anderen Abwässern aber zu Abwasser werden.616 Verlässt Wasser eine Fabrik, ohne in dieser irgendwelche Zutaten erhalten zu haben, oder wird Wasser sonst ohne Veränderung abgeleitet, liegt somit kein Abwasser vor,617 es sei denn, dass dieses an sich unveränderte Wasser in ein Abwässersystem eingeleitet wird.
607
608
609 610
611
OLG Karlsruhe 30.12.1983 VersR 1985 978, 979; ÖOGH 8.3.1990 VersR 1991 948 [Ls.]. OLG Saarbrücken 11.3.1987 VersR 1987 1003 [Ls.]; vgl. auch OLG Hamm 10.2.1989 RuS 1989 179. LG Karlsruhe 12.2.1988 RuS 1988 164. BGH 11.1.1962 VersR 1962 150; vgl. auch OLG Düsseldorf 28.7.1959 VersR 1959 822, 823 [Vorinstanz]. OLG Karlsruhe 19.2.1981 VersR 1981 1121, 1122.
612
613 614 615 616 617
LG Duisburg 28.4.1977 VersR 1977 949; vgl. aber BGH 2.10.1968 VersR 1968 1080 (auch Erhitzen oder Bestrahlen kann genügen). OLG Köln 12.6.1986 RuS 1986 252. OLG Köln 12.6.1986 RuS 1986 252. LG Düsseldorf 12.5.1970 VersR 1970 945. BGH 2.10.1968 VersR 1968 1080. BGH 11.1.1962 VersR 1962 150; BGH 2.10.1968 VersR 1968 1080.
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Haftpflichtversicherung
In jedem Fall muss es sich bei dem Abwasser um Wasser handeln.618 Nicht als Abwässer sind deshalb flüssige Industrieprodukte zu werten, in denen es am Wasser fehlt. Wie hoch der Wassergehalt im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs sein muss, lässt sich nicht im Einzelnen festlegen. Maßgebend ist insoweit die Verkehrsanschauung.619 Ein verhältnismäßig geringer Zusatz von Wasser zu einer anderen Flüssigkeit macht dieses noch nicht ohne Weiteres zu Abwasser. Es muss den anderen Stoffen mindestens so viel Wasser zugesetzt sein, dass man von gebrauchtem, verschmutztem oder in sonstiger Weise entstelltem Wasser sprechen kann.620 Nach der Verkehrsanschauung nicht als Abwasser zu qualifizieren ist Gülle, bei der es 363 sich um flüssigen Stalldünger aus Kot und Harn handelt. Wird der Gülle Wasser zur besseren Verrieselung beigefügt, so stellt diese Vermischung ebenfalls kein Abwasser dar, vielmehr wird das Wasser lediglich Bestandteil des Flüssigdüngers.621 Bei Jauche handelt es sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ebenfalls nicht um Abwasser.622 Vermischt sich die Jauche mit Wasser oder Abwasser, entsteht wiederum Abwasser.623 Zementschleppe ist Abwasser.624 Nach der von der Rechtsprechung getroffenen Begriffsbestimmung ist weiter erfor364 derlich, dass es sich bei dem Wasser um ein Abfallprodukt handelt. Nicht zum Abwasser zählt deshalb Wasser, das in Leitungen geführt wird mit dem Ziel, es wieder der Produktion zuzuführen, um zu einer unmittelbaren Wiederverwendung der Stoffe zu kommen. Wasser in den Heizungsrohren ist ebenfalls kein Abwasser, da es zum Erhitzen und zur Wärmeabstrahlung verwendet wird.625 Auch eine gefährliche und schädigende wasserhaltige Flüssigkeit, die im Laufe eines Fabrikationsprozesses entsteht und bestimmungsgemäß weiter zu einem Fertigungsprodukt verarbeitet wird, ist kein Abwasser. Kommt somit dem Verwendungszweck maßgebliche Bedeutung zu, kann ein mit fremden Bestandteilen angereichertes Wasser in dem einen Betrieb Abwasser und in dem anderen ein Fertigungsprodukt oder sonstiges Betriebsmittel sein.626
362
365
bb) Ableitung. Umstritten ist, ob das in seiner Brauchbarkeit geminderte Wasser bewusst und gewollt abgeleitet werden muss, um als Abwasser zu gelten. Das LG München hat diese Frage in einer älteren Entscheidung aus dem Jahre 1958 bejaht. In jenem Fall ging es um mit Kühlwasser versetzte phenolhaltige Destillate, die bestimmungsgemäß verbrannt werden sollten, jedoch infolge der Undichtigkeit eines Kessels ausliefen. Das LG München bejahte den Versicherungsschutz. R. Johannsen hat sich diesem Urteil „mit Rücksicht auf die Verkehrsaufassung“ angeschlossen.627 Die Literatur hat sich hingegen mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Ausschlussklausel auch dann zur Anwendung kommen zu lassen, wenn die Ableitung nur hingenommen werde oder sogar ohne Willen und Hinzutun von Menschen erfolge.628 In jüngerer Zeit hatte sich das OLG Hamm mit dieser Frage in einem Fall zu befas366 sen, in dem der VN unter Berufung auf die vom BGH gegebene Definition des Abwasser618 619
620 621 622 623 624
LG Kassel 29.5.1974 VersR 1974 1190. Vgl. OLG Frankfurt/M. 5.11.1986 zfs 1987 58 (Säure aus Galvanisierbetrieb); Prölss/ Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 117. Wussow § 4 Anm. 21. BGH 25.2.1975 VersR 1975 437. LG Kassel 29.5.1974 VersR 1974 1190. Späte § 4 Rn. 83; Prölss VersR 1975 318. OLG Karlsruhe 16.6.1971 VersR 1971 1029; AG München 10.2.1971 VersR 1972 241.
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625 626 627 628
LG Berlin 4.10.1971 VersR 1972 527. Vgl. dazu auch LG Mosbach 3.12.1957 VersR 1958 449, 450. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 181. Späte § 4 Rn. 87; Wussow § 4 Anm. 21; Kuwert Rn. 4064.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
begriffs („Wasser, welches … abgeleitet wird“)(Rn. 356) die Ansicht vertrat, dem Begriff des Ableitens sei ein subjektives Element zu entnehmen, weshalb es sich schon deshalb nicht um Abwässer handeln könne, weil er das Wasser nicht abgeleitet, sondern sich dieses seinen Weg selbst gesucht habe. Das OLG Hamm ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Nach seiner Ansicht kann es nicht darauf ankommen, ob im Einzelfall für Wasser, welches in seiner Brauchbarkeit gemindert ist, eine Ableitung vorhanden sei oder nicht. Andernfalls würde der VN bevorzugt, der es – aus welchen Gründen auch immer – unterlassen habe, für eine ordnungsgemäße Ableitung dieses Wassers zu sorgen. Die Definition des BGH sei daher so zu verstehen, dass es sich um Wasser handeln müsse, welches wegen seiner beeinträchtigten Brauchbarkeit „üblicherweise abgeleitet wird“.629 Der herrschenden Ansicht in der Literatur und der Begründung des OLG Hamm ist 367 zu folgen. Aus der vom BGH gegebenen Definition lässt sich nicht herleiten, dass die Ableitung oder das Ableitenwollen ein Wesensmerkmal des Abwasserbegriffs ist, mag auch die bewusste und gewollte Ableitung der Regelfall sein. Ob nach der Verkehrsauffassung etwas anderes gilt, scheint sehr fraglich. Immerhin sieht § 2 Abs. 1 S. 2 AbwAG ausdrücklich vor, dass als Abwasser (in Form des Schmutzwassers) „auch die aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen austretenden und gesammelten Flüssigkeiten“ gelten (Rn. 355). Die Ausschlussklausel nach Ziff. 7.14 (1) AHB greift demnach schon dann ein, wenn das Abwasser ohne Willen des VN ausfließt und einen Sachschaden verursacht, z.B. weil der Behälter ein Leck hat oder übergelaufen ist.630 Um einen Abwasserschaden i.S.d. Ziff. 7.14 (1) AHB handelt es sich im Übrigen auch 368 dann, wenn in einem Industriewerk infolge des Versagens einer Reinigungsanlage anstelle von gereinigtem Abwasser, das sich kaum merklich von unverfälschtem Abwasser unterscheidet, besonders gefährliche Abwässer das Werk verlassen. Darauf, dass der VN auf das Funktionieren der Reinigungsanlage vertraute, kommt es mit Rücksicht auf die tatsächlich vorgenommene Ableitung nicht an. cc) Gefährlichkeit des Abwassers. Wenn auch das Abwasserrisiko wegen seiner be- 369 sonderen Gefährlichkeit vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist, so kommt es doch für Ziff. 7.14 (1) AHB nicht darauf an, ob der Schaden auf diese Gefährlichkeit zurückzuführen ist.631 Entscheidend ist, dass der Sachschaden adäquat kausal durch das Abwasser entstanden ist.632 Ob der Sachschaden ebenso durch reines Wasser hervorgerufen worden wäre, ist ohne Bedeutung.633 In jedem Fall muss das Wasser die Eigenschaft als Abwasser schon vor dem Schadenseintritt haben.634 Unerheblich ist, wer im Einzelnen das Wasser abgeleitet hat. Selbst wenn der VN für die Ableitung durch einen Dritten haftpflichtig gemacht wird (z.B. im Rahmen seiner Haftung für Minderjährige aus § 832 BGB), fällt der Schaden unter Ziff. 7.14 (1) AHB.635 dd) Wiedereinschluss. Wiedereinschlüsse von Abwasserschäden finden sich in der 370 Betriebshaftpflichtversicherung. So sieht z.B. Ziff. 7.3.3 Muster-Bedingungsstruktur AT
629 630 631
632
OLG Hamm 10.2.1989 RuS 1989 179. Späte § 4 Rn. 87; Wussow § 4 Anm. 21. BGH 13.12.1972 NJW 1973 366, 367; BGH 2.10.1968 VersR 1968 1080; KG 2.11.1959 VersR 1960 589; ÖOGH 1.3.1979 VersR 1979 683. Späte § 4 Rn. 88; Wussow § 4 Anm. 21; Kuwert Rn. 4066.
633
634
635
ÖOGH 1.3.1979 VersR 1979 683; Späte § 4 Rn. 88; Wussow § 4 Anm. 21; anders OLG Düsseldorf 28.7.1959 VersR 1959 822, 824; LG Berlin 4.10.1971 VersR 1972 527. LG Berlin 4.10.1971 VersR 1972 527: Überschwemmung durch ausfließendes Heizungswasser. Späte § 4 Rn. 88.
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Haftpflichtversicherung
den Einschluss von Haftpflichtansprüchen wegen Sachschäden vor, die durch Abwässer aus dem Rückstau des Straßenkanals hervorgerufen werden. In der Heilwesenversicherung sind Sachschäden durch Abwässer aus der ärztlichen Praxis gedeckt (z.B. Ziff. 2.2 Muster-Bedingungsstruktur V). b) Senkungs- und Erdrutschungsschäden (Ziff. 7.14 (2) AHB)
371
aa) Senkungsschaden. Ein Senkungsschaden i.S.d. Ziff. 7.14 (2) AHB liegt vor, wenn Bodenschichten aus irgendwelchen Gründen ihr Volumen verringern, dadurch ihre Festigkeit und Tragfähigkeit verlieren und infolgedessen zusammensinken.636 Senkungsschäden erfordern sinnlich wahrnehmbare Vorgänge. Daran fehlt es, wenn als Folge von Auskofferungsarbeiten ohne sichtbare Veränderung eine lediglich messbare Verformung des Bodens eintritt, die durch die Störung der bodenmechanischen Verhältnisse zum Reißen des Mauerwerks oder zum Abrutschen von Teilen desselben führt.637 Kein Senkungsschaden liegt vor, wenn Erdmassen seitwärts abrutschen. Hier greift vielmehr der Ausschlusstatbestand der Erdrutschungen ein (Rn. 375 ff.). Wird durch einen Wasserrohrbruch das Erdreich unter einem Hause weggespült und 372 senkt sich daraufhin das Gebäude, so greift der Ausschlusstatbestand der Senkungsschäden ebenfalls nicht ein, da der Boden selbst sich im erwähnten Sinne nicht gesenkt hat.638 Ein Senkungsschaden ist dagegen zu bejahen, wenn eine fehlerhafte Gewindeherstellung und eine nicht mit der nötigen Sorgfalt durchgeführte Rohrmontage den Wasseraustritt aus einem Rohr bewirken, welcher das Erdreich unterwäscht, und dadurch das Fundament einer Waschanlage und die davor liegende Fahrbahn beschädigt werden.639 Im Ausschlusstatbestand für Senkungsschäden an Grundstücken ist der frühere Klam373 merzusatz gestrichen worden, in dem ausdrücklich hervorgehoben wurde, dass sich die Klausel auch auf Schäden an auf dem Grundstück errichteten Werken (oder Teilen eines solchen) beziehe. Gemeint waren damit in erster Linie Gebäude. Die Versicherungspraxis fasste diesen Zusatz als Klarstellung auf, dass nur der Sachschaden an dem Grundstück selbst und den darauf errichteten Werken, nicht aber an sonstigen beweglichen Sachen, die sich z.B. in einem Haus befinden, ausgeschlossen sei.640 Nach der Streichung des Klammerzusatzes ist für eine solche Auslegung kein Raum mehr. Der Ausschluss nach Ziff. 7.14 (2) AHB erfasst somit grundsätzlich jeden Sachschaden, der aus einer Senkung resultiert, d.h. auch Schäden an beweglichen Sachen. Für das Verhältnis zwischen Senkung und Schaden gilt das Prinzip der adäquaten 374 Kausalität.641 Nicht erforderlich ist, dass der Senkungsvorgang die alleinige Ursache für den Schadenseintritt gewesen ist. Vielmehr genügt es, dass er für den Schaden mitursächlich war. Haben daneben andere Ursachen, z.B. unsachgemäße Maßnahmen eines Bau-
636
OLG Oldenburg 20.4.2004 RuS 2004 373 = VersR 2005 262; OLG Düsseldorf 12.7.1966 VersR 1968 161, 162; ÖOGH 26.1.1966 VersR 1966 552; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 122; Späte § 4 Rn. 92 ff.; Littbarski AHB § 4 Rn. 141 ff.; a.A. Bruck/ Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. G 183 („Keinesfalls kommt es bei der Senkung darauf an, ob die betreffende Erdmasse an Festigkeit verliert.“), jew. zu § 4 I Ziff. 5 AHB a.F.
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OLG Oldenburg 20.4.2004 RuS 2004 373 = VersR 2005 262; OLG Düsseldorf 12.7.1966 VersR 1968 161, 162; Späte § 4 Rn. 94. Vgl. dazu OLG Breslau 15.10.1930 VA 1930 256, 257. ÖOGH 26.1.1966 VersR 1966 552. So Späte § 4 Rn. 95; Boettinger VersR 1952 189; Schmalz VersR 1953 467, 468; a.A. Wussow § 4 Anm. 24; Kuwert Rn. 4073. Späte § 4 Rn. 96.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
unternehmers oder anhaltender Regen, den Schaden hervorgerufen, liegt ein Fall der Gesamtkausalität vor.642 bb) Erdrutschungen. Der Begriff Erdrutschungen ist eine Sammelbezeichnung für Erdbewegungen jeder Art, die auf einer Lösung des Zusammenhalts von kleinen und größeren Erdmassen beruhen.643 Im Gegensatz zur Senkung eines Grundstücks liegt eine Erdrutschung dann vor, wenn das Erdreich nicht in sich zusammensinkt, sondern sich ein Teil der Erdoberfläche aus seinem natürlichen Zusammenhang mit seiner Umgebung löst und in Bewegung übergeht.644 Erdrutschungen müssen ebenso wie Grundstückssenkungen sinnlich wahrnehmbare Vorgänge sein.645 Bodenmechanische Veränderungen, die zur Verminderung des Bodengegendruckes und zum Reißen von Mauerwerk führen, sind weder Erdrutschungen noch Grundstückssenkungen.646 Der Erdrutschungsschaden ist nicht auf natürliche Ereignisse beschränkt und findet deshalb auch Anwendung, wenn der VN durch eigenes Tun, z.B. durch Freilegung der Fundamente der Kegelbahnaußenmauer, den Erdrutsch verursacht.647 Im Sinne des Sprachgebrauchs ist ein Erdrutsch gegeben, wenn sich bei dem Abbau einer Sandgrube Sandmengen lösen.648 Nicht zu folgen ist hingegen der vom BGH vertretenen Ansicht, ein Erdrutsch liege auch dann vor, wenn eine durch Untergrabungen und Sprengungen gelockerte Felswand infolge des Übergewichts herabstürze.649 Diese Auslegung steht nicht mehr im Einklang mit dem Sprachgebrauch und lässt sich auch nicht aus dem erkennbaren Zweck der Ausschlussbestimmung folgern. Das Umschlagen einer Felswand – wie auch das Lösen eines einzelnen Felsens – ist, wenn es nicht die Folge eines Erdrutsches selbst ist, nicht als Erdrutschung i.S.d. Ziff. 7.14 AHB anzusehen. Stürzt eine Laderampe wegen des Druckes des darauf gelagerten Materials auf daneben stehende Güterwagen, so liegt ebenfalls kein Erdrutsch vor.650 Ein typischer Fall für die Anwendung der Ausschlussklausel ist ein Gebäudeeinsturz, der darauf zurückzuführen ist, dass Ausschachtungsarbeiten neben einem Gebäude durchgeführt werden, wodurch die Erde darunter wegrutscht,651 oder Teile der Erdoberfläche infolge eines durch Fundamentarbeiten erhöhten Bodendrucks abrutschen652. Keine Erdrutschung liegt vor, wenn eine Stützmauer infolge Überlastung der darauf ruhenden Laderampe einstürzt oder wenn aus einer Baugrube ausgebaggertes Erdreich neben der Baugrube hoch geschichtet ist und – aus welchem Grund auch immer – dieser
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OLG München 2.5.1952 VersR 1952 270; OLG Köln 22.2.1934 JPVR 1934 253; LG München 23.1.1953 VersR 1953 251; ÖOGH 26.1.1966 VersR 1966 552; Späte § 4 Rn. 96; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 90. OLG Köln 24.6.2008 RuS 2009 149, 152; OLG Schleswig 21.11.2002 VersR 2003 190. BGH 3.2.1988 NJW-RR 1988 732; BGH 19.11.1956 VersR 1956 789, 790 = NJW 1957 140; OLG Koblenz 2.1.2004 RuS 2004 191, 192; OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2005 394, 396. OLG Schleswig 20.5.2010 VersR 2011 341, 342; OLG Schleswig 21.11.2002 VersR 2003 190; OLG Düsseldorf 12.7.1966 VersR 1968 161, 162.
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OLG Düsseldorf 12.7.1966 VersR 1968 161, 162. OLG Koblenz 2.1.2004 RuS 2004 191, 192; vgl. auch OLG Köln 24.6.2008 RuS 2009 149, 152; OLG Schleswig 21.11.2002 VersR 2003 190. BGH 19.11.1956 VersR 1956 789, 790 = NJW 1957 140; OLG Köln 24.6.2008 RuS 2009 149, 152. BGH 19.11.1956 VersR 1956 789, 790 = NJW 1957 140. KG 12.11.1932 JRPV 1933 60, 61. OLG Hamm 4.12.1959 VersR 1960 338, 339; OLG Breslau 5.4.1930 VA 1930 37. Vgl. OLG Schleswig 21.11.2002 VersR 2003 190.
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AHB 2012 Ziff. 7
Haftpflichtversicherung
aufgeschüttete Sandberg in Bewegung gerät und in die Baugrube hineinfällt.653 Zur Begründung führt Wussow zutreffend aus, dass diese aufgeschütteten Erdmassen noch nicht die für den Begriff der „Erdrutschung“ wesentliche feste Verbindung mit dem übrigen Erdreich gehabt hätten.654 Eine Erdrutschung könne begrifflich nur vorliegen, wenn die betreffenden Bodenmassen vorher aufgrund einer natürlichen Verwachsung gebunden waren. Diese Bodengebundenheit liege regelmäßig bei künstlichen Aufschüttungen erst nach einer gewissen Zeit vor. Abzulehnen ist eine ältere Entscheidung des KG, das den aus der Füllung der Rampe auf den Güterwagen herabstürzenden Sand als Erdrutschung angesehen hat.655 Nach Ansicht des OLG Saarbrücken ist hingegen entscheidend, ob das aufgeschüttete Material als Teil der Erdoberfläche anzusehen ist, weil „es so bleiben soll“656.
379
cc) Wiedereinschlüsse. Im Baugewerbe werden Haftpflichtansprüche wegen Senkungsschäden und aus Erdrutschungen in der Regel wieder eingeschlossen, soweit es sich nicht um Schäden am Baugrundstück selbst handelt (vgl. Muster-Bedingungsstruktur I Ziff. 1.1.1 a, 1.1.2 a657).658 In der Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren (Ziff. A 2.4659) und in der Bauherren-Haftpflichtversicherung sind Ansprüche wegen Schäden durch Grundstückssenkungen und Erdrutschungen ebenfalls regelmäßig eingeschlossen (Ziff. 1.3.3 Muster-Bedingungsstruktur VIII 660).
380
c) Überschwemmungen (Ziff. 7.14 (3) AHB). Nach Ziff. 7.14 (3) AHB sind Haftpflichtschäden wegen Überschwemmungen stehender oder fließender Gewässer ebenfalls von der Deckung ausgenommen. Solche Schäden sind zumeist nicht auf menschliches Verschulden zurückzuführen, sodass sich die nachteiligen Folgen dieses Ausschlusses darauf beschränken, dass kein Versicherungsschutz in Form der Abwehr eines unbegründeten Anspruches gewährt wird. Freilich verbleiben noch genügend Überschwemmungen, die durch menschliches Versagen verursacht worden sind. So liegt der Fall beim fehlerhaften Dammbau.661 Hier drohten dem VR ohne den Ausschluss „Katastrophenschäden“ mit unübersehbaren Folgen.662 Weitere Beispiele betreffen die falsche Bedienung eines Wehres663 oder die Stauung von Holz in dem ausgetrockneten Bett eines
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So das Beispiel von Wussow § 4 Rn. 25; ihm folgend: Späte § 4 Rn. 101; Littbarski AHB § 4 Rn. 159. Wussow § 4 Rn. 25. KG 12.11.1932 JRPV 1933 60, 61. OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2005 394, 396 für aufgeschütteten und bereits geteerten Boden. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/03_MusterBedingungsstruktur_I_Industrie-HandelGewerbe_1105_Homepagefassung1.pdf. Vgl. auch BGH 10.2.1971 VersR 1971 457. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/02_ Architekte-Bauingenieure-BeratendeIngenieure_110413.pdf.
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Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/11_ Muster-Bedingungsstruktur_VIII_ Bauherren-Haus-Grundbesitz_1104_ Homepagefassung1.pdf. BGH 21.2.1951 VersR 1951 79, 80. BGH 21.2.1951 VersR 1951 79, 80; LG Köln 20.6.1984 VersR 1985 749. Vgl. dazu den vom OLG Hamm 15.1.1960 VersR 1960 697, 698 entschiedenen Fall, in dem das Gericht ausführt, dass aus der schlichten Bekundung, die Haftpflicht aus dem Betrieb eines Wehres sei versichert, nicht ohne Weiteres geschlossen werden könne, dass § 4 I Ziff. 5 AHB a.F. bezüglich der Überschwemmungsschäden abbedungen sei.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Wildbaches kurz vor Beginn der Schneeschmelze.664 Gerade in Fällen, in denen ein derartiges Verschulden vorliegt, ist der Ausschluss aus Sicht des VR besonders wichtig.665 Zutreffend ist vom BGH 666 die vom OLG Hamm 667 vertretene Auffassung zurück- 381 gewiesen worden, der Ausschlusstatbestand greife nur ein, wenn im Gewässer selbst ein anomaler Wasserzustand herrsche, weil sonst nicht von einer Überschwemmung des stehenden Gewässers selbst die Rede sein könne. Diese Formalargumentation stützt sich darauf, dass es andernfalls heißen müsse, Überschwemmung „durch“ stehendes oder fließendes Gewässer. Folgte man ihr, wäre eine auf einen Dammbruch zurückzuführende Überschwemmung der Umgebung versichert, wenn im Gewässer selbst kein erhöhter Wasserstand herrschte. Damit würde aber der dem VN ohne Weiteres erkennbare Sinn und Zweck der Klausel verkannt, den VR in diesen Fällen nicht haften zu lassen. Demgemäß ist unter einer Überschwemmung stehender oder fließender Gewässer jede Überflutung von Gelände durch das Austreten von Wasser aus einem stehenden oder fließenden Gewässer zu verstehen. Aus welchem Grunde das Wasser über die Ufer tritt, ist unerheblich.668 Keine Überschwemmung im Sinne der Ausschlussbestimmung liegt vor, wenn sich 382 wegen des hohen Wasserstandes in einem Gewässer (und des dadurch verursachten höheren Grundwasserspiegels) in der Nähe dieses Gewässers Wasser ansammelt.669 Ferner werden nur oberirdische, nicht auch unterirdische Wasserverschiebungen erfasst.670 Schon nach dem Sprachgebrauch fehlt es bei unterirdischen Gewässern an dem Überschwemmungsmerkmal. Im Übrigen ist der Begriff „Gewässer“ umfassend im Sinne der Verkehrsanschauung zu verstehen. Sowohl Flüsse als auch Seen und das Meer sowie künstlich angelegte Gewässer671 sind dazu zu rechnen.672 Wasseransammlungen in geschlossenen Leitungssystemen werden hingegen nicht erfasst.673 Wasser, das aus Rohrleitungen austritt, verursacht ebenfalls keine Überschwemmung 383 im Sinne der Klausel;674 ebenso wenig Regenwasser, das sich bei einem Wolkenbruch in großen Mengen in einer tiefer gelegenen Unterführung ansammelt und sie unpassierbar macht.675 Etwas anderes gilt dann, wenn Starkregen dazu führt, dass vorhandene fließende oder stehende Gewässer über die Ufer treten.676 Auch Wasser in gesonderten Behältern, wie in kleineren Planschbecken, fällt nicht unter den Ausschlusstatbestand. Schließlich wird nach der Verkehrsanschauung auch ein künstliches Schwimmbassin im Freien von der Klausel nicht als „Gewässer“ erfasst.677
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Weitere Beispiele bei Boettinger VersR 1950 154, 156. LG Freiburg 17.5.1966 VersR 1966 841: Bau eines Dammes im Bett eines ausgetrockneten Baches. BGH 21.2.1951 VersR 1951 79. OLG Hamm 24.7.1950 VW 1950 392. BGH 11.1.1962 VersR 1962 150, 151; BGH 21.2.1951 VersR 1951 79, 80; OLG Düsseldorf 28.7.1959 VersR 1959 822, 824; LG Köln 20.6.1984 VersR 1985 749; LG Freiburg 17.5.1966 VersR 1966 841; LG Hagen 1.7.1955 VersR 1955 600. BGH 11.1.1962 VersR 1962 150, 151 und als Vorinstanz OLG Düsseldorf 28.7.1959 VersR 1959 822, 824.
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BGH 11.1.1962 VersR 1962 150, 151. Z.B. Kanal, Stausee, Wassergraben (LG Hagen 1.7.1955 VersR 1955 600). Späte § 4 Rn. 105. Boettinger VersR 1950 154, 156; ders. VersR 1952 382; vgl. ferner KG 28.2.1964 VersR 1964 1229, 1231; KG 28.1.1928 JRPV 1928 155, 156. KG 28.2.1964 VersR 1964 1229, 1231; ÖOGH 8.3.1990 VersRdSch. 1990 309, 310. OLG Hamm 29.10.1986 NJW-RR 1987 279; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 236; Späte § 4 Rn. 105. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 236. Ebenso Wussow § 4 Anm. 27.
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AHB 2012 Ziff. 7 384
Haftpflichtversicherung
Nach dem Sinn der Ausschlussbestimmung sind alle durch eine Überschwemmung entstandenen Sachschäden vom Deckungsbereich ausgeschlossen. Bricht die Begrenzung eines zu landwirtschaftlichen Nutzungszwecken gestauten Teichs und steht der Begrenzungswall im Eigentum eines Dritten (etwa der betreffenden Gemeinde), so sind nicht nur die in der Umgebung durch das ausfließende Wasser entstehenden Schäden ausgeschlossen, sondern auch Haftpflichtansprüche wegen der Beschädigung des Walls. Der Sinn der Klausel geht dahin, auch solche Schäden zu erfassen, da sie mit dem Austreten des Wassers untrennbar verbunden sind. Hierzu zählen nicht nur Schäden, die unmittelbar durch das Wasser selbst verursacht werden, sondern auch solche durch Sachen, die vom Wasser mitgeführt werden (Baumstämme, Öl).678
XV. IT-Ausschluss (Ziff. 7.15 AHB) Schrifttum R. Koch Nullstellung und Wiedereinschluss von IT-Risiken in der Betriebshaftpflichtversicherung (AHB 2004/BHV-IT) RuS 2005 181; ders. Haftung für die Weiterverbreitung von Viren durch E-Mails NJW 2004 801; ders. Versicherbarkeit von IT-Risiken in der Sach-, Vertrauensschadenund Haftpflichtversicherung (2005); Stockmeier Die Haftpflichtversicherung des Internet-Nutzers (2005).
1. Sinn und Zweck
385
Ziff. 7.15 AHB ist im Jahre 2004 neu eingefügt worden. Die in Ziff. 7.15 (1) bis (4) AHB beschriebenen Sachverhalte erfassen jede denkbare Beeinträchtigung der Integrität, Verfügbarkeit und Vertraulichkeit von Daten und Programmen im Rahmen des Datenaustausches nicht nur per E-Mail, sondern auch mittels Datenträgern sowie der Bereitstellung von Informationen im Internet (z.B. Inhalte auf der Unternehmens-Homepage, Angebote zum (un-)entgeltlichen Herunterladen). Soweit daraus Sach- oder Personenschäden resultieren, besteht kein Versicherungsschutz (s. Beispiel Rn. 389). Der Ausschluss bewirkt somit eine Nullstellung für alle Schäden, die aus dem Austausch, der Übermittlung und der Bereitstellung elektronischer Daten (= IT-spezifischen Risiken) entstehen,679 welche aber in der Privathaftpflichtversicherung standardmäßig (Rn. 422) und in der Betriebshaftpflichtversicherung durch Vereinbarung der Zusatzbedingungen zur Betriebshaftpflichtversicherung für die Nutzer von Internet-Technologien (Rn. 395 ff.) weitgehend wiedereingeschlossen werden. Soweit Daten und Programme betroffen sind, kommt es auf die rechtliche Qualifikation von Daten als Sachen nicht mehr an (Ziff. 1 AHB Rn. 17). 2. Reichweite des Ausschlusses
386
a) Schäden aus Löschung, Unterdrückung, Unbrauchbarmachung oder Veränderung von Daten. Ziff. 7.15 (1) AHB lehnt sich erkennbar an den Text von § 303a Abs. 1 StGB an, sodass – auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachverständnisses und des
678
679
Prölss/Martin/Lücke § 7 Rn. 125; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 236; Späte § 4 Rn. 107; a.A. Littbarski AHB § 4 Rn. 177. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 141; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB
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Rn. 78; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 93; a.A. offenbar Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 237; für eine Nullstellung lediglich der Risiken aus der Internet-Kommunikation Schmalzl/ Krause-Allenstein Rn. 252.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
allgemeinen Sprachgebrauchs – auf die Auslegung dieser Vorschrift zurückgegriffen werden kann.680 Löschen von Daten i.S.v. § 303a Abs. 1 StGB ist das unwiederbringliche Unkenntlichmachen der konkreten Speicherung (Aufhebung der Verkörperung). Es setzt voraus, dass eine Rekonstruktion aufgrund der Aufhebung der physischen Verkörperung unmöglich ist. Als Beispiele werden in der Literatur das Überschreiben von Daten, der Einsatz von Virenprogrammen, die zur irreversiblen Aufhebung des Datenzusammenhangs führen, sowie die Zerstörung des Datenträgers angeführt.681 Unterdrücken von Daten i.S.v. § 303a Abs. 1 StGB bedeutet, dass sie dem Zugriff des 387 Berechtigten auf Dauer oder zeitweilig entzogen werden und er sie deshalb nicht mehr verwenden kann, ohne dass ihre physische Integrität beeinträchtigt wird. Eine auf unabsehbare Dauer gerichtete („zueignende“) Entziehungsabsicht ist nicht erforderlich. Eine Unterdrückung kann, neben der Entziehung des Datenträgers, auch durch „programmgesteuerte Errichtung von Zugangshindernissen“ geschehen (z.B. Eingabe von Passworten; Löschen des Inhaltsverzeichnisses; „Verstecken“ von Dateien; Änderung des Dateinamens usw.).682 Unbrauchbarmachen von Daten i.S.v. § 303a Abs. 1 StGB ist die Aufhebung der 388 bestimmungsgemäßen Verwendbarkeit. Dies kann z.B. durch zusätzliche Einfügungen oder Verfälschung von verknüpften Datensätzen geschehen, aber auch durch den Einsatz einer Programmsperre, soweit es sich nicht nur um eine geringfügige Beeinträchtigung der Programmnutzung handelt.683 Verändern von Daten i.S.v. § 303a Abs. 1 StGB erfasst jede Form inhaltlichen Umge- 389 staltens gespeicherter Daten, aber auch den Austausch von Klartext und Code oder die Übersetzung in den Code einer anderen Programmiersprache ohne inhaltliche Änderung. Eine Minderung der Gebrauchstauglichkeit ist nicht erforderlich; auch „Verbesserungen“ oder die Behebung von Fehlern sind Veränderungen.684 Beispiel: Eine virusbehaftete E-Mail verändert Daten, die auf der Festplatte des privaten Empfängers gespeichert sind. Für die Haftpflichtansprüche des Empfängers wegen der Verletzung der Datenintegrität besteht kein Versicherungsschutz. Bewirkt die Datenveränderung, dass elektronisch gesteuerte Geräte fehlerhaft arbeiten und werden dadurch andere Sachen oder sogar Personen verletzt, besteht ebenfalls kein Versicherungsschutz, da die Formulierung „wegen Schäden aus …“ keine Begrenzung auf den unmittelbaren Schaden an den nachteilig betroffenen Daten enthält.
Wie zuvor bereits bemerkt, ist Ziff. 7.15 (1) AHB von seinem Wortlaut her weder auf 390 Schäden infolge der Nutzung des Internets noch auf Schäden durch Computerviren oder sonstige Schadprogramme beschränkt. Von dem Ausschluss erfasst ist somit auch die Beeinträchtigung der Integrität von Daten beim Empfänger infolge fehlerhafter IT-Produkte (z.B. Standard-Software, Musikdateien) oder fehlerhafter IT-Dienstleistungen (z.B. fehlerhafte „Reparatur-Kits“), die online oder mittels eines Datenträgers angeboten oder übertragen werden.685 Beispiel: Die von einem Access-Provider hergestellte (Massen-)Zugangssoftware ermöglicht Kunden den Internetzugang. Sie nimmt Veränderungen von Betriebssystemdaten, insbesondere der Netzwerk- und DFÜ-Verbindungseinstellungen auf den Kundenrechnern vor. Unabhängig
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HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 79. Vgl. Schönke/Schröder/Stree/Hecker § 303a Rn. 3, 5 m.w.N. Vgl. Schönke/Schröder/Stree/Hecker § 303a Rn. 6. Vgl. Schönke/Schröder/Stree/Hecker § 303a Rn. 7.
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Vgl. Schönke/Schröder/Stree/Hecker § 303a Rn. 8. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 2.
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AHB 2012 Ziff. 7
Haftpflichtversicherung
davon, ob die Zugangssoftware online per Datenfernübertragung oder per Datenträger aufgespielt wird, besteht kein Versicherungsschutz, wenn Daten des Kunden durch die Software in ihrer Integrität nachteilig beeinträchtigt werden.
391
Lediglich bei Schäden durch Computerviren und anderen Schadprogrammen halten sich die Folgen dieses Ausschlusses in Grenzen. Insoweit gilt es auf der Ebene der Haftung zu berücksichtigen, dass gegenüber Unternehmern i.d.R. schon mangels entsprechender Verkehrspflicht zum Virenschutz eine Haftung für virenverseuchte E-Mails oder Datenträger ausscheidet.686 Selbst wenn man eine solche Verkehrspflicht bejahte, würde bei neuartigen, bislang unbekannten Viren eine Haftung des Versenders am fehlenden Verschulden scheitern. Bei bereits bekannten Viren dürfte ferner ein überwiegendes Mitverschulden des Empfängers anzunehmen sein687, sodass der Ausschluss in erster Linie den Abwehrschutz nachteilig berührt.
392
b) Schäden aus Nichterfassen oder fehlerhaftem Speichern von Daten. Die Nichterfassung oder das fehlerhafte Speichern von Daten vermag im Zusammenhang mit dem Austausch, der Übermittlung und der Bereitstellung elektronischer Daten unmittelbar weder Sachschäden noch Personenschäden zu begründen. Denkbar sind jedoch mittelbare Sachschäden oder Personenschäden, so z.B. wenn per E-Mail erfolgte Anweisungen zur Bedienung von Maschinen oder zur Einnahme von Medikamenten fehlerhaft gespeichert werden.688 In diesen Fällen kommt dem Ausschluss gem. Ziff. 7.15 (2) AHB konstitutive Wirkung zu. Beispiel: Der VN vertreibt Lüfter zur Kühlung von Computer. Weil es in der Vergangenheit vereinzelt zu Problemen bei der Lüftung gekommen ist, lässt er den Käufern, die sich beim ihm registriert haben, vorbeugend Informationen per E-Mail zukommen, die helfen sollen, das Problem abzustellen. Für nicht registrierte Käufer sind die Informationen auf der Homepage erhältlich. Die vom VN erteilten Informationen sind auf Grund eines Fehlers beim Abspeichern falsch und führen bei den Käufern zu einem Totalausfall der Lüfter. Weder für die Daten, die in ihrer Integrität nachteilig beeinträchtigt werden, noch für daraus resultierende Betriebsunterbrechungen oder weitere nachteilige Datenveränderungen besteht Versicherungsschutz. Unter Geltung der AHB 2002 – d.h. vor Nullstellung der IT-Risiken – wären die Schäden an den Daten, denen nach hier vertretener Ansicht Sachqualität zukommt (Ziff. 1 AHB Rn. 17), sowie die Betriebsunterbrechungsschäden und die Kosten der weiteren Datenveränderungen (Sachfolgeschäden) gedeckt.
393
c) Schäden aus Störung des Zugangs zum elektronischen Datenaustausch. Durch Ziff. 7.15 (3) AHB sollen Internet-typische Schäden ausgeklammert werden, nicht hingegen Schäden durch Fehlfunktionen oder Ausfälle der vom VN gelieferten Hardware mit der Folge eines gestörten Internetzugangs.689 Er zielt insoweit auf Hacker- und sog. Denial of Service – oder DoS-Attacken ab.690 Beruht die Störung des Zugangs (der Hard-/
686 687 688
689
R. Koch NJW 2004 801, 804. S. Nachweise auf die Rspr. bei R. Koch NJW 2004 801, 807 Fn. 86. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 81; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 239. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 2; Prölss/Martin/ Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 14; Langheid/ Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 240; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB
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Rn. 82; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 142; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 255. Dies ist „ein meist in bösartiger Absicht geplanter Versuch, den Zugang zum Internet über einen bestimmten Rechner zu stören. Ein solcher Angriff überflutet einen NetzServer mit Verbindungsanforderungen, die nicht ausgeführt werden können. Infolgedessen ist der Server so mit diesen Anforderungen beschäftigt, dass er weitere (reale)
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Software) auf Schadsoftware oder Viren, greift bereits Ziff. 7.15 (1) AHB ein.691 Abzulehnen ist die Ansicht, die allein ausgehend vom Wortlaut der Klausel Schäden infolge fehlerhafter Hardware von Ziff. 7.15 (3) AHB erfasst ansieht.692 Diese Ansicht berücksichtigt nicht hinreichend den erkennbaren Sinn und Zweck von Ziff. 7.15 (3) AHB. Zu Recht weist Schimikowski darauf hin, dass es bei reinen Hardwarefehlern an einem Schaden fehlt, der auf dem Austausch, der Übermittlung oder Bereitstellung elektronischer Daten beruht.693 d) Schäden aus Übermittlung vertraulicher Daten oder Informationen. Fremdschä- 394 den, die aus dem Verlust der Vertraulichkeit von Daten und Informationen resultieren, können Anlass zu Ansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Rn. 424 ff.) und des Eingriffs in den Gewerbebetrieb (Ziff. 2 AHB Rn. 4) geben. Für diese Ansprüche besteht keine Deckung auf Grundlage der AHB. Deshalb kommt dem Ausschluss nach Ziff. 7.15 (4) AHB im Wesentlichen deklaratorische Bedeutung zu. Werden durch Schadprogramme vertrauliche Daten eines Dritten weitergegeben und offengelegt und entsteht dem Dritten daraus ein Schaden, so greift regelmäßig bereits Ziff. 7.15 (1) AHB ein.694 Entgegen Stimmen in der Literatur695 geht es hier nicht um das (versehentliche) Bereitstellen vertraulicher Daten/Informationen.696 3. Wiedereinschluss von IT-Risiken Zugleich mit der Einführung des IT-Ausschlusses hat der GDV eine Deckung für 395 Risiken aus der IT-Nutzung konzipiert, die in der Privathaftpflichtversicherung standardmäßig Eingang findet (Ziff. 4 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht) (Rn. 422 f.). Für den beruflichen und betrieblichen Bereich wird Versicherungsschutz für Risiken aus der IT-Nutzung auf der Basis der Zusatzbedingungen zur Betriebshaftpflichtversicherung für die Nutzer von Internet-Technologien (ZusBedIT)697 angeboten. a) Zusatzbedingungen zur Betriebshaftpflichtversicherung für die Nutzer von Internet-Technologien aa) Gegenstand des Versicherungsschutzes (Ziff. 1 ZusBedIT) 1. Vertragsgrundlagen Grundlagen des Versicherungsschutzes sind die AHB und die folgenden Bestimmungen. Der Versicherungsschutz für das nachfolgend genannte versicherte Risiko besteht ausschließlich über diesen Zusatzbaustein.
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Verbindungsanforderungen nicht ausführt.“ Vgl. Brockhaus Computer und Informationstechnologie (2003), Stichwort „IT“. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 82; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 240; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 255. I.E. wie hier Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 143; Stockmeier 30; HK-VVG/ Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 82; a.A. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 240 (der HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 74 fälschlicherweise als Vertreter seiner Ansicht aufführt).
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696 697
HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 82. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 2. Vgl. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 83; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 256; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 241. Wie hier Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 144. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/14_Nutzer_ Internet-Technologien_0704.pdf.
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Haftpflichtversicherung
Die ZusBedIT bauen zwar auf den AHB auf. Sie weichen jedoch von dem die Haftpflichtversicherung beherrschenden Grundsatz der Allgefahrendeckung ab, indem sie nicht allgemein für Personen- oder Sachschäden, sondern für im Einzelnen beschriebene Risiken („named perils“) Deckung bieten, ohne dass es auf die Schadensart ankommt. Der GDV begründet dies damit, dass sich in Rechtsprechung und Literatur noch keine einhellige Meinung zur Qualifikation von Daten herausgebildet habe.698 Grundsätzlich sind somit auch (echte) Vermögensschäden i.S.v. Ziff. 2.1 AHB, also Schäden, die weder durch Personen- noch durch Sachschäden entstanden sind, mitversichert, soweit sie auf dem Eintritt eines versicherten Risikos beruhen. bb) Versicherte Risiken (Ziff. 2 ZusBedIT) 2. Versichertes Risiko Versichert ist, falls auf dem Versicherungsschein oder seinen Nachträgen ausdrücklich vereinbart – insoweit abweichend von Ziff. 7.7, 7.15 und 7.16 AHB – die gesetzliche Haftpflicht des VN wegen Schäden aus dem Austausch, der Übermittlung und der Bereitstellung elektronischer Daten, z. B. im Internet, per E-Mail oder mittels Datenträger, soweit es sich handelt um Schäden aus 2.1 der Löschung, Unterdrückung, Unbrauchbarmachung oder Veränderung von Daten (Datenveränderung) bei Dritten durch Computer-Viren und/oder andere Schadprogramme; 2.2 der Datenveränderung aus sonstigen Gründen sowie der Nichterfassung und fehlerhaften Speicherung von Daten bei Dritten und zwar wegen – sich daraus ergebender Personen- und Sachschäden, nicht jedoch weiterer Datenveränderungen sowie – der Kosten zur Wiederherstellung der veränderten Daten bzw. Erfassung/korrekten Speicherung nicht oder fehlerhaft erfasster Daten; 2.3 der Störung des Zugangs Dritter zum elektronischen Datenaustausch; Für Ziff. 2.1 bis 2.3 gilt: 1Dem VN obliegt es, dass seine auszutauschenden, zu übermittelnden, bereitgestellten Daten durch Sicherheitsmaßnahmen und/oder -techniken (z.B. Virenscanner, Firewall) gesichert oder geprüft werden bzw. worden sind, die dem Stand der Technik entsprechen. 2Diese Maßnahmen können auch durch Dritte erfolgen. 3Verletzt der VN diese Obliegenheit, gilt Ziff. 26 AHB (Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten). 2.4 der Verletzung von Persönlichkeitsrechten, insoweit besteht auch Versicherungsschutz für immaterielle Schäden, nicht jedoch aus der Verletzung von Urheberrechten; 2.5 der Verletzung von Namensrechten, insoweit besteht auch Versicherungsschutz für immaterielle Schäden. Für Ziff. 2.4 und 2.5 gilt: In Erweiterung von Ziff. 1.1 AHB ersetzt der VR – Gerichts- und Anwaltskosten eines Verfahrens, mit dem der Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den VN begehrt wird, auch wenn es sich um Ansprüche auf Unterlassung oder Widerruf handelt; – Gerichts- und Anwaltskosten einer Unterlassungs- oder Widerrufsklage gegen den VN.
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Die Regelungen gem. Ziff. 2.1 bis 2.3 ZusBedIT beziehen sich auf den Ausschluss nach Ziff. 7.15 AHB, die Regelungen gem. Ziff. 2.4 und 2.5 ZusBedIT auf den Ausschluss nach Ziff. 7.16 AHB. Von Interesse ist vor allem die Frage, ob die Risikoausschlüsse in den AHB vollständig durch die „Wiedereinschlüsse“ kompensiert werden oder der VN bezüglich des Deckungsumfangs schlechter gestellt wird.
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Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 2.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
(1) Schäden aus der Löschung, Unterdrückung, Unbrauchbarmachung oder Verände- 398 rung von Daten durch Computer-Viren und/oder andere Schadprogramme (Ziff. 2.1 ZusBedIT). Hinsichtlich der Definition der Begriffe „Löschung“, „Unterdrückung“, „Unbrauchbarmachung“ oder „Veränderung“ von Daten kann auf die Ausführungen zu Ziff. 7.15 (1) AHB verwiesen werden (Rn. 386 ff.). Zu beachten ist, dass Ziff. 2.1 ZusBedIT Versicherungsschutz nur für Schäden infolge Datenveränderung durch Computerviren oder sonstige Schadprogramme verspricht.699 Beruht die Datenveränderung hingegen auf anderen Ursachen, bestimmt sich der Versicherungsschutz nach Ziff. 2.2 ZusBedIT,700 welche im Vergleich zu Ziff. 2.1 ZusBedIT nicht unwesentliche Beschränkungen enthält. Was unter „Computerviren oder sonstigen Schadprogrammen“ zu verstehen ist, richtet sich nach der Verkehrsanschauung. In den Erläuterungen des GDV werden Viren definiert als „eigenständig ausführbare 399 Programmroutinen, die Daten oder Programme verfälschen oder löschen können“. Als weitere Beispiele, die von dem Oberbegriff der Schadprogramme erfasst sind, werden Würmer und sog. „Trojanische Pferde“ aufgeführt.701 Sowohl die Virendefinition als auch die beiden beispielhaft genannten Virenarten gehen konform mit der Fachliteratur. Im Brockhaus Computer und Informationstechnologie wird unter dem Stichwort „Virus“ neben den Computerviren, Trojanischen Pferden und Würmern der Hoax als Virusform genannt.702 Allerdings verfolgen Trojanische Pferde den Zweck, Daten auf dem Rechner auszuspionieren, nicht hingegen diese zu verändern.703 Beim Hoax handelt es sich um eine E-Mail-Nachricht, die vor einem nicht existenten Virus warnt und dabei zur schnellen Weiterverbreitung an alle Freunde und Bekannte auffordert (Kettenbriefprinzip). Wird eine solche Meldung weitergeleitet, führt dies zu einer lawinenartigen Vermehrung des Hoax und damit zur Überlastung und Blockade des E-Mail-Systems.704 (2) Schäden infolge der Datenveränderung aus sonstigen Gründen sowie der Nicht- 400 erfassung oder fehlerhaften Speicherung von Daten bei Dritten (Ziff. 2.2 ZusBedIT). Gem. Ziff. 2.2 ZusBedIT besteht auch Versicherungsschutz für Personen- und Sachschäden infolge Datenveränderung aus sonstigen Gründen sowie Nichterfassung oder fehlerhafter Speicherung von Daten. Der Versicherungsumfang für Personen- und Sachschäden infolge Datenveränderung ist jedoch auf die daraus resultierenden Personen- und Sachschäden sowie die Kosten der Datenwiederherstellung begrenzt. Kommt es infolge der Datenveränderung zur Verletzung der Integrität von (anderen) gespeicherten Daten (Folgedatenschäden), besteht für deren Wiederherstellung kein Versicherungsschutz. Ebenso wenig besteht Deckung für Betriebsunterbrechungsschäden aus nicht versicherten weiteren Datenveränderungen.705 Ziff. 2.2 ZusBedIT vermag deshalb nicht vollends die Einschränkungen der Deckung durch Ziff. 7.15 AHB zu kompensieren, weil ohne die Nullstellung der IT-Risiken für die Betriebsunterbrechungsschäden als Sachfolgeschäden Deckung bestünde.706 699
700 701 702
Zur Schadensberechnung bei der Vernichtung von PC-Daten BGH 9.12.2008 RuS 2009 297. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2.1 ZusBedIT Rn. 4. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 3 f. Vgl. Brockhaus Computer und Informationstechnologie (2003), Stichwort „Virus“. Hoax stammt aus dem Englischen und bedeutet Jux, Scherz, Schabernack, auch Schwindel.
703 704 705 706
Beckmann/Matusche-Beckmann/Spindler § 40 Rn. 110. Vgl. Brockhaus Computer und Informationstechnologie (2003), Stichwort „Hoax“. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2.1 ZusBedIT Rn. 9. R. Koch RuS 2005 181, 184 f.; Prölss/ Martin/Lücke Ziff. 2.1 ZusBedIT Rn. 9 (der deshalb einen Beratungsbedarf gem. § 6 VVG annimmt).
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(3) Schäden aus der Störung des Zugangs Dritter zum elektronischen Datenaustausch (Ziff. 2.3 ZusBedIT). Die durch Computerviren und andere Sabotageprogramme verursachte Zugangsstörung ist bereits durch Ziff. 2.1 ZusBedIT der Zusatzversicherung erfasst. Ziff. 2.3 ZusBedIT erfasst darüber hinaus den Missbrauch des IT-Systems des VN für DoS-Attacken (Rn. 393), welche die Verfügbarkeit von Rechnern beeinträchtigen. Ob und inwieweit eine Haftung des VN in dieser Konstellation überhaupt gegeben ist, ist fraglich. Insoweit stellt Ziff. 2.3 ZusBedIT vornehmlich sicher, dass der VR dem VN Abwehrschutz leisten muss. Ziff. 2.3 ZusBedIT erweitert nicht den Versicherungsschutz für Schäden infolge von 402 Zugangsstörungen, die z.B. durch die Lieferung fehlerhafter Hardware hervorgerufen werden und dazu führen, dass Drittunternehmen keine Internetanbindung haben. Wird der VN für solche Schäden in Anspruch genommen, beurteilt sich der Deckungsschutz nach Maßgabe der AHB.707 Der Ausschluss nach Ziff. 7.15 AHB greift nicht ein (Rn. 393).
401
(4) Schäden aus Persönlichkeitsrechtsverletzungen (Ziff. 2.4 ZusBed-IT). Das Risiko, im Rahmen der IT-Nutzung das Persönlichkeitsrecht eines anderen zu verletzen, ist insbesondere durch das Internet erhöht. Dieser Situation Rechnung tragend dehnt Ziff. 2.4 ZusBedIT den Versicherungsschutz auf Ansprüche wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten aus. Wie der Hinweis auf die von der Deckung ausgenommenen Haftpflichtansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts deutlich macht, ist der Versicherungsschutz nicht auf Ansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts beschränkt. Erfasst werden auch Ansprüche wegen Verletzung sog. besonderer Persönlichkeitsrechte mit Ausnahme des Urheberpersönlichkeitsrechts.708 404 Hierunter fallen709
403
– – – – – – –
das Namensrecht gemäß § 12 BGB für den privaten Bereich, §§ 14, 15 MarkenG für den gewerblichen Bereich; das Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG); die Ehre, der Ruf des von der Äußerung Betroffenen durch Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung (§ 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 185 ff. StGB); der Angriff auf die Kreditwürdigkeit (§ 824 BGB); das vertraulich gesprochene Wort (§ 201 StGB); Privat- und Geschäftsgeheimnisse (§ 203 StGB, § 17 UWG); personenbezogene Daten (§ 1 BDSG, § 1 TDDSG, §§ 91 ff. TKG).
405
(5) Schäden aus Namensrechtsverletzungen (Ziff. 2.5 ZusBedIT). Ziff. 2.5 ZusBedIT sieht eine Mitversicherung sämtlicher Namensrechtsverletzungen vor. Da Namensrechte zu den besonderen Persönlichkeitsrechten zählen und Ansprüche aus ihrer Verletzung daher bereits über Ziff. 2.4 ZusBedIT mitversichert sind, kommt diesem Baustein vornehmlich bei Domain-Streitigkeiten Bedeutung zu.710
406
(6) Besonderheiten hinsichtlich des Umfangs des Versicherungsschutzes (Ziff. 2.4, Ziff. 2.5 ZusBedIT). Werden Ansprüche wegen der Verletzung des Persönlichkeits-/ Namensrechts gelten gemacht, werden ausdrücklich auch immaterielle Schäden ersetzt. 707 708
709
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2.1 ZusBedIT Rn. 10. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2.1 ZusBedIT Rn. 13; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Spindler § 40 Rn. 110. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV
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710
H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 5; Stockmeier 48 ff. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 7; Stockmeier 56 ff., 66 ff.; Beckmann/Matusche-Beckmann/Spindler § 40 Rn. 111, 113.
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Ausschlüsse
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Im Übrigen gewährt der VR nicht nur Abwehrschutz bei Ansprüchen gegen den VN, die auf Schadensersatz gerichtet sind, sondern auch im Fall der Inanspruchnahme auf Unterlassung und Widerruf im Rahmen eines einstweiligen Verfügungs- und/oder Hauptverfahrens (Übernahme der Anwalts- und Gerichtskosten). cc) Risikobegrenzungen (Ziff. 6 ZusBedIT) 6. Nicht versicherte Risiken Nicht versichert sind Ansprüche aus nachfolgend genannten Tätigkeiten und Leistungen: – Software-Erstellung, -Handel, -Implementierung, -Pflege; – IT-Beratung, -Analyse, -Organisation, -Einweisung, -Schulung; – Netzwerkplanung, -installation, -integration, -betrieb, -wartung, -pflege; – Bereithalten fremder Inhalte, z.B. Access-, Host-, Full-Service-Providing; – Betrieb von Rechenzentren und Datenbanken; – Betrieb von Telekommunikationsnetzen; – Anbieten von Zertifizierungsdiensten i.S.d. SigG/SigV; – Tätigkeiten, für die eine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung besteht.
Ziff. 6 ZusBedIT dient der Abgrenzung zu Sonderdeckungen (Haftpflichtversicherung 407 von IT-Dienstleistern, vgl. Ziff. 2 AHB Rn. 15) und stellt insoweit klar, dass von der Zusatzversicherung insbesondere Risiken aus der Erbringung von IT-Dienstleistungen und dem Vertrieb von IT-Produkten (z.B. Anbieten von Standard-Software zum Herunterladen im Internet) ausgeschlossen und auch nicht im Rahmen der Vorsorgeversicherung versichert sind. dd) Mitversicherte Personen (Ziff. 3 ZusBedIT) 3. Mitversicherte Personen 1Mitversichert
ist die gesetzliche Haftpflicht der gesetzlichen Vertreter des Versicherungsnehmers und solcher Personen, die er zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebes oder eines Teiles desselben angestellt hat, in dieser Eigenschaft; – sämtlicher übrigen Betriebsangehörigen für Schäden, die sie in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtungen für den Versicherungsnehmer verursachen. 2Ausgeschlossen sind Ansprüche aus Personenschäden, bei denen es sich um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Betrieb des Versicherungsnehmers gemäß dem Sozialgesetzbuch VII handelt. 3Das gleiche gilt für solche Dienstunfälle gemäß den beamtenrechtlichen Vorschriften, die in Ausübung oder infolge des Dienstes Angehörigen derselben Dienststelle zugefügt werden. –
Ziff. 3 ZusBedIT entspricht Ziff. 7.1.2.3 und 7.1.2.4 Muster-Bedingsstruktur AT. In- 408 soweit kannn auf die dortige Kommentierung verwiesen werden (Ziff. 27 AHB Rn. 19 ff.). ee) Versicherungssumme/Sublimit/Serienschaden/Anrechnung von Kosten (Ziff. 4 ZusBedIT) 4. Versicherungssumme/Sublimit/Serienschaden/Anrechnung von Kosten 4.1 1Im Rahmen der im Versicherungsschein und seinen Nachträgen ausgewiesenen Versicherungssumme/-n beträgt/betragen die Versicherungssumme/-n für diese Zusatzversicherung …… EUR. 2Abweichend von Ziff. 4.2 AHB stellt/stellen diese zugleich die Höchstersatzleistung für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres dar. 4.2 Innerhalb dieser Versicherungssumme/-n beträgt die Höchstersatzleistung für Schäden i.S. der Ziff. 2.5 …… EUR.
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4.3 1Mehrere während der Wirksamkeit der Versicherung eintretende Versicherungsfälle gelten als ein Versicherungsfall, der im Zeitpunkt des ersten dieser Versicherungsfälle eingetreten ist, wenn diese – auf derselben Ursache, – auf gleichen Ursachen mit innerem, insbesondere sachlichem und zeitlichem Zusammenhang oder – auf dem Austausch, der Übermittlung und Bereitstellung elektronischer Daten mit gleichen Mängeln beruhen. 2Ziff. 6.3 AHB wird gestrichen. 4.4 1Aufwendungen des VR für Kosten werden – abweichend von Ziff. 6.5 AHB – als Leistung auf die Versicherungssumme angerechnet. 2Kosten sind: Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und Gerichtskosten, Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung des Schadens bei oder nach Eintritt des Versicherungsfalles sowie Schadenermittlungskosten, auch Reisekosten, die dem Versicherer nicht selbst entstehen. 3Das gilt auch dann, wenn die Kosten auf Weisung des VR entstanden sind.
409
(1) Versicherungssumme. Für die Risiken aus der IT-Nutzung kann gem. Ziff. 4.1 ZusBedIT eine eigenständige Versicherungssumme zur Verfügung gestellt werden, unabhängig von der Frage, ob ein Personen-, Sach- oder Vermögensschaden vorliegt. Diese stellt – abweichend von Ziff. 4.2 AHB – zugleich die Höchstersatzleistung für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres dar. Standardmäßig ist damit eine EinfachMaximierung vorgesehen.
410
(2) Sublimit. Ziff. 4.2 ZusBedIT sieht ein Sublimit bei Versicherungsfällen aus Namensrechtsverletzungen vor. Diese Regelung ist im Zusammenhang mit der Kostenanrechnungsklausel in Ziff. 4.4 ZusBedIT zu sehen. Der GDV nennt als Grund für diese Beschränkung, dass sich bei Unterlassungsklagen sehr hohe Streitwerte und damit Prozesskosten ergeben können.711 Diese Einschätzung findet freilich durch die bisherige deutsche Gerichtspraxis keine Bestätigung.
411
(3) Serienschaden. Ziff. 4.3 ZusBedIT entspricht Ziff. 6.3 AHB (Ziff. 6 AHB Rn. 8 ff.). Ausgehend von dem Grundsatz, dass Serienschadenregelungen als Risikobegrenzungsklauseln grundsätzlich eng auszulegen sind,712 liegt bei Schäden durch Computerviren, die nur auf vergleichbaren Charakteristika eines Virentyps (z.B. Trojanisches Pferd, Wurm etc.) beruhen, weder ein Serienschaden i.S.d. 1. Spiegelstrichs (dieselbe Ursache) noch ein Serienschaden i.S.d. 2. Spiegelstrichs (gleiche Ursache mit innerem, insbesondere sachlichem und zeitlichem Zusammenhang) vor. Es muss sich vielmehr um Schäden durch das gleiche Virus handeln (z.B. alle Schäden infolge W32.Sober.L@mm). Ebenso wenig wird man Schäden infolge andauernden unzureichenden Virenschutzes allgemein als auf derselben oder gleichen Ursache beruhend ansehen können, sondern nur in Verbindung mit demselben Virustyp.713
412
(4) Anrechnung von Kosten. Ziff. 4.4 ZusBedIT enstpricht Ziff. 7.7.3 Muster-Bedingungsstruktur AT (Rn. 291 ff.). Insoweit wird auf die dortige Kommentierung verwiesen.
711 712
Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 8. St. Rspr., vgl. nur BGH 17.9.2003 NJW 2003 3705, 3706; BGH 27.11.2002 NJW
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713
2003 511, 512; BGH 19.2.2003 NJW-RR 2003 672, 673. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 ZusBedIT Rn. 3.
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ff) Auslandsschäden (Ziff. 5 ZusBedIT) 5. Auslandsschäden 1Versicherungsschutz
besteht – abweichend von Ziff. 7.9 AHB – für Versicherungsfälle im Ausland. 2Dies gilt jedoch nur, soweit die versicherten Haftpflichtansprüche in europäischen Staaten und nach dem Recht europäischer Staaten geltend gemacht werden.
Nicht nur wegen des Betriebs einer weltweit abrufbaren Homepage zu gewerblichen 413 Zwecken, sondern auch wegen des Bereitstellens von Inhalten sowie des Versands von E-Mails und sonstigen Nachrichten in digitalisierter Form kommt dem Umfang der Auslandsdeckung große Bedeutung zu. Versicherungsschutz besteht nach Ziff. 5 S. 1 ZusBedIT für Versicherungsfälle im Ausland. Die somit grundsätzlich bestehende weltweite Deckung wird durch Ziff. 5 S. 2 ZusBedIT jedoch beschränkt auf Haftpflichtansprüche, die in europäischen Staaten und nach dem Recht europäischer Staaten geltend gemacht werden (zur Auslegung des Begriffs Europa s. Rn. 265). Hierdurch soll forum-shopping und damit einhergehend die Wahl einer den Geschädigten besonders begünstigenden Rechtsordnung verhindert werden.714 Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die IT-Nutzung nicht auf Europa beschränkt ist, wird der Vertragszweck durch diese Einschränkung, für die ein durchaus berechtigtes Interesse des VR besteht, nicht gefährdet.715 Hier muss der VN ggf. eine Deckungserweiterung vereinbaren. gg) Ausschlüsse (Ziff. 7 ZusBedIT) 7. Ausschlüsse/Risikoabgrenzungen Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind ergänzend zu Ziff. 7 AHB Ansprüche 7.1 die im Zusammenhang stehen mit – massenhaft versandten, vom Empfänger ungewollten elektronisch übertragenen Informationen (z. B. Spamming), – Dateien (z.B. Cookies), mit denen widerrechtlich bestimmte Informationen über InternetNutzer gesammelt werden können; 7.2 wegen Schäden, die von Unternehmen, die mit dem VN oder seinen Gesellschaftern durch Kapital mehrheitlich verbunden sind oder unter einer einheitlichen Leitung stehen, geltend gemacht werden; 7.3 gegen den VN oder jeden Mitversicherten, soweit diese den Schaden durch bewusstes Abweichen von gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften sowie von schriftlichen Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers oder durch sonstige bewusste Pflichtverletzungen herbeigeführt haben; 7.4 auf Entschädigung mit Strafcharakter (punitive und exemplary damages); 7.5 nach den Artikeln 1792 ff. und 2270 und den damit im Zusammenhang stehenden Regressansprüchen nach Art. 1147 des französischen Code Civil oder gleichartiger Bestimmungen anderer Länder.
(1) Nicht IT-risikospezifische Ausschlüsse. Ziff. 7 ZusBedIT enthält in Ergänzung zu 414 Ziff. 7 AHB weitere Ausschlussklauseln, die – abgesehen von der Regelung in Ziff. 7.1 ZusBedIT – bereits aus der Betriebshaftpflichtversicherung bekannt sind (Ziff. 7.4.1.2, 7.4.1.3, 7.6.5.2 lit. c), 7.6.5.2 lit. k) Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht). Sie betreffen Ansprüche auf Entschädigung mit Strafcharakter (punitive und exemplary
714
Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 ZusBedIT Rn. 1; vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 26/04 M v. 17.6.2004 S. 8
715
Wohl a.A. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 5 ZusBedIT Rn. 1.
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damages), die Haftung des Konstrukteurs eines Bauwerks nach den Artikeln 1792 ff. und 2270 des französischen Code Civil oder gleichartiger Bestimmungen anderer Länder (Rn. 298 ff.), Ansprüche verbundener Unternehmen (Konzernklausel) sowie Ansprüche wegen Schäden, die auf pflichtwidrigem Verhalten beruhen (Pflichtwidrigkeitsklausel) (vgl. Ziff. 2 AHB Rn. 8, 10). (2) IT-risikospezifische Ausschlüsse
415
(a) Vom Empfänger ungewollte Informationen. Hinsichtlich des Ausschlusses in Ziff. 7.1 ZusBedIT 1. Spiegelstrich besteht Klarstellungsbedarf. Vom Empfänger ungewollt sind nämlich nicht nur Werbe-E-Mails, für die der Begriff des Spammings gemeinhin steht, sondern auch solche E-Mails, die sich aufgrund eines Virus selbsttätig versenden und „lediglich“ das Ziel der Weiterverbreitung des Virus haben. Bei diesem Virustyp kommt eine Haftung des vermeintlichen Versenders gegenüber privaten Empfängern in Betracht.716 Als kritisch für die Deckung erweist sich dabei der Begriff der „Informationen“. Wie die Diskussion um die Auslegung des Begriffs der Informationen in § 8 TMG/ § 8 TDG a.F. zeigt, werden von diesem Begriff sämtliche Daten erfasst, die transportiert oder gespeichert werden können, ohne Rücksicht darauf, ob sie unmittelbar vom Nutzer gelesen oder erst mithilfe einer Software (z.B. einem Virenschutzprogramm) lesbar gemacht werden können.717 Deshalb lassen sich grundsätzlich auch Viren unter den Begriff der Information subsumieren. Bei einem solchen Verständnis wäre dieser Ausschlusses wegen Beeinträchtigung des Vertragszwecks i.S.v. § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB unwirksam.718 Zu Recht weist Lücke jedoch darauf hin, dass der durchschnittliche VN ein solches 416 Begriffsverständnis nicht habe.719 Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch dürfte der VN als Informationen in der Tat wohl nur dasjenige ansehen, was für den Empfänger sichtbar ist. In diesem eng verstandenen Sinne ist die Klausel wirksam.720
417
(b) Dateien zur widerrechtlichen Sammlung von Nutzerinformationen. Der im 2. Spiegelstrich genannte Ausschluss bezieht sich – wie durch die Bezugnahme auf Cookies deutlich wird – vornehmlich auf Ansprüche wegen unzulässiger Erhebung, Verarbeitung und Übermittlung personenbezogener Daten, umfasst aber auch betriebliche Daten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob auch Ansprüche ausgeschlossen sind, die im Zusammenhang mit Trojanischen Pferden stehen, die z.B. zum Ausspähen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen genutzt werden.721 Soweit man dies bejahte, wäre die Klausel zwar nicht als unwirksam nach § 307 BGB, dafür aber als überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB zu qualifizieren. Bei Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen wird regelmäßig zugleich der 418 Pflichtwidrigkeitsausschluss gem. Ziff. 7.3 ZusBedIT zum Tragen kommen.
716 717
718
Vgl. R. Koch NJW 2005 801, 803. Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Spindler § 40 Rn. 221; Spindler/Schmitz/Geis/ Spindler Vor § 8 TDG Rn. 25; Bräutigam/ Leupold/Pelz Online-Handel B I Rn. 72; Tettenborn/Bender/Lübben/Karenfort BB Beilage 10 zu Heft 50/2001 29; Hoffmann MMR 2002 284, 288. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 ZusBedIT
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719 720 721
Rn. 1; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Spindler § 40 Rn. 221. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 ZusBedIT Rn. 1. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 ZusBedIT Rn. 1. Vgl. auch Beckmann/Matusche-Beckmann/ Spindler § 40 Rn. 222.
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hh) Obliegenheiten (Zusatz zu Ziff. 2.1 bis 2.3 ZusBedIT). Nach den ZusBedIT 419 obliegt es dem VN, in den Fällen der Ziff. 2.1 bis 2.3 AHB sicherzustellen, „dass seine auszutauschenden, zu übermittelnden, bereitgestellten Daten durch Sicherheitsmaßnahmen und/oder -techniken (z.B. Virenscanner, Firewall) gesichert oder geprüft werden bzw. worden sind, die dem Stand der Technik entsprechen. Diese Maßnahmen können auch durch Dritte erfolgen“.
Verletzt der VN diese Obliegenheit, richten sich die Rechtsfolgen nach Ziff. 26 AHB. Hierdurch verspricht sich der GDV eine Verbesserung des IT-Schutz- und -Sicherheitsniveaus.722 Die Ausgestaltung als Obliegenheit hat für den VN freilich zur Konsequenz, dass ihm – abweichend von § 103 VVG – bereits bei grob fahrlässiger Verletzung der Sicherheitsstandards der Verlust des Versicherungsschutzes droht, wenn er seitens des Empfängers auf Schadensersatz für Datenschäden durch Computerviren in Anspruch genommen wird, die bei Einhaltung das Standards erkannt worden wären. Fraglich ist, was unter Sicherheitsmaßnahmen zu verstehen ist, die dem Stand der 420 Technik entsprechen. Spindler verweist diesbezüglich auf die IT-Grundschutzkataloge des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).723 Nach Lücke ist unter Maßnahmen nach dem Stand der Technik jedenfalls im beruflichen und betrieblichen Bereich der Gebrauch von tagesaktuellen Virenscannern und Firewalls zu verstehen.724 Ein regelmäßig aktualisiertes (weitergehendes) Sicherheitskonzept, wie es teilweise gefordert wird,725 erschließe sich dem durchschnittlichen Gewerbetreibenden aus dem Wortlaut der Bedingung hingegen nicht. Die Formulierung Stand der Technik macht zunächst deutlich, dass sich die Sicher- 421 heitsvorkehrungen an dem Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren orientieren müssen (vgl. § 3 Abs. 6 BImschG).726 Jedoch ist der Stand der Technik nicht absolut, sondern unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen zu bestimmen. Trotz dieser Einschränkung ist im betrieblichen Bereich entgegen Lücke ein regelmäßig aktualisiertes Sicherheitskonzept geboten, dass den Einsatz aktueller Virenschutzprogramme und Sicherheitsgateways (Firewalls) ebenso wie die regelmäßige Datensicherung umfasst. b) Privathaftpflichtversicherung (Ziff. 4 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaft- 422 pflicht). In der Privathaftpflichtversicherung werden die sich aus Ziff. 2.1 bis 2.3 ZusBedIT ergebenden Risiken standardmäßig versichert (Ziff. 4.1 (1) bis (3) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Keine Deckung wird dagegen gewährt für die Verletzung von Persönlichkeits- und Namensrechten und damit einhergehende Gerichtsund Anwaltskosten eines einstweiligen Verfügungs- oder Hauptsacheverfahrens, in dem der VN auf Unterlassung oder Widerruf in Anspruch genommen wird. Der Ausschlusskatalog wird im Vergleich zu den ZusBedIT ergänzt um Ansprüche 423 wegen Schäden, „die dadurch entstehen, dass der VN bewusst unbefugt in fremde Datenverarbeitungssysteme/ Datennetze eingreift (z.B. Hacker-Attacken, Denial of Service Attacks), Software einsetzt, die
722
Vgl. Stockmeier 44: „Die Unternehmen werden aufgefordert, für die Sicherheit der bei ihnen eingesetzten Systeme Sorge zu tragen. Dies liegt nicht zuletzt in ihrem eigenen Interesse, zumal Inanspruchnahmen und Imageverluste existenzbedrohende Auswirkungen haben können“.
723 724 725 726
Beckmann/Matusche-Beckmann/Spindler § 40 Rn. 105. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 2 ZusBedIT Rn. 12. Z.B. Stockmeier 44 f. Vgl. auch Staudinger/Roth § 906 Rn. 203.
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geeignet ist, die Datenordnung zu zerstören oder zu verändern (z.B. Software-Viren, Trojanische Pferde)“ (Ziff. 4.5 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht),
und Ansprüche „gegen den VN oder jeden Mitversicherten, soweit diese den Schaden durch bewusstes Abweichen von gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften (z.B. Teilnahme an rechtswidrigen OnlineTauschbörsen) oder durch sonstige bewusste Pflichtverletzungen herbeigeführt haben“ (Ziff. 4.5 (3) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht).
Diese beiden subjektiven Risikoausschlüsse gehen über Ziff. 7.1 AHB hinaus, weil bewusstes Fehlverhalten des VN oder eines Mitversicherten ausreicht, um die Deckung zu versagen.727 Gegen die Wirksamkeit bestehen jedoch keine Bedenken.
XVI. Persönlichkeits- und Namensrechtsverletzungen (Ziff. 7.16 AHB) 1. Sinn und Zweck
424
Ziff. 7.16 AHB ist neu eingefügt worden. Bei Schäden aus Persönlichkeits- oder Namensrechtsverletzungen handelt es sich nach h.M. um Vermögensschäden (Ziff. 1 AHB Rn. 11), für die selbst bei deren Mitversicherung gem. Ziff. 2.1 AHB standardmäßig keine Deckung besteht, da Ziff. 7.6.5.2 lit. h) Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht diese ausschließt. Ziff. 7.16 AHB kommt somit nur deklaratorische Bedeutung zu. Der GDV hat ihre Aufnahme damit begründet, dass die Frage der rechtlichen Einordnung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht unumstritten sei.728 Zudem würden Persönlichkeitsrechtsverletzungen nach vielen ausländischen Rechtsordnungen als Personenschäden qualifiziert.729 Insoweit kann der Ausschluss bei Mitversicherung von Auslandsschäden bedeutsam werden (Rn. 261 ff.). 2. Verletzung von Persönlichkeits- und Namensrechten
425
Hierzu s. die Kommentierung zu Ziff. 7.15 AHB (Rn. 403 ff.).
XVII. Diskriminierung (Ziff. 7.17 AHB) Schrifttum R. Koch Versicherung von Haftungsrisiken nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, VersR 2007 288.
1. Sinn und Zweck
426
Ziff. 7.17 AHB ist im Jahre 2004 neu eingefügt worden. Der Ausschluss dient vor allem der Abgrenzung zu Sonderdeckungen, die im beruflichen oder betrieblichen 727 728 729
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 4 BesBed PrivH Rn. 9, 11. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 25/04 M v. 17.6.2004 S. 3. Vgl. Anlage 2 zum Rundschreiben des GDV H 25/04 M v. 17.6.2004 S. 3; HK-VVG/
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Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 84; Versicherungsrechts-Handbuch/Schneider § 24 Rn. 94; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 242; R. Johannsen ZVersWiss 2005 179, 186.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Bereich Schutz bieten gegen die Inanspruchnahme gem. § 15 AGG oder § 21 AGG wegen eines Personen-, Sach- oder Vermögensschadens infolge Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (vgl. Allgemeine Bedingungen zur Haftpflichtversicherung von Ansprüchen aus Benachteiligungen – AVB Benachteiligungen730). Allerdings geht Ziff. 7.17 AHB über den Anwendungsbereich des AGG hinaus, weil sie nicht auf die vorstehend genannten acht Benachteiligungsmerkmale des AGG beschränkt ist. 2. Praktische Bedeutung Die praktische Bedeutung von Ziff. 7.17 AHB ist gering, da erstens auf der Ebene der 427 primären Risikoabgrenzung nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB ein Personenschaden vorliegen muss und zweitens Schäden wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach Ziff. 7.16 AHB ausgeschlossen sind. Bedeutung erlangt Ziff. 7.17 AHB somit nur in den Fällen, in denen Anfeindung, Schikane, Belästigung, Ungleichbehandlung oder sonstige Diskriminierungen Auswirkungen mit Krankheitswert (z.B. psychische Erkrankung) haben und der VN deswegen vom Betroffenen in Anspruch genommen wird.731 Solche Fälle dürften auf Beschäftigungsverhältnisse beschränkt sein, wobei Betriebszugehörigkeit nicht erforderlich ist.732 Richten sich die Ansprüche gegen Arbeitskollegen, ist Ziff. 7.4 (3) AHB zu beachten, 428 derzufolge Haftpflichtansprüche zwischen mehreren Mitversicherten desselben Versicherungsvertrages vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Entgegen R. Johannsen ist Ziff. 7.17 AHB nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass nur Vorsatz i.S.v. § 103 VVG schadet.733 Dass nur die vorsätzliche Schadensherbeiführung ausgeschlossen sein soll, ist der Klausel nicht zu entnehmen.734 Sie wird jedoch vielfach zu bejahen sein und deshalb zum Eingreifen des Vorsatzausschlusses nach Ziff. 7.1 AHB führen.735 3. Mitversicherung von Ansprüchen aus Benachteiligungen für Privatpersonen Für Privatpersonen besteht die Möglichkeit sich gegen Ansprüche aus Benachteili- 429 gungen im Rahmen einer bestehenden Privathaftpflichtversicherung zu versichern, die gegen sie als Dienstherr von Personen erhoben werden, die in ihrem Privathaushalt oder sonstigen privaten Lebensbereich beschäftigt sind (Ziff. 1.2 Zusatzbaustein für Ansprüche aus Benachteiligungen für Privatpersonen gem. Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Hierzu zählen auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein
730
731
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Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/allgemeinebedingungen-zur-haftpflichtversicherungvon-anspruchen-aus-benachteiligungenavb-benachteiligungen/. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 85; Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 243; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 147; R. Koch VersR 2007 288, 295. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV
733 734 735
Rn. 243; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 147; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 86; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 260. R. Johannsen ZVersWiss 2005 179, 186. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 244. R. Koch VersR 2007 288, 299; Langheid/ Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 244; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 24 Rn. 95.
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Haftpflichtversicherung
solches Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist. Die Besonderheit dieser Mitversicherung besteht darin, dass abweichend von Ziff. 1.1 430 S. 2 AHB die erstmalige schriftliche Anspruchserhebung während der Dauer der Versicherung den Versicherungsfall begründet (claims made) (Ziff. 2 Zusatzbaustein für Ansprüche aus Benachteiligungen für Privatpersonen gem. Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht736). Weitere Voraussetzung ist, dass sich die der Anspruchserhebung zugrunde liegende Benachteiligung während der Dauer der Versicherung ereignet hat (occurence). Insoweit folgt dieser Zusatzbaustein in der Privathaftpflichtversicherung den Grundsätzen der Antidiskriminierungsversicherung, die für den Bereich der Berufs- und Betriebshaftpflicht gesondert abzuschließen ist.737
XVIII. Übertragung von Krankheiten (Ziff. 7.18 AHB) Schrifttum R. Johannsen Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in der Haftpflichtversicherung, RuS 2000 133; Voit Zum Ausschluß der Haftpflichtdeckung bei Krankheitsübertragung und Tierkrankheiten (§ 4 II Ziff. 4 AHB), VersR 1989 8.
1. Sinn und Zweck
431
Ziff. 7.18 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 II Ziff. 4 AHB 2002. Sinn und Zweck dieses Ausschlusses ist es, das Haftpflichtwagnis vom Versicherungsschutz auszunehmen, dass der VN Entschädigung wegen eines Personen- oder Sachschadens zu leisten hat, der durch eigene Krankheit oder Krankheit der ihm gehörenden, von ihm gehaltenen oder veräußerten Tiere entstanden ist.738 2. Personenschaden aus Krankheitsübertragungen
432
Voraussetzung für das Eingreifen des Ausschlusstatbestandes ist eine Erkrankung des VN. Der Begriff der Krankheit ist gesetzlich nicht definiert. Stellt man zur Definition des Begriffs auf die in der privaten Krankenversicherung geläufige Definition der Krankheit ab, wird damit ein anomaler geistiger oder körperlicher Zustand beschrieben, „der – bedingt durch eine Störung oder einen Ausfall körperlicher oder geistiger Funktionen – eine nicht ganz unerhebliche, das Maß des nach den allgemeinen Lebensverhältnissen Zumutbaren überschreitende Beeinträchtigung des Betroffenen zur Folge hat … Nicht jede Abweichung in der körperlichen Beschaffenheit von dem als normal zu betrachtenden oder als wünschenswert empfundenen Zustand, die objektiv oder subjektiv als mehr oder weniger gravierender Mangel empfunden wird, ist eine Krankheit. Krankheitswert kommt einer solchen Abweichung vielmehr nur dann zu, wenn sie über ein reines Mißempfinden hinaus zu Beschwerden oder Behinderungen im Sinne einer nicht ganz unerheblichen Funktionsstörung führt.“739
736
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv.de/wp-content/uploads/ 2011/11/12_Muster-Bedingungsstruktur_ IX_Privathaftpflicht_110413_ Homepagefassung1.pdf.
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737 738 739
Hierzu R. Koch VersR 2007 288, 298. BGH 30.10.1970 VersR 1970 1097. Vgl. OLG Karlsruhe 17.1.1991 BeckRS 1991 31370409.
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Ausschlüsse
AHB 2012 Ziff. 7
Diese vom OLG Karlsruhe vorgenommene Umschreibung dürfte dem Sprachgebrauch und damit auch der Verkehrsauffassung in der Haftpflichtversicherung entsprechen. Sie hat zur Folge, dass der VN selbst bereits ansteckend erkrankt sein muss und nicht bloß Wirt für die Erreger sein darf.740 Die Ausschlussklausel greift mithin nicht ein, wenn der VN als Ausscheider oder Keimträger Krankheitserreger auf einen Dritten überträgt, ohne selbst vor oder bei der Übertragung Krankheitserscheinungen zu zeigen.741 Ziff. 7.18 AHB kommt besondere Bedeutung für den Fall einer Übertragung des HIVirus zu. Schimikowski will für die Bejahung des objektiven Tatbestands dieses Ausschlusses bereits die Infektion mit dem HI-Virus genügen lassen. Nach seiner Ansicht kommt bereits diesem Umstand Krankheitswert zu.742 Nach Spätes Ansicht findet der Ausschluss hingegen nur dann Anwendung, wenn der bereits an AIDS Erkrankte den HI-Virus überträgt.743 Beide Ansichten überzeugen nicht. Solange die medizinische Wissenschaft nicht sicher festgestellt hat, dass es bei jedem HI-Infizierten früher oder später zum Ausbruch der AIDS-Erkrankung kommt, kann die bloße Infektion nicht mit einer Krankheit im vorbezeichnet verstandenen Sinne gleichgesetzt werden, sodass der Versicherungsschutz bei grob fahrlässiger Übertragung nicht durch Ziff. 7.18 S. 1 AHB ausgeschlossen ist.744 Wegen des subjektiven Erfordernisses gem. Ziff. 7.18 S. 3 AHB ist – wie bereits erwähnt – weitere Voraussetzung für den Ausschluss nach Ziff. 7.18 S. 1 AHB, dass die Krankheit sich auch dem Laien erkennbar zeigt. Im Übrigen muss der VN seine eigene Krankheit übertragen haben. Das ist nicht der Fall, wenn Ärzte, Labore oder sonstiges medizinisches Personal die Krankheit des einen Patienten auf den anderen übertragen.745 Handelt es sich bei dem VN um eine juristische Person (z.B. als Krankenhausträger), betrifft der Ausschluss nicht diese selbst. Nach h.M. findet der Ausschluss deshalb keine Anwendung, wenn das Organ einer juristischen Person (z.B. ein Vorstandsmitglied) erkrankt und durch die Übertragung dieser Krankheit Dritten ein Schaden zugefügt wird.746 Demzufolge verliert z.B. der Krankenhausträger seinen Versicherungsschutz nicht, wenn sein infizierter Oberarzt grob fahrlässig einen Patienten ansteckt.747 Selbstverständlich können aber das Organ und der Repräsentant einer juristischen Person bei grob fahrlässiger Übertragung einer Krankheit ihren eigenen Versicherungsschutz im Rahmen ihrer mitversicherten persönlichen Haftpflicht verlieren, so dass sie dem Regress des VR ausgesetzt sind.748
740
741
742
I.E. auch Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 245; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 150. Späte § 4 Rn. 248; Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 245; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 150, 152; Littbarski AHB § 4 Rn. 461. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7.18 AHB Rn. 87; ihm folgend Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 245; ähnlich Littbarski AHB § 4 Rn. 462.
743 744 745 746 747 748
Späte § 4 Rn. 248; vgl. auch Wilting VersR 1988 115, 117. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 152; vgl. auch Späte § 4 Rn. 248. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 150. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 150; Späte § 4 Rn. 248; Wussow § 4 Anm. 105. Wilting VersR 1988 115, 117; Späte § 4 Rn. 248. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 150.
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Haftpflichtversicherung
3. Sachschäden als Folge von Tierkrankheiten
437
Weiter schließt Ziff. 7.18 S. 2 AHB grob fahrlässig herbeigeführte Sachschäden aus, die durch Krankheit der dem VN gehörenden, von ihm gehaltenen oder veräußerten Tiere entstehen. Personenschäden, die von einem Tier verursacht werden, umfasst der Ausschluss nicht.749 438 Der Ausschluss ist insbesondere für Tierhändler und -züchter von Bedeutung.750 Sachschäden kommen vor allem bei der Einschleppung von Tierseuchen in Betracht, z.B. durch Eingliederung in einen fremden Bestand.751 In der Literatur wird als weiteres Beispiel ein erkranktes Tier genannt, das fremde Sachen zerstört, sofern sich darin nicht nur die bloße Tiergefahr, sondern die spezifische Krankheitsgefahr verwirklicht.752 So liegt der Fall bei einem von einem tollwütigen Hund angerichteten Sachschaden. Ist streitig, ob der Sachschaden auf der Krankheit des Tieres oder auf der allgemeinen Tiergefahr beruht, so trifft die Beweislast den VR.753 439 Die Verwendung der Worte „gehörenden“ und „gehaltenen“ zeigt, dass der VN zur Zeit des Schadensereignisses Eigentümer und/oder Halter gewesen sein muss.754 Ist das nicht mehr der Fall, so findet der Ausschluss gleichwohl Anwendung, wenn der VN das Tier veräußert hat.755 Setzt der VN das Tier aus oder lässt es zurück, um sich seiner zu entledigen, oder gibt der VN sein Eigentum an einem Tierkadaver gem. §§ 959 f. BGB auf, so greift die Ausschlussbestimmung für daraus entstehende Sachschäden ihrem Sinngehalt nach ebenfalls ein.756 Insoweit besteht für seine Haftung als Zustandsstörer gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, der er sich nicht durch eine zivilrechtlich wirksame Dereliktion (§§ 959 f. BGB) entziehen kann,757 keine Deckung. 4. Verschulden und Beweislast
440
Nach Ziff. 7.18 S. 3 AHB greift der Ausschluss nicht ein, wenn der VN weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat. Vorsatz ist hier wie auch sonst i.S.d. § 103 VVG aufzufassen. Der VN muss also den schädigenden Erfolg in seinen Willen aufgenommen haben. Hinsichtlich des Begriffs der groben Fahrlässigkeit gelten die zu § 81 VVG entwickelten Grundsätze mit der Einschränkung, dass nicht den VR die Be-
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750
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Vgl. BGH 30.4.1962 VersR 1962 534, 535; Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 246; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Schneider § 24 Rn. 96; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 153. Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 246; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 7 AHB Rn. 80; Kuwert Rn. 4204. Vgl. BGH 5.10.1965 VersR 1965 1198, 1200; OLG Oldenburg 3.8.2000 NJW-RR 2000 985, 986; Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 246; Littbarski AHB § 4 Rn. 466; Späte § 4 Rn. 249. Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 246; vgl. auch Littbarski AHB § 4
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753 754 755 756
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Rn. 466; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 153. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 153. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 154. Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 246; Kuwert Rn. 4204. Prölls/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 153; Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 246; a.A. Wussow § 4 Anm. 106. Bamberger/Roth/Kindl § 959 Rn. 5; Staudinger/Gursky Neubearb. 2011 § 959 Rn. 8.
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Beginn des Versicherungsschutzes
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weispflicht für die vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadenszufügung trifft. Wie sich aus der Wortfassung ergibt, hat vielmehr der VN zu beweisen, dass er den Schaden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt hat. Entgegen R. Johannsen bestehen keine Bedenken, dem VN hinsichtlich der subjek- 441 tiven Seite die Beweislast aufzuerlegen. Es handelt sich bei Ziff. 7.18 AHB nämlich um einen Vollausschluss mit Wiedereinschluss für den Fall des Entlastungsbeweises, den nach allgemeinen Grundsätzen der Begünstigte zu führen hat.758 Der Ausschluss ist somit nicht an § 103 VVG zu messen, weshalb § 309 Ziff. 12 lit. a) BGB nicht eingreift.759 In jedem Fall folgt aus Ziff. 7.18 S. 3 AHB, dass der VN Kenntnis von seiner Erkrankung haben muss.760
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AHB 2002
Beginn des Versicherungsschutzes/ Beitragszahlung 8. Beginn des Versicherungsschutzes 1Der
Versicherungsschutz beginnt zu dem im Versicherungsschein angegebenen Zeitpunkt, wenn der VN den ersten oder einmaligen Beitrag rechtzeitig i.S.v. Ziff. 9.1 zahlt. 2Der in Rechnung gestellte Beitrag enthält die Versicherungssteuer, die der VN in der jeweils vom Gesetz bestimmten Höhe zu entrichten hat.
§ 3 I Ziff. 1 Der Versicherungsschutz beginnt zu dem im Versicherungsschein angegebenen Zeitpunkt, wenn der VN den ersten oder einmaligen Beitrag rechtzeitig zahlt. § 3 I Ziff. 2 Der in Rechnung gestellte Beitrag enthält die Versicherungssteuer, die der VN in der jeweils vom Gesetz bestimmten Höhe zu entrichten hat.
Alternative für die echte unterjährige Beitragszahlung: 8. Beginn des Versicherungsschutzes, Beitrag und Versicherungssteuer 8.1 Der Versicherungsschutz beginnt zu dem im Versicherungsschein angegebenen Zeitpunkt, wenn der VN den ersten oder einmaligen Beitrag rechtzeitig i.S.v. von Ziff. 9.1 zahlt.
758
OLG Oldenburg 8.3.2000 RuS 2000 320, 321 = VersR 2001 91, 92; vgl. auch OLG Hamm 13.2.2001 439; OLG Hamm 24.1.2003 RuS 2003 255; OLG Köln 22.5.2002 VersR 2003 1120, 1121; OLG Koblenz 3.3.2005 versR 2005 1425; jeweils zum „Wiedereinschluss“ des § 2 III (2) AUB 94; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 7 AHB Rn. 155; Beckmann/Matusche-
759 760
Beckmann/Schneider § 24 Rn. 96; a.A. R. Johannsen RuS 2000 133, 136 sowie Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 4 AHB Rn. 97. OLG Oldenburg 8.3.2000 RuS 2000 320, 321 = VersR 2001, 91. Langheid/Wand/Büsken AllgHaftpflV Rn. 245; Kuwert Rn. 4203.
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Haftpflichtversicherung
AHB 2012
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8. Beginn des Versicherungsschutzes 8.2 1Die Beiträge können je nach Vereinbarung in einem einzigen Betrag (Einmalbeitrag), durch Monats-, Vierteljahres-, Halbjahres- oder Jahresbeiträge (laufende Beiträge) entrichtet werden. 2Die Versicherungsperiode umfasst bei unterjähriger Beitragszahlung entsprechend der Zahlungsweise einen Monat, ein Vierteljahr bzw. ein halbes Jahr. 8.3 Der in Rechnung gestellte Beitrag enthält die Versicherungssteuer, die der VN in der jeweils vom Gesetz bestimmten Höhe zu entrichten hat.
A. Jahresversicherungsperiode (§ 12 VVG) 1
Ziff. 8 S. 1 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 3 I Ziff. 1 u. 2 AHB 2002. Die Klausel stellt den Grundsatz auf, dass der materielle Versicherungsschutz erst mit rechtzeitiger Zahlung der Prämie beginnt. Rechtzeitig i.S.v. Ziff. 9.1 S. 1 AHB ist die Zahlung, wenn sie unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Versicherungsscheins geleistet wird. Ziff. 8 S. 2 AHB dient der Klarstellung (zur Versicherungssteuer s. auch Ziff. 18 AHB Rn. 2).
B. Echte unterjährige Beitragszahlung 2
Die Alternativregelung „echte unterjährige Beitragszahlung“ ist abzugrenzen von (monatlicher, viertel- oder halbjährlicher) Teilzahlungen i.S.v. Ziff. 12 AHB, die bei Versicherungsverträgen mit der nach § 12 VVG vorgesehenen einjährigen Versicherungsperiode vereinbart werden können (sog. unechte unterjährige Beitragszahlung). Die Alternativregelung kommt zur Anwendung, wenn die Parteien abweichend von § 12 VVG nicht eine einjährige, sondern eine kürzere Versicherungsperiode mit einer im Vergleich zur Jahresprämie entsprechend niedrigeren Prämie vereinbaren. In diesem Fall ist die Prämie für die kürzeren Zeiträume die „normale“ Prämie und keine Rate.1
1
Bruck/Möller/Beckmann § 37 Rn. 17.
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Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/erster oder einmaliger Beitrag
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 9
AHB 2002
9. Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/ erster oder einmaliger Beitrag 9.1 1Der erste oder einmalige Beitrag wird unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Versicherungsscheins fällig. 2Ist die Zahlung des Jahresbeitrags in Raten vereinbart, gilt als erster Beitrag nur die erste Rate des ersten Jahresbeitrags. Alternative für die echte unterjährige Beitragszahlung 9.1. Der erste oder einmalige Beitrag wird unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Versicherungsscheins fällig. 9.2 1Zahlt der VN den ersten oder einmaligen Beitrag nicht rechtzeitig, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, beginnt der Versicherungsschutz erst ab diesem Zeitpunkt. 2Das gilt nicht, wenn der VN nachweist, dass er die Nichtzahlung nicht zu vertreten hat. 3Für Versicherungsfälle, die bis zur Zahlung des Beitrags eintreten, ist der VR nur dann nicht zur Leistung verpflichtet, wenn er den VN durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Rechtsfolge der Nichtzahlung des Beitrags aufmerksam gemacht hat. 9.3 1Zahlt der VN den ersten oder einmaligen Beitrag nicht rechtzeitig, kann der VR vom Vertrag zurücktreten, solange der Beitrag nicht gezahlt ist. 2Der VR kann nicht zurücktreten, wenn der VN nachweist, dass er die Nichtzahlung nicht zu vertreten hat.
§ 3 II Ziff. 1 erste oder einmalige Beitrag wird – wenn nichts anderes vereinbart ist – sofort nach Abschluss des Vertrages fällig. 2Die Zahlung gilt als rechtzeitig, wenn sie unverzüglich nach Erhalt des Versicherungsscheins und der Zahlungsaufforderung (sowie nach Ablauf der im Versicherungsschein genannten Widerspruchsfrist von 14 Tagen) erfolgt. 3Ist Zahlung des Jahresbeitrags in Raten vereinbart, gilt als erster Beitrag nur die erste Rate des ersten Jahresbeitrags. 1Der
§ 3 II Ziff. 2 Zahlt der VN den ersten oder einmaligen Beitrag nicht rechtzeitig, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, beginnt der Versicherungsschutz erst ab diesem Zeitpunkt.
§ 3 II Ziff. 3 der VN den ersten oder einmaligen Beitrag nicht rechtzeitig, kann der VR vom Vertrag zurücktreten, solange der Beitrag nicht gezahlt ist. 2Es gilt als Rücktritt, wenn der VR den ersten oder einmaligen Beitrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Vertrages gerichtlich geltend macht.
1Zahlt
Ziff. 9 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 3 Abs. 2 Ziff. 1 bis 3 AHB 2002.1 1 Ziff. 9.1 S. 1 AHB entspricht § 33 Abs. 1 VVG, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann. Soweit in Ziff. 9.1 S. 2 AHB bestimmt ist, dass bei Ratenzahlung als erster Beitrag 2 nur die erste Rate des ersten Jahresbeitrags gilt, kommt der Klausel lediglich deklaratorische Bedeutung zu.2 Dieser Regelung bedarf es nicht bei echter unterjähriger Beitragszahlung, weshalb S. 2 in der Alternative gestrichen ist. Ziff. 9.2 AHB entspricht § 37 Abs. 2 VVG, Ziff. 9.3 AHB entspricht § 37 Abs. 1 3 VVG, sodass auf die dortige Kommentierung verwiesen wird. 1
Vgl. auch Littbarski AHB § 3 Rn. 37 ff. (zur Fassung von zu § 3 Abs. 2 Ziff. 1 bis 3 AHB 1999).
2
Vgl. Bruck/Möller/Beckmann § 37 Rn. 17.
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AHB 2012 Ziff. 10
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
10. Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/ Folgebeitrag 10.1 1Die Folgebeiträge sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, am Monatsersten des vereinbarten Beitragszeitraums fällig. 2Die Zahlung gilt als rechtzeitig, wenn sie zu dem im Versicherungsschein oder in der Beitragsrechnung angegebenen Zeitpunkt erfolgt.
§ 8 I Ziff. 1 Folgebeiträge sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, am Monatsersten des vereinbarten Beitragszeitraums fällig. 2Die Zahlung gilt als rechtzeitig, wenn sie zu dem im Versicherungsschein oder in der Beitragsrechnung angegebenen Zeitpunkt erfolgt. 1Die
10.2 1Wird ein Folgebeitrag nicht rechtzeitig gezahlt, gerät der VN ohne Mahnung in Verzug, es sei denn, dass er die verspätete Zahlung nicht zu vertreten hat. 2Der VR wird ihn schriftlich zur Zahlung auffordern und eine Zahlungsfrist von mindestens zwei Wochen setzen. 3Der VR ist berechtigt, Ersatz des ihm durch den Verzug entstandenen Schadens zu verlangen.4Wird ein Folgebeitrag nicht rechtzeitig gezahlt, kann der VR dem VN auf dessen Kosten in Textform eine Zahlungsfrist bestimmen, die mindestens zwei Wochen betragen muss. 5Die Bestimmung ist nur wirksam, wenn sie die rückständigen Beträge des Beitrags, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffert und die Rechtsfolgen angibt, die nach den Ziff. 10.3 und 10.4 mit dem Fristablauf verbunden sind
§ 8 I Ziff. 3 der Folgebeitrag nicht rechtzeitig gezahlt, gerät der VN ohne Mahnung in Verzug, es sei denn, dass er die verspätete Zahlung nicht zu vertreten hat. 2Der VR wird ihn schriftlich zur Zahlung auffordern und eine Zahlungsfrist von mindestens zwei Wochen setzen. 3Der VR ist berechtigt, Ersatz des ihm durch den Verzug entstandenen Schadens zu verlangen.
10.3 Ist der VN nach Ablauf dieser Zahlungsfrist noch mit der Zahlung in Verzug, besteht ab diesem Zeitpunkt bis zur Zahlung kein Versicherungsschutz, wenn er mit der Zahlungsaufforderung nach Ziff. 10.2 Abs. 3 [hier 10.2 S. 3 und 4] darauf hingewiesen wurde.
§ 8 I Ziff. 4 Ist der VN nach Ablauf dieser Zahlungsfrist noch mit der Zahlung in Verzug, besteht ab diesem Zeitpunkt bis zur Zahlung kein Versicherungsschutz, wenn er mit der Zahlungsaufforderung darauf hingewiesen wurde.
10.4 1Ist der VN nach Ablauf dieser Zahlungsfrist noch mit der Zahlung in Verzug, kann der VR den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, wenn er den VN mit der Zahlungsaufforderung nach Ziff. 10.2 Abs. 3 [hier 10.2 S. 3 und 4] darauf hingewiesen hat. 2Hat der VR gekündigt, und zahlt der VN danach innerhalb eines Monats den angemahnten Betrag, besteht der Vertrag fort. 3Für Versicherungsfälle, die zwischen dem Zugang der Kündigung und der Zahlung eingetreten sind, besteht jedoch kein Versicherungsschutz. 4Die Leistungsfreiheit des VR nach Ziff. 10.3 bleibt unberührt.
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1Wird
§ 8 I Ziff. 5 der VN nach Ablauf dieser Zahlungsfrist noch mit der Zahlung in Verzug, kann der VR den Vertrag kündigen, wenn er den VN mit der Zahlungsaufforderung darauf hingewiesen hat. 2Hat der VR gekündigt, und zahlt der VN danach innerhalb eines Monats den angemahnten Betrag, besteht der Vertrag fort. 3Für Versicherungsfälle, die zwischen dem Zugang der Kündigung und der Zahlung eingetreten sind, besteht jedoch kein Versicherungsschutz. 1Ist
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Rechtzeitigkeit der Zahlung bei Lastschriftermächtigung
AHB 2012 Ziff. 11
Ziff. 10 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 8 I Ziff. 1, 3–5 AHB 2002.1 Ziff. 10.1 1 AHB regelt die Fälligkeit der Folgeprämie. Soweit der VN dem VR eine Einzugsermächtigung erteilt, ist Ziff. 11 AHB zu beachten. Ziff. 10.2 S. 1 AHB ist nur von deklaratorischer Bedeutung, da sich die Rechtsfolge 2 bereits aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergibt. Ziff. 10.2 S. 2, 10.3 und 10.4 AHB entsprechen sachlich § 38 VVG, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird.
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AHB 2002
11. Rechtzeitigkeit der Zahlung bei Lastschriftermächtigung 1Ist
die Einziehung des Beitrags von einem Konto vereinbart, gilt die Zahlung als rechtzeitig, wenn der Beitrag zum Fälligkeitstag eingezogen werden kann und der VN einer berechtigten Einziehung nicht widerspricht. 2Konnte der fällige Beitrag ohne Verschulden des VN vom VR nicht eingezogen werden, ist die Zahlung auch dann noch rechtzeitig, wenn sie unverzüglich nach einer in Textform abgegebenen Zahlungsaufforderung des VR erfolgt. 3Kann der fällige Beitrag nicht eingezogen werden, weil der VN die Einzugsermächtigung widerrufen hat, oder hat der VN aus anderen Gründen zu vertreten, dass der Beitrag nicht eingezogen werden kann, ist der VR berechtigt, künftig Zahlung außerhalb des Lastschriftverfahrens zu verlangen. 4Der VN ist zur Übermittlung des Beitrags erst verpflichtet, wenn er vom VR hierzu in Textform aufgefordert worden ist.
§ 3 II Ziff. 4 (Erstprämie), § 8 I Ziff. 2 (Folgeprämie) 1Ist die Einziehung des Beitrags von einem Konto vereinbart, gilt die Zahlung als rechtzeitig, wenn der Beitrag zu dem im Versicherungsschein angegebenen Fälligkeitstag eingezogen werden kann und der VN einer berechtigten Einziehung nicht widerspricht. 2Konnte der fällige Beitrag ohne Verschulden des VN vom VR nicht eingezogen werden, ist die Zahlung auch dann noch rechtzeitig, wenn sie unverzüglich nach einer schriftlichen Zahlungsaufforderung des VR erfolgt. 3Hat der VN zu vertreten, dass der Beitrag wiederholt nicht eingezogen werden kann, ist der VR berechtigt, künftig Zahlung außerhalb des Lastschriftverfahrens zu verlangen.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . .
1
Rn. B. Lastschrifteinzugsverfahren . . . . . . .
2
A. Sinn und Zweck Ziff. 11 AHB ist die Nachfolgeregelung zu §§ 3 II Ziff. 4 und 8 I Ziff. 2 AHB 1 2002. Sie hat die Rechtzeitigkeit der Prämienzahlung zum Gegenstand. Im Unterschied zur Vorgängerregelung gilt Ziff. 11 AHB nicht nur für Folge-, sondern auch für Erstprämien.
1
Vgl. hierzu Littbarski AHB § 8 Rn. 3 ff.
Robert Koch
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AHB 2012 Ziff. 11
Haftpflichtversicherung
B. Lastschrifteinzugsverfahren Haben VR und VN den Lastschrifteinzug vereinbart (Zahlungsauftrag im Rahmen eines Zahlungsdiensterahmenvertrages gem. § 675f BGB),1 so entfällt die Übermittlungspflicht des VN, die Geldschuld wird zur Holschuld.2 Das bedeutet, dass der VR sich um die Einbringung der geschuldeten Leistung kümmern und für die rechtzeitige Einreichung einer Lastschrift bei der Bank des VN sorgen muss.3 Fehler oder Verzögerungen seitens der Bank des VR sind diesem zuzurechnen, da die Bank im Rahmen der Inkassovereinbarung mit dem VR insoweit sein Erfüllungsgehilfe ist (§ 278 BGB). Der VN hat das seinerseits Erforderliche getan, wenn er auf seinem Konto eine ausreichende Deckung vorhält und für die sonstigen Voraussetzungen einer Einlösung der Lastschrift sorgt. Deshalb kann der VN nicht in Verzug kommen, wenn der VR die Lastschrift nicht vorlegt. 3 Ein Verzug des VN ist nur denkbar, wenn eine berechtigte Lastschrift aus Gründen nicht eingelöst wird, die er zu vertreten hat, z.B. infolge fehlender Kontodeckung oder Widerspruchs der Belastungsbuchung durch den VN (vgl. § 675j Abs. 1 S. 2 BGB). Dementsprechend sieht Ziff. 11 S. 1 AHB vor, dass die Zahlung der Prämie als rechtzeitig gilt, wenn diese zum Fälligkeitstag eingezogen werden kann und der VN der Einziehung nicht widerspricht. Eine durch seine Bank verschuldete Verzögerung hat der VN zu vertreten, da diese bei der Einlösung als Erfüllungsgehilfin des VN nach § 278 BGB handelt. 4 Ziff. 11 S. 2 AHB behandelt den Fall, dass die Lastschrift nicht rechtzeitig bei der Bank des VN eingereicht worden ist. Dies kann dem VN nicht zum Nachteil gereichen. Deshalb bestimmt Ziff. 11.2 AHB, dass in diesem Fall die Zahlung auch dann noch rechtzeitig ist, wenn sie unverzüglich (vgl. § 121 BGB) nach einer in Textform abgegebenen Zahlungsaufforderung des VR erfolgt. Nach Schimikowski ist ein Zeitraum von bis zu 14 Tagen noch als unverzüglich anzusehen.4 Dies begründet er u.a. damit, dass der VN erst durch die Aufforderung des VR davon Kenntnis erlange, dass die Abbuchung nicht erfolgen konnte. Dies müsse er zunächst einmal zur Kenntnis nehmen und ggf. durch Nachfrage klären dürfen. Zu beachten ist jedoch, dass der VN sich heutzutage über Kontoabbuchungen jederzeit ein Bild machen kann. Es ist daher für ihn nach Erhalt der Aufforderung schnell zu klären, ob der Einzug erfolgt oder unterblieben ist. Maximal 5 Bankarbeitstage (Werktage außer Sonnabend) dürften nach Erhalt der Aufforderung folglich ausreichen. 5 Liegt dagegen einer der zuvor genannten Fälle vor, in denen der VN die Nichteinlösung zu vertreten hat, bestimmt Ziff. 11 S. 3 AHB, dass der VR berechtigt ist, künftig Zahlung außerhalb des Lastschriftverfahrens zu verlangen.5 Die Zahlung außerhalb des Lastschriftverfahrens kann in Form der Überweisung erfolgen. Ziff. 11 S. 3 AHB verlangt abweichend von § 3 II Ziff. 4 S. 3, § 8 I Ziff. 2 S. 3 AHB 2002 nicht mehr, dass die Prämie „wiederholt“ nicht eingezogen werden konnte. Warum der VR bislang im Falle des Verschuldens des VN mehrfach den Einzug der Prämie versucht haben musste, bevor er Zahlung außerhalb des Lastschriftverfahrens verlangen konnte, im Falle seines eigenen Verschuldens dagegen nur einmalig, erschloss sich nicht.
2
1
2
Zu den Besonderheiten des SEPA-Lastschriftverfahren s. Werner Rechtliche Neuerungen im Lastschriftverfahren – insbesondere das SEPA-Lastschriftverfahren, BKR 2010 9. BGH 19.10.1977 BGHZ 69 361, 366.
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3 4 5
BGH 19.10.1977 BGHZ 69 361, 366; OLG Hamm 26.10.1983 VersR 1984 377. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 11 AHB Rn. 2. Vgl. Präve NVersZ 1999 460 f.
Robert Koch
Teilzahlung und Folgen bei verspäteter Zahlung
AHB 2012 Ziff. 12
In Übereinstimmung mit § 33 Abs. 2 VVG sieht Ziff. 11 S. 4 AHB vor, dass der VN 6 zur Übermittlung des Beitrags erst verpflichtet ist, wenn er vom VR hierzu in Textform aufgefordert worden ist. Solange eine solche Anzeige nicht erfolgt ist, kann der VN die Zahlung auf einem anderen Wege verweigern.
AHB 2012
AHB 2002
12. Teilzahlung und Folgen bei verspäteter Zahlung 1Ist
die Zahlung des Jahresbeitrags in Raten vereinbart, sind die noch ausstehenden Raten sofort fällig, wenn der VN mit der Zahlung einer Rate im Verzug ist. 2Ferner kann der VR für die Zukunft jährliche Beitragszahlung verlangen.
§ 8 I Ziff. 6 die Zahlung des Jahresbeitrags in Raten vereinbart, sind die noch ausstehenden Raten sofort fällig, wenn der VN mit der Zahlung einer Rate im Verzug ist. 2Ferner kann der VR für die Zukunft jährliche Beitragszahlung verlangen. 1Ist
Ziff. 12 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 8 I Ziff. 6 AHB 2002. Diese Klausel hat 1 die ratenweise Zahlung einer Jahresprämie und die Folgen bei verspäteter Ratenzahlung zum Gegenstand. Ist der VN mit der Zahlung einer (vollen) Rate in Verzug, stellt Ziff. 12 S. 1 AHB den Restbetrag sofort fällig (Verfallklausel). Verzug mit dem Teil einer Rate genügt nicht.1 Ziff. 12 S. 2 AHB berechtigt den VR zudem, die Ratenzahlungsabrede zu beenden und für die Zukunft jährliche Zahlung der Prämie zu verlangen.2 Lücke hat Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel erhoben, weil die Rechtsfol- 2 gen im Widerspruch zu der Leitentscheidung des Gesetzgebers zu §§ 37 f. VVG stünden und der VR den VN zudem nicht über die Rechtsfolgen des Verzugs mit einer Rate zu belehren habe.3 Diese Bedenken haben rechtspolitisch durchaus ihre Berechtigung. Eine für den VN nachteilige Abweichung i.S.d. § 42 VVG durch Ziff. 12 AHB dürfte jedoch zu verneinen sein, weil die Gesamtfälligstellung der Jahresprämie hinter den Rechtsfolgen zurückbleibt, die §§ 37, 38 VVG (Ziff. 9, 10 AHB) vorsehen (Rücktritt oder Kündigung/Leistungfreiheit). Die Gesamtfälligstellung stellt den VN zwar vor wirtschaftliche Probleme, weil es 3 für ihn schwieriger wird, im Falle einer Kündigung gem. Ziff. 10.4 S. 1 AHB das hierdurch beendete Vertragsverhältnis durch Zahlung des rückständigen Betrags nach Ziff. 10.4 S. 2 AHB wieder aufleben zu lassen. Darin liegt jedoch kein rechtlicher Nachteil. Nach dem Urteil des BGH v. 6.2.2013 handelt es sich bei der Vereinbarung unterjährig zu leistender Versicherungsprämien selbst dann nicht um eine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs i.S.v. § 506 Abs. 1 BGB, wenn die Summe der unterjährig gezahlten Prämien höher liegt als der Betrag der jährlichen Einmalzahlung.4 Insoweit ist Ziff. 12 S. 1 AHB gegenüber einem Verbraucher-VN nicht wegen nachteiliger Abweichung von § 498 BGB unwirksam. 1 2 3
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 12 AHB Rn. 1. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 12 AHB Rn. 2. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 12 AHB Rn. 2; i.d.S. auch HK-VVG/Schimikowski Ziff. 12 AHB Rn. 2.
4
BGH 6.2.2013 BeckRS 2013 02884; OLG Celle 9.2.2012, 8 U 181/11, zitiert nach juris; Hans. OLG Hamburg 18.11.2011 VersR 2012 41, 42; OLG Bamberg 10.11.2011, 1 U 37/11, zitiert nach juris; OLG Stuttgart 31.1.2011
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AHB 2012 Ziff. 13
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
13. Beitragsregulierung 13.1 1Der VN hat nach Aufforderung mitzuteilen, ob und welche Änderungen des versicherten Risikos gegenüber den früheren Angaben eingetreten sind. 2Diese Aufforderung kann auch durch einen Hinweis auf der Beitragsrechnung erfolgen. 3Die Angaben sind innerhalb eines Monats nach Zugang der Aufforderung zu machen und auf Wunsch des VR nachzuweisen. 4Bei unrichtigen Angaben zum Nachteil des VR kann dieser vom VN eine Vertragsstrafe in dreifacher Höhe des festgestellten Beitragsunterschiedes verlangen. 5Dies gilt nicht, wenn der VN beweist, dass ihn an der Unrichtigkeit der Angaben kein Verschulden trifft.
§ 8 II Ziff. 1 VN ist verpflichtet, nach Erhalt einer Aufforderung des VR, welche auch durch einen der Beitragsrechnung aufgedruckten Hinweis erfolgen kann, Mitteilung darüber zu machen, ob und welche Änderung in dem versicherten Risiko gegenüber den zum Zwecke der Beitragsbemessung gemachten Angaben eingetreten ist. 2Diese Anzeige ist innerhalb eines Monats nach Erhalt der Aufforderung zu machen. 3Auf Erfordern des VR sind die Angaben durch die Geschäftsbücher oder sonstige Belege nachzuweisen. 4Unrichtige Angaben zum Nachteil des VR berechtigen diesen, eine Vertragsstrafe in dreifacher Höhe des festgestellten Beitragsunterschieds vom VN zu erheben, sofern letzterer nicht beweist, dass die unrichtigen Angaben ohne ein von ihm zu vertretendes Verschulden gemacht worden sind.
13.2 1Aufgrund der Änderungsmitteilung des VN oder sonstiger Feststellungen wird der Beitrag ab dem Zeitpunkt der Veränderung berichtigt (Beitragsregulierung), beim Wegfall versicherter Risiken jedoch erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Mitteilung beim VR. 2Der vertraglich vereinbarte Mindestbeitrag darf dadurch nicht unterschritten werden. 3Alle entsprechend Ziff. 15.1 nach dem Versicherungsabschluss eingetretenen Erhöhungen und Ermäßigungen des Mindestbeitrags werden berücksichtigt.
§ 8 II Ziff. 2 der Änderungsanzeige oder sonstiger Feststellungen wird der Beitrag entsprechend dem Zeitpunkt der Veränderung richtiggestellt. 2Er darf jedoch nicht geringer werden als der Mindestbeitrag, der nach dem Tarif des VR z.Z. des Versicherungsabschlusses galt. 3Alle entsprechend § 8 III nach dem Versicherungsabschluss eingetretenen Erhöhungen oder Ermäßigungen des Mindestbeitrags werden berücksichtigt. 4Beim Fortfall eines Risikos wird der etwaige Minderbeitrag vom Eingang der Anzeige ab berechnet.
13.3 1Unterlässt der VN die rechtzeitige Mitteilung, kann der VR für den Zeitraum, für den die Angaben zu machen waren, eine Nachzahlung in Höhe des für diesen Zeitraum bereits in Rechnung gestellten Beitrages verlangen. 2Werden die Angaben nachträglich gemacht, findet eine Beitragsregulierung statt. 3Ein vom VN zuviel gezahlter Beitrag wird nur zurückerstattet, wenn die Angaben innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Mitteilung des erhöhten Beitrages erfolgten.
§ 8 II Ziff. 3 1Unterlässt es der VN, die obige Anzeige rechtzeitig zu erstatten, so kann der VR für die Zeit, für welche die Angaben zu machen waren, an Stelle der Beitragsregulierung (II Ziff. 1) als nachzuzahlenden Beitrag einen Betrag in Höhe des für diese Zeit bereits gezahlten Beitrags verlangen. 2Werden die Angaben nachträglich, aber noch innerhalb zweier Monate nach Empfang der Aufforderung zur Nachzahlung gemacht, so ist der VR verpflichtet, den etwa zuviel gezahlten Betrag des Beitrags zurückzuerstatten.
VersR 2011 786, 787; OLG Köln 29.10.2010 VersR 2011 248, 249; OLG Bamberg 24.1.2007 VersR 2007 529; LG Münster 24.2.2011, 115 O 224/10, zitiert nach juris; Looschelders VersR 2010 977, 979; Hadding
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1Der
1Aufgrund
VersR 2010 697, 698; a.A. LG Hamburg 3.5.2011 VuR 2011 269, 270; LG Bamberg 8.2.2006, 2 O 764/04, zitiert nach juris; Schürnbrand WM 2011 481, 483.
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Beitragsregulierung
AHB 2012
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AHB 2002
13. Beitragsregulierung 13.4 Die vorstehenden Bestimmungen finden auch Anwendung auf Versicherungen mit Beitragsvorauszahlung für mehrere Jahre.
§ 8 II Ziff. 4 Die vorstehenden Bestimmungen finden auch auf Versicherungen mit Beitragsvorauszahlung für mehrere Jahre Anwendung.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . B. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . C. Einzelheiten über Aufforderung und Anzeige nach Ziff. 13.1 AHB . . . D. Inhalt der Anzeige . . . . . . . . . E. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
1 2
. . . . . . . . .
3 7 9
Rn. I. Ordnungsgemäße Anzeige . . . . . . . II. Verletzung der Anzeigepflicht . . . . . 1. Unrichtige Angaben . . . . . . . . . 2. Unterlassene Anzeige . . . . . . . . III. Keine Unwirksamkeit von Ziff. 13 AHB gem. § 32 VVG . . . . . . . . . . . . .
. . . .
9 10 11 18
.
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A. Sinn und Zweck Ziff. 13 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 8 II Ziff. 1 bis 4 AHB 2002, welcher 1 ohne sachliche Änderungen übernommen worden ist. Nach Ziff. 13.1 S. 1 AHB hat der VN nach Erhalt einer Aufforderung durch den VR mitzuteilen, ob und welche Änderungen des versicherten Risikos eingetreten sind. Diese Klausel ergänzt Ziff. 3.2 AHB, durch den sichergestellt ist, dass für derartige Veränderungen grundsätzlich Deckung besteht. Die Klausel bezieht sich dagegen nicht auf neue Risiken, für die die Regeln über die Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB) Anwendung finden. Es handelt sich bei Ziff. 13 AHB aus der Sicht des VN um eine abschließende Regelung, sodass ein Rückgriff auf §§ 23 ff. VVG ausscheidet (Ziff. 3 AHB Rn. 7, 141 f.).1
B. Rechtsnatur Bei der Anzeigeverpflichtung nach Ziff. 13.1 S. 1 AHB handelt es sich nicht um eine 2 Obliegenheit, sondern um eine leistungsbezogene Nebenpflicht i.S.v. § 241 Abs. 1 BGB.2 Sie dient dem Zweck, den VN zur Mitwirkung bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlagen des Prämienanspruchs anzuhalten, auf die der VR angewiesen ist.3 Der VR hat einen durchsetzbaren Auskunfts- und Zahlungsanspruch gegen den VN.4
1 2
Vgl. BGH 12.9.2012 VersR 2012 1506, 1507 f. (zur D&O-Versicherung). Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 2; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 13 AHB Rn. 2; ders. RuS 2012 435, 437; a.A. K. Sieg VersR 1963 1089, 1094 unter Hinweis auf RG 11.2.1938 RGZ 157 67, 72, das eine entsprechende Verpflichtung des VN in der Einbruchs-Diebstahl-Versicherung als Obliegenheit angesehen hat; Bruck/Möller/R. Johann-
3 4
sen 8 Bd. IV Anm. E 19; zu Erhöhungen und Erweiterungen des Risikos gemäß Ziff. 10 ProdHM: MAH/Stempfle § 15 Rn. 318; Prölss/ Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 10 Rn. 1; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 25 Rn. 17. Vgl. BGH 30.5.2012 RuS 2012 435, 436 (zur Berufshaftpflichtversicherung für Architekten). So auch Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 2.
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C. Einzelheiten über Aufforderung und Anzeige nach Ziff. 13.1 AHB 3
Die Anzeige ist nicht spontan, sondern nur nach Aufforderung durch den VR zu erstatten (selbstverständlich kann der VN die Anzeige auch ohne Aufforderung erstatten). Diese Aufforderung kann gem. Ziff. 13.1 S. 2 AHB auch durch einen Hinweis auf der Beitragsrechnung erfolgen. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme selbst kommt es dabei nicht an, sondern nur auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme im normalen Geschehenslauf. Die Veränderungsanzeige hat nach Ziff. 13.1 S. 3 AHB innerhalb eines Monats nach Zugang der Aufforderung (§ 130 BGB) zu erfolgen. 4 Das bedeutet, dass die Anzeige dem VR innerhalb der Monatsfrist zugegangen sein muss, die rechtzeitige Absendung genügt nicht.5 Soweit es um die unterbliebene Anzeige geht, ist die praktische Bedeutung dieser Frage gering, da die nachteilige Folge (Nachzahlung in Höhe des für diesen Zeitraum bereits in Rechnung gestellten Beitrages) gem. Ziff. 13.3 S. 3 AHB entfällt, wenn die Angaben innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Mitteilung des erhöhten Beitrages nachgeholt werden (Ziff. 13 AHB Rn. 18). 5 Ebenso wie bei der Aufforderung zu Anzeige eines neuen Risikos gem. Ziff. 4.1 (1) S. 1 AHB ist auch hier zu verlangen, dass die Aufforderung nach der optischen Gestaltung an auffälliger Stelle erfolgt und so gedruckt ist, dass sie dem VN im Rahmen der gesamten Rechnung auffällt. Sie darf nicht auf der Rückseite oder zwischen anderen Hinweisen und Erläuterungen gleichsam „versteckt“ sein und muss auf die einzuhaltende Frist hinweisen (Ziff. 4 AHB Rn. 34 f.). 6 Auch hier stellt sich die Frage, ob der VR den VN über die Rechtsfolgen im Falle der Versäumung der Anzeige oder unrichtiger Angaben belehren muss. Ebenso wie bei der Aufforderung zur Anzeige eines neuen Risikos ergibt sich eine solche Selbstverpflichtung des VR nicht aus der die Anzeigepflicht statuierenden Klausel. Da es bei Aufforderung zur Anzeige gem. Ziff. 13.1 S. 2 AHB nicht um den Verlust/die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes geht, weil dieser durch die unterbliebene oder unrichtige Anzeige unberührt bleibt (Rn. 11 ff.), dürfte eine Hinweispflicht aus § 6 Abs. 4 VVG oder § 242 BGB zu verneinen sein.
D. Inhalt der Anzeige 7
Nicht jede Veränderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist anzuzeigen. Der VR hat nur auf solche Mitteilungen einen Rechtsanspruch, die zu einer Prämienänderung führen. Die prämienrelevanten Änderungen hat der VN gem. Ziff. 13.1 S. 3 AHB auf Wunsch des VR nachzuweisen.6 Abzustellen ist nach Ziff. 13.1 S. 1 AHB auf Änderungen gegenüber denjenigen Angaben, die ursprünglich für die Prämienrechnung gemacht worden sind (also bei Vertragsschluss selbst oder aber bei der letzten Prämienregulierung). Maßgebend sind danach in erster Linie die Bestimmungen des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages. Wird die im Voraus zu zahlende Prämie für die Haftpflichtversicherung des Inhabers eines Architekturbüros in der Weise berechnet, dass für jeden angestellten Architekten oder Bauingenieur ein besonderer Betrag zu zahlen ist, so stellt sich die Verringerung der Zahl der angestellten Architekten während der Versicherungs-
5 6
Späte § 8 Rn. 15. Z.B. durch Vorlage von Geschäftsbüchern; vgl. OLG Köln 18.8.1998 RuS 1998 499, 500.
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periode als eine bereits vom Zeitpunkt der Verringerung an zu berücksichtigende Veränderung eines für die Bemessung der Prämie maßgeblichen Umstandes dar.7 Umgekehrt würde eine Erhöhung der Zahl der Mitarbeiter eine Prämienerhöhung nach sich ziehen. Gleiches gilt bei einem Anstieg der Jahreslohn- und Gehaltssumme, wenn sich die Prämie danach bestimmt.8 Im Übrigen darf und muss der Tarif des VR berücksichtigt werden, soweit nach den 8 Umständen des Einzelfalles zwischen den Parteien Einigkeit besteht oder nach Treu und Glauben bestehen musste, dass eine bestimmte Erweiterung prämienpflichtig sei, aber ausnahmsweise im Vertrag selbst eine Grundlage für die erforderliche Prämie nicht gefunden werden kann. Es ist im Einzelfall nach Treu und Glauben zu ermitteln, ob eine qualitative Gefahränderung, die nicht zugleich eine quantitative Veränderung (Erweiterung) des versicherten Risikos darstellt, eine Prämienerhöhung rechtfertigt. Dies wird im Allgemeinen zu verneinen sein,9 sodass insoweit auch keine Anzeigepflicht besteht.
E. Rechtsfolgen I. Ordnungsgemäße Anzeige Gem. Ziff. 13.2 S. 1 AHB findet aufgrund der Änderungsmitteilung des VN oder 9 sonstiger Feststellungen eine Beitragsregulierung statt. Für die Anpassung des Beitrages ist kein Abänderungsvertrag erforderlich.10 Der VN braucht – bei Verringerung der Gefahr – auch keinen Antrag auf Ermäßigung der Prämie zu stellen, vielmehr muss der VR – wie sich aus der Formulierung „oder sonstiger Feststellungen“ ergibt – von sich aus die Prämie ermäßigen, wenn er aus anderen Quellen davon erfährt.11 Die Nachtragsprämie für erhöhte oder erweiterte Risiken ist Folgeprämie i.S.v. 10 Ziff. 10 AHB.12 Vermindert sich der Beitrag, bildet der Mindestbeitrag, der nach dem Tarif des VR zur Zeit des Vertragsschlusses galt, gem. Ziff. 13.2 S. 2 AHB die Beitragsuntergrenze. In der Zwischenzeit erfolgte Beitragsangleichungen sind hinzuzurechnen.13
II. Verletzung der Anzeigepflicht 1. Unrichtige Angaben Macht der VN zulasten des VR unrichtige Angaben, begeht er eine Pflichtverletzung 11 i.S.v. § 241 Abs. 1 BGB, die den VR grundsätzlich zum Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB berechtigt. Der Schadensersatzanspruch ist jedoch nach Ziff. 13.1 S. 4 AHB auf eine Vertragsstrafe in dreifacher Höhe des festgestellten Prämienunterschiedes beschränkt.14 Auch insoweit handelt es sich bei Ziff. 13.1 S. 4 AHB aus der Sicht des VN
7
OLG Düsseldorf 9.3.1976 VersR 1977 1045. Vgl. auch LG Berlin 9.12.2003 NJOZ 2004 1680, 1681. 9 Wussow § 8 Anm. 16. 10 BGH 24.1.1951 VersR 1951 76, 77 = NJW 1951 314, 316; Späte § 8 Rn. 18. 11 BGH 24.1.1951 VersR 1951 76, 77 = NJW 1951 314, 316 (Zerstörung des haftpflicht8
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versicherten Gebäudes); Prölss/Martin/ Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 4; Späte § 8 Rn. 14. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 5; Frick VersR 1952 337. Späte § 8 Rn. 19; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 6. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 2.
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um eine abschließende Regelung. Entgegen R. Johannsen15 und Späte16 besteht deshalb kein Raum dafür, bei bewusst falschen Angaben die Vertragsstrafe auf einen etwa höher ausfallenden Schadensersatzanspruch des VR anzurechnen oder dem VR das Recht zur Kündigung einzuräumen. Keine Vertragsstrafe schuldet der VN, wenn er beweist (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB), dass ihn an der Unrichtigkeit der Angaben kein Verschulden trifft. Im Schrifttum ist umstritten, ob die Höhe der Vertragsstrafe im Einzelfall ihrerseits 12 unangemessen sein kann. Überwiegend wird die Wirksamkeit dieser Regelung ohne Einschränkung bejaht.17 Bereits R. Johannsen hat jedoch darauf hingewiesen, dass eine Vertragsstrafe in Höhe des dreifachen Beitragsunterschiedes bei nur geringem Verschulden unter Umständen unangemessen sein könne.18 In diesen Fällen sei eine analoge Anwendung der Regelung, die für unterlassene Anzeigen gelte, geboten (dazu sogleich Rn. 18) oder die dreifache Differenzprämie vom Gericht nach § 343 BGB herabzusetzen.19 Prölss will Vertragsstrafen nur bis zum Doppelten der Prämiendifferenz als angemessen akzeptieren.20 Der BGH hat diese Diskussion in seinem Urteil vom 30.5.2012 aufgegriffen. In jenem 13 Verfahren ging es um eine Klausel in einer Berufshaftpflichtversicherung für Architekten, die die Verletzung der Pflicht zu zutreffenden Angaben über die für die Beitragshöhe maßgeblichen Honorarumsätze durch eine Vertragsstrafe in Höhe des fünffachen Betrages der daraus folgenden Prämiendifferenz sanktionierte. Der BGH hat die Vertragsstrafenregelung als unangemessen und deshalb gem. § 307 Abs. 1 S. 1 unwirksam angesehen.21 Er ist dabei auch auf die Höhe der Vertragsstrafe in den AHB zu sprechen gekommen, hat es im Ergebnis jedoch dahinstehen lassen, ob der dreifache Betrag bereits eine unangemessene Benachteiligung begründet.22 Schimikowski hat in seiner Anmerkung zu diesem Urteil die Neuordnung der Sanktionen bei Obliegenheitsverletzungen aufgegriffen und es als problematisch bezeichnet, dass die Vertragsstrafe dem VN bereits bei einfacher Fahrlässigkeit auferlegt werden könne.23 Gegen die Heranziehung der Sanktionsregelungen bei Obliegenheitsverletzungen 14 bestehen dogmatische Bedenken, da es bei der Prämienanpassung wegen Risikoveränderungen nicht um den Anspruch des VN auf die Versicherungsleistung geht. Insoweit lassen sich die Überlegungen, die den Gesetzgeber dazu veranlasst haben, diesen Anspruch bei nur leicht fahrlässig begangenen Obliegenheitsverletzungen nicht zu kürzen, nicht auf die Verletzung einer Vertragspflicht, die diesen Anspruch völlig unberührt lässt, nicht fruchtbar machen. Hält man die Vertragsstrafe in Höhe des dreifachen Beitragsunterschiedes für unangemessen, dürfte die von R. Johannsen ins Spiel gebrachte analoge Anwendung der Heilungsregelung in Ziff. 13.3 S. 3 AHB auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinauslaufen. Es stellt sich dann nur die Frage, ob die Möglichkeit der Herabsetzung gem. § 343 BGB eine andere rechtliche Bewertung rechtfertigt. Da der Grad des Verschuldens des Schuldners vom Gericht bei der Angemessenheit der Vertragsstrafe zu berücksichtigen ist,24 wäre der Schuldnerschutz gewährleistet. Der
15 16 17
18
Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. E 24. Späte § 8 Rn. 17; ihm folgend HK-VVG/ Schimikowski Ziff. 13 AHB Rn. 2. So Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 § 8 AHB Rn. 3; Littbarski AHB § 8 Rn. 36 ff.; Schirmer/Marlow VersR 1997 782, 791. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. E 22; ihm folgend Späte § 8 Rn. 16.
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Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 3. Prölss/Martin/Prölss 27 § 27 AHB Rn. 3a; Gebauer NVersZ 2000 7, 12. BGH 30.5.2012 RuS 2012 435, 436. BGH 30.5.2012 RuS 2012 435, 436. Schimikowski RuS 2012 435, 437. Vgl. MüKO-BGB/Gottwald § 343 Rn. 18; Staudinger/Rieble § 343 Rn. 104.
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Beitragsregulierung
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Berücksichtigung des § 343 BGB steht jedoch entgegen, dass diese Norm auf Individualvereinbarungen zugeschnitten ist 25 und nur bei verwirkten, also wirksam vereinbarten Vertragsstrafen eingreifen kann.26 Gegen die Berücksichtigung der Möglichkeit, die Vertrags-strafe auf Antrag durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabzusetzen, spricht zudem, dass eine solche Herabsetzung bei Kaufleuten wegen § 348 HGB nicht in Betracht kommen würde27 und deshalb bei der Prüfung der Angemessenheit außer Betracht bleiben müsste. Dies würde zu dem wertungsmäßig nicht vertretbaren Ergebnis führen, dass ein Nichtkaufmann schlechter gestellt wird als ein Vollkaufmann, da bei ersterem die Vertragsstrafe lediglich herabgesetzt würde, während letzterer mangels wirksamer Klausel nichts zu zahlen hätte.28 Im Hinblick darauf, dass Vertragsstrafenvereinbarungen trotz ihrer Druck- und Kom- 15 pensationsfunktion auch die Interessen des Vertragspartners ausreichend berücksichtigen müssen29 und ihre Höhe deshalb nicht außer Verhältnis zu dem möglichen Schaden geraten darf, der durch das mit der Vertragsstrafe sanktionierte Verhalten des Kunden ausgelöst wird,30 sind die VR gut beraten, die Vertragsstrafenklausel in Ziff. 13.1 S. 2 AHB einer Revision zu unterziehen. In Betracht käme eine Regelung, die an den Grad des Verschuldens anknüpft. Vorzugswürdig scheint jedoch die Aufnahme einer Regelung, wie sie Ziff. 13.3 AHB für unterlassene Anzeigen vorsieht (dazu sogleich Rn. 18). Da es sich um eine echte Vertragspflicht des VN handelt, hat dieser nicht nur für das 16 Verschulden seiner Repräsentanten, sondern auch für das seiner (sonstigen) Erfüllungsgehilfen i.S.d. § 278 BGB einzustehen. Die Vertragsstrafe scheitert nicht an § 309 Ziff. 6 BGB, da keiner der dort genannten Fälle einschlägig ist.31 Neben der Vertragsstrafe kann der VR seinen Auskunftsanspruch im Wege der Klage 17 durchsetzen und im Anschluss daran, den sich aus dem Vertrag ergebenden Zahlungsanspruch durchsetzen. 2. Unterlassene Anzeige Unterlässt der VN die nach Ziff. 13.1 S. 1 AHB vorgesehene Mitteilung innerhalb der 18 Monatsfrist, bestimmt Ziff. 13.3 S. 1 AHB, dass der VR für den Zeitraum, für den die Angaben zu machen waren, eine Nachzahlung in Höhe des für diesen Zeitraum bereits in Rechnung gestellten Beitrages verlangen kann. Auch bei diesem Anspruch handelt es sich um eine Vertragsstrafe, obgleich die Nachzahlung nicht als solche bezeichnet wird.32 Deshalb ist auch hier ein Verschulden des VN erforderlich. § 309 Ziff. 6 BGB steht wiederum nicht entgegen.33 Zutreffend ordnet Lücke die Nachzahlung nicht als pauschalierten Ersatz von Mehraufwendungen ein,34 sondern als eine Mehrprämie für vermutete Risikoerhöhung, die bei Nachmeldung zu korrigieren ist, ohne dass etwaige Mehraufwendungen zu berücksichtigen seien.35 Anders als bei Ziff. 13.1 S. 4 AHB bestehen gegen die Wirksamkeit dieser Regelung keine Bedenken.
25 26
27 28 29
BGH 18.11.1982 NJW 1983 385 387; BGH 12.3.1981 NJW 1981 1509, 1510. OLG Köln 15.6.2010 BeckRS 2011 04593; OLG München 13.12.1995 NJW-RR 1996 1181, 1182. BGH 12.3.1981 NJW 1981 1509, 1510. Vgl. OLG Hamm 1.12.1983 MDR 1984 404. Vgl. BGH 23.1.2003 BGHZ 153 311, 324 f.
30 31 32 33 34 35
BGH 7.5.1997 NJW 1997 3233, 3234. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 3. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 13 AHB Rn. 4; Wussow § 8 Anm. 27. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 6; Hansen VersR 1988 1110, 1113. Zweifelnd Martin VersR 1984 1107, 1111. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 13 AHB Rn. 6.
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897
AHB 2012 Ziff. 14
Haftpflichtversicherung
19
Ziff. 13.3 S. 1 AHB ist ein typischer Fall des § 340 BGB. Der VR hat ein Wahlrecht: Er kann entweder seinen Anspruch auf Auskunftserteilung (und danach den Zahlungsanspruch) durchsetzen oder aber sich mit einer um 100 % erhöhten Prämie begnügen. Im letzteren Falle kann er daneben nicht das Prämienregulierungsverfahren nach Ziff. 13.2 AHB betreiben und einen etwa noch darüber hinausgehenden Anspruch durchsetzen.36 Holt der VN innerhalb der nach Ziff. 13.3 S. 3 AHB vorgesehenen Frist von zwei 20 Monaten die von ihm geforderten Angaben nach, entfällt der Anspruch auf die Vertragsstrafe. Der VR hat die zu viel gezahlte Prämie zu erstatten. Er kann nunmehr auch wieder einen über die in Ziff. 13.3 S. 1 AHB vorgesehene Grenze hinausgehenden Prämienanspruch geltend machen. Der Fall ist so zu behandeln, als wäre die Anzeige nach der Aufforderung ordnungsgemäß erstattet worden.
III. Keine Unwirksamkeit von Ziff. 13 AHB gem. § 32 VVG 21
Es bestehen weder gegen die Ausgestaltung der Mitteilungspflichten als echte Rechtspflicht noch gegen die Rechtsfolgenregelung im Hinblick auf eine mögliche Umgehung von § 32 VVG Wirksamkeitsbedenken, da Ziff. 13 AHB auch unter Berücksichtigung der Vertragsstrafenregelungen bei einer Saldierung von Vor- und Nachteilen im Vergleich zu §§ 23 ff. VVG die günstigere Regelung ist (vgl. § 3 AHB Rn. 141 f.).
AHB 2012
AHB 2002
14. Beitrag bei vorzeitiger Vertragsbeendigung Bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages hat der VR, soweit durch Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist, nur Anspruch auf den Teil des Beitrages, der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat.
1
§ 8 Ziff. IV Abs. 1 Bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages hat der VR, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, nur Anspruch auf den Teil des Beitrages, der der abgelaufenen Vertragszeit entspricht.
Ziff. 14 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 8 IV Satz 1 AHB a.F. Der Einschub „soweit durch Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist“ bezieht sich auf die in § 39 VVG genannten Fälle des Rücktritts nach § 19 und § 37 VVG sowie der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Insofern kann auf die Kommentierung zu § 39 VVG verwiesen werden.
36
Wussow § 8 Anm. 27.
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Robert Koch
Beitragsangleichung
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 15
AHB 2002
15. Beitragsangleichung 15.1 1Die Versicherungsbeiträge unterliegen der Beitragsangleichung. 2Soweit die Beiträge nach Lohn-, Bau- oder Umsatzsumme berechnet werden, findet keine Beitragsangleichung statt. 3Mindestbeiträge unterliegen unabhängig von der Art der Beitragsberechnung der Beitragsangleichung.
§ 8 III Ziff. 5 Soweit der Folgejahresbeitrag nach Lohn-, Bau- oder Umsatzsumme berechnet wird, findet keine Beitragsangleichung statt.
15.2 1Ein unabhängiger Treuhänder ermittelt jährlich mit Wirkung für die ab dem 1. Juli fälligen Beiträge, um welchen Prozentsatz sich im vergangenen Kalenderjahr der Durchschnitt der Schadenszahlungen aller zum Betrieb der Allgemeinen Haftpflichtversicherung zugelassenen VR gegenüber dem vorvergangenen Jahr erhöht oder vermindert hat. 2Den ermittelten Prozentsatz rundet er auf die nächst niedrigere, durch fünf teilbare ganze Zahl ab. 3Als Schadenszahlungen gelten dabei auch die speziell durch den einzelnen Schadensfall veranlassten Ausgaben für die Ermittlung von Grund und Höhe der Versicherungsleistungen. 4Durchschnitt der Schadenszahlungen eines Kalenderjahres ist die Summe der in diesem Jahr geleisteten Schadenszahlungen geteilt durch die Anzahl der im gleichen Zeitraum neu angemeldeten Schadensfälle.
§ 8 III Ziff. 1 unabhängiger Treuhänder ermittelt zum 1. Juli eines jeden Jahres, um welchen Prozentsatz sich der Durchschnitt der Schadenszahlungen, welche die zum Betrieb der Allgemeinen Haftpflichtversicherung zugelassenen VR im vergangenen Kalenderjahr geleistet haben, gegenüber dem vorvergangenen Jahr erhöht oder vermindert hat. 2Den ermittelten Prozentsatz rundet er auf die nächstniedrigere, durch fünf teilbare ganze Zahl ab. 3Als Schadenszahlungen gelten auch die speziell durch den einzelnen Schadensfall veranlassten Ausgaben für die Schadensermittlung, die aufgewendet worden sind, um die Versicherungsleistungen dem Grunde und der Höhe nach festzustellen. 4Als Durchschnitt der Schadenszahlungen eines Kalenderjahres gilt die Summe der in diesem Jahr geleisteten Schadenszahlungen geteilt durch die Anzahl der im gleichen Zeitraum neu angemeldeten Schadensfälle.
15.3 1Im Falle einer Erhöhung ist der VR berechtigt, im Falle einer Verminderung verpflichtet, den Folgejahresbeitrag um den sich aus Ziff. 15.2 ergebenden Prozentsatz zu verändern (Beitragsangleichung). 2Der veränderte Folgejahresbeitrag wird dem VN mit der nächsten Beitragsrechnung bekannt gegeben. 3Hat sich der Durchschnitt der Schadenszahlungen des VR in jedem der letzten fünf Kalenderjahre um einen geringeren Prozentsatz als denjenigen erhöht, den der Treuhänder jeweils für diese Jahre nach Ziff. 15.2 ermittelt hat, so darf der VR den Folgejahresbeitrag nur um den Prozentsatz erhöhen, um den sich der Durchschnitt seiner Schadenszahlungen nach seinen unternehmenseigenen Zahlen im letzten Kalenderjahr erhöht hat; diese Erhöhung darf diejenige nicht überschreiten, die sich nach dem vorstehenden Absatz ergeben würde.
§ 8 III Ziff. 2 1Im Falle einer Erhöhung ist der Versicherer berechtigt, im Falle einer Verminderung verpflichtet, den Folgejahresbeitrag um den sich aus Ziff. 1 Abs. 1 Satz 2 ergebenden Prozentsatz zu verändern (Beitragsangleichung). 2Hat sich der Durchschnitt der Schadenszahlungen des VR in jedem der letzten fünf Kalenderjahre um einen geringeren Prozentsatz als denjenigen erhöht, den der Treuhänder jeweils für diese Jahre nach Ziff. 1 Abs. 1 Satz 1 ermittelt hat, so darf der VR den Folgejahresbeitrag nur um den Prozentsatz erhöhen, um den sich der Durchschnitt seiner Schadenszahlungen nach seinen unternehmenseigenen Zahlen im letzten Kalenderjahr erhöht hat; diese Erhöhung darf diejenige nicht überschreiten, die sich nach dem vorstehenden Absatz ergeben würde.
1Ein
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AHB 2012 Ziff. 15
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
15. Beitragsangleichung 15.4 1Liegt die Veränderung nach Ziff. 15.2 oder 15.3 unter 5 Prozent, entfällt eine Beitragsangleichung. 2Diese Veränderung ist jedoch in den folgenden Jahren zu berücksichtigen.
§ 8 III Ziff. 3 1Liegt die Veränderung nach Ziff. 1 Abs. 1 oder Ziff. 2 Abs. 2 unter 5 Prozent, so entfällt eine Beitragsangleichung. 2Diese Veränderung ist jedoch in den folgenden Jahren zu berücksichtigen.
Alternative für die echte unterjährige Beitragszahlung 15. Beitragsangleichung 15.1 1Die Versicherungsbeiträge unterliegen der Beitragsangleichung. 2Soweit die Beiträge nach Lohn-, Bau- oder Umsatzsumme berechnet werden, findet keine Beitragsangleichung statt. 3Mindestbeiträge unterliegen unabhängig von der Art der Beitragsberechnung der Beitragsangleichung. 4Sie wird jeweils ab Beginn desjenigen Versicherungsjahres wirksam, das ab dem 1. Juli beginnt. 15.2 1Ein unabhängiger Treuhänder ermittelt jährlich mit Wirkung für die Beiträge der ab dem 1. Juli beginnenden Versicherungsjahre, um welchen Prozentsatz sich im vergangenen Kalenderjahr der Durchschnitt der Schadenszahlungen aller zum Betrieb der Allgemeinen Haftpflichtversicherung zugelassenen VR gegenüber dem vorvergangenen Jahr erhöht oder vermindert hat. 2Den ermittelten Prozentsatz rundet er auf die nächst niedrigere, durch fünf teilbare ganze Zahl ab. 3Als Schadenszahlungen gelten dabei auch die speziell durch den einzelnen Schadensfall veranlassten Ausgaben für die Ermittlung von Grund und Höhe der Versicherungsleistungen. 4Durchschnitt der Schadenszahlungen eines Kalenderjahres ist die Summe der in diesem Jahr geleisteten Schadenszahlungen geteilt durch die Anzahl der im gleichen Zeitraum neu angemeldeten Schadensfälle. 15.3 1Im Falle einer Erhöhung ist der VR berechtigt, im Falle einer Verminderung verpflichtet, die Folgebeiträge um den sich aus Ziff. 15.2 ergebenden Prozentsatz zu verändern (Beitragsangleichung). 2Der veränderte Folgebeitrag wird dem VN mit der Beitragsrechnung bekannt gegeben. 3Hat sich der Durchschnitt der Schadenszahlungen des VR in jedem der letzten fünf Kalenderjahre um einen geringeren Prozentsatz als denjenigen erhöht, den der Treuhänder jeweils für diese Jahre nach Ziff. 15.2 ermittelt hat, so darf der VR die Folgebeiträge nur um den
Fehlt
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AHB 2012 Ziff. 15
Beitragsangleichung
AHB 2012
AHB 2002
15. Beitragsangleichung Prozentsatz erhöhen, um den sich der Durchschnitt seiner Schadenszahlungen nach seinen unternehmenseigenen Zahlen im letzten Kalenderjahr erhöht hat; diese Erhöhung darf diejenige nicht überschreiten, die sich nach dem vorstehenden Absatz ergeben würde. 15.4 1Liegt die Veränderung nach Ziff. 15.2 oder 15.3 unter 5 Prozent, entfällt eine Beitragsangleichung. 2Diese Veränderung ist jedoch in den folgenden Jahren zu berücksichtigen.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . .
Rn.
1
B. Inhalt
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
A. Sinn und Zweck Ziff. 15 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 8 III AHB 2002. Neu hinzugekommen 1 ist die Regelung über die Anhebung der Mindestbeiträge in Ziff. 15.1 S. 3 AHB. Die Regelung bezweckt, den Beitragsbedarf des VR an die Entwicklung der Schadenskosten anzupassen. Die bei echter unterjähriger Beitragszahlung vorgesehene alternative Regelung weicht nur insoweit von Ziff. 15 AHB ab, als dort nach Ziff. 15.1 S. 4 AHB die Beitragsberechnung jeweils ab Beginn desjenigen Versicherungsjahres wirksam wird, das ab dem 1. Juli beginnt, und Ziff. 15.3 AHB keine Beitragsanpassung für ein (ganzes) Versicherungsjahr vorsieht.
B. Inhalt Ziff. 15.1 S. 1 AHB sieht vor, dass die Versicherungsprämien der Anpassung unter- 2 liegen. Eine solche Klausel ist grundsätzlich zulässig.1 Keine Anpassung findet nach Ziff. 15.1 S. 2 AHB statt für Haftpflichtversicherungsverträge, bei denen die Folgejahresprämien nach der Lohn-, Bau- oder Umsatzsumme berechnet werden. Da hier ohnedies eine laufende Anpassung an die sich ändernden wirtschaftlichen Verhältnisse erfolgt, ist eine Korrektur nicht erforderlich. Wird eine Prämie nach dem jeweiligen Jahresbruttomietwert berechnet, liegt i.S.d. Ziff. 15.1 S. 2 AHB ebenfalls eine Umsatzprämie vor, sodass daneben nicht auch noch eine Erhöhung nach Ziff. 15.3 AHB in Betracht kommt.2 Anders liegt der Fall, wenn der Jahresbruttomietwert bei Vertragsschluss als Beitragsbemessungsgrundlage dient, weil er dann einem tariflichen Festbeitrag gleichzustellen ist.3
1 2
BVerwG 14.10.1980 VersR 1981 221, 225 bzgl. der Rechtsschutzversicherung. Vgl. AG Homburg-Saar 25.10.1967 VA 1968 246 = VersR 1969 49; Späte § 8 Rn. 29 f.
3
Späte § 9 Rn. 30.
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AHB 2012 Ziff. 15
Haftpflichtversicherung
3
Nach Ziff. 15.2 S. 1 AHB sind die VR zur Anpassung der Folgejahresprämie berechtigt bzw. verpflichtet, wenn sich im vergangenen Kalenderjahr der Durchschnitt der Schadenszahlungen aller zum Betrieb der Allgemeinen Haftpflichtversicherung zugelassenen VR gegenüber dem vorvergangenen Jahr erhöht bzw. vermindert hat. Im Ausgangspunkt ist somit nicht die Schadensquote des jeweiligen VR, sondern die der gesamten Branche maßgeblich.4 Die Erhöhung/Verminderung ist von einem unabhängigen Treuhänder zu ermitteln. Der vom Treuhänder ermittelte Veränderungswert wird gem. Ziff. 15.2 S. 2 AHB auf 4 die nächst kleinere durch 5 teilbare ganze Zahl gerundet (Beispiel: Bei Erhöhung um 8 % erfolgt Abrundung auf 5 %). Hat sich der Durchschnitt der Schadenszahlungen um mind. 5 % erhöht, kann der VR die Prämie nach Ziff. 15.3 S. 1 erhöhen. Etwas anderes gilt nach Ziff. 15.3 S. 3 AHB dann, wenn sich der Durchschnitt der Schadenszahlungen des VR in jedem der letzten fünf Kalenderjahre um einen geringeren Prozentsatz als denjenigen erhöht hat, den der Treuhänder jeweils für diese Jahre nach Ziff. 15.2 AHB ermittelt hatte. In diesem Fall darf der VR den Folgejahresbeitrag nur um den Prozentsatz erhöhen, um den sich der Durchschnitt seiner Schadenszahlungen nach seinen unternehmenseigenen Zahlen im letzten Kalenderjahr erhöht hat. Insoweit ist die unternehmensindividuelle Entwicklung bei den Schadenszahlungen maßgeblich. Soweit der VR nach Ziff. 15.3 AHB die Prämie um mind. 5 % erhöht hat (ohne den Umfang des Versicherungsschutzes zu erweitern), ist der VN nach Ziff. 18 S. 1 AHB zur Kündigung berechtigt. Liegt der Veränderungswert um mindestens 5 % niedriger, muss der VR die Prämie reduzieren. Liegt der Veränderungwert unter 5 %, entfällt eine Prämienangleichung. Die Veränderung (Erhöhung, Reduktion) wird nach Ziff. 15.4 AHB in den folgenden Jahren berücksichtigt. Gegen die Wirksamkeit der Klausel bestehen keine Bedenken. Dass Prämienerhöhun5 gen grundsätzlich zulässig sind, folgt aus § 40 VVG. Unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten ist es unbedenklich, dass die Erhöhung an den Durchschnitt aller Schadenszahlungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums anknüpft, solange der VR spiegelbildlich auch zur Reduktion verpflichtet ist, falls sich die Zahlungen verringern.5 Das vertragliche Äquivalenzverhältnis bleibt auf diese Weise gewahrt.6 Dies wird durch die in Ziff. 15.3 S. 3 AHB vorgesehene Korrektur der Branchenwerte durch unternehmenseigene Zahlen sichergestellt. Der VN wird auch nicht etwa dadurch unangemessen benachteiligt, dass er am Verfahren zur Bestellung des Treuhänders, zu dem er durch Abschluss des Versicherungsvertrages formularmäßig seine Zustimmung erteilt hat, nicht mitwirkt.7 Insoweit kann es keinen Unterschied machen, ob der VR selbst aufgrund eigener Kalkulation und ohne Beteiligung des VN den Durchschnitt der Schadenszahlungen ermittelt oder einen Dritten beauftragt, dies für ihn zu tun. Der VN ist durch die Einräumung eines Kündigungsrechts ausreichend geschützt.
4 5
Späte § 9 Rn. 26. Vgl. auch Prölss/Martin/Knappmann § 40 Rn. 5; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 15 AHB Rn. 1; Littbarski AHB § 9 Ziff. 55; Beckmann VersR 1996 540, 542.
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6
7
Vgl. BGH 29.4.2008 NJW 2008 2172, 2173 – zu Preisänderungsklauseln bei Gaslieferungsverträgen. Vgl. Späte § 9 Rn. 28.
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Dauer und Ende des Vertrages
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 16
AHB 2002
Dauer und Ende des Vertrages/Kündigung 16. Dauer und Ende des Vertrages 16.1 Der Vertrag ist für die im Versicherungsschein angegebene Zeit abgeschlossen.
§ 9 I Ziff. 1 Der Vertrag ist für die im Versicherungsschein angegebene Zeit abgeschlossen.
16.2 Bei einer Vertragsdauer von mindestens einem Jahr verlängert sich der Vertrag um jeweils ein Jahr, wenn nicht dem Vertragspartner spätestens drei Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres eine Kündigung zugegangen ist.
§ 9 I Ziff. 2 Bei einer Vertragsdauer von mindestens einem Jahr verlängert sich der Vertrag um jeweils ein Jahr, wenn nicht dem Vertragspartner spätestens drei Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres eine Kündigung zugegangen ist.
16.3 Bei einer Vertragsdauer von weniger als einem Jahr endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zum vorgesehenen Zeitpunkt.
§ 9 I Ziff. 3 Bei einer Vertragsdauer von weniger als einem Jahr endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zum vorgesehenen Zeitpunkt.
16.4 Bei einer Vertragsdauer von mehr als drei Jahren kann der Vertrag schon zum Ablauf des dritten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres gekündigt werden; die Kündigung muss dem Vertragspartner spätestens drei Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres zugegangen sein.
§ 9 II Ziff. 6 Bei einer Vertragsdauer von mehr als fünf Jahren kann der Vertrag schon zum Ablauf des fünften Jahres oder jedes darauffolgenden Jahres gekündigt werden; die Kündigung muss dem Vertragspartner spätestens drei Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres zugegangen sein.
Ziff. 16 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 9 I und § 9 II Ziff. 6 AHB 2002. Sie ist 1 zuletzt mit Rücksicht auf § 11 Abs. 4 VVG im Jahre 2007 angepasst worden. Ziff. 16.1 AHB kommt kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Die Verlängerungsklausel gem. Ziff. 16.2 AHB entspricht den zeitlichen Vorgaben nach § 11 Abs. 1 und 3 VVG. Zur Wahrung der Kündigungsfrist muss die Kündigung innerhalb der Drei-Monatsfrist zugegangen sein. Die Kündigung bedarf nicht der Schriftform (vgl. Ziff. 29.1 AHB). Der VR ist nicht verpflichtet, die Kündigung zu bestätigen.1 Bei unterjährigen Verträgen bedarf es nach Ziff. 16.3 AHB keiner Kündigung. Rechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht. Ziff. 16.4 AHB betrifft Verträge mit mehrjähriger Laufzeit. Die Regelung entspricht § 11 Abs. 4 VVG, so dass auf die Kommentierung zu § 11 VVG verwiesen werden kann. Soweit Haftpflichtversicherungsverträge, die vor dem 1.1.2008 geschlossen wurden, 2 eine Laufzeit von mehr als drei Jahren vorsehen – nach § 8 Abs. 3 VVG a.F. war eine Befristung bis zu 5 Jahren zulässig – ist umstritten, ob der VN diese Verträge bereits zum Ablauf des dritten Jahres kündigen kann. Es geht dabei um die Frage, ob § 11 Abs. 4 VVG eine Frist i.S.d. Art. 3 Abs. 4 EGVVG enthält. Bejaht man dies, ist die dreijährige Frist für Altverträge einheitlich ab dem 1.1.2008 zu berechnen, sodass Verträge frühes-
1
OLG Schleswig 11.10.1995 RuS 1996 425 = VersR 1997 178.
Robert Koch
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AHB 2012 Ziff. 17
Haftpflichtversicherung
tens zum 31.12.2010 gekündigt werden können, soweit nicht die fünfjährige Frist früher abgelaufen war.2 Anderenfalls käme Art. 1 Abs. 1 EGVVG zur Anwendung mit der Folge, dass Altverträge ab 2009 hätten gekündigt werden können, wenn sie bis dahin drei Jahre gelaufen waren.3 Für diese Ansicht sprechen die vom Versicherungsombudsmann vorgebrachten Argumente, die im Hinblick darauf, dass der Streit über die Auslegung mit fortlaufender Zeit an Bedeutung verliert, hier nicht wiederholt werden sollen.4
AHB 2012
AHB 2002
17. Wegfall des versicherten Risikos 1Wenn versicherte Risiken vollständig und dauerhaft wegfallen, so erlischt die Versicherung bezüglich dieser Risiken. 2Dem VR steht der Beitrag zu, den er hätte erheben können, wenn die Versicherung dieser Risiken nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, zu dem er vom Wegfall Kenntnis erlangt.
§ 9 Ziff. IV Wenn versicherte Risiken vollständig und dauernd in Wegfall kommen, so erlischt die Versicherung bezüglich dieser Risiken. § 8 Ziff. IV Abs. 2 Bei vollständigem oder teilweisem Wegfall versicherter Risiken gilt: Dem VR steht der Beitrag zu, den er hätte erheben können, wenn die Versicherung dieser Risiken nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, zu dem er vom Wegfall Kenntnis erlangt.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Vollständiger und dauerhafter Wegfall des versicherten Risikos (Ziff. 17 S. 1 AHB) .
Rn.
1
C. Prämienschicksal (Ziff. 17 S. 2 AHB)
. .
8
2
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 17 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 9 IV und § 8 IV S. 2 AHB a.F. Die Klausel behandelt die Folgen des Wegfalls des versicherten Risikos für den Bestand des Versicherungsvertrags und die Prämienzahlungspflicht. Nach Ziff. 17 AHB erlischt die Versicherung und reduziert sich die Prämienschuld auf den Betrag, den der VR hätte beanspruchen können, wenn die Laufzeit von vornherein beschränkt gewesen wäre.
2
So LG Düsseldorf 24.11.2010 BeckRS 2011 03041; AG Eschweiler 17.11.2009, 21 C 243/09, zitiert nach juris; AG Düsseldorf 30.10.2009 NJW-RR 2010 908; AG Daun 16.9.2009 VersR 2009 1522; Prölss/Martin/ Prölss § 11 Rn. 10; Prölss/Martin/Armbrüster Art. 3 EGVVG Rn. 4; Schneider VersR 2008 859, 863; Funck/Pletsch VersR 2009 615, 616; Neuhaus/Kloth/Köther ZfV 2009 180, 182.
904
3
4
AG Düsseldorf 20.1.2010, 45 C 10776/09, zitiert nach juris = VuR 2010 197 (nur Leitsatz); Versicherungsombudsmann 30.4.2009 VersR 2009 913, 914. Versicherungsombudsmann 30.4.2009 VersR 2009 913, 914.
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Wegfall des versicherten Risikos
AHB 2012 Ziff. 17
B. Vollständiger und dauerhafter Wegfall des versicherten Risikos (Ziff. 17 S. 1 AHB) Die Klausel entspricht § 80 Abs. 2 VVG, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird. Zwar spricht Ziff. 17 AHB nicht vom versicherten Interesse, sondern vom versicherten Risiko. Jedoch tritt das versicherte Risiko in der Haftpflichtversicherung, bei der es an einer besonderen Beziehung zu einem Bestandteil des Aktivvermögens (Sachen, Forderungen und sonstigen Rechten) fehlt, an die Stelle des Aktivguts als Anknüpfungspunkt für das versicherte Interesse (Vor §§ 100–112 VVG Rn. 7). Im Übrigen ist auch nach § 80 Abs. 2 VVG ein vollständiger und dauerhafter Wegfall des Interesses des VN erforderlich.1 In der Kfz-Haftpflichtversicherung entfällt das Interesse, wenn das versicherte Kfz seine Eigenschaft als Fortbewegungsmittel vollständig verloren hat.2 Das nur vorübergehende Aus-dem-Verkehr-Ziehen und Abmelden reicht hingegen nicht aus.3 Erforderlich ist eine vollständige technische Zerstörung.4 In der Sportboothaftpflichtversicherung liegt nach Ansicht des AG Meldorf ein Interessewegfall nach dem Sinken eines Bootes vor, wenn auf das Wiederfinden oder die Wiederbeschaffung praktisch keine Aussicht mehr besteht.5 Die bloß geringere Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalles genügt dagegen nicht.6 So führt die Zerstörung des Hauses nicht zum Wegfall des versicherten Risikos in der Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung, sondern nur zu einer Minderung des Risikos und des Beitrags nach Ziff. 13.2 AHB.7 Von einem vollständigen und dauerhaften Wegfall des versicherten Risikos lässt sich nur dann sprechen, wenn dem VN keine Haftung mehr aus der betrieblichen/beruflichen/privaten Tätigkeit oder Eigenschaft droht, an die das Risiko geknüpft war.8 Im Hinblick darauf, dass der Versicherungsfall nach Ziff. 1.1 S. 2 AHB nicht an die haftungsbegründende Handlung, sondern den Eintritt des Schadens anknüpft, liegt ein Risikowegfall somit nicht bereits mit der Aufgabe einer bestimmten versicherten betrieblichen/beruflichen Tätigkeit oder Eigenschaft oder mit dem Tod des VN vor, sondern erst dann, wenn eine Inanspuchnahme des VN oder seiner Rechtsnachfolger, die in die Rechte und Pflichten des Versicherungsvertrages eingetreten sind, ausgeschlossen ist. Abzulehnen ist deshalb der von Späte vertretene Ansatz, beim Tod des VN zwischen personen- und sach-/unternehmensbezogenen Risiken zu unterscheiden und für personengebundene Versicherungen einen Risikofortfall anzunehmen.9 Personengebundene Risiken, bei denen die Haftpflicht an ein Verhalten des VN anknüpft (z.B. Privat- und Berufshaftpflichtversicherung), kommen nicht bereits mit dem Tod des VN vollständig und dauernd in Wegfall, sondern erst dann, wenn die zum Risiko gehörenden laufenden
1
2 3
4
BGH 8.6.1988 VersR 1988 925, 926; OLG Hamm 5.12.1997 VersR 1999 50; OLG Hamm 12.6.1974 VersR 1975 174, 175; LG Saarbrücken 19.2.2004 VersR 2004 773, 774; Prölss/Martin/Armbrüster § 80 Rn. 9; Langheid/Wandt/Halbach § 80 Rn. 6. LG Saarbrücken 19.2.2004 VersR 2004 773. BGH 27.5.1981 VersR 1981 921, 922; BGH 22.9.1958 BGHZ 28 137, 140 = VersR 1958 749. BGH 14.11.1960 VersR 1960 1107, 1108; OLG Saarbrücken 14.11.2001 NVersZ 2002
5 6 7 8 9
124, 125; KG 16.1.2001 NVersZ 2001 426; OLG Hamm 30.6.1993 VersR 1994 802. AG Meldorf 8.2.1989 VersR 1989 1144 [Ls.]. Langheid/Wandt/Halbach § 80 Rn. 6. Vgl. BGH 24.1.1951 VersR 1951 76 = NJW 1951 314, 315. Prölss/Martin/Armbrüster § 80 Rn. 17; Späte § 9 Rn. 28. Späte § 9 Rn. 31 f. (im Anschluss an Richter Das rechtliche Schicksal der Haftpflichtversicherung im Erbgang (1970)).
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AHB 2012 Ziff. 17
Haftpflichtversicherung
Angelegenheiten, aus denen noch Haftpflichtansprüche entstehen können, abgewickelt sind.10 Begeht der VN etwa Selbstmord durch Leuchtgas und löst ein Nachbar durch Betätigen des Lichtschalters eine Explosion aus, besteht für die Haftpflichtansprüche des Nachbarn gegen die Erben des VN Deckung.11 Die Einstellung eines Betriebs führt ebenfalls nicht ohne Weiteres zum Erlöschen der Betriebshaftpflichtversicherung.12 Werden in einem Versicherungsvertrag mehrere Risiken versichert, erlischt nur die 6 Versicherung hinsichtlich des weggefallenen Risikos (vgl. Ziff. 13.2 AHB).13 Ebenso wenig erlischt die Versicherung, wenn neue Risiken an die Stelle weggefallener Risiken treten. In diesem Fall besteht Versicherungsschutz für die neuen Risiken nach Maßgabe der Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB). Die Versicherung erlischt des Weiteren nicht in den Fällen, in denen ein Vertragsübergang stattfindet. So liegt der Fall bei der Unternehmensveräußerung gem. § 102 Abs. 2 VVG und bei der Veräußerung sachbezogener Haftpflichtversicherungen (§ 95 VVG),14 z.B. der Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung, Gewässerschaden-Haftpflichtversicherung, Tierhalter-Haftpflichtversicherung, Sportboothaftpflichtversicherung. Sind nicht nur die persönlichen Risiken des VN versichert, sondern auch die Risiken 7 Dritter, erlischt der Versicherungsvertrag gleichwohl, soweit nicht eine Fortsetzung mit den versicherten Dritten vertraglich vorgesehen ist. Letzteres ist der Fall in der Privathaftpflichtversicherung. Nach Ziff. 5.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht besteht im Falle des Todes des VN standardmäßig der Versicherungsschutz für den mitversicherten Ehegatten und eingetragenen Lebenspartner des VN und/oder unverheiratete und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Kinder des VN bis zum nächsten Beitragsfälligkeitstermin fort. Hierdurch wird verhindert, dass beim Tode des VN die überlebenden Familienangehörigen und Lebenspartner ungewollt den Versicherungsschutz verlieren.15
C. Prämienschicksal (Ziff. 17 S. 2 AHB) 8
Nach Ziff. 17 S. 2 AHB soll dem VR der Beitrag zustehen, der erhoben werden könnte, wenn die Versicherung bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, in welchem das versicherte Risiko weggefallen ist. Nach Lücke ist Ziff. 17 S. 2 AHB unwirksam, weil sie § 39 VVG widerspreche, der nur eine zeitanteilige Abrechnung für die Dauer gestatte, in der tatsächlich Versicherungsschutz bestand.16 Dagegen spricht, dass Ziff. 17 S. 2 – wenn auch mit anderen Worten – nur § 80 Abs. 2 VVG wiedergibt, sodass diese Klausel als wirksam anzusehen ist.17
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Prölss/Martin/Lücke Ziff. 17 AHB Rn. 3; Littbarski AHB § 9 Rn. 54. Ebenso Prölss/Martin/Lücke Ziff. 17 AHB Rn. 4; a.A. Späte § 9 Rn. 33. A.A. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 17 AHB Rn. 2: Nachhaftungsvereinbarung erforderlich. Späte § 9 Rn. 28; Wussow § 1 Anm. 15; Kuwert Rn. 9036.
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14
15 16 17
So ausdrücklich BTDrucks. 16/3945 S. 84; Prölss/Martin/Armbrüster § 95 Rn. 3; Wandt Rn. 716; a.A. Langheid/Wandt/Reusch § 95 Rn. 28 f.; Späte § 9 Rn. 29; Littbarski AHB § 9 Rn. 53. Späte § 9 Rn. 32. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 17 AHB Rn. 6. Vgl. auch HK-VVG/Schimikowski Ziff. 17 AHB Rn. 3.
Robert Koch
Kündigung nach Beitragsangleichung
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 18
AHB 2002
18. Kündigung nach Beitragsangleichung 1Erhöht
sich der Beitrag aufgrund der Beitragsangleichung gemäß Ziff. 15.3, ohne dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes ändert, kann der VN den Versicherungsvertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des VR mit sofortiger Wirkung, frühestens jedoch zu dem Zeitpunkt kündigen, in dem die Beitragserhöhung wirksam werden sollte. 2Der VR hat den VN in der Mitteilung auf das Kündigungsrecht hinzuweisen. 3Die Mitteilung muss dem VN spätestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Beitragserhöhung zugehen. 4Eine Erhöhung der Versicherungssteuer begründet kein Kündigungsrecht.
§ 9 II Ziff. 1 sich der Beitrag aufgrund der Beitragsangleichung gemäß § 8 III Ziff. 2, ohne dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes ändert, kann der VN den Versicherungsvertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des VR mit sofortiger Wirkung, frühestens jedoch zu dem Zeitpunkt kündigen, in dem die Beitragserhöhung wirksam werden sollte. 2Eine Erhöhung der Versicherungssteuer begründet kein Kündigungsrecht. 1Erhöht
Ziff. 18 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 9 II Ziff. 1 AHB 2002, der wegen § 40 1 Abs. 1 S. 2 VVG um die Belehrungspflicht in Ziff. 18 S. 2 AHB erweitert worden ist. Ziff. 18 S. 1 AHB entspricht § 40 Abs. 1 S. 1 VVG. Insoweit kann auf die dortige Kommentierung verwiesen werden. Ziff. 18 S. 4 AHB hat zwar keine Entsprechung im Gesetz gefunden, stellt aber keine den VN benachteiligende Abweichung i.S.v. § 42 VVG dar.1 Wie insbesondere der Verweis in Ziff. 18 S. 1 AHB auf Ziff. 15.3 AHB deutlich macht, besteht das Kündigungsrecht nach Ziff. 18 AHB nur bei Prämienerhöhungen wegen eines erhöhten Schadenskostenbedarfs des VR infolge einer Zunahme von Schadensfällen und/oder gestiegener Aufwendungen. Folgerichtig bestimmt Ziff. 18 S. 4 AHB, dass die Erhöhung der Versicherungssteuer kein Kündigungsrecht des VN begründet. Erhöhungen der Versicherungssteuer berechtigten den VN im Übrigen auch nicht zur 2 Kündigung nach § 40 VVG. Zwar „gilt“ nach § 7 Abs. 4 VersStG im Verhältnis zwischen dem VR und dem VN die Steuer als Teil der Prämie (vgl. Ziff. 8 S. 2 AHB). Diese kommt jedoch nicht dem VR zugute, sondern gebührt dem Fiskus. Steuerschuldner ist der VN. Der VR, der für die Steuerschuld des VN nach § 7 Abs. 1 VerStG haftet, zieht dessen Steuerschuld lediglich ein und ist gegebenenfalls zur Klage befugt.2 Eine die Anwendung des § 40 VVG rechtfertigende Änderung der vertraglichen Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung ist nicht gegeben. Dagegen findet § 40 VVG Anwendung, soweit es um Prämienerhöhungen geht, die nicht nach Ziff. 15.3 AHB, sondern auf Basis von Ziff. 15.4 AHB erfolgen.
1
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 18 AHB Rn. 1.
2
Langheid/Wandt/Staudinger § 33 Rn. 9.
Robert Koch
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AHB 2012 Ziff. 19
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
19. Kündigung nach Versicherungsfall 19.1 1Das Versicherungsverhältnis kann gekündigt werden, wenn – vom VR eine Schadensersatzzahlung geleistet wurde oder – dem VN eine Klage über einen unter den Versicherungsschutz fallenden Haftpflichtanspruch gerichtlich zugestellt wird. 2Die Kündigung muss dem Vertragspartner spätestens einen Monat nach der Schadensersatzzahlung oder der Zustellung der Klage zugegangen sein. 19.2 1Kündigt der VN, wird seine Kündigung sofort nach ihrem Zugang beim VR wirksam. 2Der VN kann jedoch bestimmen, dass die Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt, spätestens jedoch zum Ende des laufenden Versicherungsjahres, wirksam wird. 3Eine Kündigung des VR wird einen Monat nach ihrem Zugang beim VN wirksam.
§ 9 II Ziff. 2 Das Versicherungsverhältnis kann ferner gekündigt werden, wenn von dem VR aufgrund eines Versicherungsfalls eine Schadensersatzzahlung geleistet oder der Haftpflichtanspruch rechtshängig geworden ist oder der VR die Leistung der fälligen Entschädigung verweigert hat. § 9 II Ziff. 3 Die Kündigung muss dem Vertragspartner spätestens einen Monat nach der Schadensersatzzahlung oder der Zustellung der Klage zugegangen sein. § 9 II Ziff. 4 der VN, wird seine Kündigung sofort nach dem Zugang beim VR wirksam. 2Der VN kann jedoch bestimmen, dass die Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt, spätestens jedoch zum Ende des laufenden Versicherungsrungsjahres wirksam wird. 3Eine Kündigung des VR wird einen Monat nach ihrem Zugang beim VN wirksam. 1Kündigt
Alternative für die echte unterjährige Beitragszahlung 19.2 1Kündigt der VN, wird seine Kündigung sofort nach ihrem Zugang beim VR wirksam. 2Der VN kann jedoch bestimmen, dass die Kündigung zu jedem späteren Zeitpunkt, spätestens jedoch zum Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres, wirksam wird. 3Eine Kündigung des VR wird einen Monat nach ihrem Zugang beim VN wirksam.
Übersicht Rn. A. B. I. II.
Sinn und Zweck . . . . . . . . . . Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . Ziff. 19.1 S. 1, 1. Spiegelstrich AHB Ziff. 19.1 S. 1, 2. Spiegelstrich AHB
. . . .
. . . .
. . . .
1 2 2 6
Rn. III. Ziff. 19.1 S. 2 AHB . . . . . . . . . . . IV. Ziff. 19.2 AHB . . . . . . . . . . . . . V. Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . .
10 11 12
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 19 AHB begründet ein befristetes außerordentliches Sonderkündigungsrecht der am Versicherungsvertrag beteiligten Parteien nach Eintritt des Versicherungsfalles. Während die Vorgängerregelung des § 9 II Ziff. 2 bis 4 AHB 2002 beiden Parteien ein Kündigungsrecht allgemein bei Rechtshängigkeit des Haftpflichtanspruchs einräumte und somit auch die Zustellung eines Mahnbescheides erfasste, verlangt die Neuregelung die Zustellung einer Klage. Darüber hinaus wurde im Jahr 2004 das Kündigungsrecht des VN bei Leistungsverweigerung des VR bzgl. der fälligen Entschädigung gestrichen. Zum Sinn und Zweck des Sonderkündigungsrechts s. § 111 VVG Rn. 2 ff.
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Robert Koch
Kündigung nach Versicherungsfall
AHB 2012 Ziff. 19
B. Inhalt I. Ziff. 19.1 S. 1, 1. Spiegelstrich AHB Abweichend von § 111 Abs. 1 S. 1 VVG, der auf das Anerkenntnis des Freistellungsanspruchs durch den VR gegenüber dem VN abstellt, kann das Versicherungsverhältnis nach Ziff. 19.1 S. 1, 1. Spiegelstrich AHB gekündigt werden, wenn vom VR eine Schadensersatzzahlung geleistet wurde. Da unter den Begriff des Anerkenntnisses i.S.v. § 111 Abs. 1 S. 1 VVG auch Schadensersatzzahlungen an den Geschädigten fallen, weicht Ziff. 19.1, 1. Spiegelstrich AHB jedoch sachlich nicht von der gesetzlichen Regelung ab. Der VR muss tatsächlich eine Schadensersatzzahlung zum Zwecke der Tilgung des Haftpflichtanspruchs des geschädigten Dritten gegen den VN geleistet haben. Hat der VN den Dritten mit bindender Wirkung für den VR befriedigt (§ 106 S. 2 VVG), steht die Leistung an den VN einer Schadensersatzzahlung gleich. Die Zahlung eines Teilbetrages löst das Kündigungsrecht nur einmal aus.1 Spätere Zahlungen des VR an denselben geschädigten Dritten begründen somit nicht jedes Mal wieder ein neues Kündigungsrecht.2 Anders liegt der Fall, wenn Zahlungen an verschiedene geschädigte Dritte erfolgen (vgl. § 111 VVG Rn. 21). Tilgt der VR die gegnerische Haftpflichtforderung durch Erklärung der Aufrechnung, steht dies einer Schadensersatzzahlung insofern gleich, als die Aufrechnungserklärung dem Empfänger tatsächlich zugegangen und dadurch die Erfüllungswirkung eingetreten ist.3 Das Gleiche gilt für die Zahlung aufgrund eines Haftungs- oder Deckungsvergleichs.4 Zur Behandlung sog. Kulanzzahlungen s. § 111 VVG Rn. 14.
2
3
4
5
II. Ziff. 19.1 S. 1, 2. Spiegelstrich AHB Ziff. 19.1, 2. Spiegelstrich AHB hat keine Entsprechung in § 111 VVG. Die Kündi- 6 gungsoption hängt von der Zustellung der Klage ab, sodass grundsätzlich ein Kündigungsrecht auch bei unbegründeten Klagen besteht. Dies lehnt Lücke unter Bezugnahme auf den Sinn und Zweck der Klausel ab.5 Der Grund des Kündigungsrechtes liege darin, dass der VR sich von einem unzuverlässigen VN trennen können solle. Gegen die Erhebung unbegründeter Klagen könne sich der VN jedoch nicht wehren. Sie spreche auch nicht für dessen Unzuverlässigkeit, sodass es keinen Anlass für ein Kündigungsrecht gebe. Diese Argumentation überzeugt nicht, weil eine Klage nicht aus heiterem Himmel gegen den VN erhoben wird. Der Geschädigte geht diesen Weg erst dann, wenn der von ihm geltend gemachte Anspruch vom VR dem Grunde und/oder der Höhe nach als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Insoweit hat eine Prüfung der Haftpflichtfrage durch den VR stattgefunden und es kommen die Überlegungen zum Tragen, die den Gesetzgeber dazu veranlasst haben, beiden Parteien die Möglichkeit zur Kündigung zu geben (§ 111 Abs. 1 S. 2 VVG), wenn der VR dem VN die Weisung erteilt, es zum Rechtsstreit über den Anspruch kommen zu lassen. Insoweit beschränkt sich die Abweichung zu § 111 Abs. 1 S. 2 VVG darauf, dass der Kündigungsgrund dort erst mit Rechtskraft des Haftpflichturteils entsteht (§ 111 VVG Rn. 20, 22). Erhebt der geschädigte Dritte lediglich eine Feststellungsklage, so genügt auch dies für ein Kündigungsrecht. 1 2 3
Späte § 9 Rn. 18; Littbarski AHB § 9 Rn. 20. Späte § 9 Rn. 18; Littbarski AHB § 9 Rn. 20. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 19 AHB Rn. 2; Späte § 9 Rn. 17; Littbarski AHB § 9 Rn. 19.
4
5
HK-VVG/Schimikowski Ziff. 17 AHB Rn. 2; Späte § 9 Rn. 17; Littbarski AHB § 9 Rn. 19; vgl. auch § 111 VVG Rn. 11, 13. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 19 AHB Rn. 3.
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AHB 2012 Ziff. 19
Haftpflichtversicherung
7
Nach Sinn und Zweck des Sonderkündigungsrechts – einerseits dem VR die Möglichkeit zur Vertragsbeendigung zu geben, wenn er zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu den bisherigen Konditionen nicht mehr risikoadäquat ist(§ 111 VVG Rn. 3), und andererseits dem VN im Hinblick auf das Regulierungsverhalten des VR ebenfalls ein solches Recht einzuräumen (§ 111 VVG Rn. 4) – ist es nicht zu beanstanden, dass dem VR und dem VN eine Kündigungsmöglichkeit für den Fall eingeräumt wird, dass der Dritte seine Ansprüche gerichtlich geltend macht. Eine weitere Abweichung von der gesetzlichen Regelung ist im Übrigen darin zu sehen, dass hier auch die – seltene – Durchführung eines Haftungsprozesses auf Veranlassung des VN beide Parteien zur Kündigung berechtigt. Lücke ist auch insoweit nicht zu folgen, als er die Kündigung des VR bei einem sich 8 abzeichnenden Serienschaden als rechtsmissbräuchlich ansieht.6 Der VN ist nicht schutzwürdig, da er eine Herauskündigung aus der Serie durch Vereinbarung der sog. alternativen Serienschadensklausel verhindern kann (Ziff. 6 AHB Rn. 11). Arrestgesuch (§ 920 ZPO) und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 9 (§§ 936, 920 ZPO) haben keine der Klage entsprechende Bedeutung, da es auf die Zustellung nicht ankommt. Die Entscheidung kann vielmehr auch ohne vorheriges rechtliches Gehör des Schuldners ergehen (§ 128 Abs. 4 ZPO; vgl. auch § 922 Abs. 2, 3 ZPO).
III. Ziff. 19.1 S. 2 AHB 10
Ziff. 19.1 S. 2 AHB entspricht hinsichtlich der Länge der Kündigungserklärungsfrist § 111 Abs. 2 S. 1 VVG. Die Frist beginnt bei Schadensersatzzahlung des VR mit dem Zeitpunkt des Leistungserfolgs,7 im Übrigen mit Zustellung der Klage. Es handelt sich um eine Ausschlussfrist. Mit ihrem Ablauf erlischt das Kündigungsrecht.8
IV. Ziff. 19.2 AHB 11
Ziff. 19.2 AHB betrifft den Wirksamkeitszeitpunkt der innerhalb der Frist des Ziff. 19.1 S. 1 AHB erklärten Kündigung. Kündigt der VN, wird seine Kündigung gem. Ziff. 19.2 S. 1 AHB sofort nach ihrem Zugang beim VR wirksam, soweit er nicht bestimmt, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt, spätestens jedoch zum Ende des laufenden Versicherungsjahres, wirksam wird. Diese Regelung stimmt mit §§ 111 Abs. 2 S. 2 i.V.m. 92 Abs. 2 S. 3 VVG überein. Ziff. 19.2 S. 2 AHB, der bestimmt, dass die Kündigung des VR einen Monat nach ihrem Zugang beim VN wirksam wird, entspricht §§ 111 Abs. 2 S. 2 i.V.m. 92 Abs. 2 S. 2 VVG.
V. Wirksamkeit 12
Lücke zieht die Wirksamkeit von Ziff. 19 AHB im Hinblick darauf in Zweifel, dass das Kündigungsrecht auch bei Zustellung unbegründeter Klagen besteht und dem VN – abweichend von § 111 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VVG kein Kündigungsrecht wegen zu Unrecht
6
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 19 AHB Rn. 5; ähnlich Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 308; ohne Stellungnahme HK-VVG/Schimikowski Ziff. 19 AHB Rn. 2.
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7 8
A.A. OLG Koblenz 29.9.2000 NVersZ 2001 237 = VersR 2002 699. OLG Koblenz 29.9.2000 NVersZ 2001 237 = VersR 2002 699, 700.
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Kündigung nach Veräußerung versicherter Unternehmen
AHB 2012 Ziff. 20
erfolgter Ablehnung des Freistellungsanspruchs eingeräumt wird.9 Wie zuvor ausgeführt (Rn. 7) liegt es jedoch im beiderseitigen Interesse, bereits zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage zur Kündigung berechtigt zu sein. Bezüglich des Rechts zur Kündigung wegen zu Unrecht erfolgter Ablehnung weicht Ziff. 19.1 S. 1 AHB nicht so weit vom Gesetz ab, dass eine unangemessene Benachteiligung des VN anzunehmen ist. Die Frage der unrechtmäßigen Ablehnung lässt sich nämlich erst beantworten, wenn der Haftpflichtanspruch rechtskräftig und mit bindender Wirkung für den VR festgestellt worden ist (§ 111 VVG Rn. 17). In diesem Fall hat der VR die Entschädigung gem. § 106 S. 2 VVG innerhalb von zwei Wochen zu zahlen. Mit der Zahlung kann der VN den Versicherungsvertrag nach § 19.1 S. 1, 1. Spiegelstrich AHB kündigen.
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AHB 2002
20. Kündigung nach Veräußerung versicherter Unternehmen 20.1 1Wird ein Unternehmen, für das eine Haftpflichtversicherung besteht, an einen Dritten veräußert, tritt dieser an Stelle des VN in die während der Dauer seines Eigentums sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. 2Dies gilt auch, wenn ein Unternehmen aufgrund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrages oder eines ähnlichen Verhältnisses von einem Dritten übernommen wird. 20.2 Das Versicherungsverhältnis kann in diesem Falle – durch den VR dem Dritten gegenüber mit einer Frist von einem Monat, – durch den Dritten dem VR gegenüber mit sofortiger Wirkung oder auf den Schluss der laufenden Versicherungsperiode in Schriftform gekündigt werden.
§ 9 III Ziff. 1 ein Unternehmen, für das eine Betriebshaftpflichtversicherung besteht, an einen Dritten veräußert, tritt dieser an Stelle des VN in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten ein. 2Dies gilt auch, wenn ein Unternehmen aufgrund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrages oder eines ähnlichen Verhältnisses von einem Dritten übernommen wird. 1Wird
§ 9 III Ziff. 2 Das Versicherungsverhältnis kann in diesem Falle – durch den VR dem Dritten gegenüber mit einer Frist von einem Monat, – durch den Dritten dem VR gegenüber mit sofortiger Wirkung oder auf den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden.
Alternative für die echte unterjährige Beitragszahlung: 20.2 Das Versicherungsverhältnis kann in diesem Falle – durch den VR dem Dritten gegenüber mit einer Frist von einem Monat, – durch den Dritten dem VR gegenüber mit sofortiger Wirkung oder zu jedem späterem Zeitpunkt, spätestens jedoch zum Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres in Schriftform gekündigt werden.
9
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 19 AHB Rn. 3, 7.
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AHB 2012 Ziff. 20
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
20. Kündigung nach Veräußerung versicherter Unternehmen 20.3 Das Kündigungsrecht erlischt, wenn – der VR es nicht innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an ausübt, in welchem er vom Übergang auf den Dritten Kenntnis erlangt; – der Dritte es nicht innerhalb eines Monats nach dem Übergang ausübt, wobei das Kündigungsrecht bis zum Ablauf eines Monats von dem Zeitpunkt an bestehen bleibt, in dem der Dritte von der Versicherung Kenntnis erlangt.
§ 9 III Ziff. 3 Das Kündigungsrecht erlischt, – wenn der VR es nicht innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an ausübt, in welchem er vom Übergang auf den Dritten Kenntnis erlangt; – wenn der Dritte es nicht innerhalb eines Monats nach dem Übergang ausübt, wobei das Kündigungsrecht bis zum Ablauf eines Monats von dem Zeitpunkt an bestehen bleibt, in dem der Dritte von der Versicherung Kenntnis erlangt.
20.4 Erfolgt der Übergang auf den Dritten während einer laufenden Versicherungsperiode und wird das Versicherungsverhältnis nicht gekündigt, haften der bisherige VN und der Dritte für den Versicherungsbeitrag dieser Periode als Gesamtschuldner.
§ 9 III Ziff. 4 Erfolgt der Übergang auf den Dritten während einer laufenden Versicherungsperiode, haften der bisherige VN und der Dritte für den Versicherungsbeitrag dieser Periode als Gesamtschuldner.
20.5 1Der Übergang eines Unternehmens ist dem VR durch den bisherigen VN oder den Dritten unverzüglich anzuzeigen. 2Bei einer schuldhaften Verletzung der Anzeigepflicht besteht kein Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem die Anzeige dem VR hätte zugehen müssen, und der VR den mit dem Veräußerer bestehenden Vertrag mit dem Erwerber nicht geschlossen hätte. 3Der Versicherungsschutz lebt wieder auf und besteht für alle Versicherungsfälle, die frühestens einen Monat nach dem Zeitpunkt eintreten, in dem der VR von der Veräußerung Kenntnis erlangt. 4Dies gilt nur, wenn der VR in diesem Monat von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. 5Der Versicherungsschutz fällt trotz Verletzung der Anzeigepflicht nicht weg, wenn dem VR die Veräußerung in dem Zeitpunkt bekannt war, in dem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen.
§ 9 III Ziff. 5 Übergang eines Unternehmens ist dem VR durch den bisherigen VN oder den Dritten unverzüglich anzuzeigen. 2Bei einer schuldhaften Verletzung der Anzeigepflicht besteht kein Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem die Anzeige dem VR hätte zugehen müssen, es sei denn, diese Rechtsfolge steht außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes. 3Der Versicherungsschutz fällt trotz Verletzung der Anzeigepflicht nicht weg, wenn dem VR die Veräußerung in dem Zeitpunkt bekannt war, in dem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen. 4Der Versicherungsschutz lebt wieder auf und besteht für alle Versicherungsfälle, die frühestens einen Monat nach dem Zeitpunkt eintreten, in dem der VR von der Veräußerung Kenntnis erlangt. 5Dies gilt nur, wenn der VR in diesem Monat von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. 1Der
1
Ziff. 20 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 9 III AHB 2002. Die Klausel begründet ein befristetes außerordentliches Sonderkündigungsrecht des VR und des Erwerbers des haftpflichtversicherten Unternehmens. Ziff. 20.1 AHB entspricht § 102 Abs. 2 S. 1 und 2 VVG, Ziff. 20.2 AHB wiederum 2 § 96 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 VVG, Ziff. 20.3 AHB der Regelung in § 96 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 VVG und Ziff. 20.4 AHB § 95 Abs. 2 VVG. Ziff. 20.5. AHB stimmt sachlich mit § 97 VVG überein. Da § 102 Abs. 2 S. 2 VVG auf § 95 Abs. 2 und 3 VVG
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Kündigung nach Risikoerhöhung aufgrund Rechtsänderung
AHB 2012 Ziff. 21
sowie die §§ 96 und 97 VVG Bezug nimmt, kann vollständig auf die Kommentierung zu § 102 VVG verwiesen werden (§ 102 VVG Rn. 42 ff.). Soweit Ziff. 20.2 AHB Schriftform für die Kündigung des VN vorsieht, ist dies nach § 98 VVG zulässig.1 Nach der Alternative zu Ziff. 20.2 AHB für die echte unterjährige Beitragszahlung 3 kann das Versicherungsverhältnis durch den Dritten dem VR gegenüber nicht nur mit sofortiger Wirkung oder auf den Schluss der laufenden Versicherungsperiode, sondern zu jedem späteren Zeitpunkt bis spätestens zum Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres gekündigt werden.
AHB 2012
AHB 2002
21. Kündigung nach Risikoerhöhung aufgrund Änderung oder Erlass von Rechtsvorschriften 1Bei
Erhöhungen des versicherten Risikos durch Änderung bestehender oder Erlass neuer Rechtsvorschriften ist der VR berechtigt, das Versicherungsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen. 2Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an ausgeübt wird, in welchem der VR von der Erhöhung Kenntnis erlangt hat.
§ 1 Ziff. 2 b) Erhöhungen des übernommenen Risikos, die durch Änderung bestehender oder durch Erlass neuer Rechtsnormen eintreten, gilt Folgendes: Der VR ist berechtigt, dasVersicherungsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zu kündigen. 2Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an ausgeübt wird, in welchem der VR von der Erhöhung der Gefahr Kenntnis erlangt, oder wenn der Zustand wieder hergestellt ist, der vor der Erhöhung bestanden hat. 1Bei
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . .
Rn.
1 3
C. Beginn der Kündigungsfrist . . . . . . .
4
A. Sinn und Zweck Ziff. 21 AHB tritt an die Stelle von § 1 Abs. 2 lit. b) S. 1 und S. 2 AHB 2002. Die 1 Klausel gewährt dem VR ein Sonderkündigungsrecht im Falle der Änderung bestehender oder dem Erlass neuer Rechtsvorschriften (zum Begriff s. Ziff. 3 AHB Rn. 163 f.), durch die das versicherte Risiko erhöht wird. Ziff. 21 S. 1 AHB beschreibt eine objektive Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 Abs. 3 VVG und muss sich wegen § 32 VVG an der Rechtsfolgenregelung des § 24 Abs. 2 und 3 VVG messen lassen.1 Hinsichtlich der Kündigungsfrist stimmt Ziff. 21 S. 2 AHB mit den gesetzlichen Vorschriften überein. Die Klausel weicht jedoch insoweit von § 24 Abs. 3 VVG ab, als dass das Kündi- 2 gungsrecht des VR nicht erlischt, wenn im Zeitpunkt der Kündigungserklärung der Zustand wiederhergestellt ist, der vor der Gefahrerhöhung bestand. Eine solche Wieder-
1
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 20 AHB Rn. 2.
1
HK-VVG/Schimikowski Ziff. 21 AHB Rn. 1.
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AHB 2012 Ziff. 22
Haftpflichtversicherung
herstellung kommt nicht in Betracht, da eine Aufhebung der Vorschriften innerhalb der Monatsfrist praktisch nicht vorstellbar ist.2 Eine nachteilige Abweichung von § 32 VVG durch Ziff. 21 S. 2 AHB liegt somit nicht vor3, zumal die Wiederherstellung innerhalb der Monatsfrist die Kündigung nach § 24 Abs. 3 VVG nicht unwirksam werden lässt.4
B. Voraussetzungen 3
Voraussetzung für das Sonderkündigungsrecht nach Ziff. 21 AHB ist, dass die geänderten oder neu erlassenen Rechtsnormen zu einer Erhöhung des versicherten Risikos führen. Damit ist die Erhöhung der Gefahr einer Inanspruchnahme des VN gemeint. Es muss mithin ein unter den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fallendes Haftpflichtrisiko betroffen sein. Die Änderung von Unfallverhütungsvorschriften – würde man sie entgegen der hier vertretenen Ansicht (Ziff. 3 AHB Rn. 165) zu Rechtsvorschriften i.S.v. Ziff. 22 S. 1 AHB zählen – berechtigt den VR deshalb nicht zur Kündigung, weil keine Deckung für Haftpflichtansprüche aus Personenschäden besteht, bei denen es sich um Arbeitsunfälle im Betrieb des VN gemäß dem SGB VII handelt.
C. Beginn der Kündigungsfrist 4
Die Kündigungsfrist beträgt nach Ziff. 21 S. 2 AHB einen Monat ab Kenntnis des VR von der Risikoerhöhung, mithin ab Kenntnis von dem Erlass oder der Änderung der Rechtsvorschrift. Lücke hat sich dafür ausgesprochen, statt auf die Kenntnis des VR auf den Zeitpunkt des „Erlasses der Rechtsvorschrift“ abzustellen – wobei nicht klar ist, ob er damit den Zeitpunkt der Verkündung oder des Inkrafttretens der Rechtsnorm meint.5 Hierfür gibt der Wortlaut von Ziff. 21 S. 2 AHB jedoch keinen Raum. Späte und Wussow wollen für die Kenntnis bereits die Verkündung der Rechtsnorm in den dafür vorgesehenen Verkündungsblättern ausreichen lassen.6 Dies erscheint jedoch sehr fraglich, da Kennenmüssen der Kenntnis nicht gleichsteht und ein Fall des arglistigen Kenntnisentzuges nicht vorliegen dürfte.
AHB 2012
AHB 2002
22. Mehrfachversicherung 22.1 Eine Mehrfachversicherung liegt vor, wenn das Risiko in mehreren Versicherungsverträgen versichert ist.
2 3 4
So auch Wussow § 1 Anm. 99. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 21 AHB Rn. 1 Fn. 1. H.M., vgl. Bruck/Möller/Matusche-Beckmann § 24 VVG Rn. 19; Schwintowski/Brömmelmeyer/Loacker § 24 VVG Rn. 15; Looschelders/Pohlmann/Looschelders § 24 Rn. 16;
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§ 9 V Ziff. 1 Eine Doppelversicherung liegt vor, wenn ein Interesse gegen dieselbe Gefahr in mehreren Versicherungsverträgen versichert ist.
5 6
HK-VVG/Karczewski § 24 VVG Rn. 6; a.A. Prölss/Martin/Prölss § 24 VVG Rn. 8; Langheid/Wandt/Wrabetz/Reusch § 24 VVG Rn. 18. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 21 AHB Ziff. 2. Späte § 1 Rn. 243; Wussow § 1 Anm. 96.
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Mehrfachversicherung
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AHB 2012 Ziff. 22
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22. Mehrfachversicherung 22.2 Wenn die Mehrfachversicherung zustande gekommen ist, ohne dass der VN dies wusste, kann er die Aufhebung des später geschlossenen Vertrages verlangen. 22.3 1Das Recht auf Aufhebung erlischt, wenn der VN es nicht innerhalb eines Monats geltend macht, nachdem er von der Mehrfachversicherung Kenntnis erlangt hat. 2Die Aufhebung wird zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem die Erklärung, mit der sie verlangt wird, dem VR zugeht.
§ 9 V Ziff. 2 Wenn eine Doppelversicherung zustande gekommen ist, ohne dass der VN dies wusste, kann er die Aufhebung des später geschlossenen Vertrages verlangen. § 9 V Ziff. 3 Recht auf Aufhebung erlischt, wenn der VN es nicht unverzüglich geltend macht, nachdem er von der Doppelversicherung Kenntnis erlangt hat. 2Die Aufhebung wird mit dem Ablauf der Versicherungsperiode wirksam, in der sie verlangt wird.
1Das
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Begriff der Mehrfachversicherung (Ziff. 22.1 AHB) . . . . . . . . . . . . .
1
Rn. C. Vertragsaufhebung (Ziff. 22.2 und 22.3 AHB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2
A. Sinn und Zweck Ziff. 22 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 9 V AHB 2002. Ziff. 22.1 AHB definiert 1 den Begriff der Mehrfachversicherung, Ziff. 22.2 und 22.3 AHB befassen sich mit der Aufhebung der Mehrfachversicherung.
B. Begriff der Mehrfachversicherung (Ziff. 22.1 AHB) Nach Ziff. 22.1 AHB liegt eine Mehrfachversicherung vor, wenn das Risiko in meh- 2 reren Versicherungsverträgen versichert ist. Da das versicherte Risiko in der Haftpflichtversicherung an die Stelle des Aktivguts als Anknüpfungspunkt für das versicherte Interesse tritt (Vor §§ 100–112 VVG Rn. 7), definiert Ziff. 22.1 AHB den Begriff der Mehrfachversicherung insoweit abweichend von § 77 Abs. 1 VVG. Eine Mehrfachversicherung i.S.v. Ziff. 22.1 AHB liegt auch dann vor, wenn zwei Haftpflichtversicherungsverträge bei einem VR bestehen. Bestehen Haftpflichtversicherungsverträge mit unterschiedlichen VR, lässt dies die Verpflichtung des einzelnen VR unberührt, dem VN vollen Deckungsschutz zu gewähren.1
1
Vgl. OLG Karlsruhe 7.12.2006 VersR 2007 788, 789 = NJOZ 2007 5957, 5959.
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Haftpflichtversicherung
C. Vertragsaufhebung (Ziff. 22.2 und 22.3 AHB) 3
Ziff. 22.2 AHB weicht insoweit von § 79 Abs. 1 VVG ab, als der VN nur berechtigt ist, die Aufhebung des später geschlossenen Vertrages zu verlangen, nicht jedoch die Herabsetzung der Versicherungssumme unter verhältnismäßiger Minderung der Prämie auf den Teilbetrag, der durch die frühere Versicherung nicht gedeckt ist. Diese Abweichung ist der Besonderheit der Haftpflichtversicherung geschuldet, die keinen Versicherungswert kennt. 4 Die Monatsfrist nach Ziff. 22.3 S. 1 AHB, innerhalb derer der VN sein Aufhebungsverlangen ausüben muss, weicht ebenfalls von § 79 Abs. 1 VVG ab, der anders als § 60 Abs. 3 S. 2 VVG a.F. („Aufhebung muss unverzüglich verlangt werden“) keine Befristung mehr vorsieht. Da § 79 VVG keine halbzwingende Vorschrift ist (vgl. § 87 VVG), sind Abweichungen an § 307 BGB zu messen. Mit Blick auf die Begründung des Gesetzgebers für die Abschaffung von § 60 Abs. 3 S. 2 VVG a.F. dürfte die Befristung als Abweichung von wesentlichen Grundgedanken des § 79 Abs. 1 VVG zu bewerten sein, welche gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Ziff. 1 BGB zur Unwirksamkeit von Ziff. 22.3 S. 1 AHB führt.2 Der Gesetzgeber begründet die Abschaffung nämlich wie folgt: „Die zeitliche Beschränkung nach § 60 Abs. 3 S. 2 VVG für das Recht des VN, die Beseitigung der Mehrfachversicherung zu verlangen, ist sachlich nicht gerechtfertigt und soll daher ebenfalls entfallen; für den VR ergibt sich hieraus kein unangemessener Nachteil.“ 3
Nach dem Willen des Gesetzgebers hat es der VR somit hinzunehmen, dass der VN die Aufhebung ohne zeitliche Beschränkung verlangen kann. Keine Bedenken bestehen hingegen bezüglich Ziff. 22.3 S. 2 AHB, wonach die Aufhebung erst mit Zugang der Erklärung beim VR wirksam wird .4
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Obliegenheiten des VN 23. Vorvertragliche Anzeigepflichten des VN 23.1 Vollständigkeit und Richtigkeit von Angaben über gefahrerhebliche Umstände 1Der VN hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung dem VR alle ihm bekannten Gefahrumstände anzuzeigen, nach denen der VR in Textform gefragt hat und die für den Entschluss des VR erheblich sind, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen. 2Der VN ist auch insoweit zur Anzeige verpflichtet, als nach seiner Vertragserklärung, aber vor Vertragsannahme der VR in Textform Fragen
2
Vgl. auch i.E. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 22 Rn. 2; a.A. offenbar HK-VVG/Schimikowski Ziff. 22 AHB Rn. 1; zum Begriff der unangemessenen Benachteiligung s. BGH 25.4.2001 NJW 2001 2331, 2331 f.; BGH 3.11.1999
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§ 11 I Ziff. 1 VN oder sein Bevollmächtigter sind verpflichtet, dem VR bei Abschluss des Vertrages alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände schriftlich, wahrheitsgemäß und vollständig anzuzeigen, insbesondere die im Versicherungsantrag gestellten Fragen ebenso zu beantworten. 2Gefahrerheblich sind die Umstände, die geeignet sind, auf den Entschluss 1Der
3 4
NJW 2000 1110, 1112; BGH 4.7.1997 NJW 1997 3022, 3023. BTDrucks. 16/3945 S. 79. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 22 AHB Rn. 1.
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Vorvertragliche Anzeigepflichten des VN
AHB 2012
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23. Vorvertragliche Anzeigepflichten des VN im Sinne des Satzes 1 stellt. 3Gefahrerheblich sind die Umstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des VR Einfluss auszuüben, den Vertrag überhaupt oder mit dem vereinbarten Inhalt abzuschließen. 4Wird der Vertrag von einem Vertreter des VN geschlossen und kennt dieser den gefahrerheblichen Umstand, muss sich der VN so behandeln lassen, als habe er selbst davon Kenntnis gehabt oder dies arglistig verschwiegen.
des VR Einfluss auszuüben, den Vertrag überhaupt oder mit dem vereinbarten Inhalt abzuschließen. 3Ein Umstand, nach dem der VR ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als gefahrerheblich. § 11 I Ziff. 2 Wird der Vertrag von einem Bevollmächtigten des VN oder von einem Vertreter ohne Vertretungsvollmacht geschlossen und kennt dieser den gefahrerheblichen Umstand, muss sich der VN so behandeln lassen, als habe er selbst davon Kenntnis gehabt oder dies arglistig verschwiegen.
23.2 Rücktritt (1) Unvollständige und unrichtige Angaben zu den gefahrerheblichen Umständen berechtigen den VR, vom Versicherungsvertrag zurückzutreten.
(2) 1Der VR hat kein Rücktrittsrecht, wenn der VN nachweist, dass er oder sein Vertreter die unrichtigen oder unvollständigen Angaben weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gemacht hat. 2Das Rücktrittsrecht des VR wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht besteht nicht, wenn der VN nachweist, dass der VR den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte.
§ 11 II Ziff. 1 1Unvollständige
und unrichtige Angaben zu den gefahrerheblichen Umständen berechtigen den VR, vom Versicherungsvertrag zurückzutreten. 2Dies gilt auch dann, wenn ein Umstand nicht oder unrichtig angezeigt wurde, weil sich der VN der Kenntnis der Wahrheit arglistig entzogen hat. 3Der Rücktritt kann nur innerhalb eines Monats erfolgen. 4Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der VR von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt. 5Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem VN. § 11 II Ziff. 2 VR hat kein Rücktrittsrecht, wenn er die nicht angezeigten gefahrerheblichen Umstände oder deren unrichtige Anzeige kannte. 2Dasselbe gilt, wenn der VN nachweist, dass die unrichtigen oder unvollständigen Angaben weder von ihm noch von seinem Bevollmächtigten schuldhaft gemacht wurden. 3Hatte der VN die gefahrerheblichen Umstände anhand schriftlicher vom VR gestellter Fragen anzuzeigen, kann der VR wegen einer unterbliebenen Anzeige eines Umstands, nach dem nicht ausdrücklich gefragt worden ist, nur zurücktreten, wenn dieser Umstand entweder vom VN oder von dessen Bevollmächtigtem arglistig verschwiegen wurde. 1Der
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Haftpflichtversicherung
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23. Vorvertragliche Anzeigepflichten des VN (3) 1 Im Fall des Rücktritts besteht kein Versicherungsschutz. 2Tritt der VR nach Eintritt des Versicherungsfalls zurück, darf er den Versicherungsschutz nicht versagen, wenn der VN nachweist, dass der unvollständig oder unrichtig angezeigte Umstand weder für den Eintritt des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistung ursächlich war. 3Auch in diesem Fall besteht aber kein Versicherungsschutz, wenn der VN die Anzeigepflicht arglistig verletzt hat. 4Dem VR steht der Teil des Beitrages zu, der der bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung abgelaufenen Vertragszeit entspricht.
§ 11 II Ziff. 3 1Im Fall des Rücktritts besteht kein Versicherungsschutz.2Ist der Versicherungsfall bereits eingetreten, darf der VR den Versicherungsschutz nicht versagen, wenn der VN nachweist, dass der unvollständig oder unrichtig angezeigte Umstand weder auf den Eintritt des Versicherungsfalles noch auf den Umfang der Leistung Einfluss gehabt hat. 3Im Fall des Rücktritts sind VR und VN verpflichtet, die empfangenen Leistungen zurückzugewähren; eine Geldsumme ist vom Zeitpunkt des Empfanges an zu verzinsen. 4Der VR behält aber seinen Anspruch auf den Teil des Beitrages, der der im Zeitpunkt des Rücktritts abgelaufenen Vertragszeit entspricht.
23.3 Beitragsänderung oder Kündigungsrecht 1Ist das Rücktrittsrecht des VR ausgeschlossen, weil die Verletzung einer Anzeigepflicht weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruhte, kann der VR den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat in Schriftform kündigen. 2Das Kündigungsrecht ist ausgeschlossen, wenn der VN nachweist, dass der VR den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. 3Kann der VR nicht zurücktreten oder kündigen, weil er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, aber zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte, werden die anderen Bedingungen auf Verlangen des der VN die Pflichtverletzung nicht zu vertreten, VR rückwirkend Vertragsbestandteil. 4Hat der VN die Pflichtverletzung nicht zu vertreten, werden die anderen Bedingungen ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil. 5Erhöht sich durch die Vertragsanpassung der Beitrag um mehr als 10 % oder schließt der VR die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der VN den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des VR fristlos in Schriftform kündigen. 6Der VR muss die ihm nach Ziff. 23.2 und 3 zustehenden Rechte innerhalb eines Monats schriftlich geltend machen. 7Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem er von der Verletzung der Anzeigepflicht, die das
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§ 11 III das Rücktrittsrecht des VR ausgeschlossen, weil eine Anzeigepflicht des VN ohne Verschulden verletzt wurde, hat der VR, falls für die höhere Gefahr ein höherer Beitrag angemessen ist, auf diesen Beitrag ab Beginn der laufenden Versicherungsperiode Anspruch. 2Das gleiche gilt, wenn bei Abschluss des Vertrages ein für die Übernahme der Gefahr erheblicher Umstand dem VR nicht angezeigt worden ist, weil er dem VN nicht bekannt war. 3Wird die höhere Gefahr nach den für den Geschäftsbetrieb des VR maßgebenden Grundsätzen auch gegen einen höheren Beitrag nicht übernommen, kann der VR den Versicherungsvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat, nachdem der VR von der Anzeigepflichtverletzung Kenntnis erlangt hat, kündigen. 4Die Kündigung wird einen Monat nach ihrem Zugang beim VN wirksam. 5Das Recht auf Beitragserhöhung oder Kündigung erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an geltend gemacht wird, in dem der VR von der Verletzung der Anzeigepflicht oder von dem nicht angezeigten Umstand Kenntnis erlangt. 1Ist
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Vorvertragliche Anzeigepflichten des VN
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23. Vorvertragliche Anzeigepflichten des VN von ihm geltend gemachte Recht begründet, Kenntnis erlangt. 8Er hat die Umstände anzugeben, auf die er seine Erklärung stützt; er darf nachträglich weitere Umstände zur Begründung seiner Erklärung abgeben, wenn für diese die Monatsfrist nicht verstrichen ist. 9Dem VR stehen die Rechte nach den Ziff. 23.2 und 23.3 nur zu, wenn er den VN durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. 10Der VR kann sich auf die in den Ziff. 23.2 und 23.3 genannten Rechte nicht berufen, wenn er den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte. 23.4 Anfechtung Das Recht des VR, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt unberührt. Im Fall der Anfechtung steht dem VR der Teil des Beitrages zu, der der bis zum Wirksamwerden der Anfechtungserklärung abgelaufenen Vertragszeit entspricht.
§ 11 IV Das Recht des VR, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung über Gefahrumstände anzufechten, bleibt unberührt.
Schrifttum Neuhaus Die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung im neuen VVG RuS 2008 45; Schimikowski Vorvertragliche Informationspflichten des Versicherers und des Versicherungsnehmers – Ausgewählte Fragen RuS-Beilage 2011 96.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Vollständigkeit und Richtigkeit von Angaben über gefahrerhebliche Umstände (Ziff. 23.1 AHB) . . . . . . . . . . . . .
1
2
Rn. C. Rücktritt (Ziff. 23.2 AHB) . . . . . . . . D. Beitragsänderung oder Kündigungsrecht (Ziff. 23.3 AHB) . . . . . . . . . . . . . E. Anfechtung (Ziff. 23.4 AHB) . . . . . .
3 6 8
A. Sinn und Zweck Ziff. 23 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 11 AHB 2002. Die Klausel regelt die 1 Voraussetzungen, nach denen der VN zur Anzeige gefahrerheblicher Umstände verpflichtet ist, sowie die Rechtsfolgen für den Fall, dass der VN seiner Obliegenheit nicht nachkommt. Die Klausel ist im Hinblick auf § 32 VVG (Massenrisiken) und § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Großrisiken i.S.v. § 210 Abs. 2 VVG) an den Vorgaben der §§ 19 bis 22 VVG zu messen.
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AHB 2012 Ziff. 23
Haftpflichtversicherung
B. Vollständigkeit und Richtigkeit von Angaben über gefahrerhebliche Umstände (Ziff. 23.1 AHB) 2
Ziff. 23.1 S. 1 und 2 AHB entsprechen § 19 Abs. 1 VVG. Die Definition der Gefahrerheblichkeit in Ziff. 23.1 S. 3 AHB stellt vor dem Hintergrund, dass der VR in jedem Fall nach gefahrerheblichen Umständen gefragt haben muss, keine für den VN nachteilige Abweichung dar. Ziff. 23.1 S. 4 AHB entspricht sachlich § 20 VVG.
C. Rücktritt (Ziff. 23.2 AHB) 3
Bedenken im Hinblick auf das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB bestehen gegen die Wirksamkeit von Ziff. 23.2 (1) S. 1 AHB. Die Formulierung „Unvollständige und unrichtige Angaben zu den gefahrerheblichen Umständen berechtigen den VR, vom Versicherungsvertrag zurückzutreten“ macht nämlich nicht deutlich, dass der VR nur zum Rücktritt berechtigt ist, wenn er nach solchen Umständen in Schriftform gefragt hat. Um den gesetzlichen Vorgaben des § 19 Abs. 2 VVG Rechnung zu tragen, hätte entweder eine am Wortlaut des Gesetzes orientierte Formulierung gewählt oder Ziff. 23.2 (1) AHB um den Zusatz „und nach denen der VR in Textform gefragt hat“ ergänzt werden müssen.1 4 Gestrichen wurde in der Fassung 2012 der Zusatz, wonach der VR auch dann zum Rücktritt berechtigt ist, „wenn ein Umstand nicht oder unrichtig angezeigt wurde, weil sich der VN der Kenntnis der Wahrheit arglistig entzogen hat“. Im Hinblick auf die Leistungsfreiheit des VR bei Arglist nach § 21 Abs. 2 S. 2 VVG wird die Rechtsprechung die – wohl zu bejahende – Frage zu klären haben, ob ein VN, der sich arglistig der Kenntnis der Wahrheit entzieht, stets seine Anzeigepflicht arglistig verletzt. 5 Ziff. 23.2 (2) S. 1 und S. 2 AHB entsprechen § 19 Abs. 3 S. 1 VVG und Abs. 4 S. 1 VVG. Ziff. 23 (3) S. 1 bis 3 AHB regeln die Rechtsfolgen des Rücktritts in Übereinstimmung mit § 21 Abs. 2 VVG. Ziff. 23.2 (3) S. 4 AHB entspricht § 39 Abs. 1 S. 2 VVG. Die Monatsfrist gem. § 21 Abs. 1 S. 1 und 2 VVG sowie das Begründungserfordernis gem. § 21 Abs. 1 S. 3 VVG haben keinen Eingang in Ziff. 23.2 AHB gefunden, sondern wurden in Ziff. 23.3 S. 6 bis 8 AHB aufgenommen. Die Rechtsfolgenbelehrung gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG sowie der Ausschluss des Rücktrittsrechts nach § 19 Abs. 5 S. 2 VVG haben ebenfalls nur Eingang in Ziff. 23.3 S. 9 und 10 AHB gefunden. Ziff. 23.3 AHB trägt jedoch die Überschrift „Beitragsänderung oder Kündigungsrecht“ und lässt deshalb keine Regelungen zum Rücktrittsrecht vermuten, sodass wiederum Bedenken gegen die Vereinbarkeit mit dem Transparenzgebot bestehen (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).2 Eine Überarbeitung von Ziff. 23.2 AHB ist geboten. Ein ohne Begründung ausgesprochener Rücktritt ist im Übrigen unwirksam.3
1 2
A.A. offenbar Prölss/Martin/Lücke Ziff. 23 AHB Rn. 4. Vgl. BGH 20.6.2012 RuS 2012 454, 455 = NJW 2012 3184; BGH 23.2.2005 BGHZ 162 210, 213 f. = RuS 2005 257; BGH 10.3.1993 NJW 1993 2052 f.; BGH 11.2.1992 NJW
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3
1992 1097, 1098; OLG Köln 12.5.2009 RuS 2010 525; OLG Hamm 19.10.2007 RuS 2008 124 (zu AUB). AllgM., vgl. Bruck/Möller/Rolfs § 21 Rn. 18; Prölss/Martin/Prölss § 21 Rn. 9; Schwintowski/Brömmelmeyer/Härle § 21 Rn. 18.
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Vorvertragliche Anzeigepflichten des VN
AHB 2012 Ziff. 23
D. Beitragsänderung oder Kündigungsrecht (Ziff. 23.3 AHB) Ziff. 23.3 S. 1 und 2 AHB behandeln in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 3 S. 2 und 6 § 19 Abs. 4 S. 1 VVG das Recht des VR zur Kündigung, während Ziff. 23.3 S. 3 und 4 AHB den Vertragsinhalt für den Fall regeln, dass der nicht angezeigte Umstand zu einem Vertragsschluss mit anderen Bedingungen geführt hätte und deshalb die Rechte des VR auf Rücktritt oder Kündigung ausgeschlossen sind. Diese Klauseln entsprechen § 19 Abs. 4 VVG.4 Ziff. 23.3 S. 5 AHB beschreibt in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 6 VVG das Kündi- 7 gungsrecht des VN bei Prämienerhöhung oder Ausschluss des nicht angezeigten Risikoumstandes. Das Schriftformerfordernis ist nach § 32 S. 2 VVG zulässig. Ziff. 23.3 S. 6 bis 8 AHB entsprechen § 21 Abs. 1 VVG. Ziff. 23.3 S. 9 und 10 AHB folgen § 19 Abs. 5 VVG.
E. Anfechtung (Ziff. 23.4 AHB) Ziff. 23.4 S.1 entspricht § 22 VVG. Ziff. 23.4 S. 2 trägt § 39 Abs. 1 S. 2 VVG Rech- 8 nung, von dem nach § 42 VVG ebenfalls nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden kann. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist somit grundsätzlich auch dann möglich, wenn der Rücktritt wegen des Fehlens einer der gesetzlichen Voraussetzungen nicht in Betracht kommt.5 Hierdurch wird der Schutzzweck des § 19 Abs. 1 VVG nicht unterlaufen. Dieser besteht darin, den VN von dem Risiko zu entlasten, die Anzeigepflicht infolge Fehleinschätzung der Gefahrerheblichkeit eines Umstandes zu verletzen.6 Der VN darf somit grundsätzlich davon ausgehen, dass Umstände, nach denen der VR nicht gefragt hat, nicht gefahrerheblich sind. Jedoch wird dieser Schutzzweck bei arglistiger Täuschung des VN nicht berührt, weil 9 diese „subjektiv mehr voraus[setzt] als bloßen Täuschungsvorsatz, d.h. als das Bewußtsein und den Willen, durch das Vorspiegeln oder Verschweigen von Tatsachen im Erklärungsgegner einen Irrtum zu erregen. Der Täuschende muß darüber hinaus das Bewußtsein haben, daß dieser Irrtum für die Entschließungen des Getäuschten ursächlich sein werde oder zumindest sein könne“.7
Eine arglistige Täuschung liegt somit erst dann vor, wenn der VN auch ohne entsprechende Frage selbst von der Gefahrerheblichkeit des verschwiegenen Umstandes ausging. In einem solchen Fall ist der VN nicht schutzwürdig.8
4
Zur Kritik am Wirksamwerden der Vertragsänderung ab der laufenden Versicherungsperiode bei Schuldlosigkeit und einfacher Fahrlässigkeit auf Seiten des VN vgl. Schimikowski RuS 2009 353, 355; Prölss/ Martin/Lücke Ziff. 23 AHB Rn. 8.
5 6 7 8
Prölss/Martin/Prölss § 22 Rn. 3. BTDrucks. 16/3945 S. 64. BGH 13.5.1957 NJW 1957 988. Zu Recht Prölss/Martin/Prölss § 22 Rn. 3.
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AHB 2012 Ziff. 24
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
24. Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles 1Besonders gefahrdrohende Umstände hat der VN auf Verlangen des VR innerhalb angemessener Frist zu beseitigen. 2Dies gilt nicht, soweit die Beseitigung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen unzumutbar ist. 3Ein Umstand, der zu einem Schaden geführt hat, gilt ohne weiteres als besonders gefahrdrohend.
§ 4 II Ziff. 3 1Haftpflichtansprüche,
die darauf zurückzuführen sind, dass der VN besonders gefahrdrohende Umstände, deren Beseitigung der VR billigerweise verlangen konnte und verlangt hatte, nicht innerhalb einer angemessenen Frist beseitigte. 2Ein Umstand, welcher zu einem Schaden geführt hat, gilt ohne weiteres als besonders gefahrdrohend.
Übersicht Rn. A. B. C. I. II.
Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . Besonders gefahrdrohende Umstände Beseitigungsverlangen . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
1 3 4 4 6
Rn. III. IV. V. D.
Zumutbarkeit der Beseitigung . Angemessenheit der Frist . . . Gefährlichkeitsvermutung . . . Betriebshaftpflichtversicherung
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
10 12 14 16
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 24 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 4 II Ziff. 3 AHB 2002. Sie zielt darauf ab, den VR von solchen Gefahren freizuhalten, die über das normale Risiko hinaus mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden führen.1 Der Klausel kommt vor allen Dingen nach Eintritt des Versicherungsfalles Bedeutung zu. Sie erweitert das Handlungsspektrum des VR, der von seinem Kündigungsrecht nach Ziff. 19 AHB keinen Gebrauch machen will oder infolge Verfristung nicht mehr machen kann. 2 Daneben kann die Klausel nach Anzeige einer Risikoerhöhung/-erweiterung i.S.v. Ziff. 3.1 Abs. 2 AHB zur Anwendung kommen Nur in seltenen Fällen wird der VR auf andere Weise – z.B. aufgrund eigener Wahrnehmung – Kenntnis von besonders gefahrdrohenden Umständen erlangen. Es dürfte sich hierbei um Zufälle handeln.
B. Rechtsnatur 3
Die Klausel entspricht sachlich § 4 II Ziff. 3 AHB a.F. Die Vorgängerregelung war unter der Überschrift „Ausschlüsse“ platziert, obgleich sie von der Rechtsprechung und Literatur als (sog. verhüllte) Obliegenheit qualifiziert wurde, die dem VN zum Zwecke der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Gefahrerhöhung die „Gefahrverwaltung“ auferlegt.2 Die Neufassung beseitigt diese Intransparenz und fasst die Klausel unter dem Abschnitt „Obliegenheiten“ mit den sonstigen Obliegenheiten zusammen. 1 2
Vgl. auch Littbarski AHB § 4 Rn. 448; Kuwert Rn. 4195. BGH 19.11.1972 VersR 1973 145, 146 =
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NJW 1973 284; Späte § 4 Rn. 240; Wussow § 4 Anm. 97; Littbarski AHB § 4 Rn. 448.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
AHB 2012 Ziff. 24
Soweit das Merkmal der Billigkeit durch das der Zumutbarkeit ersetzt worden ist, welche im Rahmen einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen zu bestimmen ist, begründet dies keine sachliche Änderung.3
C. Voraussetzungen I. Besonders gefahrdrohende Umstände Besonders gefahrdrohend i.S.v. Ziff. 24 S. 1 AHB sind solche Umstände, die die 4 Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalles erheblich erhöhen.4 Dabei gilt nach Ziff. 24 S. 3 AHB ein Umstand, der zu einem Schaden geführt hat, ohne Weiteres als besonders gefahrdrohend. Es handelt sich hierbei um eine vertragliche Fiktion („gilt“).5 In allen anderen Fällen beurteilt sich die besondere Gefährlichkeit nach der Verkehrsauffassung.6 Alle Umstände des Einzelfalls sind dabei in Betracht zu ziehen. Im Gegensatz zu der Regelung über die Risikoerhöhung/-erweiterung nach Ziff. 3.1 Abs. 2 AHB und dem Begriff der Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 Abs. 1 VVG 7 genügt für die Anwendung des Ziff. 24 AHB nicht bereits die abstrakte Gefährdung i.S.e. Eignung zur Förderung des Eintritts des Versicherungsfalles.8 Vielmehr ist eine konkrete Gefährdung i.d.S. erforderlich, dass der Versicherungsfall jeden Augenblick eintreten kann. Wie nicht zuletzt Ziff. 24 S. 3 AHB deutlich macht, ist es gleichgültig, ob der Zustand vorübergehend eingetreten, dauerhaft ist oder bereits bei Vertragsschluss bestanden hat (vgl. aber Rn. 14 f.).9 Dieser Befund gibt Anlass zu der Frage, ob es sich bei Ziff. 24 AHB nicht um eine von § 23 Abs. 1 VVG nachteilig abweichende Regelung (§ 32 VVG) handelt. Diese Frage dürfte zu verneinen sein, weil die nachteilige Abweichung, die darin zu sehen ist, dass bereits ein vorübergehender Zustand ausreicht, durch das Erfordernis einer konkreten Gefährdung ausgeglichen wird.10 In der Literatur ist umstritten, ob mit den gefahrdrohenden Umständen neben dem 5 Zustand einer Sache auch menschliches Verhalten gemeint ist.11 Nach überwiegender Ansicht spielt menschliches Handeln nur insofern eine Rolle, als eine nicht ordnungsgemäße gefährliche Anlage benutzt oder der gefahrdrohende Zustand einer Sache nicht geändert wird.12 Nach R. Johannsen würde es „zu unerträglichen Konsequenzen führen, wenn der VR dem VN auferlegen wollte, nicht mehr als Radler betrunken am Straßenverkehr teilzunehmen oder aber nicht mehr bei ‚Rot‘ als Fußgänger eine Straße zu überqueren“.13 3 4 5
6 7
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 1; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 359. Späte § 4 Rn. 241; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 1. Littbarski AHB § 4 Rn. 457; Späte § 4 Rn. 247; a.A. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 14: unwiderlegliche Vermutung. Späte § 4 Rn. 241. Vgl. BGH 16.6.2010 RuS 2010 331, 332; BGH 5.5.2004 RuS 2004 328, 330 (Die Annahme einer Gefahrerhöhung setzt weiter voraus, dass ein Zustand geschaffen wird, der „den Eintritt des Versicherungsfalles zu fördern geeignet ist“).
8 9 10 11 12
13
Vgl. Späte § 1 Rn. 233. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 2; Littbarski AHB § 4 Rn. 451. Zur Saldierung von Nach- und Vorteilen vgl. Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 32 Rn. 8 ff. Bejahend Wussow § 4 Anm. 95; Hartung 100. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 2; Littbarski AHB § 4 Rn. 451; Bruck/Möller/ R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 14; Späte § 4 Rn. 241. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 14.
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AHB 2012 Ziff. 24
Haftpflichtversicherung
Diese Ansicht ist gut vertretbar und ihr ist im Ergebnis zu folgen. Nicht nur die von R. Johannsen beispielhaft genannten Verhaltensauflagen dürften freilich i.d.R als unzumutbar i.S.v. Ziff. 24 S. 2 AHB anzusehen sein, sodass es auf den Streit nicht ankommt.14
II. Beseitigungsverlangen 6
Die Beseitigung des besonders gefahrdrohenden Umstandes setzt ein entsprechendes Verlangen des VR voraus. Bei dem Verlangen handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die keiner Form bedarf. Es muss so unmissverständlich, so klar und eindeutig sein, dass es für den VN über dessen Bedeutung keinen Zweifel geben kann.15 Eine Empfehlung genügt daher nicht; vielmehr ist eine präzise Aufforderung durch den VR unerlässlich.16 Auch kann der VR keine Rechte daraus herleiten, dass ein anderer VR, eine Behörde oder sonst jemand die Beseitigung eines gefahrdrohenden Zustandes verlangt hat.17 Diese Anforderungen, die nicht zuletzt wegen irreführender Platzierung der Klausel in § 4 II Ziff. 3 AHB a.F. unter der Überschrift „Ausschlüsse“ an das Beseitigungsverlangen gestellt wurden, gelten auch nach der klarstellenden Einordnung von Ziff. 24 AHB als Obliegenheit fort. Das Beseitigungsverlangen kann auch durch eine mündliche Erklärung eines Bevoll7 mächtigten des VR gestellt werden. Hier sind aber besonders strenge Anforderungen in dem Sinne zu stellen, dass eine eingehende und umfassende Erläuterung des Vorganges zum Verständnis des VN erfolgt. Nach R. Johannsen und Späte bedarf das Verlangen des VR keiner Begründung.18 Wie bereits bei der Aufforderung zur Anzeige nach Ziff. 4.1 (1) AHB (Ziff. 4 AHB 8 Rn. 35) und Ziff. 13.1 AHB (Ziff. 13 AHB Rn. 6) stellt sich auch hier die Frage, ob der VR den VN auf die Rechtsfolgen hinweisen muss, die diesen treffen, wenn er dem Verlangen nicht nachkommt. R. Johannsen hat diese Frage mit der Begründung bejaht, nur hierdurch werde letzte Klarheit darüber erreicht, dass es sich nicht nur um eine Empfehlung handele.19 Der BGH hat die Frage in seiner Entscheidung vom 18.1.1965 ausdrücklich offen gelassen.20 Die besseren Gründe sprechen dafür, den VR aus § 6 Abs. 4 VVG als verpflichtet anzusehen, nicht nur einen Hinweis auf die Rechtsfolgen, sondern auch eine Begründung dafür zu geben, worin er die gefahrdrohende Eigenschaft des betreffenden Umstandes sieht. Zwar kann der VR dem VN nicht vorschreiben, in welcher Form die Beseitigung der 9 gefahrdrohenden Umstände erfolgen soll, und ist deshalb der VR nicht gehalten, Hinweise auf konkrete Reparaturmaßnahmen zu geben.21 Es bleibt dem VN somit unbe-
14 15
16
17
Vgl. auch das Beispiel von Prölss/Martin/ Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 2. Vgl. BGH 18.1.1965 VersR 1965 325, 327 = NJW 1965 755; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 1; Späte § 4 Rn. 242; Littbarski AHB § 4 Rn. 452. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 1; Späte § 4 Rn. 242; Littbarski AHB § 4 Rn. 452. Vgl. OLG Hamm 2.12.1960 VersR 1962 413, 414 in einem Fall, in dem eine Berufsgenos-
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18 19
20 21
senschaft ein derartiges Verlangen gestellt hatte. Bruck/Möller/R. Johannsen8 Bd. IV Anm. F 14; Späte § 4 Rn. 242. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 14; zustimmend Späte § 4 AHB Rn. 242; A.A. Wussow § 4 Anm. 97. Vgl. BGH 18.1.1965 VersR 1965 325, 327 = NJW 1965 755. Vgl. BGH 29.11.1972 VersR 1973 145 = NJW 1973 284.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
AHB 2012 Ziff. 24
nommen, den Umstand als solchen zu beseitigen oder nur die von ihm ausgehende besondere Gefahr herabzusetzen.22 Dies hat freilich zur Voraussetzung, dass der VR ihm die gefahrdrohende Eigenschaft des betreffenden Umstandes mitteilt. Die Schwierigkeiten für den VN bei der Beurteilung, ob die Beseitigung für ihn zumutbar ist und eine Obliegenheit insoweit überhaupt besteht, geben einen vom VR selbst geschaffenen Anlass zur Beratung, die sich zunächst auf die Angabe der – aus Sicht des VR – besonders gefahrdrohenden Umstände und einen Hinweis auf die Rechtsfolgen im Fall deren Nichtbeseitigung beschränkt.
III. Zumutbarkeit der Beseitigung Nach Ziff. 24 S. 2 AHB darf die Beseitigung für den VN unter Abwägung der beider- 10 seitigen Interessen nicht unzumutbar sein. Dies gilt auch in den Fällen des S. 3. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Die Abwägung fällt zugunsten des VN aus, wenn der VR bei Vertragsschluss Kenntnis von den besonders gefahrdrohenen Umständen hatte oder der VN den VR früher auf diese Umstände hingewiesen hat, dieser jedoch, etwa um Vertragsschluss/-fortsetzung nicht zu gefährden, Beseitigung nicht verlangt hat.23 Liegt zugleich eine Risikoerhöhung/-erweiterung vor und nimmt der VR deshalb eine 11 Prämienerhöhung nach Ziff. 13.2 AHB vor, ist es dem VR nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, Beseitigung der Gefahrumstände zu verlangen. Im Übrigen wäre die Beseitigung dem VN auch unzumutbar. Ansonsten spielen bei der Interessenabwägung insbesondere die Kosten der Gefahrbeseitigung für den VN eine Rolle,24 die – weil vor Eintritt des Versicherungsfalles angefallen – nicht nach § 83 Abs. 1 VVG ersatzfähig sind.25 Unzumutbarkeit ist zu bejahen, wenn die Wahrscheinlichkeit des Versicherungsfalleintritts und der mögliche Schadensumfang in einem auffälligen Missverhältnis zu den Kosten der Beseitigung stehen.26
IV. Angemessenheit der Frist Nach Ziff. 24 S. 1 AHB hat der VN die gefahrdrohenden Umstände auf Verlangen 12 des VR innerhalb angemessener Frist zu beseitigen. Erst nach Ablauf der Frist liegt objektiv eine Obliegenheitsverletzung vor. Die Angemessenheit beurteilt sich wiederum nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei kommt dem Merkmal der Zumutbarkeit besondere Bedeutung zu. Die Frist muss so bemessen sein, dass es für den VN zumutbar ist, die Gefahr innerhalb dieser Frist zu beseitigen. Auch insofern ist eine Abwägung zwischen der drohenden Gefahr und dem für die Beseitigung erforderlichen Aufwand (einschließlich des Aufbringens der Kosten für die Beseitigung des Gefahrumstandes) geboten.27 Darüber hinaus ist die übliche Dauer etwa erforderlicher Reparatur- oder Bauarbeiten zu berücksichtigen.28
22 23 24 25
Zu dieser Differenzierung s. Späte § 4 Rn. 242; Wussow § 4 Anm. 99. Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 4; Littbarski AHB § 4 Rn. 453. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 1; Littbarski AHB § 4 Rn. 456. Vgl. Bruck/Möller/R. Koch § 83 Rn. 24;
26 27 28
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 1; Littbarski AHB § 4 Rn. 456. Späte § 4 Rn. 243. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 7; Späte § 4 Rn. 244. Littbarski AHB § 4 Rn. 454.
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AHB 2012 Ziff. 24 13
Haftpflichtversicherung
Nach dem Wortlaut ist nicht erforderlich, dass der VR dem VN eine Frist zur Gefahrbeseitigung setzt. Es bedarf daher nicht der Nennung eines bestimmten Endtermins. Nennt er aber einen Endtermin, kann er sich im Versicherungseintrittsfalle nicht darauf berufen, die besonders gefahrdrohenden Umstände hätten schon vorher beseitigt werden können.29 Ist der Termin zu kurz bemessen, liegt keine Obliegenheitsverletzung vor, wenn der VN die Gefahr nicht fristgemäß beseitigt.
V. Gefährlichkeitsvermutung 14
Ziff. 24 S. 3 AHB fingiert, dass ein Umstand, der zu einem Schaden geführt hat, ohne Weiteres besonders gefahrdrohend ist. In der Literatur ist umstritten, ob der Schaden während der Dauer des Versicherungsvertrages eingetreten sein muss. Die überwiegende Zahl der Autoren verlangt, dass das vorangegangene Schadensereignis zwar vom primären Deckungsbereich des Versicherungsvertrages erfasst sein muss, lehnt eine zeitliche Beschränkung unter Hinweis auf den Wortlaut der Klausel aber ab.30 R. Johannsen hat sich dagegen unter Hinweis auf den Zweck der Klausel – Hand15 lungsalternative zur Kündigung – für eine solche Beschränkung ausgesprochen.31 Rechtsprechung zu dieser Problematik fehlt, was bereits ein Indiz dafür ist, dass der Streit eher von theoretischer Bedeutung ist. Kein VR schließt einen Versicherungsvertrag ab, ohne den Antragsteller nach früheren Verträgen und den Gründen für deren Beendigung sowie nach Haftpflichtvorschäden und deren Ursachen zu befragen. Hat der VR aber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits Kenntnis von den gefahrdrohenden Umständen oder weiß er, dass der Vorvertrag wegen Schadensfällen gkündigt worden ist, kann er später nicht deren Beseitigung vom VN verlangen (Rn. 10). Unabhängig davon ist mit Blick auf die Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB der Ansicht R. Johannsens der Vorzug zu geben.
D. Betriebshaftpflichtversicherung 16
Ebenfalls als vor Eintritt des Versicherungsfalles zu beachtende (verhüllte) Obliegenheit sind Bestimmungen in der Betriebshaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 7.4.5 MusterBedingungsstruktur AT) zu qualifizieren, wonach Haftpflichtansprüche aus vorschriftswidrigem Umgang mit brennbaren oder explosiblen Stoffen „nicht versichert“ sind.32
29
30 31 32
Vgl. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 24 AHB Rn. 7; Littbarski AHB § 4 Rn. 454; Späte § 4 Rn. 245. Littbarski AHB § 4 Rn. 257; Wussow § 4 Anm. 101; Späte § 4 Rn. 247. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 14. BGH 24.10.1979 NJW 1980 837, 838 =
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VersR 1980 153; BayObLG 12.12.1980 VersR 1981 1045, 1046; vgl. auch BGH 9.5.1990 VersR 1990 887, 888 = NJW-RR 1990 1115; zum Ausschluss für Feuer- und Explosionssachschäden aus Anlass von Schweiß- oder Lötarbeiten s. OLG Schleswig 16.3.1972 VersR 1972 823.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 25
AHB 2002
25. Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles 25.1 1Jeder Versicherungsfall ist, auch wenn noch keine Schadensersatzansprüche erhoben worden sind, dem VR innerhalb einer Woche anzuzeigen. 2Das Gleiche gilt, wenn gegen den VN Haftpflichtansprüche geltend gemacht werden.
§ 5 Ziff. 2 Jeder Versicherungsfall ist dem VR (§ 14) unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche, schriftlich anzuzeigen.
25.2 1Der VN muss nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens sorgen. Weisungen des VR sind dabei zu befolgen, soweit es für den VN zumutbar ist. 2Er hat dem VR ausführliche und wahrheitsgemäße Schadensberichte zu erstatten und ihn bei der Schadensermittlung und -regulierung zu unterstützen. 3Alle Umstände, die nach Ansicht des VR für die Bearbeitung des Schadens wichtig sind, müssen mitgeteilt sowie alle dafür angeforderten Schriftstücke übersandt werden.
§ 5 Ziff. 3 VN ist verpflichtet, unter Beachtung der Weisungen des VR nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und alles zu tun, was zur Klarstellung des Schadensfalles dient, sofern ihm dabei nichts Unbilliges zugemutet wird. 2Er hat den VR bei der Abwehr des Schadens sowie bei der Schadensermittlung und -regulierung zu unterstützen, ihm ausführliche und wahrheitsgemäße Schadensberichte zu erstatten, alle Tatumstände, welche auf den Schadensfall Bezug haben, mitzuteilen und alle nach Ansicht des VR für die Beurteilung des Schadensfalles erheblichen Schriftstücke einzusenden. 1Der
§ 5 Ziff. 5 1Der VN ist nicht berechtigt, ohne vorherige Zustimmung des VR einen Haftpflichtanspruch ganz oder zum Teil oder vergleichsweise anzuerkennen oder zu befriedigen. 2Bei Zuwiderhandlungen ist der VR von der Leistungspflicht frei, es sei denn, dass der VN nach den Umständen die Befriedigung oder Anerkennung nicht ohne offenbare Unbilligkeit verweigern konnte. 25.3 Wird gegen den VN ein staatsanwaltschaftliches, behördliches oder gerichtliches Verfahren eingeleitet, ein Mahnbescheid erlassen oder ihm gerichtlich der Streit verkün. det, hat er dies unverzüglich anzuzeigen.
§ 5 Ziff. 2 S. 2, 4 u. 5 Wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet oder ein Strafbefehl oder ein Mahnbescheid erlassen, so hat der VN dem VR unverzüglich Anzeige zu erstatten, auch wenn er den Versicherungsfall selbst bereits angezeigt hat. Wird gegen den VN ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, die Prozesskostenhilfe beantragt oder wird ihm gerichtlich der Streit verkündet, so hat er außerdem unverzüglich Anzeige zu erstatten. Das gleiche gilt im Falle eines Arrestes, einer einstweiligen Verfügung oder eines Beweissicherungsverfahrens.
25.4 1Gegen einen Mahnbescheid oder eine Verfügung von Verwaltungsbehörden auf Schadensersatz muss der VN fristgemäß Widerspruch oder die sonst erforderlichen Rechtsbehelfe einlegen. 2Einer Weisung des VR bedarf es nicht.
§ 5 Ziff. 4 S. 2 Gegen Mahnbescheide oder Verfügungen von Verwaltungsbehörden auf Schadensersatz hat er, ohne die Weisung des VR abzuwarten, fristgemäß Widerspruch zu erheben oder die erforderlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen.
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AHB 2012 Ziff. 25
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
25. Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles 25.5 1Wird gegen den VN ein Haftpflichtanspruch gerichtlich geltend gemacht, hat er die Führung des Verfahrens dem VR zu überlassen. 2Der VR beauftragt im Namen des VN einen Rechtsanwalt. 3Der VN muss dem Rechtsanwalt Vollmacht sowie alle erforderlichen Auskünfte erteilen und die angeforderten Unterlagen zur Verfügung stellen.
§ 5 Ziff. 4 S. 1 Kommt es zum Prozess über den Haftpflichtanspruch, so hat der VN die Prozessführung dem VR zu überlassen, dem von dem VR bestellten oder bezeichneten Anwalt Vollmacht und alle von diesem oder dem VR für nötig erachteten Aufklärungen zu geben.
Übersicht Rn. A. B. I. II. III.
C. I. II. III. IV.
V.
Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . Anzeigeobliegenheiten . . . . . . . . . . Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . . Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen gegen den VN . . . . . . . . Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen, behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens 1. Gerichtliches Verfahren . . . . . . . . a) Staatliche Gerichtsbarkeit . . . . . . b) Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . 2. Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen oder behördlichen Verfahrens . . . . . 3. Unverzüglichkeit der Anzeige . . . . . Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit . Abgrenzung zu § 31 VVG . . . . . . . . Verhältnis zur Anzeigeobliegenheit . . . . Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . 2. Aufklärungsobliegenheit gegenüber der VR . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berichtigung falscher Angaben . . . . . 4. Verschwiegenheitspflicht des VR . . . . 5. Erstattung ausführlicher und wahrheitsgemäßer Schadensberichte . . . . a) Tatsachenbezogene Fragen . . . . . b) Tatsachenbezogene Bewertungen des VN . . . . . . . . . . . . . . . c) Deckungsbezogene Tatsachen . . . . Auskunftsobliegenheiten nach Deckungsablehnung . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 2 5 6 6 7 8 9 10 11 11 15 16 18 18 20 24 27 28 29 34 36
Rn. VI. Auskunft- und Aufklärungsobliegenheitsverletzungen Dritter . . . . . . . . . . D. Rettungsobliegenheiten . . . . . . . . . I. Zur Qualifikation als nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllender Obliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung zur Rechtsschutzfunktion . III. Allgemeine Rettungsobliegenheit . . . . 1. Offensichtlich begründete Haftpflichtansprüche . . . . . . . . . . . . . . 2. (Ganz oder teilweise) unbegründete Haftpflichtansprüche . . . . . . . . IV. Besondere Rettungsobliegenheiten . . . 1. Unterstützung bei der Schadensermittlung und -regulierung . . . . . 2. Einlegung von Rechtsbehelfen . . . . 3. Überlassung der Prozessführung . . . a) Prozessführung . . . . . . . . . . aa) Grundsätzliches . . . . . . . . bb) Prozesshandlungen . . . . . . cc) Geltendmachung von Regressansprüchen . . . . . . . . . . b) Anwaltsbeauftragung im Namen des VN . . . . . . . . . . . . . . V. Billigkeitsgesichtspunkte . . . . . . . . 1. Art des Verfahrens . . . . . . . . . . 2. Prozessführung . . . . . . . . . . . Mitwirkung des VN . . . . . . . . . .
. .
38 40
. . .
40 41 42
.
44
. .
48 54
. . . . . .
54 58 60 62 62 64
.
67
. . . . .
68 70 71 74 76
37
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 25 AHB, die Nachfolgeregelung zu § 5 AHB 2002, zählt abschließend alle nach Eintritt des Versicherungsfalles vom VN (und den versicherten Personen, Ziff. 27.1 S. 1 AHB) zu beachtenden Obliegenheiten auf. Diese lassen sich grob einteilen in Anzeige-, Auskunfts-/Aufklärungs- und Rettungsobliegenheiten.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
AHB 2012 Ziff. 25
B. Anzeigeobliegenheiten I. Eintritt des Versicherungsfalles Nach Ziff. 25.1 S. 1 AHB hat der VN jeden Versicherungsfall dem VR innerhalb 2 einer Woche anzuzeigen. Hierdurch soll der VR in die Lage versetzt werden, schon früh in die Regulierung eines Schadensfalles einzugreifen. Abweichend von § 104 Abs. 1 S. 1 VVG knüpft die Klausel nicht an die Tatsachen an, die eine Verantwortlichkeit des VN zur Folge haben können, sondern an den Eintritt des Versicherungsfalles i.S.v. Ziff. 1.1 AHB. Die Anzeigeobliegenheit wird also erst mit dem Eintritt des Schadensereignisses ausgelöst. Dabei kommt es nach dem Wortlaut von Ziff. 25.1 S. 1 AHB nicht darauf an, ob bereits Schadensersatzansprüche erhoben worden sind oder nicht. Die Anzeigeobliegenheit setzt somit erst zu einem im Vergleich mit der gesetzlichen Regelung späteren Zeitpunkt ein. Eine für den VN nachteilige Abweichung i.S.v. § 112 VVG liegt deshalb nicht vor.1 Weitere Voraussetzung für die Entstehung der Anzeigeobliegenheit ist, dass der VN 3 Kenntnis vom Versicherungsfall hat. Zwar lässt sich dieses Erfordernis dem Wortlaut von Ziff. 25.1 S. 1 AHB nicht entnehmen. Für den durchschnittlichen VN erschließt es sich jedoch aus dem Begriff und dem Wesen der Anzeigepflicht. Eine Tatsache kann nur anzeigen, wer sie kennt (vgl. § 104 VVG Rn. 21 ff.).2 Entgegen Lücke liegt kein Verstoß gegen § 307 BGB vor.3 Der Versicherungsfall ist innerhalb eine Woche ab Kenntnis vom Versicherungsfall 4 anzuzeigen. Diese Frist entspricht § 104 Abs. 1 S. 1 VVG. Es wird auf die dortige Kommentierung – auch zu den Anzeigemodalitäten – verwiesen (§ 104 VVG Rn. 27 ff.).
II. Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen gegen den VN Ziff. 25.1 S. 2 AHB entspricht § 104 Abs. 1 S. 2 VVG, weshalb wiederum auf die 5 dortige Kommentierung verwiesen werden kann (§ 104 VVG Rn. 10 ff.).
III. Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen, behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens 1. Gerichtliches Verfahren Wird gegen den VN ein gerichtliches Verfahren eingeleitet, ein Mahnbescheid erlassen 6 oder ihm gerichtlich der Streit verkündet, hat er dies dem VR nach Ziff. 25.3 AHB unverzüglich anzuzeigen. a) Staatliche Gerichtsbarkeit. Abweichend von § 5 Ziff. 2 S. 4 u. 5 AHB 2002 wird 7 der PKH-Antrag nicht mehr ausdrücklich aufgeführt; ebenso wenig das Arrest-, einstweilige Verfügungs- oder Beweissicherungsverfahren. Da es sich dabei jeweils um gerichtliche Verfahren handelt, weicht Ziff. 25.3 AHB sachlich weder von § 5 Ziff. 2 S. 4 u. 5
1 2
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 25 AHB Rn. 3. I.E. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 25 AHB Rn. 2.
3
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 25 AHB Rn. 4.
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Haftpflichtversicherung
AHB 2002 noch von § 104 Abs. 2 VVG (vgl. § 104 VVG Rn. 14 ff.) ab. Auch das PKHBewilligungsverfahren ist nach § 118 ZPO als gerichtliches Verfahren anzusehen.4
8
b) Schiedsgerichtsbarkeit. Von Ziff. 25.3 AHB werden auch Schiedsgerichtsverfahren erfasst.5 Eine ausdrückliche Regelung ist in der Betriebshaftpflichtversicherung getroffen worden (vgl. Ziff. 7.6.6. Muster-Bedingungsstruktur AT: „Der VN ist verpflichtet, dem VR die Einleitung von Schiedsgerichtsverfahren unverzüglich anzuzeigen“). 2. Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen oder behördlichen Verfahrens
9
Der VN hat gem. Ziff. 25.3 AHB auch die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen oder behördlichen Verfahrens anzuzeigen. Die Anzeige behördlicher Verfahren stellt nach Ansicht Lückes eine Abweichung von § 104 Abs. 2 S. 2 VVG dar.6 Dies überzeugt nicht. Der Begriff des Ermittlungsverfahrens i.S.v. § 104 Abs. 2 S. 2 VVG ist zwar strafverfahrensrechtlich (§ 160 StPO) zu verstehen. Im Hinblick darauf, dass das Bußgeldverfahren in ein Strafverfahren übergehen kann, im Bußgeldverfahren sinngemäß die Strafprozessordnung gilt und die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten hat, können jedoch auch behördliche Verfahren die Anzeigeobliegenheit nach § 104 Abs. 2 S. 2 VVG auslösen (§ 104 VVG Rn. 18).7 3. Unverzüglichkeit der Anzeige
10
Die Anzeige i.S.v. Ziff. 25.3 AHB hat unverzüglich zu erfolgen. Dies entspricht § 104 Abs. 2 VVG, weshalb zur Auslegung des Begriffs auf die dortige Kommentierung verwiesen wird (§ 104 VVG Rn. 28). Die Obliegenheit zur Anzeige eines staatsanwaltschaftlichen oder behördlichen Verfahrens, das sich nicht gegen den VN, sondern gegen einen Mitversicherten richtet, wird nicht von Ziff. 25.3 AHB erfasst (vgl. auch § 104 VVG Rn. 28).8
C. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit I. Abgrenzung zu § 31 VVG 11
Nach § 31 S. 1 VVG ist der VR nach dem Eintritt des Versicherungsfalles berechtigt, vom VN jede Auskunft zu verlangen, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfangs der Leistungspflicht des VR erforderlich ist. Belege kann der VR nach § 31 S. 2 VVG insoweit verlangen, als deren Beschaffung dem VN billigerweise zugemutet werden kann. § 31 VVG gilt auch für die Haftpflichtversicherung. Da § 31 VVG eine lex imperfecta ist, treten Verletzungsfolgen nur ein, wenn diese – wie in Ziff. 26.2 AHB geschehen – vereinbart sind. 4
5
Vgl. auch KG 15.1.1938 VA 1937 215–216 Ziff. 3014; OLG Frankfurt/M. 15.1.1931 JRPV 1931 260; a.A. HK-VVG/Schimikowski Ziff. 25 AHB Rn. 7. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 25 AHB Rn. 25; R. Koch SchiedsVZ 2007 281, 288; Schmalzl/ Krause-Allenstein Rn. 384.
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6 7 8
Prölss/Martin/Lücke Ziff. 25 AHB Rn. 25. Vgl. auch HK-VVG/Schimikowski Ziff. 25 AHB Rn. 8 Fn. 1. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 25 AHB Rn. 28; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 25 AHB Rn. 8.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
AHB 2012 Ziff. 25
Ziff. 25.2 S. 2 AHB konkretisiert § 31 S. 1 VVG nunmehr dahin gehend, dass der VN 12 dem VR ausführliche und wahrheitsgemäße Schadensberichte zu erstatten und ihn bei der Schadensermittlung und -regulierung zu unterstützen hat. Ergänzt wird Ziff. 25.2 S. 2 AHB durch Ziff. 25.2 S. 3 AHB, soweit dort vorgesehen ist, dass alle Umstände, die nach Ansicht des VR für die Bearbeitung des Schadens wichtig sind, mitgeteilt werden müssen. Diese Formulierung („müssen“) gibt Anlass zu dem Hinweis, dass der VR nach § 31 13 Abs. 1 S. 2 VVG, der nach § 32 VVG zwingendes Recht ist, Belege nur insoweit verlangen kann, als deren Beschaffung dem VN billigerweise zugemutet werden kann. Während § 5 Ziff. 3 S. 1 AHB 2002 diesem Erfordernis durch die Formulierung „alles zu tun, was zur Klarstellung des Schadensfalles dient, sofern ihm dabei nichts Unbilliges zugemutet wird“ in gewisser Weise Rechnung trug, fehlt eine solche Einschränkung in der aktuellen Fassung in Bezug auf die Übersendung von Belegen. Die Formulierung „müssen übersandt werden“ lässt keinen Raum für Zumutbarkeitserwägungen, sodass Ziff. 25.2 S. 3 AHB für den VN in nachteiliger Weise von § 31 Abs. 1 S. 2 VVG abweicht. Da letztlich auch die Übersendung von Schriftstücken zur Schadensermittlung und 14 -regulierung dient, wird der VN jedoch die Unterstützungspflicht nach Ziff. 25.2 S. 3 AHB so verstehen, dass er gehalten ist, dem VR alle Schriftstücke – hier aber mit der Einschränkung, dass ihm nach Treu und Glauben nichts Unbilliges zugemutet werden darf (dazu sogleich Rn. 18) – zu überlassen, die für die Beurteilung des Schadensfalles erheblich sind.9
II. Verhältnis zur Anzeigeobliegenheit S. hierzu § 104 VVG Rn. 6.10
15
III. Sinn und Zweck Der VR kann die Ansprüche des geschädigten Dritten nur dann richtig beurteilen und 16 eine sachgemäße Entscheidung treffen, wenn er über den Sachverhalt erschöpfend unterrichtet wird. Gibt der VN unvollständige oder unrichtige Auskünfte, so läuft der VR Gefahr, überflüssige Haftpflichtprozesse für den VN zu führen. Der VR ist daher auf vollständige Auskünfte und umfassende Sicherstellung der Beweise angewiesen. Er muss sich darauf verlassen können, dass der VN von sich aus richtige und lückenlose Angaben über den Versicherungsfall macht und dass der drohende Verlust seines Anspruchs geeignet ist, ihn zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben anzuhalten.11
9 10
11
Vgl. OLG Köln 13.8.2010 RuS 2011 21, 22 = VersR 2011 339, 340. Vgl. OLG Karlsruhe 6.4.2006 VersR 2006 1206 (nach der Schadensmeldung kann der VN das konkrete Auskunftsverlangen des VR abwarten, das er wahrheitsgemäß und umfassend zu beantworten hat). Vgl. BGH 5.12.2001 RuS 2002 51, 53; BGH
1.12.1999 VersR 2000 222; BGH 7.7.1993 RuS 1993 370, 371; BGH 29.9.1992 BGHZ 119 268, 272 = RuS 1992 406; BGH 24.6.81 VersR 1982 182 f.; BGH 22.3.1962 VersR 1962 501, 502; BGH 3.12.1962 NJW 1963 487, 488; BGH 16.2.1967 BGHZ 47 101, 105.
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AHB 2012 Ziff. 25 17
Haftpflichtversicherung
Hierzu zählt auch die Feststellung solcher mit dem Schadensereignis zusammenhängender Tatsachen, die dem VR die Prüfung ermöglichen, ob und in welchem Umfang er überhaupt zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet ist.12 Der VN muss deshalb die ihm vom VR in dieser Beziehung gestellten Fragen ebenfalls nach Treu und Glauben vollständig und wahrheitsgemäß beantworten, selbst wenn er dadurch seinen Anspruch auf Versicherungsschutz gefährdet (z.B. bei doppelrelevanten Tatsachen, die gleichzeitig die Haftpflicht- und die Deckungsfrage betreffen).13
IV. Umfang 1. Grundsätzliches
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Wie alle anderen haftpflichtversicherungsrechtlichen Obliegenheiten steht auch die Aufklärungslast unter dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten sind gegeneinander abzuwägen. Hierzu führt der BGH 14 aus: „An die Aufklärungspflicht des haftpflichtversicherten Kraftfahrers sind sachgerechte, keine übertriebenen und unerfüllbaren Anforderungen zu stellen. Was der VN zur Aufklärung des Tatbestandes zu tun hat, bestimmt sich letztlich immer nach den unterschiedlichen Umständen und Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles. Allgemein verbindliche Maßnahmen können dafür bei der Vielfalt des Lebens nicht vorgeschrieben werden. Die Entscheidung darüber, was alles zur Aufklärung eines Unfalles an Ort und Stelle dienlich sein kann, darf natürlich nicht dem subjektiven Ermessen des jeweiligen VN überlassen bleiben. Inhalt und Umfang der Aufklärungslast sind, wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat …, vom Standpunkt eines verständigen und verantwortungsbewußten VN in dem für die Sachaufklärung maßgeblichen Zeitpunkt zu beurteilen. Der VN soll sich so verhalten wie ein verständiger Kraftfahrer, wenn er nicht versichert wäre.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
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Nichts anderes gilt für den VN in der freiwilligen Haftpflichtversicherung. Ebenso wie bei den Rettungsobliegenheiten15 ist zur Bestimmung des Umfangs der Aufklärungsobliegenheit nicht nur deren Zweck heranzuziehen, sondern auch auf die Sichtweise des idealtypischen VN als Person abzustellen, die sich so verhält, als wäre sie nicht versichert. Es gehört daher mit zur Aufklärungslast des VN, dass er sich um eine Rekonstruktion des Schadensereignisses bemüht und dabei auch Sorge dafür trägt, dass die zu seinen Gunsten sprechenden Beweismittel gesichert werden, weil sich auch ein Nichtversicherter so verhalten würde. Der VN kann auch dazu verpflichtet sein, sich die Namen von Zeugen zu notieren. Die genaue Markierung der Stellung der am Schadensfall beteiligten Personen und Gegenstände (z.B. Fahrrad) wird man von ihm dagegen nur ausnahmsweise verlangen können.16 Nach dem Zweck des Aufklärungsgebots stellt es 12
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BGH 1.12.1999 VersR 2000 222; BGH 12.11.1997 VersR 1998 228, 229; BGH 15.4.1987 VersR 1987 657, 658; BGH 22.12.1976 VersR 1977 272, 273; BGH 12.11.1975 VersR 1976 84; OLG Karlsruhe 6.4.2006 VersR 2006 1206. BGH 10.3.1966 VersR 1966 433; BGH 3.12.1962 NJW 1963 487, 488; BGH 9.7.1956 VersR 1956 485; ÖOGH 12.6.1963 VersR 1965 170; enger noch RG 16.12.1932 VA 1933 96–97 Ziff. 2537, das die Auffas-
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sung vertrat, die Aufklärungslast beziehe sich auf den Hergang des Unfalls. BGH 7.12.1967 VersR 1968 140, 141. Hierzu Bruck/Möller/R. Koch § 82 Rn. 4, § 83 Rn. 43. So im Falle BGH 10.7.1961 VersR 1961 794; vgl. aber auch BGH 7.12.1967 VersR 1968 140, 141, wo der Ausnahmecharakter der Entscheidung vom 10.7.1961 hervorgehoben wird.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
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keine Obliegenheitsverletzung dar, wenn der VN auch die gegen ihn sprechenden Tatsachen festhält; im Gegenteil, das gerade erwartet der VR von ihm zur objektiven Beurteilung des Vorganges. Nur dadurch wird der VR in die Lage versetzt, sachgemäß einen Haftpflichtfall zu entscheiden. 2. Aufklärungsobliegenheit gegenüber dem VR Die Obliegenheit zur Aufklärung besteht gegenüber dem VR. Falsche Angaben des VN gegenüber Dritten, z.B. den Strafverfolgungsbehörden oder den Strafgerichten, stellen grundsätzlich keine Obliegenheitsverletzung dar.17 Allein die fehlende Mitwirkung im Strafverfahren hat somit keine Auswirkung auf das Versicherungsverhältnis. In diesem Sinn hat das OLG Hamm einen Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit gem. § 5 Ziff. 3 AHB a.F. in einem Fall verneint, in dem der VN seinen 13-jährigen Sohn nach einem durch diesen verursachten Brand mit erheblichem Personenschaden dauerhaft ins Ausland verbrachte, um ihm den polizeilichen Ermittlungen zu entziehen. Nach Ansicht des OLG Hamm könne eine Obliegenheitsverletzung nach § 5 Ziff. 3 AHB a.F. nur angenommen werden, wenn der VN eine Aufforderung des VR, den Aufenthalt seines Sohnes mitzuteilen, nicht befolgt hätte.18 Etwas anderes gilt, wenn durch die unrichtigen Angaben gegenüber den Strafverfolgungsbehörden zugleich auch das Aufklärungsinteresse des VR unmittelbar nachteilig berührt wird.19 Der BGH hat dies in einem Fall aus der Kraftfahrtversicherung, in dem der VN gegenüber der Polizei falsche Angaben bezüglich der Anfertigung eines Nachschlüssels machte, mit der Begründung verneint, das Polizeiprotokoll sei dem VR erst später zugegangen als der Fragebogen, in dem der VN die Anfertigung eines Nachschlüssels angegeben hatte.20 Dagegen ist das Aufklärungsinteresse des VR betroffen, wenn der VN Unfallspuren beseitigt oder die polizeilichen Ermittlungen durch wahrheitswidrige Angaben in eine falsche Richtung lenkt und dadurch dem VR die sachgerechte Prüfung der Voraussetzungen seiner Leistungspflicht erschwert, wozu auch die Feststellung solcher mit dem Schadensereignis zusammenhängender Tatsachen gehört, aus denen sich seine Leistungsfreiheit ergeben kann.21 So liegt der Fall, wenn sich die Lebensgefährtin des VN vor der Polizei als Fahrerin bezeichnet, der VN aber gegenüber dem VR (wahrheitsgemäß) mitteilt, dass er selbst gefahren sei. Das Aufklärungsinteresse des VR ist hier deswegen nachteilig berührt, weil die Ermittlungen der Polizei in eine falsche Richtung gelenkt werden und später eine Prüfung nicht mehr möglich ist, ob der VN als Fahrer zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert gewesen ist.22 Das Aufklärungsinteresse ist stets verletzt, wenn das Verhalten des VN den Straftatbestand der Unfallflucht (§ 142 StGB) verwirklicht, weil der VR bei einem Schadensfall immer Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallhergangs und der Unfallursachen hat und der VN dieses mit Verlassen des Unfallorts nachhaltig beeinträchtigt.23
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BGH 18.4.1963 NJW 1963 1404; OLG Hamm 3.12.1963 VersR 1964 1133, 1134. OLG Hamm 3.12.2010 BeckRS 2011 02728. Littbarski AHB § 5 Rn. 59; Späte § 5 Rn. 26; Wussow § 5 Anm. 15. BGH 24.5.1995 RuS 1995 328 = VersR 1995 1043, 1044; OLG Saarbrücken 30.4.2008 RuS 2008 465, 466.
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Vgl. BGH 1.12.1999 RuS 2000 94, 95. Vgl. LG Saarbrücken 1.10.2001 zfs 2002 244. Vgl. BGH 15.12.1982 VersR 1983 258; BGH 12.11.1975 NJW 1976 371, 372 = VersR 1976 84.
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Die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung berechtigt den VN im Übrigen nicht zu unrichtigen Angaben gegenüber dem VR.24 Dies gilt auch für die Gefahr einer Strafverfolgung gegen nahe Verwandte.25 3. Berichtigung falscher Angaben
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Falsche Angaben des VN erfüllen ausnahmsweise den objektiven Tatbestand nicht, wenn sie so schnell berichtigt werden, dass die korrigierte Information dem VR bereits in dem Zeitpunkt vorliegt, in dem er sich erstmals mit dem Vorgang befasst.26 Nach der Rechtsprechung zu VVG a.F. konnte sich der VR darüber hinaus nach Treu 25 und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf Leistungsfreiheit berufen, wenn der Zweck der Aufklärungsobliegenheit durch die Berichtigung der falschen Angaben letztlich doch erreicht wurde. Diesem Zweck, so der BGH in seinem Urteil v. 5.12.2001 „entspricht es nicht, wenn es dem Versicherungsnehmer von vornherein abgeschnitten wäre, die Sanktion der Leistungsfreiheit durch eine Korrektur seiner Angaben zu vermeiden. Das wirtschaftliche Interesse des Versicherers an richtigen Angaben besteht fort, solange ihm durch die falschen Angaben noch kein Nachteil, etwa durch Verlust von Aufklärungsmöglichkeiten, entstanden und ihm die Unrichtigkeit noch nicht aufgefallen ist. Der Versicherungsnehmer, der die Vermögensinteressen des Versicherers durch falsche Angaben bereits gefährdet hat, kann dem drohenden Anspruchsverlust aber nur dann entgehen, wenn er dem Versicherer den wahren Sachverhalt aus eigenem Antrieb vollständig und unmissverständlich offenbart und nichts verschleiert oder zurückhält. Dass dies geschehen ist, hat er darzulegen und ggf. zu beweisen … Kann nicht ausgeschlossen werden, dass die falschen Angaben bereits zu einem Nachteil für den Versicherer geführt haben oder nicht freiwillig berichtigt worden sind, bleibt es bei der Leistungsfreiheit.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
Dieses Urteil und die daran anknüpfende Rechtsprechung dürften nach der Reform des VVG weitgehend bedeutungslos sein. Diese Rechtsprechung war nämlich dem Umstand geschuldet, dass vor der Reform 26 bei Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung die Vorsatzvermutung eingriff mit der Folge, dass es nicht darauf ankam, ob der VR einen Nachteil erlitten hatte. Nach der Reform besteht erstens nur die Vermutung grober Fahrlässigkeit, die zweitens nicht zwingend zu einer vollständigen, sondern im Regelfall nur zu einer teilweisen, in Ausnahmefällen sogar zu gar keiner Leistungskürzung führt. Im Übrigen wird drittens dem VN nicht nur bei grob fahrlässiger, sondern selbst bei vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit die Möglichkeit eingeräumt, darzulegen und zu beweisen, dass der VR keinen Nachteil erlitten hat (vgl. Ziff. 26.2 S. 5 AHB). Die vom BGH im Rahmen von § 242 BGB berücksichtigten Umstände dürften nur noch Berücksichtigung finden, wenn darum geht, den Verschuldensgrad des VN und bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit den Umfang der Leistungskürzung zu bestimmen.
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BGH 19.11.1967 BGHZ 47 101, 105; BGH 25.10.1952 VersR 1952 428; vgl. zu § 7 AKB a.F. OLG Saarbrücken 30.4.2008 RuS 2008 465, 466; OLG Hamm 11.4.1975 VersR 1976 579; LG Koblenz 12.12.1994 RuS 1996 300.
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OLG Oldenburg 7.12.1994 VersR 1995 952, 953. BGH 5.12.2001 RuS 2002 51, 52 f.; vgl. dazu BGH 30.11.67 VersR 1968 137; OLG Hamm 19.11.1999 RuS 2000 139 = VersR 2000 577.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
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4. Verschwiegenheitspflicht des VR Korrelat zur Aufklärungsobliegenheit des VN ist die Verschwiegenheitspflicht des 27 VR. Hierbei handelt es sich um eine vertragliche Nebenpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB,27 die so weit reichen soll, dass der VR die ihm gemachten Angaben auch nicht den Strafverfolgungsbehörden mitteilen oder ihnen diesbezügliche Unterlagen zur Verfügung stellen darf.28 Im Hinblick darauf, dass eine Beschlagnahme der Schadensakten des VR unter den Voraussetzungen des § 94 StPO zulässig ist 29 und dem VR im Strafprozess kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, sodass seine Mitarbeiter zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet sind,30 ist jedoch – wie beim Bankgeheimnis (vgl. Ziff. 2 (1) AHBBanken) – die Einschränkung geboten, dass keine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht vorliegt, wenn es der VR aufgrund gesetzlicher Bestimmungen zur Auskunft verpflichtet ist oder der VN eingewilligt hat. 5. Erstattung ausführlicher und wahrheitsgemäßer Schadensberichte a) Tatsachenbezogene Fragen. Die Obliegenheit nach Ziff. 25.2 S. 2, 1. Alt. AHB, 28 dem VR ausführliche und wahrheitsgemäße Schadensberichte zu erstatten, bezieht sich auf alles, was der Aufklärung des Sachverhalts dienlich sein kann.31 Sie setzt erst zu dem Zeitpunkt ein, zu dem der VR an den VN herantritt und die Informationen anfordert, die er aus seiner Sicht zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistungspflicht benötigt.32 Der VN hat dem VR die Umstände des Schadensfalles mitzuteilen und alle damit 29 zusammenhängenden sachdienlichen Fragen, die der Prüfung dienen, ob und in welchem Umfang der VR überhaupt zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet oder ob er leistungsfrei ist, mit zutreffenden und vollständigen Angaben wahrheitsgemäß zu beantworten.33 Es geht hier vor allem um die eigene Wahrnehmung des VN. Entsprechen die vom VN erteilten Auskünfte seinem Kenntnisstand, sind sie wahrheitsgemäß. Auf die objektive Unrichtigkeit kommt es nicht an, es sei denn der VN hat Anhaltspunkte, dass sein Kenntnisstand unrichtig oder unvollständig sein könnte.34 Fragen, die mit dem Schadensfall nichts zu tun haben, braucht der VN nicht zu beantworten.35 Weitergehend als bei den Anzeigeobliegenheiten muss sich der VN über die Tatsachen, zu denen der VR berechtigterweise Auskunft verlangt, gegebenenfalls erkundigen.36 Bei der Frage, ob eine Schadensanzeige unwahre Angaben enthält, ist insgesamt ein 30 verständiger Maßstab anzulegen, der die Irrtumsmöglichkeiten der jeweiligen Auskunftspersonen mit umfasst.37 Werden nebensächliche oder unerhebliche Fragen unrichtig oder
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Späte § 5 Rn. 27; Littbarski AHB § 5 Rn. 60; Kuwert Rn. 5030. Vgl. BGH 12.3.1976 VersR 1976 383, 384; Späte § 5 Rn. 27. Vgl. BVerfG 10.2.1981 zfs 1982 13; LG Hamburg 5.6.1984 MDR 1984 867; Späte § 5 Rn. 27. Späte § 5 Rn. 27. OLG Köln 13.8.2010 RuS 2011 21, 22 = VersR 2011 339, 340; Späte § 5 Rn. 25. BGH 16.11.2005 RuS 2006 185, 186; BGH 7.7.2004 RuS 2004 368, 369 = VersR 2004 1117 für Kaskoversicherung; BGH 21.4.1983
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VersR 1993 828, 829; vgl. auch OLG Saarbrücken 6.10.2010 BeckRS 2011 18062 (jeweils zur Kfz-Kaskoversicherung). OLG Karlsruhe 6.4.2006 VersR 2006 1206. Langheid/Wandt/Wandt § 31 Rn. 69. Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 31 Rn. 28. BGH 13.12.2006 VersR 2007 389; BGH 21.4.1993 VersR 1993 828, 829; OLG Saarbrücken 6.10.2010 BeckRS 2011 18062. OLG Stuttgart 2.8.2005 VersR 2006 1489.
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gar nicht beantwortet, so ist darin regelmäßig keine Obliegenheitsverletzung zu sehen.38 Vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil des BGH vom 10.3.1966 39: „Die Fragen und Antworten einer Schadensanzeige sind vom Standpunkt eines verständigen VN zur Zeit der Ausfüllung zu beurteilen. Dabei darf dem VN nicht unterstellt werden, den VR täuschen zu wollen. Legt man diesen Maßstab an, so hält sich die Angabe der Führerscheinklasse III zur kurzen und geläufigen Kennzeichnung des entsprechenden österreichischen Führerscheins für Pkw noch in den Grenzen einer zutreffenden Beantwortung der Frage nach der Führerscheinklasse. Die gegebene Antwort wäre nur dann als falsch oder irreführend anzusehen, wenn entweder allgemein von einer Täuschungsabsicht des VN auszugehen wäre oder der übrige Inhalt der Schadensanzeige – z.B. durch die hier nicht gestellte Frage nach einer in- oder ausländischen Fahrerlaubnis oder der Ausstellungsbehörde – die Angabe des Bekl. verbieten würde.“ [Hervorhebung durch den Verfasser]
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Beantwortet der VN Fragen falsch oder trotz mehrfacher Mahnungen gar nicht, verstößt er gegen die ihm obliegende Aufklärungsobliegenheit. Das Schweigen auf sachgerechte Fragen steht somit deren unrichtiger Beantwortung gleich, weil es ebenfalls geeignet ist, das Aufklärungsinteresse des VR zu gefährden.40 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass den VR unter Umständen eine Rückfrageobliegenheit trifft, deren Verletzung dazu führen kann, dass ihm trotz unrichtiger oder unvollständiger Auskunft nach Treu und Glauben41 eine Berufung auf die Obliegenheitsverletzung des VN versagt ist. Nach Brömmelmeyer ergibt sich die Rückfrageobliegenheit auch aus § 6 Abs. 4 VVG.42 32 Eine Rückfrageobliegenheit besteht z.B., wenn sich aus einer formularmäßig gestalteten Schadensanzeige Widersprüche oder offenkundige Unrichtigkeiten in den Angaben des VN ergeben,43 wenn der VN im Zusammenhang mit der Nichtbeantwortung einer Frage Beratungsbedarf hinsichtlich der Auskunftserteilung signalisiert,44 wenn für den VR Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der VN eine Frage unabsichtlich nicht beantwortet hat,45 wenn der VN mit einem Fragezeichen geantwortet hat,46 wenn offensichtlich Tipp- oder Schreibfehler vorliegen,47 wenn der VR erkennen muss, dass der VN davon ausgeht, eine bestimmte Frage schon (vollständig) beantwortet zu haben,48 oder wenn in dem Schadensanzeigeformular nur eine knappe Beantwortung erfolgt und für weitere Angaben auf eine ausführliche Anzeige bei der Polizei verwiesen wird.49 33 Kein Fall der Unklarheit soll vorliegen, wenn der VN in das Antwortfeld eines Fragebogens einen Quer- oder Schrägstrich einfügt. Einen solchen Strich bewertet die Recht-
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So auch Späte § 5 Rn. 34. BGH 10.3.1966 VersR 1966 433, 434. OLG Saarbrücken 31.5.2006 VersR 2007 1646, 1647; OLG München 30.11.1979 VersR 1980 570, 571; vgl. auch OLG Karlsruhe 19.9.1991 RuS 1992 335 = VersR 1992 1256; LG Kleve 10.3.1967 VersR 1967 649. BGH 14.11.1979 VersR 1980 159, 160; BGH 11.6.1976 VersR 1976 821, 824; OLG Brandenburg 27.6.2007 RuS 2008 325, 326; OLG Bremen 2.10.2007 VersR 2007 1692, 1693; OLG Karlsruhe 6.2.2003 NJW-RR 2003 607, 608; OLG Hamm 18.2.2000 VersR 2001 1419; OLG Köln 21.1.1997 VersR 1997 962. Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 31 Rn. 10; a.A. Landheid/Wandt/Wandt § 31 Rn. 78.
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BGH 6.11.1996 RuS 1997 84; OLG Brandenburg 27.6.2007 RuS 2008 325, 326; OLG Bremen 2.10.2007 VersR 2007 1692, 1693; OLG Hamm 18.2.2000 18.2.2000 RuS 2000 493 = VersR 2001 1419; OLG Karlsruhe 6.2.2003, 12 U 204/02, zitiert nach juris, Rn. 12. Langheid/Wandt/Wandt § 31 Rn. 79. Vgl. OLG Hamm 8.2.1995 VersR 1996 53; OLG Stuttgart 18.5.1966 VersR 1967 465, 466. Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 31 Rn. 49. BGH 14.11.1979 VersR 1980 159, 160. BGH 11.6.1976 VersR 1976 821, 824. OLG Frankfurt/M. 9.11.1983 VersR 1985 774, 775; Bruck/Möller/Brömmelmeyer § 31 Rn. 55.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
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sprechung (eindeutig) als Verneinung.50 Vereitelt der VN den Zugang eines Auskunftsverlangens, begründet dies ebenfalls eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit.51 Nach Ansicht des OLG Düsseldorf liegt eine Verletzung der Obliegenheit zur ausführlichen und wahrheitsgemäßen Schadensberichterstattung des Weiteren vor, wenn der VN die Fragen nicht fristgemäß beantwortet und das Schadensanzeigeformular nicht rechtzeitig rücksendet.52 b) Tatsachenbezogene Bewertungen des VN. Die Obliegenheit, ausführliche und wahr- 34 heitsgemäße Schadensberichte abzugeben, bezieht sich in erster Linie auf Tatsachen, die der Sachaufklärung dienen. Dies folgt aus dem Wortlaut der Klausel, in dem von „Schadensberichten“ die Rede ist.53 Falsche Angaben des VN zu der Vorgeschichte und zum Hergang eines Schadensfalles stellen danach eine Obliegenheitsverletzung dar.54 Darüber hinaus hat der VN aber auch auf Fragen zu antworten, deren Beantwortung von ihm im gewissen Rahmen eine eigene (Be-)Wertung fordert.55 Hierbei geht es um solche Begriffe, denen eine gewisse Unsicherheitszone zu eigen ist, die man als Erforderlichkeit einer Wertung begreifen kann (z.B. der Begriff der Gewohnheitsmäßigkeit). Insoweit stellen sich hier ähnliche Fragen wie bei der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit.56 Zu Recht weist Prölss in seiner Kommentierung zu § 19 VVG darauf hin, dass solche Fragen dem VN einen Beurteilungsspielraum einräumen mit der Folge, dass Antworten richtig sind, die sich in dessen äußersten Grenzen halten und der Einschätzung des VN entsprechen.57 Damit dürfte den Interessen des VN in der Tat grundsätzlich Genüge getan sein.58 Zu weit ginge es jedoch, auch solche Fragen als von der Aufklärungsobliegenheit 35 umfasst anzusehen, die dem VN eine fachspezifische Bewertung eines tatsächlichen Geschehens abverlangen, wie sie in einem Rechtsstreit typischerweise ein Sachverständiger zu leisten hat.59 Bei der Obliegenheit gemäß Ziff. 25.2 S. 3 AHB geht es nämlich vornehmlich darum, dem VR eine möglichst breite Tatsachengrundlage zum Schadensfall zu vermitteln, damit dieser in den Stand versetzt wird, sowohl Haftung als auch Deckung zu prüfen. Es ist Sache des VR, sich – falls erforderlich – gutachterlich beraten zu lassen. Ob der VN über entsprechende Fachkenntnisse verfügt, ist unerheblich, da er auch wenn dies der Fall sein sollte, in seiner Eigenschaft als VN betroffen und nicht gehalten ist, fachliche Wertungen abzugeben. Soweit es um medizinische Wertungen geht, die einem Sachverständigen vorbehalten sind, entspricht es demgemäß obergerichtlicher Rechtsprechung, dass keine sanktionsbewehrte Obliegenheit des VN zur Mitwirkung besteht, selbst wenn dieser medizinisch vorgebildet ist.60
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OLG Bremen 29.7.1997 VersR 1998 1149; OLG Köln 5.7.1990 VersR 1991 766, 767; OLG Hamm 18.6.1986 VersR 1987 1233, 1234; OLG München 30.12.1976 VersR 1977 539, 540. OLG Karlsruhe 6.4.2006 VersR 2006 1206; OLG Karlsruhe RuS 1997 381. OLG Düsseldorf 11.4.2000 RuS 2001 16, 19. OLG Köln 13.8.2010 RuS 2011 21 = VersR 2011 339, 340. Vgl. OLG Köln 14.2.2006 BeckRS 2006 06158; OLG Hamm 1.6.1990 RuS 1990 408; LG Dortmund 1.2.2007 NJOZ 2007 5086. Vgl. BGH 27.2.1964 VersR 1964 475, 476; BGH 6.5.1965 VersR 1965 654, 655.
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Vgl. Prölss/Martin/Prölss § 19 Rn. 23. Vgl. Prölss/Martin/Prölss § 19 Rn. 23. Zu eng OLG Frankfurt/M. 14.5.2009 OLGR 2009 943. OLG Köln 13.8.2010 RuS 2011 21, 22 = VersR 2011 339, 340. OLG Köln 13.8.2010 RuS 2011 21, 22 = VersR 2011 339, 340; OLG Frankfurt/M. 14.5.2009 OLGR 2009 943; OLG Frankfurt/M. 10.12.1998 NVersZ 1999 230, 231; KG 3.5.1983 VersR 1986 353, 355; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 25 AHB Rn. 14 a.E.
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c) Deckungsbezogene Tatsachen. Von entscheidender Bedeutung aus der Sicht des VR sind auch diejenigen Fragen, deren Beantwortung Aufschluss darüber gibt, ob für den Schadensfall Versicherungsschutz besteht oder nicht, ob also die geltend gemachten Schadensersatzansprüche unter das versicherte Risiko fallen, Ausschlüsse eingreifen oder Obliegenheiten verletzt worden sind.61 In der Kfz-Haftpflichtversicherung gilt das Gesagte z.B. für die Frage danach, ob der Fahrer des Unfallwagens einen Führerschein hatte,62 ob die Fahrt mit Wissen und Wollen des VN ausgeführt wurde63 oder ob das Unfallfahrzeug gemietet war oder nicht.64 Das Aufklärungsinteresse entfällt auch nicht etwa deshalb, weil der VN den Haftpflichtanspruch anerkennt (§ 105 VVG). Ganz im Gegenteil ist der VR gerade in diesen Fällen darauf angewiesen, sich ein eigenes Bild von dem Schaden und der Haftung des VN dem Grunde und der Höhe nach zu machen.
V. Auskunftsobliegenheiten nach Deckungsablehnung 37
Die Obliegenheit, wahrheitsgemäße Schadensberichte abzugeben, entfällt entgegen der h.M. nicht stets, sobald der VR den Versicherungsschutz endgültig ablehnt.65 In diesem Fall ist der VN nur berechtigt, trotz der Ablehnung an ihn gerichtete Fragen des VR nicht zu beantworten. Entscheidet sich der VN gleichwohl dazu, müssen die Antworten wahr sein. Ein schutzwürdiges Interesse des VN an der Unwahrheit besteht nicht. Die Rechtsprechung des BGH, wonach selbst ein arglistig falscher Prozessvortrag des VN nicht zur Leistungsfreiheit des VR führt, solange dieser an seiner Leistungsablehnung festhält,66 ist fragwürdig und lässt sich nicht auf die Situation außerhalb eines Deckungsprozesses übertragen.
VI. Auskunft- und Aufklärungsobliegenheitsverletzungen Dritter 38
Erstattet nicht der VN, sondern ein von ihm betrauter Dritter den Schadensbericht, so muss sich der VR falsche Angaben dieses sog. Wissenserklärungsvertreters in analoger Anwendung von § 166 BGB zurechnen lassen, auch wenn dieser nicht zugleich sein Repräsentant ist.67 Hiervon ist der Fall zu unterscheiden, dass der die Auskunft Erteilende als versicherte Person die ihn nach Ziff. 27.1 AHB selbst treffende Aufklärungsobliegenheit erfüllen will. Die unrichtigen Angaben gehen dann allein zulasten der versicherten Person.
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Vgl. OLG Köln 14.2.2006 BeckRS 2006 06158; OLG Hamm 19.12.1997 RuS 1998 168 (Feststellung, ob das schadenstiftende Pferd zum versicherten Bestand gehörte und ob die Haltereigenschaft des VN als Voraussetzung der einschlägigen Haftpflichtnorm des § 833 BGB gegeben war); OLG Hamm 1.6.1990 RuS 1990 408 (Feststellung der Haltereigenschaft des VN im Schadenszeitpunkt); LG Dortmund 1.2.2007 NJOZ 2007 5086; OLG Bamberg 21.5.1952 VersR 1952 316, 317 (Feststellung, ob und wann der Betrieb an den Ehemann der Anspruchstelle-
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rin verpachtet worden war, was in bezug auf § 151 Abs. 2 VVG a.F. und § 4 II Ziff. 2 AHB a.F. von wesentlicher Bedeutung war). BGH 10.3.1966 VersR 1966 433, 434. BGH 9.7.1956 VersR 1956 485. BGH 3.12.1962 NJW 1963 487, 488. Littbarski AHB § 5 Rn. 67; Späte § 4 Rn. 32. Z.B. BGH 22.9.1999 RuS 1999 495, 496. Vgl. hierzu etwa BGH 14.12.1994 VersR 1995 281; BGH 2.6.1993 BGHZ 122 388, 389 = RuS 1993 281, 282; OLG Köln 26.4.2005 RuS 2005 240; OLG Köln 18.1.2005 RuS 2006 235.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
AHB 2012 Ziff. 25
Erfährt der VN, dass ein Dritter ein Schadensformular mit im Wesentlichen unrich- 39 tigen und unvollständigen Angaben ohne sein Wissen eingesandt hat, so obliegt es ihm, diese Angaben richtig zu stellen.68 Unterschreibt der VN die Schadensmeldung, macht er sich die Angaben des Dritten zu eigen, auch wenn er die Meldung nicht selbst ausgefüllt hat. Aus Sicht des VR erscheint das vom VN unterschriebene Formular als dessen Erklärung und nicht als die eines mit der Erfüllung von Obliegenheiten betrauten Dritten.69
D. Rettungsobliegenheiten I. Zur Qualifikation als nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllender Obliegenheit Nach Ziff. 25.1 S. 1 u. 2 AHB muss der VN nach Möglichkeit für die Abwendung 40 und Minderung des Schadens sorgen und dabei Weisungen des VR befolgen, soweit es für ihn zumutbar ist (zu den Grenzen s. Rn. 70 ff. und § 82 VVG Rn. 132 ff.). Abweichend von § 82 Abs. 1 u. 2 VVG knüpfen Rettungsobliegenheiten somit nicht an den Eintritt des Versicherungsfalles, sondern an den Schaden an. Hieraus folgt aber kein inhaltlicher Unterschied, da Ziff. 25 AHB ausnahmslos Obliegenheiten aufführt, die der VN bei oder nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen hat.70 Dies bedeutet, dass es im Rahmen des Ziff. 25.1 S. 1 u. 2 AHB wegen der begrifflichen Festlegung des Schadensereignisses als Versicherungsfall zwischen dem Zeitpunkt des Verstoßes (der Schadenursache) und dem Schadensereignis keine Rettungslast gibt.71
II. Abgrenzung zur Rechtsschutzfunktion Systematisch abzugrenzen ist die Rettungslast von der Rechtsschutzfunktion der Haft- 41 pflichtversicherung, die im älteren Schrifttum vielfach als auf den VR übertragene Schadensminderungslast des VN charakterisiert worden ist.72 Dadurch, dass der VR Rechtsschutz als Hauptleistung eigener Art im untrennbaren Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Freistellung von begründeten Ansprüchen gewährt,73 entfällt tatsächlich ein wesentlicher Teil der theoretisch denkbaren Rettungslast des VN. Gleichwohl sind die dem VN nach Ziff. 25.2, 25.4 und 25.5 AHB obliegenden Unterstützungslasten bei der Abwehr, wie z.B. die Vollmachtserteilung an den vom VR ausgesuchten Anwalt und eine sonstige bei der Führung des Haftpflichtprozesses durch den VR begehrte Unterstützung, als Rettungslast zu charakterisieren. Diese Unterstützungsobliegenheiten stellen damit gewissermaßen das Korrelat zu der Rechtsschutzleistung des VR dar.74
68 69
70
BGH 2.5.1963 VersR 1963 547, 548. BGH 14.12.1994 VersR 1995 281 f.; OLG Saarbrücken 6.10.2010 BeckRS 2011 18062; OLG Saarbrücken 12.7.2006 VersR 2007 532, 533. So schon BGH 18.1.1965 BGHZ 43 88, 90 = VersR 1965 325.
71 72 73 74
Vgl. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. F 76. Vgl. die Nachweise bei Bruck/Möller/ R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. B 35. Vgl. zur Qualifikation des Leistungsversprechens des VR § 100 VVG Rn. 20. Siebeck 102.
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Haftpflichtversicherung
III. Allgemeine Rettungsobliegenheit Wie jeder andere VN ist auch der Haftpflicht-VN gehalten, nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. Für die allgemeinen Grundsätze sei daher auf die Kommentierung zu § 82 VVG verwiesen. Bei Anwendung dieser Grundsätze muss die besondere Gestaltung der Haftpflichtversicherung mit dem doppelten Leistungsversprechen (Freistellung von berechtigten Ansprüchen und Abwehr unbegründeter Ansprüche) berücksichtigt werden. In großer Zahl werden von den geschädigten Dritten überhöhte und gänzlich unbegründete Ansprüche geltend gemacht. Hier ist der Hauptplatz der Rettungslast des VN in der Haftpflichtversicherung. Es wird von ihm erwartet, dass er dem VR in jeder Beziehung tatkräftig hilft, damit dieser den unbegründeten Ansprüchen wirksam entgegentreten kann, sodass sich die Verlustmöglichkeit nicht durch ein falsches Urteil zu einem Verlust auswächst. Die Rettungsmöglichkeiten sind so vielfältig, dass sie in den Bedingungen nicht abschließend aufgezählt werden können. Es war vielmehr erforderlich, die Generalklausel des § 82 VVG zu wiederholen. Die Schadensminderungslast gegenüber begründeten Ansprüchen hat ein anderes Aus43 maß als die gegenüber unbegründeten Forderungen, weshalb eine getrennte Betrachtung der Rettungslast gegenüber (offensichtlich) begründeten Ansprüchen (Rn. 44 ff.) und (ganz oder teilweise) unbegründeten Ansprüchen (Rn. 48 ff.) angebracht ist. Im weiteren Sinne gehört zur Rettungslast auch die Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit, die Gegenstand der soeben behandelten Ziff. 25.2 S. 2 und 3 AHB ist. Ihre selbstständige Behandlung rechtfertigt sich – wie im System des VVG (§ 31) – daraus, dass sie vornehmlich der Schadensfeststellung und nicht der Schadensminderung dienen soll. Schadensminderungslast und Aufklärungsobliegenheit können sich aber überschneiden.75 Bei einer unrichtigen Darstellung des Schadenherganges gegenüber dem VR ist regelmäßig nur ein Verstoß gegen die Aufklärungs- und nicht auch zugleich gegen die Rettungslast anzunehmen. Bei einer Kollision zwischen Aufklärungs- und Rettungsobliegenheit kommt letzterer Vorrang zu.76
42
1. Offensichtlich begründete Haftpflichtansprüche Ist ein Schaden dadurch eingetreten, dass das Vermögen des VN bereits mit begründeten Haftpflichtansprüchen belastet worden ist, kommt eine Schadensminderung durch den VN begrifflich nur insoweit in Betracht, als er sich so zu verhalten hat, dass sich durch sein Verhalten (Tun oder Unterlassen) der eingetretene Schaden nicht vergrößert. Der VN ist demgemäß z.B. verpflichtet, dem durch ihn Verletzten erste Hilfe zu leisten, ihn ins Krankenhaus zu fahren oder einen Arzt herbeizuholen. Der VN ist dagegen nicht verpflichtet, den VR bei der Abwehr begründeter An45 sprüche zu unterstützen. Eine Verpflichtung zur Abwehr begründeter Ansprüche im Verein mit dem VR vertrüge sich weder mit der sozialen Aufgabe noch mit der Zweckbindung der Haftpflichtversicherung. Letztlich beruht unsere Rechtsordnung auf dem Grundgedanken, dass ein rechtstreu Handelnder gegen ihn gerichtete begründete Haftpflichtansprüche genauso ohne Prozess erfüllt wie andere Verbindlichkeiten, z.B. eine Kaufpreisschuld. Von dieser Grundthese ging bereits das RG aus:
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„Wenn und soweit der Versicherte den Anspruch des Verletzten als begründet erkennt, besteht für ihn keine Obliegenheit, den VR, dem er bedingungsgemäß die Prozeßführung überlassen mußte, bei der Abwehr des Anspruchs zu unterstützen.“77 75 76
Vgl. Bruck/Möller/R. Koch § 82 Rn. 28. Vgl. BGH 7.7.1967 VersR 1968 140 ff.
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RG 30.8.1938 JW 1938 2834 f.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
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Der BGH hat es sogar abgelehnt, einen Verstoß gegen die Schadensminderungslast darin zu sehen, dass der VN den Dritten dazu ermuntert, seine begründeten Ansprüche zu erheben.78 Ein Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit liege nur dann vor, wenn der VN den Dritten ermuntere, unbegründete Ansprüche zu erheben.79 Überlässt der VN dem Dritten eine Abschrift seiner wahrheitsgemäßen Anzeige an den VR, liegt darin kein Verstoß gegen die allgemeine Schadensminderungslast.80 Dieser Rechtsprechung ist beizupflichten. Sie geht insbesondere von einem zutreffen- 46 den Schadensbegriff in der Haftpflichtversicherung aus, der bei begründeten Ansprüchen in der Belastung des Vermögens des VN mit diesen Ansprüchen liegt, und zieht daraus ausdrücklich die Konsequenz, dass hier insoweit begrifflich eine Schadensminderungslast entfalle. Nach der Reform des VVG folgt mittelbar aus der Untersagung von Anerkenntnisverbotsklauseln (§ 105 VVG) und der Bindungswirkung eines dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erteilten Anerkenntnisses (§ 106 VVG), dass den VN nicht die Obliegenheit trifft, begründete Ansprüche abzuwehren. Vor diesem Hintergrund dürfte heute kein Verstoß mehr gegen die Schadensminderungslast anzunehmen sein, wenn der VN z.B. für den Dritten die Klage anfertigt,81 sonst die prozessualen Lasten für den Dritten erledigt oder eidesstattliche Versicherungen zugunsten des Dritten sammelt oder selbst abgibt.82 Kein Verstoß gegen die Schadensminderungslast liegt auch vor, wenn der VN dem geschädigten Dritten zur Überwindung der durch den Unfall angespannten finanziellen Situation ein Darlehen gewährt.83 Anerkennt der VN einen nicht bestehenden Haftpflichtanspruch, verletzt er hingegen 47 seine Obliegenheit aus Ziff. 25.2 S. 1 AHB und ggf. aus Ziff. 25.5 S. 1 AHB. Da der VR gem. Ziff. 5.1 S. 3 AHB aufgrund eines ohne seine Zustimmung abgegebenen Anerkenntnisses nur in dem Umfang zur Freistellung verpflichtet ist, wie der Anspruch auch ohne Anerkenntnis bestanden hätte, bleibt der Verstoß des VN jedoch folgenlos. 2. (Ganz oder teilweise) unbegründete Haftpflichtansprüche Besteht im Ergebnis somit keine Obliegenheit des VN, begründeten Ansprüchen ent- 48 gegenzutreten oder den VR bei der Abwehr derartiger Ansprüche zu unterstützen, gilt es doch zu beachten, dass die Entscheidung darüber, ob ein Haftpflichtanspruch begründet oder unbegründet ist, in erster Linie dem VR obliegt, der hierüber im Anschluss an die Prüfung der Haftpflichtfrage, bei der ihm ein Beurteilungsspielraum zusteht, nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden hat (vgl. § 100 VVG Rn. 102 ff.). Da der VN nicht berechtigt ist, seine eigene Ermessensentscheidung an die Stelle derjenigen des VR zu setzen, ist er daher regelmäßig gehalten, den VR mit allen Kräften zu unterstützen.84 Dies gilt nicht nur für unbegründete Ansprüche und Sachverhalte, in denen teils be- 49 gründete, teils unbegründete Forderungen gestellt werden, sondern auch in den Fällen, in denen die erhobenen Ansprüche zwar begründet sind, die Begründetheit aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht ohne Weiteres ersichtlich ist. Seine Mitwirkung
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79
BGH 25.4.1955 VersR 1955 340 f.; ebenso OLG Nürnberg 16.11.1964 VersR 1965 175, 176; zustimmend Späte § 5 Rn. 21; Littbarski AHB § 5 Rn. 51; a.A. Siebeck 103; Venzmer VersR 1955 612. BGH 25.4.1955 VersR 1955 340, 341; vgl. dazu RG 24.9.1915 VA 1915 Anh. S. 90–91 Ziff. 904.
80 81 82 83 84
KG 21.3.1931 VA 1931 S. 23–24 Ziff. 2251. Vgl. OLG Düsseldorf 31.5.1938 JRPV 1938 89, 90. Vgl. OLG Hamm 10.3.1939 Hans RGZ 1940 A Sp. 103–104; a.A. Späte § 5 Rn. 21. A.A. OLG Köln 30.12.1935 Hans RGZ 1936 A Sp. 142. Vgl. auch Späte § 5 Rn. 21.
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bei der Abwehr der geltend gemachten Haftpflichtansprüche darf der VN nur dann ablehnen, wenn deren Begründetheit jedem verständigen Betrachter einleuchtet und demgemäß der gegenteilige Standpunkt des VR geradezu ein grob fahrlässiges Verkennen der Situation bedeutet. Deshalb ist die Obliegenheit gem. Ziff. 25.4 S. 1 AHB, derzufolge der VN gegen einen Mahnbescheid oder eine Verfügung von Verwaltungsbehörden auf Schadensersatz grundsätzlich „fristgemäß Widerspruch oder die sonst erforderlichen Rechtsbehelfe einlegen [muss]“ (Rn. 58), nicht zu beanstanden, da diese Mitwirkungshandlung nur dazu dient, dem VR die Möglichkeit zur Prüfung des Anspruchs zu geben. Die nach § 5 Ziff. 6 AHB 2002 noch als Obliegenheit ausgestaltete Verpflichtung des 50 VN, Abänderungsklage zu erheben, ist durch eine nach Ziff. 5.4 AHB begründete Vollmacht des VR ersetzt worden, die Aufhebung oder Minderung einer zu zahlenden Rente zu fordern, falls der VN oder ein Mitversicherter nachträglich ein solches Recht erlangt. Den VN trifft aber nach dem allgemeinen Schadensminderungsgebot des Ziff. 25.2 S. 1 AHB die Obliegenheit, den VR bei Kenntnis solcher Umstände unverzüglich zu unterrichten.85 Nicht speziell festgelegt ist die sich ebenfalls aus dem allgemeinen Schadensminde51 rungsgebot ergebende Obliegenheit des VN, auf Weisung des VR Klage auf Feststellung im sozialgerichtlichen Verfahren zu erheben, dass z.B. der Unfall, aus dem der VN ersatzpflichtig gemacht wird, sich als vom Sozialversicherungsschutz erfasster Arbeitsunfall in seinem eigenen Betriebe zugetragen hat. Gleiches gilt für den Fall, dass dem VN der Streit in einem Vorprozess verkündet wird. Hier ist er nach Weisung des VR grundsätzlich zum Beitritt verpflichtet. Das Besondere in den beiden letztgenannten Fällen besteht darin, dass anders als im Falle des § 323 ZPO nicht ausdrücklich vereinbart worden ist, wer die Prozessführung hat und ob der VN den vom VR vorgeschlagenen Anwalt akzeptieren muss. Eine entsprechende Anwendung von Ziff. 25.4 AHB scheidet aus, da der Haftpflichtanspruch im eigentlichen Sinne nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Demgemäß hat in erster Linie der VN das Vorschlagsrecht und der VR bei der Prozessführung nur ein Mitspracherecht, aber keine Entscheidungsbefugnis. Entgegen einer Entscheidung des OLG Düsseldorf 86 stellt es noch keinen Verstoß 52 gegen die zur Schadensminderung gehörende Hilfe bei der Schadensfeststellung und -regulierung dar, wenn der VN ein unberechtigtes Anspruchsschreiben kritiklos weitergibt. Vielmehr darf der VN grundsätzlich auf sachgerechte Fragen des VR warten. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der VN klar erkennt, dass die Ansprüche des Dritten unbegründet sind und wenn nach den besonderen Umständen des Falles nicht zu erwarten ist, dass der VR die Unbegründetheit des Anspruchs erkennen kann.
IV. Besondere Rettungsobliegenheiten 53
Neben der allgemeinen Rettungsobliegenheit nach Ziff. 25.2 S. 1 AHB, deren Umfang erst im Schadensfall im einzelnen konkretisiert werden kann, sieht Ziff. 25.2 S. 2, 2. Alt. AHB vor, dass der VN den VR bei der Schadensermittlung und -regulierung unterstützt. Ziff. 25.4 AHB enthält das Gebot, rechtzeitig Rechtsbehelfe gegen Mahnbescheide und verwaltungsrechtliche Verfügungen einzulegen, um zu verhindern, dass sich der Dritte,
85 86
Prölss/Martin/Prölss Ziff. 5 AHB Rn. 38. OLG Düsseldorf 31.1.1938 JRPV 1938 89–90.
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vorschnell einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel verschafft. Nach Ziff. 25.5 S. 1 und 3 AHB hat der VN dem VR die Prozessführung zu überlassen und dem vom VR bezeichneten Anwalt, Prozessvollmacht zu erteilten („Prozessmuntschaft“ des Haftpflicht-VR). 1. Unterstützung bei der Schadensermittlung und -regulierung Die Obliegenheit des VN, den VR (im Innenverhältnis) bei der Schadensermittlung und -regulierung zu unterstützen, ist das Gegenstück zur Regulierungsvollmacht gem. Ziff. 5.2 S. 1 AHB (im Außenverhältnis). Die Unterstützungsobliegenheit geht weiter als die Obliegenheit, ausführliche und wahrheitsgemäße Schadensberichte zu erstatten. Der VN ist nicht nur gehalten, auf ein Verlangen des VR hin Auskunft zu erteilen, vielmehr hat er aus eigener Initiative an der Aufklärung des Schadensereignisses aktiv mitzuwirken.87 Er darf insoweit weder Anfragen noch Weisungen des VR abwarten, vielmehr muss er auch zweckdienliche Nachforschungen anstellen.88 Die Obliegenheit setzt also zeitlich früher ein. Ebenso wie die Anzeigeobliegenheit hat sie zur Voraussetzung, dass der VN Kenntnis vom Eintritt des Versicherungsfalles hat. Die Unterstützungspflicht erstreckt sich grundsätzlich auch auf das Verhalten des VN am Ort des Eintritts des Versicherungsfalles.89 So ist die Unterstützungsobliegenheit verletzt, wenn der VN die polizeilichen Ermittlungen durch wahrheitswidrige Angaben in eine falsche Richtung lenkt, Spuren beseitigt oder sich unerlaubt vom Schadenort entfernt.90 Erlangt der VN erst nach Auskunftserteilung Kenntnis, dass sich eine angegebene Tatsache abweichend von der bereits erteilten Auskunft ereignet hat, muss er seine bereits erteilte Auskunft berichtigen.91 Hier hat die ursprünglich gegebene Auskunft den Wissensstand des VN korrekt wiedergegeben und war deshalb wahrheitsgemäß. Eine Auskunftsobliegenheitsverletzung liegt nicht vor. Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass der VN bewusst eine unrichtige Auskunft erteilt hat, die er später berichtigt. Die Unterstützungspflicht endet in dem Moment, in dem der VR seine Leistung verweigert. Aber auch hier gilt, dass der VN nicht zur Manipulation von Beweisen u.a. berechtigt ist.
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2. Einlegung von Rechtsbehelfen Die Obliegenheit gem. Ziff. 25.4 AHB zur Einlegung von Rechtsbehelfen auch ohne 58 vorherige Weisung des VR beginnt – abweichend von E.2.5 AKB (Obliegenheit im Schadensfall in der Kfz-Haftpflicht-Versicherung) – nicht erst mit drohendem Fristablauf. Gegen einen Vollstreckungsbescheid oder ein Versäumnisurteil würde der Einspruch infrage kommen.92 Aus Ziff. 25.2 S. 1 AHB ist der VN auch im Rahmen seiner allgemeinen Rettungsobliegenheit gehalten, auf Vermeidung unnötiger Kosten zu achten. Auf-
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Späte § 5 Rn. 30; Littbarski AHB § 5 Rn. 66; Prölss/Martin/Lücke Ziff. 25 AHB Rn. 14. Späte § 5 Rn. 30 f.; Littbarski AHB § 5 Rn. 66; Wussow § 5 Anm. 19; Kuwert Rn. 5031. BGH 1.12.1999 VersR 2000 222 = RuS 2000 94, 95. BGH 15.12.1982 VersR 1983 258.
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BGH 21.4.1993 VersR 1993 828, 829 = NJW 1993 1862, 1863 mit Anm. Lücke VersR 1993 1098, insoweit in BGHZ 122 250 nicht abgedruckt (Auskunftspflicht zur Feststellung von Umfang und Höhe des Schadens dauert bis zur endgültigen Feststellung an). Vgl. OLG Düsseldorf 26.06.2007 BeckRS 2010 02790.
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wendungen, die ihm hierbei durch Bestellung eines eigenen Prozessbevollmächtigten erwachsen, muss er daher selbst tragen.93 Kein Verstoß gegen Ziff. 25.4 AHB liegt vor, wenn der VN anstelle der Einlegung 59 eines Rechtsbehelfs den begründeten Haftpflichtanspruch anerkennt. 3. Überlassung der Prozessführung
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Nach Ziff. 25.5 S. 1 AHB hat der VN dem VR die Führung des Verfahrens zu überlassen und nach S. 3 „muss“ er dem vom VR im eigenen Namen beauftragten Rechtsanwalt Vollmacht sowie alle erforderlichen Auskünfte erteilen und die angeforderten Unterlagen zur Verfügung stellen. Diese Obliegenheit ist das Gegenstück zu Ziff. 5.2 S. 2 AHB. Aus Ziff. 25.5 AHB folgt jedoch nicht die Berechtigung des VR, im Namen des VN einem von ihm ausgewählten Anwalt Prozessvollmacht zu erteilen (Ziff. 5 AHB Rn. 43 f.). Dem VR steht insoweit trotz der Formulierung „muss“ kein klagbarer Anspruch auf Erteilung einer derartigen Prozessvollmacht zu. Die gegenteilige Auffassung ist mit dem Rechtscharakter der Obliegenheit unvereinbar.94 Durch die Einholung eines Gutachtens zur Schadensursache seitens des VN wird die 61 Verfahrensherrschaft des VR nicht verletzt. Sie stellt daher nicht ohne Weiteres eine Obliegenheitsverletzung dar.95 Im Übrigen steht es dem VR im Rahmen der ihm übertragenen Prozessführungsbefugnis grundsätzlich frei, im Haftpflichtprozess – einschließlich des Kostenfestsetzungsverfahrens96 – den versprochenen Rechtsschutz durch einen eigens für den Versicherten beauftragten Rechtsanwalt oder lediglich mittels einer Nebenintervention zu gewährleisten.97 a) Prozessführung
62
aa) Grundsätzliches. Die Obliegenheit zur Überlassung der Führung des Verfahrens beginnt mit der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens. Insoweit kann auf die Ausführungen zu Ziff. 25.3 AHB („gerichtliches Verfahren“) verwiesen werden (Ziff. 25 AHB Rn. 6 ff.). Der VN ist auch dann gehalten, dem VR die Prozessführung zu überlassen, wenn der Rechtsstreit in einem Schiedsgerichtsverfahren ausgetragen wird.98 Entgegen Späte bedarf er keiner Sondervereinbarung, um eine Verpflichtung des VR zur Übernahme des Schiedsgerichtsverfahrens zu begründen.99 Keine Überlassungspflicht besteht im Strafverfahren, weil es dort nicht um einen Prozess über den Haftpflichtanspruch geht.100 Der VR kann nur insoweit beratend mitwirken, als er gem. Ziff. 5.3 AHB einen Strafverteidiger auf seine Kosten bestellt.101 Die Obliegenheit zur Überlassung der Prozessführung bedeutet, dass der VN sich 63 grundsätzlich jeder Einflussnahme auf die Prozessführung zu enthalten hat.102 Dies gilt grundsätzlich auch in den Fällen, in denen der geltend gemachte Anspruch des Dritten die 93 94
95 96 97
AG Frankfurt/M. 3.2.1972 VersR 1973 516. So zutreffend BGH 4.12.1967 VersR 1968 162, 163; ebenso als Vorinstanz OLG Köln 24.5.1965 VersR 1965 950, 951. OLG Hamm 15.3.1985 VersR 1986 229 zu § 5 Ziff. 4 AHB a.F. OLG Celle 30.11.2012 BeckRS 2012 25574. Vgl. BGH 15.9.2010 RuS 2010 504, 506; BGH 9.3.1993 RuS 1994 212 = VersR 1993 62.
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HK-VVG/Schimikowski Ziff. 25 AHB Rn. 12; R. Koch SchiedsVZ 2007 281, 287; Littbarski AHB § 5 Rn. 83. Späte § 5 Rn. 39. Vgl. BGH 11.12.1961 VersR 1962 127, 128 = NJW 1962 491, 492; vgl. auch BGH 18.12.2012 NJW 2013 1163, 1164. Späte § 5 Rn. 39; Wussow § 3 Anm. 18. Späte § 5 Rn. 39.
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Deckungssumme des Vertrages übersteigt, und zwar auch bezüglich des nicht vom Versicherungsschutz erfassten Teiles der gegnerischen Forderung.103 Die Interessen des VN sind hinreichend geschützt, da der VR seine Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) aus dem Versicherungsvertrag verletzt, wenn er ohne Zustimmung des VN zu dessen Lasten rechtsgeschäftliche Erklärungen in der Form eines Vergleiches oder eines Anerkenntnisses abgibt, die die Deckungssumme übersteigen (Ziff. 5 AHB Rn. 11 f.). Darüber hinaus ist der VN bei nicht ausreichender Deckungssumme zur (zusätzlichen) Beauftragung eines Anwalt seines Vertrauens, zum Widerruf der Prozessführungsvollmacht des VR und der Prozessvollmacht des von diesem beauftragten Anwalts berechtigt, ohne gegen seine Obliegenheiten aus Ziff. 25.5 S. 1 und 3 AHB zu verstoßen (vgl. Ziff. 5 Rn. 28). bb) Prozesshandlungen. Inhaltlich bedeutet die Überlassung der Prozessführung, dass 64 der VN die Ausübung der ihm als als Partei zur Verfügung stehenden Prozesshandlungen dem VR bzw. dem von diesem beauftragten Anwalt überlassen muss. Hierzu zählen alle Betätigungen, die darauf abzielen, ein Verfahren zu beginnen, weiterzuführen oder zu beenden.104 Darunter fallen zum einen Bewirkungshandlungen, durch die unmittelbar eine prozessuale Rechtswirkung erzielt wird, z.B. Klageerhebung, Rechtsmitteleinlegung, Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid, Nebenintervention, Streitverkündung, Anerkenntnis, Verzicht auf Kostenantragstellung im Falle einer Klagerücknahme,105 Geständnis,106 Prozessvergleich.107 Zu den Prozesshandlungen zählt grundsätzlich auch die Aufrechnung. Jedoch er- 65 streckt sich die Herrschaft des VR nicht auf die Gegenansprüche des VN. Auch ist der VN nicht gehalten, sich vor der Geltendmachung seiner eigenen Ansprüche mit seinem VR abzustimmen.108 Rechnet der Dritte allerdings mit seiner wirklichen oder vermeintlichen Forderung auf, so muss der VN dem VR in einem dann notwendig werdenden Aktivprozess (§ 100 VVG Rn. 130 ff.), soweit es sich um die gegnerische Haftpflichtforderung handelt, entscheidenden Einfluss auf die Prozessführung einräumen. Hat der VN bereits einen Anwalt zur Wahrung seiner Ansprüche gegen den Dritten beauftragt, kann der VR einen Anwaltswechsel nur aus wichtigem Grund verlangen und unter gleichzeitigem Erbieten, die dadurch entstehenden Mehrkosten zu tragen. Zum anderen zählen zu den Prozesshandlungen auch die sog. Erwirkungshandlungen, 66 bei denen der Erfolg nicht unmittelbar, sondern erst aufgrund eines Tätigwerdens des Gerichts eintritt, z.B. Anträge, Behauptungen und Beweisführungen.109 Der VN ist verpflichtet, dem VR bzw. dem von diesem beauftragten Anwalt die Informationen zu geben, die dieser benötigt, um eine Entscheidung darüber zu treffen, welche Prozesshandlung er vornehmem soll. Soweit der VR Prozesshandlungen in Form sog. Erwirkungshandlungen vornehmen will, ist der VN zur Mitwirkung verpflichtet, auch wenn er keine Ladung vom Gericht erhält, sondern nur eine Aufforderung des VR oder des
103
104
Vgl. RG 4.12.1923 VA 1924 132–133 Ziff. 1416; LG Köln 24.1.1964 VersR 1964 398; Stiefel/Maier AKB 2008 E.2.4 Rn. 25. Musielak/Musielak ZPO Einleitung Rn. 58; vgl. auch OLG Brandenburg 7.9.2006 NJW 2007 1470, 1471; enger OLG Oldenburg vom 28.7.1993 FamRZ 1996 682 (zu § 121 BRAGO a.F.) (jede Handlung einer Partei, die auf die Beendigung eines anhängigen Rechtsstreits gerichtet ist).
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LG Dortmund 29.1.2009 NJW-RR 2009 969. Musielak/Musielak ZPO Einleitung Rn. 61; BeckOK/Wendtland § 230 ZPO Rn. 2.1. Vgl. MüKo-ZPO/Rauscher Einleitung Rn. 375. LG Kiel 9.5.1962 VersR 1962 1075. Musielak/Musielak ZPO Einleitung Rn. 61.
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Anwalts zum Erscheinen im Termin (z.B. zwecks Befragung von Zeugen).110 Es versteht sich von selbst, dass der VN nicht versuchen darf, die Prozessführung des VR zu vereiteln oder zu durchkreuzen.111 So hat das LG Dortmund eine Obliegenheitsverletzung des VN für den Fall angenommen, dass der VR den Anspruch der Gegenseite regulierte, der vom VN beauftragte eigene Anwalt aber trotzdem an seinem Antrag auf Klageabweisung festhielt.112
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cc) Geltendmachung von Regressansprüchen. Die Obliegenheit des VN zur Wahrung von Regressansprüchen gegen weitere Beteiligte und zur Mitwirkung bei deren Durchsetzung durch den VR folgt aus § 86 Abs. 2 S. 1 VVG. Mit Rücksicht darauf, dass die Abwicklung der Haftpflichtschäden ganz in der Hand des VR liegt, wird man hier aber Schritte des VN grundsätzlich nur auf ausdrückliche Weisung des VR verlangen können.
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b) Anwaltsbeauftragung im Namen des VN. Die Auswahl des Anwalts zur Prozessführung obliegt dem VR. Dies ergibt sich aus Ziff. 5.2 S. 2 i.V.m. Ziff. 25.5 S. 2 und 3 AHB, wonach der VR den Anwalt beauftragt und der VN diesem Anwalt Prozessvollmacht sowie alle erforderlichen Auskünfte erteilen und die angeforderten Unterlagen zur Verfügung stellen muss. Würde der VN sich selbst den Anwalt aussuchen können, hätte es einer solchen Regelung nicht bedurft. Der VN verletzt nach dem Wortlaut dieser Regelungen somit seine Obliegenheit aus Ziff. 25.5 S. 2 und 3 AHB, wenn er ohne Zustimmung des VR einen eigenen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt oder einem vom VR bestellten Anwalt nicht alle erforderlichen Auskünfte erteilt und angeforderten Unterlagen zur Verfügung stellt.113 Im Übrigen ist der VN bereits aus der allgemeinen Schadensminderungsobliegenheit nach Ziff. 25.2 S. 1 AHB verpflichtet, den vom VR beauftragten Anwalt ggf. von sich aus über wesentliche Tatumstände aufzuklären.114 Angesichts der Formulierung „muss“ begegnet Ziff. 25.5 S. 3 AHB ähnlichen Beden69 ken wie Ziff. 25.2 S. 3 AHB (Rn. 13), lässt diese Formulierung aus der Sicht des VN doch keinen Raum für Billigkeitserwägungen (hierzu sogleich Rn. 70). Durch diese Formulierung wird sich der VN dazu gezwungen sehen, den vom VR ausgewählten Anwalt zu akzeptieren. Ein solcher Zwang besteht jedoch nicht stets. So sieht der BGH den VN nicht als verpflichtet an, einen vom VR ausgesuchten Anwalt zu akzeptieren, der bereits früher Prozesse gegen ihn geführt hat.115 Fraglich ist deshalb, ob die Regelung eine nachteilige Abweichung i.S.v. § 87 VVG darstellt bzw. bei Großrisiken i.S.v. § 210 Abs. 2 VVG einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB standhält.116 Gegen eine nachteilige Abweichung spricht, dass die Interessen des VN durch die Bindungen und Beschränkungen, die der VR im Innenverhältnis zu beachten hat (Ziff. 5 Rn. 49), sowie durch sein Recht zur Beauftragung eines (zusätzlichen) Anwalts seines Vertrauens sowie zum Widerruf der Prozessführungsvollmacht des VR und der Prozessvollmacht des von diesem beauftragen Anwalts ausreichend geschützt sind (Ziff. 5 Rn. 54).
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Stiefel/Maier AKB 2008 E. 2.4 Rn. 16. LG Dortmund 29.1.2009 NJW-RR 2009 969; LG Nürnberg-Fürth 30.8.1971 VersR 1973 511, 512; KG 21.3.1931 VA 1931 S. 23–24 Ziff. 2251. LG Dortmund 29.1.2009 NJW-RR 2009 969. Vgl. Littbarski AHB § 5 AHB Rn. 78; offengelassen von BGH 30.4.1981 NJW 1981
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1952, 1952; einschränkend LG Dortmund 29.1.2009 NJW-RR 2009 969; Stiefel/Maier AKB 2008 E. 2.4 Rn. 15: nur bei Beeinträchtigungen der Prozessführung. Stiefel/Maier AKB 2008 E. 2.4 Rn. 15. Vgl. BGH 30.4.1981 NJW 1981 1952, 1953; s.a. BGH 23.10.1990 RuS 1992 110, 111. Verneinend H. Koch/Hirse VersR 2001 405; krit. Späte § 5 Rn. 40.
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Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles
AHB 2012 Ziff. 25
V. Billigkeitsgesichtspunkte Entsprechend den Vorgaben von § 82 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 VVG bestimmt Ziff. 25.2 70 S. 1 und 2 AHB, dass der VN unter Beachtung der Weisungen des VR nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen habe, sofern ihm dabei nichts Unbilliges zugemutet werde. 1. Art des Verfahrens Im Zivilverfahren hat der VN grundsätzlich den Weisungen des VR Folge zu leisten. 71 Sache des VR ist es, dem VN eindeutige Weisungen zu erteilen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der VR vom üblichen Regulierungsschema abweicht und aus bestimmten Gründen z.B. den VN darum bittet, von sich aus einen Anwalt im Haftpflichtprozess zu beauftragen.117 Weisungen des VR über das Verhalten des VN im Strafverfahren brauchen dagegen 72 vom VN grundsätzlich nicht befolgt zu werden.118 Der VN ist z.B. nicht gehalten, auf Weisung des VR gegen einen Strafbefehl Einspruch einzulegen, weil die Möglichkeit einer Strafverschräfung besteht. Anders ist nur dann zu entscheiden, wenn die Weisung des VR allein die zivilrecht- 73 liche Seite eines Schadensfalles betrifft, z.B. die Anweisung, gem. § 406a Abs. 2 StPO ein Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen, soweit dieses im Adhäsionsverfahren einen Schadenbetrag zugesprochen hat. Nach dem allgemeinen Schadensminderungsgebot kann der VN auch verpflichtet sein, auf Weisung des VR ohne besondere gerichtliche Aufforderung als Zeuge im Strafverfahren aufzutreten.119 2. Prozessführung Wie zuvor erwähnt kann es dem VN in Ausnahmefällen nicht zuzumuten sein, einem 74 Anwalt Prozessvollmacht zu erteilen (Rn. 69). Keinen Verstoß gegen das Gebot, dem VR die Prozessführung zu überlassen, stellt es dar, wenn der VN bei einer Pfändung gegen den Dritten (wegen einer Kostenerstattungsforderung aus einem dem Haftpflichtprozess vorangegangenen Verfahren betreffend den Erlass einer einstweiligen Verfügung) aus Gründen der Menschlichkeit den Versteigerungstermin herausschieben lässt.120 Dass der wahrheitsgemäße Vortrag des VR den VN in ein schlechtes Licht stellen kann, ist nicht als unbillig anzusehen; diese Konsequenz hat der VN sich selbst zuzuschreiben, wenn er z.B. betrunken Auto gefahren ist und der VR aus der Kenntnis des Mitfahrers von dieser Trunkenheit eine Mitschuld i.S.d. § 254 BGB zu folgern sucht. Lehnt der VR es ab, Versicherungsschutz zu gewähren, braucht der VN nicht einem 75 vom VR benannten Anwalt die Prozessführung zu überlassen.121 Dies gilt auch dann, wenn der VR ausdrücklich erklärt, dass er durch die Deckungsablehnung nicht auf die
117
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Vgl. den vom OLG Celle 11.4.1933 VA 1933 347–348 Ziff. 2586 entschiedenen Fall. BGH 11.12.1961 NJW 1962 491, 492. Späte § 5 Rn. 29. RG 16.10.1917 VA 1918 Anh. S. 26–28 Ziff. 1029.
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BGH 7.11.1966 NJW 1967 202, 203 = VersR 1967 27, 28; RG 30.8.1938 JRPV 1938 308, 309; Hans OLG Hamburg 10.4.1931 VA 1931 33 Ziff. 2261.
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AHB 2012 Ziff. 25
Haftpflichtversicherung
Erfüllung von Obliegenheiten verzichten wolle, sondern ein bestimmtes Verhalten des VN verlange.122 Hat der VN gegen ein Versäumnisurteil rechtzeitig Einspruch eingelegt, kann er diesen zurücknehmen, wenn der VR den Versicherungsschutz versagt.123 3. Mitwirkung des VN
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Unbilligkeit ist stets zu bejahen, wenn vom VN verlangt wird, in seiner persönlichen Vernehmung eine unrichtige tatsächliche Darstellung abzugeben, oder ihm angetragen wird, ein den Sachverhalt unrichtig darstellendes Schriftstück im PKH-Verfahren zu unterzeichnen.124 Der VN darf nicht dazu angehalten werden, an einer unrichtigen Entscheidung des Haftpflichtprozesses mitzuwirken.125 Dem VR ist es auch bei unbegründeten Ansprüchen des Dritten nicht gestattet, dem VN zur „Vereinfachung“ der Prozesssituation einen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht zuzumuten. Das Gleiche gilt, wenn der VR im Prozess etwas in tatsächlicher Beziehung Unrichtiges vorträgt. Die Bemühungen des VN, den Verstoß gegen die Wahrheit zu beseitigen, stellen keine Verletzung der Schadensminderungspflicht dar, so z.B. wenn der VN im Prozess der unrichtigen Darstellung des Sachverhalts durch den vom VR ausgesuchten Anwalt entgegentritt.126 Durch die Erhebung der Verjährungseinrede wird dem VN nichts Unbilliges zuge77 mutet. Wenn er meint, es nicht hinnehmen zu können, dass in seinem Namen eine derartige Einrede erhoben werde, so mag er den Schaden selbst tragen. Er kann sich nur sichern, wenn er bei Abschluss des Haftpflichtversicherungsvertrages eine Sonderklausel aufnehmen lässt, die dem VR die Einrede der Verjährung untersagt. Gibt der VR dem VN die Weisung, dass er dem Dritten gegenüber das Bestehen einer 78 begründeten Haftpflichtversicherung zu verneinen habe, so ist diese Anordnung ohne rechtliche Verbindlichkeit, da sie den VN zur Unwahrheit anhält.127 Als zu weitgehend ist die Auffassung anzusehen, dass der VN von sich aus die Ver79 hältnisse des Dritten, den er geschäftlich oder privat kennt, fortlaufend beobachten müsse, um den VR bei wesentlichen Veränderungen unaufgefordert auf die Möglichkeit einer Abänderungsklage hinzuweisen und ihm ein Tätigwerden nach Ziff. 5.4 AHB zu ermöglichen.128 Ein Verlangen, das nach rechtskräftigem Abschluss des Haftpflichtprozesses dergestalt von dem VR an den VN gestellt wird, dass dieser laufend die Verhältnisse des Dritten zu beobachten habe, ist ebenfalls als unzumutbare Anforderung zu behandeln. Für den VR bietet sich hier vielmehr die normale Erledigung solcher Probleme durch Einschaltung einer Detektei an.
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BGH 7.11.1966 NJW 1967 202, 203 = VersR 1967 27, 28. OLG Düsseldorf 26.06.2007 BeckRS 2010 02790. Vgl. OLG Frankfurt/M. 15.1.1931 JRPV 1931 260, 261. KG 21.3.1931 VA 1931 S. 23–24 Ziff. 2251.
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RG 30.8.1938 JW 1938 2834, 2835; OLG Hamm 10.3.1939 Hans RGZ 1940 A Sp. 103–104. Vgl. OLG Hamm 15.10.1934 VA 1935 17 Ziff. 2765. So aber Wussow § 5 Anm. 25.
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Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 26
AHB 2002
26. Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten 26.1 1Verletzt der VN eine Obliegenheit aus diesem Vertrag, die er vor Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen hat, kann der VR den Vertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung fristlos kündigen. 2Der VR hat kein Kündigungsrecht, wenn der VN nachweist, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruhte.
26.2 1Wird eine Obliegenheit aus diesem Vertrag vorsätzlich verletzt, verliert der VN seinen Versicherungsschutz. 2Bei grob fahrlässiger Verletzung einer Obliegenheit ist der VR berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen. 3Der vollständige oder teilweise Wegfall des Versicherungsschutzes hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der VR den VN durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat. 4Weist der VN nach, dass er die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt hat, bleibt der Versicherungsschutz bestehen. 5Der Versicherungsschutz bleibt auch bestehen, wenn der VN nachweist, dass die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der dem VR obliegenden Leistung ursächlich war. 6Das gilt nicht, wenn der VN die Obliegenheit arglistig verletzt hat. 7Die vorstehenden Bestimmungen gelten unabhängig davon, ob der VR ein ihm nach Ziff. 26.1 zustehendes Kündigungsrecht ausübt.
§ 6 II 1Wird
eine Obliegenheit, die vor Eintritt des Versicherungsfalles oder zur Gefahrverhütung/ -verminderung dem VR gegenüber zu erfüllen ist, verletzt, hat der VN keinen Versicherungsschutz, wenn der VR von seinem Recht Gebrauch macht, den Vertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung fristlos zu kündigen. 2Der VR hat kein Kündigungsrecht und der Versicherungsschutz bleibt bestehen, wenn die Obliegenheitsverletzung unverschuldet war. 3Bezweckte die verletzte Obliegenheit allerdings die Gefahrminderung oder die Verhütung einer Gefahrerhöhung, verliert der VN seinen Versicherungsschutz dann nicht, wenn die Verletzung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls oder den Umfang der dem VR obliegenden Leistung gehabt hat. § 6 III 1Wird eine der in § 5 genannten Obliegenheiten oder eine andere im oder nach dem Versicherungsfall zu erfüllende Obliegenheit verletzt, verliert der VN seinen Versicherungsschutz, es sei denn, er hat die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. 2Bei grob fahrlässiger Verletzung behält der VN insoweit seinen Versicherungsschutz, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat. 3Bezweckt die verletzte Obliegenheit die Abwendung oder Minderung des Schadens, behält der VN seinen Versicherungsschutz bei grober Fahrlässigkeit insoweit, als der Umfang des Schadens auch bei Erfüllung der Obliegenheit nicht geringer gewesen wäre. 4Bei vorsätzlicher Verletzung behält der VN seinen Versicherungsschutz insoweit nur, wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des VRs ernsthaft zu beeinträchtigen, oder wenn den VN kein erhebliches Verschulden trifft.
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AHB 2012 Ziff. 27
Haftpflichtversicherung
1
Ziff. 26 AHB regelt in Übereinstimmung mit § 28 VVG die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten, die vor (Ziff. 26.1 AHB) und nach (Ziff. 26.2 AHB) Eintritt des Versicherungsfall zu beachten sind. Insoweit wird auf die Kommentierung zu § 28 VVG verwiesen. Ziff. 26.1 AHB entspricht – sprachlich leicht modifiziert – § 28 Abs. 1 VVG. Ziff. 26.2 2 S. 1 AHB entspricht § 28 Abs. 2 S. 1 VVG. Ziff. 26.2 S. 2 AHB entspricht § 28 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 VVG. Ziff. 26.2 S. 3 AHB entspricht § 28 Abs. 4 VVG. Ziff. 26.2 S. 4 AHB entspricht § 28 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 VVG. Ziff. 26.2 S. 5 AHB entspricht § 28 Abs. 3 S. 1 VVG. Ziff. 26.2 S. 6 AHB entspricht § 28 Abs. 3 S. 2 VVG. Ziff. 26.2 S. 7 AHB hat keine Entsprechung im Gesetz.
AHB 2012
AHB 2002
Weitere Bestimmungen 27. Mitversicherte Personen 27.1 1Erstreckt sich die Versicherung auch auf Haftpflichtansprüche gegen andere Personen als den VN selbst, sind alle für ihn geltenden Bestimmungen auf die Versicherten entsprechend anzuwenden. 2Die Bestimmungen über die Vorsorgeversicherung (Ziff. 4) gelten nicht, wenn das neue Risiko nur in der Person eines Versicherten entsteht.
§ 7 Ziff. 1 S. 1 Soweit sich die Versicherung auf Haftpflichtansprüche gegen andere Personen als den VN selbst erstreckt, finden alle in dem Versicherungsvertrag bezüglich des VN getroffenen Bestimmungen auch auf diese Personen sinngemäße Anwendung.
27.2 1Die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag steht ausschließlich dem VN zu. 2Er ist neben den Versicherten für die Erfüllung der Obliegenheiten verantwortlich.
§ 7 Ziff. 1 S. 2 Die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag steht ausschließlich dem VN zu; dieser bleibt neben dem Versicherten für die Erfüllung der Obliegenheiten verantwortlich.
Schrifttum Schirmer Die Rechtsstellung mitversicherter Personen in der Haftpflichtversicherung, FS Sieg (1976) 451 ff.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Geltung der AHB-Regelungen für Mitversicherte . . . . . . . . . . . . . . . . C. Geltendmachung der Rechte . . . . . . . D. Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Obliegenheiten . . . . . . . . . . . . . . E. Formularmäßige Ausdehnung des Kreises der Versicherten . . . . . . . . . . . . . I. Betriebshaftpflichtversicherung . . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . 2. Personelle Reichweite . . . . . . . . . a) Vergleich mit § 102 Abs. 1 S. 1 VVG b) Nähere Bestimmung des Kreises der versicherten Personen . . . . . . . .
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1 4 8 11 19 19 20 21 21 23
Rn. 3. Umfang des Mitversicherungsschutzes . . . . . . . . . . . . . a) Ansprüche aus Personenschäden gegen Betriebsangehörige . . . b) Ansprüche aus Personenschäden gegen gesetzliche Vertreter und sonstiges Leitungspersonal . . c) Ansprüche aus Personenschäden wegen eines Dienstunfalles . . II. Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung . . . . . . . . . . . . III. Privathaftpflichtversicherung . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . 2. Kreis der mitversicherten Personen
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Mitversicherte Personen
AHB 2012 Ziff. 27
Rn. a) Ziff. 2.1 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht . . . b) Ziff. 2.1 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht . . . aa) Minderjährige Kinder . . . . . bb) Volljährige Kinder . . . . . . (1) Voraussetzungen für eine unmittelbar anschließende Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . (2) Kasuistik . . . . . . . . . . .
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Rn. c) Ziff. 2.1 (3) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht . . 3. Mitglieder häuslicher Gemeinschaft 4. Bedienstete . . . . . . . . . . . . . 5. Restrisikoklausel . . . . . . . . . . 6. Fortsetzungsklausel . . . . . . . .
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48 54 56 57 58
A. Sinn und Zweck Ziff. 27 AHB bestimmt die Rechtsstellung mitversicherter Personen. Diese Klausel 1 findet immer dann Anwendung, wenn die Haftpflichtversicherung als Versicherung für fremde Rechnung ausgestaltet ist, d.h. nicht nur der VN, sondern auch oder sogar ausschließlich Nichtvertragsparteien gegen die Inanspruchnahme durch den Geschädigten geschützt werden. Nach dem Gesetz ist nur die Betriebshaftpflichtversicherung als Fremdversicherung ausgestaltet (§ 102 Abs. 1 S. 2 VVG). Vertragsseitig trifft dies jedoch nahezu für sämtliche Haftpflichtversicherungszweige zu, die auf den AHB basieren. Ziff. 27.1 S. 1 AHB greift den in § 47 Abs. 1 VVG normierten Grundsatz auf, dass im 2 Rahmen der Fremdversicherung die Kenntnis und das Verhalten des Versicherten der Kenntnis und dem Verhalten des VN gleichstehen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Versicherte zugleich Repräsentant, Wissens- oder Wissenserklärungsvertreter ist.1 Der VN kann sich somit weder den Verhaltensanforderungen noch den Rechtsfolgen im Falle ihrer Verletzung dadurch entziehen, dass er einen anderen mit dem Abschluss einer Versicherung in seinem Interesse beauftragt.2
B. Geltung der AHB-Regelungen für Mitversicherte Ziff. 27.1 S. 1 AHB stellt klar, dass alle für den VN geltenden AHB-Bestimmungen 3 auf die Versicherten entsprechend anzuwenden sind. Hiervon macht Ziff. 27.1 S. 2 AHB eine Ausnahme für die Bestimmungen über die Vorsorgeversicherung (Ziff. 4 AHB), soweit das neue Risiko nur in der Person eines Versicherten entstanden ist. So liegt der Fall, wenn der in der Privathaftpflichtversicherung mitversicherte Ehemann als Bauherr Umbauten in dem gemeinsam bewohnten Haus vornimmt und dabei die Bausumme von 50.000 € überschritten wird (Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht). Durch diese Ergänzung von § 7 Ziff. 1. S. 1 AHB 2002 (und ältere Fassungen) erübrigt sich der Streit in der Literatur darüber, ob Versicherte Deckung nach Maßgabe der Vorsorgeversicherung erhalten, wenn das Risiko allein in ihrer Person eingetreten ist.3 Im Hinblick darauf, dass die versicherte Person nach § 44 Abs. 1 S. 1 VVG nur hin- 4 sichtlich des Anspruchs auf die Versicherungsleistung materiell berechtigt ist, die den Versicherungsvertrag als Ganzes berührenden Rechte jedoch gem. § 45 Abs. 1 VVG dem VN zustehen, ist die „entsprechende Anwendung“ im Grundsatz auf die Vertragsbestim1
Vgl. Bruck/Möller/Brand, § 47 Rn. 4; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 47 Rn. 1; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Muschner, § 47 Rn. 2.
2 3
Bruck/Möller/Brand, § 47 Rn. 4; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 47 Rn. 1. Hierzu ausführlich Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Anm. H 21; Späte § 7 Rn. 8.
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AHB 2012 Ziff. 27
Haftpflichtversicherung
mungen beschränkt, die den primären und sekundären Umfang des Versicherungsschutzes betreffen (Ziff. 1 bis 7 sowie Ziff. 23 bis 32 AHB). Insbesondere treffen die Versicherten auch die Obliegenheiten. Keine entsprechende Anwendung finden z.B. die Vorschriften zur Prämienzahlung 5 (Ziff. 9 ff. AHB) und zur Kündigung des Versicherungsvertrages (Ziff. 18 ff. AHB).4 Wäre der Versicherte Prämienschuldner, würde durch die Mitversicherung im Übrigen ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter begründet. Im Hinblick auf dieses Verbot kommt auch eine entsprechende Anwendung der Vollmachtklausel nach Ziff. 5.2 S. 1 AHB nicht in Betracht. Zu Erklärungen im Namen der Mitversicherten ist der VR nur aufgrund einer von ihnen (oder von ihren rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Vertretern) zu erteilenden Schadensbearbeitungsvollmacht berechtigt.5 Allerdings ergibt sich aus Ziff. 25.5 S. 1 AHB für den Versicherten die Obliegenheit, spätestens nach Eintritt des Versicherungsfalles dem VR Vollmacht zu erteilen.6 Nur in der Kfz-Haftpflichtversicherung ist der VR berechtigt, nicht nur seine eigene Schadensersatzverpflichtung und die des VN, sondern auch die der mitversicherten Personen mitzuregulieren.7 Wer zum Kreis der versicherten Personen gehört, wird vertragsseitig entweder indivi6 dualvertraglich (selten) oder in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (Regelfall) festgelegt. Dabei sind die versicherten Personen i.d.R. nicht namentlich bezeichnet, sondern durch persönliche Merkmale individualisiert (hierzu sogleich näher Rn. 23, 29 und 31).
C. Geltendmachung der Rechte 7
Ziff. 27.2 S. 1 AHB bestimmt, dass die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem VN zusteht. Gemeint sind die Forderungsrechte, die den Eintritt des Versicherungsfalles zur Voraussetzung haben oder an den Eintritt des Versicherungsfalles anknüpfen, hier also vor allem der Freistellungsanspruch, nicht die Rechte, die den Versicherungsvertrag als Ganzes berühren (Rn. 4). Diese Klausel trägt den Besonderheiten der Fremdversicherung Rechnung. Danach 8 stehen die Forderungsrechte nach § 44 Abs. 1 VVG zwingend dem Versicherten zu. Die Verfügungsmacht über diese Rechte einschließlich der Klagebefugnis nach § 45 Abs. 1 VVG sind dagegen allein dem VN zugewiesen. Die Aufspaltung von materieller Anspruchsberechtigung und formeller Verfügungsmacht dient dem Interesse des VR, sich nur mit seinem Vertragspartner über den Anspruch auf die Versicherungsleistung auseinandersetzen zu müssen,8 u.a. auch deshalb, weil er dann nur in Bezug auf diesen das Prozesskostenrisiko tragen muss.9 Ziff. 27.2 S. 1 AHB ändert § 44 Abs. 2 VVG dahin gehend ab, dass der Versicherte 9 selbst dann nicht verfügungsbefugt ist, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist10
4 5
6 7 8
Späte § 7 Rn. 8. Vgl. BGH 3.6.1987 BGHZ 101 276, 285 = NJW 1987 2586, 2587; Späte § 7 Rn. 8 und § 5 Rn. 70; Schmalzl Rn. 192. Vgl. BGH 3.6.1987 BGHZ 101 276, 285 = NJW 1987 2586, 2587. Vgl. BGH 3.6.1987 BGHZ 101 276, 285 = NJW 1987 2586, 2587. Vgl. BGH 29.4.1998 NJW 1998 2449, 2450;
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OLG Düsseldorf 15.7.1993 RuS 1994 118 = VersR 1995 525; OLG Köln 18.4.1994 RuS 1994 475, 476 = VersR 1995 525. Vgl. BGH 4.5.1964 BGHZ 41 327, 329 = NJW 1964 1899; OLG Hamm 6.10.2004 VersR 2005 934. Vgl. BGH 11.3.1987 NJW-RR 1987 856; s. auch § 12 Ziff. 1 S. 3 AFB 2008.
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Mitversicherte Personen
AHB 2012 Ziff. 27
oder der VN zu seinen Gunsten auf die Geltendmachung des Anspruchs aus der Versicherung verzichtet hat.11 Solche Klauseln sieht die Rechtsprechung mit Blick auf den Zweck der Aufspaltung von materieller Anspruchsberechtigung und formeller Verfügungsmacht als mit § 307 BGB vereinbar an. Soweit der VN ohne billigenswerten Grund nicht gewillt ist, sein Einziehungsrecht zu Gunsten des Versicherten wahrzunehmen, und der Versicherte deshalb Gefahr läuft, seinen Anspruch nicht durchsetzen zu können, ist dem VR nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf Ziff. 27.2 S. 1 AHB zu berufen.12 Lehnt der VR die Deckung vorprozessual nicht wegen fehlender Aktivlegitimation des Versicherten (sondern aus anderen Gründen) ab, ist die Berufung auf die fehlende Verfügungsbefugnis des Versicherten im nachfolgenden Prozess ebenfalls rechtsmissbräuchlich (s. hierzu Kommentierung zu § 44 VVG Rn. 24 ff.).13
D. Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Obliegenheiten Gem. Ziff. 27.2 S. 2 AHB ist der VN neben den Mitversicherten für die Erfüllung der 10 Obliegenheiten verantwortlich. Diese Klausel bezieht sich auf den Fremdversicherungsschutz.14 Die Formulierung „neben dem Versicherten“ hat zur Folge, dass solche Obliegenheiten von Ziff. 27.2 S. 2 AHB nicht erfasst werden, die aus Rechtsgründen eben nicht auch vom VN, sondern nur vom Versicherten zu erfüllen sind, wie z.B. das Gebot, dem VR die Führung des Haftpflichtprozesses zu überlassen. Fraglich ist, ob Obliegenheitsverletzungen des VN nicht nur seinen eigenen Versiche- 11 rungsschutz, sondern auch den der Versicherten nachteilig berühren. Der Wortlaut der Klausel lässt dies offen. Der BGH hat zu der mit Ziff. 27.2 S. AHB identischen Formulierung in § 3 Ziff. 2 Halbs. 2 AKB a.F. festgestellt, „[e]s ist daher nicht daran vorbeizukommen, daß § 3 Ziff. 2 Halbs. 2 AKB … die Möglichkeit vorsieht, dem Versicherten einen von ihm nicht verschuldeten Verstoß des VN entgegenzuhalten, obwohl er und nicht der Versicherungsnehmer insoweit der Träger des versicherten Interesses und damit des Versicherungsanspruchs ist“15.
Der BGH hat diesen Grundsatz für die Kfz-Haftpflichtversicherung jedoch dahin- 12 gehend eingeschränkt, dass dem Mitversicherten nur solche Handlungen oder Unterlassungen des VN schaden könnten, die die Fremdversicherung und das durch sie geschützte Interesse des Mitversicherten beträfen. Dies hat der BGH für die Verwendungsklausel des § 2 Ziff. 2a AKB a.F., eine vor dem Eintritt des Versicherungsfalles vom VN zu erfüllende Obliegenheit bejaht, weil durch die Änderung des Verwendungszwecks des
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Vgl. OLG Hamm 6.10.2004 RuS 2005 406, 407; OLG Stuttgart 7.2.1991 RuS 1992 331, 332; AG Köln 8.2.1996 und LG Köln 31.10.1996 RuS 1997 465, 466. Vgl. OLG Hamm 6.10.2004 RuS 2005 406, 407; OLG Stuttgart 7.2.1991 RuS 1992 331, 332; LG Karlsruhe 11.1.2012 VersR 2013 352, 353; AG Köln 8.2.1996 und LG Köln 31.10.1996 RuS 1997 465, 466. Vgl. auch BGH 22.2.1978 VersR 1978 409; BGH 7.1.1965 BGHZ 43, 42, 43; OLG Frankfurt/M. 7.2.2012 VersR 2013, 617, 619
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(zu § 154 a.F.); OLG Hamm 6.10.2004 RuS 2005 406, 407; OLG Stuttgart 7.2.1991 RuS 1992 331, 332; LG Wiesbaden 29.6.2012 BeckRS 2012 19492; LG Karlsruhe 11.1.2012 VersR 2013 352, 353; AG Köln 8.2.1996 und LG Köln 31.10.1996 RuS 1997 465, 466; vgl. auch OLG Düsseldorf 11.4.2000 NVersZ 2001 93. Vgl. auch BGH 14.12.1967 BGHZ 49 131, 132. BGH 14.12.1967 BGHZ 49 131, 132.
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versicherten Kfz der vertragliche Rahmen des Risikos, das der VR übernommen habe, überschritten und damit ein wesentliches und schutzwürdiges Interesse des VR betroffen sei.16 Dagegen sind nach Ansicht des BGH schutzwürdige Interessen des VR nicht betroffen, wenn nur der mitversicherte Fahrer, nicht aber auch der VN (Halter) einen Schadensbericht abgibt. Deshalb sei der Entzug des Versicherungsschutzes für den Versicherten durch die darin liegende Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nicht gerechtfertigt.17 Nach verbreiteter Ansicht in der Literatur beansprucht dieser vom BGH zur Kfz-Haftpflichtversicherung entwickelte Grundsatz auch in der freiwilligen Haftpflichtversicherung Geltung.18 Dieser Auffassung ist im Ergebnis zuzustimmen. Der BGH begründet seine Rechtsprechung mit den Besonderheiten der Kfz-Haftpflichtversicherung. So sei nach dem Gesetz nur der Halter zum Abschluss einer KfzHaftpflichtversicherung verpflichtet. Der Fahrer sei deshalb von Gesetzes wegen darauf verwiesen, sich auf den Halter zu verlassen. Damit werde sein Vertrauen geweckt, durch die vom Halter abzuschließende Versicherung hinreichend geschützt zu sein. Daneben diene die Kfz-Haftpflichtversicherung auch dem Zweck, den Fahrer aus sozialen Gründen von drückenden Haftpflichtverbindlichkeiten freizustellen. Die Schutzbedürftigkeit eines Großteils der Versicherten in der freiwilligen Haftpflichtversicherung unterscheidet sich jedoch nicht wesentlich von der eines Fahrers in der Kfz-Haftpflichtversicherung. So besteht für Personen mit Arbeitnehmerstatus keine Möglichkeit, sich selbst gegen die Risiken ihrer beruflichen und betrieblichen Tätigkeit zu versichern. Sie sind deshalb auf die Mitversicherung in der Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung angewiesen. Gleiches gilt für Hausangestellte, die in der Privathaftpflichtversicherung mitversichert sind. Hinzu kommt, dass sich unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der schutzwürdigen Interessen des VR eine unterschiedliche Behandlung der Auswirkungen von Obliegenheitsverletzungen des VN auf den Versicherungsschutz des Versicherten in der obligatorischen und freiwilligen Haftpflichtversicherung nicht rechtfertigen lässt. Ob sich Obliegenheitsverletzungen des VN nachteilig auf den Versicherungsanspruch des Versicherten auswirken, hängt somit auch in der freiwilligen Haftpflichtversicherung vom Zweck der Obliegenheit und dem Gewicht der durch sie geschützten Interessen des VR ab.19 Aufgrund des Kausalitätserfordernisses nach Ziff. 26.2 S. 5 AHB/§ 28 Abs. 3 VVG kann die Streitfrage in den Fällen offenbleiben, in denen der Versicherte die Obliegenheit erfüllt. Zeigt der VN anzeigepflichtige Umstände nicht an, erleidet der VR hierdurch keinen Nachteil, wenn wenigstens der Versicherte seinen Anzeigeobliegenheiten nachkommt. In diesem Fall wird es dem Versicherten gelingen, den (Kausalitätsgegen-)Beweis zu führen, dass die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich war.20 Der VR wird bei Erfüllung der Anzeigeobliegenheit 16 17 18
BGH 28.1.1958 BGHZ 26 282, 287. BGH 14.12.1967 BGHZ 49 131, 132. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 27 AHB Rn. 5; Späte § 7 Rn. 9; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 411 ff.; Wussow § 7 Anm. 3; a.A. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV Anm. H 19 und Littbarski AHB § 7 Rn. 27, die für eine solche Beschränkung keinen Anhaltspunkt in den AHB sehen; ausdrück-
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lich offengelassen OLG Düsseldorf 11.4.2000 NVersZ 2001 93, 96. Vgl. auch Bruck/Möller/Brand § 47 Rn. 36; Looschelders/Pohlmann/R. Koch § 47 Rn. 27. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 27 AHB Rn. 5; Späte § 7 Rn. 9; Schmalzl/Krause-Allenstein Rn. 411 ff.; Wussow § 7 Anm. 3; a.A. Bruck/Möller/R. Johannsen 8 Bd. IV
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Mitversicherte Personen
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durch den Versicherten dagegen die Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses bei Erfüllung der Obliegenheit auch durch den VN nicht nachweisen können. Anders mag die Situation bei Verletzungen von Aufklärungs- und Rettungsobliegen- 18 heiten zu beurteilen sein, weil die Tatsachen, die jeweils Gegenstand eigener Wahrnehmung gewesen sind, sich naturgemäß unterscheiden können, und die Zumutbarkeit von Rettungsmaßnahmen hinsichtlich der Person des VN und der versicherten Personen unterschiedlich zu bewerten sein kann. In diesen Konstellationen kommt es darauf an, ob durch die Obliegenheitsverletzung des VN der Rahmen des vom übernommenen Vertragsrisikos überschritten wurde. Bei arglistigen Obliegenheitsverletzungen besteht mit Blick auf die in § 28 Abs. 3 S. 2 VVG getroffene grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers für die Sanktionierung von arglistigen Obliegenheitsverletzungen von vornherein kein Raum für einen Rückgriff auf das Kausalitätserfordernis.
E. Formularmäßige Ausdehnung des Kreises der Versicherten I. Betriebshaftpflichtversicherung Muster-Bedingungsstruktur AT 7.1.2 1Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht 7.1.2.3 der gesetzlichen Vertreter des VN und solcher Personen, die er zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebes oder eines Teiles desselben angestellt hat, in dieser Eigenschaft; 7.1.2.4 sämtlicher übrigen Betriebsangehörigen für Schäden, die sie in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtungen für den VN verursachen. 2Ausgeschlossen sind Ansprüche aus Personenschäden, bei denen es sich um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Betrieb des VN gemäß dem Sozialgesetzbuch VII handelt. Das gleiche gilt für solche Dienstunfälle gemäß den beamtenrechtlichen Vorschriften, die in Ausübung oder infolge des Dienstes Angehörigen derselben Dienststelle zugefügt werden.
Die vorstehend der Muster-Bedingungsstruktur AT entnommenen Klauseln finden 19 sich – mit unwesentlichen Abweichungen – in den verschiedenen Bedingungswerken, die die Versicherung betrieblicher/beruflicher Risiken betreffen. 1. Sinn und Zweck Der Hauptgrund für die Ausdehnung des Versicherungsschutzes besteht darin, dass 20 der VN ohne die Einbeziehung seiner Mitarbeiter – obgleich selbst nicht verantwortlich und/oder nicht vom Geschädigten in Anspruch genommen – vielfach den Schaden wirtschaftlich zu tragen hätte. So liegt der Fall, wenn Betriebsangehörige unterhalb der Ebene der Geschäftsführung/des Vorstands im Rahmen ihrer betrieblichen/beruflichen Tätigkeit einen Fremdschaden verursacht haben, für den sie nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gegenüber dem Unternehmer gar nicht oder nur beschränkt haften und deshalb im Falle ihrer Inanspruchnahme durch den Geschädigten Freistellung vom Unternehmer verlangen können. Soweit der VN vom Geschädigten in
Anm. H 19 und Littbarski AHB § 7 Rn. 27, die für eine solche Beschränkung keinen Anhaltspunkt in den AHB sehen; ausdrück-
lich offengelassen OLG Düsseldorf 11.4.2000 NVersZ 2001 93, 96.
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Anspruch genommen wird und der VN zum Regress beim Schädiger berechtigt ist, dient die Einbeziehung der Mitarbeiter der Sicherung des Betriebsfriedens. Bei den Mitgliedern der Geschäftsführung oder des Vorstands, für die die Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs nicht gelten, geht es vornehmlich darum, die Realisierbarkeit der Regressansprüche z.B. aus § 43 Abs. 2 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG sicherzustellen (Vor §§ 100–112 VVG Rn. 118). 2. Personelle Reichweite
21
a) Vergleich mit § 102 Abs. 1 S. 1 VVG. Ziff. 7.1.2.3 und Ziff. 7.1.2.4 Muster-Bedingungsstruktur AT entsprechen sachlich § 102 Abs. 1 S. 1 VVG. Zwar ist dort allgemein von Vertretern die Rede. Jedoch ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, dass nur gesetzliche Vertreter gemeint sind (§ 102 VVG Rn. 17). Die Formulierung in Ziff. 7.1.2.3 Muster-Bedingungsstruktur AT „in dieser Eigenschaft“, die sich auf die Vertreter und die zur Leitung und zur Beaufsichtigung angestellten Betriebsangehörigen bezieht, bedeutet im Vergleich zu den übrigen Betriebsangehörigen keine Beschränkung des Versicherungsschutzes.21 Da die Vertreter und die zur Leitung und zur Beaufsichtigung angestellten Betriebsangehörigen sich ihrer Eigenschaft als solche nicht entledigen können, stehen letztlich alle ihre betriebs-/berufsbezogenen Handlungen im Zusammenhang mit der Leitung und Beaufsichtigung. Die Formulierung „in dieser Eigenschaft“ dient ebenso wie die Formulierung „in Aus22 führung ihrer dienstlichen Verrichtungen“ in Ziff. 7.1.2.4 Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht erkennbar nur der Abgrenzung zur Privathaftpflicht und ist deshalb dahin gehend zu verstehen, dass die Mitglieder dieser Personengruppe „in amtlicher Eigenschaft“ und nicht lediglich als Privatperson tätig geworden sein müssen. Zur Einordnung beider Formulierungen kann deshalb auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen der Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung entwickelt worden sind (§ 102 VVG Rn. 25 ff.).
23
b) Nähere Bestimmung des Kreises der versicherten Personen. Zum Begriff des gesetzlichen Vertreters und des Betriebsangehörigen s. Kommentierung zu § 102 Rn. 17 ff. Zur Bestimmung des Kreises der Personen, die zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebes angestellt sind, kann auf die Auslegung des Begriffs des leitenden Angestellten zurückgegriffen werden, den das BetrVG (§ 5 Abs. 3 S. 2) und das MitbestG (§ 3 Abs. 3 Nr. 2) verwenden. Leitender Angestellter ist danach, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb „1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder 2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder 3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.“
21
Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff. 7.1.2 Rn. 11; Beckmann/Matusche-
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Beckmann § 26 Rn. 25; Schmalzl/KrauseAllenstein Rn. 610.
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Mitversicherte Personen
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Der Begriff des leitenden Angestellten deckt sich im Kern mit dem Begriff des verfassungsmäßig berufenen Vertreters i.S.v. § 31 BGB. Hierunter fallen alle Personen, denen „durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so daß sie die juristische Person repräsentieren.“22
3. Beschränkungen des Mitversicherungsschutzes Der Umfang des Mitversicherungsschutzes erfährt in Ziff. 7.1.2 S. 2 und 3 Einschrän- 24 kungen, soweit es um Ansprüche aus Personenschäden (zu diesem Begriff s. Ziff. 1 AHB Rn. 8 ff.) geht. a) Ansprüche aus Personenschäden gegen Betriebsangehörige. Stets ausgeschlossen 25 vom Versicherungsschutz sind Ansprüche aus Personenschäden gegen Betriebsangehörige, bei denen es sich um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Betrieb des VN gemäß SGB VII handelt.23 Das Gleiche gilt gemäß den beamtenrechtlichen Vorschriften für solche Dienstunfälle, die in Ausübung oder infolge des Dienstes Angehörigen derselben Dienststelle zugefügt werden.24 Der Ausschluss betrifft den Ersatzanspruch von Sozialversicherungsträgern aus § 110 26 Abs. 1 SGB VII, der immer dann entsteht, wenn der Unfallverursacher, dessen Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Für diesen Anspruch besteht grundsätzlich Deckung gem. Ziff. 1.1 AHB, da er privatrechtlicher Natur ist,25 wobei hinsichtlich vorsätzlich herbeigeführter Versicherungsfälle die Einschränkungen des Ziff. 7.1 AHB zu beachten sind. Durch diesen Ausschluss soll verhindert werden, dass die Sozialversicherungsträger ihre Leistungspflicht auf die Haftpflichtversicherer abwälzen.26 b) Ansprüche aus Personenschäden gegen gesetzliche Vertreter und sonstiges Leitungs- 27 personal. Der Ausschluss von Ansprüchen aus Personenschäden gegen Betriebsangehörige erstreckt sich nach h.A. nicht auf die Haftpflicht der gesetzlichen Vertreter und der zur Leitung und zur Beaufsichtigung angestellten Betriebsangehörigen gem. Ziff. 7.1.2.3 Muster-Bedingungsstruktur AT. Er sei vielmehr beschränkt auf die in Ziff. 7.1.2.4 Muster-Bedingungsstruktur AT genannten übrigen Betriebsangehörigen.27 Im Ergebnis ist dieser Ansicht zu folgen. Zwar wird aus der textlichen Anordnung des Ausschlusses in Ziff. 7.1.2 Muster-Bedingungsstruktur AT nicht klar, ob er sich nur auf Ziff. 7.1.2.4 oder auch auf Ziff. 7.1.2.3 Muster-Bedingungsstruktur AT bezieht. Die Beschränkung auf Ziff. 7.1.2.4 Muster-Bedingungsstruktur AT ist jedoch nach dem Gundsatz der ver-
22
23
Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff. 7.1.2 Rn. 11; Beckmann/MatuscheBeckmann § 26 Rn. 25; Schmalzl/KrauseAllenstein Rn. 610. Ziff. 3.2 ProdHM; Ziff. 1.3.2 UmweltHM; Ziff. 1.2.2 BBR IT-D; Ziff. 3 ZusBedIT; Ziff. 5.2 BBR für Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren; Ziff. 7.3.2.3 MusterBedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht.
24
25 26 27
Vgl. Ziff. 1.3.2 UmweltHM; Ziff. 1.2.1, 1.2.2 BBR IT-D; Ziff. 3 ZusBedIT; Ziff. 7.3.2.3 Muster-Bedingungsstruktur AT Betriebshaftpflicht. BGH 5.3.1998 NJW 1998 1854, 1856; vgl. auch BGH 30.10.1967 NJW 1968 391, 392. Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff.7.1.2 Rn. 17. Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff.7.1.2 Rn. 19.
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wenderfeindlichen Auslegung gem. § 305c Abs. 2 BGB geboten.28 Schon nach dem Wortlaut findet der Ausschluss keine Anwendung, wenn der VN den Arbeitsunfall verursacht hat.29 Der Grund für die unterschiedliche Behandlung des Leitungspersonals und der leiten28 den und aufsichtsführenden Mitarbeiter im Vergleich zu den sonstigen Betriebsangehörigen ist darin zu sehen, dass die auf der Leitungsebene stehenden Personen haftungsmäßig dem Unternehmer näher stehen als den sonstigen Betriebsangehörigen und deshalb auch deckungsmäßig so behandelt werden wie der VN.30
29
c) Ansprüche aus Personenschäden wegen eines Dienstunfalles. Der Ausschluss von Ansprüchen aus Personenschäden gem. Ziff. 7.1.2 S. 3 Muster-Bedingungsstruktur AT wegen eines Dienstunfalles, die ein Beamter gegen einen Angehörigen derselben Dienststelle geltend macht, trägt den Vorschriften des BeamtVG Rechnung. Nach der Definition gem. § 31 Abs. 1 BeamtVG handelt es sich bei einem Dienstunfall um „ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist“.
Nach § 46 Abs. 1 S. 1 BeamtVG hat ein Beamter aus Anlass eines Dienstunfalls gegen seinen Dienstherrn nur die in den §§ 30–43 BeamtVG geregelten Ansprüche auf Unfallfürsorge. Weitergehende Ansprüche aufgrund allgemeiner gesetzlicher Vorschriften, wie z.B. ein Anspruch auf Schmerzensgeld (§ 253 BGB), können gegen einen öffentlichen Dienstherrn im Geltungsbereich des BeamtVG oder gegen in seinem Dienst stehende Personen nur dann geltend gemacht werden, wenn der Dienstunfall durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung einer solchen Person verursacht worden ist (§ 46 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BeamtVG) oder wenn der Dienstunfall sich bei der Teilnahme am öffentlichen Verkehr ereignet hat (§ 46 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BeamtVG i.V.m. § 1 ErwZulG). Für die Beurteilung, ob ein Unfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr einge30 treten ist, ist nach der Rechtsprechung des BGH das Verhältnis zu dem in Anspruch genommenen Schädiger maßgeblich. Fälle, in denen ein Beamter während einer Dienstfahrt für seine eigene Verwaltung im öffentlichen Straßenverkehr einen Unfall erleidet, den eine andere Verwaltung verursacht hat, sind danach ohne Weiteres als Teilnahme am allgemeinen Verkehr anzusehen.31
II. Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung 31
In der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung ist der Kreis der mitversicherten Personen enger gezogen als in der Betriebshaftpflichtversicherung. Geschützt sind nur die „durch Arbeitsvertrag mit der Verwaltung, Reinigung, Beleuchtung und sonstigen Betreuung der Grundstücke beauftragten Personen …“ (Ziff. 7.3.2.3 Muster-Bedingungsstruktur AT).
28 29
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Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff.7.1.2 Rn. 20. OLG Frankfurt/M. 24.5.2007 RuS 2008 66, 67; vgl. auch ÖOGH 16.6.1988 VersR 1989 826. Prölss/Martin/Lücke BetriebsHaftPfl Ziff.7.1.2 Rn. 19; vgl. auch Schmalzl/Krause-
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Allenstein Rn. 720 ff.; mit teilweise anderer Begründung Krause VersR 1999 819, 820; Späte BetrH Rn. 16. BGH 27.11.2003 RuS 2004 174 m.w.N.; vgl. auch OLG Hamm 24.4.2006 BeckRS 2006 06137.
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Mitversicherte Personen
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Erforderlich ist ein Arbeitsvertrag, wobei ein faktisches Arbeitsverhältnis aber ausreicht. Die Grundstücksbetreuungspersonen müssen somit Arbeitnehmerstatus haben (z.B. Wirtschafterinnen, Hausangestellte oder Gärtner). Kein Versicherungsschutz besteht für die Erbringung von Betreuungsleistungen als 32 Selbstständiger im Rahmen von (freien) Dienstverträgen oder Werkverträgen.
III. Privathaftpflichtversicherung Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht 2. Mitversichert ist 2.1 die gleichartige gesetzliche Haftpflicht (1) des Ehegatten und eingetragenen Lebenspartners des VN, (2) ihrer unverheirateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft* lebenden Kinder (auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder), bei volljährigen Kindern jedoch nur, solange sie sich noch in einer Schul- oder sich unmittelbar anschließenden Berufsausbildung befinden (berufliche Erstausbildung – Lehre und/oder Studium –, nicht Referendarzeit, Fortbildungsmaßnahmen und dgl.). Bei Ableistung des Grundwehr-, Zivildienstes (einschl. des freiwilligen zusätzlichen Wehrdienstes) oder des freiwilligen sozialen Jahres vor, während oder im Anschluss an die Berufsausbildung bleibt der Versicherungsschutz bestehen. (3) der in häuslicher Gemeinschaft lebenden unverheirateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft* lebenden Kinder (auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder) mit geistiger Behinderung; 2.2 im Falle ausdrücklicher Vereinbarung gemäß den nachfolgenden Voraussetzungen – der in häuslicher Gemeinschaft mit dem VN lebende Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und dessen Kinder, diese entsprechend Ziff. 2.1 (2) und (3): – Der VN und der mitversicherte Partner müssen unverheiratet sein. – Der mitversicherte Partner muss in der Police namentlich benannt werden. – Haftpflichtansprüche des Partners und dessen Kindern gegen den VN sind ausgeschlossen. – Die Mit-V für den Partner und dessen Kinder, die nicht auch die Kinder des VN sind, endet mit der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft zwischen dem VN und dem Partner. – Im Falle des Todes des VN gilt für den überlebenden Partner und dessen Kinder Ziff. 5.4 sinngemäß. 2.3 die gesetzliche Haftpflicht der im Haushalt des VN beschäftigten Personen gegenüber Dritten aus dieser Tätigkeit. Das gleiche gilt für Personen, die aus Arbeitsvertrag oder gefälligkeitshalber Wohnung, Haus und Garten betreuen oder den Streudienst versehen. Ausgeschlossen sind Haftpflichtansprüche aus Personenschäden, bei denen es sich um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Betrieb des VN gemäß dem Sozialgesetzbuch VII handelt. 2.4 im Rahmen der Besonderen Bedingungen für die Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden im Rahmen der Privat- sowie Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht-Versicherung – außer Anlagenrisiko – das sog. Restrisiko. Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht aus der Lagerung von gewässerschädlichen Stoffen in Kleingebinden bis … l/kg Inhalt soweit das Gesamtfassungsvermögen der vorhandenen Behälter … l/kg nicht übersteigt. Kein Versicherungsschutz – auch nicht über Ziff. 3.1 (3) und 4 AHB – besteht für Anlagen, die über die Begrenzung des Fassungsvermögens je Einzelgebinde bzw. der Gesamtmenge hinausgehen. *
Eingetragener Lebenspartner ist derjenige, der in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes oder einer vergleichbaren Partnerschaft nach dem Recht anderer Staaten lebt. Als eingetragene Lebenspartnerschaften gelten auch die den Partnerschaften im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes vergleichbaren Partnerschaften nach dem Recht anderer Staaten.
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1. Sinn und Zweck
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Die Einbeziehung von Ansprüchen wegen Schäden, die vom Ehegatten, Lebenspartner, Kind sowie von im Haushalt des VN beschäftigten Personen verursacht worden sind, dient dem Schutz des VN. Ohne die Einbeziehung dieses Personenkreises wäre der Versicherungsschutz für Privatpersonen nicht vollwertig. Selbst wenn der VN rechtlich für die von diesen Personen angerichteten Schäden nicht verantwortlich ist, wird er sie wirtschaftlich oftmals selbst wieder gutzumachen haben.32 2. Kreis der mitversicherten Personen
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Mitversichert ist in der privaten Haftpflichtversicherung gem. Ziff. 2.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht die „gleichartige gesetzliche Haftpflicht“ des Ehegatten und eingetragenen Lebenspartners des VN, ihrer unverheirateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Kinder und der in häuslicher Gemeinschaft lebenden unverheirateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Kinder mit geistiger Behinderung. Die Gleichartigkeit bezieht sich auf das versicherte Risiko in der Privathaftpflichtversicherung. Versichert ist somit die gesetzliche Haftpflicht der vorgenannten Personen aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes.33 Ausschlüsse vom Versicherungsschutz, die das versicherte Risiko betreffen, wie z.B. 35 die Haftpflicht aus den Gefahren eines Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art, einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung, aus der Vermietung von Wohnungen, Räumen zu gewerblichen Zwecken und Garagen greifen nur insoweit ein, als der Ausschlusstatbestand in ihrer Person verwirklicht ist.34
36
a) Ziff. 2.1 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht. Die Mitversicherung des Ehegatten setzt eine wirksame Eheschließung mit dem VN und den (Fort-)Bestand der Ehe im Zeitpunkt des Versicherungsfalles voraus. Der Versicherungsschutz endet mit der Scheidung (§§ 1564 ff. BGB) oder Aufhebung (§§ 1313 ff. BGB) der Ehe. Sind beide Ehegatten privathaftpflichtversichert, entsteht mit der Eheschließung eine Mehrfachversicherung i.S.v. § 77 VVG. Der gleichgeschlechtliche Partner des VN, der mit dem VN eine Lebenspartnerschaft 37 i.S.d. des Lebenspartnerschaftsgesetzes begründet hat, ist ebenfalls mitversichert. Obgleich für die wirksame Begründung der Lebenspartnerschaft nicht erforderlich, verlangt Ziff. 2.1 (1) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht die Eintragung der Lebenspartnerschaft in das Lebenspartnerschaftsregister (vgl. §§ 3 Abs. 1 Ziff. 2, 17 PStRG, § 23 LPartG). Der Versicherungsschutz endet mit der Aufhebung (§ 15 LPartG). Bleibt der Ehegatte/Lebenspartner mit seinem Einverständnis und gefälligkeitshalber 38 im Haushalt des VN tätig, kann Versicherungsschutz nach Ziff. 2.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht bestehen.35
32 33
Heimbücher VW 1987 1256. Vgl. OLG Hamm 18.9.1992 NJW-RR 1993 160, 161; OLG Bamberg 20.2.1992 NJW-RR 1993 485.
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34 35
OLG Hamm 18.9.1992 NJW-RR 1993 160, 161. Vgl. OLG Hamm 8.3.1996 NJW-RR 1997 90; a.A. Späte PrivH Rn. 41.
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Mitversicherte Personen
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b) Ziff. 2.1 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht aa) Minderjährige Kinder. Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht der unverhei- 39 rateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Kinder (auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder). bb) Volljährige Kinder. Volljährige Kinder sind mitversichert, solange sie sich noch in 40 der Schul- oder sich unmittelbar anschließenden Berufsausbildung befinden. (1) Voraussetzungen für eine unmittelbar anschließende Berufsausbildung. Die Voraus- 41 setzung der unmittelbar anschließenden Berufsausbildung wird durch den Klammerzusatz erläutert. Hierunter fallen „berufliche Erstausbildung – Lehre und/oder Studium –, nicht Referendarzeit, Fortbildungsmaßnahmen und dgl. Bei Ableistung des Grundwehroder Zivildienstes (einschließlich des zusätzlichen freiwilligen Wehrdienstes) vor, während oder im Anschluss an die Berufsausbildung bleibt der Versicherungsschutz bestehen“. Durch diese Klausel wird sichergestellt, dass Kinder solange in der Privathaftpflichtversicherung der Eltern mitversichert sind, „wie sie sich im Rahmen eines durchgängigen, zusammenhängenden Ausbildungsweges (Schule/ Berufsausbildung = Lehre oder Studium) noch in der notwendigen einheitlichen (Erst-)Ausbildungsphase zu einem Beruf befinden und deshalb noch nicht zur Finanzierung einer eigenen Versicherung in der Lage sind“36. [Hervorhebung durch den Verfasser]
Die Mitversicherung eines volljährigen Kindes hängt somit davon ab, ob nach der Schulausbildung eine Unterbrechung und Neuorientierung in der Ausbildung erfolgt ist oder ob von einem einheitlichen Erstausbildungsweg gesprochen werden kann, wobei ein abzuleistender Grundwehr- oder Zivildienst nicht als Unterbrechung anzusehen ist.37 Ob man Letzteres für den Bundesfreiwilligendienst annehmen kann, scheint fraglich. 42 Zwar löst er den Zivildienst ab, der infolge der Aussetzung der Wehrpflicht ab 1.7.2011 entfallen ist, sodass aus der Sicht eines verständigen VN eine Auslegung dahin gehend, dass der Freiwilligendienst an die Stelle des Zivildienstes trete, auf den ersten Blick durchaus in Betracht kommt. Dagegen spricht jedoch, dass der Freiwilligendienst bis zu 18 Monaten, in Ausnahmefällen sogar 24 Monate betragen kann. Er kann die Dauer von Wehr- und Zivildienst, die sich vor der Aussetzung auf 9 Monate belief, somit nicht unbeträchtlich übersteigen. Gegen eine Gleichstellung spricht auch, dass es – anders als beim Grundwehr- oder Zivildienst – keine Altersbegrenzung für den Freiwilligendienst gibt. Durch den Klammerzusatz wird ferner klargestellt, dass die Referendarzeit und Fortbildungsmaßnahmen nicht zur Erstausbildung gehören.38 (2) Kasuistik. Einen einheitlichen (Erst-)Ausbildungsweg verneint hat das OLG Köln 43 in einem Fall, in dem das volljährige Kind zunächst die Bibelschule besucht und nach deren Abschluss das Lehramtsstudium begonnen hat. Der Besuch der Bibelschule sei in keiner Weise Voraussetzung für ein Lehramtsstudium. Auch stelle sich das Absolvieren
36
OLG Köln 20.4.2010 BeckRS 2010 29519; vgl. auch OLG Köln 5.3.1992 RuS 1992 157, 158 = VersR 1993 430; OLG Düsseldorf 28.10.1997 VersR 1998 966, 967; OLG Düsseldorf 12.4.1994 RuS 1994 291 = VersR 1994 1172, 1173; OLG Schleswig 27.8.1992 RuS 1993 159, 160 = VersR 1993 736.
37 38
OLG Köln 20.4.2010 BeckRS 2010 29519. A.A. zu älterer Fassung der Bedingungen zur Privathaftpflichtversicherung AG Ahlen 25.10.1995 NJW-RR 1996 739.
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der Bibelschule und die spätere Lehramtsausbildung nicht als ein zusammenhängender einheitlicher Ausbildungsweg dar. Betrachte man die Inhalte der Ausbildung in der Bibelschule, so ergebe sich, dass es sich um einen abgeschlossenen Ausbildungsweg handele.39 Ein Jurastudium nach Abschluss einer Banklehre stellt sich dagegen als in sich geschlossene einheitliche Berufsausbildung dar, wenn der Beruf als Bankjurist geplant ist.40 Nach Ansicht des OLG München kann eine unmittelbar an die Schulausbildung anschließende Berufsausbildung aus Sicht eines verständigen VN auch dann angenommen werden, wenn der Versicherte z.B. ein Studium abbricht, eine Lehre beginnt, diese ebenfalls abbricht und ein anderes Studium beginnt. Auch infolge des Wechsels der Ausbildungsart eintretende Wartezeiten, die mit Aushilfsarbeiten überbrückt werden, unterbrächen den Zusammenhang zwischen Schul- und Berufsausbildung nicht. Entscheidend sei, ob sich die Berufsausbildung als ununterbrochenes Ganzes darstelle.41 Nach Ansicht des OLG Karlsruhe ist es dagegen nicht angängig, den Begriff „unmittelbar anschließend“ wegen aktuell bestehender Schwierigkeiten, den gewünschten Ausbildungsplatz zu erhalten, zeitlich auszudehnen und eine sich unmittelbar anschließende Berufsausbildung auch bei längeren Wartezeiten auf einen Ausbildungsplatz anzunehmen. In jenem Fall betrug der Zeitabstand zwischen Schulabschluss und tatsächlichem Beginn der Berufsausbildung 15 Monate. Das OLG Köln hat den Versicherungsschutz im Falle des Abbruchs der Ausbildung und einer teilweise auf gesundheitlichen Gründen beruhenden Nichtfortsetzung der Ausbildung über einen Zeitraum von 15 Monaten verneint.42 Dagegen kann nach Ansicht des OLG Düsseldorf „Schul- oder unmittelbar anschließende Berufsausbildung“ auch noch vorliegen, wenn für den angestrebten Beruf der Besuch einer Technikerschule erforderlich ist, dieser aber – nach Erlass der vorgeschriebenen zweijährigen Gesellenzeit – erst nach einjähriger Wartezeit angetreten werden kann.43 Die Entscheidungen des OLG Karlsruhe und des OLG Köln scheinen sehr durch die Umstände des Einzelfalls geprägt und dürfen nicht i.d.S. verstanden werden, dass bei Überschreitung bestimmter zeitlicher Grenzen der für die Mitversicherung erforderliche Zusammenhang automatisch zu versagen ist.44 Eine solche Auslegung der Klausel entspräche nicht dem Verständnis des durchschnittlichen VN. Vielmehr dürfte eine wertende Gesamtbetrachtung angezeigt sein, wie sie u.a. das OLG München angestellt hat, da sie Raum für die Besonderheiten des Einzelfalls lässt.45 Wartezeiten führen deshalb – unabhängig davon, wie sie überbrückt werden – nicht per se zum Verlust des Mitversichertenstatus. Praktika, die vor Aufnahme einer Berufsausbildung absolviert werden und im Zusammenhang mit derselben stehen, lassen den Versicherungsschutz unberührt. In die Gesamtbetrachtung kann auch der Zeitpunkt des Abschlusses des Ausbildungsvertrages einfließen. Krankheitsbedingte Unterbrechungen eines Ausbildungsgangs sind unbeachtlich, solange die Ausbildung nicht abgebrochen wird.46
39 40 41
42
OLG Köln 20.4.2010 BeckRS 2010 29519. AG Wiesbaden 7.3.1990 VersR 1991 653, 654; krit. Späte PrivH Rn. 38. OLG München 10.3.1997 RuS 1997 409, 410; vgl. auch OLG Schleswig 27.8.1992 NJW-RR 1993 159 = VersR 1993 736; AG Wiesbaden 7.3.1990 VersR 1991 653, 654; Prölss/Martin/Lücke BesBed PrivathaftpflichtV Ziff. 2 Rn. 4. OLG Köln 5.3.1992 RuS 1992 157, 158 = VersR 1993 430.
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43
44
45 46
OLG Düsseldorf 12.4.1994 RuS 1994 291, 292 = VersR 1994 1172, 1173; vgl. auch OLG Düsseldorf 28.10.1997 VersR 1998 966, 967. Vgl. aber Späte PrivH Rn. 39, der eine Unterbrechung von maximal einem Jahr als zulässig ansieht. OLG München 10.3.1997 RuS 1997 409, 410. Prölss/Martin/Lücke BesBed Privathaftpfl Ziff. 2 Rn. 5.
Robert Koch
Mitversicherte Personen
AHB 2012 Ziff. 27
c) Ziff. 2.1 (3) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht. Ohne die sachliche 48 Beschränkung von Ziff. 2.1 (2) Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht ist ferner mitversichert die gesetzliche Haftpflicht der in häuslicher Gemeinschaft lebenden unverheirateten und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Kinder (auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder) mit geistiger Behinderung. Der Begriff der geistigen Behinderung ist weder in den Versicherungsbedingungen noch im Gesetz definiert. Allerdings knüpfen u.a. das Bürgerliche Recht, das Sozialversicherungsrecht und das Strafrecht an diesen Begriff an. Eine geistige Behinderung i.S.v. § 1896 BGB liegt ausweislich der Begründung zum 49 BtG bei angeborenen oder frühzeitig erworbenen Intelligenzdefekten verschiedener Schweregrade vor.47 Sie beruht auf einem messbaren Intelligenzmangel, verbunden mit mangelhafter Differenzierung der Persönlichkeit.48 Nach der seit 1979 üblichen internationalen Klassifizierung wird differenziert zwischen leichter (IQ 50 bis 69), mittelgradiger (IQ 35 bis 49) und hochgradiger (IQ 20 bis 34) Oligophrenie. Diese kann angeboren (wie z.B. Down Syndrom) oder Folge körperlicher Krankheiten sein. Der Übergang zur Lernbehinderung (IQ über 65) ist fließend.49 Die Rechtsprechung und Kommentarliteratur spricht sich gegen eine Beschränkung auf angeborene Defekte aus.50 Nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funk- 50 tion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach Frommel liegt eine geistige Behinderung vor „z.B. bei angeborener Debilität, Imbezillität, Idiotie, bei erworbener Minderung der Intelligenz, so bei frühkindlicher Hirnschädigung, bei arteriosklerotisch bedingter Senilität, bei Gehirnschädigung infolge von Infektionskrankheiten, als Folge von Gehirnverletzungen sowie bei Psychosen (z.B. Manie oder Schizophrenie)“51.
Nach der Kommentarliteratur zu § 174c StGB erfasst der Begriff der geistigen Behin- 51 derung „kognitive Einschränkungen verschiedener Schweregrade von gewisser Dauer, sog. Oligophrenien. Anders als bei geistigen oder psychischen Krankheiten, die behandlungsbedürftig, aber vorübergehend sind, liegt hier eine gewisse Dauerhaftigkeit des regelwidrigen geistigen Zustands vor. Sie kann angeboren oder frühzeitig erworben oder etwa durch einen Schlaganfall hervorgerufen sein.“52
Nach der Verkehrsanschauung dürfte ein angeborener Defekt nicht erforderlich sein, 52 sodass auch geistige Behinderungen als Folge eines Unfalls oder einer Krankheit mitversichert sind. Eine geistige Behinderung muss einerseits nicht endgültig, andererseits aber von gewisser Dauer sein, wobei der in § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX genannte Zeitraum von 6 Monaten die unterste Grenze sein dürfte. Soweit dies der Fall ist, sind auch Versicherungsfälle versichert, die nach Eintritt der geistigen Behinderung jedoch vor Erreichen dieses Zeitraums eingetreten sind. Nicht erforderlich ist, dass die geistige Behinderung bereits während des Bestehens häuslicher Gemeinschaft eingetreten ist.
47 48 49 50
BTDrucks. 11/4528 S. 116. BayOLG 7.10.1993 FamRZ 1994 318. Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl. (2010) § 1896 Rn. 7. Z.B. BayOLG 7.10.1993 FamRZ 1994 318; Jürgens/Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl.
51 52
(2010) § 1896 Rn. 7; MüKo-BGB/Schwab § 1896 Rn. 16 m.w.N. Erbs/Kohlhaas/Ambs § 2 SGB IX Rn. 6. Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Frommel § 174c StGB Rn. 7.
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AHB 2012 Ziff. 27 53
Haftpflichtversicherung
Soweit eine geistige Behinderung vorliegt, hängt die Mitversicherung davon ab, dass der Behinderte mit dem VN in häuslicher Gemeinschaft (s. Ziff. 7.5 AHB Rn. 101 ff.) lebt. Auf das Alter des Behinderten kommt es nicht an. Rein körperliche Behinderungen stehen dem nicht gleich. Gehen geistige und körperliche Behinderungen miteinander einher, besteht jedoch Deckung. 3. Mitglieder häuslicher Gemeinschaft
54
Will der VN seinen Partner, mit dem er zwar in häuslicher Gemeinschaft, nicht jedoch in ehelicher Lebensgemeinschaft lebt, mitversichern, bedarf es hierfür nach Ziff. 2.2 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht einer besonderen Vereinbarung unter Benennung des Partners. Sowohl der VN als auch der Partner müssen (wieder) unverheiratet sein. Ein Scheidungsurteil muss rechtskräftig sein. Kinder des Partners sind wie Kinder des VN unter den Voraussetzungen von Ziff. 2.1 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht mitversichert. Die Mitversicherung endet insgesamt mit der Aufhebung der häuslichen Gemein55 schaft, wobei es nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen die Trennung erfolgt. Der Ausschluss von Ansprüchen des mitversicherten Partners und seiner Kinder gegen den VN hat wegen Ziff. 7.5 AHB („zu den im Versicherungsvertrag mitversicherten Personen“) nur klarstellende Bedeutung. 4. Bedienstete
56
Ziff. 2.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht ergänzt Ziff. 1.2 und Ziff. 1.3 Muster-Bedingungsstruktur IX (Ziff. 3 AHB Rn. 68). Es besteht somit nicht nur für die gesetzliche Haftpflicht des VN in seiner Eigenschaft als Dienstherr und Haus-/ Wohnungsinhaber Deckung, sondern auch für die gesetzliche Haftpflicht der im Haushalt des VN beschäftigten Personen und sonstigen Personen, die aus Arbeitsvertrag (faktischem Arbeitsverhältnis) oder gefälligkeitshalber Wohnung, Haus und Garten betreuen oder den Streudienst versehen (z.B. Nachbar, der während der Urlaubsabwesenheit des VN die Blumen gießt oder den Schneeräumdienst versieht) und in Ausführung dieser Verrichtung einen Schaden verursacht haben. Wiederum von der Deckung ausgenommen sind Haftpflichtansprüche aus Personenschäden, bei denen es sich um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Betrieb des VN gemäß dem SGB VII handelt (Rn. 25 f.). 5. Restrisikoklausel
57
Zu Ziff. 2.4 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht s. Kommentierung bei Ziff. 7.10 lit. b) AHB (Ziff. 7 AHB Rn. 333 f.). 6. Fortsetzungsklausel
58
Für den Fall des Todes des VN gilt die Mitversicherung nach Ziff. 5.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht für den überlebenden Ehegatten und eingetragenen Lebenspartner des VN und/oder unverheiratete und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Kinder des VN bis zum nächsten Beitragsfälligkeitstermin fort. Wird die nächste Beitragsrechnung durch den überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner eingelöst, so wird dieser VN. Für den überlebenden Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft und dessen Kinder findet Ziff. 5.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht nach Ziff. 2.3 Muster-Bedingungsstruktur IX Privathaftpflicht sinngemäße Anwendung.
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Anzeigen, Willenserklärungen, Anschriftenänderungen
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 29
AHB 2002
28. Abtretungsverbot 1Der
Freistellungsanspruch darf vor seiner endgültigen Feststellung ohne Zustimmung des VR weder abgetreten noch verpfändet werden. 2Eine Abtretung an den geschädigten Dritten ist zulässig.
§ 7 Ziff. 3 Die Versicherungsansprüche können vor ihrer endgültigen Feststellung ohne ausdrückliche Zustimmung des VR nicht übertragen werden.
S. hierzu Kommentierung zu § 108 Abs. 2 VVG (§ 108 VVG Rn. 27 ff.).
AHB 2012
AHB 2002
29. Anzeigen, Willenserklärungen, Anschriftenänderung 29.1 Alle für den VR bestimmten Anzeigen und Erklärungen sollen an die Hauptverwaltung des VR oder an die im Versicherungsschein oder in dessen Nachträgen als zuständig bezeichnete Geschäftsstelle gerichtet werden.
§ 14 Ziff. 1 Alle für den VR bestimmten Anzeigen und Erklärungen sind schriftlich abzugeben. Sie sollen an die Hauptverwaltung des VR oder an die im Versicherungsschein oder in dessen Nachträgen als zuständig bezeichnete Geschäftsstelle gerichtet werden.
29.2 1Hat der VN eine Änderung seiner Anschrift dem VR nicht mitgeteilt, genügt für eine Willenserklärung, die dem VN gegenüber abzugeben ist, die Absendung eines eingeschriebenen Briefes an die letzte dem VR bekannte Anschrift. 2Die Erklärung gilt drei Tage nach der Absendung des Briefes als zugegangen.
§ 14 Ziff. 2 der VN eine Änderung seiner Anschrift dem VR nicht mitgeteilt, genügt für eine Willenserklärung, die dem VN gegenüber abzugeben ist, die Absendung eines eingeschriebenen Briefes an die letzte dem VR bekannte Anschrift. 2Die Erklärung wird zu dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ohne die Anschriftenänderung bei regelmäßiger Beförderung dem VN zugegangen sein würde.
29.3 Hat der VN die Versicherung für seinen Gewerbebetrieb abgeschlossen, finden bei einer Verlegung der gewerblichen Niederlassung die Bestimmungen der Ziff. 29.2 entsprechende Anwendung.
§ 14 Ziff. 3 Hat der VN die Versicherung für seinen Gewerbebetrieb abgeschlossen, finden bei einer Verlegung der gewerblichen Niederlassung die Bestimmungen der Ziff. 2 entsprechende Anwendung.
1Hat
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2
Rn. I. Anzeigen und Willenserklärungen . . . . II. Anschriftenänderung . . . . . . . . . .
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2 5
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AHB 2012 Ziff. 29
Haftpflichtversicherung
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 29 AHB betrifft die Kommunikation zwischen VR und VN während der Dauer des Versicherungsverhältnisses. Diese zeitliche Beschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Klausel. Sie folgt jedoch daraus, dass die AHB erst mit Vertragsschluss wirksam Vertragsbestandteil werden. Abweichend von § 14 Ziff. 1 AHB 2002 ist Schriftlichkeit nicht mehr erforderlich. Es handelt sich nur um eine Soll-Vorschrift („sollen“). Die Anzeigen und Erklärungen können auch gegenüber dem Versicherungsvertreter abgegeben werden (§§ 69 Abs. 1 S. 2, 72 VVG).
B. Inhalt I. Anzeigen und Willenserklärungen 2
Während Ziff. 29.1 AHB an Anzeigen und (Willens-)Erklärungen anknüpft, unterscheidet das VVG terminologisch zwischen Anträgen (z.B. Anträge auf Verlängerung oder Änderung eines Versicherungsvertrags) und deren Widerruf, der Kündigung, dem Rücktritt und sonstigen das Versicherungsverhältnis betreffende Erklärungen sowie den während der Dauer des Versicherungsverhältnisses zu erstattenden Anzeigen (vgl. § 69 Abs. 1 Ziff. 2 VVG). Der Sache nach besteht kein Unterschied, weil der Begriff der Willenserklärung alle auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichteten Erklärungen umfasst. Dagegen handelt es sich bei Anzeigen nicht um Willens-, sondern um Wissenserklärungen.1 3 Welche Anzeigen während der Laufzeit des Vertrags zu erstatten sind, ergibt sich in erster Linie aus dem Versicherungsvertrag, ergänzend aus dem VVG. Die AHB sehen Anzeigepflichten hinsichtlich der Erhöhung und Erweiterung des versicherten Risikos (Ziff. 13.1 AHB), der Entstehung neuer Risiken (Ziff. 4.1 AHB), des Übergangs des Unternehmens (Ziff. 20.5 AHB) und nach Eintritt des Versicherungsfalles (Ziff. 25.1, 25.3 AHB) vor. 4 Den Anzeigen stehen gleich Auskünfte, deren Erteilung den VN als Obliegenheit trifft. Vor Eintritt des Versicherungsfalles handelt es sich z.B. um Auskünfte, die der Berechnung der Prämienhöhe dienen (vgl. Ziff. 13.1 AHB), nach Eintritt des Versicherungsfalles um Angaben (einschließlich deren Korrekturen) zum Versicherungsfall (Ziff. 25.2, 25.5 AHB).
II. Anschriftenänderung 5
Ziff. 29.2 und 3 AHB entsprechen inhaltlich § 13 VVG, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird. Weitergehende Rechtsfolgen können sich ergeben, wenn die Nichtmitteilung einer Adressänderung zugleich eine Verletzung der Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit begründet.2
1
MüKo-BGB/Schramm § 164 Rn. 5; Reiff RuS 1998 89, 96.
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2
Vgl. OLG Karlsruhe 6.4.2006 VersR 2006 1206, 1207.
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Verjährung
AHB 2012
AHB 2012 Ziff. 30
AHB 2002
30. Verjährung 30.1 1Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren in drei Jahren. 2Die Fristberechnung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB.
§ 10 Ziff. 1 S. 1, 2 Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren in zwei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem die Leistung verlangt werden kann.
30.2 Ist ein Anspruch aus dem Versicherungsvertrag bei dem VR angemeldet worden, ist die Verjährung von der Anmeldung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des VR dem Anspruchsteller in Textform zugeht.
§ 10 Ziff. 1 S. 3 Ist ein Anspruch des VN bei dem VR angemeldet worden, zählt der Zeitraum von der Anmeldung bis zum Zugang der schriftlichen Entscheidung des VR bei der Fristberechnung nicht mit. § 10 Ziff. 2 S. 1 Hat der VR den Versicherungsschutz abgelehnt, so besteht kein Anspruch auf Versicherungsschutz, wenn der VN diesen nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend macht. § 10 Ziff. 2 S. 2, 3 Die Frist beginnt mit dem Zugang der schriftlichen Ablehnung des VR. Die Rechtsfolgen der Fristversäumnis treten nur ein, wenn der VR dabei auf die Notwendigkeit der fristgerechten gerichtlichen Geltendmachung hingewiesen hat.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . .
1
Rn. B. Inhalt
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
A. Sinn und Zweck Ziff. 30 AHB ist die Nachfolgeregelung zu § 10 AHB 2002. Die Klausel betrifft die 1 Verjährungsfrist von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag und trifft für die Hemmung der Verjährung von Ansprüchen des VN eine Sonderregelung.
B. Inhalt Ziff. 30.1 AHB stellt klar, dass Ansprüche aus Versicherungsverträgen der dreijähri- 2 gen Regelverjährung nach dem BGB unterliegen. Hinsichtlich des Beginns, der Dauer und der Unterbrechung der Verjährung gelten die §§ 195 ff. BGB. Die Neufassung ist erforderlich geworden, weil die Sonderregelung für die Verjährungsfrist bei Versicherungsverträgen (§ 12 Abs. 1 VVG a.F.) und die Möglichkeit zur Setzung einer Klagefrist (§ 12 Abs. 3 VVG a.F.) ersatzlos gestrichen worden sind.
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AHB 2012 Ziff. 31 3
Haftpflichtversicherung
Die Hemmungsregelung in Ziff. 30.2 AHB entspricht § 15 VVG, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann. Ergänzend sei angemerkt, dass in der Haftpflichtversicherung nicht nur der VN, sondern auch Mitversicherte – nicht jedoch Geschädigte1 (§ 100 VVG Rn. 150) – den Anspruch mit der Folge der Hemmung der Verjährung anmelden können.
AHB 2012
AHB 2002
31. Zuständiges Gericht 31.1 1Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag gegen den VR bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit nach dem Sitz des VR oder seiner für den Versicherungsvertrag zuständigen Niederlassung. 2Ist der VN eine natürliche Person, ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der VN zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz oder, in Ermangelung eines solchen, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
31.2 1Ist der VN eine natürliche Person, müssen Klagen aus dem Versicherungsvertrag gegen ihn bei dem Gericht erhoben werden, das für seinen Wohnsitz oder, in Ermangelung eines solchen, den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts zuständig ist. 2Ist der VN eine juristische Person, bestimmt sich das zuständige Gericht auch nach dem Sitz oder der Niederlassung des VN. 3Das gleiche gilt, wenn der VN eine oHG, KG, GbR oder eine eingetragene PartGG ist.
§ 13 Ziff. 1 Klagen, die aus dem Versicherungsvertrag gegen den VR erhoben werden, bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit nach dem Sitz des VR oder seiner für den Versicherungsvertrag zuständigen Niederlassung. 2Hat ein Versicherungsagent am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt, ist auch das Gericht des Ortes zuständig, an dem der Versicherungsagent zur Zeit der Vermittlung oder des Abschlusses seine gewerbliche Niederlassung oder – bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung – seinen Wohnsitz hatte. 1Für
§ 13 Ziff. 2 des VR gegen den VN können bei dem für den Wohnsitz des VN zuständigen Gericht erhoben werden. 2Soweit es sich bei dem Vertrag um eine betriebliche Versicherung handelt, kann der VR seine Ansprüche auch bei dem für den Sitz oder die Niederlassung des VN zustän digen Gericht geltend machen.
1Klagen
31.3 Sind der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt, bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit für Klagen aus dem Versicherungsvertrag gegen den VN nach dem Sitz des VR oder seiner für den Versicherungsvertrag zuständigen Niederlassung.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Aktivklagen des VN . . . . . . . . . . .
1
1 2
Rn. C. Aktivklagen des VR . . . . . . . . . . .
A.A. OLG Düsseldorf 26.6.2001 RuS 2002 106, 107 = VersR 2002 1020.
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4
Zuständiges Gericht
AHB 2012 Ziff. 31
A. Sinn und Zweck Ziff. 31 AHB regelt den Gerichtsstand für Klagen des VN und des VR aus dem Ver- 1 sicherungsvertrag. Die Nachfolgeregelung zu § 13 AHB 2002 trägt der Neuregelung des § 215 Abs. 1 VVG Rechnung, von dem nach §§ 215 Abs. 3 VVG nur in Ausnahmefällen abgewichen werden darf.
B. Aktivklagen des VN Nach Ziff. 31.1 S. 1 AHB kann der VN, soweit es sich um keine natürliche Person 2 handelt, gegen den VR nach § 35 ZPO wahlweise entweder vor den nach § 17 ZPO oder nach § 22 ZPO zuständigen Gerichten Klage erheben. Handelt es sich bei dem VN um eine natürliche Person, ist er nach Ziff. 31.1 S. 2 AHB dagegen berechtigt, auch Klage am seinem Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthaltsort zu erheben. Darin liegt keine Abweichung von § 215 Abs. 1 S. 1 VVG, der ganz allgemein von Klagen aus dem Versicherungsvertrag spricht, da nur natürliche Personen einen Wohnsitz i.S.d. § 13 ZPO haben können.1 Der Begriff der natürlichen Person sowie die Bezugnahme auf deren Wohnsitz und ge- 3 wöhnlichen Aufenthaltsort stehen unter Zugrundelegung der Verkehrsanschauung einer ausdehnenden Anwendung auf juristische Personen oder (teil-)rechtsfähige Personenzusammenschlüsse entgegen.2 Sollte sich die Rechtsprechung der von Teilen der versicherungsrechtlichen Literatur vertretenen Ansicht anschließen, die sich dafür ausspricht, § 215 Abs. 1 VVG auch auf juristische Personen und rechtsfähige Personenzusammenschlüsse anzuwenden und Klagen gegen den VR am Sitz der Gesellschaft zuzulassen,3 wäre die Beschränkung auf natürliche Personen allerdings unwirksam.4
C. Aktivklagen des VR Ziff. 31.2 S. 1 AHB regelt den Gerichtsstand für Klagen des VR gegen den VN in Übe- 4 reinstimmung mit § 215 Abs. 1 S. 2 VVG, soweit es sich bei dem VN um eine natürliche Person handelt. Hiervon abweichend erlaubt Ziff. 31.2 S. 2 und 3 AHB dem VR die Klage vor dem zuständigen Gericht nicht nur am Sitz, sondern auch am Ort der Niederlassung des VN, soweit der VN eine juristische Person, eine oHG, KG, GbR oder eine eingetragene Partnerschaftsgesellschaft ist. Die Ausdehnung auf den Ort der Niederlassung wiederspricht nicht § 215 Abs. 1 S. 2 VVG, da diese Norm nach zutreffender Ansicht nur für Klagen gegen Verbraucher-VN einen ausschließlichen Gerichtsstand begründet.5
1 2 3
Musielak/Heinrich § 13 ZPO Rn. 1; Prölss/ Martin/Klimke § 215 Rn. 9. A.A. Prölss/Martin/Lücke Ziff. 31 für die GbR. Bruck/Möller/Brand § 215 Rn. 12; Langheid/ Wandt/Looschelders § 215 Rn. 11; Looschelders/Pohlmann/Pohlmann/Wolf § 215 Rn. 5; Fricke VersR 2009 15, 16; a.A. Prölss/Martin/ Klimke § 215 Rn. 12; Schwintowski/Brömmelmeyer/Klär § 215 Rn. 10; HK-VVG/
4
5
Muschner § 215 Rn. 4; Franz VersR 2008 307; Grote/Schneider BB 2007 270. RegE BTDrucks. 16/3945 S. 117; Schwintowski/Brömmelmeyer/Klär § 215 Rn. 15; HK-VVG/Muschner § 215 Rn. 15; a.A. (soweit VN nach § 38 Abs. 1 ZPO prorogationsfähig) Bruck/Möller/Brand § 215 Rn. 43. Bruck/Möller/Brand § 215 Rn. 34; Prölss/ Martin/Klimke § 215 Rn. 25; Armbrüster RuS 2010 441, 456.
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Haftpflichtversicherung
In Ziff. 32.3 AHB macht der VR von der ihm nach § 215 Abs. 3 VVG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, von der Regelung des § 215 Abs. 1 S. 1 VVG abzuweichen, falls der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des VN im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist. In diesem Fall ist der VR berechtigt, den VN wahlweise entweder am Sitz des VR oder seiner für den Versicherungsvertrag zuständigen Niederlassung zu verklagen.
AHB 2012
AHB 2002
32. Anzuwendendes Recht Für diesen Vertrag gilt deutsches Recht.
§ 12 Für diesen Vertrag gilt deutsches Recht.
Übersicht Rn. A. B. I. II.
Sinn und Zweck . . . . Rechtswahlvereinbarung Großrisiken . . . . . . Massenrisiken . . . . .
. . . .
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1 2 3 4
Rn. 1. Bedeutung der Risikobelegenheit . . . 2. Außerhalb der EU belegene Risiken . . 3. Innerhalb der EU belegene Risiken . .
4 5 6
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 32 enthält eine Rechtswahlvereinbarung zugunsten deutschen Rechts. Nach § 1 Abs. 1 Ziff. 17 VVG-InfoV i.V.m § 7 Abs. 1 S. 1 VVG hat der VR den VN auf das auf den Vertrag anwendbare Recht hinzuweisen.
B. Rechtswahlvereinbarung 2
Die Wirksamkeit der Rechtswahl beurteilt sich nach der Rom-I-VO. Diese enthält in Art. 7 Rom I VO Sonderregeln für Versicherungsverträge (hierzu ausführlich Bruck/Möller/Dörner Art. 7 Rom I VO).
I. Großrisiken 3
Keinerlei Beschränkungen unterliegen Haftpflichtversicherungsverträge über Großrisiken i.S.d. § 210 Abs. 2 VVG und zwar unabhängig davon, ob das Risiko in einem Mitgliedstaat der EU belegen ist (vgl. Art. 7 Abs. 1 S. 1, 1. Alt Rom I VO). Bei diesen Verträgen können die Parteien das anwendbare Recht gem. Art. 7 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Rom I VO frei wählen.
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Anzuwendendes Recht
AHB 2012 Ziff. 32
II. Massenrisiken 1. Bedeutung der Risikobelegenheit Geht es um Versicherungsverträge, die Massenrisiken (≠ Großrisiko) zum Gegenstand 4 haben, findet Art. 7 Rom I VO nur dann Anwendung, wenn das Risiko in einem Mitgliedsstaat der EU belegen ist (vgl. Art. 7 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. Rom I VO). Die Risikobelegenheit bestimmt sich nach Art. 7 Abs. 6 Rom I VO. Dieser verweist wieder auf das einschlägige Richtlinienrecht. Nach Art. 2 lit. d) 4. Spiegelstrich der Zweiten Schadensversicherungsrichtlinie 88/357/EWG1 ist maßgeblich für die Risikobelegenheit in der Haftpflichtversicherung der Mitgliedstaat, in dem der VN als natürliche Person seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei juristischen Personen wird an den Ort der Niederlassung angeknüpft, auf die sich der Vertrag bezieht. 2. Außerhalb der EU belegene Risiken Bei außerhalb der EU belegenen Risiken besteht im Grundsatz gem. Art. 3 Rom I VO 5 freie Rechtswahl. Handelt es sich bei dem VN um einen Verbraucher, findet jedoch nach Art. 6 Abs. 1 Rom I VO zwingend das Recht des Staates Anwendung, in dem dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 3. Innerhalb der EU belegene Risiken Hat der VN seinen persönlichen Aufenthalt oder Sitz in Deutschland, dürfen die Par- 6 teien gem. Art. 7 Abs. 3 lit. a) Rom I VO das Recht eines jeden Mitgliedstaats wählen, in dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses das Risiko belegen ist. Daneben können die Parteien gem. Art. 7 Abs. 3 lit. b) Rom I VO das Recht des Staates wählen, in dem der VN seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Beschränken sich versicherten Risiken auf Schadensfälle, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Risikobelegenheit eintreten können, kann nach Art. 7 Abs. 3 lit. d) Rom I VO das Recht des Schadenseintrittsstaates gewählt werden. Übt der VN eine gewerbliche, industrielle oder freiberufliche Tätigkeit aus und deckt 7 der Versicherungsvertrag zwei oder mehr Risiken ab, die in unterschiedlichen Mitgliedstaaten belegen sind und in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des VN stehen, kann für den Vertrag nach Art. 7 Abs. 3 lit. e) Rom I VO insgesamt entweder das Recht eines jeden Mitgliedstaates, in dem sich ein Teilrisiko befindet, oder das Recht des Staates gewählt werden, in dem der gewöhnlichen Aufenthaltsort des VN liegt. Zu den Einzelheiten s. Bruck/Möller/Dörner Art. 7 Rom I VO Rn. 47 ff.
1
ABl. EG 1988 Ziff. l 172, S. 1.
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AHB 2012 Ziff. 33
Haftpflichtversicherung
AHB 2012
AHB 2002
Alternative für die echte unterjährige Beitragszahlung: 33. Begriffsbestimmung Versicherungsjahr: 1Das Versicherungsjahr erstreckt sich über einen Zeitraum von zwölf Monaten. 2Besteht die vereinbarte Vertragsdauer jedoch nicht aus ganzen Jahren, wird das erste Versicherungsjahr entsprechend verkürzt. 3Die folgenden Versicherungsjahre bis zum vereinbarten Vertragsablauf sind jeweils ganze Jahre.
1
Fehlt
Die Klausel dient der Klarstellung für den Fall, dass echte unterjährige Beitragszahlung (Ziff. 8 AHB Rn. 2) vereinbart worden ist (vgl. auch die Sonderregelungen für die echte unterjährige Beitragszahlung in Ziff. 8, Ziff. 9.1, Ziff. 15, Ziff. 19.2, Ziff. 20.2 AHB).
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Robert Koch
Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben (Produkthaftpflichtmodell – ProdHM 2008) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand der Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Versichertes Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mitversicherte Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abgrenzungen und Erweiterungen des Versicherungsschutzes 5. Auslandsdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Risikoabgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zeitliche Begrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Versicherungsfall und Serienschaden . . . . . . . . . . . . 9. Versicherungssumme, Maximierung und Selbstbehalt . . . 10. Erhöhungen und Erweiterungen des Risikos/neue Risiken .
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Schrifttum Beckmann Versicherungsschutz für Rückrufkosten – unter besonderer Berücksichtigung eines Anspruchs auf Ersatz von Rettungskosten gem. §§ 62, 63 VVG RuS 1997 265; Brügermayer Die vertragsrechtliche Haftung für fehlerhafte Produkte und der deliktsrechtliche Eigentumsschutz nach § 823 Abs. 1 BGB VersR 1983 501; Burckhardt Das Ende kostenloser Nachrüstung beim Rückruf von Produkten? VersR 2007 1601; Dinzen Rückrufkostendeckung und Haftpflicht aus einer Hand? VW 2006 1185; Ermert Produkthaftpflicht, Haftung und Versicherungsschutz 5. Aufl. (2002); Fausten Zur Modifizierung der Experimentierklausel im Rahmen von Produkthaftpflichtversicherungen VersR 1996 411; Fenyves Die rechtliche Behandlung von Serienschäden in der Haftpflichtversicherung (1988); Foerste/Graf von Westphalen Produkthaftungshandbuch 3. Aufl. (2012); Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Erläuterungen zu den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben (Produkthaftpflicht-Modell (Stand: Juli 2002), abgedruckt in Nickel/Nickel-Fiedler Produkt-Haftpflichtversicherungsrecht (2010); Grote Ein- und Ausblicke bei Aus- und Einbaukosten VersR 1995 508; ders. Der Herstellerregress beim Produktrückruf VersR 1994 1269; Hoffmann Produktrückruf – ein Haftpflichtrisiko? (Teil 1) PHI 1999 35; Kettler Renaissance der Rückrufkostendiskussion: Ist die Rückrufpflicht mit kostenloser Reparatur ein – teurer – Irrtum? PHi 2008 52; Kettler/Visser Die Neufassung der GDV-Modelle zur Rückrufkostenversicherung PHi 2004 213 und PHi 2005 2; Kettler/Waldner Die Struktur der Erprobungsklausel im Produkthaftpflichtmodell VersR 2004 413; Klinkhammer Grenzen der Haftung beim Produktrückruf VP 2009 49; R. Koch Versicherbarkeit von IT-Risiken in der Sach-, Vertrauensschaden- und Haftpflichtversicherung (2005); R. Koch/Artz Prüfstand AGB-Gesetz: Die Erprobungsklausel gem. Ziff. 6.6 des Produkthaftpflicht-Modells (1987) DB 2001 1599; Krause Das neue Produkthaftpflicht-Versicherungsmodell für Produktions- und Handelsbetriebe (Verbandsmodell des GDV vom März 2000) NVersZ 2001 103; ders. Deckung von Rückrufkosten und Unternehmerrisiko, NVersZ 1999 153; Krins Haftung und Versicherung in der Kontraktlogistik TranspR 2007 269; Link Gesetzliche Regressansprüche bei Produzentenhaftung gegenüber dem Zulieferer BB 1985 1424; Littbarski Produkthaftpflichtversicherung (1999); Manderfeld/Böckmann/Kluth Versicherungsschutz für Haftpflichtrisiken aus fehlerhafter Produktberatung VersR 2003 1350; Meyer-Kahlen Der Serienschaden in der Produkt-Haft-
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ProdHM 2008 Vor
Produkthaftpflichtmodell
pflichtversicherung VersR 1976 8; Michael-Ganz Produktsicherheitsschäden in der Betriebshaftpflichtversicherung VersR 1999 151; Nickel Der Tätigkeitsschaden in der Betriebshaftpflichtversicherung VersR 1987 965; ders. Der Tätigkeitsschaden in der Betriebshaftpflichtversicherung VersR 1987 965; ders. Streit um den Rückruffall – Deckung in keinem Vertrag? VW 2006 820; ders. Die neuen Grundlagen der Produkt-Haftpflichtversicherung VW 2005 1652; Nickel/Nickel-Fiedler Produkt-Haftpflichtversicherungsrecht (2010); Schimikowski Experimentier- und Entwicklungsrisikoausschlüsse in Planungshaftpflichtversicherungen VersR 2002 1313; ders. Produkthaftpflichtversicherung: Austauschkosten und wirtschaftlich vertretbare Ersatzlösung, RuS 2002 45; Schlegelmilch Die Absicherung der Produkthaftpflicht 2. Aufl. (1978); Schmidt-Salzer/Bearbeiter Produkthaftung Bd. IV Produkthaftpflichtversicherung Teil 1 2. Aufl. (1990); Sieder/Zeitler WHG AbwAG 44. Ergänzungslieferung (2012); Schwabe Die Erprobungsklausel in der Produkthaftpflichtversicherung VersR 2002 785; Tamme Rückrufkosten, Haftung und Versicherung (1996); Terrahe Haftungs- und Deckungssituation für Aus- und Einbaukosten nach dem neuen Kaufrecht VersR 2004 680; Thürmann Rückruf und Haftpflichtversicherung nach AHB und ProdHB NVersZ 1999 145; dies. Das neue Produkthaftpflichtmodell PHi 2000 163; ders. Die Themen kehren wieder … – Alte und neue Fragen der Produkthaftpflichtversicherung nach 30 Jahren PHi-Sonderheft 2002 24; Thürmann/Kettler Produkthaftpflichtversicherung und Ausgewählte Fragen der Produkthaftung 6. Aufl. (2009); Wagner Haftung und Versicherung als Instrumente der Techniksteuerung VersR 1999 1441; Graf von Westphalen Produkthaftpflicht-Bedingungen (2002) für gesetzliche und/oder vertragliche Schadensersatzansprüche PHi 2004 172; ders. Waren- oder Rückrufaktion bei nicht sicheren Produkten: §§ 8, 9 ProdSG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB – rechtliche und versicherungsrechtliche Konsequenzen DB 1999 1369; ders. (Hrsg.) Produkthaftungshandbuch Bd. 1 1. Aufl. (1997) und 2. Aufl. (1999); ders. Die Produkthaftpflichtversicherung des HUK-Modells BB 1974 625; Zölch Die Versicherung der Haftung für vereinbarte Eigenschaften nach dem Produkthaftpflichtmodell 2002 PHi 2005 16; ders. Die Überarbeitung des Produkthaftpflicht-Modells im Jahre 2002 (Teil 2) PHi 2002 236; ders. Die Überarbeitung des Produkthaftpflicht-Modells im Jahre 2002 (Teil 1) PHi 2002 166.
Vorbemerkung 1
Der nachstehenden Kommentierung des ProdHM liegen die unverbindlichen Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) i.d.F. aus dem Jahre 2008 zugrunde.1 Das ProdHM geht zurück auf das Verbandsmodell über die erweiterte Produkthaftpflichtversicherung, das der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Versicherungsschutzverband (DVS) und der damalige Verband der Haftpflichtversicherer, Autoversicherer und Rechtsschutzversicherer (HUK-Verband) im Jahre 1973 gemeinsam erarbeiteten.2 Der Adressatenkreis des Verbandsmodells war zunächst auf industrielle Betriebe beschränkt, wurde im Jahr 1975 auf Großhandelsbetriebe3 und schließlich im Jahre 1987 auf alle Handelsbetriebe ausgedehnt.4 In den Jahren 1999 und 2000 erfolgte eine eingehende Überarbeitung des Modells durch den GDV ohne Beteiligung des BDI und des DVS.5 Im Jahr 2002 wurde infolge der Änderungen des Haftungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz eine erneute Überarbeitung erforderlich. Die Anpassungen danach waren vor allem den Änderungen der AHB im Jahre 2004 geschuldet.6
1
2 3 4
Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/wp-content/uploads/2011/11/18_ Produkthaftpflicht-Modell_080828.pdf Abgedruckt in VW 1973 1409 ff.; s. hierzu Schmidt-Salzer/Schmidt-Salzer Rn. 7. 148 ff. VerBAV 1975 187. VerBAV 1987 3.
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5 6
Zu den Zielgruppen des ProdHM s. Krause NVersZ 2001 103. Zur Entstehungsgeschichte und den Überarbeitungen im Einzelnen Thürmann, in: Thürmann/Kettler 8 ff.; Thürmann PHi 2000 163; Schmidt-Salzer/Schmidt-Salzer Rn. 7.148 ff.
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Vorbemerkung
ProdHM 2008 Vor
Für Haftpflichtansprüche wegen Personen- und/oder Sachschäden, die durch vom VN 2 hergestellte und vertriebene Produkte oder erbrachte Dienstleistungen verursacht worden sind, besteht bereits Versicherungsschutz nach Maßgabe der AHB. Insoweit ist das aus dem ProdHaftG und nach den Grundsätzen der deliktischen Produzentenhaftung resultierende Produkthaftpflichtrisiko im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung mitversichert. Ausgenommen vom Versicherungsschutz in der Betriebshaftpflichtversicherung sind jedoch (echte) Vermögensschäden i.S.v. Ziff. 2.1 AHB infolge der Herstellung oder Lieferung mangelhafter Erzeugnisse, infolge von Falschlieferungen und infolge fehlerhafter Beratung über die An- oder Verwendung der vom VN hergestellten oder gelieferten Erzeugnisse. Diese Schäden können in der Betriebshaftpflichtversicherung wegen des Produktrisikoausschlusses gem. Ziff. 7.6.5.2 lit. a) Muster-Bedingungsstruktur AT nicht einmal mit einem Sublimit mitversichert werden (Ziff. 2 AHB Rn. 9 f.). Hier setzt das ProdHM an, indem es Vermögensschäden, die aus im Einzelnen beschriebenen Produktionsvorgängen resultieren, in den Versicherungsschutz mit einschließt und zudem den Streit um den Einschluss von Mangelfolgeschäden an Sachen und Personen wegen Fehlens zugesicherter/vereinbarter Eigenschaften obsolet werden lässt.7 Für diese Deckungserweiterungen besteht nicht nur ein Bedürfnis bei Herstellern, deren Erzeugnisse einer weiteren gewerblichen/industriellen Tätigkeit unterliegen, sondern auch bei Händlern, die solche Erzeugnisse vertreiben.8 In einer geschäftsplanmäßigen Erklärung gegenüber dem damaligen Bundesaufsichts- 3 amt für das Versicherungswesen9 haben sich 1973 alle VR verpflichtet, das ProdHM nur für solche Betriebe zu verwenden, die sich mit der Gewinnung, Erzeugung oder Herstellung von Rohstoffen, Halb- oder Fertigfabrikaten sowie mit dem Vertrieb solcher Produkte befassen, und die Deckung des Produkthaftpflichtrisikos nur zusammen mit dem Stammrisiko (= Betriebsstättenrisiko) anzubieten. Damit sollen Überschneidungen im Versicherungsschutz vermieden werden.10 Die VR versichern das Produkthaftpflichtrisiko somit nicht im Rahmen eines selbstständigen Versicherungsvertrages, sondern stets nur zusammen mit dem Betriebsstättenrisiko (auch Betriebsrisiko genannt). Dies führt in der Praxis bei Abschluss der Produkthaftpflichtversicherung zu einer Drei-, bei Indeckungnahme des Rückrufkosten- und Umwelthaftpflichtrisikos zu einer Vier- oder Fünfteilung. Ein Allgemeiner Teil I enthält alle Vertragsbestimmungen, die auch für die folgenden Vertragsteile gelten, wie z.B. Betriebsbeschreibung, mitversicherte Personen und nicht versicherte Risiken. Teil II regelt das Betriebsstättenrisiko sowie die Risiken aus Haus- und Grundbesitz, Arbeitsunfällen und Verkehrssicherungspflichten. In Teil III wird das Produkthaftpflichtrisiko nach Maßgabe des ProdHM erfasst. Die Teile IV und V regeln die Risiken aus dem Rückruf von Produkten und aus Umweltbeeinträchtigungen.11 Abweichend von sonstigen Darstellungen wird zum besseren Verständnis nicht auf 4 Absätze, sondern auf die Sätze in den jeweiligen Klauseln Bezug genommen, die durchnummeriert und durch hochgestellte Ziffern gekennzeichnet werden. Beispiel: Statt Ziff. 1.2 Abs. 2 ProdHM heißt es somit Ziff. 1.2 S. 3 ProdHM.
7 8 9
Vgl. Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 2. Vgl. Späte ProdHM Rn. 4. Abgedruckt bei Späte AHB 722 und 807.
10 11
Späte ProdHM Rn. 3. Vgl. Ermert/Zölch 122; OLG Hamm 27.3.2009 BeckRS 2009 87443.
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Produkthaftpflichtmodell
Einleitung Der Versicherungsschutz für Produkthaftpflichtrisiken von Industrie- und Handelsbetrieben richtet sich nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und den folgenden Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen:
1
Die Einleitung, die dem ProdHM erst seit der Überarbeitung im Jahr 2000 vorangestellt ist, beschreibt die nach dem ProdHM versicherten Gefahren nur unvollständig. Versicherungsschutz wird nämlich nicht nur gewährt für Ansprüche nach § 1 Abs. 1 ProdHaftG oder gem. § 823 BGB wegen Personen- und Sachschäden infolge fehlerhafter Produkte i.S.v. von § 3 ProdHaftG und der deliktsrechtlichen Produzentenhaftung, sondern auch für Ansprüche nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB – bei Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Nebenpflicht i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB – wegen Vermögensschäden infolge von Sachmängeln i.S.d. § 434 BGB (vgl. Ziff. 4.2 ff. ProdHM). Bei solchen Schäden realisiert sich jedoch kein Produkthaftpflichtrisiko, weil letzteres stets voraussetzt, dass eines der in § 1 Abs. 1 ProdHaftG und § 823 Abs. 1 BGB aufgezählten Rechtsgüter Körper, Gesundheit oder Sacheigentum geschädigt wird.1 Insoweit wäre der Begriff des Produktrisikos an sich die geeignetere Beschreibung. In jedem Fall ist der Kreis der Adressaten des ProdHM („Industrie- und Handels2 betriebe“) nicht auf solche Unternehmen beschränkt, die für Produktfehler in Anspruch genommen werden können, sondern erstreckt sich auch auf Handelsbetriebe, die im Rahmen des Deliktsrechts begrenzte Sorgfaltspflichten zur Gewährleistung der Sicherheit der von ihnen vertriebenen Produkte haben2 und nur ausnahmsweise nach dem ProdHaftG haften.3 Nach der Einleitung richtet sich der Versicherungsschutz nach den AHB „und“ dem 3 ProdHM. Dies bedeutet jedoch nicht, dass AHB und ProdHM gleichrangig Anwendung finden, da dem Sprachgebrauch zufolge besondere Vereinbarungen den allgemeinen vorgehen. Der Versicherungsschutz richtet sich, soweit es um das Produktrisiko geht, deshalb vorrangig nach dem ProdHM.4 Die AHB kommen nur insoweit zur Anwendung, als die Regelungen des ProdHM nicht abschließend sind.5 Dies ist aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen VN einer Produkthaftpflichtversicherung in jedem Einzelfall vor einem Rückgriff auf die AHB zu klären.
1
2 3 4
Zur Abgrenzung des deliktischen Fehlerbegriffs zum Fehlerbegriff des Vertragsrechts s. MüKo-BGB/Wagner § 3 ProdHaftG Rn. 2. MüKo-BGB/Wagner § 823 Rn. 606 f. Vgl. § 4 Abs. 3 ProdHaftG. Vgl. LG München 20.12.2012 BeckRS 2013 03140.
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Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Vorbemerkung Rn. 5; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 16; MAH/Stempfle § 15 Rn. 14.
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Gegenstand der Versicherung
ProdHM 2008 Ziff. 1
1. Gegenstand der Versicherung 1.1 1Versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des VN für Personen-, Sach- und daraus entstandene weitere Schäden, soweit diese durch vom VN – hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, – erbrachte Arbeiten oder sonstige Leistungen verursacht wurden. 2Dieser Versicherungsschutz beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der VN die Erzeugnisse in den Verkehr gebracht, die Arbeiten abgeschlossen oder die Leistungen ausgeführt hat. 1.2 1Eingeschlossen sind – abweichend von Ziff. 7.7 AHB – gesetzliche Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des VN an oder mit diesen Sachen entstanden sind, und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. 2Dieser Versicherungsschutz besteht nur, sofern die Schäden nach Abschluss der Arbeiten oder Ausführung der sonstigen Leistungen eingetreten sind. 3Ausgeschlossen bleiben Ansprüche wegen Beschädigung von – Kraft-, Schienen- und Wasserfahrzeugen, Containern sowie deren Ladung; – Sachen, die sich beim VN zur Lohnbe- oder -verarbeitung, Reparatur oder sonstigen Zwecken befinden oder befunden haben.
Übersicht Rn. A. Ziff. 1.1 ProdHM . . . . . . . . . . I. Sinn und Zweck der Klausel . . . . . II. Inverkehrbringen des Erzeugnisses . . 1. Erzeugnis . . . . . . . . . . . . . 2. Inverkehrbringen . . . . . . . . . III. Abschluss der Arbeit oder Ausführung sonstiger Leistungen . . . . . . . . . IV. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . B. Ziff. 1.2 ProdHM . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
1 1 9 9 11
. . . . . .
16 21 23
Rn. I. Einschluss von Tätigkeitsspätschäden . . 1. Schäden nach Abschluss der Arbeiten oder Ausführung der sonstigen Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausnahmen vom Wiedereinschluss . . . . 1. Kraft-, Schienen- und Wasserfahrzeuge, Container . . . . . . . . . . . . . . . 2. Lohnbe- oder -verarbeitung, Reparatur
23
23 24 25 25 28
A. Ziff. 1.1 ProdHM I. Sinn und Zweck der Klausel Ziff. 1.1 ProdHM bestimmt und begrenzt zugleich den Schutzbereich des ProdHM in 1 sachlicher und zeitlicher Hinsicht. Im Ausgangspunkt besteht entsprechend dem Konzept der AHB für die gesetzliche Haftpflicht des VN für Personen- und Sachschäden und daraus entstandene weitere Schäden umfassend – im Sinne einer Allgefahrenversicherung – Versicherungsschutz. Zur Auslegung der Begriffe Personen- und Sachschäden sowie zur Abgrenzung von Sach- und Vermögensschäden kann auf die Kommentierung zu Ziff. 1.1 S. 1 AHB verwiesen werden. Gleiches gilt für den Begriff der „gesetzlichen Haftpflicht“, die wie die Inanspruchnahme „aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen“ in Ziff. 1.1 S. 1 AHB zu verstehen ist.1 1
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 26.
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Produkthaftpflichtmodell
Über den Schutzbereich der AHB hinaus sind jedoch nach Ziff. 4.1 ProdHM auch Schadensersatzansprüche wegen Personen- oder Sachschäden infolge Fehlens vereinbarter Eigenschaften (= Beschaffenheitsgarantie i.S.v. §§ 442, 444, 445 i.V.m. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB) versichert, die nur deshalb durchgesetzt werden können, weil der VN mit seinem Abnehmer verabredet hat, dass er verschuldensunabhängig für deren Vorhandensein im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einsteht (zur Abgrenzung von Beschaffenheits-, Haltbarkeits- und sonstigen Garantien vgl. Ziff. 7 AHB Rn. 67 ff.). Darüber hinaus setzt der Versicherungsschutz nach Ziff. 1.1 ProdHM nicht voraus, dass es sich bei der gesetzlichen Haftung um eine solche privatrechtlichen Inhalts handelt.2 Abzulehnen ist die Ansicht Thürmanns, die aus der ergänzenden Geltung der AHB für das ProdHM Gegenteiliges folgert.3 Aus Sicht des VN handelt es sich bei Ziff. 1.1 ProdHM nämlich um eine abschließende Regelung, die keiner Ergänzung bedarf. Insoweit gilt hier nichts anderes als bei der Betriebshaftpflichtversicherung, die ebenfalls Versicherungsschutz im Rahmen der AHB bietet, beim Einschluss von Auslandsschäden jedoch nur auf die gesetzliche Haftpflicht des VN abstellt (Ziff. 7 AHB Rn. 267 ff.). Der Versicherungsschutz ist nach Ziff. 1.1 S. 1 ProdHM beschränkt auf Schäden, die durch vom VN hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, erbrachte Arbeiten oder sonstige Leistungen verursacht wurden. Ergänzend bestimmt Ziff. 1.1 S. 2 ProdHM, dass der Versicherungsschutz in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der VN die Erzeugnisse in den Verkehr gebracht, die Arbeiten abgeschlossen oder die Leistungen ausgeführt hat. Damit ist nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine sachliche Zäsur gesetzt. Die Deckung von Schäden durch vom VN hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen des Erzeugnisses oder vor Abschluss der Arbeiten oder Ausführung der Leistung sind dem allgemeinen Betriebsrisiko zuzurechnen. Dessen Versicherung richtet sich nach den Besonderen Bedingungen für die Betriebshaftpflichtversicherung (z.B. Muster-Bedingungsstruktur AT) und nicht nach dem ProdHM. Für Schäden, die nach Inverkehrbringen des Erzeugnisses oder nach Abschluss der Arbeiten oder Ausführung der Leistung entstanden sind, besteht – bei Abschluss der Produkthaftpflichtversicherung – demgegenüber Versicherungsschutz nur nach Maßgabe des ProdHM. Dies führt im Ergebnis – vergleichbar dem Verhältnis zwischen dem allgemeinen Betriebsrisiko und dem Umwelt-Betriebsrisiko (vgl. Ziff. 7.10 lit. b) AHB) – zu einer Art Nullstellung der konventionellen Betriebshaftpflichtversicherung für Produktrisiken. Diese Nullstellung kann sich für den VN durchaus nachteilig auswirken, weil die Produkthaftpflichtversicherung im Vergleich zur konventionellen Betriebshaftpflichtversicherung nicht nur Deckungserweiterungen, sondern auch einige Deckungseinschränkungen enthält, die vornehmlich bei Sach- sowie daraus resultierenden Folgeschäden eingreifen und mit den Vorteilen aus den Deckungserweiterungen sorgfältig abgewogen werden müssen. Gegebenenfalls müssen die Deckungseinschränkungen modifiziert oder abbedungen werden. Zur Verdeutlichung der Problematik soll hier folgendes Beispiel genügen, welches sich auf den Ausschluss gem. Ziff. 6.2.5 ProdHM (sog. „Erprobungsklausel“ oder „Experimentierklausel“) bezieht. Beispiel: Der VN stellt Software für die Steuerung von Lasergeräten her. Nunmehr bietet er diese Software auch für den Einsatz in Industrierobotern an, ohne zuvor die Eignung der Software für diesen Einsatzbereich hinreichend getestet zu haben. Aufgrund der Inkompatibilität der Software mit der Steuerungselektronik der Roboter kommt es nach Abschluss der Arbeiten zu Funktionsstörungen, die zu Schäden an den von den Robotern zu bearbeitenden Sachen führen. 2
Zu Recht Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 7.
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3
A.A. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 28.
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Gegenstand der Versicherung
ProdHM 2008 Ziff. 1
Für diese Schäden haftet der VN seinem Abnehmer sowohl vertraglich gem. §§ 437 7 Nr. 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB als auch deliktisch nach § 823 Abs. 1 BGB. Deckungsausschlüsse im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung greifen nicht ein. Die Tatsache, dass es sich um neuentwickelte Software handelt, deren Verwendung oder Wirkung im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck offensichtlich noch nicht vollständig getestet worden ist, berührt den Versicherungsschutz für die vom Kunden geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz des Sach- und Sachfolgeschadens nicht. Bei Abschluss einer Produkthaftpflichtversicherung greift demgegenüber die Erpro- 8 bungsklausel des Ziff. 6.2.5 ProdHM ein, wonach vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind „Ansprüche aus Sach- und Vermögensschäden durch Erzeugnisse, deren Verwendung oder Wirkung im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck nicht nach dem Stand der Technik oder in sonstiger Weise ausreichend erprobt waren“. Dieser Ausschluss schlägt aufgrund der Nullstellung der Betriebshaftpflichtversicherung für Schäden nach Inverkehrbringen des Produkts mit der Folge durch, dass nunmehr keine Deckung für die eingetretenen Schäden an den bearbeiteten Sachen besteht.
II. Inverkehrbringen des Erzeugnisses 1. Erzeugnis Der Begriff des Erzeugnisses wird im ProdHM nicht erläutert. Im Gesetz hat er Ein- 9 gang in § 99 Abs. 1 BGB und kennzeichnet dort die „Frucht einer Sache“. Das sind alle natürlichen Tier- und Bodenprodukte.4 Ebenso wie bei dem korrespondierenden Begriff in Ziff. 7.2 AHB ist auch hier ein solches Begriffsverständnis zu eng, da das ProdHM nicht nur der Versicherung von Betrieben, die Früchte i.S.v. § 99 Abs. 1 BGB gewinnen, zugrunde liegt. Unter dem Begriff „Erzeugnis“ fallen deshalb nicht nur Früchte einer Sache, sondern alle körperlichen Gegenstände i.S.v. § 90 BGB. Fraglich ist, ob unter diesen Begriff auch (lebende) Tiere fallen (vgl. Ziff. 7 Rn. 46 AHB). Dies wird man grundsätzlich bejahen müssen. Die Tatsache, dass nicht alle Deckungsbausteine gem. Ziff. 4.2 bis 4.6 ProdHM auf lebende Tiere anwendbar sind, ändert daran nichts, weil die Bausteine jedenfalls auf lebend erworbene und vom Gesamtprodukthersteller vor der weiteren Verwertung getötete Tiere ohne Weiteres anwendbar sind. Angesichts des Schutzbereichs des ProdHM ist weitere Voraussetzung, dass das 10 Erzeugnis wirtschaftlich verwertbar ist, m.a.W. muss es sich bei dem Erzeugnis um Ware i.S.d. Vorschriften des Handelskaufs (§§ 373 ff. HGB) handeln. Unter den Begriff der Ware fallen „ganz allgemein bewegliche körperliche Sachen, die Gegenstand des Handelsverkehrs sind oder die nach der Anschauung des Verkehrs als Gegenstände des Warenumsatzes in Betracht kommen können“ 5. Hierzu zählen nicht nur Endprodukte, die im Rahmen der Lieferkette weiterveräußert werden, sondern auch Sachen, die im Wege tierischer oder pflanzlicher Produktion zu erzeugen sind (Urproduktion), sowie Ausgangsstoffe (Zuliefererprodukte), die Gegenstand einer weiteren gewerblichen/industriellen Tätigkeit (z.B. Verbindung, Vermischung, Verarbeitung, Bearbeitung) sind oder der Herstellung von Produkten dienen (z.B. Maschinen).6 Auch Daten und Programme,
4
5
MüKo-BGB/Stresemann § 99 Rn. 2; Staudinger/Jickeli/Stieper Neubearb. 2011 § 99 Rn. 6 f. RG 14.10.1930 RGZ 130 85, 88.
6
Oetker/R. Koch HGB, 13. Aufl. (2013), Vor §§ 373–381 Rn. 30 ff.; vgl. auch Prölss/ Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 17.
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soweit sie auf einem zum Verkauf bestimmten Datenträger gespeichert sind, fallen unter den Begriff des Erzeugnisses.7 2. Inverkehrbringen
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Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff des Inverkehrbringens in Anlehnung an § 1 Abs. 2 Ziff. 1 ProdHaftG als willentliches Begeben der tatsächlichen Herrschaftsgewalt über das Erzeugnis zu verstehen.8 Dies geschieht dadurch, dass der Hersteller das (End- oder Teil-)Erzeugnis ausliefert oder in den Vertrieb, in die Verteilerkette oder in den Wirtschaftskreislauf gibt. Insoweit weist das Merkmal des Inverkehrbringens Parallelen mit dem Begriff der Ablieferung i.S.v. § 377 Abs. 1 HGB auf. Hier wie dort ist erforderlich, dass der VN/Verkäufer die Ware durch einseitige Handlung in Erfüllungsabsicht aus seiner Verfügungsgewalt entlässt und die Ware in den Machtbereich des Käufers gelangt.9 Letzteres ist zu bejahen, wenn der Käufer sich durch einseitige Handlung jederzeit den Besitz an der Ware verschaffen kann. Ausnahmsweise liegt ein Inverkehrbringen auch dann vor, wenn das Erzeugnis die Herrschaftssphäre des VN nicht verlassen hat, weil es sich um ein Erzeugnis handelt, das gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass sich die Person, für die es bestimmt ist, selbst in diese Herrschaftssphäre begeben muss.10 Hier kann es zu einer Überschneidung zwischen dem Inverkehrbringen von Erzeugnissen und der Erbringung von Arbeiten oder sonstigen Leistungen kommen. Ohne Belang für die Frage des Inverkehrbringens ist, ob der Gefahrübergang erfolgt ist, das Eigentum an der Ware bereits übergegangen ist oder zugleich übergeht. Wird eine vom VN hergestellte Ware auf Weisung des Käufers versendet, erfolgt das Inverkehrbringen dadurch, dass dem Käufer oder einem von diesem beauftragten Transportunternehmen die Ware am Bestimmungsort zur sofortigen Abholung zur Verfügung gestellt wird. Die Übergabe an den vom VN beauftragten Spediteur oder Frachtführer stellt dagegen noch kein Inverkehrbringen dar, und zwar unabhängig davon, ob ein Versendungskauf oder eine Bringschuld vorliegt.11 Das Inverkehrbringen muss durch den VN erfolgen oder veranlasst werden. Nicht in den Verkehr gebracht hat der Hersteller ein Erzeugnis, das ohne seinen Willen seiner Verfügungsmacht entzogen wurde.12 Kein Versicherungsschutz nach Maßgabe des ProdHM besteht somit, wenn abhandengekommene, gestohlene oder unterschlagene Erzeugnisse Schäden verursachen. In diesen Fällen besteht Versicherungsschutz nur nach Maßgabe der für das Betriebsstättenrisiko geltenden Bestimmungen des Versicherungsvertrages.13 Im Hinblick auf die Maßgeblichkeit des Willens des VN kommt der Formulierung „hergestellt“ kaum noch eine den Anwendungsbereich des ProdHM beschränkende Bedeutung zu, da auch Roh- und Halbfertigprodukte als „hergestellte Erzeugnisse“ zu
7 8
9
Vgl. auch Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 42. Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 17; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 47; Looschelders/Pohlmann/ Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 19; MAH/ Stempfle § 14 Rn. 20 ff.; Schimikowski RuS 2002 45 f. Vgl. Oetker/R. Koch HGB, 13. Aufl. (2013), § 377 Rn. 7.
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10 11 12
13
EuGH 10.5.2001 NJW 2001 2781, 2782. A.A. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 49. Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 17; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 47; Looschelders/ Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 19. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 17; MAH/Stempfle § 14 Rn. 22.
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Gegenstand der Versicherung
ProdHM 2008 Ziff. 1
qualifizieren sind, wenn sie als solche (in Erfüllungsabsicht) vom VN veräußert werden.14 Da das Erfordernis des Inverkehrbringens auch die Lieferung des Erzeugnisses als Vorstufe der Auslieferung mit einschließt, dient die Formulierung „geliefert“ insoweit nur der Klarstellung, dass auch reine Händler in den Schutzbereich des ProdHM einbezogen sind. Abweichend von Ziff. 7.2 AHB ist insoweit nicht erforderlich, dass der VN die mangelhafte Sache selbst hergestellt hat (Ziff. 7 AHB Rn. 48).
III. Abschluss der Arbeit oder Ausführung sonstiger Leistungen Das ProdHM ist vornehmlich auf die Lieferung von (vom VN hergestellten) Waren 16 ausgerichtet. Dem Abschluss der Arbeit oder der Ausführung sonstiger Leistungen kommt als Abgrenzungskriterium in den Fällen Bedeutung zu, in denen der VN das Erzeugnis nicht nur liefert, sondern anschließend auch einbaut oder sonstige Leistungen (z.B. Beratung oder Montage) erbringt.15 In diesen Konstellationen greift der Versicherungsschutz nach Maßgabe des ProdHM erst mit dem Abschluss der „erbrachten Arbeiten“ und der Ausführung „sonstiger Leistungen“ ein. Was unter diesen Formulierungen zu verstehen ist, lässt sich dem ProdHM nicht ent- 17 nehmen. Eine gesetzliche Definition, auf die zur Auslegung zurückgegriffen werden könnte, fehlt. Ausgangspunkt für die Frage, ob ein Abschluss oder eine Ausführung der Arbeiten oder Leistungen vorliegt, ist die Vertragssituation. Dabei ist es ohne Belang, ob die Arbeiten oder Leistungen im Rahmen eines Kaufvertrages (vgl. § 434 Abs. 2 BGB) oder aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages geschuldet sind. Es kommt somit grundsätzlich nicht darauf an, ob die Arbeiten oder Leistungen i.S.v. § 640 BGB abgenommen oder i.S.v. § 363 BGB als Erfüllung angenommen wurden.16 Ist eine Abnahme der Arbeiten oder Leistungen i.S.v. § 640 BGB jedoch vorgesehen und auch tatsächlich erfolgt, liegt ein Abschluss oder eine Ausführung in jedem Fall vor. Unterbleibt die Abnahme oder Annahme, weil zwischen den Parteien Streit darüber 18 herrscht, ob erfüllt wurde, oder ist keine Abnahme vorgesehen, stellt die Literatur einhellig ebenso wie bei dem Merkmal des Inverkehrbringens auf die Herrschaft über die durchzuführenden Arbeiten und Leistungen und auf die Vorstellungen des VN ab.17 Ein Arbeitsabschluss oder eine Leistungausführung soll danach vorliegen, wenn der VN Arbeiten aufgegeben oder von der Erbringung weiterer Leistungen abgesehen hat, weil er nach seiner Auffassung alles seinerseits vertraglich Geschuldete getan hat. Beispielhaft 14
15
Nach Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 16 ist „[h]ergestellt [.] ein Erzeugnis, wenn die geplante produzierende Arbeit des VN daran abgeschlossen ist, wenn also die erarbeitete oder bearbeitete Sache den Fertigungsstand hat, den sie nach den vom VN mit seinem Auftraggeber oder Kunden getroffenen Vereinbarungen oder nach den einseitigen Planungen des VN erreichen soll“; zu vergleichbaren Umschreibungen s. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 43. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 21; MAH/Stempfle § 15 Rn. 33; Krause NVersZ 2001 103 f.
16
17
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 50; Schimikowski RuS 2002 45, 46; vgl. BGH 3.11.1960 BGHZ 33 236, 238 = NJW 1961 115: „Begriffe der Annahme als Erfüllung in § 363 BGB und der Abnahme in § 640 BGB sind gleichbedeutend“. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 50; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 20; Littbarski Ziff. 1 Rn. 19; wohl auch Schimikowski RuS 2002 45 f.
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Produkthaftpflichtmodell
wird der Fall angeführt, dass der VN seine Arbeitskräfte von einer Arbeitsstelle mit der Erklärung abzieht, fertig zu sein.18 Unerheblich sei, ob die Arbeiten oder Leistungen mangelhaft sind.19 Für diese Ansicht spricht, dass es anderenfalls in der Hand des Auftraggebers läge, 19 den Umfang des Versicherungsschutzes nach Maßgabe der Deckung des Betriebsstättenriskos oder des ProdHM zu bestimmen. Dies erscheint unbillig. Dagegen wird der VR im Verhältnis zum VN durch das Abstellen auf das Verhalten oder die Vorstellung des VN nicht erkennbar nachteilig belastet, da für etwaige Schadensersatzansprüche des Dritten statt der Leistung gem. Ziff. 6.1.1 ProdHM keine Deckung besteht und der VR nach Ziff. 7.2 AHB leistungsfrei ist, wenn der VN Kenntnis von etwa bestehenden Mängeln der Arbeiten oder Leistungen gehabt hat. Eine „Flucht“ des VN in den zeitlichen Anwendungsbereich des ProdHM durch Aufgabe der Arbeiten oder der Erbringung weiterer Leistungen verspricht deshalb keinen Erfolg. Durchlaufen die Arbeiten oder Leistungen des VN mehrere Projektstufen, bestimmt 20 sich der Versicherungsschutz nach dem ProdHM, wenn ein Schaden durch in sich abgeschlossene Teilarbeiten/ausgeführte Teilleistungen verursacht wurde.
IV. Beispiele 21
Zum Betriebsstättenrisiko rechnen folgende Sachverhalte: Der VN stellt explosible Stoffe her. Noch während der Lagerung auf seinem Betriebsgrundstück ereignet sich durch diese Stoffe eine Explosion, die Schäden in der Nachbarschaft des Betriebsgrundstückes verursacht. Ein Monteur des VN verursacht während Schweißarbeiten auf dem Betriebsgelände des Kunden einen Brand.20 Der VN arbeitet beim Kunden an Computertomographen und vergisst einen Schraubenzieher in der Maschine. Die Maschine wird während der Arbeiten probegeschaltet und erleidet einen Totalschaden.21 Wird die Maschine das erste Mal eingeschaltet, nachdem der VN den Erfüllungsort 22 verlassen hat, erfolgt die Deckung hingegen nach Maßgabe des ProdHM.22 Ebenfalls dem Produkthaftpflichtrisiko zuzuordnen sind folgende Sachverhalte: Nach Auslieferung der explosiblen Stoffe ereignet sich beim Kunden des VN eine Explosion, die auf eine unsachgemäße Verpackung des Produktes zurückzuführen ist. Der VN repariert bei seinem Kunden eine Maschine. Nach Abschluss der Arbeiten explodiert die Maschine infolge eines Reparaturfehlers.23 Der VN (Elektromonteur) isoliert eine Leitung nicht ordnungsgemäß. Einige Tage nach Abschluss führt ein Kurzschluss zum Brand.24 Der VN liefert lösungsmittelhaltigen Lack, ohne auf die Explosionsgefahr hinzuweisen. Infolge des unterlassenen Hinweises kommt es beim Abnehmer, der den Lack verarbeitet, zu einer Explosion.25
18
19 20 21
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 50; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 20. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 20; Schimikowski RuS 2002 45, 46. Ermert/Zölch 125 f. Vgl. Kettler, in: Thürmann/Kettler 72.
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22 23 24 25
Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 21. Ermert/Zölch 125 f. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 22. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 22.
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Gegenstand der Versicherung
ProdHM 2008 Ziff. 1
B. Ziff. 1.2 ProdHM I. Einschluss von Tätigkeitsspätschäden 1. Schäden nach Abschluss der Arbeiten oder Ausführung der sonstigen Leistungen Ziff. 1.2 S. 1 und 2 ProdHM schließt Tätigkeitsschäden an fremden Sachen, die nach 23 Abschluss der Arbeiten oder Ausführung der sonstigen Leistungen eingetreten sind (Tätigkeitsspätschäden), abweichend vom Ausschluss nach Ziff. 7.7 AHB wieder in die Produkthaftpflichtversicherung ein. Es geht um die Fälle, in denen die Tätigkeit an oder mit einer fremden Sache ursächlich für den späteren Schadenseintritt geworden ist. Der Versicherungsschutz für Schäden, die bereits während der Ausführung der Arbeiten oder der Erbringung sonstiger Leistungen eintreten, bestimmt sich nach der Betriebsstättendeckung. Dort besteht Versicherungsschutz jedoch nur bei Abbedingung von Ziff. 7.7 AHB. Diese erfolgt zwar standardmäßig.26 Allerdings sind die Deckungssummen für Tätigkeitsschäden durch ein Sublimit begrenzt. 2. Beispiele Wird bei der Installation eines Ersatzteils an eine Maschine eine Mutter nicht ausrei- 24 chend angezogen, wodurch sich beim ersten Probelauf durch den VN das Ersatzteil lockert und andere Teile der Maschine beschädigt, besteht Deckung über das Betriebsstättenrisiko. Sitzt das Ersatzteil zunächst ausreichend fest und lockert sich erst später im laufenden Betrieb beim Betreiber der Maschine die Mutter, besteht Deckung über ProdHM.27 Baut der VN die von ihm selbst zugelieferten Teile zur Erweiterung einer bereits vorhandenen Maschinenstraße gleich im Auftraggeberwerk ein und gerät die Anlage infolge eines Montagefehlers nach Abschluss der Arbeiten in Brand, besteht Deckung bzgl. der sachbeschädigten Anlage (ohne die Teile des VN).28
II. Ausnahmen vom Wiedereinschluss 1. Kraft-, Schienen- und Wasserfahrzeuge, Container Ziff. 1.2 S. 3 ProdHM nimmt bestimmte Bereiche vom Wiedereinschluss aus. Hierzu 25 zählen Ansprüche wegen der Tätigkeitkeitsspätschäden, die an oder mit Kraft-, Schienenund Wasserfahrzeugen sowie Containern und deren Ladung eintreten. Als Beispiel für solche ausgeschlossenen Tätigkeitkeitsspätschäden „an“ vorbezeichneten Sachen nennt Thürmann den Fall, dass ein Automobilzulieferer die zu liefernden Kfz-Teile beim KfzHersteller zugleich auch am Band montiert und dadurch später nach Abschluss der Montage Schäden entstehen.29 Zur Auslegung der Begriffe Kraft- und Wasserfahrzeuge s. Ziff. 4 AHB Rn. 23 f. und 26 Ziff. 3 AHB Rn. 85. Der Begriff des Schienenfahrzeugs wird in § 38 Abs. 1 BImSchG gebraucht. Die einschlägige Kommentarliteratur zählt hierzu nicht nur Eisenbahnen und Straßenbahnen, sondern in Anlehnung an § 4 Abs. 2 PBefG auch Hochbahnen, Unter-
26 27
Vgl. Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 22. Beispiel von Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 52.
28 29
Beispiel von Krause NVersZ 2001 103, 104. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 57.
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grundbahnen und Schienenschwebebahnen sowie schienengebundene Bergbahnen. Keine Rolle spielt, ob die Schienenfahrzeuge durch Maschinenkraft bewegt werden, weshalb auch Waggons, Draisinen oder Anhänger erfasst werden.30 Diese Beispiele dürften der Verkehrsauffassung entsprechen. Damit ist der Begriff des Schienenfahrzeugs identisch mit dem der Bahn i.S.v. Ziff. 4.3 (2) AHB (Ziff. 4 AHB Rn. 26). Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei Containern um Behälter. Die mit dem Ausschluss in Ziff. 4.4.4.2 ProdHM vergleichbare Regelung wird in den 27 Erläuterungen des GDV mit dem erheblichen Risikopotenzial begründet, das z.B. bei der Zulieferung und dem gleichzeitigen Assembling durch den VN bei einem Kfz-Hersteller besteht.31 Ziff. 1.2 S. 2 ProdHM wird ergänzt durch den Ausschluss von Tätigkeitsschäden an Luft- oder Raumfahrzeugen gem. Ziff. 6.2.6 ProdHM. 2. Lohnbe- oder -verarbeitung, Reparatur
28
Das Risiko der Beschädigung von Sachen, die sich „beim VN zur Lohnbe- oder -verarbeitung, Reparatur oder sonstigen Zwecken befinden oder befunden haben“, wird nicht vom ProdHM umfasst. Diese Regelung begründet der GDV wiederum mit der besonderen Risikosituation, insbesondere der Abgrenzung zum nicht gedeckten Erfüllungsbereich.32 Beispiel:33 Der VN lackiert im Lohnauftrag ihm zugelieferte (fremde) Fensterrahmen, die infolge der Lackierung nach Abschluss der Arbeiten beschädigt werden.
„Beim VN“ bedeutet, dass die Sache sich in einem vom VN allein beherrschten Bereich (z.B. Betriebsstätte) befindet oder befunden haben muss.34 Voit will die Ausnahme vom Wiedereinschluss nur auf solche Sachen beziehen, die 29 selbst Gegenstand der Tätigkeit gewesen sind, welche den Schaden verursacht hat. Sei dagegen eine Sache als Folge einer Tätigkeit an einer anderen Sache beschädigt worden, sei der Ausschluss nicht anzuwenden.35 Wären in dem vorherigen Beispiel nicht die Lackierarbeiten an dem Fensterrahmen ursächlich für den späteren Schadenseintritt, sondern Arbeiten an anderen Sachen, bestünde somit nach Ansicht Voits für die Schadensersatzansprüche des Auftraggebers Versicherungsschutz. Voit begründet seine Ansicht damit, dass der in den GDV-Erläuterungen genannte Grund (Abgrenzung zum nicht gedeckten Erfüllungsbereich) in diesen Fällen nicht trage, weil der Erfüllungsbereich nicht betroffen sei.36 Das lässt sich durchaus hören. Angesichts des Wortlauts von Ziff. 1.2 S. 2 ProdHM ließe sich unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung zur Auslegung von AVB aufgestellten Maßstäbe37 eine solche Differenzierung jedoch nur dann rechtfertigen, wenn man den Sinn und Zweck der Klausel als für den durchschnittlichen VN einer Produkthaftpflichtversicherung ohne Weiteres erkennbar erachtet. Zweifel sind angebracht.
30
31 32 33 34
Jarass BImSchG 9. Aufl. (2012) § 38 Rn. 5 m.w.N.; vgl. auch Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 56. Vgl. GDV-Erläuterungen 56. GDV-Erläuterungen 56. Krause NVersZ 2001 103, 104. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 58.
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35 36 37
Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 28. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 1 Rn. 28. Vgl. nur BGH 21.7.2011 NJW 2011 3718, 3719.
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Versichertes Risiko
ProdHM 2008 Ziff. 2
2. Versichertes Risiko 1Der Versicherungsschutz bezieht sich auf den in der Betriebsbeschreibung genannten Produktions- und Tätigkeitsumfang. 2Im Rahmen dieses Risikos sind mitversichert Ansprüche wegen Schäden aus der Vergabe von Leistungen an Dritte (Subunternehmer). 3Nicht versichert bleibt die Haftpflicht der Subunternehmer selbst und deren Betriebsangehöriger.
Übersicht Rn. A. Betriebsbeschreibung
. . . . . . . . . .
1
Rn. B. Subunternehmerrisiko
. . . . . . . . .
3
A. Risikobeschreibung Ziff. 2.1 S. 1 ProdHM stellt klar, dass auch die Produkthaftpflichtversicherung nicht 1 für alle Wagnisse Versicherungsschutz bietet, sondern nur für die im Versicherungsvertrag näher umschriebenen Risiken (Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos). Die Festlegung des versicherten Risikos erleichtert für den VR die Risikobewertung und ist für die Kalkulation der Prämie erforderlich (Ziff. 3 AHB Rn. 1). Letztere bemisst sich im Bereich der Produkthaftpflichtversicherung vor allem nach dem Produktions- und Tätigkeitsprogramm, das im Versicherungsvertrag beschrieben ist. Umfasst das Produktionsprogramm sehr viele Einzelerzeugnisse genügt es, wenn diese in Produktgruppen zusammengefasst und diese Gruppen in die Beschreibung des Produktionsprogrammes aufgenommen werden.1 Abweichend von Ziff. 13.1 und 4.1 AHB statuiert Ziff. 10.1 ProdHM für den VN die 2 Pflicht, wesentliche Erhöhungen oder Erweiterungen des Produktions- oder Tätigkeitsumfanges sowie neue Risiken unverzüglich anzuzeigen. Kommt der VN dieser Anzeigepflicht nicht nach, sieht Ziff. 10.2 ProdHM als Sanktion nicht Leistungsfreiheit vor, sondern eine Erhöhung der in Ziff. 9.3 ProdHM genannten Selbstbehalte in Schadensfällen, die mit solchen Erhöhungen/Erweiterungen oder mit neuen Risiken in Zusammenhang stehen (zu den Einzelheiten s. die Kommentierung zu Ziff. 10 ProdHM).
B. Subunternehmerrisiko Ziff. 2.1 S. 2 ProdHM betrifft das (eigene) Haftpflichtrisiko des VN, für Schäden aus 3 der Vergabe von Leistungen an Dritte auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Wie der Klammerzusatz „Subunternehmer“ deutlich macht, handelt es sich bei den Dritten nicht um Betriebsangehörige des VN. Diese genießen nach Ziff. 3 ProdHM den Status eines Mitversicherten. Es geht vielmehr um die Haftung des VN für Unternehmer i.S.v. § 14 BGB, deren Hilfe er sich im Rahmen des in der Betriebsbeschreibung genannten Produktions- und Tätigkeitsrisikos bedient hat. Verursachen diese einen Schaden, kommt eine deliktische Haftung des VN wegen Organisationsverschuldens nach § 823 BGB oder nach § 831 BGB in Betracht. Vertragliche Schadensersatzansprüche dro-
1
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Produkthaftpflichtmodell
hen wegen fehlerhafter Auswahl des Dritten oder weil der Dritte schuldhaft gehandelt hat und der VN sich dessen Verschulden nach § 278 BGB zurechnen lassen muss. Da es sich um eigene Haftung des VN handelt, besteht hierfür grundsätzlich Deckung. Hiervon abzugrenzen ist die persönliche Haftung des Subunternehmers, für die gem. 4 Ziff. 2.1 S. 3 ProdHM kein Versicherungsschutz besteht. Ziff. 2.1 S. 2 und 3 ProdHM bringen eigentlich nur Selbstverständlichkeiten in der Haftpflichtversicherung zum Ausdruck. Sie haben deshalb rein deklaratorische Bedeutung und sind damit zu erklären, dass vor der Überarbeitung des ProdHM im Jahre 2000 Ansprüche wegen Schäden durch von dem VN beauftragte Subunternehmer ohne besondere Vereinbarung nicht mitversichert waren.2 Als Grund für die frühere Regelung, bei der es sich der Sache nach um eine negative Risikobeschreibung handelte,3 wurde das bei der Fremdvergabe infolge Einschaltung unbekannter Personen größere Risiko für den VR genannt.4
3. Mitversicherte Personen 1Mitversichert ist die persönliche gesetzliche Haftpflicht 3.1 der gesetzlichen Vertreter des VN und solcher Personen, die er zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebes oder eines Teils desselben angestellt hat, in dieser Eigenschaft; 3.2 sämtlicher übrigen Betriebsangehörigen für Schäden, die sie in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtungen verursachen. 2Ausgeschlossen sind Haftpflichtansprüche aus Personenschäden, bei denen es sich um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Betrieb des Versicherungsnehmers gemäß dem SGB VII handelt.
1
Ziff. 3 ProdHM entspricht Ziff. 7.1.2.3 und 7.1.2.4 Muster-Bedingungsstruktur AT. Insoweit kann auf die dortige Kommentierung verwiesen werden (Ziff. 27 AHB Rn. 19 ff.).
4. Abgrenzungen und Erweiterungen des Versicherungsschutzes 4.1 Personen- oder Sachschäden aufgrund von Sachmängeln infolge Fehlens von vereinbarten Eigenschaften Eingeschlossen sind – insoweit abweichend von Ziff. 1.1, 1.2 und 7.3 AHB – auf Sachmängeln beruhende Schadensersatzansprüche Dritter im gesetzlichen Umfang wegen Personen-, Sach- und daraus entstandener weiterer Schäden, wenn der VN aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Abnehmer über bestimmte Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen dafür verschuldensunabhängig einzustehen hat, dass diese bei Gefahrübergang vorhanden sind. 4.2 Verbindungs-, Vermischungs-, Verarbeitungsschäden 4.2.1 1Eingeschlossen sind gesetzliche Schadensersatzansprüche Dritter wegen der in Ziff. 4.2.2 genannten Vermögensschäden i.S.v. Ziff. 2.1 AHB infolge Mangelhaftigkeit
2
Vgl. Prölss/Martin/Voit/Knappmann 27 Produkthaftpflicht Ziff. 2.
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3 4
Späte ProdHM Rn. 14. Thürmann PHi 2000 163, 166.
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Abgrenzungen und Erweiterungen des Versicherungsschutzes
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von Gesamtprodukten Dritter, die durch eine aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht trennbare Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung von mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen mit anderen Produkten entstanden sind. 2Erzeugnisse im Sinne dieser Regelung können sowohl solche des VN als auch Produkte Dritter sein, die Erzeugnisse des VN enthalten. 3Mängel bei der Beratung über die Anoder Verwendung der vom VN hergestellten oder gelieferten Erzeugnisse sowie Falschlieferungen stehen Mängeln in der Herstellung oder Lieferung gleich. 4Versicherungsschutz besteht insoweit auch – abweichend von Ziff. 1.1, 1.2 und 7.3 AHB – für auf Sachmängeln beruhende Schadensersatzansprüche Dritter im gesetzlichen Umfang, wenn der VN aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Abnehmer über bestimmte Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen dafür verschuldensunabhängig einzustehen hat, dass diese bei Gefahrübergang vorhanden sind. 4.2.2 Gedeckt sind ausschließlich Schadensersatzansprüche wegen 4.2.2.1 1der Beschädigung oder Vernichtung der anderen Produkte, soweit hierfür nicht bereits Versicherungsschutz nach Ziff. 1 oder 4.1 besteht; 4.2.2.2 1anderer für die Herstellung der Gesamtprodukte aufgewendeter Kosten mit Ausnahme des Entgeltes für die mangelhaften Erzeugnisse des VN; 4.2.2.3 1Kosten für eine rechtlich gebotene und wirtschaftlich zumutbare Nachbearbeitung der Gesamtprodukte oder für eine andere Schadenbeseitigung (siehe aber Ziff. 6.2.8). 2Der VR ersetzt diese Kosten in dem Verhältnis nicht, in dem das Entgelt für die Erzeugnisse des VN zum Verkaufspreis der Gesamtprodukte (nach Nachbearbeitung oder anderer Schadenbeseitigung) steht; 4.2.2.4 1weiterer Vermögensnachteile (z.B. entgangenen Gewinnes), weil die Gesamtprodukte nicht oder nur mit einem Preisnachlass veräußert werden können (siehe aber Ziff. 6.2.8). 2Der VR ersetzt diese Vermögensnachteile in dem Verhältnis nicht, in dem das Entgelt für die Erzeugnisse des VN zu dem Verkaufspreis steht, der bei mangelfreier Herstellung oder Lieferung der Erzeugnisse des VN für die Gesamtprodukte zu erzielen gewesen wäre; 4.2.2.5 1der dem Abnehmer des VN unmittelbar entstandenen Kosten durch den Produktionsausfall, der aus der Mangelhaftigkeit der Gesamtprodukte herrührt. 2Ansprüche wegen eines darüber hinausgehenden Schadens durch den Produktionsausfall sind nicht versichert. 4.3 Weiterver- oder -bearbeitungsschäden 4.3.1 1Eingeschlossen sind gesetzliche Schadensersatzansprüche Dritter wegen der in Ziff. 4.3.2 genannten Vermögensschäden i.S.v. Ziff. 2.1 AHB infolge Weiterverarbeitung oder -bearbeitung mangelhaft hergestellter oder gelieferter Erzeugnisse, ohne dass eine Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung mit anderen Produkten stattfindet. 2Erzeugnisse im Sinne dieser Regelung können sowohl solche des VN als auch Produkte Dritter sein, die Erzeugnisse des Versicherungsnehmers enthalten. 3Mängel bei der Beratung über die An- oder Verwendung der vom VN hergestellten oder gelieferten Erzeugnisse sowie Falschlieferungen stehen Mängeln in der Herstellung oder Lieferung gleich. 4Versicherungsschutz besteht insoweit auch – abweichend von Ziff. 1.1, 1.2 und 7.3 AHB – für auf Sachmängeln beruhende Schadensersatzansprüche Dritter im gesetzlichen Umfang, wenn der VN aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Abnehmer über bestimmte Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen dafür verschuldensunabhängig einzustehen hat, dass diese bei Gefahrübergang vorhanden sind.
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Produkthaftpflichtmodell
4.3.2 Gedeckt sind ausschließlich Schadensersatzansprüche wegen 4.3.2.1 1Kosten für die Weiterverarbeitung oder -bearbeitung der mangelhaften Erzeugnisse mit Ausnahme des Entgeltes für die mangelhaften Erzeugnisse des VN, sofern die verarbeiteten oder bearbeiteten Erzeugnisse unveräußerlich sind; 4.3.2.2 1Kosten für eine rechtlich gebotene und wirtschaftlich zumutbare Nachbearbeitung der weiterverarbeiteten oder -bearbeiteten Erzeugnisse oder für eine andere Schadenbeseitigung (siehe aber Ziff. 6.2.8). 2Der VR ersetzt diese Kosten in dem Verhältnis nicht, in dem das Entgelt für die Erzeugnisse des VN zum Verkaufspreis der weiterverarbeiteten oder -bearbeiteten Erzeugnisse (nach Nachbearbeitung oder anderer Schadenbeseitigung) steht; 4.3.2.3 1weiterer Vermögensnachteile (z. B. entgangenen Gewinnes), weil die weiterverarbeiteten oder -bearbeiteten Erzeugnisse nicht oder nur mit einem Preisnachlass veräußert werden können (siehe aber Ziff. 6.2.8). 2Der VR ersetzt diese Vermögensnachteile in dem Verhältnis nicht, in dem das Entgelt für die Erzeugnisse des VN zu dem Verkaufspreis steht, der bei mangelfreier Herstellung oder Lieferung der Erzeugnisse des VN nach Weiterverarbeitung oder -bearbeitung zu erwarten gewesen wäre. 4.4 Aus- und Einbaukosten 4.4.1 1Eingeschlossen sind gesetzliche Schadensersatzansprüche Dritter wegen der in Ziff. 4.4.2 und 4.4.3 genannten Vermögensschäden i.S.v. Ziff. 2.1 AHB infolge Mangelhaftigkeit von Gesamtprodukten Dritter, die durch den Einbau, das Anbringen, Verlegen oder Auftragen von mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen entstanden sind. 2Erzeugnisse im Sinne dieser Regelung können sowohl solche des VN als auch Produkte Dritter sein, die Erzeugnisse des VN enthalten. 3Mängel bei der Beratung über die An- oder Verwendung der vom VN hergestellten oder gelieferten Erzeugnisse sowie Falschlieferungen stehen Mängeln in der Herstellung oder Lieferung gleich. 4Versicherungsschutz besteht insoweit auch – abweichend von Ziff. 1.1, 1.2 und 7.3 AHB – für auf Sachmängeln beruhende Schadensersatzansprüche Dritter im gesetzlichen Umfang, wenn der VN aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Abnehmer über bestimmte Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen dafür verschuldensunabhängig einzustehen hat, dass diese bei Gefahrübergang vorhanden sind. 4.4.2 Gedeckt sind ausschließlich Schadensersatzansprüche wegen 4.4.2.1 1Kosten für den Austausch mangelhafter Erzeugnisse (nicht jedoch von deren Einzelteilen), d.h. Kosten für das Ausbauen, Abnehmen, Freilegen oder Entfernen mangelhafter Erzeugnisse und das Einbauen, Anbringen, Verlegen oder Auftragen mangelfreier Erzeugnisse oder mangelfreier Produkte Dritter. 2Vom Versicherungsschutz ausgenommen bleiben die Kosten für die Nach- und Neulieferung mangelfreier Erzeugnisse oder mangelfreier Produkte Dritter. 4.4.2.2 1Kosten für den Transport mangelfreier Erzeugnisse oder mangelfreier Produkte Dritter mit Ausnahme solcher an den Erfüllungsort der ursprünglichen Lieferung des VN. 2Sind die Kosten für den direkten Transport vom VN bzw. vom Dritten zum Ort des Austausches geringer als die Kosten des Transportes vom Erfüllungsort der ursprünglichen Lieferung des VN zum Ort des Austausches, sind nur die Kosten des Direkttransportes versichert. 4.4.3 Ausschließlich für die in Ziff. 4.4.2 genannten Kosten besteht in Erweiterung der Ziff. 4.4.1 – und insoweit abweichend von Ziff. 1.1 und 1.2 AHB – Versicherungsschutz auch dann, wenn sie zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht zur Neulieferung oder
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Abgrenzungen und Erweiterungen des Versicherungsschutzes
ProdHM 2008 Ziff. 4
zur Beseitigung eines Mangels des Erzeugnisses des VN von diesem oder seinem Abnehmer aufgewendet werden. 4.4.4 Kein Versicherungsschutz besteht, wenn 4.4.4.1 der VN die mangelhaften Erzeugnisse selbst eingebaut oder montiert hat oder in seinem Auftrag, für seine Rechnung oder unter seiner Leitung hat einbauen oder montieren lassen; dies gilt nicht, wenn der VN beweist, dass die Mangelhaftigkeit nicht aus dem Einbau, der Montage oder Montageleitung, sondern ausschließlich aus der Herstellung oder Lieferung resultiert; 4.4.4.2 sich die Mangelbeseitigungsmaßnahmen gemäß Ziff. 4.4.1 bis 4.4.3 auf Teile, Zubehör oder Einrichtungen von Kraft-, Schienen-, oder Wasserfahrzeugen beziehen, soweit diese Erzeugnisse im Zeitpunkt der Auslieferung durch den Versicherungsnehmer oder von ihm beauftragte Dritte ersichtlich für den Bau von oder den Einbau in Kraft-, Schienen- oder Wasserfahrzeugen bestimmt waren; 4.4.4.3 Ziff. 6.2.8 eingreift. Fakultative Deckungserweiterung der Ziff. 4.4 ProdHM Soweit im Versicherungsschein besonders vereinbart, gilt: 4.4.5 In Erweiterung zu Ziff. 4.4.1–4.4.3 besteht Versicherungsschutz auch für gesetzliche Ansprüche Dritter wegen 4.4.5.1 1Kosten für den Austausch mangelhafter Einzelteile von Erzeugnissen des VN, die in Gesamtprodukte Dritter eingebaut, angebracht, verlegt oder aufgetragen worden sind (mit Ausnahme der Kosten für die Nach- und Neulieferung mangelfreier Einzelteile); 4.4.5.2 1Kosten der Reparatur mangelhafter Erzeugnisse des VN im eingebauten Zustand; 4.4.5.3 1Kosten für andere Mangelbeseitigungsmaßnahmen an mangelhaften Erzeugnissen des VN, die in Gesamtprodukte Dritter eingebaut, angebracht, verlegt oder aufgetragen worden sind. 2Im Falle des Austausches mangelhafter Einzelteile im Sinne der Ziff. 4.4.5.1 besteht Versicherungsschutz auch für die Kosten des Transportes nach- oder neugelieferter Einzelteile mit Ausnahme solcher an den Erfüllungsort der ursprünglichen Lieferung des VN. 3Sind die Kosten für den direkten Transport vom VN zum Ort des Austausches geringer als die Kosten des Transportes vom Erfüllungsort der ursprünglichen Lieferung des VN zum Ort des Austausches, sind nur die Kosten des Direkttransportes versichert. 4Die Ausschlüsse gem. Ziff. 4.4.4 finden auch in Fällen der Ziff. 4.4.5 Anwendung. 4.4.6 1Kann der Mangel des Gesamtproduktes durch verschiedene der in den Ziff. 4.4.2, 4.4.3 und 4.4.5 genannten Maßnahmen beseitigt werden, besteht Versicherungsschutz nur in Höhe der günstigsten versicherten Kosten. 2Im Falle einer Reparatur oder anderer Mangelbeseitigungsmaßnahmen im Sinne der Ziff. 4.4.5.2 und 4.4.5.3 ersetzt der VR die daraus entstandenen Kosten darüber hinaus in dem Verhältnis nicht, in dem das Entgelt für die Erzeugnisse des VN zum Verkaufspreis der Gesamtprodukte (nach Reparatur oder anderer Mangelbeseitigungsmaßnahme) steht. 4.5 Schäden durch mangelhafte Maschinen (fakultativ) 4.5.1 1Eingeschlossen sind gesetzliche Schadensersatzansprüche Dritter wegen der in Ziff. 4.5.2 genannten Vermögensschäden i.S.v. Ziff. 2.1 AHB infolge Mangelhaftigkeit von Produkten, die durch vom VN mangelhaft hergestellte, gelieferte, montierte oder gewartete Maschinen produziert, be- oder verarbeitet wurden. 2Mängel bei der Beratung
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über die An- oder Verwendung der vom VN hergestellten, gelieferten, montierten oder gewarteten Maschinen sowie Falschlieferungen stehen Mängeln in der Herstellung oder Lieferung gleich. 3Versicherungsschutz besteht insoweit auch – abweichend Ziff. 1.1, 1.2 und 7.3 AHB – für auf Sachmängeln beruhende Schadensersatzansprüche Dritter im gesetzlichen Umfang, wenn der VN aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Abnehmer über bestimmte Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen dafür verschuldensunabhängig einzustehen hat, dass diese bei Gefahrübergang vorhanden sind. 4.5.2 Gedeckt sind ausschließlich Schadensersatzansprüche wegen 4.5.2.1 1der Beschädigung oder Vernichtung der mittels der Maschine hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte, soweit hierfür nicht bereits Versicherungsschutz nach Ziff. 1 oder 4.1 besteht; 4.5.2.2 1anderer für die Herstellung, Be- oder Verarbeitung der Produkte nutzlos aufgewendeter Kosten; 4.5.2.3 1Kosten für eine rechtlich gebotene und wirtschaftlich zumutbare Nachbearbeitung der mittels der Maschinen des VN hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte oder für eine andere Schadenbeseitigung; 4.5.2.4 1weiterer Vermögensnachteile (z.B. entgangenen Gewinnes), weil die mittels der Maschinen des VN hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte nicht oder nur mit einem Preisnachlass veräußert werden konnten; 4.5.2.5 1der dem Abnehmer des VN unmittelbar entstandenen Kosten infolge eines sich aus Mängeln der hergestellten, be- oder verarbeitenden Produkte ergebenden Produktionsausfalles. 2Ansprüche wegen eines darüber hinausgehenden Schadens durch den Produktionsausfall sind nicht versichert; 4.5.2.6 1weiterer Vermögensnachteile, weil die mittels der Maschinen des VN mangelhaft hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte mit anderen Produkten verbunden, vermischt, verarbeitet (Ziff. 4.2) oder weiterverarbeitet oder -bearbeitet (Ziff. 4.3), eingebaut, angebracht, verlegt oder aufgetragen (Ziff. 4.4) werden. 2Dieser Versicherungsschutz wird im Umfang der vorgenannten Ziff. 4.2 ff. gewährt. 4.6 Prüf- und Sortierkosten (fakultativ) 4.6.1 1Eingeschlossen sind gesetzliche Schadensersatzansprüche Dritter wegen der in Ziff. 4.6.2 und 4.6.3 genannten Vermögensschäden infolge der Überprüfung von Produkten der Dritten auf Mängel, wenn die Mangelhaftigkeit einzelner Produkte bereits festgestellt wurde und aufgrund ausreichenden Stichprobenbefundes oder sonstiger nachweisbarer Tatsachen gleiche Mängel an gleichartigen Produkten zu befürchten sind. 2Die Überprüfung muss der Feststellung dienen, welche der Produkte mit Mangelverdacht tatsächlich mangelhaft sind und bei welchen dieser Produkte die nach den Ziff. 4.2 ff. versicherten Maßnahmen zur Mangelbeseitigung erforderlich sind. 3Produkte im Sinne dieser Regelung sind solche, die aus oder mit Erzeugnissen des VN hergestellt, be- oder verarbeitet wurden. 4.6.2 1Gedeckt sind ausschließlich Schadensersatzansprüche wegen Kosten der Überprüfung der Produkte mit Mangelverdacht. 2Zur Überprüfung gehört auch ein notwendiges Vorsortieren zu überprüfender und Aussortieren von überprüften Produkten sowie das infolge der Überprüfung erforderliche Umpacken der betroffenen Produkte. 4.6.3 1Ist jedoch zu erwarten, dass die Kosten der Überprüfung der Produkte mit Mangelverdacht zzgl. der nach Ziff. 4.2 ff. gedeckten Kosten auf Basis der festgestellten oder nach objektiven Tatsachen anzunehmenden Fehlerquote höher sind, als die nach
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Ziff. 4.2 ff. gedeckten Kosten im Falle der tatsächlichen Mangelhaftigkeit aller Produkte mit Mangelverdacht, so beschränkt sich der Versicherungsschutz auf die Versicherungsleistungen nach Ziff. 4.2 ff. 2In diesen Fällen oder wenn eine Feststellung der Mangelhaftigkeit nur durch Zerstörung des Produktes möglich ist, bedarf es keines Nachweises, dass die Produkte mit Mangelverdacht tatsächlich Mängel aufweisen. 3Ist eine Feststellung der Mangelhaftigkeit nur nach Ausbau der Erzeugnisse möglich und wäre bei tatsächlicher Mangelhaftigkeit der Austausch dieser Erzeugnisse die notwendige Mangelbeseitigungsmaßnahme nach Ziff. 4.4, so beschränkt sich der Versicherungsschutz ebenfalls auf die Versicherungsleistungen nach Ziff. 4.4. 4Auch in diesen Fällen bedarf es keines Nachweises, dass die Produkte mit Mangelverdacht tatsächlich Mängel aufweisen. 4.6.4 Ausschließlich für die in Ziff. 4.6.2 und 4.6.3 genannten Kosten besteht in Erweiterung der Ziff. 4.6.1 – und insoweit abweichend von Ziff. 1.1 und 1.2 AHB – Versicherungsschutz auch dann, wenn sie zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht zur Neulieferung oder zur Beseitigung eines Mangels des Erzeugnisses des VN von diesem oder seinem Abnehmer aufgewendet werden. 4.6.5 Auf Ziff. 6.2.8 wird hingewiesen.
Übersicht Rn. A. Abgrenzungen und Erweiterungen des Versicherungsschutzes (Ziff. 4 ProdHM) . . . I. Systematik und Aufbau von Ziff. 4 ProdHM . . . . . . . . . . . . . 1. Enumerationsprinzip . . . . . . . . . 2. Beratungsmängel, Falschlieferung, Fehlen vereinbarter Eigenschaften . . . 3. Ausschluss von Rückrufkosten . . . . 4. Übersicht über die Bausteine des ProdHM . . . . . . . . . . . . . . . . II. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mangelbegriff . . . . . . . . . . . . . a) Sachmangel . . . . . . . . . . . . b) Mangelverdachtsfälle . . . . . . . 2. Erzeugnis, Produkt, Gesamtprodukt . . III. Deckung für mehrstufige Verarbeitung . . B. Personen- oder Sachschäden aufgrund von Sachmängeln infolge Fehlens von vereinbarten Eigenschaften (Ziff. 4.1 ProdHM) C. Verbindungs-, Vermischungs- und Verarbeitungsschäden (Ziff. 4.2 ProdHM) . I. Haftung für Verbindungs-, Vermischungs- und Verarbeitungsschäden . . II. Versicherung von Verbindungs-, Vermischungs- und Verarbeitungsschäden . . 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.2.1 ProdHM) . . . . . . . . . a) Mangelhaftes Erzeugnis . . . . . . b) Verbindung, Vermischung und Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . aa) Auslegung . . . . . . . . . . . bb) Verbindung . . . . . . . . . . cc) Vermischung . . . . . . . . . . dd) Verarbeitung . . . . . . . . . . 2. Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.2.2 ProdHM) . . . . . . . . . a) Vorbemerkungen . . . . . . . . . .
1 1 1 5 7 8 9 9 9 11 14 17
18 20 20 23 23 23 24 25 30 31 32 33 33
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Rn. b) Beschädigung oder Vernichtung anderer Produkte (Ziff. 4.2.2.1 ProdHM) . . . . . . c) Kosten der Herstellung des Gesamtprodukts (Ziff. 4.2.2.2 ProdHM) . d) Kosten der Nachbearbeitung des Gesamtprodukts und andere Schadensbeseitigungskosten (Ziff. 4.2.2.3 ProdHM) . . . . . . aa) Nachbearbeitung . . . . . . . bb) Andere Schadensbeseitigung . . cc) Versicherte Schadenspositionen dd) Rechtlich gebotene und wirtschaftlich zumutbare Nachbearbeitung oder andere Schadensbeseitigung . . . . . . (1) Anwendungsbereich . . . . . . (2) Rechtliche Gebotenheit und wirtschaftliche Zumutbarkeit der Nachbearbeitung . . . . . (a) Weiterveräußertes Gesamtprodukt . . . . . . . . . . . . (b) Gesamtprodukt noch beim Hersteller . . . . . . . . . . . (c) Nicht behebbarer Mangel . . . (d) Kosten der Nachbearbeitung übersteigen Neuherstellungskosten . . . . . . . . . . . . . (e) Neuherstellungskosten übersteigen Kosten der Nachbearbeitung . . . . . . . . . . . . (f) Berücksichtigung von Folgeschäden . . . . . . . . . . . . ee) Berücksichtigung des Erfüllungsbereiches . . . . . . . . . ff) Ausschluss von Rückrufkosten . . . . . . . . . . . . .
37 38
42 43 44 45
46 46
48 49 50 51
52
53 54 55 57
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e) Weitere Vermögensnachteile (Ziff. 4.2.2.4 ProdHM) . . . . . . aa) Veräußerung des Gesamtproduktes nicht oder nur mit Preisnachlass möglich . . . . . . . (1) Unveräußerlichkeit des Gesamtprodukts . . . . . . . . . . . (2) Veräußerlichkeit des Gesamtprodukts mit Preisnachlass . . bb) Begriff des weiteren Vermögensnachteils . . . . . . . . . . . cc) Vertragsstrafe als weiterer Vermögensnachteil? . . . . . . . dd) Berücksichtigung des Erfüllungsbereichs . . . . . . . . . f) Produktionsausfallkosten (Ziff. 4.2.2.5 ProdHM) . . . . . . aa) Begriff des Produktionsausfalls bb) Infolge der Mangelhaftigkeit der Gesamtprodukte . . . . . Weiterver- oder -bearbeitungsschäden (Ziff. 4.3 ProdHM) . . . . . . . . . . . Haftung für Weiterver- oder -bearbeitungsschäden . . . . . . . . . . . . . . Versicherung von Weiterver- oder -bearbeitungsschäden . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.3.1 ProdHM) . . . . . . . . . a) Mangelhaftes Errzeugnis . . . . . b) Weiterver- oder -bearbeitung . . . 2. Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.3.2 ProdHM) . . . . . . . . . a) Vorbemerkungen . . . . . . . . . b) Kosten der Weiterverarbeitung oder Weiterbearbeitung (Ziff. 4.3.2.1 ProdHM) . . . . . . c) Nachbearbeitungskosten (Ziff. 4.3.2.2 ProdHM) . . . . . . d) Weitere Vermögensnachteile (Ziff. 4.3.2.3 ProdHM) . . . . . . Aus- und Einbaukosten (Ziff. 4.4 ProdHM) . . . . . . . . . . . Haftung für Aus- und Einbaukosten . . Versicherung von Aus- und Einbaukosten 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.4.1 ProdHM) . . . . . . . . . a) Austausch . . . . . . . . . . . . . b) Kostengünstigere Ersatzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung zu Ziff. 4.2 ProdHM 2. Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.4.2 ProdHM) . . . . . . . . . a) Vorbemerkungen . . . . . . . . . b) Austauschkosten (Ziff. 4.4.2.1 ProdHM) . . . . . . aa) Austausch des mangelhaften Erzeugnisses . . . . . . . . . (1) Kosten des Austausches des Erzeugnisses als Ganzes . . . . (2) Zweitaustausch . . . . . . . . (3) Versicherte Schadenspositionen
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58
59 59 61 62 64 67 68 69 70 72 72 74 74 74 76 79 79
80 84 85 86 86 91 91 92 99 101 102 102 107 107 107 109 110
Rn. bb) Berücksichtigung des Erfüllungsbereichs . . . . . . . . . c) Transportkosten (Ziff. 4.4.2.2 ProdHM) . . . . . . 3. Nacherfüllungsansprüche (Ziff. 4.4.3 ProdHM) . . . . . . . . . 4. Ausschlüsse (Ziff. 4.4.4 ProdHM) . . a) Eigenmontage (Ziff. 4.4.4.1 ProdHM) . . . . . . b) Kfz-, Schienen- und Wasserfahrzeugteile (Ziff. 4.4.4.2 ProdHM) . c) Ausschluss von Rückrufkosten (Ziff. 4.4.4.3 ProdHM) . . . . . . 5. Fakultative Deckungserweiterung der Ziff. 4.4 ProdHM: Aus- und Einbaukosten beim Einzelteileaustausch und Reparaturkosten . . . . . . . . . . . a) Fakultative Deckungserweiterung . b) Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.4.5 ProdHM) . . . . . . . aa) Kosten des Einzelteileaustausches (Ziff. 4.4.5.1 ProdHM) bb) Mangelbeseitigungskosten (Ziff. 4.4.5.2 ProdHM) . . . c) Ausschlüsse . . . . . . . . . . . d) Beschränkung auf kostengünstigste Maßnahme (Ziff. 4.4.6 ProdHM) . . . . . . . . . . . . . e) Berücksichtigung des Erfüllungsbereichs . . . . . . . . . . . . . F. Schäden durch mangelhafte Maschinen (fakultativ)(Ziff. 4.5 ProdHM) . . . . . I. Haftung für Schäden durch mangelhafte Maschinen . . . . . . . . . . . . . . . II. Versicherung von durch mangelhafte Maschinen verursachte Schäden . . . . . 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.5.1 ProdHM) . . . . . . . . . a) Mangelhafte Herstellung, Lieferung, Montage oder Wartung einer Maschine . . . . . . . . . . . . . aa) Begriff der Maschine . . . . . (1) Legaldefinition in § 2 der 9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz . . . . . (2) Vorrichtungen zum Zählen, Messen oder Prüfen . . . . . . bb) Herstellung, Lieferung, Montage oder Wartung einer Maschine . . . . . . . . . . . (1) Maschine als Ganzes . . . . . (2) Maschinenteile . . . . . . . . (3) Mangelhaftigkeit der Herstellung, Lieferung oder Montage der Maschine . . . . . . . . . b) Mangelhafte Produkte infolge mangelhafter Herstellung, Lieferung, Montage oder Wartung der Maschine . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung zu Ziff. 4.2 bis 4.4 ProdHM . . . . . . . . . . .
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114 115 119 122 123 124 128
129 129 130 130 131 133
134 137 138 138 140 141
142 142
142 146
150 150 153
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156 160
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Rn. 2. Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.5.2 ProdHM) . . . . . . . . . a) Vorbemerkungen . . . . . . . . . b) Beschädigung oder Vernichtung anderer Produkte (Ziff. 4.5.2.1 ProdHM) . . . . . . c) Nutzlose Herstellungskosten (Ziff. 4.5.2.2 ProdHM) . . . . . . d) Kosten der Nachbearbeitung und andere Schadensbeseitigungskosten (Ziff. 4.5.2.3 ProdHM) . . . . . . e) Weitere Vermögensnachteile (Ziff. 4.5.2.4 ProdHM) . . . . . . f) Produktionsausfall (Ziff. 4.5.2.5 ProdHM) . . . . . . g) Mittelbare Schäden (Ziff. 4.5.2.6 ProdHM) . . . . . . G. Prüf- und Sortierkosten (fakultativ) (Ziff. 4.6 ProdHM) . . . . . . . . . . . I. Haftung für Schäden infolge der Überprüfung von Produkten . . . . . . . . . II. Versicherung von Schäden infolge der Überprüfung von Produkten . . . . . . 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.6.1 ProdHM) . . . . . . . . .
161 161
165 166
167 170 171 173 174 174 178
Rn. a) Bestehen von Versicherungsschutz nach Ziff. 4.2 ff. ProdHM . . . . b) Mangelhaftigkeit einzelner Produkte . . . . . . . . . . . . . c) Zu befürchtende gleiche Mängel an gleichartigen Produkten . . . . . . aa) Gleiche Mängel . . . . . . . . bb) Gleichartiges Produkt . . . . . cc) Nachweisbare Tatsachen, insb. Stichprobenbefund . . . . . . (1) Ausreichender Stichprobenbefund . . . . . . . . . . . . (2) Sonstige nachweisbare Tatsachen . . . . . . . . . . . . d) Überprüfungszweck . . . . . . . . 2. Versicherte Schadenspositionen . . . . a) Prüf- und Sortierkosten (Ziff. 4.6.2 ProdHM) . . . . . . . b) Kostenabwägung (Ziff. 4.6.3 ProdHM) . . . . . . . 3. Prüf- und Sortierkosten im Rahmen der Nacherfüllung (Ziff. 4.6.4 ProdHM) . 4. Ausgrenzung des Rückrufkostenrisikos (Ziff. 4.6.5 ProdHM) . . . . . . . . .
178 180 181 183 184 187 188 191 192 193 193 196 200 201
178
A. Abgrenzungen und Erweiterungen des Versicherungsschutzes I. Systematik und Aufbau von Ziff. 4 ProdHM 1. Enumerationsprinzip Ziff. 4.1 ProdHM erweitert den bereits nach Ziff. 1.1 ProdHM gewährten Ver- 1 sicherungsschutz für Personen-, Sach- und daraus entstandene weitere Schäden – insoweit abweichend von Ziff. 1.1 AHB und abweichend von Ziff. 1.2 und 7.3 AHB – auf die Fälle, in denen der VN wegen einer Beschaffenheitsgarantie verschuldensunabhängig haftet (Ziff. 1 ProdHM Rn. 2). Darüber hinaus werden echte Vermögensschäden, d.h. Schäden, die nicht auf einem Personen- oder Sachschaden beruhen, ausschnittsweise im Rahmen der in Ziff. 4 ProdHM enumerativ aufgeführten Deckungsbausteine versichert. Nach Ziff. 4.2 bis 4.4 ProdHM sind zum einen nur bestimmte Produktionsvorgänge 2 (Verbindung, Vermischung, Verarbeitung, Weiterver- oder -bearbeitung, Aus- und Einbau fehlerhafter Erzeugnisse) und zum anderen nur bestimmte Schadenspositionen (Herstellungskosten, Nachbesserungs-/Schadenbeseitigungskosten, entgangener Gewinn und Produktionsausfall) versichert, deren Ersatz der VN als Hersteller oder Lieferant des mangelhaften Erzeugnisses seinem Abnehmer schuldet. Gleiches gilt für die fakultativen Deckungsbausteine Ziff. 4.5 ProdHM (Schäden durch mangelhafte Maschinen) und Ziff. 4.6 ProdHM (Prüf- und Sortierkosten). Die Schäden müssen also auf im Versicherungsvertrag bestimmte Ursachen zurückzuführen sein, allein der betriebliche Zusammenhang genügt nicht. Insoweit folgt das ProdHM für die Deckung von Vermögensschäden nicht dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Prinzip der Allgefahrendeckung. Für Schadensersatzansprüche, die nicht auf den Ersatz von versicherten Schadenspositionen gerichtet sind, besteht keine Deckung.
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3
Welche Bausteine im Einzelnen benötigt werden, hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Erzeugnisse des VN in oder ohne Verbindung mit anderen Produkten weiterverarbeitet, eingebaut oder verlegt werden können. Soweit Erzeugnisse des VN mehrere Fertigungsstufen unterschiedlicher Art bei Abnehmern durchlaufen können, darf nicht nur die nächste Verarbeitungsstufe betrachtet, sondern müssen auch die möglichen weiteren Verwendungen der damit erzeugten Produkte in die Betrachtung einbezogen werden. Da die Verarbeitungs- und Verwendungsmöglichkeiten eines Produkts in der Praxis oftmals nicht im Vorhinein bestimmbar und zudem die Übergänge zwischen manchen Bausteinen fließend sind, entspricht es der gängigen Praxis, dass zumindest die Deckungsbausteine Ziff. 4.2 bis 4.4 ProdHM en bloc von den VR angeboten und von den Unternehmen versichert werden.1 Lediglich die im ProdHM als „fakultativ“ bezeichneten Bausteine Ziff. 4.5 und Ziff. 4.6 ProdHM werden erst nach einer Bedarfsprüfung versichert.2 Zu beachten ist, dass nach dem ProdHM zwar Deckungssumme und Selbstbehalt für 4 alle Teile der Produkthaftpflichtdeckung identisch sind, in der Praxis jedoch für die Deckungsbausteine gem. Ziff. 4.2 ff. ProdHM häufig höhere Selbstbehalte und niedrigere Deckungssummen vereinbart werden als für die Deckung von Sach- und Personenschäden im Rahmen von Ziff. 1.1 und 4.1 ProdHM.3 2. Beratungsmängel, Falschlieferung, Fehlen vereinbarter Eigenschaften
5
Gemeinsames Merkmal der Bausteine Ziff. 4.2 bis 4.5 ProdHM ist, dass „Mängel bei der Beratung über die An- oder Verwendung der vom Versicherungsnehmer hergestellten oder gelieferten Erzeugnisse sowie Falschlieferungen [.] Mängeln in der Herstellung oder Lieferung gleich[stehen]“.
Bei dieser Deckungserweiterung handelt es sich bloß um eine Annexdeckung, da das ProdHM nicht auf die reine Beratungstätigkeit zugeschnitten ist, sondern auf die „begleitende“ Beratung im Zusammenhang mit einer Warenlieferung.4 Darüber hinaus besteht im Rahmen der Bausteine Ziff. 4.1 bis 4.5 ProdHM – Ver6 sicherungsschutz „für auf Sachmängeln beruhende Schadensersatzansprüche Dritter im gesetzlichen Umfang, wenn der Versicherungsnehmer auf Grund einer Vereinbarung mit seinem Abnehmer über bestimmte Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen dafür verschuldensunabhängig einzustehen hat, dass diese bei Gefahrübergang vorhanden sind“.5
Zu dieser Erweiterung kann auf die Kommentierung zu Ziff. 1 ProdHM Rn. 2 verwiesen werden. 3. Ausschluss von Rückrufkosten
7
Soweit Schadensersatzansprüche auf den Ersatz von Kosten gerichtet sind, die im Zusammenhang mit einem Rückruf von Erzeugnissen geltend gemacht werden, besteht keine Deckung.6 1
2 3
Vgl. GDV-Erläuterungen 57; Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 71; Krause NVersZ 2001 103, 104; Klinkhammer VP 2000 143, 150. Vgl. Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 27. Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.544.
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4 5 6
Vgl. GDV-Erläuterungen 54; Langheid/Wandt/ Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 80. Vgl. Ziff. 4.2.1 S. 3, 4.3.1 S. 3, 4.4.1 S. 3, 4.5.1 S. 2 ProdHM. Vgl. Kommentierung zu Ziff. 4.2.2.3, 4.2.2.4, 4.3.2.2, 4.3.2.3, 4.4.4.3, 4.6.5 und zu Ziff. 6.2.8 ProdHM.
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4. Übersicht über die Bausteine des ProdHM7
8
falkultativ: Prüf- und Sortierkosten (Nr. 4.6)
falkultativ: Einzelteileaustausch- und Reparaturkosten (Nr. 4.4.5, 4.4.6)
Verbindungs-, Vermischungsund Verarbeitungsschäden (Nr. 4.2)
falkultativ: Schäden durch mangelhafte Maschinenteile (Steuerungselemente)
Weiterver-/ -bearbeitungsschäden (Nr. 4.3)
falkultativ: Umpackkosten durch mangelhafte Verpackungsmaschine
Austauschkosten (Nr. 4.4)
falkultativ: Schäden durch mangelhafte Maschinen (Nr. 4.5)
Personen-, Sach- und Vermögensfolgeschäden infolge Fehlens zugesicherter Eigenschaften (Nr. 4.1)
Personenschäden, Sachschäden und daraus entstandene weitere Schäden (Vermögensfolgeschäden) (Nr. 1.1, 1.2)
II. Terminologie 1. Mangelbegriff a) Sachmangel. Das ProdHM bedient sich, soweit es um die Haftung als Vorausset- 9 zung der Deckung geht, weitgehend der Terminologie des BGB zum Sachmängelrecht (Sachmangel, Gleichstellung der Falschlieferung mit Mängeln in der Herstellung oder Lieferung, vgl. § 434 Abs. 3 BGB). Eine ausdrückliche Beschränkung auf Sachmängel findet sich allerdings nur in Ziff. 4.1 ProdHM. In Ziff. 4.2.1, 4.3.1 und 4.4.1 ProdHM ist dagegen nur die Rede von „mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen“, sodass dort auch Deckung für Erzeugnisse besteht, die mit einem Rechtsmangel i.S.v. § 435 BGB (z.B. gewerbliches Schutzrecht) behaftet sind. Jedoch schließt Ziff. 6.2.2 ProdHM Ansprüche vom Versicherungsschutz aus, die daraus hergeleitet werden, dass gelieferte Sachen oder Arbeiten einen Rechtsmangel aufweisen. Mängel bei der Beratung über die An- oder Verwendung einer Sache können ebenfalls 10 einen Sachmangel begründen, wenn der Käufer dem Verkäufer (VN) die intendierte Verwendung mitgeteilt hat und auf der Grundlage der Empfehlungen des Verkäufers eine nur scheinbar geeignete Sache auswählt (vgl. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB).8 Soweit dies
7 8
Vgl. Ermert/Zölch 156. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 79.
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nicht der Fall ist, haftet der Veräußerer dem Erwerber auf Schadensersatz aus einer schuldhaften Beratungspflichtverletzung, sei es im Rahmen eines selbstständigen Beratungsvertrages (§ 280 Abs. 1 BGB) oder eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB).9
11
b) Mangelverdachtsfälle. Fraglich ist, ob auch der bloße Mangelverdacht von Ziff. 4.2 ff. ProdHM erfasst wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist anerkannt, dass der hinreichend konkrete Verdacht eines Sachmangels, ohne dass er als solcher feststeht, bereits die Voraussetzungen von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB erfüllen kann. So hat die Rechtsprechung einen Sachmangel bejaht, wenn konkrete Tatsachen den naheliegenden Verdacht begründen, dass die zum Weiterverkauf gelieferte Ware nicht verkehrsfähig ist.10 Das LG Aachen hat in seinem Urteil vom 24.6.201011 einen Sachmangel bejaht, weil der objektive Verdacht bestand, dass im Rahmen der Fertigung mängelbehaftete Feuerwehrstiefel produziert worden waren, und somit allen Stiefeln desselben Typs Mängel anhaften konnten.12 Somit kommen Haftpflichtansprüche des Abnehmers gegen den VN wegen der Lieferung von Erzeugnissen, die mit einem Mangelverdacht belastet sind, grundsätzlich in Betracht. Gleichwohl soll nach ganz überwiegender Ansicht der Literatur keine Deckung im 12 Rahmen der Ziff. 4.2 ff. ProdHM für Schadensersatzansprüche bestehen, die aus dem Verdacht der Mangelhaftigkeit des vom VN gelieferten Erzeugnisses resultieren. Begründet wird dies damit, dass der bloße Mangelverdacht keine vom Wortlaut der Ziff. 4.2 ff. ProdHM erfasste Mangelhaftigkeit sei.13 Dies gehe außerdem aus den GDV-Erläuterungen zu den einzelnen Bausteinen hervor. Zudem sei für den Mangelverdacht eine gesonderte fakultative Deckungsmöglichkeit (Ziff. 4.6 ProdHM) vorgesehen.14 Diese Begründung überzeugt nicht, weil sie mit den AGB-rechtlichen Auslegungs13 grundsätzen nicht in Einklang zu bringen ist. Bei dem Begriff des Mangels handelt es sich erstens – wie zuvor festgestellt – um einen Begriff der Rechtssprache, der im Hinblick auf die in der Haftpflichtversicherung angestrebte Kongruenz zwischen Haftung i.S.d. § 434
9 10
Vgl. OLG Saarbrücken 2.2.2011 BeckRS 2011 03886. BGH 7.2.2003 NJW-RR 2003 772 f. – Hausschwammverdacht; BGH 23.11.1988 NJW 1989 218, 219/220 – Verdacht der Gesundheitsgefährdung; BGH 14.6.1972 NJW 1972 1462, 1463; BGH 16.4.1969 NJW 1969 1171 f. – Verdacht der Gesundheitsgefährdung; BGH 20.6.1968 WM 1968 1220, 1221 – Hausschwammverdacht; BGH 16.4.1969 BGHZ 52 51, 54 f. – Salmonellenverdacht; vgl. auch zum internationalen Warenkauf – Verdacht auf Dioxinbelastung bei Schweinefleisch – BGH NJW-RR 2005 1218, 1219 f.; OLG Hamm 9.2.2012 BeckRS 2012 05285 – Verdacht, dass die betriebswesentlichen Bauteile des Fahrzeugs durch die Vorbenutzung im getunten Zustand übermäßig verschlissen sind; OLG Karlsruhe 25.6.2008 NJW-RR 2009 134 f. – Verdacht
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11 12
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14
einer Gesundheitsgefährdung durch zum menschlichen Verzehr nicht geeigneten Fleisch; zum „Verdacht“ eines Mangels bei Kaufverträgen über Pkw OLG Namburg 6.11.2008 OLGR 2009 284, 285 (Verdacht eines weitergehenden Mangels oder Schadens im Motorbereich eines Kfz). LG Aachen 24.6.2010 zitiert nach juris. Vgl. auch OLG Düsseldorf 14.12.2012 NJOZ 2013 924, 925 f. (Verdacht bei Medikament begründet Rechtsmangel). Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 73, 98; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Schneider § 25 Rn. 24; Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 32; v. Bühren/Lenz § 12 Rn. 76; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.4 Rn. 3. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 73.
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BGB zu verstehen ist.15 Zweitens spielen die Erläuterungen des Musterbedingungsgebers bei der Auslegung des Mangelbegriffs keine Rolle, soweit sie dem VN nicht vor Vertragsschluss vorgelegt worden sind. Drittens kann der VN der Tatsache, dass fakultativ ein Deckungsbaustein wegen Kosten der Vorsortierung und Überprüfung der Produkte mit Mangelverdacht angeboten wird, im Umkehrschluss nicht zwingend entnehmen, dass für auf einem Mangelverdacht beruhende Schadensersatzansprüche, die nicht auf den Ersatz von Prüf- und Vorsortierkosten gerichtet sind, keine Deckung besteht. Es ist deshalb bei den nach Ziff. 4.2 bis 4.5 ProdHM versicherten Schadenspositionen jedes einzelnen Bausteins zu prüfen, ob der Versicherungsschutz auch bei solchen Erzeugnissen des VN, Produkten, die Erzeugnisse des VN enthalten, oder bei Gesamtprodukten eingreift, die lediglich mit Mangelverdacht behaftet sind. 2. Erzeugnis, Produkt, Gesamtprodukt Auf der Ebene der Deckung unterscheiden die Bausteine Ziff. 4.2 bis 4.5 ProdHM 14 zwischen „Erzeugnis“, „Produkt“ und „Gesamtprodukt“.16 Mit dem Begriff „Erzeugnis“ ist jeweils das vom VN herrührende Teil gemeint (bei Ziff. 4.5 ProdHM muss es sich um eine Maschine des VN handeln). Nach allgemeinem Sprachgebrauch sowie Sinn und Zweck des ProdHM sind nur Waren, d.h. bewegliche Sachen, die Gegenstand des Handelsverkehrs sind, als „Erzeugnis“ anzusehen (vgl. Ziff. 1 ProdHM Rn. 9 f.). Der Begriff „Produkt“ bezieht sich auf Sachen von Dritten, die Erzeugnisse des VN 15 enthalten oder seitens des Herstellers in den Verarbeitungsprozess eingebracht oder von ihm mittels einer vom VN hergestellten, gelieferten, montierten oder gewarteten Maschine produziert, be- oder verarbeitet worden sind. Der Begriff „Gesamtprodukt“ bezieht sich auf das Ergebnis des Verarbeitungsprozes- 16 ses von Erzeugnissen mit Produkten.17 Dabei muss es sich nicht um ein Endprodukt handeln, vielmehr kann es auch ein Zwischenprodukt sein, das weiteren Produktionsprozessen unterzogen wird.18 Da die Haftung des VN für die Folgen der Mangelhaftigkeit seines Erzeugnisses nicht mit dessen Einbau in einen anderen Gegenstand oder dessen Verwendung für die Herstellung eines (End-)Produkts erlischt, fallen unter den Begriff „Produkt“/„Gesamtprodukt“ nicht nur andere bewegliche, sondern auch unbewegliche Sachen, deren wesentlicher Bestandteil das Erzeugnis geworden ist.19
III. Deckung für mehrstufige Verarbeitung Mit der Einbeziehung von Erzeugnissen des VN, die in Produkten Dritter enthalten 17 sind, werden mehrstufige Verarbeitungsprozesse erfasst.20 Hierdurch wird sichergestellt, dass nicht nur Deckung für die beim unmittelbaren Abnehmer (= Gesamtprodukthersteller) entstandenen Schäden gewährt wird, sondern auch für die Schäden derjenigen, die das Gesamtprodukt wiederum verbunden, eingebaut etc. haben, und für deren Ersatz der VN über die Regresskette Abnehmer des Gesamtprodukts – Hersteller des Gesamtpro-
15 16 17
Vgl. Produkthaftungshandbuch3/Mühlbauer § 71 Rn. 5. Vgl. zur neuen Terminologie Nickel VW 2005 1652; Nickel/Nickel-Fiedler 25. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 74.
18 19
20
Ermert/Zölch 135. Vgl. GDV-Erläuterungen 60; Prölss/Martin/ Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 2; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Schneider § 25 Rn. 24. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 76.
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dukts haftet. Hiervon ausgenommen sind nur die Schadenspositionen der Ziff. 4.2.2.5 und 4.5.2.5 ProdHM. Beispiel: 21 Der VN liefert Farbe an eine Stofffabrik, die damit Stoffe für Polstermöbel einfärbt und diese Stoffe an einen Hersteller von Polstermöbeln verkauft. Nach der Fertigstellung der Polstermöbel stellt sich heraus, dass die Möbelstoffe infolge eines Fehlers der Farbe abfärben. Die Polstermöbel sind unbrauchbar.
Für die Schadensersatzansprüche des Herstellers der Polstermöbel gegen den Stoffhersteller, für die der VN gegenüber dem Stoffhersteller gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB haftet, besteht im Rahmen von Ziff. 4.2 ProdHM (Ziff. 4.2.2.1 bis 4.2.2.4 ProdHM) Versicherungsschutz. Für die Schadensposition „Produktionsausfall“ (Ziff. 4.2.2.5 ProdHM) des Polstermöbelherstellers besteht hingegen keine Deckung, da er nicht Abnehmer des VN ist.
B. Personen- oder Sachschäden aufgrund von Sachmängeln infolge Fehlens von vereinbarten Eigenschaften (Ziff. 4.1 ProdHM) 18
Über die AHB-Deckung hinausgehend bezieht Ziff. 4.1 ProdHM Ansprüche wegen Personen- oder Sachschäden und daraus entstandener weiterer Schäden in den Versicherungsschutz ein, für die der VN mit seinem Abnehmer aufgrund einer Beschaffenheitsgarantie i.S.v. §§ 442, 444, 445 i.V.m. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB verschuldensunabhängig einzustehen hat.22 Wie bei Ziff. 1.1 S. 1 AHB besteht Deckung nur für Schadensersatzansprüche „im gesetzlichen Umfang“. Frei vereinbarte Rechtsfolgen, wie z.B. pauschalierter Schadensersatz bei einer be19 stimmten Anzahl fehlerhafter Erzeugnisse, sind ebenso wenig versichert wie Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie i.S.v. § 443 Abs. 1 BGB (vgl. auch Ziff. 7 AHB Rn. 67 ff.). Haltbarkeitsgarantien scheiden auch deshalb aus, weil sich Ziff. 4.1 ProdHM nur auf Vereinbarungen erstreckt, die sich auf das Vorhandensein von Eigenschaften bei Gefahrübergang beziehen (vgl. Ziff. 1 ProdHM Rn. 2).23 Beispiel:24 Der VN stellt Kunststofffolien her, die ihrer Art nach für verschiedene Zwecke geeignet sind. Auf Anfrage eines Kunden erklärt er ausdrücklich, dass die Folien geschmacksneutral und deshalb auch für die Verpackung von Lebensmitteln geeignet seien. Die Lebensmittel nehmen jedoch den Geschmack des Kunststoffes an und sind deshalb nicht mehr zu verwerten. Für die Schadensersatzansprüche des Kunden besteht Versicherungsschutz nach Ziff. 4.1 ProdHM.
21 22
23
Nach Ermert/Zölch 136. Vgl. OLG Frankfurt/M. 29.11.2006 BeckRS 2011 09468; Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt, BGH 26.9.2007 BeckRS 2007 16081. Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.1
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24
Rn. 2; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 63; Thürmann PHi Jubiläumsausgabe 2002 24, 27 ff.; Zölch PHi 2002 236, 239. Nach Ermert/Zölch 132.
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C. Verbindungs-, Vermischungs-, Verarbeitungsschäden (Ziff. 4.2 ProdHM) I. Haftung für Verbindungs-, Vermischungs- und Verarbeitungsschäden Ziff. 4.2 ProdHM regelt den Sachverhalt, dass der VN ein mangelhaftes Erzeugnis 20 hergestellt oder geliefert hat, welches ein anderes Unternehmen (= Hersteller des Gesamtprodukts) mit anderen Produkten aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen zu einem mangelhaften Gesamtprodukt verbunden, vermischt oder verarbeitet hat. Der Mangel des Gesamtprodukts wird vom Hersteller erst nach dem Herstellungsprozess erkannt. Der Mangel macht das Gesamtprodukt unveräußerlich, sodass die Herstellungskosten rückblickend nutzlos erbracht wurden. Beispiel:25 Der VN liefert Speicherchips mit fehlerhaft arbeitenden Transistoren aus. Der Abnehmer (= Hersteller von Steuergeräten) lötet diese mit anderen Bestandteilen auf Leiterplatten auf, überzieht die Platinen sodann mit einem Schutzlack und baut sie in Steuergeräte ein, die zur Herstellung von Pkw-Zentralverriegelungen dienen. Erst nach dem Einbau stellt er fest, dass es zu Ausfällen bei den Steuergeräten infolge der mangelhaften Transistoren kommen kann. Sie sind somit für den Einbau in Zentralverriegelungen untauglich. Die vom Abnehmer zum Zusammenbau der Steuergeräte verwandten fehlerfreien Bauelemente lassen sich von den Speicherchips nicht mehr trennen und sind folglich unbrauchbar.
Der Hersteller der Steuergeräte hat – Verschulden des VN vorausgesetzt – wegen der 21 Verletzung des Eigentums an den mangelfreien Zutaten, die infolge der untrennbaren Verbindung eingetreten ist, vertragliche Ansprüche gem. §§ 437 Nr. 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB sowie deliktische Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB auf Ersatz aller Schäden, die auf der Eigentumsverletzung an den Zutaten beruhen. Daneben schuldet der VN dem Hersteller gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB Ersatz 22 der Herstellungskosten der Gesamtprodukte (Steuerungsgeräte), der Kosten ihrer Nachbesserung, des entgangenen Gewinns und des Produktionsausfalls wegen der Mangelhaftigkeit des Gesamtprodukts. Falls weitere Vermögensnachteile wie z.B. zusätzliche Lageroder Vernichtungskosten durch die Unveräußerlichkeit (hierzu sogleich Rn. 59 ff.) der Endprodukte entstanden sind, gehören auch diese Kosten zum ersatzfähigen Schaden. Da diese Schadenspositionen nicht Folge der Eigentumsverletzung am mangelfreien Ausgangsmaterial sondern der von Anfang an bestehenden Mangelhaftigkeit des Gesamtprodukts sind, sind sie nicht nach § 823 Abs. 1 BGB ersatzfähig.
II. Versicherung von Verbindungs-, Vermischungsund Verarbeitungsschäden 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.2.1 ProdHM) a) Mangelhaftes Erzeugnis. Die Anwendung von Ziff. 4.2 ProdHM hat im Ausgangs- 23 punkt stets das Vorhandensein zweier Sachen, nämlich des mangelhaften Erzeugnisses des VN und des Produktes eines Dritten im Zeitpunkt der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung zur Voraussetzung. Entsprechend heißt es in Ziff. 4.2.1 ProdHM „Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung von mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen mit anderen Produkten“. Im Übrigen stehen gem. Ziff. 4.2.1 S. 3 ProdHM
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Nach BGH 31.3.1998 BGHZ 138 230, 231 = VersR 1998 855 – Transistor.
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– wie in den insoweit parallelen Regelungen in Ziff. 4.3, 4.4 und 4.5 ProdHM – Mängel bei der Beratung über die An- und Verwendung sowie Falschlieferungen den Mängeln bei der Herstellung oder Lieferung des VN-Erzeugnisses gleich.
24
b) Verbindung, Vermischung und Verarbeitung. Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses Bausteins ist, dass aus der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung eine neue Sache (= Gesamtprodukt) entstanden ist.
25
aa) Auslegung. Die Begriffe „Verbindung“, „Vermischung“ und „Verarbeitung“ in Ziff. 4.2.1 ProdHM werden in Ziff. 4.2.2 ProdHM nicht näher erläutert. Klarheit über die Auslegung bringen auch nicht die anderen Deckungsbausteine. Teile der Literatur sprechen sich für einen Rückgriff auf §§ 946 ff. BGB aus.26 Nach mehrheitlicher Ansicht können die §§ 946 ff. BGB jedoch allenfalls als „Hilfserwägung“ dienen, weil die dortigen Begriffe in anderem Regelungszusammenhang (eigentumsrechtliche Zuordnung) verwendet würden.27 Maßgebend sei eine „wirtschaftliche Betrachtung“.28 Ein Rückgriff auf die §§ 946 ff. BGB hätte nach den Grundsätzen der Auslegung von 26 AGB zweierlei zur Voraussetzung. Erstens müsste die Rechtssprache mit den dort verwendeten Ausdrücken „Verbindung“, „Vermischung“ und „Verarbeitung“ einen fest umrissenen Begriff verbinden, weil nur dann im Zweifel anzunehmen ist, dass auch die AVB darunter nichts anderes verstehen wollen.29 Zweitens dürfte das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache nicht deutlich abweichen oder sich aus dem Sinnzusammenhang der AVB etwas anderes ergeben.30 Dafür, dass es sich bei den Ausdrücken „Verbindung“, „Vermischung“ und „Verarbei27 tung“ um fest umrissene Begriffe der Rechtssprache handelt, sprechen die amtlichen Überschriften der §§ 946 ff. BGB. Da diese Ausdrücke Realakte beschreiben, dürften sie auch mit dem allgemeinen Sprachverständnis weitgehend übereinstimmen, sodass sich eine von §§ 946 ff. BGB abweichende Auslegung nur aus dem Sinnzusammenhang des ProdHM ergeben könnte. Dafür bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Für eine sachenrechtlich orientierte Auslegung spricht ferner, dass auch Ziff. 4.2 28 ProdHM zur Voraussetzung hat, dass eine neue Sache („Gesamtprodukt“) entsteht.31
26
27
28 29
Produkthaftungshandbuch3/Mühlbauer § 71 Rn. 4; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 52 Rn. 12; Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 30; v. Bühren/Lenz § 12 Rn. 79; Littbarski ProdukthaftpflichtV Produkthaftpflichtversicherung Ziff. 4 Rn. 39; Nickel VersR 1990 702, 703. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 83; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 4; Schmidt-Salzer/ Hinsch Rn. 7.599; i.d.S. auch MAH/Stempfle § 15 Rn. 122; Späte ProdHM Rn. 26. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 4. BGH 29.10.2008 RuS 2009 107, 108 = VersR 2009 216; BGH 25.4.2007 RuS 2007 319, 320 = VersR 2007 939; BGH 17.1.2007 RuS 2007 154, 156 = VersR 2007 535; BGH
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5.7.1995 RuS 1995 332, 333 = VersR 1995 951. BGH 29.10.2008 RuS 2009 107, 109 = VersR 2009 216; BGH 17.1.2007 RuS 2007 154, 156 = VersR 2007 535; BGH 5.7.1995 RuS 1995 332, 333 = VersR 1995 951. Vgl. auch ÖOGH 24.9.2008 VersR 2009 1386, 1388 zu Art. 4.2.2. AHVB 1999 („Im vorliegenden Fall ist einem durchschnittlich versierten Versicherungsnehmer ein derartiges, der sachenrechtlichen Terminologie entsprechendes Verständnis der betreffenden Klausel doch zuzubilligen: Dies zum einen, weil die Gleichstellung der Begriffe Verbindung, Vermischung und Verarbeitung die Vorstellung einer untrennbaren Verbindung nahe legt; zum anderen auch deshalb, weil nach einhelliger Meinung (…) schon nach dem klaren Wortlaut der Klausel durch die
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Dies setzt in aller Regel wohl auch nach dem Verständnis eines durchschnittlich versierten VN einer Produkthaftpflichtversicherung ein dauerhaftes Sachganzes voraus, das nur durch eine entsprechend dauerhafte Verbindung aller wesentlichen Teile überhaupt existieren beziehungsweise funktionieren kann. Im Hinblick auf das Erfordernis „zu einem Gesamtprodukt“ reicht für die Annahme 29 einer Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung jedoch ein vom Willen getragenes Verhalten des Herstellers nicht aus.32 Vielmehr muss die Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung gerade zum Zweck der Herstellung eines Gesamtprodukts vorgenommen werden.33 bb) Verbindung. Eine Verbindung liegt immer dann vor, wenn die Erzeugnisse des 30 VN wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks oder Bauwerks (§ 946 BGB) oder einer neuen einheitlichen beweglichen Sache (§ 947 BGB) werden. Dies beurteilt sich nach §§ 93, 94 BGB. Gem. § 93 BGB sind Bestandteile einer beweglichen Sache wesentlich, die von einander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird.34 Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören nach § 94 Abs. 1 BGB die mit Grund und Boden fest verbunden Sachen, insbesondere Gebäude. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören gem. § 94 Abs. 2 BGB die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen. cc) Vermischung. Vermischung i.S.v. § 948 BGB setzt voraus, dass bewegliche Sachen 31 miteinander untrennbar verbunden werden. Der Untrennbarkeit steht es dabei gleich, wenn die Trennung der vermischten Sachen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein würde. Vermischungen, die nur aufgrund einer gemeinsamen Lagerung oder zufällig entstehen, werden nicht von Ziff. 4.2. ProdHM erfasst, da hierdurch das Erfordernis „zu einem Gesamtprodukt“ nicht erfüllt wird.35 dd) Verarbeitung. Verarbeitung i.S.v. § 950 BGB liegt schließlich vor, wenn durch 32 eine bewusste menschliche oder menschlich gesteuerte Arbeitsleistung (Maschinenleistung) ein oder mehrere Stoffe verarbeitet oder umgebildet werden und dadurch eine neue beweglichen Sache hergestellt wird.36
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Verbindung (oder Vermischung oder Verarbeitung) eine Sache erst neu entstanden sein muss (,Sachen, die erst durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung von durch den Versicherungsnehmer gelieferten Produkten mit anderen Produkten entstehen‘)“); a.A. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 91 (Gesamtprodukt muss keine neue Sache sein). So aber für §§ 946 ff. BGB vgl. Staudinger/ Wiegand § 947 Rn. 3, § 948 Rn. 4, § 950 Rn. 8. Zu den unterschiedlichen Ansichten zu § 950 BGB vgl. MüKo-BGB/Füller § 950 Rn. 5; Bamberger/Roth/Kindl § 950 Rn. 4 (Herstel-
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lung muss nicht beabsichtigt sein); Erman/ Ebbing § 950 Rn. 5; Soergel/Henssler § 950 Rn. 5 (Herstellung muss beabsichtigt sein). Weitergehend Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 4 („Verbindung: Kleben, Schrauben, Nähen, Befüllen einer Flasche“). Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 84; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 38; Prölss/Martin/Voit/ Knappmann 27 ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 20; Schmidt-Salzer Rn. 7.556; a.A. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 5. Vgl. Palandt/Bassenge § 950 Rn. 2.
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2. Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.2.2 ProdHM)
33
a) Vorbemerkungen. Aus der Textierung von Ziff. 4.2.1 ProdHM, wonach nur Schadensersatzansprüche Dritter „infolge Mangelhaftigkeit von Gesamtprodukten“ gedeckt sind, folgt zum einen, dass Versicherungsschutz lediglich hinsichtlich der Mangelfolgeschäden besteht, nicht jedoch für den „eigentlichen“ Mangelschaden an den vom VN hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen. Zum anderen sind nach Ziff. 4.2.2 ProdHM „Schadensersatzansprüche“ gedeckt, weshalb für die sonstigen mangelbedingten Ansprüche des Herstellers auf Nacherfüllung, aus Minderung oder Rücktritt von vornherein kein Versicherungsschutz besteht.37 Zu beachten ist, dass im Rahmen der Ziff. 4.2.2.1 bis 4.2.2.4 ProdHM nicht nur 34 Schadensersatzansprüche des Vertragspartners (Abnehmer) des VN versichert sind, sondern auch Schadensersatzansprüche Dritter für Schäden, die im Zusammenhang mit der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung des vom VN gelieferten Erzeugnisses mit anderen Produkten entstehen und über die Regresskette Abnehmer des Gesamtprodukts – Hersteller des Gesamtprodukts den VN erreichen (s. Beispiel unter Rn. 56). Nur in Ziff. 4.2.2.5 ProdHM beschränkt sich der Versicherungsschutz auf Schäden des unmittelbaren Abnehmers des VN. Für Schadensersatzansprüche, die daraus resultieren, dass das Erzeugnis des VN mit 35 einem Mangelverdacht (Rn. 11 ff.) behaftet ist, besteht nur im Rahmen der Ziff. 4.2.2.2, Ziff. 4.2.2.4 und 4.2.2.5 ProdHM Deckung, da eine Beschädigung oder Vernichtung der anderen Produkte i.S.v. Ziff. 4.2.2.1 ProdHM nur durch tatsächlich mangelhafte Erzeugnisse in Betracht kommt. Nachbearbeitungskosten i.S.v. Ziff. 4.2.2.3 ProdHM fallen ebenfalls nur insoweit an, als das Gesamtprodukt tatsächlich mangelhaft ist. Ziff. 4.2.2.4 ProdHM ist dagegen auch beim Mangelverdacht anwendbar, soweit das Gesamtprodukt nicht oder nur mit einem Preisnachlass veräußert werden kann. Ein Produktionsausfall ist ebenfalls denkbar. Des Weiteren ist der Hinweis geboten, dass die Ziff. 4.2.2.1 bis 4.2.2.5 ProdHM 36 kumulativ nebeneinander angewendet werden können. Je nachdem, ob das Produkt unveräußerlich ist und deshalb verworfen werden muss oder der Nachbearbeitung zugänglich ist und ggf. mit Preisnachlass verkauft werden kann, kommen Ziff. 4.2.2.1 ProdHM (Kosten der Zutaten), 4.2.2.2 ProdHM (Herstellungskosten) und 4.2.2.4 Alt. 1 ProdHM (entgangener Gewinn) oder Ziff. 4.2.2.3 ProdHM (Nachbearbeitung) und 4.2.2.4 Alt. 2 ProdHM (Preisnachlass) in Betracht. Darüber hinaus kann Ziff. 4.2.2.5 ProdHM (Produktionsausfall) eingreifen, wenn das Gesamtprodukt mehrere Verarbeitungsstufen beim ersten Abnehmer durchlaufen soll, aber bereits nach Durchlaufen der ersten Stufe verworfen werden muss oder es während der Zeit der Nachbearbeitung zu einem Produktionsausfall kommt.38
37
b) Beschädigung oder Vernichtung anderer Produkte (Ziff. 4.2.2.1 ProdHM). Nach Ziff. 4.2.2.1 ProdHM besteht für Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung oder Vernichtung der anderen Produkte Versicherungsschutz, soweit hierfür nicht bereits Deckung nach Ziff. 1 oder 4.1 ProdHM besteht. Letzteres ist stets der Fall, wenn es infolge der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung zu Schäden an anderen für die Herstellung des Gesamtproduktes verwendeten Produkten gekommen ist, die unversehrt im Eigentum des VN standen. Für die Schadensersatzansprüche des Gesamtproduktherstellers wegen Eigentumsverletzung besteht bereits Versicherungsschutz nach Ziff. 1.1 37
Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.644.
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Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.694.
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ProdHM und – soweit der VN versprochen hat, verschuldensunabhängig für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen einzustehen – nach Ziff. 4.1 ProdHM. Ersetzt wird nur der Wert der beschädigten oder vernichteten Produkte, die mit dem Erzeugnis des VN verbunden, vermischt oder verarbeitet wurden. Für vertragliche oder deliktische Ansprüche, die auf den Ersatz von Folgeschäden an anderen Sachen des Herstellers gerichtet sind, besteht Deckung nach Ziff. 1 ProdHM oder Ziff. 4.1 ProdHM.39 c) Kosten der Herstellung des Gesamtprodukts (Ziff. 4.2.2.2 ProdHM). Nach Ziff. 4.2.2.2 ProdHM besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche wegen „anderer für die Herstellung der Gesamtprodukte aufgewendeter Kosten mit Ausnahme des Entgeltes für die mangelhaften Erzeugnisse des VN“. Zu den Herstellungskosten zählen z.B. Materialkosten, Löhne und Gehälter, Energie, Verbrauchs- und Betriebsstoffe sowie Abschreibungen auf Maschinen und Gebäude, Gemeinkosten für die Verwaltung sowie die Transportkosten des Dritten.40 Die Herstellungskosten werden nur in Höhe der Selbstkosten gedeckt.41 Gewinnanteile werden über die Deckung für den Vermögensnachteil durch Preisnachlass oder Unverkäuflichkeit nach Ziff. 4.2.2.4 ProdHM erfasst. Kosten, die nach Herstellung des Gesamtproduktes entstehen, sind nicht nach Ziff. 4.2.2.2 ProdHM gedeckt.42 Hierzu zählen z.B. Kosten des Vertriebs43 und des Verkaufs44 sowie Lager- oder Vernichtungskosten, die durch die Unveräußerlichkeit (Rn. 59 f.) des Endproduktes entstanden sind. Soweit Vertriebs-/Verkaufskosten in den Kaufpreis für das Gesamtprodukt einkalkuliert sind, werden auch sie nur anteilig über die Deckung für den Vermögensnachteil durch Preisnachlass oder Unverkäuflichkeit nach Ziff. 4.2.2.4 ProdHM erfasst.45 Die Kosten für die „vergeudete“ Verpackung des Gesamtprodukts sind als Herstellungskosten ersatzfähig, soweit die Verpackung des Gesamtprodukts als Akt der Herstellung angesehen werden kann, etwa weil das Gesamtprodukt ohne die Verpackung nicht veräußert werden könnte (z.B. Speiseeis) oder das Gesamtprodukt einschließlich Verpackung verworfen werden müsste (z.B. Joghurtprodukte).46 Kein Versicherungschutz besteht für den Schadensersatzanspruch des Herstellers, soweit er auf den Ersatz des Entgelts für die mangelhaften Erzeugnisse gerichtet ist. Wäre diese Schadensposition mitversichert, würde der VR das Unternehmensrisiko des VN tragen.
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Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 103; MAH/Stempfle § 15 Rn. 129; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 53. Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.633; MAH/ Stempfle § 15 Rn. 133; Langheid/Wandt/ Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 106; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 52; Produkthaftungshandbuch2/ Graf von Westphalen § 52 Rn. 26. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 107; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 10; SchmidtSalzer/Hinsch Rn. 7.634.
42 43 44 45 46
Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 107. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 107. A.A. MAH/Stempfle § 15 Rn. 133. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 107. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 106; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.633; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 52; Späte ProdHM Rn. 28; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 52 Rn. 26.
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d) Kosten der Nachbearbeitung des Gesamtprodukts und andere Schadensbeseitigungskosten (Ziff. 4.2.2.3 ProdHM). Nach Ziff. 4.2.2.3 S. 1 ProdHM besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche wegen „Kosten für eine rechtlich gebotene und wirtschaftlich zumutbare Nachbearbeitung der Gesamtprodukte oder für eine andere Schadenbeseitigung“.
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aa) Nachbearbeitung. Bei dem Begriff der Nachbearbeitung handelt es sich nicht um einen Begriff der Rechtssprache. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und Sprachverständnis dürfte der Begriff der Nachbearbeitung weitgehend gleichgesetzt werden mit dem in Ziff. 4.2.3 ProdHM 1973/1987 verwendeten Begriff der Nachbesserung. Nach Hinsch geht es dabei „um Maßnahmen, die der Behebung des Mangels am Endprodukt dienen und das Endprodukt noch retten, so dass es nicht verworfen oder mit Preisnachlass verkauft werden muss“.47 Mit anderer Akzentuierung, aber der Sache nach ähnlich definiert Thürmann den Begriff der Nachbearbeitung als „jede Behandlung des Gesamtprodukts zur Minderung von dessen Mangelhaftigkeit, die es näher an den ursprünglich geplanten Zustand und Wert heranführt, auch wenn keine vollständige Behebung der Mangelhaftigkeit gelingt“.48
44
bb) Andere Schadensbeseitigung. Nach den Erläuterungen des GDV fallen unter den Begriff „andere Schadensbeseitigung“ solche Maßnahmen, die zwar nicht die Mängel als solche beheben, aber deren negative Auswirkungen reduzieren oder aufheben. Hierfür wird folgendes Beispiel gegeben: Der VN liefert seinem Abnehmer mangelhafte Butter, die dieser zusammen mit Kakao und anderen Zutaten zu Schokoriegeln verarbeiten will. Aufgrund des Mangels können die Schokoriegel nicht mangelfrei hergestellt werden, die Rohmasse kann aber durch Zusatz von Honig und Sonnblumenöl noch als Brotaufstrich verwendet werden.49 Im Unterschied zur Nachbearbeitung ist die Schadensbeseitigung nicht darauf gerichtet, den Sollzustand – fehlerfreies Gesamtprodukt – noch zu erreichen. Vielmehr zielt sie darauf ab, das Gesamtprodukt in einen „solchen Zustand zu versetzen“, dass es wirtschaftlich verwertet werden kann.
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cc) Versicherte Schadenspositionen. Zu den gedeckten Kosten der Nachbearbeitung und Mangelbeseitigung zählen u.a. Materialkosten, Löhne und Gehälter, Reisekosten, Energie, Verbrauchs- und Betriebsstoffe.50 dd) Rechtlich gebotene und wirtschaftlich zumutbare Nachbearbeitung oder andere Schadensbeseitigung
46
(1) Anwendungsbereich. Zunächst stellt sich die Frage, ob die für die Nachbearbeitung des Gesamtproduktes geltende Einschränkung auch für die Maßnahmen der „anderen Schadensbeseitigung“ gilt. Die Literatur bejaht diese Frage unter Hinweis darauf, die andere Schadensbeseitigung sei der Nachbearbeitung gleichgestellt.51 Nach Stempfle ist „ein triftiger Grund, weshalb diese ohnehin schwer voneinander abgrenzbaren Begriffe insoweit nicht gleich zu behandeln [seien], [.] nicht ersichtlich“.52 Diese Begründungen 47
48
Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.644; so auch Späte ProdHM Rn. 29; MAH/Stempfle § 15 Rn. 139; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 11. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 111.
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49 50 51 52
GDV-Erläuterungen 61. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.661; Späte ProdHM Rn. 30. Kettler, in: Thürmann/Kettler 139. MAH/Stempfle § 15 Rn. 141.
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überzeugen mit Blick auf die AGB-rechtlichen Auslegungsregeln nicht. Nach dem Wortlaut bezieht sich die Einschränkung nur auf die Nachbearbeitung, nicht auf die „andere Schadensbeseitigung“. Zu beachten ist jedoch, dass erstens der Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur 47 die Aufwendungen zu ersetzen hat, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (sog. Wirtschaftlichkeitsgebot)53, und zweitens den Hersteller des Gesamtprodukts – wie jeden anderen Geschädigten – gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB die Obliegenheit trifft, den Schaden gering zu halten. Diese haftungsrechtlichen Beschränkungen führen dazu, dass der Anspruch auf Ersatz der Kosten für die „andere Schadensbeseitigung“ um die nach §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2 S. 1 BGB nicht gebotenen Kosten gekürzt wird und folglich auch der Freistellungsanspruch des VN zwangsläufig geringer ausfällt. (2) Rechtliche Gebotenheit und wirtschaftliche Zumutbarkeit der Nachbearbeitung. 48 Zur Feststellung, ob die Nachbearbeitung rechtlich geboten und wirtschaftlich zumutbar ist, ist ebenfalls auf die haftungsrechtlichen Wertungen zurückzugreifen. Zu beachten ist jedoch, dass sich das Erfordernis der rechtlichen Gebotenheit und wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach dem Wortlaut von Ziff. 4.2.2.3 S. 1 ProdHM auf die Nachbearbeitung und nicht auf die Kosten bezieht. Ist die Nachbearbeitung rechtlich nicht geboten oder wirtschaftlich unzumutbar, besteht deshalb – im Unterschied zur Alternative „andere Schadensbeseitigung“ – keine Deckung für den haftungsrechtlich nach §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2 S. 1 BGB reduzierten Anspruch des Abnehmers auf Ersatz der Kosten für die Nachbearbeitung. (a) Weiterveräußertes Gesamtprodukt. Ist das Gesamtprodukt bereits weiterveräußert 49 worden, ist die Nachbearbeitung für den Gesamtprodukthersteller rechtlich geboten und wirtschaftlich zumutbar, soweit er gegenüber seinem Abnehmer zur Beseitigung der Mangelhaftigkeit des Gesamtprodukts nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB verpflichtet ist.54 Hat der Gesamtproduktehersteller den Mangel des Gesamtprodukts im Rahmen seiner Verpflichtung gegenüber seinem Abnehmer gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB beseitigt, besteht für seinen Anspruch auf Ersatz der Nachbearbeitungskosten gegen den VN nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB somit Versicherungsschutz. Hat der Abnehmer des Gesamtprodukts die Nachbearbeitung im Wege der Ersatzvornahme vorgenommen und begehrt vom Hersteller Ersatz der Kosten gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB, besteht für die Regressansprüche des Herstellers gegen den VN Versicherungsschutz. (b) Gesamtprodukt noch beim Hersteller. Befindet sich das Gesamtprodukt noch 50 beim Hersteller, kommt dem Erfordernis „wirtschaftlich zumutbar“ neben dem Merkmal der rechtlichen Gebotenheit keine eigenständige Bedeutung zu. Soweit die Nachbearbeitung vom Hersteller im Wege der Ersatzvornahme unter Beachtung des Gebots der Wirtschaftlichkeit (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) und der Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) erfolgte, war sie dem Hersteller auch wirtschaftlich zumutbar. Für seinen auf den Ersatz der Kosten gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB gerichteten Schadensersatzanspruch besteht Deckung.
53
St. höchstrichterliche Rspr., vgl. nur BGH 27.3.2012 VersR 2012 874 f.; BGH 14.10.2008 VersR 2008 1706, 1707; BGH 12.10.2004 BGHZ 160 377, 383 f. = RuS
54
2005 41; BGH 29.4.2003 BGHZ 155 1, 5 = RuS 2003 201. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 110.
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(c) Nicht behebbarer Mangel. Weist das Gesamtprodukt einen nicht behebbaren Mangel auf, sind Nachbearbeitungsarbeiten rechtlich nicht geboten. Für den auf Ersatz der Kosten für fruchtlose Nachbearbeitung gerichteten Schadensersatzanspruch besteht keine Deckung.
52
(d) Kosten der Nachbearbeitung übersteigen Neuherstellungskosten. Ist der Mangel des Gesamtprodukts zwar behebbar, sind die Kosten der Nachbearbeitung jedoch gleich hoch oder sogar höher als die Kosten der Neuherstellung des Gesamtprodukts, ist die Nachbearbeitung rechtlich nicht geboten. Nimmt der Gesamtprodukthersteller in diesen Fällen gleichwohl eine Nachbearbeitung vor, besteht für seinen auf Ersatz der Kosten der Neuherstellung beschränkten Schadensersatzanspruch gegen den VN kein Versicherungsschutz (Rn. 48).
53
(e) Neuherstellungskosten übersteigen Kosten der Nachbearbeitung. Ist der Mangel des Gesamtprodukts behebbar, sind die Kosten der Nachbearbeitung nicht geboten, wenn diese zwar niedriger sind als die Neuherstellungskosten, der Wertzuwachs jedoch nur gleich hoch oder sogar niedriger ist als die Kosten der Neuherstellung.55 In diesem Fall ist der Schadensersatzanspruch des Gesamtproduktherstellers gegen den VN beschränkt auf den entgangenen Gewinn, wenn das Gesamtprodukt nur mit einem Preisnachlass hätte veräußert werden können. Hierfür besteht Deckung nach Ziff. 4.2.2.4 ProdHM.
54
(f) Berücksichtigung von Folgeschäden. Soweit ohne die Nachbearbeitung Folgeschäden drohen, die vom Versicherungsschutz umfasst sind – wie z.B. Transportkosten der Neulieferung, Verzugsschäden, Vertragsstrafen –, besteht auch Deckung, wenn die Kosten höher sind als die Kosten der Neuherstellung des Gesamtprodukts oder der Wertzuwachs niedriger ist als als die Kosten der Nachbearbeitung.56
55
ee) Berücksichtigung des Erfüllungsbereiches. Nach Ziff. 4.2.2.3 S. 2 ProdHM ersetzt der VR die Nachbearbeitungs-/Schadensbeseitigungskosten „in dem Verhältnis nicht, in dem das Entgelt für die Erzeugnisse des Versicherungsnehmers zum Verkaufspreis der Gesamtprodukte (nach Nachbearbeitung oder anderer Schadenbeseitigung) steht“.
Mit dieser Regelung soll anteilig das nicht versicherte Erfüllungsinteresse des VN in Abzug gebracht werden, weil in der Nachbearbeitung des Gesamtprodukts stets auch eine wegen Ziff. 6.1.1, 1. Spiegelstrich ProdHM nicht gedeckte Nachbesserung des Erzeugnisses des VN liegt.57 Der Wertanteil für das zugelieferte mangelhafte Produkt und der Vertragserfüllungsaufwand sind somit aus dem vom VR zu leistenden Entschädigungsbetrag herauszurechnen. Beispiel: Der VN liefert mangelhafte Speicherchips, die so in ein Steuergerät eingebaut werden, dass sie ohne Zerstörung des Steuergeräts nicht wieder von diesem separiert werden können. Der Verkaufspreis für den Speicherchip (Erzeugnis des VN) beträgt 0,50 Euro/Stück und der des Steuergeräts (Gesamtprodukt) 50 Euro. Die Kosten der Nachbearbeitung des Steuergeräts belau-
55 56
Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.657 ff.; vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 142. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.658, vgl. auch Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 80.
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Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 114; MAH/Stempfle § 15 Rn. 142.
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fen sich auf 5 Euro/Stück. Nach der Nachbearbeitung kann es ohne Preisnachlass veräußert werden. Setzt man das Entgelt für den Speicherchip ins Verhältnis zu dem nach der Nachbearbeitung erzielten Verkaufspreis für das Steuergerät, so ergibt sich ein Verhältnis von 1:100. Ersatzfähig sind 5 Euro abzüglich 1/100 von 5 Euro, also 4,95 Euro.
Hat es sich bei dem Gesamtprodukt um ein Zwischenprodukt gehandelt, dass zu 56 einem Endprodukt weiterverarbeitet worden ist, ist zur Herausrechnung ebenfalls auf das Entgelt für das Erzeugnis des VN abzustellen. Dieses Entgelt ist nunmehr dem Verkaufspreis des Endprodukts gegenüberzustellen.58 Beispiel: Wird in dem vorhergehenden Beispiel das Steuergerät untrennbar in ein elektrisches Gerät eingebaut, dessen Verkaufspreis 5.000 Euro beträgt und das nach der Nachbearbeitung auch zu diesem Preis verkauft werden kann, ergibt sich ein Verhältnis von 1:10.000. Die Kosten für die Nachbearbeitung, für die der VN seinem Abnehmer im Rahmen der Regresskette haftet, belaufen sich auf 50 Euro. Aus diesem Betrag ist der Erfüllungsanteil in Höhe von 1/10.000 (= 0,005 Euro) herauszurechnen, sodass für die Nachbearbeitungskosten in Höhe von 49,995 Euro Versicherungsschutz besteht.
ff) Ausschluss von Rückrufkosten. Der Hinweis auf Ziff. 6.2.8 ProdHM ist vor dem 57 Hintergrund des Sonderdeckungskonzeptes der Rückrufkostenversicherung zu sehen. Soweit die Nachbearbeitung des Gesamtprodukts oder eine andere Schadenbeseitigung im Zusammenhang mit einem Rückruf von Erzeugnissen geltend gemacht wird, werden die daraus resultierenden Kosten nicht ersetzt. Versicherungsschutz kann der VN in einem solchen Fall nur über eine gesondert zu vereinbarende Rückrufkostenversicherung erhalten. Beispiel: Der VN liefert fehlerhaft programmierte Steuerungselemente für Gasöfen, die mit den Gasöfen fest verlötet werden. Aufgrund des Fehlers drohen kleinere Mengen Gas zu entweichen, die sich unter ungünstigen Belüftungsumständen so in der Luft konzentrieren können, dass es zu einer Explosion kommen kann. Daraufhin führt der Hersteller der Gasöfen eine Rückrufaktion durch, beseitigt den Fehler und verlangt vom VN Ersatz der Kosten der Mangelbeseitigung und der Herstellung der Gasöfen. Deckung besteht nur für die Herstellungskosten (Ziff. 4.2.2.2 ProdHM), nicht jedoch für die Kosten der Mangelbeseitigung.
e) Weitere Vermögensnachteile (Ziff. 4.2.2.4 ProdHM). Gem. Ziff. 4.2.2.4 ProdHM 58 sind ferner versichert Schadensersatzansprüche wegen „weiterer Vermögensnachteile (z.B. entgangenen Gewinnes), weil die Gesamtprodukte nicht oder nur mit einem Preisnachlass veräußert werden können“. Hierbei handelt es sich um eine Regelung, die Ziff. 4.2.2.2 und Ziff. 4.2.2.3 ProdHM ergänzt.59 aa) Veräußerung des Gesamtproduktes nicht oder nur mit Preisnachlass möglich. (1) Unveräußerlichkeit des Gesamtprodukts. Die Unveräußerlichkeit kann sich so- 59 wohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen ergeben.60 Tatsächliche Unveräußerlichkeit liegt vor, wenn das Gesamtprodukt vernichtet werden muss. Sie ist darüber hinaus anzunehmen, wenn das Gesamtprodukt derart mit Mängeln behaftet ist, dass niemand es kaufen oder nach Übergabe innerhalb der Gewährleistungsfrist behalten will, auch nicht zu einem geringeren Preis.61 Als ein Fall der tatsächlichen Unveräußerlichkeit
58 59 60
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 116. MAH/Stempfle § 15 Rn. 147. Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 151; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 91; SchmidtSalzer/Hinsch Rn. 7.666.
61
Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 151; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 91; SchmidtSalzer/Hinsch Rn. 7.666.
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dürften auch die Fälle einzuorden sein, in denen vom Gebrauch des Gesamtprodukts Gefahren für die deliktisch geschützten Rechtsgüter Körper, Gesundheit, Eigentum drohen. Deshalb erfasst Ziff. 4.2.2.4 S. 1 Alt. 1 ProdHM auch die Fälle, in denen die Mangelhaftigkeit erst nach Veräußerung des Gesamtprodukts beim Abnehmer erkannt und die Ware zurückgegeben oder verworfen wird.62 Rechtliche Unveräußerlichkeit ist gegeben, wenn ein mangelhaftes Gesamtprodukt 60 aufgrund eines Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen nicht absetzbar ist oder mit einem behördlichen Verkaufsverbot belegt wurde.63
61
(2) Veräußerlichkeit des Gesamtprodukts mit Preisnachlass. Ziff. 4.2.2.4 S. 1 Alt. 2 ProdHM ist ferner anwendbar, wenn das – mangelhafte – Gesamtprodukt noch/nur mit einem Preisnachlass veräußert werden kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Hersteller des Gesamtprodukts den Preisnachlass auf Verlangen seiner Kunden – vor oder nach der Übereignung – einräumen muss, das Gesamtprodukt aufgrund seines mangelhaften Zustandes sogleich mit einem Preisnachlass verkauft wird oder trotz Nachbearbeitung nicht den zu erwartenden Preis erzielen kann.64 Die Minderung des Kaufpreises (§ 441 BGB) steht einem Preisnachlass gleich.65
62
bb) Begriff des weiteren Vermögensnachteils. Versichert sind alle Vermögensnachteile, die kausal auf der Unveräußerlichkeit des Gesamtprodukts oder der Veräußerung mit einem Preisnachlass beruhen. Als wichtigster Fall des Vermögensnachteils ist im Klammerzusatz der entgangene Gewinn genannt. In den GDV-Erläuterungen werden darüber hinaus die Kosten der Vernichtung des fehlerhaften Gesamtproduktes aufgeführt.66 Weitere Positionen, die im Rahmen des Schadensersatzanspruchs gegen den VN als Folge der Unveräußerlichkeit des mangelhaften Gesamtproduktes versichert sind, sind die Transportkosten zum Vernichtungsort sowie Zoll-, Lager-, Sortier- und Überprüfungskosten.67 Deckung besteht auch für die Kosten besonderer Werbemaßnahmen für das preisreduzierte Produkt 68 oder für die erforderlich gewordene Neuauszeichnung des Preises.69 Nicht versichert sind dagegen Schadensersatzansprüche, soweit sie auf den Ersatz 63 (frustrierter) Aufwendungen gerichtet sind, die vor der Unveräußerlichkeit entstanden sind (z.B. Investitionskosten, Kosten für die Vorbereitung der Produktion).70 Ebenso wenig sind Kosten versichert, die der Vorbereitung der Anspruchsstellung dienen (z.B. Kosten für Gutachter).71
62
63 64 65
66 67
VGl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 117; MAH/Stempfle § 15 Rn. 152; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 92. Vgl. Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 91; MAH/Stempfle § 15 Rn. 151. Vgl. Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 92; MAH/Stempfle § 15 Rn. 152. Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 25 Rn. 31; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.674. GDV-Erläuterungen 61 f. Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 147; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen
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70 71
§ 52 Rn. 64; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 118; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 86; Späte ProdHM Rn. 32; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.669. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.2 Rn. 17. Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 224; Späte ProdHM Rn. 54; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 279 (zu Ziff. 4.5 ProdHM). Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 118. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.672.
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cc) Vertragsstrafe als weiterer Vermögensnachteil? Fraglich ist, ob zu den weiteren 64 Vermögensnachteilen i.S.v. Ziff. 4.2.2.4 ProdHM auch Vertragsstrafen gerechnet werden können, die der Hersteller des Gesamtproduktes an seinen Vertragspartner zahlen muss, weil das Gesamtprodukt aufgrund seiner Mangelhaftigkeit nicht veräußert werden konnte. Hinsch verneint dies mit der Begründung, die Vertragsstrafe müsse „direkte Folge der Unveräußerlichkeit sein. Dies ist bei der Vertragsstrafe nicht der Fall. Die Vertragsstrafe ist nicht deshalb verwirkt, weil das mit Hilfe des gelieferten Erzeugnisss hergestellte Endprodukt unveräußerlich ist (…). Zusätzliche Ursache ist vielmehr, daß nicht rechtzeitig mangelfreie Endprodukte lieferbar waren. Zwischen Vermögensnachteil und Unveräußerlichkeit tritt damit eine weitere Ursache, so daß der Vermögensnachteil ‚Vertragsstrafe‘ nur noch eine mittelbare Folge der Unveräußerlichkeit und damit einen gemäß Ziff. 6.1 ProdHB [ProdHM a.F.] nicht versicherten Folgeschaden bildet“.72
Diese Begründung, der sich u.a. Thürmann73 und Späte74 angeschlossen haben, ver- 65 mag nicht zu überzeugen. Der Hinweis auf Ziff. 6.1 ProdHM a.F., der Eingang in Ziff. 6.1.2 ProdHM gefunden hat, geht fehl, weil dort die Nichtversicherung von Folgeschäden – abweichend von Ziff. 6.1 ProdHM a.F. – nunmehr ausdrücklich unter den Vorbehalt gestellt wird, dass diese nicht in den Ziff. 4.2 ff. ProdHM ausdrücklich mitversichert sind. Soweit der Hersteller die Verwirkung der Vertragsstrafe durch ein Deckungsgeschäft hätte vermeiden können, mag die Unterlassung eine mitwirkende Ursache für die Vertragsstrafe sein, die haftungsrechtlich dazu führen kann, dass der Hersteller des Gesamtprodukts die Vertragsstrafe im Rahmen seines Schadensersatzanspruches wegen Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB nicht ersetzt erhält.75 Die Entscheidung, kein nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB gebotenes Deckungsgeschäft durchzuführen, kann darüber hinaus dazu führen, den Zurechnungszusammenhang zwischen der Lieferung des fehlerhaften Erzeugnisses und der Vertragsstrafe wegen Verzugs infrage zu stellen. Der Kausalzusammenhang wird jedoch nicht unterbrochen.76 Hinsch will das Erfordernis des Kausalzusammenhangs zwischen Unveräußerlichkeit 66 und Vermögensnachteil offenbar so verstehen, dass erstens die Vermögensnachteile unmittelbar die Folge der Unveräußerlichkeit der Gesamtsache sein müssen, wobei er zweitens Unmittelbarkeit nur dann als gegeben ansieht, wenn der Vermögensnachteil nicht durch Zwischenhandlungen des VN hätte vermieden werden können. Für eine solche einschränkende Auslegung gibt der Text von Ziff. 4.2.2.4 ProdHM indessen nichts her, weshalb hierfür nach § 305c Abs. 2 BGB kein Raum ist. Weder lässt sich der Klausel – anders als in Ziff. 4.2.2.5 ProdHM – ein Unmittelbarkeitserfordernis entnehmen, noch lässt sich begründen, warum es sich bei einer Vertragsstrafe, die der Hersteller des Gesamtprodukts an seinen Vertragspartner zahlen muss, weil er das Gesamtprodukt infolge der Mangelhaftigeit nicht rechtzeitig liefern konnte, nur um eine „mittelbare Folge“ der Unveräußerlichkeit handeln sollte.77
72 73 74 75
Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.670. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 118. Späte ProdHM Rn. 32. Zur Obliegenheit ein Deckungsgeschäft vorzunehmen vgl. BGH 15.5.2008 NJW 2008 2430, 2431 m.w.N.
76 77
Vgl. OLG Nürnberg 6.12.2000 NJW-RR 2002 47, 49. I.E. wie hier Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 88 f.; MAH/Stempfle § 15 Rn. 148.
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dd) Berücksichtigung des Erfüllungsbereichs. Wie bei Ziff. 4.2.2.3 S. 2 ProdHM bringt Ziff. 4.2.2.4 S. 2 ProdHM das nicht versicherte Erfüllungsinteresse des VN in Bezug auf die gedeckten Schadenspositionen mittels Quotenklausel in Abzug. Danach ersetzt der VR die Vermögensnachteile in dem Verhältnis nicht, in dem das Entgelt für die Erzeugnisse des VN zu dem Verkaufspreis steht, der bei mangelfreier Herstellung oder Lieferung der Erzeugnisse des VN für die Gesamtprodukte zu erzielen gewesen wäre. Beispiel: Könnte der Hersteller der Steuergeräte in den Beispielen Rn. 55 u. 56 aufgrund des Mangels der Speicherchips (0,50 Euro/Stück) trotz der Nachbearbeitung das Gesamtprodukt nicht mehr für 50 Euro/Stück sondern nur noch für 40 Euro/Stück veräußern, wären die Kosten der Nachbearbeitung (5 Euro/Stück) gem. Ziff. 4.2.2.3 S. 2 ProdHM im Verhältnis 0,50 : 40, also in Höhe von 1/80 von 5 Euro nicht ersatzfähig (0,06 Euro/Stück). Der VR hätte von den Nachbearbeitungskosten einen Betrag von 4,94 Euro/Stück zu tragen. Der Preisnachlass in Höhe von 10 Euro ist nach Ziff. 4.2.2.4 S. 2 ProdHM im Verhältnis des Werts der Speicherchips zum Verkaufspreis der Steuergeräte in mangelfreiem Zustand (0,5 : 50 = 1/100), also in Höhe von 9,90 Euro/Stück vom VR zu tragen. Insgesamt besteht somit für die Schadensersatzansprüche des Herstellers gegen den VN (5 Euro für Nachbearbeitung und 10 Euro für die Preisanpassung) Deckung in Höhe von 14,84 Euro/Stück (= 4,94 + 9,90 Euro).
68
f) Produktionsausfallkosten (Ziff. 4.2.2.5 ProdHM). Ziff. 4.2.2.5 ProdHM betrifft Schadensersatzansprüche des Abnehmers des VN, die gerichtet sind auf den Ersatz seiner ihm unmittelbar entstandenen Kosten durch den Produktionsausfall, der aus der Mangelhaftigkeit der Gesamtprodukte herrührt.
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aa) Begriff des Produktionsausfalls. Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Ziff. 4.2.2.5 ist ein Produktionsausfall. Hierbei handelt es sich wiederum nicht um einen Rechtsbegriff. Die Literatur versteht darunter im Anschluss an Hinsch eine ungewollte Unterbrechung des Fertigungsprozesses.78 Diese Auslegung entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem allgemeinen Sprachverständnis des durchschnittlichen VN in der Produkthaftpflichtversicherung; dieser dürfte einen Produktionsausfall mit der Betriebsunterbrechung gleichsetzen.
70
bb) Infolge der Mangelhaftigkeit der Gesamtprodukte. Der Produktionsausfall muss auf der Mangelhaftigkeit der Gesamtprodukte beruhen, die wiederum aus der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung mangelhafter Erzeugnisse mit anderen Produkten zu einer neuen Sache entstanden sein muss.79 An dieser Doppelkausalität fehlt es, wenn der Mangel des Erzeugnisses vor Beginn der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung, z.B. bei der Eingangskontrolle, festgestellt und deshalb die Produktion gestoppt wird. Für die Schadensersatzansprüche des Abnehmers wegen daraus erwachsener Kosten besteht kein Versicherungsschutz.80
78
79
Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 157; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 100; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.684; Späte ProdHM Rn. 34. Vgl. Anwendungsfälle bei MAH/Stempfle § 15 Rn. 160; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.684 ff. (Verkleben, Verstopfen oder Verunreinigungen der Produktionsanlage des
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Abnehmers infolge der Verarbeitung der Erzeugnisse des VN (mit anderen Produkten). Vgl. GDV-Erläuterungen 62; Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 122; MAH/Stempfle § 15 Rn. 156, 159, 162; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.685.
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Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass nur die dem ersten Abnehmer (Hersteller des 71 Gesamtprodukts) infolge des Ausfalls unmittelbar entstehenden fortlaufenden Kosten versichert sind, nicht hingegen der Produktionsausfall (Betriebsgewinn) selbst.81 Betroffen sind alle Verarbeitungs- und Bearbeitungsstufen, die das Gesamtprodukt beim Hersteller bei Mangelfreiheit durchlaufen hätte.82 Zu diesen Kosten zählen z.B. Lohnund Materialkosten.83 Für Produktionsausfallkosten seiner Abnehmer, die der Hersteller des Gesamtprodukts beim VN als Schadensersatz geltend macht, besteht keine Deckung.84
D. Weiterver- oder -bearbeitungsschäden (Ziff. 4.3 ProdHM) I. Haftung für Weiterver- oder -bearbeitungsschäden Ziff. 4.3 ProdHM regelt den Sachverhalt, dass der VN ein mangelhaftes Erzeugnis 72 geliefert hat, das eine dritte Person weiterbe- oder -verarbeitet hat, ohne dabei – in Abgrenzung zum Anwendungsbereich des Ziff. 4.2 ProdHM – andere Produkte hinzuzusetzen. Erst nach der Verarbeitung wird der Mangel des gelieferten Erzeugnisses erkannt. Aufgrund des Mangels ist das weiterver- oder -bearbeitete Erzeugnis unveräußerlich, sodass der Weiterver- oder -bearbeitungsaufwand rückblickend betrachtet nutzlos war.85 Beispiel 86: Der VN veräußert fehlerhafte Computer an ein Unternehmen, das an diesen Computern Veränderungen vornimmt, um sie für spezielle Anwendungszwecke tauglich zu machen (z.B. für den Einsatz unter Wasser). Im Rahmen der Bearbeitung der Computer wird die Fehlerhaftigkeit festgestellt.
Hat der VN die mangelhafte Lieferung zu vertreten, ist der Erwerber unter den Vor- 73 aussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 440, 281, 280 BGB zum Schadensersatz statt der Leistung berechtigt. Jedoch umfasst dieser Anspruch nicht die nutzlosen Weiterver- oder -bearbeitungskosten. Dies folgt daraus, dass sie nicht durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung beseitigt werden können. Sie sind ebenso wie die Kosten der Nachbearbeitung des weiterver- oder -bearbeiteten Erzeugnisses und der entgangene Gewinn als Mangelfolgeschäden zu qualifizieren, deren Ersatz der Erwerber unter den Voraussetzungen des §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB verlangen kann. Deliktische Ansprüche des Erwerbers aus § 823 Abs. 1 BGB scheiden aus, weil es an einer Eigentumsverletzung fehlt.87
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83
Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 123; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 39; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 52 Rn. 12; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.692. Vgl. GDV-Erläuterungen 62; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 106; SchmidtSalzer/Hinsch Rn. 7.690. Vgl. GDV-Erläuterungen 62; Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 121; MAH/Stempfle § 15 Rn. 161; Litt-
84 85 86 87
barski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 106; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.690. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.693. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.710. Weitere Beispiele bei v. Bühren/Lenz § 12 Rn. 87 u. 92. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.710; Prölss/ Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.3 Rn. 1; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 53 Rn. 2; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.710.
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II. Versicherung von Weiterver- oder -bearbeitungsschäden 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.3.1 ProdHM)
74
a) Mangelhaftes Errzeugnis. Nach Ziff. 4.3.1 S. 1 ProdHM ist Voraussetzung für die Deckung, dass das vom VN gelieferte Erzeugnis mangelhaft ist. Für das Verständnis der Mangelhaftigkeit gilt auch hier, dass der bloße Mangelverdacht von Ziff. 4.3.1 ProdHM grundsätzlich erfasst wird, soweit er einen Sachmangel begründet (Rn. 11ff.).88 Hinsichtlich der Auslegung der Begriffe Verbindung, Vermischung und Verarbeitung kann auf die vorherigen Ausführungen verwiesen werden (Rn. 30 ff.). Deckung besteht im Rahmen der Ziff. 4.3.2.1 und Ziff. 4.3.2.3 ProdHM. Nachbear75 beitungskosten i.S.v. Ziff. 4.3.2.2 ProdHM fallen dagegen nur insoweit an, als das Gesamtprodukt tatsächlich mangelhaft ist. Im Übrigen stehen gem. Ziff. 4.3.1 S. 3 ProdHM – wie in den insoweit parallelen Regelungen in Ziff. 4.2, 4.4 und 4.5 ProdHM – Mängel bei der Beratung über die An- und Verwendung sowie Falschlieferungen den Mängeln bei der Herstellung oder Lieferung des VN-Erzeugnisses gleich.
76
b) Weiterver- oder -bearbeitung. Weder Weiterver- noch Weiterbearbeitung sind gesetzlich definiert, sodass wiederum der allgemeine Sprachgebrauch und das Sprachverständnis des VN das Maß geben. Danach lassen sich unter Weiterverarbeitung allgemein solche Vorgänge fassen, bei denen der Dritte das gelieferte Erzeugnis in ein anderes Produkt umwandelt („sachauflösende Wertschöpfung“). Beispielhaft zu nennen sind Fräsen, Drehen, Stanzen von Teilen aus Blechen oder Folien, Spinnen von Wolle, Formpressen von Kunststoffen etc.89 Auch das Zusammensetzen, Montieren, Aufbauen und Assembling ist als Weiterverarbeitung anzusehen.90 Bei der Weiterbearbeitung bleibt das gelieferte Erzeugnis in der Regel erhalten, wird 77 aber einer Veredelung, Oberflächenbehandlung oder Ähnlichem unterzogen („sachbewahrende Wertschöpfung“). Beispielhaft zu nennen sind Polieren, Schleifen, Montieren sowie Veränderung durch Wärmebehandlung.91 Zur Weiterbearbeitung zählt auch das Aufspielen von Software.92 Wird das fehlerhafte Erzeugnis des VN lediglich als Hilfsmittel eingesetzt, ohne selbst 78 be- oder verarbeitet zu werden (z.B. Schmiermittel), ist der Anwendungsbereich von Ziff. 4.3 ProdHM nicht eröffnet.93 2. Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.3.2 ProdHM)
79
a) Vorbemerkungen. Soweit der Tatbestand der Ziff. 4.3.1 ProdHM erfüllt ist, regelt sich die Deckung nach Ziff. 4.3.2 ProdHM. Ziff. 4.3.2 ProdHM gleicht in seiner Struktur Ziff. 4.2.2 ProdHM. Es fehlen lediglich Ziff. 4.2.2.1 ProdHM (Beschädigung der anderen Produkte) und Ziff. 4.2.2.5 (Kosten durch Produktionsausfall) entsprechende
88 89
90
A.A. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 127. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 125; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.714. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.717; MAH/ Stempfle § 15 Rn. 168; Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 40.
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91
92 93
Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.715; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 125. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 125. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.3 Rn. 3; Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 40; Beckmann/
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Regelungen. Wie bei Ziff. 4.2.2 ProdHM sind ausschließlich Schadensersatzansprüche gedeckt. Aus der Formulierung in Ziff. 4.3.1 ProdHM, wonach nur Schadensersatzansprüche Dritter „infolge Weiterverarbeitung oder -bearbeitung mangelhaft hergestellter oder gelieferter Erzeugnisse“ gedeckt sind, folgt zudem, dass für den eigentlichen Mangelschaden an den vom VN gelieferten Erzeugnissen kein Versicherungsschutz besteht, sondern nur hinsichtlich der Folgeschäden. Zu beachten ist, dass im Rahmen der Ziff. 4.3.2.1 bis 4.3.2.3 ProdHM nicht nur 80 Schadensersatzansprüche des Vertragspartners des VN versichert sind, sondern auch Schadensersatzansprüche Dritter für Schäden, die im Zusammenhang mit der Weiterverarbeitung oder -bearbeitung mangelhaft hergestellter oder gelieferter Erzeugnisse des VN entstehen und über die Regresskette zweiter Abnehmer – erster Abnehmer den VN erreichen (Rn. 17).94 Schließlich ist der Hinweis geboten, dass die Ziff. 4.3.2.1 bis 4.3.2.3 ProdHM zum 81 Teil kumulativ nebeneinander angewendet werden können. Je nachdem, ob das weiterver- oder -bearbeitete Erzeugnis unveräußerlich ist und deshalb verworfen werden muss oder der Nachbearbeitung zugänglich ist und ggf. mit Preisnachlass verkauft werden kann, kommen Ziff. 4.3.2.1 ProdHM (Kosten der Weiterverarbeitung oder -bearbeitung) und 4.3.2.3 Alt. 1 ProdHM (entgangener Gewinn) oder Ziff. 4.3.2.2 ProdHM (Nachbearbeitung) und 4.3.2.3 Alt. 2 ProdHM (Preisnachlass) in Betracht. b) Kosten der Weiterverarbeitung oder Weiterbearbeitung (Ziff. 4.3.2.1 ProdHM). 82 Nach Ziff. 4.3.2.1 ProdHM besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche wegen der „Kosten für die Weiterverarbeitung oder -bearbeitung der mangelhaften Erzeugnisse mit Ausnahme des Entgeltes für die mangelhaften Erzeugnisse des Versicherungsnehmers, sofern die verarbeiteten oder bearbeiteten Erzeugnisse unveräußerlich sind“. Hinsichtlich des Erfordernisses der Unveräußerlichkeit gilt das zu Ziff. 4.2.2.4 ProdHM Gesagte entsprechend (Rn. 59 f.). Zu den ersatzfähigen Kosten zählen die umsonst aufgewandten Lohnkosten, Energiekosten, Kosten für Betriebs- und Verbrauchsstoffe und Abschreibungen für die eingesetzten Maschinen, zugehörige Gemeinkosten sowie Verpackungskosten.95 Materialkosten sind keine Weiterverarbeitungs- oder -bearbeitungskosten i.S.v. Ziff. 83 4.3.2.1 ProdHM. Dies folgt daraus, dass ein Fremdmaterialeinsatz bei der Deckung zu dieser Klausel nicht in Betracht kommt.96 Auch das Entgelt für die mangelhaften Erzeugnisse des VN fällt nicht unter die Weiterverarbeitungs- oder -bearbeitungskosten. c) Nachbearbeitungskosten (Ziff. 4.3.2.2 ProdHM). Hinsichtlich der Deckung von 84 Nachbearbeitungskosten enthält Ziff. 4.3.2.2 ProdHM eine mit Ziff. 4.2.2.3 ProdHM inhaltsgleiche Regelung (wobei für Ziff. 4.3.2.2 ProdHM jeweils die „weiterverarbeiteten oder -bearbeiteten Erzeugnisse des VN“ an die Stelle der „Gesamtprodukte“ zu setzen sind), weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird (Rn. 46 ff.).
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Matusche-Beckmann/Schneider § 25 Rn. 34; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 115. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.727. Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 173; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 131; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.733.
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MAH/Stempfle § 15 Rn. 173; Späte ProdHM Rn. 37; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 53 Rn. 12; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 122.
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d) Weitere Vermögensnachteile (Ziff. 4.3.2.3 ProdHM). Hinsichtlich der Deckung weiterer Vermögensnachteile, wozu insbesondere auch der entgangene Gewinn zählt, enthält Ziff. 4.3.2.3 ProdHM eine mit Ziff. 4.2.2.4 ProdHM inhaltsgleiche Regelung (wobei wiederum für Ziff. 4.3.2.3 ProdHM jeweils die „weiterverarbeiteten oder -bearbeiteten Erzeugnisse des VN“ an die Stelle der „Gesamtprodukte“ treten). Es wird auf die dortige Kommentierung (Rn. 58 ff.).
E. Aus- und Einbaukosten (Ziff. 4.4 ProdHM) I. Haftung für Aus- und Einbaukosten 86
Gegenstand der Deckung gem. Ziff. 4.4 ProdHM sind die Kosten für die Beseitigung der Mangelhaftigkeit eines Gesamtprodukts infolge des Einbaus, des Anbringens, Verlegens oder Auftragens mangelhafter Erzeugnisse des VN oder Produkte, die solche Erzeugnisse enthalten. Beispiel: Der VN liefert Standardserien-Speichermodule, die sein Abnehmer mit der darauf integrierten Software in von ihm hergestellte Maschinen einbaut. Nach Auslieferung stellt sich heraus, dass die Maschinen Fehlfunktionen aufweisen, die auf die vom VN gelieferten Speichermodule zurückzuführen sind.
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In dieser Situation kann der Abnehmer gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB im Grundsatz nach seiner Wahl vom VN Nacherfüllung im Wege der Nachbesserung (Mangelbeseitigung) oder Lieferung einer mangelfreien Sache (Ersatzlieferung) verlangen. Verlangt er Ersatzlieferung, schuldet der VN im dem hier relevanten unternehmerischen Verkehr nach dem klarstellenden Urteil des BGH v. 17.10.2012 weder Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache noch Einbau einer Ersatzsache.97 Zu den Aufwendungen, die der Veräußerer nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hat, zählen lediglich Transport-, Wege-, Arbeits-, Material- und Gutachterkosten. 88 Hat der VN schuldhaft seine Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache verletzt und kommt er der Aufforderung des Abnehmers zur Nacherfüllung nicht nach, kann letzterer entweder selbst den Ausbau des mangelhaften und den Einbau eines mangelfreien Erzeugnisses – ggf. nach Reparatur des mangelhaften Erzeugnisses – vornehmen oder einen Dritten damit beauftragen und vom VN die dafür entstehenden Kosten als Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB ersetzt verlangen.98 Daneben kann der Abnehmer den infolge des Nutzungsausfalls entgangenen Gewinn während der Dauer der Reparatur gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB als Mangelfolgeschaden geltend machen. Kommt es beim Aus- und/oder Einbau zu Schäden an anderen Sachen, ist der VN zum Ersatz des Schadens gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB verpflichtet.99 89 Übersteigen die Austauschkosten den Wert des Gesamtprodukts, ist der Schadensersatzanspruch des Gesamtprodukteherstellers auf den Wert der Gesamtsache beschränkt. Die Kosten des Austausches kann er nicht ersetzt verlangen. Dies folgt zum einen aus
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Vgl. BGH 17.10.2012 NJW 2013 220, 221. Vgl. BGH 23.2.2005 NJW 2005 1348. Vgl. OLG Saarbrücken 25.7.2007 NJW 2007 3503, 3504 f.; MüKo-BGB/H.P. Westermann
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§ 437 Rn. 33; Palandt/Weidenkaff § 437 Rn. 35; a.A. Bamberger/Roth/Faust § 439 Rn. 64.
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§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB und zum anderen aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB (Rn. 47). Fallen die Austauschkosten höher aus als eine dem Hersteller zumutbare Veräußerung der (mangelhaften) Gesamtsache zu einem Preisnachlass, ist der Schadensersatzanspruch auf den entgangenen Gewinn beschränkt. Lässt sich die Mangelhaftigkeit des Gesamtprodukts kostengünstiger durch Austausch des fehlerhaften Einzelteils des mangelhaften Erzeugnisses im eingebauten Endzustand beseitigen, hat der Gesamtproduktehersteller lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Einzelteilaustauschkosten. Deliktsrechtliche Ansprüche gegen den VN gem. § 823 Abs. 1 BGB kommen nur 90 dann in Betracht, wenn durch den Einbau eine Eigentumsverletzung an zuvor unversehrten Bestandteilen des Gesamtprodukts eingetreten ist. Der Schadensersatzanspruch umfasst in diesem Fall die Kosten für den Ersatz der beschädigten Materialien, nicht hingegen die Austauschkosten.100
II. Versicherung von Aus- und Einbaukosten 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.4.1 ProdHM) Nach Ziff. 4.4.1 S. 1 ProdHM ist Voraussetzung für die Deckung, dass die Mangel- 91 haftigkeit des Gesamtprodukts aus dem Einbau, Anbringen, Verlegen oder Auftragen mangelhafter Erzeugnisse des VN oder Produkten resultiert, die solche Erzeugnisse enthalten. Gem. Ziff. 4.4.1 S. 3 ProdHM stehen – wie in den insoweit parallelen Regelungen der Ziff. 4.2, 4.3 und 4.5 ProdHM – Mängel bei der Beratung über die An- und Verwendung sowie Falschlieferungen den Mängeln bei der Herstellung oder Lieferung des VN-Erzeugnisses gleich. Die Deckung von Aus- und Einbaukosten ist vor allem bedeutsam für Hersteller und Lieferanten von Maschinenteilen, Aggregaten, Zubehörteilen, Rohren, Kabeln, Leitungen, Baufertigteilen und Baustoffen.101 a) Austausch. Die Begriffe Einbau, Anbringen, Verlegen oder Auftragen haben kei- 92 nen Eingang in die Rechtssprache gefunden. Nach allgemeinem Sprachgebrauch und Sprachverständnis beschreiben sie lediglich tatsächliche Vorgänge102 und sind exemplarischen Charakters.103 Wie die Begriffspaarbildung in Ziff. 4.4.2.1 ProdHM zeigt (Ausbauen/Einbauen, Abnehmen/Anbringen, Freilegen/Verlegen, Entfernen/Auftragen), soll jeder nennenswerte Aufwand zum Austausch eines gelieferten Erzeugnisses erfasst werden, ohne dass es darauf ankommt, wie dieser Austauschvorgang benannt wird.104 Auch das Ausbaggern, Abklemmen, Abreißen, Abziehen, Abkratzen, Herausdrücken, Loslösen, Losbinden sowie das anschließende Einarbeiten, Einrichten, Anpassen, Andrücken, Ankleben werden somit von Ziff. 4.4.1 ProdHM erfasst.105
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Vgl. OLG Stuttgart 18.2.2000 NJW-RR 2002 25, 26; Kullmann NJW 2002 30, 31; R. Koch AcP 203 (2003) 603, 625 f.; Terrahe VersR 2004 680, 687. GDV-Erläuterungen 63; vgl. auch Looschelders/Pohlmann/Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 44. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.776; GDVErläuterungen 64. Späte ProdHM Rn. 40.
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Späte ProdHM Rn. 40; Langheid/Wandt/ Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 140; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.774; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 162 ff., jeweils zu Ziff. 4.4 lit. a) ProdHM 1987. Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.774; weitere Beispiele bei Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.4.1 Rn. 5: Bergen eines Seekabels, Stemmarbeiten, Taucharbeiten.
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Thürmann hat sich dennoch die Mühe gemacht, die Begriffe in Ziff. 4.4.1 ProdHM näher zu bestimmen. Einbau setzt sie gleich mit der Integration in eine andere Einheit, z.B. das Montieren von Maschinenteilen, von Einbaumöbeln oder den Funktionsteilen von Geräten. Anbringen sei das Hinzusetzen von Teilen, das Verschrauben von Aufsätzen an Maschinen sowie das Installieren von Leuchtkörpern oder von Rollen unter Möbeln. Verlegen sei das Einbringen von Rohren oder Kabeln in Gebäude, aber auch ins Erdreich, das Einfügen von Fliesen oder Bodenelementen.106 Auftragen sei jedwedes Beschichten wie Anstreichen, Lackieren, Verputzen.107 Nach der Überarbeitung des ProdHM im Jahre 2000 wird der Austausch von künst94 lichen Körperteilen, Implantaten, Herzschrittmachern nicht mehr von dem Deckungsbaustein „Aus- und Einbaukosten“ erfasst,108 weil das Erzeugnis in ein Gesamtprodukt eingebaut worden sein muss. Ist ein Austausch nicht möglich, weil ein Fall der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung vorliegt, richtet sich die Deckung nach Ziff. 4.2 ProdHM (zur Abgrenzung s. unten Rn. 101).109 Das Erzeugnis muss austauschbarer „Bestandteil des Gesamtproduktes“ geworden 95 sein. Daran fehlt es, wenn an einem vom VN gelieferten Filtereinsatz Ansatzstücke für Zu- und Ableitungen zur Erleichterung des Einbaus des Einsatzes in die Maschinenanlage angebracht werden und sich vor Einbau des Filters in die Maschine ein Mangel des Filtereinsatzes herausstellt. Da das Erzeugnis noch nicht Bestandteil des Gesamtprodukts geworden ist, besteht kein Versicherungsschutz für die Kosten der Entfernung der Ansatzstücke, um die Nachbesserung zu ermöglichen.110 Entscheidend für die Deckung der Kosten der vorbeschriebenen Maßnahmen ist, dass 96 es zum Austausch des mangelhaften Erzeugnisses tatsächlich kommt. Selbst für Schadensersatzansprüche, die auf den Ersatz der Kosten für das Freilegen eines im Innern einer Maschine eingebauten mangelhaften Erzeugnisses gerichtet sind, besteht somit Deckung, wenn das Freilegen für den Austausch des Erzeugnisses als Ganzes erforderlich ist.111 Nach Ziff. 4.4.1 ProdHM besteht auch Deckung, wenn das mangelhafte Erzeugnis zunächst im eingebauten Zustand zerlegt, herausgerissen, herausgezogen, abgeschlagen oder zertrümmert werden muss, um es überhaupt als Ganzes austauschen oder um alle Teile entfernen zu können und dann durch ein anderes Produkt zu ersetzen.112 Werden vom VN gelieferte mangelhafte Kabel durch andere ersetzt, gehören der Aushub des Erdreichs, das Entnehmen und Wiederverlegen des Kabels und das Wiederverfüllen des Erdreichs zum Austausch.113
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109 110
Vgl. auch Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.762. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 140. So zu Ziff. 4.4 ProdHM 1974/1987 vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.776; Späte ProdHM Rn. 40. Vgl. auch Produkthaftungshandbuch3/Mühlbauer § 73 Rn. 8. Beispiel nach Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 141, die der Ansicht ist, dass es sich bei dem Zusammenbauen nach gewöhnlichem Sprachverständnis um das Erreichen einer weiteren Verarbeitungsstufe handeln müsse, weil nur
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dadurch ein „Gesamtprodukt“ i.S.v. Ziff. 4.4.1 ProdHM entstehe. Vgl. LG Hannover 27.12.2002 NJW-RR 2003 817, 818 (Begriff Freilegung umfasst auch den Ausbau von Aggregaten oder Motorteilen, um das gelieferte eingebaute mangelhafte Teil zu erreichen); Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 150. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 151. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 151.
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Dienen die Maßnahmen dagegen nur der Nachbesserung des mangelhaften Erzeug- 97 nisses im eingebauten Zustand114 oder der Vorbereitung des Austausches des mangelhaften Einzelteils des mangelhaften Erzeugnisses, besteht kein Versicherungsschutz.115 Nicht erforderlich ist, dass es sich bei dem eingebauten Erzeugnis um ein anderes als 98 das ausgebaute handelt. Es kann sich somit um ein und dasselbe Erzeugnis handeln, dessen Mangelhaftigkeit im ausgebauten Zustand beseitigt worden ist.116 Wird dagegen das gelieferte mangelhafte Erzeugnis nicht wieder eingebaut oder durch ein neues ersetzt, sind die auf den Ersatz der Ausbaukosten gerichteten Schadensersatzansprüche nicht versichert.117 Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, dass eine mangelhafte Sache nicht ausgebaut, sondern nur eine neue Sache eingebaut wird.118 b) Kostengünstigere Ersatzmaßnahmen. Die Kosten des „nur Ausbau, nur Einbau“ 99 sind auch dann nicht versichert, wenn sie kostengünstiger sind als die Kosten des Austausches des Erzeugnisses.119 Zwar wird in der Literatur die Ansicht vertreten, nach Sinn und Zweck von Ziff. 4.4.1 ProdHM seien die Kosten für kostengünstigere Ersatzmaßnahmen bis zur Höhe der gedeckten Austauschkosten ersatzfähig.120 Nach Schimikowski vermag der vom ProdHM angesprochene Adressatenkreis „weder dem Wortlaut der Ziff. 4.4 des alten und noch weniger des neuen ProdukthaftpflichtModells (und noch viel weniger besonderen vertraglichen Regelungen über Ersatzlösungen) zu entnehmen, dass zwar der teure Komplettaustausch versichert ist, nicht aber die billigere Nachbesserungslösung“.121
Diese Ansicht läuft darauf hinaus, den für die Auslegung von Normen zulässigen Erst-recht-Schluss auf die Auslegung von AGB zu übertragen. Eine solche auf dem vermuteten Willen des Verfassers von AGB basierende Auslegung von AVB lässt sich mit den von der Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätzen nicht in Einklang bringen.122 Die Tatsache, dass für Einzelteileaustauschkosten unabhängig davon, ob der Aus- 100 tausch des Einzelteils (ohne Ausbau des Erzeugnisses aus dem Gesamtprodukt, d.h. im eingebauten Zustand) kostengünstiger ist als der Austausch des Erzeugnisses als Ganzes, ausdrücklich keine Deckung besteht, gibt im Übrigen eher Anlass zu der Auslegung, dass für kostengünstigere Ersatzmaßnahmen – zu deren Vornahme den Gesamtprodukthersteller eine Obliegenheit trifft! (vgl. Rn. 47) – grundsätzlich kein Versicherungsschutz
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Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 150; vgl. auch LG Hannover 27.12.2002 NJW-RR 2003 817, 818; a.A. Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 54 Rn. 35 zu Ziff. 4.4 ProdHM 1987. LG Hannover 27.12.2002 NJW-RR 2003 817, 818; vgl. auch Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.765 f. Kettler, in: Thürmann/Kettler 168. A.A. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.779. A.A. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.780. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 196: „Eine kostengünstigere Ersatzmaßnahme liegt dann vor, wenn
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der Anspruchsteller haftungsrechtlich an sich einen Austausch verlangen kann, darauf aber verzichtet und an Stelle des Austausches eine andere Maßnahme erfolgt, die eben keinen gedeckten Austausch beinhaltet, so dass der Versicherer nach Ziff. 4.4 nicht leisten muss, obwohl die haftungsrechtlichen Voraussetzungen dafür eigentlich vorlägen“. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 195; MAH/Stempfle § 15 Rn. 208. Schimikowski RuS 2002 45, 47. Vgl. auch Kettler, in: Thürmann/Kettler 203 f. („kaum mehr vertretbar“).
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besteht. Dass das „Ob“ des Versicherungsschutzes von der Vornahme einer haftungsrechtlich nicht gebotenen Maßnahme des Gesamtprodukteherstellers (Ausbau des mangelhaften Erzeugnisses, Einbau eines mangelfreien Erzeugnisses) abhängig gemacht wird, lässt sich nur mit der wirtschaftlichen Überlegung des VR erklären, dass anderenfalls kein Bedarf für die von ihm gegen zusätzliche Prämie fakultativ angebotene Deckung von Aus- und Einbaukosten beim Einzelteileaustausch und von Reparaturkosten bestünde.
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c) Abgrenzung zu Ziff. 4.2 ProdHM. Die Auslegung von Ziff. 4.2 ProdHM folgt nach hier vertretener Ansicht sachenrechtlichen Grundsätzen (Rn. 25 ff.). Wenn und soweit Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung der Erzeugnisse des VN i.S.v. §§ 946 ff. BGB vorliegt, es sich mithin um die Integration wesentlicher Bestandteile in neu entstandene Sachen i.S.v. §§ 93, 94 BGB handelt, ist Ziff. 4.2 ProdHM einschlägig. Ziff. 4.4 ProdHM regelt dagegen den Sachverhalt, dass mangelhafte Erzeugnisse des VN in andere Sachen eingebaut oder sonst verlegt werden, ohne dabei ihre sachenrechtliche Eigenständigkeit aufzugeben. Es muss sich also um unwesentliche Bestandteile oder um Zubehör gem. § 97 BGB handeln.123 Bei den Speichermodulen in dem eingangs gebildeten Beispiel (Rn. 86) handelt es sich um unwesentliche Bestandteile der Maschine, weil sie sich ausbauen lassen, ohne dabei die Maschine zu zerstören oder in ihrem Wesen zu verändern. 2. Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.4.2 ProdHM)
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a) Vorbemerkungen. Soweit der Tatbestand der Ziff. 4.4.1 ProdHM erfüllt ist, regelt sich die Deckung nach Ziff. 4.4.2 ProdHM und Ziff. 4.4.3 ProdHM. Versicherungsschutz besteht zum einen gem. Ziff. 4.4.2 ProdHM für die Schadensersatzansprüche wegen der Kosten für den Austausch mangelhafter Erzeugnisse (nicht jedoch von deren Einzelteilen) und der Kosten für den Transport mangelfreier Erzeugnisse oder mangelfreier Produkte Dritter. Darüber hinaus werden diese Kosten nach Ziff. 4.4.3 ProdHM auch dann ersetzt, wenn sie zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht zur Nacherfüllung vom VN oder von seinem Abnehmer aufgewendet werden (Rn. 87 f.). Auch im Rahmen der Ziff. 4.4.2 ProdHM sind nicht nur die Schäden des Vertrags103 partners des VN (Gesamtproduktehersteller), sondern auch die Schäden versichert, die im Zusammenhang mit dem Austausch mangelhaft hergestellter oder gelieferter Erzeugnisse des VN bei Abnehmern des Gesamtprodukts entstehen und über die Regresskette zweiter Abnehmer-Gesamtproduktehersteller den VN erreichen. Dagegen betrifft die Erweiterung nach Ziff. 4.4.3 ProdHM nur das Verhältnis des VN zum ersten Abnehmer. Für Schadensersatzansprüche, die auf den Ersatz der Austausch- und Transportkosten 104 i.S.v. Ziff. 4.4.2.1 und Ziff. 4.4.2.2 ProdHM von Erzeugnissen des VN gerichtet sind, die mit einem Mangelverdacht behaftet sind, besteht Deckung, selbst wenn die Überprüfung ergibt, dass kein Mangel besteht.124 Wie zuvor festgestellt (Rn. 98), hängt die Deckung nicht davon ab, dass es sich beim (wieder-)eingebauten Erzeugnis um ein anderes als das ausgebaute handeln muss. Voraussetzung ist lediglich, dass es zu einer Beseitigung der Mangelhaftigkeit des Erzeugnisses (im ausgebauten Zustand) gekommen ist. Mit Blick
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Vgl. Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 52 Rn. 12. A.A. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.856;
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Späte ProdHM 43; wohl auch MAH/ Stempfle § 15 Rn. 194; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 148.
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auf die Rechtsprechung, die einen Mangel bereits dann als gegeben ansieht, wenn ein hinreichend konkreter Verdacht besteht (Rn. 11 ff.), kann auch die Ausräumung eines Mangelverdachts als „Mangelbeseitigung“ angesehen werden. Keine Deckung besteht für den Fall, das es nicht zu einem Ausbau kommt, die Überprüfung somit im eingebauten Zustand erfolgt.125 Weder die Aus- und Einbaukosten noch die Kosten der Überprüfung sind nach § 83 105 Abs. 1 VVG ersatzfähig. Ein Anspruch aus § 83 Abs. 1 VVG hätte zur Voraussetzung, dass den VN nach Ziff. 25.2 S. 1 AHB i.V.m. § 82 Abs. 1 VVG eine Obliegenheit zum Aus- und Einbau (als Schadensminderungsmaßnahme) träfe. Eine solche Obliegenheit entsteht, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist und die Maßnahmen zur Begrenzung des Versicherungsschadens i.e.S. geboten sind.126 Daran fehlt es, weil der Aus- und Einbau ebenso wenig wie die Prüfung geeignet sind, den Umfang der nach nach Ziff. 4.4.2 ProdHM versicherten Vermögensschäden zu beschränken, die die Haftpflichtschuld bestimmen (Versicherungsschadens i.e.S). Ergibt die Prüfung, dass ein Erzeugnis tatsächlich mangelhaft ist und deshalb ausgetauscht werden muss, fallen die Kosten des Ausund Einbaus sowie die Transportkosten nämlich gleichwohl an. Eine Minderung der nach Ziff. 4.4.2 ProdHM versicherten Schäden kann nicht erreicht werden. Besteht somit keine Obliegenheit nach Ziff. 25.2 S. 1 AHB i.V.m. § 82 Abs. 1 VVG zur Prüfung und zum Aus- und Einbau des Erzeugnisses, sind die Kosten auch nicht nach § 83 Abs. 1 VVG ersatzfähig.127 Eine Obliegenheit zum Austausch und zur Prüfung gem. § 82 Abs. 1 VVG lässt sich 106 auch nicht etwa deshalb bejahen, weil im Fall des Vorliegens eines Mangels des Erzeugnisses das mangelhafte Gesamtprodukt zu Sach- oder Personenschäden führen kann. Zwar besteht für diese Schäden Deckung nach Ziff. 1.1, 1.2 und/oder Ziff. 4.1. ProdHM. Da es hinsichtlich solcher Schäden jedoch am Eintritt des Versicherungsfalles fehlt, besteht (noch) keine Rettungsobliegenheit.128 Es handelt sich insoweit nur um nicht gedeckte Schadensverhütungskosten.129 b) Austauschkosten (Ziff. 4.4.2.1 ProdHM) aa) Austausch des mangelhaften Erzeugnisses (1) Kosten des Austausches des Erzeugnisses als Ganzes. Versicherungsschutz besteht 107 gem. Ziff. 4.4.2.1 S. 1 ProdHM für Schadensersatzansprüche des Gesamtproduktherstellers gegen den VN wegen der „Kosten für den Austausch mangelhafter Erzeugnisse (nicht jedoch von deren Einzelteilen), d.h. Kosten für das Ausbauen, Abnehmen, Freilegen oder Entfernen mangelhafter Erzeugnisse und das Einbauen, Anbringen, Verlegen oder Auftragen mangeIfreier Erzeugnisse oder mangelfreier Produkte Dritter“.130 Die Kosten der Erstmontage des fehlerhaften Erzeugnisses sind somit nicht gedeckt. Wie aus
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MAH/Stempfle § 15 Rn. 194; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 148. Zu diesem Erfordernis s. Bruck/Möller/ R. Koch § 82 Rn. 65. I.E. so auch Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.4.1 Rn. 9; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 148; MAH/Stempfle § 15 Rn. 194 (unter Verkennung, dass der Versicherungsfall nach Ziff. 8.2.3 ProdHM bereits eingetreten ist).
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Bruck/Möller/R. Koch § 82 Rn. 103. Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.4.1 Rn. 9. Nach MAH/Stempfle § 15 Rn. 194 soll nur der Ausbau des mangelhaften Erzeugnisses des VN von Ziff. 4.4.2.1 ProdHM erfasst sein.
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dem Klammerzusatz deutlich wird, besteht nur Versicherungsschutz für den Austausch des Erzeugnisses als Ganzes.131 Soweit der Gesamtprodukthersteller weiter gehende Schadensersatzansprüche geltend macht, weil er mangelhafte Einzelteile des mangelhaften Erzeugnisses ausgetauscht hat, um die Mangelhaftigkeit des Erzeugnisses zu beseitigen, besteht hierfür standardmäßig keine Deckung. Beispiel (für nicht gedeckten Einzelteilaustausch132): Der VN stellt komplexe elektronische Bauteile für von Drittunternehmen gefertigte EDV-Anlagen her. Nach Auslieferung der EDV-Anlage wird die Mangelhaftigkeit eines Einzelteils der vom VN gefertigten Bauteile festgestellt. Der Fehler lässt sich erst nach Ausbau der Bauteile durch den Austausch des Einzelteils beheben.
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Um das insbesondere für die Zulieferer komplexer Bauteile (z.B. Systemhersteller und Assembler) bestehende Bedürfnis nach weiter gehender Deckung zu befriedigen, hat der Musterbedingungsgeber die fakultativ zu vereinbarenden Ziff. 4.4.5 ProdHM und 4.4.6 ProdHM vorgesehen, die Versicherungsschutz für Einzelteile-Austauschmaßnahmen, für Reparaturen im eingebauten Zustand sowie für Mangelbeseitigungsmaßnahmen bieten (Rn. 128 ff.).
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(2) Zweitaustausch. Da das mangelhafte Erzeugnis gegen ein mangelfreies Erzeugnis ausgetauscht werden muss, sind die Kosten des Zweitaustausches im Rahmen des Schadensersatzanspruchs des Gesamtproduktherstellers nur dann versichert, wenn sich die als neu eingebaute Sache ebenfalls als mangelhaft erweist und deshalb der Austauschvorgang wiederholt werden muss.133 Ist das auszutauschende mangelhafte Erzeugnis auf dem Markt nicht mehr (mangelfrei) erhältlich, wird die Deckung der Kosten nicht nachteilig dadurch berührt, dass ein weiterentwickeltes oder verbessertes Erzeugnis oder Produkt eingebaut wird.134
(3) Versicherte Schadenspositionen. Zu den gedeckten Schadensersatzpositionen des geschädigten Dritten (Gesamtprodukthersteller, Abnehmer des Gesamtprodukts usw.) zählen die zeitlich, räumlich und funktional im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Austausch stehenden Kosten (einschließlich der Kosten der Vorbereitung und einer notwendigen Montageüberwachung),135 soweit diese haftungsrechtlich geboten waren. Beispielhaft seien genannt: Reisekosten, Überstundenzuschläge, Spesen und Übernachtungskosten für das Montagepersonal, Gemeinkosten wie z.B. Buchhaltungskosten oder Personalverwaltungskosten, Prüfkosten sowie Kosten für Arbeitsmittel und -geräte, Kleinteile wie z.B. Schrauben, Muttern und Dichtungen einschließlich aller Vorhaltekosten für Gerüste und sonstige Arbeitsgeräte.136 Keine Deckung besteht für Schäden aus einer durch den Aus- und Einbau bedingten 111 Betriebsstilllegung, aus einem dadurch entstandenen Produktionsausfall sowie für entgangenen Gewinn. Bei diesen Schadenspositionen fehlt es an dem zuvor beschriebenen
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131 132 133
134
GDV-Erläuterungen 63. Vgl. GDV-Erläuterungen 67. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 152, 156; Grote VersR 1995 508, 511; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.781. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.4.1 Rn. 6; Nickel/Nickel-Fiedler Ziff. 4.4 Rn. 102.
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135
136
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 154; umfassend Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.858 ff. Vgl. GDV-Erläuterungen 64; Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 154; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.846 ff.; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 146; Späte ProdHM Rn. 43.
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ProdHM 2008 Ziff. 4
unmittelbaren Zusammenhang mit dem Austausch.137 Gleiches gilt für die Transportund Entsorgungskosten der ausgebauten Erzeugnisse.138 Auch im Rahmen des Ziff. 4.4 ProdHM sind das haftungsrechtliche Gebot der Wirt- 112 schaftlichkeit (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) und der Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) zu beachten (Rn. 47). Übersteigen die tatsächlich angefallenen Austauschkosten den Wert des Gesamtprodukts, ist der Haftpflichtanspruch des Geschädigten nicht auf den Ersatz der Aus- und Einbaukosten gerichtet, sondern auf den Ersatz des Werts des Gesamtprodukts beschränkt. Fallen die Austauschkosten höher aus als eine Veräußerung der (mangelhaften) Gesamtsache zu einem Preisnachlass oder als die Kosten einer Nachbearbeitung des Gesamtsache, ist der Schadensersatzanspruch der Höhe nach beschränkt auf Ersatz des entgangenen Gewinns oder der Nachbearbeitungskosten. Für den solchermaßen reduzierten Anspruch besteht entgegen Hinsch139 Deckung. Insoweit gilt es zu berücksichtigen, dass Ziff. 4.4.2.1 ProdHM abweichend von Ziff. 4.2.2.3 ProdHM und Ziff. 4.3.2.2 ProdHM die Deckung nicht von vornherein auf die Kosten „für einen rechtlich gebotenen und wirtschaftlich zumutbaren Austausch“ beschränkt. Dies hat zur Folge, dass der VN gegen den VR einen Anspruch auf Freistellung hat, dessen Höhe sich nach dem Wert des Gesamtprodukts oder den Kosten einer Nachbearbeitung bemisst, soweit diese niedriger sind, als die tatsächlich angefallenen Austauschkosten. Zu den vom Versicherungsschutz erfassten Schadensersatzpositionen zählen nach all- 113 gemeiner Ansicht auch Nachbesserungsbegleitschäden, d.h. die Kosten des Gesamtproduktherstellers für die Reparatur von Sachen, die beim Aus- und Einbau des mangelhaften Erzeugnisses zwangsläufig beschädigt oder zerstört werden.140 Der Ausschluss gem. Ziff. 7.7 AHB greift nicht ein, da der Austausch nicht seitens des VN vorgenommen wird. Der Ausschluss gem. Ziff. 1.2, 2. Spiegelstrich AHB wird durch den nach Ziff. 6.1.1, 2. Spiegelstrich ProdHM ersetzt, der wiederum nur dann eingreift, wenn keine Deckung nach Ziff. 4 ProdHM besteht. Beispiele:141 Beschädigung des Putzes und des Anstrichs, um unter Putz verlegte Leitungen auszutauschen; beim Austausch mangelhafter Kondensatoren, die auf Leiterplatten montiert sind, ist nicht zu vermeiden, dass gelegentlich benachbarte an sich mangelfreie weitere Bauteile beschädigt werden und mit ersetzt werden müssen; Abriss der der Außenanlagen, um die Kellerabdichtung zu erneuern.142
Über die eigentlichen Einbaukosten hinaus sind vom Versicherungsschutz die Kosten für die Wiederherstellung des vorherigen Zustands umfasst, z.B. das Wiederanpflanzen nach dem Aufgraben, um defekte Rohre auszutauschen.143 bb) Berücksichtigung des Erfüllungsbereichs. Nach Ziff. 4.4.2.1 S. 2 ProdHM blei- 114 ben die Kosten für die „Nach- und Neulieferung“ mangelfreier Erzeugnisse oder mangel137 138
139 140
Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 197. Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.4.1 Rn. 7; MAH/Stempfle § 15 Rn. 199; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.761; Grote VersR 1995 508, 511; Feindt VW 1989 316. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.773. Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.4.1 Rn. 8; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.850; Langheid/Wandt/Thürmann Pro-
141 142 143
dukthaftpflichtV Rn. 154; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 147; Späte ProdHM Rn. 43. Nach Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 154. Vgl. LG Berlin 13.12.2011 BeckRS 2012 19702. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 154; vgl. auch Vgl. LG Berlin 13.12.2011 BeckRS 2012 19702.
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Produkthaftpflichtmodell
freier Produkte Dritter vom Versicherungsschutz ausgenommen. Zu diesen Kosten zählen auch die Transportkosten zum Erfüllungsort.
115
c) Transportkosten (Ziff. 4.4.2.2 ProdHM). Ziff. 4.4.2.2 ProdHM trifft eine Regelung bezüglich der Deckung von Schadensersatzansprüchen, die auf den Ersatz von Transportkosten gerichtet sind, die im Zusammenhang mit der (Weiter-)Lieferung eines mangelfreien Erzeugnisses des VN (oder ersatzweise der Produkte eines Dritten) vom Erfüllungsort zum Austauschort entstehen. Zu den gedeckten Kosten gehören die Kosten der Beförderung, Zölle, Verladekosten, Hafen-, Schleusen-, Kanal- und Brückengelder, Lotsengebühren sowie das Porto. Ist für das Verfrachten oder Transportieren zum Austauschort eine gesonderte Verpackung erforderlich (z.B. auslaufsicherer Container, salzwasserfeste Verpackung für Seetransport), gehört auch diese Transportverpackung zu den Transportkosten.144 Was mit Erfüllungsort gemeint ist, lässt sich dem ProdHM nicht entnehmen. Im Bür116 gerlichen Recht wird dieser Begriff in §§ 447 Abs. 1, 644 Abs. 2 BGB ohne nähere Bestimmung verwendet. Dort wird er im allgemeinen gleichgesetzt mit dem Leistungsort i.S.v. § 269 Abs. 1 BGB.145 Maßgeblich ist danach der Ort, an dem die geschuldete Leistungshandlung vorzunehmen ist. Es handelt sich nach § 269 Abs. 1 und 2 BGB um den Ort, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seine gewerbliche Niederlassung hatte, soweit die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben oder sich aus den Umständen, insb. aus der Natur des Schuldverhältnisses, etwas anderes ergibt. In diesem Sinne dürfte auch der durchschnittliche VN einer Produkthaftpflichtversicherung den Begriff des Erfüllungsortes verstehen. Dieser Erfüllungsort ist bei Hol- und Schickschulden die Niederlassung des VN, sodass die Kosten von diesem Ort zum Austauschort übernommen werden. Bei Bringschulden ist der Erfüllungsort der Ort, an welchen das Erzeugnis zu bringen war. Sofern der Austausch an diesem Ort stattzufinden hat, sind Transportkosten nicht gedeckt. Sind die Kosten für den direkten Transport vom VN bzw. vom Dritten zum Ort des 117 Austausches geringer als die Kosten des Transportes vom Erfüllungsort der ursprünglichen Lieferung des VN zum Ort des Austausches, sind nach Ziff. 4.4.2.2 S. 2 ProdHM nur die Kosten des Direkttransportes versichert. Beispiel: Der VN in Köln stellt elektronische Bauteile zum Einbau in EDV-Anlagen für seinen Abnehmer in Wolfsburg her. Der Abnehmer hat die Bauteile beim Bau eines EDV-Zentrums in Hamburg genutzt. Nachdem sich herausgestellt hat, dass die Bauteile mangelhaft sind, werden sie ausgebaut und durch mangelfreie Bauteile des VN ersetzt. Die neuen mangelfreien Bauteile werden zunächst nach Wolfsburg und von dort nach Hamburg befördert. Der Abnehmer verlangt vom VN Ersatz der Transportkosten von Köln nach Wolfsburg und den Transport von Wolfsburg nach Hamburg aus §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB.
Versicherungsschutz besteht nur für die Kosten des Transports von Wolfsburg nach Hamburg (sog. äußere Transportkosten). Keine Deckung besteht dagegen für die Kosten des Transports von Köln nach Wolfsburg (sog. innere Transportkosten).146 Sollte der Direkttransport von Köln nach Hamburg kostengünstiger sein als von Wolfsburg nach Hamburg, sind nur die Kosten des Direkttransports versichert.147 Dies gereicht dem VN
144 145
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 161. MüKo-BGB/H.P. Westermann § 447 Rn. 4; Staudinger/Beckmann § 447 Rn. 6.
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147
Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 158; Krause NVersZ 2001 103, 105; Klinkhammer VP 2000 143, 150 f. Vgl. GDV-Erläuterungen 65.
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jedoch nicht zum Nachteil, da die Schadensersatzansprüche des Abnehmers wegen § 254 Abs. 2 S. 1 BGB auf Ersatz der Direkttransportkosten beschränkt sind.148 Wird nicht das Erzeugnis des VN aus einem Gesamtprodukt ausgebaut, sondern ent- 118 sprechend Ziff. 4.4.1 S. 2 ProdHM ein Produkt, in dem das mangelhafte Erzeugnis des VN enthalten ist, kommt es für die Abgrenzung der inneren und äußeren Transportkosten auf den Erfüllungsort der ursprünglichen Lieferung des VN an. Beispiel:149 Getriebe von in der Nordsee installierten Windkrafträdern werden ausgetauscht, weil sie infolge von Ausfällen der vom VN an den Getriebehersteller in Baden-Württemberg gelieferten Wälzlager nicht mehr funktionieren. Für die Berechnung der vom VR zu übernehmenden (äußeren) Transportkosten ist auf den Erfüllungsort der Wälzlagerlieferung in BadenWürttemberg abzustellen. Somit besteht Deckung für auf den Ersatz der gesamten Transportkosten der Getriebe gerichteten Schadensersatzansprüche des Getriebeherstellers.
3. Nacherfüllungsansprüche (Ziff. 4.4.3 ProdHM) Ziff. 4.4.3 ProdHM erweitert den Versicherungsschutz auf den verschuldensunabhän- 119 gigen Anspruch des Käufers aus §§ 437, 439 Abs. 1 BGB auf Nacherfüllung. Der Umfang dieses Anspruchs ist nach dem Urteil des BGH v. 17.10.2012 insoweit geklärt, als die Ersatzlieferung i.S.v. § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB in dem hier interessierenden unternehmerischen Verkehr nicht den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache sowie den Einbau einer Ersatzsache umfasst.150 Verlangt der Käufer Nacherfüllung in Form der Mangelbeseitigung i.S.v. § 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB und ist hierfür der Ausbau des Erzeugnisses erforderlich, gehören die Aus- und Wiedereinbaukosten als Nebenkosten zur Mangelbeseitigung.151 Nimmt man die Kostenregelung nach § 439 Abs. 2 BGB in den Blick, wonach der 120 Veräußerer insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits-, Material- und Gutachterkosten zu tragen hat, so schuldet der Verkäufer all die in Ziff. 4.4.2.1 und 4.4.2.2 ProdHM versicherten Kosten. Soweit Ziff. 4.4.3 ProdHM Versicherungsschutz für die Kosten verspricht, die der Abnehmer des VN aufgewendet hat, verkennt der Musterbedingungsgeber, dass der Abnehmer die Kosten einer Selbst-/Ersatzvornahme nur als Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB ersetzt verlangen kann, der Verschulden voraussetzt 152. Die Deckung beurteilt sich in diesem Fall nach Ziff. 4.4.2 ProdHM. Die Formulierung „oder seinem Abnehmer“ ist deshalb zu streichen. Deckung für die Kosten der Nacherfüllung besteht somit nur insoweit, als der VN diese Kosten in Erfüllung seiner Pflicht zur Nacherfüllung aus § 439 Abs. 1 BGB aufgewendet hat. Insoweit wird haftpflichtuntypisch ein Eigenschaden des VN gedeckt.153 Die Pflicht zur Nacherfüllung besteht im Übrigen nicht, wenn der VN die Nacherfül- 121 lung zu Recht nach § 439 Abs. 3 BGB verweigert. In diesem Fall fallen weder beim VN Aufwendungen an, noch ist sein Abnehmer mangels Pflichtverletzung zum Schadensersatz berechtigt. Nimmt der VN die Nacherfüllung vor, obgleich er hierzu nicht verpflichtet war, besteht keine Deckung, und zwar auch nicht bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllungskosten. 148 149 150 151
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 158. Nach Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 161. Vgl. BGH 17.10.2012 NJW 2013 220, 221. Vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann § 439
152 153
Rn. 22; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 164. Vgl. BGH 23.2.2005 NJW 2005 1348. Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.4.1 Rn. 12.
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Produkthaftpflichtmodell
4. Ausschlüsse (Ziff. 4.4.4 ProdHM)
122
In Ziff. 4.4.4 ProdHM sind speziell für die Austauschkostendeckung geltende Ausschlüsse formuliert.
123
a) Eigenmontage (Ziff. 4.4.4.1 ProdHM). Keine Deckung besteht nach Ziff. 4.4.4.1 ProdHM für auf den Ersatz von Austauschkosten gerichtete Schadensersatzansprüche sowie die Kosten der Nacherfüllung, wenn der VN die mangelhaften Erzeugnisse selbst eingebaut oder montiert hat oder in seinem Auftrag, für seine Rechnung oder unter seiner Leitung hat einbauen oder montieren lassen. In diesen Fällen zählt der Austausch des mangelhaften Erzeugnisses zum ungedeckten Erfüllungsbereich.154 Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Mangelhaftigkeit nicht aus dem Einbau, der Montage oder Montageleitung, sondern ausschließlich aus der Herstellung oder Lieferung resultiert, weil sich dann kein mit der Eigenmontage verbundenes Risiko verwirklicht hat. Mit der Beschränkung des Eigenmontage-Ausschlusses soll nach den Vorstellungen 124 des Musterbedingungsgebers sichergestellt werden, dass der VN, der neben der Herstellung oder Lieferung auch noch zum Einbau verpflichtet ist, nicht schlechter gestellt ist, als der VN, der nur zur Herstellung oder Lieferung verpflichtet ist.155 Wie auch sonst bei Ausschlusstatbeständen gilt der Grundsatz der Gesamtkausalität (hierzu näher Ziff. 7 AHB Rn. 17). Es genügt also, dass Einbau, Montage oder Montageleitung zur Mangelhaftigkeit beigetragen haben. Die Beweislast dafür, dass die Mangelhaftigkeit ausschließlich aus der Herstellung 125 oder Lieferung und nicht aus dem Einbau, der Montage oder der Montageleitung resultiert, liegt beim VN. Beispiel:156 Der VN produziert, liefert und installiert einen Flansch für eine Leitung. Der Flansch wird undicht. Es kommt zum Austritt des Mediums und dadurch zum Zersetzen der Dichtung des Flansches und zu Materialschäden an den benachbarten Außenflächen des Flansches. Danach ist nicht mehr festzustellen, ob die Dichtung des Flansches mangelhaft war oder bei der Montage des Flansches nicht richtig positioniert wurde. Es besteht keine Deckung für die Kosten des Ausbaus des schadhaften Flansches aus der Leitung und der Neuinstallation, da unklar bleibt, ob die Ursache der Mangelhaftigkeit in der Herstellung oder in der Montage lag.
126
b) Kfz-, Schienen- und Wasserfahrzeugteile (Ziff. 4.4.4.2 ProdHM). Kein Versicherungsschutz besteht gem. Ziff. 4.4.4.2 ProdHM, wenn sich die Mangelbeseitigungsmaßnahmen gem. Ziff. 4.4.1 bis 4.4.3 ProdHM auf Teile, Zubehör oder Einrichtungen von Kfz, Schienenfahrzeugen oder Wasserfahrzeugen beziehen (zu den Begrifffen s. Ziff. 1 ProdHM Rn. 25 f.). Betroffen von diesem Ausschluss sind u.a. Hersteller von Software in der Steuerungselektronik bei modernen Kfz.157 Die Anwendung des Ausschlusses wird jedoch beschränkt auf die Fälle, in denen diese Erzeugnisse im Zeitpunkt der Auslieferung durch den VN oder von ihm beauftragte Dritte ersichtlich für den Bau von oder den Einbau in vorgenannte Fahrzeuge bestimmt waren.158
154 155
156
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 168. Vgl. GDV-Erläuterungen 66 f.; Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 169. Nach Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 170.
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157 158
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 174. Zur hinreichenden Bestimmtheit dieser Formulierung s. LG Köln 19.3.2008 VersR 2008 1201, 1202.
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ProdHM 2008 Ziff. 4
Der Begriff „ersichtlich“ ist zugunsten des VN subjektiv zu bestimmen. Nicht erfor- 127 derlich ist die positive Kenntnis des VN. Es genügt, wenn die Verwendung der Erzeugnisse für die angesprochenen Risikobereiche für den VN bei Auslieferung (ex-ante) erkennbar war,159 wobei nur grobe Fahrlässigkeit schadet (Ziff. 7 AHB Rn. 294).160 Nach Hinsch161 und den ihm folgenden Autoren162 soll bereits einfach fahrlässige Unkenntnis den VN nicht entlasten. Da die Vertreter dieser Ansicht die abstrakte Möglichkeit, dass die betroffenen Erzeugnisse in Fahrzeuge eingebaut werden könnten, nicht ausreichen lassen, sondern verlangen, dass der VN nach der Art der Erzeugnisse und/oder der Person des Bestellers deren Verwendung hätte erkennen können, überzeugt diese Auffassung nicht, da in diesen Fällen ebenfalls grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Soweit der VN Erzeugnisse herstellt und liefert, die zur Verwendung in Fahrzeugen bestimmt sind, muss sich für ihn deren Verwendung schon aus dieser Zweckbestimmung aufdrängen. Selbst wenn die Lieferung nicht direkt an Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeughersteller oder – zulieferer erfolgt, liegt zumindest grob fahrlässige Unkenntnis vor. c) Ausschluss von Rückrufkosten (Ziff. 4.4.4.3 ProdHM). Kein Versicherungsschutz 128 für Aus- und Einbaukosten besteht nach Ziff. 4.4.4.3 ProdHM, soweit Ziff. 6.2.8 eingreift, wenn also Ansprüche wegen der Kosten gem. Ziff. 4.4 ProdHM im Zusammenhang mit einem Rückruf von Erzeugnissen des VN oder Produkten Dritter, die Erzeugnisse des VN enthalten, geltend gemacht werden. Beispiel:163 Der VN stellt Elektromotoren für Dunstabzugshauben her. Im Rahmen einer Rückrufaktion des Herstellers der Dunstabzugshauben müssen die Elektromotoren wegen Kurzschluss- und damit verbundener Brandgefahr ausgetauscht werden.
5. Fakultative Deckungserweiterung der Ziff. 4.4 ProdHM: Aus- und Einbaukosten beim Einzelteileaustausch und Reparaturkosten a) Fakultative Deckungserweiterung. Die Deckung nach Ziff. 4.4.2 ProdHM und 129 4.4.3 ProdHM setzt voraus, dass es zu einem Austausch des mangelhaften Erzeugnisses des VN kommt.164 Unterbleibt ein Austausch, weil eine Reparatur im eingebauten Zustand möglich ist (und im Hinblick auf die Kosten vom VN haftungsrechtlich auch nur geschuldet wird), besteht für die auf den Ersatz dieser Kosten gerichteten Schadensersatzansprüche gegen den VN kein Versicherungsschutz (vgl. Rn. 96 ff.). Letzteres gilt auch für Ansprüche, die auf den Ersatz der Kosten für den Austausch mangelhafter Einzelteile des mangelhaften Erzeugnisses – im ausgebauten oder im eingebauten Zustand – gerichtet sind. Diese Lücken können durch besondere Vereinbarung der Ziff. 4.4.5 und 4.4.6 ProdHM geschlossen werden.
159
160
161 162
Prölss/Martin/Voit Ziff. 4.4 Rn. 14; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 175. Weiter gehend Produkthaftungshandbuch3/ Graf von Westphalen § 50 Rn. 50 (nur positive Kenntnis schadet). Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.835. Späte ProdHM Rn. 47; wohl auch Prölss/
163 164
Martin/Voit Ziff. 4.4 Rn. 14 (einfache Fahrlässigkeit genügt); unklar Langheid/Wandt/ Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 175; MAH/Stempfle § 15 Rn. 206; Nickel/ Nickel-Fiedler 429. Vgl. GDV-Erläuterungen 78. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 181.
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Produkthaftpflichtmodell
b) Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.4.5 ProdHM)
130
aa) Kosten des Einzelteileaustausches (Ziff. 4.4.5.1 ProdHM). Nach Ziff. 4.4.5.1 ProdHM sind die gesetzlichen Ansprüche Dritter gedeckt, die auf den Ersatz der Kosten für den Austausch mangelhafter Einzelteile von Erzeugnissen des VN gerichtet sind. Erfasst werden sowohl Schadensersatzansprüche als auch der Anspruch auf Nacherfüllung.165 Voraussetzung für die Deckung ist, dass die Erzeugnisse des VN in Gesamtprodukte Dritter eingebaut, angebracht, verlegt oder aufgetragen worden sind (vgl. Rn. 91 ff.). Entsprechend der Regelungssystematik der Ziff. 4.4.2.1 ProdHM und Ziff. 4.4.2.2 ProdHM sind die auf Ersatz der Kosten für die Nach- und Neulieferung mangelfreier Einzelteile gerichteten Ansprüche von der Deckung ausgenommen. Für die Kosten des Transports nach- oder neugelieferter Einzelteile besteht Deckung, soweit es um den Transport vom Erfüllungsort der ursprünglichen Lieferung zum Austauschort geht und die Kosten für den direkten Transport vom VN zum Ort des Austausches nicht geringer sind.166
131
bb) Mangelbeseitigungskosten (Ziff. 4.4.5.2 ProdHM). Ziff. 4.5.5.2 ProdHM schließt die Kosten der Reparatur des mangelhaften Erzeugnisses in eingebautem Zustand und Ziff. 4.4.5.3 ProdHM die Kosten für sonstige Mangelbeseitigungsmaßnahmen an mangelhaften Erzeugnissen ein. Zu den Kosten der Reparatur zählen neben den Arbeitskosten auch die dafür nötigen Materialkosten.167 Keine Deckung besteht für Reparaturversuche, die erfolglos bleiben.168 Zu sonstigen Mangelbeseitigungsmaßnahmen zählen alle Maßnahmen, die sich 132 nicht als Einzelteileaustausch oder Reparatur darstellen, aber gleichwertig sind.169 Der Musterbedingungsgeber hat hierfür als Beispiel die Ummantelung von undichten Schläuchen aufgeführt, die vom VN für den Einsatz in Hydraulik-Systemen hergestellt werden.170
133
c) Ausschlüsse. Ziff. 4.4.5 S. 4 ProdHM erklärt die Ausschlüsse gem. Ziff. 4.4.4 ProdHM ausdrücklich für anwendbar.
134
d) Beschränkung auf kostengünstigste Maßnahme (Ziff. 4.4.6 ProdHM). Sofern der Mangel des Gesamtproduktes nicht nur durch Austausch eines Einzelteils oder die Reparatur des Erzeugnisses im eingebauten Zustand oder sonstige Nachrüstmaßnahmen behoben werden kann, sondern auch durch Austausch des Erzeugnisses als Ganzes, besteht bei Vereinbarung der Deckungserweiterung gem. Ziff. 4.4.6 S. 1 ProdHM Versicherungsschutz nur in Höhe der niedrigsten versicherten Kosten, und zwar unabhängig davon, welche Maßnahmen der Anspruchsteller tatsächlich ergreift. Sind z.B. die Kosten des Austausches des Erzeugnisses als Ganzes (einschließlich der versicherten Transportkosten) niedriger als die Kosten für die in Ziff. 4.4.5 ProdHM genannten Maßnahmen (Einzelteilaustausch, Reparatur des Erzeugnisses im eingebauten Zustand, Nachrüstung), besteht für die Schadensersatzansprüche, die auf Ersatz der Kosten für diese Maßnahmen
165 166 167
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 184. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 190. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 188.
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168 169 170
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 188. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 189. GDV-Erläuterungen 69.
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ProdHM 2008 Ziff. 4
gerichtet sind, nur Deckung in Höhe der Kosten des Austausches des Erzeugnisses als Ganzes. Sind die Kosten für den Einzelteilaustausch höher als diejenigen für Nachrüstmaßnahmen, besteht nur Deckung in Höhe der niedrigeren Kosten der Nachrüstung. Beispiel:171 Der VN stellt Hydraulik-Systeme für Produktionsmaschinen her. Die in den Hydraulik-Systemen verwendeten Schläuche sind undicht. Die Kosten des Einzelteilaustausches (ohne Nachlieferung mangelfreier Schläuche) betragen 200 Euro je System, die Kosten für die Ummantelung dagegen nur 100 Euro je System.
Die Beschränkung in Ziff. 4.4.6 S. 1 ProdHM ist wegen § 254 Abs. 2 S. 1 BGB über- 135 flüssig, soweit es um Schadensersatzansprüche geht (vgl. Rn. 47).172 Nach Ansicht des Musterbedingungsgebers dient die Beschränkung deshalb vornehmlich dem Zweck, den Anspruch auf Nacherfüllung aus § 439 Abs. 1 BGB zu begrenzen, auf den § 254 Abs. 2 S.1 BGB keine Anwendung findet.173 Wie bereits dargelegt, geht es bei der Deckung für die Kosten der Nacherfüllung jedoch nur um die Kosten, die der VN in Erfüllung seiner Pflicht zur Nacherfüllung aufgewendet hat (Eigenschaden). Damit stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis Ziff. 4.4.6 S. 1 ProdHM zur Schadensminderungsobliegenheit des VN gem. Ziff. 25.2 S. 1 AHB i.V.m. § 82 Abs. 1 VVG steht. Nimmt man den Willen des Musterbedingungsgebers in den Blick, kommt eine Ein- 136 ordnung als (sog. verhüllte) Obliegenheit durchaus in Betracht. In diesem Fall hätte der VN, der nicht die kostengünstigste Maßnahme ergriffen hat, je nach Grad seiner Fahrlässigkeit bei der Auswahl gem. § 83 Abs. 2 VVG Anspruch auf den vollen oder ggf. gekürzten Ersatz der Kosten für die teurere Maßnahme. Nach der Rechtsprechung soll jedoch selbst eine zugunsten des VN wirkende Intention des Bedingungsgebers nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie sich im Klauselwortlaut niedergeschlagen hat.174 Der Wortlaut von Ziff. 4.4.6 S. 1 ProdHM deutet auf eine objektive primäre Risikobegrenzung hin. Die Formulierung „besteht Versicherungsschutz“ wird der durchschnittlicher VN einer Produkthaftpflichtversicherung eher in dem Sinne verstehen, dass von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt wird und nicht ein gegebener Versicherungssschutz wegen nachlässigen Verhaltens reduziert wird.175 e) Berücksichtigung des Erfüllungsbereichs. Ziff. 4.4.6 S. 2 ProdHM enthält eine den 137 Ziff. 4.2.2.3 ProdHM und 4.3.2.1 ProdHM vergleichbare Kostenabzugsregelung. Mit dieser Regelung soll für den Fall der Nachbearbeitung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der VN bei Reparatur oder sonstigen Mangelbeseitigungsmaßnahmen die beim Austausch des Erzeugnisses als Ganzes oder Einzelteilaustausch nicht gedeckte Nach- oder Neulieferung mangelfreier Erzeugnisse oder Einzelteile erspart.176 Zur Berechnung des nicht gedeckten Anteils sind das Entgelt für die Erzeugnisse des VN und der Verkaufspreis des Gesamtprodukts nach der Reparatur oder einer anderen Mangelbeseitigungsmaßnahme ins Verhältnis zu setzen.177 Beispiel:178 Der VN stellt Hydraulik-Systeme für Produktionsmaschinen her. Die in den Hydraulik-Systemen verwendeten Schläuche sind undicht. Entgelt für ein Hydraulik-System: 1.000 Euro;
171 172 173 174
Nach GDV-Erläuterungen 69. Vgl. GDV-Erläuterungen 69. Vgl. GDV-Erläuterungen 69. St. Rspr., vgl. BGH 27.6.2012 RuS 2012 490, 491 = VersR 2012 1253; BGH 25.9.2002 RuS 2003 16; BGH 17.5.2000 RuS 2000 478, 479.
175
176 177 178
Zur Abgrenzung zwischen verhüllter Obliegenheit und objektiven Risikoausschluss s. BGH 18.5.2011 RuS 2012 130, 132. GDV-Erläuterungen 70. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 194. Nach GDV-Erläuterungen 70.
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Produkthaftpflichtmodell
Verkaufspreis einer Produktionsmaschine (nach Reparatur oder anderer Mangelbeseitigungsmaßnahme): 100.000 Euro; Kosten der Nachrüstmaßnahme je Hydraulik-System: 100 Euro; somit kein Ersatz der Kosten der Nachrüstmaßnahmen in Höhe von 1 % (1000 :100.000 = 1:100); somit Deckung über 99 Euro ( 100 Euro – abzüglich 1 %).
F. Schäden durch mangelhafte Maschinen (fakultativ) (Ziff. 4.5 ProdHM) I. Haftung für Schäden durch mangelhafte Maschinen 138
Gegenstand der Deckung gem. Ziff. 4.5 ProdHM sind auf den Ersatz von Vermögensnachteilen gerichtete Schadensersatzansprüche Dritter, die darauf beruhen, dass erstens die vom VN hergestellte, gelieferte, montierte oder gewartete Maschine mangelhaft ist und zweitens durch die (mangelhafte) Maschine mangelhafte Produkte hergestellt, beoder verarbeitet wurden. Zu den versicherten Schadenspositionen zählen Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung oder Vernichtung der mittels der mangelhaften Maschine hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte, vergeudeter Herstellungskosten, Kosten der Nachbearbeitung, entgangenen Gewinns, Produktionsausfalls sowie Haftungsschäden, die dem Abnehmer der Maschine daraus entstehen, dass er von den Abnehmern der mangelhaft hergestellten Produkte in Anspruch genommen wird (z.B. auf Schadensersatz oder Nacherfüllung, aus Rücktritt oder Minderung). All diese Schadenspositionen haben gemeinsam, dass sie nicht durch Nachbesserung der mangelhaften Maschine oder Ersatzlieferung hätten beseitigt werden können. Der Schadensersatzanspruch des Abnehmers folgt somit aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB. Soweit es um Ansprüche wegen Beschädigung oder Vernichtung der mittels der man139 gelhaften Maschine hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte geht, kommen auch deliktische Ansprüche des Abnehmers der Maschine gem. § 823 Abs. 1 BGB in Betracht (z.B. wegen Eigentumsverletzung an maschinell zu bearbeitenden Ausgangsstoffen).
II. Versicherung von durch mangelhafte Maschinen verursachte Schäden 140
Die Versicherung von durch mangelhafte Maschinen verursachte Schäden ist nur für Hersteller von Maschinen oder – für den Fall der Vereinbarung der weiteren fakultativen Ergänzung der Steuerelemente- und Werkzeugeklausel – von Maschinenteilen bedeutsam. Ziff. 4.5 ProdHM wird deshalb als fakultativ aufgeführt.179 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.5.1 ProdHM)
141
Gem. Ziff. 4.5.1 ProdHM ist Voraussetzung für die Deckung, dass der VN eine Maschine mangelhaft hergestellt, geliefert, montiert oder gewartet hat und durch die (mangelhafte) Maschine mangelhafte Produkte produziert, be- oder verarbeitet wurden (Doppelkausalität).
179
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 199.
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a) Mangelhafte Herstellung, Lieferung, Montage oder Wartung einer Maschine aa) Begriff der Maschine (1) Legaldefinition in § 2 der 9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz. Der Be- 142 griff „Maschine“ wird im ProdHM nicht definiert. Eine gesetzliche Definition findet sich in § 2 der 9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Maschinenverordnung) (9. ProdSV), mit der die Richtlinie 2006/42/EG v. 17.5.2006 über Maschinen180 umgesetzt worden ist. Nach § 2 Ziff. 1 9. ProdSV zählen zu den Maschinen i.w.S. neben den Maschinen i.e.S. auch auswechselbare Ausrüstungen, Sicherheitsbauteile, Lastaufnahmemittel, Ketten, Seile und Gurte und abnehmbare Gelenkwellen. Eine Maschine i.e.S. ist gem. § 2 Ziff. 2 9. ProdSV „a) eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines beziehungsweise eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind, b) eine Gesamtheit im Sinne des Buchstaben a, der lediglich die Teile fehlen, die sie mit ihrem Einsatzort oder mit ihren Energie- und Antriebsquellen verbinden, c) eine einbaufertige Gesamtheit im Sinne der Buchstaben a und b, die erst nach Anbringung auf einem Beförderungsmittel oder Installation in einem Gebäude oder Bauwerk funktionsfähig ist, d) eine Gesamtheit von Maschinen im Sinne der Buchstaben a bis c oder von unvollständigen Maschinen nach Nummer 8, die, damit sie zusammenwirken, so angeordnet sind und betätigt werden, dass sie als Gesamtheit von Maschinen funktionieren, e) eine Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines beziehungsweise eine beweglich ist und die für Hebevorgänge zusammengefügt sind und deren einzige Antriebsquelle die unmittelbar eingesetzte menschliche Kraft ist.“
Die Definition der Maschine in § 2 Ziff. 2 lit. a) bis e) 9. ProdSV dürfte maßgebend 143 für das Verständnis des durchschnittlichen VN einer Produkthaftpflichtversicherung sein.181 Die nach § 2 Ziff. 2 lit. a) 9. ProdSV erforderliche Zweckbestimmung der Maschine („für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind“) liegt vor, wenn diese dazu geeignet und bestimmt ist, Produkte zu produzieren, zu be- oder zu verarbeiten.182 Nicht unter den Begriff der Maschine i.S.v. Ziff. 4.5.1 ProdHM fallen z.B. Heizgeräte, 144 Heizöfen, Klimaanlagen oder Kühlschränke sowie Vorrichtungen, die nur dazu bestimmt sind, Menschen oder Sachen zu befördern (z.B. Aufzug, Skilift, Stapler), auf Menschen einzuwirken (z.B. medizinische Geräte), Sachen zu lagern oder Energie zu erzeugen.183 Der Begriff „Produkt“ ist gleichbedeutend mit dem Begriff der Sache i.S.v. § 90 145 BGB.184 Beim „Produzieren“ geht es um die Herstellung einer neuen Sache, die nicht mit
180 181
ABl. Nr. L 157 v. 9.6.2006, S. 24 Hierauf abstellend Looschelders/Pohlmann/ Lenz ProdukthaftpflichtV Rn. 54; zurückhaltender Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.5 Rn. 2; nach Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 201 sind Maschinen „mechanische Vorrichtungen, die elektrische oder elektronische Teile enthalten können, aber nicht müssen, und unter Energiezufuhr durch gesteuerte Bewegungen Arbeit leisten“.
182
183
184
MAH/Stempfle § 15 Rn. 212; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 55 Rn. 12. MAH/Stempfle § 15 Rn. 212; Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 201; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.5 Rn. 2; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 236. Produkthaftungshandbuch3/Mühlbauer § 74 Rn. 7; vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.904.
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dem verwendeten Ausgangsstoffen identisch ist.185 „Bearbeiten“ umschreibt Tätigkeiten, mit denen auf ein Produkt mechanisch eingewirkt wird. Hierzu zählen z.B. Drehen, Fräsen, Bohren, Schleifen, Beschichten, Härten, Schneiden, Sägen, Polieren etc.186 Von „Verarbeiten“ spricht man, wenn aus einem Rohstoff ein fertiges Produkt gemacht wird.187
146
(2) Vorrichtungen zum Zählen, Messen oder Prüfen. Fraglich ist, ob Vorrichtungen zum Zählen, Messen oder Prüfen als Maschinen i.S.v. Ziff. 4.5.1 ProdHM zu qualifizieren sind (z.B. fehlerhafter Barcode-Leser oder fehlerhafte elektronische Waage). Im Anschluss an Hinsch188 wendet sich die ganz überwiegende Literatur gegen eine Qualifikation solcher Geräte als Maschinen i.S.v. Ziff. 4.5.1 ProdHM. Zur Begründung wird angeführt, solche Maschinen dienten nicht der Bearbeitung von Produkten und auch die erstellten Mess- oder Prüfwerte seien keine Produkte.189 Das wirtschaftlich relevante Schadensbild liege nicht im Messaufwand, sondern in den Folgeschäden durch Weiterverwendung der falschen Daten. Ziff. 4.5 ProdHM passe nicht, weil für diese Schadenbilder in Ziff. 4.5.2 ProdHM keine geeigneten Deckungspositionen zur Verfügung gestellt würden.190 Für eine Einordnung solcher Vorrichtungen als Maschinen spricht zunächst, dass auf 147 einem Datenträger gespeicherte Daten Sachen i.S.v. § 90 BGB sind, sodass sich die mithilfe eines Lesegeräts gewonnenen Daten durchaus als neu hergestellte Produkte qualifizieren lassen.191 Es trifft auch nicht zu, dass die versicherten Schadenspositionen nicht passen. Schadensersatzansprüche des Abnehmers gegen den VN, die auf Ersatz der für die Herstellung der Daten nutzlos aufgewendeten Kosten (Ziff. 4.5.5.2 ProdHM) gerichtet sind, sind ebenso vorstellbar wie Schadensersatzansprüche auf Ersatz von Nachbearbeitungskosten (Ziff. 4.5.5.3 ProdHM). Der herrschenden Literaturansicht ist jedoch zuzugeben, dass man den Vorgang der 148 Datenerfassung nicht als Produktion i.S.v. Ziff. 5.2.1 ProdHM verstehen kann, weil nach allgemeinem Sprachgebrauch Daten nicht „produziert“ werden.192 Ebenso wenig lässt sich die Datenerfassung als Bearbeitung qualifizieren. Es fehlt insoweit an der mechanischen Einwirkung auf das Produkt, das Gegenstand einer Messung oder Prüfung ist. Für eine Verarbeitung fehlt es am Ausgangsstoff. Sind die mit den Vorrichtungen zum Zählen, Messen oder Prüfen gewonnen Daten für die Herstellung, Be- oder Verarbeitung eines Produktes bedeutsam, lassen sich diese Vorrichtungen ohne Weiteres als Maschine i.S.v. Ziff. 5.2.1 ProdHM qualifizieren. Beispiel: Ein elekronisches Flaschenprüfgerät erkennt infolge seiner Mangelhaftigkeit nicht Haarrisse der Mineralwasserflasche.
185
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188
Schmidt-Salz/Hinsch Rn. 7.906; vgl. auch Produkthaftungshandbuch3/Mühlbauer § 74 Rn. 8; MAH/Stempfle § 15 Rn. 212; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 241. Schmidt-Salz/Hinsch Rn. 7.906; Produkthaftungshandbuch3/Mühlbauer § 74 Rn. 8; MAH/Stempfle § 15 Rn. 218; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 242. Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.906; MAH/Stempfle § 15 Rn. 219; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 243. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.906.
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191 192
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 201; Kettler, in Thürmann/ Kettler 223; MAH/Stempfle § 15 Rn. 219; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 243 ff. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 201; Kettler, in: Thürmann/ Kettler 223. R. Koch IT-Risiken Rn. 1807 f. Die gegenteilige Ansicht des Verfasser in R. Koch IT-Risiken Rn. 1807 wird aufgegeben.
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Für Hersteller von Verpackungsmaschinen bietet Ziff. 4.5 ProdHM Versicherungs- 149 schutz, soweit nicht nur die Verpackung, sondern auch das verpackte Gut beschädigt wird und deshalb zusammen mit der Packung verworfen oder mit Preisnachlass verkauft werden muss (vgl. Ziff. 4.5.2.1, 4.5.2.2, 4.5.2.4 ProdHM). Fehlt es an einer Beschädigung des verpackten Guts und genügt deshalb ein Umpacken, besteht für den auf Ersatz der Umverpackungskosten gerichten Schadensersatzanspruch keine Deckung. Um diese Schadensposition mitzuversichern, bedarf es der Vereinbarung der sog. Umpackkostenklausel.193 bb) Herstellung, Lieferung, Montage oder Wartung einer Maschine (1) Maschine als Ganzes. Die Maschine muss vom VN mangelhaft hergestellt, gelie- 150 fert, montiert oder gewartet worden sein. „Herstellung“ ist gleichbedeutend mit der Produktion einer neuen Maschine, wobei es unerheblich ist, ob die Maschine aus neuen oder aus vorhandenen gebrauchten Komponenten erstellt wird.194 Ein „Herstellen“ kann im Einzelfall auch vorliegen, wenn eine vorhandene Maschine so grundlegend überholt und optimiert wird, dass es sich danach um eine andere Maschine handelt.195 Maßgeblich ist die Verkehrsauffassung. Der Alternative „geliefert“ kommt nur Bedeutung zu, wenn der VN die Maschine nicht selbst hergestellt hat (z.B. reine Händler). Unter dem Begriff „Montage“ sind alle Handlungen zu verstehen, die dazu dienen, 151 die Maschine in den für die vereinbarte Verwendung geeigneten und erforderlichen Zustand zu versetzen.196 Hierzu zählen u.a. Aufbau, Installation oder Zusammensetzung einer Maschine, deren Herstellungsprozess abgeschlossen ist.197 Als „Wartung“ sind alle Maßnahmen zur vorbeugenden Erhaltung von Betriebsbereit- 152 schaft und Betriebssicherheit der Maschine anzusehen.198 Es geht vornehmlich um Pflege und Renigung. Erfasst werden aber auch die Beseitigung kleinerer Defekte sowie der Austausch von Verschleißteilen. Charakteristisch für die Wartung ist, dass sie in Intervallen vorgenommen wird, die sich z.B. nach der Dauer des Einsatzes und/oder der Laufleistung der Maschine bestimmen. Zu den typische Wartungsarbeiten zählen das Schmieren beweglicher Teile, der Ölwechsel, Ausbau und Zerlegung von Einzelteilen zur Überprüfung und ggf. Reinigung, Austausch oder Reinigung von Düsen, Austausch von Filtern bei Wasseraufbereitungsanlagen, Reinigung und Entkalkung bei maschinellen Wascheinrichtungen sowie der vorsorgliche Austausch von Kleinteilen.199 Nicht zu folgen – weil vom Wortlaut nicht gedeckt 200 – ist die u.a. von Littbarski und Späte vertretene Ansicht, wonach reine Montagen, Reparaturen oder Generalüberholungen von der Deckung grundsätzlich ausgeschlossen seien.201 (2) Maschinenteile. Stellt der VN nicht eine (vollständige) Maschine her, sondern nur 153 Teile, die dazu bestimmt sind, in eine andere Maschine eingebaut oder mit ihr zusammengefügt zu werden, um zusammen mit ihnen eine Maschine i.S.v. Ziff. 4.5.1 ProdHM 193
194 195 196
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 203; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.909. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 201. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 201. Vgl. MüKo-BGB/H.P. Westermann § 434 Rn. 37.
197 198 199
200 201
Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.914. Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.914. Vgl. Aufzählung bei Langenberg Betriebskosten- und Heizkostenrecht 6. Aufl. (2012), Rn. 259; Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.915. So zu Recht MAH/Stempfle § 15 Rn. 216. Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 238; Späte ProdHM Rn. 49.
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zu bilden, besteht keine Deckung nach Ziff. 4.5 ProdHM. Bezieht sich die Montage oder Wartung nur auf einen Teil der Maschine, kommt es darauf an, ob dieser bereits als Maschine anzusehen ist (Rn. 142).202 Durch Vereinbarung der sog. Steuerungselementeklausel besteht die Möglichkeit, Schäden zu versichern, die durch Einzelteile verursacht worden sind.203 Diese Klausel kann als Deckungserweiterung zu Ziff. 4.5.1 ProdHM als dritter Absatz eingefügt werden: „Als Maschinen gelten auch Werkzeuge an Maschinen und Erzeugnisse der Steuer-, Mess- und Regeltechnik sowie Formen.“204
154
cc) Mangelhaftigkeit der Herstellung, Lieferung, Montage oder Wartung der Maschine. Die Mangelhaftigkeit beurteilt sich nach § 434 BGB (Herstellung, Lieferung und Montageverpflichtung) oder § 633 Abs. 1 BGB (nur Montage und Wartung), wobei Mängel bei der Beratung über die An- oder Verwendung der vom VN hergestellten, gelieferten, montierten oder gewarteten Maschinen sowie Falschlieferungen wiederum Mängeln in der Herstellung oder Lieferung gleichstehen. Abzulehnen ist die von Thürmann und Hinsch vertretene Ansicht, die einen Mangel in den Fällen verneinen, in denen die Maschine die vorgesehene Produktionsleistung nicht erbringt und sich mit der Maschine deshalb nicht die gewünschte Produktionsmenge erzielen lässt.205 Diese Ansicht läuft auf eine von § 434 BGB abweichende deckungsrechtliche Auslegung des Mangelbegriffs hinaus. 155 Hinsichtlich der Erweiterung der Deckung im Falle der Haftung aufgrund Vereinbarung bestimmter Eigenschaften wird auf die Ausführungen unter Rn. 6 verwiesen. Für Schadensersatzansprüche, die daraus resultieren, dass die Maschine mit einem Mangelverdacht (Rn. 11 ff.) behaftet ist, s. unten Rn. 163.
156
b) Mangelhafte Produkte infolge mangelhafter Herstellung, Lieferung, Montage oder Wartung der Maschine. Nicht zwingend aus dem Wortlaut von Ziff. 4.5.1 ProdHM, jedoch aus dem für den durchschnittlichen VN einer Produkthaftpflichtversicherung erkennbaren Sinnzusammenhang folgt, dass der Mangel der Produkte auf der mangelhaften Herstellung, Lieferung, Montage oder Wartung der Maschine beruhen muss. Der VN wird den Begriff des Mangels grundsätzlich i.S.v. § 434 BGB verstehen. Fraglich ist, ob sich die Mangelhaftigkeit der mit der Maschine produzierten Produkte nach dem Vertragsverhältnis zwischen dem VN und dem Abnehmer der Maschine/dem Empfänger der Montage- oder Wartungsleistungen oder nach dem Vertragsverhältnis zwischen dem Abnehmer/Empfänger und dessen Kunden bestimmt. 157 Nach Thürmann sind „für die Feststellung der Mangelhaftigkeit der Produkte die nach der Auslegung des Produktionsprozesses an sich beabsichtigte Sollbeschaffenheit und die tatsächlich produzierte Beschaffenheit beim Verwender der Maschine zu vergleichen“.
Das Haftungsrecht könne aber nur einen Anhaltspunkt und Maßstab für die Bewertung bieten, weil die unterliegende vertragliche Beziehung fehle, die im Vertragsrecht zur Bestimmung der Mangelhaftigkeit herangezogen werde. Es könne damit Abweichun-
202 203 204
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 204. Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.910. S. GDV-Erläuterungen 63.
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205
Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.923; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 208.
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gen von Soll- und Ist-Beschaffenheit geben, die beim Weiterverkauf der Produkte kein Mangel seien, „weil z.B. Gebinde zu viel, nicht zu wenig Inhalt enthalten, aber im Hinblick auf den Charakter der Produktion durch die Maschine zu mangelhaften Produkten führen, weil für den Maschinenbetreiber der korrekte Materialeinsatz wirtschaftlich relevant ist“.
Thürmann nennt hierfür – im Anschluss an Hinsch – als Beispiel eine Befüllungsmaschine, deren Füllstand überschritten wird, so dass der Materialverbrauch zu hoch ist, ohne dass dies die Handelstauglichkeit beeinträchtigt.206 Im Ergebnis ist Thürmann zuzustimmen. Die Begründung, warum Produkte wegen 158 eines zu hohen Materialverbrauchs bei ihrer Herstellung mangelhaftet sind, überzeugt hingegen nicht. In dieser Konstellation ist allein die Maschine mangelhaft und es besteht keine Deckung. Ebenso wenig besteht Deckung, wenn ein Bäckereibetrieb eine Maschine zur Herstellung von zehn verschiedenen Tortenböden bestellt hat, die gelieferte Maschine jedoch nur in der Lage ist, fünf verschiedene Tortenböden herzustellen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass Ziff. 4.5 ProdHM auch die Fälle erfasst, in 159 denen der Abnehmer die von den Maschinen hergestellten, be- oder vearbeiteten Produkte selbst weiterwendet, oder sich die zur Weiterveräußerung vorgesehenen Produkte noch bei ihm befinden, sprechen die besseren Argumente dafür, die Mangelhaftigkeit eines Produkts allein aus dem Vertragsverhältnis zwischen VN und dem Erwerber der Maschine zu bestimmen. Es kommt somit darauf an, ob die Produkte, die hergestellt oder be-/verarbeitet worden sind, infolge eines Mangels der Maschine nicht die im Kaufvertrag über die Maschine vereinbarten Beschaffenheitsmerkmale aufweisen (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Beispiel: VN liefert eine Zuschneidemaschine für eine Schuh-/Textilfabrik. Vereinbart ist, dass die Maschine so konstruiert sein muss, dasss Zuschnitte in den Schuhgrößen 36–48 möglich sind. Wegen eines Konstruktionsfehlers der Maschine weichen die ausgeschnittenen Teile von den vorgegebenen Maßen ab.
Fehlt es einer solchen Vereinbarung, ist zu prüfen, ob sich die Produkte für die nach dem Kaufvertrag mit dem VN vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) eignen oder in Ermangelung einer Abrede über Verwendung für die gewöhnliche Verwendung eignen und die übliche Beschaffenheit aufweisen (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Beispiel: VN liefert an einen Betrieb eine Maschine zur Herstellung von Schrauben. Infolge falscher Programmierung schneidet die Maschine unregelmäßig Gewinde, die die Schrauben unbrauchbar machen.
c) Abgrenzung zu Ziff. 4.2 bis 4.4 ProdHM. Eine Abgrenzung zur Deckung gem. 160 Ziff. 4.2 ProdHM kann erforderlich werden, wenn der VN nicht nur die mangelhafte Maschine, sondern auch die mangelhaften Erzeugnisse, die mit der Maschine verarbeitet wurden, geliefert hat. Dann muss ermittelt werden, ob der Mangel des Gesamtprodukts auf der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung des mangelhaften Erzeugnisses oder auf der mangelhaften Maschine beruht. War die Maschine der Auslöser, greift Ziff. 4.5 ProdHM, anderenfalls Ziff. 4.2 ProdHM. Ziff. 4.4 ProdHM und Ziff. 4.5 ProdHM können nur nacheinander und hinsichtlich unterschiedlicher Schadenspositionen zur Anwen-
206
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 209; vgl. auch Schmidt-Salzer/ Hinsch Rn. 7.922.
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dung kommen, wenn die mangelhafte Maschine in andere Gegenstände eingebaut wurde, mangelhafte Sachen produziert hat (Ziff. 4.5 ProdHM) und deswegen komplett ausgetauscht werden muss (Ziff. 4.4 ProdHM). 2. Versicherte Schadenspositionen (Ziff. 4.5.2 ProdHM)
161
a) Vorbemerkungen. Aus dem Wortlaut von Ziff. 4.5.1 ProdHM, wonach nur Schadensersatzansprüche Dritter „infolge Mangelhaftigkeit von Produkten“ gedeckt sind, folgt, dass für den eigentlichen Mangelschaden an den vom VN hergestellten, gelieferten, montierten oder gewarteten Maschinen kein Versicherungsschutz besteht, sondern nur hinsichtlich der Mangelfolgeschäden. Zu beachten ist, dass im Rahmen der Ziff. 4.5.2.1 bis 4.5.2.4 und 4.5.2.6 ProdHM 162 nicht nur Schadensersatzansprüche des Vertragspartners (Abnehmers) des VN versichert sind, sondern auch Schadensersatzansprüche Dritter für Schäden, die aus der Verwendung der Maschine resultieren und über die Regresskette Abnehmer des Produkts-Hersteller des Produkts den VN erreichen.207 Nur in Ziff. 4.5.2.5 ProdHM beschränkt sich der Versicherungsschutz auf Schäden des unmittelbaren Abnehmers des VN. Für Schadensersatzansprüche, die daraus resultieren, dass das Erzeugnis des VN in163 folge der Mangelhaftigkeit der Maschine mit einem Mangelverdacht (Rn. 11) behaftet ist, besteht nur im Rahmen der Ziff. 4.5.2.2, 4.5.2.4, 4.5.2.5 und 4.5.2.6 ProdHM Deckung, da eine Beschädigung oder Vernichtung der anderen Produkte i.S.v. Ziff. 4.5.2.1 ProdHM nur durch tatsächlich mangelhafte Erzeugnisse in Betracht kommt. Nachbearbeitungskosten i.S.v. Ziff. 4.5.2.3 ProdHM fallen ebenfalls nur insoweit an, als die mittels der Maschine bearbeiteten Produkte tatsächlich mangelhaft sind. Gleiches gilt, wenn der Mangelverdacht von Erzeugnissen aus einem Mangelverdacht der Maschine herrührt. Schließlich ist der Hinweis geboten, dass die Ziff. 4.5.2.1 bis 4.5.2.5 ProdHM kumula164 tiv nebeneinander angewendet werden können. Je nachdem, ob das Produkt unveräußerlich ist und deshalb verworfen werden muss oder der Nachbearbeitung zugänglich ist und ggf. mit Preisnachlass verkauft werden kann, kommen Ziff. 4.5.2.1 1 ProdHM (Kosten der Zutaten), 4.5.2.2 1 ProdHM (Herstellungskosten) und 4.5.2.4 Alt. 1 ProdHM (entgangener Gewinn) oder Ziff. 4.2.2.3 1 ProdHM (Nachbearbeitung) und 4.5.2.4 Alt. 2 ProdHM (Preisnachlass) in Betracht. Darüber hinaus kann Ziff. 4.2.2.5 ProdHM (Produktionsausfall) eingreifen, wenn das Gesamtprodukt mehrere Verarbeitungsstufen beim ersten Abnehmer durchlaufen soll, aber bereits nach Durchlaufen der ersten Stufe verworfen werden muss oder es während der Zeit der Nachbearbeitung zu einem Produktionsausfall kommt.208
165
b) Beschädigung oder Vernichtung anderer Produkte (Ziff. 4.5.2.1 ProdHM). Ziff. 4.5.2.1 ProdHM ist Ziff. 4.2.2.1 ProdHM nachgebildet. Deckung besteht für Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung oder Vernichtung der mittels der Maschine hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte. So liegt der Fall, wenn es im Rahmen der Herstellung, Be- oder Verarbeitung des neuen Produkts infolge der mangelhaft hergestellten, gelieferten, montierten oder gewarteten Maschine zu Schäden an anderen für die Herstellung des Produktes verwendeten Materialien kommt, die unversehrt im Eigentum des Produktherstellers/-be- oder -verarbeiters standen.209 Für die Schadensersatz-
207 208 209
Vgl. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.928. Schmidt-Salzer/Hinsch Rn. 7.694. Langheid/Wandt/Thürmann Produkthaft-
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pflichtV Rn. 213; MAH/Stempfle § 15 Rn. 223.
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ansprüche des Produktherstellers wegen der Eigentumsverletzung besteht bereits Versicherungsschutz nach Ziff. 1 ProdHM und – soweit der VN versprochen hat, verschuldensunabhängig für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften seiner Erzeugnisse, Arbeiten und Leistungen einzustehen – nach Ziff. 4.1 ProdHM, wenn das auf der Maschine hergestellte, be- oder verarbeitete Produkt verworfen werden muss.210 c) Nutzlose Herstellungskosten (Ziff. 4.5.2.2 ProdHM). Nach Ziff. 4.5.2.2 ProdHM 166 besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche wegen anderer für die Herstellung, Be- oder Verarbeitung der Produkte nutzlos aufgewendeter Kosten. Diese Deckungsklausel unterscheidet sich von Ziff. 4.2.2.2 ProdHM nur durch den Zusatz „nutzlos“. Dadurch soll klargestellt werden, dass Versicherungsschutz nur für die Kosten der ursprünglich mangelhaften Produktion, Be- oder Verarbeitung besteht, nicht aber für die Kosten einer Ersatzproduktion.211 Hinsichtlich der aufgewendeten Kosten kann auf die Ausführungen zu Ziff. 4.2.2.2 verwiesen werden (Rn. 38 ff.). d) Kosten der Nachbearbeitung und andere Schadensbeseitigungskosten (Ziff. 4.5.2.3 167 ProdHM). Gem. Ziff. 4.5.2.3 ProdHM sind Schadensersatzansprüche versichert, die gerichtet sind auf den Ersatz der Kosten für eine rechtlich gebotene und wirtschaftlich zumutbare Nachbearbeitung der mittels der Maschinen des VN hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte oder für eine andere Schadensbeseitigung. Diese Formulierung entspricht inhaltlich Ziff. 4.2.2.3 S. 1 ProdHM und Ziff. 4.3.2.2 S. 1 ProdHM, weshalb auch auf die dortigen Ausführungen verwiesen wird (Rn. 42 ff.). Das Wort „Gesamtprodukte“ wurde ersetzt durch die Formulierung „mittels der Maschinen des Versicherungsnehmers hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte“. Zum Verständnis der „Nachbearbeitung“ s. Rn. 43. Keine Entsprechung hat Ziff. 4.2.2.3 S. 2 ProdHM gefunden, derzufolge das nicht versicherte Erfüllungsinteresse mittels Quotenklausel in Abzug gebracht wird. Dies liegt daran, dass die durch die Maschine des VN hergestellten Produkte keine Erzeugnisse des VN sind und auch keine Produkte Dritter darstellen, die Erzeugnisse des VN enthalten.212 Gegenstand der Nachbearbeitung ist nicht die mangelhafte Maschine, sondern sind 168 die maschinell hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte. Keine Nachbearbeitung i.S.v. Ziff. 4.5.2.3 ProdHM liegt daher vor, wenn die Produktion nachgeholt werden muss, weil der Produktions- oder Arbeitsprozess nicht stattfinden konnte.213 Abweichend von Ziff. 4.2.2.3 S. 1 ProdHM und Ziff. 4.3.2.2 S. 2 ProdHM sind die 169 Kosten für eine notwendige Nachbearbeitung der mittels der Maschine des VN hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte sowie die Kosten für eine andere Schadensbeseitigung selbst dann gedeckt, wenn die Nachbearbeitung oder sonstige Schadensbeseitigung im Rahmen einer Rückrufaktion erfolgt. Diese Abweichung liegt darin begründet, dass der VN diese Schadensposition nicht über die Verbandsmodelle zur RückrufkostenHaftpflichtversicherung für Hersteller und Händler sowie zur Kfz-Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung versichern kann, da er nicht Hersteller der mittels einer von ihm hergestellten Maschine hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte ist.214 Aus diesem
210 211
212
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 217. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 219; vgl. auch Schmidt-Salzer/ Hinsch Rn. 7.967. Vgl. GDV-Erläuterungen 71.
213
214
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 221; MAH/Stempfle § 15 Rn. 227; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.5 Rn. 6. MAH/Stempfle § 15 Rn. 230.
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Grunde ist Ziff. 4.5 ProdHM vom Rückrufkostenausschluss nach Ziff. 6.2.8 ProdHM ausgenommen. Beispiel: 215 Der VN stellt Abfüllmaschinen für pharmazeutische Produkte her. Wegen eines Maschinendefektes werden die einzelnen Zusätze der Pharmaka nicht richtig dosiert; die Pharmaka sind gesundheitsschädlich und müssen bei den Endverbrauchern zurückgerufen werden. Durch Beigabe eines zusätzlichen Stoffes lässt sich das Gesundheitsrisiko sicher und kostengünstig beseitigen. Für die auf Ersatz der Schadensbeseitigungskosten i.S.v. Ziff. 4.5.2.3 ProdHM gerichteten Schadensersatzansprüche des Erwerbers der Maschine besteht Deckung.
170
e) Weitere Vermögensnachteile (Ziff. 4.5.2.4 ProdHM). Nach Ziff. 4.5.2.4 ProdHM besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche, die auf den Ersatz weiterer Vermögensnachteile (z.B. des entgangenen Gewinnes) gerichtet sind, weil die mittels der Maschinen des VN hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte nicht oder nur mit einem Preisnachlass veräußert werden konnten. Ziff. 4.5.2.4 ProdHM entspricht Ziff. 4.2.2.4 und Ziff. 4.3.2.3 ProdHM, weshalb auf die dortigen Ausführungen verwiesen wird (Rn. 58 ff.). Aus den zuvor bei Ziff. 4.5.2.3 ProdHM genannten Gründen enthält Ziff. 4.5.2.4 ProdHM keine Quotenklausel. Da die Maschine des VN nicht Teil der maschinell erstellten Produkte wird, kann es keine proportionale Berücksichtigung des Liefergegenstandes des VN geben.216
f) Produktionsausfall (Ziff. 4.5.2.5 ProdHM). Nach Ziff. 4.5.2.5 ProdHM besteht Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche wegen der dem Abnehmer des VN unmittelbar entstandenen Kosten infolge eines sich aus Mängeln der hergestellten, beoder verarbeitenden Produkte ergebenden Produktionsausfalles. Ansprüche wegen eines darüber hinausgehenden Schadens durch den Produktionsausfall sind nicht versichert. Diese Regelung ist Ziff. 4.2.2.5 ProdHM nachgebildet. Insoweit kann auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden (Rn. 68 ff.). Hervorgehoben werden sollen nur noch die spezifischen Regelungsgehalte der Ziff. 4.5.2.5 ProdHM. Ziff. 4.5.2.5 ProdHM zielt darauf ab, dem VN Versicherungsschutz dafür zu gewäh172 ren, dass sein Vertragspartner mit der Maschine mangelhafte Zwischenprodukte herstellt, die dieser anschließend nicht mehr weiterverarbeiten kann, und sich hieraus Stillstandskosten ergeben.217
171
Beispiele: 1) Der VN liefert eine falsch programmierte Stanzmaschine aus. Aufgrund dieses Mangels werden Bleche falsch dimensioniert gepresst und können deshalb nicht über eine Stanzstraße laufen. Eine Weiterbearbeitung der Bleche kann deshalb nicht erfolgen. Die Stanzstraße liegt still. Ersetzt werden nur die durch diesen Stillstand unmittelbar verursachten Kosten.218 2) Der VN hat eine Maschine zur Herstellung von Kunststoffflaschen geliefert. Infolge eines Fehlers bei der Einstellung der Maschine durch den VN weist eine Serie der mittels der Maschine produzierten Flaschen kleinere Mängel (Grate) auf, die durch eine Nachbearbeitung beseitigt werden können. Während dieser Zeit steht die Verpackungsabteilung still. Die Kosten sind gedeckt.219
173
g) Mittelbare Schäden (Ziff. 4.5.2.6 ProdHM). Ziff. 4.5.2.6 ProdHM erweitert den Versicherungsschutz auf Schadensersatzansprüche wegen weiterer Vermögensnachteile,
215 216 217
Nach MAH/Stempfle § 15 Rn. 230. MAH/Stempfle § 15 Rn. 231. Vgl. Späte ProdHM Rn. 55; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 4 Rn. 282.
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218 219
Vgl. GDV-Erläuterungen 71. Beispiel nach Ermert/Zölch 153.
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die darauf beruhen, dass die mittels der Maschinen des VN mangelhaft hergestellten, beoder verarbeiteten Produkte mit anderen Produkten verbunden, vermischt, verarbeitet (Ziff. 4.2 ProdHM), weiterverarbeitet oder -bearbeitet (Ziff. 4.3 ProdHM), eingebaut, angebracht, verlegt oder aufgetragen (Ziff. 4.4 ProdHM) werden. Versicherungsschutz wird im Umfang der vorgenannten Ziff. 4.2 ff. ProdHM gewährt. Damit besteht die Möglichkeit für den VN, Schäden aus einer weiteren Verarbeitung der maschinell produzierten Erzeugnisse im Umfang der Ziff. 4.2 ff. ProdHM zu versichern.220 Beispiel:221 Der VN stellt Maschinen zur Fertigung von Mikrochips her. Infolge Mangelhaftigkeit der Maschinen werden beim Abnehmer des VN mangelhafte Chips hergestellt. Die Mangelhaftigkeit der Mikrochips wird erst beim Abnehmer der Chips festgestellt, als diese bereits in die Endgeräte eingebaut sind.
Die Austauschkosten werden über Ziff. 4.5.2.6 ProdHM i.V.m. Ziff. 4.4 ProdHM ersetzt. Eine direkte Anwendung der Ziff. 4.2 ff. ProdHM scheitert daran, dass die mittels der mangelhaften Maschine des VN hergestellten Produkte keine Erzeugnisse des VN i.S.d. Ziff. 4.2 ff. ProdHM sind.222
G. Prüf- und Sortierkosten (fakultativ) (Ziff. 4.6 ProdHM) I. Haftung für Schäden infolge der Überprüfung von Produkten Der fakultative Baustein gem. Ziff. 4.6 ProdHM regelt den Sachverhalt, dass nur ein 174 Teil von Produkten, die aus oder mit mangelhaften Erzeugnissen des VN hergestellt, beoder verarbeitet wurden, mangelhaft sind und die mangelfreien von den mangelhaften Produkten nicht ohne Überprüfung aussortiert werden können. Mit diesem Baustein will der Musterbedingungsgeber der besonderen Gefahr bei einer Serienproduktion Rechnung tragen, dass nur ein Teil der in Serie hergestellten Produkte mit Mängeln behaftet ist.223 In der Praxis dürfte es jedoch eher selten vorkommen, dass ein (tatsächlich) mangelhaftes Erzeugnis nur einzelne Produkte und nicht gleich die gesamte Serie infiziert. Der Baustein dürfte deshalb eher in den Fällen bedeutsam sein, in denen nicht alle Erzeugnisse des VN tatsächlich mangelhaft sind, die mangelfreien sich von den mangelhaften Erzeugnissen jedoch nicht ohne Überprüfung des Produkts (einschließlich des Erzeugnisses) aussortieren lassen. Insoweit wirkt der Mangelverdacht von Erzeugnissen bei den Produkten fort. Ergibt die Überprüfung, dass das Produkt infolge des fehlerhaften Erzeugnisses man- 175 gelhaft ist, wird man den Abnehmer des Erzeugnisses unter den Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB als zum Schadensersatz berechtigt ansehen können, da auch das Auffinden der Schadensursache zu den Aufwendungen zählt, die der VN nach § 439 Abs. 2 BGB schuldet (wenngleich sich die Nacherfüllungspflicht nicht auf das Produkt, sondern nur auf das Erzeugnis des VN erstreckt). Anderenfalls wäre §§ 437 Nr. 3, 280 BGB als Anspruchsgrundlage heranzuziehen. Diese Anspruchsgrundlage ist auch in den Fällen einschlägig, in denen die Mangelhaftigkeit einzelner Produkte erst auf
220
221
Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 239; Krause NVersZ 2001 103, 106; Thürmann PHi 2000 163, 173. Entnommen bei Krause NVersZ 2001 103, 107.
222 223
Vgl. GDV-Erläuterungen 71. Vgl. GDV-Erläuterungen 71.
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Produkthaftpflichtmodell
der zweiten oder einer späteren Absatzstufe festgestellt wird und die Kosten der Überprüfung an den Abnehmer des VN weitergereicht werden, der sie diesem gegenüber als Schadensersatzanspruch geltend macht. Fraglich ist, ob § 439 Abs. 2 BGB auch den Ersatz der Kosten der Überprüfung um176 fasst, soweit diese ergibt, dass das Erzeugnis und damit auch das Produkt mangelfrei ist. Diese Frage ist mit Blick auf die Rechtsprechung zu bejahen, die einen Mangel bereits dann als gegeben ansieht, wenn ein hinreichend konkreter Verdacht besteht (Rn. 11 ff.). Nimmt der VN in einem solchen Fall die vom Dritten verlangte Überprüfung des Produkts auf die Mangelhaftigkeit des Erzeugnisses nicht vor, ohne dass die Voraussetzungen gem. §§ 439 Abs. 3, 275 BGB vorliegen, haftet er gegenüber dem Dritten, der die Überprüfung selbst vornimmt oder vornehmen lässt, aus §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB auf Schadensersatz. Neben Gewährleistungsansprüchen kommen Beseitigungsansprüche des Dritten nach 177 § 241 Abs. 1 S. 2 BGB, §§ 823 Abs. 1, 249 S. 1 und/oder analog § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht, wenn Rechtsgütern des Dritten konkrete Gefahr droht und (nur) durch eine Reparatur, die eine Überprüfung einschließt, Abhilfe geschaffen werden kann.224
II. Versicherung von Schäden infolge der Überprüfung von Produkten 1. Voraussetzungen der Deckung (Ziff. 4.6.1 ProdHM)
178
a) Bestehen von Versicherungsschutz nach Ziff. 4.2 ff. ProdHM. Nach Ziff. 4.6.1 S. 2 ProdHM ist Voraussetzung für die Deckung, dass die Produkte, die aus oder mit Erzeugnissen des VN hergestellt, be- oder verarbeitet wurden, mit einem Mangelverdacht behaftet sind und die Überprüfung, deren Kosten der Dritte als Schadensersatz geltend macht, der Feststellung dient, welche der Produkte mit Mangelverdacht tatsächlich mangelhaft sind und bei welchen dieser Produkte die nach den Ziff. 4.2 ff. ProdHM versicherten Maßnahmen zur Mangelbeseitigung erforderlich sind. Es ist also erforderlich, dass mindestens ein Deckungsbaustein der Ziff. 4.2 ff. ProdHM vereinbart worden ist. Darüber hinaus muss die Überprüfung in einem Stadium erfolgen, in dem die nach 179 Ziff. 4.2 ff. ProdHM versicherten Herstellungs-, Be- oder Verarbeitungsvorgänge bereits abgeschlossen sind („Besteht Versicherungsschutz nach den vorangehenden Ziff. 4.2 ff., gilt: …“).225 Für die Kosten der Überprüfung der Mangelhaftigkeit des Erzeugnisses besteht deshalb nur im Rahmen der Überprüfung der Mangelhaftigkeit des Gesamtprodukts i.S.v. Ziff. 4.2, 4.3 und 4.4 ProdHM oder der mittels der Maschine hergestellten, be- oder verarbeiteten Produkte i.S.v. Ziff. 4.5 ProdHM Versicherungsschutz. Für Schadensersatzansprüche, die auf den Ersatz der Kosten für die Prüfung der Erzeugnisse des VN in einem früheren Stadium gerichtet sind, z.B. im Rahmen einer etwaig vom Abnehmer des VN durchgeführten Wareneingangskontrolle vor der Verarbeitung i.S.v. Ziff. 4.2.1 ProdHM oder vor dem Einbau i.S.v. Ziff. 4.4.1 ProdHM, besteht keine Deckung.226
224
Vgl. BGH 16.12.2008 NJW 2009 1080, 1081; OLG Karlsruhe 2.4.1993 NJW-RR 1995 594, 597; OLG Düsseldorf 31.5.1996 NJW-RR 1997 1344, 1345; Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch/Molitoris § 27
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225 226
Rn. 28; vgl. auch MüKo-BGB/Wagner Vorbemerkungen zu §§ 823 ff. Rn. 34 ff.; Staudinger/Hager § 823 Rn. F 25. Vgl. GDV-Erläuterungen 72. Vgl. GDV-Erläuterungen 72.
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b) Mangelhaftigkeit einzelner Produkte. Gem. Ziff. 4.6.1 S. 1 ProdHM liegt ein 180 Mangelverdacht vor, wenn die Mangelhaftigkeit einzelner Produkte von Dritten bereits festgestellt wurde. Allein die Feststellung, dass einzelne Erzeugnisse des VN mangelhaft sind, genügt deshalb nicht.227 Ebenso wenig genügt es, wenn einzelne Produkte nur mit einem Mangelverdacht behaftet sind. Insoweit weicht der Mangelhaftigkeitsbegriff des Ziff. 4.6.1 ProdHM von § 434 BGB ab (vgl. Rn. 11). Weiter ist Voraussetzung, dass aufgrund ausreichenden Stichprobenbefundes oder sonstiger nachweisbarer Tatsachen „gleiche Mängel an gleichartigen Produkten“ zu befürchten sind. c) Zu befürchtende gleiche Mängel an gleichartigen Produkten. Ob es sich bei den zu 181 befürchtenden Mängeln um gleiche Mängel und bei den von gleichen Mängeln betroffenen Produkten um gleichartige handelt, ist nach der Verkehrsanschauung zu bestimmen. aa) Gleiche Mängel. Die Formulierung „gleiche Mängel“ wird in Ziff. 8.3, 2. Spiegel- 182 strich ProdHM zur Bestimmung des Serienschadens verwendet (sog. Warenklausel), bezieht sich dort allerdings auf das vom VN gelieferte Erzeugnis. Letzteres trifft auch für die AHB-Serienschadenklausel zu, die u.a. „auf die Lieferung von Waren mit gleichen Mängeln“ abstellt (Ziff. 6.3, 3. Spiegelstrich AHB). Gleiche Mängel i.S.v. Ziff. 6.3, 3. Spiegelstrich AHB liegen vor, wenn sie in ihrer Wirkungsweise übereinstimmen (Ziff. 6 AHB Rn. 28). Diese enge Definition trägt dem Grundsatz Rechnung, dass Serienschadenklauseln zugunsten des VN eng auszulegen sind, weil sie den Versicherungsschutz begrenzen. Bei Ziff. 4.6.1 ProdHM handelt es sich zwar um eine versicherungschutzbegründende 183 Klausel, die deshalb im Zweifel (§ 305c Abs. 2 BGB) zugunsten des VN weit auszulegen ist. Jedoch dürfte die vorstehende Definition auch der Verkehrsanschauung und damit dem Verständnis des durchschnittlichen VN entsprechen. Gleiche Mängel können z.B. aus dem Einsatz defekter Maschinen oder mangelhafter Erzeugnisse im (Serien-)Fertigungsprozess resultieren. Dabei kommen nicht nur Konstruktionsfehler in Betracht, sondern auch Instruktionsfehler,228 sowie Fabrikationsfehler.229 bb) Gleichartiges Produkt. Die gleichen Mängel müssen an gleichartigen Produkten 184 zu befürchten sein. Die mangelhaften Produkte müssen somit nicht gleich, sondern (nur) gleichartig sein. In Art. 5 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO findet sich die Formulierung „gleichartiges Produkt“. 185 Nach Dörner soll ein solches vorliegen, wenn es eine vergleichbare Sicherheitsausstattung wie das zum Schaden führende Produkt aufweist.230 Diese Definition ist zu eng, weil sie sich nur auf die sicherheitsrelevanten Eigenschaften des Produkts konzentriert. § 10 Abs. 1 ProdHaftG stellt nicht auf „gleichartige Produkte“, sondern auf „gleiche Produkte“ ab. Wagner spricht sich mit Blick auf den Regelungszweck von § 10 ProdHaftG, die Haftung des Produkthaftpflichtigen für Personenschäden auf 85 Mio. Euro
227 228
Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.6 Rn. 2. Z.B. wenn den Produkten jeweils dieselbe, das Sicherheitsrisiko erhöhende fehlerhafte Produktbeschreibung beigefügt wird; vgl. Staudinger/Oechsler § 10 ProdHaftG Rn. 8; Erman/Schiemann § 10 ProdHaftG Rn. 2; MüKo-BGB/Wagner § 10 ProdHaftG Rn. 4.
229
230
Z.B. infolge falscher Einstellung einer Maschine wird eine ganze Serie von Produkten so gefertigt, dass ein einheitliches Sicherheitsrisiko entsteht; vgl. Staudinger/Oechsler § 10 ProdHaftG Rn. 8; Soergel/Krause § 10 ProdHaftG Rn. 2; MüKo-BGB/Wagner § 10 ProdHaftG Rn. 4. Vgl. HK-BGB/Dörner Art. 5 Rom II-VO Rn. 6 m.w.N.
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zu begrenzen, für eine weite Auslegung des Begriffs „gleiches Produkt“ aus.231 Es müsse sich um Produkte handeln, die „das Ergebnis einer im Wesentlichen einheitlichen Konstruktion und Fertigung darstellen“.232 Für Oechsler sind alle Produkte gleich, „die einem Bau- oder Konstruktionstyp angehören“.233 Auch diese Definitionen scheinen zu eng. Die Gleichartigkeit im Sinne des Wettbewerbsrechts anhand des Verwendungszwecks 186 und der Substituierbarkeit eines Produkts zu bestimmen, dürfte dagegen zu weit gehen.234 Näher liegt es, die Gleichartigkeit zu bejahen, wenn die Produkte einer bestimmten Gattung angehören, d.h. durch gemeinschaftliche Merkmale gekennzeichnet sind und sie sich gerade dadurch von anderen Gegenständen unterscheiden.235 Gleichartigkeit ist deshalb zu bejahen bei Kfz, die unterschiedlichen Modellserien angehören oder auch nur in der Ausstattung voneinander abweichen.
187
cc) Nachweisbare Tatsachen, insb. Stichprobenbefund. Die Befürchtung gleicher Mängel an gleichartigen Produkten muss „aufgrund ausreichenden Stichprobenbefundes oder sonstiger nachweisbarer Tatsachen bestehen“. Der Verdacht muss sich somit auf objektive und insoweit nachprüfbare Anhaltspunkte stützen.236
188
(1) Ausreichender Stichprobenbefund. Nach den Erläuterungen des Musterbedingungsgebers hängt die Intensität, die die Stichprobe aufweisen muss, „von der Menge der gelieferten Erzeugnisse, deren Fehlerqualität (Konstruktions-, Instruktionsoder Fabrikationsfehler) oder deren Gefahrenrelevanz ab“.237
Der Hinweis des Bedingungsgebers auf Erzeugnisse irritiert. Da sich der Mangelverdacht nach dem Wortlaut von Ziff. 4.6.1 S. 1 ProdHM auf das Produkt des Dritten und nicht auf das Erzeugnis des VN beziehen muss, muss dies auch für die Stichprobe gelten. Freilich sind Rückschlüsse von der Mangelhaftigkeit des Erzeugnisses möglich. Steht fest, dass die Mangelhaftigkeit des Produkts auf einem Erzeugnismangel beruht, löst bereits die erstmalige Feststellung des Mangels des Erzeugnisses die Befürchtung weiterer Mängel des Produkts aus, wenn der Erzeugnismangel auf einem Konstruktions- oder Instruktionsfehler beruht. Der BFH versteht unter dem Begriff der Stichprobe 189 „eine nach physikalischen Größen bestimmbare Mengeneinheit, die Rückschlüsse auf die Existenz einer größeren Warenmenge von im Wesentlichen gleicher stofflicher Beschaffenheit zulässt“.238
Diese Definition dürfte dem Verständnis des durchschnittlichen VN einer Produkthaftpflichtversicherung entsprechen. Überflüssig ist somit die Formulierung „ausreichend“, weil dieses Erfordernis einer Stichprobe immanent ist.
231 232 233 234
235
MüKo-BGB/Wagner § 10 ProdHaftG Rn. 4. MüKo-BGB/Wagner § 10 ProdHaftG Rn. 4. Staudinger/Oechsler § 10 ProdHaftG Rn. 7. Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/ Keller UWG 2. Aufl. (2009) § 2 Rn. 128; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bergmann UWG 2. Aufl. (2009) § 8 Rn. 288. Vgl. OLG Düsseldorf 25.2.2000 NJW-RR 2000 1654 f. (zu § 480 BGb a.F.).
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236 237 238
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 239. S. GDV-Erläuterungen 72. BFH 26.10.2010 BFHE 231 450, 453 = BeckRS 2010 24004215 zu § 25 Abs. 2 EnergieStG: „Energieerzeugnisse dürfen steuerfrei verwendet werden als Probe zu Untersuchungszwecken“.
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Ein (hilfsweiser) Rückgriff auf § 377 HGB zur Auslegung des Begriffes der Stich- 190 probe 239 dürfte dagegen nicht in Betracht kommen, da der Umfang der Stichprobe im Rahmen des § 377 HGB maßgeblich vom Gesichtspunkt der Zumutbarkeit bestimmt wird,240 der bei Ziff. 4.6.1 S. 1 ProdHM keine Berücksichtigung findet. (2) Sonstige nachweisbare Tatsachen. Bei sonstigen nachweisbaren Tatsachen, die 191 gleiche Mängel an gleichartigen Produkten befürchten lassen, handelt es sich um „äußere Tatsachen“. In Betracht kommen Kontruktionszeichnungen, Protokolle, Produktionsaufzeichnungen etc.241 d) Überprüfungszweck. Nach Ziff. 4.6.1 S. 2 ProdHM muss die Überprüfung der 192 Feststellung dienen, welche Produkte mit Mangelverdacht tatsächlich mangelhaft sind und bei welchen dieser Produkte die nach den Ziff. 4.2 ff. ProdHM versicherten Maßnahmen zur Mangelbeseitigung erforderlich sind. Soweit mit der Überprüfung auch andere Ziele verfolgt oder weiter gehende Erkenntnisse (z.B. zur zukünftigen Vermeidung, zur Tragweite und zu möglichen Folgen der Mangelhaftigkeit der verarbeiteten Produkte) gewonnen werden, ist dies für die Deckung unschädlich, weil der VN für daraus resultierende Mehrkosten nicht haftet und insoweit auch keine Deckung benötigt.242 Kommen je nach Art und Schwere des Mangels unterschiedliche Maßnahmen (z.B. Verwerfen oder Nachbearbeitung) infrage, gehören Feststellungen hierzu zur Überprüfung.243 2. Versicherte Schadenspositionen a) Prüf- und Sortierkosten (Ziff. 4.6.2 ProdHM). Nach Ziff. 4.6.2 S. 1 ProdHM sind 193 ausschließlich Schadensersatzansprüche wegen Kosten der Überprüfung der Produkte mit Mangelverdacht gedeckt. Für Schadensersatzansprüche, die auf den Ersatz der Kosten gerichtet sind, um den Mangelverdacht zu belegen (z.B. erste Stichprobe), besteht somit selbst dann keine Deckung, wenn sich die Befürchtungen gleicher Mängel an gleichartigen Produkten zu einem Mangelverdacht erhärtet haben.244 Ziff. 4.6.2 S. 1 ProdHM ist insgesamt verunglückt, weil der VN einerseits nur im geringen Maße Einfluss darauf nehmen kann, welche Maßnahmen der Dritte zur Erhärtung der Befürchtung trifft, und andererseits den Dritten diesbezüglich keine Schadensminderungsobliegenheit nach § 254 BGB trifft. Zudem wird es dem VN sehr schwer fallen, den Zeitpunkt nachzuweisen, in dem sich die Befürchtung zu einem Mangelverdacht erhärtet hat. Zu den gedeckten Positionen zählt nach Ziff. 4.6.2 S. 2 ProdHM auch das „notwen- 194 diges Vorsortieren zu überprüfender und Aussortieren von überprüften Produkten sowie das infolge der Überprüfung erforderliche Umpacken der betroffenen Produkte“. Ein Umpacken kann erforderlich sein, wenn sich der Mangelverdacht auf bereits verpackte Produkte bezieht und diese zur Überprüfung zunächst ausgepackt und dann entsprechend wieder verpackt werden müssen.245
239 240 241 242 243
Dafür MAH/Stempfle § 15 Rn. 242. Oetker/R. Koch HGB 3. Aufl. (2013) § 377 Rn. 44. Vgl. auch Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 239. A.A. wohl Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 240. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 241.
244
245
S. GDV-Erläuterungen 73; Langheid/Wandt/ Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 239; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 25 Rn. 50; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.6 Rn. 3. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 243.
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195
Ebenso wie nach den Ziff. 4.2 bis 4.5 ProdHM ist auch bei Ziff. 4.6 ProdHM der mehrstufige Warenabsatz, d.h. die Prüfung und Sortierung, die nicht beim unmittelbaren Abnehmer des VN anfällt, vom Deckungsbereich umfasst.246
196
b) Kostenabwägung (Ziff. 4.6.3 ProdHM). Sind für die Überprüfung von mangelverdächtigen Produkten höhere Kosten zu erwarten als die nach den Bausteinen der Ziff. 4.2 bis 4.5 ProdHM im Falle einer tatsächlich Mangelhaftigkeit gedeckten Kosten, beschränkt sich der Versicherungsschutz gem. Ziff. 4.6.3 S. 1 und 2 Alt. 1 ProdHM auf die nach Ziff. 4.2. bis 4.5 ProdHM gedeckten Kosten, ohne dass es darauf ankommt, ob die Produkte mit Mangelverdacht tatsächlich Mängel aufweisen. Letzteres gilt auch dann, wenn eine Feststellung der Mangelhaftigkeit nur durch Zerstörung des Produktes (Ziff. 4.6.3 S. 2 Alt. 2 ProdHM) oder nur nach Ausbau der Erzeugnisse möglich ist (Ziff. 4.6.3 S. 3 ProdHM). Beispiel:247 Der VN stellt Zahnräder her. Infolge eines Fabrikationsfehlers ist eine bestimmte Charge nicht ausreichend gehärtet. Nachdem diese Zahnräder heim Abnehmer mit einer Welle verbunden wurden, werden sie in Maschinen eingebaut. Infolge der nicht ausreichenden Härtung kommt es zum Stillstand der Maschinen. Die Kosten der Überprüfung aller in Maschinen eingebauten Zahnräder auf ihre Mangelhaftigkeit wären jedoch mit 100.000 Euro höher als die anfallenden Aus- und Einbaukosten (ohne Nachlieferung) i.H.v. 75.000 Euro. In diesem Falle ersetzt der VR, ohne dass die Mangelhaftigkeit im Einzelnen feststeht, die Kosten von 75.000 Euro für den Aus- und Einbau aller Zahnräder mit Mangelverdacht (ausreichende Stichprobe etc. vorausgesetzt).
197
Beim Vergleich der Kosten der Überprüfung mit den nach Ziff. 4.2 bis 4.5 ProdHM gedeckten Kosten sind somit die versicherten Kosten der Überprüfung den Kosten gegenüberzustellen, die bei Anwendung der Ziff. 4.2 bis 4.5 ProdHM auf alle Teile mit Mangelverdacht – unabhängig davon, ob sie tatsächlich mangelhaft sind bzw. ohne Feststellung dessen – für den VR anfallen. Gedeckt ist nur der geringere der bei der Abwägung festgestellten Beträge.248 Beispiel: 249 Der VN stellt Federn her, die in Ventile eingebaut werden, die ihrerseits in Maschinen Verwendung finden. Bei zwei Reklamationen werden Ventile gefunden, bei denen die Feder nicht anspricht, weil sie einen zu hohen Druckwiderstand hat. Bei einer systematischen Stichprobenuntersuchung von 48 Ventilen stellt man fest, dass acht das Problem aufweisen. Die Ursache ist nicht feststellbar; man entschließt sich zur Überprüfung aller Ventile, die aus der betroffenen Feder-Charge hergestellt wurden, insgesamt 1010. Die Überprüfung mittels einer Druckprobe vor Ort, für die das Freilegen der Feder notwendig ist, kostet 40 Euro. Weist die Feder den Fehler auf, muss das Ventil ausgebaut und die Feder getauscht werden. Aus- und Einbau kosten 75 Euro. In dieser Konstellation ist für die Kostenabwägung davon auszugehen, dass für die Durchführung einer Überprüfung 50.400 Euro anfallen würden. Zu berücksichtigen sind die 1010 insgesamt gelieferten Ventile abzüglich der zwei Reklamationen und der 48 im Rahmen der Stichprobe untersuchten Ventile. Insoweit besteht keine Deckung – diese Untersuchungen dienten dem Befund, dass ein Mangelverdacht besteht, und nicht der Überprüfung i.S.d. Ziff. 4.6 ProdHM. Die Überprüfung der 960 danach verbleibenden Ventile kostet bei je 40 Euro insgesamt 38.400 Euro. Geht man von der in der Stichprobe gefundenen Fehlerquote (8/48 = ein Sechstel = 160 Stück) aus, kostet der Aus- und Einbau (75 Euro/Stück) 12.000 Euro. Insgesamt
246 247 248
GDV-Erläuterungen 73. Nach GDV-Erläuterungen 73. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 247 f.
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249
Nach Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 248.
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fallen damit auf der Seite der Überprüfung 50.400 Euro an. Würden dagegen bei allen 960 nach den Reklamationen und der Stichprobe verbleibenden Ventilen die Federn ausgetauscht, betrügen die Kosten für den Aus- und Einbau 72.000 Euro (960 × 75 Euro).
Dieses Beispiel von Thürmann macht deutlich, dass der Versicherungsschutz für Scha- 198 densersatzansprüche, die auf den Ersatz von Prüf- und Sortierkosten gerichtet sind, mit Unwägbarkeiten sowohl für den VN als auch für den VR verbunden ist. Übersteigen die Gesamtkosten für die Überprüfung in dem vorherigen Beispiel die Kosten für den Ausund Einbau aller nach der Stichprobe verbliebenen Ventile, weil die tatsächliche Fehlerquote mehr als ein Sechstel beträgt, stellt sich zunächst die Frage, ob für die höheren Kosten Deckung besteht. Dies hängt nach Ziff. 4.6.3 S. 1 ProdHM davon ab, ob die höheren Kosten der Überprüfung im Zeitpunkt der Erforderlichkeit von Überprüfungsmaßnahmen „zu erwarten“ waren. Nach den Erläuterungen des Musterbedingungsgebers kommt es für die Beurteilung 199 auf das Erkenntnisvermögen eines sachverständigen objektiven Dritten an.250 Ein unverschuldeter Irrtum über den jeweiligen Kostenumfang von Überprüfungsmaßnahmen bzw. Austauschkosten sei deckungsunschädlich.251 Wie bereits zu erwähnt (Rn. 193) ist zu beachten, dass der VN erstens oftmals keinen Einfluss auf die Entscheidung des Dritten über die vorzunehmende Überprüfungsmaßnahme hat und zweitens selbst bei einem verschuldeten Irrtum seitens des Dritten dessen Schadensersatzanspruch nicht zwingend gem. § 254 BGB auf den Betrag reduziert wird, für den Deckung besteht. Es kann also sein, dass der Versicherungsschutz hinter dem zurückbleibt, was der VN haftungsrechtlich schuldet.252 3. Prüf- und Sortierkosten im Rahmen der Nacherfüllung (Ziff. 4.6.4 ProdHM) Ziff. 4.6.4 ProdHM erweitert die Deckung im Umfang der Ziff. 4.6.2 und 4.6.3 200 ProdHM auf den Fall, dass die Kosten der Überprüfung „zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht zur Neulieferung oder zur Beseitigung eines Mangels des Erzeugnisses des VN von diesem oder seinem Abnehmer aufgewendet werden“. Eine identische Formulierung findet sich in Ziff. 4.4.3 ProdHM, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird (Rn. 119 ff.). 4. Ausgrenzung des Rückrufkostenrisikos (Ziff. 4.6.5 ProdHM) In Ziff. 4.6.5 ProdHM heißt es: „Auf Ziff. 6.2.8 wird hingewiesen“. Nach Ansicht 201 des Musterbedingungsgebers stellt der Hinweis auf Ziff. 6.2.8 ProdHM klar, „dass im Rückruffall Prüf- und Sortierkosten unter den Voraussetzungen der Ziff. 6.2.8 ProdHM nur im Rahmen einer separaten Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung gedeckt werden“.253 Die Ausgrenzung des Rückrufkostenrisikos beschränkt den Anwendungsbereich dieses Bausteins praktisch auf den Ersatz von Prüf- und Sortierkosten des ersten Abnehmers in der Warenkette.
250 251
Vgl. auch Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 4.6 Rn. 4. GDV-Erläuterungen 73; ähnlich Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 249: „Solange es sich um eine rationale und fundierte Erwartung nach einem aus-
252 253
reichenden Stichprobenbefund handelte, geht es zu Lasten des VR, wenn sich real später eine andere Lage zeigt“. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 249. GDV-Erläuterungen 74.
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5. Auslandsdeckung (Umfang nach besonderer Vereinbarung)
1
Das ProdHM enthält keine Regelung für die Auslandsdeckung. Der Musterbedingungsgeber begründet dies damit, dass die Auslandsdeckung individuell auszugestalten sei.1 Zu beachten ist, dass aufgrund der Nullstellung der Betriebshaftpflichtversicherung eine für das Betriebsstättenrisiko vereinbarte Auslandsdeckung nicht für Ansprüche wegen Produkthaftpflichtschäden gilt. Insoweit bedarf es einer besonderen Vereinbarung. In der Praxis wird regelmäßig Deckung nach Maßgabe der Muster-Bedingungsstruktur AT zugrunde gelegt, auf die im Rahmen der Kommentierung der AHB eingegangen worden ist (Ziff. 7.9 AHB Rn. 266 ff.). Auf die dortigen Ausführungen kann deshalb verwiesen werden.
6. Risikoabgrenzungen 6.1 Nicht versichert sind 6.1.1 Ansprüche, soweit diese nicht in Ziff. 4 ausdrücklich mitversichert sind, – auf Erfüllung von Verträgen, Nacherfüllung, aus Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung, auf Schadensersatz statt der Leistung; – wegen Schäden, die verursacht werden, um die Nachbesserung durchführen zu können; – wegen des Ausfalls der Nutzung des Vertragsgegenstandes oder wegen des Ausbleibens des mit der Vertragsleistung geschuldeten Erfolges; – auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen im Vertrauen auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung; – auf Ersatz von Vermögensschäden wegen Verzögerung der Leistung; – wegen anderer an die Stelle der Erfüllung tretender Ersatzleistungen. Dies gilt auch dann, wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt; 6.1.2 im Rahmen der Versicherung gem. Ziff. 4.2 ff. Ansprüche wegen Folgeschäden (z.B. Betriebsunterbrechung oder Produktionsausfall), soweit diese nicht in den Ziff. 4.2 ff. ausdrücklich mitversichert sind. 6.2 Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind 6.2.1 Ansprüche aus Garantien oder aufgrund sonstiger vertraglicher Haftungserweiterungen, soweit es sich nicht um im Rahmen der Ziff. 4 versicherte Vereinbarungen bestimmter Eigenschaften von Erzeugnissen, Arbeiten und Leistungen bei Gefahrübergang handelt, für die der VN verschuldensunabhängig im gesetzlichen Umfang einzustehen hat; 6.2.2 Ansprüche, die daraus hergeleitet werden, dass gelieferte Sachen oder Arbeiten mit einem Rechtsmangel behaftet sind (z.B. Schäden aus der Verletzung von Patenten, gewerblichen Schutzrechten, Urheberrechten, Persönlichkeitsrechten, Verstößen in Wettbewerb und Werbung); 6.2.3 Ansprüche wegen Schäden gemäß Ziff. 7.8 AHB;
1
GDV-Erläuterungen 74.
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6.2.4 Ansprüche gegen den VN oder jeden Mitversicherten, soweit diese den Schaden durch bewusstes Abweichen von gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften sowie von schriftlichen Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers herbeigeführt haben; 6.2.5 1Ansprüche aus Sach- und Vermögensschäden durch Erzeugnisse, deren Verwendung oder Wirkung im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck nicht nach dem Stand der Technik oder in sonstiger Weise ausreichend erprobt waren. 2Dies gilt nicht für Schäden an Sachen, die mit den hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen weder in einem Funktionszusammenhang stehen noch deren bestimmungsgemäßer Einwirkung unterliegen; 6.2.6 Ansprüche aus – Planung oder Konstruktion, Herstellung oder Lieferung von Luft- oder Raumfahrzeugen sowie von Teilen von Luft- oder Raumfahrzeugen, soweit diese Teile im Zeitpunkt der Auslieferung durch den VN oder von ihm beauftragte Dritte ersichtlich für den Bau von Luft- oder Raumfahrzeugen sowie den Einbau in Luftoder Raumfahrzeuge bestimmt waren, – Tätigkeiten, (z.B. Montage, Wartung, Inspektion, Überholung, Reparatur, Beförderung) an Luft- oder Raumfahrzeugen sowie Luft- oder Raumfahrzeugteilen 6.2.7 Ansprüche wegen Vermögensschäden im Sinne von Ziff. 2.1 AHB, die von Unternehmen, die mit dem VN oder seinen Gesellschaftern durch Kapital mehrheitlich verbunden sind oder unter einer einheitlichen unternehmerischen Leitung stehen, geltend gemacht werden. 6.2.8 1Ansprüche wegen Kosten gemäß Ziff. 4.2.2.3, 4.3.2.2, 4.4 und – soweit vereinbart – Ziff. 4.6 sowie Ansprüche wegen Beseitigungs- bzw. Vernichtungskosten im Rahmen der Ziff. 4.2.2.4 und 4.3.2.3, die im Zusammenhang mit einem Rückruf von Erzeugnissen geltend gemacht werden. 2Erzeugnisse im Sinne dieser Regelung können sowohl solche des VN als auch Produkte Dritter sein, die Erzeugnisse des VN enthalten. Rückruf ist die auf gesetzlicher Verpflichtung beruhende Aufforderung des VN, zuständiger Behörden oder sonstiger Dritter an Endverbraucher, Endverbraucher beliefernde Händler, Vertrags- oder sonstige Werkstätten, die Erzeugnisse von autorisierter Stelle auf die angegebenen Mängel prüfen, die gegebenenfalls festgestellten Mängel beheben oder andere namentlich benannten Maßnahmen durchführen zu lassen. Übersicht Rn. A. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . B. Nicht versicherte Ansprüche (Ziff. 6.1 ProdHM) . . . . . . . . . . . . I. Erfüllungsansprüche . . . . . . . . . . . II. Folgeschäden bei Ziff. 4.2 ff. ProdHM . . C. Ausschlüsse (Ziff. 6.2 ProdHM) . . . . . I. Ansprüche aus Garantien oder Haftungserweiterungen (Ziff. 6.2.1 ProdHM) . . . II. Gewährleistung wegen Rechtsmängeln (Ziff. 6.2.2 ProdHM) . . . . . . . . . . . III. Ansprüche wegen Schäden gem. Ziff. 7.8 AHB (Ziff. 6.2.3 ProdHM) . . . . . . . . IV. Pflichtwidrigkeitsklausel (Ziff. 6.2.4 ProdHM) . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis zu § 103 VVG und Ziff. 7.1, 7.2 AHB . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzliche oder behördliche Vorschriften – schriftliche Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers . . . .
1 2 2 4 5 6 7 10 11 12
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Rn. a) Gesetzliche oder behördliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . b) Schriftliche Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers . . . . . . 3. Kausalität/Schutzzweckzusammenhang 4. Beweisfragen . . . . . . . . . . . . . . V. Erprobungsklausel (Ziff. 6.2.5 ProdHM) . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . 2. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . 4. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . a) Neu-, Fort- und Weiterentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschluss von Sach- und Vermögensschäden . . . . . . . . . . . . c) Wiedereinschluss bei fehlendem Funktionszusammenhang oder fehlender bestimmungsgemäßer Einwirkung . . . . . . . . . . . .
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Produkthaftpflichtmodell Rn.
5. Voraussetzungen . . . . . . . . . . a) Begriff der Erprobung . . . . . . b) Maßstab der Erprobung . . . . . aa) Stand der Technik . . . . . . bb) In sonstiger Weise . . . . . . cc) Zeitpunkt . . . . . . . . . . c) Konkreter Verwendungszweck . . d) Kausalität/Schutzzweckzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . 6. Beweisfragen . . . . . . . . . . . . 7. Ziff. 6.2.5 ProdHM in der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle . . . . . a) Wirksame Einbeziehung . . . . .
. . . . . . .
37 38 39 39 42 44 45
. 48 . 51 . 53 . 53
Rn. b) Inhaltskontrolle . . . . . . . . . aa) § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB . . bb) § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . . . VI. Luftprodukthaftpflicht (Ziff 6.2.6 ProdHM) . . . . . . . . . . VII. Konzernausschluss (Ziff 6.2.7 ProdHM) VIII. Rückrufkostenausschluss (Ziff. 6.2.8 ProdHM) . . . . . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . 3. Vom Rückrufausschluss erfasste Schadenspositionen . . . . . . . . . . .
. 54 . 55 . 62 . 65 . 67 . 68 . 68 . 69 . 71
A. Vorbemerkungen 1
Ziff. 6 ProdHM unterscheidet unter der Überschrift „Risikoabgrenzungen“ als Oberbegriff zwischen Ansprüchen, die nicht versichert sind (Ziff. 6.1 ProdHM), und Ansprüchen, die vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind (Ziff. 6.2 ProdHM). Die nicht versicherten Ansprüche sind dem Bereich der primären, die von der Deckung ausgeschlossenen Ansprüche der Ebene der sekundären Risikobegrenzung zuzuordnen.
B. Nicht versicherte Ansprüche (Ziff. 6.1 ProdHM) I. Erfüllungsansprüche 2
Ziff. 6.1.1 ProdHM hat einen mit Ziff. 1.2 AHB weitgehend identischen Wortlaut, sodass auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann. Eine für die Deckung in der Produkthaftpflichtversicherung unbeachtliche Abweichung weist Ziff. 6.1.1, 2. Spiegelstrich ProdHM auf. Dort wird abweichend von Ziff. 1.2, 2. Spiegelstrich AHB auf „Nachbesserung“ statt „Nacherfüllung“ abgestellt. Zu beachten ist, dass Ziff. 6.1.1 ProdHM unter dem Vorbehalt einer Deckung nach 3 Ziff. 4 ProdHM steht („soweit diese nicht in Ziff. 4 ausdrücklich mitversichert sind“).1 Durch diesen Vorbehalt wird klargestellt, dass Versicherungsschutz für die in den Erfüllungsbereich hineinreichenden Ansprüche besteht, die Gegenstand der Regelungen nach Ziff. 4.4.3 und Ziff. 4.6.4 ProdHM sind. Aufgrund des Vorbehalts ist es unzulässig, Ziff. 6.1.1. ProdHM zur Auslegung der Ziff. 4 ProdHM heranzuziehen.
II. Folgeschäden bei Ziff. 4.2 ff. ProdHM 4
Bei Ziff. 6.1.2 ProdHM handelt es sich nur um eine klarstellende Regelung, da die versicherten Schadenspositionen in den jeweiligen Deckungsbausteinen abschließend aufgeführt sind (vgl. Ziff. 4.2.2.5 ProdHM und 4.5.2.5 ProdHM für Schadensersatzansprüche wegen Produktionsausfällen). Zu beachten ist, dass der Ausschluss keine
1
Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 1.
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Anwendung auf Betriebsunterbrechungen oder Produktionsausfälle findet, die aus einem nach Ziff. 1.1, 4.1 ProdHM gedeckten Sachschaden resultieren, also als Sachfolgeschaden zu qualifizieren sind.2
C. Ausschlüsse (Ziff. 6.2 ProdHM) Der Versicherungsschutz für Produkthaftpflichtrisiken richtet sich nach den AHB 5 „und“ dem ProdHM. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt (Einl ProdHM Rn. 3), kommt dem ProdHM Vorrang zu. Ein Rückgriff auf die AHB ist deshalb nur insoweit zulässig, als die Regelungen des ProdHM nicht abschließend sind, was vor einem Rückgriff auf die AHB aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen VN einer Produkthaftpflichtversicherung in jedem Einzelfall zu klären ist. Deshalb kann den Ausschlüssen nach Ziff. 7 AHB nicht pauschal eine allgemeine Auffanggeltung beigemessen werden.3 Im Übrigen gilt auch für die Ausschlusstatbestände gem. Ziff. 6.2 ProdHM, dass sie nur bei adäquater Kausalität und unabhängig davon eingreifen, ob bei der Schadensentstehung auch andere Ursachen mitgewirkt haben (Grundsatz der Gesamtkausalität) (Ziff. 7 AHB Rn. 17).
I. Ansprüche aus Garantien oder Haftungserweiterungen (Ziff. 6.2.1 ProdHM) Ebenso wie nach Ziff. 1.1 S. 1 AHB gewährt das ProdHM nur Versicherungsschutz für 6 die Inanspruchnahme des VN aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen (und Ziff. 4.4.3, 4.6.4 ProdHM bei gesetzlicher Pflicht zur Neulieferung oder zur Beseitigung eines Mangels). Dem Ausschluss von Ansprüchen aus Garantien und Haftungserweiterungen, soweit sie aufgrund Vertrages oder Zusagen über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des VN hinausgehen, kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Insoweit kann grundsätzlich auf die Ausführungen zu Ziff. 7.3 AHB verwiesen werden (Ziff. 7 AHB Rn. 62 ff.). In Erweiterung zu Ziff. 7.3 AHB besteht jedoch Deckung für Schadensersatzansprüche, die an die Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie i.S.v. §§ 442, 444, 445 i.V.m. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB anknüpfen und zu einer verschuldensunabhängigen Haftung für das Bestehen einer Beschaffenheit im Zeitpunkt des Gefahrübergangs führen.
II. Gewährleistung wegen Rechtsmängeln (Ziff. 6.2.2 ProdHM) Kein Versicherungsschutz besteht für Ansprüche, die daraus hergeleitet werden, dass 7 gelieferte Sachen oder Arbeiten mit einem Rechtsmangel behaftet sind. Rechtsmängel können aus privatrechtlichen Rechten Dritter oder aus öffentlich-rechtlichen Belastungen und Nutzungsbeschränkungen resultieren. Die im Klammerzusatz beispielhaft genannten Schäden aus der Verletzung von Patenten, gewerblichen Schutzrechten (Rn. 11)4, Ur-
2 3
Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 275. A.A. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 280; Späte ProdHM Rn. 60; Kettler, in: Thürmann/Kettler 271; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 6 Rn. 2.
4
Vgl. OLG Düsseldorf 14.12.2012 NJOZ 2013 924, 925 f. (Verdacht der Fälschung bei Medikament – Verstoß gegen AMG und MarkenG – begründet Rechtsmangel).
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heberrechten, Persönlichkeitsrechten, Verstößen in Wettbewerb und Werbung betreffen den privatrechtlichen Bereich. Kennzeichnend für einen Rechtsmangel ist, das der Gebrauch der Sache beeinträchtigt 8 wird, diese Beeinträchtigung jedoch nicht aus der Beschaffenheit der Sache, sondern aus Rechten Dritter oder öffentlich-rechtlichen Belastungen oder Benutzungsbeschränkungen resultiert.5 Im Einzelfall kann die Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsmängeln schwierig sein. Nach Ansicht des BGH verbieten sich schematische Lösungen und rein begriffliche Ableitungen.6 So ist der BGH in seinem Urteil vom 5.12.1190 zum Verkauf von Dieselkraftstoff, dem Heizöl beigemischt wurde und der deshalb von den Zollbehörden beschlagnahmt wurde, nicht von einem Sachmangel, sondern von einem Rechtsmangel ausgegangen und hat zur Begründung angeführt, der Mangel sei „entscheidend dadurch gekennzeichnet, daß der Verkäufer nur Eigentum ohne rechtlichen Bestand verschaffen kann“.7 Hinsichtlich der im Klammerzusatz aufgeführten Rechte besteht praktisch Einig9 keit, dass Ansprüche wegen Verletzung von Patenten, gewerblichen Schutzrechten, Urheberrechten, Persönlichkeitsrechten Verstößen in Wettbewerb und Werbung nicht an die Beschaffenheit der Sache anknüpfen, es sich insoweit also um Rechtsmängel handelt.8
III. Ansprüche wegen Schäden gem. Ziff. 7.8 AHB (Ziff. 6.2.3 ProdHM) 10
Bezüglich dieses Ausschlusses kann auf die Ausführungen zu Ziff. 7.8 AHB verwiesen werden (Ziff. 7 AHB Rn. 241 ff.).
IV. Pflichtwidrigkeitsklausel (Ziff. 6.2.4 ProdHM) 1. Verhältnis zu § 103 VVG und Ziff. 7.1, 7.2 AHB
11
Abweichend von § 103 VVG, wonach sich der Vorsatz nicht nur auf das haftungsbegründende Verhalten, sondern auch in der Weise auf die Schadensfolgen erstrecken muss, dass der VN den schädigenden Erfolg als möglich vorhergesehen und billigend in Kauf genommen hat (vgl. § 103 VVG Rn. 26 ff.), greift der Risikoausschluss gem. Ziff. 6.2.4 ProdHM schon dann ein, wenn der VN/versicherte Personen den Schaden unter bewusstem Verstoß gegen gesetzlich, behördlich oder auf anderem Wege begründete Pflichten herbeigeführt, jedoch ohne Schädigungsvorsatz gehandelt hat/haben. Der VN kann sich also nicht darauf berufen, er sei von der Folgenlosigkeit des Verstoßes überzeugt gewesen oder habe auf diese gehofft.9
5
6 7 8
Vgl. OLG Düsseldorf 14.12.2012 NJOZ 2013 924, 925 f.; Palandt/Sprau § 435 Rn. 6; Bamberger/Roth/Faust § 435 Rn. 6. BGH 5.12.1990 BGHZ 113 106, 112 = NJW 1991 915. BGH 5.12.1990 BGHZ 113 106, 112 = NJW 1991 915. BGH 31.1.1990 BGHZ 110 196, 199 f. = NJW 1990 1106; BGH 20.12.1978 NJW
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9
1979 713; BGH 16.5.1973 NJW 1973 1545, 1546; MüKo-BGB/H. P. Westermann § 435 Rn. 4; Erman/Grunewald § 435 Rn. 6; Palandt/Weidenkaff § 435 Rn. 8; a.A. Bamberger/Roth/Faust § 435 Rn. 10 hinsichtlich gewerblicher Schutzrechte, Urheberrechte und Persönlichkeitsrechte. Vgl. BGH 26.9.1990 VersR 1991 176, 177.
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Diese Abweichung stellt nach der Rechtsprechung keine unangemessene Benachteili- 12 gung i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar, weil „[d]as Entfallen des Tatbestandsmerkmals – Voraussehen des schädigenden Erfolges als zumindest möglich und billigende Inkaufnahme seines Eintritts – […] dadurch ausgeglichen [wird], dass der Risikoausschluss nur bei Verstößen greift, die ihrer Art nach schadensgeneigt sind, was dem VN bei zutreffender Beurteilung seiner Pflichten nicht verborgen bleibt, und dass diese Verstöße eben wissentlich begangen worden sein müssen“.10
Anders als in der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung bleibt die Regelung des 13 § 103 VVG in der Produkthaftpflichtversicherung in Gestalt von Ziff. 7.1 AHB neben Ziff. 6.2.3 ProdHM bestehen. Weiterhin anwendbar bleibt auch Ziff. 7.2 AHB, der den Vorsatzausschluss im Bezug auf Produkte und Arbeiten/Leistungen ergänzt, indem er die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit der Waren, Erzeugnisse oder Arbeiten dem Vorsatz gleichstellt.11 Gleichwohl ist eine unangemessene Benachteiligung des VN zu verneinen, weil nicht nur der VR, sondern auch die Gemeinschaft der Produkthaftpflichtversicherten12 ein berechtigtes Interesse daran hat, Schäden vom Versicherungsschutz auszunehmen, die daraus resultieren, dass einzelne VN bewusst von gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften sowie von schriftlichen Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers abweichen.13 Wie auch sonst bei subjektiven Risikoausschlüssen verliert nur derjenige Mitver- 14 sicherte den Versicherungsschutz, der den Risikoausschluss verwirklicht, und muss sich der VN/die versicherten Personen nur die Verstöße seiner/ihrer Repräsentanten zurechnen lassen.14 2. Gesetzliche oder behördliche Vorschriften – schriftliche Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers a) Gesetzliche oder behördliche Vorschriften. Neben öffentlich-rechtlichen Normen 15 kommen auch technische Regelwerke (z.B. DIN-Vorschriften, Unfallverhütungsvorschriften) in Betracht.15 Auf die Wirksamkeit dieser Vorschriften kommt es nach Sinn und Zweck von Ziff. 6.2.4 ProdHM nicht an, sodass auch für Schäden infolge von Verstößen gegen kompetenzwidrig erlassene öffentlich-rechtliche Normen keine Deckung besteht. b) Schriftliche Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers. Erforderlich sind 16 schriftliche Anweisungen oder Bedingungen (z.B. Vorgaben für Materialstärken, Dimen-
10
11
BGH 26.9.1990 VersR 1991 176, 177 = RuS 1991 45; vgl. auch BGH 28.9.2005 BeckRS 2005 13934; BGH 20.6.2001 NJW-RR 2001 1311, 1312 = VersR 2001 1103; OLG Karlsruhe 24.9.2009 NJW-RR 2010 1043, 1044; OLG Köln 22.9.2008 NJW-RR 2009 994; OLG Saarbrücken 12.12.2007 NJOZ 2008 2882, 2885. Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 271; Langheid/Wandt/Thürmann Rn. 288; Späte ProdHM Rn. 9 und AHB § 4 Rn. 218; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 58 Rn. 45; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 6 Rn. 72.
12
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15
Zur Einbeziehung des Kollektivinteresses in die Inhaltskontrolle vgl. Präve VersR 2012 657, 661 ff. Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 271; Späte ProdHM Rn. 66; Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 58 Rn. 44. MAH/Stempfle § 15 Rn. 273; Prölss/Martin/ Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 7; Langheid/ Wandt/Thürmann Rn. 292; Späte ProdHM Rn. 68; vgl. auch Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 246. Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 58 Rn. 49.
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sionierung, Anzeige- und Genehmigungsvorbehalte bei Änderung von Produkten oder Herstellungsverfahren).16 Abweichungen von mündlichen Anweisungen bleiben somit folgenlos. Bloße Merkblätter oder Herstellerempfehlungen dürften nicht ausreichen, soweit nicht ihre Einhaltung durch rechtliche Inbezugnahme verbindlich ist.17 3. Kausalität/Schutzzweckzusammenhang
17
Zwischen dem bewussten Abweichen des VN und dem eingetretenen Schaden muss adäquate Kausalität bestehen.18 Erforderlich ist zudem, dass der Schaden gerade durch die Beachtung/Einhaltung der Vorschrift, Anweisung oder Bedingung abgewendet werden sollte.19 Daran fehlt es, wenn der Schaden auf einer nicht im Zusammenhang mit dem Abweichen von der Anweisung oder Bedingung stehenden Ursache beruht und insoweit unabhängig von dem Abweichen von Vorschriften, Anweisungen oder Bedingungen eingetreten ist.20 4. Beweisfragen
18
Nach der Rechtsprechung lässt sich ein Pflichtverstoß nur dadurch geltend machen, dass der VR erstens aufzeigt, wie sich der VN bei Einhaltung der gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften sowie der schriftlichen Anweisungen oder Bedingungen hätte verhalten müssen, und zweitens darlegt, dass der VN gewusst hat, wie er sich hätte verhalten müssen.21
V. Erprobungsklausel (Ziff. 6.2.5 ProdHM) 1. Vorbemerkung
19
Gemessen an der Zahl der Urteile und der Beiträge im Schrifttum kommt der Erprobungsklausel, die zuweilen auch Experimentierklausel genannt wird, wohl die größte Bedeutung unter den Ausschlusstatbeständen zu. Die Klausel hat in der Vergangenheit mehrfach Änderungen erfahren. Vor der Überarbeitung des ProdHM im Jahre 2000 galt der Maßstab der „anerkannten Regeln der Technik oder Wissenschaft“ für die Bewertung, ob die Erprobung ausreichend war. Nach der Rechtsprechung zum öffentlichen Sicherheitsrecht 22 und der einschlägigen Literatur zum Produkthaftungsrecht 23 kann sich der Hersteller bei dem Standard „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ darauf beschränken, die herrschende Auffassung unter den Praktikern zu ermitteln, um festzustellen, ob das jeweilige Produkt in den Verkehr gebracht werden darf oder nicht.
16 17 18
19
Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 6; Langheid/Wandt/Thürmann Rn. 293. Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen § 26 Rn. 242. MAH/Stempfle § 15 Rn. 273; Prölss/Martin/ Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 7; v. Bühren/ Lenz § 12 Rn. 150, vgl. auch BGH 26.9.1990 VersR 1991 176, 177 = RuS 1991 45. Vgl. auch Produkthaftungshandbuch2/Graf von Westphalen § 58 Rn. 44.
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22 23
Langheid/Wandt/Thürmann Rn. 288. BGH 17.12.1986 RuS 1987 99; vgl. auch BGH 26.9.1990 VersR 1991 176, 177 = RuS 1991 45. Vgl. BVerfG 8.8.1978 NJW 1979 359, 362. Vgl. Produkthaftungshandbuch2/Foerste § 24 Rn. 14 ff.; Marburger Regeln der Technik im Recht (1979) 165.
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Die Überarbeitung im Jahre 2000 erhöhte diesen Standard. Maßstab für die Erpro- 20 bung war danach der „Stand von Wissenschaft und Technik“. Bei diesem Standard muss der Hersteller diejenige Vorsorge gegen Fehler treffen, die nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen für erforderlich gehalten wird.24 In der Gesetzbegründung zu § 1 Abs. 2 Ziff. 5 ProdHaftG wird der Maßstab „Stand der Wissenschaft und Technik“ umschrieben als „Inbegriff der Sachkunde, die im wissenschaftlichen und technischen Bereich vorhanden ist, also die Summe an Wissen und Technik, die allgemein anerkannt ist und allgemein zur Verfügung steht“.25
Gemessen an diesem Maßstab kommt es bei der Prüfung der ausreichenden Erprobung darauf an, ob die nicht ausreichende Erprobung für irgendeinen Wissenschaftler oder Techniker dieser Welt erkennbar war.26 Den VN trifft insoweit eine umfassende Erkundigungspflicht, die sich nicht auf das 21 Gebiet beispielsweise Deutschlands oder den deutschen Sprachraum beschränkt.27 Er muss deshalb u.a. internationale Fachzeitschriften auswerten, Fachtagungen verfolgen,28 ggf. mit wissenschaftlichen Instituten korrespondieren und auch die Eigenschaften und Neuerungen ähnlicher Konkurrenzprodukte beobachten.29 Nachdem Wirksamkeitsbedenken gegen die Heraufsetzung des Bewertungsmaßstabs geäußert wurden,30 setzte der Musterbedingungsgeber den Maßstab für die Erprobung auf den „Stand der Technik“ (hierzu sogleich Rn. 39) herunter. 2. Sinn und Zweck Nach den Erläuterungen des Musterbedingungsgebers besteht der Sinn und Zweck 22 der Erprobungsklausel darin, zu vermeiden, dass der VR zur Nachfinanzierung herangezogen wird, wenn ein Unternehmer aus Kosten- oder Wettbewerbsgründen, Erzeugnisse auf den Markt bringt, ohne sie vorher ausreichend erprobt zu haben.31 Es geht also auch bei diesem Ausschluss darum, der Gefahr des Moral Hazard – hier hinsichtlich der Eingehung unternehmerischer Risiken – zu begegnen. Dieser Zweck ist für den durchschnittlichen VN ohne Weiteres erkennbar und kann deshalb bei der Auslegung der Klausel Berücksichtigung finden. 3. Rechtsnatur Nach der Rechtsprechung handelt es sich um eine objektive Ausschlussklausel, nicht 23 um eine verhüllte Obliegenheit.32 Das LG Aachen führt zur Begründung an, 24 25 26 27 28 29
30
Vgl. BVerfG 8.8.1978 NJW 1979 359, 362. Begr. RegE BTDrucks. 11/2447 S. 15. Vgl. MüKo-BGB/Wagner § 1 ProdHaftG Rn. 53. Vgl. Produkthaftungshandbuch2/Foerste § 24 Rn. 25; Kort VersR 1989 1113, 1115. BGH 17.3.1981 NJW 1981 1606, 1608 – Benomyl. BGH 18.10.1960 VersR 1960 1095, 1096 – Kühlanlage; Kullmann/Pfister Produzentenhaftung Kza 1520 S. 12 f. R. Koch/Artz DB 2001 1599, 1602.
31
32
GDV-Erläuterungen 75; vgl. auch Fausten VersR 1996 411, 412; Langheid/Wandt/Thürmann Rn. 295; MAH/Stempfle § 15 Rn. 276; Ermert/Zölch 167; Schimikoswki VersR 2002 1313, 1313 f. BGH 9.1.1991 VersR 1991 414, 416 (Risikoausschluss); OLG Frankfurt 6.3.1997 VersR 1998 176, 177; Hans. OLG Bremen 30.6.1998 VersR 1999 1102 f. (Revision nicht angenommen, BGH 28.4.1999 IV ZR 176/98); LG Aachen 26.4.1994 VersR 1995 286; dazu Fausten VersR 1996 411;
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Produkthaftpflichtmodell
„daß die Experimentierklausel nach ihrer sprachlichen Fassung, ihrer Stellung im Kontext weiterer einschlägiger Bestimmungen, vor allem aber auch nach ihrem Sinn als Risikobeschränkung zu verstehen ist […]. Sie beinhaltet eine individualisierende Beschreibung eines Risikos mit objektbezogenen Voraussetzungen, für das allein die Bekl. Schutz gewähren will. Aus der Klausel ergibt sich mit hinreichender Klarheit, daß die Bekl. nur bei im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck ausreichend erprobten, mithin ausgereiften Produkten Versicherungsschutz gewähren will.“33
Die Literatur hat sich der Qualifikation als objektiver Risiskoausschluss nahezu ausnahmlos angeschlossen.34 Nach Thürmann bietet der Wortlaut der Klausel keinen Anhaltspunkt dafür, dass auf ein bestimmtes Verhalten des VN, etwa ein ausreichendes Erproben, hingewirkt werden solle. Es sei unerheblich, wer erprobt habe, der VN, sein Abnehmer oder ein Dritter, solange die Erprobung ausreichend war. Auch eine subjektive Vorwerfbarkeit hinsichtlich der unzureichenden Erprobung sei nicht erforderlich.35 Lediglich Voit/Knappmann stellen sich auf den Standpunkt, es handele sich um eine 24 sog. verhüllte Obliegenheit, da dem VN auferlegt werde, seine Erzeugnisse zu erproben, bevor er sie zur Abnahme freigebe oder ausliefere. Da er mit dem Risiko belastet werde, dass die von ihm vorgenommene Erprobung sich als objektiv nicht ausreichend erweist, bedürfe er des Schutzes, wenn er eine bestimmte Methode ohne Verschulden für ausreichend gehalten habe (etwa nach Erkundigung bei einem Fachinstitut). Aber auch dann, wenn eine geeignete Methode fehlerhaft angewendet oder das Ergebnis falsch ausgewertet worden sei, ohne dass den VN oder seinen Repräsentanten irgendein Verschulden (auch kein Organisationsverschulden) treffe, erscheine die Entziehung des Versicherungsschutzes ungerechtfertigt.36 Die Argumente von Voit/Knappmann sind nicht von der Hand zu weisen, zumal der 25 Wortlaut der Klausel nicht das maßgebliche Abgrenzungskriterium für die Einordnung der Klausel als Risikoausschluss oder Obliegenheit ist. Der BGH grenzt bekanntlich danach ab, ob die Klausel die individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der VR keinen Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des VN fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ob er ihn verliert.37 Wie beliebig, ja fast willkürlich die Bewertung ausfällt, zeigt die Rechtsprechung zu 26 § 132 Abs. 1 VVG a.F. Nach dieser Vorschrift haftet der VR bei der Versicherung eines Schiffes nicht für einen Schaden, der daraus entsteht, dass das Schiff in einem „nicht fahrtüchtigen Zustand oder nicht gehörig ausgerüstet oder bemannt die Reise antritt“.38 Bis zu dem Urteil des IV. Senats des BGH vom 18.5.2011 hatte der II. Senat des BGH
33
34
LG Karlsruhe 26.9.2008 15 O 100/07, unveröffentlicht, zitiert nach Langheid/Wandt/ Thürmann Rn. 295 Fn. 1. LG Aachen 26.4.1994 VersR 1995 286, 287 (dazu Fausten VersR 1996 411); vgl auch LG Karlsruhe 26.9.2008 15 O 100/07, unveröffentlicht („einhellige Rechtsprechung“). Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 295; Späte ProdHM Rn. 69 f.; Kettler, in: Thürmann/Kettler 283 f.; Kettler/Waldner VersR 2004 413 ff.; Schimikowski VersR 2002 1313, 1315; Schwabe VersR 2002 785, 794; Prölss/Martin/Voit
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35 36 37
38
ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 9; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 6 Rn. 79; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 25 Rn. 61; Fausten VersR 1996 411, 412. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 295. Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 Ziff. 6.6 ProdHM Rn. 30. St. Rspr.; vgl. nur BGH 18.5.2011 RuS 2012 130, 132; BGH 18.6.2008 NJW-RR 2008 1411 f. = RuS 2008 381; BGH 16.11.2005 RuS 2006 166, 167 = VersR 2006 215. BGH 18.5.2011 RuS 2012 130, 132.
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und ihm folgend die Literatur § 132 Abs. 1 VVG a.F. als objektiven Risikoausschluss verstanden, weil die Klausel an den Zustand des Schiffes und nicht an ein Verhalten des VN anknüpft.39 Seine vom II. Senat abweichende Bewertung begründete der IV. Senat damit, dass „[d]erartige Mängel [.] im Verantwortungsbereich des VN [liegen] und [.] von ihm vermieden werden [können], indem er die Fahrtauglichkeit seines Schiffes sichert und es mit genügender Ausrüstung und Personal versieht“. Warum angesichts dieser Rechtsprechung hinsichtlich des Erfordernisses einer – im Verantwortungsbereich des VN liegenden – ausreichenden Erprobung andere Maßstäbe gelten sollen, ist nur schwer verständlich. Ein durchschnittlicher VN kann die Formulierung „nicht … ausreichend erprobt 27 waren“ durchaus in dem Sinne verstehen, dass ihm die Erprobung als ein bestimmtes vorbeugendes, Gefahr minderndes Verhalten auferlegt wird.40 In diesem Verständnis wird er gestärkt, wenn – wie z.B. nach den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung von IT-Dienstleistern41 – zur Konkretisierung des Erprobungserfordernisses auf „übliche und angemessene Programmtests“ abgestellt wird. Diese Konkretisierung wird der VN im Sinne einer Aufforderung verstehen, die Eignung seiner Erzeugnisse für den konkreten Verwendungszweck zu erproben. Durch die Qualifikation als Obliegenheit würde sich die Deckung des VN im Falle 28 einer Inanspruchnahme wegen Schäden infolge von Konstruktions- und Instruktionsfehlern erheblich verbessern, weil diese bei ausreichender Erprobung oftmals hätten vermieden werden können. Gerade bei diesem Fehlertypus knüpft nicht nur die Haftung nach §§ 437 Nr. 3, 280 BGB und § 823 Abs. 1 BGB, sondern auch nach § 1 Abs. 1 ProdHaftG an die nicht ausreichende Erprobung des Erzeugnisses an, weil hierin das Verschulden des VN zu sehen ist und ihm eine Berufung auf § 1 Abs. 2 Ziff. 5 ProdHaftG verwehrt ist. Es kann daher kaum ein Zweifel daran bestehen, dass die Klausel subjektiven Momenten Rechnung tragen soll, was sie sogleich in die Nähe der Gefahrstandsobliegenheit i.S.v. § 23 Abs. 1 VVG und der subjektiven Risikoausschlüsse nach § 103 VVG, Ziff. 7.1 AHB und Ziff. 7.2 AHB rückt.42 Erfordert Ziff. 7.2 AHB immerhin noch positive Kenntnis des VN von der Mangelhaftigkeit, führt Ziff. 6.2.5 ProdHM, soweit man ihn mit der herrschenden Ansicht als objektiven Risikoausschluss qualifiziert, der Sache nach dazu, dass der VN im Fall unbegründeter Inanspruchnahme wegen Sach- und Vermögensschäden nicht einmal Anspruch auf Rechtsschutz hat und seinen Anspruch auf Freistellung bereits bei einfach fahrlässigem Verhalten verliert. Diese Zusammenhänge geben Anlass erstens für die Rechtsprechung und die Wissen- 29 schaft, die Wirksamkeit dieser Klausel in vielerlei Hinsicht – Abweichung von wesentlichen Grundsätzen der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), Gefährdung des Vertragszwecks (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und im Hinblick auf § 32 VVG – zu hinterfragen, und zweitens für die VR, die Klausel inhaltlich zu überarbeiten und neu auszurichten (Rn. 64). Es wäre wünschenswert, dass Ziff. 6.2.5 ProdHM geändert und dem VN die Möglichkeit der Exkulpation eingeräumt würde.
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BGH 4.12.2000 VersR 2001 457, 458; BGH 11.2.1985 VersR 1985 629 f.; Prölss/Martin/ Voit/Knappmann27 § 132 Rn. 5; Römer/ Langheid/Römer 2 § 132 Rn. 1. Schwabe VersR 2002 785, 794. Im Internet abrufbar unter http://www.gdv. de/downloads/versicherungsbedingungen/
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schaden-und-unfallversicherung/ muster-bedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/. A.A. und zirkulär Langheid/Wandt/Thürmann Rn. 296: „weil es bei einem objektiven Risikoausschluss auf die subjektive Komponente überhaupt nicht ankommt“.
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4. Anwendungsbereich
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a) Neu-, Fort- und Weiterentwicklungen. Bei einer Erprobung von Erzeugnissen geht es stets darum, eine Innovation zu testen und sie der Wirklichkeit auszusetzen. Nach Sinn und Zweck kommt die Erprobungsklausel jedoch nicht nur bei neu entwickelten Erzeugnissen zum Tragen, sondern auch bei weiterentwickelten oder geänderten Erzeugnissen.43 Maßgeblich ist die letzte Entwicklungsstufe des Erzeugnisses. Werden nach der ersten Erprobung im Rahmen der Entwicklung noch Änderungen vorgenommen, z.B. die Rezeptur einer Farbe noch geändert (Beimengung weiterer Stoffe oder Änderung des Mischungsverhältnisses der bisherigen), bedarf es somit erneuter Erprobung vor dem Inverkehrbringen des Erzeugnisses.44 Einer Neu-, Fort- und Weiterentwicklung stehen die Fälle gleich, in denen die Erzeugnisse ursprünglich für einen anderen Verwendungszweck hergestellt wurden.45
31
b) Ausschluss von Sach- und Vermögensschäden. Der Ausschluss greift nur ein, soweit der VN auf Ersatz von Sach- und Vermögensschäden wegen von ihm hergestellter Erzeugnisse oder Maschinen in Anspruch genommen wird. Auf Personenschäden, die ausschließlich oder neben Sach-/Vermögensschäden geltend gemacht werden, findet Ziff. 6.2.5 S. 1 ProdHM keine Anwendung.
c) Wiedereinschluss bei fehlendem Funktionszusammenhang oder fehlender bestimmungsgemäßer Einwirkung. Der Ausschluss von Sachschäden gilt nicht für Schäden an (anderen) Sachen, die mit dem gelieferten Erzeugnis weder in einem Funktionszusammenhang stehen noch dessen bestimmungsgemäßer Einwirkung unterliegen. Ein Funktionszusammenhang setzt voraus, dass die (beschädigte) Drittsache und das 33 nicht ausreichend erprobte Erzeugnis zusammenwirken oder gemeinsam für einen bestimmten Zweck eingesetzt werden. So liegt der Fall, wenn Schäden an einer Maschine eintreten, in die das Erzeugnis als Bestandteil eingebaut wurde.46 Eine bestimmungsgemäße Einwirkung liegt vor, wenn das Erzeugnis zur Be- oder Ver34 arbeitung der (beschädigten) Drittsache oder zur sonstigen Einwirkung auf diese vorgesehen ist (Reinigungsmaschine oder Reinigungschemikalien wirken auf Fußböden ein).47 Keine Deckung besteht deshalb für Schäden an dem Material, das durch eine fehlerhafte Maschine des VN zu unbrauchbaren Produkten geformt wurde.48 Weder ein Funktionszusammenhang noch eine bestimmungsgemäße Einwirkung sind 35 bei Eintritt eines zufälligen Umgebungsschadens gegeben.49 So liegt der Fall, wenn bei
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LG Aachen 26.4.1994 VersR 1995 286 f.; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 300; Prölss/Martin/Voit Produkthaftpfl. Ziff. 6 Rn. 8; Kettler, in: Thürmann/Kettler 290; Fausten VersR 1996 411, 412. Vgl. Hans. OLG Bremen 30.6.1998 VersR 1999 1102, 1103 (Erprobung der KunstharzVorstufe eines Werkzeuges nicht ausreichend, endgültiges Aluminiumwerkzeug hätte erprobt werden müssen); LG Aachen 26.4.1994 VersR 1995 286 f.; Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 300; Kettler, in: Thürmann/Kettler 290.
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Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 8; Schwabe VersR 2002 785, 790 f.; Kettler/ Waldner VersR 2004 413, 416. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 12; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 308. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 308. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 12. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 300.
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einem durch das mangelhaft erprobte Erzeugnis verursachten Brand die Produktionshalle abbrennt.50 Für die Schadensersatzansprüche des Eigentümers der Halle besteht Deckung. Fährt ein Lkw wegen defekter Bremsen gegen eine Hausmauer, besteht lediglich hinsichtlich des Schadens am Lkw ein Funktionszusammenhang. Bezüglich des Hauses besteht weder ein Funktionszusammenhang noch liegt eine bestimmungsgemäße Einwirkung vor, sodass für die Schadensersatzansprüche des Hauseigentümers Deckung besteht.51 Der Wiedereinschluss umfasst nicht nur die unmittelbar eingetretenen Sach- und Ver- 36 mögensschäden, sondern auch die Folgeschäden.52 5. Voraussetzungen Nach dem Wortlaut von Ziff. 6.2.5 ProdHM greift der Ausschluss bereits dann ein, 37 wenn es an der ausreichenden Erprobung des Erzeugnisses gefehlt hat. Ein Verschulden des VN ist nicht erforderlich. Es kommt also nicht darauf an, ob der VN die Erprobung bewusst oder unbewusst unterlassen hat, ob der VN, der Abnehmer oder ein Dritter für die Durchführung der Erprobung zuständig gewesen wäre, ob der VN die Notwendigkeit von Prüfmaßnahmen verkannt hat oder keine Kenntnis von den technischen Möglichkeiten einer Prüfung hatte.53 a) Begriff der Erprobung. Im Hinblick darauf, dass es bei der Erprobung darum geht, 38 eine Innovation zu testen und sie der Wirklichkeit auszusetzen, ist der Begriff der Erprobung im weitesten Sinne zu verstehen.54 Umfasst werden alle Verfahren und Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass das Erzeugnis für den konkreten Verwendungszweck (Rn. 45 ff.) geeignet ist. Dies schließt Verfahren und Maßnahmen ein, mit denen der gefahrlose Gebrauch des Erzeugnisses sichergestellt werden soll.55 Hierzu zählen nicht nur Anwendungstests, sondern auch Prüfungen und Messungen, soweit sie im Rahmen eines geordneten Verfahrens erfolgen. Willkürliches Herum- oder Ausprobieren ist nicht ausreichend.56 b) Maßstab der Erprobung aa) Stand der Technik. Eine Erprobung ist nach Ziff. 6.2.5 ProdHM nicht ausrei- 39 chend, wenn sie nicht nach dem „Stand der Technik“ vorgenommen wurde. Eine Legaldefinition dieses Begriffs findet sich in § 3 Abs. 6 BImSchG: „Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen
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Schwabe VersR 2002 785, 789; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 12. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 12; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 308. MAH/Stempfle § 15 Rn. 287; Langheid/ Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 309. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 301.
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Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 303: „Erprobung setzt voraus, dass praktische Testverfahren angewendet werden“. Vgl. OLG Frankfurt 6.3.1997 VersR 1998 176, 177. Vgl. OLG Frankfurt 6.3.1997 VersR 1998 176, 177; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 303.
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Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.“
Ob diese seit 2002 geltende Definition, die sich u.a auch in § 3 Nr. 11 WHG wiederfindet, dem Verständnis des durchschnittlichen Produkthaftpflicht-VN entspricht, dürfte zu bezweifeln sein, da sie dem Wortlaut nach auf die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen gerichtet und kaum einer Verallgemeinerung zugänglich ist. 40 Demgegenüber dürfte die Definition in der bis 2002 geltenden Fassung von § 3 Abs. 6 BImSchG, die allgemeiner gehalten ist und die der Musterbedingungsgeber aufgreifen wollte,57 diesem Verständnis entsprechen. Danach ist „Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes [.] der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg im Betrieb erprobt worden sind.“
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Zu den Anforderungen, die der Standard „Stand der Technik“ mit sich bringt, hat das BVerfG herausgearbeitet, dass die allgemeine Anerkennung und praktische Bewährung diesem Standard nicht genügt. Vielmehr müsse bei dieser Art der Verknüpfung von Recht und Technik der technischen Entwicklung Rechnung getragen und in die Meinungsstreitigkeiten der Techniker eingetreten werden, um zu ermitteln, was technisch notwendig, geeignet, angemessen und vermeidbar ist.58
42
bb) In sonstiger Weise. Die Erprobung hat nach dem Stand der Technik „oder“ in sonstiger Weise zu erfolgen. Grundsätzlich greift der Ausschluss somit nicht ein, wenn es zwar einen Stand der Technik gibt, die Erprobung aber auf andere Weise gleichwertig vorgenommen wurde. Derartige Fälle dürften in der Praxis kaum vorkommen,59 sodass der Anwendungsbereich dieser Alternative auf die Fälle beschränkt ist, in denen sich für das betroffene Erzeugnis oder die beabsichtigte Verwendung ein Stand der Technik (noch) nicht herausgebildet hat. Dann ist dieser durch Heranziehung von Erprobungsverfahren für vergleichbare Erzeugnisse zu ermitteln, die ähnlichen Verwendungszwecken dienen.60 43 Nach Ansicht des OLG Frankfurt/M. ist eine „in sonstiger Weise ausreichende Erprobung“ zu verneinen, wenn die Erprobung des Erzeugnisses – unter Berücksichtigung der Sicherheitserwartungen des Verkehrs – besorgen lässt, dass der Hersteller des in Verkehr gebrachten Erzeugnisses in ganz erheblichem Umfang Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Konstruktion oder Fabrikation ausgesetzt sein wird.61
44
cc) Zeitpunkt. Die Erprobung des Erzeugnisses muss dem Stand der Technik im Zeitpunkt des Inverkehrbringens entsprechen.62
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c) Verwendungszweck. Die Erprobung hat sich an dem konkreten Verwendungszweck des Erzeugnisses zu orientieren, wie er sich aus den vertraglichen Vereinbarungen
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Vgl. GDV-Erläuterungen 75. Vgl. BVerfG 8.8.1978 NJW 1979 359, 362 zu § 5 Abs. 2 BImSchG. Kettler/Waldner VersR 2004 413, 420. Vgl. GDV-Erläuterungen 75: „Nur ausnahmsweise mag einmal kein Stand der Technik für die Erprobung eines Erzeugnisses zu ermitteln sein; in diesem Fall ist ein Erzeugnis
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als ausreichend erprobt anzusehen, wenn die Erprobung in sonstiger Weise erfolgte und dabei ein dem Stand der Technik vergleichbarer Qualitätsmaßstab beachtet wurde“. OLG Frankfurt 6.3.1997 VersR 1998 176, 177. Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 280.
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und Ähnlichem (z.B. Gebrauchsanweisungen, Bedienungsanleitungen, Leistungsbeschreibungen, Prospekten oder der sonstigen Werbung) ergibt.63 Fehlt es an einem konkreten Verwendungszweck, kommt es auf die typische Zweckbestimmung des Erzeugnisses an,64 die in Anlehnung an § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vorzunehmen ist.65 Wird eine Flüssiggasanlage für den Einbau in Verbrennungsmotoren ohne Begrenzung auf bestimmte Fahrzeugtypen verkauft, muss sie im Hinblick auf eine universelle Eignung und nicht nur auf den Einsatz in bestimmten Fahrzeugtypen erprobt werden.66 Die Erprobung nur auf dem Prüfstand und in Fahrversuchen mit einem einzigen Fahrzeugtyp ist nicht ausreichend.67 Der Verwendungszweck muss haftungsrechtlich den berechtigten Erwartungen des 46 Abnehmers des Erzeugnisses Rechnung tragen. Das Erzeugnis muss bei bestimmungsgemäßer Verwendung ohne Gefahren für andere Sachen und das Vermögen des Abnehmers eingesetzt werden können. Der Verwendungszweck erfasst auch einen naheliegenden Fehlgebrauch.68 Diesem Umstand muss auf deckungsrechtlicher Ebene auch die Erprobung Rechnung tragen, weil dabei der Einsatzbereich („Verwendung“) sowie die Wirkung(sweise) des Erzeugnisses berücksichtigt werden müssen.69 Die Erprobung muss so angelegt sein, dass eine gefahrlose Verwendung sowie die Folgen aus einem naheliegenden Fehlgebrauch Berücksichtigung finden, weil der VN nur dann seiner Warnpflicht gerecht werden und seine Haftung vermeiden kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn keine Warnpflicht besteht, weil ein Fehlgebrauch nach den berechtigten Erwartungen des VN ausgeschlossen ist. Ein Fehlgebrauch dürfte allerdings in den Haftungsfällen, für die Deckung in der Pro- 47 dukthaftpflichtversicherung besteht, regelmäßig ausgeschlossen sein, weil die Erzeugnisse des VN in die Hand von gewerblichen Abnehmern gelangen, die mit den Gefahren vertraut sind, die sich aus dem (Fehl-)Gebrauch des Erzeugnisses ergeben können.70 Der VN einer Produkthaftpflichtversicherung muss sich also im Grundsatz keine Gedanken über die tatsächliche Verwendung seiner Erzeugnisse machen. Stellt er z.B. Nieten für Regentonnen her und sind diese entsprechend erprobt, so greift der Ausschluss nicht ein, wenn der Erwerber die Nieten für Druckbehälter verwendet und es deshalb zu Schäden an dem Druckbehälter kommt.71 d) Kausalität/Schutzzweckzusammenhang. Dem Wortlaut von Ziff. 6.2.5 S. 1 48 ProdHM ist nicht zu entnehmen, dass der Sach- oder Vermögensschaden auf der nicht ausreichenden Erprobung des Erzeugnisses beruhen muss. Nach Thürmann ergibt sich aber aus Sinn und Zweck der Erprobungsklausel, „dass die nicht ausreichende Erprobung zumindest dazu beigetragen hat, dass die Erzeugnisse zu Ansprüchen geführt haben, also eine Kausalbeziehung zwischen der nicht ausreichenden Erprobung und dem konkret geltend gemachten Schaden bestehen muss“.72
63
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Prölss/Martin/Voit/Knappmann27 ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 24; Schwabe VersR 2002 785, 791. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 8; Kettler/Waldner VersR 2004 413, 417. Kettler/Waldner VersR 2004 413, 417. BGH 9.1.1991 VersR 1991 414, 416. OLG Frankfurt 6.3.1997 VersR 1998 176 f. Vgl. nur BGH 16.6.2009 RuS 2009 428, 430, m.w.N.
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Schwabe VersR 2002 785, 791. Vgl. BGH 18.5.1999 NJW 1999 2815 f. Beispiel von Kettler/Waldner VersR 2004 413, 417. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 307; vgl. auch Prölss/Martin/ Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 11.
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Kettler/Waldner leiten dieses Erfordernis aus dem AGB-rechtlichen Gebot der engen Auslegung von Risikoausschlussklauseln her, weisen jedoch zu Recht darauf hin, dass es „nur vordergründig um Kausalität“ gehe, wenn eine mangelnde Erprobung eines Beschaffenheitsmerkmals keine Auswirkungen auf den Schaden habe, weil das Erzeugnis ausschließlich wegen eines anderen Merkmals, dessen Wirkung erprobt worden sei, einen Schaden verursacht habe.73 Diese Frage betrifft vielmehr den Schutzzweckzusammenhang auf der Deckungsebene. Dies wird an dem folgenden Beispiel von Kettler/Waldner deutlich:74 Der VN erprobt eine Sicherung für Transformatoren nach dem Stand der Technik ausreichend auf Temperaturbeständigkeit des Gehäuses. Eine Erprobung der Dauerhaftigkeit des Schmelzdrahts im Innern der Sicherung unterbleibt jedoch. Verursacht die Sicherung trotz ausreichender Erprobung des Gehäuses wegen fehlender Temperaturbeständigkeit desselben nach einiger Betriebsdauer einen Sachschaden an dem Trafo, sei zwar die Sicherung kausal für den Schaden geworden, nicht aber das nicht ausreichend erprobte Beschaffenheitsmerkmal „Dauerhaftigkeit des Schmelzdrahts“.
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Abgesehen von diesem Sonderfall, in dem das nicht erprobte Beschaffenheitsmerkmal keinerlei Auswirkungen auf den konkreten Schaden hatte und sich das ausgeschlossene Risiko somit nicht realisiert hat, bleibt es dabei, dass Kausalität lediglich zwischen dem nicht erprobten Erzeugnis und dem Schaden bestehen muss.75 6. Beweisfragen
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Den VR trifft – wie auch sonst bei Ausschlüssen – die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des Ziff. 6.2.5 S. 1 ProdHM vorliegen.76 Er muss also den Nachweis dafür antreten, dass die vom VN hergestellten und/oder gelieferten Erzeugnisse – bezogen auf ihren konkreten Verwendungszweck – nicht nach dem Stand der Technik ausreichend geprüft worden sind. Dieser Nachweis lässt sich in der Regel nur durch einen Sachverständigen führen.77 Zur (Mitwirkung bei der) Aufklärung der Schadensursache ist der VN im Rahmen des Ziff. 25.2 AHB verpflichtet.78 52 Bei Ziff. 6.2.5 S. 2 ProdHM handelt es sich um eine im Wege der tertiären Risikoabgrenzung getroffene Rückausnahme (Wiedereinschluss), für deren Vorliegen der VN beweisbelastet ist.79 7. Ziff. 6.2.5 ProdHM in der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle
53
a) Wirksame Einbeziehung. Ziff. 6.2.5 ProdHM schränkt den Versicherungsschutz des VN bei Abschluss einer Produkthaftpflichtversicherung im Vergleich zur konventionellen Betriebshaftpflichtversicherung ein, soweit es um Sachschäden infolge nicht ausreichender Erprobung geht (Ziff. 1 ProdHM Rn. 6 ff.). Insbesondere VN, die bislang nur eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben und die Produkthaftpflichtversicherung abschließen, um ihren Versicherungsschutz zu erweitern, rechnen nicht mit einer solchen Beschränkung. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass eine Produkthaftpflicht-
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Kettler/Waldner VersR 2004 413, 420. Kettler/Waldner VersR 2004 413, 420. Kettler/Waldner VersR 2004 413, 421. MAH/Stempfle § 15 Rn. 285; Schwabe VersR 2002 785, 794 f.; Kettler/Waldner VersR 2004 413, 421 f.
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Schwabe VersR 2002 785, 795. Vgl. auch Kettler/Waldner VersR 2004 413, 421 f. Schwabe VersR 2002 785, 794 f.; vgl. auch Langheid/Wandt/Wandt § 28 Rn. 49.
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versicherung in der Praxis stets durch einen Makler vermittelt wird, der die Klausel kennt und dessen Wissen sich insoweit der VN nach § 166 BGB zurechnen lassen muss.80 Die Klausel ist deshalb nicht als überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB zu qualifizieren. b) Inhaltskontrolle. Qualifiziert man mit der herrschenden Ansicht die Erprobungs- 54 klausel als objektiven Risikoausschluss, ist Ziff. 6.2.5 ProdHM im Rahmen der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB/§ 32 VVG weder an §§ 23 ff. VVG noch an § 103 VVG zu messen (zum Verhältnis zwischen diesen Vorschriften s. § 103 VVG Rn. 16). Es stellt sich nur die Frage, ob eine Vertragszweckgefährdung i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB oder eine aus sonstigen Gründen unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegt. aa) § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. In der Literatur wird das Vorliegen einer Vertrags- 55 zweckgefährdung verneint. Erstens sei nur ein begrenzter Bereich von der Deckung ausgenommen, da der Ausschluss nur für Sach- und Vermögensschäden gelte und zudem bei Sachschäden auf Schäden an Sachen im Funktionszusammenhang mit dem nicht ausreichend erprobten Erzeugnis beschränkt sei.81 Zweitens hafte der VN einem geschädigten Dritten gegenüber nicht wegen unzureichender Erprobung, sondern wegen Inverkehrbringens eines nicht ausreichend sicheren Erzeugnisses.82 Das Verfehlen dieser Anforderung sei nur in einer begrenzten Anzahl von Fällen auf eine nicht dem Stand der Technik entsprechenden Erprobung zurückzuführen.83 Insbesondere lägen Instruktionsfehler in der Regel nicht an der Qualität der Erprobung des Erzeugnisses, sondern z.B. an der Qualität der Instruktion.84 Auch bei Konstruktionsfehlern gebe es einen weiten Bereich, der aus anderen Unzu- 56 länglichkeiten als solchen in der Erprobung herrühre (z.B. Mess- oder Berechnungsfehler, Fehler bei der Anwendung von Berechnungsmodellen oder der Umsetzung von Erfahrungswissen) und auch mit einer dem Stand der Technik entsprechenden Erprobung nicht zu erkennen sei.85 Es bestehe ein berechtigtes Interesse des VR daran, nicht im Nachhinein im Wege des Schadensersatzes Kosten zu tragen, die eigentlich im Entwicklungsprozess hätten aufgewandt werden müssen und in die Kosten des Erzeugnisses oder die Kosten des Produkts des Abnehmers des VN, für das das Erzeugnis als Komponente bestimmt war, hätten eingehen müssen.86 Das letztgenannte Argument hat selbstverständlich seine Berechtigung. Nur stellt sich 57 die Frage, ob ein Ausschluss, der sich allein an objektiven Kriterien orientiert, nicht über dieses anerkennenswerte Ziel hinausschießt. Nach der Rechtsprechung liegt eine vertragszweckgefährdende Einschränkung stets vor, wenn der Vertrag durch eine Leistungszweckbegrenzung ausgehöhlt werden kann.87 Von einer solchen Aushöhlung wäre bei
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Hans. OLG Bremen 18.11.2008 VersR 2009 776 f. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 297; Schwabe VersR 2002 785, 793. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 297. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 297. Langheid/Wandt/Thürmann Produkthaft-
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pflichtV Rn. 298; vgl. auch Kettler in Kettler/Thürmann 293; Kettler/Waldner VersR 2004 413, 422 ff. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 294. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 297; vgl. auch Prölss/Martin/ Voit Ziff. 6 Rn. 13. Vgl. BGH 19.11.1997 BGHZ 137 174, 176 = NJW 1998 1069.
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Produkthaftpflichtmodell
einer Produkthaftpflichtversicherung jedenfalls dann auszugehen, wenn und soweit bei Sach- und Vermögensschäden, die auf Konstruktions- und/oder Instruktionsfehlern beruhen, keine Deckung – auch nicht für die Anspruchsabwehr – gewährt wird. Damit stellt sich die Frage, ob bei Geltung des Erprobungsmaßstabs „Stand der Tech58 nik oder in sonstiger Weise“ tatsächlich keine Deckung für Schäden wegen Konstruktions- und Instruktionsfehlern besteht, weil diese bei Beachtung dieses Erprobungsmaßstabs vermieden worden wären. Soweit diese Frage von der Literatur mit der Begründung verneint wird, Konstruktionsfehler könnten aus anderen Unzulängleichkeiten, wie z.B. Mess- oder Berechnungsfehlern, und Instruktionsfehler aus der fehlenden Qualität der Instruktion resultieren, überzeugt diese Begründung nicht. Die Erprobung soll ja gerade auch fehlerhafte Messungen und Berechnungen aufdecken und den Hersteller in die Lage versetzen, sachgerechte Hinweise zur Verwendung des Produkts zu geben. Dass Erprobung und Haftung für Konstruktions- und Instruktionsfehler in einem 59 untrennbaren Zusammenhang stehen, machen die Ausführungen des OLG Frankfurt/M. in seinem Urteil vom 6.3.1997 deutlich. Darin stellt das Gericht – in Abwesenheit von anerkannten Regeln der Technik oder der Wissenschaft – in seinem Leitsatz fest, dass „eine ‚in sonstiger Weise ausreichende Erprobung‘ von Flüssiggasanlagen im Sinne des entsprechenden Risikoausschlusses der Produkthaftpflichtversicherungsbedingungen [.] jedenfalls dann zu verneinen [ist], wenn die Erprobung des Produkts – unter Berücksichtigung der Sicherheitserwartungen des Verkehrs – besorgen läßt, daß der Hersteller des in Verkehr gebrachten Produkts in ganz erheblichem Umfang Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Konstruktion oder Fabrikation ausgesetzt sein wird“.88
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Positiv ausgedrückt liegt eine dem Stand von Technik oder in sonstiger Weise ausreichende Erprobung somit nur dann vor, wenn durch die Erprobung des Erzeugnisses sichergestellt ist, dass der Hersteller nicht in ganz erheblichem Umfang Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Konstruktion oder Instruktion ausgesetzt sein wird. Solche Schadensersatzansprüche können in dem hier interessierenden Bereich nicht nur aus § 823 BGB erwachsen, sondern auch aus §§ 437 Nr. 3, 440, 281, 280/§§ 437 Nr. 3, 241 Abs. 2, 280 BGB. Soweit das Erzeugnis aufgrund des Fehlers nicht ohne Risiko für das Eigentum oder das Vermögen des Abnehmers zu dem vertraglich vereinbarten Zweck verwendet werden kann, liegt ein Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 BGB vor. Im Ergebnis sprechen deshalb durchaus Argumente dafür, eine Vertragszweckgefähr61 dung zu bejahen. Schließlich besteht der Zweck des Abschlusses einer Produkthaftpflichtversicherung doch gerade darin, Deckung nicht nur für die Inanspruchnahme wegen Sach-, sondern auch für die Inanspruchnahme wegen Vermögensschäden zu erhalten. Die Gefährdung wird auch nicht durch den Wiedereinschluss von Schäden an Sachen beseitigt, die mit den hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen weder in einem Funktionszusammenhang stehen noch deren bestimmungsgemäßer Einwirkung unterliegen. Abgesehen davon, dass der Wiedereinschluss eben nur Sachschäden betrifft, wird ein Funktionszusammenhang oder ein bestimmungsgemäßes Einwirken in der großen Mehrzahl der Fälle gegeben sein.
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bb) § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Lehnt man eine Vertragszweckgefährdung ab, stellt sich die Frage, ob Ziff. 6.2.5 ProdHM den VN nicht i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligt. Dies ist dann der Fall, wenn der VR
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OLG Frankfurt 6.3.1997 VersR 1998 176.
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„missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen“.89
Insoweit sind die Interessen des VR (und der Gemeinschaft der Produkthaftpflichtversicherten) an einer vom Verschulden des VN unabhängigen Leistungsfreiheit mit dem Interesse des VN am Erhalt von Versicherungsschutz bei nicht ausreichender Erprobung abzuwägen.90 Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die damit einhergehende Benachteiligung des VN durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des VR gerechtfertigt ist.91 Daran, dass ein berechtigtes Interesse des VR besteht, zumindest für grob fahrlässiges 63 Fehlverhalten im Rahmen der Erprobung auch nicht anteilig einstehen zu müssen, bestehen – wie bereits mehrfach betont – keine Zweifel. Deshalb ist es grundsätzlich zulässig, diesen Sachverhalt als objektive Risikoabgrenzung und nicht als Obliegenheit auszugestalten. Einfach fahrlässiges Verhalten sollte jedoch im Rahmen eines angemessenen Interessenausgleichs keine Auswirkungen auf den Versicherungsschutz haben. Im Hinblick auf den Zweck der Erprobungsklausel, auszuschließen, dass der VN, der seine Erzeugnisse nicht ausreichend erprobt hat, den VR zur „Nachfinanzierung“ heranzieht, sind die Interessen des VR an einer vom Grad des Verschuldens des VN unabhängigen Leistungsfreiheit weder als höherrangig noch als gleichwertig mit den Interessen des VN am Versicherungsschutz zu werten, wenn dieser nicht an den Entwicklungskosten gespart hat und berechtigerweise annehmen konnte, das Erzeugnis ausreichend erprobt zu haben. Eine den Interessen beider Seiten gerecht werdende Klausel könnte deshalb so aus- 64 sehen, dass dem VN die Möglichkeit eingeräumt wird, nachzuweisen, dass er ohne grobe Fahrlässigkeit annehmen konnte, das Erzeugnis ausreichend erprobt zu haben. Beispiel: „Nicht versichert sind Ansprüche wegen Sach- und Vermögensschäden durch Erzeugnisse, deren Verwendung oder Wirkung im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck nicht nach dem Stand der Technik oder in sonstiger Weise ausreichend erprobt wurden, sofern der VN nicht nachweist, dass er ohne grobe Fahrlässigkeit annehmen konnte, das Erzeugnis ausreichend erprobt zu haben.“
VI. Luftprodukthaftpflicht (Ziff 6.2.6 ProdHM) Ziff. 6.2.6 ProdHM schließt Risiken aus der Planung oder Konstruktion, Herstellung 65 oder Lieferung von Luft-/Raumfahrzeugen als Ganzes sowie aus Tätigkeiten (z.B. Montage, Wartung, Inspektion, Überholung, Reparatur, Beförderung) an Luft-/Raumfahrzeugen sowie Luft-/Raumfahrzeugteilen aus, die sich nach dem Inverkehrbringen des Erzeugnisse, des Abschlusses der Arbeiten oder der Ausführung der Leistungen verwirklicht haben. Soweit es nicht um die Planung oder Konstruktion, Herstellung oder Lieferung von Luft-/Raumfahrzeugen als Ganzes, sondern nur von Teilen geht, kommt es für die Deckung – wie bei Ziff. 4.4.4.2 ProdHM – darauf an, ob diese Teile im Zeitpunkt der Auslieferung durch den VN oder von ihm beauftragte Dritte ersichtlich für den Bau
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St. Rspr., BGH 25.4.2001 NJW 2001 2331; BGH 3.11.1999 BGHZ 143 103, 113 = NJW 2000 1110, jew. m.w.N. Vgl. BGH 29.10.1980 BGHZ 78 305, 309 =
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NJW 1981 280; BGH 3.3.1988 BGHZ 103 316, 327 = NJW 1988 1785. Vgl. BGH 1.2.2005 NJW 2005 1774, 1775, m.w.N.
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Produkthaftpflichtmodell
von Luft-/Raumfahrzeugen oder den Einbau in Luft-/Raumfahrzeuge bestimmt waren. Hinsichtlich des Erfordernisses „ersichtlich“ kann auf die dortige Kommentierung verwiesen werden (Rn. 127). Zum Begriff des Luftfahrzeugs und zur Unterscheidung zum Raumfahrzeug s. Ziff. 4 66 AHB Rn. 25.
VII. Konzernausschluss (Ziff 6.2.7 ProdHM) 67
Nach Ziff. 6.2.7 ProdHM sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen Ansprüche wegen Vermögensschäden, die von Unternehmen, die mit dem VN oder seinen Gesellschaftern durch Kapital mehrheitlich verbunden sind oder unter einer einheitlichen unternehmerischen Leitung stehen, geltend gemacht werden. Diese Klausel dient dem Zweck, Vermögensschäden vom Deckungsschutz auszunehmen, die bei einheitlicher Betrachtung des Herstellungsablaufes und ohne die rechtliche Verselbstständigung der am Herstellungsprozess Beteiligten an sich dem Bereich der internen Wertschöpfung zuzuordnen und insoweit als Eigenschäden zu qualifizieren wären.92
VIII. Rückrufkostenausschluss (Ziff. 6.2.8 ProdHM) 1. Sinn und Zweck
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Ziff. 6.2.8 ProdHM schließt vom Versicherungsschutz einzelne nach Ziff. 4 ProdHM versicherte Schadenspositionen aus, soweit diese Positionen im Zusammenhang mit einem Rückruf von Erzeugnissen des VN enstanden sind. Hierdurch soll ein Kumul mit einer gleichzeitig bestehenden Rückrufkostenhaftpflichtversicherung – für Kfz-Zulieferer 93 oder sonstige Herstellungs- und Handelsbetriebe 94 – vermieden werden.95 Dabei kommt es für die Anwendung von Ziff. 6.2.8 ProdHM nicht darauf an, ob tatsächlich eine Rückrufpolice abgeschlossen wurde.96 Es handelt sich der Sache nach somit um eine (qualifizierte) Subsidiaritätsklausel.
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Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 291; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 311; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 15. Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Kfz-Teile-Zulieferer“, abrufbar unter http://www.gdv.de/downloads/ versicherungsbedingungen/schaden-undunfallversicherung/besondere-bedingungenund-risikobeschreibungen-fur-dieruckrufkosten-haftpflichtversicherung-furkfz-teile-zulieferer/. „Besondere Bedingungen und Risikobe-
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schreibungen für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Hersteller- und Handelsbetriebe“, abrufbar unter http://www.gdv.de/downloads/ versicherungsbedingungen/schaden-undunfallversicherung/besondere-bedingungenund-risikobeschreibungen-fur-dieruckrufkosten-haftpflichtversicherung-furhersteller-und-handelsbetriebe/. Vgl. GDV-Erläuterungen 77; Prölss/Martin/ Voit ProdHaftPfl Ziff. 6 Rn. 16; Thürmann PHi 2000 163 175. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 315.
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Risikoabgrenzungen
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2. Voraussetzungen Der Rückrufkostenausschluss hat nach Ziff. 6.2.8 S. 1 ProdHM zur Voraussetzung, 69 dass ein Rückruf tatsächlich durchgeführt wurde.97 Der Rückruf wird in Ziff. 6.2.8 S. 2 ProdHM definiert als „die auf gesetzlicher Verpflichtung beruhende Aufforderung des VN, zuständiger Behörden oder sonstiger Dritter an Endverbraucher, Endverbraucher beliefernde Händler, Vertrags- oder sonstige Werkstätten, die Erzeugnisse von autorisierter Stelle auf die angegebenen Mängel prüfen, die gegebenenfalls festgestellten Mängel beheben oder andere namentlich benannten Maßnahmen durchführen zu lassen“.
Diese Definition entspricht der Rückruf-Versicherungsfalldefinition der RückrufDeckungsmodelle des Musterbedingungsgebers, die allerdings insoweit über die Definition nach Ziff. 6.2.8 S.2 ProdHM hinausgehen, als in der Rückrufkostenhaftpflichtversicherung für Hersteller- und Handelsbetriebe (Ziff. 2 S. 3) auch die Warnung vor nicht sicheren Erzeugnissen als Rückruf gilt, soweit eine solche zur Vermeidung von Personenschäden ausreichend ist. Die gesetzliche Verpflichtung zum Rückruf kann zum einen auf der Verkehrspflicht 70 des VN oder eines im Rahmen der Warenherstellung beteiligten Dritten 98 beruhen, zum anderen auf einer behördlichen Anordnung des Rückrufs nach den Vorgaben des Produktsicherheitsgesetzes (§ 26 Abs. 2 Ziff. 7 ProdSG). 3. Vom Rückrufausschluss erfasste Schadenspositionen Die vom Rückrufausschluss erfassten Schadenspositionen betreffen – entsprechend 71 der Zwecksetzung von Ziff. 6.2.8 ProdHM – solche Positionen, für die auch die Rückruf-Deckungsmodelle Versicherungsschutz bieten. Es geht um die Kosten für die Reparatur mangelhafter Erzeugnisse (Ziff. 4.2.2.3 ProdHM und Ziff. 4.3.2.2 ProdHM), den Austausch (Ziff. 4.4.2.1 ProdHM), den Transport (Ziff. 4.4.2.2 ProdHM), die Beseitigung/Vernichtung (Ziff. 4.2.2.4 bzw. 4.3.2.3 ProdHM) sowie Prüf- und Sortierkosten (Ziff. 4.6 ProdHM), für die auch die Rückruf-Deckungsmodelle Versicherungsschutz bieten (vgl. Ziff. 3.3, 3.5 und 3.8 Kfz-Rückrufbedingungen, Ziff. 3.4, 3.6 und 3.9 Herstellungs- und Handelsbetriebe-Rückrufbedingungen). Die Erläuterungen des Musterbedingungsgebers zu Ziff. 4.2.2.3 ProdHM geben dafür 72 das Beispiel, dass ein Maschinenöl-Entfettungsmittel gesundheitsschädlich ist, weil ein Bestandteil, eine vom VN gelieferte Chemikalie, mangelhaft ist. Das Mittel muss bei den Endverbrauchern zurückgerufen werden, kann aber durch einen Zuschlagstoff unbedenklich gemacht werden. Deckung besteht nur nach Rückrufkostenbedingungen. Im Rahmen des ProdHM greift der Ausschluss gem. Ziff. 4.2.2.3, 6.2.8 ProdHM.99 Von Ziff. 6.2.8 S. 1 ProdHM werden auch die Kosten für den Einzelteilaustausch und die Reparatur im eingebauten Zustand (Ziff. 4.4.5/4.4.6 ProdHM) erfasst, für die nach den Rückruf-Deckungsmodellen ebenfalls Versicherungsschutz besteht (vgl. Ziff. 3.6/3.7 KfzRückrufbedingungen und Ziff. 3.7/3.8 Produktrückrufbedingungen). Lediglich für die mit Ziff. 4.5.2.3 ProdHM gedeckten Schadenspositionen kommt dieser Ausschluss nicht zum Tragen (weil hierfür keine Deckung nach den Rückruf-Deckungsmodellen besteht) (Ziff. 4 ProdHM Rn. 169).
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Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 316. Vgl. BGH 16.12.2008 BGHZ 179 157, 160 f.
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= VersR 2009 272; BGH 6.7.1990 NJW 1990 2560, 2566. GDV-Erläuterungen 78.
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Produkthaftpflichtmodell
7. Zeitliche Begrenzung 7.1 1Der Versicherungsschutz gemäß Ziff. 4.2 ff. umfasst die Folgen aller Versicherungsfälle, die dem VR nicht später als drei Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages gemeldet werden. 2Unberührt bleiben die vertraglichen Anzeigeobliegenheiten. 7.2 Für Ansprüche nach Ziff. 4.2 ff. wegen Schäden durch Erzeugnisse des VN, die vor Inkrafttreten dieses Versicherungsvertrages ausgeliefert wurden, besteht Versicherungsschutz nur bei besonderer Vereinbarung.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . B. Ziff. 7.1 ProdHM . . . . . . . . . . . . .
Rn.
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C. Ziff. 7.2 ProdHM
. . . . . . . . . . . . .
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A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 7 ProdHM regelt die zeitliche Begrenzung des Versicherungsschutzes nach Beendigung des Versicherungsvertrages. Es handelt sich um eine objektive Risikobegrenzung auf der Primärebene.1
B. Ziff. 7.1 ProdHM Ziff. 7.1 ProdHM sieht vor, dass der Versicherungsschutz gem. Ziff. 4.2 ff. ProdHM die Folgen aller Versicherungsfälle umfasst, die dem VR nicht später als drei Jahre nach Vertragsbeendigung gemeldet werden. Für bis dato eingetretene Versicherungsfälle – mögen diese auch bereits mehr als drei Jahre zurückliegen – besteht somit Versicherungsschutz. Von Ziff. 7.1 ProdHM unberührt bleiben die vertraglich vereinbarten Anzeigeobliegenheiten, insbesondere die Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige des Versicherungsfalles gem. Ziff. 25.1 AHB. Ferner ist der Hinweis geboten, dass sich Ziff. 7.1 ProdHM nicht auf Personen- und 3 Sachschäden sowie die daraus resultierenden Folgeschäden bezieht, sondern nur auf die nach Ziff. 4.2 ff. ProdHM versicherten Vermögensschäden.2
2
C. Ziff. 7.2 ProdHM 4
Mit dieser als Vor- oder Altumsatzklausel bezeichneten Regelung soll dem VR die Möglichkeit gegeben werden, sich vor Zeichnung des Risikos über das Schadenspotenzial zu informieren, welches die bereits ausgelieferten Erzeugnisse des VN mit sich bringen.3 Hervorzuheben ist, dass die Klausel erstens ebenfalls nur Anwendung auf Vermögensschäden findet,4 die zweitens durch Erzeugnisse, nicht durch Arbeiten oder sonstige
1
Vgl. Prölss/Martin/Voit Ziff. 7; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 7 Rn. 1, 5; a.A. Prölss/ Martin/Voit/Knappmann27 ProdHaftPfl Ziff. 7 Rn. 1: Obliegenheit.
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Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 7 Rn. 1. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 325. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 7 Rn. 2.
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Versicherungsfall und Serienschaden
ProdHM 2008 Ziff. 8
Leistungen des VN verursacht worden sind. Für Sach- und Personenschäden gilt die zeitliche Beschränkung nicht. Maßgeblich für das Eingreifen dieser Klausel ist nicht der Eintritt des Versicherungs- 5 falles oder des Schadens, sondern der Zeitpunkt der Auslieferung des Erzeugnisses, der identisch mit dem Zeitpunkt des Inverkehrbringens ist (weil das Erzeugnis in den Machtbereich des Käufers gelangt ist, vgl. Ziff. 1 ProdHM Rn. 11). Beispiel:5 Der VN stellt Betonrohre mit Dichtungen her. Er liefert diese an seinen Abnehmer vor „Inkrafttreten des Versicherungsvertrages“ aus. Nach der Verlegung im Erdreich stellt sich heraus, dass die Rohre wegen Mängeln der Dichtung bei der Druckprüfung nicht die zugesagte Dichtigkeit aufweisen, sondern lecken. Auf mehreren Kilometern Länge müssen die Rohre wieder ausgegraben und neue Rohre verlegt werden.
Für die auf Ersatz der Austauschkosten gerichteten Schadensersatzansprüche des Abnehmers besteht kein Versicherungsschutz. Zwar ist der Versicherungsfall (Zeitpunkt des Verlegens, vgl. Ziff. 8.2.4 ProdHM) während der Laufzeit des Versicherungsvertrages eingetreten. Da die Auslieferung jedoch vor Vertragsbeginn erfolgte, besteht keine Deckung. Für diese Schäden besteht wegen Ziff. 7.1 ProdHM auch keine Deckung unter einem früheren Vertrag (bei VR-Wechsel), da der Versicherungsfall erst nach Vertragsende eingetreten ist. Die Auslieferung muss vor „Inkrafttreten des Versicherungsvertrages“ erfolgt sein. 6 Der Begriff „Inkrafttreten“ ist dem Vertragsrecht fremd; er bedarf deshalb der Auslegung. Fraglich ist, ob damit der materielle Versicherungsbeginn i.S.v. Ziff. 8 AHB 6 oder der formelle Versicherungsbeginn, m.a.W. der Abschluss des Versicherungsvertrages gemeint ist. Der wohl auch für den durchschnittlichen VN einer Produkthaftpflichtversicherung erkennbare Zweck der Klausel spricht für letztere Auslegung, weil die Risikoanalyse zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen ist. Verneint man die Erkennbarkeit des Klauselzwecks, würde nach § 305c Abs. 2 BGB die jeweils für den VN günstigere Auslegung Platz greifen.
8. Versicherungsfall und Serienschaden 8.1 1Versicherungsfall ist das während der Wirksamkeit des Vertrages eingetretene Schadensereignis gemäß Ziff. 1.1 AHB. 2Bei Ziff. 4.4.3 und 4.6.4 ist es für den Versicherungsfall – abweichend von Ziff. 1.1 AHB – unerheblich, dass es sich nicht um Haftpflichtansprüche handelt. 8.2 Der Versicherungsfall tritt ein bei: 8.2.1 Ziff. 4.2 im Zeitpunkt der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung der Erzeugnisse; 8.2.2 Ziff. 4.3 im Zeitpunkt der Weiterbearbeitung oder -verarbeitung der Erzeugnisse; 8.2.3 Ziff. 4.4 im Zeitpunkt des Einbaus, Anbringens, Verlegens oder Auftragens der Erzeugnisse; 8.2.4 Ziff. 4.5.2.1 bis 4.5.2.5 im Zeitpunkt der Produktion, Be- oder Verarbeitung der in Ziff. 4.5 genannten Sachen;
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Vgl. Ermert/Zölch 146. So Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 7 Rn. 2 (ohne Begründung).
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ProdHM 2008 Ziff. 8
Produkthaftpflichtmodell
8.2.5 Ziff. 4.5.2.6 in den für Ziff. 4.2 bis 4.4 vorgenannten Zeitpunkten, je nachdem, mit welcher dieser Ziffern die Regelung gemäß Ziff. 4.5.2.6 in Zusammenhang steht; 8.2.6 Ziff. 4.6 in den für Ziff. 4.2 bis 4.5 vorgenannten Zeitpunkten, je nachdem, mit welcher dieser Ziffern die in Ziff. 4.6 geregelte Überprüfung in Zusammenhang steht. 8.3 Mehrere während der Wirksamkeit des Vertrages eintretende Versicherungsfälle – aus der gleichen Ursache, z.B. aus dem gleichen Konstruktions-, Produktionsoder Instruktionsfehler, es sei denn, es besteht zwischen den mehreren gleichen Ursachen kein innerer Zusammenhang, oder – aus Lieferungen solcher Erzeugnisse, die mit den gleichen Mängeln behaftet sind, gelten unabhängig von ihrem tatsächlichen Eintritt als in dem Zeitpunkt eingetreten, in dem der erste dieser Versicherungsfälle eingetreten ist. Ziff. 6.3 AHB wird gestrichen.
Übersicht A. B. C. D. I.
Sinn und Zweck . Ziff. 8.1 ProdHM Ziff. 8.2 ProdHM Ziff. 8.3 ProdHM Sinn und Zweck .
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Rn.
Rn.
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II. Voraussetzungen der Verbindung zur Serie 9 1. Gleiche Ursachen . . . . . . . . . . . . 9 2. Gleiche Mängel . . . . . . . . . . . . . 12 III. Folgen der Verbindung zur Serie . . . . . . 13
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 8.1 und Ziff. 8.2 ProdM regeln den Versicherungsfall im Anwendungsbereich der Produkthaftpflichtversicherung. Ziff. 8.3 ProdHM legt fest, unter welchen Voraussetzungen mehrere während der Wirksamkeit des Vertrages eintretende Versicherungsfälle als Serienschaden zu behandeln sind.
B. Ziff. 8.1 ProdHM Nach Ziff. 8.1 S. 1 ProdHM ist Versicherungsfall „das während der Wirksamkeit des Vertrages eingetretene Schadensereignis gemäß Ziff. 1.1 AHB“. Ziff. 1.1 S. 2 u. 3 AHB definieren als Schadensereignis „das Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist. Auf den Zeitpunkt der Schadensverursachung, die zum Schadensereignis geführt hat, kommt es nicht an“. Soweit es um den Ersatz von Sachund Personenschäden geht, tritt der Versicherungsfall somit zum Zeitpunkt der Rechtsgutsverletzung ein (Folgeereignis). Daneben bestimmt Ziff. 8.1 S. 2 ProdHM, dass es bei den nach Ziff. 4.4.3 ProdHM 3 und Ziff. 4.6.4 ProdHM versicherten Ansprüchen, die nicht auf Schadensersatz, sondern auf Ersatz der Nacherfüllungskosten gerichtet sind, abweichend von Ziff. 1.1 AHB unerheblich ist, dass es sich nicht um Haftpflichtansprüche handelt. Es soll sich hierbei um eine Klarstellung handeln, die bei näherer Betrachtung jedoch eher dazu geeignet ist, Verwirrung zu stiften. Zum einen wird der Begriff der „gesetzlichen Haftpflichtbestimmung“ in Ziff. 1.1 S. 1 AHB nur im Zusammenhang mit Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensfolgeschäden gebraucht. Die nach Ziff. 4.4.3 ProdHM und Ziff. 4.6.4 ProdHM versicherten Ansprüche sind jedoch dem Bereich des (echten) Vermögensschadens zuzuordnen.
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Versicherungsfall und Serienschaden
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Zum anderen ist es für die Definition des Schadensereignisses i.S.v. Ziff. 1.1 S. 2 u. 3 4 AHB irrelevant, ob die Inanspruchnahme aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen erfolgt. Bei der nächsten Überarbeitung des ProdHM sollte deshalb in Erwägung gezogen werden, zwischen Personen- und Sachschäden einerseits und Vermögensschäden andererseits zu unterscheiden. Bei Personen- und Sachschäden könnte auf Ziff. 1.1 AHB und bei den nach Ziff. 4.2 ff. ProdHM ersatzfähigen Vermögensschäden auf Ziff. 1.1 S. 2 u. 3 AHB verwiesen werden.
C. Ziff. 8.2 ProdHM Ziff. 8.2 ProdHM bestimmt den Zeitpunkt des Versicherungsfalles gesondert für die 5 einzelnen Vermögensschadensdeckungen der Ziff. 4.2 ff. ProdHM. Danach tritt gem. Ziff. 8.2.1 bis 8.2.6 ProdHM der Versicherungsfall jeweils in dem Zeitpunkt ein, in dem das mangelhafte Erzeugnis des VN Eingang in den Produktionsprozess findet. Bei Verbindungs-, Vermischungs-, Verarbeitungsschäden i.S.v. Ziff. 4.2 ProdHM tritt 6 der Versicherungsfall im Zeitpunkt der Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung der Erzeugnisse ein (Ziff. 8.2.1 ProdHM); bei Weiterver- oder -bearbeitungsschäden i.S.v. Ziff. 4.3 ProdHM im Zeitpunkt der Weiterbearbeitung oder -verarbeitung der Erzeugnisse (8.2.2); bei Aus- und Einbaukosten i.S.v. Ziff. 4.4 ProdHM im Zeitpunkt des Einbaus, Anbringens, Verlegens oder Auftragens der Erzeugnisse (Ziff. 8.2.3 ProdHM); bei Schäden durch mangelhafte Maschinen i.S.v. Ziff. 4.5.2.1 bis 4.5.2.5 ProdHM im Zeitpunkt der Produktion, Be- oder Verarbeitung der in Ziff. 4.5 ProdHM genannten Sachen (Ziff. 8.2.4 ProdHM); bei Schäden durch mangelhafte Maschinen i.S.v. Ziff. 4.5.2.6 ProdHM und bei Prüf- und Sortierkosten i.S.v. Ziff. 4.6 ProdHM in den für Ziff. 4.2 bis 4.4 ProdHM genannten Zeitpunkten, je nachdem, mit welcher dieser Klauseln die Regelung gem. Ziff. 4.5.2.6 ProdHM und Ziff. 4.6 ProdHM in Zusammenhang steht (Ziff. 8.2.5, 8.2.6 ProdHM). Auch ohne diese Regelung käme man über die Verweisungskette der Ziff. 8.2 7 ProdHM (Versicherungsfall) → Ziff. 8.1 ProdHM (Schadensereignis gem. Ziff. 1.1 AHB) → Ziff. 1.1 S. 2 u. 3 AHB (Beginn des Schadenseintritts)(vgl. Ziff. 1 AHB Rn. 5) zu den in Ziff. 8.2.1 bis 8.2.6 ProdHM genannten Zeitpunkten, weil der (erste) Vermögensschaden nicht bereits in dem Zeitpunkt der Herstellung des mangelhaften Erzeugnisses oder der Auslieferung eintritt, sondern erst zu dem Zeitpunkt, zu welchem das fehlerhafte Erzeugnis verbunden, vermischt, verarbeitet, bearbeitet, eingebaut etc. wird.1 Insoweit merkt Thürmann zu Recht an, dass Ziff. 8.2 ProdHM „Konkretisierungen [enthält], was für die verschiedenen Unterziffern der Vermögensschadensdeckungen der Ziff. 4.2 ff. als Versicherungsfall i.S.d. Folgeschadenereignisses anzusehen ist“.2
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Vgl. OLG Karlsruhe 17.7.2003 NJOZ 2003 2619, 2623 = VersR 2003 1436; OLG Oldenburg 27.11.1996 RuS 1997 57 = VersR 1997 732; LG Hannover 27.12.2002 NJW-RR 2003 817, 818. Langheid/Wandt/Thürmann Produkthaft-
pflichtV Rn. 331; vgl. auch Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 8 Rn. 2 (Ziff. 8.2 ProdHM bestätigt, dass zur Bestimmung des Schadensereignisses auf das Folgeereignis, nicht auf das Kausalereignis abzustellen ist).
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D. Ziff. 8.3 ProdHM I. Sinn und Zweck 8
Ziff. 8.3 ProdHM definiert den Serienschaden für den Bereich der Produkthaftpflichtversicherung (zu Sinn und Zweck s. auch Ziff. 6 AHB Rn. 8). Wie die Serienschadenklausel gem. Ziff. 6.3 AHB knüpft auch Ziff. 8.3 ProdHM alternativ an die Gleichheit der Ursache (1. Spiegelstrich) und die Gleichheit der Mängel (2. Spiegelstrich) an.
II. Voraussetzungen der Verbindung zur Serie 1. Gleiche Ursachen
9
Ziff. 8.3, 1. Spiegelstrich ProdHM fasst mehrere während der Wirksamkeit des Vertrages eintretende Versicherungsfälle aus der gleichen Ursache zu einem Versicherungsfall zusammen. Beispielhaft werden der gleiche Konstruktions-, Produktions- oder Instruktionsfehler aufgeführt. Nicht erforderlich ist, dass es sich um „dieselbe“ Ursache handelt. Insoweit entspricht die Ursachenklausel des ProdHM der erweiterten Ursachenklausel i.S.v. Ziff. 6.3, 2. Spiegelstrich AHB, weshalb ergänzend auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann (Ziff. 6 AHB Rn. 18 ff.). Ebenso wie nach Ziff. 6.3, 2. Spiegelstrich AHB muss ein innerer Zusammenhang zwischen den gleichen Ursachen bestehen. Es fehlt jedoch an dem Hinweis, dass es sich insbesondere um einen sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang handeln kann. Die gegen die Transparenz von Ziff. 6.3, 2. Spiegelstrich AHB vorgebrachten Bedenken (Ziff. 6 AHB Rn. 18 ff.) bestehen somit auch hier. 10 Die Literatur stellt darauf ab, ob die Gleichartigkeit auf Zufall beruht.3 An einem inneren Zusammenhang soll es danach fehlen, wenn ein Mitarbeiter des VN bei der Ausgangskontrolle eines Erzeugnisses dessen Mängel übersieht und ein anderer Mitarbeiter durch Zufall den gleichen Fehler begeht.4 Dagegen soll ein innerer Zusammenhang bestehen, wenn Planungsfehler in einem Betriebsteil sich später bei verschiedenen Produktionsvorgängen in den einzelnen Betriebsstätten auswirken.5 11 Aus der Formulierung „es sei denn“ folgt, dass der VN die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass zwischen den mehreren gleichen Ursachen kein innerer Zusammenhang besteht.6 2. Gleiche Mängel
12
Ziff. 8.3, 2. Spiegelstrich ProdHM fasst mehrere während der Wirksamkeit des Vertrages eintretende Versicherungsfälle zusammen, die aus Lieferungen von Erzeugnissen resultieren, die mit gleichen Mängeln behaftet sind. Ebenso wie bei Ziff. 6.3, 3. Spiegel-
3
4 5
Vgl. Langheid/Wandt/Büsken AllgHaftpflV Rn. 135; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 338; Späte ProdHM Rn. 81; Littbarski ProdukthaftpflichtV ProdHaftpflV Ziff. 8 Rn. 13. Vgl. MAH/Stempfle § 15 Rn. 315. Vgl. Späte ProdHM Rn. 81; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 8 Rn. 14.
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6
Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 338; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 8 Rn. 6; Späte ProdHM Rn. 81; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 8 Rn. 15; Ermert/Zölch 176.
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Versicherungssumme, Maximierung und Selbstbehalt
ProdHM 2008 Ziff. 9
strich AHB kommt es nur auf die Gleichheit des Mangels der gelieferten Waren/Erzeugnisse an, während die Erzeugnisse selbst durchaus verschiedenartig sein können. Insoweit wird auf die dortige Kommentierung verwiesen (Ziff. 6 AHB Rn. 25 ff.).
III. Folgen der Verbindung zur Serie Im Unterschied zu Ziff. 6.3 AHB und der alternativen Serienschadenklausel (vgl. Ziff. 6 13 AHB Rn. 11) verklammert Ziff. 8.3 ProdHM die während der Wirksamkeit des Vertrages eintretenden Serienschäden nicht fiktiv zu einem Schadensereignis, sondern fingiert, dass mehrere Schadensereignisse aus bestimmten Ursachen in dem Zeitpunkt eingetreten sind, in dem das erste dieser Ereignisse eingetreten ist. Ziff. 8.3 ProdHM enthält also nur eine zeitliche Fiktion.7 Dies hat für den VN einerseits den Vorteil, dass sich der Umfang des Versicherungs- 14 schutzes nicht an der für ein einzelnes Schadensereignis zur Verfügung stehenden Deckungssumme nach Ziff. 9.1 ProdHM orientiert, sondern an der nach Ziff. 9.2 ProdHM festgelegten Jahreshöchstleistung (Maximierung), die sich auf ein Mehrfaches der für ein einzelnes Schadensereignis zur Verfügung stehenden Deckungssumme beläuft (zumeist doppelte Maximierung), und zwar desjenigen Jahres, in dem das erste dieser Ereignisse eingetreten ist.8 Nachteilig kann sich für den VN auswirken, dass – ebenso wie bei Ziff. 6.3 AHB – 15 Deckung nur für Versicherungsfälle besteht, die während der Wirksamkeit des Vertrages eintreten. Das bedeutet, dass sowohl der erste Versicherungsfall als auch alle weiteren zu einer Serie zählenden Versicherungsfälle während der Laufzeit des Versicherungsvertrages eingetreten sein müssen.9 Es besteht somit auch bei Ziff. 8.3 ProdHM die Möglichkeit für den VR, bei einem Serienschadensrisiko nach dem ersten Versicherungsfall von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Versicherungsvertrag nach Ziff. 19 AHB zu kündigen. Hier schafft nur die Vereinbarung der alternativen Serienschadenklausel (Ziff. 6 AHB Rn. 11) Abhilfe (die allerdings wegen der Verklammerung zu einem Versicherungsfall dazu führt, dass nur die für ein einzelnes Schadensereignis bestehende Deckungssumme zur Verfügung steht).10
9. Versicherungssumme, Maximierung und Selbstbehalt 9.1 Die Versicherungssummen betragen für Personenschäden EUR …, für Sach- und Vermögensschäden EUR … 9.2 Die Höchstersatzleistung für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres (Maximierung) ist begrenzt auf EUR … für Personenschäden und EUR … für Sach- und Vermögensschäden.
7
8
Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 345; MAH/Stempfle § 15 Rn. 314; Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 8 Rn. 3; Späte ProdHM Rn. 83; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 8 Rn. 17. Vgl. Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 345; Späte ProdHM Rn. 83; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 8 Rn. 17.
9
10
MAH/Stempfle § 15 Rn. 316; Prölss/Martin/ Voit ProdHaftPfl Ziff. 8 Rn. 3; Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 8 Rn. 19; MeyerKahlen VersR 1976 8, 10. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 8 Rn. 5.
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ProdHM 2008 Ziff. 9
Produkthaftpflichtmodell
9.3 1Der VN hat sich bei jedem Versicherungsfall an den versicherten Schäden in Höhe von EUR … selbst zu beteiligen. 2Im Falle eines Serienschadens i.S.v. Ziff. 8.3 beträgt der Selbstbehalt für alle Versicherungsfälle dieser Serie EUR …
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . B. Versicherungssumme (Ziff. 9.1 ProdHM) .
1 2
Rn. C. Maximierung (Ziff. 9.2 ProdHM) . . . . . D. Selbstbehalt (Ziff. 9.3 ProdHM) . . . . .
3 4
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 9.1 bis 9.3 ProdHM bestimmen den Umfang der Leistung des VR. Dieser ist Gegenstand individueller Vereinbarung und deshalb der Inhaltskontrolle entzogen. Hinsichtlich der Höhe der Versicherungssumme und der Bemessung des Selbstbehalts lassen sich allgemeine Aussagen nur schwer treffen, da diese Größen in unmittelbarem Zusammenhang mit der individuellen Risikoanalyse und der betriebswirtschaftlichen Frage nach der Höhe tragbarer Versicherungskosten stehen.1
B. Versicherungssumme (Ziff. 9.1 ProdHM) 2
Gem. Ziff. 9.1 ProdHM sind die Versicherungssummen für Personenschäden einerseits und – kombiniert – Sach- und Vermögensschäden andererseits gesondert zu vereinbaren.
C. Maximierung (Ziff. 9.2 ProdHM) 3
Die gem. Ziff. 9.2 ProdHM vorgesehende Begrenzung der Höchstersatzleistung für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres (Maximierung) dient der Risikobeschränkung und -kalkulierung für den VR. Bei der Vereinbarung der Versicherungssumme hat der VN zu beachten, dass ihm bei einem Serienschaden die Jahreshöchstleistung des Jahres zur Verfügung steht, in dem der erste dieser Versicherungsfälle eingetreten ist (vgl. Ziff. 8.3 ProdHM).
D. Selbstbehalt (Ziff. 9.3 ProdHM) 4
Nach Ziff. 9.3 S. 1 ProdHM hat der VN sich bei jedem Versicherungsfall an den versicherten Schäden in einer bestimmten Höhe selbst zu beteiligen. Da sich der Selbstbehalt nur auf die versicherten Schäden bezieht, unterfallen Kosten des VN zur Abwehr von Haftungsansprüchen nicht der Selbstbehaltklausel (vgl. Ziff. 6 AHB Rn. 31 f.). Ziff. 9.3 S. 2 ProdHM trifft eine Sonderregelung für Serienschäden i.S.v. Ziff. 8.3 5 ProdHM, die dem Umstand Rechnung trägt, dass Serienschäden als separate Versicherungsfälle behandelt werden. Um zu verhindern, dass der VN im Falle einer Serie den 1
Vgl. Littbarski ProdukthaftpflichtV Ziff. 8 Rn. 33 ff.
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Erhöhungen und Erweiterungen des Risikos/neue Risiken
ProdHM 2008 Ziff. 10
Selbstbehalt so oft tragen muss, wie einzelne Versicherungsfälle eingetreten sind, sieht Ziff. 9.3 S. 2 ProdHM vor, den Selbstbehalt für alle Versicherungsfälle einer Serie auf einen bestimmten Betrag zu begrenzen. Bei Vereinbarung der alternativen Serienschadenklausel kommt Ziff. 9.3 S. 2 ProdHM nicht zur Anwendung.
10. Erhöhungen und Erweiterungen des Risikos/neue Risiken 10.1 Der VN hat – wesentliche Erhöhungen oder Erweiterungen des Produktions- oder Tätigkeitsumfanges Ziff. 3.1 (2) AHB, – Risiken, die nach Abschluss der Versicherung neu entstehen (Vorsorgeversicherung gem. Ziff. 3.1 (3) und 4 AHB) zwecks Vereinbarung neuer Prämien und Überprüfung der Bedingungen – abweichend von Ziff. 13.1 und 4.1 AHB – unverzüglich anzuzeigen. 10.2 Kommt der VN dieser Anzeigepflicht nicht nach, so erhöhen sich die in Ziff. 9.3 genannten Selbstbehalte in Schadensfällen, die mit solchen Erhöhungen oder Erweiterungen oder mit neu entstandenen Risiken in Zusammenhang stehen, auf EUR … 10.3 Für die Vorsorgeversicherung Ziff. 3.1 (3) und 4 AHB betragen die Versicherungssummen je Versicherungsfall EUR … für Personenschäden und EUR … für Sachund Vermögensschäden und für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres EUR … für Personenschäden und EUR … für Sach- und Vermögensschäden. Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . B. Risikoerhöhungen- und -erweiterungen . .
1 2
Rn. C. Neues Risiko . . . . . . . . . . . . . . . .
7
A. Sinn und Zweck Ziff. 10 ProdHM bestimmt den Versicherungsschutz für wesentliche Erhöhungen 1 oder Erweiterungen des Produktions- und Tätigkeitsprogrammes und neu entstehende Risiken.1
B. Risikoerhöhungen- und -erweiterungen Ziff. 10.1 ProdHM modifiziert die vertragliche Nebenpflicht des VN zur Anzeige 2 gem. Ziff. 13.1 AHB für die nach Ziff. 3.1 (2) AHB mitversicherten Erhöhungen und Erweiterungen der im Versicherungsschein angegebenen Risiken (zur Rechtsnatur der Anzeigepflicht s. Ziff. 13 AHB Rn. 2).2 Der VN ist zwecks Vereinbarung neuer Prämien und Überprüfung der Bedingungen ohne Aufforderung des VR zur unverzüglichen Anzeige verpflichtet.
1 2
Zur Unterscheidung s. Ziff. 3 AHB Rn. 159 ff. A.A. MAH/Stempfle § 15 Rn. 318; Prölss/
Martin/Voit ProdHaftPfl Ziff. 10 Rn. 1; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schneider § 25 Rn. 27: Obliegenheit.
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ProdHM 2008 Ziff. 10
Produkthaftpflichtmodell
3
Die Erhöhung/Erweiterung muss wesentlich sein. Im Hinblick darauf, dass Ziff. 10 ProdHM die Regelungen gem. Ziff. 3.1 (2) AHB ändert, die wiederum §§ 23 ff. VVG (zugunsten des VN) abändern (Ziff. 3 AHB Rn. 141 f.), ist diese Formulierung in dem Sinne zu verstehen, dass nur Risikoerhöhungen/-erweiterungen wesentlich sind, die als Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 VVG zu qualifizieren sind. Die Schadensfälle müssen zudem mit den wesentlichen Erhöhungen oder Erweiterun4 gen des Produktions- oder Tätigkeitsumfanges in Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Erhöhung/Erweiterung (mit-)ursächlich für den Schadensfall ist. Kommt der VN seiner Anzeigepflicht nicht nach, so erhöhen sich die in Ziff. 9.3 5 ProdHM vereinbarten Selbstbehalte in Schadensfällen, die mit solchen Erhöhungen oder Erweiterungen oder mit neu entstandenen Risiken in Zusammenhang stehen, auf die für diesen Fall vereinbarten Betrag. Diese Regelung hat ebenso wie Ziff. 13.2 und Ziff. 13.3 AHB den Charakter einer Vertragsstrafe (s. Ziff. 13 AHB Rn. 11, 18), deren Höhe individualvertraglich vereinbart wird. Es bestehen weder gegen die Ausgestaltung der Mitteilungspflichten als echte Rechts6 pflicht noch gegen die Rechtsfolgenregelung Wirksamkeitsbedenken. Es liegt insbesondere auch keine den VN benachteiligende Abweichung von § 32 VVG vor, da Ziff. 10 AHB bei einer Saldierung von Vor- und Nachteilen im Vergleich zu den §§ 23 ff. VVG die günstigere Regelung ist (s. Ziff. 13 AHB Rn. 21, Ziff. 3 AHB Rn. 141 f.).
C. Neues Risiko 7
Zum Begriff des Neuen Risikos siehe die Kommentierung zu Ziff. 3 AHB Rn. 158 ff. und Ziff. 4 AHB Rn. 10. Abweichend von Ziff. 4.1 (1) AHB hat der VR neue Risiken von sich aus unverzüglich anzuzeigen. Einer Aufforderung durch den VR bedarf es nicht. Auf der anderen Seite verliert der VN nach Ziff. 10.2 ProdHM nicht den Versicherungsschutz, wenn er die rechtzeitige Mitteilung unterlässt. Stattdessen tritt die zuvor für die Risikoerhöhung/-erweiterung genannte Erhöhung des Selbstbehalts für solche neuen Risiken ein, die (mit-)ursächlich für den Schadenseintritt geworden sind. Ebenso wie Ziff. 4.2 AHB sieht Ziff. 10.3 ProdHM für neue Risiken Versicherungssummen und eigene Maximierungen vor.
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Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung (Umwelthaftpflicht-Modell 2009) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand der Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Versicherte Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorsorgeversicherung/Erhöhungen und Erweiterungen der versicherten Risiken 4. Versicherungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . . . . . . . . . . 6. Nicht versicherte Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Versicherungssummen/Maximierung/Serienschadenklausel/Selbstbehalt . . . 8. Nachhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Versicherungsfälle im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Inländische Versicherungsfälle, die im Ausland geltend gemacht werden . . .
1074 1075 1085 1107 1112 1114 1125 1139 1142 1147 1152
Schrifttum Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg Umwelthaftpflicht – Haftung und Versicherungsschutz 2. Aufl. (2002); Gawlik/Michel Umwelthaftung und Umweltversicherung (1997); Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) Erläuterungen zu den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung (Umwelthaftpflicht-Modell)(Stand: Februar 2012), http://www.gdv.de/wp-content/ uploads/2012/08/VersBedingungen_Erlaeuterungen_UHV_Modell_2012.pdf (zit. GDV-Erläuterungen); Giesberts/Reinhardt (Hrsg.) Beck’scher Online-Kommentar Umweltrecht Stand 1.10.2012 (zit. BeckOK/Bearbeiter); Grell Versicherungsmäßige Deckung bei Umweltschäden, ZVersWiss 1976 73; Hinsch Das sogenannte Restrisiko in der Gewässerschadenhaftpflichtversicherung, VersR 1991 1221; HUK-Verband Erläuterungen zum UmweltHM, VW Heft 24/1993; R. Johannsen Haftpflichtversicherungsschutz gegen Umweltschäden durch Verunreinigung des Erdbodens und der Gewässer (1987); Klinkhammer Umweltschutz und Versicherung, ZVersWiss 1978 1; Kurth Deutschland – Umwelthaftung und Versicherung, PHI 1992 48; Küpper Hinweise zu dem neuen Umwelthaftpflicht-Modell, VP 1992 1; Kurth Umwelthaftung und Versicherung, PHI 1992 48; Lach/Morbach Versicherungsschutz für CO2-Haftungsklagen VersR 2011 52; Landsberg/Lülling Umwelthaftungsrecht (1991); Landsberg/Lülling Die Ursachenvermutung und die Auskunftsansprüche nach dem neuen Umwelthaftungsgesetz, DB 1991 479; Münter Die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (2009); Nugel Haftung für Umweltschäden im Zusammenhang mit dem Kfz-Betrieb, NJWSpezial 2009 41; Paschke Kommentar zum Umwelthaftungsgesetz (1993); Poschen Das Deckungskonzept für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung (Umwelthaftpflichtmodell), VersR 1993 653; Röhrig Die „Umwelteinwirkung auf Boden, Luft oder Wasser“, PHI 1994 156; Rütz Aktuelle Versicherungsfragen im Umwelthaftungsrecht (2008); Salje/Peter Umwelthaftungsgesetz 2. Aufl. (2005); Salje Die Entscheidungspraxis zum UmweltHG, VersR 1998 797; Schieber Das Entwicklungsrisiko im Rahmen der Umwelthaftung und der Umwelthaftpflichtversicherung, VersR 1999 816; Schimikowski Umwelthaftungsrecht und Umwelthaftpflichtversicherung 6. Aufl. (2003); ders. Umwelthaftpflichtversicherung – Bestandsaufnahme, Auslegungsfragen und Transparenzgebot, PHI-Jubiläumsausgabe 2002 37; ders. Umwelthaftung, Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschutz, ZVersWiss 2001 583; ders. Normalbetriebs- und Entwicklungsrisiken in der Umwelthaftpflichtversicherung, zfv 1999 416; ders. BBodSchG, Umwelthaftpflichtver-
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UmweltHM 2009 Vor
Umwelthaftpflicht
sicherung und Bodenkaskodeckungen, VersR 1998 1452; ders. Umwelthaftpflichtversicherung – Stand und Perspektiven, VP 1995 113; ders. Ausschluß des Umwelt-Haftpflichtrisikos aus der gewerblichen und industriellen Haftpflichtversicherung VW 1994 748; ders. Haftung und Versicherungsschutz für Umweltschäden durch landwirtschaftliche Produktion VersR 1992 923; SchmidtSalzer Umwelthaftpflicht und Umwelthaftpflichtversicherung (V): Grundsatzfragen der Umwelthaftpflichtversicherung, VersR 1992 793; Schmidt-Salzer/Schramm Umwelthaftpflichtversicherung (1993); Schröder EU-Umwelthaftungsrichtlinie, Umweltschadensgesetz und Umweltschadensversicherung (2008); Szesny/Görtz Das neue Umweltstrafrecht – Kritisches zur Umsetzung der Richtlinie Umweltstrafrecht, ZUR 2012 405; Vogel/Stockmeier Umwelthaftpflichtversicherung – Umweltschadensversicherung 2. Aufl. (2009); Wagner Die gemeinschaftsrechtliche Umwelthaftung aus der Sicht des Zivilrechts, VersR 2005 177; ders. Die Zukunft der Umwelt-Haftpflichtversicherung, VersR 1992 261.
Vorbemerkung 1
Bis zum Inkrafttreten des UmweltHG am 1.1.1991, das eine Gefährdungshaftung für Schäden durch Umwelteinwirkungen (§§ 1, 3 UmweltHG) einführte, war das Umwelthaftpflichtrisiko in der Betriebshaftpflichtversicherung mitversichert. Daneben gab es Deckungskonzepte, die auf die durch § 22 WHG a.F. (§ 89 WHG) statuierte Gefährdungshaftung zugeschnitten waren. Die Einführung der Haftung für den Betrieb umweltgefährdender Anlagen nahm die Versicherungswirtschaft zum Anlass, das sog. Umwelthaftpflicht-Modell (UmweltHM) einzuführen, das in Anlehnung an das Produkthaftpflicht-Modell ein Baustein-System vorsieht, mit dem sämtliche umweltbezogenen Haftpflichtrisiken (einschließlich der Gewässerschadensrisiken) versichert sind. Zeitgleich mit der Einführung des UmweltHM, das am 27.7.1992 veröffentlicht wurde, wurden Schäden durch Umwelteinwirkungen in der allgemeinen Betriebshaftpflichtversicherung durch § 4 I Ziff. 8 AHB a.F. ausgeschlossen.1 Das UmweltHM ist zwischenzeitlich mehrfach überarbeitet worden. Die Überarbei2 tungen dienten zum Teil zur Klarstellung des Versicherungsumfangs, waren überwiegend aber bedingt durch gesetzliche Änderungen, wie z.B. die Reform des VVG, Änderungen im WHG und die Novellierung des Abfallrechts. Darüber hinaus bestand ein Anpasssungsbedarf infolge der Änderungen der AHB. Die aktuelle Fassung des UmweltHM, die dieser Kommentierung zugrundeliegt, datiert aus dem Jahr 2009. Grundlage für die Umwelt-Haftpflichtversicherung bildet die Ausschlussklausel 3 Ziff. 7.10 lit. b) AHB, die Nachfolgeregelung zu dem bereits erwähnten § 4 I Ziff. 8 AHB a.F. Beruhen die Ansprüche auf Personen- oder Sachschäden infolge von Umwelteinwirkungen, besteht nach Ziff. 7.10 lit. b) S. 1 AHB im Ausgangspunkt keine Deckung. Diese sog. „Nullstellung des Umwelthaftpflichtrisikos“ betrifft nur die Betriebshaftpflichtversicherung, nicht dagegen die Privathaftpflichtversicherung. Für diese besteht gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (1) Deckung. Die Nullstellung gilt in der Betriebshaftpflichtversicherung jedoch nicht uneingeschränkt. Kein Versicherungsschutz besteht für Haftpflichtansprüche wegen Schäden infolge 4 Umwelteinwirkungen, die dem allgemeinen Umwelt-Betriebsrisiko (Betriebsstättenrisiko) zuzuordnen sind (Ziff. 7 AHB Rn. 323 f.). Für Haftpflichtansprüche wegen Schäden in-
1
Zur Historie vgl. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/ Zölch/Wittenberg 53 ff.; Vogel/Stockmeier/ Vogel Einl. UHV Rn. 16 ff.
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Gegenstand der Versicherung
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folge Umwelteinwirkungen, die nach Ausführung der Leistungen oder nach Abschluss der Arbeiten eingetreten und deshalb dem Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko zuzuordnen sind, besteht dagegen gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB Deckung, soweit es um Leistungen und Arbeiten geht, die sich nicht auf umweltrelevante Anlagen beziehen (nicht-anlagenspezifisches Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko) (Ziff. 7 AHB Rn. 325). Geht es um die Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung umweltrelevanter Anlagen, besteht für das daraus resultierende anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko keine Deckung (Ziff. 7 AHB Rn. 326). Hiervon wird wiederum eine Gegenausnahme gemacht, wenn sich die vorbezeichneten Tätigkeiten nur auf Teile umweltrelevanter Anlagen beziehen. In diesen Fällen besteht Deckung, sofern die Teile nicht ersichtlich (Ziff. 7 AHB Rn. 328) für solche Anlagen bestimmt waren. Abweichend von sonstigen Darstellungen wird zum besseren Verständnis auf die 5 Sätze in den jeweiligen Klauseln Bezug genommen, die durchnummeriert und durch hochgestellte Ziffern und/oder als Absätze in eckigen Klammern [.] gekennzeichnet werden (vgl. Ziff. 2 UmweltHM).
1. Gegenstand der Versicherung 1.1 Der Versicherungsschutz richtet sich nach den AHB und den nachfolgenden Vereinbarungen. 1.2 1Versichert ist – abweichend von Ziff. 7.10 (b) AHB – die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des VN wegen Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkung für die gem. Ziff. 2 in Versicherung gegebenen Risiken. 2Mitversichert sind gem. Ziff. 2.1 AHB Vermögensschäden aus der Verletzung von Aneignungsrechten, des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, wasserrechtlichen Benutzungsrechten oder -befugnissen. 3Diese werden wie Sachschäden behandelt. 1.3 1Mitversichert ist die persönliche gesetzliche Haftpflicht 1.3.1 der gesetzlichen Vertreter des VN und solcher Personen, die er zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebes oder eines Teiles desselben angestellt hat, in dieser Eigenschaft. 1.3.2 sämtlicher übriger Betriebsangehörigen für Schäden, die sie in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtungen für den VN verursachen. 2Ausgeschlossen sind Haftpflichtansprüche aus Personenschäden, bei denen es sich um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Betrieb des VN gem. dem SGB VII handelt. 3Das gleiche gilt für solche Dienstunfälle gem. den beamtenrechtlichen Vorschriften, die in Ausübung oder in Folge des Dienstes Angehörigen derselben Dienststelle zugefügt werden. 1.4 Falls besonders vereinbart, sind eingeschlossen im Umfang der gem. Ziff. 2 versicherten Risiken folgende Deckungserweiterungen: 1.4.1 1Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht aus dem Gebrauch von folgenden, nicht versicherungspflichtigen Kfz: – Kfz und Anhänger ohne Rücksicht auf eine Höchstgeschwindigkeit, die nur auf nicht öffentlichen Wegen und Plätzen verkehren; – Kfz mit nicht mehr als 6 km/h Höchstgeschwindigkeit; – selbst fahrende Arbeitsmaschinen mit nicht mehr als 20 km/h Höchstgeschwindigkeit. 2Selbst fahrende Arbeitsmaschinen sind Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart und
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Umwelthaftpflicht
ihren besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen zur Leistung von Arbeit, nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet sind und die zu einer vom Bundesminister für Verkehr bestimmten Art solcher Fahrzeuge gehören. 3Hierfür gilt: Hinsichtlich Ziff. 2.7 dieser Bedingungen gelten für die vorgenannten Kfz nicht die Ausschlüsse in Ziff. 3.1 (2) und 4.3 (1) AHB. 4Das Fahrzeug darf nur von einem berechtigten Fahrer gebraucht werden. 5Berechtigter Fahrer ist, wer das Fahrzeug mit Wissen und Willen des Verfügungsberechtigten gebrauchen darf. 6Der VN ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug nicht von einem unberechtigten Fahrer gebraucht wird. 7Der Fahrer des Fahrzeugs darf das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen nur mit der erforderlichen Fahrerlaubnis benutzen. 8Der VN ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug nicht von einem Fahrer benutzt wird, der nicht die erforderliche Fahrerlaubnis hat. 1.4.2 1Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.6 AHB – die gesetzliche Haftpflicht wegen Schäden an gemieteten, gepachteten Gebäuden und/oder Räumlichkeiten durch Brand und Explosion und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. 2Ausgeschlossen bleiben die unter den Regressverzicht nach dem Abkommen der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadensereignissen fallenden Rückgriffsansprüche. 1.4.3 1Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.3 AHB – die der Deutsche Bahn AG gegenüber gem. den Allgemeinen Bedingungen für Privatgleisanschlüsse (PAB) übernommene Haftpflicht des VN (nicht jedoch eine darüber hinaus zusätzlich vereinbarte Haftung). 1.5 Für Ärzte gilt: 1Eingeschlossen ist – abweichend von Ziff. 7.6 AHB – die gesetzliche Haftpflicht aus der Beschädigung von gemieteten Praxisräumen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. 2Ausgeschlossen sind 1.5.1 Haftpflichtansprüche wegen a) Abnutzung, Verschleißes und übermäßiger Beanspruchung, b) Schäden an Heizungs-, Maschinen-, Kessel- und Warmwasserbereitungsanlagen sowie an Elektro- und Gasgeräten, c) Glasschäden, soweit sich der VN hiergegen besonders versichern kann; 1.5.2 die unter den Regressverzicht nach dem Abkommen der FeuerVR bei übergreifenden Schadensereignissen fallenden Rückgriffsansprüche. 1.6 Für Gemeinschaften von Wohnungseigentümern gilt: 1Eingeschlossen sind – abweichend von Ziff. 7.4 AHB – a) Ansprüche eines einzelnen Wohnungseigentümers gegen den Verwalter; b) Ansprüche eines einzelnen Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; c) gegenseitige Ansprüche von Wohnungseigentümern bei Betätigung im Interesse und für Zwecke der Gemeinschaft. 2Ausgeschlossen bleiben Schäden am Gemeinschafts-, Sonder- und Teileigentum und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. 1.7 Für Bahnhofsgaststätten und Bahnhofshotels gilt: ist – abweichend von Ziff. 7.6 AHB – die von der Deutsche Bahn AG gem. den Allgemeinen Vertragsbedingungen für Nebenbetriebe der DB (AVN) übernommene gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts (nicht jedoch eine darüber hinaus zusätzlich vereinbarte Haftung). 2Ausgeschlossen bleibt die Beschädigung der gepachteten Gegenstände (Ziff. 7.6 AHB). 1Eingeschlossen
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Gegenstand der Versicherung
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1.8 Für Bauhandwerker gilt im Rahmen von Ziff. 2.7: 1Falls besonders vereinbart, sind eingeschlossen – in teilweiser Abweichung von Ziff. 7.14 (1) AHB – Haftpflichtansprüche aus Schäden, die entstehen durch Abwässer. 2Ausgeschlossen bleiben Schäden an Entwässerungsleitungen durch Verschmutzungen und Verstopfungen.
Übersicht Rn. A. B. I. II.
Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . Gegenstand der Versicherung . . . . . . . Vertragsgrundlagen (Ziff. 1.1 UmweltHM) Umfang des Versicherungsschutzes (Ziff. 1.2 UmweltHM) . . . . . . . . . . 1. Personen- und Sachschäden . . . . . . 2. Vermögensschäden . . . . . . . . . . . a) Aneignungsrecht . . . . . . . . . . b) Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb . . . . . . c) Wasserrechtliche Benutzungsrechte oder -befugnisse . . . . . . . . . . . III. Mitversicherte Personen (Ziff. 1.3 UmweltHM) . . . . . . . . . . IV. Deckungserweiterungen . . . . . . . . . 1. Gebrauch nicht versicherungspflichtiger Kfz (Ziff. 1.4 UmweltHM) . . . .
1 2 2 3 3 5 6 7 10 13 14
Rn. 2. Arzthaftpflichtversicherung (Ziff. 1.5 UmweltHM) . . . . . . . . 3. Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (Ziff. 1.6 UmweltHM) . 4. Vertraglich übernommen Haftpflicht für Bundesbahn-Nebenbetriebe (Ziff. 1.7 UmweltHM) . . . . . . . . 5. Bauhandwerker (Ziff. 1.8 UmweltHM) III. Sonstige Deckungskonzepte zur Versicherung von Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkung . . . . . . . . 1. Umwelthaftpflicht-Basisversicherung . 2. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe 3. Versicherung von Umweltrisiken von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren . . . . . . .
. 18 . 19
. 20 21
. 22 . 23 28
. 32
15
A. Sinn und Zweck Ziff. 1 UmweltHM bestimmt und begrenzt zugleich den Schutzbereich des Um- 1 weltHM in sachlicher und personeller Hinsicht.
B. Gegenstand der Versicherung I. Vertragsgrundlagen (Ziff. 1.1 UmweltHM) Nach Ziff. 1.1 UmweltHM richtet sich der Versicherungsschutz nach den AHB 2 „und“ den nachfolgenden Vereinbarungen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass AHB und UmweltHM gleichrangig Anwendung finden, da nach dem Sprachgebrauch besondere Vereinbarungen den allgemeinen vorgehen. Der Versicherungsschutz richtet sich, soweit es um Umwelthaftpflichtrisiken geht, deshalb vorrangig nach dem UmweltHM.1 Die AHB kommen nur insoweit zur Anwendung, als die Regelungen des UmweltHM keine abschließende Regelung treffen.2 Dies ist aus Sicht eines durchschnittlichen VN einer Umwelthaftpflichtversicherung in jedem Einzelfall vor einem Rückgriff auf die AHB zu klären.
1 2
LG München 20.12.2012 BeckRS 2013 03140. Vgl. Prölss/Martin/Voit ProdHaftPfl Vorbe-
merkung Rn. 5; Langheid/Wandt/Thürmann ProdukthaftpflichtV Rn. 16; MAH/Stempfle § 15 Rn. 14.
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UmweltHM 2009 Ziff. 1
Umwelthaftpflicht
II. Umfang des Versicherungsschutzes (Ziff. 1.2 UmweltHM) 1. Personen- und Sachschäden
3
Ziff. 1.2 UmweltHM beschreibt die versicherten Gefahren. Nach Satz 1 ist – abweichend von Ziff. 7.10 lit. b) AHB – versichert die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des VN wegen Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkung. Für öffentlich-rechtliche Ansprüche besteht somit keine Deckung. Hinsichtlich der Begriffe „gesetzliche Haftpflicht“ und „Personen- und Sachschäden“ kann auf die Kommentierung zu Ziff. 1.1 AHB (Ziff. 1 AHB Rn. 7 ff.) und hinsichtlich des Begriffs „Schäden durch Umwelteinwirkung“ auf die zu Ziff. 7.10 (b) AHB (Ziff. 7 AHB Rn. 314 ff.) verwiesen werden. Für Schäden, die in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang stehen mit ener4 giereichen ionisierenden Strahlen (z.B. Strahlen von radioaktiven Stoffen oder Röntgenstrahlen) besteht kein Versicherungsschutz. Insoweit bleibt es bei dem Ausschluss gem. Ziff. 7.12 AHB (Ziff. 7 AHB Rn. 341 f.). Hierfür existieren separate Deckungskonzepte (Allgemeine Versicherungsbedingungen für Nuklear-Haftpflichtversicherung von Kernanlagen – AHBKA – und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung von genehmigter Tätigkeit mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in den Fällen des § 26 Atomgesetz – AHBStr –), die keinen Ausschluss für Schäden durch Umwelteinwirkung enthalten.3 2. Vermögensschäden
5
In Erweiterung zu Ziff. 2.1 AHB sind nach Ziff. 1.2 S. 2 UmweltHM mitversichert Vermögensschäden aus der Verletzung von Aneignungsrechten, des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie wasserrechtlicher Benutzungsrechte oder -befugnisse. Diese werden gem. Ziff. 1.2 S. 3 UmweltHM Sachschäden gleichgestellt, weshalb es einer gesonderten Versicherungssumme für Vermögensschäden nicht bedarf. Bei den vorbezeichneten Begriffen handelt es sich um Begriffe der Rechtssprache, die an den Haftungstatbestand anknüpfen. Im Hinblick auf die (auch) in der Umwelthaftpflichtversicherung angestrebte Kongruenz von Haftung und Deckung entspricht es dem Verständnis/der Erwartungshaltung des VN, dass die von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung dieser Begriffe grundsätzlich auch das Maß für die Auslegung von Ziff. 1.2 S. 2 UmweltHM gibt.
6
a) Aneignungsrecht. Das Aneignungsrecht genießt als sonstiges Recht deliktischen Schutz nach § 823 Abs. 1 BGB.4 Aneignungsrechte können sich aus dem Wassergebrauchs- und -gewinnungsrecht z.B. eines Wasserwerks5, dem Jagd- und Jagdausübungsrecht6, dem Fischereirecht7, Bergbaugerechtigkeiten, Schürf- und Förderrechten8 und aus
3 4 5
6
GDV-Erläuterungen 4 f. MüKo-BGB/Wagner § 823 Rn. 155. Palandt/Sprau § 823 Rn. 16; vgl. auch BGH 7.10.1975 NJW 1976 46 f. = VersR 1976 62 ff. Vgl. BGH 30.10.2003 NJW-RR 2004 100, 101; BGH 20.1.2000 BGHZ 143 321, 324 = NJW 2000 1729; OLG Düsseldorf 21.10.1987
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7
8
NJW-RR 1988 526; LG Trier 21.6.2005 NJW-RR 2006 894, 895. BGH 31.5.2007 NJW-RR 2007 1319, 1320; BGH 5.4.1968 BGHZ 50 73, 74 = NJW 1968 1284; BGH 3.1.1968 BGHZ 49 231, 234 f.; OLG (RhSchOG) Karlsruhe 8.11.2002 NZV 2003 186, 187. Staudinger/Kohler § 1 UmweltHG Rn. 25.
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Gegenstand der Versicherung
UmweltHM 2009 Ziff. 1
Grunddienstbarkeiten oder Reallasten ergeben9. Das Aneignungsrecht umfasst nicht ein Recht auf unbeeinträchtigten Zufluss.10 Beispiele für die Verletzung von Aneignungsrechten11: Schädigung des Wassergewinnungsrechts eines Wasserwerkes durch Grundwasserkontamination im Wassereinzugsgebiet; Schädigung des Fischereirechts durch Verschmutzung eines Oberflächengewässers und eines dadurch verursachten Fischsterbens; Schädigung des Jagdrechts durch Luftverschmutzung.
b) Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Das Recht am einge- 7 richteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt den Gewerbebetrieb in seinem Bestand mit seinen Ausstrahlungen im gewerblichen Tätigkeitskreis, allerdings nur gegen betriebsbezogene Eingriffe.12 Die bloß mittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs durch ein außerhalb eingetretenes, mit seiner Wesenseigentümlichkeit nicht in Beziehung stehendes Schadensereignis reicht hierfür nicht. So liegt der Fall, wenn eine Belüftung und damit einhergehend eine Nutzung der Betriebsräume infolge von Staubentwicklung durch Bauarbeiten13 oder infolge eines Brands nicht möglich ist oder Gäste eines Ferienortes infolge Geruchsbelästigung durch eine Fabrik ausbleiben. Es geht also um solche Fälle, in denen das Unternehmen nicht anders betroffen ist als eine Vielzahl anderer Personen auch.14 Angesichts dieser Beispiele einer mittelbaren Beeinträchtigung dürften Schäden durch Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1 UmweltHG oftmals die Betriebsbezogenheit fehlen.15 Soweit diese gegeben ist, dürfte in vielen Fällen die Vorsatzausschlussklausel der Ziff. 7.1 AHB oder die Ausschlüsse der Ziff. 6.9 und 6.10 UmweltHM eingreifen.16 Nach den Vorstellungen des Musterbedingungsgebers umfasst der Begriff „Recht am 8 eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ i.S.v. Ziff. 1.2 UmweltHM – weitergehend als der damit korrespondierende haftungsrechtliche Begriff – auch nicht betriebsbezogene Beeinträchtigungen.17 Ihm seien auch solche Tatbestände zuzuordnen, bei denen die zugrunde liegende Haftungsnorm eine Zielgerichtetheit des Eingriffs nicht voraussetze. Dies sei insbesondere in § 89 WHG (§ 22 WHG a.F.) der Fall.18 Da nach Ansicht des BGH die Entstehungsgeschichte nicht zur Auslegung von AVB herangezogen werden kann, selbst wenn deren Berücksichtigung zu einem dem VN günstigeren Ergebnis führt19, ist fraglich, ob diese Vorstellungen bei der Auslegung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Berücksichtigung finden können. Eine ausdehnende Auslegung ließe sich deshalb wohl nur mit der von beiden Seiten gewollten Kongruenz von Haftung und Deckung rechtfertigen.
9 10 11 12
13
Vgl. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 1 Rn. 11. BGH 22.12.1976 BGHZ 69 1, 7 ff. = NJW 1977 1770. GDV-Erläuterungen 7. Vgl. dazu BGH 11.1.2005 NJW-RR 2005 673, 675; BGH 18.11.2003 RuS 2004 83, 85 = VersR 2004 255; BGH 21.8.1998 RuS 1998 330 f.; BGH 8.1.1981 NJW 1981 2416, jew. m.w.N.; Bamberger/Roth/Spindler § 823 Rn. 104 ff.; MüKo-BGB/Wagner § 823 Rn. 179 ff. Hierzu AG Segeberg 20.10.2011 BeckRS 2011 2448.
14 15
16 17
18 19
Umfassend hierzu MüKo-BGB/Wagner § 823 Rn. 194. Vgl. Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 419; Schmidt-Leithoff VP 1992 197, 207; Schmidt-Salzer/Schramm UHV Rn. 1.40. Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 419. HUK-Erläuterungen zum UmweltHM 19, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 23; vgl. auch GDV-Erläuterungen 7. BGH 8.1.1981 NJW 1981 2416. BGH 27.6.2012 RuS 2012 490, 491 = VersR 2012 1253; BGH 25.9.2002 RuS 2003 16; BGH 17.5.2000 RuS 2000 478, 479.
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Umwelthaftpflicht
Behauptet der Anspruchssteller einen betriebsbezogenen Eingriff, um die Haftung des VN zu begründen, ist der VR zur Anspruchsabwehr verpflichtet, wenn er nach Prüfung des Anspruchs zu dem Ergebnis gelangt, dass es an der Betriebsbezogenheit fehlt.20 Der VR ist nicht berechtigt, die Deckung unter Hinweis auf die vorgenannten Ausschlüsse zu verneinen.
10
c) Wasserrechtliche Benutzungsrechte oder -befugnisse. Wasserrechtliche Benutzungsrechte oder -befugnisse ergeben sich aus der nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gem. §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 WHG erteilten Erlaubnis oder Bewilligung, ein Gewässer in einer nach Art und Maß bestimmten Weise i.S.v. § 9 WHG (§ 3 WHG a.F.) zu benutzen. Hierzu zählen insbesondere das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern und von Grundwasser sowie das Einleiten und Einbringen von Stoffen in Gewässer (zum Gewässerbegriff s. Ziff. 2 UmweltHM Rn. 42 f.). Sonstige, nicht auf wasserrechtlichen Benutzungsrechten beruhende Nutzungen des Gewässers (z.B. durch die Schifffahrt) werden nicht erfasst.21 Nach § 89 Abs. 1 WHG (§ 22 WHG a.F.) ist schadensersatzpflichtig, wer in ein Ge11 wässer Stoffe einbringt oder einleitet oder wer auf ein Gewässer einwirkt und dadurch die Wasserbeschaffenheit nachteilig verändert (Handlungshaftung). Demgegenüber besteht nach § 89 Abs. 2 WHG (§ 22 Abs. 2 WHG a.F.) eine Ersatzpflicht für solche nachteiligen Veränderungen, die dadurch entstehen, dass aus einer Anlage, die bestimmt ist, Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten, derartige Stofe in ein Gewässer gelangen, ohne in dieses eingebracht oder eingeleitet worden zu sein (Anlagenhaftung). Bei der Anlagenhaftung ist somit anders als bei der Handlungshaftung kein zweckgerichtetes Verhalten erforderlich. Zum Schadensersatz nach § 89 WHG berechtigt sind alle durch eine Veränderung der 12 Wasserbeschaffenheit nachteilig betroffenen Inhaber wasserrechtlicher Benutzungsrechte oder -befugnisse, z.B. Wasserwerke oder Kernkraftwerke als Gewässerbenutzer, Mineralwasserhersteller 22, Fischzuchtbetriebe, Fischereiausübungsberechtigte23 oder Gewässereigentümer.24 Beispiel 25: Der VN verletzt infolge Verschmutzung des Flusses das wasserrechtliche Benutzungsrecht des Kraftwerkes auf Entnahme von Wasser. Der Anspruch aus § 89 WHG auf Ersatz der Mehrkosten, die daraus resultieren, dass das Kraftwerk die Entnahme von Wasser zur Kühlung einstellen und sich anderweitig zu höheren Kosten eindecken muss, ist versichert.
III. Mitversicherte Personen (Ziff. 1.3 UmweltHM) 13
Ziff. 1.3 UmweltHM entspricht Ziff. 7.1.2.3 und 7.1.2.4 Muster-Bedingungsstruktur AT. Insoweit kann auf die dortige Kommentierung verwiesen werden (Ziff. 27 AHB Rn. 19 ff.). Ergänzend sei angemerkt, dass zum Kreis der Mitarbeiter mit Aufsichtsfunktionen auch der Betriebsbeauftragte für den Umweltschutz – also der Gewässerschutzbeauf-
20 21
Vgl. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 1 Rn. 11. HUK-Erläuterungen zum UmweltHM 19, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 22 f.; Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 424.
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22 23 24 25
BGH 31.5.2007 NVwZ-RR 2007 754, 755 f. BGH 21.1.1988 NJW 1988 1593, 1594. Vgl. BeckOK/Hilf § 89 WHG Rn. 28. Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 427 f.
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Gegenstand der Versicherung
UmweltHM 2009 Ziff. 1
tragte (§ 64 WHG), der Betriebsbeauftragte für Abfall (§ 1 AbfBetrBV), der Immissionsschutzbeauftragte (§ 53 BImSchG) sowie der Strahlenschutzbeauftragte (§ 31 StrlSchV) – zählt.26
IV. Deckungserweiterungen Ziff. 1.4 bis Ziff. 1.8 UmweltHM sehen Deckungserweiterungen vor, die zum Teil be- 14 sonders vereinbart werden müssen. 1. Gebrauch nicht versicherungspflichtiger Kfz (Ziff. 1.4 UmweltHM) Zu den Erweiterungen, die besonders vereinbart werden müssen, zählt die Mitver- 15 sicherung der gesetzlichen Haftpflicht aus dem Gebrauch von im Einzelnen bezeichneten, nicht versicherungspflichtigen Kfz. Der Ausschluss nach Ziff. 6.15 UmweltHM (Ziff. 6 Rn. 35 ff.) ist insoweit abbedungen. Zu beachten ist, dass die Deckung nach Ziff. 1.4.1 S. 4 UmweltHM auf den berechtigten Fahrer beschränkt ist. Nach Ziff. 1.4.1 S. 7 UmweltHM darf der (berechtigte) Fahrer das Kfz auf öffentlichen Wegen oder Plätzen nur mit der erforderlichen Fahrerlaubnis benutzen. Bei beiden Bestimmungen handelt es sich um objektive Risikobegrenzungen auf der Ebene des primären Versicherungsschutzes. Soweit der VN nach Ziff. 1.4.1 S. 6 und S. 8 UmweltHM verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass das Kfz von einem berechtigten Fahrer gebraucht wird, der zudem über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügt, kommt diesen Klauseln deshalb keine weiter gehende Bedeutung zu. Die Frage, ob diese Klauseln als Obliegenheit zu qualifizieren sind, stellt sich nicht.27 Haben die Parteien die gesetzliche Haftpflicht aus dem Gebrauch von nicht versiche- 16 rungspflichtigen Kfz mitversichert, sind nach Ziff. 1.4.2 UmweltHM Schäden an gemieteten, gepachteten Gebäuden und/oder Räumlichkeiten durch Brand und Explosion eingeschlossen. Der Ausschluss nach Ziff. 7.6 AHB ist insoweit abbedungen. Er bleibt weiter von Bedeutung, wenn es um Schäden an Gebäuden und/oder Räumlichkeiten geht, die geleast worden sind, da der durchschnittliche VN einer Umwelthaftpflichtversicherung Leasing nicht mit Miete gleichsetzt.28 Durch Ziff. 1.4.3 UmweltHM wird die vertragliche Haftungsübernahme bei Bundes- 17 bahn-Anschlussgleisen – abweichend von Ziff. 7.3 AHB – einbezogen.
26
27
28
Vgl. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 20. A.A. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 21. Zur Diskussion, ob sich der Ausschluss gemäß § 4 I Ziff. 6 lit. a) AHB 2002 (und ältere Fassungen) auf Leasing erstreckt, vgl. OLG Hamm 8.3.1995 RuS 1995 450, 451 (Ausdehnung der Klausel auf andere Fälle, insbes. auf Besitzüberlassungen im Rahmen
eines Gefälligkeitsverhältnisses, ist nicht gerechtfertigt); OLG Stuttgart 30.6.1994 RuS 1995 176 = VersR 1996 445 (Ausdehnung des Risikoausschlusses auf ähnliche Rechtsverhältnisse scheitert schon an § 5 AGBG a.F.); OLG Koblenz 8.7.1994 RuS 1994 410, 411 = VersR 1995 1083 (Sachverhaltsgestaltungen, die denen der Miete bloß ähnlich sind, fallen hiernach eindeutig nicht unter den Ausschluss); Hans. OLG Hamburg 7.6.1989 VersR 1989 1292.
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Umwelthaftpflicht
2. Arzthaftpflichtversicherung (Ziff. 1.5 UmweltHM)
18
Ziff. 1.5 UmweltHM schließt – abweichend von Ziff. 7.6 AHB – für den Bereich der Arzthaftpflichtversicherung die gesetzliche Haftpflicht aus der Beschädigung von gemieteten Praxisräumen und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden ein. Es gelten die aus der Privathaftpflichtversicherung bekannten Begrenzungen des Versicherungsschutzes (Verschleiß, übermäßige Beanspruchung usw.) (Ziff. 7 AHB Rn. 181 ff.). 3. Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (Ziff. 1.6 UmweltHM)
19
Ziff. 1.6 UmweltHM schließt – abweichend von Ziff. 7.4 AHB – für die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung Ansprüche eines einzelnen Wohnungseigentümers gegen den Verwalter und gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sowie gegenseitige Ansprüche von Wohnungseigentümern bei Betätigung im Interesse und für Zwecke der Gemeinschaft ein. Ausgeschlossen bleiben Schäden am Gemeinschafts-, Sonder- und Teileigentum und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden. Betroffen ist nur die gewerbliche Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, da der Ausschluss gem. Ziff. 7.10 lit. b) AHB bei privaten Risiken nicht eingreift. Beispiel 29: Aufgrund eines Fehlers des Verwalters fängt die Heizöltankanlage eines Gebäudes Feuer, das in Wohnungseigentum aufgeteilt ist. Durch Funkenflug werden die Kfz der Wohnungseigentümer beschädigt, die auf dem Parkplatz abgestellt wurden. Für die Haftpflichtansprüche der Eigentümer gegen den Verwalter besteht Deckung.
4. Vertraglich übernomme Haftpflicht für Bundesbahn-Nebenbetriebe (Ziff. 1.7 UmweltHM)
20
Ziff. 1.7 UmweltHM schließt – abweichend von Ziff. 7.6 AHB – die von der Deutsche Bahn AG gem. den Allgemeinen Vertragsbedingungen für Nebenbetriebe der DB (AVN) übernommene gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts ein. Ausgeschlossen bleiben Ansprüche wegen Beschädigung der gepachteten Gegenstände. Beispiel 30: Aufgrund eines Fehlers des Bahnhofsgaststättenpächters fängt die Heizöltankanlage der Bahnhofsgaststätte Feuer. Die Gaststätte brennt nieder. Durch Funkenflug gerät ein angrenzendes Gebäude in Brand. Für die Haftpflichtansprüche des Eigentümers des Gaststättengebäudes gegen den Pächter besteht keine Deckung. Dagegen besteht Versicherungsschutz für die Ansprüche des Eigentümers des angrenzenden Gebäudes.
5. Bauhandwerker (Ziff. 1.8 UmweltHM)
21
Für Bauhandwerker besteht gem. Ziff. 1.8 UmweltHM die Möglichkeit, Abwasserschäden infolge von Umwelteinwirkungen im Rahmen der Deckung des allgemeinen Umwelt-Betriebsrisikos nach Ziff. 2.7 UmweltHM in die Umwelthaftpflichtversicherung einzubeziehen. Der Ausschluss nach Ziff. 7.14 (1) AHB ist insoweit abbedungen. Ausgeschlossen bleiben in allen Fällen jedoch Schäden an Entwässerungsleitungen durch Verschmutzungen und Verstopfungen.31 Beispiel 32: Infolge der Beschädigung einer Abwasserleitung durch einen Bauhandwerker läuft das Wasser in den nahegelegenen Teich und verursacht dort ein Fischsterben. Für die Haftpflichtansprüche des Fischereiberechtigten besteht Deckung. 29 30 31
Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 520. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 524. Vgl. Rundschreiben des HUK-Verbandes
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H 20/94 M vom 20.6.1994 S. 12 sowie H 38/93 M vom 1.11.1993 S. 6 ff. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 525.
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Gegenstand der Versicherung
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III. Sonstige Deckungskonzepte zur Versicherung von Personenund Sachschäden durch Umwelteinwirkung Neben dem UmweltHM existieren Sonderlösungen, auf deren Besonderheiten und 22 Abweichungen vom UmweltHM im Folgenden kurz eingegangen wird. 1. Umwelthaftpflicht-Basisversicherung Durch die Umwelthaftpflicht-Basisversicherung33 ist das allgemeine Umwelt-Betriebs- 23 risiko entsprechend dem Risikobaustein Ziff. 2.7 UmweltHM (Ziff. 2.7 UmweltHM Rn. 60 ff.) und fakultativ das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko entsprechend dem Risikobaustein Ziff. 2.6 UmweltHM (Ziff. 2.6 UmweltHM Rn. 50 ff.) versichert. Abweichungen/Besonderheiten zum UmweltHM ergeben sich aus Ziff. 1 bis 3 24 UmwHaftpfl-BasisV. Ziff. 1.1 UmwHaftpfl-BasisV stellt durch die Formulierung „im Rahmen und Umfang des Vertrages“ klar, dass Erweiterungen oder Begrenzungen der Betriebshaftpflichtversicherung grundsätzlich auch für die Umwelthaftpflicht-Basisversicherung gelten sollen, soweit sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden sind. Dies gilt auch für die AHB-Regelungen zur Vorsorgeversicherung sowie zu Erhöhungen und Erweiterungen. Nach dem UmweltHM finden die AHB-Regelungen zur Vorsorgeversicherung (Ziff. 3.1 (3) und Ziff. 4 AHB) dagegen keine und die zu Risikoerhöhungen und -erweiterungen (Ziff. 3.1 (2) und Ziff. 3.2 AHB) nur sehr eingeschränkt Anwendung (Ziff. 3 UmweltHM Rn. 8 ff.). Die zuvor erwähnte Begrenzung des Versicherungsschutzes auf das allgemeine Um- 25 welt-Betriebsrisiko erfolgt durch den Verweis in Ziff. 1.1 UmwHaftpfl-BasisV auf die unter Ziff. 2.1 bis 2.6 UmwHaftpfl-BasisV formulierten Risikobegrenzungen: 1. Gegenstand der Versicherung 1.1 Versichert ist – abweichend von Ziff. 7.10 (b) AHB – im Rahmen und Umfang des Vertrages die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des VN wegen Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkung, wenn diese Umwelteinwirkung nicht von Anlagen oder Tätigkeiten ausgeht oder ausgegangen ist, die unter Ziff. 2 fallen.
Ziff. 2.1 bis 2.6 UmwHaftpfl-BasisV entsprechen im Wesentlichen Ziff. 2.1 bis 2.6 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann. Das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko, das gem. Ziff. 2.6 Umw- 26 Haftpfl-BasisV zunächst ausgeschlossen ist, kann aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung nach Ziff. 3 UmwHaftpfl-BasisV mitversichert werden. Ziff. 1.1 S. 2 UmwHaftpfl-BasisV deckt sich mit Ziff. 1.2 UmweltHM, Ziff. 1.2 und Ziff. 1.3 UmwHaftpfl-BasisV entsprechen sachlich Ziff. 2 Abs. 2 und Abs. 3 UmweltHM (Ziff. 2 UmweltHM Rn. 65 ff. und 73 f.). Ziff. 4 bis 10 UmwHaftpfl-BasisV sind nahezu wortgleich mit den entsprechenden 27 Ziffern des UmweltHM, sodass die Ausführungen zum UmweltHM insoweit gleichermaßen für die Umwelthaftpflicht-Basisversicherung gelten. Dies bedeutet u.a., dass für 33
Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung im Rahmen der Betriebs- und Berufs-Haftpflichtversicherung, Musterbedingungen des GDV, Stand: Oktober 2009; im Internet ab-
rufbar unter http://www.gdv.de/downloads/ versicherungsbedingungen/schaden-undunfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/.
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Umwelthaftpflicht
die Umwelthaftpflicht-Basisversicherung für industrielle Risiken eine separate Versicherungssumme zur Verfügung steht, deren Höhe individuell zu vereinbaren ist. Für VN mit geringem Umwelthaftpflicht-Risiko, wie z.B. im gewerblichen Bereich, sind einheitliche Versicherungssummen für das Betriebs- und Umwelthaftpflichtrisiko i.d.R. ausreichend.34 2. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe
28
Für das Umwelthaftpflichtrisiko land- und forstwirtschaftlicher Betriebe hat der GDV besondere Musterbedingungen entwickelt35: die Umwelthaftpflicht-Basisversicherung, die stets Bestandteil der (land-/forstwirtschaftlichen) Betriebshaftpflichtversicherung ist36, und die Umwelthaftpflichtversicherung37, die Risiken aus dem Betrieb umweltrelevanter Anlagen deckt. Dabei wird vom UmweltHM/Land- und Forstwirtschaft das von der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung im nicht land-/forstwirtschaftlichen Bereich versicherte allgemeine Umwelt-Betriebsrisiko nicht umfasst. Im Unterschied zu den Bedingungswerken im nicht land-/forstwirtschaftlichen Bereich stehen die Bedingungswerke im land-/forstwirtschaftlichen Bereich somit nicht alternativ, sondern komplementär zur Verfügung. Somit richtet sich der Versicherungsschutz im land-/forstwirtschaftlichen Bereich für 29 das nicht anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko nach den AHB, für das allgemeine Umwelt-Betriebsrisiko nach der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung und für die Risiken aus dem Betrieb umweltrelevanter Anlagen nach dem UmweltHM/Land- und Forstwirtschaft, sodass neben den AHB zwei umweltrelevante Bedingungswerke zur Anwendung kommen.38 Zu beachten ist, dass gemäß Ziff. 2 Abs. 3 UmweltHM/Land- und Forstwirtschaft für 30 Ansprüche wegen Verwendung von „Klärschlamm, Jauche, Gülle, festem Stalldung, Pflanzenschutz- oder Düngemitteln“ keine Deckung im Rahmen von Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM/Land- und Forstwirtschaft besteht, „es sei denn, dass diese Stoffe durch plötzliche und unfallartige Ereignisse bestimmungswidrig und unbeabsichtigt in die Umwelt gelangen, durch Niederschläge plötzlich abgeschwemmt werden oder auf andere Grundstücke abdriften, die nicht im Besitz des Versicherungsnehmers stehen“.
34
35 36
Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 150; vgl. auch Beckmann/Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 8; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 9. Zu Details s. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil E Rn. 1 ff. Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Umwelthaftpflicht-Basisversicherung/Landund Forstwirtschaft), Musterbedingungen des GDV, Stand: Februar 2010; im Internet abrufbar unter http://www.gdv.de/ downloads/versicherungsbedingungen/ schaden-und-unfallversicherung/
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muster-bedingungsstrukturen-in-der-haft pflichtversicherung/. Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Umwelthaftpflicht-Modell/Land- und Forstwirtschaft), Musterbedingungen des GDV, Stand: Februar 2010; im Internet abrufbar unter http://www.gdv.de/downloads/ versicherungsbedingungen/schaden-undunfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil E Rn. 13; Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 9; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 11.
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Versicherte Risiken
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Aufgrund des Ausschlusses des Umwelt-Betriebsrisikos nach Ziff. 7.10 lit. b) S. 1 AHB besteht deshalb kein Versicherungsschutz, wenn z.B. bei der Ausbringung von Herbiziden an Pflanzen auf Nachbargrundstücken Schäden verursacht werden.39 Bei Verwendung von Zugmaschinen kommt eine Deckung aus der Kfz-Versicherung 31 in Betracht, wenn die Verunreinigung auf die Betriebseinrichtung des Kfz zurückzuführen und bei dessen Gebrauch eingetreten ist.40 So liegt der Fall, wenn der Schaden aus einer nicht ordnungsgemäß funktionierenden Zugmaschine resultiert, sei es weil eine ihrer Einrichtungen mangelhaft war oder weil sie falsch bedient wurde.41 Kein Gebrauch liegt dagegen vor, wenn die Ursache in der Fehlerhaftigkeit des Spritzgeräts liegt.42 3. Versicherung von Umweltrisiken von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren Im Rahmen der Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und 32 Beratenden Ingenieuren43 ist die gesetzliche Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung gedeckt (Teil A Ziff. 1.3 BBR Arch./Ing.). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass für diese Berufsgruppe aufgrund ihrer planerischen Tätigkeit die besondere Gefahr besteht, wegen daraus entstehender Umwelteinwirkungsschäden in Anspruch genommen zu werden.44
2. Versicherte Risiken [Absatz 1] 1Die Versicherung erstreckt sich ausschließlich auf die im Versicherungsschein aufgeführten Risiken und Tätigkeiten. 2Versicherungsschutz besteht für die unter Ziff. 2.1–2.7 aufgeführten, jeweils ausdrücklich zu vereinbarenden Risikobausteine: 2.1 1Anlagen des VN, die bestimmt sind, gewässerschädliche Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten (WHG-Anlagen). 2Ausgenommen sind solche WHG-Anlagen, die in Anhang 1 oder 2 zum UHG aufgeführt sind, Abwasseranlagen, Einwirkungen auf Gewässer sowie Schäden durch Abwässer. 2.2 1Anlagen des VN gem. Anhang 1 zum UHG (UHG-Anlagen). 2Ausgenommen sind Abwasseranlagen, Einwirkungen auf Gewässer sowie Schäden durch Abwässer.
39
40 41 42
43
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 11. BGH 28.5.1969 VersR 1969 726, 727. BGH 27.10.1993 RuS 1994 2 f. BGH 27.10.1993 RuS 1994 2 f.; nach Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 11 ist in der Praxis zu beobachten, dass KH-Versicherer (gleichwohl) solche Schäden regulierten. Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren, Musterbedingungen des GDV, Stand: April 2011; im Internet abruf-
44
bar unter http://www.gdv.de/downloads/ versicherungsbedingungen/schaden-undunfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/. Vgl. Beispiele zu Umwelthaftpflichtrisiken bei Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil F Rn. 2 f.: Architekt plant ein Haus. Dieses stürzt aufgrund eines Planungsfehlers ein. Die beim Einsturz entstehende Staubwolke verursacht Sachschäden. Architekt plant eine UmweltHG-Anlage. Durch einen Planungsfehler kommt diese zum Einsturz. Es entweichen schädliche Stoffe, die Personenschäden in der Umgebung verursachen.
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Umwelthaftpflicht
2.3 1Anlagen des VN, die nach dem Umweltschutz dienenden Bestimmungen einer Genehmigungs- oder Anzeigepflicht unterliegen, soweit es sich nicht um WHG- oder UHG-Anlagen handelt (sonstige deklarierungspflichtige Anlagen). 2Ausgenommen sind Abwasseranlagen, Einwirkungen auf Gewässer und Schäden durch Abwässer. 2.4 1Abwasseranlagen des VN oder Einbringen oder Einleiten von Stoffen in ein Gewässer oder Einwirken auf ein Gewässer derart, dass die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers verändert wird, durch den VN (Abwasseranlagen- und Einwirkungsrisiko). 2Der Ausschluss von Schäden durch Abwässer gem. Ziff. 7.14 AHB findet insoweit keine Anwendung. 2.5 1Anlagen des VN gem. Anhang 2 zum UHG (UHG-Anlagen/Pflichtversicherung). 2.6 1Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung und Wartung von Anlagen gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 oder Teilen, die ersichtlich für derartige Anlagen bestimmt sind, wenn der VN nicht selbst Inhaber der Anlagen ist. 2Der Ausschluss von Schäden durch Abwässer gem. Ziff. 7.14 (1) AHB findet insoweit keine Anwendung. 3Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles werden unter den in Ziff. 5 genannten Voraussetzungen durch den VR ersetzt, sofern Regressansprüche des Inhabers der Anlage gegen den VN bestehen können. 2.7 1Umwelteinwirkungen, die im Zusammenhang mit dem im Versicherungsschein beschriebenen Risiko stehen, soweit diese Umwelteinwirkungen nicht von Anlagen oder Tätigkeiten ausgehen oder ausgegangen sind, die unter den Anwendungsbereich der Risikobausteine Ziff. 2.1–2.6 fallen, unabhängig davon, ob diese Risikobausteine vereinbart wurden oder nicht. [Absatz 2] Versicherungsschutz besteht auch dann, wenn gelagerte Stoffe bei ihrer Verwendung im räumlichen und gegenständlichen Zusammenhang mit versicherten Anlagen gem. Ziff. 2.1–2.5 und 2.7 in Boden, Luft oder Wasser (einschl. Gewässer) gelangen, ohne in diese eingebracht oder eingeleitet zu sein. [Absatz 3] Der Versicherungsschutz gem. Ziff. 2.1–2.7 bezieht sich auch auf die Haftpflicht wegen Schäden eines Dritten, die dadurch entstehen, dass Stoffe in Abwässer und mit diesen in Gewässer gelangen.
Übersicht Rn. A. B. I. II. C. I.
Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . Durchführung der Risikodeklarierung . . Prinzip exakter Risikodeklarierung . . . . Ausnahmen und Einschränkungen . . . . Deckungsbausteine . . . . . . . . . . . . WHG-Anlagen (Ziff. 2.1 UmweltHM) . . 1. Ziff. 2.1 S. 1 UmweltHM . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . b) Anlage i.S.d. WHG . . . . . . . . . c) Inhaberschaft des VN . . . . . . . . 2. Ziff. 2.1 S. 2 UmweltHM . . . . . . . II. UmweltHG-Anlagen (Ziff. 2.2 UmweltHM) 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begriff der UmweltHG-Anlage . . . . . 3. Ortsveränderliche technische Einrichtungen und Nebeneinrichtungen . . . . 4. Inhaberschaft des VN . . . . . . . . . 5. Ziff. 2.2 S. 2 UmweltHM . . . . . . .
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1 3 3 7 11 11 11 11 13 16 20 22 22 23 25 30 31
Rn. III. Sonstige deklarierungspflichtige Anlagen (Ziff. 2.3 UmweltHM) . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dem Umweltschutz dienende Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Begriff der Anlage . . . . . . . . . . IV. Abwasseranlagen- und Einwirkungsrisiko (Ziff. 2.4 UmweltHM) . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abwasseranlagenrisiken . . . . . . . 3. Einwirkungsrisiken . . . . . . . . . . a) Gewässer . . . . . . . . . . . . . b) Einbringen, Einleiten, Einwirken . aa) Einbringen . . . . . . . . . . bb) Einleiten . . . . . . . . . . . cc) Einwirken . . . . . . . . . . V. UmweltHG-Anlagen/Pflichtversicherung (Ziff. 2.5 UmweltHM) . . . . . . . . .
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. 32 . 32 . 33 . 35 . . . . . . . . .
36 36 37 41 42 44 45 48 49
. 51
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Rn. VI. Anlagenspezifisches Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko (Ziff. 2.6 UmweltHM) . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung zu Ziff. 2.7 UmweltHM . 3. Anlagen gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM oder Teile, die ersichtlich für solche Anlagen bestimmt sind . . 4. Personenverschiedenheit von VN und Anlageninhaber . . . . . . . . . . . 5. Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . . . . . . VII. Allgemeines Umwelt-Betriebsrisiko (Ziff. 2.7 UmweltHM) . . . . . . . . . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . 2. Versichertes Risiko . . . . . . . . . . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . a) Anlagenrisiken . . . . . . . . . .
Rn.
. 50 . 50 . 53
D. I. II.
. 56 . 57 . 59 . . . . .
60 60 61 62 62
E.
b) Produkt-/Dienstleistungsrisiken . . c) Betriebsstättenrisiko . . . . . . . Verwendungsrisiko (Ziff. 2 Abs. 2 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gelagerte Stoffe . . . . . . . . . . . a) Begriff des Stoffs . . . . . . . . . b) Lagerung . . . . . . . . . . . . . 2. Verwendung im räumlichen und gegenständlichen Zusammenhang mit versicherten Anlagen . . . . . . . . . . 3. In Boden, Luft oder Wasser (einschl. Gewässer) gelangen, ohne in diese eingebracht oder eingeleitet zu sein . . . Mittelbares Abwasserrisiko (Ziff. 2 Abs. 3 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . .
. 63 . 64 . . . . . .
65 65 66 66 66 67
. 68
. 72 . 73
A. Sinn und Zweck Ähnlich wie das ProdHM baut das UmweltHM auf dem Prinzip der Einzeldeklara- 1 tion der zu versichernden Risiken in Form eines Baustein-Modells auf. Die Bausteine knüpfen an haftungsrechtliche Zuordnungen (WHG-Anlagen, UmweltHG-Anlagen, Einwirkungsrisiken), an das öffentlich-rechtliche Genehmigungsrecht (sonstige deklarierungspflichtige Anlagen, Abwasseranlagen) und rein versicherungstechnische Einteilungen an.1 Nach Ziff. 2 Abs. 1 S. 1 u. 2 UmweltHM erstreckt sich die Umwelthaftpflichtver- 2 sicherung aussschließlich auf die im Versicherungsschein aufgeführten Risiken, wobei Versicherungsschutz für die einzelnen Bausteine des Modells jeweils ausdrücklich zu vereinbaren ist. Konkret bedeutet dies, dass die in dem zu versichernden Betrieb vorhandenen Anlagen und Risiken im Einzelnen erfasst und den jeweiligen Deckungsbausteinen zugeordnet werden. In dieser Systematik werden sie dann in eine Liste aufgenommen, die dem Versicherungsschein als „Anlage“ beigefügt wird und dessen Bestandteil sie ist.2 Hierdurch will der VR sicherstellen, dass er ein genaues Bild über den Risikobestand erhält. Zudem soll auch der VN genau wissen, auf welche Anlagen und Anlagenteile sich die Deckung erstreckt.
B. Durchführung der Risikodeklarierung I. Prinzip exakter Risikodeklarierung Um eine exakte Risikodeklarierung sicherzustellen, ist eine genaue Beschreibung er- 3 forderlich, z.B. die Art und Anzahl von Anlagen und Stoffen einschließlich Lagermenge, Verwendungszweck, Standort, Produktionsverfahren.3 Von besonderer Bedeutung für die Risikoanalyse des VR ist verständlicherweise der Versicherungsort (Gemeinde, Grund-
1 2
Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil A Rn. 53. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Wittenberg 152; vgl. auch Beckmann/
3
Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 59; van Bühren/Laschet § 26 Rn. 17. Vgl. GDV-Erläuterungen 9.
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stück, Grundstücksteil), da es einen Unterschied macht, ob sich z.B. ein Heizöltank in unmittelbarer Nähe eines Quellenschutzgebietes oder in einem Industriegebiet befindet. Die Beschreibung „1 Tank zur Lagerung von Heizöl (Fassungsvermögen 100 000 Liter) in x-Stadt“ genügt daher nicht. Hinreichend präzise ist dagegen die Beschreibung: „1 Tank, Baujahr 2002, zur oberirdischen Lagerung von Heizöl (Fassungsvermögen 100 000 Liter), x-Stadt, y-Straße Ziff. 1“.4 Die Aufnahme und Erfassung der Anlagen in vorbezeichneter Weise ist grundsätzlich 4 Aufgabe des VN.5 Dagegen liegt die Verantwortung für die Zuordnung der Anlagen zu den Bausteinen des UmweltHM beim VR.6 Erweist sich die vom VR vorgenommene Zuordnung als falsch, hat der VN gleichwohl Anspruch auf Versicherungsschutz. Für die Aufteilung der Verantwortlichkeiten ist unerheblich, ob der Vertrag durch einen Makler vermittelt wird oder ein Großrisiko i.S.d. § 210 Abs. 2 VVG vorliegt. In der Praxis erfolgt die Aufnahme und Erfassung der Anlagen mittels vom VR ent5 wickelter Fragebögen. Diese müssen inhaltlich so ausgestaltet sein, dass der VN weiß, welche Angaben der VR für die Zuordnung der Anlagen zu den Bausteinen benötigt. Anderenfalls kommen Schadensersatzansprüche nach § 6 Abs. 5 VVG und – soweit es um maklervermittelte Verträge oder Großrisiken geht – nach §§ 280, 241 Abs. 2 BGB in Betracht.7 Drängt sich für den VR z.B. aufgrund der Antworten des VN auf, dass der VN Fehlvorstellungen unterliegt, ist er gem. § 6 Abs. 1 VVG – bei Großrisiken und bei maklervermittelten Verträgen aus § 241 Abs. 2 BGB8 – verpflichtet, nachzufragen und etwa gegebene Fehlvorstellungen zu korrigieren.9 Der Versicherungsschutz nach den einschlägigen Risikobausteinen bezieht sich auf 6 „Anlagen des VN“. Im Hinblick auf die in der Umwelthaftpflichtversicherung angestrebte Kongruenz von Haftung und Deckung wird mit dieser Formulierung nicht an das Eigentum des VN an der Anlage angeknüpft, sondern an die für die Haftung nach § 89 WHG und § 1 UmweltHG relevante Inhaberschaft des VN. Der VN ist Inhaber einer Anlage, wenn er über sie die tatsächliche Verfügungsgewalt hat (s. hierzu Rn. 16 ff.). Obliegt die tatsächliche Verfügungsgewalt mehreren, kommt es zu einer mehrfachen Inhaberschaft. In diesen Fällen kann eine adäquate Deckungslösung nur anhand der konkreten, individuellen Verhältnisse zwischen dem VN und dem VR gefunden werden.10
4 5
6
Vgl. GDV-Erläuterungen 9. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 537: „Das Deklarationsprinzip bürdet dem Versicherungsnehmer das Vollständigkeits-, Richtigkeits- und Aktualisierungsrisiko auf“; Beckmann/Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 59. Vgl. MAH/Fränzer § 16 Rn. 23; hierzu Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Wittenberg 153: „Die Betriebe selbst werden auch oftmals Schwierigkeiten haben, die am Haftungsrecht orientierte Anlagenzuordnung vorzunehmen. So erhält ein Unternehmen nicht selten für eine Betriebsstätte nur eine einzige Genehmigung, obwohl haftungsrechtlich und versicherungstechnisch von mehreren Anlagen auszugehen wäre, z.B. eine Anlage zur Herstellung, die dazu-
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7
8 9
10
gehörigen unterirdischen Tanks für die Rohstoffe und Hochregal-Läger für die Endprodukte. Soweit diese jeweils für sich die Mengenschwellen nach den Anhängen zum Umwelthaftungsgesetz überschreiten, wäre haftungsrechtlich von drei UHG-Anlagen auszugehen, welche wiederum versicherungstechnisch im Versicherungsschein auch separat deklariert werden müssen.“ Vgl. Bruck/Möller/Schwintowski § 6 Rn. 48; Prölss/Martin/Prölss § 6 Rn. 69; Langheid/ Wandt/Armbrüster § 6 Rn. 352. Vgl. Bruck/Möller/Schwintowski § 6 Rn. 48. Vgl. auch Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 26. Vgl. GDV-Erläuterungen 10.
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II. Ausnahmen und Einschränkungen Ausgenommen von der Deklarationsverpflichtung ist das im Rahmen von Ziff. 2.7 UmweltHM versicherte allgemeine Umwelt-Betriebsrisiko. Hier kann der VR sein Risiko nur dadurch begrenzen, dass er die Betriebsbeschreibung des VN möglichst genau dokumentiert, indem er nicht lediglich vom „Unternehmen zur Herstellung von Glas“ spricht, sondern Angaben aufnimmt, welche Art von Glas hergestellt wird (z.B. Herstellung von Bleikristallglas, Herstellung von Hohlglas, Herstellung von Flachglas).11 Hinsichtlich des über Risikobaustein Ziff. 2.6 UmweltHM zu versichernden anlagenspezifischen UmweltProduktrisikos lässt sich das Prinzip einer möglichst exakten Deklarierung des zu versichernden Risikos in ähnlicher Weise durch eine möglichst genaue Beschreibung der diesem Baustein unterfallenden Produktgruppen erreichen.12 Ausnahmen vom Prinzip exakter Deklarierung finden sich aus Praktikabilitätsgründen bei WHG-Anlagen i.S.d. Risikobausteins Ziff. 2.1 UmweltHM. Da es kaum möglich ist, alle kleinen und kleinsten Behältnisse exakt zu erfassen, kommt es hier zu einer teilweisen Auflösung dieses Prinzips (z.B. Verzicht auf das Erfordernis der Einzeldeklarierung von Behältnissen bis zu einem bestimmten Fassungsvermögen von z.B. 220 l (Fassgröße), unabhängig von ihrem Inhalt bzw. dessen Wassergefährdungsklasse).13 Schließlich gilt es auch bei der Deklarierung von UmweltHG-Anlagen gemäß Risikobaustein Ziff. 2.2 und Ziff. 2.5 UmweltHM zu berücksichtigen, dass gemäß § 3 Abs. 3 UmweltHG zu den in Anhang 1 zum UmweltHG aufgeführten Anlagen unter Haftungsgesichtspunkten auch Maschinen, Geräte, Fahrzeuge und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen und Nebeneinrichtungen gehören, die mit der Anlage in einem räumlichen oder betriebstechnischen Zusammenhang stehen und für das Entstehen von Umwelteinwirkungen von Bedeutung sein können (s. Rn. 26 ff.).14 Verzichtet der VR auf eine ins Letzte gehenden Zuordnung der einzelnen Anlagen, sind alle vom VN angegebenen Anlagen versichert.15
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10
C. Deckungsbausteine I. WHG-Anlagen (Ziff. 2.1 UmweltHM) 1. Ziff. 2.1 S. 1 UmweltHM a) Überblick. Ziff. 2.1 UmweltHM erfasst Haftpflichtrisiken durch Umwelteinwir- 11 kungen aus dem Betrieb von Anlagen des VN, die dazu bestimmt sind, gewässerschädliche Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten (WHG-Anlagen). Der Wortlaut von Ziff. 2.1 S. 1 UmweltHM orientiert sich an § 89 Abs. 2 WHG (§ 22 Abs. 2 WHG a.F.) und im Klammerzusatz ist von WHG-Anlagen die Rede. Der durchschnittliche VN der Umwelthaftpflichtversicherung wird den Begriff der Anlage i.S.d. Ziff. 2.1 UmweltHM somit ebenso verstehen wie den in § 89 Abs. 2 WHG, der eine verschuldensunabhängige Haftung des VN begründet.
11 12 13 14 15
Vgl. GDV-Erläuterungen 10. Vgl. GDV-Erläuterungen 11. Vgl. GDV-Erläuterungen 10. Vgl. GDV-Erläuterungen 11. Zu den Ausnahmen von Deklarationsprinzip
s. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 27; MAH/Fränzer § 16 Rn. 23.
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Deckung besteht jedoch nicht nur für die Folgen der Gewässerbeeinträchtigung, sondern auch für andere Schäden durch Umwelteinwirkung, z.B. für Schäden durch Rauchbeaufschlagung im Brandfall. Es sind deshalb auch Ansprüche gedeckt, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, z.B. § 823 BGB.16 Beispiel: Ein Tanklager brennt. Auslaufende gewässerschädliche Stoffe führen zu einem Gewässerschaden und mit Schadstoffen belastete Rauchwolken führen in der Nachbarschaft zu Personen- oder Sachschäden. Außerdem ergießt sich auslaufendes Öl auf das benachbarte Grundstück eines Dritten.
13
b) Anlage i.S.d. WHG. Das WHG definiert den Anlagenbegriff nicht. Nach der Rechtsprechung ist der Begriff der Anlage weit zu verstehen. Darunter fallen „alle ortsfesten oder ortsveränderlichen Einrichtungen, mit denen im Allgemeinen für eine gewisse Dauer die in der Vorschrift aufgeführten Zwecke mit technischen Mitteln verfolgt werden, also Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, in der dargelegten Weise wassergefährdende Stoffe herzustellen, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten“.17 [Hervorhebung durch den Verfasser]
Der Anlagenbegriff ist somit nicht erfüllt, wenn die Einrichtung nur kurzzeitig existiert. Darauf, dass die Anlage noch „in Betrieb“ ist, kommt es nicht an.18 Die Anlage kann also auch stillgelegt sein. Ebenso wenig braucht die Anlage baulicher oder maschineller Art zu sein. Selbst Einrichtungen ohne besondere, insbesondere äußerlich erkennbare Vorrichtungen können Anlagen i.S.v. § 89 Abs. 2 WHG sein.19 14 Zu den WHG-Anlagen zählen nicht nur Fabriken und Gewerbebetriebe sowie Maschinen und sonstige Einrichtungen in solchen Betrieben, sondern auch Einrichtungen, die dem Haushalt dienen (z.B. Heizöltank für ein Einfamilienhaus oder ein Mietshaus oder für die einzelne Mietwohnung mit Ölofen).20 Die Anlage kann ortsfest sein – z.B. eingebauter Tankspeicher, Bodenschatz- und Abfalldeponien, Tankerlöschbrücken21, landwirtschaftliche Einrichtungen wie etwa Güllebehälter/-tanks22, Jauche- und Dunggruben, Misthaufen23, Schweinesuhlen24, Spritzbehältnisse25, Aufbringungsgeräte für Dünger, Klärschlämme oder Pflanzenschutzmittel26, Ölpumpen27 – oder ortsveränderlich – z.B. Container, (Dieselöl-)Fässer, Tankschiffe28 und Tankwagen29, Tanks30 und Fässer31.
16
17
18 19 20 21 22 23 24
Vgl. z.B. BGH 17.10.1985 NJW 1986 2312, 2315; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 29. BGH 31.5.2007 NVwZ-RR 2007 754, 755; BGH 22.11.1971 BGHZ 57 257, 259 f. = NJW 1972 205; im Einzelnen s. Sieder/Zeitler/SchwendnerWHG § 89 Rn. 53. Vgl. BGH 22.7.1999 NJW 1999 3633, 3634. Sieder/Zeitler/SchwendnerWHG § 89 Rn. 57. Sieder/Zeitler/Schwendner WHG § 89 Rn. 57. BGH 29.11.1979 NJW 1980 943, 944. BGH 22.11.1971 BGHZ 57 257, 261. BGH 17.10.1985 NJW 1986 2312, 2313. BGH 22.11.1971 BGHZ 57 257, 261.
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25 26 27 28 29
30 31
BGH 31.5.2007 NVwZ-RR 2007 754, 755. Staudinger/Köhler § 89 WHG Rn. 56 m.w.N. OLG Schleswig 25.10.1978 VersR 1979 999, 1000. OLG Köln 28.01.1966 VersR 1966 485, 486 f. BGH 8.1.1981 BGHZ 80 1, 4 = NJW 1981 1516; BGH 23.12.1966 BGHZ 47 1, 10 = NJW 1967 1131. BGH 22.7.1999 NJW 1999 3633 f.; OLG Frankfurt 22.5.1987 ZfW 1987 196, 197. BGH 22.11.1971 BGHZ 57 257, 259; BGH 17.10.1985 NJW 1986 2312, 2313; OLG Saarbrücken 11.1.1989 RuS 1990 195 f.
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Keine Anlagen i.S.d. WHG sind Kraftstofftanks von Fahrzeugen wie Pkw, Lkw, 15 Motorschiffe, Dieselloks32, da sie nicht dazu bestimmt sind, wassergefährdende Stoffe herzustellen, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten. Einrichtungen, in denen Stoffe gelagert werden, die für sich allein genommen nicht wassergefährdend sind, werden nicht dadurch zu WHG-Anlagen, dass sie sich infolge eines Brandes in wassergefährdende Stoffe verwandeln.33 Beispiel 34: Auf dem Betriebsgelände einer Wohnwagenproduktionsfirma wird eine Traglufthalle aufgestellt, in der Kunststoffteile für den Einbau in die Wohnwagen lagern. Die Traglufthalle brennt samt dem gelagerten Material ab. Mit dem Löschwasser gelangen sowohl unmittelbar als auch über die gemeindeeigene Kanalisation Verbrennungsrückstände des Kunststoffs in den Fluss und verursachen dort ein Fischsterben. Für die Ansprüche des Pächters auf Ersatz des ihm durch das Fischsterben entstandenen Schadens besteht Versicherungsschutz nur im Rahmen der Ziff. 2.7 UmweltHM.
c) Inhaberschaft des VN. Nach Ziff. 2.1 S. 1 UmweltHM muss es sich um Anlagen 16 des VN handeln. Im Hinblick darauf, dass dieser Baustein auf die Haftung nach § 89 Abs. 2 WHG zugeschnitten ist, ist zur Bestimmung der Inhaberschaft auf die Rechtsprechung zu der vorgenannten Bestimmung zurückzugreifen. Danach ist als Inhaber „derjenige anzusehen, der die Anlage für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt; dies kann auf mehrere Beteiligte zugleich zutreffen“.35
Für die Inhaberschaft kommt es somit nicht auf das Rechtsverhältnis an der Anlage, insbesondere die Eigentümerstellung des VN an. Entscheidend ist vielmehr, dass der VN – ähnlich wie bei der Kfz-Haltereigenschaft 36 – die Anlage für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt. Letzteres ist der Fall, wenn er Anlass, Zeit und Zeitpunkt des Betriebs der Anlage selbst bestimmen kann.37 Diese Voraussetzungen, die im Übrigen auch auf mehrere Beteiligte zugleich zutreffen 17 können (s. aber Rn. 6), dürften in der Regel erfüllt sein, wenn der VN die Anlage in seiner Eigenschaft als Eigentümer oder aufgrund eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 868 BGB) z.B. als Mieter, Pächter, Leasingnehmer, Nießbraucher, Erbbauberechtigte unmittelbar i.S.v. § 854 BGB besitzt.38 Bei der Miete und der Pacht wird man darüber hinaus nur dann von einer Einräumung der tatsächlichen Verfügungsgewalt sprechen können, wenn die Anlage dem Mieter/Pächter für eine gewisse zeitliche Dauer überlassen wurde. Es muss zu einer Verfestigung der tatsächlichen Zuständigkeit für die Anlage gekommen sein.39 Daran fehlt es, wenn die Gebrauchsüberlassung von so kurzer Dauer ist, dass der Mieter oder Pächter von vornherein nur eine beschränkte Benutzungsmöglichkeit hat. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.
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33 34 35
Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 62; Vogel/Stockmeier/ Vogel 2. Teil C Rn. 580. BGH 2.12.1982 NJW 1983 2029, 2030. Nach BGH 2.12.1982 NJW 1983 2029, 2030. BGH 8.1.1981 BGHZ 80 1, 4 = VersR 1981 458; vgl. auch BGH 31.5.2007 NVwZ-RR 2007 754, 755; BGH 22.7.1999 BGHZ 142 227, 231 und 234 = NJW 1999 3633; BGH 6.5.1999 NJW 1999 3203 (jew. zu § 22 Abs. 2 WHG a.F.).
36
37 38 39
Vgl. BGH 22.3.1983 NJW 1983 1492; BGH 8.1.1981 NJW 1981 1516; vgl. auch OLG Schleswig 25.10.1978 VersR 1979 999 1001. Vgl. BGH 31.5.2007 NVwZ-RR 2007 754, 755. Vgl. Sieder/Zeitler/Schwendner WHG § 89 Rn. 68. Vgl. BGH 3.12.1991 RuS 1992 185 f. (zur Kfz-Haltereigenschaft); Vogel/Stockmeier/ Vogel 2. Teil C Rn. 591.
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So hat der BGH den langjährigen Pächter eines Hotels als alleinigen Inhaber der Öltankanlage des Hotels angesehen.40 Allein das dem Verpächter vertraglich eingeräumte Recht, das Grundstück zu betreten und zu besichtigen, mache diesen nicht zum Mitinhaber. Anders liegt der Fall nach Ansicht des OLG Frankfurt/M., wenn der Eigentümer berechtigt ist, das Grundstück jederzeit zu betreten und Reparaturen am Öltank auszuführen, und in der Lage ist, den unsachgemäßen Umgang mit der Heizölanlage zu verhindern. Dann ist er Mitinhaber.41 Dagegen hat das LG Hamburg den Mieter eines Hausgrundstücks mit einem in das Erdreich eingelassenen Öltank nicht als (Mit-)Inhaber der Anlage angesehen.42 Der Pächter eines Bauernhofs ist dagegen alleiniger Inhaber i.S.v. § 89 Abs. 2 WHG von Misthaufen und Dieselölfässern.43 Handelt es sich bei dem Inhaber um eine juristische Person übt diese ihre Verfügungs19 gewalt durch ihre Geschäftsführungsorgane und sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter aus.44 Bei den Personengesellschaften (OHG, KG, EWIV, Partnerschaft und GbR) üben für die Gesellschaft die zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter die Verfügungsgewalt aus. Solche in ihrer Eigenschaft als Organ handelnde Personen eines Unternehmens sind persönlich nicht Anlageninhaber.45 Bei dieser Personengruppe fehlt es auch an der Voraussetzung des Gebrauchs der Anlage für eigene Rechnung. Letzteres trifft auch für Mitarbeiter des Unternehmens und sonstige Besitzdiener i.S.d. § 855 BGB zu.46 Dagegen können bei sonstigen Gesamthandsgemeinschaften (z.B. Miterben) ihre Mitglieder Anlageninhaber sein. 2. Ziff. 2.1 S. 2 UmweltHM
20
Ausgenommen von dem Deckungsschutz nach Ziff. 2.1 UmweltHM sind solche WHG-Anlagen, die zugleich UmweltHG-Anlagen i.S.v. Anhang 1 oder 2 47 zum UmweltHG sind. Derartige Anlagen sind entweder dem Baustein gem. Ziff. 2.2 UmweltHM oder dem Baustein gem. Ziff. 2.5 UmweltHM zuzuordnen. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der WHG-Anlage um eine „Nebeneinrichtung“ i.S.v. § 3 Abs. 3 lit. b) UmweltHG handelt (s. Rn. 26 ff.).48
40 41
42 43 44 45
46 47
BGH 22.7.1999 NJW 1999 3633, 3634. Vgl. BGH 31.5.2007 NVwZ-RR 2007 754, 756; OLG Frankfurt/M. 4.12.1986 NJW-RR 1987 668; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 582; Sieder/Zeitler/Schwendner WHG § 89 Rn. 68. LG Hamburg 16.6.1966 MDR 1967 128. Vgl. BGH 17.10.1985 NJW 1986 2312, 2313. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 581. Staudinger/Köhler Neubearb. 2010 § 1 UmweltHG Rn. 87; Salje/Peter/Salje §§ 1, 3 Rn. 22. Staudinger/Köhler Neubearb. 2010 § 1 UmweltHG Rn. 87. Anhang 2 zu § 19 UmweltHG: 1. Anlagen, für die gemäß den §§ 1, 7 der Störfall-Verordnung eine Sicherheitsanalyse anzufertigen ist;
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48
2. Anlagen zur Rückgewinnung von einzelnen Bestandteilen aus festen Stoffen durch Verbrennen, soweit in ihnen Stoffe nach Anhang II der Störfall-Verordnung im bestimmungsgemäßen Betrieb vorhanden sein oder bei einer Störung des bestimmungsgemäßen Betriebs entstehen können, ausgenommen Anlagen zur Rückgewinnung von Edelmetallen in Gekrätze-Veraschungsöfen, soweit die Menge der Ausgangsstoffe weniger als 200 kg je Tag beträgt. 3. Anlagen zur Herstellung von Zusatzstoffen zu Lacken oder Druckfarben auf der Basis von Cellulosenitrat, dessen Stickstoffgehalt bis zu 12,6 vom Hundert beträgt. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 79.
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Beispiel 49: Eine WHG-Anlage zur Lagerung von Mineralölprodukten weist eine Kapazität von 10.000 t auf. Für eine solche Anlage besteht Versicherungsschutz nur dann, wenn der Baustein gem. Ziff. 2.2 UmweltHM vereinbart wurde. Für die betriebseigene Betankungsanlage, die eine viel geringere Kapazität hat, reicht die Vereinbarung des Bausteins gem. Ziff. 2.1 UmweltHM aus.
Ebenfalls nicht diesem Risikobaustein zuzuordnen sind Abwasseranlagen, Einwirkun- 21 gen auf Gewässer sowie Schäden durch Abwässer. Diese Risiken fallen unter den Risikobaustein gem. Ziff. 2.4 UmweltHM, soweit sie nicht Teil einer deckungsvorsorgepflichtigen Anlage i.S.v. Ziff. 2.5 UmweltHM (s. Rn. 49) sind.
II. UmweltHG-Anlagen (Ziff. 2.2 UmweltHM) 1. Überblick Ziff. 2.2 S. 1 UmweltHM erfasst die Haftpflichtrisiken aus dem Betrieb der in An- 22 hang 1 zum UmweltHG 50 genannten 96 Anlagetypen (UmweltHG-Anlagen). Es geht vor allem um die (verschuldensunabhängige) Haftung aus § 1 UmweltHG. Insoweit ist für die Auslegung dieses Bausteins auf die Begrifflichkeiten des UmweltHG zurückzugreifen, die eine Haftung des VN aufgrund dieser Vorschrift begründen. Deckung besteht jedoch gem. § 18 UmweltHG auch für die weitergehende Haftung z.B. nach den § 89 Abs. 2 WHG, § 823 BGB, § 2 HPflG und ggf. § 7 StVG.
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Vgl. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 28. Anhang 1 enthält eine abschließenden Liste von Anlagen, die unter Nr. 78 bis 89 auch Anlagen erfasst, die der Lagerung, dem Beund Entladen von Stoffen dienen: 78. Anlagen zum Lagern von brennbaren Gasen in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 3 Tonnen oder mehr 79. Anlagen zum Lagern von Mineralöl, flüssigen Mineralölerzeugnissen oder Methanol aus anderen Stoffen in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 10 000 Tonnen oder mehr 80. Anlagen zum Lagern von Acrylnitril in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 350 Tonnen oder mehr 81. Anlagen zum Lagern von Chlor in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 10 Tonnen oder mehr 82. Anlagen zum Lagern von Schwefeldioxid in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 20 Tonnen oder mehr 83. Anlagen zum Lagern von flüssigem Sauerstoff in Behältern mit einem Fassungs-
vermögen von 200 Tonnen oder mehr 84. Anlagen zum Lagern von 25 Tonnen oder mehr Ammoniumnitrat oder ammoniumnitrathaltiger Zubereitungen der Gruppe A nach Anhang IV Nr. 2 der Gefahrstoffverordnung vom 26. August 1986 (BGBl. I S. 1470) 85. Anlagen zum Lagern von 5 Tonnen Alkalichlorat oder mehr 86. Anlagen zum Lagern von 5 Tonnen oder mehr Pflanzenschutz- oder Schädlingsbekämpfungsmitteln oder ihrer Wirkstoffe 87. Anlagen zum Lagern von Schwefeltrioxid in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 100 Tonnen und mehr 88. Anlagen zum Lagern von 100 Tonnen oder mehr ammoniumnitrathaltiger Zubereitungen der Gruppe B nach Anhang IV Nr. 2 der Gefahrstoffverordnung vom 26. August 1986 (BGBl. I S. 1470) 89. Anlagen zum Lagern von insgesamt 20 Tonnen oder mehr von im Anhang II der Störfall-Verordnung bezeichneten Stoffen, auch als Bestandteile von Zubereitungen, soweit es sich nicht um Stoffe der Nummern … handelt.
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2. Begriff der UmweltHG-Anlage
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Was unter einer UmweltHG-Anlage zu verstehen ist, folgt aus § 3 Abs. 2 UmweltHG. Danach sind Anlagen „ortsfeste Einrichtungen wie Betriebsstätten und Lager“. Ortsfest sind Einrichtungen, wenn sie für eine gewisse Mindestdauer an demselben Ort betrieben werden und mit dem Erdboden verbunden sind.51 Nicht erforderlich ist, dass die Anlage i.S.d. §§ 93 bis 95 BGB zu einem wesentlichen Bestandteil des Grundstücks geworden ist.52 Als Anlage i.S.d. UmweltHG gelten gem. Ziff. 3 des Anhangs 1 zum UmweltHG auch mehrere Anlagen eines Betreibers, die die maßgebenden Leistungsgrenzen, Anlagengrößen oder Stoffmengen jeweils allein nicht erreichen, sofern sie in einen engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen und zusammen die maßgebenden Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen oder Stoffmengen erreichen. Bloße Aktivitäten begründen keine Einrichtung. Erforderlich ist eine Zusammenfas24 sung an sächlichen und persönlichen Mitteln.53 Zu den als Beispiel für solche Einrichtungen genannten Betriebsstätten und Lager zählen das Grundstück und die darauf errichteten Gebäude, in denen die Produktion erfolgt oder Stoffe gelagert werden.54 Auch Einrichtungen technischer Art (z.B. Feuerungsanlage oder Maschinenaggregate innerhalb einer Betriebsstätte) zählen hierzu.55 3. Ortsveränderliche technische Einrichtungen und Nebeneinrichtungen
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Nach § 3 Abs. 3 UmweltHG gehören zu den Anlagen auch „a) Maschinen, Geräte, Fahrzeuge und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen und b) Nebeneinrichtungen, die mit der Anlage oder einem Anlagenteil in einem räumlichen oder betriebstechnischen Zusammenhang stehen und für das Entstehen von Umwelteinwirkungen von Bedeutung sein können.“
Maschinen sind Vorrichtungen zur fortlaufenden Herstellung, Bearbeitung oder Verarbeitung von Sachen.56 Unter den Begriff der Geräte fallen z.B. Kräne, Motorsägen, Werkzeuge, Presslufthämmer, Klischees, Gussform.57 Fahrzeuge sind z.B. Radlader, Bagger, Planierraupen, Traktoren und Walzen, ferner Waggons und Anhänger.58 Zu den sonstigen ortsveränderlichen technischen Einrichtungen zählen z.B. mobile Bewässerungsanlagen (Beregnung von Halden zur Verhinderung von Staubemissionen) sowie mobile Material- und Werkzeugschuppen.59 Der Begriff „Nebeneinrichtung“ wird im UmweltHG nicht definiert. Der Gesetzgeber 26 hat jedoch in der Begründung ausgeführt, dass der Kreis der Anlagen, die der Gefährdungshaftung nach § 1 UmweltHG unterworfen sind, sich am Anhang zur 4. BImSchV orientiert. Man wird deshalb für die Interpretation auf den Wortlaut des § 1 der
51 52 53
54
Vgl. Landmann/Rohmer/Rehbinder § 3 UmweltHG Rn. 17 (mind. 6 Monate). Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 591. Landmann/Rohmer/Rehbinder § 3 UmweltHG Rn. 16; Landsberg/Lülling § 3 UmweltHG Rn. 12. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 31; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 593.
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55
56 57 58 59
Landmann/Rohmer/Rehbinder § 3 UmweltHG Rn. 18; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 593. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 595 m. zahlreichen Beispielen. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 596 m. zahlreichen weiteren Beispielen. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 597 m. zahlreichen weiteren Beispielen. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 598.
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4. BImSchV – genehmigungsbedürftige Anlagen – zurückgreifen können.60 Gem. § 1 Abs. 2 Ziff. 2 der 4. BImSchV sind solche Nebeneinrichtungen genehmigungsbedürftig „die mit den Anlagenteilen und Verfahrensschritten nach Nummer 1 in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen und die für a) das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen, b) die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen oder c) das Entstehen sonstiger Gefahren, erheblicher Nachteile oder erheblicher Belästigungen von Bedeutung sein können“.
Nach dem Entwurf des Länderausschusses für Immissionsschutz von Verwaltungsvor- 27 schriften zur 4. BImSchV zählen zu Nebeneinrichtungen „solche Gebäude, Maschinen, Aggregate u.a., die dem Zweck der im Anhang genannten Anlage zu dienen bestimmt sind, ohne zur Zweckeinrichtung erforderlich zu sein; Nebeneinrichtungen müssen eine dienende Funktion haben. In diesem Sinne können Rohstoffe-, Produkt- und AbfallLager, Gebäude zum Witterungsschutz, Aufbereitungseinrichtungen u.a. Nebeneinrichtungen sein. In jedem Fall wird jedoch ein räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gefordert“.61
Ein räumlicher oder betriebstechnischer/-licher Zusammenhang ist somit nicht nur 28 Voraussetzung für die Zusammenfassung mehrerer kleinerer Anlagen unter dem Risikobaustein gem. Ziff. 2.2 UmweltHM (Rn. 20), sondern auch für die Zuordnung von ortsveränderlichen technischen Einrichtungen und Nebeneinrichtungen unter diesem Risikobaustein. Es reicht nicht aus, dass die Einrichtungen dem Anlagenzweck lediglich dienen. Vielmehr müssen sie zum Betrieb der Anlage gemäß Anhang 1 zum UmweltHG notwendig und für das Entstehen von Umwelteinwirkungen von Bedeutung sein.62 Zu den Anlagen gem. Anhang 1 zählen auch noch nicht fertiggestellte (§ 2 Abs. 1 29 UmweltHG) oder nicht mehr betriebene (§ 2 Abs. 2 UmweltHG) Anlagen, wenn die Umwelteinwirkung auf Umständen beruht, die die Gefährlichkeit der Anlage nach ihrer Fertigstellung begründen oder vor der Einstellung des Betriebs begründet haben. Bei Vereinbarung des Bausteins Ziff. 2.2 UmweltHM ist somit auch das Risiko noch nicht fertiggestellter oder nicht mehr betriebener Anlagen versichert. 4. Inhaberschaft des VN Der Inhaberbegriff wird weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung definiert. 30 Es existiert auch keine Rechtsprechung zum Inhaberbegriff des UmweltHG. Die Literatur greift deshalb auf die Definition der Rechtsprechung u.a. zu § 89 Abs. 2 WHG/§ 22 Abs. 2 WHG a.F. zurück.63 Hier wie dort ist somit der Gebrauch auf eigene Rechnung und die Innehabung der tatsächlichen Verfügungsgewalt maßgeblich für die Bestimmung des Inhabers (Rn. 16 ff.). 5. Ziff. 2.2 S. 2 UmweltHM Ausgenommen sind die in Ziff. 2.2 S. 2 UmweltHM aufgeführten Anlagen und Tätig- 31 keiten, die dem Risikobaustein gem. Ziff. 2.4 UmweltHM (Abwasseranlagen- und Ein-
60 61
62
BTDrucks. 11/7104 S. 15. Entwurf des Länderausschusses für Immissionsschutz von Verwaltungsvorschriften zur 4. BImSchV NVwZ 1991 853. Vgl. GDV-Erläuterungen 10 f.
63
Landmann/Rohmer/Rehbinder § 1 UmweltHG Rn. 48 f.; Staudinger/Köhler Neubearb. 2010 § 1 UmweltHG Rn. 83; Ossenbühl Umweltgefährdungshaftung im Konzern (1999) 35 f.
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wirkungsrisiko) zugewiesen sind. Stellt die Anlage i.S.v. Anhang 1 zum UmweltHG zugleich auch eine solche nach dem Anhang 2 dar, unterfällt sie dem Risikobaustein gem. Ziff. 2.5 UmweltHM.
III. Sonstige deklarierungspflichtige Anlagen (Ziff. 2.3 UmweltHM) 1. Überblick
32
Der Risikobaustein gem. Ziff. 2.3 UmweltHM bezieht sich auf Anlagen des VN, die weder der Lagerung, Beförderung usw. gewässerschädlicher Stoffe dienen (Ziff. 2.1 UmweltHM), noch in den Anhängen zu § 1 (Ziff. 2.1 UmweltHM) und § 19 UmweltHG (Ziff. 2.5 UmweltHM) aufgeführt sind, von denen aber gleichwohl umweltschädliche Emissionen ausgehen können und deren Betrieb deshalb aufgrund dem Umweltschutz dienender Bestimmungen einer Genehmigungs- oder Anzeigepflicht unterliegen.64 Ausgenommen sind – wiederum – Abwasseranlagen, Einwirkungen auf Gewässer und Schäden durch Abwässer, die Gegenstand des Risikobausteins gem. Ziff. 2.4 UmweltHM sind. Es handelt sich bei Ziff. 2.3 UmweltHG somit um einen Auffangtatbestand, der vor allem dann eingreift, wenn die Anlage entweder nicht in den Anhang 1 zum UmweltHG aufgenommen wurde oder die Schwellenwerte nicht erreicht, um als UmweltHG-Anlage zu gelten.65 Die Deckung umfasst die Haftung z.B. nach § 823 BGB, § 14 S. 2 BImschG, § 2 HPflG und § 906 Abs. 2 S. 2 BGB. 2. Dem Umweltschutz diene0,nde Bestimmungen
33
Als dem Umweltschutz dienende Bestimmungen kommen sowohl bundesrechtliche Vorschriften als auch Ländergesetze in Betracht. Ob eine Norm dem Umweltschutz dient, ist im Wege der Auslegung festzustellen. Eine Zusammenfassung umweltschützender Normen findet sich bei Vogel.66 Zu den in der Praxis bedeutsamsten Normen zählt die 4. BImSchV, die u.a. auf Grund von § 4 Abs. 1 S. 3, § 7 Abs. 1 und 4 sowie § 19 Abs. 1 BImSchG erlassen worden ist. Dass es sich hierbei um eine „dem Umweltschutz dienende Bestimmung“ handelt, geht aus § 1 Abs. 1 BImschG hervor: „Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen“.
Als weiteres Beispiel sei das Kreislaufwirtschaftsgesetz genannt, dessen Zweck es gem. § 1 KrWG ist, „die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern und den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicherzustellen“.
Beim WHG handelt es sich ebenfalls um eine umweltrelevante Vorschrift, da es dem Schutz der Gewässer dient „als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut“ (vgl. § 1 WHG).
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Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 31. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Witten-
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berg/Brall 83; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 70. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 608 ff.
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Weder die Gewerbeordnung noch öffentlich-rechtliche Bauvorschriften sind hingegen 34 als dem Umweltschutz dienende Bestimmungen i.S.v. Ziff. 2.3 UmweltHM zu qualifizieren.67 Anlagen, die vor Inkrafttreten des BImSchG nach den Vorschriften der Gewerbeordnung genehmigt wurden, werden jedoch von diesem Risikobaustein erfasst (vgl. § 67 Abs. 1 BImSchG).68 Anlagen, die mit Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen und deren Errichtung, Inbetriebnahme und Änderung deshalb nach § 34 Abs. 1 Ziff. 1 ProdSG (und dazu ergangener Rechtsverordnungen) anzeigepflichtig ist, fallen ebenfalls in den Anwendungsbereich von Ziff. 2.3 UmweltHM.69 3. Begriff der Anlage Unter welchen Voraussetzungen eine Anlage i.S.v. Ziff. 2.3 UmweltHM vorliegt, 35 beurteilt sich nach den Vorschriften, die die Genehmigungs- oder Anzeigepflicht statuieren.70 Für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen richtet sich der Begriff der Anlage somit nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 5 BImSchG. Danach sind Anlagen Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen (Ziff. 1), Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie teilweise auch Fahrzeuge (Ziff. 2) sowie bestimmte Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können (Ziff. 3). Die nach dem ProdSG überwachungsbedürftigen Anlagen sind in § 2 Ziff. 30 ProdSG aufgeführt (z.B. Dampfkesselanlagen, Druckbehälteranlagen, Anlagen zur Abfüllung von verdichteten, verflüssigten oder unter Druck gelösten Gasen).
IV. Abwasseranlagen- und Einwirkungsrisiko (Ziff. 2.4 UmweltHM) 1. Überblick Der Risikobaustein gem. Ziff. 2.4 UmweltHM erfasst – auch für den Kreis der von 36 Ziff. 2.1 bis Ziff. 2.3 UmweltHM genannten Anlagen – das Abwasseranlagen- und Einwirkungsrisiko. Versichert sind Haftpflichtrisiken aus dem Betrieb von Abwasseranlagen, dem Einbringen oder Einleiten von Stoffen in ein Gewässer oder dem Einwirken auf ein Gewässer derart, dass die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers verändert wird. Der Versicherungsschutz umfasst vor allem die gesetzliche Haftpflicht des VN aus § 89 Abs. 1 WHG (§ 22 Abs. 1 WHG a.F.). Daneben besteht auch Deckung z.B. für die Haftung aus § 823 BGB.71 Der Ausschluss von Schäden durch Abwässer gem. Ziff. 7.14 (1) AHB ist ausdrücklich abbedungen. 2. Abwasseranlagenrisiken Zum Abwasserbegriff s. Kommentierung Ziff. 7.14 (1) AHB (Ziff. 7 AHB Rn. 355 ff.). 37 Eine Definition des Abwasseranlagenbegriffs findet sich im WHG nicht. § 60 Abs. 1 WHG stellt lediglich anlagenbezogene Anforderungen an die Errichtung, den Betrieb und die Unterhaltung von Abwasseranlagen auf. Nach allgemeiner Ansicht der Literatur
67 68 69
Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 648 f. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 644. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 645 f. zu dem mittlerweile außer Kraft getretenen GSG und GSPG.
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Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 71. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 33.
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zum WHG zählen als Abwasseranlagen alle Einrichtungen, die dazu dienen, die Schadwirkungen des Abwassers durch eine Behandlung mit physikalischen, chemischen oder biologischen Verfahren zu vermindern oder zu beseitigen.72 Umfasst werden insbesondere die in § 54 Abs. 2 S. 1 und 2 WHG genannten Phasen der Abwasserbeseitigung wie „das Sammeln, Fortleiten, Behandeln, Einleiten, Versickern, Verregnen und Verrieseln von Abwasser sowie das Entwässern von Klärschlamm im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung“.73
38
Darüber hinaus fallen unter den Begriff der Abwasseranlage auch Abwasserbehandlungsanlagen i.S.v. § 60 Abs. 3 WHG, da die Abwasserbeseitigung eine vorherige Abwasserbehandlung erfordert. Dieses Verständnis von einer Abwasseranlage dürfte der Verkehrsanschauung entsprechen und gibt deshalb das Maß für die Auslegung von Ziff. 2.4 UmweltHM.74 Zu Abwasseranlagen zählen etwa Grundstücksentwässerungsanlagen, Sammel- und Ablaufkanäle sowie Regenüberlauf-, Regenrückhalte- und Regenklärbecken.75 Hinsichtlich der Inhaberschaft von Abwasseranlagen kann auf die Ausführungen zu 39 Ziff. 2.1 UmweltHM verwiesen werden (Rn. 16 ff.). Hier wie dort umfasst der Versicherungsschutz nicht nur die gesetzliche Haftpflicht aus § 89 Abs. 1 WHG, sondern auch die Inanspruchnahme des VN aus anderen Anspruchsnormen (Rn. 12). Wird im Rahmen der Abwasserreinigung oder Abwasserableitung gegen die öffent40 lich-rechliche Benutzungsbefugnis mit den darin angeordneten Bedingungen oder Auflagen verstoßen oder durchlaufen die Abwässer nicht dementsprechend vorhandene Reinigungs-, Entgiftungs- oder Aufbereitungsanlagen, sind die Ausschlüsse in Ziff. 6.9 und 6.10 UmweltHM (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 25 f.) zu beachten. 3. Einwirkungsrisiken
41
Hinsichtlich der Deckung von Einwirkungsrisiken orientiert sich die Formulierung in Ziff. 2.4 UmweltHM erkennbar an § 89 Abs. 1 WHG. Dies gibt Anlass, sich zur Auslegung des Gewässerbegriffs und der Tatbestände Einbringen, Einleiten und Einwirken am WHG zu orientieren.76
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a) Gewässer. Weder § 2 Abs. 1 WHG noch § 3 WHG definieren, was unter einem „Gewässer“ zu verstehen ist. § 2 Abs. 1 WHG nimmt lediglich eine Aufgliederung vor, wonach oberirdische Gewässer, Küstengewässer und das Grundwasser dazugehören, während § 3 WHG definiert, wann ein Gewässer als oberirdisch, Grundwasser oder
72
73 74
75
BeckOK/Schulz § 60 WHG Rn. 26; Breuer Öffentliches und privates Wasserrecht 3. Aufl. (2004) Rn. 528. BeckOK/Schulz § 60 WHG Rn. 1. Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 73; Vogel/Stockmeier/ Vogel 2. Teil C Rn. 692. BeckOK/Schulz § 60 WHG Rn. 1; Czychowski/Reinhardt WHG § 18b Rn. 3; vgl. auch die Beispiele bei Vogel/Stockmeier/ Vogel 2. Teil C Rn. 693: „Ölabscheider,
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76
Benzinabscheider, Koaleszenzabscheider, Fettabscheider, Stärkeabscheider, Emulsionsspaltanlagen, Schlammfang, Pufferbecken, Neutralisation, Fällung, Flockung, Entgiftung, Ultrafiltration, Ionenaustauscher, Adsorption, Strippung, biologische Behandlungsanlagen“. Enger: Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 2 Rn. 12: „werden wie bei § 22 WHG verstanden“.
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Küstengewässer anzusehen ist. Somit bleibt offen, was unter einem „Gewässer“ zu verstehen ist. Guckelberger versteht darunter „alle Teile der Erdoberfläche, welche infolge ihrer natürlichen Beschaffenheit oder künstlicher Vorrichtungen nicht nur vorübergehend mit Wasser bedeckt sind, einschließlich der Teile des Erdinnern, die Wasser enthalten“.77
Nach der Rechtsprechung sind Gewässer im Übrigen dadurch gekennzeichnet, dass 43 sie in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden sind. Die Einbindung setzt „die Teilhabe an der Gewässerfunktion voraus; sie ist gegeben, wenn natürliche Prozesse wie Verdunstung, Versickerung, Auffangen von Regenwasser und Auffangen von aufsteigendem Grundwasser stattfinden“.78
Darüber hinaus müssen Gewässer eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen, weil nur dann eine Steuerung des Wassers nach Menge und Güte mit dem im WHG vorgesehenen wasserwirtschaftlichen Instrumentarium möglich ist. Gelegentliche Ansammlungen von Wasser werden vom Begriff des Gewässers nicht erfasst.79 b) Einbringen, Einleiten, Einwirken. Einbringen, Einleiten, Einwirken stellen zielge- 44 richtete Handlungen dar.80 Einbringen, Einleiten und Einwirken können aber auch durch Unterlassung verwirklicht werden.81 Nach dem Wortlaut von Ziff. 2.4 UmweltHM müssen diese Handlungen durch den VN erfolgen („durch den VN“). Fehlt es an einem zweckgerichteten Verhalten besteht Deckung gem. Ziff. 2 Abs. 2 oder Abs. 3 UmweltHM (vgl. Rn. 75 ff.). aa) Einbringen. Einbringen bezieht sich auf feste Stoffe und umfasst z.B. das Zufüh- 45 ren von Erdaushub, Unrat, Abfällen oder Steinen in ein Gewässer.82 bb) Einleiten. Einleiten ist das Zuführen flüssiger Stoffe in ein Gewässer.83 Zum Ein- 46 leiten gehört auch das Versickern und Verrieseln von Stoffen.84 Erfasst werden auch solche Fälle, in denen die festen oder flüssigen Stoffe nicht direkt in ein Gewässer fließen, sondern zunächst in die kommunale Kanalisation geleitet werden (sog. Indirekteinleitung), wenn die Einleitung in die Kanalisation gegebene Zielrichtung auf das Gewässer so sehr durchschlägt, dass die Wertung gerechtfertigt ist, der Kanalisationsbenutzer leite Stoffe über die Kanalisation als bloßen Transportweg in das Gewässer ein.85 Nicht unter die Deckung gem. Ziff. 2.4 UmweltHM fallen Schäden an der Kanalisa- 47 tionsanlage durch aggressive Abwässer.86 Für diese Schäden besteht nur Deckung nach 77 78 79
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BeckOK/Guckelberger § 2 WHG Rn. 2; vgl. Czychowski/Reinhardt WHG § 2 Rn. 6. BVerwG 15.6.2005 NVwZ-RR 2005 738, 740. Vgl. BVerwG 27.1.2011 BeckRS 2011 48122 Rn. 17; BVerwG 15.6.2005 NVwZ-RR 2005 738, 740; BVerwG 16.7.2003 NVwZ-RR 2003 829, 830. BGH 20.1.1994 NJW 1994 1006; BVerwG 16.11.1973 NJW 1974 815, 816; vgl. auch Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 703. Vgl. BGH 20.1.1994 NJW 1994 1006; BVerwG 16.11.1973 NJW 1974 815, 816; Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 85. Beckmann/Matusche-Beckmann/Matusche-
83
84
85 86
Beckmann § 27 Rn. 76; Vogel/Stockmeier/ Vogel 2. Teil C Rn. 703; Brall/BreitkopfKnickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 85. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 33. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 85; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 76; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 702. BGH 8.1.1981 VersR 1981 652 f. = NJW 1981 2416. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 33; MAH/Fränzer § 16 Rn. 35.
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Maßgabe der Betriebshaftpflichtversicherung. Insoweit kommt es darauf an, ob dort der Ausschluss nach Ziff. 7.14 (1) AHB abbedungen ist.
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cc) Einwirken. Einwirken betrifft Handlungen, die nicht Einbringen oder Einleiten sind. Erfasst werden insbesondere: Wasserentnahme oder Aufstauen eines Gewässers oberhalb einer Abwasserleitung oder einer Wasserentnahme; Nitratauswaschungen durch übermäßiges oder unsachgemäßes Düngen, plötzliches Öffnen eines Wehrs, vor dem sich Schmutzstoffe angesammelt haben, die im normalen Verlauf beseitigt worden wären87; Erwärmung des Wassers durch die von einem Hochofen ausstrahlende Hitze; Verhindern des Wasserabflusses, wenn dadurch die unterhalb eingeleiteten Abwässer ungenügend verdünnt werden; Einbringen von (unerkannt kontaminiertem) Baumaterial in einen Fluss zum Zweck der Uferbefestigung.88
V. UmweltHG-Anlagen/Pflichtversicherung (Ziff. 2.5 UmweltHM) 49
Ziff. 2.5 UmweltHM betrifft Haftpflichtrisiken aus dem Betrieb von Anlagen des VN gem. Anhang 2 zum UmweltHG (UmweltHG-Anlagen/Pflichtversicherung), für die § 19 UmweltHG eine Deckungsvorsorgepflicht vorsieht.89 Anders als bei Ziff. 2.2 UmweltHM werden Abwasseranlagen, Einwirkungen auf Gewässer sowie Schäden durch Abwasser von diesem Risikobaustein mit erfasst. Grund hierfür ist, dass Abwasseranlagen Teil einer deckungsvorsorgepflichtigen Anlage sein können und in diesem Fall der Deckungsvorsorgepflicht unterliegen.90 Die Verpflichtung zur Deckungsvorsorge wird jedoch erst mit Erlass der Rechtsverordnung nach § 20 UmweltHG wirksam.91 Bisher ist eine DeckungsvorsorgeVO noch nicht erlassen worden.92
VI. Anlagenspezifisches Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko (Ziff. 2.6 UmweltHM) 1. Sinn und Zweck
50
Dieser Baustein betrifft das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko, welches gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 3 AHB vom Versicherungsschutz in der Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung grundsätzlich ausgenommen ist, jedoch zusammen mit dem allgemeinen Umwelt-Betriebsrisiko nach Maßgabe der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung versichert werden kann (Ziff. 1 UmweltHM Rn. 23 ff.). 51 Ziff. 2.6 S. 1 UmweltHM bietet dem VN Versicherungsschutz, wenn er für Schäden durch Umwelteinwirkungen wegen seiner Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung und Wartung von Anlagen gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM
87 88 89 90
Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 86. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 704. Zu Einzelheiten s. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 713 ff. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 86; Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 2 Rn. 13.
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Landmann/Rohmer/Hager § 20 UmweltHG Rn. 1; Staudinger/Kohler § 20 UmweltHG Rn. 5 f.; Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 2 Rn. 13 ; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 707; a.A. Feldmann PHi 1994 162. Landmann/Rohmer/Hager § 20 UmweltHG Rn. 1.
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Versicherte Risiken
UmweltHM 2009 Ziff. 2
oder Teilen, die ersichtlich für derartige Anlagen bestimmt sind, vom Inhaber der Anlage oder von einem Dritten (z. B. Nachbar) auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Darüber hinaus ist der Regress des Inhabers der Anlage gegen den VN versichert, wenn der Dritte ihn wegen des ihm aus der mangelhaften Leistung unmittelbar entstandenen Schadens erfolgreich in Anspruch nimmt. Als Anspruchsgrundlagen kommen u.a. §§ 437 Nr. 3 i.V.m. 280 BGB, § 1 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG, § 5 ProdHaftG, § 823 Abs. 1 BGB, §§ 840 Abs. 1 i.V.m. 426 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht. Der Ausschluss von Schäden durch Abwässer gem. Ziff. 7.14 (1) AHB findet nach Ziff. 2.6 S. 2 UmweltHM keine Anwendung. Ziff. 2.6 S. 3 UmweltHM stellt klar, dass die Aufwendungen vor Eintritt des Versiche- 52 rungsfalles im Rahmen und Umfang der Ziff. 5 UmweltHM stets vom VR ersetzt werden, ohne dass es darauf ankommt, ob der Anlageninhaber oder der VN die Rettungsmaßnahmen durchgeführt hat. 2. Abgrenzung zu Ziff. 2.7 UmweltHM Seinem Wortlaut nach („Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, 53 Instandhaltung und Wartung von Anlagen gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 oder Anlageteilen“) erfasst Ziff. 2.6 UmweltHM nicht nur das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten (vgl. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB), sondern auch das allgemeine Umwelt-Betriebsrisiko bis zum Abschluss oder der Ausführung der Arbeiten. Dieser Befund gibt Anlass zu der Frage, ob Ziff. 2.6 S.1 UmweltHM nicht nur den 54 Ausschluss des anlagenspezifischen Umwelt-Produkthaftpflichtrisikos gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 3 AHB, sondern auch den des Umwelt-Betriebsrisikos nach Ziff. 7.10 lit. b) S. 1 AHB abbedingt. Die Frage ist von nicht unerheblicher Bedeutung, da im Falle der Versicherung des Umwelt-Betriebsrisikos nach Ziff. 2.6 S.1 UmweltHM keine Deckung dieses Risikos nach Maßgabe von Ziff. 2.7 UmweltHM (Allgemeines Umwelt-Betriebsrisiko) in Betracht käme. Es bedürfte vielmehr stets der Vereinbarung des Bausteins gem. Ziff. 2.6 UmweltHM. Die Frage ist indes zu verneinen. Ziff. 2.6 S. 1 UmweltHM bezieht sich seinem Wort- 55 laut nach erkennbar auf Ziff. 7.10 lit. b) S. 3 AHB, der wiederum nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB zu lesen ist. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB schließt zunächst Haftpflichtansprüche für Schäden, die durch vom VN hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, durch Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen, wieder ein. Diese Formulierung bezieht sich auf das nicht-anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko. Von diesem Wiedereinschluss nimmt Ziff. 7.10 lit. b) S. 3 AHB Schäden durch Umwelteinwirkung heraus, die aus der Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von umweltrelevanter Anlagen resultieren. Ziff. 7.10 lit. b) S. 3 AHB knüpft also erkennbar an Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB an und bezieht sich somit nur auf das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko. 3. Anlagen gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM oder Teile, die ersichtlich für solche Anlagen bestimmt sind Zum Begriff der Anlagen gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM kann auf die Kommentie- 56 rung der vorbezeichneten Risikobausteine verwiesen werden. Zu dem Erfordernis der Ersichtlichkeit s. Ziff. 7 AHB Rn. 294, Ziff. 4 ProdHM Rn. 127. Zum Begriff des Anlagenteils s. die Kommentierung zu Ziff. 7 AHB Rn. 328.
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Umwelthaftpflicht
4. Personenverschiedenheit von VN und Anlageninhaber
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Nach Ziff. 2.6 UmweltHM darf der VN nicht selbst Inhaber der Anlagen sein. Da als Inhaber i.S.v. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM auch derjenige anzusehen ist, der die Verfügungsgewalt über die Anlage besitzt, besteht bis zur Übergabe der Anlage kein Versicherungsschutz in solchen Fällen, in denen der VN eine Anlage für einen Dritten eigenverantwortlich errichtet und sich das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko gerade in diesem Zeitraum verwirklicht (z.B. beim Probebetrieb).93 Hier bleibt für den VN nur der Weg, die Deckung nach diesem Baustein auf diesen Zeitraum auszudehnen94 oder die Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM zu vereinbaren.95 Installateure der Anlage, Reparatur- und Wartungsunternehmen dürften allerdings 58 unabhängig davon, ob sie ihre Tätigkeit vor oder nach der Übergabe der Anlage an den Auftraggeber ausüben, nur in Ausnahmefällen als Inhaber der Anlage anzusehen sein, weil – wie zuvor bemerkt – die Einräumung der tatsächlichen Verfügungsgewalt zur Voraussetzung hat, dass der Besitz für eine gewisse zeitliche Dauer überlassen wird (Rn. 17). Im Übrigen wird oftmals Anlagenmitinhaberschaft vorliegen, da der Eigentümer/Auftraggeber seine Verfügungsgewalt nicht vollständig aufgegeben hat.96 5. Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles
59
Gem. Ziff. 2.6 S. 3 UmweltHM werden Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles unter den in Ziff. 5 UmweltHM genannten Voraussetzungen durch den VR ersetzt, sofern Regressansprüche des Inhabers der Anlage gegen den VN bestehen können. Abweichend von Ziff. 5.1 UmweltHM besteht somit nicht nur Deckung für den Fall, dass der VN selbst die Rettungsmaßnahmen durchführt, sondern auch für den Fall, dass der VN vom Anlagenbetreiber wegen solcher Aufwendungen in Regress genommen wird.97
VII. Allgemeines Umwelt-Betriebsrisiko (Ziff. 2.7 UmweltHM) 1. Sinn und Zweck
60
Schließlich bietet Ziff. 2.7 UmweltHM Schutz gegen Schadensersatzansprüche aus Umwelteinwirkungen, soweit diese nicht von Anlagen oder Tätigkeiten ausgehen oder ausgegangen sind, die unter den Anwendungsbereich der Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.6 UmweltHM fallen, und zwar unabhängig davon, ob diese Risikobausteine vereinbart worden sind oder nicht. Diesem Risikobaustein kommt somit keine Auffangfunktion für deklarierungspflichtige, aber „versehentlich“ nicht versicherte Risiken zu.98 Sind beim
93
94
95 96
A.A. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 36, der den Begriff des Inhabers offenbar auf den Besteller/ Eigentümer der Anlage beschränken will. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 2 Rn. 13; Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/ Wittenberg/Brall 90. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 749. Vgl. BGH 3.12.1991 RuS 1992 185 f. (zur Kfz-Haltereigenschaft).
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Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 91; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 750. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 755; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 37; Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 2 Rn. 17 ; Poschen VersR 1993 653, 655; vgl. auch OLG Köln 20.8.2002 RuS 2003 60, 63 = VersR 2003 762.
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Versicherte Risiken
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VN keine Risiken vorhanden, die unter den Anwendungsbereich der Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM fallen, kann die Deckung des sonstigen Umwelt-Betriebsrisikos – wie bereits erwähnt – im Rahmen der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung als Annex zur Betriebshaftpflichtversicherung erfolgen (Ziff. 1 UmweltHM Rn. 23 ff.). 2. Versichertes Risiko Im Rahmen der Versicherung des sonstigen Umwelt-Betriebsrisikos kommt der Be- 61 schreibung des versicherten Risikos besondere Bedeutung zu. Die Umwelteinwirkungen müssen im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des VN stehen (siehe hierzu sogleich die Ausführungen zu Ziff. 3 UmweltHM – Vorsorgeversicherung/Erhöhungen und Erweiterungen –). Deshalb empfiehlt der Musterbedingungsgeber, die Betriebsbeschreibung der Betriebshaftpflichtversicherung im Versicherungsschein der Umwelthaftpflichtversicherung zu dokumentieren.99 3. Anwendungsbereich a) Anlagenrisiken. Zu den nicht deklarierungspflichtigen Anlagen gehören alle An- 62 lagen mit Umweltrelevanz, die keiner Genehmigungs- oder Anzeigepflicht nach dem Umweltschutz dienender Bestimmungen unterliegen. Bei den von Ziff. 2.7 UmweltHM erfassten Anlagen handelt es sich insbesondere um solche Anlagen, die nach der 4. BImSchV erst ab einer bestimmten Leistungsgröße, einer bestimmten Lagerkapazität oder Betriebsdauer der Genehmigungspflicht unterliegen. Beispiele100: 1. Anlagen zum Lagern von brennbaren Gasen in Behältern mit einem Fassungsvermögen von weniger als 3 Tonnen. 2. Feuerungsanlagen für den Einsatz von Heizöl EL mit einer Feuerungswärmeleistung von weniger als 50 Megawatt.
b) Produkt-/Dienstleistungsrisiken. Ferner werden die nicht anlagenspezifischen Um- 63 welt-Produkthaftpflichtsrisiken erfasst, sofern der Schaden vor Ausführung der Leistung oder vor Abschluss der Arbeiten entsteht (andernfalls wäre der Umweltschaden über die Betriebs-/Produkthaftpflichtversicherung abgedeckt) (Ziff. 7 AHB Rn. 325).101 Anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtsrisiken, die sich aus der Herstellung usw. von Teilen für umweltrelevante Anlagen ergeben, fallen unter Ziff. 2.7 UmweltHM, sofern dieser Verwendungszweck für den VN nicht ersichtlich war (andernfalls müsste der Baustein Ziff. 2.6 UmweltHM (mit-)vereinbart werden).102 c) Betriebsstättenrisiko. Schließlich erfasst Ziff. 2.7 UmweltHM Schäden durch Um- 64 welteinwirkungen, die im Rahmen aller sonstigen betrieblichen Tätigkeiten verursacht worden sind.
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GDV-Erläuterungen 13. GDV-Erläuterungen 13; vgl. auch Vgl. Beispiele bei Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 756. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 757; Beckmann/ Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 101.
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Nach Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 757 und Beckmann/ Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 101 soll darüber hinaus erforderlich sein, dass der Schaden vor Ausführung der Leistung oder vor Abschluss der Arbeiten entsteht.
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Beispiele103: 1. Ein Arbeitnehmer des VN überquert in Ausführung einer dienstlichen Verrichtung unachtsam die Straße. Ein Tankfahrzeug, das hochexplosive Stoffe geladen hat, muss ausweichen und prallt dadurch gegen ein Gebäude. Dies führt zu einer Explosion des Tankfahrzeugs, was Personen- und Sachschäden zur Folge hat. 2. Fehlerhaft gelagerte Dämmstoffe in einem Gebäude verursachen infolge eines Brandes Verrußungsschäden in der Nachbarschaft. 3. Ein auf dem Betriebsgrundstück des VN betriebener Kran stürzt um und beschädigt dadurch auf dem Nachbargrundstück einen Öltank. Dies führt zu einer Gewässerkontamination. 4. Infolge eines Bedienungsfehlers stürzt ein Baukran um und zerschlägt einen auf dem Nachbargrundstück befindlichen Gastank; die dadurch freigesetzten Gase führen zu Personenschäden. 5. Der VN verursacht einen Brand in seinem Einzelhandelsgeschäft. Es kommt in der Nachbarschaft zu Schäden durch Ruß. Brandbedingt gelöste Kunststoffbeschichtungen verursachen zusammen mit dem sich entwickelnden Rauch Gesundheitsstörungen bei Menschen in der Umgebung (Schleimhautreizungen usw.).
D. Verwendungsrisiko (Ziff. 2 Abs. 2 UmweltHM) I. Sinn und Zweck 65
Ziff. 2 Abs. 2 UmweltHM erweitert den Versicherungsschutz um das Verwendungsrisiko. Danach besteht Deckung auch dann, wenn gelagerte Stoffe bei ihrer Verwendung im räumlichen und gegenständlichen Zusammenhang mit versicherten Anlagen gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 und 2.7 UmweltHM in Boden, Luft oder Wasser (einschließlich Gewässer) gelangen, ohne in diese eingebracht oder eingeleitet zu sein. Durch das Erfordernis des Zusammenhangs mit versicherten Anlagen stellt Ziff. 2 Abs. 2 UmweltHM die Einhaltung des Prinzips der Einzeldeklaration sicher. Zählt die Verwendung eines gelagerten Stoffes noch zum Anlagenrisiko einer Lageranlage, und ist diese im konkreten Einzelfall mangels Deklaration zu den vorbezeichneten Risikobausteinen nicht versichert worden, besteht auch kein Versicherungsschutz gemäß Ziff. 2 Abs 2 UmweltHM.104
II. Einzelheiten 1. Gelagerte Stoffe
66
a) Begriff des Stoffs. Das Verwendungsrisiko muss sich auf gelagerte Stoffe beziehen. Der Begriff „Stoff“ wird sowohl in § 3 Abs. 1 UmweltHG als auch in § 89 WHG gebraucht, aber nicht definiert. Eine Legaldefinition findet sich dagegen in § 3 Ziff. 1 ChemG. Danach ist ein Stoff ein „chemisches Element und seine Verbindungen in natürlicher Form oder gewonnen durch ein Herstellungsverfahren, einschließlich der zur Wahrung seiner Stabilität notwendigen Zusatzstoffe und der durch das Verfahren bedingten Verunreinigungen, aber mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können“.
103
Beispiele nach Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 37; HUK-Erläuterungen zum UmweltHM 19,
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abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 23; GDV-Erläuterungen 14. Vgl. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 2.79.
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Versicherte Risiken
UmweltHM 2009 Ziff. 2
In der Kommentarliteratur zur § 3 UmweltHG werden in Anlehnung an diese Definition als Stoff alle chemischen Elemente und Verbindungen angesehen, seien sie fest, flüssig oder gasförmig, natürlich oder künstlich, unsichtbar oder sichtbar.105 In der Kommentarliteratur zu § 89 WHG wird der Begriff umfassend als jede Materie verstanden, die vor dem Einbringen oder Einleiten nicht in dem Gewässer vorhanden war.106 Nach Kohler werden alle Stoffe erfasst, die sich im Wasser auflösen, zerteilen, von ihm fortgeschwemmt werden oder die auf dem Gewässerbett infolge ihrer Schwere aufliegen.107 Für die Umweltpfade Boden und Luft dürfte die Auslegung des Stoffbegriffs i.S.v. § 3 UmweltHG, für den Umweltpfad Wasser die i.S.v. § 89 WHG dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechen. b) Lagerung. Die Stoffe sind gelagert, wenn der VN sie zum Zweck späterer Verwen- 67 dung sowie zur Abgabe an andere aufbewahrt.108 Nach Schramm folgt aus der weiteren Voraussetzung der Verwendung im räumlichen und gegenständlichen Zusammenhang mit versicherten Anlagen, dass die Stoffe in einer versicherten Anlage gelagert sein müssen.109 Diese Folgerung ist jedoch aus den nachstehenden Gründen nicht zwingend. 2. Verwendung im räumlichen und gegenständlichen Zusammenhang mit versicherten Anlagen Der Begriff der Verwendung führt nicht in den Bereich der Rechtssprache, weil es 68 dort keinen, in seinen Konturen eindeutig festgelegten Verwendungsbegriff gibt. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist unter dem Begriff der Verwendung der zweckgerichtete Umgang mit einer Sache zu verstehen und umfasst jeden Ge- und Verbrauch sowie jede Form der Verarbeitung. Es muss also eine Einwirkung auf den gelagerten Stoff stattgefunden haben. Hierzu zählen sämtliche Vorgänge beim Befüllen, Umfüllen und Entleeren der versicherten Anlage mit dem gelagerten Stoff.110 Zumindest soweit es den Vorgang des Befüllens der Anlage mit dem Stoff betrifft, kann sich dieser Stoff nicht bereits in der Anlage befunden haben. Die Ansicht Schramms ist deshalb abzulehnen. Die weitere Voraussetzung der Verwendung des Stoffes im räumlichen und gegenständ- 69 lichen Zusammenhang mit der versicherten Anlage wird der durchschnittliche VN dahin gehend verstehen, dass sich die Deckung des Verwendungsrisikos auf das Umfeld der versicherten Lageranlage beschränkt. Das bedeutet, dass die gelagerten Stoffe sich in unmittelbarer Nähe zur Lageranlage befinden und die vorgenommenen Handlungen einen Bezug zur versicherten Lageranlage aufweisen müssen.111 An letzterem Erfordernis fehlt es beim Ausbringen von Gülle, Jauche, Klärschlamm, Dünge- oder Pflanzenschutzmittel.112 Werden gelagerte Stoffe von einer Anlage in eine andere Anlage umgefüllt, liegt eine 70 Verwendung bezogen auf beide Anlagen vor, soweit es beim Vorgang des Umfüllens auf 105
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Staudinger Staudinger/Kohler § 3 UmweltHG Rn. 7; Landmann/Rohmer/Rehbinder § 3 UmweltHG Rn. 5 m.w.N. Vgl. Landmann/Rohmer/Petersen § 89 WHG Rn. 16; Reiff, in: Berendes/Frenz/ Müggenborg, WHG (2011) § 89 Rn. 12. Staudinger Staudinger/Kohler § 89 WHG Rn. 6 m.w.N. Vgl. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 2.81; Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 2 Rn. 18; Landmann/Rohmer/Petersen § 89 WHG Rn. 65.
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Vgl. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 2.81. Vgl. OLG Celle 21.3.1996 RuS 1996 173 (zur Gewässerschadenhaftpflichtversicherung). Beispiele nach Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 37; HUK-Erläuterungen zum UmweltHM 19, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 23; GDV-Erläuterungen 14. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 762.
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dem Weg zur Zielanlage zu einem Verkleckern kommt und ein räumliches Näheverhältnis zu beiden Anlagen gegeben ist.113 Letzteres ist stets der Fall, wenn der Transport der Stoffe mittels einer deklarierungsfähigen Anlage erfolgt. In diesen Konstellationen besteht Versicherungsschutz für etwaige Gewässerschäden, wenn eine der beiden Anlage versichert ist. Ereignet sich der Schaden bereits in der ersten Anlage, ist dagegen nur deren Verwen71 dungsrisiko betroffen. Kommt es zu einem Schaden in der Zielanlage, verwirklicht sich dort das Verwendungsrisiko. Deckung besteht nur insoweit, als die jeweilige Anlage, in der es zu dem Schaden kommt, deklariert ist.114 3. In Boden, Luft oder Wasser (einschl. Gewässer) gelangen, ohne in diese eingebracht oder eingeleitet zu sein
72
Diese Formulierung orientiert sich an § 89 Abs. 2 WHG. Dort heißt es: „Gelangen aus einer Anlage … Stoffe in ein Gewässer, ohne in dieses eingebracht oder eingeleitet zu sein, …“. In der WHG-Kommentarliteratur wird hieraus gefolgert, dass die Stoffe nicht zweckgerichtet einem Gewässer zugeführt werden müssen. Es seien vielmehr die Fälle erfasst, dass Stoffe ungewollt oder sogar gegen den Willen des Anlageninhabers in ein Gewässer gelangen.115 In diesem Sinne – ohne die Beschränkung auf Gewässer – dürfte der durchschnittliche VN auch die Formulierung in Ziff. 2.2 UmweltHM verstehen. Der negativen Voraussetzung, dass die Stoffe nicht in Boden, Luft oder Wasser eingebracht (s. Rn. 45) oder eingeleitet (s. Rn. 46 f.) sind, kommt nur klarstellende Bedeutung zu, da im Fall der Einbringung oder Einleitung in Boden, Luft oder Wasser weder ein Ge- oder Verbrauch noch eine Verarbeitung der Stoffe gegeben und somit das Verwendungsrisiko gar nicht betroffen sein dürfte.
E. Mittelbares Abwasserrisiko (Ziff. 2 Abs. 3 UmweltHM) 73
Gem. Ziff. 2 Abs. 3 UmweltHM besteht Versicherungsschutz auch dann, wenn im Rahmen der Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.7 UmweltHM Stoffe in Abwässer und mit diesen in Gewässer gelangen. Durch diese Regelung wird das Abwasserrisiko, das im Rahmen der Risikobausteine Ziff. 2.4 und 2.6 UmweltHM ausdrücklich eingeschlossen ist, in alle Risikobausteine einbezogen. Da Ziff. 2.4 UmweltHM eine zweckbestimmte Zuführung schädlicher Stoffe voraussetzt (vgl. Rn. 44), die Deckung gem. Ziff. 2 Abs. 3 UmweltHM jedoch – ebenso wie Ziff. 2 Abs. 2 UmweltHM – ein ungewolltes Gelangen der Stoffe in Boden, Luft oder Wasser genügen lässt, geht Ziff. 2 Abs. 3 UmweltHM über den Anwendungsbereich von Ziff. 2.4 UmweltHM hinaus. Voraussetzung für die Deckung ist, dass der Drittschaden durch die aus der versicher74 ten Anlage über das Abwasser in das Gewässer gelangten Stoffe verursacht wurde.
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Weitergehend Brall/Breitkopf-Knickmeyer/ Zölch/Wittenberg/Brall 93 und ihm folgend Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 2 Rn. 18, die den Transport zwischen versicherten Anlage offenbar stets als gedeckt ansehen. Vgl. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 2.82; Hinsch VersR 1991 1221, 1227; Brall/Breit-
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kopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 93; Klinkhammer VP 1991 147, 152; ohne diese Einschränkung OLG Celle 21.3.1996 RuS 1996 173, 174 (zur Gewässerschadenshaftpflichtversicherung m. krit. Anmerkung von Schimikowski RuS 1996 174). Vgl. Landmann/Rohmer/Petersen § 89 WHG Rn. 68.
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Vorsorgeversicherung
UmweltHM 2009 Ziff. 3
Beispiel116: Aus einer versicherten WHG-Anlage tritt ein gewässerschädlicher Stoff aus. Dieser kontaminiert jedoch nicht unmittelbar das Gewässer. Vielmehr vermischt er sich im betrieblichen Abwassersystem mit industriellen Abwässern und gelangt damit in das Oberflächengewässer. Dafür besteht Versicherungsschutz. Der VR kann sich insoweit nicht auf den Ausschluss für Abwässer gemäß Ziff. 7.14 (1) AHB berufen.
Entsteht der Schaden ausschließlich oder überwiegend durch das Abwasser selbst und sind die über das Abwasser in das Gewässer gelangten Stoffe lediglich (zufällig) zeitgleich am Schadenort, greift Ziff. 2 Abs. 3 UmweltHM nicht ein. Erhöht sich hingegen die Schädlichkeit des Abwassers durch das Hinzutreten der Stoffe, besteht für den Gesamtschaden Versicherungsschutz. Dies gilt auch dann, wenn die Schadenshöhe ohne „Abwasseranteil“ niedriger ausgefallen wäre.117
3. Vorsorgeversicherung/Erhöhungen und Erweiterungen der versicherten Risiken 3.1 1Die Bestimmungen der Ziff. 3.1 (3) und 4 AHB (Vorsorgeversicherung) finden für die Ziff. 2.1–2.5 keine Anwendung. 2Der Versicherungsschutz für neue Risiken bedarf insoweit besonderer Vereinbarung. 3.2 1Ziff. 3.1 (2) und 3.2 AHB (Erhöhungen und Erweiterungen) finden für die Ziff. 2.1–2.5 keine Anwendung. 2Hiervon unberührt bleiben mengenmäßige Veränderungen von Stoffen innerhalb der unter Ziff. 2 versicherten Risiken. Übersicht Rn. A. Ausschluss der Vorsorgeversicherung (Ziff. 3.1 UmweltHM) . . . . . . . . . I. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . II. Versicherungsschutz für neue Risiken . . 1. Neu hinzukommende Anlagen i.S.v. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM . . . . . a) Außerhalb eines vereinbarten Risikobausteins . . . . . . . . . . . . . . b) Innerhalb eines vereinbarten Risikobausteins . . . . . . . . . . . . . . 2. Veränderung versicherter Anlagen . . a) Herauswachsen aus einem Baustein b) Austausch der Anlage durch risikobausteingleiche Anlage . . . . . . .
1 1 2 2 2 3 5 5
Rn. B. Versicherung von Risikoerhöhungen und -erweiterungen (Ziff. 3.2 UmweltHM) I. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . II. Risikoerhöhungen und -erweiterungen . III. Mengenmäßige Veränderung von Stoffen innerhalb der unter Ziff. 2 UmweltHM versicherten Risiken . . . . . . . . . . . C. Erhöhungen des versicherten Risikos durch Änderung bestehender oder Erlass neuer Rechtsvorschriften . . . . . . . . D. Ziff. 2.6 und Ziff. 2.7 UmweltHM . . .
7 7 8
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A. Ausschluss der Vorsorgeversicherung (Ziff. 3.1 UmweltHM) I. Sinn und Zweck Nach Ziff. 2 S. 1 UmweltHM erstreckt sich die Versicherung „ausschließlich auf die 1 im Versicherungsschein aufgeführten Risiken“. Hierdurch will der VR sicherstellen, dass nur für solche Risiken Versicherungsschutz gewährt wird, bei denen der Versicherer die Möglichkeit hatte, eine Risikoanalyse durchzuführen (Ziff. 2 UmweltHM Rn. 2). Um
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Beispiel nach GDV-Erläuterungen 15.
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Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 765.
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UmweltHM 2009 Ziff. 3
Umwelthaftpflicht
sicherzugehen, dass der Versicherungsschutz sich nicht ohne eine erneute Risikobeurteilung automatisch an eine Änderung des bisher versicherten Risikos anpasst, bestimmt Ziff. 3.1 UmweltHM, dass die Regeln über die Vorsorgeversicherung nach Ziff. 3.1 (3) und 4 AHB für die Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM keine Anwendung finden.1
II. Versicherungsschutz für neue Risiken 1. Neu hinzukommende Anlagen i.S.v. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM
2
a) Außerhalb eines vereinbarten Risikobausteins. Aus Ziff. 3.1 UmweltHM folgt, dass für Anlagen i.S.v. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM, die zu einem bestehenden Risikobaustein (z.B. Ziff. 2.1 UmweltHM) hinzukommen und einem anderen Risikobaustein zuzuordnen sind (z.B. Ziff. 2.2 UmweltHM) nur bei besonderer Vereinbarung Deckung besteht.2
3
b) Innerhalb eines vereinbarten Risikobausteins. Nimmt der VN eine weitere Anlage in Betrieb, die unter einen bereits für andere Anlagen geltenden Baustein fällt, kommt es nach herrschender Meinung für die Einordnung als neues Risiko darauf an, ob die bereits vorhandenen Anlagen einzeln im Versicherungsschein deklariert sind oder unter Verzicht auf Einzeldeklaration eine Gruppe gleichartiger Anlagen versichert ist.3 Beispiel 4: Der VN hat drei Öltanks à 1000 l und zwei weitere Tanks à 500 l. Im Versicherungsschein oder seiner Anlage, auf die der Versicherungsschein Bezug nimmt, sind diese Tanks einzeln und separat zum Risikobaustein Ziff. 2.1 als WHG-Anlage aufgeführt. Schafft sich nunmehr der VN einen weiteren Öltank von 500 l an, handelt es sich um ein neues Risiko.
Nach Kurth handelt es sich dagegen um eine Risikoerweiterung, sobald zu einem versicherten Tank ein zweiter hinzukommt.5 Für die herrschende Ansicht spricht, dass für die Feststellung, ob ein „neues Risiko“ 4 vorliegt, zunächst der Umfang des bisher gedeckten Risikos anhand der Risikobeschreibung ermittelt werden muss. Sind die Anlagen einzeln deklariert, ist jeweils nur das Risiko versichert, dass von dem Betrieb der jeweils deklarierten Anlage ausgeht. Neu hinzukommende Anlagen dürften im Übrigen auch deshalb als neues Risiko anzusehen sein, weil sie nicht Gegenstand der für die Einzeldeklaration erforderlichen Risikoanalyse gewesen sind. Letztlich kann die Einordnung jedoch wegen Ziff. 3.2 UmweltHM dahinstehen, da die neue Anlage selbst bei Qualifikation als Risikoerweiterung nicht automatisch mitversichert wäre (hierzu sogleich Rn. 9 ff.). 2. Veränderung versicherter Anlagen
5
a) Herauswachsen aus einem Baustein. Verändert der VN die versicherte Anlage dahin gehend, dass er die Lagerkapizität erhöht, und fällt die Anlage dadurch unter einen anderen Risikobaustein, ist die Anlage ein neues Risiko geworden.
1 2 3
GDV-Erläuterungen 15 f. Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 863. Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 877; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 42; Beckmann/
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4 5
Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 109; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 3.15. Nach Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 878 f. Kurth PHi 1995 48, 51.
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Vorsorgeversicherung
UmweltHM 2009 Ziff. 3
Beispiel 6: Der VN erhöht durch bauliche Maßnahmen das unter Risikobaustein Ziff. 2.1 UmweltHM versicherte Tanklager für Mineralöl von einer versicherten Kapazität von 8.000 t auf nunmehr 15.000 t. Damit handelt es sich bei dem Tanklager um eine UmweltHG-Anlage gem. Anhang 1 Nr. 79 UmweltHG, das über den Risikobaustein Ziff. 2.2 UmweltHM zu versichern ist.
S. hierzu auch die Ausführungen zu Rn. 12 f. b) Austausch der Anlage durch risikobausteingleiche Anlage. Ersetzt der VN eine 6 Anlage durch eine technisch gleich- oder höherwertige Anlage, die unter denselben Risikobaustein fällt, liegt weder ein neues Risiko noch eine Risikoerhöhung/-erweiterung vor.7
B. Versicherung von Risikoerhöhungen und -erweiterungen (Ziff. 3.2 UmweltHM) I. Sinn und Zweck Ziff. 3.2 S. 1 UmweltHM stellt klar, dass die AHB-Regelungen zur Risikoerhöhung/ 7 -erweiterung für die Ziff. 2.1 bis 2.6 UmweltHM keine Anwendung finden. Insoweit bestimmt sich der Versicherungsschutz nach Maßgabe der §§ 23 ff. VVG. Nach Ziff. 3.2 S. 2 UmweltHM bleiben von der Beschränkung des S. 1 jedoch unberührt „mengenmäßige Veränderungen von Stoffen innerhalb der unter Ziff. 2 versicherten Risiken“. In einem solchen Fall sind die §§ 23 ff. VVG zugunsten des VN abgeändert (vgl. auch Ziff. 3 AHB Rn. 141 f.).8
II. Risikoerhöhungen und -erweiterungen Zu den Voraussetzungen einer Risikoerhöhung und -erweiterung sowie zu den Unter- 8 schieden zwischen Risikoerhöhung und -erweiterung s. die Kommentierung zu Ziff. 3 AHB Rn. 143 ff. Als Beispiele für eine Risikoerhöhung nach dem UmweltHM werden in der Literatur genannt9: – – –
Erhöhung des Säuregrades eines Stoffes, der in einem Tank für die Produktion bereitgehalten wird, im Laufe der Versicherungsperiode; Nicht unverzügliche Wiederinstandsetzung der Auffangwanne eines beschädigten oberirdischen Öltanks; Export von zunächst nur für das Inland produzierten Filteranlagen.
Als Beispiele für eine Risikoerweiterung nach dem UmweltHM werden angeführt10: – –
6
7 8
Erweiterung des Gesamtfassungsvermögens eines versicherten Tanks durch technische Veränderungen; Steigerung des Mengendurchsatzes einer Anlage.
Ähnliche Besipiele bei Vogel/Stockmeier/ Stockmeier 2. Teil C Rn. 865 f.; SchmidtSalzer/Schramm Rn. 3.21 f. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 3.22; Kurth PHI 1992 48, 51. Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 111.
9
10
Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 3.26; Küpper VP 1992 1, 4; Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 887. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 3.27; Kurth PHi 1995 48, 51; Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 884.
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Umwelthaftpflicht
Die Rechtsfolgen bestimmen sich in all diesen Fällen nach §§ 24 ff. VVG. Macht der VR nicht von seinem Kündigungsrecht gemäß § 24 Abs. 1 und 2 VVG innerhalb eines Monats nach Erlangung der Kenntnis über die Gefahrenerhöhung Gebrauch, hat er das erhöhte Risiko zu tragen.
III. Mengenmäßige Veränderung von Stoffen innerhalb der unter Ziff. 2 UmweltHM versicherten Risiken 11
Ziff. 3.2 S. 2 UmweltHM bezieht sich auf Stoffe (zum Stoffbegriff s. Ziff. 2 UmweltHM Rn. 66), nicht auf Anlagen, so dass die zahlenmäßige Erhöhung von gleichartigen Anlagen nicht unter Ziff. 3.2 S. 2 UmweltHM fällt. Es kann sich allenfalls um ein neues Risiko i.S.v. Ziff. 3.1 UmweltHM handeln (Rn. 3 f.).11 Nach den Vorstellungen des Musterbedingungsgebers12 und der ihm folgenden Lite12 ratur13 ist Ziff. 3.2 UmweltHM so zu verstehen, dass nur mengenmäßige Veränderungen innerhalb des konkret vereinbarten Risikobausteins automatisch versichert sind. So liegt der Fall, wenn der VN in der versicherten 20.000 t fassenden Anlage statt wie bisher 14.000 t nunmehr 19.000 t Mineralöl lagert.14 Führt die mengenmäßige Veränderung von Stoffen einer Anlage dagegen dazu, dass die Anlage einem anderen Risikobaustein zuzuordnen ist, beispielsweise weil durch die größere Stoffmenge eine Anlage nach Risikobaustein Ziff. 2.3 nunmehr als UmweltHG-Anlage nach Risikobaustein Ziff. 2.2 einzustufen ist, soll es sich um ein neues Risiko i.S.v. Ziff. 3.1 UmweltHM handeln (Ziff. 3 UmweltHM Rn. 5). Nach Kurth handelt es sich dagegen auch beim „Herauswachsen“ aus einem Risiko13 baustein um eine mengenmäßige Veränderung von Stoffen, die gem. Ziff. 3.2 S. 2 UmweltHM in Verbindung mit Ziff. 3.1 (2) AHB automatisch mitversichert ist. Diese Ansicht vermag nicht zu überzeugen. Zu folgen ist der herrschenden Meinung. Der Formulierung „innerhalb der unter Ziff. 2 versicherten Risiken“ lässt sich zwar nicht zwingend entnehmen, dass nur mengenmäßige Veränderungen innerhalb des konkret vereinbarten Risikobausteins Ziff. 2.1 bis 2.6 UmweltHM automatisch versichert sind. Jedoch bezieht sich Ziff. 3.2 S. 2 UmweltHM auf Risikoerhöhungen/-erweiterungen und ist deshalb von neuen Risiken i.S.v. Ziff. 3.1 UmweltHM abzugrenzen. Soweit ein neues Risiko vorliegt, findet diese Regelung keine Anwendung. Hiervon ausgehend ist das „Herauswachsen“ aus einem Risikobaustein nicht anders zu bewerten als der Fall, dass zu einem bestehenden Baustein eine Anlage hinzukommt, die einem neuen Risikobaustein zuzuordnen ist. Hier wie dort fällt die Anlage unter eine andere Tarifposition des Prämientarifes und muss ausdrücklich versichert werden.15 Die VR bieten in der Praxis abweichende Klauseln an, die eine Einbeziehung neuer 14 Risiken unter Vereinbarung einer Anzeigepflicht vorsehen.16 11 12 13
14
Vgl. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 3.20. HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 24 f. Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 870; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 3.20; Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 107; Brall/BreitkopfKnickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 96. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaft-
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pflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 44; Beckmann/MatuscheBeckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 107. Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 110; Schmidt-Salzer/ Schramm Rn. 3.20. Vgl. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/ Wittenberg/Brall 97.
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Vorsorgeversicherung
UmweltHM 2009 Ziff. 3
C. Erhöhungen des versicherten Risikos durch Änderung bestehender oder Erlass neuer Rechtsvorschriften Nach Ziff. 3.2 S. 1 UmweltHM findet auch Ziff. 3.2 AHB keine Anwendung für die 15 Bausteine gem. Ziff. 2.1 bis 2.6 UmweltHM. Kommt es zu einer Umstufung der versicherten Anlagen des VN durch Änderung bestehender oder Erlass neuer Rechtsvorschriften, bestimmt sich der Versicherungsschutz somit ebenfalls nach Maßgabe der §§ 23 ff. VVG. Beispiele17: 1. Infolge Veränderung der Schwellenwerte oder Leistungsgrößen wird eine bisherige WHGAnlage (Risikobaustein Ziff. 2.1 UmweltHM) zur UmweltHG-Anlage (Risikobaustein Ziff. 2.2 UmweltHM). 2. Durch Veränderung der Schwellenwerte oder Leistungsgrößen wird eine bisherige sonstige deklarierungspflichtige Anlage (Risikobaustein Ziff. 2.3 UmweltHM) zur UmweltHG-Anlage (Risikobaustein Ziff. 2.2 UmweltHM). 3. Eine bisherige UmweltHG-Anlage (Risikobaustein Ziff. 2.2 UmweltHM) wird in Anhang 2 zum UmweltHG einbezogen und stellt damit ein deckungsvorsorgepflichtiges Risiko (Risikobaustein Ziff. 2.5 UmweltHM) dar.
D. Ziff. 2.6 und Ziff. 2.7 UmweltHM Für die Deckung des allgemeinen Umwelt-Betriebsrisikos (Ziff. 2.7 UmweltHM) 16 und des anlagenspezifischen Umwelt-Produkthaftpflichtrisikos (Ziff. 2.6 UmweltHM) bleibt es bei der Anwendung der AHB-Regelungen zur Vorsorgeversicherung (Ziff. 3.1 (3) i.V.m. Ziff. 4 AHB) und über Erhöhungen und Erweiterungen (Ziff. 3.1 (2) AHB). Da die AHB-Regelungen für die Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM keine Anwendung finden, besteht jedoch kein Versicherungsschutz, wenn sich der VN eine unter Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM fallende Anlage neu anschafft oder die Kapazitäten einer bestehenden Anlage so erweitert, dass sie unter unter Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM fällt. Beispiel: Der VN hat einen Gastank unter 3 t Lagerkapazität. Er erwirbt einen neuen Gastank mit 6 t Lagerkapazität. Der neue Gastank ist nicht in Risikobaustein Ziff. 2.7 UmweltHM mitversichert, sondern muss in einem der Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM gesondert deklariert werden.
Im Übrigen gibt im Anwendungbereich von Ziff. 2.6 und 2.7 UmweltHM die Betriebs- 17 beschreibung das Maß für die Abgrenzung zwischen Risikoerhöhungen/-erweiterungen und neuen Risiken. Lautet etwa die Betriebsbeschreibung „Unternehmen zur Herstellung von Hohlglas“, so handelt es sich bei der Erweiterung der Betriebstätigkeit auf die „Herstellung von Getränkeabfüllmaschinen“ um ein neues Risiko i.S.v. Ziff. 3.1 (3) AHB, für das automatisch Deckung im Rahmen von Vorsorgedeckung mit entsprechenden (reduzierten) Versicherungssummen besteht.18 War das Umwelt-Betriebsrisiko nicht im Ausgangsvertrag versichert, greift die Vorsorgeversicherung jedoch wegen des Ausschlusses nach Ziff. 7.10 lit. b) S. 1 AHB entgegen Stockmeier 19 nicht ein (vgl. Ziff. 4 AHB Rn. 3).
17
Nach HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 25.
18 19
GDV-Erläuterungen 16. Vogel/Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 853.
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Gleiches gilt wegen Ziff. 7.10 lit. b) S. 3 AHB, wenn das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko nicht versichert ist und der VN, der bisher mit der Montage und Wartung von Tankanlagen gemäß Risikobaustein Ziff. 2.1 UmweltHM befasst ist, seine Betriebstätigeit wechselt, indem er nunmehr Tankanlagen plant und herstellt.
4. Versicherungsfall 1Versicherungsfall ist – abweichend von Ziff. 1.1 AHB – die nachprüfbare erste Feststellung des Personenschadens (Tod, Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen), Sachschadens (Beschädigung oder Vernichtung von Sachen) oder eines gemäß Ziff. 1.2 mitversicherten Vermögensschadens durch den Geschädigten, einen sonstigen Dritten oder den Versicherungsnehmer. 2Der Versicherungsfall muss während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten sein. 3Hierbei kommt es nicht darauf an, ob zu diesem Zeitpunkt bereits Ursache oder Umfang des Schadens oder die Möglichkeit zur Erhebung von Haftpflichtansprüchen erkennbar war.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . B. Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . .
1 2
Rn. I. Nachprüfbare erste Feststellung . . . . . . II. Während der Wirksamkeit der Versicherung
2 5
A. Sinn und Zweck 1
Ziff. 4 UmweltHM definiert den Versicherungsfall und legt positiv die Voraussetzungen fest, unter denen der VN Anspruch auf die Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz hat. Insoweit füllt Ziff. 4 UmweltHM den Rahmen aus, den der Gesetzgeber den VR durch die offen gehaltene Fassung des § 100 VVG gegeben hat (§ 100 VVG Rn. 7 ff.). Die Leistungspflichten des VR sind in Ziff. 5.1 S. 1 AHB festgelegt.
B. Eintritt des Versicherungsfalles I. Nachprüfbare erste Feststellung 2
In der Umwelthaftpflichtversicherung markiert nicht das Schadensereignis i.S.v. Ziff. 1.1 S. 2 AHB, sondern nach Ziff. 4 S. 1 UmweltHM die erste nachprüfbare Feststellung des Schadens den Versicherungsfall. Mit dieser Definition des Versicherungsfalles will der Bedingungsgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass bei Schäden durch Daueremissionen im Rahmen des bestimmungsgemäßen Betriebs und insbesondere bei solchen, die über den Luftpfad verursacht werden, eine zeitliche Fixierung des Schadensereignisses kaum möglich ist. Weiterhin ist bei Umweltschäden häufig die nachträgliche Aufklärung der tatsächlichen Geschehensabläufe und ihre zeitliche Fixierung nicht mehr ausreichend präzise möglich.1 1
GDV-Erläuterungen 17; HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 25 f.
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Versicherungsfall
UmweltHM 2009 Ziff. 4
Das Abstellen auf die nachprüfbare erste Feststellung des Personen- oder Sachscha- 3 dens (hierzu Ziff. 1 AHB Rn. 7 ff.) oder des nach Ziff. 1.2 UmweltHM mitversicherten Vermögensschadens (hierzu Ziff. 1 UmweltHM Rn. 5 ff.) knüpft an einen tatsächlichen und verifizierbaren Vorgang an. Der Schaden muss festgestellt worden sein. Nicht ausreichend ist die bloße Manifestation, d.h. das Sichtbarwerden des Schadens. Die Feststellung muss darüber hinaus objektiv nachprüfbar, also einem geeigneten objektiven Beweis zugänglich sein.2 Allein die bloße Feststellung des Schadens durch den Geschädigten, einen sonstigen Dritten oder den VN reicht nicht aus. Vielmehr bedarf es einer Objektivierung durch Handlungen, die die Nachprüfung erlauben.3 In Betracht kommen im Wesentlichen alle Handlungen, die im Zivilprozess als Beweismittel dienen können (Zeugen-, Urkunden oder Sachverständigenbeweis). Nachprüfbarkeit ist gegeben, wenn der Schaden einer feststellungsbereiten Person 4 mitgeteilt oder von dieser zur Kenntnis genommen worden ist.4 Zum Kreis feststellungsbereiter Personen zählen Mitarbeiter bei der Polizei oder einer Behörde (z.B. Ordnungsamt, Gesundheitsamt, Wasserbehörde, Abfallbehörde, Gewerbeaufsicht), Ärzte und Sachverständige. Privatpersonen dürften dagegen nur in Ausnahmefällen feststellungsbereit sein.5 Nachprüfbarkeit ist darüber hinaus gegeben, wenn der Schaden z.B. in einem Brief oder anderen Schriftstück erwähnt wird oder wenn Fotos mit Datumsanzeige vorliegen.6
II. Während der Wirksamkeit der Versicherung Ziff. 4 S. 2 UmweltHM bestimmt, dass der Versicherungsfall während der Wirksam- 5 keit der Versicherung eingetreten sein muss. Die Deckung setzt somit voraus, dass die nachprüfbare erste Feststellung des Schadens während der Laufzeit des Vertrages erfolgt. Hierzu stellt Ziff. 4 S. 3 UmweltHM klar, dass es nicht darauf ankommt, ob zu diesem Zeitpunkt bereits Ursache oder Umfang des Schadens oder die Möglichkeit zur Erhebung von Haftpflichtansprüchen erkennbar war. Es ist insoweit unerheblich, ob der Schaden kausal auf eine während der Laufzeit des Vertrages vorgenommene Umwelteinwirkung zurückzuführen ist. Durch die Versicherungsfalldefinition werden vielmehr auch solche Schadensfeststellungen erfasst, die auf lang zurückliegenden Umwelteinwirkungen beruhen. Beispiel 7: Im Januar 2010 suchen Anwohner eines Unternehmens der chemischen Industrie einen Arzt auf, der eine Verätzung der Luftröhre diagnostizierte. Erst im Laufe des Jahres 2010 steht fest, dass dies auf das unerkannte Austreten von Chlorgas in dem chemischen Betrieb im Dezember 2009 zurückzuführen ist. Der Versicherungsfall ist im Januar 2010 eingetreten. Durch den Arztbesuch wurde der eingetretene Personenschaden erstmals nachprüfbar festgestellt.
2
3
4
Vgl. LG Dortmund 1.4.2010 RuS 2010 237, 239: „die objektive Befunderhebung zum Sachschaden“. GDV-Erläuterungen 17; HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 26. Vgl. auch Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 4 Rn. 3: „Erforderlich ist aber, dass es sich um eine ernsthafte Mitteilung gegenüber einem Beteiligten oder einer offiziellen Stelle (Polizei, Behörde, Versicherungsagent) han-
5
6 7
delt, so dass damit zu rechnen ist, dass der Erklärungsempfänger die Feststellung nachprüfbar niederlegt oder seinerseits weiterleitet“. Weiter gehend Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 954: Schulklasse, Wandergruppe, Verein, Familienangehörige, Freunde, Passanten; ebenso Beckmann/Matusche-Beckmann/ Matusche-Beckmann § 27 Rn. 118. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 954. Beispiel nach GDV-Erläuterungen 17.
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Umwelthaftpflicht
Dieses Beispiel macht deutlich, dass dem VR auch unter den Gegebenheiten des Schadensfeststellungsprinzips ein Spätschadensrisiko trifft, das sich vornehmlich – aber nicht nur – im Personenschaden-Bereich verwirklichen kann. Eine Begrenzung der Eintrittspflicht für Altlasten ergibt sich jedoch aus den Ausschlüssen gem. Ziff. 6.3., 6.4 und 6.5 UmweltHM (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 16 ff.).
5. Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles 5.1 1Der VR ersetzt, auch ohne dass ein Versicherungsfall eingetreten ist, – nach einer Störung des Betriebes oder – aufgrund behördlicher Anordnung Aufwendungen des VN für Maßnahmen zur Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden Personen-, Sach- oder gem. Ziff. 1.2 mitversicherten Vermögensschadens. 2Die Feststellung der Störung des Betriebes oder die behördliche Anordnung müssen in die Wirksamkeit der Versicherung fallen, wobei maßgeblich der frühere Zeitpunkt ist. 5.2 Aufwendungen aufgrund behördlicher Anordnungen im Sinne der Ziff. 5.1 werden unter den dort genannten Voraussetzungen unbeschadet der Tatsache übernommen, dass die Maßnahmen durch den VN oder im Wege der Ersatzvornahme durch die Behörde ausgeführt werden. 5.3 Der VN ist verpflichtet, 5.3.1 dem VR die Feststellung einer derartigen Störung des Betriebes oder eine behördliche Anordnung unverzüglich anzuzeigen und alles zu tun, was erforderlich ist, die Aufwendungen auf den Umfang zu begrenzen, der notwendig und objektiv geeignet ist, den Schadenseintritt zu verhindern oder den Schadenumfang zu mindern und auf Verlangen des VR fristgemäß Widerspruch gegen behördliche Anordnungen einzulegen oder 5.3.2 sich mit dem VR über die Maßnahmen abzustimmen. 5.4 1Verletzt der VN eine der in Ziff. 5.3 genannten Obliegenheiten vorsätzlich, so werden ihm im Rahmen des für Aufwendungen gem. Ziff. 5 vereinbarten Gesamtbetrages nur die notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen ersetzt. 2Verletzt der VN eine der in Ziff. 5.3 genannten Obliegenheiten grob fahrlässig, so ist der VR berechtigt, etwaige über die notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen hinausgehende Aufwendungen in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der VN. 3Abweichend von Abs. 1 und 2 bleibt der VR zum Ersatz etwaiger über die notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen hinausgehender Aufwendungen verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit nicht für den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich ist. 5.5 1Aufwendungen werden im Rahmen der vereinbarten Versicherungssumme und der Jahreshöchstersatzleistung bis zu einem Gesamtbetrag von EUR …… je Störung des Betriebes oder behördlicher Anordnung, pro Versicherungsjahr jedoch nur bis EUR ……, ersetzt. 2Der VN hat von den Aufwendungen … % selbst zu tragen.
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Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles
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3Kommt es trotz Durchführung der Maßnahmen zu einem Schaden, so werden die vom VR ersetzten Aufwendungen auf die für den Versicherungsfall maßgebende Versicherungssumme angerechnet, es sei denn, dass der Ersatz dieser Aufwendungen im Rahmen der Jahreshöchstersatzleistung eines früheren Versicherungsjahres die Ersatzleistung für Versicherungsfälle tatsächlich gemindert hat. 4Im Falle einer solchen Anrechnung hat der VN von den Selbstbehalten gem. Ziff. 5.5 Abs. 2 und Ziff. 7.3 den höheren zu tragen. 5.6 1Nicht ersatzfähig sind in jedem Falle Aufwendungen – auch soweit sie sich mit Aufwendungen im Sinne der Ziff. 5.1 decken – zur Erhaltung, Reparatur, Erneuerung, Nachrüstung, Sicherung oder Sanierung von Betriebseinrichtungen, Grundstücken oder Sachen (auch gemietete, gepachtete, geleaste und dgl.) des VN; auch für solche, die früher im Eigentum oder Besitz des VN standen. 2Ersetzt werden jedoch solche Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden versicherten Personen-, Sach- oder gemäß Ziff. 1.2 mitversicherten Vermögensschadens, falls Betriebseinrichtungen, Grundstücke oder Sachen des VN, die von einer Umwelteinwirkung nicht betroffen sind, beeinträchtigt werden müssen. 3Eintretende Wertverbesserungen sind abzuziehen.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen für den Aufwendungsersatz (Ziff. 5.1 UmweltHM) . . . . . . . 1. Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . 2. Störung des Betriebs . . . . . . . . . . 3. Behördliche Anordnung . . . . . . . . 4. Unvermeidbar drohender Schaden . . 5. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . C. Selbst- oder Ersatzvornahme (Ziff. 5.2 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . . D. Aufwendungsminderungsobliegenheiten (Ziff. 5.3 UmweltHM) . . . . . . . . . . I. Ziff. 5.3.1 UmweltHM . . . . . . . . . . II. Ziff. 5.3.2 UmweltHM . . . . . . . . . . E. Verletzung von Aufwendungsminderungsobliegenheiten (Ziff. 5.4 UmweltHM) . .
1 3 4 5 8 10 14 15 17 18 20
Rn. F. Begrenzung der Ersatzleistung (Ziff. 5.5 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . . G. Eigenschäden (Ziff. 5.6 UmweltHM) . . . I. Ausschluss von Sanierungsmaßnahmen . 1. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . 2. Betriebseinrichtungen, Grundstücke oder Sachen des VN . . . . . . . . . . 3. Erhaltung, Reparatur, Erneuerung, Nachrüstung, Sicherung oder Sanierung II. Ausnahme Aufopferungsschäden . . . . . H. Geltung der Auschlusstatbestände auf Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . . . . . . . . . . . .
25 29 29 29 31 32 33
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A. Sinn und Zweck Ziff. 5.1 und 5.2 UmweltHM regeln die Ersatzpflicht des VR für Aufwendungen vor 1 Eintritt des Versicherungsfalles dem Grunde nach, Ziff. 5.3 UmweltHM statuiert Anzeige- und Rettungsobliegenheiten des VN und Ziff. 5.4 bis 5.6 UmweltHM beinhalten Regelungen über die vom VR zu ersetzenden Aufwendungen der Höhe nach. Die Regelung über Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles ist für die Umwelthaftpflichtversicherung besonders bedeutsam, weil Rettungskosten nach § 83 VVG nur nach Eintritt des Versicherungsfalles entstehen und damit nur noch solche zur Minderung des (Folge-)Schadens, nicht aber zur Abwendung des (Anfangs-)Schadens sein können (§ 83 VVG Rn. 4). Diese Beschränkung folgt daraus, dass die Rettungspflicht gem. Ziff. 25.2 AHB i.V.m. § 82 Abs. 1 VVG erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles einsetzt (§ 82 VVG Rn. 101 u. 103). § 90 VVG findet keine Anwendung in der Haftpflichtversicherung
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(§ 90 VVG Rn. 6). Die Erweiterung des Rettungskostenersatzes gegenüber der gesetzlichen Regelung soll dem VN einen wirtschaftlichen Anreiz geben, den Eintritt des Versicherungsfalles zu verhindern.1 2 Ziff. 5 UmweltHM findet keine Anwendung auf den Ersatz von Aufwendungen für Rettungsmaßnahmen nach Eintritt des Versicherungsfalles. Da das UmweltHM (ebenso wie die AHB) keine besonderen Regelungen hierzu enthält, gilt § 83 VVG.
B. Voraussetzungen für den Aufwendungsersatz (Ziff. 5.1 UmweltHM) 3
Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles sind nach Ziff. 5.1. S. 1 UmweltHM nur dann gedeckt, wenn sie aus Anlass einer Störung des Betriebs oder aufgrund einer behördlichen Anordnung vorgenommen werden und sie notwendig sind, um einen sonst unvermeidbaren Schaden abzuwehren oder zu mindern. 1. Aufwendungen
4
Der VN wird unter diesem Begriff alle – auch unfreiwillige – Vermögensminderungen verstehen, die er als adäquate Folge einer Rettungsmaßnahme erleidet. Dieses Verständnis entspricht der Auslegung des Aufwendungsbegriffs des § 83 Abs. 1 VVG, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird (§ 83 VVG Rn. 13 ff.). Gedeckt sind nur diejenigen Aufwendungen, die daraus resultieren, dass zur Abwendung oder Minderung eines versicherten Personen- oder Sachschadens oder der Beeinträchtigung der ausdrücklich mitversicherten Vermögensschadenstatbestände Maßnahmen ergriffen werden. Maßnahmen, die nur die Rückgängigmachung von Umweltschäden i.S.v. § 2 USchadG dienen, unterliegen deshalb nicht der Ersatzpflicht.2 2. Störung des Betriebs
5
Erforderlich ist eine Störung des Betriebes eines versicherten Risikos. Was hierunter zu verstehen ist, wird nicht weiter erläutert (anders Ziff. 3.1 USV). Die identische Formulierung findet sich in § 6 Abs. 2 UmweltHG. Eine Störung des Betriebs wird in der Kommentarliteratur zum UmweltHG in Anlehnung an § 2 Abs. 1 der StörfallVO und § 3 UmweltHG angenommen, wenn aufgrund eines Ereignisses Stoffe, Erschütterungen, Geräusche, Druck, Strahlen, Gase, Dämpfe, Wärme oder sonstige Erscheinungen freigesetzt werden, die bei ordnungsgemäßem Betrieb nicht emittiert werden.3 Beispiele 4: Versickern von Giftstoffen aus einem durch Unachtsamkeit eines Betriebsangehörigen umgeworfenen Behälters; Austreten von Schadstoffen nach Durchrosten einer Leitung oder nach Bruch eines Filters.
6
Nach anderer Ansicht ist die Betriebsstörung nicht wirkungsbezogen, sondern betriebsbezogen zu verstehen.5 In Anlehnung an die Ziff. 2.2, 2.3 der Allgemeinen Verwal-
1
2 3
Vgl. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 51; Wagner VersR 1992 261, 269. GDV-Erläuterungen 20. Salje/Peter/Salje § 6 Rn. 35; Landsberg/ Lülling § 6 UmweltHG Rn. 73.
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4 5
GDV-Erläuterungen 19. Landmann/Rohmer § 6 UmweltHG Rn. 42; Feldhaus UPR 1992 161, 164; Paschke § 6 Rn. 44.
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Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles
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tungsvorschrift zur Störfall-Verordnung soll eine Betriebsstörung nur bei Abweichungen von dem Betrieb anzunehmen sein, für den eine Anlage nach ihrem technischen Zweck bestimmt, ausgelegt und geeignet ist, und der dem entspricht, was in der Genehmigung oder nachträglichen Anordnung festgelegt ist.6 Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch dürfte der durchschnittliche VN die Betriebs- 7 störung eher wirkungsbezogen i.d.S. verstehen, dass das ordnungsgemäße Funktionieren – hier des Betriebes – beeinträchtigt sein muss.7 Er wird den Begriff „Betrieb“ im Sinne des „Betreibens“ bzw. „Arbeitens“ als ein dynamisches Geschehen verstehen und eine „Störung“ als nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit bzw. der ordnungsgemäßen Fortführung des Betriebs ansehen.8 Von einer Störung des Betriebes wird man ferner nur dann sprechen können, wenn ein zeitpunktartig fassbarer Vorgang gegeben ist und die Störung unerwartet ist. Insoweit ist den Vorstellungen des Musterbedingungsgebers und Teilen der Literatur zuzustimmen, wonach eine Störung nur dann vorliegt, wenn aufgrund eines plötzlichen, unfallartigen Vorgangs von einer Anlage Emissionen freigesetzt werden, die bei bestimmungsgemäßem Betrieb nicht erzeugt oder emittiert worden wären.9 Das Vorliegen einer Sorgfaltspflichtverletzung allein genügt nicht. 3. Behördliche Anordnung Die Ersatzpflicht für Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles aufgrund 8 behördlicher Anordnung setzt als auslösendes Moment keine Betriebsstörung voraus. Es geht hier also um Umwelteinwirkungen, die im Rahmen des Normalbetriebs einer Anlage verursacht werden.10 Nach allgemeinem Sprachgebrauch und -verständnis setzt der Begriff der Anordnung eine einseitige Maßnahme voraus.11 So verstanden deckt sich dieser Begriff regelmäßig mit dem der Regelung i.S. des § 35 Abs. 1 S. 1 VwVfG und verweist damit auf die Handlungsform des Verwaltungsakts.12 Unter dem Begriff behördliche Anordnung sind deshalb nur Verwaltungsakte als die zentrale Handlungsform der Verwaltung zu verstehen, nicht dagegen allgemeine Schreiben der Behörden mit Empfehlungen oder Hinweisen zu zukünftigen Aktivitäten oder auf genehmigungsrechtlichen (Umweltschutz-)Bestimmungen beruhende Verfügungen wegen des Betriebs oder Weiterbetriebs von Anlagen.13 Dass es um Verwaltungsakte geht, zeigt auch Ziff. 5.3.1 UmweltHM. Danach hat der VN auf Verlangen des VR fristgemäß Widerspruch gegen behördliche Anordnungen einzulegen. Ein Widerspruch richtet sich nur gegen Verwaltungsakte (vgl. § 68 VwGO).
6 7 8
9
Feldhaus UPR 1992 161, 164; Paschke § 6 Rn. 45. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 5 Rn. 5. Vgl. BAG 8.7.2009 BeckRS 2009 69144 (zum Begriff der Betriebsstörung im Erschwerniszulagenkatalog der DB AG). HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 26; so auch Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 5.37; Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 127; a.A. Prölss/ Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 5 Rn. 5; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelt-
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11 12 13
haftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 64; Reemts 194; offengelassen Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1043. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 54. Vgl. OLG Köln 28.11.2011 BeckRS 2012 25029. Vgl. BVerwG 12.1.2012 NVwZ 2012 1184, 1186. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1045; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 5.39.
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Umwelthaftpflicht
Der Verwaltungsakt muss zum Zweck der Gefahrenabwehr an den VN erlassen werden.14 Als Rechtsgrundlagen kommen vor allem Sicherheits- und Ordnungsgesetze der Länder, Landesabfall- und Altlastengesetze sowie das Bundesbodenschutzgesetz in Betracht.15 Auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts kommt es nicht an, wie Ziff. 5.3.1 UmweltHM zeigt.16 4. Unvermeidbar drohender Schaden
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Nach den Vorstellungen des Musterbedingungsgebers verlangt Unvermeidbarkeit „sowohl eine sachliche als auch eine zeitliche Komponente. Die sachliche Komponente setzt voraus, daß ohne die durchgeführten Maßnahmen die Verletzung des Privatrechtsguts zwangsläufig, also objektiv gesehen, eingetreten wäre. Zur Unvermeidbarkeit gehört aber auch eine gewisse zeitliche Nähe des Schadenseintritts. Ist nämlich der Schadenseintritt erst in entfernter Zukunft zu besorgen, kann von einer Unvermeidbarkeit jedenfalls dann nicht mehr gesprochen werden, wenn in diesem Zeitraum die Möglichkeit besteht, daß entweder aufgrund natürlicher Vorgänge ein Abbau der Schadstoffkonzentration erfolgen oder aber durch Schadstoffverhütungsmaßnahmen eine Rechtsgutverletzung ausgeschlossen werden kann“.17 [Hervorhebung durch den Verfasser]
In der Kommentarliteratur werden diese Überlegungen ganz überwiegend geteilt. Damit trifft den VN das Kostenrisiko einer irrtümlichen Beurteilung beim Ergreifen der Maßnahme, wenn sich nachträglich herausstellt, dass sie nicht erforderlich war.18 11 Gegen eine rein objektive, auf eine ex-post Betrachtung angelegte Auslegung des Begriffs der Unvermeidbarkeit hat sich Voit ausgesprochen. Er will zur Beurteilung der Unvermeidbarkeit auf den regelmäßigen Verlauf der Dinge abstellen. Maßgebend sei nicht, ob der Schaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohne die Rettungsmaßnahme eingetreten und nicht mehr auf anderem Wege vermeidbar gewesen wäre, sondern entscheidend sei, ob er nach technischer Sicht und nach technischer Erfahrung regelmäßig zu der beschriebenen Situation führe.19 Beispiel 20: Beim Befüllen eines Heizöltanks versagt der Grenzwertgeber, sodass über das Lüftungsrohr Heizöl austritt und im Erdreich versickert. Eine Tonschicht verhindert aber das Eindringen des Heizöls in das Grundwasser, sodass ein Personen-, Sach- oder mitversicherter Vermögensschaden nicht eintreten konnte. Dies stellt sich erst heraus, nachdem bereits Maßnahmen zur – vermeintlichen – Verhinderung eines Schadens ergriffen wurden. Bei Anlegung eines rein objektiven Maßstabs besteht kein Anspruch auf Aufwendungsersatz.
12
Wie schon zuvor erwähnt geht es dem VR bei Ziff. 5 UmweltHM einerseits darum, dem VN einen wirtschaftlichen Anreiz zu geben, den Eintritt des Versicherungsfalles zu verhindern. Andererseits will der VR nicht die Kosten von Schadensverhütungsmaßnahmen21 tragen, die der VN nicht aus konkretem Anlass trifft, sondern allgemein, um dem Eintritt des Versicherungsfalles vorzubeugen. Diese Zielsetzungen sind für den VN
14 15 16
17 18
Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 128. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1045. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 5 Rn. 7; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1048; Reemts 195. GDV-Erläuterungen 20. Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 133; Schmidt-Salzer/
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19 20 21
Schramm Rn. 5.52; Wagner VersR 1992 261, 269. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 5 Rn. 8. Nach Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/ Wittenberg/Brall 102. Hierzu Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1010.
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Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles
UmweltHM 2009 Ziff. 5
unschwer zu erkennen. Ziff. 5 UmweltHM weist insoweit Parallelen zu § 90 VVG auf, mit dem zum Teil die von der Rechtsprechung entwickelte Vorerstreckungstheorie für die Sachversicherung kodifiziert wurde. Zwar knüpft Ziff. 5 UmweltHM nicht an den unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfall an, sondern an den Eintritt eines Schadens, der dem Versicherungsfall vorgelagert ist. Da in der Sachversicherung der Eintritt des Schadens den Versicherungsfall markiert, liegt es jedoch nahe, die Vorstellung des Gesetzgebers zur Anwendung von § 90 VVG sowie die von der Rechtsprechung und der Literatur hinsichtlich des Erfordernisses der Unmittelbarkeit entwickelten Voraussetzungen zur Auslegung des Begriffs der Unvermeidbarkeit in den Blick zu nehmen. Nach der Gesetzesbegründung ist § 90 VVG nur anzuwenden, wenn objektiv ein 13 Versicherungsfall (= Schadenseintritt) unmittelbar bevorstand (vgl. auch § 90 VVG Rn. 12).22 Insoweit wird eine ex-post Betrachtung angestellt. Mit dem Kriterium der Unmittelbarkeit sei, so der BGH, gemeint, dass der Versicherungsfall in kurzer Zeit und mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne die Rettungsmaßnahme eintreten werde.23 Knappmann hat den Begriff der Unmittelbarkeit dahingehend umschrieben, „dass sich die Gefahrenlage so weit verdichtet hat, dass ein konkreter Versicherungsfall, also ein nach Art, Beteiligungen und Auswirkungen schon näher zu beschreibender Schadensfall, in kürzester Zeit und ohne die Rettungsmaßnahme unabwendbar eintreten wird“.24 [Hervorhebung durch den Verfasser]
In diesem Sinne dürfte ein durchschnittlicher VN der Umwelthaftpflichtversicherung die Formulierung „unvermeidbar drohender Schaden“ i.S.v. Ziff. 5.1 S. 1 UmweltHM verstehen. 5. Zeitpunkt Die Feststellung der Störung des Betriebes oder die behördliche Anordnung müssen 14 nach Ziff. 5.1 S. 2 UmweltHM während der Wirksamkeit der Versicherung erfolgen, wobei maßgeblich der frühere Zeitpunkt ist. Das Erfordernis der „Wirksamkeit der Versicherung“ bezieht sich auf den materiellen Versicherungsschutz.25 Keine Deckung aus Ziff. 5 UmweltHM besteht deshalb, wenn die Feststellung der Betriebsstörung/behördlichen Anordnung vor materiellem Vertragsbeginn oder nach Ende des Vertrages liegt.26 Die Feststellung der Betriebsstörung/behördlichen Anordnung innerhalb der dreijährigen Nachhaftungszeit (vgl. Ziff. 8.1 UmweltHM) genügt somit nicht.27 Maßgeblich ist im Übrigen der Zeitpunkt der Feststellung der Betriebsstörung und nicht der Eintritt der Betriebsstörung. Bei der behördlichen Anordnung kommt es auf den Zugang des Verwaltungsaktes an.28 Die Tatbestandsvoraussetzung „wobei maßgeblich der frühere Zeitpunkt ist“ wird insbesondere dann relevant, wenn nur eine der beiden Tatsachen in die Vertragslaufzeit fällt.29
22 23 24 25 26 27
BTDrucks. 16/3945 S. 83; vgl. auch OLG Saarbrücken 26.1.2011 RuS 2011 380, 381. Vgl. BGH 13.7.1994 NJW-RR 1994 1366, 1367 m.w.N. Knappmann VersR 2002 129, 131 [Hervorhebung durch den Verfasser]. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1053. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1053. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 5.48; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaft-
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29
pflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 56; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1053. HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 27; Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 5 Rn. 14; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1052. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1054; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 5.49.
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C. Selbst- oder Ersatzvornahme (Ziff. 5.2 UmweltHM) 15
Ziff. 5.2 UmweltHM stellt klar, dass Aufwendungen bei behördlicher Anordnung unabhängig davon ersetzt werden, ob die Maßnahmen durch den VN selbst oder im Wege der Ersatzvornahme durch die Behörde ausgeführt werden. Im letztgenannten Fall handelt es sich beim Anspruch der Behörde auf Ersatz der Aufwendungen gegenüber dem VN nicht um einen privatrechtlichen Anspruch, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der regelmäßig seine Rechtsgrundlage in den Polizeigesetzen der Bundesländer findet. Voraussetzung für die Eintrittsverpflichtung des VR ist auch hier, dass die Maßnahmen der Behörden der Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden Personen-, Sach- oder gem. Ziff. 1.2 UmweltHM mitversicherten Vermögensschadens dienten. 16 Diente die behördliche Ersatzvornahme nur anteilig der Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden Drittschadens und sind die Aufwendungen nach ihrer Zweckrichtung und Höhe teilbar, hat der VR nur die hierauf entfallenden Aufwendungen zu ersetzen. Ist eine Aufteilung der Aufwendungen hingegen nicht möglich, weil es sich um eine einheitliche Maßnahme handelt, müssen abgewendete versicherte und nicht versicherte Schäden gegenübergestellt werden. Der VR ersetzt in diesem Fall nur den Anteil, der dem Verhältnis des abgewendeten versicherten Schadens zu dem abgewendeten nicht versicherten Schaden entspricht (§ 83 VVG Rn. 38).30
D. Aufwendungsminderungsobliegenheiten (Ziff. 5.3 UmweltHM) 17
Den VN treffen nach Ziff. 5.3 UmweltHM Aufwendungsminderungsobliegenheiten.
I. Ziff. 5.3.1 UmweltHM 18
Der VN hat dem VR die Feststellung einer Störung des Betriebs oder den Zugang einer behördlichen Anordnung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 BGB), anzuzeigen. Für die Frage der Unverzüglichkeit ist nicht ausschlaggebend, ob ein VN ohne Verschulden annehmen konnte, dass Aufwendungen zur Abwendung des Versicherungsfalles nicht anfallen würden. Für die Abgabe der Anzeige ist allein die Feststellung einer Betriebsstörung oder der Zugang einer behördlichen Anordnung maßgeblich. Insoweit kann vom VN die Absendung der entsprechenden Anzeige im Rahmen eines ordentlichen Geschäftsganges erwartet werden.31 19 Zusätzlich zur Anzeige muss der VN alles tun, was erforderlich ist, um die Aufwendungen auf den Umfang zu begrenzen, der notwendig und objektiv geeignet ist, den Schadenseintritt zu verhindern oder den Schaden zu mindern. Des Weiteren ist der VN gehalten, auf Verlangen des VR fristgemäß Widerspruch gegen behördliche Anordnungen einzulegen. Dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt für sofort vollziehbar erklärt wurde. Zwar entfaltet der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung. Im Hinblick auf seine bestandskrafthemmende Wirkung können im Falle eines späteren Obsiegens des VN getätigte Aufwendungen regressiert oder die Zahlung an die Behörde verweigert werden.32
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S. auch Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1065.
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GDV-Erläuterungen 21. GDV-Erläuterungen 21.
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II. Ziff. 5.3.2 UmweltHM Anstelle die vorstehend genannten Maßnahmen zu ergreifen, kann der VN sich zu- 20 nächst mit dem VR über die durchzuführenden Maßnahmen abstimmen. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die Maßnahmen im konkreten Umfang notwendig und objektiv geeignet waren, den Eintritt des Schadens zu verhindern oder den Schaden zu mindern. Ist eine Maßnahme mit dem VR abgestimmt, trägt dieser das Prognoserisiko, d.h. der VN erhält dann auch Ersatz für solche Aufwendungen, die sich rückblickend als objektiv nicht erforderlich erweisen.33
E. Verletzung von Aufwendungsminderungsobliegenheiten (Ziff. 5.4 UmweltHM) Verletzt der VN vorstehend aufgeführte Aufwendungsminderungsobliegenheiten vor- 21 sätzlich, so werden ihm gem. Ziff. 5.4 S.1 UmweltHM im Rahmen des für Aufwendungen vereinbarten Sublimits (vgl. Ziff. 5.5 UmweltHM) nur die – ex-post betrachtet – notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen ersetzt. Diese Rechtsfolge entspricht § 28 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1 VVG. Bei grob fahrlässiger Verletzung ist der VR nach Ziff. 5.4 S. 2 UmweltHM berechtigt, etwaige über die notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen hinausgehende Aufwendungen in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen, wobei die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit der VN trägt. Diese Regelung entspricht § 28 Abs. 2 S. 2 VVG. Da diese Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles zu beachten sind, greift Ziff. 25.2 AHB i.V.m. § 82 VVG nicht ein (weshalb § 82 VVG auch kein Prüfungsmaßstab im Rahmen von § 87 VVG für die Wirksamkeit dieser Klausel ist).34 Bei leicht fahrlässiger Verletzung der Aufwendungsminderungsobliegenheit bleibt der 22 VR voll leistungspflichtig. Nach Ziff. 5.4 S. 3 UmweltHM bleibt der VR ferner „[a]bweichend von [S. 1] und [S. 2] […] zum Ersatz etwaiger über die notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen hinausgehender Aufwendungen verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit nicht für den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich ist“.
Abweichend von § 28 Abs. 3 S. 2 VVG tritt keine vollständige Befreiung von der Aufwendungsersatzpflicht ein, wenn der VN seine Aufwendungsminderungsobliegenheit arglistig verletzt. Für eine entsprechende Regelung hat der Musterbedingungsgeber offenbar kein Bedürfnis gesehen. Im Unterschied zur fehlenden Unvermeidbarkeit eines Personen-, Sach- oder Vermö- 23 gensschadens, die das Ob des Aufwendungsersatzes berührt, bleibt eine zum Zeitpunkt ihrer Vornahme (ex ante) getroffene Fehleinschätzung über die Erforderlichkeit von Maßnahmen zur Verhinderung eines Schadenseintritts oder zur Verminderung des Schadensumfangs für den Umfang des Ersatzanspruchs somit u.U. folgenlos. Gleiches gilt, wenn aus Zeitgründen eine Abstimmung mit dem VR nicht erfolgen konnte und der VN die Maßnahmen zum Zeitpunkt ihrer Vornahme ohne auf grober Fahrlässigkeit beruhenden Irrtum für geboten halten durfte. So liegt der Fall, wenn wegen der
33 34
GDV-Erläuterungen 21. A.A. offenbar Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 5 Rn. 18 und 27, der Ziff. 5
UmweltHM am Leitbild der §§ 82 f. VVG messen will.
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Schwere der Betriebsstörung und der dadurch freigesetzten Emissionen sofortige Maßnahmen notwendig sind, aber wegen der Tageszeit (z.B. nachts) oder des Wochentages (z.B. Samstag/Sonntag/Feiertag) beim VR ein entscheidungsbefugter Gesprächspartner nicht erreichbar ist.35 Abzulehnen ist die von Teilen der Literatur vertretene Ansicht, die ohne Unterschei24 dung zwischen Grund und Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs auch in den Fällen, in denen objektiv kein unvermeidbarer Schaden droht, dem insoweit irrenden VN, der die in Ziff. 5.3 UmweltHM angeführten Obliegenheiten erfüllt, Ersatz der entstandenen Kosten zuspricht.36
F. Begrenzung der Ersatzleistung (Ziff. 5.5 UmweltHM) 25
Ziff. 5.5 S. 1 UmweltHM bestimmt, dass Aufwendungen im Rahmen der vereinbarten Versicherungssumme und der Jahreshöchstersatzleistung bis zu einem vereinbarten Betrag (Sublimit) je Störung des Betriebes oder behördlicher Anordnung und pro Versicherungsjahr ersetzt werden. Ziff. 5.5 S. 2 UmweltHM sieht einen Selbstbehalt für Aufwendungen vor dem Versicherungsfall vor. Kommt es trotz Durchführung der Maßnahmen zu einem Schaden, so werden die vom 26 VR ersetzten (fehlgeschlagenen) Aufwendungen gem. Ziff. 5.5 S. 3, Halbs. 1 UmweltHM auf die für den Versicherungsfall maßgebende Versicherungssumme angerechnet. Die Anrechnung unterbleibt jedoch nach Ziff. 5.5 S. 3, Halbs. 2 UmweltHM, wenn der Ersatz dieser Aufwendungen im Rahmen der Jahreshöchstersatzleistung eines früheren Versicherungsjahres die Ersatzleistung für Versicherungsfälle tatsächlich gemindert hat. Dadurch soll eine Doppelanrechnung vermieden werden, wenn Störfall und der Schaden aus dem Störfall (Eintritt des Versicherungsfalles) in verschiedenen Versicherungsjahren eintreten. Die kompliziert erscheinende Anrechnungsklausel sei anhand folgender Beispiele 27 näher erläutert 37, bei denen durchgehend davon ausgegangen wird, dass die Versicherungssumme 1 Mio. Euro beträgt, davon 100.000 Euro für Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles (AvE). Beispiel 1: 2012 Störfall, AvE 2012 Schaden aus Störfall Ersatz durch den VR daraus noch
100.000 Euro 1,75 Mio. Euro 900.000 Euro
In diesem Fall werden die fehlgeschlagenen Aufwendungen des VR über 100.000 Euro auf die Versicherungssumme von 1 Mio. Euro angerechnet, sodass die Leistung für Versicherungsfall auf 900.000 Euro begrenzt ist.
35 36
GDV-Erläuterungen 21. So z.B. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 57; SchmidtSalzer/Schramm Rn. 5.52; vgl. auch Küpper VP 1993 17, 20, der im Fall von Ziff. 5.3.2 UmweltHM einen Übergang des Kosten-
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37
risikos annimmt; wie hier Beckmann/Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 133; Reemts 204 f.; vgl. auch Wagner VersR 1992 261, 269. Nach Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/ Wittenberg/Brall 105 f.
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Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles Beispiel 2: 2012 Störfall, AvE (1. Fall) 2012 Schaden aus einem anderen Fall (2. Fall) Ersatz durch den VR davon noch 2013 Schaden aus Störfall 2012 (1. Fall) Ersatz durch den VR daraus
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50.000 Euro 1 Mio. Euro
950.000 Euro 1 Mio. Euro 1 Mio. Euro
Hier wird der sich aus dem ersten Störfall 2012 im Jahre 2013 entwickelnde Schaden über 1 Mio. Euro voll ersetzt, weil dem VN für den zweiten Fall des Jahres 2011 bereits die Zahlung um 50.000 Euro gekürzt wurde. Im Falle einer solchen Anrechnung trifft den VN kein doppelter Selbstbehalt (Auf- 28 wendungsersatzselbstbehalt gem. Ziff. 5.5 S. 2 UmweltHM und Selbstbehalt bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Ziff. 7.3 UmweltHM). Er hat nach Ziff. 5.5 S. 4 UmweltHM nur den höheren der beiden Selbstbehalte zu tragen.
G. Eigenschäden (Ziff. 5.6 UmweltHM) I. Ausschluss von Sanierungsmaßnahmen 1. Sinn und Zweck Nach Ziff. 5.6 S. 1 Halbs. 1 UmweltHM sind Aufwendungen – auch soweit sie sich mit 29 Aufwendungen im Sinne der Ziff. 5.1 UmweltHM decken – zur Erhaltung, Reparatur, Erneuerung, Nachrüstung, Sicherung oder Sanierung von Betriebseinrichtungen, Grundstücken oder Sachen (auch gemietete, gepachtete, geleaste und dgl.) des VN nicht ersatzfähig. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Ersatz von Eigenschäden in der Haftpflichtversicherung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die vorstehende Beschränkung gilt gem. Ziff. 5.6 S. 1 Halbs. 2 UmweltHM auch 30 dann, wenn die Betriebseinrichtungen, Grundstücke oder Sachen früher im Eigentum oder Besitz des VN standen. Damit soll verhindert werden, dass ein Eigenschaden durch Veräußerung zu einem Fremdschaden wird. Der VN soll sich nicht durch Grundstücksveräußerung z.B. an ein Tochterunternehmen Versicherungsschutz verschaffen können.38 Im Hinblick auf den erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel, Eigenschäden von der Deckung auszunehmen, gilt der Ausschluss nur dann, wenn die Umwelteinwirkungen, aufgrund derer Aufwendungen erforderlich werden, während der Dauer des Eigentums oder Besitzes des VN erfolgt sind.39 Beispiel 40: Durch einen Brand auf dem Betriebsgrundstück des VN entsteht eine giftige Gaswolke, die über einem früher im Besitz des VN befindlichen Grundstück abzuregnen droht. Der VN schützt das fremde Grundstück durch Verlegen von Planen. Die Aufwendungen sind versichert, weil der Eintritt eines Drittschadens droht und die Umwelteinwirkung erst erfolgte, als das Grundstück nicht mehr im Eigentum des VN stand.
38
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 59; Küpper VP 1993 17, 20; dazu Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 5.77.
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GDV-Erläuterungen 23. Nach GDV-Erläuterungen 23.
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2. Betriebseinrichtungen, Grundstücke oder Sachen des VN
31
Erfasst werden alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, die im Eigentum des VN stehen oder standen. Unter dem Begriff der „Betriebseinrichtung“ fallen alle dem Betrieb dienenden Einrichtungen, die sich auf dem Betriebsgrundstück des VN befinden (z.B. Antriebseinrichtungen, Apparaturen, Baugerüste, Bedienungsbühnen, Behälter, Beleuchtungsanlagen, Büchereien, Fahrzeuge soweit nicht zulassungspflichtig, Gleisanlangen, Maschinen, Motore und Werkzeuge).41 Bei dem unter dem Grundstück fließenden Grundwasser handelt es sich um keine Sache (Ziff. 1 AHB Rn. 15). 3. Erhaltung, Reparatur, Erneuerung, Nachrüstung, Sicherung oder Sanierung
32
Vogel beschreibt diese Begriffe wie folgt: „Erhaltung bedeutet Bewahrung, Konservierung, Rettung; Reparatur umfasst das Ausbessern, Beheben, Erneuern, Instandsetzen, in einen intakten, gebrauchsfertigen Zustand Bringen, Überholen; die Erneuerung umfaßt Renovierung, Ersetzung verbrauchter Dinge durch frische, Auffrischung, Modernisierung, Renovierung, Restaurierung, Sanierung, Wiederherstellung; Nachrüstung bedeutet Ergänzung, Vergrößerung, Wiedergewinnung; Sicherung bezieht sich auf Schutzvorrichtung, Sicherstellung (eines gewissen Zustandes); Sanierung schließlich kann als Schaffung gesunder Lebensverhältnisse, Wiederherstellung eines ursprünglichen Zustandes (z.B. Boden, Gewässer) oder als Anpassung an neue Anforderungen/Bedürfnisse umschrieben werden“.42 [Hervorhebung durch den Verfasser]
Diese Umschreibungen sind der Auslegung von Ziff. 5.6 S. 1 UmweltHM zugrunde zu legen, da sie Bedeutungswörterbüchern entnommen worden sind und somit dem allgemeinen Sprachverständnis entsprechen.
II. Ausnahme Aufopferungsschäden 33
Deckung – unter Abzug von Wertverbesserungen („neu für alt“) – besteht gem. Ziff. 5.6 S. 2 UmweltHM, falls Betriebseinrichtungen, Grundstücke oder Sachen des VN, die von einer Umwelteinwirkung nicht betroffen sind, zur Erreichung des Zwecks einer Verhinderung versicherter Schäden aufgeopfert werden müssen (sog. Aufopferungsschäden). Maßgebend ist der nach den Wiederherstellungskosten zu bestimmende Zeitwert.43 Beispiel 44: Die unterirdisch verlegte Ringleitung zur Versorgung von Metallbearbeitungsmaschinen mit Schneidöl ist durch eine Störung des Betriebes undicht geworden, so dass Schneidöl in großen Mengen in das Erdreich gedrungen ist, wodurch ein Drittschaden unvermeidbar einzutreten droht. Zur Abwendung dieses sonst unvermeidbar eintretenden Drittschadens ist es erforderlich, Betriebsanlagen zu demontieren und den nicht kontaminierten Betonboden mit eingebauter Schutzwanne zu zerstören, um an das darunter liegende kontaminierte Erdreich zu gelangen. Zu ersetzen sind in diesem Fall sowohl die Demontagekosten als auch der Wert des zerstörten Betonbodens mit eingebauter Wanne. Nicht ersetzt werden hingegen die Kosten für das Ausheben, Abfahren und Beseitigen des kontaminierten Erdreichs.
34
Ziff. 5.6 S. 2 UmweltHM entspricht sachlich § 90 VVG, der jedoch in der Haftpflichtversicherung keine Anwendung findet (§ 90 VVG Rn. 6).45 Zwar knüpft diese
41 42 43
Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1112. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1118. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1123.
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44 45
Beispiel nach Brall/Breitkopf-Knickmeyer/ Zölch/Wittenberg/Brall 108. Bruck/Möller/R. Koch § 83 Rn. 6.
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Nicht versicherte Tatbestände
UmweltHM 2009 Ziff. 6
Norm nicht an die Unvermeidbarkeit des Eintritt des Schadens an, sondern an den unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfall. Der Begriff der Unmittelbarkeit ist jedoch im Sinne von Unvermeidbarkeit zu verstehen (Rn. 12 f.).46 Nicht anwendbar ist § 83 VVG, da diese Vorschrift akzessorisch an die Rettungs- 35 obliegenheiten gem. Ziff. 25.2 AHB i.V.m. § 82 VVG anknüpft, die jedoch erst mit Eintritt des Versicherungsfalles vom VN zu beachten sind. Insoweit ist der Hinweis geboten. dass Ziff. 5.3.1 UmweltHM keine Rettungs-, sondern eine Aufwendungsminderungsobliegenheit statuiert.47 Insoweit stellt sich die in der Literatur (vornehmlich vor der VVGReform48) diskutierte Frage der Abweichung von § 87 VVG nicht.49 Ist der Versicherungsfall hingegen bereits eingetreten und opfert der VN eigene 36 Sachen zur Minderung von nach Ziff. 1.2 UmweltHM ersatzfähigen Drittschäden auf, sind die Schäden an den eigenen Sachen zum Zeitwert unter den Voraussetzungen der §§ 82, 83 VVG ersatzfähig (§ 83 VVG Rn. 18).50
H. Geltung der Auschlusstatbestände auf Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles Fraglich ist, ob der Katalog der Ausschlusstatbestände in Ziff. 6 UmweltHM für Auf- 37 wendungsersatzansprüche gilt. Ausdrücklich findet sich hierzu weder in Ziff. 5 UmweltHM noch in Ziff. 6 UmweltHM ein entsprechender Hinweis. Zu Recht wird in der Literatur jedoch darauf hingewiesen, dass Ziff. 5.1 UmweltHM den Ersatz von Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung eines versicherten Schadens abhängig macht.51 Zudem enthält Ziff. 5.5 S. 3 UmweltHM eine Anrechnungsregel von fehlgeschlagenen Aufwendungen auf die für den Versicherungsfall maßgebende Versicherungssumme. Aufgrund dieser Regelungen wird für den VN deutlich, dass nicht nur die z.B. durch die Verkleckerungen i.S.v. Ziff. 6.1 UmweltHM eingetretenen Versicherungsfälle, sondern auch die zuvor ergriffenen Maßnahmen zur Abwendung eines Verkleckerungsschadens vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.
6. Nicht versicherte Tatbestände Nicht versichert sind: 6.1 1Ansprüche wegen Schäden, die dadurch entstehen oder entstanden sind, dass beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen diese Stoffe verschüttet werden, abtropfen, ablaufen, verdampfen, verdunsten oder durch ähnliche Vorgänge in den Boden oder ein Gewässer gelangen. 2Das gilt nicht, soweit solche Vorgänge auf einer Störung des Betriebes beruhen.
46 47
48
Bruck/Möller/R. Koch § 83 Rn. 11. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 51; Wagner VersR 1992 261, 269. Limberger/Koch VersR 1994, 394 ff.; Schimikowski VersR 1998 1452, 1458; ders. ZVersWiss 2001, 583, 597.
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Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 5 Rn. 27. Vgl. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 5.96. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.13; Vogel/ Stockmeier/Stockmeier 2. Teil C Rn. 1134.
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Umwelthaftpflicht
6.2 1Ansprüche wegen Schäden, die durch betriebsbedingt unvermeidbare, notwendige oder in Kauf genommene Umwelteinwirkungen entstehen. 2Das gilt nicht, wenn der VN den Nachweis erbringt, dass er nach dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der schadenursächlichen Umwelteinwirkungen unter den Gegebenheiten des Einzelfalles die Möglichkeiten derartiger Schäden nicht erkennen musste. 6.3 Ansprüche wegen Schäden, die vor Beginn des Versicherungsvertrages eingetreten sind. 6.4 Ansprüche wegen Schäden, für die nach Maßgabe früherer Versicherungsverträge Versicherungsschutz besteht oder hätte beantragt werden können. 6.5 Ansprüche wegen Schäden, die sich daraus ergeben, dass der VN nach Beginn des Versicherungsverhältnisses Grundstücke erwirbt oder in Besitz nimmt, die zu diesem Zeitpunkt bereits von einer Umwelteinwirkung betroffen waren. 6.6 Ansprüche wegen Schäden aus Eigentum, Besitz oder Betrieb von Anlagen oder Einrichtungen zur Endablagerung von Abfällen. 6.7 1Ansprüche wegen Schäden, die durch vom VN hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, durch Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen (Produkthaftpflicht). 2Ist Versicherungsschutz nach Risikobaustein Ziff. 2.6 vereinbart, gilt dieser Ausschluss insoweit nicht. 6.8 Ansprüche wegen Schäden, die durch vom VN hergestellte oder gelieferte Abfälle nach Auslieferung entstehen. 6.9 1Ansprüche gegen die Personen (VN oder jeden Mitversicherten), die den Schaden dadurch verursachen, dass sie bewusst von Gesetzen, Verordnungen oder an den VN gerichteten behördlichen Anordnungen oder Verfügungen, die dem Umweltschutz dienen, abweichen. 6.10 Ansprüche gegen die Personen (VN oder jeden Mitversicherten), die den Schaden dadurch verursachen, dass sie es bewusst unterlassen, die vom Hersteller gegebenen oder nach dem Stand der Technik einzuhaltenden Richtlinien oder Gebrauchsanweisungen für Anwendung, regelmäßige Kontrollen, Inspektionen oder Wartungen zu befolgen, oder notwendige Reparaturen bewusst nicht ausführen. 6.11 Ansprüche wegen genetischer Schäden. 6.12 1Ansprüche – wegen Bergschäden (i.S.d. § 114 BBergG), soweit es sich handelt um die Beschädigung von Grundstücken, deren Bestandteilen und Zubehör; – wegen Schäden beim Bergbaubetrieb (i. S. d. § 114 BBergG) durch schlagende Wetter, Wasser- und Kohlensäureeinbrüche sowie Kohlenstaubexplosionen. 6.13 Ansprüche wegen Schäden infolge der Veränderung der Lagerstätte des Grundwassers oder seines Fließverhaltens. 6.14 1Ansprüche wegen Schäden, die nachweislich auf Kriegsereignissen, anderen feindseligen Handlungen, Aufruhr, inneren Unruhen, Generalstreik, illegalem Streik oder unmittelbar auf Verfügungen oder Maßnahmen von hoher Hand beruhen; das gleiche gilt für Schäden durch höhere Gewalt, soweit sich elementare Naturkräfte ausgewirkt haben. 6.15 1Ansprüche wegen Schäden, die der VN, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges oder Kraftfahrzeuganhängers verursachen.
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Nicht versicherte Tatbestände
UmweltHM 2009 Ziff. 6
2Nicht versichert ist die Haftpflicht wegen Schäden, die der VN, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Wasserfahrzeuges verursachen oder für die sie als Halter oder Besitzer eines Wasserfahrzeuges in Anspruch genommen werden. 3Besteht nach diesen Bestimmungen für einen Versicherten (VN oder Mitversicherten) kein Versicherungsschutz, so gilt das auch für alle anderen Versicherten. 4Eine Tätigkeit der in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Personen an einem Kraftfahrzeug, Kraftfahrzeuganhänger und Wasserfahrzeug ist kein Gebrauch i.S. dieser Bestimmung, wenn keine dieser Personen Halter oder Besitzer des Fahrzeuges ist und wenn das Fahrzeug hierbei nicht in Betrieb gesetzt wird. 5Falls im Rahmen und Umfang dieses Vertrages eine abweichende Regelung getroffen wurde, gilt dieser Ausschluss insoweit nicht. 6.16 1Ansprüche wegen Schäden, die der VN, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Luft- oder Raumfahrzeuges verursachen oder für die sie als Halter oder Besitzer eines Luft- oder Raumfahrzeuges in Anspruch genommen werden. 2Besteht nach diesen Bestimmungen für einen Versicherten (VN oder Mitversicherten) kein Versicherungsschutz, so gilt das auch für alle anderen Versicherten. 3Nicht versichert ist die Haftpflicht aus – der Planung oder Konstruktion, Herstellung oder Lieferung von Luft- oder Raumfahrzeugen oder Teilen für Luft- oder Raumfahrzeuge, soweit die Teile ersichtlich für den Bau von Luft- oder Raumfahrzeugen oder den Einbau in Luft- oder Raumfahrzeuge bestimmt waren; – Tätigkeiten (z.B. Montage, Wartung, Inspektion, Überholung, Reparatur, Beförderung) an Luft- oder Raumfahrzeugen oder deren Teilen, und zwar wegen Schäden an Luft- oder Raumfahrzeugen, der mit diesen beförderten Sachen, der Insassen sowie wegen sonstiger Schäden durch Luft- oder Raumfahrzeuge.
Übersicht Rn. A. B. I. II.
C. I. II.
III. D. I. II.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . Kleckerschäden (Ziff. 6.1 UmweltHM) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . 1. Schäden durch Verschütten und dergleichen . . . . . . . . . . . . . . 2. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine Störung des Betriebs . . . . . Normalbetriebsschäden (Ziff. 6.2 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . . 1. Betriebsbedingt unvermeidbare Umwelteinwirkungen . . . . . . . . . 2. Notwendige Umwelteinwirkungen . 3. In Kauf genommene Umwelteinwirkungen . . . . . . . . . . . . . Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . Vorbelastungsausschluss (Ziff. 6.3 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rn. III. Weiter gehende Vorschadens- und Vorbelastungsausschlüsse . . . . . . . . . . E. Mehrfachversicherungsausschluss (Ziff. 6.4 UmweltHM) . . . . . . . . . . F. Erwerb kontaminierter Grundstücke (Ziff. 6.5 UmweltHM) . . . . . . . . . . G. Deponieausschluss (Ziff. 6.6 UmweltHM) H. Ausschluss des nicht-anlagebezogenen Umwelt-Produkthaftpflichtrisikos (Ziff. 6.7. UmweltHM) . . . . . . . . . . I. Ausschluss des Abfallrisikos (Ziff. 6.8 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . . J. Pflichtwidriges Handeln (Ziff. 6.9 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . . K. Bewusstes Unterlassen (Ziff. 6.10 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . . L. Genetische Schäden (Ziff. 6.11 UmweltHM) M. Bergschäden (Ziff. 6.12 UmweltHM) . . N. Veränderungen der Lagerstätte des Grundwassers (Ziff. 6.13 UmweltHM) . . . . . O. Gemeingefahren (Ziff. 6.14 UmweltHM) P. Benzinklausel (Ziff. 6.15 UmweltHM) . . Q. Luftfahrzeugklausel (Ziff. 6.16 UmweltHM)
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Umwelthaftpflicht
Allgemeines 1
Ziff. 6 UmweltHM enthält unter der Überschrift „Nicht versicherte Tatbestände“ zahlreiche Ausschlüsse, die auf die Umwelthaftpflichtversicherung zugeschnitten sind. Angesprochen sind besonders gefahrträchtige Sachverhalte, die nicht für versicherbar gehalten werden oder erst nach eingehender Prüfung (wie z.B. Anlagen oder Einrichtungen zur Endablagerung von Abfällen – siehe Ziff. 6.6 UmweltHM). Nach Ziff. 1.1 UmweltHM richtet sich der Versicherungsschutz nach den AHB und dem UmweltHM. Ebenso wie in Bezug auf das Verhältnis zwischen ProdHM und AHB (Ziff. 6 ProdHM Rn. 5) kommt dem UmweltHM Vorrang vor den AHB zu. Ein Rückgriff auf die AHB ist deshalb nur insoweit zulässig, als die Regelungen des UmweltHM nicht abschließend sind, was aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen VN einer Umwelthaftpflichtversicherung in jedem Einzelfall vor einem Rückgriff auf die AHB zu klären ist. Deshalb kann den Ausschlüssen nach Ziff. 7 AHB nicht pauschal eine allgemeine Auffanggeltung beigemessen werden.1 Im Übrigen gilt auch für die Ausschlusstatbestände gem. Ziff. 6 UmweltHM, dass sie nur bei adäquater Kausalität und unabhängig davon eingreifen, ob auch andere Ursachen bei der Schadensentstehung mitgewirkt haben (Grundsatz der Gesamtkausalität) (vgl. Ziff. 7 AHB Rn. 17).
B. Kleckerschäden (Ziff. 6.1 UmweltHM) I. Sinn und Zweck 2
Ziff. 6.1 S. 1 UmweltHM schließt Ansprüche wegen Schäden aus, die dadurch entstehen oder entstanden sind, dass beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen diese Stoffe verschüttet werden, abtropfen, ablaufen, verdampfen, verdunsten oder durch ähnliche Vorgänge in den Boden oder ein Gewässer gelangen (sog. Kleckerschäden). Abgesehen vom Verschütten ist kennzeichnend für diese Vorgänge, dass es sich um dauernde Umwelteinwirkungen handelt und der Schaden nicht unfallartig eintritt, sondern erst allmählich (s. sogleich auch Rn. 4).2 Beispiel 3: Der VN reinigt auf seinem Betriebshof Werkzeuge mit einem wassergefährdenden Reinigungsmittel. Dabei gelangen regelmäßig geringe Mengen dieses Reinigungsmittels in den Boden. Dies führt nach einiger Zeit zu einer Kontamination des Trinkwassers. Das nahe gelegene Wasserwerk muss deshalb schließen.
Eine zeitliche Zuordnung kann sich hier als schwierig erweisen, was insbesondere dann zu Problemen führt, wenn während der Umwelteinwirkung mehrere VR – womöglich noch mit unterschiedlich hohen Versicherungssummen – Deckung geboten haben. Darüber hinaus geht es bei diesem Ausschluss darum, die unvorsichtige Handhabung von wassergefährdenden Stoffen aus der Deckung herauszunehmen.4
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Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1129. Vgl. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/ Wittenberg/Brall 110. Nach GDV-Erläuterungen 25. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C
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Rn. 1138; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Matusche-Beckmann § 27 Rn. 162; SchmidtSalzer/Schramm Rn. 6.26; Langheid/Wandt/ Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 64.
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Nicht versicherte Tatbestände
UmweltHM 2009 Ziff. 6
Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Vorgang auf einer Störung des Betriebs 3 beruht. Betriebsstörungen werden dokumentiert, so dass die Verantwortlichkeit des Geschehens selbst bei länger andauernden Vorgängen möglich ist. Deshalb greift der Ausschluss gem. Ziff. 6.1 S. 2 UmweltHM in solchen Fällen nicht ein. Eine solche Störung liegt vor, wennn der bestimmungsgemäße Betrieb aufgrund eines unerwarteten, unfallartigen Ereignisses beeinträchtigt wird (Ziff. 5 UmweltHM Rn. 7). Beispiel 5: Bei einer Flanschverbindung innerhalb einer Rohrleitungsanlage werden bei einer Montage auf fremdem Grundstück Schrauben aus ungeeignetem Werkstoff eingesetzt. Zwei von fünf Schraubenköpfen reißen ab (Betriebsstörung). Die Flanschverbindung wird dadurch undicht und wassergefährdende Flüssigkeit tropft ins Erdreich.
Zu einer Betriebsstörung können auch einmalige Vorgänge führen, wie etwa das Umkippen eines mit wassergefährdenden Stoffen gefüllten Behälters.6
II. Einzelheiten 1. Schäden durch Verschütten und dergleichen Die Begriffe Verschütten, Abtropfen, Ablaufen, Verdampfen, Verdunsten entstammen 4 der Alltags-/Umgangssprache. Mit Ausnahme des Verschüttens, das auch feste Stoffe wie z.B. Sand und Erde miteinschließt, beziehen sich alle anderen Begriffe nur auf Flüssigkeiten und deren Aggregatzustände. Soweit Ziff. 6.1 S. 1 UmweltHM von ähnlichen Vorgängen spricht, sind mit Blick auf den erkennbaren Zweck der Klausel solche Vorgänge gemeint, die durch einen kontinuierlichen, gewissermaßen schleichenden Prozess gekennzeichnet sind, dessen Beginn und Ende zeitlich nicht eindeutig fixierbar sind. Vogel führt hierfür als Beispiel gekörnte Düngemittel auf, welche auf nacktem Erdreich gelagert werden und durch Umsetzungsvorgänge, Feuchtigkeit oder Wassereinfluss über Monate und Jahre hinweg nach und nach ins Grundwasser gelangen.7 Für Schimikowski ist die Formulierung „ähnliche Vorgänge“ dagegen intransparent.8 Nach dem Wortlaut greift der Ausschluss nur dann ein, wenn die Stoffe in den Boden 5 oder ein Gewässer gelangen. Er findet deshalb keine Anwendung, wenn sich die Ausbreitung auf dem Luftpfad beschränkt. Soweit Stoffe verdampfen oder verdunsten, ist somit erforderlich, dass die Stoffe niederschlagen und so in den Boden oder ein Gewässer gelangen.9 2. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen schließt die Verwendung dieser Stoffe 6 begrifflich mit ein. Der Ausschluss gilt somit auch, soweit die Schäden im Zusammenhang mit der Verwendung wassergefährdender Stoffe eintreten. Ein räumlicher und
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Nach GDV-Erläuterungen 25. Vgl. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 110; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.28. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1148. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaft-
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pflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 63. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 63; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1145; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.27.
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gegenständlicher Zusammenhang mit einer versicherten Anlage ist nicht erforderlich.10 Nach zweifelhafter Ansicht des OLG Düsseldorf soll die Lagerung wassergefährdender Stoffe nicht zum Umgang zählen.11 Gem. § 62 Abs. 3 WHG sind wassergefährdend i.S.d. WHG „feste, flüssige und gas7 förmige Stoffe, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen“. Welche Stoffe gegenwärtig als wassergefährdend einzustufen sind, erfolgt nach dem Bewertungsschema der Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe12.13 3. Keine Störung des Betriebs
8
Da es sich um einen Wiedereinschluss handelt, trifft den VN die Beweislast für das Vorliegen einer Betriebsstörung (zu diesem Begriff s. Ziff. 5 UmweltHM 7 ff.).
C. Normalbetriebsschäden (Ziff. 6.2 UmweltHM) I. Sinn und Zweck 9
Bei diesem Ausschluss geht es um das Risiko der Haftung des Anlagenbetreibers aus dem sog. bestimmungsgemäßen Betrieb der versicherten Anlage („Normalbetrieb“). Selbst wenn beim Betrieb einer Anlage die einschlägigen umweltrechtlichen Vorgaben beachtet werden, lassen sich Schadstoffemissionen bei vielen Produktionsvorgängen und Tätigkeiten nur reduzieren, nicht aber völlig vermeiden. Deshalb kann nach Einschätzung des Musterbedingungsgebers Ansprüchen wegen Schäden, „die durch betriebsbedingt unvermeidbare, notwendige oder in Kauf genommene Umwelteinwirkungen entstehen, mit dem klassischen Instrumentarium der Haftpflichtversicherung nicht begegnet werden“.14 Dies gilt nicht nur für den Betrieb von Anlagen, sondern auch im Zusammenhang mit Handlungen i.S.v. Ziff. 2.6 und 2.7 UmweltHM.15
II. Voraussetzungen 10
Der Ausschluss nach Ziff. 6.2 S. 1 UmweltHM knüpft alternativ an Ansprüche wegen Schäden an, die durch betriebsbedingt unvermeidbare, notwendige oder in Kauf genommene Umwelteinwirkungen (zu diesem Begriff s. Ziff. 7 AHB Rn. 315 ff.) entstehen.
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HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 30. OLG Düsseldorf 26.06.2007 BeckRS 2010 02790. Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe vom 17.5.1999 (BAnz 98a/1999) i.d.F. 27.7.2005 (BAnz 142a/2005): im Internet abrufbar unter www.umweltbundesamt.de/ wgs/archiv/vwvws.pdf. Weitergehend Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1142: alle Stoffe, welche aufgrund ihrer Eigenschaften in der Lage sind, Boden oder Gewässer in ihrer physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit
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14
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so zu verändern, dass daraus ein Haftpflichtrisiko und damit ein Kostenrisiko für den VR entstehen kann; dagegen Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 64. HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 31; vgl. auch GDV-Erläuterungen 25; SchmidtSalzer/Schramm Rn. 6.31; Langheid/Wandt/ Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 66. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 111.
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1. Betriebsbedingt unvermeidbare Umwelteinwirkungen Der Begriff „betriebsbedingt“ stellt auf den Zustand und den Betrieb der konkreten 11 als schadenursächlich in Betracht kommenden Anlage im Zeitpunkt der Emission ab. Umwelteinwirkungen sind betriebsbedingt unvermeidbar, wenn diese bei der konkreten Anlage „aufgrund ihres individuellen Betriebszustandes nicht vermieden werden können“.16 Es kommt also nicht darauf an, ob die Anlage im Neuzustand nur unvermeidbare Emissionen verursacht hat. Schlechter Zustand, nachlässige Wartung oder ungenügende Umweltschutzvorkehrungen einer Anlage werden bei der Feststellung, ob die Umwelteinwirkung betriebsbedingt vermeidbar war, voll berücksichtigt.17 2. Notwendige Umwelteinwirkungen Der Begriff „notwendig“ bezieht sich auf Emissionen, die beim Betrieb eines Anlagen- 12 typs zwingend – weil z.B. konstruktionsbedingt – auftreten.18 In der Regel wird es sich um betriebsbedingte Umwelteinwirkungen handeln. Nach dem Wortlaut des Ausschlusses kommt es darauf jedoch nicht an, weil sich die Betriebsbedingtheit nur auf das nachfolgende Wort „unvermeidbar“ bezieht.19 Vogel nennt als Beispiele für notwendige Umwelteinwirkungen Abluft-, Abgas- und Abwasserbehandlungsanlagen.20 3. In Kauf genommene Umwelteinwirkungen In Kauf genommen ist die Umwelteinwirkung, wenn der VN die potentielle Schäd- 13 lichkeit der emittierten Stoffe kennt, jedoch keine Maßnahmen zur Verhinderung oder Verringerung der Emission ergreift.21 Umstritten ist, ob bedingter Vorsatz, also die billigende Inkaufnahme der Umwelteinwirkung, erforderlich ist 22 oder grobe Fahrlässigkeit ausreicht.23 Im Hinblick auf die Grundsätze zur Auslegung von Risikoausschlussklauseln wäre letzterer Ansicht zu folgen, wenn Ziff. 6.2 UmweltHM nach seinem erkennbaren Sinn und Zweck eine Erstreckung auf grobe Fahrlässigkeit erfordert. Daran fehlt es, sodass es bei der engen, bedingten Vorsatz verlangenden Auslegung bleibt.
III. Ausnahme Gem. Ziff. 6.2 S. 2 UmweltHM findet Ziff. 6.2 S. 1 UmweltHM keine Anwendung, „wenn der VN den Nachweis erbringt, dass er nach dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der schadensursächlichen Umwelteinwirkungen unter den Gegebenheiten des Einzelfalles die Möglichkeiten derartiger Schäden nicht erkennen musste“.
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Kurth PHi 1992 48, 54. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 112; Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 6 Rn. 4; vgl. auch Beckmann/ Matusche-Beckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 173. Vgl. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.41; Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 174. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 67; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1209.
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Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1215. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 112; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1216; Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 6 Rn. 4. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 6 Rn. 5. Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 175; Vogel/Stockmeier/ Vogel 2. Teil C Rn. 1216; Schmidt-Salzer/ Schramm Rn. 6.42.
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Es handelt sich um einen Wiedereinschluss, sodass der VN die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen dieser sog. Öffnungsklausel trägt. Der VN muss also nachweisen, dass er im Zeitpunkt der Umwelteinwirkungen die später eingetretenen Schäden nicht (ohne grobe Fahrlässigkeit, vgl. § 122 Abs. 2 BGB) kannte. Dabei dient der Stand der Technik als Maßstab dafür, ob der VN die eingetretenen Schäden hätte erkennen können.24 Nicht gefordert wird, dass der VN in seinem Betrieb tatsächlich sichergestellt hat, dass seine Anlagen stets dem Stand der Technik entsprechen. Hinsichtlich des Merkmals Stand der Technik kann auf die Ausführungen zur Erprobungsklausel gem. Ziff. 6.2.5 ProdHM verwiesen werden (Ziff. 6 ProdHM Rn. 39 ff.). Für Schäden aus Entwicklungs- und Verborgenheitsrisiken besteht somit Deckung.25 Schieber will nicht auf die (Un-)Vorhersehbarkeit im Zeitpunkt der Umwelteinwir15 kung abstellen, sondern auf den Zeitpunkt der Emission.26 Dies begründet er damit, dass ein emittierter Stoff lange Zeit in einem Umweltmedium verweilen könne, bevor es zu einer Umwelteinwirkung (= Immission) komme. Nach dem Wortlaut von Ziff. 6.2 S. 2 UmweltHM müsste der VN folglich am Ort der Immission den Stand der Technik beachten, was nicht logisch erscheine, da der Stand der Technik eine Maßnahme zur Begrenzung der Emission beinhalte.27 Ziff. 6.2 S. 2 UmweltHM sei deshalb so zu verstehen, dass Ort und Zeitpunkt der Emmission für den Stand der Technik maßgebend seien. Diese Argumentation überzeugt. Diese Auslegung lässt sich zwar mit dem Wortlaut von Ziff. 6.2 S. 2 UmweltHM nur schwerlich in Einklang bringen, entspricht aber dem für den VN erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel.
D. Vorbelastungsausschluss (Ziff. 6.3 UmweltHM) I. Sinn und Zweck 16
Ziff. 6.3 UmweltHM schließt Ansprüche wegen bei Vertragsbeginn bereits eingetretener Schäden aus und dient der Vermeidung einer zeitlich unbegrenzten Rückwärtsdeckung.28
II. Inhalt 17
Keine Deckung besteht deshalb für Schäden, die zwar bereits eingetreten, aber zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns noch nicht festgestellt waren. Umwelteinwirkung Schadensereignis
Schadenseintritt
Feststellung des Schadens
t Vertragsbeginn 24 25 26
Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 114. Vgl. auch Poschen VersR 1993 653, 656 f. Schieber VersR 1999 816, 818; ihm folgend Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 6 Rn. 7.
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Schieber VersR 1999 816, 818 (unter Bezugnahme auf Schmidt-Salzer VersR 1992 793, 796 f.). Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 70.
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Nicht vom Anwendungsbereich des Ausschlusses erfasst sind hingegen bei Vertragsbeginn bereits vorhandene Umwelteinwirkungen, aus denen sich später (während der Wirksamkeit der Versicherung) Schäden entwickeln und festgestellt werden.29 Umwelteinwirkung Schadensereignis
Schadenseintritt
Feststellung des Schadens
t Vertragsbeginn Beispiel 30: Der Anspruchsteller ist längere Zeit schädlichen Perchloräthylendämpfen eines benachbarten Reinigungsbetriebes ausgesetzt gewesen. Er nimmt den Inhaber des Reinigungsbetriebes auf Ersatz aller sich in Zukunft daraus ergebenden Schäden, dass sich Perchloräthylen in seinem Körper eingelagert hat, in Anspruch. Die nachprüfbare erste Feststellung des Personenschadens – hier: der haftungsrechtlich erheblichen Einlagerung von Perchloräthylen im Körper des Anspruchstellers – wurde anlässlich einer ärztlichen Untersuchung während der Vertragslaufzeit der Umwelthaftpflichtversicherung des VN getroffen. Damit besteht gemäß Ziff. 4 UmweltHM grundsätzlich Versicherungsschutz. Der Anspruch ist jedoch von der Versicherung ausgeschlossen, wenn der VR – z.B. durch ein ärztliches Gutachten – darlegen und beweisen kann, dass bereits vor Vertragsbeginn Perchloräthylen im Körper des Anspruchstellers in einem Umfang eingelagert worden war, der eine Rechtsgutsverletzung begründet.
III. Weiter gehende Vorschadens- und Vorbelastungsausschlüsse Der Vorbelastungsausschluss ist wirksam.31 Klauselgestaltungen, die abweichend von 18 Ziff. 6.3 UmweltHM auch Ansprüche wegen Schäden durch sich aufbauende Bodenkontaminationen von der Deckung ausnehmen, sind ohne entsprechende deutliche Hinweise und Hervorhebungen im Text als überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB zu qualifizieren32 und können u.U. eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB darstellen.
E. Mehrfachversicherungsausschluss (Ziff. 6.4 UmweltHM) Ziff. 6.4 UmweltHM schließt Schäden aus, für die Versicherungsschutz nach Maß- 19 gabe früherer Versicherungsverträge besteht, denen eine von Ziff. 4 UmweltHM abweichende Versicherungsfalldefinition zugrunde liegt. Treffend bescheibt Schimikowski
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Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 116; Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 6 Rn. 11; Beckmann/MatuscheBeckmann/Matusche-Beckmann § 27 Rn. 182; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.73; Poschen VersR 1993 653, 657. Nach Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.72. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaft-
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pflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 74; vgl. auch OLG Hamm 5.10.2012 RuS 2013 68, 69 mit Anm. Schimikowski RuS 2013 70 (zu einer weitergehenden Klausel). Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 74.
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die Klausel als Übergangsregelung vom Schadensereignis- zum Feststellungsprinzip.33 Der Ausschluss dient insoweit der Vermeidung von Mehrfachversicherungen. Da bei Abschluss neuer Verträge seit etwa 1992 bei Umweltdeckungen in Deutschland nicht mehr das Schadensereignis-, sondern das Feststellungsprinzip gilt, kommt Ziff. 6.4 UmweltHM nur noch geringe praktische Bedeutung zu.34 Indem Ziff. 6.4 UmweltHM auch Schäden ausschließt, für die nach Maßgabe frühe20 rer Versicherungsverträge Versicherungsschutz hätte beantragt werden können, soll verhindert werden, dass der VN, der sich in der Vergangenheit nicht um adäquaten Versicherungsschutz bemüht hat, gleich oder gar besser gestellt wird, als der VN, der dies getan hat. Ein VN soll sich also nicht nachträglich durch Abschluss einer auf dem neuen Versicherungsfallbegriff „Schadensfeststellung“ beruhenden Versicherung für zurückliegende Schadensereignisse Versicherungsschutz beschaffen können.35 Nach Ansicht von Schimikowski ist Ziff. 6.4 UmweltHM so auszulegen, dass nur dann der Versicherungsschutz entfällt, wenn es objektiv möglich gewesen wäre, Deckung zu erhalten.36 Das lediglich subjektive Unvermögen des VN beseitigt die Wirkung der Ausschlussbestimmung hingegen nicht.37 Beispiel 38: Wegen des schlechten Zustandes der vom VN betriebenen Anlage hat dieser bei keiner der angesprochenen VR Versicherungsschutz erhalten.
F. Erwerb kontaminierter Grundstücke (Ziff. 6.5 UmweltHM) 21
Ausgeschlossen sind gem. Ziff. 6.5 UmweltHM Ansprüche wegen Schäden, die sich daraus ergeben, dass der VN nach Beginn des Versicherungsverhältnisses, d.h. während der Wirksamkeit der Versicherung, Grundstücke erwirbt oder in Besitz nimmt, die zu diesem Zeitpunkt bereits von einer Umwelteinwirkung betroffen waren. Da das UmweltHM einerseits dem Prinzip der Einzeldeklaration folgt und anderseits im Rahmen der Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM gem. Ziff. 3 UmweltHM weder die Regeln der Vorsorgeversicherung noch der Risikoerhöhung/-erweiterung zur Anwendung kommen, ist dieser Ausschluss nur für den Bereich des sonstigen Umwelt-Betriebsrisikos gem. Ziff. 2.7 UmweltHM bedeutsam. Wird der VN als Erwerber eines bereits kontaminierten Grundstücks für Schäden, die sich daraus entwickeln, von Dritten oder von der Behörde als Zustandsstörer in Anspruch genommen, besteht wegen Ziff. 6.5 UmweltHM kein Versicherungsschutz.39
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Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 72. Zu einem Altfall in der Gewässerschadenhaftpflichtversicherung s. OLG Celle 21.3.1996 RuS 1996 173, 174. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 119; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.79; GDV-Erläuterungen 27. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadens-
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versicherung Rn. 72; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1243. HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 32. Nach HUK-Erläuterungen zum UmweltHM, abgedruckt in Beilage zu VW Heft 24/1993 32. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 119 f.; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.83.
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Nicht versicherte Tatbestände
UmweltHM 2009 Ziff. 6
G. Deponieausschluss (Ziff. 6.6 UmweltHM) Ziff. 6.6. UmweltHM stellt klar, dass für Ansprüche wegen Schäden aus Eigentum, 22 Besitz oder Betrieb von Anlagen oder Einrichtungen zur Endablagerung von Abfällen standardmäßig kein Versicherungsschutz besteht. Hierfür bedarf es besonderer Vereinbarung. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 S. 1 KrWG, die dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechen dürfte, fallen unter den Abfallbegriff „alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.“
Betroffen sind die Betreiber von Deponien, die in § 3 Ziff. 27 KrWG legal definiert werden als „Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Zu den Deponien zählen auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Erzeuger von Abfällen die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt“.
Zu beachten ist, dass es sich um Anlagen oder Einrichtungen zur Endablagerung handeln muss. Ziff. 6.6 UmweltHM findet deshalb keine Anwendung, wenn es um die Zwischenlagerung von Abfällen (vgl. § 4 Abs. 1 S. 1 BImschG) z.B. auf dem Betriebsgrundstück mit dem Ziel späterer Verwertung handelt.
H. Ausschluss des nicht-anlagebezogenen Umwelt-Produkthaftpflichtrisikos (Ziff. 6.7. UmweltHM) Ansprüche wegen Schäden, die durch vom VN hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, 23 durch Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten herbeigeführt werden, sind nach Ziff. 6.7 S. 1 UmweltHM ausgeschlossen, da für diese Ansprüche Deckung durch die Betriebshaftpflichtversicherung besteht (vgl. Ziff. 7 AHB Rn. 325). Soweit das anlagenspezifische Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko nach Maßgabe des Risikobausteins Ziff. 2.6 UmweltHM betroffen ist, besteht Versicherungsschutz ausschließlich durch diesen Baustein. Klarstellend weist Ziff. 6.7 S. 2 UmweltHM darauf hin, dass der Ausschluss nach Ziff. 6.7 S.1 UmweltHM in diesem Fall nicht gilt.
I. Ausschluss des Abfallrisikos (Ziff. 6.8 UmweltHM) Ziff. 6.8 UmweltHM schließt Ansprüche wegen Schäden aus, die durch vom VN her- 24 gestellte oder gelieferte Abfälle nach Auslieferung entstehen. Für diese Ansprüche besteht Deckung im Rahmen einer Betriebshaftpflichtversicherung (Ziff. 7 AHB Rn. 325).
J. Pflichtwidriges Handeln (Ziff. 6.9 UmweltHM) Ziff. 6.9 UmweltHM schließt Ansprüche gegen die Personen (VN oder jeden Mitver- 25 sicherten) aus, die den Schaden dadurch verursachen, dass sie bewusst abweichen von Gesetzen, Verordnungen oder an den VN gerichteten behördlichen Anordnungen oder Verfügungen, die dem Umweltschutz dienen. Abgesehen davon, dass es sich um Verstöße gegen umweltschutzbezogene Regelungen handeln muss, ist der Ausschluss sachlich iden-
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Umwelthaftpflicht
tisch mit Ziff. 6.2.6 ProdHM, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird (Rn. 11 ff.). Eine beispielhafte Übersicht der i.S.d. Ziff. 6.9 UmweltHM relevanten Verordnungen gibt Vogel.40
K. Bewusstes Unterlassen (Ziff. 6.10 UmweltHM) 26
Ziff. 6.10 UmweltHM erweitert den subjektiven Risikoausschluss nach Ziff. 6.9 UmweltHM auf die Fälle, in denen der VN oder mitversicherte Personen es bewusst unterlassen, die vom Hersteller gegebenen oder nach dem Stand der Technik einzuhaltenden Richtlinien oder Gebrauchsanweisungen für Anwendung, regelmäßige Kontrollen, Inspektionen oder Wartungen zu befolgen, oder notwendige Reparaturen bewusst nicht ausführen. Voraussetzung für diesen Ausschluss ist somit, dass der VN oder die mitversicherte Person positive Kenntnis von den Richtlinien oder Gebrauchsanweisungen, die vom Hersteller gegeben oder nach dem Stand der Technik einzuhalten sind, und der Notwendigkeit der Reparatur hat.41 Den Eintritt des Schadens selbst braucht sich der Handelnde hingegen nicht vorgestellt zu haben. Nach dem Wortlaut der Klausel müssen die vom Hersteller gegebenen Richtlinien oder Gebrauchsanweisungen nicht in schriftlicher Form fixiert sein.42
L. Genetische Schäden (Ziff. 6.11 UmweltHM) 27
Nach Ziff. 6.11 UmweltHM sind Ansprüche wegen genetischer Schäden ausgeschlossen. Was darunter zu verstehen ist, ist weder im UmweltHM noch im Gesetz definiert. In § 3 Ziff. 14 GefStoffV wird die Formulierung als Beispiel für „erbgutverändernd (mutagen)“ gebraucht. In diesem Sinne, der auch dem allgemeinen Sprachgebrauch und -verständnis entsprechen dürfte, versteht Schramm genetische Schäden als solche, „die in einer pathologischen Veränderung des Erbgutes bestehen oder auf einer solchen beruhen“.43 Zu beachten ist, dass der Schaden durch Umwelteinwirkung entstanden sein muss, was bei gezieltem Eingriff in das Erbgut oder unmittelbarer Einwirkung genetisch veränderter Organismen (z.B. Schädigung der Erbsubstanz eines Menschen nach Genuss gentechnisch veränderter Tomaten) zu verneinen sein dürfte.44 Im Übrigen ist der Ausschluss nicht auf Menschen beschränkt, sondern erstreckt sich 28 auch auf Sachen (Tiere und Pflanzen).45 Erfasst werden nicht nur Schäden durch eine gentechnische Anlage, sondern auch entsprechende Schäden durch Handlungen.46 Macht die betroffene Person Ansprüche nicht nur wegen genetischer Schäden, sondern wegen nicht genetischer Schäden geltend, besteht insoweit Deckung (vgl. Ziff. 7 AHB Rn. 20).
40 41 42
43
Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1301. Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 193. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.109; a.A. Küpper VP 1993 17, 21; offengelassen Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1313; Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 193. Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 6.112, vgl.
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44 45 46
auch Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1321; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 83. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1324. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 6 Rn. 19. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 130.
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Nicht versicherte Tatbestände
UmweltHM 2009 Ziff. 6
M. Bergschäden (Ziff. 6.12 UmweltHM) Ein Bergschaden i.S.d. § 114 BBergG liegt vor, sofern ein Personen- oder Sachschaden 29 eintritt infolge des Aufsuchens, Gewinnens und Aufbereitens von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen einschl. des Verladens, Beförderns, Abladens, Lagerns und Ablagerns von Bodenschätzen, Nebengestein und sonstigen Massen (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1 BBergG) sowie der Wiedernutzbarmachung der Oberfläche während und nach der Aufsuchung (§ 2 Abs. 1 Ziff. 2 BBergG) oder durch Betriebsanlagen und Betriebseinrichtungen, die überwiegend einer der o.g. Tätigkeiten dienen oder zu dienen bestimmt sind (Bergbaubetrieb) (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 BBergG).47 Der Ausschluss ist gem. Ziff. 6.12, 1. Spiegelstrich UmweltHM beschränkt auf die Be- 30 schädigung von Grundstücken, deren Bestandteilen und Zubehör. Personenschäden und sonstige Sachschäden fallen nicht unter den Ausschluss. Schäden an Wegen werden von der Ausschlussregelung erfasst, da sie realer Flächenteil eines Grundstücks sind. Demgegenüber sind z.B. Stromkabel weder Grundstück noch Bestandteil eines solchen. Es handelt sich vielmehr um sogenannte „Scheinbestandteile“ i.S.v. § 95 Abs. 1 S. 2 BGB.48 Ein Kabel ist auch kein Zubehör des Grundstücks, da es weder dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks zu dienen bestimmt ist, noch vom Verkehr als Zubehör angesehen wird.49 Ziff. 6.12, 2. Spiegelstrich UmweltHM beschränkt den Ausschluss darüber hinaus- 31 gehend auf bestimmte Schadensursachen, nämlich schlagende Wetter, Wasser- und Kohlensäureeinbrüche sowie Kohlenstaubexplosionen. Unter dem Begriff „schlagende Wetter“ beim Bergbaubetrieb sind nicht Niederschläge zu verstehen. Mit diesem Begriff wird vielmehr im Kohlebergbau wie auch im Salz- und Erzbergbau unter Tage austretendes Grubengas (Methangas) bezeichnet, welches, mit Luft gemischt, explosiv reagiert (Schlagwetterexplosion).50
N. Veränderungen der Lagerstätte des Grundwassers (Ziff. 6.13 UmweltHM) Des Weiteren sind ausgeschlossen Ansprüche wegen Schäden infolge der Veränderung 32 der Lagerstätte des Grundwassers oder seines Fließverhaltens. Grundwasser ist nach der Definition von § 3 Ziff. 3 WHG „das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht“.51 Dabei kommt es auf die Tiefe und Herkunft des unterirdischen Wassers ebenso wenig an wie darauf, ob das Vorkommen fließt, in Hohlräumen gestaut oder kapilar gebunden ist.52 In der Sättigungszone sind alle Hohlräume in Poren-, Kluft- und Karstgrundwasser zu 100 % mit Wasser ausgefüllt.53
47 48 49 50
Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1331. OLG Köln 24.6.2008 RuS 2009 149, 150 = VersR 2009 350. OLG Köln 24.6.2008 RuS 2009 149, 150 = VersR 2009 350. OLG Köln 24.6.2008 RuS 2009 149, 150 = VersR 2009 350.
51 52
53
Vgl. auch OVG Münster 27.7.2010 NJOZ 2010 2723, 2724. Landmann/Rohmer/Faßbender § 3 WHG Rn. 45; BeckOK/Guckelberger § 3 WHG Rn. 11. Landmann/Rohmer/Faßbender § 3 WHG Rn. 47.
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Umwelthaftpflicht
Von dem Ausschluss betroffen ist insbesondere der Risikobaustein gem. Ziff. 2.7 UmweltHM (ggf. auch Ziff. 2.4 UmweltHM). Er erlangt vor allem im Zusammenhang mit Baumaßnahmen Bedeutung, so z.B. wenn es zu Rissbildungen in Gebäuden infolge der Abwendung oder Umleitung von Grundwasser kommt.54 Nicht unter den Ausschluss fällt die Verunreinigung des Grundwassers.55 Da es sich bei dem unter dem Grundstück fließenden Grundwasser um keine Sache handelt (Ziff. 1 AHB Rn. 15), ist eine Verunreinigung nur unter den Voraussetzungen des Ziff. 1.2 S. 1 UmweltHM versichert.
O. Gemeingefahren (Ziff. 6.14 UmweltHM) 34
Die Formulierung dieses Ausschlusses stimmt wortgenau mit Ziff. 7.4.1.1 MusterBedingungsstruktur AT überein, sodass auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann (Ziff. 7 AHB Rn. 294). Hier wie dort kommt dem Ausschluss in erster Linie Bedeutung für die Anspruchsabwehr zu, die der VR nicht zu erbringen hat.56 Zwar ist die Haftung wegen Schäden infolge Umwelteinwirkung überwiegend verschuldensunabhängig ausgestaltet. Ausnahmen bestehen jedoch für den Fall, dass Stoffe aus der Anlage durch höhere Gewalt in das Gewässer gelangt sind und der Schaden somit auf höhere Gewalt zurückzuführen ist (vgl. § 89 Abs. 2 S. 3 WHG, § 4 UmweltHG, § 1 Abs. 2 HPflG).
P. Benzinklausel (Ziff. 6.15 UmweltHM) 35
Die Benzinklausel ist der Betriebshaftpflichtversicherung (vgl. Ziff. 7.4.3 MusterBedingungsstruktur AT) entnommen und bezweckt vor allem die Abgrenzung zur KfzHaftpflichtversicherung. Ausgeschlossen sind gem. Ziff. 6.15 S. 1 UmweltHM Ansprüche wegen Schäden durch den Gebrauch des Kfz und des Kfz-Anhängers. Der Begriff des Kfz entspricht der in § 1 Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 und 2 FZV enthaltenen Definition (vgl. Ziff. 3 AHB Rn. 85). Die Klausel erfasst somit auch Ansprüche wegen Schäden durch den Gebrauch von nicht zulassungs- und nicht versicherungspflichtigen Kfz aller Art einschließlich selbstfahrender Arbeitsmaschinen und Anhänger-Arbeitsmaschinen. Dieses Risiko muss durch Sondervereinbarung eingeschlossen werden (vgl. Ziff. 1.4 UmweltHM). Im Hinblick darauf, dass der Gebrauchsbegriff bei Wasserfahrzeugen (s. hierzu Ziff. 4 36 AHB Rn. 24) nicht so eindeutig festgelegt ist wie bei den Kfz, werden in der Klausel auch die Haftpflicht des Besitzers und des Halters ausdrücklich erwähnt. Auch ohne dass zugleich ein Gebrauch vorliegt, ist die Haftung als Halter oder Besitzer nicht versichert.57 Die das Kfz oder Wasserfahrzeug Gebrauchenden müssen nach Ziff. 6.15 S. 3 37 UmweltHM nicht VN oder Mitversicherte sein, es reicht vielmehr aus, dass sie vom VN oder einem (Mit)Versicherten zum Gebrauch bestellt oder beauftragt worden sind. Im Übrigen wirkt der Ausschluss, wenn er in der Person eines Versicherten (VN oder Mitversicherten) verwirklicht ist, auch gegenüber allen anderen Versicherten (nach Ziff. 6.15 S. 2 UmweltHM).
54
55
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 85. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 130.
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56 57
Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 131. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1369.
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Versicherungssummen/Maximierung/Serienschadenklausel/…
UmweltHM 2009 Ziff. 7
Für die Tätigkeit an einem Kfz, Kfz-Anhänger oder Wasserfahrzeug besteht dagegen 38 Versicherungsschutz, wenn keine der vorbezeichneten Personen Halter oder Besitzer des Fahrzeugs ist und wenn das Fahrzeug hierbei nicht in Betrieb gesetzt wird.
Q. Luftfahrzeugklausel (Ziff. 6.16 UmweltHM) Die Luftfahrzeugklausel schließt im gleichen Umfang – auch in personeller Hinsicht – 39 wie die gem. Ziff. 6.15 UmweltHM das Risiko des Gebrauchs von Luftfahrzeugen i.S.v. § 1 Abs. 2 LuftVG von der Deckung aus (zum Begriff des Luftfahrzeugs s. Ziff. 4 AHB Rn. 25). Soweit die Haftpflicht aus der Planung oder Konstruktion, Herstellung oder Lieferung von Luftfahrzeugen oder Teilen für Luftfahrzeuge, die ersichtlich für den Bau von Luftfahrzeugen oder den Einbau in Luftfahrzeuge bestimmt sind, sowie aus Tätigkeiten (z.B. Montage, Wartung, Inspektion, Überholung, Reparatur, Beförderung) an Luftfahrzeugen oder Luftfahrzeugteilen ausgeschlossen ist, entspricht dieser Ausschluss Ziff. 6.2.6 ProdHM, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird (Ziff. 6 ProdHM Rn. 65)
7. Versicherungssummen/Maximierung/Serienschadenklausel/Selbstbehalt 7.1 1Die Versicherungssumme beträgt je Versicherungsfall pauschal für Personen-, Sach- sowie gem. Ziff. 1.2 mitversicherte Vermögensschäden EUR ……. (bei Personenschäden für die einzelne Person jedoch nicht mehr als EUR ……). 2Diese Versicherungssumme bildet auch die Höchstersatzleistung des VR für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres. 7.2 1Für den Umfang der Leistung des VR bildet die angegebene Versicherungssumme die Höchstgrenze bei jedem Versicherungsfall. 2Dies gilt auch dann, wenn sich der Versicherungsschutz auf mehrere entschädigungspflichtige Personen erstreckt. 3Mehrere während der Wirksamkeit der Versicherung eintretende Versicherungsfälle durch – dieselbe Umwelteinwirkung – mehrere unmittelbar auf derselben Ursache beruhende Umwelteinwirkungen – mehrere unmittelbar auf den gleichen Ursachen beruhende Umwelteinwirkungen, wenn zwischen gleichen Ursachen ein innerer, insbesondere sachlicher und zeitlicher, Zusammenhang besteht gelten unabhängig von ihrem tatsächlichen Eintritt als ein Versicherungsfall, der im Zeitpunkt des ersten dieser Versicherungsfälle als eingetreten gilt. 4Ziff. 6.3 AHB wird gestrichen. 7.3 Der VN hat bei jedem Versicherungsfall von der Schadensersatzleistung EUR …… selbst zu tragen.
Übersicht Rn. A. Versicherungssumme/Maximierung (Ziff. 7.1, 7.2 S. 1 u. 2 UmweltHM) . . . B. Serienschadenklausel (Ziff. 7.2 S. 3 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . .
1
Rn. C. Selbstbehalt (Ziff. 7.3 UmweltHM) . . . D. Darlegungs- und Beweispflicht . . . . . .
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Umwelthaftpflicht
A. Versicherungssumme/Maximierung (Ziff. 7.1, 7.2 S. 1 u. 2 UmweltHM) 1
Ziff. 7.1, 7.2 S. 1 und 2 UmweltHM regeln den Umfang der Leistung des VR. Nach Ziff. 7.1 S. 1 UmweltHM ist eine pauschale Versicherungssumme für Personen- und Sachschäden sowie mitversicherte Vermögensschäden vorgesehen. Bei Personen erfolgt eine Begrenzung der für die einzelne Person zur Verfügung stehenden Versicherungssumme (Sublimit). Die je Versicherungsfall zur Verfügung stehende Versicherungssumme ist gem. Ziff. 7.1 S. 2 UmweltHM gleichzeitig auch die Höchstersatzleistung des VR für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres, d.h. sie ist standardmäßig einfach p.a. maximiert. Dies gilt nach Ziff. 7.2 S. 2 UmweltHM auch dann, wenn sich der Vertrag auf mehrere VN/Mitversicherte bezieht. Diese Klausel entspricht Ziff. 6.1 S. 2 AHB. Eine Anrechnung der Kosten auf die Versicherungssumme ist nicht vorgesehen (vgl. Ziff. 6.5 AHB).1
B. Serienschadenklausel (Ziff. 7.2 S. 3 UmweltHM) 2
Ziff. 7.2 S. 3 UmweltHM enthält eine auf die von Ziff. 1.1 AHB abweichende Versicherungsfalldefinition in Ziff. 4 UmweltHM zugeschnittene Serienschadensregelung, die anknüpft an dieselbe Umwelteinwirkung, unmittelbar auf derselben Ursache beruhende Umwelteinwirkungen und auf Umwelteinwirkungen, die unmittelbar auf gleichen Ursachen beruhen. Ziff. 6.3 AHB ist deshalb ausdrücklich abbedungen (Ziff. 7.2 S. 4 UmweltHM). Beispiele 2 für – dieselbe Umwelteinwirkung: Infolge einer Betriebsstörung kommt es zum Austritt einer chemischen Substanz in die Luft, wodurch mehrere Personenschäden verursacht werden. – auf derselben Ursache beruhende Umwelteinwirkungen: Eine Betriebsstörung führt sowohl zu Umwelteinwirkungen auf die Luft als auch auf den Boden. – auf gleichen Ursachen beruhende Umwelteinwirkungen: Der Filter einer umweltrelevanten Anlage muss in Intervallen einer Wartung unterzogen werden. Dies wird regelmäßig nicht fristgemäß durchgeführt, was an den fälligen Wartungsterminen zu einem erhöhten Schadstoffausstoß in die Luft führt.
In den ersten beiden Serienschadenalternativen ist die Ursache stets identisch.3 3 Der Begriff „dieselbe Umwelteinwirkung“ in der ersten Alternative lehnt sich an § 15 UmweltHG an, der die Haftungshöchstgrenzen für eine „einheitliche Umwelteinwirkung“ bestimmt.4 Nach der Kommentarliteratur zu § 15 UmweltHG muss es sich um eine „zeitlich und räumlich eingegrenzte Ausbreitung bestimmter Stoffe oder ähnlicher Erscheinungen im Boden, im Wasser oder in der Luft handeln“.5
1
2 3
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 85; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1383. Nach GDV-Erläuterungen 30. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 85; Küpper VP 1992 1, 8.
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4 5
Vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/ Matusche-Beckmann § 27 Rn. 208. Landmann/Rohmer/Rehbinder § 15 UmweltHG Rn. 4; Landsberg/Lülling § 15 UmweltHG Rn. 7; Staudinger/Kohler § 15 UmweltHG Rn. 6.
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Versicherungssummen/Maximierung/Serienschadenklausel/…
UmweltHM 2009 Ziff. 7
Unmittelbar auf derselben Ursache i.S.d. zweiten Alternative beruht eine Umwelteinwirkung, wenn keine andere Ursache an dem Vorgang beteiligt war.6 Als Beispiel hierfür sei die Situation des wieder auffachenden Brandes und der daraus entstehenden Umwelteinwirkungen genannt.7 Dabei bezieht sich die Unmittelbarkeit nur auf die Umwelteinwirkungen. Die Schäden müssen nicht unmittelbar aufgrund der Umwelteinwirkung eingetreten sein.8 Die dritte Alternative ist einschlägig, wenn die Versicherungsfälle durch mehrere Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, die unmittelbar auf den gleichen Ursachen beruhen. Wie bei der erweiterten Ursachenklausel nach Ziff. 6.3, 2. Spiegelstrich AHB ist zusätzliche Voraussetzung für eine Kontraktion dieser mehreren Versicherungsfälle zu einem einzigen Versicherungsfall, dass zwischen den gleichen Ursachen ein innerer – insbesondere sachlicher und zeitlicher – Zusammenhang besteht. Insoweit kann auf die dortige Kommentierung und die gegen die Transparenz dieses Erfordernisses geäußerten Bedenken verwiesen werden (Ziff. 6 AHB Rn. 18 ff.). Serienschäden der vorbeschriebenen Art gelten unabhängig von ihrem tatsächlichen Eintritt als ein Versicherungsfall, der im Zeitpunkt des ersten dieser Versicherungsfälle als eingetreten gilt, sofern der erste und alle folgenden Teilschäden während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten sind. Diese Fiktion des Zeitpunkts entspricht Ziff. 8.3 ProdHM. Für Schäden, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses festgestellt werden, besteht somit kein Versicherungsschutz, auch wenn sie Teil einer auf derselben Umwelteinwirkung beruhenden Serie von Schäden sind. Insoweit kann es sich auch hier für den VN als problematisch erweisen, wenn der VR nach der Regulierung des ersten Teilschadens nach Ziff. 19 AHB kündigt. Abgemildert werden die nachteiligen Folgen einer Schadensfallkündigung durch die Nachhaftungsregelung gem. Ziff. 8 UmweltHM (s. hierzu sogleich die Kommentierung zu Ziff. 8 UmweltHM). Die Versicherungswirtschaft bietet darüber hinaus auch hier die für die Betriebs- (Ziff. 6 AHB Rn. 11) und Produkthaftpflichtversicherung (Ziff. 8 ProdHM Rn. 15) konzipierte Alternativklausel an, nach der die in die Nachhaftungszeit fallenden Versicherungsfälle dem Versicherungsjahr zugeordnet werden, dem auch die in der Vertragslaufzeit eingetretenen Schäden der Serie zugeordnet werden (Zeitpunkt des ersten Schadens der Serie).9 Des Weiteren ist zu beachten, dass die Serienschadenklausel für Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles (Ziff. 5 UmweltHM) nicht gilt.10
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C. Selbstbehalt (Ziff. 7.3 UmweltHM) Ziff. 7.3 UmweltHM sieht einen Selbstbehalt (Abzugsfranchise) vor, dessen Höhe zu 9 vereinbaren ist. Für Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles bestimmt sich der Selbstbehalt nach Ziff. 5.5 UmweltHM. Soweit Aufwendungen auf die für den Versicherungsfall maßgebende Versicherungssumme angerechnet werden, hat der VN nur den höheren zu tragen (Ziff. 5.5 UmweltHM Rn. 28).
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Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 209; Küpper VP 1992 1, 8; Schmidt-Salzer/Schramm Rn. 7.14. Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 209; vgl. auch Vogel/ Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1397.
8 9 10
Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 209. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 135. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1392.
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UmweltHM 2009 Ziff. 8
Umwelthaftpflicht
D. Darlegungs- und Beweispflicht 10
Bei der Serienschadenklausel handelt es sich um eine den VR begünstigende Regelung, weil sie den Umfang der Leistungspflicht begrenzt. Deshalb ist für das Vorliegen ihrer tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der VR darlegungs- und beweispflichtig.11 In dieser Beziehung unterscheidet sich die Serienschadenklausel des UmweltHM von der des ProdHM. Dort ist nach Ziff. 8.3 ProdHM der VN dahingehend darlegungs- und beweisbelastet, dass bei Versicherungsfällen, die auf der gleichen Ursache beruhen, kein innerer Zusammenhang zwischen den Ursachen besteht (s. Ziff. 8 ProdHM Rn. 11).
8. Nachhaftung 8.1 Endet das Versicherungsverhältnis wegen des vollständigen oder dauernden Wegfalls des versicherten Risikos oder durch Kündigung des VR oder des VN, so besteht der Versicherungsschutz für solche Personen-, Sach- oder gem. Ziff. 1.2 mitversicherte Vermögensschäden weiter, die während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten sind, aber zum Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses noch nicht festgestellt waren, mit folgender Maßgabe: – Der Versicherungsschutz gilt für die Dauer von 3 Jahren vom Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses an gerechnet. – Der Versicherungsschutz besteht für die gesamte Nachhaftungszeit im Rahmen des bei Beendigung des Versicherungsverhältnisses geltenden Versicherungsumfanges, und zwar in Höhe des unverbrauchten Teils der Versicherungssumme des Versicherungsjahres, in dem das Versicherungsverhältnis endet. 8.2 Die Regelung der Ziff. 8.1 gilt für den Fall entsprechend, dass während der Laufzeit des Versicherungsverhältnisses ein versichertes Risiko teilweise wegfällt, mit der Maßgabe, dass auf den Zeitpunkt des Wegfalls des versicherten Risikos abzustellen ist. Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Beendigung des Versicherungsverhältnisses (Ziff. 8.1 UmweltHM) . . . . . . . . . . I. Schadenseintritt während der Wirksamkeit des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . II. Gründe für die Vertragsbeendigung . . . III. Begrenzung der Nachhaftungsdeckung . .
1 3 3 4 7
Rn. IV. Serienschäden . . . . . . . . . . . . V. Versichererwechsel . . . . . . . . . . C. Teilweiser Wegfall eines versicherten Risikos (Ziff. 8.2 UmweltHM) . . . . D. Darlegungs- und Beweislast . . . . . E. Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den VN . . . . . . . . . . . .
. . . .
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. . . .
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. .
13
A. Sinn und Zweck 1
Nach Ziff. 4 UmweltHM muss der Versicherungsfall, die nachprüfbare erste Feststellung des Schadens, während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten sein. Diese Definition des Versicherungsfalles hat zur Folge, dass für während der Wirksamkeit 11
Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 137; Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1401.
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Nachhaftung
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der Versicherung eingetretene, aber noch nicht festgestellte Schäden, kein Versicherungsschutz besteht. Um hierfür einen Ausgleich zu schaffen, sieht Ziff. 8 UmweltHM eine dreijährige Nachhaftung für während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretene Schäden vor, die innerhalb dieser Frist festgestellt werden. Diese Nachhaftung gilt unabhängig davon, wie lange der Vertrag bestanden hat. In der zeitlichen Beschränkung liegt keine unangemessene Benachteiligung des VN i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB1, insbesondere auch keine Vertragszweckgefährdung, soweit sich der durchschnittliche Zeitraum zwischen Schaden und Feststellung innerhalb der dreijährigen Nachhaftung bewegt. Die Nachhaftungsdeckung unterscheidet zwischen einer Beendigung des Versiche- 2 rungsverhältnisses (Ziff. 8.1 UmweltHM) und dem Wegfall eines (einzelnen) Risikos (Ziff. 8.2 UmweltHM).
B. Beendigung des Versicherungsverhältnisses (Ziff. 8.1 UmweltHM) I. Schadenseintritt während der Wirksamkeit des Vertrags Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Nachhaftungsversicherung sind, dass der 3 Schaden während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten ist und innerhalb von drei Jahren nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses nachprüfbar erstmals festgestellt wird. Erst während der Nachhaftungszeit eingetretene Schäden sind vom Versicherungsschutz nicht umfasst. Entgegen Schimikowski handelt es sich bei dieser Beschränkung nicht um eine überraschende Klausel i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB 2, da der VN angesichts der Versicherungsfalldefinition davon ausgehen muss, unabhängig vom Schadenseintritt überhaupt keinen Versicherungsschutz für nach Vertragsende festgestellte Schäden zu erhalten.
II. Gründe für die Vertragsbeendigung Die Beendigung des Versicherungsverhältnisses meint die Beendigung des Versiche- 4 rungsvertrages. Als Gründe für die Beendigung des Vertrages werden der vollständige oder dauernde Wegfall des versicherten Risikos und die (außer-)ordentliche Kündigung seitens des VR oder des VN genannt (z.B. Ziff. 10.4, 16.2, 18, 19, 26.1 AHB). Keine Nachhaftung besteht somit, wenn der VR den Vertrag durch Rücktritt (Ziff. 23.2 AHB) oder Anfechtung (§ 22 VVG i.V.m. § 123 BGB) beendet hat3 oder sich der VN durch Widerruf (§ 8 VVG) vom Vertrag löst.4 Von einem vollständigen Risikowegfall wird in der Literatur gesprochen, wenn das 5 Risiko überhaupt nicht mehr vorhanden ist (z.B. Demontage einer Tankanlage, Abbau
1
2
3
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 95. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 96. Vgl. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 8 Rn. 4; Beckmann/Matusche-Beckmann/
4
Matusche-Beckmann § 27 Rn. 214; SchmidtSalzer/Schramm Rn. 8.3. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 97 (sich für eine Gleichbehandlung von Widerruf und Kündigung aussprechend).
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Umwelthaftpflicht
einer Produktionsanlage, Betriebsaufgabe, Veräußerung des Betriebes) oder der verbleibende Rest allein nicht mehr versichert werden kann (z.B. Demontage einer Tankanlage insoweit, als dass nur noch der bloße, von Chemikalien gereinigte Tankkörper als leere Metallhülle zurückbleibt).5 Ein dauerhafter Wegfall soll anzunehmen sein, wenn eine Tätigkeit oder Eigenschaft des VN, an welche das Risiko geknüpft war, endgültig aufgegeben wird, insbesondere auch bei einer Betriebsaufgabe oder -veräußerung.6 Unerheblich ist, aus welchem Grund das Risiko wegfällt.7 Zu beachten ist, dass für stillgelegte Anlagen die Haftung fortbestehen kann (vgl. § 2 6 Abs. 2 UmweltHG), sodass das versicherte Risiko insoweit nicht wegfällt. Es bedarf daher der Verlängerung des Versicherungsvertrages zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes.8
III. Begrenzung der Nachhaftungsdeckung 7
Die Nachhaftung ist wie zuvor bereits erwähnt gem. Ziff. 8.1 S. 2 UmweltHM auf drei Jahre nach Vertragsbeendigung beschränkt. Sie besteht unabhängig davon, ob dem VR der Schaden innerhalb der drei Jahre gemeldet wurde9 oder Ansprüche innerhalb dieses Zeitraumes erhoben wurden.10 Umwelteinwirkung Schadensereignis
Feststellung des Schadens
Schadenseintritt
t Vertragsbeginn
Vertragsende 3jährige Nachhaftungszeit
Materiell bestimmt sich der Versicherungsschutz für die Nachhaftungszeit nach dem bei Beendigung des Versicherungsverhältnisses geltenden Versicherungsumfang und in Höhe des unverbrauchten Teils der Versicherungssumme des letzten Versicherungsjahres. Die Beschränkung des Nachhaftungsversicherungsschutzes auf den unverbrauchten Teil der Deckungssumme begründet ebenfalls keine unangemessene Benachteiligung des
5 6
Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1419. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1419; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Matusche-Beckmann § 27 Rn. 215; SchmidtSalzer/Schramm Rn. 8.4; kritisch Langheid/ Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 97 (sich für eine sprachliche Angleichung an Ziff. 17 S. 1 AHB aussprechend,
1144
7 8 9
10
wo vom vollständigen und dauerhaften Wegfall die Rede ist). Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1419. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 140. Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 217; Schmidt-Salzer/ Schramm Rn. 8.10. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1431.
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Nachhaftung
VN11, da der VR ein berechtigtes Interesse an dieser Begrenzung hat, erhält er doch nach Beendigung des Vertrages keine Prämien mehr vom VN.12
IV. Serienschäden Die Serienschadenklausel gem. Ziff. 7.2 S. 3 UmweltHM findet auf die während der 8 Nachhaftungszeit festgestellten Schäden (= eingetretene Versicherungsfälle) keine Anwendung, da nur während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretene Versicherungsfälle zu einer Serie zusammengefasst werden. Die Nachhaftungszeit wird nicht miteingerechnet.13 Ziff. 8.1 UmweltHM findet jedoch Anwendung, wenn die Serienschäden vor Vertragsbeendigung eingetreten sind, jedoch erst innerhalb der Nachhaftungszeit festgestellt werden. Für diese Schäden besteht Deckung in Höhe der unverbrauchten Versicherungssumme des Versicherungsjahres, in dem das Versicherungsverhältnis endet. Bei Versicherungsfällen einer in tatsächlicher Hinsicht einheitlichen Schadenserie, die 9 einerseits während der Laufzeit des Versicherungsvertrages und andererseits in die Nachhaftungszeit fallen, muss der VR im Ergebnis die Versicherungssumme zweimal zur Verfügung stellen: Zum einen hinsichtlich der während der Nachhaftungszeit festgestellten Schäden in Höhe des unverbrauchten Teils der Deckungssumme des Versicherungsjahres, in dem das Versicherungsverhältnis geendet hat, zum anderen hinsichtlich der während der Wirksamkeit der Versicherung festgestellten Schäden in Höhe der Versicherungssumme eines früheren Versicherungsjahres, auf das hin diese Versicherungsfälle nach Ziff. 7.2 S. 3 UmweltHM kontrahiert werden.14 Beispiel 15: Manifestation in 2011, 2012 und 2013. Nachhaftungszeit beginnt am 1.1.2013. Für die Versicherungsfälle in 2011 und 2012 steht die Summe in 2011 zur Verfügung und für 2013 die unverbrauchte Versicherungssumme aus 2012. Manifestation (einheitliche Schadenserie) Vertragsbeginn
Vertragsende
t 2011
2012
2013 3jährige Nachhaftungszeit
Versicherungssumme 2011
+ Versicherungssumme 2012
11
12
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 97; krit. Vogel/Stockmeier/ Vogel 2. Teil C Rn. 1424; Wagner VersR 1992 261, 268; Schmidt-Leithoff VP 1992 197, 204; Feldmann PHi 1994 162, 163. Vgl. Prölss/Martin/Voit UmwHaftPfl Ziff. 8 Rn. 1.
13 14 15
GDV-Erläuterungen 32; Schmidt-Salzer/ Schramm Ziff. 8.7. Nach GDV-Erläuterungen 32. GDV-Erläuterungen 32; Schmidt-Salzer/ Schramm Ziff. 8.7.
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Umwelthaftpflicht
V. Versichererwechsel 10
Wechselt der VN zu einem anderen VR und wird der Vertrag mit dem neuen VR auf Basis des UmweltHM geschlossen, kann eine Deckungslücke für Schäden auftreten, die noch während der Wirksamkeit des alten Vertrages eingetreten sind, jedoch erst während der Wirksamkeit des neuen Vertrages festgestellt werden. Für die Versicherungsfälle haftet der neue VR wegen Ziff. 6.3 UmweltHM nicht. Die Haftung des Alt-VR ist beschränkt auf den dreijährigen Nachhaftungszeitraum und den unverbrauchten Teil der Deckungssumme des Versicherungsjahres, in dem das Versicherungsverhältnis geendet hat. Wird der Schaden erst später festgestellt oder ist die Versicherungssumme aufgebraucht, besteht somit kein Versicherungsschutz. Diese Deckungslücke lässt sich nur durch Einzelvereinbarung mit einem der VR schließen.16
C. Teilweiser Wegfall eines versicherten Risikos (Ziff. 8.2 UmweltHM) 11
Ziff. 8.2 UmweltHM ergänzt die in Ziff. 8.1 UmweltHM getroffene Nachhaftungsregelung. Hier geht es darum, dass ein versichertes Risiko teilweise wegfällt, das Versicherungsverhältnis im Übrigen aber fortgesetzt wird. Betroffen sind die Fälle, in denen einzelne Anlagen, z.B. aufgrund Inhaberwechsels, aus dem Versicherungsschutz ausscheiden, das Versicherungsverhältnis im Übrigen aber bestehen bleibt.17 Als Beispiel sei genannt der Abbau und die Verschrottung einer WHG-Anlage, während die übrigen Anlagen des VN weiter vorhanden sind, der Versicherungsvertrag also fortgesetzt wird.18 Hier beginnt die Nachhaftung mit dem Zeitpunkt des Abbaus und der Verschrottung der WHG-Anlage.
D. Darlegungs- und Beweislast 12
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Nachhaftung (Eintritt des Schadens während der Wirksamkeit der Versicherung, Zeitpunkt der nachprüfbaren ersten Schadensfeststellung in der Nachhaftungszeit) trägt der VN, weil es sich um eine ihn begünstigende Klausel handelt.19
E. Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den VN 13
Vogel hat die interessante Frage aufgeworfen, ob ein VN, der wegen der kurzen Dauer der Nachhaftung versucht, auf die Feststellung von vermuteten Drittschäden aktiv Einfluss zu nehmen, z.B. durch Befragung von Ärzten, Kontaktaufnahme mit Behörden, seinen Versicherungsschutz verliert.20 Er hat diese Frage verneint, solange der VN nicht so weit geht, „aktiv jeden nur denkbaren Dritten zu ermuntern und aufzufordern, über eine mögliche Schädigung nachzudenken und dadurch (unbegründete) Ansprüche geradezu herbeizureden“.21
Im Ergebnis ist Vogel beizupflichten.
16 17 18 19
Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1433. GDV-Erläuterungen 32. Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 139. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1425;
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20 21
Beckmann/Matusche-Beckmann/MatuscheBeckmann § 27 Rn. 213; Schmidt-Salzer/ Schramm Rn. 8.16. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1426. Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1426.
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Versicherungsfälle im Ausland
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Durch den Versuch, auf die Feststellung von Drittschäden Einfluss zu nehmen, ver- 14 wirklicht der VN nicht § 103 VVG, da es dort auf den Willen des VN ankommt, den bei dem Dritten eingetretenen Schaden herbeizuführen. Es liegt auch kein Verstoß gegen Ziff. 6.9 und 6.10 UmweltHM vor. Eine Verletzung der Rettungsobliegenheiten gem. Ziff. 25.2 AHB scheitert daran, dass es zu diesem Zeitpunkt am Eintritt des Versicherungsfalles fehlt. Es liegt auch keine Verletzung der Obliegenheit gem. Ziff. 24 AHB vor, besonders gefahrdrohende Umstände auf Verlangen des VR innerhalb angemessener Frist zu beseitigen. Sieht man den Eintritt des Schadens als besonders gefahrdrohenden Umstand an, so lässt sich dieser nicht wieder beseitigen. Eine Verletzung der Gefahrstandsobliegenheit gem. § 23 Abs. 1 VVG ist ebenfalls ab- 15 zulehnen. Nach der Rechtsprechung des BGH soll durch die Bestimmungen der §§ 23 ff. VVG a.F. das bei Abschluss des Versicherungsvertrages zugrunde gelegte Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung erhalten bleiben. Der VR soll nicht gezwungen sein, am Versicherungsvertrag festzuhalten, obwohl sich die Risikolage so geändert hat, dass das Verhältnis zwischen Risiko und Prämie nicht mehr der Risikolage entspricht, die er bei Abschluss des Versicherungsvertrages voraussetzen durfte. Es darf nicht nachträglich eine Gefahrenlage eingetreten sein, „bei der der VR den in Rede stehenden Versicherungsvertrag nicht oder jedenfalls nicht zu der vereinbarten Prämie abgeschlossen hätte“.22
Die Annahme einer Gefahrerhöhung setzt weiter voraus, dass der neue Zustand erhöhter Gefahr mindestens von einer solchen Dauer sein muss, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenverlaufs bilden kann und so den Eintritt des Versicherungsfalles zu fördern geeignet ist.23 Legt man diese Maßstäbe an, lässt sich der Versuch, auf die Feststellung von Dritt- 16 schäden Einfluss zu nehmen, nicht ernsthaft als Gefahrerhöhung i.S.v. § 23 Abs. 1 VVG qualifizieren. Die Gefahrenlage ist nämlich durch den Eintritt des Schadens geschaffen worden, der wiederum als notwendige Zwischenstation der Verwirklichung einer der in der Risikobeschreibung angeführten versicherten Gefahren mitversichert ist.24 Diese Gefahrenlage wird durch den Versuch der Einflussnahme, selbst wenn sie im Ergebnis zu einer Herbeiführung des Versicherungsfalles führt, nicht dauerhaft weiter erhöht.
9. Versicherungsfälle im Ausland 9.1 1Eingeschlossen sind im Umfang von Ziff. 1 dieser Bedingungen – abweichend von Ziff. 7.9 AHB – auch im Ausland eintretende Versicherungsfälle, – die auf den Betrieb einer im Inland belegenen Anlage oder eine Tätigkeit im Inland im Sinne der Ziff. 2.1–2.7 zurückzuführen sind. 2Dies gilt für Tätigkeiten im Sinne der Ziff. 2.6 nur, wenn die Anlagen oder Teile nicht ersichtlich für das Ausland bestimmt waren; – aus Anlass von Geschäftsreisen oder aus der Teilnahme an Ausstellungen und Messen, wenn Versicherungsschutz gem. Ziff. 2.7 vereinbart wurde.
22 23
Vgl. nur BGH 16.6.2010 RuS 2010 331, 332. BGH 16.6.2010 RuS 2010 331, 332; BGH 27.1.1999 RuS 1999 207, 208 = VersR 1999 484.
24
Vgl. Prölss/Martin/Prölss § 23 Rn. 12.
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9.2 Nur aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung sind eingeschlossen im Umfang von Ziff. 1 dieser Bedingungen – abweichend von Ziff. 7.9 AHB – auch im Ausland eintretende Versicherungsfälle, 9.2.1 die auf die Planung, Herstellung oder Lieferung von Anlagen oder Teilen im Sinne von Ziff. 2.6 zurückzuführen sind, wenn die Anlagen oder Teile ersichtlich für das Ausland bestimmt waren; 9.2.2 die auf die Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von Anlagen oder Teilen im Sinne von Ziff. 2.6 zurückzuführen sind, wenn diese Tätigkeiten im Ausland erfolgen; 9.2.3 die auf die sonstige Montage, Demontage, Instandhaltung, Wartung oder sonstige Tätigkeiten gem. Ziff. 2.7 zurückzuführen sind, wenn diese Tätigkeiten im Ausland erfolgen. zu Ziff. 9.2: 1Der Versicherungsschutz besteht nur für solche Personen- und Sachschäden, die Folgen einer plötzlichen und unfallartigen Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes sind. 2Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles gem. Ziff. 5 werden nicht ersetzt. zu Ziff. 9.2.2 und 9.2.3: Besonderer Vereinbarung bedarf die Versicherung der Haftpflicht für im Ausland belegene Anlagen oder Betriebsstätten, z.B. Produktions- oder Vertriebsniederlassungen, Läger und dgl. 9.3 Ausgeschlossen sind Haftpflichtansprüche 9.3.1 1aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten von Personen, die vom VN im Ausland eingestellt oder dort mit der Durchführung von Arbeiten betraut worden sind. 2Eingeschlossen bleiben jedoch Haftpflichtansprüche gegen den VN und die unter Ziff. 7.1.2.3 genannten Personen aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, die den Bestimmungen des SGB VII unterliegen (siehe Ziff. 7.9 AHB). 9.3.2 auf Entschädigung mit Strafcharakter, insbesondere punitive oder exemplary damages. 9.3.3 nach den Artikeln 1792 ff. und 2270 und den damit im Zusammenhang stehenden Regressansprüchen nach Art. 1147 des französischen Code Civil oder gleichartigen Bestimmungen anderer Länder. 9.4 Aufwendungen des VR für Kosten werden – abweichend von Ziff. 6.5 AHB – als Leistungen auf die Versicherungssumme angerechnet. 2Kosten sind: Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und Gerichtskosten, Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung des Schadens bei oder nach Eintritt des Versicherungsfalles sowie Schadensermittlungskosten, auch Reisekosten, die dem VR nicht selbst entstehen. 3Das gilt auch dann, wenn die Kosten auf Weisung des VR entstanden sind. 9.5 Bei Versicherungsfällen in USA/US-Territorien und Kanada oder in den USA/USTerritorien und Kanada geltend gemachten Ansprüchen, gilt: Selbstbeteiligung des VN an jedem Schaden: … %, mindestens EUR ……, höchstens EUR …… Kosten gelten als Schadensersatzleistungen. 9.6 1Die Leistungen des VR erfolgen in Euro. 2Soweit der Zahlungsort außerhalb der Staaten, die der Europäischen Währungsunion angehören, liegt, gelten die Verpflichtungen des VR mit dem Zeitpunkt als erfüllt, in dem der Euro-Betrag bei einem in der Europäischen Währungsunion gelegenen Geldinstitut angewiesen ist.
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Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Standardmäßige Deckung für im Ausland eingetretene Versicherungsfälle (Ziff. 9.1 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausstrahlungsrisiko . . . . . . . . . . . . II. Anlagenspezifisches Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geschäftsreisen, Ausstellungen und Messen C. Weiter gehender – fakultativ zu vereinbarender – Versicherungsschutz (Ziff. 9.2 UmweltHM) . . . . . . . . . .
Rn.
1
I. Einschlussmöglichkeiten . . . . . . . . . II. Einschränkungen bei fakultativ vereinbartem Versicherungsschutz (Zusätze zu Ziff. 9.2 und Ziff. 9.2.2 u. 9.2.3 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . . D. Ausschlüsse (Ziff. 9.3 UmweltHM) . . . . E. Kostenklausel (Ziff. 9.4 UmweltHM) . . . F. Selbstbehalt für USA/Kanada (Ziff. 9.5 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . . . G. Währungsklausel (Ziff. 9.6 UmweltHM) .
2 3 4 6
7
8 10 11 12 13
7
A. Sinn und Zweck Ziff. 9 UmweltHM bestimmt den Umfang des Versicherungsschutzes für Versiche- 1 rungsfälle, die im Ausland eingetreten sind.
B. Standardmäßige Deckung für im Ausland eingetretene Versicherungsfälle (Ziff. 9.1 UmweltHM) Ebenso wie in der Betriebshaftpflichtversicherung (Ziff. 7 AHB Rn. 267 ff.) wird der 2 Versicherungsschutz in Ziff. 9.1 UmweltHM standardmäßig auf im Ausland eintretende Versicherungsfälle ausgedehnt. Mit der Formulierung „abweichend von Ziff. 7.9 AHB“ will der Musterbedingungsgeber zum Ausdruck bringen, dass das UmweltHM insoweit von den AHB abweicht. Dabei hat er übersehen, dass Ziff. 7.9 AHB – der Versicherungsfalldefinition gem. Ziff. 1.1 AHB folgend – darauf abstellt, ob der Schaden im Ausland eingetreten ist, während es für die Anwendung von Ziff. 9 UmweltHM darauf ankommt, dass die nachprüfbare erste Feststellung des Schadens im Ausland erfolgt ist. Die Bezugnahme auf Ziff. 7.9 AHB sollte deshalb bei einer Änderung des UmweltHM gestrichen werden.
I. Ausstrahlungsrisiko Versicherungsschutz besteht gem. Ziff. 9.1 S. 1, 1. Spiegelstrich UmweltHM für im 3 Ausland eintretende Versicherungsfälle, die auf eine im Inland belegene Anlage oder eine Tätigkeit im Inland i.S.d. Ziff. 2.1 bis 2.7 UmweltHM zurückzuführen sind. Dieser Einschluss bezieht sich auf das indirekte, nicht vom VN beeinflussbare Auslandsrisiko (Ausstrahlungsrisiko), das sich aus dem Betrieb einer im Inland gelegenen Anlage oder einer Tätigkeit im Inland ergibt, und zwar aus allen vereinbarten Bausteinen des UmweltHM.1 Beispiele 2: 1. Der VN ist Inhaber einer Anlage im Inland, aus der nach einer Betriebsstörung ein giftiges Gas entweicht. Dieses gelangt durch die Luft auf das Gebiet eines Nachbarstaates. Dort werden mehrere Personenschäden festgestellt. 2. Aufgrund fehlerhafter Wartungsarbeiten des VN an einer im Inland belegenen Anlage gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM gelangt eine giftige Flüssigkeit in das Grundwasser. Eine auf der
1
Brall/Breitkopf-Knickmeyer/Zölch/Wittenberg/Brall 141.
2
Nach GDV-Erläuterungen 34.
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Umwelthaftpflicht
anderen Seite der Staatsgrenze gelegene Brauerei stellt fest, dass sie wegen der Verunreinigung des Grundwassers ihren Brunnen nicht mehr nutzen kann. 3. Ein Mitarbeiter des VN verschuldet auf einem Dienstgang im Inland einen Verkehrsunfall, als er die Straße überqueren will. Aus einem an dem Unfall beteiligten LKW entweicht ein geruchloses giftiges Gas, welches von einigen Personen einer Reisegruppe aus den USA eingeatmet wird. Nach der Rückkehr in die USA wird der Personenschaden festgestellt.
II. Anlagenspezifisches Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko 4
Geht es um im Ausland eintretende Versicherungsfälle, die auf Tätigkeiten gem. Ziff. 2.6 UmweltHM im Inland zurückzuführen sind, besteht nach Ziff. 9.1, S. 2, 1. Spiegelstrich S. 2 UmweltHM keine Deckung, wenn für den VN ersichtlich (zum Erfordernis der Ersichtlichkeit s. Ziff. 7 AHB Rn. 294, Ziff. 4 ProdHM Rn. 127) war, dass die Anlagen oder Teile oder das Ergebnis seiner planenden Tätigkeit für das Ausland bestimmt waren (sog. indirektes Exportrisiko). Beispiele 3: 1. Der VN stellt im Inland Filterelemente für Heizkraftwerke gemäß Ziff. 2.2 her, die für ihn nicht ersichtlich von einem Abnehmer ins Ausland exportiert wurden. Nachdem ein damit ausgerüstetes Heizkraftwerk im Ausland in Betrieb genommen wird, verursacht ein fehlerhaftes Filterelement eine Umwelteinwirkung, die zu Personenschäden führt. Da das Filterelement nicht ersichtlich für das Ausland bestimmt war, besteht Versicherungsschutz. 2. Der VN plant im Inland eine Anlage gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM. Sein Plan wird von ihm an eine Firma im Ausland verkauft, die die Anlage nach dem Plan des VN erstellt. Nach der Inbetriebnahme der Anlage entweicht infolge einer Betriebsstörung eine giftige Gaswolke, die bei in der Nachbarschaft wohnenden Personen zu Gesundheitsschäden führt. Auch hier besteht kein Versicherungsschutz gem. Ziff. 9.1 UmweltHM, da diese Bedingung auch zur Anwendung kommt, wenn das Ergebnis der planenden Tätigkeit des VN ersichtlich für das Ausland bestimmt ist.
5
War es für den VN dagegen nicht ersichtlich, dass die Anlagen oder Teile oder das Ergebnis der planenden Tätigkeit des VN für das Ausland bestimmt waren, besteht Versicherungsschutz, falls die Anlagen oder Teile im Ausland Versicherungsfälle verursachen. Beispiel 4: Der VN erstellt für eine Firma im Inland eine Anlage gem. Ziff. 2.1 bis 2.5 UmweltHM. Nach einiger Zeit wird die Firma von einem europäischen Konzern übernommen, der die Anlage abbaut und in einem anderen Land wieder in Betrieb nimmt. Dort führt der Betrieb der Anlage durch eine Umwelteinwirkung zu Personenschäden, für die der VN aufgrund der Gesetze des Landes in Anspruch genommen wird.
III. Geschäftsreisen, Ausstellungen und Messen 6
Verursacht der VN auf einer Geschäftsreise oder anlässlich der Teilnahme an einer Ausstellung bzw. Messe einen Umweltschaden, so besteht gem. Ziff. 9.1, 2. Spiegelstrich UmweltHM Versicherungsschutz für im Ausland eintretende Versicherungsfälle, falls Baustein Ziff. 2.7 UmweltHM vereinbart wurde. Beispiel 5: Der VN befindet sich im Ausland auf dem Weg zur Ausstellung und muss dazu die Straße überqueren. Dort zwingt er einen mit Öl beladenen Tanklastzug zum Ausweichen. Der Tanklastzug verunfallt und verschmutzt das Grundstück eines Anwohners. 3 4
Nach GDV-Erläuterungen 35. Nach GDV-Erläuterungen 35.
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5
Nach Vogel/Stockmeier/Vogel 2. Teil C Rn. 1517.
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C. Weiter gehender – fakultativ zu vereinbarender – Versicherungsschutz (Ziff. 9.2 UmweltHM) I. Einschlussmöglichkeiten Nur aufgrund besonderer Vereinbarung besteht nach Ziff. 9.2.1 UmweltHM Ver- 7 sicherungsschutz für das Planen, Herstellen und Liefern von Anlagen oder Teilen für Anlagen gem. Ziff. 2.6 UmweltHM (direktes Exportrisiko), gem. Ziff. 9.2.2 UmweltHM für das Risiko aus Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von Anlagen oder Teilen gem. Ziff. 2.6 UmweltHM sowie nach Ziff. 9.2.3 UmweltHM für das sonstige Tätigkeitsrisiko gem. Ziff. 2.7 UmweltHM im Ausland.
II. Einschränkungen bei fakultativ vereinbartem Versicherungsschutz (Zusätze zu Ziff. 9.2 und Ziff. 9.2.2 u. 9.2.3 UmweltHM) Die Erweiterung der Deckung für Auslandsfälle unterliegt standardmäßig einer Reihe 8 von Einschränkungen. So besteht Versicherungsschutz nur für solche Personen- und Sachschäden, die Folge einer plötzlichen und unfallartigen Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes sind (zum Begriff der Betriebsstörung s. Ziff. 5 UmweltHM Rn. 5 ff.). Für die nach dem UmweltHM versicherten Vermögensschäden greift die Beschränkung dagegen nicht ein.6 Zudem werden Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles gem. Ziff. 5 UmweltHM nicht ersetzt. Hinsichtlich des anlagespezifischen Umwelt-Produkthaftpflichtrisiko i.S.v. Ziff. 2.6 9 UmweltHM und des Umwelt-Betriebsrisikos i.S.v. Ziff. 2.7 UmweltHM bedarf die Versicherung der Haftpflicht für im Ausland belegene Anlagen oder Betriebsstätten, z.B. Produktions- oder Vertriebsniederlassungen, Läger und dgl., besonderer Vereinbarung.
D. Ausschlüsse (Ziff. 9.3 UmweltHM) Die Ausschlüsse für Arbeitsunfälle (Ziff. 9.3.1 UmweltHM), Entschädigung mit Straf- 10 charakter (Ziff. 9.3.2 UmweltHM) sowie Ansprüche nach Art. 1792 ff. und 2270 des franz. Code Civil entsprechen Ziff. 7.4.1.2 und 7.4.1.3 sowie 7.7.2 Muster-Bedingungsstruktur AT, die alle im Rahmen von Ziff. 7.9 AHB behandelt werden. Es wird deshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen (Ziff. 7 AHB Rn. 289 f. und 299 f.).
E. Kostenklausel (Ziff. 9.4 UmweltHM) Die Kostenklausel entspricht Ziff. 7.7.3 Muster-Bedingungsstruktur AT und wird im 11 Rahmen der Kommentierung von Ziff. 7.9 AHB (Ziff. 7 AHB Rn. 291 ff.) sowie § 101 VVG behandelt (§ 101 VVG Rn. 65 ff.).
6
Auch Beckmann/Matusche-Beckmann/ Matusche-Beckmann § 27 Rn. 223; a.A. offenbar Langheid/Wandt/Schimikowski
Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 103 („Redaktionsversehen“).
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F. USA-/Kanada-Risiken (Ziff. 9.5 UmweltHM) 12
Die besondere Selbstbehaltsregelung für USA/Kanada entspricht Ziff. 7.7.4 MusterBedingungsstruktur AT und wird im Rahmen der Kommentierung von Ziff. 7.9 AHB behandelt (Ziff. 7 AHB Rn. 294).
G. Währungsklausel (Ziff. 9.6 UmweltHM) 13
Ziff. 9.6 UmweltHM entspricht Ziff. 7.7.5 Muster-Bedingungsstruktur AT und wird im Rahmen der Kommentierung von Ziff. 7.9 AHB behandelt (Ziff. 7 AHB Rn. 296 f.).
10. Inländische Versicherungsfälle, die im Ausland geltend gemacht werden 1Für
Ansprüche, die im Ausland geltend gemacht werden, gilt: 10.1 Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen bleiben Ansprüche 10.1.1 auf Entschädigung mit Strafcharakter, insbesondere punitive oder exemplary damages; 10.1.2 nach den Artikeln 1792 ff. und 2270 und den damit im Zusammenhang stehenden Regressansprüchen nach Art. 1147 des französischen Code Civil oder gleichartiger Bestimmungen anderer Länder. 10.2 Aufwendungen des VR für Kosten – abweichend von Ziff. 6.5 AHB – werden als Leistungen auf die Versicherungssumme angerechnet. 2Kosten sind: Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und Gerichtskosten, Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung des Schadens bei oder nach Eintritt des Versicherungsfalles sowie Schadensermittlungskosten, auch Reisekosten, die dem VR nicht selbst entstehen. 3Das gilt auch dann, wenn die Kosten auf Weisung des VR entstanden sind; 10.3 1Bei Versicherungsfällen, die in USA/US-Territorien und Kanada geltend gemacht werden, gilt: Selbstbeteiligung des VN an jedem Schaden: … %, mindestens EUR ……, höchstens EUR …… Kosten gelten als Schadensersatzleistungen. 10.4 1Die Leistungen des VR erfolgen in Euro. 2Soweit der Zahlungsort außerhalb der Staaten, die der Europäischen Währungsunion angehören, liegt, gelten die Verpflichtungen des VR mit dem Zeitpunkt als erfüllt, in dem der Euro-Betrag bei einem in der Europäischen Währungsunion gelegenen Geldinstitut angewiesen ist.
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Bei Schäden durch Umwelteinwirkungen, die im Inland zu einem Versicherungsfall geführt haben, aber im Ausland geltend gemacht werden, greifen nach Ziff. 10.1 UmweltHM die für die Schäden durch Umwelteinwirkungen im Ausland geltenden Ausschlüsse gem. Ziff. 9.3.2 und Nr 9.3.3 UmweltHM ein. Des Weiteren ist auch hier eine Kostenanrechnungsklausel (Ziff. 10.2 UmweltHM), ein gesonderter Selbstbehalt für Versicherungsfälle in den USA/Kanada (Ziff. 10.3 UmweltHM) sowie eine Währungsklausel (Ziff. 10.4. UmweltHM) vorgesehen.
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Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Umweltschadensversicherung (USV 2008) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1154 Umfang des Versicherungsschutzes 1. Gegenstand der Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Versicherung/Versicherte Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Betriebsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Leistungen der Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Versicherte Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Erhöhungen und Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Neue Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Versicherungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Nicht versicherte Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Versicherungssummen/Maximierung/Serienschadenklausel/Selbstbehalt . . . . . 12. Nachhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Versicherungsfälle im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1156 1161 1164 1169 1170 1173 1174 1175 1176 1180 1188 1190 1191
Beginn des Versicherungsschutzes/Beitragszahlung 14. Beginn des Versicherungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/erster oder einmaliger Beitrag . . . . . 16. Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/Folgebeitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Rechtzeitigkeit der Zahlung bei Lastschriftermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 18. Teilzahlung und Folgen bei verspäteter Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Beitragsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. Beitrag bei vorzeitiger Vertragsbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1192 1192 1192 1193 1193 1193 1194
Dauer und Ende des Vertrages/Kündigung 21. Dauer und Ende des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Wegfall des versicherten Risikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23. Kündigung nach Versicherungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24. Kündigung nach Veräußerung versicherter Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . 25. Kündigung nach Risikoerhöhung aufgrund Änderung oder Erlass von Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26. Mehrfachversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Obliegenheiten des Versicherungsnehmers 27. Vorvertragliche Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers . . . . . . . . . . . . . . 28. Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29. Obliegenheiten bei unmittelbarer Gefahr eines Umweltschadens und nach Eintritt eines solchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30. Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Umweltschadensversicherung
Weitere Bestimmungen 31. Mitversicherte Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32. Abtretungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33. Anzeigen, Willenserklärungen, Anschriftenänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35. Zuständiges Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36. Anzuwendendes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1200 1200 1200 1201 1201 1202
USV-Zusatzbaustein 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1202 USV-Zusatzbaustein 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1206
Schrifttum Becker Das neue Umweltschadensgesetz (2007); Beermann Das Umweltschadensgesetz – Haftung und Versicherung – (2008); Beuck Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme nach dem Umweltschadensgesetz, VersR 2012 1215; Diederichsen Grundfragen zum neuen Umweltschadensgesetz, NJW 2007 3377; Gawlik/Michel Umwelthaftung und Umweltversicherung (1997); Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) Erläuterungen zu den unverbindlichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Umweltschadensversicherung, abgedruckt in Hellberg/ Orth/Sons/Winter S. 347 ff. (zit. GDV-Erläuterungen); Giesberts/Reinhardt (Hrsg.) Beck’scher OnlineKommentar Umweltrecht Stand 1.10.2012 (zit. BeckOK/Bearbeiter); Grunden/Kerst Deckungsumfang der Umweltschadensversicherung – Ausgewählte Fragen der USV-Grunddeckung, zfv 2012 250; Hellberg/Orth/Sons/Winter Umweltschadensgesetz und Umweltschadensversicherung (2008); Klinkhammer Die Umweltschadensversicherung des GDV im Licht des USchadG, VP 2007 181 ff. (Teil 1), 201 ff. (Teil 2); ders. Umweltschadensversicherung, VP 2010 85; Knopp/Wiegleb (Hrsg.) Biodiversitätsschaden und Umweltschadensgesetz 2009; Lach/Morbach Versicherungsschutz für CO2-Haftungsklagen, VersR 2011 52; Lattwein/Biorac Haftung nach dem Umweltschadensgesetz und Möglichkeiten des Versicherungsschutzes, EurUP 2009 75; Münter Die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (2009); Neubaur/Lattwein Erste Erfahrungen mit der Umweltschadensversicherung in Deutschland, PHI 2008 152; Ruffert Verantwortung und Haftung für Umweltschäden, NVwZ 2010 1177; Schimikowski Umweltschadensversicherung – Anmerkungen zur Grunddeckung, VP 2009 193; Sons Das Umweltschadensgesetz und die Umweltschadensversicherung, PHI 2007 86; Vogel/Stockmeier Umwelthaftpflichtversicherung – Umweltschadensversicherung 2. Aufl. (2009); Wagner Das neue Umweltschadensgesetzm VersR 2008 565; Zavelberg Das Umweltschadensgesetz, FS Johannes Wälder (2009) 259.
Vorbemerkung 1
Für Ansprüche wegen Umweltschäden, die gegen den VN ausschließlich aufgrund des Umweltschadensgesetzes (USchadG) und anderer auf der EU-Umwelthaftungsrichtlinie (2004/35/EG)1 basierender nationaler Umsetzungsgesetze geltend gemacht werden, besteht keine Deckung auf Basis der AHB, weil diese Ansprüche nicht an einen Personenoder Sachschaden, sondern an die Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen (sog. Biodiversitätsschäden) sowie die Schädigung von Gewässern und des Bodens anknüpfen und öffentlich-rechtlicher Natur sind. Aufgrund des Erfordernisses eines Personen- oder Sachschadens besteht auf Basis der AHB auch keine Deckung, wenn der VN
1
Richtlinie 2004/35/EG v. 21.4.2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanie-
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rung von Umweltschäden ABl. L 143 v. 30.4.2004, S. 56.
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Vorbemerkung
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von einem Dritten auf Erstattung der durch solche Umweltschäden entstandenen Kosten in Regress genommen wird (vgl. Ziff. 7.10 lit. a) AHB). Um diese Deckungslücke zu schließen, hat der GDV unverbindliche Musterbedingungen zur Umweltschadensversicherung (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Umweltschadensversicherung (USV)) entworfen. Der GDV hat die USV als eigenständiges Konzept entwickelt, das neben die Betriebsund Umwelthaftpflichtversicherung tritt und in drei wesentlichen Punkten von dem UmweltHM abweicht. Es knüpft erstens an die öffentlich-rechtliche Haftung des VN nach USchadG an. Damit geht zweitens einher, dass es keine Differenzierung zwischen Personen-, Sach- und Vermögensschäden gibt. An deren Stelle tritt der Begriff des Umweltschadens, der nicht nur Schäden durch Umwelteinwirkung erfasst, sondern auch die „mechanische“ Schädigung geschützter Tiere und Pflanzen. Das Anknüpfen an diesen Begriff führt drittens dazu, dass Versicherungsschutz für die Haftung aus dem nicht anlagenspezifischen Umwelt(schaden)-Produkthaftpflichtrisiko nur nach Maßgabe der USV gewährt wird.2 Die USV basiert nicht auf den AHB, da letztere wie gerade erwähnt auf die privatrechtliche und nicht auf die öffentlich-rechtliche Haftung zugeschnitten sind. Viele AHBRegelungen haben jedoch, zum Teil wortgleich, zum Teil sachlich identisch und lediglich sprachlich an die Besonderheiten der USV angepasst, Eingang in die USV gefunden. Die USV setzt sich aus drei Teilen zusammen: der USV-Grunddeckung, dem USVZusatzbaustein 1 und dem USV-Zusatzbaustein 2. Die Grunddeckung regelt den Versicherungsschutz für Umweltschäden außerhalb der eigenen, gemieteten, geleasten, gepachteten oder geliehenen Grundstücke. Grundsätzlich versichert sind über die Grunddeckung Umweltschäden an geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen, Gewässern – mit Ausnahme von Grundwasser – sowie Schäden an fremden Böden, sofern von diesen Böden eine Gefahr für die menschliche Gesundheit ausgeht. Die in der Grunddeckung aufgeführten nicht versicherten Tatbestände gelten auch für die Zusatzbausteine. Gleiches gilt für die allgemeinen versicherungsrechtlichen Regelungen, die an die AHB angelehnt sind. USV-Zusatzbaustein 1 erweitert den Versicherungsschutz optional auf Umweltschäden, die auf den eigenen oder den vom VN gemieteten, geleasten, gepachteten oder geliehenen Grundstücken und Gewässern eintreten, einschließlich der Biodiversität auf diesen Grundstücken oder in diesen Gewässern. Schäden am Grundwasser können fakultativ in die Deckung eingeschlossen werden. Der Versicherungsschutz beschränkt sich – wie bei der Grunddeckung – auf die Haftung nach dem USchadG. USV-Zusatzbaustein 1 setzt den gleichzeitigen Abschluss der Grunddeckung voraus. USV-Zusatzbaustein 2 bietet optionalen Versicherungsschutz für die über das USchadG hinausgehende Haftung des VN als Verursacher einer Kontamination des Bodens seines Grundstücks nach dem Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG). USV-Zusatzbaustein 2 erfordert die Vereinbarung der Grunddeckung und des Zusatzbausteins 1.3 Abweichend von sonstigen Darstellungen wird zum besseren Verständnis auf die Sätze in den jeweiligen Klauseln Bezug genommen, die durchnummeriert und durch hochgestellte Ziffern und/oder als Absätze in eckigen Klammern [.] gekennzeichnet werden (vgl. Ziff. 1 USV).
2
Vgl. GDV-Erläuterungen 353.
3
Hellberg/Orth/Sons/Winter 125.
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USV 2008 Ziff. 1
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Umfang des Versicherungsschutzes 1. Gegenstand der Versicherung 1.1 [Absatz 1] 1Versichert ist die gesetzliche Pflicht öffentlich-rechtlichen Inhalts des VN gemäß Umweltschadensgesetz zur Sanierung von Umweltschäden. 2 Umweltschaden ist eine – Schädigung von geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen, – Schädigung der Gewässer, – Schädigung des Bodens. [Absatz 2] 3Versicherungsschutz besteht auch dann, wenn der VN von einer Behörde oder einem sonstigen Dritten auf Erstattung der Kosten für Sanierungsmaßnahmen/ Pflichten der oben genannten Art in Anspruch genommen wird. 4Dabei kommt es nicht darauf an, ob der VN auf öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Grundlage in Anspruch genommen wird. [Absatz 3] 5Ausgenommen vom Versicherungsschutz bleiben jedoch solche gegen den VN gerichteten Ansprüche, die auch ohne das Bestehen des Umweltschadensgesetzes oder anderer auf der EU-Umwelthaftungsrichtlinie (2004/35/EG) basierender nationaler Umsetzungsgesetze bereits aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den VN geltend gemacht werden könnten. 6 Versicherungsschutz für derartige Ansprüche kann ausschließlich über eine Betriebs- oder Berufs- Haftpflichtversicherung oder eine Umwelt-Haftpflichtversicherung vereinbart werden. 1.2 Mitversichert ist die gleichartige gesetzliche Pflicht 1.2.1 der gesetzlichen Vertreter des VN und solcher Personen, die er zur Leitung oder Beaufsichtigung des versicherten Betriebes oder eines Teiles desselben angestellt hat, in dieser Eigenschaft. 1.2.2 sämtlicher übriger Betriebsangehöriger für Schäden, die sie in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtungen für den VN verursachen. 1.3 1Mitversichert ist die gesetzliche Pflicht aus dem Gebrauch von folgenden nicht versicherungspflichtigen Kfz: – Kfz und Anhänger ohne Rücksicht auf eine Höchstgeschwindigkeit, die nur auf nicht öffentlichen Wegen und Plätzen verkehren; – Kfz mit nicht mehr als 6 km/h Höchstgeschwindigkeit; – selbst fahrende Arbeitsmaschinen mit nicht mehr als 20 km/h Höchstgeschwindigkeit. 2Selbst fahrende Arbeitsmaschinen sind Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen zur Leistung von Arbeit, nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet sind und die zu einer vom Bundesminister für Verkehr bestimmten Art solcher Fahrzeuge gehören. 3Das Fahrzeug darf nur von einem berechtigten Fahrer gebraucht werden. 4Berechtigter Fahrer ist, wer das Fahrzeug mit Wissen und Willen des Verfügungsberechtigten gebrauchen darf. 5Der VN ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug nicht von einem unberechtigten Fahrer gebraucht wird. 6Der Fahrer des Fahrzeugs darf das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen nur mit der erforderlichen Fahrerlaubnis benutzen. 7Der VN ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug nicht von einem Fahrer benutzt wird, der nicht die erforderliche Fahrerlaubnis hat.
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Gegenstand der Versicherung
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Übersicht Rn. A. B. I. II. III.
Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . Gegenstand der Versicherung . . . . . . Ziff. 1.1 USV . . . . . . . . . . . . . . Verantwortlichkeit nach USchadG . . . Inanspruchnahme von einer Behörde oder einem Dritten . . . . . . . . . . . . . . IV. Risikoabgrenzung . . . . . . . . . . . . C. Ziff. 1.2 USV . . . . . . . . . . . . . . D. Ziff. 1.3 USV . . . . . . . . . . . . . .
1 2 2 3 7 9 11 12
Rn. E. Sonstige Deckungskonzepte zur Versicherung von Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkung und von Umweltschäden . . . . . . . . . . I. USV-Basisversicherung . . . . . . . . II. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe III. Versicherung von Umweltrisiken von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren . . . . . . . .
. . .
13 14 17
.
18
A. Sinn und Zweck Ziff. 1 USV bestimmt und begrenzt zugleich den Schutzbereich der USV in sachlicher 1 und personeller Hinsicht.
B. Gegenstand der Versicherung I. Ziff. 1.1 USV Gegenstand der USV ist gem. Ziff. 1.1 Abs. 1 S. 1 USV die gesetzliche Sanierungs- 2 und Kostentragungspflicht öffentlich-rechtlichen Inhalts des VN gemäß USchadG für den Fall, dass er zur Sanierung eines Umweltschadens verpflichtet ist. Abweichend von den hier behandelten Deckungskonzepten der Privat-, Betriebs-, Produkt- und Umwelthaftpflichtversicherung knüpft die Deckung somit nicht an die Art des Schadens und/ oder der Schadensverursachung an, sondern an die Haftungsgrundlage. Der Musterbedingungsgeber begründet dies damit, dass eine Differenzierung zwischen Personen-, Sach- und Vermögensschäden bei Schäden nach dem USchadG nicht möglich sei.1
II. Verantwortlichkeit nach USchadG Nach § 6 Ziff. 2 USchadG ist derjenige, der für einen Umweltschaden verantwortlich 3 ist, zur Sanierung des eingetretenen Schadens verpflichtet. Daneben bestimmt § 9 Abs. 1 USchadG, dass der Verantwortliche die Kosten der Sanierung zu tragen hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er die Sanierungsmaßnahmen selbst durchgeführt hat oder diese durch die Behörde oder im Auftrag der Behörde im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung durchgeführt worden sind.2 Kein Versicherungsschutz besteht somit für eine Inanspruchnahme auf Grundlage des 4 allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechtes, z.B. als Zustandsstörer, oder auf Basis des Bundesbodenschutzgesetzes.3 Wie auch sonst in der Haftpflichtversicherung (vgl. § 100 VVG Rn. 76 ff.) gilt jedoch auch hier, dass im Falle einer Anspruchskongruenz zwischen 1 2 3
GDV-Erläuterungen 355. Landmann/Rohmer/Beckmann/Wittmann § 9 USchadG Rn. 4. Hellberg/Orth/Sons/Winter 131; Prölss/Martin/ Voit § 1 USV Rn. 1; Vogel/Stockmeier/Vogel
3. Teil B Rn. 7; Looschelders/Pohlmann/ Laschet USV Rn. 9; Sons PHi 2007 86, 91; kritisch Klinkhammer VP 2007 201, 204; Zavelberg 259, 282.
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USchadG und z.B. BBodSchG, Versicherungsschutz auch dann besteht, wenn die Inanspruchnahme auf der Grundlage des BBodSchG erfolgt. Jedoch ist die Deckung begrenzt auf den Umfang, in dem der VN nach dem USchadG haftet.4 Soweit Stimmen in der Kommentarliteratur die Ansicht vertreten, dass es sich bei der USV nicht um eine Haftpflichtversicherung i.S.v. §§ 100 ff. VVG, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Zwar ist in Ziff. 1.1 S.1 USV – wie sonst auch – nicht von der Haftpflicht, sondern 5 von der „gesetzlichen Pflicht„ des VN die Rede. Dessen ungeachtet weist die USVDeckung alle Wesensmerkmale einer Haftpflichtversicherung auf (vgl. Vor §§ 100–112 Rn. 1). Sie bietet erstens Schutz bei Fremdschäden. Insoweit kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei Umweltschäden nicht um Eigenschäden handelt. Zweitens ist Schutzobjekt das jeweilige Vermögen des VN (oder Versicherten). Drittens statuiert Ziff. 4 USV exakt die gleichen Pflichten des VR wie § 100 VVG. Der VR muss die gesetzliche Verpflichtung des VN prüfen und hat dem VN Abwehr bei unberechtigter Inanspruchnahme sowie Freistellung von berechtigten Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtungen gegenüber der Behörde oder einem sonstigen Dritten zu gewähren.5 Ziff. 1.1 Abs. 1 S. 2 USV definiert den Begriff des Umweltschadens. Danach liegt ein 6 Umweltschaden vor, wenn Arten und natürliche Lebensräume, Gewässer oder der Boden geschädigt werden. Diese Definition nimmt erkennbar auf die Definition nach § 2 USchadG Bezug6, weshalb – auch ohne ausdrückliche Bezugnahme – auf die dortige Begriffsbestimmung zur Konkretisierung des Umweltschadensbegriffs abgestellt werden kann.7 Gleiches gilt für den Begriff der Sanierungsmaßnahme, der nach § 2 Ziff. 8 USchadG definiert wird als „jede Maßnahme, um einen Umweltschaden nach Maßgabe der fachrechtlichen Vorschriften zu sanieren“.
III. Inanspruchnahme von einer Behörde oder einem Dritten 7
Während Ziff. 1.1 Abs. 1 S. 1 USV an die Sanierungsverpflichtung des VN selbst anknüpft, die mit dem Eintritt des Umweltschadens entsteht 8, betrifft Ziff. 1.1 Abs. 2 S. 3 USV den (Regel-)Fall, dass die Behörde eine Sanierungsanordnung gem. § 7 Abs. 2 USchadG trifft und Erstattung der Kosten vom VN verlangt.9 Deckung gem. Ziff. 1.1 Abs. 2 S. 3 USV besteht jedoch nicht nur für den Anspruch der Behörde, sondern auch für den (Regress-)Anspruch auf Ersatz der Sanierungskosten privater Dritter für vom VN verursachte Umweltschäden. Ergänzend stellt Ziff. 1.1 Abs. 2 S. 4 USV klar, dass es nicht darauf ankommt, ob der Ausgleichsanspruch öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich begründet ist. Eine Möglichkeit zur Regressnahme eröffnet § 9 Abs. 2 USchadG, der in Anlehnung 8 an § 426 BGB einen Ausgleichsanspruch zwischen mehreren Verantwortlichen eines Umweltschadens begründet.10 Daneben kommen vertragliche Rückgriffsansprüche in Betracht, wenn der VN von seinem Abnehmer wegen der Lieferung einer fehlerhaften Sache, die zu einem Umweltschaden geführt hat, auf Ersatz der Sanierungskosten nach
4 5 6 7
Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 8. Vgl. Hellberg/Orth/Sons/Winter 166. Vgl. GDV-Erläuterungen 355. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 10; Beermann 45; a.A. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 110.
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Landmann/Rohmer/Beckmann/Wittmann § 6 USchadG Rn. 7. Hellberg/Orth/Sons/Winter 132. Wagner VersR 2008 565, 575 f.
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Gegenstand der Versicherung
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§§ 437, 280 BGB in Anspruch genommen wird.11 Führt die Verletzung fremden Eigentums zu einem Umweltschaden, besteht für die Ansprüche des Eigentümers auf Ersatz der Sanierungskosten gem. § 823 Abs. 1 BGB Deckung.12
IV. Risikoabgrenzung Ziff. 1.1 Abs. 3 USV dient – ebenso wie Ziff. 7.10 lit. a) AHB – der Risikoabgrenzung. 9 Haftpflichtansprüche, die allein auf Grundlage des USchadG bestehen – einschließlich der privatrechtlichen Regressansprüche, die ihren Ursprung in der neuen öffentlich-rechtlichen Umwelthaftung haben – sollen nicht über die Betriebs- oder Umwelthaftpflichtversicherung, sondern ausschließlich über die USV versichert werden.13 Haftpflichtschäden, für die Deckung über die Betriebs- oder Umwelthaftpflichtversicherung besteht, sind dagegen von der USV ausgenommen. Vogel hat das Zusammenspiel zwischen dem UmweltHM und der Betriebshaftpflichtversicherung mit der USV wie folgt treffend beschrieben: „[B]esteht ein zivilrechtlicher Anspruch nur deshalb, weil der Regressnehmende selbst nach USchadG haftet (und er ohne Existenz des USchadG nicht gehaftet hätte), wird der Schaden deckungsrechtlich der BHV/UHV entzogen und der USV zugewiesen“.14 Beispiel 15: Der VN verursacht einen Brand auf seinem Betriebsgrundstück, der auf das Nachbargrundstück und eine dort betriebene, der Gefährdungshaftung unterliegende Anlage übergreift. Die Anlage explodiert und kontaminiert den Boden des Nachbargrundstückes. Gleichzeitig wird eine geschützte Feldhamsterpopulation vernichtet. Die Behörde zieht den Nachbarn als Anlagenbetreiber zur Sanierung heran. Der Nachbar nimmt Regress beim VN.
Für die Ansprüche des Nachbarn auf Ersatz der Kosten für die Dekontamination sei- 10 nes Bodens nach § 823 Abs. 1 BGB und § 1 UmweltHG besteht Versicherungsschutz im Rahmen und Umfang des UmweltHM. Soweit es um die Wiederansiedlung der vernichteten Hamsterpopulation geht, hat der Nachbar keinen originären privatrechtlichen Anspruch, weil es an einer Rechtsgutsverletzung fehlt. Der Nachbar hat aber insoweit einen Schaden, als er die Hamster wieder ansiedeln muss. Diesen Schaden kann er gegen den VN regressieren. Der VN hat Versicherungsschutz im Rahmen und Umfang der USV, da der Regressanspruch seinen Ursprung im USchadG hat. In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der USV im Fall der Schädigung fremder Böden und fremder stehender Gewässer nur eingeschränkte Bedeutung zukommt.16
C. Ziff. 1.2 USV Ziff. 1.2 USV betrifft den personellen Schutzbereich der USV. Die Klausel entspricht 11 Ziff. 1.3 UmweltHM (Ziff. 1 UmweltHM Rn. 13). Es fehlt lediglich die dort enthaltene Arbeitsunfallklausel. Diese ist in der USV entbehrlich, weil Personenschäden nicht ver-
11
12
Hellberg/Orth/Sons/Winter 133; Langheid/ Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 111. Hellberg/Orth/Sons/Winter 133; Langheid/ Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 110.
13 14 15 16
GDV-Erläuterungen 356. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 14. Nach GDV-Erläuterungen 356. Hellberg/Orth/Sons/Winter 135; Prölss/ Martin/Voit § 1 USV Rn. 4; Wagner VersR 2008 565, 578; Münter 135.
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sichert sind. Zu beachten ist, dass kein Versicherungsschutz für die nach § 2 Ziff. 3 USchadG Verantwortlichen – beruflich Tätige und Personen in leitender Stellung17 – besteht, wenn der Versicherungsfall erst nach deren Ausscheiden eingetreten ist.18 Soweit diesem Personenkreis ein Freistellungsanspruch gegen den VN zusteht, besteht für diesen Anspruch jedoch gem. Ziff. 1.1 Abs. 2 S. 3 USV Deckung.
D. Ziff. 1.3 USV 12
Die Klausel hinsichtlich des Gebrauchs nicht versicherungspflichtiger Kfz entspricht Ziff. 1.4 UmweltHM. Insoweit kann auf die dortige Kommentierung verwiesen werden (Ziff. 1 UmweltHM Rn. 14 ff.). Im Unterschied zum UmweltHM ist dieses Risiko automatisch mitversichert. Der Ausschluss nach Ziff. 10.14 USV ist insoweit abbedungen.
E. Sonstige Deckungskonzepte zur Versicherung von Personenund Sachschäden durch Umwelteinwirkung und von Umweltschäden 13
Neben der USV existieren Sonderlösungen, auf deren Besonderheiten und Abweichungen von der USV im Folgenden kurz eingegangen wird.
I. USV-Basisversicherung 14
Die USV-Basisversicherung19 folgt hinsichtlich Konzeption und Struktur der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung (s. Ziff. 1 UmweltHM Rn. 23 ff.). Der Versicherungsschutz für Umweltschäden erstreckt sich gemäß Ziff. 1.1.1 bis 1.1.3 USV-BasisV auf folgende Risiken und Tätigkeiten: 1.1.1 Anlagen, Betriebseinrichtungen, Tätigkeiten auf eigenen oder fremden Grundstücken, sofern sie nicht unter die Ziff. 2.1 bis 2.5 fallen, 1.1.2 Herstellung oder Lieferung von Erzeugnissen, die nicht von Ziff. 1.1.3 umfasst sind, nach Inverkehrbringen, 1.1.3 Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung und Wartung von Anlagen gemäß Ziff. 2.1 bis 2.5 oder Teilen, die ersichtlich für derartige Anlagen bestimmt sind, wenn der VN nicht selbst Inhaber der Anlagen ist.
15
Ziff. 1.1.1 USV-BasisV deckt das allgemeine Umweltschaden-Betriebsrisiko ab und entspricht sachlich Ziff. 1.1 UmwHaftpfl-BasisV. Ziff. 1.1.2 USV-BasisV versichert das nicht-anlagenspezifische Umweltschaden-Produkthaftpflichtrisiko und entspricht sachlich Ziff. 7.10 (b) S. 2 (2) AHB. Ziff. 1.1.3 USV-BasisV deckt das anlagenspezifische Umweltschaden-Produkthaftpflichtrisiko ab und entspricht sachlich der fakultativen Er-
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19
Vgl. Diederichsen NJW 2007 3377, 3379 f.; Cosack/Enders DVBl 2008 405 ff.; zur Verantwortlichkeit der Organe vgl. Schmidt NZG 2007 650 ff. Prölss/Martin/Voit § 1 USV Rn. 6; für eine vertragliche Erweiterung des Schutzes Zavelberg 259, 286. Allgemeine Versicherungsbedingungen für
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die Umweltschadens-Basisversicherung (USVBasisV), Musterbedingungen des GDV, Stand: April 2008; im Internet abrufbar unter http://www.gdv.de/downloads/ versicherungsbedingungen/schaden-undunfallversicherung/allgemeine-versicherungsbedingungen-fur-die-umweltschadens-basisversicherung-usv-basis/.
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Umfang der Versicherung/Versicherte Risiken
USV 2008 Ziff. 2
weiterung gem. Ziff. 3 UmwHaftpfl-BasisV. Daneben besteht nach Ziff. 1.1.4 USVBasisV die Möglichkeit, geringfügige Anlagerisiken, z.B. Kleingebinde, auch hinsichtlich des Umfangs der zu versichernden Anzahl und/oder Mengen an Stoff- und Anlagerisiken gesondert zu versichern.20 Ziff. 3 bis 36 USV-BasisV sind nahezu identisch mit Ziff. 3 bis 38 USV. Insoweit kann 16 auf die dortige Kommentierung verwiesen werden.
II. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe Für das Umweltschadensrisiko land- und forstwirtschaftlicher Betriebe hat der GDV 17 bislang keine besonderen Musterbedingungen entwickelt. 3. Versicherung von Umweltrisiken von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren Im Rahmen der Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und 18 Beratenden Ingenieuren21 ist die gesetzliche Pflicht gemäß Umweltschadensgesetz zur Sanierung von Umweltschäden gedeckt (Teil A Ziff. 1.4 BBR Arch./Ing.).
2. Umfang der Versicherung/Versicherte Risiken Die Versicherung erstreckt sich ausschließlich auf die im Versicherungsschein aufgeführten Risiken und Tätigkeiten. Versicherungsschutz besteht für die unter Ziff. 2.1 bis 2.8 aufgeführten, jeweils ausdrücklich zu vereinbarenden Risikobausteine: 2.1 1Anlagen des VN, die bestimmt sind, gewässerschädliche Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten (WHG-Anlagen). 2Ausgenommen sind solche WHG-Anlagen, die in Anhang 1 oder 2 zum UHG aufgeführt sind, Abwasseranlagen, Einwirkungen auf Gewässer sowie Schäden durch Abwässer. 2.2 1Anlagen des VN gemäß Anhang 1 zum UHG (UHG-Anlagen). 2Ausgenommen sind Abwasseranlagen, Einwirkungen auf Gewässer sowie Schäden durch Abwässer. 2.3 1Anlagen des VN, die nach dem Umweltschutz dienenden Bestimmungen einer Genehmigungs- oder Anzeigepflicht unterliegen, soweit es sich nicht um WHG- oder UHG-Anlagen handelt (sonstige deklarierungspflichtige Anlagen). 2Ausgenommen sind Abwasseranlagen, Einwirkungen auf Gewässer und Schäden durch Abwässer. 2.4 Abwasseranlagen des VN oder Einbringen oder Einleiten von Stoffen in ein Gewässer oder Einwirken auf ein Gewässer derart, dass die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers verändert wird, durch den VN (Abwasseranlagen- und Einwirkungsrisiko).
20 21
Hellberg/Orth/Sons/Winter 270. Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren, Musterbedingungen des GDV, Stand: April 2011; im Internet abruf-
bar unter http://www.gdv.de/downloads/ versicherungsbedingungen/schaden-undunfallversicherung/musterbedingungsstrukturen-in-derhaftpflichtversicherung/.
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Umweltschadensversicherung
2.5 Anlagen des VN gemäß Anhang 2 zum UHG (UHG-Anlagen). 2.6 Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung und Wartung von Anlagen gemäß Ziff. 2.1 bis 2.5 oder Teilen, die ersichtlich für derartige Anlagen bestimmt sind, wenn der VN nicht selbst Inhaber der Anlagen ist. 2.7 Herstellung oder Lieferung von Erzeugnissen, die nicht von Ziff. 2.6 umfasst sind, nach Inverkehrbringen. 2.8 Sonstige Anlagen, Betriebseinrichtungen, Tätigkeiten auf eigenen oder fremden Grundstücken, sofern sie nicht unter die Ziff. 2.1 bis 2.7 fallen, unabhängig davon, ob diese Risikobausteine vereinbart wurden oder nicht. Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Ziff. 2.1 bis 2.5 USV . . . . . . . . . . C. Ziff. 2.6 USV . . . . . . . . . . . . . .
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Rn. D. Ziff. 2.7 USV E. Ziff. 2.8 USV
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 8
A. Sinn und Zweck 1
Die USV baut ebenso wie das UmweltHM auf dem Prinzip der Einzeldeklaration der zu versichernden Risiken auf und verwendet die aus dem UmweltHM bekannten Risikobausteine, um eine systematischen Deklaration der vorhandenen Anlagen-, Tätigkeitsund Produktrisiken sicherzustellen.
B. Ziff. 2.1 bis 2.5 USV 2
Die Risikobausteine Ziff. 2.1 bis 2.5 USV entsprechen denen des UmweltHM (mit Ausnahme der in Ziff. 2.4 UmweltHM vorgesehenen Abbedingung des Ausschlusses für Schäden durch Abwässer gem. Ziff. 7.14 AHB) und dienen der Deklaration der umweltrelevanten Anlagenrisiken. Es kann daher auf die Erläuterungen zum UmweltHM verwiesen werden.
C. Ziff. 2.6 USV 3
Gegenstand des Risikobausteins Ziff. 2.6 USV ist wie nach dem UmweltHM das anlagenspezifische Umweltschaden-Produktrisiko für Betriebe, die umweltgefährdende Anlagen oder Teile davon planen, herstellen, montieren, warten oder reparieren (z.B. Filteranlagenhersteller, Öltankwartungsfirmen). Beispiel 1: Der Hersteller von Filtern für Abluftanlagen liefert einen fehlerhaft beschichteten Filter aus. Dieser wird im Abluftreinigungsprozess zu heiß und führt zu einem Brand der Ablufthaube. Die austretenden hochgradig giftigen Abgase gelangen in ein nahegelegenes Schutzgebiet und schädigen die dort lebende geschützte Vogelpopulation erheblich.
Für die Ansprüche der Behörde oder nach vorangegangener behördlicher Inanspruchnahme des Anlagenbetreibers im Regresswege besteht Versicherungsschutz.
1
Nach GDV-Erläuterungen 358.
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Umfang der Versicherung/Versicherte Risiken
USV 2008 Ziff. 2
D. Ziff. 2.7 USV Ziff. 2.7 USV erfasst das nicht anlagenspezifische Umweltschaden-Produkthaftpflicht- 4 risiko nach dem Inverkehrbringen von Erzeugnissen. Das UmweltHM weist einen solchen Deckungsbaustein nicht auf, da dieses Risiko gem. Ziff. 7.10 lit. b) S. 2 (2) AHB von der Betriebshaftpflichtversicherung abgedeckt wird (Ziff. 7 AHB Rn. 325). Es geht vonehmlich um die Risiken aus der Herstellung oder Lieferung von Erzeugnissen, die von ihrer Art her für Anlagen i.S.d. Ziff. 2.3 USV bestimmt sind, die wegen Nichterreichens bestimmter Leistungsgrenzen ohne Genehmigung und ohne Anzeige betrieben werden dürfen.2 Beispiel 3: Der VN vertreibt Verbrennungsmotoranlagen zur Erzeugung von Strom mit einer Feuerungswärmeleistung von 0,9 Megawatt. Der Betrieb dieser Anlagen unterliegt nicht der Genehmigungspflicht gem. Ziff. 1.4 Spalte 2 des Anhangs zur 4. BlmSchV, da die Leistungsgrenze von einem Megawatt nicht erreicht wird.
Daneben werden die Risiken aus der Herstellung oder Lieferung von Erzeugnissen 5 erfasst, die im Rahmen ihrer Verwendung direkt mit der Natur in Kontakt geraten. Hierzu zählen nicht nur Produkte, die zielgerichtet in die Umwelt ausgebracht werden (z.B. Biozide, Bodenhilfsstoffe, Pflanzenstärkungsmittel, Humus, Kalk oder Straßen- und Wegebaumaterialien), sondern auch Produkte, die nur umweltnah eingesetzt werden (z.B. Holzschutzmittel oder Schutzanstriche für Mauerwerk).4 Eine fehlerhafte Mischung der Inhaltsstoffe solcher Produkte kann im Zuge ihrer Verwendung zeitnah zu einem Umweltschaden führen.5 Beispiel 6: Der Hersteller von Anti-Fouling-Farben dosiert einen Zuschlagsstoff zur Imprägnierung von Holzbooten in zu hoher Konzentration. Das so als Kontaktgift wirkende Mittel schädigt bei seinem landesweiten Einsatz durch verschiedene Verwender geschützte Libellenarten, die sich auf den Booten niederlassen, in erheblichem Umfang.
Zu beachten ist, dass für die Risiken aus der Herstellung und Lieferung von Klär- 6 schlamm, Jauche, Gülle, Stalldung, Pflanzenschutz-, Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln wegen des Ausschlusses nach Ziff. 10.9 USV (Ziff. 10 USV Rn. 13 ff.) kein Versicherungsschutz besteht. Des Weiteren gilt es den Normalbetriebsrisikenausschluss gem. Ziff. 10.8 USV (Ziff. 10 USV Rn. 11 f.) im Blick zu behalten. Schließlich bietet Ziff. 2.7 USV Versicherungsschutz für die Risiken aus der Herstel- 7 lung und Lieferung von allen anderen Erzeugnissen, die nicht bereits von Ziff. 2.6 USV erfasst sind, ohne dass es darauf ankommt, ob eine Umweltrelevanz erkennbar war.7
E. Ziff. 2.8 USV Ziff. 2.8 USV ist angelehnt an Ziff. 2.7 UmweltHM und betrifft das verbleibende all- 8 gemeine Umweltschaden-Betriebsrisiko für die im Zusammenhang mit dem im Versicherungsschein beschriebenen Risiko stehenden sonstigen Anlagen, Betriebseinrichtungen
2
3 4
Hellberg/Orth/Sons/Winter 144; Langheid/ Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 116. Nach Hellberg/Orth/Sons/Winter 144. Vgl. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelt-
5 6 7
haftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 116. Hellberg/Orth/Sons/Winter 145. Nach Hellberg/Orth/Sons/Winter 145. Hellberg/Orth/Sons/Winter 145 f.
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Umweltschadensversicherung
und Tätigkeiten auf eigenen oder fremden Grundstücken, sofern sie nicht unter die Ziff. 2.1 bis 2.7 USV fallen.8 Zu den Tätigkeiten auf fremden Grundstücken zählen aber auch Dienstleistungen und Arbeiten an immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungspflichtigen Anlagen. Es handelt sich – wie bei Ziff. 2.7 UmweltHM – nicht um einen Auffang-, sondern 9 um einen Ergänzungstatbestand 9, der auch Anlagen umfasst, die keiner Genehmigungsoder Anzeigepflicht nach dem Umweltschutz dienenden Bestimmungen unterliegen (z.B. Anlagen, die gemäß der 4. BlmSchV erst ab einer bestimmten Leistungsgröße oder einer bestimmten Lagerkapazität der Genehmigungspflicht unterliegen).10 Zur Betriebseinrichtung zählen die dem Betrieb dienenden Einrichtungen, die sich auf dem Betriebsgrundstück befinden, ohne dass es darauf ankommt, ob sich die Einrichtung in Gebäuden oder im Freien, oberhalb oder unterhalb des Erdniveaus befindet.11 Beispiel 12: Ein vom VN auf seinem Betriebsgrundstück unzureichend befestigter Kran (Betriebseinrichtung) stürzt um und beschädigt einen Öltank auf dem Nachbargrundstück. Austretendes Öl läuft über befestigten Grund in die Betriebskanalisation für Oberflächenabwässer und gelangt direkt in einen Bachlauf mit geschützten Fischen.
Zu Beispielen für Betriebseinrichtungsgegenstände s. Ziff. 5 UmweltHM Rn. 31. Die größte praktische Bedeutung dürfte Ziff. 2.8 USV bei Umweltschäden infolge von 10 Gebäudebränden zukommen.13 Beispiel 14: Ein Elektroinstallateur verursacht aus Unachtsamkeit einen Kurzschluss, der bei seinem Auftraggeber zu einem Brand in einer Fabrik zur Herstellung von Autoreifen führt. Die extreme Rauchentwicklung führt zu einem Artensterben im angrenzenden Fauna-Flora-Habitat.
3. Betriebsstörung 3.1 Versicherungsschutz besteht ausschließlich für Umweltschäden, die unmittelbare Folge einer plötzlichen und unfallartigen, während der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages eingetretenen Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes des VN oder des Dritten sind (Betriebsstörung). 3.2. 1Auch ohne Vorliegen einer Betriebsstörung besteht im Rahmen der Ziff. 2.7 Versicherungsschutz für Umweltschäden durch hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse. 2Das Gleiche gilt im Rahmen der Ziff. 2.8 für Umweltschäden durch Lagerung, Verwendung oder anderen Umgang von oder mit Erzeugnissen Dritter i.S.v. Ziff. 2.7. 3Versicherungsschutz besteht in den Fällen der Sätze 1 und 2 ausschließlich dann, wenn der Umweltschaden auf einen Konstruktions-, Produktions- oder Instruktionsfehler dieser Erzeugnisse zurückzuführen ist. 4Jedoch besteht kein Versicherungsschutz, wenn der Fehler im Zeitpunkt des Inverkehrbringens der Erzeugnisse nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht hätte erkannt werden können (Entwicklungsrisiko).
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GDV-Erläuterungen 358. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 65; Prölss/Martin/Voit § 2 USV Rn. 6. Hellberg/Orth/Sons/Winter 146. Sowie GDV-Erläuterungen 358.
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GDV-Erläuterungen 358. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 117. Nach GDV-Erläuterungen 359.
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Betriebsstörung
USV 2008 Ziff. 3
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . B. Anlagen- und Tätigkeitsrisiko (Ziff. 3.1 UmweltHM) . . . . . . . . . . . . . I. Erfordernis der Betriebsstörung . . . . II. Unmittelbare Kausalität zwischen Betriebsstörung und Umweltschaden .
.
1
. .
2 2
.
6
Rn. III. Betriebsstörung während der Vertragslaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . C. Nicht anlagenspezifisches Umweltschaden-Produkthaftpflicht- und Verwendungsrisiko (Ziff. 3.2 UmweltHM) . . .
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11
A. Sinn und Zweck Ziff. 3.2 USV stellt klar, dass im Rahmen der anlagenbezogenen Haftung der Ziff. 2.1 1 bis 2.6 und Ziff. 2.8 USV (sonstige Anlagen sowie reine Tätigkeiten) ausschließlich Versicherungsschutz für Umweltschäden infolge einer Betriebsstörung besteht. Eine Ausnahme gilt für die Fälle der Ziff. 2.7 und Ziff. 2.8 USV (soweit es um die Lagerung, Verwendung oder anderen Umgang von oder mit Erzeugnissen von oder mit Erzeugnissen Dritter i.S.v. Ziff. 2.7 USV geht). Das aus dem UmweltHM bekannte Erfordernis einer Betriebsstörung (Ziff. 5.2 UmweltHM ) begründet der Musterbedingungsgeber damit, dass es „den Vorteil eines zeitlich und räumlich klar abgrenzbaren und feststellbaren Ereignisses“ habe und Maßnahmen zur Vermeidung von Umweltschäden bei Normalbetriebsschäden in einem frühen Stadium kaum möglich seien. In diesen Fällen sei die verlässliche Feststellung des Ausgangszustandes sowie die Abgrenzung zu parallel wirkenden Ursachen kaum möglich und nicht kalkulierbar.1
B. Anlagen- und Tätigkeitsrisiko (Ziff. 3.1 UmweltHM) I. Erfordernis der Betriebsstörung Anders als Ziff. 5.1 UmweltHM definiert Ziff. 3.1 USV die Betriebsstörung, und zwar 2 als plötzliche und unfallartig eingetretene Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes des VN oder des Dritten. Nach den Vorstellungen des Musterbedingungsgebers2 und herrschender Ansicht in der Literatur3 kann die Störung auch das Ergebnis eines allmählich eintretenden Vorgangs sein. Als Beispiel führt der Musterbedingungsgeber eine durchrostende Leitung an, die porös wird. In dem Augenblick, in dem die Leitung durchrostet und Schadstoffe austreten, soll eine Betriebsstörung vorliegen.4 Ob eine solche, den VN begünstigende Sichtweise seinem Sprachverständnis entspricht, scheint fraglich. Eine Betriebsstörung kann ferner vorliegen, wenn der VN Maßnahmen zur Verhütung 3 eines Umweltschadens ergreift, diese aber ausnahmsweise versagen.5 Beispiel 6: Objektiv geeignete, aber mangelhaft durchgeführte Staubschutzmaßnahmen bei Arbeiten in einem Dachstuhl führen zur Ausbreitung des Staubs mit der Folge, dass durch die un-
1
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GDV-Erläuterungen 359 f.; krit. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 71; Langheid/Wandt/ Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 118. GDV-Erläuterungen 359. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 79; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaft-
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pflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 118; Hellberg/Orth/Sons/Winter 153; Prölss/Martin/Voit § 3 USV Rn. 1; a.A. Diederichsen NJW 2007 3377, 3381. GDV-Erläuterungen 359. Hellberg/Orth/Sons/Winter 154. GDV-Erläuterungen 361.
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USV 2008 Ziff. 3
Umweltschadensversicherung
dichte Staubwand Staub in den Nistbereich der geschützten Fledermäuse dringt, die sich in einem Teilbereich des Dachstuhls befinden.
4
Dagegen fehlt es an einer plötzlichen und unfallartigen Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes, wenn anlässlich der Errichtung eines Mehrfamilienhauses ein Bauunternehmen in großem Umfang Erde aushebt und infolge der üblichen Verdichtung des angrenzenden Erdreichs durch die eingesetzten Baumaschinen der Lebensraum einer geschützten Feldhamsterpopulation zerstört wird. Der eingetretene Umweltschaden ist nicht die Folge einer Betriebsstörung, sondern als Folge eines Normalbetriebs nicht versichert.7 Ebenso fehlt es an einer plötzlichen und unfallartigen Störung des bestimmungsgemäßen Betriebes, wenn ein Dachdecker, der den Dachstuhl eines historischen Gebäudes restauriert, dabei die dort lebende Fledermauspopulation vertreibt, oder ein Wasserbaubetrieb, der auftragsgemäß einen Fluss ausbaggert (vertieft), es unterlässt, die zwangsläufig mit ausgebaggerten Flussmuscheln (geschützte Art) wieder ins Wasser zu werfen.8 5 Im Übrigen kommt es für das Vorliegen einer Betriebsstörung nicht darauf an, auf wen und worauf diese zurückzuführen ist.9 In Betracht kommt sorgfaltswidriges Verhalten des VN oder seiner Mitarbeiter, sorgfaltswidriges Verhalten Dritter (z.B. Verursachung eines übergreifenden Brandes durch den Eigentümer eines Nachbargrundstückes), technisches Versagen (z.B. Materialbruch).10 Insoweit ist der Hinweis geboten, dass auch bei „reinen“ Tätigkeiten gem. Ziff. 2.8 USV (z.B. Montage, Wartung, Instandhaltung, Demontage) eine Betriebsstörung erforderlich ist. Eine solche liegt z.B. vor, wenn der VN infolge von Unachtsamkeit einen Behälter umstößt, sodass Giftstoffe in den Boden eindringen können, oder er durch sorgfaltswidriges Verhalten einen Brand verursacht.11
II. Unmittelbare Kausalität zwischen Betriebsstörung und Umweltschaden 6
Der Umweltschaden muss unmittelbare Folge einer Betriebsstörung beim VN oder Dritten sein. Der durchschnittliche VN dürfte das Erfordernis der Unmittelbarkeit als ein über die Kausalität i.S.e. adäquaten Ursachenzusammenhangs hinausgehendes Einschränkungsmerkmal verstehen. Aus seiner Sicht dürfte Unmittelbarkeit nur dann vorliegen, wenn die Betriebsstörung den Umweltschaden selbst bewirkt, ohne dass zwischen die Betriebsstörung und den Schadenserfolg eine weitere (Zwischen-)Ursache tritt.12 Zumindest muss die Erstursache noch weiterwirken. 7 Unmittelbarkeit ist danach gegeben, wenn der Betrieb des VN brennt und Schadgase in das benachbarte Vogelschutzgebiet abdriften und dort Boden, Pflanzen und Tiere beeinträchtigen13 oder durch einen Filterausfall schwermetallhaltige Stäube emittiert werden und diese in ein Schutzgebiet gelangen.14 Unmittelbarkeit wird auch dann zu bejahen sein, wenn die Stäube nur infolge eines ungewöhnlichen Winds in ein besonders ge-
7 8 9 10 11 12
GDV-Erläuterungen 361. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 81. Hellberg/Orth/Sons/Winter 153; GDV-Erläuterungen 359. Prölss/Martin/Voit § 3 USV Rn. 1; Hellberg/ Orth/Sons/Winter 154. GDV-Erläuterungen 360. Vgl. auch Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B
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Rn. 78 ff.: „zwischen der schadenstiftenden Handlung (oder pflichtwidrigen Unterlassung) aus der beruflichen Tätigkeit des VN und dem Eintritt des Ökoschadens darf kein vielstufiger Kausalverlauf liegen“. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 95. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 97.
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Betriebsstörung
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schütztes Gebiet gelangen15 oder kontaminiertes Löschwasser in ein Gewässer gelangt. In beiden Fällen sind zwar weitere Ursachen hinzugetreten. Die Erstursache – betriebliche/ berufliche Tätigkeit – wirkt jedoch fort.16 Abzulehnen ist deshalb auch die von Hellberg/ Orth/Sons/Winter vertretene Auffassung, die Unmittelbarkeit verneint, wenn ein pflichtwidriges Unterlassen des VN hinzutritt.17 Beispiel 18: Beim Beladen einer Palette stürzt ein Fass zu Boden. Obwohl der VN bemerkt, dass eine größere Ölmenge ausgelaufen ist, unternimmt er nichts zur Sicherstellung des umweltgefährlichen Stoffs. Wochen später gelangen Spuren des Öls durch niederschlagsbedingte Auswaschungen in ein angrenzendes Schutzgebiet.
Ein pflichtwidriges Verhalten des VN findet erst auf der Ebene der sekundären Risikoabgrenzung Berücksichtigung (vgl. Ziff. 10.16 USV).19
III. Betriebsstörung während der Vertragslaufzeit Die schadensverursachende Betriebsstörung muss gem. Ziff. 3.1 USV während der 8 Wirksamkeit des Versicherungsvertrages eingetreten sein. Dadurch soll verhindert werden, dass sich ein VN, der sich zunächst aus Kostengründen gegen den Abschluss eines Versicherungsvertrages entschieden hat, noch versichern kann, nachdem er von einer Betriebsstörung Kenntnis erlangt hat.20 Mit Blick auf die Definition des Versicherungsfalles nach Ziff. 8 USV, nach der die nachprüfbare erste Feststellung des Umweltschadens ebenfalls in die Wirksamkeit der Versicherung fallen muss, müssen somit sowohl die Betriebsstörung als auch die Umwelteinwirkung, die Schädigung i.S.d. USchadG und die Feststellung dieses Schadens in den Versicherungszeitraum fallen.21 Dies sei anhand des nachstehenden Zeitstrahls verdeutlicht:
Betriebsstörung
Umwelteinwirkung
Umweltschaden
Feststellung des Schadens
t Vertragsbeginn
Vertragsende
Damit können Deckungslücken beim VR-Wechsel auftreten, wenn sich während der 9 Laufzeit des mit VR A geschlossenen Vertrags zwar eine schadensverursachende Betriebsstörung ereignet, der Versicherungsfall jedoch in die Laufzeit des Versicherungsvertrages mit VR B fällt. Beispiel 22: Am 30.12.2012 wird infolge eines Unwetters die Rohrleitung einer Anlage des VN beschädigt, der bis zum 31.12.2012 bei VR A versichert ist. Dabei entweicht eine umweltgefährliche Flüssigkeit, ohne dass gleichzeitig schon ein Umweltschaden eintritt. Dieser Vorgang bleibt
15 16 17 18
Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 97. Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 96. Hellberg/Orth/Sons/Winter 156. Hellberg/Orth/Sons/Winter 156.
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Vgl. Prölss/Martin/Voit § 3 USV Rn. 1. Hellberg/Orth/Sons/Winter 156. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 87. Nach Hellberg/Orth/Sons/Winter 157.
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Umweltschadensversicherung
zunächst unbemerkt. Ab dem 1.1.2013 besteht Versicherungsschutz bei VR B. Am 3.1.2013 gelangt die Flüssigkeit in einen unmittelbar an das Betriebsgrundstück angrenzenden geschützten Lebensraum und verursacht dort einen Umweltschaden, der am Tag danach von Naturschützern festgestellt wird.
Betriebsstörung
Umwelteinwirkung und Umweltschaden
Feststellung des Schadens
3.1.13
4.1.13
30.12.12 31.12.12 Vertragslaufzeit VR A
t 31.12.13
Vertragslaufzeit VR B
In dieser Konstellation besteht im Rahmen beider Versicherungsverträge kein Versicherungsschutz. Auch die Nachhaftungsregelung gem. Ziff. 12.1 USV führt zu keinem günstigeren Ergebnis, da der Umweltschaden erst nach Ablauf des Vertrags eingetreten ist. VR A muss nicht leisten, weil es an einem während der Wirksamkeit seines Vertrages eingetretenen Versicherungsfall fehlt, und VR B muss nicht leisten, weil es an einer während der Wirksamkeit seines Vertrages eingetretenen Betriebsstörung mangelt.23 Um diese Deckungslücke zu vermeiden, bedarf es individueller Absprachen zwischen VN und VR.
IV. Darlegungs- und Beweislast 10
Der VN trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Betriebsstörung.24
C. Nicht anlagenspezifisches Umweltschaden-Produkthaftpflichtund Verwendungsrisiko (Ziff. 3.2 UmweltHM) 11
Auch ohne Vorliegen einer Betriebsstörung besteht nach Ziff. 3.2 S. 1 USV im Rahmen der Ziff. 2.7 USV Versicherungsschutz für Umweltschäden durch hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse. Das Gleiche gilt gem. Ziff. 3.2 S. 2 USV im Rahmen der Ziff. 2.8 USV für Umweltschäden durch Lagerung, Verwendung oder anderen Umgang von oder mit Erzeugnissen Dritter i.S.v. Ziff. 2.7 USV. In beiden Fällen ist Voraussetzung für die Deckung, dass erstens der Umweltschaden 12 auf einen Konstruktions-, Produktions- oder Instruktionsfehler der Erzeugnisse zurückzuführen ist (Ziff. 3.2 S. 3 USV) und zweitens der Fehler nach Stand von Wissenschaft und Technik (zu diesem Standard vgl. Ziff. 6 ProdHM Rn. 20) zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht hätte erkannt werden können (Ziff. 3.2 S. 4 USV). Diese Einschrän-
23 24
Vgl. Hellberg/Orth/Sons/Winter 157. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadens-
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versicherung Rn. 119; Hellberg/Orth/Sons/ Winter 157.
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Leistungen der Versicherung
USV 2008 Ziff. 4
kung begründet der Musterbedingungsgeber damit, dass es bei Fällen, in denen die USV auf das Betriebsstörungserfordernis verzichte, eines Regulativs für das nicht abschätzbare Entwicklungsrisiko, insbesondere im Zusammenhang mit Biodiversitätsschäden (Vor USV Rn. 1), bedürfe.25
4. Leistungen der Versicherung 4.1 1Der Versicherungsschutz umfasst die Prüfung der gesetzlichen Verpflichtung, die Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme und die Freistellung des VN von berechtigten Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtungen gegenüber der Behörde oder einem sonstigen Dritten. 2Berechtigt sind Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtungen dann, wenn der VN aufgrund Gesetzes, rechtskräftigen Urteils, Anerkenntnisses oder Vergleiches zur Sanierung- und Kostentragung verpflichtet ist und der VR hierdurch gebunden ist. 3Anerkenntnisse oder Vergleiche, die vom VN ohne Zustimmung des VR abgegeben oder geschlossen worden sind, binden den VR nur, soweit der Anspruch auch ohne Anerkenntnis oder Vergleich bestanden hätte. 4 Ist die Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtung des VN mit bindender Wirkung für den VR festgestellt, hat der VR den VN binnen zwei Wochen vom Anspruch des Dritten freizustellen. 4.2 1Der VR ist bevollmächtigt, alle ihm zur Abwicklung des Schadens oder der Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme durch die Behörde oder einen sonstigen Dritten zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des VN abzugeben. 2 Kommt es in einem Versicherungsfall zu einem Verwaltungsverfahren oder Rechtsstreit über Sanierungs- oder Kostentragungsverpflichtungen gegen den VN, ist der VR zur Verfahrens- und Prozessführung bevollmächtigt. 3Er führt das Verwaltungsverfahren oder den Rechtsstreit im Namen des VN. 4.3 Wird in einem Strafverfahren wegen eines Umweltschadens/Umweltdeliktes, der/ das eine unter den Versicherungsschutz fallende Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtung zur Folge haben kann, die Bestellung eines Verteidigers für den VN von dem VR gewünscht oder genehmigt, so trägt der VR die gebührenordnungsmäßigen oder die mit ihm besonders vereinbarten höheren Kosten des Verteidigers. Die Formulierung der Ziff. 4.1 bis 4.3 USV ist an Ziff. 5.1 bis 5.3 AHB angelehnt. Ziff. 4.1 USV entspricht sachlich Ziff. 5.1 AHB. Dem von den AHB abweichenden versicherten Risiko trägt Ziff. 4.1 USV dadurch Rechnung, dass der Versicherungsschutz nicht die Prüfung der Haftpflichtfrage, sondern die Prüfung der gesetzlichen Verpflichtung umfasst, und der VR nicht die Freistellung von berechtigten Schadensersatzverpflichtungen, sondern von berechtigten Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtungen schuldet.1 Ziff. 4.2 USV entspricht sachlich Ziff. 5.2 AHB. Weitergehend sieht Ziff. 4.2 S. 2 USV vor, dass der VR zur Vertretung des VN im Verwaltungsverfahren bevollmächtigt ist. Ziff. 4.3 USV entspricht sachlich Ziff. 5.3 AHB. Insoweit kann auf die dortige Kommentierung verwiesen werden.
25
GDV-Erläuterungen 361 f.
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Vgl. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 122.
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USV 2008 Ziff. 5
Umweltschadensversicherung
5. Versicherte Kosten Versichert sind im Rahmen des in Ziff. 4.1 geregelten Leistungsumfangs nachfolgende Kosten einschließlich notwendiger Gutachter-, Sachverständigen-, Anwalts-, Zeugen-, Verwaltungsverfahrens- und Gerichtskosten 5.1 für die Sanierung von Schäden an geschützten Arten, natürlichen Lebensräumen oder Gewässern 5.1.1 die Kosten für die „primäre Sanierung“, d.h. für Sanierungsmaßnahmen, die die geschädigten natürlichen Ressourcen und/oder beeinträchtigten Funktionen ganz oder annähernd in den Ausgangszustand zurückversetzen; 5.1.2 die Kosten für die „ergänzende Sanierung“, d.h. für Sanierungsmaßnahmen in Bezug auf die natürlichen Ressourcen und/oder Funktionen, mit denen der Umstand ausgeglichen werden soll, dass die primäre Sanierung nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung der geschädigten natürlichen Ressourcen und/oder Funktionen führt; 5.1.3 1die Kosten für die „Ausgleichssanierung“, d.h. für die Tätigkeiten zum Ausgleich zwischenzeitlicher Verluste natürlicher Ressourcen und/oder Funktionen, die vom Zeitpunkt des Eintretens des Schadens bis zu dem Zeitpunkt entstehen, in dem die primäre Sanierung ihre Wirkung vollständig entfaltet hat. 2„Zwischenzeitliche Verluste“ sind Verluste, die darauf zurückzuführen sind, dass die geschädigten natürlichen Ressourcen und/oder Funktionen ihre ökologischen Aufgaben oder ihre Funktionen für andere natürliche Ressourcen nicht erfüllen können, solange die Maßnahmen der primären bzw. der ergänzenden Sanierung ihre Wirkung nicht entfaltet haben. 3Die Kosten für die Ausgleichssanierung werden im Rahmen der vereinbarten Versicherungssumme und der Jahreshöchstersatzleistung bis zu einem Gesamtbetrag von … % der vereinbarten Versicherungssumme ersetzt. 5.2 für die Sanierung von Schädigungen des Bodens: die Kosten für die erforderlichen Maßnahmen, die zumindest sicherstellen, dass die betreffenden Schadstoffe beseitigt, kontrolliert, eingedämmt oder vermindert werden, so dass der geschädigte Boden unter Berücksichtigung seiner zum Zeitpunkt der Schädigung gegebenen gegenwärtigen oder zugelassenen zukünftigen Nutzung kein erhebliches Risiko einer Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit mehr darstellt. 5.3 Die unter Ziff. 5.1 und Ziff. 5.2 genannten Kosten für Umweltschäden, die auf Grundstücken des VN gemäß Ziff. 10.1 oder am Grundwasser gemäß Ziff. 10.2 eintreten, sind nur nach besonderer Vereinbarung versichert.
Übersicht A. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . B. Kosten für die Sanierung von Biodiversitäts- und Gewässerschäden (Ziff. 5.1 USV) . . . . . . . . . . . .
Rn. 1 2
Rn. C. Kosten für die Sanierung von Bodenschäden (Ziff. 5.2 USV) . . . . . . . D. Umwelteigen- und Grundwasserschäden (Ziff. 5.3 USV) . . . . . . .
6 8
A. Grundsätzliches
1
Im Rahmen des in Ziff. 4.1 USV geregelten Leistungsumfangs sind – einschließlich notwendiger Gutachter-, Sachverständigen-, Anwalts-, Zeugen-, Verwaltungsverfahrensund Gerichtskosten – die Kosten für die Sanierung von Biodiversitäts- und Gewässerschäden sowie für die Schädigungen des Bodens versichert. Das bedeutet, dass der VR
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Versicherte Kosten
USV 2008 Ziff. 5
die von der Behörde geltend gemachten Kosten im Rahmen der vereinbarten Deckung erstattet. Gelangt der VR nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Schluss, dass die gesetzliche Verpflichtung nicht besteht oder der VN nicht haftet, bietet der VR Abwehrschutz. Die hierfür aufzuwendenen Kosten erstattet der VR zusätzlich zu den Sanierungskosten.1
B. Kosten für die Sanierung von Biodiversitäts- und Gewässerschäden (Ziff. 5.1 USV) Bei Biodiversitätsschäden (Vor USV Rn. 1) sowie Gewässerschäden werden die Kosten 2 der primären Sanierung, ergänzenden Sanierung und Ausgleichssanierung (vgl. §§ 8 USchadG, 90 WHG, 19 BNatSchG i.V.m. Anhang II Nr. 1 EU-Umwelthaftungsrichtlinie2) gem. Ziff. 5.1.1 bis 5.1.3 USV ersetzt. Ziff. 5.1.1 bis 5.1.3 USV orientieren sich hinsichtlich der Umschreibung der vorbezeichneten Sanierungsarten eng an Anhang II Ziff. 1 EU-Umwelthaftungsrichtlinie, der insoweit auch das Maß für die Auslegung bildet. Dort werden die Sanierungsarten wie folgt definiert: „Eine Sanierung von Umweltschäden im Bereich der Gewässer oder geschützter Arten oder natürlicher Lebensräume wird dadurch erreicht, dass die Umwelt durch primäre Sanierung, ergänzende Sanierung oder Ausgleichssanierung in ihren Ausgangszustand zurückversetzt wird, wobei a) „primäre Sanierung“ jede Sanierungsmaßnahme ist, die die geschädigten natürlichen Ressourcen und/oder beeinträchtigten Funktionen ganz oder annähernd in den Ausgangszustand zurückversetzt; b) „ergänzende Sanierung“ jede Sanierungsmaßnahme in Bezug auf die natürlichen Ressourcen und/oder Funktionen ist, mit der der Umstand ausgeglichen werden soll, dass die primäre Sanierung nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung der geschädigten natürlichen Ressourcen und/oder Funktionen führt; c) „Ausgleichssanierung“ jede Tätigkeit zum Ausgleich zwischenzeitlicher Verluste natürlicher Ressourcen und/oder Funktionen ist, die vom Zeitpunkt des Eintretens des Schadens bis zu dem Zeitpunkt entstehen, in dem die primäre Sanierung ihre Wirkung vollständig entfaltet hat; d) „zwischenzeitliche Verluste“ Verluste sind, die darauf zurückzuführen sind, dass die geschädigten natürlichen Ressourcen und/oder Funktionen ihre ökologischen Aufgaben nicht erfüllen oder ihre Funktionen für andere natürliche Ressourcen oder für die Öffentlichkeit nicht erfüllen können, solange die Maßnahmen der primären bzw. der ergänzenden Sanierung ihre Wirkung nicht entfaltet haben. Ein finanzieller Ausgleich für Teile der Öffentlichkeit fällt nicht darunter.“
Während der Zweck der primären Sanierung darin besteht, die geschädigte Ressource 3 und/oder deren Funktionen ganz oder annährend in den Ausgangszustand zurückzuversetzen,3 zielt die ergänzende Sanierung darauf ab, gegebenenfalls an einem anderen Ort einen Zustand der natürlichen Ressourcen und/oder von deren Funktionen herzustellen, der einer Rückführung des geschädigten Ortes in seinen Ausgleichszustand gleichkommt.
1
2
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 126. Richtlinie 2004/35/EG v. 21.4.2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanie-
3
rung von Umweltschäden ABl. L 143 v. 30.4.2004, S. 56. Vgl. Anhang II Nr. 1.1.1 EU-Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG.
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Umweltschadensversicherung
Soweit dies möglich und sinnvoll ist, sollte dieser andere Ort mit dem geschädigten Ort geographisch im Zusammenhang stehen, wobei die Interessen der Bevölkerung zu berücksichtigen sind.4 Die Ausgleichssanierung erfolgt zum Ausgleich der zwischenzeitlichen Verluste von natürlichen Ressourcen und von deren Funktionen, die bis zur Wiederherstellung entstehen. Der Ausgleich besteht aus zusätzlichen Verbesserungen der geschützten natürlichen Lebensräume und Arten oder der Gewässer entweder an dem geschädigten oder an einem anderen Ort. Sie beinhaltet keine Entschädigung für Teile der Öffentlichkeit.5 Nach Einschätzung des Musterbedingungsgebers sind mit dem Begriff der Ausgleichs4 sanierung erhebliche Rechtsunsicherheiten verknüpft. Deshalb sieht Ziff. 5.1.3 S. 3 USV die Vereinbarung eines Sublimits vor.6 Für die Kosten von Vermeidungsmaßnahmen oder Schadensbegrenzungsmaßnahmen 5 i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und 2 USchadG besteht Deckung nur unter den Voraussetzungen von Ziff. 9 USV (Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles).7
C. Kosten für die Sanierung von Bodenschäden (Ziff. 5.2 USV) 6
Für Bodenschäden finden die vorbeschriebenen Sanierungsarten keine Anwendung. Es gilt § 8 USchadG i.V.m. § 4 Abs. 3 BBodSchG. Danach sind der Verusacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, „den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen“.
7
Die Kosten für Bodensanierungen werden nach Ziff. 5.2 USV in dem Umfang erstattet, wie die Sanierung zur Beseitigung von Gefahren für die menschliche Gesundheit notwendig ist. Haftung8 und Deckung sind insoweit kongruent. Für Gefahren, die der Allgemeinheit drohen und für die durch § 4 Abs. 3 BBodSchG eine Sanierungspflicht begründet wird, besteht dagegen kein Versicherungsschutz.
D. Umwelteigen- und Grundwasserschäden (Ziff. 5.3 USV) 8
Ziff. 5.3 USV enthält den Hinweis, dass die unter Ziff. 5.1 und Ziff. 5.2 USV genannten Kosten für Umweltschäden, die auf Grundstücken des VN gem. Ziff. 10.1 USV oder am Grundwasser gem. Ziff. 10.2 USV eintreten, nur nach besonderer Vereinbarung versichert sind. Dieser Versicherungsschutz kann fakultativ über die Zusatzbausteine 1 und 2 vereinbart werden. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen.
4 5
Vgl. Anhang II Nr. 1.1.2 EU-Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG. Vgl. Anhang II Nr. 1.1.3 EU-Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG.
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6 7 8
GDV-Erläuterungen 363. Prölss/Martin/Voit Ziff. 5 USV Rn. 2. Vgl. § 2 Ziff. 2 USchadG.
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Erhöhungen und Erweiterungen
USV 2008 Ziff. 6
6. Erhöhungen und Erweiterungen 6.1 1 Für Risiken der Ziff. 2.1 bis 2.5 besteht kein Versicherungsschutz für Erhöhungen und Erweiterungen. 2Der Versicherungsschutz umfasst aber mengenmäßige Veränderungen von Stoffen innerhalb der unter Ziff. 2.1 bis 2.5 versicherten Risiken. 6.2 1 Für Risiken gemäß Ziff. 2.6 bis 2.8 umfasst der Versicherungsschutz Erhöhungen oder Erweiterungen der im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Risiken. 2Dies gilt nicht für Risiken aus dem Halten oder Gebrauch von versicherungspflichtigen Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugen sowie für sonstige Risiken, die der Versicherungs- oder Deckungsvorsorgepflicht unterliegen. 6.3 1 Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf Erhöhungen des versicherten Risikos durch Änderung bestehender oder Erlass neuer Rechtsvorschriften, soweit es sich hierbei um Rechtsvorschriften auf der Grundlage der EU-Umwelthaftungsrichtlinie (2004/35/EG) handelt und diese nicht Vorschriften zur Versicherungs- oder Deckungsvorsorgepflicht zum Gegenstand haben. 2Der VR kann den Vertrag jedoch unter den Voraussetzungen von Ziff. 25 kündigen.
Übersicht Rn. A. Risikoerhöhungen und -erweiterungen aus den Risikobausteinen Ziff. 2.1 bis 2.5 USV (Ziff. 6.1 USV) . . . . . . . . . . . B. Risikoerhöhungen und -erweiterungen aus
1
Rn. den Risikobausteinen 2.6 bis 2.8 (Ziff. 6.2 USV) . . . . . . . . . . . . . C. Risikoerhöhungen aufgrund EU-Rechts (Ziff. 6.3 USV) . . . . . . . . . . . . .
3 4
A. Risikoerhöhungen und -erweiterungen aus den Risikobausteinen Ziff. 2.1 bis 2.5 USV (Ziff. 6.1 USV) Erhöhungen und Erweiterungen sind bei den Risiken i.S.v. Ziff. 2.1 bis 2.5 USV nur 1 insoweit gedeckt, als es sich um mengenmäßige (quantitative) Veränderungen von Stoffen innerhalb der in Versicherung gegebenen Risiken handelt. Diese Klausel entspricht Ziff. 3.2 UmweltHM, sodass auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann (Ziff. 3.2 UmweltHM Rn. 8 ff.). Die Rechtsfolgen bei Risikoerhöhungen oder -erweiterungen des versicherten Risikos sind in Ziff. 19 USV bestimmt. Im Unterschied zu Ziff. 3.2 UmweltHM ist Ziff. 6.1 USV jedoch – nicht nur bei Mas- 2 senrisiken (§ 32 VVG), sondern auch bei Großrisiken (§ 307 BGB) – unwirksam, weil diese Regelung von §§ 23 ff. VVG zum Nachteil des VN abweicht.1 Während Ziff. 3.2 UmweltHM bei qualitativen Risikoerhöhungen und -erweiterungen lediglich Ziff. 3.1 (2) AHB für nicht anwendbar erklärt und sich der Versicherungsschutz insoweit an §§ 23 ff. VVG messen lassen muss, schließt Ziff. 6.1 S. 1 USV den Versicherungsschutz unabhängig davon aus, ob es sich um eine gewollte oder ungewollte Gefahrerhöhung handelt, ob Kausalität im Schadensfall vorliegt und welcher Verschuldensgrad auf Seiten des VN erfüllt ist.
1
Vgl. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadens-
versicherung Rn. 127, der Großrisiken jedoch ausnehmen will.
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USV 2008 Ziff. 7
Umweltschadensversicherung
B. Risikoerhöhungen und -erweiterungen aus den Risikobausteinen 2.6 bis 2.8 (Ziff. 6.2 USV) 3
Für das Umweltschaden-Betriebsrisiko (Ziff. 2.8 USV) sowie die Umweltschaden-Produkthaftpflichtrisiken (Ziff. 2.6 und 2.7 USV) besteht für Erhöhungen und Erweiterungen grundsätzlich Versicherungsschutz. Ausgenommen sind die Risiken aus dem Halten oder Gebrauch von versicherungspflichtigen Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugen sowie für sonstige Risiken, die der Versicherungs- oder Deckungsvorsorgepflicht unterliegen. Insoweit folgt die USV der Regelung gem. Ziff. 3.1 (2) S. 2 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird (Ziff. 3 AHB Rn. 156).
C. Risikoerhöhungen aufgrund EU-Rechts (Ziff. 6.3 USV) 4
Nach Ziff. 6.3 S. 1, 1. Halbs. USV erstreckt sich der Versicherungsschutz – abweichend von Ziff. 3.2 UmweltHM – auch auf Risikoerhöhungen und/oder -erweiterungen, die aus der Änderung bestehender oder dem Erlass neuer nationaler Rechtsvorschriften resultieren, soweit diese Veränderungen auf der Grundlage der EU-Umwelthaftungsrichtlinie vorgenommen werden und nicht Vorschriften zur Deckungsvorsorge- oder Versicherungspflicht betreffen. Ändert sich hierdurch die Risikobaustein-Zuordnung von versicherten Anlagen, bleibt die Deckung für die konkrete Anlage bestehen, selbst wenn der nun auf diese Anlage zutreffende Risikobaustein nicht vereinbart wurde. Im Schadensfall muss der VN allerdings nachweisen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Anlage zutreffend deklariert war.2 5 Im Falle einer Risikoerhöhung durch neue Rechtsvorschriften kann der VR den Vertrag unter den Voraussetzungen von Ziff. 25 USV kündigen. Ziff. 25 USV ist identisch mit Ziff. 21 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird. Eine nachteilige Abweichung von § 32 VVG liegt nicht vor (Ziff. 21 AHB Rn. 1 f.).
7. Neue Risiken 7.1 Für Risiken gemäß Ziff. 2.1 bis 2.5, die nach Abschluss des Versicherungsvertrages neu entstehen, bedarf der Versicherungsschutz besonderer Vereinbarung. 7.2 Für Risiken gemäß Ziff. 2.6 bis 2.8, die nach Abschluss des Vertrages neu entstehen, besteht Versicherungsschutz im Rahmen des Vertrages sofort bis zur Höhe gemäß Ziff. 7.2.3. 7.2.1 1Der VN ist verpflichtet, nach Aufforderung des VR jedes neue Risiko innerhalb eines Monats anzuzeigen. 2Die Aufforderung kann auch mit der Beitragsrechnung erfolgen. 3Tritt der Versicherungsfall ein, bevor das neue Risiko angezeigt wurde, so hat der VN zu beweisen, dass das neue Risiko erst nach Abschluss der Versicherung und zu einem Zeitpunkt hinzugekommen ist, zu dem die Anzeigefrist noch nicht verstrichen war. 7.2.2 1Der VR ist berechtigt, für das neue Risiko einen angemessenen Beitrag zu verlangen. 2Kommt eine Einigung über die Höhe des Beitrags innerhalb einer Frist von einem Monat nach Eingang der Anzeige nicht zustande, entfällt der Versicherungsschutz für das neue Risiko rückwirkend ab dessen Entstehung.
2
Hellberg/Orth/Sons/Winter 174.
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Versicherungsfall
USV 2008 Ziff. 8
7.2.3 Der Versicherungsschutz für neue Risiken ist von ihrer Entstehung bis zur Einigung i.S. von Ziff. 7.2.2 auf den Betrag von EUR ... begrenzt, sofern nicht im Versicherungsschein geringere Versicherungssummen festgesetzt sind. 7.2.4 Die Regelung der Versicherung neuer Risiken gemäß Ziff. 7.2 gilt nicht für Risiken (1) aus dem Eigentum, Besitz, Halten oder Führen eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs, soweit diese Fahrzeuge der Zulassungs-, Führerschein- oder Versicherungspflicht unterliegen; (2) aus dem Eigentum, Besitz, Betrieb oder Führen von Bahnen; (3) die der Versicherungs- oder Deckungsvorsorgepflicht unterliegen; (4) die kürzer als ein Jahr bestehen werden und deshalb im Rahmen von kurzfristigen Versicherungsverträgen zu versichern sind. Hinsichtlich der Einbeziehung neuer Risiken im Wege der Vorsorgeversicherung trifft 1 Ziff. 7 USV eine differenzierte Regelung. Geht es um Risiken nach Ziff. 2.1 bis 2.5 USV, bestimmt Ziff. 7.1 USV, dass es keine Vorsorgeversicherung gibt. Dies entspricht Ziff. 3.1 UmweltHM. Für solche neuen Risiken besteht somit nur nach besonderer Vereinbarung Versicherungsschutz. Für Risiken nach Ziff. 2.6 bis 2.8 USV ist gem. Ziff. 7.2 USV eine Vorsorgeversiche- 2 rung vorgesehen. Ziff. 7.2.1 USV entspricht Ziff. 4.1 (1) S. 1, 2 und 4 AHB. Keine Entsprechung hat Ziff. 4.1 (1) S. 3 AHB gefunden, demzufolge der Versicherungsschutz entfällt, wenn der VN die rechtzeitige Anzeige unterlässt. Hierbei dürfte es sich um ein Versehen des Musterbedingungsgebers handeln, da Ziff. 7.2.1 S. 3 USV und Ziff. 7.2.2 USV, die Ziff. 4.1 (1) S. 4 und Ziff. 4.1 (2) AHB entsprechen, ansonsten keinen rechten Sinn machten. Ob im Hinblick auf Ziff. 7.2.1 S. 3 USV und Ziff. 7.2.2 USV eine Rechtsfolgenregelung entsprechend Ziff. 4.1 (1) S. 3 AHB entbehrlich ist, scheint unter Transparenzgesichtspunkten fraglich. Die Lücke dürfte sich indes im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung i.S.d. von Ziff. 4.1 (1) S. 3 AHB schließen lassen. Ziff. 7.2.3 USV entspricht sachlich Ziff. 4.2 AHB und Ziff. 7.2.4 USV entspricht sachlich Ziff. 4.3 AHB, sodass auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann. Für die Abgrenzung zwischen Risikoerhöhungen/-erweiterungen und neuen Risiken s. Ziff. 3 AHB Rn. 158 ff. Nach h.M. stellt die Ausweisung neuer Schutzgebiete oder das Auftreten neuer schützenswerter Arten kein neues Risiko i.S.d. Ziff. 7.1 USV dar.1
8. Versicherungsfall 1Versicherungsfall ist die nachprüfbare erste Feststellung des Umweltschadens durch den VN, die zuständige Behörde oder einen sonstigen Dritten. 2Der Versicherungsfall muss während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten sein. 3Hierbei kommt es nicht darauf an, ob zu diesem Zeitpunkt bereits Ursache oder Umfang des Schadens oder eine Pflicht zur Vornahme von Sanierungsmaßnahmen erkennbar war.
Ziff. 8 USV definiert den Versicherungsfall in Anlehnung an Ziff. 4 UmweltHM. 1 Insoweit wird auf die dortige Kommentierung verwiesen. Im Hinblick auf das versicherte 1
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadens-
versicherung Rn. 130; MAH/Fränzer § 16 Rn. 173.
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USV 2008 Ziff. 9
Umweltschadensversicherung
Risiko wird nicht auf die erste Feststellung des Personen-, Sach- oder Vermögensschadens während der Wirksamkeit der Versicherung abgestellt, sondern auf die erste Feststellung des Umweltschadens. Als „sonstige Dritte“ kommen u.a. Vereine und Vereinigungen nach § 11 Abs. 2 USchadG in Betracht.1
9. Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles 9.1 1Der VR ersetzt, auch ohne dass ein Versicherungsfall eingetreten ist, (1) für die Versicherung nach den Risikobausteinen 2.1 bis 2.5 nach einer Betriebsstörung; (2) für die Versicherung nach Risikobaustein 2.6 nach einer Betriebsstörung bei Dritten; (3) für die Versicherung nach Risikobaustein 2.7 nach einer Betriebsstörung bei Dritten – in den Fällen der Ziff. 3.2 auch ohne Vorliegen einer Betriebsstörung nach behördlicher Anordnung; (4) für die Versicherung nach Risikobaustein 2.8 nach einer Betriebsstörung beim VN oder Dritten – in den Fällen der Ziff. 3.2 auch ohne Vorliegen einer Betriebsstörung nach behördlicher Anordnung; Aufwendungen des VN – oder soweit versichert des Dritten gemäß (2) bis (4) – für Maßnahmen zur Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden Umweltschadens. 2Die Feststellung der Betriebsstörung oder die behördliche Anordnung müssen in die Wirksamkeit der Versicherung fallen, wobei maßgeblich der frühere Zeitpunkt ist. 9.2 Aufwendungen aufgrund von Betriebsstörungen oder behördlichen Anordnungen i.S.d. Ziff. 9.1 werden unter den dort genannten Voraussetzungen unbeschadet der Tatsache übernommen, dass die Maßnahmen durch den VN oder im Wege der Ersatzvornahme durch die Behörde ausgeführt werden. 9.3 Der VN ist verpflichtet, 9.3.1 dem VR die Feststellung einer derartigen Störung des Betriebes oder eine behördliche Anordnung unverzüglich anzuzeigen und alles zu tun, was erforderlich ist, die Aufwendungen auf den Umfang zu begrenzen, der notwendig und objektiv geeignet ist, den Schadenseintritt zu verhindern oder den Schadenumfang zu mindern und auf Verlangen des VR fristgemäß Widerspruch gegen behördliche Anordnungen einzulegen oder 9.3.2 sich mit dem VR über die Maßnahmen abzustimmen. 9.4 1Verletzt der VN eine der in Ziff. 9.3 genannten Obliegenheiten vorsätzlich, so werden ihm im Rahmen des für Aufwendungen gem. Ziff. 9 vereinbarten Gesamtbetrages nur die notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen ersetzt. 2Verletzt der VN eine der in Ziff. 9.3 genannten Obliegenheiten grob fahrlässig, so ist der VR berechtigt, etwaige über die notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen hinausgehende Aufwendungen in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der VN. 1
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 131; Beermann 46.
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Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles
USV 2008 Ziff. 9
3Abweichend von Abs. 1 und 2 bleibt der VR zum Ersatz etwaiger über die notwendigen und objektiv geeigneten Aufwendungen hinausgehender Aufwendungen verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit nicht für den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich ist. 9.5 1Aufwendungen werden im Rahmen der vereinbarten Versicherungssumme und der Jahreshöchstersatzleistung bis zu einem Gesamtbetrag von EUR … je Störung des Betriebes oder behördlicher Anordnung, pro Versicherungsjahr jedoch nur bis EUR …, ersetzt. 2Der VN hat von den Aufwendungen … % selbst zu tragen. 3Kommt es trotz Durchführung der Maßnahme zu einem Schaden, so werden die vom VR ersetzten Aufwendungen auf die für den Versicherungsfall maßgebende Versicherungssumme angerechnet, es sei denn, dass der Ersatz dieser Aufwendungen im Rahmen der Jahreshöchstersatzleistung eines früheren Versicherungsjahres die Ersatzleistung für Versicherungsfälle tatsächlich gemindert hat. 9.6 1Nicht ersatzfähig sind in jedem Fall Aufwendungen – auch soweit sie sich mit Aufwendungen i.S.v. Ziff. 9.1 decken – zur Erhaltung, Reparatur, Nachrüstung, Sicherung oder Sanierung von Betriebseinrichtungen, Grundstücken oder Sachen (auch gemietete, gepachtete, geleaste und dgl.) des VN; auch für solche, die früher im Eigentum oder Besitz des VN standen, auch für solche, die der VN hergestellt oder geliefert hat. 2Ersetzt werden jedoch solche Aufwendungen zur Abwehr oder Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden versicherten Umweltschadens, falls nicht betroffene Betriebseinrichtungen, Grundstücke oder Sachen des VN beeinträchtigt werden müssen. 3Eintretende Wertverbesserungen sind abzuziehen.
Übersicht Rn. A. Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen für den Aufwendungsersatz (Ziff. 9.1 USV) . . . . . . . . . . C. Selbst- oder Ersatzvornahme (Ziff. 9.2 USV) . . . . . . . . . . . . . D. Aufwendungsminderungsobliegenheiten (Ziff. 9.3 USV) . . . . . . . . . . . . . E. Verletzung von Aufwendungsminderungsobliegenheiten (Ziff. 9.4 USV) . . . . . .
1 3 5 6 7
Rn. F. Begrenzung der Ersatzleistung (Ziff. 9.5 USV) . . . . . . . . . . . G. Eigenschäden und Schäden an „aufgeopferten“ Sachen (Ziff. 9.6 USV) . . I. Eigenschadenausschluss . . . . . . . II. Aufopferungsschäden . . . . . . . . H. Geltung der Auschlusstatbestände auf Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles . . . . . . . . .
. .
8
. . . . . .
9 9 10
. .
11
A. Sinn und Zweck Ziff. 9 USV betrifft den Ersatz von Kosten für Maßnahmen zur Abwendung oder 1 Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden Umweltschadens. Mit dieser Klausel will der Musterbedingungsgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass gem. § 5 USchadG der Verantwortliche bei unmittelbarer Gefahr eines Umweltschadens unverzüglich die erforderlichen Vermeidungsmaßnahmen zu ergreifen und die dafür anfallenden Kosten gem. § 9 Abs. 1 USchadG zu tragen hat.1 Sowohl von ihrer Struktur als auch vom Inhalt her lehnt sich Ziff. 9 USV eng an Ziff. 5 UmweltHM an.
1
GDV-Erläuterungen 364.
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USV 2008 Ziff. 9 2
Umweltschadensversicherung
Ziff. 9.1 USV definiert, unter welchen Voraussetzungen Versicherungsschutz gegeben ist, Ziff. 9.2 USV stellt klar, dass auch im Wege der behördlichen Ersatzvornahme anfallende Aufwendungen versichert sind. Ziff. 9.3 USV beschreibt die Aufwendungsminderungsobliegenheiten des VN und Ziff. 9.4 USV die Rechtsfolgen ihrer Verletzung. Ziff. 9.5 USV beschreibt die Begrenzungen der Ersatzleistung und Ziff. 9.6 USV schließt Eigenschäden – ausgenommen Aufopferungsschäden – des VN von der Deckung aus. Beispiel 2: Der VN betreibt eine Anlage zur Herstellung von Kunststoffen. Durch einen Brand in dieser Anlage entsteht eine Giftwolke. Diese zieht in Richtung eines FFH3-Gebietes und gefährdet dadurch eine dort brütende geschützte Vogelart. Personen- und Sachschäden drohen nicht, da die nächste Wohnbebauung mehrere Kilometer in anderer Richtung entfernt ist. Die Feuerwehr wird zum Einsatz gerufen, um die Giftwolke vor Erreichen des FFH-Gebietes durch Wasserschleier zum Niederschlag zu bringen. Dadurch wird das Sterben dieser brütenden Vogelart verhindert. Die Kosten des Feuerwehreinsatzes sind als Aufwendungen im Rahmen der USV versichert. Über die Umwelthaftpflichtversicherung würde der Feuerwehreinsatz als Aufwendung nur dann ersetzt, wenn privatrechtliche Drittschäden drohten.
B. Voraussetzungen für den Aufwendungsersatz (Ziff. 9.1 USV) Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles4 sind in den Fällen der Ziff. 2.1 bis 2.6 USV gem. Ziff. 9.1 S. 1 (1)–(4) USV nur dann ersatzfähig, wenn eine Störung des Betriebs i.S.v. Ziff. 3.1 USV vorausgegangen ist.5 In den Fällen der Ziff. 2.7 und Ziff. 2.8 USV (vgl. Ziff. 3.2 USV) ist neben der Betriebsstörung gem. Ziff. 9.1 S. 1 (3) und (4) USV auch eine behördliche Anordnung6 ausreichend. Parallel zu Ziff. 5.1 S. 1 UmweltHM ist Deckungsvoraussetzung, dass es sich um Maßnahmen des VN oder des Dritten zur Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar7 eintretenden versicherten Umweltschadens handelt. Schimikowski weist auf mögliche Deckungslücken hin, die daraus entstehen könnten, 4 dass Ziff. 9.1 S. 1 USV Deckung nur dann gewährt, wenn objektiv feststeht, dass ohne die ergriffene Maßnahme der Umweltschaden eingetreten wäre.8 Dagegen genüge nach § 2 Ziff. 5 USchadG für die Annahme einer unmittelbaren Gefahr die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass ein Umweltschaden in naher Zukunft eintreten werde.9
3
C. Selbst- oder Ersatzvornahme (Ziff. 9.2 USV) 5
Ziff. 9.2 USV entspricht der Regelung in Ziff. 5.2 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentierung (Ziff. 5 UmweltHM Rn. 15 f.) verwiesen wird.
2 3 4 5 6 7
Nach GDV-Erläuterungen 365. FFH ist die Abkürzung für Fauna-FloraHabitat. Vgl. hierzu Ziff. 5 UmweltHM Rn. 4. Krit. dazu Klinkhammer VP 2008 201, 202. Vgl. hierzu Ziff. 5 UmweltHM Rn. 8 f. Vgl. hierzu Ziff. 5 UmweltHM Rn. 10 ff.
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9
Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 133. Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 133; Beermann 53.
Robert Koch
Umfang des Versicherungsschutzes
USV 2008 Ziff. 9
D. Aufwendungsminderungsobliegenheiten (Ziff. 9.3 USV) Ziff. 9.3 USV entspricht der Regelung in Ziff. 5.3 UmweltHM. Auf die dortige Kom- 6 mentierung (Ziff. 5 UmweltHM Rn. 17 ff.) wird verwiesen.
E. Verletzung von Aufwendungsminderungsobliegenheiten (Ziff. 9.4 USV) Ziff. 9.4 USV entspricht der Regelung in Ziff. 5.4 UmweltHM, weshalb auf die dortige 7 Kommentierung (Ziff. 5 UmweltHM Rn. 21 ff.) verwiesen wird.
F. Begrenzung der Ersatzleistung (Ziff. 9.5 USV) Ziff. 9.5 USV entspricht der Regelung in Ziff. 5.5 UmweltHM und sieht ein Sub- 8 limit sowie einen Selbstbehalt vor. Auf die dortige Kommentierung (Ziff. 5 UmweltHM Rn. 25 ff.) wird verwiesen.
G. Eigenschäden und Schäden an „aufgeopferten“ Sachen (Ziff. 9.6 USV) I. Eigenschadenausschluss Ziff. 9.6 S. 1 USV entspricht – abgesehen von Aufwendungen zur Erneuerung, für die 9 kein Versicherungsschutz in der USV gewährt wird – sachlich der Regelung in Ziff. 5.6 S. 1 UmweltHM (Ziff. 5 UmweltHM Rn. 29 ff.). Im Hinblick darauf, dass auch das nicht anlagenspezifische Umweltschaden-Produkthaftpflichtrisiko in Ziff. 2.7 USV mitversichert ist, nimmt Ziff. 9.6 S. 1 letzter Halbs. USV – insofern weiter gehend als Ziff. 5.6 S. 1 UmweltHM – Aufwendungen zur Reparatur oder Nachrüstung von Sachen, die der VN hergestellt oder geliefert hat, von der Deckung aus. Dieser Ausschluss ist nach Ansicht des Musterbedingungsgebers mangels Geltung von Ziff. 1.2 und Ziff. 7.8 AHB erforderlich.10 Beispiel 11: Der VN hat mangelhafte Filter geliefert. Der Abnehmer stellt im laufenden Betrieb die mangelhafte Filterwirkung fest und verlangt vom VN (Nach-)Lieferung mangelfreier Filter zur Vermeidung von Umweltschäden. Der VN verlangt Kostenersatz für die Nachlieferung als Aufwendungen vom VR. Bei diesen Kosten handelt es sich um Erfüllungs-/Gewährleistungsansprüche, für die keine Deckung nach Maßgabe der USV besteht.
II. Aufopferungsschäden Ziff. 9.6 S. 2 USV entspricht Ziff. 5.6 S. 2 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kom- 10 mentierung (Ziff. 5 UmweltHM Rn. 33 ff.) verwiesen wird.
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Nach GDV-Erläuterungen 366.
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H. Geltung der Auschlusstatbestände auf Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles 11
Der Katalog der Ausschlusstatbestände in Ziff. 10 USV gilt auch für Aufwendungsersatzansprüche. Insoweit kommen hier die gleichen Argumente zum Tragen wie bei der Deckung von Aufwendungsersatzansprüchen gem. Ziff. 5 UmweltHM (Ziff. 5 UmweltHM Rn. 37). In der USV folgt dies aber auch aus dem Einleitungssatz von Ziff. 10 USV (hierzu sogleich Ziff. 10 USV Rn. 2).
10. Nicht versicherte Tatbestände Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gilt: Nicht versichert sind Pflichten oder Ansprüche wegen Schäden, unabhängig davon, ob diese bereits erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Erhaltungszustand von Arten und natürlichen Lebensräumen oder Gewässer haben oder eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen, 10.1 1die auf Grundstücken (an Böden oder an Gewässern) des VN eintreten, die im Eigentum des VN stehen, standen oder von ihm gemietet, geleast, gepachtet, geliehen sind oder durch verbotene Eigenmacht erlangt wurden. 2Dies gilt auch, soweit es sich um dort befindliche geschützte Arten oder natürliche Lebensräume handelt. 10.2 am Grundwasser. 10.3 infolge der Veränderung der Lagerstätte des Grundwassers oder seines Fließverhaltens. 10.4 die vor Beginn des Versicherungsvertrages eingetreten sind. 10.5 die sich daraus ergeben, dass der VN nach Beginn des Versicherungsverhältnisses Grundstücke erwirbt oder in Besitz nimmt, die zu diesem Zeitpunkt bereits kontaminiert waren. 10.6 die im Ausland eintreten. 10.7 1die dadurch entstehen oder entstanden sind, dass beim Umgang mit Stoffen diese Stoffe verschüttet werden, abtropfen, ablaufen, verdampfen, verdunsten oder durch ähnliche Vorgänge in den Boden, in ein Gewässer oder in die Luft gelangen. 2 Dies gilt nicht, soweit solche Vorgänge auf einer Betriebsstörung beruhen. 10.8 die durch betriebsbedingt unvermeidbare, notwendige oder in Kauf genommene Einwirkungen auf die Umwelt entstehen. 10.9 durch die Herstellung, Lieferung, Verwendung oder Freisetzung von Klärschlamm, Jauche, Gülle, festem Stalldung, Pflanzenschutz-, Dünge- oder Schädlingsbekämpfungsmitteln, es sei denn, dass diese Stoffe durch plötzliche und unfallartige Ereignisse bestimmungswidrig und unbeabsichtigt in die Umwelt gelangen, diese Stoffe durch Niederschläge plötzlich abgeschwemmt werden oder in andere Grundstücke abdriften, die nicht im Besitz des VN stehen. 10.10 die auf Asbest, asbesthaltige Substanzen oder Erzeugnisse zurückzuführen sind. 10.11 die zurückzuführen sind auf (1) gentechnische Arbeiten, (2) gentechnisch veränderte Organismen (GVO),
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(3) Erzeugnisse, die – Bestandteile aus GVO enthalten – aus oder mit Hilfe von GVO hergestellt wurden. 10.12 infolge Zwischen-, Endablagerung oder anderweitiger Entsorgung von Abfällen ohne die dafür erforderliche behördliche Genehmigung, unter fehlerhafter oder unzureichender Deklaration oder an einem Ort, der nicht im erforderlichen Umfang dafür behördlich genehmigt ist. 10.13 aus Eigentum, Besitz oder Betrieb von Anlagen oder Einrichtungen zur Endablagerung von Abfällen. 10.14 1die der VN, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges oder Kraftfahrzeuganhängers verursachen. 2Nicht versichert sind Ansprüche wegen Schäden, die der VN, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Wasserfahrzeuges verursachen oder für die sie als Halter oder Besitzer eines Wasserfahrzeuges in Anspruch genommen werden. 3Besteht nach diesen Bestimmungen für einen Versicherten (VN oder Mitversicherten) kein Versicherungsschutz, so gilt das auch für alle anderen Versicherten. 4Eine Tätigkeit der in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Personen an einem Kraftfahrzeug, Kraftfahrzeuganhänger und Wasserfahrzeug ist kein Gebrauch i.S. dieser Bestimmung, wenn keine dieser Personen Halter oder Besitzer des Fahrzeuges ist und wenn das Fahrzeug hierbei nicht in Betrieb gesetzt wird. 5Falls im Rahmen und Umfang dieses Vertrages eine abweichende Regelung getroffen wurde, gilt dieser Ausschluss insoweit nicht. 10.15 1die der VN, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Luft- oder Raumfahrzeuges verursachen oder für die sie als Halter oder Besitzer eines Luft- oder Raumfahrzeuges in Anspruch genommen werden. 2Besteht nach diesen Bestimmungen für einen Versicherten (VN oder Mitversicherten) kein Versicherungsschutz, so gilt das auch für alle anderen Versicherten. 3Nicht versichert sind Pflichten oder Ansprüche wegen Schäden durch Luft- oder Raumfahrzeuge aus – der Planung oder Konstruktion, Herstellung oder Lieferung von Luft- oder Raumfahrzeugen oder Teilen für Luft- oder Raumfahrzeuge, soweit die Teile ersichtlich für den Bau von Luft- oder Raumfahrzeugen oder den Einbau in Luft- oder Raumfahrzeuge bestimmt waren; – Tätigkeiten (z.B. Montage, Wartung, Inspektion, Überholung, Reparatur, Beförderung) an Luft- oder Raumfahrzeugen oder deren Teilen. 10.16 soweit sich diese Pflichten oder Ansprüche gegen die Personen (VN oder jeden Mitversicherten) richten, die den Schaden dadurch verursachen, dass sie bewusst von Gesetzen, Verordnungen oder an den VN gerichteten behördlichen Anordnungen oder Verfügungen, die dem Umweltschutz dienen, abweichen. 10.17 soweit sich diese Pflichten oder Ansprüche gegen die Personen (VN oder jeden Mitversicherten) richten, die den Schaden dadurch verursachen, dass sie es bewusst unterlassen, die vom Hersteller gegebenen oder nach dem Stand der Technik einzuhaltenden Richtlinien oder Gebrauchsanweisungen für Anwendung, regelmäßige Kontrollen, Inspektionen oder Wartungen zu befolgen oder notwendige Reparaturen bewusst nicht ausführen. 10.18 durch Bergbaubetrieb i.S.d. BBergG. 10.19 die nachweislich auf Kriegsereignissen, anderen feindseligen Handlungen, Aufruhr, inneren Unruhen, Generalstreik, illegalem Streik oder unmittelbar auf Verfügungen
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oder Maßnahmen von hoher Hand beruhen; das Gleiche gilt für Schäden durch höhere Gewalt, soweit sich elementare Naturkräfte ausgewirkt haben. 10.20 soweit sich diese Pflichten oder Ansprüche gegen die Personen richten, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben. 10.21 soweit sich diese Pflichten oder Ansprüche gegen die Personen richten, die den Schaden dadurch verursacht haben, dass sie in Kenntnis von deren Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit – Erzeugnisse in den Verkehr gebracht oder – Arbeiten oder sonstige Leistungen erbracht haben. 10.22 soweit diese Pflichten oder Ansprüche auf Grund vertraglicher Vereinbarung oder Zusage über die gesetzliche Verpflichtung des VN hinausgehen. 10.23 1die durch Krankheit der dem VN gehörenden, von ihm gehaltenen oder veräußerten Tiere entstanden sind. 2 Es besteht Versicherungsschutz, wenn der VN beweist, dass er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat. 10.24 durch den Betrieb von Kernenergieanlagen.
Übersicht Rn. A. B. C. I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII.
Überblick . . . . . . . . . . . . . . Einleitungssatz vor Ziff. 10 USV . . Ausschlüsse . . . . . . . . . . . . . Schäden am Grundstück des VN (Ziff. 10.1 USV) . . . . . . . . . . Schäden am Grundwasser (Ziff. 10.2 USV) . . . . . . . . . . Veränderung der Grundwasserverhältnisse (Ziff. 10.3 USV) . . . . . . . Schäden vor Vertragsbeginn (Ziff. 10.4 USV) . . . . . . . . . . Schäden vor Grundstückserwerb (Ziff. 10.5 USV) . . . . . . . . . . Auslandsschäden (Ziff. 10.6 USV) . Kleckerschäden (Ziff. 10.7 USV) . . Normalbetrieb (Ziff. 10.8 USV) . . Herstellungs- und Verwendungsausschluss (Ziff. 10.9 USV) . . . . . Asbestausschluss (Ziff. 10.10 USV) . Gentechnik (Ziff. 10.11 USV) . . . Abfälle (Ziff. 10.12 USV) . . . . . . Deponien (Ziff. 10.13 USV) . . . .
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Rn. XIV. Kraftfahrzeug- und Wasserfahrzeugklausel (Ziff. 10.14 USV) . . . . . . . XV. Luftfahrzeugklausel (Ziff. 10.15 USV) XVI. Bewusstes Abweichen von Umweltschutzbestimmungen (Ziff. 10.16 USV) XVII. Bewusstes Unterlassen (Ziff. 10.17 USV) . . . . . . . . . . . XVIII. Bergbaubetriebsschäden (Ziff. 10.18 USV) . . . . . . . . . . . XIX. Gemeingefahren-/Kriegsklausel (Ziff. 10.19 USV) . . . . . . . . . . . XX. Vorsätzliche Schadensherbeiführung (Ziff. 10.20 USV) . . . . . . . . . . . XXI. Kenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit von Erzeugnissen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen (Ziff. 10.21 AHB) . . . . . . . . . . XXII. Über die gesetzliche Haftpflicht hinausgehende vertragliche Ansprüche (Ziff. 10.22 USV) . . . . . . . . . . . XXIII. Tierkrankheiten (Ziff. 10.23 USV) . . XXIV. Kernenergieanlagen (Ziff. 10.24 USV)
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A. Überblick 1
Ziff. 10 USV enthält einen Katalog von insgesamt 24 stoff- und verhaltensbezogenen Ausschlüssen sowie Ausschlüssen bestimmter Schadensarten, die überwiegend Ziff. 6 UmweltHM, zum Teil auch den AHB entnommen worden sind. Daneben gibt es speziell für die USV geschaffene Ausschlüsse. Die Ausschlüsse gelten nicht nur für die Grunddeckung, sondern auch für die USV-Zusatzbausteine 1 und 2. Für Schäden am eigenen Grundstück (Ziff. 10.1 USV) sowie am Grundwasser (Ziff. 10.2 USV) ist ein Wiedereinschluss über die Zusatzbausteine möglich.
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B. Einleitungssatz vor Ziff. 10 USV Mit dem Einleitungssatz („unabhängig davon, ob diese bereits erhebliche nachteilige 2 Auswirkungen… darstellen“) will der Musterbedingungsgeber klarstellen, dass die in den „[Ausschlusstatbeständen] genannten Schäden auch unterhalb der Relevanzschwelle eines Umweltschadens i.S.d. USchadG ausgeschlossen [sind]. In diesen Fällen wird dann auch kein Abwehrschutz geschuldet“.1 Soweit sich der Ausschluss auf Pflichten des VN bezieht, sind damit die Pflichten zur Vermeidung und Schadensbegrenzung gem. § 5 USchadG gemeint, sodass sämtliche Ausschlusstatbestände auch gelten, soweit es um Aufwendungen vor Eintritt des Versicherungsfalles gem. Ziff. 9 USV geht.
C. Ausschlüsse I. Schäden am Grundstück des VN (Ziff. 10.1 USV) Ziff. 10.1 S. 1 USV schließt Pflichten oder Ansprüche wegen Schäden aus, die auf 3 Grundstücken (an Böden oder an Gewässern) des VN eintreten, die im Eigentum des VN stehen, standen oder von ihm gemietet, geleast, gepachtet, geliehen sind oder durch verbotene Eigenmacht erlangt wurden. Die Formulierung entspricht Ziff. 7.6 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird (Ziff. 7 AHB Rn. 120 ff.). Die Begriffe „Böden“ und „Gewässer“ sind i.S.v. § 2 Ziff. 1 b) und c) USchadG zu verstehen. Biodiversitätsschäden (Vor USV Rn. 1), welche der Haftung nach USchadG unter- 4 fallen und sich ganz oder teilweise auf dem Grundstück des VN befinden, sind gem. Ziff. 10.1 S. 2 USV ebenfalls ausgeschlossen.2 Ein fakultativer Einschluss ist über die USV-Zusatzbausteine 1 und 2 möglich.
II. Schäden am Grundwasser (Ziff. 10.2 USV) Ziff. 10.2 USV schließt Pflichten oder Ansprüche wegen Schäden am Grundwasser 5 aus. Diese können durch fakultativen Einschluss im Rahmen von Zusatzbaustein 1 mitversichert werden.
III. Veränderung der Grundwasserverhältnisse (Ziff. 10.3 USV) Der Ausschluss nach Ziff. 10.3 USV, der Pflichten oder Ansprüche wegen Schäden 6 infolge der Veränderung der Lagerstätte des Grundwassers oder seines Fließverhaltens betrifft, entspricht Ziff. 6.13 UmweltHM. Insoweit kann auf die dortige Kommentierung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 32 f.) verwiesen werden.
1
GDV-Erläuterungen 366; Hellberg/Orth/Sons/ Winter 190; Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 274; krit. Prölss/Martin/Voit § 10 USV Rn. 1.
2
Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 278.
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IV. Schäden vor Vertragsbeginn (Ziff. 10.4 USV) 7
Ziff. 10.4 USV schließt Ansprüche wegen vor Vertragsbeginn bereits eingetretener Schäden aus und entspricht Ziff. 6.3 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentierung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 16 ff.) verwiesen wird.
V. Schäden vor Grundstückserwerb (Ziff. 10.5 USV) 8
Ziff. 10.5 USV schließt Pflichten oder Ansprüche wegen Schäden aus, die sich daraus ergeben, dass der VN nach Beginn des Versicherungsverhältnisses Grundstücke erwirbt oder in Besitz nimmt, die zu diesem Zeitpunkt bereits kontaminiert waren. Diese Formulierung entspricht Ziff. 6.5 UmweltHM. Auf die dortige Kommentierung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 21) wird verwiesen.
VI. Auslandsschäden (Ziff. 10.6 USV) 9
Pflichten oder Ansprüche wegen Schäden im Ausland sind nach Ziff. 10.6 USV nicht versichert. Hiervon abweichend bestimmt Ziff. 13.1 S. 1 USV, dass Versicherungsschutz für bestimmte, im Geltungsbereich der EU-Umwelthaftungsrichtlinie eintretende Versicherungsfälle besteht. Weitergehende Vereinbarungen sind möglich (vgl. Ziff. 13.2 USV).
VII. Kleckerschäden (Ziff. 10.7 USV) 10
Ziff. 10.7 USV lehnt sich an Ziff. 6.1 UmweltHM („Kleckerschäden“) an. Ziff. 10.7 S. 1 USV ist jedoch nicht auf den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen beschränkt und erfasst auch Schäden, die über den Luftpfad entstehen. Es erfolgt auch keine Beschränkung auf Boden oder Gewässer. Beispiel 3: Beim häufigen Umfüllen von Flüssigkeiten mit niedrigem Siedepunkt auf freiem Betriebsgelände verdunsten jeweis große Mengen einer umweltschädlichen Flüssigkeit und werden mit der Hauptwindrichtung in ein benachbartes Schutzgebiet geweht. Durch die häufigen Emissionen dieser Gaswolken werden die anfänglich dort brütenden Vögel einer geschützten Art dauerhaft vertrieben.
Gem. Ziff. 10.7 S. 2 USV gilt der Ausschluss nicht, wenn die Kleckervorgänge auf eine Störung des Betriebes zurückzuführen sind. Zu den Gründen s. Ziff. 6 UmweltHM Rn. 3. Beispiel 4: Ein auf dem Betriebsgrundstück gelagerter geschlossener Behälter mit Lösungsmittel wird versehentlich bei innerbetrieblichem Transport umgestoßen und läuft aus. Hierbei handelt es sich um eine versicherte Betriebsstörung.
VIII. Normalbetrieb (Ziff. 10.8 USV) 11
Ziff. 10.8 USV lehnt sich an Ziff. 6.2 S. 1 UmweltHM an (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 10 ff.) und schließt Pflichten und Ansprüche wegen Schäden aus, die durch betriebsbedingt unvermeidbare, notwendige oder in Kauf genommene Einwirkungen auf die Umwelt ent3
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stehen.5 Der in Ziff. 6.2 UmweltHM verwendete Begriff der Umwelteinwirkungen wird in Ziff. 10.8 USV durch „Einwirkungen auf die Umwelt“ (selbst) ersetzt, um klarzustellen, dass im Rahmen des Normalbetriebes auch mechanische Schädigungen vom Ausschluss erfasst werden.6 Ziff. 10.8 USV enthält zudem keine der Regelung in Ziff. 6.2 S. 2 UmweltHM ent- 12 sprechende Öffnungsklausel. Der VN hat somit nicht die Möglichkeit, die Nichtvorhersehbarkeit eines Umweltschadens zum Zeitpunkt seiner Einwirkung auf die Umwelt darzulegen und somit doch Versicherungsschutz zu erlangen. Der Musterbedingungsgeber begründet diese Schlechterstellung gegenüber dem UmweltHM mit der weitgehend unbekannten Risikosituation (insbesondere bezüglich möglicher Biodiversitätsschäden (Vor USV Rn. 1)).7
IX. Herstellungs- und Verwendungsausschluss (Ziff. 10.9 USV) Der Ausschluss nach Ziff. 10.9 USV schließt Pflichten und Ansprüche wegen Schäden durch die Herstellung, Lieferung, Verwendung oder Freisetzung von Klärschlamm, Jauche, Gülle, festem Stalldung, Pflanzenschutz-, Dünge- oder Schädlingsbekämpfungsmitteln zunächst aus. Dieser Ausschluss ähnelt dem Verwendungsausschluss, der in der landund forstwirtschaftlichen Umwelthaftpflichtversicherung (s. Ziff. 1 UmweltHM Rn. 28 ff.) Anwendung findet. Unter dem Begriff der Herstellung dürfte der durchschnittliche VN nicht nur Schäden verstehen, die während des Herstellungsprozesses entstehen, sondern auch solche, die durch das in Verkehr gebrachte Produkt verursacht werden. Ziff. 10.9 USV schließt somit das komplette Produkthaftpflichtrisiko aus.8 Der Ausschluss wird jedoch dadurch abgemildert, dass diese Stoffe (Klärschlamm, Jauche, Gülle, fester Stalldung, Pflanzenschutzmittel, Düngemittel und Schädlingsbekämpfungsmittel) nicht durch plötzliche und unfallartige Ereignisse bestimmungswidrig und unbeabsichtigt in die Umwelt gelangt (Alternative 1), durch Niederschläge plötzlich abgeschwemmt (Alternative 2) oder in andere Grundstücke abgedriftet sein dürfen, die nicht im Besitz des VN stehen (Alternative 3). Hinsichtlich des Erfordernisses „plötzliches und unfallartiges Ereignis“ kann auf die Kommentierung zu Ziff. 3 USV (Ziff. 3 USV Rn. 2) verwiesen werden. Als Beispiele für die erste Alternative lassen sich anführen: Brand, Sabotage, Behälterbruch, Fehlmontage, Korrosion, mechanische Beschädigungen der Läger oder Rohrleitungen, Überfüllung und Starkregen.9 Bestimmungswidriges und unbeabsichtigtes Gelangen in die Umwelt ist z.B. zu bejahen beim Verwehen von gekörntem Dünger durch starke Winde oder bei Überflutung der Nachbarschaft nach Bruch eines Güllebehälters.10 Als Beispiel für die zweite Alternative lässt sich das Abschwemmen von Gülle oder Pflanzenschutzmitteln durch starke Niederschläge nennen.11 Die dritte Alternative betrifft die Fälle, in denen es z.B. durch starken Wind zu einer Abdrift von eingesetzten Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln kommt.12 5 6 7 8
S. Kommentierung Ziff. 6 UmweltHM Rn. 10 ff. GDV-Erläuterungen 368. GDV-Erläuterungen 368. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 327; Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensver-
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sicherung Rn. 140; Hellberg/Orth/Sons/ Winter 201. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 329. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 329. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 331. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 332.
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X. Asbestausschluss (Ziff. 10.10 USV) 17
Der Ausschluss entspricht Ziff. 7.11 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung (Ziff. 7 AHB Rn. 338 f.) verwiesen wird.
XI. Gentechnik (Ziff. 10.11 USV) 18
Der Ausschluss entspricht Ziff. 7.13 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung (Ziff. 7 AHB Rn. 345 ff.) verwiesen wird.
XII. Abfälle (Ziff. 10.12 USV) 19
Der Ausschluss nach Ziff. 10.12 USV schließt Pflichten und Ansprüche wegen Schäden aus, die resultieren aus der Zwischen-, Endablagerung oder anderweitigen Entsorgung von Abfällen (zum Abfallbegriff s. Ziff. 7 AHB Rn. 325) – ohne die dafür erforderliche behördliche Genehmigung, – unter fehlerhafter oder unzureichender Deklaration oder – an einem Ort, der nicht im erforderlichen Umfang dafür behördlich genehmigt ist. Eine Zwischenlagerung ist eine vorübergehende Lagerung auf dem Grundstück von Abholern, Einsammlern, Entsorgern.13 Eine Endlagerung ist gleichzusetzen mit der Deponierung.14 Die „anderweitige Entsorgung“ umfasst u.a. die Behandlung im Boden (z.B. biologischer Abbau von flüssigen oder schlammigen Abfällen im Erdreich), die Verpressung (z.B. Verpressung pumpfähiger Abfälle in Bohrlöcher), die Oberflächenaufbringung (z.B. Ableitung flüssiger oder schlammiger Abfälle in Gruben) sowie die Einleitung in Binnengewässer oder Meere/Ozeane.15
XIII. Deponien (Ziff. 10.13 USV) 20
Ziff. 10.13 USV entspricht Ziff. 6.6 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentierung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 22) verwiesen wird.
XIV. Benzinklausel (Ziff. 10.14 USV) 21
Ziff. 10.14 USV entspricht Ziff. 6.15 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentierung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 35 ff.) verwiesen wird. Der Kfz-Ausschluss gilt nicht für Ziff. 1.3 USV.
XV. Luftfahrzeugklausel (Ziff. 10.15 USV) 22
Ziff. 10.15 USV entspricht Ziff. 6.16 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentierung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 39) verwiesen wird.
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Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 346. Vogel/Stockmeier/Vogel 3. Teil B Rn. 347.
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XVI. Bewusstes Abweichen von Umweltschutzbestimmungen (Ziff. 10.16 USV) Ziff. 10.16 USV entspricht Ziff. 6.9 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentie- 23 rung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 25) verwiesen wird.
XVII. Bewusstes Unterlassen (Ziff. 10.17 USV) Ziff. 10.17 USV entspricht Ziff. 6.10 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommen- 24 tierung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 26) verwiesen wird.
XVIII. Bergbaubetriebsschäden (Ziff. 10.18 USV) Ziff. 10.18 USV schließt Pflichten und Ansprüche wegen Schäden durch Bergbaube- 25 trieb i.S.d. BBergG aus. Über den Regelungsinhalt von Ziff. 6.12 UmweltHM hinaus werden nicht nur Bergschäden i.S.v. § 114 BBergG erfasst (hierzu Ziff. 6 UmweltHM Rn. 29), sondern jeglicher aus dem Bergbaubetrieb resultierender Schaden. Es besteht deshalb auch dann keine Deckung, wenn nach dem Einsturz eines bereits stillgelegten Bergbaustollens mehrere geschützte Feuchtbiotope austrocknen.16
XIX. Gemeingefahren-/Kriegsklausel (Ziff. 10.19 USV) Ziff. 10.19 USV entspricht Ziff. 6.14 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommen- 26 tierung (Ziff. 6 UmweltHM Rn. 34) verwiesen wird.
XX. Vorsätzliche Schadensherbeiführung (Ziff. 10.20 USV) Der Ausschluss entspricht Ziff. 7.1 AHB. Auf die dortige Kommentierung (Ziff. 7 27 AHB Rn. 40 ff) wird verwiesen.
XXI. Kenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit von Erzeugnissen, Arbeiten oder sonstigen Leistungen (Ziff. 10.21 AHB) Der Ausschluss entspricht Ziff. 7.2 AHB. Auf die dortige Kommentierung (Ziff. 7 28 AHB Rn. 43 ff.) wird verwiesen.
XXII. Über die gesetzliche Haftpflicht hinausgehende vertragliche Ansprüche (Ziff. 10.22 USV) Der Ausschluss entspricht Ziff. 7.3 AHB. Auf die dortige Kommentierung (Ziff. 7 29 AHB Rn. 62 ff.) wird verwiesen.
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Umweltschadensversicherung
XXIII. Tierkrankheiten (Ziff. 10.23 USV) 30
Ziff. 10.23 USV schließt Pflichten und Ansprüche wegen Schäden aus, die durch Krankheit der dem VN gehörenden, von ihm gehaltenen oder veräußerten Tiere entstanden sind. Es besteht jedoch Versicherungsschutz, wenn der VN beweist, dass er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat. Dieser Ausschluss entspricht Ziff. 7.18 S. 2 und S. 3 AHB (Ziff. 7 AHB Rn. 438 ff.). Keine Deckung besteht z.B. im Falle der Übertragung der Vogelgrippe von Tieren des VN auf geschützte Vogelarten. Abweichend von Ziff. 7.18 S. 1 AHB erstreckt sich der Ausschluss nicht auch auf Schäden aus der Übertragung einer Krankheit des VN.
XXIV. Kernenergieanlagen (Ziff. 10.24 USV) 31
Ziff. 10.24 USV schließt Pflichten und Ansprüche wegen Schäden durch den Betrieb von Kernenergieanlagen aus. Da für derartige Schäden nach § 3 Abs. 3 Ziff. 5 USchadG i.V.m. Anlage 3 keine Haftung besteht, ist der Ausschluss nur für den Anspruch des VN auf Anspruchsabwehr von Bedeutung.
11. Versicherungssummen/Maximierung/Serienschadenklausel/Selbstbehalt 11.1 1Die Versicherungssumme beträgt je Versicherungsfall EUR … 2Diese Versicherungssumme bildet auch die Höchstersatzleistung des VR für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres. 11.2 1Für den Umfang der Leistung des VR bildet die angegebene Versicherungssumme die Höchstgrenze bei jedem Versicherungsfall. 2Dies gilt auch dann, wenn sich der Versicherungsschutz auf mehrere entschädigungs- oder ersatzpflichtige Personen erstreckt. 3Sämtliche Kosten gemäß Ziff. 5 werden auf die Versicherungssumme angerechnet. 4Mehrere während der Wirksamkeit der Versicherung eintretende Versicherungsfälle durch – dieselbe Einwirkung auf die Umwelt, – mehrere unmittelbar auf derselben Ursache beruhende Einwirkungen auf die Umwelt, – mehrere unmittelbar auf den gleichen Ursachen beruhende Einwirkungen auf die Umwelt, wenn zwischen den gleichen Ursachen ein innerer, insbesondere sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, oder – die Lieferung von Erzeugnissen mit gleichen Mängeln gelten unabhängig von ihrem tatsächlichen Eintritt als ein Versicherungsfall, der im Zeitpunkt des ersten dieser Versicherungsfälle als eingetreten gilt. 11.3 1Der VN hat bei jedem Versicherungsfall von den gemäß Ziff. 5 versicherten Kosten EUR … selbst zu tragen. 2Der VR ist auch in diesen Fällen zur Prüfung der gesetzlichen Verpflichtung und zur Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme verpflichtet. 11.4 1Falls die von dem VR verlangte Erledigung eines Anspruchs durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich am Verhalten des VN scheitert, hat der VR für den von der Weigerung an entstehenden Mehraufwand an Kosten gemäß Ziff. 5 und Zinsen nicht aufzukommen.
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Versicherungssummen/Maximierung/Serienschadenklausel/Selbstbehalt
USV 2008 Ziff. 11
Übersicht Rn. A. Versicherungssummen/Maximierung (Ziff. 11.1, Ziff. 11.2 S. 1 und 2 USV) . . B. Kostenanrechnung (Ziff. 11.2 S. 3 USV)
Rn. C. Serienschadenklausel (Ziff. 11.2 S. 4 USV) D. Selbstbehalt (Ziff. 11.3 USV) . . . . . . E. Widerstand des VN . . . . . . . . . . .
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A. Versicherungssummen/Maximierung (Ziff. 11.1, Ziff. 11.2 S. 1 und 2 USV) Ziff. 11.1 USV sieht entsprechend Ziff. 7.1 UmweltHM standardmäßig eine einfache 1 Jahreshöchstersatzleistung vor. Ziff. 11.2 S. 1 und 2 USV entsprechen Ziff. 7.2 S. 1 und 2 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentierung (Ziff. 7 UmweltHM Rn. 1) verwiesen wird.
B. Kostenanrechnung (Ziff. 11.2 S. 3 USV) Abweichend von Ziff. 7.2 UmweltHM sieht Ziff. 11.2 S. 3 USV vor, dass sämtliche 2 Kosten gem. Ziff. 5 USV und damit auch notwendige Gutachter-, Sachverständigen-, Anwalts-, Zeugen-, Verwaltungsverfahrens- und Gerichtskosten auf die Versicherungssumme angerechnet werden. Nach Ansicht von Schimikowski handelt es sich um eine überraschende Klausel i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB, weil der VN Ziff. 5 USV entnehmen könne, dass Abwehrkosten stets versichert seien.1 Dieser Ansicht ist nicht zu folgen, da Ziff. 5 USV nur die versicherten Kosten als solche festlegt und keine darüber hinausgehende Aussage trifft.
C. Serienschadenklausel (Ziff. 11.2 S. 4 USV) Ziff. 11.2 S. 4 USV enthält eine an Ziff. 7.2 S. 3 UmweltHM angelehnte Serienscha- 3 denklausel, die um Serienschäden aus der Lieferung von Erzeugnissen mit gleichen Mängeln (vgl. Ziff. 6 AHB Rn. 22)) erweitert ist, da das allgemeine, nicht anlagenspezifische Umweltschaden-Produkthaftpflichtrisiko – anders als im UmweltHM – von der USV erfasst wird. Anstelle einer „Umwelteinwirkung“, die abweichend vom UmweltHG keine Haftungsvoraussetzung nach dem USchadG ist, wird auf Versicherungsfälle durch dieselbe „Einwirkung auf die Umwelt“ oder mehrere unmittelbar auf derselben oder den gleichen Ursachen beruhende „Einwirkungen auf die Umwelt“ sowie auf die Lieferung von Erzeugnissen mit gleichen Mängeln abgestellt. Beispiele 2 für: – dieselbe Ursache: Infolge einer Explosion in einer Produktionsanlage für Pflanzenschutzmittel werden über die Luft Schadstoffe freigesetzt und dadurch mehrere geschützte Tierund Pflanzenarten geschädigt; – auf derselben Ursache beruhende Einwirkungen auf die Umwelt: Ein Brand in einer Produktionsanlage für Biozide führt sowohl zu einer Schädigung des Gewässers als auch zur Schädigung der an und in dem Gewässer lebenden besonders geschützten Amphibien;
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Langheid/Wandt/Schimikowski Umwelthaftpflichtversicherung und Umweltschadensversicherung Rn. 148.
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Nach GDV-Erläuterungen 371.
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USV 2008 Ziff. 12 –
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Umweltschadensversicherung
auf gleichen Ursachen beruhende Einwirkungen auf die Umwelt: Der Filter einer umweltrelevanten Anlage muss in Intervallen einer Wartung unterzogen werden. Dies wird wiederholt versehentlich nicht fristgemäß durchgeführt, was ab den fälligen Wartungsterminen zu einem erhöhten Schadstoffausstoß in die Luft und zu einer Schädigung der in einem nahen Brachland lebenden besonders geschützten Libellen, Käfern und Farnen führt.
Ebenso wie nach dem UmweltHM gilt die Serienschadenklausel nicht für Aufwendungen i.S.v. Ziff. 9 USV. Weiterhin ist zu beachten, dass die Serienschadenklausel nur „während der Wirksamkeit der Versicherung“ eintretende Versicherungsfälle umfasst. Umweltschäden, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eintreten und festgestellt werden, fallen somit nicht mehr unter den Versicherungsschutz, auch wenn sie Teil einer auf derselben Ursache beruhenden Serie von Schäden sind (Ziff. 7 UmweltHM Rn. 6 ff.).
D. Selbstbehalt (Ziff. 11.3 USV) 5
Ziff. 11.3 S. 1 USV sieht einen Selbstbehalt vor, dessen Höhe individual vertraglich vereinbart wird. Ziff. 11.3 S. 2 USV stellt klar, dass der VR auch in Versicherungsfällen, in denen die versicherten Kosten den Selbstbehalt nicht überschreiten, zur Prüfung der gesetzlichen Verpflichtung und zur Abwehr unberechtigter Inanspruchnahmen verpflichtet ist.
E. Widerstand des VN 6
Nach Ziff. 11.4 USV ist entsprechend Ziff. 6.8 AHB keine Beteiligung des VR am Mehraufwand von Kosten und Zinsen vorgesehen, wenn die vom VR verlangte Erledigung eines Anspruchs durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich am Verhalten des VN scheitert. Es wird auf die Kommentierung zu Ziff. 6.8. AHB verwiesen (Ziff. 6 AHB Rn. 42 ff.).
12. Nachhaftung 12.1 Endet das Versicherungsverhältnis wegen des vollständigen oder dauernden Wegfalls des versicherten Risikos oder durch Kündigung des VR oder des VN, so besteht der Versicherungsschutz für solche Umweltschäden weiter, die während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten sind, aber zum Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses noch nicht festgestellt waren, mit folgender Maßgabe: – Der Versicherungsschutz gilt für die Dauer von 3 Jahren vom Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses an gerechnet. – Der Versicherungsschutz besteht für die gesamte Nachhaftungszeit im Rahmen des bei Beendigung des Versicherungsverhältnisses geltenden Versicherungsumfanges, und zwar in Höhe des unverbrauchten Teils der Versicherungssumme des Versicherungsjahres, in dem das Versicherungsverhältnis endet. 12.2 Die Regelung der Ziff. 12.1 gilt für den Fall entsprechend, dass während der Laufzeit des Versicherungsverhältnisses ein versichertes Risiko teilweise wegfällt, mit der Maßgabe, dass auf den Zeitpunkt des Wegfalls des versicherten Risikos abzustellen ist. Ziff. 12 USV entspricht Ziff. 8 UmweltHM, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird.
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Versicherungsfälle im Ausland
USV 2008 Ziff. 13
13. Versicherungsfälle im Ausland 13.1 1Versichert sind abweichend von Ziff. 10.6 im Umfang dieses Versicherungsvertrages im Geltungsbereich der EU-Umwelthaftungsrichtlinie (2004/35/EG) eintretende Versicherungsfälle, – die auf den Betrieb einer im Inland belegenen Anlage oder eine Tätigkeit im Inland i.S.d. Ziff. 2.1 bis 2.8 zurückzuführen sind. Dies gilt für Tätigkeiten i.S.d. Ziff. 2.6 und 2.7 nur, wenn die Anlagen oder Teile oder Erzeugnisse nicht ersichtlich für das Ausland bestimmt waren; – aus Anlass von Geschäftsreisen oder aus der Teilnahme an Ausstellungen und Messen, wenn Versicherungsschutz gem. Ziff. 2.8 vereinbart wurde. 2Versicherungsschutz besteht insoweit abweichend von Ziff. 1.1 auch für Pflichten oder Ansprüche gemäß nationalen Umsetzungsgesetzen anderer EU-Mitgliedstaaten, sofern diese Pflichten oder Ansprüche den Umfang der o.g. EU-Richtlinie nicht überschreiten. 13.2 Nur aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung sind versichert im Umfang dieses Versicherungsvertrages im Geltungsbereich der EU-Umwelthaftungsrichtlinie (2004/35/ EG) eintretende Versicherungsfälle, 13.2.1 die auf die Planung, Herstellung oder Lieferung von Anlagen oder Teilen i.S.v. Ziff. 2.6 oder Erzeugnisse i.S.v. Ziff. 2.7 zurückzuführen sind, wenn die Anlagen oder Teile oder Erzeugnisse ersichtlich für das Ausland bestimmt waren; 13.2.2 die auf die Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von Anlagen oder Teilen i.S.v. Ziff. 2.6 zurückzuführen sind, wenn diese Tätigkeiten im Ausland erfolgen; 13.2.3 die auf die sonstige Montage, Demontage, Instandhaltung, Wartung oder sonstige Tätigkeiten gemäß Ziff. 2.8 zurückzuführen sind, wenn diese Tätigkeiten im Ausland erfolgen. 13.3 Besonderer Vereinbarung bedarf die Versicherung für im Ausland belegene Anlagen oder Betriebsstätten, z.B. Produktions- oder Vertriebsniederlassungen, Läger und dgl. 13.4 Die Leistungen des VR erfolgen in Euro. Soweit der Zahlungsort außerhalb der Staaten, die der Europäischen Währungsunion angehören, liegt, gelten die Verpflichtungen des VR mit dem Zeitpunkt als erfüllt, in dem der Euro-Betrag bei einem in der Europäischen Währungsunion gelegenen Geldinstitut angewiesen ist.
Ziff. 13.1 S. 1 USV entspricht Ziff. 9.1 UmweltHM, Ziff. 13.2 und 13.3 USV entspre- 1 chen Ziff. 9.2 UmweltHM und Ziff. 13.4. USV entspricht Ziff. 9.6 UmweltHM. Auf die dortigen Erläuterungen wird daher verwiesen. Keine Entsprechung im UmweltHM hat Ziff. 13.1 S. 2 USV, die den Versicherungsschutz auch auf Pflichten oder Ansprüche gemäß nationalen Umsetzungsgesetzen anderer EU-Mitgliedstaaten ausdehnt, sofern diese Pflichten oder Ansprüche den Umfang der EU-Umwelthaftungsrichtlinie nicht überschreiten. Abweichend von Ziff. 10.6 USV erstreckt Ziff. 13.1 S. 1 USV den Versicherungsschutz 2 auf bestimmte, im Geltungsbereich der EU-Umwelthaftungsrichtlinie eintretende Versicherungsfälle. Mitversichert sind danach im Ausland eintretende Versicherungsfälle, die auf eine im Inland belegene Anlage oder eine Tätigkeit im Inland im Sinne der Ziff. 2.1 bis 2.8 USV zurückzuführen sind (grenzüberschreitende Schäden).
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USV 2008 Ziff. 16
Umweltschadensversicherung
Beginn des Versicherungsschutzes/Beitragszahlung 14. Beginn des Versicherungsschutzes 1Der Versicherungsschutz beginnt zu dem im Versicherungsschein angegebenen Zeitpunkt, wenn der VN den ersten oder einmaligen Beitrag rechtzeitig i.S.v. Ziff. 15.1 zahlt. 2Der in Rechnung gestellte Beitrag enthält die Versicherungssteuer, die der VN in der jeweils vom Gesetz bestimmten Höhe zu entrichten hat.
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Ziff. 14 USV ist identisch mit Ziff. 8 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird.
15. Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/erster oder einmaliger Beitrag 15.1 1Der erste oder einmalige Beitrag wird unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Versicherungsscheins fällig. 2Ist die Zahlung des Jahresbeitrags in Raten vereinbart, gilt als erster Beitrag nur die erste Rate des ersten Jahresbeitrags. 15.2 1Zahlt der VN den ersten oder einmaligen Beitrag nicht rechtzeitig, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, beginnt der Versicherungsschutz erst ab diesem Zeitpunkt. 2Das gilt nicht, wenn der VN nachweist, dass er die Nichtzahlung nicht zu vertreten hat. 3Für Versicherungsfälle, die bis zur Zahlung des Beitrags eintreten, ist der VR nur dann nicht zur Leistung verpflichtet, wenn er den VN durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Rechtsfolge der Nichtzahlung des Beitrags aufmerksam gemacht hat. 15.3 1Zahlt der VN den ersten oder einmaligen Beitrag nicht rechtzeitig, kann der VR vom Vertrag zurücktreten, solange der Beitrag nicht gezahlt ist. 2Der VR kann nicht zurücktreten, wenn der VN nachweist, dass er die Nichtzahlung nicht zu vertreten hat.
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Ziff. 15 USV ist identisch mit Ziff. 9 AHB. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen.
16. Zahlung und Folgen verspäteter Zahlung/Folgebeitrag 16.1 1Die Folgebeiträge sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, am Monatsersten des vereinbarten Beitragszeitraums fällig. 2Die Zahlung gilt als rechtzeitig, wenn sie zu dem im Versicherungsschein oder in der Beitragsrechnung angegebenen Zeitpunkt erfolgt. 16.2 1Wird ein Folgebeitrag nicht rechtzeitig gezahlt, gerät der VN ohne Mahnung in Verzug, es sei denn, dass er die verspätete Zahlung nicht zu vertreten hat. 2Der VR ist berechtigt, Ersatz des ihm durch den Verzug entstandenen Schadens zu verlangen. 3Wird ein Folgebeitrag nicht rechtzeitig gezahlt, kann der VR dem VN auf dessen Kosten in Textform eine Zahlungsfrist bestimmen, die mindestens zwei Wochen betragen muss. 4Die Bestimmung ist nur wirksam, wenn sie die rückständigen Beträge des Beitrags, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffert und die Rechtsfolgen angibt, die nach den Ziff. 16.3 und 16.4 mit dem Fristablauf verbunden sind.
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Beitragsregulierung
USV 2008 Ziff. 19
16.3 Ist der VN nach Ablauf dieser Zahlungsfrist noch mit der Zahlung in Verzug, besteht ab diesem Zeitpunkt bis zur Zahlung kein Versicherungsschutz, wenn er mit der Zahlungsaufforderung nach Ziff. 16.2 Abs. 3 darauf hingewiesen wurde. 16.4 1Ist der VN nach Ablauf dieser Zahlungsfrist noch mit der Zahlung in Verzug, kann der VR den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, wenn er den VN mit der Zahlungsaufforderung nach Ziff. 16.2 Abs. 3 darauf hingewiesen hat. 2Hat der VR gekündigt, und zahlt der VN danach innerhalb eines Monats den angemahnten Betrag, besteht der Vertrag fort. 3Für Versicherungsfälle, die zwischen dem Zugang der Kündigung und der Zahlung eingetreten sind, besteht jedoch kein Versicherungsschutz. Ziff. 16 USV ist identisch mit Ziff. 10 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung 1 verwiesen wird.
17. Rechtzeitigkeit der Zahlung bei Lastschriftermächtigung 1Ist
die Einziehung des Beitrags von einem Konto vereinbart, gilt die Zahlung als rechtzeitig, wenn der Beitrag zum Fälligkeitstag eingezogen werden kann und der VN einer berechtigten Einziehung nicht widerspricht. 2Konnte der fällige Beitrag ohne Verschulden des VN vom VR nicht eingezogen werden, ist die Zahlung auch dann noch rechtzeitig, wenn sie unverzüglich nach einer in Textform abgegebenen Zahlungsaufforderung des VR erfolgt. 3Kann der fällige Beitrag nicht eingezogen werden, weil der VN die Einzugsermächtigung widerrufen hat, oder hat der VN aus anderen Gründen zu vertreten, dass der Beitrag nicht eingezogen werden kann, ist der VR berechtigt, künftig Zahlung außerhalb des Lastschriftverfahrens zu verlangen. 4Der VN ist zur Übermittlung des Beitrags erst verpflichtet, wenn er vom VR hierzu in Textform aufgefordert worden ist. Ziff. 17 USV ist identisch mit Ziff. 11 AHB. Auf die dortige Kommentierung wird 1 verwiesen.
18. Teilzahlung und Folgen bei verspäteter Zahlung 1Ist
die Zahlung des Jahresbeitrags in Raten vereinbart, sind die noch ausstehenden Raten sofort fällig, wenn der VN mit der Zahlung einer Rate im Verzug ist. 2Ferner kann der VR für die Zukunft jährliche Beitragszahlung verlangen. Ziff. 18 USV ist identisch mit Ziff. 12 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung 1 verwiesen wird.
19. Beitragsregulierung 19.1 1Der VN hat nach Aufforderung mitzuteilen, ob und welche Änderungen des versicherten Risikos gegenüber den früheren Angaben eingetreten sind. 2Diese Aufforderung kann auch durch einen Hinweis auf der Beitragsrechnung erfolgen. 3Die Angaben sind innerhalb eines Monats nach Zugang der Aufforderung zu machen und auf Wunsch
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USV 2008 Ziff. 21
Umweltschadensversicherung
des VR nachzuweisen. 4Bei unrichtigen Angaben zum Nachteil des VR kann dieser vom VN eine Vertragsstrafe in dreifacher Höhe des festgestellten Beitragsunterschiedes verlangen. 5Dies gilt nicht, wenn der VN beweist, dass ihn an der Unrichtigkeit der Angaben kein Verschulden trifft. 19.2 1Aufgrund der Änderungsmitteilung des VN oder sonstiger Feststellungen wird der Beitrag ab dem Zeitpunkt der Veränderung berichtigt (Beitragsregulierung), beim Wegfall versicherter Risiken jedoch erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Mitteilung beim VR. 2Der vertraglich vereinbarte Mindestbeitrag darf dadurch nicht unterschritten werden. 19.3 Unterlässt der VN die rechtzeitige Mitteilung, kann der VR für den Zeitraum, für den die Angaben zu machen waren, eine Nachzahlung in Höhe des für diesen Zeitraum bereits in Rechnung gestellten Beitrages verlangen. Werden die Angaben nachträglich gemacht, findet eine Beitragsregulierung statt. Ein vom VN zuviel gezahlter Beitrag wird nur zurückerstattet, wenn die Angaben innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Mitteilung des erhöhten Beitrages erfolgten. 19.4 Die vorstehenden Bestimmungen finden auch Anwendung auf Versicherungen mit Beitragsvorauszahlung für mehrere Jahre.
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Ziff. 19.1, 19.3 und 19.4 USV sind identisch mit Ziff. 13.1, 13.3 bis 13.4 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird. Ziff. 19.2 USV ist inhaltsgleich mit Ziff. 13.2 S. 1 u. 2 AHB. Keinen Eingang in die USV hat Ziff. 13.2 S. 3 AHB gefunden („Alle entsprechend Ziff. 15.1 nach dem Versicherungsabschluss eingetretenen Erhöhungen und Ermäßigungen des Mindestbeitrags werden berücksichtigt“).
20. Beitrag bei vorzeitiger Vertragsbeendigung Bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages hat der VR, soweit durch Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist, nur Anspruch auf den Teil des Beitrages, der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat.
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Ziff. 20 USV ist identisch mit Ziff. 14 AHB, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen wird.
Dauer und Ende des Vertrages/Kündgung 21. Dauer und Ende des Vertrages 21.1 Der Vertrag ist für die im Versicherungsschein angegebene Zeit abgeschlossen. 21.2 Bei einer Vertragsdauer von mindestens einem Jahr verlängert sich der Vertrag um jeweils ein Jahr, wenn nicht dem Vertragspartner spätestens drei Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres eine Kündigung zugegangen ist. 21.3 Bei einer Vertragsdauer von weniger als einem Jahr endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zum vorgesehenen Zeitpunkt. 21.4 Bei einer Vertragsdauer von mehr als drei Jahren kann der Vertrag schon zum Ablauf des dritten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres gekündigt werden; die Kün-
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Kündigung nach Veräußerung versicherter Unternehmen
USV 2008 Ziff. 24
digung muss dem Vertragspartner spätestens drei Monate vor dem Ablauf des jeweiligen Versicherungsjahres zugegangen sein.