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German Pages 770 [772] Year 2009
Großkommentare der Praxis
w G DE
RECHT
Bruck/Möller
Versicherungsvertragsgesetz Großkommentar 9., völlig neu bearbeitete Auflage herausgegeben von Horst Baumann, Roland Michael Beckmann, Katharina Johannsen, Ralf Johannsen
Dritter Band M 74-99 Bearbeiter: §§ 7 4 - 8 0 : Winfried Schnepp § 81: Horst Baumann §§ 8 2 - 8 3 : Robert Koch §§ 8 4 - 8 5 : Katharina Johannsen § 86: Wolfgang Voit §§ 87, 88: Winfried Schnepp § 89: Katharina Johannsen § 90: Robert Koch §§ 9 1 - 9 4 : Katharina Johannsen §§ 9 5 - 9 9 : Ansgar Staudinger
w DE
G RECHT
De Gruyter Recht · Berlin
Stand der Bearbeitung: September 2 0 0 9
Zitiervorschlag: Bruck/Möller/Baumann 9 § 81 Rn. 4 3 Sachregister: Christiane Göhring, Andernach-Keil
ISBN 9 7 8 - 3 - 8 9 9 4 9 - 5 0 5 - 8
Bibliografische
Information
der Deutseben
Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
€> Copyright 2010 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Datenkonvertierung/Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz G m b H , Gräfenhainichen Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany
Verzeichnis der Bearbeiter der 9. Auflage Dr. Dr. Dr. Dr.
Horst Baumann, Professor an der Technischen Universität Berlin Roland Michael Beckmann, Professor an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken Oliver Brand, Professor an der Universität Mannheim Christoph Brömmelmeyer, Professor an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)
Dr. Heinrich Dörner, Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Charlotte Echarti, Rechtsanwältin in Rellingen Dr. Helmut Heiss, LL.M. (Chicago), Professor an der Universität Zürich Dr. Harald Herrmann, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Leiter des Instituts für Versicherungswissenschaft Dr. Knut Höra, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Frankfurt am Main Dr. Detlef A. Huber, Rechtsanwalt in Freiburg i.Br. Dr. Katharina Johannsen, Vorsitzende Richterin am Hanseatischen OLG a.D., Hamburg Dr. Ralf Johannsen (t), Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Rocco Jula, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Berlin Dr. Kai-Oliver Knops, Professor an der Universität Hamburg Dr. Robert Koch, LL.M. (McGill), Professor an der Universität Hamburg Dr. Hubertus W. Labes, Rechtsanwalt in Rellingen Dr. Tobias Lenz, Rechtsanwalt in Köln und Professor an der Rheinischen Fachhochschule Köln Dr. Kent Leverenz, Richter am Amtsgericht Hamburg-Harburg Dr. Annemarie Matusche-Beckmann, Professor an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken Oliver Meixner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Hamburg Dr. Helmut Müller, Präsident des Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen a.D., Berlin Dr. Ernst Niederleithinger, Ministerialdirektor beim Bundesministerium der Justiz a.D., Honorarprofessor, Berlin Dr. Peter Präve, Syndikus beim GDV, Berlin Dr. Reinhard Renger, Ministerialrat beim Bundesministerium der Justiz a.D., Bonn Dr. Thomas Richter, Rechtsanwalt in Hamburg Dr. Claus von Rintelen, Rechtsanwalt in Düsseldorf Dr. Christian Rolfs, Professor an der Universität zu Köln Dr. Winfried Schnepp, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Köln Arno Schubach, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Koblenz Dr. Hans-Peter Schwintowski, Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Ansgar Staudinger, Professor an der Universität Bielefeld Dr. Wolfgang Voit, Professor an der Philipps-Universität Marburg Dr. Eckhardt Wilkens, Vorstand der R + V Versicherung AG und Vorsitzender Vereinigte Tierversicherung Gesellschaft auf Aktien a.D., Burgwedel Dr. Gerrit Winter, Professor an der Universität Hamburg
V
Vorwort zu Band 3 Der im Vorjahr erschienene Band 1 hat eine überaus positive Resonanz in Wissenschaft und Praxis gefunden. Der hiermit vorgelegte Band 3 ist wiederum auf die hohen Erwartungen, die dem „Bruck/Möller" entgegengebracht werden, ausgerichtet; der Band bringt mit der Kommentierung der §§ 7 4 - 9 9 eine detaillierte Analyse der „Allgemeinen Vorschriften" für die Schadensversicherung und der generellen Regelungen für die Sachversicherung. Bereits in Kürze erscheint Band 2 (§§ 3 3 - 7 3 ) , aus technischen Gründen im zeitlichen Anschluss an Band 3. N o c h im Jahre 2 0 1 0 wird mit dem Band zur „Unfallversicherung" die Kommentierung der einzelnen Versicherungszweige eröffnet. Der Verein zur Förderung der Versicherungswissenschaft an den Berliner Universitäten hat erneut dankenswerterweise einen finanziellen Beitrag zur Unterstützung bei der Redaktion des Bandes geleistet. Rechtsprechung und Schrifttum wurden durchgängig bis September 2 0 0 9 , im Einzelfall auch darüber hinaus berücksichtigt. Für Kritik und Verbesserungsvorschläge sind Verlag und Herausgeber dankbar.
Berlin, Saarbrücken und Hamburg im November 2 0 0 9
Horst Baumann
Roland Michael Beckmann
Katharina
Johannsen
Aus dem Vorwort zu Band 1 Die 8. Auflage des „Bruck/Möller" ist geprägt von Hans Möller, daneben von Karl Sieg und R a l f Johannsen. Hans Möller hat das Werk herausgegeben und die Einleitung sowie die §§ 1 - 6 6 mit systemprägender Kraft bearbeitet. Karl Sieg und ihm folgend R a l f Johannsen haben später die Herausgabe übernommen. Zugleich hat Karl Sieg die §§ 6 7 - 8 0 sowie die Grundlagen der Feuerversicherung, R a l f Johannsen die Allgemeine Haftpflichtversicherung, die Kraftfahrtversicherung und (gemeinsam mit Katharina Johannsen) die Feuerversicherung kommentiert. M i t Hilfe weiterer Autoren für die einzelnen Versicherungszweige haben sie so den hoch renommierten Großkommentar zum W G von überragendem Rang geschaffen. Eine großartige Leistung, für die ihnen über ihren Tod hinaus D a n k und bleibende Anerkennung gebührt! Die W G - R e f o r m 2 0 0 8 stellt den Versicherungsvertrag auf eine neue gesetzliche Grundlage. Die 9. Auflage des „Bruck/Möller" bringt hierzu und zu den rechtlichen Rahmenbedingungen eine Kommentierung in bewährter Qualität. Höchste fachliche Kompetenz, unbestechliche Objektivität und größtmögliche Praxisgerechtigkeit sind die Leitmaximen der Neuauflage. Ein großes Expertenteam aus allen mit dem Versicherungsrecht und seiner Reform befassten Bereichen gewährleistet die Fertigstellung des Gesamtwerks einschließ-
VII
Vorwort lieh der zuverlässigen Kommentierung der einzelnen Versicherungszweige und ihrer AVB in wenigen Jahren. Bereits der hiermit vorgelegte Band 1 bringt außer der detaillierten Analyse der §§ 1 - 3 2 insbesondere mit der Generaleinführung und der Kommentierung zu § 1 einen fundierten Gesamtüberblick über das neue W G und die Einzelheiten der Reform. Ralf Johannsen hat die Zusammensetzung des neuen Herausgeber- und Autorenteams wie auch die Gesamtkonzeption der Neuauflage maßgeblich mitbestimmt und noch die Neukommentierung des § 2 fertiggestellt. Er ist am 16.1.2007 verstorben, gehört aber zu den Herausgebern der 9. Auflage. Sein Schaffen wirkt wie das von Ernst Bruck, H a n s Möller und Karl Sieg im „Bruck/Möller" fort.
VIII
Inhaltsübersicht Bearbeiterverzeichnis
V
Vorwort
VII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur
XI
VERSICHERUNGSVERTRAGSGESETZ Teil 1 ALLGEMEINER TEIL Kapitel 2 Schadensversicherung Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § 74
Überversicherung
1
§ 75
Unterversicherung
24
§ 76
Taxe
58
§ 77
Mehrere Versicherer
§ 78
Haftung bei Mehrfachversicherung
§ 79
Beseitigung der Mehrfachversicherung
180
§ 80
Fehlendes versichertes Interesse
216
§ 81
Herbeiführung des Versicherungsfalles
250
§ 82
Abwendung und Minderung des Schadens
340
§83
Aufwendungsersatz
419
§ 84
Sachverständigenverfahren
457
79 108
§ 85
Schadensermittlungskosten
495
§ 86
Übergang von Ersatzansprüchen
506
§ 87
Abweichende Vereinbarungen
564
Abschnitt 2 Sachversicherung § 88
Versicherungswert
§ 89
Versicherung für Inbegriff von Sachen
573 613
§ 90
Erweiterter Aufwendungsersatz
622
§ 91
Verzinsung der Entschädigung
630
§ 92
Kündigung nach Versicherungsfall
634
IX
Inhaltsübersicht
§ S § S § § §
93 94 95 96 97 98 99
Wiederherstellungsklausel Wirksamkeit der Zahlung gegenüber Hypothekengläubigern Veräußerung der versicherten Sache Kündigung nach Veräußerung Anzeige der Veräußerung Schutz des Erwerbers Zwangsversteigerung, Erwerb des Nutzungsrechts
Sachregister
X
643 643 676 701 714 722 726
733
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur a.A. a.a.O. ABE ABG ABGB abgedr. ABGF Abk. abl. ABl. ABMG ABN ABRK ABRV ABS Abs. Abschlussbericht Abschn. ABU ABV ABV (PKautV) ABVerm abw. AcP ADB ADS a.E. AEB ÄndG ÄndVO AERB AFB AFVB a.F. AFG AG AGG AGBG AG1B
anderer Ansicht am angegebenen Ort Allgemeine Bedingungen für die Elektronikversicherung Allgemeine Bedingungen für die Kaskoversicherung von Baugeräten Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) abgedruckt Allgemeine Bedingungen für die dynamische Sachversicherung des Gewerbes und der Freien Berufe Abkommen ablehnend Amtsblatt Allgemeine Bedingungen für die Maschinen- und Kaskoversicherung von fahrbaren und transportablen Geräten Allgemeine Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Gebäudeneubauten durch Auftraggeber Allgemeine Bedingungen für die Reparaturkosten von Kraftwagen Allgemeine Bedingungen für die Reise-Rücktrittskosten-Versicherung Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung (Österreich) Absatz siehe KomE Abschnitt Allgemeine Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Unternehmerleistungen Allgemeine Bedingungen der Vertrauensschadenversicherung Allgemeine Bedingungen der Vertrauensschadenversicherung (Personenkautionsversicherung) Allgemeines Bedingungen für die Vermögenshaftpflichtversicherung abweichend Archiv für civilistische Praxis (zit. nach Band, Jahr u. Seite) Allgemeine Deutsche Binnen-Transportversicherungsbedingungen Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen von 1919 am Ende Allgemeine Einbruchdiebstahlversicherungsbedingungen Änderungsgesetz Änderungsverordnung Allgemeine Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung Allgemeine Bedingungen für die Feuerversicherung Allgemeine Bedingungen für die Fahrradverkehrsversicherung alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Amtsgericht; Aktiengesellschaft Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) Allgemeine Bedingungen für die Glasversicherung
XI
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur AGTG AHagB AHB AKB AktG ALB allg. allg.M. Alt. AltZertG a.M. AMB AMBUB AMG AMoB amtl. Begr. Anh. Ani. Anm. AnwBl. AnwKom/Bearbeiter ao AO AöR AP ARB ArchBR Art. ASKB Asmus/Sonnenberg AStB AT AtomG AUB AÜG Auff. Aufl. AuR ausdrückt. ausführl. AusfVO ausi. AuslG AusnVO ausschl. Ausschussbericht
XII
Allgemeine Bedingungen für die Garantieverlängerungsversicherung von Technischen Geräten Allgemeine Hagelversicherungs-Bedingungen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung allgemein allgemeine Meinung Alternative Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen anderer Meinung Allgemeine Maschinenversicherungs-Bedingungen Allgemeine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Arzneimittelgesetz Allgemeine Montageversicherungsbedingungen amtliche Begründung Anhang Anlage Anmerkung Anwaltsblatt AnwaltKommentar BGB, hrsg von Dauner-Lieb/Heidel/Ring, 5 Bände (2005) außerordentlich Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis. Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung von kerntechnischen Anlagen Kraftfahrtversicherung, 7. Aufl. (1998) Allgemeine Bedingungen für die Sturmversicherung Allgemeiner Teil Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auffassung Auflage Arbeit und Recht ausdrücklich ausführlich Ausführungsverordnung ausländisch Ausländergesetz Ausnahmeverordnung ausschließlich Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (BTDrucks. 16/5862)
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur AV AVB AVBR AVBSP AVB Vermögen AVBW AVFE AVFEBU AVFEM AVG AVP AVR AVSZ AVTHK AWaB AWB AWG Az. Bach/Langheid Bach/Moser BaFin BAG Bamberger/Roth/Bearbeiter BankArch BAnz. Baratt Basedow/Fock Bauer BauGB Baumgärtel/Prölss Baumgärtel/Laumen/Prütting BAV (BAA) BB BBG Bd. BDSG Bearb. Beckmann/MatuscheBeckmann/Bearbeiter
Allgemeine Verfügung Allgemeine Versicherungsbedingungen Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Reisegepäck Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Juwelen, Schmuckund Pelzsachen im Privatbesitz Allgemeine Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden Allgemeine Bedingungen für die Kasko-Versicherung von Wassersportfahrzeugen Allgemeine Versicherungsbedingungen für Fernmelde- und sonstige elektronische Anlagen Allgemeine Betriebsunterbrechungs-Bedingungen bei Fernmelde- und sonstigen elektrotechnischen Anlagen Allgemeine Bedingungen für die Mehrkostenversicherung bei Fernmeldeanlagen und sonstigen elektrotechnischen Anlagen Angestelltenversicherungsgesetz Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Pferden und anderen Einhufern Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Rindern Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Schweinen, Schafen und Ziegen Allgemeine Bedingungen für die Tierkrankenversicherung von Hunden und Katzen Allgemeine Versicherungs-Bedingungen für die Waldbrandversicherung Allgemeine Bedingungen für die Leitungswasserversicherung Außenwirtschaftsgesetz Aktenzeichen Aktuelle Rechtsfragen der Versicherungsvertragspraxis, 2. Aufl. (1990) Private Krankenversicherung, MB/KK- und MB/KT-Kommentar, 4. Aufl. (2009) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch in drei Bänden, 2. Aufl. (2007/08) Bankarchiv. Zeitschrift für Bank- und Börsenwesen Bundesanzeiger Das Versicherungsaufsichtsgesetz, 3. Aufl. (2000) Europäisches Versicherungsvertragsrecht, Bd. I—III (2002/03) Die Kraftfahrtversicherung, 5. Aufl. (2002) Baugesetzbuch Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 5 (Versicherungsrecht) (1993) Handbuch der Beweislast - BGB AT, §§ 1 - 2 4 0 , 3. Aufl. (2007) Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- (bis 1973: und Bauspar)wesen (bis 2001) Der Betriebs-Berater Bundesbeamtengesetz Band Bundesdatenschutzgesetz Bearbeitung Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl. (2008)
XIII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur begl. Begr.
Bek. Bekl. Bern. Benkel/Hirschberg ber. Berliner Kommentar/ Bearbeiter bes. BesBed Arch
BesBed Priv Beschl. Beschw. Bespr. Best. bestr. betr. BetrAV BetrAVG BeurkG BFH BGB BGBl. BGE BGH BGHGrS BGHR BGHSt BGHZ iihAHJ Bearbeiter BLVA BMI BMJ Böhme/Biela Boldt FeuerV Bolze
XIV
beglaubigt Begründung zum W G : RTDrucks Nr. 364, 12. Legislaturperiode, 1. Session 1907; zum PflVersG v. 7.11.1939: DJ 39, 1771; zur VO v. 19.12.1939: Amtl. Sonderveröffentl. d. DJ Nr. 20, Beilage zur DJ Nr. 3/1940; zum G v. 28.12.1942: DJ 43, 41 ff.; zur VO v. 6.4.1943: DJ 43, 269; zum G v. 5.4.1965 (PflVersG n.F.): BRDrucks. IV/2252 S 11 ff. zum RegE WGReformG v. 20.12.2006 BTDrucks. 16/3945 Bekanntmachung Beklagter Bemerkung Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung, ALB- und BUZ-Kommentar, 2. Aufl. (2009) berichtigt Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz: Kommentar zum deutschen und österreichischen W G , hrsg. von H. Honsell (1999) besonders Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und beratenden Ingenieuren Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung Beschluss Beschwerde Besprechung Bestimmung bestritten betreffend Betriebliche Altersversorgung Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Beurkundungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des (Schweizerischen) Bundesgerichts Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof, Großer Senat BGH-Rechtsprechung Zivilsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen (zit. nach Band u. Seite) Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (zit. nach Band u. Seite) Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 67. Aufl. (2009) Bayerische Landesbrandversicherungsanstalt Bundesminister(ium) des Inneren Bundesminister(ium) der Justiz Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden. Handbuch für die Praxis, 23. Aufl. (2006) (bis zur 22. Aufl. Becker/Böhme) Feuerversicherung, 7. Aufl. (1995) Praxis des Reichsgerichts in Civilsachen (1886 ff.)
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur
bzgl. bzw.
Handbuch des Privatversicherungsrechts (Loseblatt-Ausgabe) Bundesrat Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrechtsanwaltsordnung Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentrechtsanwaltsordnung und anderer Gesetze Lebensversicherung (1932) Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Protokolle des Bundesrates Beamtenrechtsrahmengesetz Verhandlungen des Bundesrats, Stenographische Berichte (zit. nach Sitzung u. Seite) Das Privatversicherungsrecht (1930) Kommentar zum Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, 7. Aufl. (1932) Das Recht des Lebensversicherungsvertrages: ein Kommentar zu den Allgemeinen Vertragsbedingungen der Kapitalversicherung auf den Todesfall, 2. Aufl. (1933) Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Einschluss des Versicherungsvermittlerrechtes, 8. Aufl. (1961-2002) Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, 9. Aufl. (2008 ff) Bundessozialgericht Bundessozialhilfegesetz Beispiel Bundessteuerblatt Besonderer Teil, Bundestag Bundestagsdrucksache s. BTVerh. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags Verhandlungen des deutschen Bundestag, Stenographische Berichte (zit. nach Wahlperiode u. Seite) Betriebsunterbrechung Buchstabe Handbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl. (2009) Versicherungsrecht in der anwaltlichen Praxis, 4. Aufl. (2000) Reiseversicherung, 3. Aufl. (2009) Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Besondere Vertragsbedingungen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zit. nach Band u. Seite) Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (zit. nach Band u. Seite) bezüglich beziehungsweise
ca. cic CR
culpa in contrahendo Computer und Recht
Borutta BR BRAK BRAO BRAOÄndG Braun Lebensversicherung BRDrucks. BReg. BRProt. BRRG BRStenBer. Bruck PVR Bruck Versicherungsvertrag Bruck/Dörstling BrucklMöWerl Bearbeiter^
Bruck/Möller/Bearbeiter BSG BSHG Bsp. BStBl. BT BTDrucks. BTProt. BTRAussch. BTStenBer. BU Buchst. van Bühren/Bearbeiter H d b van Bühren van Bühren/Nies BUZ BVB BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE
XV
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur dagg. DAR DAV DB DDR DepotG ders. Deutsch dgl. DGVZ d.h. dies. Dietz HausratV Diff., diff. Diller Diss. Dietz WohngebäudeV DJ DJT DJZ DMW DöV Dörner AVB D&O DOGE DR DRechtsw. Dreher DRiB DRiG DRiZ DRM DRpfl. DRsp. Drucks. DRW DRZ DSB DStrR dt. DuR DVB1. DVers. DVersPresse DVO DVollzO DVP DVR DVZ DZWiR
XVI
dagegen Deutsches Autorecht Deutscher Anwaltsverein; Deutsche Aktuarvereinigung Der Betrieb Deutsche Demokratische Republik Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) derselbe Das neue Versicherungsvertragsrecht, 6. Aufl. (2008) dergleichen Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung das heißt dieselbe(n) Hausratversicherung 84, Kommentar, 2. Aufl. (1987) Differenzierung, differenzierend Die Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte. Kommentar (2009) Dissertation Wohngebäudeversicherung, Kommentar, 2. Aufl. (1999) Deutsche Justiz Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung (1896-1936) Deutsche Medizinische Wochenschrift Deutsche öffentlich-rechtliche Versicherung Allgemeine Versicherungsbedingungen, Textausgabe, 6. Aufl. (2009) Directors and Officers (Liability Insurance) Entscheidungen des Deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Deutsches Recht, Wochenausgabe (vereinigt mit Juristische Wochenschrift) (1931-1945) Deutsche Rechtswissenschaft (1936-1943) Die Versicherung als Rechtsprodukt (1991) Deutscher Richterbund Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Deutsches Recht, Monatsausgabe (vereinigt mit Deutsche Rechtspflege) Deutsche Rechtspflege (1936-1939) Deutsche Rechtsprechung, hrsg. von Feuerhake (Loseblattsammlung) Drucksache Deutsches Recht, Wochenausgabe Deutsche Rechts-Zeitschrift (1946-1950) Datenschutzberater Deutsches Steuerrecht deutsch Demokratie und Recht Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Versicherung Deutsche Versicherungspresse Durchführungsverordnung Dienst- und Vollzugsordnung Deutsche Verwaltungspraxis Datenverarbeitung im Recht (bis 1985, danach vereinigt mit IuR) Deutsche Versicherungszeitschrift Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur E ebd. ebso. ECB ECBUB
ED ed(s) EDV EFG EG EGBGB EGGVG EGInsO EGInsOÄndG EGKS EGMR EGOWiG EGStGB EGStPO EGV EGWG EheG ehem. Ehrenberg Ehrenzweig Einf. eingeh. einschl. einschr. Einl. EKMR EMRK entgg. Entsch. entspr. Entw. Erg. ErgBd. Erl. Erw. EStG etc. EU EuGH EuGHE EuGRZ EuR EurKomMR europ.
Entwurf bzw. Entscheidung ebenda ebenso Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuerversicherung für Industrie- und Handelsbetriebe Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur FeuerBetriebsunterbrechungs-Versicherung für Industrie- und Handelsbetriebe Einbruchdiebstahl editor(s) Einbruchdiebstahlversicherung Entscheidung der Finanzgerichte (zit. nach Band u. Seite) Einführungsgesetz bzw. Europäische Gemeinschaft(en) bzw. Erinnerungsgabe Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz v. 27.1.1877 Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäischer Gerichtshof für Menschenrecht Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zum W G Ehegesetz ehemalig Privatversicherungsrecht (1923) Deutsches (österreichisches) Versicherungs-Vertragsrecht (1952) Einführung eingehend einschließlich einschränkend Einleitung Europäische Kommission für Menschenrechte Europäische Menschenrechtskonvention entgegen Entscheidung entsprechend Entwurf Ergebnis bzw. Ergänzung Ergänzungsband Erläuterung Erwiderung Einkommensteuergesetz et cetera Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - Amtliche Sammlung Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europarecht Europäische Kommission für Menschenrechte europäisch
XVII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur EuropolG EUV EuZW EV
evtl. EWG EWGV EWiR EWiV f., ff. FAG Fabr/Kaulbach/Bähr FamRZ FAO Farny FBUB Fenyves/Kronsteiner/Schauer FG FGG FGO FHB FinDAG FJL Fn. fragl. FS FVG v. Fürstenwerth/Weiß G GB BAV GB GDV GBl. GDV GE gem. GenG Gerhard/Hagen GerS GeschO gesetzl. GewArch GewO gg· GG ggf.
XVIII
Europol-Gesetz Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung folgende Gesetz über Fernanmeldanlagen Versicherungsaufsichtsgesetz, 4. Aufl. (2007) Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht. Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fachanwaltsordnung Versicherungsbetriebslehre, 4. Aufl. (2006) Allgemeine Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Kommentar zu den Novellen zum VersVG (Österreich) (1998) Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Feuerhaftungs-Versicherungsbedingung Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Feyock/Jacobsen/Lemor Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. (2009) Fußnote fraglich Festschrift Gesetz über die Finanzverwaltung Versicherungsalphabet, 10. Aufl. (2001) Gesetz Geschäftsbericht des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Geschäftsbericht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Gesetzblatt Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Geschäftsplanmäßige Erklärung gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Kommentar zum deutschen Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag (1908) Der Gerichtssaal Geschäftsordnung gesetzlich Gewerbearchiv, Zeitschrift für Gewerbe- u. Wirtschaftsverwaltungsrecht Gewerbeordnung gegen Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur von Gierke Versicherungsrecht I von Gierke Versicherungsrecht II GKG GKV gl· GmbHG GmbHR GMB1. GoA grdl. grds. Grimm GrS GrSZ Grubmann GRUR GS GVB1. GVG GWB GwG
h.A. Hagelschuer Hagen Versicherungsrecht Halbs. Halm/Engelbreckt/Krahe Hansen Beweislast HansRGZ Harbauer Hauss Hax Hdb. HdV HeilPrG Heiss Heiss/Lorenz Herdt HEZ HFR HGB HGZ hins. Hinw. UK-VWG/Bearbeiter h.L.
J. von Gierke, Versicherungsrecht, Bd. I (1937) J. von Gierke, Versicherungsrecht, Bd. II (1947) Gerichtskostengesetz Gesetzliche Krankenversicherung gleich Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (vorher: Rundschau für GmbH) Gemeinsames Ministerialblatt Geschäftsführung ohne Auftrag grundlegend grundsätzlich Unfallversicherung, 5. Aufl. (2009) Großer Senat Großer Senat in Zivilsachen Das Versicherungsvertragsgesetz, 6. Aufl. (2007) (Österreich) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) herrschende Ansicht Lebensversicherung, 2. Aufl. (1987) in: Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts, 8. Band, I. und II. Abteilung (1922) Halbsatz Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 3. Aufl. (2008) Beweislast und Beweiswürdigung im Versicherungsrecht (1990) Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift Rechtsschutzversicherung. Kommentar zu den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB), 8. Aufl. (2009) 25 Jahre Karlsruher Forum. Beiträge zum Haftungs- und Versicherungsrecht (1983) Grundlagen des Versicherungswesens (1964) Handbuch Handwörterbuch der Versicherung, hrsg. von Farny/Helten/Koch/ Schmidt (1988) Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) Treu und Glauben im Versicherungsvertragsrecht (1989) Versicherungsvertragsgesetz, 2. Aufl. (1996) Die mehrfache Kausalität im Versicherungsrecht (1978) Höchstrichterliche Entscheidungen (Zivilsachen) Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Hanseatische Gerichtszeitung hinsichtlich Hinweis Versicherungsvertragsgesetz Handkommentar, hrsg. von Rüffer/Halbach/Schimikowski (2009) herrschende Lehre
XIX
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur h.M. Hofmann HRR
PVR
Hrsg./hrsg. h.Rspr. Hübner
i.Allg. i.d.F. i.d.R. i.d.S. i.E. i.e.S. IFG i.gl.S. i.Grds. IHK i.H.v. ILC IM InfoV ini. insbes. insges. InsO inzw. IPBPR i.R.d. i.R.v. i.S. i.S.d. i.S.e. i.S.v. i.techn.S. i.U. i.üb. IuKDG
IuR IVH i.V.m. i.w. i.w.S. i.Z.m.
JA Jabornegg JahrbÖR JBeitrO JB1. JBIRhPf. JB1 Saar
XX
herrschende Meinung Privatversicherungsrecht, 4. Auflage (1998) Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928-1942), bis 1927: Die Rechtsprechung, Beilage zur Zeitschrift Juristische Rundschau Herausgeber/herausgegeben herrschende Rechtsprechung Allgemeine Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz, 5. Aufl. (1997) im Allgemeinen in der Fassung in der Regel in diesem Sinne im Ergebnis im engeren Sinne Informationsfreiheitsgesetz im gleichen Sinne im Grundsatz Industrie- und Handelskammer in Höhe von International Law Commission Innenministerium siehe VVG-InfoV inländisch insbesondere insgesamt Insolvenzordnung inzwischen Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte im Rahmen der/des im Rahmen von im Sinne im Sinne der/des im Sinne einer(s) im Sinne von im technischen Sinne im Unterschied im Übrigen Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz) Informatik und Recht Info-Letter Versicherungs- und Haftungsrecht in Verbindung mit im Wesentlichen im weiteren Sinne im Zusammenhang mit Juristische Arbeitsblätter für Ausbildung und Examen Das Risiko des Versicherers (1979) Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Justizbeitreibungsordnung Juristische Blätter (Österreich) Justizblatt Rheinland-Pfalz Justizblatt des Saarlandes
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur jew. JK JM JOR JPVR JR Jula JurA Jura JurJahrb. JuS Justiz JuV JVB1. JVKostO JW JZ JZ-GD
jeweils Jura-Kartei Justizminister(ium) Jahrbuch für Ostrecht Juristische Rundschau für die Privatversicherung Juristische Rundschau Sachversicherungsrecht, 2. Aufl. (2008) Juristische Analysen Juristische Ausbildung Juristen-Jahrbuch Juristische Schulung. Zeitschrift für Studium und Ausbildung Die Justiz. Amtsblatt des Justizministeriums von Baden-Württemberg Justiz und Verwaltung Justizverwaltungsblatt Gesetz über Kosten im Bereich der Justizverwaltung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Juristenzeitung-Gesetzgebungsdienst
KalV
Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der privaten Krankenversicherung (Kalkulationsordnung - KalV) Kapitel Kraftfahrzeug Kraftfahrzeugpflichtversicherungsverordnung Kammergericht, Kommanditgesellschaft Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (1881-1922) (zit. nach Band u. Seite) Kraftfahrzeug-Haftpflicht Der Versicherungsschein (1952) Die Mehrfache Versicherung desselben Interesses (1935)
Kap. Kfz. KfzPflW KG KGJ
KH Kisch Versicherungsschein Kisch Mehrfache Versicherung Kisch PVR II Kisch PVR III KJ Kl. KLV Knoerrich/Rotkies KO Koch/Weiss Koller KomE
KorrBekG K&R krit. KritVj KrW-/AbfG
KTS K&R
Handbuch des Privatversicherungsrechts, Bd. II (1920) Handbuch des Privatversicherungsrechts, Bd. III ( 1922) Kritische Justiz Klausel Kapitalbildende Lebensversicherung Rechtsgrundlagen der Individualversicherung Konkursordnung Gabler Versicherungslexikon (1994) Transportrecht, 6. Aufl. (2007) Kommissionsentwurf zur Reform des Versicherungsvertragsrechts; zitiert nach: Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April (2004), hrsg. von Egon Lorenz (2004) Gesetz zur Bekämpfung der Korruption Kommunikation und Recht kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz) Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kommunikation und Recht
XXI
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Kühnholz KunstUrhG Kuwert/Erdbrügger KuV KWG LegPer. LG lit. Lit. LM LMK LPG LS lt. LVerf. LZ LZB
m. MaBV Mahr Maier Manes Versicherungslexikon m. Anm. Marlow/Spuhl Martin SVR m.a.W. m.Bespr. MBKK MBKT MBPPV MBUB MdB MdL MDR MDStV MedR Meixner/Steinbeck missverst. m.krit.Anm. MMR MMW Möller Verantwortlichkeit Möller Versicherungsvertragsrecht Motive MüKo-BGB/Bearbeiter
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Versicherungsrecht (1989) Kunsturhebergesetz Privat-Haftpflichtversicherung. Leitfaden durch die besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen, 2. Aufl. (1990) Kraftfahrt und Verkehrsrecht Gesetz über das Kreditwesen Legislaturperiode Landgericht littera (Buchstabe) Literatur Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. von Lindenmaier/ Möhring u.a. (zit. nach Paragraph u. Nummer) Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring Landespressegesetz Leitsatz laut Landesverfassung Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1907-1933) Zusatzbedingungen für die Feuerversicherung landwirtschaftlicher Betriebe mit Makler- und Bauträgerverordnung Einführung in die Versicherungswirtschaft, 3. Aufl. (1970) Das Versicherungs-Vertragsrecht (1911) Versicherungslexikon, 3. Aufl. (1930) mit Anmerkung Das neue W G , 3. Aufl. (2008) Sachversicherungsrecht, Kommentar, 3. Aufl. (1992) mit anderen Worten mit Besprechung Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung Musterbedingungen für die private Pflegeversicherung Allgemeine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen Mitglied des Bundestags Mitglied des Landtags Monatsschrift für Deutsches Recht Staatsvertrag über Mediendienste Zeitschrift für Medizinrecht Das neue Versicherungsvertragsrecht (2008) missverständlich mit kritischer Anmerkung (von) MultiMedia und Recht Münchner Medizinische Wochenschrift Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter (1939) Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl. (1977) Motive zum W G , Nachdruck (1963) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Rebmann/Säcker/Rixecker, 5. Aufl. (2009)
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur H. Müller m.w.N. m.zust.Anm.
Versicherungsbinnenmarkt (1998) mit weiteren Nachweisen mit zustimmender Anmerkung
N. Nachtr. Nds.GVBl. Nds.Rpfl NEGB
Nachweise Nachtrag Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Niedersächsische Rechtspflege Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung der Elektround Gasgeräte des Haushalts Gesetz über die Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder Neumanns Zeitschrift für Versicherungswesen neue Fassung Das neue W G (2007) Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift NJW-Entscheidungsdienst Versicherungs-/Haftungsrecht NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung landwirtschaftlicher Gebäude Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht
NEhelG Neum. n.F. Niederleithinger NJ NJW NJWE-VHR NJW-RR Nr. NStZ NVersZ NVwZ NwIG NwSoBed NwSoBedluG NwSoBedlwGeb NZA NZG NZS NZV o. o.ä. ob.dict. OBGer öffentl. ÖJVersG
OVG OWiG
oben oder ähnlich obiter dictum Obergericht (Schweizer Kantone) öffentlich Österr. Bundesgesetz über internationales Versicherungsvertragsrecht für den Europäischen Wirtschaftsraum Österreichische Juristenzeitung Österreichisches Versicherungsvertragsgesetz (auch VersVG) oben genannt Oberstes Gericht der DDR Entscheidungen des Obersten Gerichts der DDR in Zivilsachen Österreichischer Oberster Gerichtshof Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen, einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
Palandt/Bearbeiter
Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl. (2009)
ÖJZ ÖWG o.g. OG OGDDR ÖOGH OHG OLG OLGZ
XXIII
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur
Prave AGB PrG Prölss/Martin¡Bearbeiter Prölss/Bearbeiter VAG PrOVG PStG psych.
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentgesetz Gesetz über Personalausweise Private Krankenversicherung politisch Gesetz über das Postwesen (Postgesetz) Postordnung Praxis des Versicherungsrechts, Beilage zur „Oeffentlich-rechtlichen Versicherung" (1926-1928: „Versicherung und Geldwirtschaft") Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz (1998) Pressegesetz Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl. (2005) Versicherungsaufsichtsgesetz, hrsg. von Kollhosser, 12. Aufl. (2005) Preußisches Oberverwaltungsgericht Personenstandsgesetz psychisch
QIR
Angerer/Ollick, Quellen zum Individualversicherungsrecht
RAA RAO Raiser
Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung Reichsabgabenordnung Kommentar der Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen, 2. Aufl. (1937) Deutscher Reichsanzeiger Rechtsausschuß/Rechtsausschuss Gesetz zur Verhütung von Mißbrauch auf dem Gebiet der Rechtsberatung Recht der Arbeit Runderlaß/Runderlass Rechtsdienstleistungsgesetz Recht der Jugend und des Bildungswesens Das Recht des Kraftfahrers, Unabhängige Monatsschrift des Kraftverkehrsrechts ( 1 9 2 6 - 4 3 , 1 9 4 9 - 5 5 ) Rundschreiben Recht der Datenverarbeitung Recht der Wirtschaft (Österreich) Das Recht, begründet von Soergel (1897-1944) Rechtsmedizin rechtspolitisch rechtsvergleichend
PartGG PatG PAuswG PKV polit. PostG PostO Pr.
RAnz. RAussch. RBerG RdA RdErl. RDG RdJB RdK RdSchr. RDV RdW Recht RechtsM rechtspol. rechts vergi. RefE
ReformG Reg. RegE RegBl. Re\chert-¥acúideosser § 56 Rn. 11; zur Berechnung bei einer SK 1713 AFB 2 0 0 8 / AERB 2 0 0 8 / AWB 2 0 0 8 / AStB 2 0 0 8 entsprechenden Klausel Risthaus S. 232 f. So etwa die 48-Stundenklausel gem. SK BU 8701 (wonach für Unterbrechungen oder Beeinträchtigungen von weniger als 48 Stunden keine Entschädigung geleistet wird). Risthaus S. 2 3 3 f. Bruck/Möller/Mö/Zer 8 § 56 Anm. 71; Prolss/Martin/iCo/Wîosser § 56 Rn. 11. So noch § 9 Abs. 2 AFB 30. So noch § 8 Nr. 2 AERB 81; Prölss/Martin/
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Kollhosser § 8 AERB 81 Rn. 1 sieht in der Klausel entgegen deren Wortlaut in Satz 1 kein Verbot, sondern nur eine Anrechnungsregel. So bei §§ 9 Nr. 2 AFB 87/94, 8 Nr. 2 AERB 87/94 / AWB 87 / AStB 87; vgl. Prölss/Martin/Kollhosser $ 9 AFB 87 Rn. 2; Martin SVR Rn. Τ II 16; die Nachfolge-AVB von 2 0 0 8 enthalten eine solche Regelung nicht mehr. Risthaus S. 234 f.; Bruck/Möller/MöZ/er 8 § 56 Anm. 72.
Winfried Schnepp
Unterversicherung
§75
Gebäudes geringer als ein bestimmter Prozentsatz vom Neuwert ist. 124 Entspricht die Versicherungssumme bei solchen Klauseln nicht dem vollen Neuwert, so ist dennoch bei der Schadensberechnung zunächst vom Neuwert auszugehen und die Staffel anzuwenden. Erst dann kommt die Proportionalitätsregel zum Zuge. 1 2 5 g) Abgrenzung von Prämienkorrekturen. Eine Selbstbeteiligung des VN i.w.S. kann auch dadurch erreicht werden, dass bei nicht schadensfreiem Verlauf die Prämie erhöht oder dass eine besondere Auszahlung über Gutschrift oder Prämienermäßigung seitens des VR unterbleibt. 126 Ein ganzes System solcher „Prämienkorrekturen" ist besonders in der Kraftfahrtversicherung angewendet und verfeinert worden (so genannte Schadenfreiheitsrabatte oder -klassen). Zu den Prämienkorrekturen gehören auch die vor allem in der Krankenversicherung sowie teilweise auch in der Schadenversicherung vorkommenden anteiligen Prämienrückerstattungen bei schadenfreiem Verlauf.
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4. Grenzen der Vereinbarung einer Selbstbeteiligung durch AVB Die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung unterliegt grundsätzlich der Vertragsfreiheit. 7 7 Beschränkungen kann es aber im Rahmen von AVB unter dem Gesichtspunkt einer Gefährdung des Vertragszwecks (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) geben, wenn die Selbstbeteiligung dazu führt, dass den VR bei einem hohen Prozentsatz aller Versicherungsfälle keine Entschädigungspflicht trifft, wie dies insbesondere bei einer hohen betragsmäßigen Selbstbeteiligung in Sparten mit Kleinschäden der Fall sein kann. 1 2 7 5. Aufspaltungsprobleme der Selbstbeteiligung In einzelnen Versicherungszweigen kann eine Selbstbeteiligung zu Aufspaltungsproblemen führen. Dies gilt insbesondere in der Haftpflichtversicherung, wenn es der VN auf einen Prozess ankommen lassen möchte, der VR dagegen die Sache außergerichtlich erledigen will. Zu Aufspaltungen kommt es ferner bei der Sachversicherung im Hinblick auf den Ubergang von Ersatzansprüchen nach § 86, die aber über das Quotenvorrecht des VN gelöst werden. 1 2 8
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N a c h § 2 Abs. 2 der Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung landwirtschaftlicher Gebäude (VerBAV 1968, 601) greift die Staffelung, wenn der Zeitwert niedriger als 80 %, aber noch mindestens 5 0 % des Neubauwertes ist. Ersetzt werden dann nach der in der Klausel enthaltenen Staffelung zwischen 97,5 % und 80 % des Neuwertes. Liegt der Zeitwert unter 5 0 % des Neuwertes, erfolgt nur ein Ersatz zum Zeitwert. Diese Regelung konnte aber durch die zeitlich neueren SG1N auch bei gleichzeitiger Vereinbarung verdrängt worden sein. Vgl. Prölss/Martin/Ko/ftosser § 2 SG1N 79a Rn. 1 m.w.N.
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Siehe Berechnungsbeispiel Bruck/Möller/ Möller8 $ 56 Anm. 72. Bruck/Möller/Mö//er 8 S 56 Anm. 67. Prölss/Martin/Ko/ftosser § 56 Rn. 11 (unter Verweis auf Selbstbeteiligungen in der Glasversicherung); Berliner Kommentar/Schauer § 56 Rn. 2 7 (unter Verweis auf die wohl zum alten Recht zuletzt nicht mehr verwandte Klausel 744 zu den AG1B 94); Risthaus S. 229. Bruck/Möller/Voii § 86 Rn. 112 ff., insbesondere Rn. 122; H K - W G / M u s c h n e r § 86 Rn. 26 ff.
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§75
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
IV. Entschädigungsgrenzen 79
Neben der Versicherungssumme können Entschädigungsgrenzen für Untergruppen von versicherten Sachen durch AVB (etwa Wertsachen im Rahmen der Hausrat- 1 2 9 oder der Reisegepäck- 130 Versicherung) oder durch Vereinbarung im Einzelfall 131 geregelt sein. Derartige Entschädigungsgrenzen können als absoluter Betrag oder als Prozentsatz von der Versicherungssumme vereinbart sein. Häufiger Zweck solcher Entschädigungsgrenzen ist es, das erhöhte Risiko für bestimmte Gruppen von Sachen zu begrenzen (was insbesondere das Beispiel der Wertsachen zeigt). 132 Wirtschaftlich erzielen Entschädigungsgrenzen eine der Selbstbeteiligung ähnliche Wirkung.
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Treffen eine vereinbarte Entschädigungsgrenze und eine Unterversicherung zusammen, so ergibt sich aus dem Zweck der Entschädigungsgrenze, dass zunächst die Entschädigung unter Berücksichtigung der Proportionalitätsregel zu berechnen und erst dann die Entschädigungsgrenze anzuwenden ist. 133 Treffen Entschädigungsgrenzen und eine vereinbarte Selbstbeteiligung zusammen, ist zu klären, in welcher Reihenfolge die Bestimmungen anzuwenden sind. Sofern der Versicherungsvertrag (insbesondere die AVB) keine genaue Berechnungsweise vorschreiben, ist dies umstritten. Dies gilt insbesondere für die weitgehend anzutreffenden Klauseln, wonach die Entschädigung um den vereinbarten Selbstbehalt zu kürzen ist. 134 Nach einer Ansicht muss zunächst die Entschädigungsleistung (ggf. unter Berücksichtigung der Proportionalitätsregel) berechnet und davon der Selbstbehalt abgezogen werden; der verbleibende Betrag ist dann mit der Entschädigungsgrenze zu vergleichen und ggf. auf diese zu kürzen. 135 Nach einer anderen, wohl herrschenden Ansicht ist die (ggf. unter Berücksichtigung der Proportionalitätsregel berechnete) Entschädigungsleistung zunächst mit der Entschädigungsgrenze zu vergleichen und ggf. auf diese zu kürzen. Erst danach ist hiervon der Selbstbehalt abzuziehen. 136 Die herrschende Meinung begründet ihre Ansicht damit, dass nur eine Berücksichtigung des Selbstbehalts erst nach einer Kürzung der Entschädigung auf eine Entschädigungsgrenze dem wirtschaftlichen Zweck des Selbstbehalts entspräche. 137 Dieser herrschenden Meinung ist zuzugestehen, dass bei gleichzeitiger Vereinbarung einer Entschädigungsgrenze und einer Selbstbeteiligung letztere andernfalls wirtschaftlich gar nicht zum Tragen käme, wenn die an sich berechnete Entschädigungsleistung abzüglich Selbstbehalt über der Entschädigungsgrenze liegt. Der VN kann in diesem Fall nämlich die gleiche Entschädigung bekommen wie ein VN, der gar keinen Selbstbehalt vereinbart hat (und deshalb eine höhere Prämie zahlen musste). Allerdings hat es der VR selbst in der Hand, seine Klauseln eindeutig zu formulieren. Wie schon der Meinungsstreit zeigt, handelt es sich in diesen Zweifelfällen um unklare Klauseln. Auf-
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Abschnitt „A" § 13 Nr. 2 V H B 2 0 0 8 (QS) / (QM). Nr. 3.2 VB-Reisegepäck 2 0 0 8 . Hiervon ausgehend etwa Abschnitt „A" § 8 Nr. 8 b) AFB 2008/AERB 2008/AWB 2 0 0 8 / AStB 2008. Prölss/Martin/Ko//fcosser § 5 0 Rn. 14. Prö\ss/MartirJKollhosser § 56 Rn. 14; Berliner Kommentar¡Schauer § 56 Rn. 14; teilweise sehen dies die AVB sogar ausdrücklich vor, so Abschnitt „A" § 8 Nr. 5 c) AFB 2008/AERB 2008/AWB 2008/AStB 2008.
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Abschnitt „A" § 8 Nr. 7 AFB 2008/AERB 2008/AWB 2008/AStB 2008; PK 7710 Satz V H B 2 0 0 8 (VS)/(QM); Nachweise zu älteren Klauseln bei Prölss/Martin/Kollhosser § 56 Rn. 15. So Berliner Kommentar/Schauer § 56 Rn. 28; Martin SVR Rn. U I 12 f. Fröks/Mattin/Kollhosser § 56 Rn. 15; Ristbaus S. 235 ff.; Dietz HausratV Kl. zu § 18 Kl. 8 2 7 Rn. 3. Pröks/Manin/Kollbosser § 56 Rn. 15; Risthaus S. 236 f.
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Unterversicherung
§75
grund von § 305c Abs. 2 BGB (Unklarheitenregel) muss dies zu Lasten des V R gehen. Im Ergebnis ist daher der Meinung zuzustimmen, wonach zunächst die Selbstbeteiligung von der Entschädigungsleistung abzuziehen und nur der dann verbleibende Betrag mit der Entschädigungsgrenze zu vergleichen und ggf. auf diese zu kürzen ist, es sei denn, die nach den allgemeinen Grundsätzen auszulegenden Bestimmungen in den AVB oder in die AVB abändernden Klauseln ergeben etwas anderes. 138
V. Abbedingung der Erheblichkeitsschwelle § 75 weicht von § 56 a.F. insofern ab, als nur noch eine erhebliche Unterversicherung relevant sein soll (Rn. 2, zur Erheblichkeit auch Rn. 34). Da § 75 umfassend abdingbar ist (Rn. 44), kann diese Erheblichkeitsschwelle abbedungen werden, so dass - wie unter dem alten Recht - stets eine Unterversicherung vorliegt, wenn die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert ist. Gegen eine solche Regelung dürften auch aus AGB-Gesichtspunkten keine Einwände bestehen. Insbesondere dürfte keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 3 0 7 Abs. 2 BGB vorliegen. Fraglich ist allerdings, wie AVB-Klauseln zu bewerten sind, die nicht die Erheblichkeitsschwelle ausdrücklich abbedingen, sondern die gesetzliche Regelung, jedoch ohne das Wort „erheblich" wiederholen. 139 Ausgehend von dem Grundsatz, dass AVB aus der Sicht eines rechtsunkundigen VN ohne einschlägige versicherungsspezifische Fachkenntnisse, jedoch bei verständiger Würdigung und aufmerksamer Durchsicht zum Vertragsschluss auszulegen sind, 140 wird man regelmäßig davon ausgehen müssen, dass die Erheblichkeitsschwelle abbedungen wird. Insbesondere wird dem rechtsunkundigen durchschnittlichen VN ohne einschlägige versicherungsspezifische Fachkenntnisse nicht bewusst sein, dass die gesetzliche Regelung in § 75 nur greift, wenn die Versicherungssumme erheblich niedriger als der Versicherungswert ist.
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D. Ausschluss der Rechtswirkung einer Unterversicherung aufgrund Beratungsverschulden des Versicherers I. Grenzen der Beratungspflicht Nach altem Recht entsprach es einheitlicher Ansicht in Rechtsprechung 141 und Literatur 1 4 2 , die Vermeidung einer Unterversicherung sei grundsätzlich eine Angelegenheit des VN. Aufgrund seiner unmittelbaren Sachnähe zu den versicherten Gegenständen obliege es grundsätzlich seiner eigenen Verantwortung, den maßgeblichen Versicherungswert korrekt zu bestimmen und durch Festlegung einer entsprechenden Versicherungs-
138
Für einen Sonderfall im Wege der Auslegung wie hier Martin SVR Rn. U I 13.
139
So etwa Abschnitt „ A " § 8 Nr. 5 a) A F B 2 0 0 8 / A E R B 2 0 0 8 / AWB 2 0 0 8 / AStB 2008.
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Bruck/Möller/Becfemawi Einf. C Rn. 1 6 7 m.w.N.
141
KG 1 1 . 5 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 7 1 6 4 9 ; O L G Celle 2 0 . 1 1 . 2 0 0 3 RuS 2 0 0 4 2 0 , 2 1 ; O L G Düssel-
dorf 1 3 . 1 2 . 2 0 0 5 RuS 2 0 0 6 3 3 1 , 3 3 2 ; O L G Frankfurt 2 1 . 1 1 . 2 0 0 1 NVersZ 2 0 0 2 2 7 2 , 2 7 3 ; O L G Naumburg 3 . 3 . 2 0 0 6 RuS 2 0 0 8 193, 196. 142
Berliner Kommentar/Schauer § 5 0 Rn. 10 bis 13; B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 6 Anm. 4 4 ; Römer/Langheid § § 5 6 Rn. 2 und 5 0 Rn. 5 f.; Prölss/Martin/Ko//fcosser § 5 6 Rn. 21 ff.
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§75
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Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
summe entweder eine Unterversicherung zu vermeiden oder aber eine bewusste Unterversicherung, etwa zum Zwecke der Prämienersparnis, in Kauf zu nehmen. Eine allgemeine Beratungs- und Aufklärungspflicht des VR bestand demnach weder im Vorfeld des Vertragschlusses noch während der Vertragslaufzeit. 143 Eine Beratungspflicht sollte es aber nach altem Recht dann geben, wenn sie der VR ausdrücklich übernommen hatte oder wenn die Ermittlung des maßgeblichen Werts aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen Schwierigkeiten bereitet, die ein versicherungsrechtlicher Laie in der Regel nicht kennt, die aber dem VR auf Grund seiner Fachkenntnis ohne Weiteres zugänglich sind. 144 Diskussionswürdig ist, ob sich diese Rechtslage im Sinne einer weitergehenden Beratungspflicht des VR 1 4 5 durch § 6 geändert hat. Tendenziell wird man dies unter Berücksichtigung der Kriterien des § 6 Abs. 1 (Pflicht zur Beratung abhängig von der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des VN und dessen Situation, sowie Pflicht zur Beratung unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom VN zu zahlenden Prämie; Modell der anlassbezogenen Beratung 146 ) bejahen müssen. Da allerdings aus § 6 Abs. 1 keine umfassende Beratungspflicht des VR folgt, sondern eben nur die der anlassbezogenen Beratung, ist zu differenzieren. Der VR hat zwar grundsätzlich (siehe aber Ausnahmen Rn. 90) zu beraten und dabei auch den VN im erforderlichen, situationsbezogenem Umfang aufzuklären, insbesondere über den Deckungsumfang, zur Frage, welche Werte für den Versicherungsvertrag maßgeblich sind (etwa Neuwert, Zeitwert oder gemeiner Wert), und ggf. auch, auf welcher zeitlicher Wertbasis diese Werte zu Grunde zu legen sind. 147 Kommt der VR aber seinen Pflichten gemäß § 6 nach, bleibt es grundsätzlich Sache des VN, den maßgeblichen Versicherungswert korrekt zu bestimmen und eine Unterversicherung zu vermeiden. 148 Obwohl demnach tendenziell eher als früher von einem Beratungsverschulden auszugehen ist, wenn nämlich der VR die Pflichten der anlassbezogenen Beratung verletzt, dürften im Ergebnis keine großen Unterschiede bestehen; jedenfalls soweit nach altem Recht Beratungspflichten bestanden, gelten diese nach neuem Recht erst recht. 149 Der in den praktischen Auswirkungen wesentliche Unterschied zwischen alter und neuer Rechtslage dürfte vielmehr in der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast liegen: Dem VR obliegt grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast, dass er ordnungsgemäß aufgeklärt hat (Einzelheiten Rn. 106 ff.). Gelingt dem VR dieser Nachweis nicht, kann sich hieraus für ihn im Einzelfall eine gegenüber dem alten Recht erweiterte Haftung ergeben.
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Allgemein OLG Köln 19.9.1995 VersR 1996 1265; zur Unterversicherung so wohl auch OLG Frankfurt 21.11.2001 NVersZ 2 0 0 2 2 7 2 , 273; OLG H a m m 14.6.1991 RuS 1991 312, 313. OLG Frankfurt 21.11.2001 NVersZ 2 0 0 2 2 7 2 , 273; siehe im Übrigen Nachweise in der nachfolgenden Kommentierung (ab Rn. 85) sowie RrucklMöUer/Schwintowski § 6 Rn. 17 und Rn. 51 ff. Die sich aus § 61 ergebende eigenständige Beratungspflicht des Vermittlers wird im Weiteren vernachlässigt. Einzelheiten bei bruck/MöWer/Schwintowski § 6 Rn. 9 ff.
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Terbi»e/Terbille M A H § 2 Rn. 314; ähnlich auch HK-WG/Brambach § 75 Rn. 29; so bereits im Ansatz schon OLG Frankfurt 21.11.2001 NVersZ 2 0 0 2 272, 273; OLG Köln 12.11. 1996 VersR 1997 1530. Terb'Me/Terbille M A H § 2 Rn. 315; zweifelnd, ob nicht zu weitgehend H K - W G / Brambach § 75 Rn. 30; wie hier im Ergebnis wohl auch Begr. zu § 75 BTDrucks. 16/3945 S. 78 (wonach „im Einzelfall" ein Schadenersatzanspruch bestehen kann, wenn der VR oder ein Vermittler die im obliegende Beratungspflicht nach §§ 6, 61 verletzt). H K - W G /Brambach
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§ 75 Rn. 29.
Unterversicherung
§75
Π. F a l l g r u p p e n d e r B e r a t u n g s p f l i c h t d e s V e r s i c h e r e r s Die nach altem Recht entwickelten Fallgruppen der Beratungspflicht des V R 1 5 0 gelten demnach grundsätzlich auch unter dem neuem Recht. Es kann wie folgt unterschieden
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werden: 1. Beratungspflicht aufgrund Ü b e r n a h m e der Beratung Eine Beratungspflicht trifft den V R dann, wenn er diese ausdrücklich vertraglich
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übernimmt. 1 5 1 Auch ohne ausdrückliche vertragliche Verpflichtung trifft den V R eine Beratungspflicht in den Fällen, in denen er oder ein für ihn tätiger Versicherungsvertreter (Zurechnung nach § 2 7 8 BGB) entweder den Versicherungswert eigenverantwortlich ermittelt oder die vom V N ermittelten Versicherungswerte eigenverantwortlich überprüft oder zumindest den Anschein erweckt, überprüfen zu w o l l e n . 1 5 2 Hierzu gehören auch die Fälle, in denen der V N ausdrücklich eine Beratung zur Wertermittlung wünscht und sich der V R hierauf einlässt. 1 5 3 Auf das Ergebnis einer tatsächlich erfolgten Beratung darf der V N vertrauen, Fehler liegen im Verantwortungsbereich des V R . 1 5 4 Der Einwand eines Mitverschuldens des V N wird dadurch jedoch nicht ausgeschlossen (Rn. 9 6 ) .
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2 . Beratungspflicht bei schwieriger Ermittlung des Versicherungswerts Den V R treffen (gesteigerte) Beratungspflichten, wenn die Bestimmung des Versieherungswertes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen Schwierigkeiten bereitet, die ein versicherungsrechtlicher Laie nicht kennt, die aber dem V R auf Grund seiner Fachkenntnis ohne Weiteres zugänglich sind. 1 5 5 Diese Beratungspflicht kann sich insbesondere aus Schwierigkeiten der Berechnungsmethode des Versicherungswertes ergeben und wurde von der Rechtsprechung etwa für den gleitenden Neuwert in der Gebäudeversicherung (Versicherungswert 1 9 1 4 ) 1 5 6 sowie für die H a u s r a t v e r s i c h e r u n g 1 5 7 bejaht. Unter Um-
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Weitere Hinweise: Bruck/Môller/ScWî'ntowski § 6 Rn. 17 sowie 51 ff.; Berliner Kommentar/Schauer § 50 Rn. 10 ff.; Prölss/ MarimlKollhosser § 56 Rn. 21 ff.; Römer/ Langheid § § 5 6 Rn. 2 und 50 Rn. 5 f. OLG Frankfurt 21.11.2001 NVersZ 2 0 0 2 272, 273; OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2 0 0 5 1686, 1688. OLG Frankfurt 11.11.2005 VersR 2006 406, 407 (dreistündige Wohnungsbesichtigung durch Versicherungsvertreter); OLG Koblenz 18.3.1992 RuS 1993 227, 228; OLG Köln 14.1.1993 RuS 1993 134, 135; OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2 0 0 5 1686, 1688. OLG Köln 19.9.1995 VersR 1996 1265, 1266; OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2 0 0 5 1686, 1687. BGH 28.10.1963 VersR 1964 36, 37; KG 11.5.2007 VersR 2 0 0 7 1649, 1649 f.; OLG Frankfurt 11.11.2005 VersR 2 0 0 6 406, 407; OLG Köln 22.12.1988 RuS 1989 124, 125 mit (zu Recht) kritischer Anm. der Schrift-
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leitung; OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2 0 0 5 1686, 1688; LG Köln 25.11. 1992 RuS 1993 229. BGH 7.12.1988 VersR 1989 472, 473; bestätigt durch BGH 23.5.2007 VersR 2 0 0 7 1411; OLG Frankfurt 21.11.2001 NVersZ 2 0 0 2 272, 273. BGH 7.12.1988 VersR 1989 472, 473 (grundlegend zu den Pflichten bei dem Versicherungswert 1914); bestätigt durch BGH 23.5.2007 VersR 2 0 0 7 1411; OLG Celle 20.11.2003 RuS 2 0 0 4 20, 21; OLG Celle 3.3.1994 VersR 1995 333; OLG Düsseldorf 13.12.2005 RuS 2 0 0 6 331, 332; OLG Koblenz 14.1.2000 VersR 2001 51, 52; OLG Naumburg 3.3.2006 RuS 2 0 0 8 193, 196; OLG Saarbrücken 18.1.2006 VersR 2 0 0 6 923, 924; OLG Saarbrücken 5.12.2001 VersR 2 0 0 3 195, 196; OLG Saarbrücken 4.2.1998 VersR 1999 1235, 1236. OLG Hamm 14.7.1995 RuS 1995 389, 390; kritisch hierzu Römer/Langheid § 50 Rn. 6.
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§75
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
ständen ist auf die Hinzuziehung eines Sachverständigen hinzuweisen oder selbst eine umfassende Beratung a n z u b i e t e n . 1 5 8 Die aktuellen Bedingungswerke haben auf diese Rechtsprechung reagiert, indem sie für die gleitende Neuwertversicherung bedingte Unterversicherungsverzichte vorsehen, w o b e i die Voraussetzungen für den Verzicht mittelbar dazu führen, dass das R i s i k o einer fehlerhaften Ermittlung des Versicherungswertes weitgehend auf den V R verlagert wird (Einzelheiten R n . 4 9 ) .
3 . Beratungspflicht bei erkennbarer Uberforderung oder erkennbarem Irrtum des Versicherungsnehmers 89
Auch wenn kein schwieriger Fall im Sinne der vorstehenden Fallgruppe vorliegt, trifft den V R auf G r u n d seines Fachwissens eine Beratungspflicht, und muss er daher den V N in geeigneter F o r m auf die Schwierigkeit und die gegebenenfalls vorliegende Unrichtigkeit der Festsetzung des Versicherungswertes sowie die Gefahr der Unterversicherung und das daraus resultierende R i s i k o hinweisen, wenn der V N als Laie in seiner k o n k r e ten Situation und für den V R erkennbar nicht in der Lage ist, den Versicherungswert zu b e s t i m m e n 1 5 9 oder der V N sich für den V R erkennbar i r r t l é 0 .
4 . Keine Beratungspflicht bei mangelndem Bedürfnis 90
Ein entsprechendes Aufklärungs- und Beratungsbedürfnis ist j e d o c h zu verneinen, wenn der V N sich zur Wertbestimmung eines qualifizierten Erfüllungsgehilfen (z.B. eines Architekten bei der Gebäudeversicherung) bedient, 1 6 1 in anderen Fällen, in denen der V N (insbesondere auf G r u n d eigener Fachkunde) in der Lage ist, ohne Hilfe des V R den Versicherungswert richtig zu b e s t i m m e n , 1 6 2 oder wenn der V N in der konkreten Situation aus sonstigen Gründen erkennbar nicht beratungsbedürftig ist. Dies ist nicht schon dann ohne Weiteres der Fall, wenn der V N von sich aus einen Versicherungswert angibt, den er aus einem Vorvertrag des bisherigen Eigentümers e n t n o m m e n h a t . 1 6 3 Waren aber der Voreigentümer bei Eigentümerwechsel oder der V N selbst etwa anlässlich des Abschlusses des ursprünglichen Vertrages ordnungsgemäß beraten w o r d e n , so muss diese Beratung bei Neuabschluss nach Eigentumswechsel oder Vertragsänderungen unter Beibehaltung der Wertermittlungsmethode nicht wiederholt werden, wenn dem V R die erfolgte ursprüngliche Beratung oder die ursprüngliche Wertermittlungsmethode b e k a n n t sind und es für den V R keine Anhaltspunkte für Wertänderungen g i b t . 1 6 4 Allerdings k a n n sich auch in diesen Fällen eine Beratungspflicht ergeben, wenn eine große Zeit-
158
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BGH 7.12.1988 VersR 1989 472, 473; OLG Celle 20.11.2003 RuS 2 0 0 4 20, 21; OLG Düsseldorf 13.12.2005 RuS 2 0 0 6 331, 332; OLG Saarbrücken 5.12.2001 VersR 2003 195, 196. OLG Köln 3.6.1993 VersR 1994 342, 343. KG 11.5.2007 VersR 2 0 0 7 1649, 1650; OLG Frankfurt 21.11.2001 NVersZ 2002 272, 273; OLG Hamm 15.10.2004 VersR 2005 685; OLG Hamm 14.6.1991 RuS 1991 312, 313; OLG Hamm 4.5.1984 VersR 1984 880; OLG Karlsruhe 5.11.1992 RuS 1994 264, 266 f.; OLG Naumburg 3.3.2006 RuS 2 0 0 8 193, 196.
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OLG Oldenburg 19.8.1992 VersR 1993 1226 m. Anm. Engler; OLG Saarbrücken 18.1.2006 VersR 2 0 0 6 923, 924. OLG Hamm 7.7.1995 NJW-RR 1996, 1375; OLG Hamm 18.1.1995 VersR 1996 93, 94; OLG Hamm 4.5.1984 VersR 1984 880; OLG Köln 12.5.1995 RuS 1995 267, 268 (Wegfall der Vorsteuerabzugsberechtigung); LG Flensburg 26.5.1995 RuS 1995 350; LG Lübeck 21.5.1992 RuS 1992 387. OLG Brandenburg 05.12.2007 VuR 2 0 0 8 119. OLG Düsseldorf 17.12.1996 VersR 1998 945.
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Unterversicherung
§75
spanne zwischen einer ursprünglichen Wertermittlung und dem Neuabschluss liegt. 1 6 5 Ansonsten ist es in der Regel Sache des V N , auf werterhöhende Änderungen, etwa Umund Anbauten in der Gebäudeversicherung, hinzuweisen. 1 6 6 Eine Beratungspflicht besteht jedoch auch in diesen Fällen, wenn der V R Kenntnis von tatsächlichen Veränderungen h a t 1 6 7 oder wenn bei einer Vertragsänderung anders als im ursprünglichen Versicherungsvertrag kein Unterversicherungsverzicht mehr vereinbart w i r d 1 6 8 . Generell ist die ältere Rechtsprechung zu mangelnder Beratungsbedürftigkeit unter Berücksichtigung der §§ 6 Abs. 1 und 4 mit Zurückhaltung anzuwenden (vgl. Rn. 8 4 ) . 1 6 9
ΙΠ. Z e i t p u n k t der Beratungspflicht Der Beratungsbedarf des V N besteht in der Regel im Vorfeld des Vertragsabschlusses hinsichtlich der erstmaligen Bestimmungen des Versicherungswertes (§ 6 Abs. 1). Eine Beratungspflicht des V R entsteht aber auch während der Vertragslaufzeit, wenn der V R aus den ihm bekannten Umständen erkennt, dass nunmehr eine Unterversicherung vorliegt, welche vom V N ersichtlich nicht gewollt ist (dies galt schon nach altem Recht, ergibt sich nun aber ergänzend auch aus § 6 Abs. 4 ) . 1 7 0
IV.
Schadensersatzanspruch
Im Falle der schuldhaften Verletzung der Beratungspflicht durch den V R oder den Versicherungsvertreter als Erfüllungsgehilfen (§ 2 7 8 BGB) kann der V N Schadensersatz verlangen und zwar im Falle vorvertraglicher Pflichtverletzung aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 , 2 8 0 Abs. 1 B G B und im Falle von Pflichtverletzungen während der Vertragslaufzeit aus § 241 Abs. 2 , 2 8 0 Abs. 1 BGB. Eine weitere 1 7 1 (und speziellere) Anspruchsgrundlage im Falle der schuldhaften Verletzung von Beratungspflichten durch den V R findet sich nunmehr auch in § 6 Abs. 5 (bzw. § 63 für Beratungspflichtverletzungen durch den Versicherungsvermittler). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen gerade diese neuen Normen einen Schadensersatzanspruch für den V N begründen, wenn der V R (bzw. ein Vermittler) die ihm obliegende Beratungspflicht im Hinblick auf die Unterversicherung verletzt; 1 7 2 dies kann jedoch nicht so verstanden werden, dass damit die Anspruchgrundlagen des B G B verdrängt werden. 1 7 3
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O L G Düsseldorf 1 3 . 1 2 . 2 0 0 5 RuS 2 0 0 6 3 3 1 , 332.
166
O L G H a m m 1 3 . 1 . 2 0 0 6 ZfS 2 0 0 6 4 6 2 , 4 6 3 .
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O L G H a m m 1 3 . 1 . 2 0 0 6 ZfS 2 0 0 6 4 6 2 , 4 6 3 .
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KG 1 1 . 5 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 7 1 6 4 9 ; O L G Frankfurt 2 1 . 1 1 . 2 0 0 1 NVersZ 2 0 0 2 2 7 2 , 2 7 3 ; LG Mainz 1 3 . 1 0 . 2 0 0 5 N J O Z 2 0 0 6 2698, 2700.
O L G H a m m 1 4 . 7 . 1 9 9 5 RuS 1 9 9 5 3 8 9 . N a c h neuem Recht wohl zu weitgehend:
171
So wohl auch § 6 Rn. 41.
O L G Düsseldorf 1 7 . 1 2 . 1 9 9 6 VersR 1 9 9 8 8 4 5 , 8 4 5 f. (keine Beratungspflicht in der Hausratversicherung aufgrund Stellung des V N als Marketingdirektor); zweifelhaft auch O L G Frankfurt 1 2 . 9 . 2 0 0 1 NVersZ 2 0 0 2 9 0 (keine Aufklärungspflicht zum Unterschied zwischen Neu- und Zeitwert bei nicht drohender Unterversicherung).
172
Begr. zu § 7 5 BTDrucks. 1 6 / 3 9 4 5 S. 7 8 .
173
So aber offenbar HK-WG/Brambach § 75 Rn. 2 7 ; noch anders H K - W G / M ü n k e l § 6 Rn. 4 3 (wonach § 6 Abs. 5 zwar die anderen Anspruchsgrundlagen verdrängt, diese aber anwendbar bleiben, soweit § 6 Abs. 5 nicht einschlägig ist).
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bruckJMöliet/Schwintowski
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§ 75 93
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
I m R a h m e n des Schadensersatzanspruchs ist der V N so zu stellen, wie er stünde, wenn er ordnungsgemäß beraten worden wäre. D a b e i ist hinsichtlich des Kausalitätserfordernisses bis zum Beweis des Gegenteils im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon auszugehen, dass sich der V N nach einer entsprechenden Beratung durch den V R „aufklärungsrichtig" verhalten hätte und die Versicherungssumme H ö h e festgesetzt worden w ä r e . 1 7 4
94
in
ausreichender
Im Versicherungsfall kann der V N seinen Schadensersatzanspruch der nach § 7 5 gekürzten Entschädigungsleistung des V R entgegenhalten, sodass diesem im Ergebnis die Berufung auf die Rechtswirkungen des § 7 5 verwehrt w i r d . 1 7 5 Allerdings muss sich der V N dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der unterbliebenen Beratung erspart hat, d.h. insbesondere die Z a h l u n g höherer Versicherungsprämien für eine Vollversicherung.176
95
H a t der V R zwar beraten (ob dazu verpflichtet oder nicht), w a r diese Beratung aber fehlerhaft, ist der V R ebenfalls schadensersatzpflichtig, da eine v o r g e n o m m e n e Beratung sorgfältig und zutreffend zu erfolgen hat und der V N auf diese vertrauen d a r f . 1 7 7 Auch dieser Schadensersatzanspruch k a n n einer Leistungskürzung wegen Unterversicherung entgegengehalten werden.
96
Ein etwaiges Mitverschulden des V N ist nach § 2 5 4 B G B anspruchsmindernd zu b e r ü c k s i c h t i g e n . 1 7 8 Es kann den Schadensersatzanspruch unter Umständen vollständig ausschließen.179
97
Diskussionswürdig ist, o b dem V N bei vorliegendem Beratungsverschulden des V R auch schon vor Eintritt des Versicherungsfalles ein Schadenersatzanspruch gegen den V R zustehen k a n n . Ein solcher Schadenersatzanspruch k ö n n t e auf R ü c k e r s t a t t u n g bereits geleisteter Prämien gerichtet sein, wenn der V N geltend m a c h e n k a n n , bei ordnungsgemäßer Beratung h a b e er überhaupt keinen Versicherungsvertrag a b g e s c h l o s s e n . 1 8 0 Ein solcher Schadenersatzanspruch k ö n n t e aber auch darauf gerichtet sein, der V R sei zur Vertragsanpassung verpflichtet, so dass kein Anspruch auf Unterversicherung mehr besteht. Ein solcher Anspruch auf Vertragsanpassung wurde früher aus der gewohnheits-
174
175
176
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BGH 7.12.1988 VersR 1989 472, 473; OLG Celle 20.11.2003 RuS 2 0 0 4 20, 22; OLG Celle 3.3.1994 VersR 1995 333, 334; OLG Düsseldorf 13.12.2005 RuS 2 0 0 6 331, 332 f.; OLG Hamm 14.7.1995 RuS 1995 389, 390; OLG Koblenz 25.10.1996 VersR 1997 1226, 1228; OLG Naumburg 3.3.2006 RuS 2 0 0 8 193, 196; OLG Saarbrücken 5.12.2001 VersR 2 0 0 3 195, 196. BGH 7.12.1988 VersR 1989 472, 473; OLG Celle 20.11.2003 RuS 2 0 0 4 20, 22; OLG Koblenz 25.10.1996 VersR 1997 1226, 1228; OLG Saarbrücken 8.9.2004 VersR 2 0 0 5 1686, 1688; LG Köln 30.9.1992 RuS 1994 187, 188; ebenso Begr. zu § 75 BTDrucks. 16/3945 S. 78. BGH 7.12.1988 VersR 1989 472, 473; OLG Celle 20.11.2003 RuS 2 0 0 4 20, 22 f.; OLG Frankfurt 11.11.2005 VersR 2 0 0 6 406, 4 0 7 ; OLG Koblenz 14.1.2000 VersR 2001 51, 53;
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OLG Koblenz 25.10.1996 VersR 1997 1226, 1228; OLG Saarbrücken 4.2.1998 VersR 1999 1235, 1236. BGH 28.10.1963 VersR 1964 36, 37; OLG Hamm 14.7.1995 RuS 1995 389, 390; OLG Köln 14.1.1993 RuS 1993 134, 135; OLG Köln 22.12.1988 RuS 1989 124; LG Köln 25.11.1992 RuS 1993 229. BGH 4.3.1968 VersR 1968 4 6 7 ; OLG Frankfurt 11.11.2005 VersR 2006 406, 4 0 7 ; OLG Hamm 14.7.1995 RuS 1995 389, 390; OLG Köln 12.11.1996 VersR 1997 1530, 1531; OLG Köln 3.6.1993 VersR 1994 342, 343; OLG Saarbrücken 5.12.2001 VersR 2 0 0 3 195, 197; Bruck/Möller/,SCW/KÎOU«&Î § 6 Rn. 44. OLG Hamm 7.7.1995 NJW-RR 1996 1375; Prölss/Martin/Kollhosser § 56 Rn. 24. Rruck/MöWer/Schwintowski § 6 Rn. 42 m.w.N.
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Unterversicherung
§75
rechtlich anerkannten Erfüllungshaftung des V R jedenfalls dann abgeleitet, wenn ein Versicherungsvertreter für den V R gehandelt hat. 1 8 1 Ob diese gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung durch das neue W G , insbesondere § 6, aufgehoben wurde 1 8 2 oder nicht 1 8 3 , dürfte dafür jedoch nicht maßgeblich sein. 1 8 4 Maßgeblich ist vielmehr, dass sowohl die allgemeinen Anspruchsgrundlagen als auch die neue spezielle Anspruchsgrundlage aus § 6 Abs. 5 (dazu Rn. 92) auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichtet sind und dieser anders als etwa in den Fällen §§ 122 Abs. 1, 179 Abs. 2 BGB der Höhe nach nicht auf das Erfüllungsinteresse beschränkt ist. 1 8 5 Der V N kann sich deshalb (wie generell zu § 6 Abs. 5) auch im Zusammenhang mit einem Beratungsverschulden, das eine Unterversicherung verursachte, darauf berufen, dass er den Vertrag bei korrekter Beratung nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt oder aber einen anderen Vertrag, dies ggf. bei einem anderen V R , abgeschlossen hätte. Der V N kann dann entweder Aufhebung des Vertrages und Rückerstattung der gezahlten Prämien beanspruchen oder verlangen, so gestellt zu werden, als sei der Vertrag von Anfang an mit zutreffend ermitteltem Versicherungswert und damit zutreffend ermittelter Versicherungssumme zu Stande gekommen. 1 8 6 Von § 6 kann nicht zum Nachteile des V N abgewichen werden (§ 18); der V R kann sich also nicht für schuldhaft begangene Beratungsfehler, auch nicht seiner Erfüllungsgehilfen (§ 2 7 8 BGB), freizeichnen. 187
E.
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Beweislast
I. Allgemeine Regeln Grundsätzlich muss der V N im Versicherungsfall seinen Schaden - auch der Höhe nach - beweisen, also dartun, dass sein (versichertes) Interesse in bestimmten Umfang beeinträchtigt ist. Wird dabei der Versicherungswert streitig, so hat der V N auch hierfür den Wertbeweis zu führen. 1 8 8 Bei einem Totalschaden führt dies im Ergebnis dazu, dass den V R keine Beweislast für eine bestehende Unterversicherung trifft, sondern sich diese mittelbar daraus ergibt, dass der V N keinen Versicherungswert (mindestens) in Höhe der Versicherungssumme nachweisen kann. 1 8 9
99
Die Proportionalitätsregel des § 75 hat praktische Bedeutung nur, wenn kein Totalschaden, sondern ein Teilschaden vorliegt (Rn. 12 und 36). Dann gewinnt für die Schadensliquidation die Frage von Bedeutung, in welchem Verhältnis die Versicherungssumme zu dem Versicherungswert steht. Beruft sich der V R auf eine Unterversicherung,
100
§ 6 Rn. 4 3
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bruckJMöWer/Scbwintowski m.w.N.
182
So HK-WG/Münkel § 6 Rn. 4 3 ; E. FS Canaris ( 2 0 0 7 ) S. 757, 775.
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So Bruck/Möüet/Schwintowski
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So aber wohl s 6 Rn. 4 3 .
Begr. zu § 6 BT-Drucks. 1 6 / 3 9 4 5 S. 5 9 ; RruckJMöüer/Schwintowski § 6 Rn. 101; HK-WG/Münkel $ 6 Rn. 4 5 .
188
Prölss/Martin/Ko/Krasser § 5 6 Rn. 2 0 ; Baumgärtel/Prö/ss S 5 6 Rn. 1 i.V.m. § 5 5 Rn. 1; H K - W G / B r a m b a c h § 7 6 Rn. 2 2 .
189
So zutreffend wenn auch u.U. missverständlich Prölss/Martin/Kollhosser § 5 6 Rn. 2 0 ; Baumgärtel/Prö/ss § 5 6 Rn. 1 i.V.m. § 5 5 Rn. 1.
Lorenz
§ 6 Rn. 4 3 .
UmddMöWet/Schwintowski
ümc\dMölleT/Schwintowski § 6 Rn. 4 2 . 18« H K - W G / M ü n k e l § 6 Rn. 4 6 ; Bruck/Möller/ Schwintowski § 6 Rn. 4 2 f.; Dörner/Staudinger W M 2 0 0 6 1 7 1 0 , 1711. 185
187
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§75
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
hat er deren Voraussetzungen zu beweisen. 190 Dabei bezieht sich die Beweislast bei mehreren versicherten Sachen bzw. der Versicherung eines Inbegriffs von Sachen nicht nur auf den Wert der von dem Versicherungsfall betroffenen Sachen, sondern darüber hinaus sowohl auf die Frage der Einbeziehung der nicht vom Schaden betroffenen Sachen als auch deren Wert. Dies kann für den VR zu erheblichen Darlegungs- und Beweisproblemen führen. Für den Beweis des Vorliegens einer Unterversicherung genügen nicht bloße Vermutungen, wie etwa der Rückschluss aus der Wohnfläche auf den Versicherungswert in der Hausratversicherung 1 9 1 oder die bloße Tatsache, dass die Versicherungssumme trotz allgemeiner Preisentwicklung über mehrere Jahre nicht erhöht wurde. 1 9 2 Der VR hat vielmehr den konkreten Beweis zu erbringen, dass der Versicherungswert oberhalb der vereinbarten Versicherungssumme lag. 101
Dem VR können die Berufung auf die Unterversicherung und deren Beweis erleichtert werden, wenn es zum Aufgabenkreis eines vereinbarten Sachverständigenverfahrens gehört, das Verhältnis zwischen Versicherungssumme und Ersatzwert festzustellen. Normalerweise beschränken sich allerdings die Aufgaben der Sachverständigen darauf, nur ein Verzeichnis der von dem Versicherungsfall betroffenen Sachen sowie deren Versicherungswert, Wiederherstellungs- und Wiederbeschaffungskosten, Restwerte sowie versicherte Kosten festzustellen. 193 Der für die Feststellung einer Unterversicherung relevante Umfang der nicht von dem Versicherungsfall betroffenen Sachen und deren Versicherungswert muss dann außerhalb des Sachverständigenverfahrens ermittelt werden. 1 9 4
102
Die Beweislast des VR wird durch die Auskunfts- und Belegpflichten des VN gemäß § 31 Abs. 1 sowie die in der Regel weitergehend in den AVB vereinbarten Aufklärungsobliegenheiten gemildert. So ist der V N zur Beantwortung etwaiger Fragen des VR und zur Vorlage von Belegen sowie zur Duldung von Untersuchungen zum Versicherungswert verpflichtet. 195
103
Umstritten ist, ob sich weitere Beweiserleichterungen zu Gunsten des VR daraus ergeben, dass das Gericht den Versicherungswert analog § 287 ZPO schätzen und dementsprechend die zu kürzende Versicherungsleistung berechnen kann. 1 9 6 Richtigerweise ist dies jedoch zu verneinen. Es ist nicht § 287 ZPO, sondern § 286 ZPO anwendbar. 1 9 7 § 287 Abs. 1 ZPO ist nicht einschlägig, weil es sich bei der Ermittlung des Versicherungswertes um einen Wertbeweis, nicht aber um einen Beweis des Schadens und dessen Höhe
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OLG H a m m 13.1.2006 ZfS 2006 462, 462 f.; OLG H a m m 23.1.1987 NJW-RR 1987 859, 860; Bruck/Möller/Möller* § 56 Anm. 54; Pröiss/ManinJKollhosser § 56 Rn. 20; Berliner Kommentar /Schauer § 56 Rn. 29; Romer/Langheid § 56 Rn. 4; Baumgärtel/Prö/ss § 56 Rn. 1 f. OLG Köln 14.2.1991 RuS 1991 136, 137; OLG H a m m 23.1.1987 NJW-RR 1987 859, 860. Prölss/Martin/Kollhosser § 56 Rn. 20; Römer/Langheid § 56 Rn. 4; Martin SVR Rn. S II 34; HK-WG¡Brambach § 76 Rn. 23. So etwa Abschnitt „A" § 10 Nr. 4 AFB 2008 / AERB 2008 / AWB 2008 / AStB 2008. OLG H a m m 13.1.2006 ZfS 2006 462, 463.
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OLG München 1.8.1990 VersR 1991 659, 660; LG Köln 15.11.1989 RuS 1990 25; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 56 Anm. 54; Prölss/Martin/Kollhosser § 56 Rn. 20; Römer/Langheid § 56 Rn. 4. So Prölss/Martin/Kollhosser § 56 Rn. 20; Berliner Kommentar/Schauer § 56 Rn. 29; Römer/Langheid § 56 Rn. 4; Martin SVR Rn. S II 2; H K - W G / B r a m k / ) § 76 Rn. 22; grundsätzlich zustimmend, aber Zweifel äußernd und einschränkend Baumgärtel/ Prölss § 56 Rn. 4. RG 19.3.1904 RGZ 58 35, 36; Hansen Beweislast S. 35; Risthaus S. 89; ausführlicher allgemein zur Wertbestimmung Bruck/Möller/Scfcnepp § 88 Rn. 115.
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Unterversicherung
§75
handelt. Auch eine Analogie bietet sich nicht an. Der Grundgedanke des § 287 Abs. 1 ZPO, dem Geschädigten eine Beweiserleichterung zu verschaffen, ist auf den VR nicht übertragbar. Er hat es zum einen in der Hand, durch geeignete Vertragsgestaltung die Schwierigkeiten in Grenzen zu halten, und zum anderen helfen ihm die vorstehend angesprochenen Auskunfts- und Belegpflichten bzw. Aufklärungsobliegenheiten. Verbleibende Beweisschwierigkeiten des VR dürfen daher nicht zum Anlass genommen werden, den nach § 286 ZPO erforderlichen Beweis im Rahmen einer Analogie durch eine Schätzung zu ersetzen. 198 Allerdings sind die Anforderungen an den nach § 286 ZPO obliegenden Beweis auch nicht zu überspannen. 1 9 9 Solange der VR das Vorliegen einer Unterversicherung noch nicht beweisen kann, die Möglichkeit eines künftigen Beweises aber weiterhin besteht, schuldet er gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 nur eine Abschlagszahlung in Höhe des selbst nach einem Abzug verbleibenden Betrages. 200
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Steht die Unterversicherung fest, hat der VN nicht nur den eingetretenen Schaden nach allgemeinen Regeln (Rn. 99) darzulegen und ggf. zu beweisen, sondern ihm obliegt es auch, den Versicherungswert darzulegen und ggf. zu beweisen. Macht der VN im Rechstreit dazu keine Angaben, ist eine auf Zahlung der Versicherungsleistung gerichtete Klage abzuweisen. 201
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Π. Beweislast bei Beratungsverschulden des Versicherers Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Beratungspflicht entsprach es zum alten Recht allgemeiner Meinung, der VN habe die tatsächlichen Voraussetzungen dafür zu beweisen, dass eine Beratungspflicht des VR bestehe 2 0 2 und der VR dieser Pflicht nicht nachgekommen sei. 203 Dies ist für das neue Recht unter Berücksichtigung der eingeführten Beratungs- und vor allem auch Dokumentationspflichten derart zu modifizieren, dass (wie generell bei Beratungsverschulden des VR) die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Beweislastverteilung nach Gefahren- und Verantwortungsbereichen herangezogen werden können. 2 0 4 Hieraus folgt, dass der VN zunächst nur darlegen muss, dass Anlass für die unterlassene oder, wenn bei einer erfolgten Beratung deren unzureichender Umfang gerügt wird, Anlass für eine weitergehende Beratung bestand. Der VR hat im Anschluss hieran darzulegen, dass überhaupt und in welchem Umfang die bestehende Beratungspflicht erfüllt wurde. Wenn der VR dieser Darlegungslast nachgekommen ist, obliegt dem VN - insoweit wie nach altem Recht - die Beweislast dafür, dass Anlass für eine Beratungspflicht bestand und der VR dieser Pflicht nicht
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Baumgärtel/Prö/ss § 56 Rn. 4 kommt zu einem ähnlichen Ergebnis, indem er zwar § 2 8 7 Abs. 1 ZPO analog anwendet, dies aber darauf beschränken möchte, dass Bewertungszweifel nicht zu Lasten des V N durch Schätzung beseitigt werden dürfen. Dies erscheint inkonsequent. Ausführlicher Bruck/Möller/Scfoiepp § 88 Rn. 116; Bruck/Möller/Mö//er 8 S 5 2 Anm. 42. Risthaus S. 91; Prölss/Martin/Kollhosser § 56 Rn. 20. OLG München 1.8.1990 VersR 1991 659,
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660; Römer/Langheid § 56 Rn. 4; H K - W G / Brambach § 76 Rn. 24. BGH 7.12.1988 VersR 1989 4 7 2 , 473; OLG H a m m 15.10.2004 VersR 2 0 0 5 685; LG Kleve 12.8.2003 VersR 2 0 0 4 1601. BGH 7.12.1998 VersR 1989 4 7 2 , 473; OLG Naumburg 3.3.2006 RuS 2 0 0 8 193, 196; Prölss/MartinJKollhosser § 56 Rn. 24. Begr. zu S 4 2 e a.F. (entspricht S 63) BTDrucks. 16/1935 S. 2 5 f.; Meixner/Steinbeck § 1 Rn. 34; H K - W G / M ü n k e l § 6 Rn. 47.
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§76
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
oder nur unzureichend nachgekommen ist. 2 0 5 Ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 führt zu Beweiserleichterungen, 2 0 6 d.h. in entsprechender Anwendung der im Arzthaftungsrecht entwickelten G r u n d s ä t z e 2 0 7 zu einer durch den VR widerleglichen Vermutung, dass dieser einer nicht dokumentierten Beratung auch nicht nachgekommen ist. Im Ergebnis wird so also die Beweislast teilweise wieder auf den VR zurückverlagert. 107
Die schuldhafte Verletzung der Beratungspflicht dagegen wird sowohl in § 280 Abs. 1 BGB als auch in den speziellen § § 6 Abs. 5 Satz 2, 63 Satz 2 gesetzlich vermutet und ist vom VR bzw. dem Vermittler zu widerlegen. Den VR trifft also die Beweislast, dass er eine durch den V N bewiesene bzw. feststehende Verletzung der Beratungspflicht nicht zu vertreten hat. 2 0 8
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Bis zum Beweis des Gegenteils ist im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon auszugehen, dass sich der V N nach einer entsprechenden Beratung des VR „aufklärungsrichtig" verhalten hätte und die Versicherungssumme in ausreichender H ö h e festgesetzt worden wäre (Rn. 93 m.w.N.). Wenn also feststeht, dass die Beratungspflicht durch den VR verletzt wurde, trägt dieser die Beweislast dafür, dass der V N sich nicht „aufklärungsrichtig" verhalten hätte. 2 0 9
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Für ein etwaiges Mitverschulden des V N 2 1 0 sowie für anzurechnende Vorteile 211 trägt der VR die Beweislast.
§76 Taxe Der Versicherungswert kann durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) festgesetzt werden. Die Taxe gilt auch als der Wert, den das versicherte Interesse bei Eintritt des Versicherungsfalles hat, es sei denn, sie übersteigt den wirklichen Versicherungswert zu diesem Zeitpunkt erheblich. Ist die Versicherungssumme niedriger als die Taxe, hat der Versicherer, auch wenn die Taxe erheblich übersetzt ist, den Schaden nur nach dem Verhältnis der Versicherungssumme zur Taxe zu ersetzen.
Schrifttum
Armbrüster Versicherungswert und Privatautonomie, Festschrift Prölss (2009) 1; Ehrenberg Versicherungswert und Schadenersatz, ZVersWiss 1906 369; Enge Transportversicherung (3. Aufl. 1996; zit. Enge Transportversicherung); Gärtner Rechtsprobleme bei der Versicherung von Kunstgegenständen, NJW 1991 2993; ders. Vereinbarungen über den Versicherungswert von Kunstgegenständen im Zusammenhang mit Auktionen, VersR 2007 1441; Hesse Die Taxe in der Transportver-
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Meixner/Steinbeck % 1 Rn. 34; HK-WG/ Münkel § 6 Rn. 47; Marlow/Spuhl S. 30. Begr. zu § 42e a.F. BTDrucks. 16/1935 S. 26. MtiKo/Wagner S 823 Rn. 818 f.; Geigei/ Knerr Der Haftpflichtprozess 25. Aufl. 2008 Kapitel 37 Rn. 95. RiucÜMöller/Schwintowski § 6 Rn. 101.
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OLG Düsseldorf 13.12.2005 RuS 2006 331, 332 f.; OLG Naumburg 3.3.2006 RuS 2008 193, 196; OLG Koblenz 25.10.1996 VersR 1997 1226; Prölss/Martin/Ko/ftosser § 56 Rn. 24; Baumgärtel/Prö/ss S 44 Rn. 6. Prölss/Martin/Ko/ftosser S 56 Rn. 24; Baumgärtel/Prö/ss S 44 Rn. 7. OLG Celle 20.11.2003 RuS 2004 20, 22 f.
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Taxe
§ 76
Sicherung, VersR 1 9 6 3 6 9 8 ; Kisch Die Taxierung des Versicherungswertes (1940; zit. Kisch Taxierung); Looks Taxe, Neuwertversicherung und Bereicherungsverbot, VersR 1991 731; Sieg Betrachtungen zur G e w i n n d e c k u n g in der Seeversicherung, VersR 1 9 9 7 649.
Ubersicht A. I. Π. ffl.
Einführung Entstehungsgeschichte Inhalt und Zweck der Regelung Anwendungsbereich 1. Grundsatz 2. Negative Abgrenzung B. Tatbestandsmerkmale des § 76 I. Vereinbarung einer Taxe 1. Parteien und Rechtsnatur der Vereinbarung 2. Zeitpunkt 3. Form der Vereinbarung 4. Inhalt der Vereinbarung einer Taxe . . a) Klarheit der Vereinbarung b) Bestimmbarkeit der Taxe c) Vereinbarte Taxe für Teile des Versicherungsvertrages d) Bezugswert für die Taxe Π. Wirkungen der vereinbarten Taxe . . . . 1. Normalwirkungen der Taxe a) Grundsätze b) Einzelheiten aa) Fixierung des Versicherungswertes vor Eintritt des Versicherungsfalles bb) Wirkungen einer Taxe bei der Überversicherung cc) Fixierung des Versicherungswertes bei Eintritt des Versicherungsfalles dd) Irrtümliche Regulierung eines Versicherungsfalles nach dem wirklichen Versicherungswert . ee) Auswirkung einer vereinbar-
Rn.
Rn. 1 1 4 8 8 10 14 14
ten Taxe auf die Selbstbeteiligung c) Grenzen der Wirkungen einer vereinbarten Taxe aa) Begrenzungen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer bb) Auswirkungen einer vereinbarten Taxe auf Dritte 2. Unmaßgeblichkeit der Taxe a) Erheblich übersteigende Taxe nach Satz 2 Halbs. 2 bei Eintritt des Versicherungsfalles aa) Wirklicher Versicherungswert . bb) Relevanter Zeitpunkt cc) Erhebliches Übersteigen . . . . dd) Rechtsfolge eines erheblichen Übersteigens b) Korrekturmöglichkeit bei erheblich übersteigender Taxe vor Eintritt des Versicherungsfalles? c) Betrügerische Vereinbarung einer zu hohen Taxe d) Taxe erheblich niedriger als der wirkliche Versicherungswert . . . . e) Anfechtung der Taxe aa) Begriff der Anfechtung bb) Grundsatz cc) Irrtumsanfechtung dd) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung 3. Taxe und Unterversicherung C. Abdingbarkeit D. Beweislast
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50 53 55 57 57 58 59 62 63 68 70
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte Vorläufer von § 76 ist § 57 a.F. § 57 a.F. bestand seit Einführung des alten W G unverändert fort. § 57 a.F. beruhte auf § 793 HGB, der die Taxe in der Seeversicherung regelte. 1 § 793 HGB wurde - wie das gesamte im HGB kodifizierte Seeversicherungsrecht - im Rahmen der W G - R e f o r m aufgehoben. 2
M o t i v e S. 127.
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Art. 4 R e f o r m G .
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§76
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
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§ 76 stimmt sachlich mit § 57 a.F. überein,3 d.h. es bestehen nur geringe sprachliche Abweichungen.
3
Weggefallen ist allerdings die § 57 a.F. einschränkende Sonderregelung von § 87 a.F. für die Taxe bei beweglichen Sachen im Rahmen der Feuerversicherung. Der dortige Satz 1 wurde als entbehrlich, der dortige Satz 2 als unnötige Beschränkung der Vertragsfreiheit angesehen. 4 Ferner wurde das Verbot einer Taxe in der Feuerversicherung für den durch den Eintritt des Versicherungsfalles entgehenden Gewinn (§ 89 Abs. 1 a.F.) nicht in das neue Recht übernommen.
Π. Inhalt und Z w e c k der Regelung 4
Nach § 76 kann der Versicherungswert durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) festgesetzt werden (Satz 1). Werte schwanken, auch lässt sich über Werte infolge des zu Weilen breiten Bewertungsrahmens trefflich streiten. Die Vereinbarung einer Taxe soll daher die Schwankungen - in Grenzen - unerheblich machen und Streit vermeiden helfen. Dies geschieht in der Form, dass die vereinbarte Taxe grundsätzlich als der Wert gilt, den das versicherte Interesse bei Eintritt des Versicherungsfalles hat, es sei denn, sie übersteigt den wirklichen Versicherungswert zu diesem Zeitpunkt erheblich (Satz 2). Satz 3 erstreckt die Proportionalitätsregel der Unterversicherung (§ 75) 5 auf den Fall, dass die Versicherungssumme niedriger als die Taxe ist, letzteres auch für den Fall, dass die Taxe erheblich übersetzt ist.
5
Primärer Zweck der Vereinbarung einer Taxe ist damit, die Feststellung der Höhe der vom VR zu erbringenden Leistung zu erleichtern.6 Besonders nach Totalschäden 7 kann es für den V N schwierig sein, die Höhe des Schadens, also den dem Versicherungswert entsprechenden Ersatzwert vor Eintritt des Versicherungsfalls, darzulegen und zu beweisen. Bei Vereinbarung einer Taxe trifft den VN diese Beweislast nicht (Rn. 71), es ist vielmehr von der Richtigkeit der vereinbarten Taxe grundsätzlich auszugehen. Mittelbar dient die Vereinbarung einer Taxe damit auch der Befriedigung zwischen VR und VN.
6
Die Vorteile der Vereinbarung einer Taxe hat der Gesetzgeber als so groß angesehen, dass es in Kauf genommen wird, dass es im Versicherungsfall zu einer Bereicherung des VN kommt, weil die Taxe von vorne herein zu hoch bemessen war oder weil nachträglich der Versicherungswert abgesunken ist. 8 Beschränkt wird dies nur durch den nach Satz 2 Halbs. 2 möglichen Einwand des VR, die Taxe übersteige bei Eintritt des Versicherungsfalles den wirklichen Versicherungswert „erheblich"; in diesem Fall ist die Vereinbarung der Taxe nicht maßgeblich (im Einzelnen Rn. 42 ff.).
3 4 5 6
7
Begr. zu § 76 BTDrucks. 16/3945 S. 78 f. Begr. zu § 76 BTDrucks. 16/3945 S. 79. Bruck/Möller/Scfc«epp § 75 Rn. 35 ff. Berliner Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 1; Langheid¡Römer § 5 7 Rn. 1; Bruck/Möller/ Möller8 § 5 7 Anm. 4; H K - W G / B r a m b a c h § 76 Rn. 1; im Ergebnis ebenso Prölss/Martin/ Kollhosser § 5 7 Rn. 1 (allerdings die Streit verhindernde Wirkung in den Vordergrund stellend); Looks VersR 1991 731. H K - W G / B r a m b a c h § 76 Rn. 2 vertritt die Ansicht, für Teilschäden sei die Taxe durch die Einführung des Merkmals der Erheblich-
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keit bei der Unterversicherung - dazu Bruck/ M ö l l e r / S c h n e p p § 75 Rn. 2 und 3 4 - bedeutungslos geworden; dies ist zweifelhaft, weil auch bei Teilschäden Ungewissheit über den wirklichen Versicherungswert bestehen kann. 8
Vgl. Ö O G H 23.12.1998 VersR 2 0 0 0 1 2 6 , 1 2 7 (wo allerdings auf die Durchbrechung des Bereicherungsverbots durch Vereinbarung einer Taxe abgestellt wird; zum überholten - versicherungsrechtlichen Bereichungsverbot siehe Bruck/Möller/ßa«manrt § 1 Rn. 87 ff. sowie Bruck/Möller/ Schnepp § 74 Rn. 74 Fn. 111).
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Taxe
§ 76
Die Vereinbarung einer T a x e k a n n auch der Vermeidung einer Unterversicherung dienen, sofern die Versicherungssumme der T a x e entspricht; mittelbar ergibt sich für diesen
7
Fall aus Satz 3, dass die Proportionalitätsregel leer läuft (im Einzelnen dazu R n . 6 3 ) . 9
ΙΠ.
Anwendungsbereich
1. Grundsatz § 7 6 gilt, seiner systematischen Stellung im Gesetz entsprechend, grundsätzlich in der gesamten Schadensversicherung. D a mit Vereinbarung der T a x e der Versicherungswert festgesetzt wird, ist die T a x e nur bei solchen Versicherungsarten möglich, bei denen es einen Versicherungswert g i b t . 1 0 Besondere Bedeutung hat die T a x e in der Seeversicherung (wo § 7 6 , wie das gesamte W G , aber nicht a n w e n d b a r ist, vgl. § 2 0 9 ) , in der Transportversicherung 1 1 , in der Betriebsunterbrechungsversicherung 1 2 , in der Sportbooteversicher u n g 1 3 und in der K u n s t v e r s i c h e r u n g 1 4 . 1 5
8
In der Regel kann ein Versicherungswert nur für die Aktivenversicherung, vor allem die Sachversicherung, festgestellt w e r d e n . 1 6 Dagegen fehlt bei der Passivenversicherung in der Regel ein feststellbarer Versicherungswert, so dass § 7 6 keine Anwendung finden k a n n . 1 7 Es wird deshalb teilweise vertreten, § 7 6 sei in der Passivenversicherung generell nicht a n w e n d b a r . 1 8 Besteht aber ausnahmsweise ein feststellbarer Versicherungswert, weil eine mögliche I n a n s p r u c h n a h m e der H ö h e nach unter allen in Betracht k o m m e n d e n Anspruchsgrundlagen beschränkt ist, ist § 7 6 nicht nur a n a l o g , 1 9 sondern unmittelbar anwendbar.20
9
2 . Negative Abgrenzung § 7 6 ist dann nicht anwendbar, wenn kein Versicherungswert festgestellt werden k a n n , wie dies regelmäßig in der Passivenversicherung (siehe aber Ausnahmen R n . 9 ) der Fall ist.
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Im Ergebnis ebenso Berliner Kommentar/ Schauer § 57 Rn. 1 (der missverständlich meint, die Proportionalitätsregel könne dann nicht angewendet werden). ÖOGH 23.12.1998 VersR 2 0 0 0 126; Prölss/ Martin/Kollhosser § 57 Rn. 2; Berliner Kommentar/Scheuer § 57 Rn. 4. Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 1; Enge Transportversicherung S. 71. BGH 4.4.2001 BGHZ 147 212; Prölss/Martin/Kollhosser § 57 Rn. 2. BGH 8.2.1988 BGHZ 103 228; Prölss/Martin/Kollhosser § 57 Rn. 2. Gärtner NJW 1991 2993, 2997 f.; ders. VersR 2 0 0 7 1441, 1444 f. Weitere Sparten nennt Prölss/Martin/Ko//hosser § 57 Rn. 2. Vgl. die auf die Taxe übertragbaren Ausführungen zur Überversicherung Bruck/ Möller/Schnepp § 74 Rn. 11.
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Vgl. die auf die Taxe übertragbaren Ausführungen zur Überversicherung Bruck/ Möller/Schnepp § 74 Rn. 12. Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 4. So aber Bruck/Möller/Möller* § 57 Rn. 5 (Berliner Kommentar/Schauer zitiert Bruck/ Möller/Möller^ insofern falsch als jemand, der die Anwendbarkeit bei der Passivenversicherung generell ablehne). Vgl. die auf die Taxe übertragbaren Ausführungen zur Überversicherung, Bruck/ Möller/Schnepp § 74 Rn. 11 mit weiteren Begründungen und Beispielen; für unmittelbare Anwendung wohl auch Kisch Taxierung S. 2 (der die Taxe bei allen Interessenversicherung für statthaft hält und dabei u.a. die Haftpflichtversicherung nennt).
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§76
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
§ 7 6 ist ferner in der Summenversicherung insgesamt nicht anwendbar. 2 1
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Die Personenversicherung kann als Summen- oder als Schadensversicherung ausge-
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staltet sein. W i r d die Personenversicherung als Schadensversicherung betrieben, sind die § § 7 4 ff. und damit § 7 6 grundsätzlich anwendbar, und zwar unmittelbar und nicht nur a n a l o g . 2 2 Allerdings sind Vereinbarungen einer T a x e in der Personenversicherung unüblich. Die so genannte Gliedertaxe in der Unfallversicherung ist keine T a x e im Sinne von § 7 6 , sondern eine besondere F o r m der Vereinbarung einer Versicherungssumme im R a h m e n der Summenversicherung. 2 3 13
Eine der T a x e ähnliche W i r k u n g sieht das Gesetz mit § 136 Abs. 2 für die Transportversicherung vor, w o n a c h der anfängliche Versicherungswert auch bei Eintritt des Versicherungsfalles gilt. D a m i t handelt es sich jedoch nicht um eine T a x e im Sinne von § 7 6 , sondern lediglich um eine durch das Gesetz angeordnete Regelung, die den anfänglichen Versicherungswert perpetuiert. 2 4
B. Tatbestandsmerkmale des § 76 I. Vereinbarung einer Taxe 1. Parteien und Rechtsnatur der Vereinbarung 14
Die Vereinbarung einer T a x e erfolgt (im Regelfall) durch Vereinbarung zwischen V N und V R , meistens gleichzeitig mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages (dazu noch nachstehend zum Z e i t p u n k t R n . 17 f.), ist aber doch logisch von dem Z u s t a n d e k o m m e n des Versicherungsvertrages gesondert zu betrachten. 2 5 Dabei handelt es sich bei der Vereinbarung einer T a x e um eine Nebenabrede zu dem Versicherungsvertrag, die allerdings nicht zu den essentialia negotii eines Versicherungsvertrages gehört und damit eine gewisse Selbständigkeit besitzt. Relevant wird Letzteres, falls nur die Vereinbarung über die T a x e unwirksam sein sollte. In diesem Fall ist im R a h m e n von § 1 3 9 B G B anzunehmen, dass im Regelfall der Versicherungsvertrag auch o h n e Vereinbarung über die T a x e abgeschlossen worden w ä r e . 2 6
15
D a es sich bei der Vereinbarung einer T a x e um eine N e b e n a b r e d e zu dem Versicherungsvertrag handelt, k a n n es v o r k o m m e n , dass diese Vereinbarung - anders als der Versicherungsvertrag selbst - nicht unmittelbar zwischen V R und V N , sondern unter Mitwirkung Dritter, etwa dem Versicherten bei der Versicherung für fremde R e c h n u n g , zustande k o m m t . 2 7
16
Im R a h m e n der Vereinbarung einer T a x e k o m m t es häufig vor, dass M i t a r b e i t e r des V R oder dessen Versicherungsvertreter den V N beim Abschluss der Vereinbarung beraten, insbesondere bei der Abschätzung des Wertes. Soweit dieses der Fall ist, gelten
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Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 4; siehe ergänzend die übertragbaren Ausführung zur Überversicherung Bruck/Möller/ Schnepp § 74 Rn. 18. Vgl. die entsprechend anwendbaren Ausführungen zur Überversicherung Bruck/ MöUer/Schnepp § 74 Rn. 19 f.
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So im Ergebnis auch Berliner Kommentar/ Schauer § 57 Rn. 4. Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 57 Rn. 2; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 5. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 16. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 21. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 16.
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§76
Taxe
die für die Beratungspflicht bei der Unterversicherung dargelegten Grundsätze entsprechend. 2 8 2. Zeitpunkt Die Vereinbarung einer Taxe erfolgt regelmäßig schon bei Abschluss des Versieherungsvertrages. Dabei kann bei Vertragsschluss vereinbart werden, der V N dürfe einseitig nachträglich die Bestimmung der Taxe vornehmen. Dann gilt § 315 B G B analog, d.h. die Bestimmung ist nach billigem Ermessen zu treffen und ggf. gerichtlich überprüfbar. In diesen Fällen kann der V N die Taxe nicht mehr aufgeben, wenn er weiß oder wissen muss, dass der Versicherungsfall eingetreten ist. 2 9 Es kann ferner bei Vertragsschluss vereinbart werden, es solle das noch ausstehende Ergebnis einer Sachverständigenschätzung für die Taxe maßgebend sein. In diesem Fall gelten §§ 317 bis 319 BGB analog. Wird in solchen Fällen auf der Grundlage einer schon bei Abschluss des Versicherungsvertrages getroffenen Vereinbarung die Taxe nachträglich bestimmt, so wird man im Zweifel eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses annehmen müssen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich die Prämie (wie im Regelfall üblich) nach der Versicherungssumme bemisst und vereinbarungsgemäß Taxe und Versicherungssumme übereinstimmen. 3 0
17
Die Vereinbarung einer Taxe kann jederzeit auch noch nachträglich erfolgen. 31 Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist auch die nachträgliche Abänderung einer einmal vereinbarten Taxe möglich. Ferner kann vereinbart werden, dass dem V R das Recht zur Neufestsetzung (Herabsetzung) zusteht, wenn z.B. die Taxe im Laufe des Versicherungsverhältnisses durch Alter oder Abnutzung nicht unerheblich von dem wirklichen Versicherungswert abweicht und die Neufestsetzung nicht offenbar unbillig ist. 32
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3. Form der Vereinbarung § 76 schreibt keine bestimmte Form vor, so dass die Vereinbarung einer Taxe formfrei erfolgen kann. Da allerdings die Vereinbarung einer Taxe, obwohl von dem eigentlichen Versicherungsvertrag zu trennende Nebenabrede, doch Teil der Vereinbarungen zum Versicherungsvertrag ist, kann der V N die Dokumentation der Vereinbarung der Taxe im Rahmen des Versicherungsscheins (§ 3 Abs. 1) verlangen. 33 Erfolgt die Vereinbarung einer Taxe erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages oder wird eine ursprünglich bei Abschluss des Versicherungsvertrages getroffene Vereinbarung einer Taxe nachträglich geändert, so hat der V N (wie bei jeder späteren Änderungen des Inhalt des Versicherungsvertrages 34 ) Anspruch auf einen Nachtragsversicherungsschein. 35
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Bruck/Möller/Scfcwepp § 75 Rn. 83 ff., insbesondere Rn. 86 f.
31
Prölss/MartinIKollhosser § 57 Rn. 3; Berliner
Bruck/Möller/Mö//er8 § 57 Anm. 17; Kisch Taxierung S. 3; Kitterl Abraham S. 221 (aller-
32
Begr. zu § 7 6 BTDrucks. 1 6 / 3 9 4 5 S. 7 9 ; OLG Hamburg 6 . 1 0 . 1 9 7 7 VersR 1978 6 3 5 .
dings zur Seeversicherung mit Verweis auf
33
§ 102 ADS). Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 7 Anm. 17.
34
Bruck/Möller/Mo/Zer 8 § 5 7 Anm. 21. Römer/Langheid § 3 Rn. 5. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 7 Anm. 21.
Kommentar /Schauer § 57 Rn. 5.
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§ 76
A b s c h n i t t 1. A l l g e m e i n e Vorschriften
4. Inhalt der Vereinbarung einer T a x e 20
a) Klarheit der Vereinbarung. Es m u s s hinreichend klar und eindeutig sein, dass die Parteien eine Taxe festsetzen und damit eine verbindliche Vereinbarung über den Versicherungswert treffen wollen. Dies ist ggf. im Wege der Auslegung der Parteierklärungen zu ermitteln. 3 6 Im Zweifel ist nicht von der Vereinbarung einer T a x e auszugehen. 3 7
21
Die Vereinbarung einer Versicherungssumme bedeutet noch nicht die Vereinbarung einer Taxe; es m u s s vielmehr dem Parteiwillen entsprechen, nicht nur mit der Versicherungssumme eine Höchstgrenze für die Leistung zu bestimmen, sondern den Versicherungswert mit der bindenden Folge zu fixieren, d a s s im Totalschadensfall der T a x b e t r a g als Versicherungsleistung zu erbringen ist. 3 8 Es kann vereinbart werden, d a s s die H ö h e der Versicherungssumme zugleich als T a x b e t r a g gelten soll. 3 9 So sind etwa in der Yachtkaskoversicherung Klauseln üblich, w o n a c h die Versicherungssumme als feste Taxe gilt, teilweise begrenzt auf den Fall, dass die Versicherungssumme zum Zeitpunkt des Beginns der Versicherung dem Neuwert entspricht. 4 0 Ist eine T a x e vereinbart und keine Versicherungssumme - insbesondere keine niedrigere - im Versicherungsvertrag angegeben, so ist im Zweifel anzunehmen, d a s s die Versicherungssumme mit dem T a x b e t r a g übereinstimmen soll. 4 1
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D a s Wort „ T a x e " braucht nicht benutzt zu werden. Es entscheidet der zum Ausdruck gebrachte Parteiwille. 4 2 So reichen etwa Vereinbarungen aus wie „ a l s Schiffswert gilt die V e r s i c h e r u n g s s u m m e " 4 3 oder „der vereinbarte Versicherungswert wird der Entscheidung zugrunde g e l e g t " 4 4 . Wird der Ausdruck „ T a x e " benutzt, so spricht eine tatsächlich Vermutung dafür, dass er im rechtstechnischen Sinne gemeint ist. 4 5 J e d o c h kann die Vermutung widerlegt werden, z.B. wenn der V N in seinem Antrag d a s Wort „ T a x e " erkennbar gebraucht hat, um die Bemessung der Versicherungssumme zu rechtfertigen. 4 6
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Die Vereinbarung einer T a x e ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn vor Vertragsschluss eine Schätzung des Werts der zu versichernden Sachen erfolgt, um die Versiche-
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Prölss/MartinJKollhosser S 57 Rn. 4; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 5. Bruck/Möller/Mö//er8 § 57 Anm. 18; Bruck PVR S. 507; Kisch Taxierung S. 6. Prölss/Martin/Ko//bosser S 57 Rn. 4; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 6; Bruck/ Möller/Mö//er8 § 57 Anm. 18; Bruck PVR S. 507; Kisch Taxierung S. 6. So etwa in den Fällen BGH 8.2.1988 BGHZ 103 228 (für die Yachtversicherung) und OLG Hamburg 30.11.1967 VersR 1969 226, 227 (zustimmend BGH 15.12.1969 VersR 1970 243, 244 in der Revisionsentscheidung); Pröiss/MamnJKollhosser § 57 Rn. 4 (wonach dies regelmäßig so ist); Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 6; für die Seeversicherung als Regelfall vgl. § 100 Abs. 1 ADS. BGH 8.2.1988 BGHZ 103 228 („Versicherungssumme gilt als feste Taxe"); OLG Hamburg 1.8.2001 VersR 2002 1101; OLG Karlsruhe 5.6.1997 VersR 1998 977 (bedingt auf den Fall, dass die Versicherungssumme zum
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Zeitpunkt des Beginns der Versicherung dem Neuwert entspricht); kritisch hierzu Looks VersR 1991 731 ff. OLG Hamburg 8.12.1926 HansRZ 1927 184; Berliner Kommentar/Schauer Rn. 6. Berliner Kommentar/Scfcd««/· § 57 Rn. 5; Bruck/Möller/Mö//er8 § 57 Anm. 18; Bruck PVR S. 507; Ehrenzweig S. 244; Kisch Taxierung S. 6. BGH 15.12.1969 VersR 1970 244; OLG Hamburg 30.11.1967 VersR 1969 226, 227. KG 9.10.1929 JRPV 1929 383. Prölss/Martin/Kollhosser § 57 Rn. 4; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 5; Bruck/ Möller/Möi/er8 ξ 57 Anm. 18; Baumgärtel/ Prölss § 57 Rn. 1. Bruck/Möller/Mö//er8 § 57 Anm. 18; Bruck PVR S. 507; Ehrenzweig S. 244; Kisch Taxierung S. 6; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 5 deutet diese Literaturstimmen zu Unrecht als gegen die tatsächliche Vermutung gerichtet.
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rungssumme und damit die Prämie ermitteln zu k ö n n e n . 4 7 E b e n s o wenig folgt aus Wertangaben für einzelne Gegenstände in dem Versicherungsschein die Vereinbarung einer T a x e , wenn dies ersichtlich nur dazu dient, eine einheitliche Versicherungssumme für die betroffenen versicherten Sachen rechnerisch zu e r m i t t e l n . 4 8 Wenn der V N auf einem Bewertungsbogen einen bestimmten Wiederbeschaffungswert angibt und der V R diese Bewertung nicht beanstandet, k a n n es sich u m die Vereinbarung einer T a x e h a n d e l n , 4 9 allerdings muss aus den G e s a m t u m s t ä n d e n e r k e n n b a r sein, dass aufgrund der durch den V R nicht korrigierten Angabe des V N der im Schadensfall zugrunde zu legende Wert und nicht etwa die Versicherungssumme vereinbart werden s o l l . 5 0 b ) B e s t i m m b a r k e i t der T a x e . N a c h dem Gesetzeswortlaut fordert die Vereinbarung einer T a x e die Festlegung eines „ b e s t i m m t e n " Betrages. N a c h heute w o h l allgemeiner M e i n u n g ist es jedoch ausreichend, wenn der B e t r a g objektiv b e s t i m m b a r ist. 5 1 Zulässig ist es daher insbesondere, den T a x b e t r a g an einen I n d e x zu knüpfen oder sonstige periodische Anpassungen, insbesondere M i n d e r u n g e n (im Hinblick auf den durch Alter sinkenden Wert der versicherten Sache), zu vereinbaren. Eine bestimmbare T a x e liegt etwa auch vor, wenn in der laufenden Güterversicherung auf den R e c h n u n g s w e r t oder auf einen bestimmten Einkaufswert zuzüglich F r a c h t k o s t e n sowie ggf. zusätzlich einen in Prozent bemessenen imaginären G e w i n n Bezug g e n o m m e n wird.
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c) Vereinbarte T a x e für Teile des Versicherungsvertrages. Die vereinbarte T a x e k a n n sich auf den gesamten Versicherungsvertrag beziehen, wenn eine einheitliche Versicherungssumme vereinbart ist. Bei der Positionenversicherung, bei der zu den jeweiligen Versicherungssummen für jede Position der Versicherungswert gesondert zu ermitteln i s t , 5 2 kann entweder zu allen oder auch nur zu einzelnen Positionen eine T a x e vereinbart werd e n ; 5 3 soweit keine T a x e vereinbart ist, gelten die allgemeinen Regeln, d.h. es muss ein Versicherungswert für die betroffenen Positionen ermittelt bzw. nach §§ 7 4 , 7 5 bewertet werden.
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Aber auch wenn eine einzige Versicherungssumme für den Vertrag insgesamt oder für eine Position vereinbart ist, k a n n eine T a x e für einzelne unter dem Versicherungsvertrag bzw. in der Position versicherte Interessen vereinbart sein (besondere T a x e ) . 5 4 So k o m m t etwa die besondere T a x i e r u n g von wesentlichen Bestandteilen oder Z u b e h ö r 5 5 oder die T a x i e r u n g wertvoller Gegenstände aus einem Inbegriff von Sachen (etwa H a u s r a t ) in Betracht. Eine solche besondere T a x e hat im Ergebnis die Bedeutung, dass die so taxier-
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Motive S. 127; Prölss/Martin/Kollhosser § 5 7 Rn. 4 ; Berliner Kommentar/Schauer § 5 7
Rn. 5; Römer/Langheid § 57 Rn. 1; Bruck PVR S. 507; Kiscb Taxe S. 5 f. 48
Motive S. 127; Prölss/Martin/Ko///?osser § 5 7 Rn. 5.
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LG Mainz 3 0 . 5 . 1 9 9 5 VersR 1 9 9 6 2 2 6 , 2 2 7 ; zustimmend Prölss/Martin/iCoZ/fcosser § 5 7 Rn. 4 ; zweifelnd Berliner Kommentar/
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Möller/Mö//er 8 $ 5 7 Anm. 19; Bruck PVR 52
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Schauer § 57 Rn. 5. 50
So im Fall LG Köln 1 4 . 6 . 1 9 7 8 VersR 1 9 7 9 125, 127 (wo allerdings die Vereinbarung einer Taxe nicht erwogen wurde); zu weit gehend daher wohl Prohs/Martin/Kollbosser § 5 7 Rn. 4 (wonach die Bezifferung in einem
Bewertungsbogen offenbar stets zur Vereinbarung einer Taxe führen soll). Prölss/Martin/Ko///?osser § 5 7 Rn. 3; Berliner Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 5; Bruck/
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S. 3 0 8 . Zum Begriff Positivneuversicherung Bruck/Möller/Scfcnepp § 75 Rn. 19. Prölss/Martin/KoZZfcosser § 5 7 Rn. 3; Bruck/ Möller/Mö/Zer 8 § 5 7 Anm. 2 0 ; unklar, aber wohl ebenso Berliner Kommentar/Schauer S 5 7 Rn. 5 Bruck/Möller/Mö/Zer 8 § 5 7 Anm. 2 0 . R iiier/Abraham S. 2 3 6 für die Maschine eines Schiffs.
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ten Gegenstände bei Fragen wie Total- oder Teilschaden bzw. im R a h m e n der Unterversicherung gesondert zu betrachten sind. Ergibt die S u m m e solcher besonderer T a x e n (zzgl. des Versicherungswertes der nicht taxierten Gegenständen) einen höheren Betrag als die Versicherungssumme, so liegt insgesamt und für jeden betroffenen Gegenstand separat eine Unterversicherung v o r , 5 6 wobei zu prüfen ist, o b die Parteierklärungen nicht so auszulegen sind, dass die besonders taxierten Gegenstände auf Erstes Risiko versichert sein s o l l e n . 5 7 27
d) Bezugswert für die T a x e . M i t der T a x e wird der Versicherungswert festgesetzt. D e r maßgebliche Versicherungswert ergibt sich vorrangig durch ausdrückliche Vereinbarung in dem Versicherungsvertrag, w o b e i § 8 8 eine Auffangregel für die Sachversicherung enthält, w o n a c h als Versicherungswert der Betrag gilt, den der V N für die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung der Sache im neuwertigen Z u s t a n d unter Abzug des sich aus dem Unterschied zwischen alt und neu ergebenden Minderwertes aufzuwenden hat. Gesetzlicher Versicherungswert ist damit der Z e i t w e r t . 5 8 Abweichend hiervon kann insbesondere der N e u w e r t als Versicherungswert vereinbart w e r d e n . 5 9 Diese Grundsätze gelten auch für die T a x e . Ist also eine T a x e vereinbart, ist - soweit nicht ausdrücklich vereinbart - durch Auslegung zu ermitteln, w o r a u f sich die T a x e bezieht. Im R a h m e n der Sachversicherung gilt dabei auch für die T a x e die Auslegungsregel des § 8 8 . Es kann aber etwa eine N e u w e r t t a x e vereinbart w e r d e n . 6 0
Π. Wirkungen der vereinbarten Taxe 28
Wegen Satz 2 H a l b s . 2 ist es von entscheidender Bedeutung, o b die T a x e den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigt. Z u n ä c h s t werden deshalb die W i r k u n g e n der T a x e für den Normalfall geschildert und erst danach der Ausnahmefall erörtert, dass die T a x e den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigt oder die vereinbarte T a x e aus sonstigen Gründen zu korrigieren ist. 1. N o r m a l Wirkungen der T a x e
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a) Grundsätze. M i t der Vereinbarung einer T a x e wird der Versicherungswert auf einen bestimmten Betrag, die T a x e , festgesetzt. D e r für den Versicherungswert maßgebliche Betrag steht damit bindend fest. Die T a x e tritt an die Stelle des wirklichen Versicherungswertes und zwar, wie das W o r t „ a u c h " in Satz 2 H a l b s . 1 zeigt, an die Stelle des anfänglichen Versicherungswertes, des Versicherungswertes während der Laufzeit des Versicherungsvertrages und vor allem des (im Regelfall für die Entschädigung des Versicherers maßgeblichen) Versicherungswertes zur Z e i t des Eintritts des Versicherungsfalls. Dies gilt auch dann, wenn von vorne herein die T a x e zu niedrig oder zu hoch war, ferner
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Bruck/Möller/Mö//er8 § 57 Anm. 20. So Ehrenberg ZVersWiss 1906 369, 413; siehe zum Zusammenhang zwischen Versicherung auf Erstes Risiko und Unterversicherung RruckJMöUer/Schnepp § 75 Rn. 58 ff. Bruck/Möller/Schnepp § 88 Rn. 8, zur Terminologie dort Rn. 80.
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Zu möglichen Vereinbarungen Bruck/Möller/ Schnepp § 88 Rn. 61 ff. BGH 8.2.1988 BGHZ 103 228; OLG Hamburg 1.8.2001 VersR 2 0 0 2 1101; OLG Karlsruhe 5.6.1997 VersR 1998 977; Prölss/ Martin/Kollhosser S 57 Rn. 5.
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dann, wenn nachträglich die Taxe zu niedrig wird (Wertsteigerung) oder zu hoch wird (Wertminderung). Die Taxe wird durch den Beweis ihrer Unrichtigkeit also nicht entkräftet, nachdem sie vereinbart ist (immer vorbehaltlich, dass keine erhebliche Übersetzung der Taxe gemäß Satz 2 Halbs. 2 vorliegt). 61 Die Fixierung des Versicherungswertes durch die Taxe wirkt für und gegen sowohl VN als auch VR. Sie gilt ferner bei der Versicherung für fremde Rechnung für und gegen den Versicherten und bei der Veräußerung der versicherten Sache (§§ 95 ff.) für und gegen den Erwerber. 62 b) Einzelheiten aa) Fixierung des Versicherungswertes vor Eintritt des Versicherungsfalles. Die Vereinbarung einer Taxe setzt den Versicherungswert nicht nur für den Eintritt des Versicherungsfalles, sondern auch schon vorher (und, wenn der Versicherungsvertrag nach dem Versicherungsfall wie im Regelfall fortbesteht, auch nachher) fest. Dies gilt insbesondere für die Uberversicherung (dazu sofort nachstehend) sowie für die Mehrfachversicherung. 63 Die Sonderfälle nach § 87 Satz 1 a.F., wonach bei der Feuerversicherung beweglicher Sachen nur der anfängliche Versicherungswert durch die Taxe fixiert werden kann, sind entfallen (Rn. 3).
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bb) Wirkungen einer Taxe bei der Uberversicherung. Ist eine Taxe vereinbart, tritt an 31 die Stelle des wirklichen Versicherungswerts die vereinbarte Taxe. Bei Vereinbarung einer Taxe ist also § 74 insofern nicht anwendbar, als es nicht darauf ankommt, ob die Versicherungssumme den wirklichen Versicherungswert übersteigt. Ob Überversicherung vorliegt, ist daher durch Vergleich zwischen der Versicherungssumme und der Taxe zu ermitteln. 64 Eine Überversicherung liegt also nur vor, wenn die Versicherungssumme die Taxe erheblich übersteigt, und dies wird kaum vorkommen. 6 5 Wenn ausnahmsweise die Versicherungssumme die Taxe erheblich übersteigt, kann jede Vertragspartei gemäß § 74 Abs. 1 verlangen, dass die Versicherungssumme auf die Taxe herabgesetzt wird. 6 6 Der Vorauflage ist vorgeworfen worden, sie habe bei der Taxe diese Anwendung der Regelung zur Überversicherung negiert. 67 Dabei wurde jedoch verkannt, dass im Falle der Vereinbarung einer Taxe streng das Übersteigen der Versicherungssumme gegenüber dem Taxbetrag (insoweit ist § 74 anwendbar, wobei die Taxe an die Stelle des wirklichen Versicherungswertes tritt) von den Fällen zu unterscheiden ist, in denen die Taxe den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigt. Die Aussage, wenn die Versicherungssumme den Taxbetrag erheblich übersteige, müsse der Taxbetrag auf den wirklichen Versicherungswert herabgesetzt werden, weil der Versicherungswert, auf den § 74 (§ 51 a.F.) abstelle, durch die Taxe nicht verdrängt, sondern nur betragsmäßig bestimmt werde, 6 8
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 23. Berliner Kommentar /Schauer S 57 Rn. 7; Bruck/Möller/Mö/Zer 8 § 57 Anm. 32; Kisch Taxierung S. 30. Siehe dazu Bruck/Möller/ScJmepp § 78 Rn. 24 f. und 97. Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 8; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 29; Kisch Taxierung S. 11 ff.; Bruck PVR S. 508. Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 8; Prölss/Martin/iCo/Zhosser § 57 Rn. 7; Bruck/ Möller/Mötfer 8 § 57 Anm. 29.
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Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 8; Bruck PVR S. 508; Bruck/Möller/MöWer 8 § 57 Anm. 29; Kisch Taxierung S. 12 f.; ebenso wohl H K - W G /Brambach § 76 Rn. 11 (wo aber unklar bleibt, ob auf die Taxe oder den wirklichen Versicherungswert herabgesetzt werden darf). So Prölss/Martin/Ko/Zfcosser § 57 Rn. 7 unter Verweis auf Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 35, 39. Prölss/MartinIKollhosser § 57 Rn. 7.
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verkennt die erforderliche Differenzierung eines Übersteigens in den Verhältnissen Versicherungssumme/Taxe zu Taxe/wirklicher Versicherungswert. Das weitere Argument, es entspreche dem Schutzzweck von § 74 (§ 51 a.F.), dass sich der V N gegen unnötige Prämienzahlungen und der VR gegen eine Erhöhung des subjektiven Risikos durch eine zu hohe Versicherungssumme schützen können soll, 6 9 ist zwar - isoliert betrachtet zutreffend (und rechtfertigt im Verhältnis Versicherungssumme/Taxe die Anwendung von § 74), verkennt jedoch ebenfalls die erforderliche Differenzierung. Eine ganz andere Frage ist, ob § 74 vor Eintritt des Versicherungsfalles analog anzuwenden ist, wenn der wirkliche Versicherungswert die Taxe erheblich übersteigt; dazu Rn. 50 ff. 33
cc) Fixierung des Versicherungswertes bei Eintritt des Versicherungsfalles. Nach Satz 2 Halbs. 1 gilt die Taxe „auch" als der Wert, den das versicherte Interesse bei Eintritt des Versicherungsfalles hat. Hierin liegt die wesentliche Bedeutung der Taxe, die Feststellung der H ö h e der vom VR zu erbringenden Leistung zu erleichtern (Rn. 5). Dabei ist zwischen einem Totalschaden und einem Teilschaden zu differenzieren.
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Im Falle eines Totalschadens hat der VR (vorbehaltlich die Taxe entspricht mindestens der Versicherungssumme, sonst Unterversicherung, Rn. 63 ff., sowie des Einwands eines überheblichen Übersteigens im Sinne von Satz 2 Halbs. 2, dazu Rn. 42 ff.) den Taxbetrag ohne weiteren Nachweis der Schadenshöhe zu ersetzen. 7 0 Entsprechend dem Gesetzeszweck (dazu Rn. 5 f.) kommt nicht darauf an, ob die Taxe im Versicherungsfall über oder unter dem wirklichen Versicherungswert liegt und dadurch entweder die eine oder die andere Vertragspartei begünstigt bzw. benachteiligt wird. Ist für einzelne Interessen eine besondere Taxe vereinbart (Rn. 26), ist insoweit der Taxbetrag zu zahlen; für die übrigen Interessen gelten die allgemeinen Grundsätze.
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Bei einem Teilschaden ist zu differenzieren. Grundsätzlich bleibt hier ungeachtet einer vereinbarten Taxe die Feststellung der Schadenshöhe erforderlich und ist diese, etwa bei zu ersetzenden Kosten für die Wiederherstellung, nach allgemeinen Grundsätzen darzulegen und zu beweisen. 7 1 Gleichwohl kann die vereinbarte Taxe auch bei einem Teilschaden von Bedeutung sein. So können etwa bei bestimmten Teilschäden eigene Taxbeträge oder Prozentsätze der Taxe vereinbart sein. Ferner ist die vereinbarte Taxe dann maßgeblich, falls vom Ersatzwert einer Sache der Wert der Reste abgezogen werden soll. Auch für die Frage, ob Reparaturunwürdigkeit vorliegt, kann die Taxe von entscheidender Bedeutung sein, als nicht auf den wirklichen Ersatzwert, sondern auf die Taxe (oder einen vereinbarten Anteil hiervon) abzustellen ist. 7 2
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dd) Irrtümliche Regulierung eines Versicherungsfalles nach dem wirklichen Versicherungswert. Erfolgt nach einem Versicherungsfall die Regulierung nicht nach der vereinbarten Taxe, sondern nach dem wirklichen Versicherungswert, gelten die allgemeinen Grundsätze. Zahlt der VR irrtümlich zunächst zu wenig, kann der V N nachfordern, weil der VR seinen Verpflichtungen noch nicht vollständig nachgekommen ist. Zahlt der VR zuviel, kann er dies vorbehaltlich § 814 BGB nach Bereicherungsrecht zurückfordern. Schließen VR und V N einen Vergleich über die Schadensabfindung und gehen sie dabei
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Prölss/MartinJKollhosser § 5 7 Rn. Prölss/Martin/Ko/M-osser S 5 7 Rn. Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 9. Vrölss/Manin/Kollhosser § 5 7 Rn. Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 9. OLG Hamburg 30.11.1967 VersR
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7. 8; Berliner 9; Berliner
228; zustimmend die Revisionsentscheidung BGH 15.12.1969 VersR 1970 243, 245; Pröks/MartinJKollhosser § 57 Rn. 9; Berliner Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 10; Bruck/ Möller/Möller* § 57 Anm. 27.
1969 2 2 6 ,
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vom wirklichen Versicherungswert aus, weil ihnen die Vereinbarung einer Taxe nicht bewusst ist, so ist der Vergleich wegen eines Sachverhaltsirrtums nach § 7 7 9 Abs. 2 BGB unwirksam. 7 3 ee) Auswirkung einer vereinbarten Taxe auf die Selbstbeteiligung. Wenn eine Selbstbeteiligung in Form einer prozentualen Beteiligung vereinbart ist, kann (für die Abzugswie für die Integralfranchise 74 ) auf den Versicherungswert Bezug genommen werden. Ist dieses der Fall, tritt bei Vereinbarung einer Taxe diese an die Stelle des wirklichen Versicherungswertes. 75
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c) Grenzen der Wirkungen einer vereinbarten Taxe. Mit der Vereinbarung einer Taxe wird (nur) der Versicherungswert auf einen bestimmten Betrag festgesetzt. Dies geschieht zwischen den Vertragsparteien (oder ggf. in deren Namen handelnden Dritten) und nur für den Versicherungsvertrag. Dies führt zu Begrenzungen der Wirkungen einer Taxe sowohl zwischen V N und V R als auch gegenüber Dritten.
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aa) Begrenzungen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Da die Taxe nur den Versicherungswert festlegt, ist damit noch nicht gesagt, dass der V N oder bei Versicherung für fremde Rechnung der Versicherte auch tatsächlich Inhaber des versicherten Interesses ist oder ein versichertes Interesse überhaupt vorhanden ist. 7 6 Vielmehr gelten hier die allgemeinen Regeln, wonach der V N bzw. der Versicherte im Versicherungsfall darlegen und beweisen muss, dass er Geschädigter ist.
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bb) Auswirkungen einer vereinbarten Taxe auf Dritte. Die vereinbarte Taxe wirkt sich zwar nicht nur auf V R und V N , sondern bei Versicherung für fremde Rechnung auch für und gegen den Versicherten, sowie bei Veräußerung der versicherten Sache auch für und gegen den Erwerber aus (Rn. 29), sie gilt aber nicht für und gegen sonstige Dritte. Deshalb richten sich etwaige Ersatzansprüche gegen Dritte, welche z.B. die versicherte Sache zerstört haben, nicht nach der Taxe, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen. Dies bedeutet, dass sich der Geschädigte ebenso wie der Schädiger nicht auf die vereinbarte Taxe berufen können. 7 7
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Dies ist insbesondere bei Übergang von Ersatzansprüchen gem. § 86 von Relevanz. Wenn die Taxe (ohne dass Satz 2 Halbs. 2 berührt ist) höher als der Schaden ist, geht zwar der gesamte Schadenersatzanspruch des V N auf den V R über, gleichwohl kann der V R nur den nach § 2 4 9 ff. BGB berechneten Ersatz von dem Schädiger verlangen, nicht aber den höheren Taxbetrag. Ist umgekehrt der nach §§ 2 4 9 ff. BGB ersatzfähige Schaden höher als die vereinbarte Taxe, geht der Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger nur in der Höhe über, in der der V R leistet. Bei einer zu niedrigen Taxe kann der V N
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B G H 1 5 . 1 2 . 1 9 6 9 VersR 1 9 7 0 2 4 3 , 2 4 5 ; O L G Hamburg 3 0 . 1 1 . 1 9 6 7 VersR 1 9 6 9 2 2 6 , 2 2 7 (Vorinstanz); offenbar zustimmend, wenn auch auf die problematische Abgrenzung zwischen Rechtsfolgenirrtum und Sachverhaltsirrtum hinweisend Berliner Kommentar/
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Schnepp § 75 Rn. 62 ff. Bruck/Möller/Mö//er8 § 57 Anm. 28; Bruck PVR S. 5 0 8 .
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Schauer § 57 Rn. 10; hierzu grundsätzlich kritisch MüKo/Habersack § 779 Rn. 64; zweifelnd wohl auch B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 S 5 7 Anm. 21.
Siehe zu möglichen Vereinbarungen der Selbstbeteiligung im Einzelnen Bruck/Möller/
Berliner Kommentar /Schauer § 57 Rn. 7; Bruck/Möller/Mö//er8 § 57 Anm. 32; Kisch Taxierung S. 2 9 f.
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B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 S 5 7 Anm. 3 2 .
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also gegen den Schädiger in Höhe des ihm nach Erhalt der Versicherungsleistung verbleibenden Schadens vorgehen, ohne dass der Schädiger die Vereinbarung der Taxe zu seiner Entlastung anführen kann. 7 8 2. Unmaßgeblichkeit der Taxe 42
Die Vereinbarung einer Taxe soll normalerweise dazu dienen, Ermittlungen über den Versicherungswert überflüssig zu machen und die Schadensabwicklung zu erleichtern; die Vorteile hat der Gesetzgeber als so groß angesehen, dass er in Kauf nimmt, dass es im Versicherungsfall zu einer Bereicherung des VN kommt (Rn. 5 f.). Ein Korrektiv hat der Gesetzgeber mit Satz 2 Halbs. 2 nur für den Fall vorgesehen, dass die Taxe den wirklichen Versicherungswert bei Eintritt des Versicherungsfalles erheblich übersteigt (dazu Rn. 43 bis 49). Es ist allerdings danach zu fragen, ob eine vereinbarte Taxe auch darüber hinaus korrigiert werden kann (dazu Rn. 50 bis 62). a) Erheblich übersteigende Taxe nach Satz 2 Halbs. 2 bei Eintritt des Versicherungsfalles
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aa) Wirklicher Versicherungswert. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es darauf an, ob die Taxe den „wirklichen Versicherungswert" erheblich übersteigt. Wirklicher Versicherungswert ist der Versicherungswert, der ohne Taxenvereinbarung maßgebend wäre. 7 9 Dies kann, abhängig von dem Bezugswert der Taxvereinbarung, etwa in der Sachversicherung der gesetzliche Versicherungswert gem. § 88 oder der Neuwert sein. Die teilweise gebräuchliche Formulierung, es sei auf den Wert abzustellen, den das versicherte Interesse ohne eine Vereinbarung über den Versicherungswert habe, ist rechtlich unscharf, 8 0 weil auch bei einem erheblichen Übersteigen im Sinne von Satz 2 Halbs. 2 Vereinbarungen zum Bezugswert (z.B. Neuwert) relevant bleiben.
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Zu vergleichen ist nur die Taxe mit dem wirklichen Versicherungswert. Auf vereinbarte Selbstbehalte, Entschädigungsgrenzen und Haftzeiten kommt es dagegen nicht
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bb) Relevanter Zeitpunkt. Für Satz 2 Halbs. 2 kommt es ausschließlich darauf an, ob die Taxe bei Eintritt des Versicherungsfalles den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigt. Ob die Taxe von Anfang an überhöht war oder ob sich die Erhöhung erst nachträglich ergibt, etwa durch Entwertung oder Zunahme der versicherten Gegenstände bei der Versicherung eines Inbegriffs, ist dagegen irrelevant. 82 Ebenso ist irrelevant, auf welchen Gründen das erhebliche Übersteigen beruht und ob dieses gewollt ist oder nicht. 8 3
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Bruck/Möller/Möller* § 5 7 A n m . 3 0 und 32. Berliner Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 13. Berliner K o m m e n t a r / S c h w e r § 5 7 Rn. 13. B G H 4 . 4 . 2 0 0 1 B G H Z 1 4 7 212, 219 (für Entschädigungsgrenzen); LG H a m b u r g 1 4 . 1 2 . 1 9 7 8 VersR 1 9 7 8 1136 (für Selbstbehalt); P r ö l s s / M a r t i n / K o l l h o s s e r § 5 7 Rn. 13 (für Selbstbehalte, Geltungsgrenzen und Haftzeiten); Berliner Kommentar/ Schauer S 5 7 Rn. 14 (für Selbstbehalt).
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Wohl ganz herrschende, w e n n nicht allg. M . : Prölss/MüTtin/Kollhosser § 5 7 Rn. 10; Berliner Kommentar /Schauer $ 5 7 Rn. 16 Römer/Langheid § 5 7 Rn. 2; H K - W G / Brambach § 7 6 Rn. 7; a.A. LG M a i n z 3 0 . 5 . 1 9 9 5 VersR 1 9 9 6 2 2 6 , 2 2 7 ( w o n a c h ohne jegliche Begründung - nur ein nachträglicher Wertverlust relevant sein soll).
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Prölss/Martin/Ko/«?osser § 5 7 Rn. 10.
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cc) Erhebliches Übersteigen. Nach dem Gesetzestext muss die Taxe den wirklichen Versicherungswert „erheblich" übersteigen. Auf eine Festlegung, wann hiervon auszugehen ist, hat der Gesetzgeber (wie bei der Über- 8 4 und der Unterversicherung 8 5 ) verzichtet. Ebenso wie bei der Über- und Unterversicherung 8 6 ist nicht von einer starren Grenze auszugehen, sondern auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Entscheidend sind dabei Art und Zweck der Versicherung und der Grund, aus dem die Parteien eine Taxe vereinbart haben. Im Übrigen ist der Zweck des § 76 zu berücksichtigen, die Feststellung der Höhe des vom V R zu leistenden Ersatzes zu erleichtern. Diesem Zweck ist abwägend gegenüber zu stellen, dass nach Satz 2 Halbs. 2 die Taxe erst dann nicht mehr gelten soll, wenn eine erhebliche Bereicherung des V N einträte. 8 7 Unabhängig von einer demnach notwendigen erforderlichen Betrachtung des Einzelfalles ist in der Regel ein Überschreiten von mehr als 10 % erheblich. 88 Diese Grenze von 10 % geht auf das Allgemeine Preußische Landrecht zurück. 8 9 Gerade in Bereichen, die entweder erheblichen Schwankungen unterliegen oder aber bei denen die Ermittlung des Versicherungswertes in Ermangelung eines Marktes Schwierigkeiten bereitet, insbesondere bei Kunstgegenständen, 9 0 kann die Schwelle jedoch auch großzügiger bemessen werden. 9 1
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dd) Rechtsfolge eines erheblichen Übersteigens. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gilt die Taxe nicht als der Wert, den das versicherte Interesse bei Eintritt des Versicherungsfalles hat, wenn die Taxe den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigt. Was dies im Ergebnis bedeutet, ist umstritten. Einigkeit besteht insofern, als diese Rechtswirkung nicht von einer Willenserklärung des V R abhängt, sondern sich bei einem erheblichen Übersteigen ex lege ergibt. 9 2 Ein Gericht hat daher ein erhebliches Übersteigen von Amts wegen zu berücksichtigen, sobald es feststeht, und zwar auch dann, wenn der V R sich untätig verhält und sich das erhebliche Übersteigen schon aus dem eigenen Vortrag des V N ergibt. 9 3 Ein „Herabsetzungsverlangen" oder der „Einwand" eines erheblichen Übersteigens durch den V R ist deshalb im Ergebnis nichts anderes als der für die Feststellung eines erheblichen Übersteigens erforderliche Sachvortrag des V R (zu Beweislastfragen Rn. 71).
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Ist das erhebliche Übersteigen zu bejahen, so hat dies nach ganz herrschender Meinung zur Rechtsfolge, dass die Taxe nicht etwa auf das Ausmaß des wirklichen Versiche-
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Bruck/ MöHedSchnepp § 74 Rn. 34. Bruck/ MöüedSchnepp § 75 Rn. 34. Bruck/ Möller/Schnepp § 74 Rn. 34 f. sowie § 75 Rn. 34. Grundlegend BGH 4.4.2001 BGHZ 147 212, 217 f. (wo für die Betriebsunterbrechungsversicherung einer Schweineaufzucht eine Abweichung von 12,2 % im Hinblick auf die den Parteien bewussten Schwankungen des Versicherungswertes als nicht erheblich angesehen wurde); ebenso Prölss/Martin/Ko//bosser § 57 Rn. 10 f.; Kömer/Langheid § 75 Rn. 2. Insoweit zustimmend BGH 4.4.2001 BGHZ 147 212, 217; Prölss/Martin/Ko/ftosser § 57 Rn. 12; Römer/Langheid § 57 Rn. 2; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 14. Der maßgebliche § 2170 in Theil II. Titel VIII lautet: „Nur von dem Nachweise des
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Werths ist der Versicherte frei, wenn derselbe schon in der Police bestimmt worden; jedoch steht dem Versicherer der Beweis offen, dass diese Taxe mehr als zehn Prozent über den nach 1984 ff. zu bestimmenden vollen Werth betrage." Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 14; Gärtner NJW 1991 2993, 2997 f.; ders. VersR 2007 1441, 1444 f. HK-WG/Brambach § 76 Rn. 8; differenzierend Armbrüster FS Prölss 1, 13 (wonach § 76 Satz 2 aufgrund teleologischer Reduktion nicht anwendbar ist, wenn Bedarf des VN dem Grunde nach nicht besteht und das subjektive Risiko gering ist). Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 16; wohl ebenso Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 57 Rn. 14; Kisch Taxierung S. 19. Kisch Taxierung S. 20.
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rungswertes reduziert wird, sondern für die Entschädigung des VR insgesamt unbeachtlich ist. 94 Unklar und umstritten ist jedoch, ob mit der Feststellung des erheblichen Übersteigens die Vereinbarung der Taxe im Zeitpunkt des Versicherungsfalls ex nunc unwirksam geworden ist 9 5 oder ob die Vereinbarung der zu hohen Taxe grundsätzlich wirksam bleibt und nur im Versicherungsfall unbeachtlich ist 9 6 . In dem ersten Versicherungsfall, in dem das erhebliche Übersteigen festgestellt wird, liegt hierin nur ein dogmatischer Unterschied, weil der VR jedenfalls nur nach dem wirklichen Versicherungswert bei Eintritt des Versicherungsfalls zu regulieren hat. Wichtig wird die Differenzierung, wenn der Versicherungsvertrag fortbesteht und es zu einem weiteren Versicherungsfall kommt. 49
Stellungnahme: Satz 2 der Norm bezieht sich nur auf einen Zeitpunkt, nämlich den des Eintritts des Versicherungsfalles. Übersteigt zu diesem Zeitpunkt die Taxe den wirklichen Versicherungswert erheblich, soll die Taxe nicht als der maßgebliche Wert gelten. Weiter geht Satz 2 Halbs. 2 nicht. Insbesondere lässt sich aus dieser gesetzlichen Regelung nicht ableiten, dass die ehemals wirksame Taxe nur deshalb, weil nun (bei Wertschwankungen zufällig) im Zeitpunkt des Versicherungsfalles ein erhebliches Übersteigen vorliegt, für die weitere Laufzeit des Vertrages unwirksam ist. Im Übrigen werden die Parteien im Regelfall die Feststellung eines erheblichen Übersteigens der Taxe zum Anlass nehmen, den Versicherungsvertrag entweder anzupassen (entweder durch einvernehmliche Vertragsänderung oder durch Aufhebung oder Anpassung der Taxenvereinbarung) oder zu beendigen (Auslauf des Vertrages, ordentliche Kündigung oder Kündigung im Schadensfall). An der in der Vorauflage noch vertretenen Ansicht, mit einem erheblichen Übersteigen im Schadensfall werde aus einem Versicherungsvertrag mit Taxe ein Versicherungsvertrag ohne Taxe, wenn sich der VR auf das erhebliche Übersteigen berufe, 9 7 wird folglich nicht länger festgehalten.
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b) Korrekturmöglichkeit bei erheblich übersteigender Taxe vor Eintritt des Versicherungsfalles? Übersteigt die Taxe den wirklichen Versicherungswert, sieht das Gesetz mit Satz 2 Halbs. 2 nur bei Eintritt des Versicherungsfalles eine Korrekturmöglichkeit vor. Ob über den Gesetzeswortlaut hinaus schon vor Eintritt des Versicherungsfalles eine den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigende Taxe korrigiert werden kann, ist umstritten. Dies wird teilweise unter Berufung auf eine analoge Anwendung der Regelung zur Überversicherung (§ 74 bzw. § 51 a.F.) bejaht. 9 8 Dabei wird von dieser Meinung teilweise angenommen, ein Anpassungsverlangen analog der Überversicherung (§ 74 Abs. 1) führe dazu, dass die Taxe dem wirklichen Versicherungswert angepasst werde, 9 9 während ein anderer Teil annimmt, mit einem entsprechenden Herabsetzungsverlangen entfalle die Taxvereinbarung vollständig, so dass es dann nur auf den wirk-
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Prölss/Martin/Ko//fcosser S 57 Rn. 14; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 16; Sieg VersR 1997 652; anders wohl nur Looks VersR 1991 731, 732 (wonach die bindende Kraft der Taxe bestehe, wenn auch in verringerter Höhe). So die Vorauflage Bruck/Möller/Mö//er8 $ 57 Anm. 39 und 43; dem folgend Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 16. So Prölss/Martin/Ko/ftosser § 57 Rn. 14. Bruck/Möller/Möller* S 57 Anm. 39 und 43 („Es wird also aus der taxierten Police eine offene Police").
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Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 15; Bruck PVR S. 510 f.; so wohl auch Looks VersR 1991 731; Prölss/Martin/Ko//fcosser § 57 Rn. 7 (wo allerdings unzulässig zwischen den Verhältnissen Versicherungssumme/Taxe zu Taxe/Versicherungswert nicht hinreichend differenziert wird, dazu kritisch Rn. 32). Bruck PVR S. 511; so wohl auch Looks VersR 1991 731; Prölss/MartinIKollhosser § 57 Rn. 7.
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lichen Versicherungswert a n k o m m e . 1 0 0 N a c h anderer Ansicht besteht ein (§ 7 4 Abs. 1 vergleichbares) R e c h t des V R oder des V N , jederzeit die Herabsetzung einer T a x e bei einem erheblichen Ubersteigen des Versicherungswertes zu verlangen, n i c h t . 1 0 1 Stellungnahme: Für ein zulässiges Herabsetzungsverlangen von V R und V N vor Eintritt des Versicherungsfalls wird die Ähnlichkeit der Interessenlage zur Überversicherung angeführt: W i e bei einer Überversicherung zahle der V N unnötige Prämien, die er bei
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Eintritt des Versicherungsfalls nicht ausschöpfen k a n n 1 0 2 (weil dann bei einem erheblichen Übersteigen g e m ä ß Satz 2 H a l b s . 2 nur nach dem wirklichen Versicherungswert entschädigt wird). Außerdem sei es das Interesse des V R , überhöhte T a x e n sofort zu b e k ä m p f e n , ohne mit der Beweisführung bis zum Versicherungsfall warten zu m ü s s e n . 1 0 3 Diese Argumentation verkennt jedoch die maßgebliche Bedeutung der T a x e sowie den Willen des Gesetzgebers. Die Vereinbarung einer T a x e erfolgt oft im Hinblick auf schwankende Versicherungswerte (siehe dazu R n . 4 ) . Hätten V R oder V N es bei einem bei schwankenden Werten zufälligen - erheblichen Übersteigen in der H a n d , sich auf dieses erhebliche Übersteigen vor Eintritt des Versicherungsfalles zu berufen, k ö n n t e eine der beiden Parteien einseitig und gegen den Willen der anderen Partei die ursprünglich gewollte W i r k u n g der T a x e beseitigen. Die mit ursprünglicher Vereinbarung der T a x e gewünschte Rechtssicherheit für beide Parteien wird dadurch beseitigt. Dies führt bei der Teilmeinung, die die ursprünglich vereinbarte T a x e durch eine neue T a x e für den Zeitpunkt des Verlangens ersetzen m ö c h t e n , zu dem unsinnigen Ergebnis, dass - ohne die M ö g l i c h k e i t einer erneuten Heraufsetzung (Rn. 5 6 ) - die T a x e auf diesen Wert „eingefror e n " w ü r d e . 1 0 4 A b e r auch die M e i n u n g , die als Rechtsfolge eines Herabsetzungsverlangen den ersatzlosen Wegfall der Taxvereinbarung a n n i m m t , überzeugt nicht. Die Schwankungen des Versicherungswertes gebieten gerade, erst im Versicherungsfall das erhebliche Übersteigen zu untersuchen. Im Übrigen hat der Gesetzgeber eine entsprechende Heraufsetzungsmöglichkeit, ebenso wie etwa bei bestehender U n t e r s i c h e r u n g , 1 0 5 bewusst nicht vorgesehen. Dies ergibt sich schon aus dem (auch zum alten R e c h t bei § 5 7 a.F. so formulierten) Satz 2 H a l b s . 1, w o n a c h die T a x e „ a u c h " bei Eintritt des Versicherungsfalls gilt und dann nur für den Versicherungsfall in Satz 2 H a l b s . 2 eine K o r rekturmöglichkeit bei erheblichem Übersteigen vorsieht. D e r historische Gesetzgeber des alten W G hat dies o f f e n b a r für so selbstverständlich gehalten, dass dies in der Gesetzesbegründung überhaupt nicht angesprochen w i r d . 1 0 6 D e r Gesetzgeber des neuen W G weist d a r a u f hin, vertraglich k ö n n e die Befugnis des V R zur Herabsetzung der T a x e vereinbart werden, wie dies teilweise in A V B für einzelne Versicherungszweige vorgesehen s e i , 1 0 7 was zeigt, dass der Reformgesetzgeber grundsätzlich davon ausgeht, dass die Gesetzeslage kein Herabsetzungsrecht vorsieht. Stellen die Parteien ein erhebliches Übersteigen der T a x e fest (und haben sie für solche Fälle nicht besondere Regelungen in dem Versicherungsvertrag vereinbart), so haben die Parteien folglich den Versicherungsvertrag entweder anzupassen (entweder durch einvernehmliche Vertragsänderung oder durch Aufhebung oder Anpassung der Taxenvereinbarung) oder zu beendigen (ordentliche Kündigung); im Regelfall wird sich insbesondere der V R , dem ein solches Begehren seitens des V N gestellt wird, diesem nicht ver-
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Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 15. So die Vorauflage Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 57 Rn. 39; Kisch Taxierung S. 12, 34 f.; Ehrenzweig S. 2 4 4 Fn. 5. Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 15; Bruck PVR S. 510 f.
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Berliner Kommentar /Schauer § 57 Rn. 15. Insoweit zutreffend kritisch Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 15. Bruck/Möller/ScAmepp § 75 Rn. 42. Motive S. 127. Begr. zu § 76 BTDrucks. 16/3945 S. 79.
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schließen. Darüber hinaus kann - allerdings nur begrenzt - eine Anfechtung der Taxvereinbarung möglich sein (Rn. 5 7 ff.). 53
c) Betrügerische Vereinbarung einer zu hohen Taxe. Es fehlt eine gesetzliche Bestimmung, wie bei einer seitens des V N betrügerisch erheblich überhöhten Taxe zu verfahren ist. Solche Normen gibt es für die betrügerische Überversicherung (§ 74 Abs. 2), die betrügerische Mehrversicherung (§ 78 Abs. 3) und den betrügerischen Interessenmangel (§ 80 Abs. 3), wonach in diesen Fällen der Versicherungsvertrag nichtig ist, dem V R gleichwohl bis zu dem Zeitpunkt die Prämie zusteht, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt. Auch eine stark überhöhte Taxe kann von dem V N in der Absicht vereinbart werden, sich hierdurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Es stellt sich damit die Frage, ob §§ 74 Abs. 2, 78 Abs. 3 und 8 0 Abs. 3 mit entsprechender Rechtsfolge analog angewandt werden können. Dies ist richtigerweise zu bejahen. 1 0 8 Anders als bei der nicht betrügerischen erheblichen übersetzten Taxe gibt es hier keinen Grund, die Parteien an der - grundsätzlich maßgeblichen - Taxvereinbarung festzuhalten, wenn der V N die Taxvereinbarung in der Absicht abschließt, sich hierdurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.
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In diesen Fällen ist nicht nur die Vereinbarung der Taxe, sondern der gesamte Versicherungsvertrag nichtig. Dem V R gebührt entsprechend § § 7 4 Abs. 2 , 78 Abs. 3 und 80 Abs. 3 die Prämie bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.
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d) Taxe erheblich niedriger als der wirkliche Versicherungswert. Erweist sich die vereinbarte Taxe entweder von Versicherungsbeginn an oder später als zu niedrig, so liegt keine Unterversicherung vor, wenn die vereinbarte Taxe der Versicherungssumme entspricht (Rn. 63). Gleichwohl kann eine zu niedrige Taxe sowohl für den V N als auch den V R misslich sein. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der wirkliche Versicherungswert der Versicherungssumme entspricht. Der V N erhält im Teilschadensfall nur den (geringeren) Taxbetrag. Der V R muss im Teilschadensfall die erforderlichen Kosten für die Wiederherstellung begleichen, obwohl er aufgrund seiner am Verhältnis Versicherungssumme/Taxbetrag anknüpfenden Prämienkalkulation von anderen Schadenswahrscheinlichkeiten ausgeht und damit in der Prämie nicht das entsprechende Äquivalent für sein Risiko empfangen hat. 1 0 9
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Trotz dieser ggf. für beide Vertragsparteien unerfreulichen Situation haben weder der V R noch der V N einen Anspruch auf Erhöhung der Taxe, wenn die Taxe niedriger als der wirkliche Versicherungswert ist. 1 1 0 Insofern ist die Rechtslage nicht anders als bei einer Unterversicherung, bei der es auch kein einseitiges Recht der Parteien auf Anpassung gibt. 1 1 1 Die Korrektur einer zu niedrigen Taxe ist deshalb nur im Rahmen einer einvernehmlichen Abänderung oder Aufhebung der Taxvereinbarung möglich. e) Anfechtung der Taxe
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aa) Begriff der Anfechtung. Im Rahmen der Taxe wird der Begriff „Anfechtung" nicht einheitlich verwandt. Teilweise ist damit die Geltendmachung eines erheblichen
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 50 m.w.N.; a.A. Kiscb Taxierung S. 11. Bruck/Möller/Mö//er8 S 57 Anm. 34. Berliner Kommentar/Schauer S 57 Rn. 19;
Kisch Taxierung S. 37 ff.; Bruck PVR S. 509 f.; Hesse VersR 1963 698, 700; Enge Transportversicherung S. 72. Bruck/ Möller/Schnepp § 75 Rn. 42.
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Ubersteigens im Sinne von Satz 2 Halbs. 2 gemeint. 112 Richtigerweise sollte der Begriff der Anfechtung auf den durch den Gesetzgeber vorgesehenen Bereich der §§ 119 ff. BGB beschränkt bleiben. bb) Grundsatz. Die Vereinbarung der Taxe kann - und zwar unabhängig von dem Versicherungsvertrag selbst (Rn. 14) - grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der §§ 119 ff. BGB angefochten werden. 1 1 3 Dies gilt jedenfalls, wenn es sich um Fälle des Erklärungsirrtums (Schreib- oder Hörfehler führen zu einer falschen Erklärung) handelt. 114 Im Zweifel bezieht sich die Anfechtung nur auf die Vereinbarung der Taxe, nicht auf den Versicherungsvertrag insgesamt (§ 139 BGB; Rn. 14).
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cc) Irrtumsanfechtung. Umstritten ist, ob die Anfechtung auch dann möglich ist, wenn die Taxenvereinbarung auf einem Irrtum über den Wert der Sache beruht. Dies wird ganz überwiegend verneint. 115 Teilweise wird dies damit begründet, bei einem Irrtum über den Wert der Sache handele es sich um einen bloßen Motivirrtum, so dass nach allgemeinen Grundsätzen kein Anfechtungsrecht bestehe. 116 Nach anderer Ansicht soll der Ausschluss des Anfechtungsrechts darauf beruhen, dass die §§ 74, 76 (§§ 51, 57 a.F.) als Spezialregeln vorgehen. 117 Soweit erkennbar hatte hiergegen nur die Vorauflage die Anfechtung wegen eines Irrtums über den Wert der Sache mit der Begründung zulassen wollen, der wirkliche Versicherungswert sei bei der Taxvereinbarung als wesentliche Eigenschaft der versicherten Sache im Sinne von % 119 Abs. 2 BGB anzusehen. 118 Den hiergegen nahe liegenden Einwand, der Wert einer Sache sei nach allgemeinen Grundsätzen - anders als die wertbildenden Merkmale - keine Eigenschaft in Sinne von § 119 Abs. 2 BGB, 119 wurde mit dem Argument begegnet, dieser allgemeine Grundsatz habe bei der Vereinbarung einer Taxe keine Bedeutung, weil hier gerade die Festsetzung des Wertes den Gegenstand des Rechtsgeschäfts bilde und bei einer taxierten Police der wirkliche Versicherungswert Gegenstand des Rechtsgeschäfts sei. 120
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Stellungnahme: Richtigerweise kann an der noch in der Vorauflage vertretenen 6 0 Ansicht nicht festgehalten werden. Die Tatsache, dass nach allgemeinen Grundsätzen des Anfechtungsrechts der Wert der Sache keine Eigenschaft im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB ist, rechtfertigt keine Ausnahme für den Fall, dass sich die Parteien über den Wert einer Sache bei Vereinbarung einer Taxe irren. Dass bei einem entsprechenden Irrtum etwa im Rahmen der Kaufpreisfindung ein unbeachtlicher, bei Vereinbarung einer Taxe aber ein beachtlicher Irrtum vorliegen soll, ist nicht begründbar. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Anfechtung der Vereinbarung einer Taxe bei einem Irrtum über den Wert grundsätzlich ausgeschlossen ist. Vielmehr gelten die allgemeinen Grundsätze zu § 119 Abs. 2 BGB, wonach wertbildende Faktoren als verkehrswesentliche Eigenschaften der
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Berliner Kommentat/Schauer § 57 Rn. 16 und 23; Bruck/Möller/Möller8 § 57 Anm. 41 und 48 f. Prölss/Martin/fCo//fcoiser § 57 Rn. 16; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 5; Römer/Langheid § 57 Rn. 4. Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 5; Römer/Langheid § 57 Rn. 4; so wohl auch Prölss/Martin/KoZ/fcosseT· S 57 Rn. 16. So für den Parallelfall einer fehlerhaften Stichtagsmeldung BGH 11.2.1976 VersR 1976 425, 426 f.; Römer/Langheid § 57
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Rn. 4; siehe im Übrigen die beiden nachfolgenden Fn. Kisch Taxierung S. 4 f.; Looks VersR 1991 731, 732; wohl auch Berliner Kommentar/ Schauer § 57 Rn. 5. Prölss/Martin/Ko/Wiosser § 57 Rn. 16; ebenso wohl auch Berliner Kommentar /Schauer % 57 Rn. 5; Sieg VersR 1997 649, 652. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 53. BGH 18.12.1954 BGHZ 16 54, 57; MüKo/ Kramer \ 119 Rn. 132. Bruck/Möller/Mö/fer 8 § 57 Anm. 53.
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versicherten Sache anzusehen sind. Gehen die Parteien etwa bei Vereinbarung einer Taxe irrig von der Echtheit des zu versichernden Kunstwerks aus, irren sie sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft, 1 2 1 und die Taxvereinbarung ist nach § 119 Abs. 2 BGB anfechtbar. Dem lässt sich nicht ganz allgemein entgegenhalten, §§ 74, 76 gingen bei einem Irrtum über den Wert der Sache als Sonderregelung vor. 1 2 2 Diese Ansicht dürfte auf der rechtsirrigen Meinung beruhen, aus analoger Anwendung die Regelung zur Überversicherung sei ein Recht von V R und V N ableitbar, wonach die vereinbarte Taxe durch einseitige Erklärung herabgesetzt werden kann, wenn sie den wirklichen Versicherungswert übersteigt (dagegen Rn. 51). 61
Soweit nach den vorstehenden Grundsätzen eine Irrtumsanfechtung möglich ist, ist allerdings die gesetzliche Wertung von Satz 2 Halbs. 2 zu berücksichtigen, wonach eine Anfechtung dann ausgeschlossen ist, wenn die Taxe den wirklichen Versicherungswert nicht erheblich übersteigt. 123
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dd) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Haben V N oder V R die jeweils andere Vertragspartei zum Abschluss der konkreten Taxvereinbarung durch arglistige Täuschung bestimmt, so steht dem Getäuschten das Anfechtungsrecht aus § 123 Abs. 1 BGB zu. 1 2 4 Dass der Versicherungsvertrag analog §§ 74 Abs. 2, 78 Abs. 3 und 80 Abs. 3 nichtig ist, wenn der V N den Vertrag in der Absicht abschließt, sich aus der Taxvereinbarung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen (Rn. 53 f.), steht dieser Anfechtungsmöglichkeit nicht entgegen. 3. Taxe und Unterversicherung
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Da der Versicherungswert mit der Vereinbarung einer Taxe auf einen bestimmten Betrag festgelegt wird, tritt diese Taxe an die Stelle des wirklichen Versicherungswerts. Es ergibt sich deshalb schon aus den allgemeinen Regelungen von Satz 1 und Satz 2 Halbs. 1, dass das Vorliegen einer Unterversicherung durch den Vergleich der Versicherungssumme mit der Taxe - und nicht mit dem wirklichen Versicherungswert - zu ermitteln ist. Satz 3, der die Proportionalitätsregel des § 75 auf die Vereinbarung einer Taxe erstreckt, hat insofern nur klarstellende Funktion. 1 2 5
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Die eigentliche Bedeutung von Satz 3 besteht darin, dass der Vergleich der Proportionalitätsregel zwischen Taxe und Versicherungssumme auch dann gilt, wenn die Taxe erheblich übersetzt ist. 1 2 6 Hintergrund hierfür ist, dass durch die Vereinbarung einer Taxe, die die Versicherungssumme übersteigt, in der Regel der Zweck verfolgt wird, eine
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B G H 8 . 6 . 1 9 8 8 N J W 1 9 8 8 2 5 9 7 , 2 5 9 8 (wo allerdings die Anfechtung aufgrund vorrangiger Sachmängelhaftung, §§ 4 5 9 ff. B G B a.F., vereint wurde); M ü K o / K r a m e r § 119 Rn. 132.
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ÎTôlss/MiTtinJKollhosser § 5 7 Rn. 16; offenbar ebenso Berliner K o m m e n t a r / S c h a u e r
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Insoweit zutreffend Berliner K o m m e n t a r / Schauer § 5 7 Rn. 5 ; so auch schon Bruck/ M ö l l e r / M ö l l e r * § 5 7 Anm. 5 3 .
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Bruck P V R S. 5 0 7 f.; Kisch Taxierung S. 5 ;
§ 5 7 Rn. 5 ; Sieg VersR 1 9 9 7 6 4 9 , 6 5 1 .
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so zur Anfechtung wegen Betruges bei einer Taxe in der Seeversicherung schon RG 2 4 . 1 1 . 1 8 8 3 R G Z 11 10, 18. Offenbar ist dies inzwischen allgemeine Ansicht; die von P r ö l s s / M a r t i n / K o l l h o s s e r 2 5 § 5 7 Anm. 4 vertretene gegenteilige Ansicht wird in späteren Auflagen nicht mehr erwähnt. 125
Berliner Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 17; im Ergebnis ebenso wohl Prölss/Martin/ Kollhosser § 5 7 Rn. 15.
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Berliner Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 18; Kisch Taxierung S. 2 5 ff.
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Selbstbeteiligung des V N festzulegen. 1 2 7 D a b e i ist mit „erheblich übersetzt" g e m ä ß Satz 3 „erheblich übersteigt" g e m ä ß Satz 2 H a l b s . 2 g e m e i n t , 1 2 8 der Gesetzgeber hat insoweit die schon bei § 5 7 a.F. verwandte ungenaue Formulierung in das neue R e c h t übernommen. Allerdings gilt der Vergleich der Versicherungssumme zur vereinbarten T a x e im Falle des erheblichen Übersteigens nur für die anteilige Kürzung nach der Proportionalitäts-
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regel. Für die Bemessung des maßgeblichen Versicherungswerts und damit der Versicherungsleistung ist dagegen von dem wirklichen Versicherungswert und nicht von der T a x e auszugehen, Satz 2 H a l b s . 2 ist also auch im Falle einer Unterversicherung anwendbar. Die Auswirkungen lassen sich an folgendem Beispiel v e r d e u t l i c h e n : 1 2 9 Ist eine Sache, deren wirklicher Versicherungswert € 2 0 0 . 0 0 0 beträgt, mit € 3 0 0 . 0 0 0 t a x i e r t und mit einer Versicherungssumme von € 1 0 0 . 0 0 0 versichert; so ist zwar von einem erheblichem Übersteigen im von Satz 2 H a l b s . 2 auszugehen. Bei einem Totalschaden erhält der V N nach Satz 3 dennoch nicht die Hälfte seines Schadens (Verhältnis Versicherungssumme zu wirklichem Versicherungswert, also € 1 0 0 . 0 0 0 ) ersetzt, sondern nur ein Drittel (Verhältnis Versicherungssumme zu vereinbarter T a x e , also € 6 6 . 6 6 7 ) . Dies entspricht dem von den V R und V N bei unterschiedlicher Vereinbarung von Versicherungssumme und T a x e (in der Regel gewollten) Effekt, dass der V R im Schadensfall nur einen Teil (nämlich in H ö h e der Versicherungssumme) des a n g e n o m m e n e n Schadens (Totalschaden in H ö h e der T a x e ) ersetzen s o l l . 1 3 0
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Die Formel für die Berechnung der Versicherungsleistung im Falle der Unterversicherung lautet also - in Abänderung der Formel bei nicht vereinbarter T a x e 1 3 1 - wie folgt:
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Versicherungsleistung =
Schaden χ Versicherungssumme Taxe
D a b e i k o m m t es eben auch im Falle von Satz 2 H a l b s . 2 auf die T a x e an.
C. Abdingbarkeit § 7 6 wird in § 8 7 (wie schon § 5 7 a.F. in § 6 8 a a.F.) nicht erwähnt. Grundsätzlich ist § 7 6 daher wie schon § 5 7 a.F. abdingbar. 1 3 2 Insbesondere k a n n die Befugnis der Parteien zur Herabsetzung der T a x e vereinbart werden, wie dies teilweise in AVB für einzelne Versicherungszweige e r f o l g t ; 1 3 3 o b dann auch die Versicherungssumme entsprechend § 7 4 herabgesetzt werden darf (Rn. 5 0 ff.), ist Auslegungsfrage und dürfte im Zweifel - mangels Regelung in dem Versicherungsvertrag - zu verneinen s e i n . 1 3 4 Ferner k ö n n e n die Parteien einen bestimmten Prozentsatz für eine erhebliche Abweichung im Sinne von Satz 2 H a l b s . 2 vereinbaren. M ö g l i c h ist auch eine Vereinbarung, w o n a c h die 127
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Motive S. 128; Berliner Kommentar/Schwer § 57 Rn. 18; Kisch Taxierung S. 26. So ausdrücklich: Berliner Kommentar/ Schauer § 57 Rn. 18; Römer/Langheid 5 57 Rn. 3; wohl auch Prölss/Martin/Ko//fcosser § 57 Rn. 15. Beispiel nach Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 46; übernommen durch Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 18. HK-VVG/Brambach § 76 Rn. 10. BruckJMöüer/Schnepp § 75 Rn. 35.
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Begr. zu § 76 BTDrucks. 16/3945 S. 79. Begr. zu § 76 BTDrucks. 16/3945 S. 79 (wo allerdings nur die zu Gunsten des VR vereinbarte Befugnis angesprochen wird); vereinbart etwa im Fall OLG Hamburg 6.10.1977 VersR 1978 635. Anders offenbar HK-WG/Brambach § 76 Rn. 12 (wonach jede Partei bei vereinbarter Herabsetzung der Taxe auch die Versicherungssumme nach § 74 herabsetzen kann).
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Taxe (im Hinblick auf die beidseitig erwartete Wertentwicklung der Sache) nur für einen bestimmten Zeitraum erheblich sein soll, an eine bestimmte Bezugsgröße geknüpft wird oder in sonstiger Weise einer automatischen Anpassung unterliegt. Ebenso ist eine Vereinbarung zu Satz 3 möglich, wonach in den Fällen, in denen die Taxe den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigt, die Berechnung einer Unterversicherung nicht im Verhältnis der Versicherungssumme zur Taxe, sondern im Verhältnis der Versicherungssumme zu dem wirklichen Versicherungswert erfolgen soll. 135 Obwohl nicht gesetzlich angeordnet, ist Satz 2 Halbs. 2 in der Vorauflage insoweit als absolut zwingend angesehen worden, als Vereinbarungen unwirksam sein sollen, die den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigende Taxen unter Ausschluss der Rechtsfolge von Satz 2 Halbs. 2 vorsehen. 1 3 6 Diese Auffassung wird auch heute noch vertreten. 1 3 7 Klauseln, die eine „Unanfechtbarkeit der Taxe" (nicht im Sinne von §§ 119 ff. BGB, sondern im Hinblick auf Satz 2 Halbs. 2) vorsehen, sollen deshalb unwirksam sein. Dem ist richtigerweise nicht zu folgen. 1 3 8 Historisch wurde die behauptete Unabdingbarkeit von Satz 2 Halbs. 2 mit dem versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot begründet. 1 3 9 Nachdem dieses versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot zu Recht aufgegeben wurde, 1 4 0 gibt es keinen Grund mehr, weiterhin von der Unabdingbarkeit der Rechtsfolge des Absatz 2 Halbs. 2 auszugehen. 1 4 1 Soweit in neuen Kommentarstellen 1 4 2 dennoch von der Unabdingbarkeit ausgegangen wird, erstaunt dies, weil grundsätzlich dort ebenfalls angenommen wird, dass das versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot nur noch historisch bedeutsam ist. 143
D. Beweislast 70
Beweispflichtig für das Zustandekommen und den Inhalt der Vereinbarung einer Taxe ist die Vertragspartei, die sich hierauf beruft. 1 4 4 Zweifelhaft ist, ob von diesem Grund135
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Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 22; Bruck/Möller/Mö/fer8 § 57 Anm. 49; Kisch Taxierung S. 41 f. Bruck/Möller/Möller* § 57 Anm. 48 m.w.N. ÖOGH 23.12.1998 VersR 2000 126, 128; ÖOGH 17.5.2001 VersR 2002 736 (nur Leitsatz; Volltext unter www. ris2.bka.gv.at abrufbar); ÖOGH 30.3.2001 Volltext unter www. ris2.gv.at abrufbar; Prölss/Martin/ Kollhosser ξ 57 Rn. 17; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 23. Hr\ick/MöWer/Johannsen/Johannsens Bd. III Anm. Η 145; differenzierend Armbrüster FS Prölss 1, 11 f. (wonach § 76 Satz 2 grundsätzlich abdingbar ist, der Versicherungswert aber nicht völlig frei überhöht festgesetzt werden kann). Bruck/Möller/Mö//er8 S 57 Anm. 48. Grundlegend BGH 17.12.1997 BGHZ 137 318, 326; bestätigt etwa durch BGH 4.4.2001 BGHZ 147 212, 215 f.; 18.2.2004 VersR 2004 512, 514; siehe m.w.N. Bruck/ Möller/Baumann § 1 Rn. 87 ff. sowie Bruck/Möller/Scfcnepp § 74 Rn. 74 Fn. 111.
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Bruck/Möller/Johannsen/]ohannsens Bd. III Anm. H 145; anders möglicherweise für das österreichische Recht, für das der ÖOGH offenbar bislang von der Fortgeltung des versicherungsrechtlichen Bereichungsverbots ausgeht; siehe Nachweise Fn. 137; trotz sich bietender Gelegenheit nicht angesprochen etwa ÖOHG 20.10.2004 Volltext unter www. ris2.bka.gv.at abrufbar; 29.10.2007 Volltext unter www.ris2.bka.gv.at abrufbar, insoweit VersR 2008 1715 nicht abgedruckt. Prölss/Martin/Kollhosser § 57 Rn. 17; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 23. Prölss/Martin/Ko///>osser § 55 Rn. 1; Berliner Kommentar/Schauer § 55 Rn. 31 ff., insbesondere Rn. 33 f. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 57 Anm. 37; Prölss/ Martin/Kollhosser § 57 Rn. 18; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 20; Baumgärtel/TVö/ss § 57 Rn. 1; HK-WG/ Brambach § 76 Rn. 13.
Winfried Schnepp
Mehrere Versicherer
§ 7 7
satz dann eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Taxe nicht in einer bestimmten Höhe, sondern unter bedingter Anknüpfung an Versicherungssumme und Neuwert zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginns erfolgt. 1 4 5 Richtigerweise wird der Grundsatz, wonach jede Vertragspartei die ihr günstigen Umstände zu beweisen hat, auch insoweit gelten. Wird der Ausdruck „Taxe" benutzt, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Begriff im rechtstechnischen Sinne gemeint ist (Rn. 2 2 ) . Beweispflichtig dafür, dass die Taxe den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigt, ist der V R . 1 4 6 Dabei gilt für die Feststellung des wirklichen Versicherungswerts richtigerweise § 2 8 6 Abs. 1 Z P O , nicht aber § 2 8 7 Abs. 1 Z P O (analog). 1 4 7 Kann der V R nur eine mögliche Bandbreite eines wirklichen Versicherungswertes nachweisen, kann das Gericht demnach nicht, auch nicht nach § 2 8 7 Z P O (analog), einen Versicherungswert schätzen, sondern muss den höchsten möglichen Versicherungswert der Prüfung nach Satz 2 Halbs. 2 zugrunde legen. 1 4 8 Gelingt dem V R der Nachweis des erheblichen Übersteigens und ist demnach im Versicherungsfall nach dem wirklichen Versicherungswert zu entschädigen, muss dieser wirkliche Versicherungswert nach den allgemeinen G r u n d s ä t z e n 1 4 9 zwar grundsätzlich von dem die Entschädigung beanspruchenden V N bewiesen werden. 1 5 0 Allerdings wird dies in der Praxis nicht für die Fälle gelten, in denen schon der Nachweis des erheblichen Ubersteigens zur Überzeugung des Gerichts zu einem im Sinne von § 2 8 6 Z P O feststehenden wirklichen Versicherungswert geführt hat.
§ 7 7
M e h r e r e Versicherer (1) Wer bei mehreren Versicherern ein Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert, ist verpflichtet, jedem Versicherer die andere Versicherung unverzüglich mitzuteilen. In der Mitteilung sind der andere Versicherer und die Versicherungssumme anzugeben. (2) Wird bezüglich desselben Interesses bei einem Versicherer der entgehende Gewinn, bei einem anderen Versicherer der sonstige Schaden versichert, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden.
145
146
So in Fall O L G Karlsruhe 5 . 6 . 1 9 9 7 VersR 1 9 9 9 977, 9 7 8 (wo dies für die Klausel „entspricht die Versicherungssumme zum Zeitpunkt des Beginns der Versicherung mit dem Neuwert, gilt sie als feste Taxe vereinbart" verneint wurde). Im Ergebnis dürfte die Entscheidung dennoch richtig gewesen sein, weil das O L G tragend darauf abstellte, der V R dürfte sich nach Treu und Glauben nicht auf die Einschränkung des Versicherungsschutzes beruhen, weil der V N bei Abschluss des Versicherungsvertrages ein Sachverständigengutachten zur Bezifferung des Neuwertes vorgelegt hatte, gegen das der V R keine Einwände erhob.
3 7 9 , 3 8 0 ; Prölss/Martin/Ko/ttosser § 5 7 Rn. 18; Berliner Kommentar/Schauer § 57 Rn. 2 1 ; Römer/Langheid § 5 7 Rn. 2 ; Baumgärtel/Prölss § 5 7 Rn. 4 ; H K - W G / B r a m bach $ 7 6 Rn. 13. 147
Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 7 Anm. 3 7 ; a.A. Baumgärtel/Prö/ss § 5 7 Rn. 5 ; ausführlicher Bruck/Möller/Scfcwepp § 75 Rn. 1 0 3 sowie
148
Bruck/Möller/Mö//er s § 5 7 Anm. 3 7 ; a.A. Baumgärtel/Prö/ss $ 5 7 Rn. 5.
149
RruckJMöWer/Schnepp
150
Prölss/Martin/Kollhosser § 5 7 Rn. 18; Berliner Kommentar/Schauer § 5 7 Rn. 16; HKWG/Brambach § 5 7 Rn. 13.
S 8 8 Rn. 116.
§ 8 8 Rn. 112 m.w.N.
Motive S. 1 5 7 ; RG 1 0 . 1 0 . 1 9 3 0 J R P V 1 9 3 0
Winfried Schnepp
79
71
§ 7 7
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Schrifttum Armbrüster Versicherungswert und Privatautonomie, Festschrift Prölss ( 2 0 0 9 ) 1; Honseil Der rechtliche Schutz der Privatversicherer vor d e m so genannten subjektiven Risiko, VersR 1 9 8 2 , 112; Karlson N o c h m a l s : Zur Frage der Doppelversicherung beim Zusammentreffen einer Feuerversicherung mit Verkaufspreisklausel und einer Feuer- BU Versicherung, V W 1 9 6 6 1 0 6 9 und 1266; Kisch Die mehrfache Versicherung desselben Interesses (1935; zit. Kisch Mehrfache Versicherung); Kohleick Die Doppelversicherung im deutschen Versicherungsvertragsrecht (1999); Martin D e c k u n g des Haftpflichtrisikos in der Sachversicherung, VersR 1 9 7 4 821; ders. Schadenteilung zwischen Versicherer und Garant? - zugleich A n m . zu LG Heilbronn, Urt. v. 18.7.1974, VersR 1974, 3 0 , VersR 1 9 7 5 101; Schirmer Zur Versicherbarkeit des Sachersatzinteresses in der Sachversicherung, ZVersWiss 1981 6 3 7 ; Sieg Versicherungsrechtliche Aspekte zur D e c k u n g v o n Großrisiken, BB 1 9 7 0 853; ders. Die versicherungsrechtliche Stellung des Sacherwerbers nach Gefahrübergang auf ihn, VersR 1995 125; J. Prölss Regress und Ausgleichsprobleme bei der Versicherung fremder Gebäudebestandteile im R a h m e n der Hausratversicherung § 3 C Nr. 2 V H B - Zugleich Anmerkung zu LG Köln, VersR 1977, 2 7 0 , VersR 1 9 7 7 695; Winter Konkrete und abstrakte Bedarfsdeckung in der Sachversicherung, Diss. Göttingen 1 9 6 2 . Übersicht A. I. II. ΙΠ.
B. I.
II.
ΙΠ.
80
Einführung Entstehungsgeschichte Inhalt und Zweck der Regelung Anwendungsbereich 1. Vorweg: Terminologie und Abgrenzung der mehrfachen Versicherung . . 2. Grundsatz 3. Negative Abgrenzung des Anwendungsbereiches Tatbestandsmerkmale des § 77 Tatbestandliche Voraussetzungen von Absatz 1 1. Identität des Versicherungsnehmers . . 2. Mehrheit von Versicherern 3. Identität des Interesses a) Exkurs - Begriff des versicherten Interesses b) Allgemeines c) Einzelfälle aa) Sachversicherung bb) Sachversicherung und Haftpflichtversicherung cc) Sonstige Fälle 4. Identität der Gefahr 5. Abschluss eines Versicherungsvertrages 6. Identität der Gefahrtragungszeit . . . 7. Identität des Versicherungsortes . . . 8. Nebeneinander der Deckungen . . . . 9. Unerhebliche Begriffsmerkmale . . . . Tatbestandliche Voraussetzungen von Absatz 2 1. Identität des Versicherungsnehmers . . 2. Mehrheit von Versicherern 3. Identität des Interesses 4. Identität der Gefahr 5. Abschluss eines Versicherungsvertrages 6. Sonstige, ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale Rechtsfolgen
Rn. 1 1 4 9
15 16 18 18 19 20 24 25 26 28 28 36 37 39 42 45 48 53 56 58 59 60 61 64 65 66 67
1. Mitteilungspflicht a) Rechtscharakter der Mitteilungspflicht b) Voraussetzungen der Mitteilungspflicht aa) Vorliegen der Tatbestandsmerkmale nach Absatz 1 und 2 bb) Kenntnis des Meldepflichtigen cc) Unkenntnis des Versicherers . c) Einzelheiten zur Mitteilung . . . aa) Mitteilungspflichtiger bb) Mitteilungsempfänger cc) Zeitlicher Aspekt dd) Form der Mitteilung ee) Inhalt der Mitteilung d) Folgen einer Verletzung der Mitteilungspflicht aa) Gesetzliche Rechtsfolgen . . . bb) Vertraglich vereinbarte Rechtsfolgen 2. Zusätzliche Rechtsfolgen a) Prämie bei mehrfacher Versicherung b) Gefahrtragung bei mehrfacher Versicherung c) Vertragliche Vereinbarungen . . . aa) Verbot oder Zustimmungsvorbehalt für weiteren Versicherungsvertrag bb) Anrechnung von Versicherungsleistungen bzw. Entschädigungsgrenzen IV. Konkurrenz zu anderen Mitteilungspflichten 1. Vorvertragliche Anzeigepflicht . . . . 2. Anzeigepflicht bei Gefahrerhöhung . . 3. Auskunftspflicht nach dem Eintritt des Versicherungsfalls C. Abdingbarkeit D. Beweislast
Winfried Schnepp
Rn. 68
75 79 80 81 82 83 83 84 87 88 89 90
91
92 93 93 95 96 97 98
Mehrere Versicherer
§77
Α. Einführung I. Entstehungsgeschichte Vorläufer von Absatz 1 ist § 5 8 a.F., w o b e i die bisherigen zwei Absätze von § 5 8 a.F. in einem Absatz zusammengefasst wurden. Absatz 1 stimmt sachlich mit § 5 8 a.F. über-
1
ein; 1 die Abweichungen sind nur sprachlicher Natur. Vorläufer von Absatz 2 ist die bisherige, nur für die Feuerversicherung geltende Rege-
2
lung von § 9 0 Abs. 1 a.F. Diese Regelung wurde mit nur redaktionellen (aber unzureichenden; hierzu R n . 61 und 6 4 ) Anpassungen für die Schadensversicherung insgesamt ü b e r n o m m e n . N a c h zutreffender Ansicht des Gesetzgebers dürfte Absatz 2 eine praktische Bedeutung allerdings nur bei der Sachversicherung z u k o m m e n . 2 § 9 0 Abs. 2 a.F. stimmte mit § 5 8 Abs. 2 a.F. w o r t w ö r t l i c h überein. Beide Ausgangsnormen, d.h. § § 5 8 und 9 0 a.F., bestanden seit Einführung des alten W G unverändert fort.
3
Π. Inhalt und Zweck der Regelung Die Regelung normiert eine Anzeigepflicht für denjenigen, der ein Interesse bei mehreren V R gegen dieselbe G e f a h r versichert (Absatz 1 Satz 1). Die Anzeigepflicht besteht ferner, wenn „bezüglich desselben Interesses" (zur Kritik an dieser Formulierung R n . 61) bei einem V R der entgehende G e w i n n , bei einem anderen V R der sonstige Schaden versichert wird (Absatz 2 ) .
4
Liegt ein solcher Fall einer mehrfachen Versicherung (zur Terminologie R n . 9 ff.) vor, hat der V R ein erheblicheres Interesse, dieses zu wissen. D a s subjektive R i s i k o ist bei Bestehen einer m e h r f a c h e n Versicherung höher einzuschätzen, weil der V N durch die Aussicht, von mehreren V R Ersatz zu erlangen, mit dem versicherten Interesse sorgloser u m g e h t . 3 Dies gilt insbesondere bei vereinbarter Selbstbeteiligung des V N , wenn diese durch einen anderen Versicherungsvertrag versichert wird. 4 Auch für die Schadenregulierung ist es für einen V R wichtig, o b ein weiterer Versicherungsvertrag gegen dieselbe G e f a h r besteht; in Schadensfällen k a n n eine Abstimmung mit einem anderen V R nicht nur zeit- und kostensparend wirken, sondern in problematischen Fällen auch zur Aufklärung und gezieltem einheitlichen Verhalten erwünscht sein.
5
Liegen bei einer mehrfachen Versicherung die zusätzlichen T a t b e s t a n d s m e r k m a l e der Mehrfachversicherung g e m ä ß § § 7 8 Abs. 1 vor (d.h. übersteigen die Versicherungssummen zusammen den Versicherungswert oder übersteigt aus anderen Gründen die Summe
6
der Entschädigungen, die von jedem V R ohne bestehende andere Versicherungen zu zahlen wären, den Gesamtschaden), so besteht bei dem V R ein erhöhtes Interesse, dieses zu wissen. Im Schadensfall haftet jeder V R mit anderen V R nur als Gesamtschuldner, im Innenverhältnis anteilig (§ 7 8 Abs. 1 und 2 ) . Bei betrügerischer Mehrfachversicherung ist der Versicherungsvertrag nichtig (§ 7 8 Abs. 3). D e r V R k a n n sich darüber hinaus dem Begehren des V N auf Beseitigung der M e h r f a c h Versicherung ausgesetzt sehen (§ 7 9 ) .
1 2 3
Begr. zu § 77 BT Drucks. 16/3945 S. 79. Begr. zu § 77 BT Drucks. 16/3945 S. 79. Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 1 (allerdings ausdrücklich nur für den Sonder-
4
fall einer Doppelversicherung [Terminologie heute: Mehrfachversicherung]). Motive S. 129; Berliner Kommentar/Sc/raaer § 58 Rn. 1.
Winfried Schnepp
81
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
§ 7 7
7
Wird - wie im Fall des Absatzes 2 - bezüglich desselben Interesses bei einem V R der entgehende Gewinn, bei einem anderen V R der sonstige Schaden versichert, so liegt begrifflich zwar keine mehrfache Versicherung vor (so dass auch keine Mehrfachversicherung nach §§ 78, 7 9 bestehen kann), gleichwohl hat der V R auch hier ein Interesse, von dem jeweils anderen Versicherungsvertrag Kenntnis zu haben, weil auch insoweit das subjektive Risiko erhöht sein kann und im Schadensfall Abstimmungsbedarf mit dem anderen V R besteht.
8
Zweck der Regelung von § 7 7 und damit der darin normierten Anzeigepflicht ist es folglich, die beteiligten V R über das Bestehen einer mehrfachen Versicherung bzw. ein Nebeneinander der Versicherung des bestehenden Gewinns und des sonstigen Schadens zu unterrichten. Die V R sollen entscheiden, ob sie sich auf die mehrfache Versicherung einlassen wollen. 5
ΠΙ.
Anwendungsbereich
1. Vorweg: Terminologie und Abgrenzung der mehrfachen Versicherung 9
Z u r Versicherung eines Interesses gegen dieselbe Gefahr bei mehreren V R hat sich in der Literatur eine uneinheitliche Terminologie herausgebildet, 6 die durch die neue Legaldefinition der „Mehrfachversicherung" in § 78 Abs. 1 für die Tatbestände gem. §§ 78, 7 9 noch uneinheitlicher werden dürfte. 7
10
Der Tatbestand von § 7 7 Abs. 1 knüpft daran an, dass ein Interesse bei mehreren V R gegen dieselbe Gefahr versichert wird. Dieser Tatbestand wird ganz überwiegend als mehrfache Versicherung bezeichnet. 8
11
Missverständlich ist es dagegen, den Tatbestand des § 7 7 als Nebenversicherung zu bezeichnen, die sich in Abgrenzung zur Mitversicherung dadurch auszeichne, dass mehrere Versicherungsverträge mit mehreren V R geschlossen werden, die anders als bei der Mitversicherung nicht einverständlich zusammenwirken. 9 Dem ist entgegenzuhalten, dass die Bezeichnung Nebenversicherung insofern missverständlich ist, als diese auf ein beziehungsloses Nebeneinander der Versicherungsverträge hindeutet, das keinesfalls bestehen muss. 1 0 Hinzu kommt, dass unter Nebenversicherung teilweise auch - in Abgrenzung zur (früheren) Doppelversicherung gem. § 5 9 Abs. 1 a.F. - ein Unterfall der mehrfachen Versicherung verstanden wird, bei dem die qualifizierten Voraussetzungen der (früheren) Doppelversicherung gem. § 5 9 Abs. 1 a.F. nicht vorliegen. 1 1 Teilweise wird
5
Motive S. 1 2 8 f.; Prölss/Martin/KoZ/fcosser S 5 8 Rn. 2; Berliner K o m m e n § 58 Rn. 1; Römer/Langheid § 5 8 Rn. 1; Bruck PVR S. 5 3 9 ; Kiscb Mehrfache Versicherung S. 2 8 f.
6
Berliner Kommentar /Schauer Übersicht dort Rn. 4 f.
7
Dazu direkt nachstehend. Berliner K o m m e n t a r / S c h a u e r § 5 8 Rn. 4;
8
9
§ 5 8 Rn. 3,
Bruck PVR S. 5 3 5 ; Ehrenzweig S. 2 3 9 ; ebenso schon B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 8 Anm. 6 und 2 3 (wobei zwischen der mehrfachen Versicherung i.w.S. unter Einbeziehung der Mitversicherung und der i.e.S. ohne die Ein-
82
beziehung der Mitversicherung differenziert wird). Prölss/Martin/Ko/Z/rosser ξ 5 8 Rn. 1; Sieg BB 1 9 7 0 8 5 3 ; vgl. auch Hofmann § 5 Rn. 2 8 (der auf Kenntnis voneinander im vorneherein abstellt).
10
Berliner Kommentar/Schauer
11
Römer/Langheid § 5 8 Rn. 3; Kohleick S. 12 f. (die hierfür synonym den Begriff „Mehrfachversicherung i.e.S." verwendet); H K - W G / Brambach ξ 7 7 Rn. 18 (der als zusätzliches Merkmal das fehlende bewusste Zusammenwirken nennt).
Winfried Schnepp
S 5 8 Rn. 4 .
Mehrere Versicherer
§77
der Tatbestand von § 77 Abs. 1 auch als Mehrfachversicherung bezeichnet; 12 diese Begrifflichkeit ist jedenfalls im Hinblick auf die Legaldefinition in § 78 Abs. 1 nicht mehr haltbar. Die Versicherung eines Interesses bei mehreren VR gegen dieselbe Gefahr liegt auch bei der Mitversicherung13 vor. Die Besonderheit der Mitversicherung besteht darin, dass bei Vereinbarung und Übernahme des Versicherungsschutzes mehrere VR (je nach Ausgestaltung mehr oder weniger) zusammenwirken. Die Mitversicherung ist daher ein Unterfall der mehrfachen Versicherung. Der Wortlaut von Absatz 1 unterscheidet nicht zwischen dem Fall der Mitversicherung und der mehrfachen Versicherung. Allerdings gilt die Mitteilungspflicht des Absatzes 1 nicht für die Mitversicherung (Rn. 22). Deshalb wird die mehrfache Versicherung, bei der keine Mitversicherung vorliegt, auch als Nebenversicherung 14 oder als mehrfache Versicherung i.e.S. 15 bezeichnet.
12
Schließlich lassen sich bei einer mehrfachen Versicherung die Fälle unterscheiden, in denen (nur) die tatbestandlichen Voraussetzung von § 77 vorliegen, und solche, bei denen zusätzlich die qualifizierten tatbestandlichen Voraussetzungen der Mehrfachversicherung gemäß § 78 Abs. 1 vorliegen. Die Fälle, in denen diese zusätzlichen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, wurden (unter dem alten Recht in Abgrenzung zur Doppelversicherung gemäß § 59 Abs. 1 a.F.) auch als schlichte mehrfache Versicherung 1 6 oder als mehrfache Versicherung i.e.S. 17 bezeichnet.
13
Stellungnahme: Der Gesetzeswortlaut unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen 1 4 Arten der mehrfachen Versicherung. Besetzt ist durch die Legaldefinition in § 78 Abs. 1 der Begriff der Mehrfachversicherung, der deshalb ausschließlich im Sinne dieser Definition verwandt wird. Es bietet sich im Übrigen an, den Begriff mehrfache Versicherung als Oberbegriff zu verwenden. 18 Von dieser Begrifflichkeit zu unterscheiden ist die Frage, ob und inwieweit § 77 auf die mehrfache Versicherung anzuwenden bzw. die Rechtsfolgen des § 77 einschlägig sind. Da das Gesetz im Übrigen entweder auf den Tatbestand des § 77 oder weitergehend auf den der Mehrfachversicherung gemäß § 78 Abs. 1 abstellt, bedarf es rechtsdogmatisch keiner weiteren Differenzierung. 19 Dennoch wird zur sprachlichen Vereinfachung in den Fällen, in denen § 77 eingreift, nicht aber die zusätzlichen Voraussetzungen von § 78 Abs. 1 vorliegen, im Anschluss an die Vorauflage der Begriff der schlichten mehrfachen Versicherung verwandt. 2 0 Abzulehnen ist dagegen der wenig prägnante und daher in der Literatur sehr unterschiedlich benutzte Begriff der Nebenversicherung; er wird deshalb im Rahmen der Kommentierung nicht verwandt. 2 1
12 13
14
15 16
Römer/Langheid § 58 Rn. 1 ff. Zur Mitversicherung ausführlich Bruck/Möller/Schnepp Anh § 216. Prölss/Martin/Kollhosser § 58 Rn. 1; Berliner Kommentar¡Schauer § 58 Rn. 5 nennt hier auch irrtümlich Römer!Langheid § 58 Rn. 3, diese bezeichnen jedoch mit Nebenversicherung die Fälle, in denen weder eine Mitversicherung noch eine Doppelversicherung gemäß §§ 59, 60 a.F. vorliegt. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 6. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 23; Ehrenzweig S. 239.
17
18
19 20 21
Kisch Mehrfache Versicherung S. 1; Kisch verwendet den Begriff also anders als die Vorauflage, vgl. vorletzte Fußnote. Dieser Begriff entspricht also dem der mehrfachen Versicherung im Sinne der Vorauflage: Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 6 und 23. Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 4 f. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Rn. 23. Ebenso Berliner Kommentar/Sci>osser § 58 Rn. 3 (wo aber nur ausgeführt wird, für „andere Versicherungsbereiche" gelte § 58 a.F. nicht); missverständlich, aber wohl ebenso Kömerl Langheid § 58 Rn. 2 (wonach es eine Mehrfachversicherung auch bei der Summenversicherung geben könne, jedoch nicht in Form der Doppelversicherung, weshalb die Mehrfachversicherung bei der Summenversicherung grundsätzlich bedenkenfrei möglich sei). BGH 4.10.1989 VersR 1989 1250, 1252 zu § 9 Abs. 5 MB/KK 76 = § 9 Abs. 6 MB/KK 94, wobei dort sogar der Abschluss einer weiteren Versicherung von der Zustimmung des VR abhängt; HK-VWG/Brambach § 77 Rn. 2.
Winfried Schnepp
Mehrere Versicherer
§77
Treffen in der Personenversicherung eine private Schadensversicherung mit einer So-
17
zialversicherung zusammen, stellt sich die Frage der analogen Anwendung von § 7 7 gegenüber dem beteiligten P r i v a t V R dann, wenn die Sozialversicherung wie eine Schadensversicherung ausgestaltet ist. Diese analoge Anwendung wird von R e c h t s p r e c h u n g 3 0 und Literatur 3 1 verneint. Von dem Gesetzeszweck her nachvollziehbar ist dies nicht. Die Interessenlage, die den Regelungen von § 77, aber auch § § 7 8 , 7 9 zugrunde liegt, besteht unabhängig davon, o b mehrere private Versicherungen oder private Versicherungen und Sozialversicherungen aufeinandertreffen. Vorzugswürdig ist es deshalb, die analoge Anwendung schon nach geltendem R e c h t anzunehmen, zumindest aber de lege ferenda zu befürworten. Die Praxis in der privaten Krankenversicherung, die hiervon besonders betroffen ist, hilft sich durch als Obliegenheiten ausgestaltete Anzeigepflichten. 3 2
B . T a t b e s t a n d s m e r k m a l e des § 7 7 I. T a t b e s t a n d l i c h e V o r a u s s e t z u n g e n v o n A b s a t z 1 N a c h dem Gesetzeswortlaut setzt der Tatbestand von § 7 7 Abs. 1 fünf Tatbestandsmerkmale (nachfolgend unter 1. bis 5.; R n . 19 bis 4 4 ) voraus, die abweichend von dem Gesetzeswortlaut durch Rechtsprechung und Literatur eine teils erweiternde und teils einschränkende Auslegung schon unter dem alten R e c h t erfahren haben. Hinzu k o m m e n jedoch ungeschriebene Tatbestandsmerkmale (nachfolgend unter 6 . bis 8.; R n . 4 5 bis 5 5 ) . Die nur sprachlichen Änderungen gegenüber § 5 8 a.F. (siehe R n . 1) führen für das neue R e c h t nicht zu einer anderen rechtlichen Wertung.
18
1. Identität des Versicherungsnehmers D a der Gesetzeswortlaut nur auf eine einzelne Person abstellt („Wer . . . versichert"), k ö n n t e der Eindruck entstehen, § 7 7 greife nur bei Identität des V N . Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung, dass eine mehrfache Versicherung g e m ä ß § § 7 7 bis 7 9 ( § § 5 8 bis 6 0 a.F.) auch dann vorliegt, wenn die mehreren Versicherungen von verschiedenen V N abgeschlossen w e r d e n . 3 3 Es ist bei Personenverschiedenheit des V N jedoch stets darauf zu achten, o b auch tatsächlich die weiteren Tatbestandsmerkmale vorliegen, insbesondere die notwendige Identität des versicherten Interesses (vgl. R n . 2 4 ff., insbes. R n . 2 8 f.) und der versicherten Gefahr. Ferner sind bei verschiedenen V N ggf. Besonderheiten bei der sich aus § 7 7 ergebenden Meldeobliegenheit zu beachten (vgl. R n . 7 6 ) .
30
31
32 33
KG 15.4.1931 JRPV 1931 269; LG Karlsruhe 15.5.1968 VerBAV 1969 109; unklar LG Berlin 13.1.1977 VersR 1977 661. Prölss/Martin/iCo///>osser § 58 Rn. 3; Bruck/ Möller/WWede8 Band VI/ 2 Anm. G 67; Bach/Moser §§ 9, 10 MB/KK Rn. 56 f. So § 9 Abs. 5 MB/KK 94 und MB/KK 2008. St. Rspr. des BGH seit 20.3.1974 VersR 1974
535, 536; Bestätigung etwa durch BGH 31. 3.1976 VersR 1976 547, 548; 20.1.1988 NJW-RR 1988 27; 25.1.1990 BGHZ 110 156, 166; wohl auch allg. M. in der Lit., vgl. Prölss/Martin/Ko/ftosser § 58 Rn. 10; Römer/Langheid § 58 Rn. 7; H K - W G / Brambach § 77 Rn. 9; Martin SVR Rn. V I 6.
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§77
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
2 . Mehrheit von Versicherern 20
Absatz 1 setzt Versicherungsverträge bei „mehreren Versicherern" voraus. Es müssen also Versicherungsverträge bei verschiedenen juristischen Personen bestehen, wobei es unschädlich ist, wenn diese konzernverbunden s i n d . 3 4 § 7 7 ist dagegen nicht anwendbar, wenn mehrere Versicherungsverträge bei demsel-
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ben V R bestehen. 3 5 D a b e i ist nicht zu verkennen, dass auch zu Zeiten der modernen Datenverarbeitung mehrfache Versicherungen bei demselben V R nicht ohne Weiteres entdeckt werden. Dies k a n n sich zum einen bei fehlender Identität der V N ergeben, zum anderen aber auch etwa in den Sonderfällen des nachträglichen Ubergangs des Versicherungsverhältnisses auf Seiten des V R (Bestandsübertragungen im Sinne von § 14 VAG) oder des V N (Übergang bei Veräußerung der versicherten Sache g e m ä ß § 9 5 ; hier besteht allerdings die besondere Anzeigepflicht des § 9 7 ) . D e n n o c h ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren, d.h. es besteht keine Anzeigeobliegenheit analog § 77. Hiervon zu trennen ist die Frage, welche Rechtsfolgen sich im Übrigen im Falle der mehrfachen Versicherung bei demselben V R ergeben. Unproblematisch ist dies für die Passivenversicherung, insbesondere der Haftpflichtversicherung, bei der sich die Versicherungssummen ggf. addieren. Bei der Aktivenversicherung sind richtigerweise nicht die Regeln der Überversicherung (§ 7 4 ) , 3 6 sondern die Regeln der Mehrfachversicherung ( § § 7 8 , 7 9 ) entsprechend a n z u w e n d e n . 3 7 22
N a c h dem Gesetzeswortlaut greift Absatz 1 auch dann ein, wenn es sich bei den mehreren V R um M i t V R handelt. Diese M i t V R wissen jedoch voneinander. D e r Gesetzeszweck von § 77, über das Bestehen einer mehrfachen Versicherung zu informieren (Rn. 8), greift hier nicht. Die Mitteilungsobliegenheit gem. Absatz 1 besteht daher nicht. D a r ü b e r besteht im Ergebnis Einigkeit; umstritten ist nur die dogmatische Begründung. W o h l überwiegend wird a n g e n o m m e n , die Obliegenheit bestehe zwar an sich auch bei der Mitversicherung, entfalle jedoch aufgrund der bestehenden Kenntnis der V R voneinander. 3 8 D a diese Ansicht mit dem Gesetzeswortlaut übereinstimmt, ist ihr zu folgen. N a c h anderer, demnach abzulehnender Ansicht soll der Tatbestand von Absatz 1 (§ 5 8 a.F.) voraussetzen, dass die V R nicht zusammenwirken, so dass diese Vorschrift bei der Mitversicherung keine Anwendung finden s o l l . 3 9 N o c h anders argumentierte die Vorauflage, Absatz 1 (§ 5 8 a.F.) sei schon tatbestandlich bei der Mitversicherung nicht anwendbar, weil ein einheitliches Versicherungsverhältnis vorliege; 4 0 an dieser Auffassung ist jedoch allenfalls in modifizeirter F o r m festzuhalten. 4 1 § 7 7 findet aber Anwendung, wenn neben einer Mitversicherung zusätzlich ein anderweitiger Versicherungsvertrag besteht.
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Trifft eine § 7 7 unterfallende Schadensversicherung mit einer Summenversicherung zusammen, gilt § 7 7 nicht (Rn. 16), es k ö n n e n sich aber Anzeigeobliegenheiten aus vertraglicher Vereinbarung ergeben. Trifft eine Schadensversicherung mit einer Sozialversicherung zusammen, ist § 7 7 nach w o h l allgemeiner, aber zu kritisierender M e i n u n g nicht anzuwenden ( R n . 17).
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Präiss/Manin/Kollhosser § 58 Rn. 4; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 13; HK-WG/ Brambach § 77 Rn. 5. Berliner Kommentar/Scfaswer § 58 Rn. 13; Martin SVR Rn. V I 7. So noch Bruck/Möller/Mö//er8 S 58 Anm. 12. BGH 28.11.1990 VersR 1991 172, 173; dazu Bruck/Möller/Scfcnepp § 78 Rn. 11.
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Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 13; Römer/Langheid § 58 Rn. 5; HK-WG/ Brambach § 77 Rn. 5. Prölss/MartinIKollhosser § 58 Rn. 1 und 4. Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 58 Anm. 10, 20 und 23. Dazu eingehend Bruck/Möller/.S'c^nepp Anh. §216.
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3. Identität des Interesses Nach Absatz 1 muss „ein Interesse" bei mehreren VR versichert sein. Der Tatbestand des Absatzes 1 setzt also die Interessenidentität voraus.
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a) Exkurs - Begriff des versicherten Interesses. § 77 knüpft daran an, dass in der 2 5 Schadensversicherung nicht Vermögenswerte Güter bzw. das Vermögen als Ganzes, sondern Interessen hieran versichert werden. 4 2 Unter dem Begriff des versicherungsrechtlichen Interesses ist eine Beziehung zu verstehen, aufgrund derer der Interessent, d.h. VN oder ein versicherter Dritter (im Falle der Versicherung auf fremde Rechnung gem. § 43 ff.) einen Vermögensnachteil erleiden kann. 4 3 Im Ergebnis ebenso, wenn auch etwas anders akzentuiert, definiert der BGH das versicherte Interesse als einen von den Parteien des Versicherungsvertrages bei Vertragsschluss für möglich gehaltenen Vermögensnachteil, der im Falle seines Eintritts durch die Versicherungsleistung ausgeglichen werden soll. 44 Bei der Aktivenversicherung besteht das Interesse in der Beziehung des Interessenten zu einem Vermögenswerten Gut. In der Passivenversicherung besteht das Interesse in der Beziehung zum Vermögen als Ganzes, das vor Entstehen einer Verbindlichkeit geschützt werden soll. b) Allgemeines. Aus dieser Bedeutung des Begriffs Interesse folgt für das Tatbestands- 2 6 merkmal der Interessenidentität gemäß Absatz 1, dass die Beziehung des Interessenträgers (VN oder versicherte Person) und des beziehungsverknüpften Gutes identisch sein müssen. Welches Interesse versichert ist, ist ggf. durch Auslegung des Versicherungsvertrages unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. 45 Diese Ermittlung ist häufig schwierig, da Versicherungsverträge oft nicht klar formuliert sind, indem sie z.B. bei einer Sachversicherung zwar die Sache genau bezeichnen, im Einzelfall aber unklar bleibt, ob das Interesse des VN (z.B. Vermieter als VN) oder einer versicherten Person (z.B. Interesse des Mieters) versichert ist. Dabei liegt die erforderliche Identität nicht nur bei Vollidentität, sondern entsprechend dem Normzweck von § 77 schon bei Teilidentität vor. 46
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St. Rspr. (vgl. die RG-Urteile 9.11.1934 RGZ 145 384, 387; 15.10.1935 RGZ 149 69,73; 28.8.1942 RGZ 169 368, 373; die Gerichte heute halten es schon nicht mehr für erforderlich, dies besonders hervorzuheben) und heute wohl einhellige Literaturmeinung (vgl. ausführlich V>ruc\disAö\\trlBaumann ξ 1 Rn. 65 ff.; Bruck/MölIer/Mö//er8 § 49 Anm. 38 ff., in Anm. 45 auch mit Hinweisen auf kritische Gegenstimmen; Prölss/Martin/ Kollhosser vor § 51 Rn. 7). Grundlegend Bruck/Möller/Mö//er8 § 49 Anm. 48 unter Verweis auf Ehrenberg; ßruck/MöWcr/Baumann § 1 Rn. 65 ff.; Prölss/Martin/KoZ/fcosser vor § 51 Rn. 1; Kohleick S. 15. BGH 20.1.1988 NJW-RR 1988 727; 28.3.2001 VersR 2001 713, 714; 7.5.2003 VersR 2003 1171, 1172.
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BGH 20.1.1988 NJW-RR 1988 727; 8.11.2000 BGHZ 145 393, 397 f.; 28.3.2001 VersR 2001 713, 714; 7.5.2003 VersR 2003 1171, 1172; HK-WG/Brambach § 77 Rn. 7. BGH 31.3.1976 VersR 1976 847, 848; 20.1.1988 NJW-RR 1988 727, 728; 25.1.1990 BGHZ 110 156, 166; nahezu einhellige Meinung in der Lit., vgl. Prölss/ Martin¡Kollhosser § 58 Rn. 5; Berliner Kommentar/Schauer S 58 Rn. 10; HK-WG/ Brambach § 77 Rn. 6; Martin SVR Rn. V I 5; Kisch Mehrfache Versicherung S. 53; missverständlich, aber wohl ebenso Terbillt/Terbille MAH S 2 Rn. 318; anders offenbar nur Winter S. 29 ff., dagegen überzeugend Kohleick S. 18 ff.
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c) Einzelfälle 28
aa) Sachversicherung. Die erforderliche Identität liegt etwa bei dem Z u s a m m e n t r e f fen mehrerer Sachversicherungen vor, wenn in Bezug auf dieselbe Sache neben einer Versicherung für eigene R e c h n u n g (kurz: Eigenversicherung) des Eigentümers eine Versicherung für fremde R e c h n u n g (kurz: Fremdversicherung; vgl. § § 4 3 ff.) des rechtmäßigen Besitzers (Mieter, Pächter, W e r k u n t e r n e h m e r usw.) vorliegt und letztere (zumindest auch) das Interesse des Eigentümers v e r s i c h e r t . 4 7
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Dagegen besteht keine Interessenidentität, wenn neben dem Sacherhaltsinteresse des dinglichen Eigentümers (Eigentumsinteresse) wirtschaftliche Eigentümerinteressen Dritter versichert sind. Hierunter fallen insbesondere sämtliche Fälle, in denen der Eigentümer und der rechtsmäßige Fremdbesitzer jeweils nur ihre eigenen Interessen an einer Sache versichern; zwischen dem Eigentumsinteresse des Eigentümers und dem Gebrauchssowie dem Sachersatzinteresse des Fremdbesitzers (z.B. Mieter, Pächter, Leasingnehmer usw.) besteht keine Interessenidentität. 4 8 Gleiches gilt für das Nebeneinander etwa von Versicherung durch Verkäufer und K ä u f e r bei dem K a u f unter Eigentumsvorbehalt sowie bei der Sicherungsübereignung. 4 9 Allerdings lässt sich dies insofern nicht verallgemeinern, als stets im Einzelfall darauf zu achten ist, o b die Versicherung des Nichteigentümers nur eigene Interessen, nur das Eigentumsinteresse des dinglichen Eigentümers oder die Interessen beider versichert. So kann es im Einzelfall zweifelhaft sein, o b etwa die neben der Gebäudeversicherung des Eigentümers durch den M i e t e r abgeschlossene Gebäudeversicherung die Versicherung gleicher Interessen darstellt 5 0 oder o b dies zu verneinen ist, weil nur das eigene G e b r a u c h s - oder Wiederherstellungsinteresse des Mieters versichert ist. 5 1
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Einer Betrachtung im Einzelfall bedarf es insbesondere bei der gleichzeitigen Versicherung durch Verkäufer und K ä u f e r im Fall des Verkaufs eines Grundstücks mit d a r a u f stehendem G e b ä u d e für die Z e i t zwischen Gefahrübergang (§ 4 4 6 B G B ) und dem erst mit Umschreibung im Grundbuch erfolgenden Eigentumsübergang (§ 8 7 3 B G B ) . D e r K ä u f e r hat während dieser Übergangszeit ein versicherbares Sacherhaltsinteresse. 5 2 G a n z überwiegend wird davon ausgegangen, auch ohne ausdrückliche Regelung sei in der Gebäudeversicherung des Verkäufers dieses dem Eigentumsinteresse inhaltsgleiche Interesse des Käufers während der Übergangszeit eingeschlossen und die schwache Vermutung des
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BGH 20.3.1974 VersR 1974 535, 536 (zum Zusammentreffen der Kfz-Kasko-Versicherung des Halters mit der Versicherung für Kfz-Handel und -Handwerk); BGH 20.1.1988 NJW-RR 1988 727, 728; OLG Düsseldorf 22.9.1998 NVersZ 1999 238 (im Falle der Beschädigung eines Baggers für das Nebeneinander von Transportversicherung des Eigentümers und einer bestehenden Maschinen- und Kaskoversicherung des als Transporteur tätigen Bauunternehmers); Vröks/MartinJKollbosser § 58 Rn. 6; Berliner Kommentar/Sc/>a«ei" § 58 Rn. 10. Prölss/Martin/Kollhosser § 58 Rn. 8; Römer/ Langheid § 58 Rn. 7. Bruck/Möller/Afö//er8 § 58 Anm. 15. So BGH 20.1.1988 NJW-RR 1988 727, 728.
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So im gleichen Fall die Vorinstanz OLG München 16.5.1986 VersR 1986 1116, 1117; diese Entscheidung wird - ohne Hinweis auf die anders lautende Revisionsentscheidung des BGH - als ein Beispiel für die fehlende Interessenidentität zitiert, vgl. Prölss/Martin/ Kollhosser § 58 Rn. 8; Römer/Langheid § 58 Rn. 7. Wohl allg. M.: BGH (Strafsenat) 13.11.1991 NJW 1992 1635, 1636; BGH 18.10.2000 VersR 2001 53, 53 f.; 17.6.2009 VersR 2 0 0 9 1114; 17.6.2009 RuS 2 0 0 9 376; Prölss/Martin/Kollhosser § 69 Rn. 22; Berliner Kommentar/Dörner § 6 9 Rn. 24; Berliner Kommentar/Hübsch § 80 Rn. 18.
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§ 80 Abs. 1 a.F. (entspricht § 4 3 Abs. 3) widerlegt. 5 3 Folgt man dieser Ansicht, führt dies für jede durch den Grundstückserwerber nach Gefahrübergang genommenen Gebäudeversicherung zur Bejahung der Interessenidentität und damit im Regelfall zur mehrfachen Versicherung für diese Übergangszeit, 5 4 wobei das Interesse des Erwerbers auch durch eine von einem Dritten abgeschlossene Versicherung abgedeckt sein kann. 5 5 Richtigerweise ist jedoch mit der Mindermeinung (vorbehaltlich besonderer Vereinbarungen bzw. Klauseln) davon auszugehen, dass in der Sachversicherung des Noch-Eigentümers nur dessen eigenes Eigentumsinteresse und in der des Erwerbers nur dessen eigenes Sacherhalts- oder ggf. auch Gebrauchsinteresse versichert ist. 5 6 Gerade die Tatsache, dass für die Parallelfälle der Veräußerung beweglicher Sachen unter Eigentumsvorbehalt sowie der Sicherungsübereignung regelmäßig klauselmäßig die Interessen des Eigentümers, des Vorbehaltskäufers und des Sicherungsnehmers nebeneinander versichert sind, 5 7 belegt im Umkehrschluss, dass bei Grundstücken nicht ohne Weiteres von einer Mitversicherung der Interessen des Erwerbers auszugehen ist, sei es in der bislang bestehenden Versicherung des Eigentümers, sei es in einer auch neue Risiken umfassende Versicherung des Erwerbers. Ebenso will etwa der V R , der den Versicherungsvertrag gezielt mit dem Erwerber abschließt, nicht ohne Weiteres die Interessen des Eigentümers mitversichert wissen. Fälle der Teilidentität im Bereich der Sachversicherung liegen etwa vor, wenn eine Einzel- und eine Inbegriffsversicherung oder zwei Inbegriffsversicherungen zusammentreffen und die betroffene Sache jeweils Teil des versicherten Inbegriffs ist 5 8 oder wenn Sachversicherungen ohne und mit Verkaufspreisklausel zusammentreffen. 5 9
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Wenn eine Zeitwert- und eine Neuwertversicherung nebeneinander bestehen, ist umstritten, ob eine Teilidentität in Höhe des Zeitwertes (so die wohl herrschende Meinung 6 0 ) oder eine Vollidentität vorliegt (so wohl die Mindermeinung 6 1 ). Richtigerweise
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B G H (Strafsenat) 1 3 . 1 1 . 1 9 9 1 N J W 1 9 9 2 1 6 3 5 , 1 6 3 6 ; B G H 1 8 . 1 0 . 2 0 0 0 VerR 2 0 0 1 5 3 , 5 3 f.; 1 7 . 6 . 2 0 0 9 VersR 2 0 0 9 1 1 1 4 ; 1 7 . 6 . 2 0 0 9 RuS 2 0 0 9 3 7 6 ; O L G H a m b u r g 2 2 . 6 . 1 9 7 8 VersR 1 9 7 8 1138, 1 1 3 9 ; O L G Schleswig 3 0 . 9 . 1 9 8 7 N J W - R R 1 9 8 9 2 8 0 , 2 8 3 ; L G Düsseldorf 3 . 9 . 1 9 9 2 RuS 1 9 9 5 4 2 5 ; Ö O G H 4 . 3 . 1 9 8 2 VersR 1 9 8 4 9 7 2 ; so auch wohl die herrschende Literaturansicht, Prölss/Martin/ Kollhosser § 6 9 Rn. 2 2 und wohl auch § 5 8 Rn. 6 ; Prölss/Martin/Pröfa § 8 0 Rn. 3 9 ; Berliner Kommentar!Hübsch § 8 0 R n . 18; Beckmann/Matusche-BeckmannMrmfcnis/er 2 § 6 Rn. 1 2 9 ; Kohleick S. 2 8 ff., 4 3 f. (m.w.N.).
§ 4 9 A n m . 9 0 (m.w.N. zu dem älteren Schrifttum); Sieg VersR 1 9 9 5 1 2 5 , 1 2 7 ; Schirmer ZVersWiss 1 9 8 1 6 3 7 , 6 5 1 . 57
E t w a früher § 2 Nr. 3 i.V.m. Nr. 5 A F B 8 7 und heute Abschnitt „ A " § 3 Nr. 3 i.V.m. Nr. 5 A F B 2 0 0 8 .
58
Ö O G H 2 3 . 2 . 1 9 9 4 VersR 1 9 9 4 1 0 0 7 , 1 0 0 8 ; Pröks/ManirdKollhosser § 5 8 Rn. 7.
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Kohleick S. 2 5 ff., auch zu der Diskussion der besonderen Versicherung des Gewinninteresses.
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O L G H a m m 2 1 . 1 2 . 1 9 8 4 VersR 1 9 8 6 5 4 4 ; Vröhs/MuTtin/Kollhosser § 5 8 Rn. 7 ; Römer/ Langheid § 5 8 Rn. 7 ; im Ergebnis ebenso Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 8 Anm. 15 (wo allerdings darauf abgestellt wird, dass die Neuwertversicherung eine Kombination zwischen Sachversicherung in H ö h e des Zeitwertes und Versicherung gegen notwendige Aufwendungen in H ö h e der Differenz von Neuwert und Zeitwert sein soll, dies entspricht nicht der Praxis, vgl. dazu Bruck/ Möller/Schnepp S 7 5 Rn. 2 9 ) .
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HK-WG/Brambach § 7 7 Rn. 8; eingehend Kohleick S. 2 9 ff., 3 3 .
So wohl auch die herrschende Meinung, Vröhs/Mart'miKohlhosser § 5 8 Rn. 6; Kohleick S. 38 ff., 4 3 f. (m.w.N.), wobei Kohleick auch umgekehrt die Mitversicherung der Interessen des ursprünglichen Eigentümers in der Versicherung des Erwerbers annimmt.
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B G H 1 8 . 1 0 . 2 0 0 0 VersR 2 0 0 1 5 3 , 5 4 (VN w a r Mieter des Käufers).
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O L G H a m m 3 0 . 3 . 1 9 7 0 VersR 1 9 7 4 1 5 4 ; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 8 A n m . 15 und
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ist von Vollidentität auszugehen. § 7 7 stellt auf die Identität des Interesses, nicht auf die Identität des Wertes des versicherten Interesses (Versicherungswert, Legaldefinition nach § 7 4 ) a b . 6 2 Im Übrigen müsste die herrschende M e i n u n g zur K o n s e q u e n z haben, dass im R a h m e n der Mehrfachversicherung sowohl bei der Haftung im Außenverhältnis (§ 7 8 Abs. 1) als auch im Innenverhältnis (§ 7 8 Abs. 2 ) nur der Zeitwertanteil zu berücksichtigen wäre; gerade dies ist aber nicht der Fall, vielmehr wird im R a h m e n der M e h r f a c h v e r sicherung das Bestehen der Neuwertversicherung mit dem gegenüber der Zeitwertversicherung höheren Versicherungswert berücksichtigt. 6 3 33
Keine Interessenidentität besteht in der Sachversicherung bei der Versicherung des Eigentumsinteresses durch den Eigentümer und gleichzeitiger Versicherung des Verwertungsinteresses durch den Pfandgläubiger 6 4 sowie bei der Versicherung des Eigentumsinteresses mehrerer Miteigentümer für jeweils ihren Anteil. 6 5
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Keine Interessenidentität besteht im Verhältnis zwischen einer auf den Ersatz der Sachsubstanz gerichteten Versicherung mit Verkaufspreisklausel und einer BU-Versicherung, auch wenn Letztere zur Bestimmung des Versicherungswertes auf den Verkaufspreis (ggf. einschließlich Veräußerungsgewinn) abstellt; 6 6 im Übrigen wird es regelmäßig an der erforderlichen Identität des zeitlichen Geltungsbereichs (dazu R n . 4 5 ff.) fehlen, weil der Sachschaden vor dem Beginn des Haftungszeitraums der BU-Versicherung eingetreten i s t . 6 7 Allerdings liegen dann in der Regel die tatbestandlichen Voraussetzungen von Absatz 2 vor (vgl. R n . 61 f.).
35
Keine Interessenidentität besteht zwischen der Versicherung des Sacherhaltungsinteresses und des (reinen) Gewinninteresses; 6 8 es k ö n n e n aber die tatbestandlichen Voraussetzungen von Absatz 2 vorliegen.
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bb) Sachversicherung und Haftpflichtversicherung. Bei dem Nebeneinander einer Sachversicherung und einer Haftpflichtversicherung ist zu unterscheiden. Es fehlt grundsätzlich zwar an der Interessenidentität zwischen der Sachversicherung des geschädigten Eigentümers und der Haftpflichtversicherung des Schädigers; 6 9 Interessenidentität besteht dagegen, wenn die Haftpflichtversicherung des Schädigers neben einer Sachversicherung besteht, bei der, auch oder sogar ausschließlich, dessen Sachersatzinteresse versichert i s t . 7 0 W i r d in diesen Fällen der Schädiger durch eine durch einen Dritten abgeschlossene Sachversicherung geschützt, ist jeweils im Einzelfall zu bewerten, o b tatsächlich das Sachersatzinteresse des Schädigers mitversichert ist (dann Interessenidentität) oder o b nur zu Gunsten des Schädigers ein Regressverzicht vereinbart wurde, der nicht zu einer Interessenidentität führt. 7 1 Liegt in diesen Fällen keine Interessenidentität vor, besteht
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HK-VVG/Brambach § 77 Rn. 8. KruckJMöticriSchnepp § 78 Rn. 26 bzw. 101. Berliner Kommentar/Sc/raHer § 58 Rn. 11 unter Berufung u.a. auf Bruck/Möller/ Möller8 § 58 Anm. 15. ÖOGH 19.03.1992 VersE Bd. 4 Nr. 1551. H.M. Prölss/Martm/Kollhosser § 58 Rn. 8; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 11; Martin SVR Rn. V II 20; Kohleick S. 19 ff., 24 f.; a.A. Berndt/Luttmer S. 186; Karlson VW 1966 1059 und 1266. Kohleick S. 24 f. Berliner Kommentar¡Schauer § 58 Rn. 11;
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ebenso wohl Prölss/Martin/Ko//fcosser § 58 Rn. 8. BGH 7.12.1961 VersR 1962 129; BGH 21.12.1966 BB 1967 95; OLG Düsseldorf 18.10.1960 VersR 1961, 114, 115; Martin VersR 1974 821, 826; Berliner Kommentar/ Schauer § 58 Rn. 11; Röwier/Langheid § 58 Rn. 7. Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 11; ]. Prölss VersR 1977 695, 696 f.; Martin VersR 1974 821, 826; a. A. Schirmer ZVersWiss 1981 637, 709 ff. BGH 13.9.2006 BGHZ 169 86, 96.
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zwar nicht die Rechtsfolge von Absatz 1 (Anzeigepflicht), es stellt sich jedoch die Frage einer analogen Ausgleichspflicht zwischen dem Sach- und dem HaftpflichtVR entsprechend § 78 Abs. 2, die der BGH im Rahmen der so genannten versicherungsrechtlichen Lösung zwischen dem GebäudeVR des Vermieters und dem HaftpflichtVR des Mieters für Fälle der leicht fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Mieter bejaht hat. 7 2 cc) Sonstige Fälle. Interessenidentität kann bei einem Nebeneinander von Eigen- und Fremdversicherung, insbesondere im Zusammenhang mit Gruppenverträgen, bei dem Nebeneinander mehrerer Rechtsschutzversicherungen, 73 Krankenversicherungen 74 oder zwischen mehreren Haftpflichtversicherungen bestehen, die Schutz gegen dieselben Haftpflichtverbindlichkeiten gewähren. 75
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Da es nur auf die Beziehung zwischen Interesseninhaber und dem versicherten Gut an- 3 8 kommt, gelten die Grundsätze entsprechend nicht nur bei dem Zusammentreffen von Eigen- und Fremdversicherungen, sondern auch, wenn mehrere Fremdversicherungen (auch etwa zwei Gruppenverträge) zusammentreffen. 7 6 4. Identität der Gefahr Das (identische) Interesse muss nach Absatz 1 bei mehreren VR „gegen dieselbe Gefahr" versichert sein. Erforderlich ist also die Gefahridentität.
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Dabei ist nicht erforderlich, dass die in zwei Versicherungsverträgen gedeckte Gefahr völlig übereinstimmt. 77 Es genügt (wie bei dem Interesse, Rn. 27), dass zwei Gefahrendeckungen sich teilweise überschneiden (Teilidentität). Dies ist der Fall, wenn eine Versicherung, welche Schutz gegen eine Einzelgefahr bietet, mit einer kombinierten Versicherung zusammentrifft und die Einzelgefahr auch in dem von der kombinierten Versicherung gedeckten Gefahrenbündel enthalten ist; 78 etwa wenn eine Feuerversicherung mit einer Wohngebäudeversicherung zusammentrifft. 7 9 Gleiches gilt für den Fall, dass neben die Versicherung gegen eine Einzelgefahr eine Allgefahrenversicherung tritt, welche die Einzelgefahr mit einschließt; 80 etwa wenn eine die Einzelgefahr abdeckende Feuerver-
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BGH 13.9.2006 BGHZ 169 86, 96 f.; hierzu im Einzelnen Bruck/Möller/Scfcnepp § 78 Rn. 123 ff. BGH 25.1.1990 BGHZ 110 156, 167 f. Bach/Moser § 9, 10 MB/KK Anm. 67. BGH 28.11.1990 VersR 1991 172, 174 (für das Nebeneinander einer Privathaftpflichtund einer Jagdhaftpflichtversicherung, im konkreten Fall allerdings mit der Besonderheit, dass diese bei einem VR abgeschlossen waren); vgl. auch BGH 28.11.1957 BGHZ 26 133, 138; OLG Nürnberg 26.5.1995 VersR 1997 180 (für das Nebeneinander von Privathaftpflichtversicherung und Tierhalterversicherung); LG Düsseldorf 9.12.1983 VersR 1984 477, 478 (für das Nebeneinander zwischen Privathaftpflicht- und Sporthaftpflichtversicherung); verneint OLG Stuttgart 12.3.2008 VersR 2009 206, 208 (für das
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Nebeneinander der Betriebshaftpflichtversicherung eines Flughafens und der Privathaftpflichtversicherung eines Fluggastes). Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 10. BGH 20.1.1988 NJW-RR 1988 727, 728; Ö O G H 23.2.1994 VersR 1994 1007; einhellige Meinung in der Lit., vgl. Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 12; Prölss/ Martin/Kollhosser § 58 Rn. 7; Römer/Langheid § 58 Rn. 7; Bach/Moser §§ 9, 10 MB/KK Anm. 64; Kisch Mehrfache Versicherung S. 30, 60 f.; Bruck/Möller/Mö//er 8 S 58 Anm. 17. Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 12. BGH 20.1.1988 NJW-RR 1988 727. BGH 20.1.1988 NJW-RR 1988 727; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 12; Pröiss/Maitin/Kollhosser § 58 Rn. 7; Martin VersR 1978 882.
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Sicherung mit einer Transportversicherung zusammentrifft, welche ebenfalls auch die Brandgefahr umfasst. 8 1 Eine ausreichende Teilidentität liegt ebenso vor, wenn in einzelnen Verträgen mehrere Gefahrenkombinationen erfasst sind und die konkrete Gefahr in den jeweiligen Verträgen gedeckt ist. 8 2 Auch im Bereich von Haftpflichtversicherungen kann eine Gefahr gleichzeitig von mehreren nebeneinander bestehenden Haftpflichtversicherungen erfasst sein, so zum Beispiel beim Zusammentreffen einer allgemeinen Kraftfahrthaftpflichtversicherung mit einer Fahrlehrerhaftpflichtversicherung. 8 3
5. Abschluss eines Versicherungsvertrages 42
Absatz 1 verlangt schließlich als letztes geschriebenes Tatbestandsmerkmal, dass ein Interesse gegen dieselbe Gefahr bei mehreren V R „versichert" wird. Erforderlich ist also der Abschluss mehrerer Versicherungsverträge.
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Irrelevant ist, ob die betreffenden Verträge gleichzeitig oder nacheinander abgeschlossen werden. 8 4 Ein Vertragsschluss in diesem Sinne liegt auch vor, wenn es zu der mehrfachen Versicherung erst durch Erhöhung der Versicherungssumme k o m m t 8 5 oder der weitere Versicherungsvertrag als eine über die bisherige Versicherungssumme hinausgehende Anschlussdeckung genommen wird (Ergänzungs- oder Excedentenversicherung) 8 6 . Über den Wortlaut hinaus ist Absatz 1 auch dann anwendbar, wenn die mehrfache Versicherung nicht aufgrund des Abschlusses von zwei Versicherungen entsteht, sondern erst durch Übergang bei Veräußerung der versicherten Sache gem. § 9 5 . 8 7
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Dagegen ist das Tatbestandsmerkmal des erforderlichen Vertragsabschlusses nicht gegeben und scheidet damit das Vorliegen einer mehrfachen Versicherung aus, wenn eine Versicherungsdeckung mit einer nichtversicherungsmäßigen Deckung zusammentrifft. Dies gilt etwa für die gleichzeitig bestehende Schadensersatzpflicht eines Dritten (hier kommt es dann ggf. zum Übergang des Ersatzanspruches gemäß § 8 6 Abs. 1 auf den V R ) 8 8 oder bei dem Zusammentreffen mit Ansprüchen aus einem anderen schuldrechtlichen Vertrag (etwa Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer im Falle von § 4 4 7 Abs. 2 B G B bei gleichzeitig bestehender Transportversicherung). 8 9 Umstritten ist, ob bei gleichzeitigem Bestehen eines Versicherungs- und eines Garantievertrages eine mehrfache Versicherung vorliegen kann. Teilweise wird unter Hinweis auf die funktionalidentische Zielsetzung der Schadensdeckung eine analoge Anwendung der Regeln zur mehrfachen Versicherung (d.h. früheren Doppelversicherung) und damit insbesondere ein Ausgleich entsprechend S 78 Abs. 2 Satz 1 befürwortet. 9 0 Dem ist richtigerweise entgegenzuhalten,
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B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 8 Anm. 17; Berliner Kommentar/Schauer § 5 8 Rn. 12.
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Ö O G H 2 3 . 2 . 1 9 9 4 VersR 1 9 9 4 1 0 0 7 ; Ö O G H 1 7 . 4 . 2 0 0 2 VersR 2 0 0 3 7 9 8 , 7 9 9 ; Kisch Mehrfache Versicherung S. 6 0 .
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KG 2 0 . 3 . 1 9 2 9 J R P V 1 9 2 9 1 7 0 ; Bruck/Möll e r / M ö / / e r 8 $ 5 8 Anm. 2 1 ; Kisch Mehrfache Versicherung S. 31.
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Prölss/Martin/Kollhosser ner Kommentar ¡Schauer SVR Rn. V I 6.
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B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 8 Anm. 21. Kisch Mehrfache Versicherung S. 7 9 ff. mit weiteren Beispielen.
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B G H 2 2 . 1 1 . 1 9 6 8 VersR 1 9 6 9 125, 126 f.; B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 8 Anm. 17 m.w.N.
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Motive S. 1 2 8 ; Prölss/Martin/Ko/ttosser § 5 8 Rn. 11; H K - W G / B r a m b a c h § 7 7 Rn. 5.
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KG 4 . 3 . 1 9 2 5 J R P V 1 9 2 5 2 5 3 ; Prölss/Martin/Ko//fcosser § 5 8 Rn. 11; Berliner K o m m e n t a r / S c h a u e r § 5 8 Rn. 10; Kisch Mehrfache Versicherung S. 31.
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§ 5 8 Rn. 11; Berli§ 5 8 Rn. 10, Martin
Bruck/Möller/S/'eg 8 § 6 7 Anm. 35, § 7 4 Anm. 9; Prölss/Martin/Prö/ss § 6 7 Rn. 6; Berliner Kommentar/Schauer $ 5 9 Rn. 4 0 .
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dass eine Garantieabrede - trotz ähnlicher Funktion - keinen Versicherungsvertrag darstellt und daher ein etwaiger Ausgleich zwischen dem Garanten und dem V R allenfalls nach den allgemeinen Regeln möglich ist, also insbesondere der Ausgleich nicht entsprechend § 7 8 Abs. 2 Satz 1 zu erfolgen hat. 9 1 Vorrangig ist dabei stets die Auslegung des Garantievertrages, ob er also eine ggf. nur subsidiäre Funktion oder eine im Verhältnis zu einer Versicherungsdeckung gleichwertige Funktion haben soll. Soweit eine nicht nur subsidiäre Garantiezusage vorliegt, dürfte es vorzugswürdig sein, den Anspruch des geschädigten V N gegen die Garanten mit Erbringung der Versicherungsleistung im Wege der Vorteilsausgleichung auf den V R übergehen zu lassen. 9 2 6. Identität der Gefahrtragungszeit Eine mehrfache Versicherung liegt nur vor, wenn der zeitliche Geltungsbereich der Versicherungen vollständig (Vollidentität) oder zumindest teilweise (Teilidentität) übereinstimmt. 9 3
45
Ebenso wie schon bei § 5 8 a.F. wird das Merkmal der zeitlichen Identität in Absatz 1 nicht ausdrücklich erwähnt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die zeitliche Überschneidung als nach dem Normzweck selbstverständliche Voraussetzung angesehen wurde und aus diesem Grunde eine ausdrückliche Anordnung im Gesetz unterblieben ist. 9 4
46
Für das Vorliegen einer zeitlichen Überschneidung zweier Versicherungsverträge kommt es auf die Dauer des materiellen Versicherungsschutzes an, der formelle Versicherungsabschluss ist ebenso wie die bloße Rückdatierung der technischen Versicherungsdauer bei einem Neuabschluss irrelevant. 9 5
47
7. Identität des Versicherungsortes Eine mehrfache Versicherung liegt ferner nur vor, wenn die Versicherungsorte der Versicherungsverträge vollständig (Vollidentät) oder zumindest teilweise (Teilidentität) übereinstimmen. 9 6
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Ebenso wie schon bei § 5 8 a.F. wird auch das Merkmal der örtlichen Identität in Absatz 1 nicht ausdrücklich erwähnt. Wie bei der zeitlichen Identität ist jedoch davon auszugehen, dass die örtliche Überschneidung als nach dem Normzweck selbstverständliche Voraussetzung angesehen wurde und aus diesem Grunde eine ausdrückliche Anordnung im Gesetz unterblieben ist. 9 7
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LG Heilbronn 18.7.1974 VersR 1975 30; Bruck/Möller/Mö//er8 § 58 Anm. 12; Kisch Mehrfache Versicherung S. 79 f.; Kohleick S. 53 ff. (die noch weiter differenziert); Martin VersR 1975 101, 103; ähnlich: Berliner Kommentar/Baumann § 67 Rn. 17 und 31 (Heranziehung von § 426 BGB). Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 58 Anm. 12. Prölss/Martin/Ko/tfiosser § 58 Rn. 9; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 14; Bruck/Möller/Möller* § 58 Anm. 18; Kisch Mehrfache Versicherung S. 61 f.; Bruck PVR S. 538 f.
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Prölss/Martin/Ko/^osser § 58 Rn. 9; Berliner Kommentar /Schauer § 58 Rn. 14. Prölss/Martin/fCo/Zfcosser § 58 Rn. 9; Bruck/Möller/Möller* § 58 Anm. 18, Kisch Mehrfache Versicherung S. 62; a.A. Ehrenzweig S. 241. Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 58 Rn. 9; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 14; Bruck/Möller/Mö//er8 § 58 Anm. 19. Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 58 Rn. 9; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 14.
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Eine Identität des Versicherungsortes liegt demnach vor, wenn Versicherungsverträge mit identisch bestimmten Versicherungsorten abgeschlossen werden oder ohne einen bestimmten Versicherungsort auskommen (z.B. Transportversicherungen). Dagegen besteht keine Identität, wenn die Versicherungsverträge den Versicherungsschutz nicht überall, sondern nur an einem bestimmten Orten gewähren und sich diese nicht decken.
51
Eine teilweise Identität kann auch dann vorliegen, wenn ein Versicherungsvertrag mit einem bestimmten Versicherungsort mit einem Versicherungsvertrag ohne bestimmten Versicherungsort zusammentrifft, was beispielsweise der Fall sein kann, wenn Lagergüter zum einen durch eine Lagerversicherung am Ort der Lagerung versichert sind, zugleich aber auch eine Transportversicherung das Lagerrisiko mit abdeckt. 52 Häufig kommt es zur Identität des Versicherungsortes auch bei Außenversicherungen, die zwar (z.B. bei der Hausratversicherung) grundsätzlich einen bestimmten Versicherungsort vorsehen, zugleich aber bei - vorübergehendem - Ortswechsel auch außerhalb dieses Ortes Versicherungsschutz vorsehen. Hier kann es etwa zu einer mehrfachen Versicherung mit einer Reisegepäckversicherung des VN oder mit einer Sachversicherung eines Reparaturunternehmens oder eines Gastwirtes kommen. Gerade in letzteren Fällen ist allerdings zu beachten, dass es oft Subsidiaritätsabreden gibt. 98 8. Nebeneinander der Deckungen 53
54
55
Weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist es, dass - bei Vorliegen aller vorher beschriebenen sieben Merkmale - die Versicherungsdeckungen parallel nebeneinander stehen, so dass dem VN bzw. der versicherten Person im Versicherungsfall die Inanspruchnahme mehrerer Versicherungsdeckungen zur Verfügung s t ü n d e . " Eine solche Parallelität der Deckungen fehlt, falls eine der Versicherungen eine Deckung nur für den Fall vorsieht, dass die andere Versicherung eine solche versagt. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Versicherungsvertrag aufschiebend dadurch bedingt ist, dass ein anderer erlischt, oder aber ein Vertrag auflösend dadurch bedingt ist, dass ein zweiter Versicherungsvertrag zustande kommt. 1 0 0 Ebenso besteht keine parallele Deckung (und damit auch keine Anzeigepflicht gemäß § 77 Abs. 1), wenn einer der betroffenen Versicherungsverträge eine Subsidiaritätsabrede enthält. 101 Im Verhältnis einer Grunddeckung zu einer Ergänzungs- oder Excedentenversicherung liegt dagegen eine mehrfache Versicherung vor (Rn. 43). Eine mehrfache Versicherung mit einem Nebeneinander der Deckungen wird nicht dadurch ausgeschlossen oder beseitigt, dass in einem der bestehenden Versicherungsverhältnisse der VR aus besonderen Gründen (z.B. Obliegenheitsverletzung, § 28, oder schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalles, § 81) von der Verpflichtung zu Leistung frei ist. 102
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101
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Dazu Bruck/Möller/Scfcnepp § 78 Rn. 174. Bruck/Möller/Möller 8 § 58 Anm. 21. Bruck/Möller/Möller 8 § 58 Anm. 21 (mit weiteren Fallgruppen). Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 21;
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Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 14; Kisch Mehrfache Versicherung S. 70 f.; zu Subsidiaritätsabreden ausführlicher Bruck/MöWet/Schnepp § 78 Rn. 167 ff. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 21.
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9. Unerhebliche Begriffsmerkmale Für § 77 (anders als bei §§ 78, 79) ist es unerheblich, ob die Versicherungssummen zusammen den Versicherungswert übersteigen oder aus anderen Gründen die Summe der Entschädigungen, die von jedem VR ohne Bestehen der anderen Versicherung zu zahlen wäre, den Gesamtschaden übersteigt. Auch in den Fällen, in denen dieses jeweils nicht der Fall ist, ist es für die beteiligten VR entsprechend dem Gesetzeszweck (vgl. Rn. 8) bedeutsam, vom Bestehen des jeweils anderen Versicherungsvertrages zu wissen. 1 0 3
56
Ebenso ist es unerheblich, ob die mehreren VR nach Eintritt eines Versicherungsfalles Geld- oder Naturalersatz schulden. 1 0 4
57
II. T a t b e s t a n d l i c h e V o r a u s s e t z u n g e n von A b s a t z 2 Absatz 2 knüpft daran an, dass „bezüglich desselben Interesses" bei einem VR der entgehende Gewinn, bei einem anderen VR der sonstige Schaden versichert wird. Der Gesetzgeber des neuen W G wollte damit die bislang nur für die Feuerversicherung geltende Regel von § 90 a.F. allgemein für die Sachversicherung übernehmen, was sprachlich aber missglückt ist (siehe nachstehend Rn. 61 und 64). Anders als nach der Formulierung zu vermuten sein mag, sind die Tatbestandsmerkmale (bis auf den entscheidenden Unterschied bei dem versicherten Interesse, Rn. 61 ff.) von Absatz 1 und Absatz 2 identisch.
58
1. Identität des Versicherungsnehmers Wie bei Absatz 1 ist es auch bei Absatz 2 nicht erforderlich, dass die V N beider Ver- 5 9 sicherungsverträge identisch sind. Anders als bei Absatz 1 läst sich hier sogar der gegenüber § 90 a.F. geänderte - passivische Wortlaut der Regelung anführen („Wird ... versichert"). 2. Mehrheit von Versicherern Absatz 2 setzt ausdrücklich voraus, dass die Versicherungsverträge bei verschiedenen VR abgeschlossen werden. Ebenso wie bei Absatz 1 scheidet deshalb die Anwendung von Absatz 2 dann aus, wenn die beiden Versicherungsverträge bei ein- und demselben VR abgeschlossen werden. Siehe zu übrigen damit im Zusammenhang stehenden Fragen Rn. 20 ff.
60
3. (Nicht notwendige) Identität des Interesses Nach dem Wortlaut von Absatz 2 muss „bezüglich desselben Interesses" bei dem 6 1 einen VR der entgehende Gewinn, bei dem anderen der sonstige Schaden versichert werden. Dies erweckt den Eindruck, als müsse Interessenidentität bestehen. Gerade davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn man mit dem B G H das versicherte Interesse als einen von den Parteien des Versicherungsvertrages bei Vertragsschluss für möglich gehaltenen Vermögensnachteil ansieht, der im Falle seines Eintritts durch die Versiche-
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Berliner Kommentar/Sc/wwer § 58 Rn. 15.
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 22.
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rungsleistung ausgeglichen werden soll. 1 0 5 Bei einem solchen (zutreffenden) Verständnis des Interessenbegriffs unterscheidet sich das Sachsubstanzinteresse von dem Gewinninteresse. Allenfalls in einem weiteren, dogmatisch unsauberen Sinne ist der bei Formulierung des Gesetzestextes verwandte Interessenbegriff zutreffend, wenn das versicherte Interesse in einem weiteren Sinne zur Bestimmung der Beziehung zwischen einer Person und einem Objekt verwandt wird. 1 0 6 Auch bei Verwendung dieses weiteren Interessenbegriffes ist zu berücksichtigen, dass dieses Interesse durch seinen Wert (den Versicherungswert; siehe Legaldefinition § 74 Abs. 1) bestimmt wird, 1 0 7 so dass im Ergebnis keine Unterschiede zwischen beiden Ansichten bestehen. Der zwischen Interessenbegriff und Gesetzeswortlaut demnach bestehende Widerspruch ist richtigerweise dahin zu lösen, dass für Absatz 2 gerade keine Interessenidentität erforderlich ist, 1 0 8 wie sie Absatz 1 verlangt (dazu Rn. 2 4 ff.), sondern es vielmehr (ggf. entgegen dem Wortlaut) darauf ankommt, dass für denselben Interesseninhaber einerseits ein auf den entgehenden Gewinn und andererseits ein sonstiges Interesse, vor allem das auf den Ersatz des Sachsubstanzschadens gerichtete Interesse, versichert sein muss. 62
Absatz 2 betrifft daher etwa das Zusammentreffen einer Gebäude- und einer Mietverlustversicherung oder das Zusammentreffen einer auf den Ersatz der Sachsubstanz gerichteten Versicherung mit einer BU-Versicherung. 109
63
Interessenidentität besteht dagegen, wenn zwei Versicherungsverträge zusammentreffen, bei denen jeweils der entgehende Gewinn versichert wird. In diesem Fall ist allerdings nicht Absatz 2, sondern Absatz 1 anzuwenden. Die Differenzierung ist zwar für die sich aus § 7 7 ergebende Mitteilungspflicht irrelevant; sie ist aber im Hinblick auf die weiteren Rechtsfolgen einer mehrfachen Versicherung gemäß §§ 78, 7 9 wichtig, die nur bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Absatz 1 eingreifen können. 4. Identität der Gefahr
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Auch bei diesem Tatbestandsmerkmal erweist sich, dass der Gesetzgeber unglücklich formuliert hat: Der Gesetzeswortlaut sagt nichts darüber aus, dass Gefahridentität vorliegen muss. Gleichwohl ist hiervon auszugehen, so dass zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Gefahridentität auf die Ausführungen zu Absatz 1 verwiesen werden kann (Rn. 3 9 f.). Bei § 9 0 Abs. 1 a.F. war eine Hervorhebung des Erfordernisses gleicher Gefahr nicht erforderlich, weil diese Vorschrift nur für die Feuerversicherung galt und das Merkmal der Gefahridentität deshalb indirekt bestimmt war. Da der Gesetzgeber die Vorschrift jedoch nur allgemein auf die gesamte Schadenversicherung übertragen wollte, nicht aber deren Anwendungsbereich im Übrigen ausdehnen wollte, ist das einschränkende Erfordernis der Gefahridentität in die Vorschrift hineinzulesen. Im Übrigen
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B G H 2 0 . 1 . 1 9 8 8 N J W - R R 1 9 8 8 727. So etwa grundlegend B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 4 9 Anm. 4 9 ; ebenso wohl Bruck/Möller/ Baumann § 1 Rn. 6 6 , 7 0 ; offenbar beide Ansichten gleichgestellt werden durch Prölss/Martin/Ko//^osser vor § 51 Rn. 1. B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 4 9 Anm. 4 8 . Dass bei § 9 0 a.F. unterschiedliche Interessen betroffen sind, betonten bereits Bruck/ Möller/Johannsen/Johannsen* Bd. III Anm. G 9 2 ; R ö m e r / L a n g h e i d § 9 0 Rn. 2 .
109
Prölss/Martin/Ko/tfjosser § 9 0 Rn. 1; Berliner Kommentar/Dörner/Staudiger § 90 Rn. 1; R ö m e r / L a n g h e i d § 9 0 Rn. 2 ; Bruck/ Mö\ler/Johannsen/Johannsen8 Bd. III Anm. E 9 2 ; soweit in der Vorauflage für das Zusammentreffen einer Sachsubstanz- mit einer BU-Versicherung § 9 0 a.F. nur analog anzuwenden sein soll (so Bruck/Möller/Mö/lerH 5 8 Anm. 16), ist hieran richtigerweise nicht festzuhalten; vgl. Argumentation bei Johannsen/Johannsen a.a.O.
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wäre es nicht nachvollziehbar, dass das Erfordernis bei Absatz 1 bestehen soll, nicht dagegen bei dem Nebeneinander der Versicherung des Gewinninteresses und sonstiger Interessen. 5. Abschluss eines Versicherungsvertrages Die Ausführungen zu Absatz 1 gelten entsprechend (Rn. 42 ff.).
65
6. Sonstige, ungeschriebene Tatbestandsmerkmale Die Ausführungen zu Absatz 1 hinsichtlich der sonstigen, ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale der Identität der Gefahrtragungszeit, des Versicherungsortes sowie des Nebeneinanders der Deckungen gelten für Absatz 2 entsprechend (Rn. 45 ff.).
66
ΙΠ. Rechtsfolgen An den Tatbestand des Vorliegens einer mehrfachen Versicherung gemäß Absatz 1 sowie ein Nebeneinander der Versicherungen gemäß Absatz 2 knüpft § 77 eine Mitteilungspflicht (Rn. 68 bis 83). Liegen bei einer mehrfachen Versicherung im Sinne von Absatz 1 (nicht auch im Falle des Absatzes 2) die zusätzlichen tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Mehrfachversicherung vor, ergeben sich weitere Rechtsfolgen aus §§ 78, 79 (siehe dort). Da § 77 auch zu Lasten des V N abdingbar ist (Rn. 97), ergibt sich die Frage, ob für den VN nachteilige strengere Sanktionen vereinbart werden können (Rn. 84 ff. sowie 90 ff.). Schließlich ergibt sich die Frage, ob in den Fällen des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen von Absatz 1 oder 2 zusätzliche Rechtsfolgen in Form des Einflusses auf die Prämienschuld des V N oder die Gefahrtragungsleistung des VR in Betracht kommen (Rn. 88 f.).
67
1. Mitteilungspflicht a) Rechtscharakter der Mitteilungspflicht. Der Rechtscharakter der Mitteilungspflicht ist umstritten. Teilweise, und inzwischen wohl herrschend, wird davon ausgegangen, es handele sich bei der Pflicht zur Mitteilung nach § 77 um eine echte Rechtspflicht. 110 Demgegenüber wird, inzwischen wohl nur noch von einer Minderheit, vertreten, es handele sich bei der Mitteilungspflicht um eine gesetzliche Obliegenheit. 111 Richtigerweise ist, unter Aufgabe der noch in der Vorauflage vertretenen Ansicht, von einer echten Rechtspflicht auszugehen. Dabei ist nicht ausschlaggebend, dass schon die Motive darauf hinwiesen, dass § 58 a.F. keine besondere Folge vorsah und sich die Rechtsfolgen daher nach den allgemeinen Grundsätzen richten würden, nach denen der VN bei schuldhafter
110
Prölss/Martin/iCo/Wjosse/· § 58 Rn. 17; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 21; Römer/Langheid § 58 Rn. 10; Beckmann/ Matusche-Beckmann/ArmbrKSier2 § 6 Rn. 30; Terbille/Terbille MAH § 2 Rn. 318; Kisch Mehrfache Versicherung S. 38; unklar, aber wohl ebenso Berliner Kommentar/Dörner/Staudinger § 90 Rn. 4; HK-WG/Brambach § 77 Rn. 11 und 14.
111
KG 20.3.1929 JRPV 1929 170; OLG Oldenburg 10.7.1985 VersR 1985 977, 978; Bruck/Möller/Mö//er8 § 58 Rn. 26; Bruck/Möller/Sieg8 Bd. III Anm. Β 7; Bruck/Möller/Johannsen/Johannsen s Bd. III Anm. G 92; Bruck PVR S. 539; Hofmann § 11 Rn. 62 und § 15 Rn. 22.
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Verletzung dem VR zum Schadenersatz verpflichtet sein kann. 1 1 2 Soweit (allein) hieraus der zwingende Charakter einer echten Rechtspflicht abgeleitet werden soll, 113 so ist dem entgegen zu halten, dass es gesetzliche Obliegenheiten gibt (etwa die Anzeige- und Auskunftsobliegenheiten nach §§ 30, 31 = §§ 33, 34 a.F.), bei denen die Rechtsfolge einer Verletzung ebenfalls (nur) ein Schadenersatzanspruch des VR (nicht aber eine Leistungsfreiheit nach § 28 bzw. § 6 a.F.) ist; 114 insofern könnte also die Mitteilungspflicht des § 77 gesetzliche Obliegenheit sein und deren Verletzung dennoch eine Schadenersatzpflicht auslösen. Entscheidender ist daher die mit der rechtlichen Einordnung verbundene Frage, ob der VR die Erfüllung der Mitteilungspflicht einklagen kann oder nicht, was nur bei einer echten Rechtspflicht in Betracht kommt, nicht aber bei einer Obliegenheit. Richtigerweise ist entsprechend dem Gesetzeszweck (Rn. 8) davon auszugehen, dass dem VN ein auf Auskunft gerichteter Anspruch zusteht, der ggf. auch im Wege der Leistungsklage durchgesetzt werden kann. 1 1 5 Allerdings ist es den Parteien unbenommen (und geschieht auch sehr oft in der Praxis) die gesetzliche Mitteilungspflicht (auch) zu einer vertraglichen Obliegenheit zu machen, worauf schon die Motive hingewiesen haben, 1 1 6 siehe dazu Rn. 84 ff. Die Mitteilung selbst ist eine Wissens-, keine Willenserklärung. 117
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b) Voraussetzungen der Mitteilungspflicht 70
aa) Vorliegen der Tatbestandsmerkmale nach Absatz 1 und 2. Die Mitteilungspflicht nach den Absätzen 1 und 2 setzt das Vorliegen der (geschriebenen und ungeschriebenen) Tatbestandsmerkmale voraus (im Einzelnen Rn. 18 bis 66).
71
bb) Kenntnis des Meldepflichtigen. Diskussionswürdig ist, ob die Kenntnis des Mitteilungspflichtigen eine weitere tatbestandliche Voraussetzung für das Bestehen der Mitteilungspflicht ist.
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Von der Vorauflage wurde dies für das Vorliegen der mehrfachen Versicherung mit der Begründung bejaht, eine geforderte Wissenserklärung setze Wissen voraus, wobei sich dieses Wissen nicht nur auf das Bestehen des anderen Versicherungsvertrages, sondern auch auf die - mindestens teilweise - Interessen- und Gefahridentität beziehen müsse. 118 Dem lässt sich entgegenhalten, aus dem Gesetz ergebe sich dieses Erfordernis der Kenntnis nicht. Ebenso lässt sich einwenden, fehlende Kenntnis könne im Rahmen des für Rechtsfolgen erforderlichen Verschuldens gewürdigt werden. Gleichwohl ist richtigerweise der Vorauflage entsprechend der neueren Rechtsprechung des BGH zur vertraglichen Obliegenheiten zu folgen, wonach (auch) die Kenntnis der mitteilenden Umstände zum objektiven Tatbestand der Verletzung einer Mitteilungspflicht (bzw. dort Anzeigeobliegenheit) gehört. 119 Eine Ermittlungs- oder Erkundigungspflicht hinsichtlich
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Motive S. 129. So wohl Prölss/MartinJKollhosser § 58 Rn. 17; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 21. Prölss/Martin/Prö/ss § 33 Rn. 9, § 34 Rn. 15; Berliner Kommentar/Domer § 33 Rn. 34, § 34 Rn. 43; zweifelnd allerdings Römer¡Langheid § 33 Rn. 2, 17, § 34 Rn. 1 (wonach Verletzungen in der Regel nur bei vertraglicher Vereinbarung von Rechtsfolgen relevant sind).
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So ausdrücklich Kisch Mehrfache Versicherung S. 38 f; Terbille/Terbille M A H § 2 Rn. 318. Motive S. 129. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 26; Bruck PVR S. 540. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 30 (wo allerdings davon ausgegangen wird, es handele sich um eine gesetzliche Obliegenheit). BGH 13.12.2006 Vers 2007 389, 390; 12.12.2007 VersR 2008 484.
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der relevanten Tatsachen besteht jedoch nicht; selbst schuldhaftes Nichtwissen ist der Kenntnis nicht gleichzusetzen. Aber eine arglistige Nichtkenntnisnahme muss sich der Mitteilungspflichtige nach § 242 BGB entgegenhalten lassen. 120 Von der Kenntnis der Tatsachen, aus deren Vorliegen sich eine mehrfache Versieherung im Sinne von Absatz 1 oder Absatz 2 ergibt, ist die Kenntnis von der Rechtspflicht zur Mitteilung zu unterscheiden. Die Kenntnis dieser Rechtspflicht ist nicht tatbestandliche Voraussetzung, sondern (allenfalls) im Rahmen des Verschuldens zu berücksichti-
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gen. 121 cc) Unkenntnis des Versicherers. Umstritten ist, ob die Mitteilungspflicht entfällt, wenn der VR anderweitige Kenntnis von einer mehrfachen Versicherung im Sinne von Absatz 1 oder dem Nebeneinander von Versicherungen im Sinne von Absatz 2 hat. Dies wird ganz überwiegend mit dem Argument bejaht, bei Kenntnis des VR von dem anderen VR entfalle nach dem Schutzzweck der Norm die Mitteilungspflicht. 122 Dem ist zuzustimmen (vgl. Rn. 22 zur Mitversicherung). Allerdings führt auch die Ansicht, es liege trotz Kenntnis des VR eine Verletzung der Mitteilungspflicht vor, nicht zu einem anderen Ergebnis; die Verletzung wäre folgenlos, weil ein auf Auskunft gerichteter Erfüllungsanspruch ausscheidet, wenn der VR schon gesicherte Kenntnis hat (entweder unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung durch einen Dritten 1 2 3 oder nach Treu und Glauben), und ein Schadenersatzanspruch ausscheidet, weil der VR bei erlangter Kenntnis keinen Schaden haben kann. 1 2 4 Es kann deshalb dahinstehen, ob vorliegend andere Vorschriften des W G , die Rechte des VR bei dessen Kenntnis ausschließen (§§ 19 Abs. 5 Satz 2, 26 Abs. 2 Satz 1, 30 Abs. 2, 97 Abs. 2 1 2 5 ), analog oder zumindest ihrem Rechtsgedanken nach anzuwenden sind. 126 Voraussetzung ist aber jedenfalls, dass der VR (nach allgemeinen Regeln) tatsächlich positive Kenntnis hat. Kennenmüssen reicht nicht aus. 1 2 7
74
c) Einzelheiten zur Mitteilung aa) Mitteilungspflichtiger. Die Mitteilungspflicht trifft grundsätzlich den VN. Bei mehreren VN ist jeder für sich meldepflichtig, aber die Mitteilung eines von ihnen genügt für die Erfüllung der Pflicht. 128 Entsteht die mehrfache Versicherung durch den Ubergang des Versicherungsvertrages in Folge der Veräußerung der versicherten Sache gem. § 95 (vgl. dazu Rn. 43), ist der Erwerber mitteilungspflichtig. 129
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Bruck/Möller/Mö/Zer 8 § 58 Anm. 3 0 (wo allerdings die Zurechnung bei Arglist noch analog § 16 Abs. 2 Satz 2 a.F. abgeleitet wurde, der im neuen Recht keine Entsprechung gefunden hat). Wohl ebenso Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 8 Anm. 30. Prölss/Martin/Ko//fcosser § 58 Rn. 16; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 16; Bruck/Möller/Mö//er« § 58 Rn. 31; Bruck PVR S. 5 4 0 f.; zweifelnd H K - W G / B r a m bach § 77 Rn. 13. Bruck PVR S. 541. H K - W G / B r a m b a c h § 77 Rn. 13. Siehe zu den parallelen Vorschriften des alten Rechts Bruck/Möller/Mö//er s § 58 Rn. 31.
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So aber Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 31; Kisch Mehrfache Versicherung S. 40. OLG Saarbrücken 6.12.1989 RuS 1990 140, 141 f.; ManmlKollhosser § 58 Rn. 16. Bruck/Möller/Mö/fer 8 § 58 Anm. 32 (wo allerdings von einer gesetzlichen Obliegenheit ausgegangen wird); Bruck PVR S. 539. Ganz h.M.: Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 58 Rn. 12 (unter Aufgabe der Ansicht aus der Vorauflage); Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 19; Bruck/Möller/Mö//er s § 58 Anm. 32; Bruck PVR S. 439; a.A. OLG H a m m 30.3.1973 VersR 1974 154 (wonach den einen weiteren Vertrag abschließenden Erwerber keine Pflichten treffen soll); ebenso wohl a.A. Bruck/Moller/S¿eg 8 Bd. III Anm. Β 7.
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K o m m t es zum Vorliegen einer mehrfachen Versicherung durch
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Zusammentreffen
einer Versicherung für eigene R e c h n u n g und eine Versicherung für fremde R e c h n u n g (vgl. R n . 19 sowie insbes. zur Interessenidentität R n . 2 8 ff.), ist neben dem V N auch der Versicherte, in dessen Person die m e h r f a c h e Versicherung vorliegt, zur Mitteilung verpflichtet. 1 3 0 Einen einklagbaren Anspruch auf Auskunft und damit ggf. einen Schadensersatzanspruch bei Verletzung (zu diesem n o c h R n . 8 3 ) hat der V R allerdings nur gegen den V N , nicht gegen den Versicherten, weil dies sonst auf einen Vertrag zu Lasten Dritter hinauslaufen würde. 1 3 1 Diskussionswürdig ist, o b die Mitteilungspflicht nur den V N bzw. Versicherten des zuletzt abgeschlossenen Versicherungsvertrages oder auch den V N bzw. Versicherten des zuerst bestehenden Vertrages trifft. Hierzu ist in der Vorauflage vertreten w o r d e n , die Mitteilungspflicht treffe denjenigen, dem der zweite Vertragsschluss zu gute k o m m e . 1 3 2 Richtigerweise trifft die Mitteilungspflicht jedoch sowohl den V N des Erstvertrages, wenn der Versicherte eine zweite Versicherung abschließt, als auch umgekehrt den Versicherten des Erstvertrages, wenn er einen neuen Versicherungsvertrag abschließt, o b w o h l der V N des Erstvertrages bereits versichert h a t . 1 3 3 Dabei k a n n allerdings gegenüber dem V R des späteren Vertrages die Mitteilung dann entbehrlich sein, wenn dieser V R bereits schon im R a h m e n der Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht unterrichtet w u r d e . 1 3 4 77
Die vorstehend erläuterten Grundsätze gelten entsprechend, wenn nicht eine Eigenmit einer Fremdversicherung, sondern zwei Fremdversicherungen zusammentreffen. 1 3 5
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Bei Gesamtrechtsnachfolge, insbesondere Erbfolge, trifft die Mitteilungspflicht den Rechtsnachfolger. Zessionare, Pfandgläubiger oder Pfändungspfandgläubiger trifft die Mitteilungspflicht dagegen n i c h t . 1 3 6
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bb) Mitteilungsempfänger. N a c h dem eindeutigen W o r t l a u t des Gesetzes in Absatz 1 ist die Mitteilung jedem V R zu m a c h e n , bei dem eine mehrfache Versicherung entsteht.137
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cc) Zeitlicher Aspekt. Die Mitteilung ist „unverzüglich", also ohne schuldhaftes Z ö g e r n (§ 121 Abs. 1 Satz 1 B G B ) , zu m a c h e n . D e m Mitteilungspflichtigen bleibt folglich eine angemessene, durch den ordentlichen Geschäftsverkehr konkretisierbare, Zeitspanne, um aus seinen Versicherungsunterlagen die für die Mitteilung erforderlichen D a t e n herauszusuchen und diese Mitteilung zu fertigen. Hiervon zu trennen, und in dem Gesetzestext nicht ausdrücklich geregelt, ist die Frage, wann die Mitteilungspflicht frühe-
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Wohl ganz h.M.: PTölss/Martin/Kollhossers § 58 Rn. 12; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 19; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 32; Bruck/Möller/Si'eg8 Bd. III Anm. Β 7; Bruck PVR S. 514; Kisch Mehrfache Versicherung S. 33; a.A. OLG Hamm 30.3.1973 VersR 1974 154; unklar, aber wohl ebenfalls a.A. Römer/Langheid § 58 Rn. 9 (wonach Identität der VN erforderlich sein soll); differenzierend Beckmann/ Matusche-BeckmannMrrabrwsier2 § 6 Rn. 31 (wonach die gesetzliche Rechtspflicht aus § 77 allein den VN, eine vertraglich vereinbarte Obliegenheit dagegen auch den Versicherten treffen soll).
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Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 19; Kisch Mehrfache Versicherung S. 33; so wohl auch Römer!Langheid § 58 Rn. 9. Bruck/Möller/Sieg8 Bd. III Anm. Β 7. Bruck PVR S. 540. Insofern zutreffend Bruck/Möller/Sieg8 Bd. III Anm. Β 7. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Rn. 32; Bruck/Möller/Sieg8 § 79 Anm. 7. Bruck/Möller/Mötter 8 § 58 Anm. 32. Prölss/Martin/Ko/Z/josser § 58 Rn. 13; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 18; Bruck/Möller/Möller* § 58 Rn. 33; HKW G / B r a m b a c h % 77 Rn. 13.
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stens besteht. D a eine mehrfache Versicherung nur vorliegt, wenn (auch) der zeitliche Geltungsbereich der Versicherungen übereinstimmt (vgl. R n . 4 5 ff.), besteht die M i t teilungspflicht frühestens zu dem Zeitpunkt, in dem der materielle Versicherungsschutz mehrerer Verträge übereinstimmt. Die Mitteilungspflicht besteht damit nicht schon zu dem Z e i t p u n k t der Antragstellung bzw. des formellen Abschlusses des Versicherungsvertrages, wenn der materielle Versicherungsschutz erst später b e g i n n t . 1 3 8 Bei Antragstellung des späteren Vertrages kann sich allerdings eine Mitteilungsobliegenheit im R a h m e n der vorvertraglichen Anzeigepflicht g e m ä ß § 19 ergeben ( R n . 9 3 ) . dd) F o r m der Mitteilung. Die Mitteilung ist nach dem Gesetz nicht an eine bestimmte F o r m g e b u n d e n . 1 3 9 Eine bestimmte F o r m , in der Regel Schriftform, kann aber im Versicherungsvertrag vereinbart w e r d e n 1 4 0 und ist im Übrigen im Hinblick auf den erforderlichen Inhalt der Mitteilung (dazu direkt nachstehend R n . 81) zu empfehlen.
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ee) Inhalt der Mitteilung. N a c h Absatz 1 Satz 2 sind in der Mitteilung der „andere V R und die Versicherungssumme a n z u g e b e n " . D e r Gesetzeswortlaut ist, da eine mehrfache Versicherung nicht nur bei dem Nebeneinander von zwei, sondern auch von mehr als zwei Versicherungsverträgen vorliegen k a n n , jedenfalls dahin zu erweitern, dass nicht nur „ d e r " andere V R anzugeben ist, sondern „ a l l e " anderen V R . Umstritten ist allerdings, o b sich die Mitteilung auf den N a m e n der bzw. des V R und die Mitteilung der jeweils anderen Versicherungssumme(n) beschränken darf. Dies wird teilweise mit dem Hinweis bejaht, der V R , der nähere I n f o r m a t i o n e n wünsche, k ö n n e diese nach der ersten Mitteilung erfragen; der Mitteilungspflichtige müsse dann a n t w o r t e n . 1 4 1 Richtigerweise sind jedoch unaufgefordert auch Angaben zur Interessen- und Gefahrenidentität zu m a c h e n , damit der betroffene V R beurteilen k a n n , für welche Interessen und Gefahren die m e h r f a c h e Versicherung entstanden i s t . 1 4 2 D a b e i wird m a n allerdings an die Erfüllung der über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Mitteilungspflicht keine zu hohe Anforderung stellen k ö n n e n und es auch als ausreichend ansehen müssen, wenn der M i t teilungspflichtige nur den N a m e n des oder der anderen V R und die jeweilige(n) Versicherungssumme(n) miteilt, im Übrigen aber zur K o n t a k t a u f n a h m e mit dem oder den anderen V R auffordert. Die Vorlage von Unterlagen zu dem bei dem anderen V R abgeschlossenen Versicherungsvertrag k a n n ein V R nicht verlangen, ebenso wenig besteht eine Verpflichtung zur weitergehenden Offenlegung des Inhaltes des mit einem anderen V R geschlossenen Versicherungsvertrages, etwa der dazu vereinbarten P r ä m i e . 1 4 3
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Bruck/Möller/Mö//er8 § 58 Rn. 34. Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 58 Rn. 15; Berliner Kommentar¡Schauer § 58 Rn. 20; Bruck/Möller/Möller* § 58 Rn. 36; HKYVG/Brambach § 77 Rn. 13; Kisch Mehrfache Versicherung S. 36. Bruck/Möller/Mö//er8 § 58 Anm. 36; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 23; Beckmann/Matsuche-BeckmannMrmèrMsîer2 § 6 Rn. 32. Prölss/Martin/Ko//fcosser § 58 Rn. 14; ebenso wohl Bruck PVR S. 540 (wonach nur der VR und die Versicherungssumme anzugeben sind, die Mitteilung aber durch Verein-
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barung auf andere Umstände erstreckt werden könne). Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 58 Anm. 37; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 17; Kisch Mehrfache Versicherung S. 35 f. Bruck/Möller/MöWer8 § 58 Anm. 37; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 17; HKW G / B r a m b a c h § 77 Rn. 11 (der aber darauf hinweist, es müssten die Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen mitgeteilt werden, was aber wohl nicht im Sinne der Vorlage dieser Unterlagen gemeint ist).
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Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
d) Folgen einer Verletzung der Mitteilungspflicht 83
aa) Gesetzliche Rechtfolgen. Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Mitteilungspflicht hängen unmittelbar mit deren R e c h t s c h a r a k t e r zusammen (siehe R n . 6 8 ) . Richtigerweise handelt es sich nicht um eine gesetzliche Obliegenheit, sondern um eine echte Rechtspflicht (Rn. 6 8 ) . D e r V N ist bei schuldhafter Verletzung der Mitteilungspflicht dem V R g e m ä ß § § 2 4 1 Abs. 2 , 2 8 0 Abs. 1 B G B zum Schadenersatz verpflichtet. 1 4 4 Wer allerdings, fälschlich, von einer gesetzlichen Obliegenheit ausgeht, muss zu dem Ergebnis k o m m e n , dass eine Verletzung der Mitteilungspflicht sanktionslos bleibt und diese Pflicht damit ein „Schwert mit stumpfer K l i n g e " i s t . 1 4 5
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bb) Vertraglich vereinbarte Rechtsfolgen. Es ist zulässig, die Mitteilungspflicht des § 7 7 als vertragliche Obliegenheit auszugestalten; 1 4 6 in den meisten gebräuchlichen ÄVB sowohl nach a l t e m 1 4 7 als auch nach n e u e m 1 4 8 R e c h t war bzw. ist dieses der Fall. Soweit hiervon G e b r a u c h gemacht wird, richten sich die Rechtsfolgen einer Verletzung der M i t teilungspflicht (auch) nach § 2 8 bzw. nach den entsprechenden im Vertrag vereinbarten Regelungen, soweit diese § 2 8 inhaltlich wiederholen bzw. in zulässiger Weise von § 2 8 abweichen. D e m n a c h k o m m e n als Rechtsfolgen ein Kündigungsrecht des V R innerhalb eines M o n a t s nach Kenntniserlangung sowie Leistungsfreiheit des V R im Versicherungsfall in Betracht. Voraussetzung ist allerdings stets, dass den V N bzw. Versicherten zumindest grobe Fahrlässigkeit trifft. Ergänzend wird auf die Kommentierungen zu § 2 8 und § 3 2 verwiesen.
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Z u m alten R e c h t ist teilweise diskutiert w o r d e n , o b die Vereinbarung eines aus der Verletzung der Obliegenheitspflicht folgenden Kündigungsrechts oder die Leistungsfreiheit im Hinblick auf den besonderen sozialen Schutzzweck des Versicherungsvertrages (etwa K r a n k e n - und Haftpflichtversicherung) oder der in § 5 9 a.F. enthaltenen Wertung, w o n a c h nur die betrügerische Doppelversicherung nichtig ist (entsprechende Regelung enthält nach neuem R e c h t § 7 8 Abs. 3, siehe dortige K o m m e n t i e r u n g ) , einschränkend auszulegen bzw. AGB-rechtlich bedenklich i s t . 1 4 9 Im Hinblick auf die grundlegende Umgestaltung des R e c h t s der vertraglichen Obliegenheiten durch § 2 8 gegenüber § 6 a.F. besteht für derartige Einschränkungen, selbst wenn sie nach altem R e c h t zu befürworten sein sollten, heute keine Veranlassung mehr. Insbesondere ist auf die Beschränkung von Rechtsfolgen auf die Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit (§ 2 8 Abs. 1 und 2 ) , die Quotelung der Leistungsfreiheit bei grober Fahrlässigkeit ( § 2 8 Abs. 2 Satz 2 ) sowie auf die umfassende Ausdehnung des Relevanzerfordernisses zu verweisen (§ 2 8 Abs. 3 ) .
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Soweit die Mitteilungspflicht als vertragliche Obliegenheit vereinbart ist, ist diese im Zweifel so auszulegen, dass sich der V R dann auf eine Obliegenheitsverletzung nicht
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Motive S. 129; P r ö l s s / M a r t i n / K o / / W e r § 58 Rn. 17; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 21; Römer/Langheid § 58 Rn. 10; TerbilldTerbille MAH § 2 Rn. 318; HKVWGIBrambach § 77 Rn. 13; Beckmann/ Matusche-Beckmann/Arrafcräsier2 § 6 Rn. 30; Kisch Mehrfache Versicherung S. 38. So ausdrücklich Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 39; vgl. im Übrigen Literaturhinweise zu dieser Ansicht in der Kommentierung bei Rn. 68.
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Motive S. 129; Prölss/Martin/Kollhosser § 58 Rn. 21 ff.; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 24; Römer/Langheid § 58 Rn. 10; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 39 ff. Etwa § 9 Nr. 1 AFB 87/94, AERB 87/94, AWB 87/94, AStB 87/94. Etwa Abschnitt „B" § 11 Nr. 1 und 2 AFB 2008, AERB 2008, AWB 2008, AStB 2008. Vgl. jeweils m.w.N. Prölss/Martin/JCo/ttosser § 58 Rn. 22 ff.; Berliner Kommentar/ Schauer § 58 Rn. 24.
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berufen kann, wenn er sich auch nicht darauf berufen kann, die gesetzliche Mitteilungspflicht nach § 77 sei verletzt. So kann sich der VR insbesondere im Versicherungsfall nicht auf eine Obliegenheitsverletzung berufen, wenn ihm zwar die mehrfache Versicherung nicht angezeigt wurde, er aber in anderer Weise positive Kenntnis hiervon erlangt hat, ohne hierauf zu reagieren. 150 2. Zusätzliche Rechtsfolgen Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen von Absatz 1 oder Absatz 2 vor, ist zu 8 7 unterscheiden zwischen möglichen gesetzlichen Rechtsfolgen und in Betracht kommenden vertraglichen Vereinbarungen. a) Prämie bei mehrfacher Versicherung. Eine mehrfache Versicherung beeinflusst als 8 8 solche das Prämienschicksal nicht, was sich daraus rechtfertigt, dass jeder VR grundsätzlich leistungspflichtig bleibt. 151 Etwas anderes kann sich allerdings ergeben, wenn bei Ausgestaltung der Mitteilungspflicht als vertragliche Obliegenheit der VR zulässigerweise von seinem Kündigungsrecht entsprechend § 28 Abs. 1 Gebrauch macht, eine betrügerische Mehrfachversicherung im Sinne von § 78 Abs. 3 vorliegt oder der VR gemäß § 79 von dem Recht auf Aufhebung des später geschlossenen Vertrages bzw. einer verhältnismäßigen Minderung der Prämie unter Absenkung der Versicherungssumme Gebrauch macht. b) Gefahrtragung bei mehrfacher Versicherung. Bei mehrfacher Versicherung liegen verschiedene Versicherungsverträge vor, die isoliert zu beurteilen sind. Insbesondere beurteilt sich daher die Leistungspflicht der VR der einzelnen Versicherungsverträge getrennt voneinander. 152 Im Hinblick auf das Vorliegen einer mehrfachen Versicherung kann es aber zu einer Beschränkung der Leistungspflicht des VR im Wege eines aufzurechnenden Schadenersatzanspruchs, aufgrund Verletzung der gesetzlichen Mitteilungspflicht in den Grenzen von § 28 bei Vereinbarung der Mitteilungspflicht als vertragliche Obliegenheit sowie - nur in den Fällen von Absatz 1 - bei zusätzlichem Vorliegen der qualifizierten Voraussetzungen von § 78 kommen.
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c) Vertragliche Vereinbarungen. Da § 77 zu Lasten des V N abdingbar ist (Rn. 97), liegen § 77 erweiternde vertragliche Vereinbarungen nicht nur vor, sofern die gesetzliche Mitteilungspflicht als vertragliche Obliegenheit ausgestaltet wird (dazu bereits schon Rn. 84 ff.), sondern auch dann, wenn an den Tatbestand einer mehrfachen Versicherung bzw. eines Nebeneinanders von Versicherungen im Sinne von Absatz 2 zusätzliche Rechtfolgen geknüpft werden. Auf die beiden wichtigsten Konstellationen aus der Praxis wird nachstehend eingegangen.
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Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbriister2 § 6 Rn. 30; folgerichtig daher Abschnitt „B" § 11 Nr. 2 Abs. 2 AFB 2008, AERB 2008, AWB 2008, AStB 2008 (wonach die Leistungsfreiheit bei vorsätzlich oder grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht zwar grundsätzlich an die Voraussetzungen einer Obliegenheitsverlet-
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zung geknüpft sind, die Leistungsfreiheit jedoch (auch) dann nicht eintritt, wenn der VR vor Eintritt des Versicherungsfalles Kenntnis von der anderen Versicherung erlangt hat). Bruck/Möller/Mö/fer 8 § 58 Rn. 49. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Rn. 50.
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aa) Verbot oder Zustimmungsvorbehalt für weiteren Versicherungsvertrag. Da ein VR grundsätzlich ein bereits durch den historischen Gesetzgeber anerkanntes Recht hat, den Abschluss weiterer Versicherungen zu verbieten oder von der Zustimmung des bisherigen V R abhängig zu machen, 1 5 3 sind Klauseln in AVB nicht zu beanstanden, 1 5 4 nach denen der Abschluss eines weiteren Versicherungsvertrages, der zu einer mehrfachen Versicherung führt, verboten wird oder der Zustimmung des V R bedarf. Derartige Regelungen sind als vertragliche Obliegenheiten zu werten. Als Rechtsfolgen einer Verletzung kommen in den durch § 2 8 vorgegebenen Grenzen ein Kündigungsrecht des V R sowie dessen Leistungsfreiheit in Betracht. 1 5 5 Soweit hiergegen im alten Recht Bedenken vorgebracht wurden, 1 5 6 dürften diese auf Grund der Umgestaltung des Rechts der vertraglichen Obliegenheiten durch § 2 8 überholt sein. Auf die entsprechenden Ausführungen im Rahmen der als vertragliche Obliegenheit ausgestalteten Mitteilungspflicht wird verwiesen (Rn. 85).
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bb) Anrechnung von Versicherungsleistungen bzw. Entschädigungsgrenzen. Unabhängig von den vorstehend erörterten Klauseln sind Regelungen zu beurteilen, die bei dem Vorliegen einer mehrfachen Versicherung (auch soweit keine Mehrfachversicherung im Sinne von § 78 vorliegt) Begrenzungen der Entschädigungspflicht des V R vorsehen. Dies gilt insbesondere für die Klauseln, nach denen bei Abschluss eines weiteren Vertrages die Entschädigung aus allen Verträgen den Betrag des Schadens nach Abzug des Selbstbehaltes des früheren Vertrages nicht überschreiten darf. Sinn einer solchen Vereinbarung ist zumeist, den von dem Erst-VR gewünschten Effekt zu erhalten, wonach der mit dem Erst-VR vereinbarte Selbstbehalt nicht versichert werden darf (obligatorische Selbstbeteiligung 157 ), um damit zu bewirken, dass der V N an dem Nichteintritt der Gefahr interessiert bleibt. 1 5 8 In der Vorauflage war vertreten worden, das in einer solchen Klausel liegende Verbot einer mehrfachen Versicherung sei als Obliegenheit anzusehen, so dass die Entschädigungsbegrenzung nur bei Verschulden des V N entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 1 W G a.F. eingreife. 159 Richtigerweise handelt es sich jedoch um reine Entschädigungsbegrenzungen, auf die die Regeln der Obliegenheitsverletzung nicht anzuwenden sind 1 6 0 und die daher in den Grenzen von §§ 3 0 5 c ff. B G B zulässig sind.
IV. Konkurrenz zu anderen Mitteilungspflichten 1. Vorvertragliche Anzeigepflicht 93
Das Verhältnis zwischen der Mitteilungspflicht bei mehrfacher Versicherung zur vorvertraglichen Anzeigepflicht ist umstritten. Die Vorauflage hatte hierzu die Ansicht vertreten, § 58 a.F. stelle eine lex specialis dar, die die Anwendbarkeit der Vorschriften zur
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Motive S. 129.
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Prölss/MartinJKollhosser § 5 8 Rn. 2 5 f.; Berliner K o m m e n t a r / S c h a u e r § 5 8 Rn. 2 5 ; Römer!Langheid § 5 8 Rn. 12.
Kisch Mehrfache Versicherung S. 2 2 7 f.; Berliner K o m m e n t a r / S c h a u e r § 5 8 Rn. 2 5 .
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B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 8 Rn. 4 8 m.w.N.; so wohl auch Kisch Mehrfache Versicherung S. 2 3 4 .
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Prölss/Martin/Ko/M>osser § 5 8 Rn. 2 7 ; Berliner K o m m e n t a r / S c h a u e r § 5 8 Rn. 2 5 ; Martin SVR Rn. Τ II 9; Beckmann/MatuscheBcckmannJArmbrüster1 § 6 Rn. 2 5 .
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So zum alten Recht P r ö l s s / M a r t i n / K o / / hosser § 5 8 Rn. 2 6 .
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Berliner K o m m e n t a r / S c h a u e r § 5 8 Rn. 2 5 .
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Dazu auch Bruck/Möller/Scfcrcepp § 7 5 Rn. 7 3 f.
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vertraglichen Anzeigepflicht ausschließe. 161 Nach ganz herrschender Meinung ist das Bestehen einer anderen Versicherung auch im Rahmen der vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuzeigen. 162 Stellungnahme: Dieser herrschenden Ansicht ist zuzustimmen. Die Mitteilungspflicht des § 7 7 und vorvertragliche Anzeigepflichten stehen selbständig nebeneinander. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach dem neuen Recht die vorvertragliche Anzeigepflicht ohnehin nur noch für Umstände gilt, nach denen der V R in Textform gefragt hat (§ 19 Abs. 1 Satz 1), so dass die teilweise nach altem Recht zur vertraglichen Anzeigepflicht vorgenommene Beschränkung, anderweitige Versicherungen seien nur bei ausdrücklicher Nachfrage im Rahmen der vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuzeigen, 163 nicht mehr erforderlich ist. Für die herrschende Meinung ist außerdem eine ansonsten bestehende Ungleichbehandlung zur Summenversicherung anzuführen: 1 6 4 Bei der Summenversicherung, für die § 7 7 nicht gilt (Rn. 16), gehört die Anzeige einer anderweitigen Versicherung zu den anzeigepflichtigen Gefahrumständen. 1 6 5
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2. Anzeigepflicht bei Gefahrerhöhung § 7 7 geht als lex sepcialis den Vorschriften zur Gefahrerhöhung, insbesondere der Anzeigepflicht gemäß § 2 3 Abs. 2 und den Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Pflicht gemäß § § 2 4 Abs. 2, 2 6 Abs. 2 und 3 vor. 1 6 6
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3. Auskunftspflicht nach dem Eintritt des Versicherungsfalls Die Mitteilungspflicht nach § 7 7 und die Auskunftspflicht des V N nach Eintritt des Versicherungsfalles gemäß § 31 bzw. dementsprechende vertraglich vereinbarte Auskunftspflichten stehen selbständig nebeneinander. 167
C.
Abdingbarkeit
Wie sich im Umkehrschluss aus § 87 ergibt, ist § 7 7 nicht zwingend, sondern umfassend abdingbar. Die Regelung kann daher sowohl zu Gunsten als auch - bei AVB im 161
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Bruck/Möller/Möller* § 5 8 Rn. 2 7 ; ebenso
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Ganz h . M . , Prölss/Martin/Kollhosser § 5 8 Rn. 19; Berliner Kommentar /Schauer § 5 8 Rn. 7; Bruck/Möller/MöHer 8 S 5 8 Anm. 2 7 ; Bcckmann/Matusche-BeckmannMra?brüster2 § 6 Rn. 3 4 ; Honsell VersR 1 9 8 2 112, 114.
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B r u c k / M ö l I e r / M ö / / e r 8 § 5 8 Anm. 2 7 ; so wohl auch B G H 19.3.1981 VersR 1981 6 2 5 ; ebenso wohl Prölss/Martin/Prö/ss § 3 4 Rn. 6 und R ö m e r / L a n g h e i d § 3 4 Rn. 2 0 (wo jeweils zu § 3 4 a.F. eine Pflicht angenommen wird, anderweitig bestehende Versicherungsverträge anzugeben, ohne die Frage der Konkurrenz zu § 5 8 a.F. zu thematisieren).
Honsell VersR 1 9 8 2 112, 113. Pröks/Martin/Kollhosser § 5 8 Rn. 18; Berliner Kommentar¡Schauer $ 5 8 Rn. 6; Kisch Mehrfache Versicherung S. 2 9 ; Bruck PVR S. 5 4 0 ; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Armbrüster2 § 6 Rn. 3 4 ; ebenso im Ergebnis B r u c k / M ö l l e r / R o / / s § 19 Rn. 51 (ohne jedoch auf die Konkurrenz zu § 7 7 einzugehen).
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Etwa Kisch Mehrfache Versicherung S. 2 9 ; Bruck PVR S. 5 4 0 ; ebenso wohl O L G H a m m 2 4 . 9 . 1 9 8 6 1 9 8 8 173.
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Berliner Kommentar¡Schauer § 5 8 Rn. 6. B G H 8 . 6 . 1 9 7 7 VersR 1 9 7 7 6 6 0 , 6 6 0 f.; O L G H a m m 2 9 . 4 . 1 9 9 2 RuS 1 9 9 2 361 und 3 9 8 ; O L G Saarbrücken 1 8 . 6 . 1 9 8 5 VersR 1 9 8 7 9 8 , 99.
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R a h m e n der § § 3 0 5 c ff. B G B - zu Lasten des V N abgeändert w e r d e n . 1 6 8 So k a n n insbesondere eine bestimmte F o r m der Mitteilung, insbesondere die Schriftform, vereinbart werden ( R n . 81), die Mitteilungspflicht des § 7 7 k a n n als vertragliche Obliegenheit ausgestaltet sein (Rn. 8 4 bis 8 6 ) und es k ö n n e n an das Vorliegen der beiden Tatbestände von § 7 7 zusätzliche Rechtsfolgen angeknüpft werden, insbesondere einen Zustimmungsvorbehalt des V R für weitere Versicherungsverträge ( R n . 91) sowie die Anrechnung von anderen Versicherungsleistungen ( R n . 9 2 ) . Schließlich ist es auch möglich, die Mitteilungspflichten einzuschränken, indem etwa eine Anzeige nur für bestimmte Versicherungen erforderlich i s t . 1 6 9
D. 98
Beweislast
D e r V R , der sich auf die Verletzung der Mitteilungspflicht beruft, muss deren objektiven Tatbestand beweisen, d.h. das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen gem ä ß Absatz 1 oder Absatz 2 . 1 7 0 D a die Kenntnis des Anzeigepflichtigen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Verletzung der Mitteilungspflicht gehört ( R n . 7 2 ) , obliegt dem V R auch insoweit die Beweislast. 1 7 1 D e r Mitteilungsbelastete hat zu beweisen, ihn treffe an der unterlassenen Mitteilung
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kein Verschulden oder der V R habe anderweitig rechtzeitig Kenntnis e r l a n g t . 1 7 2 100
M a c h t der V R einen Schadenersatzanspruch geltend, obliegt ihm nach allgemeinen Grundsätzen der Beweis eines kausalen Schadens. 1 7 3
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Umstritten ist die Frage, wer für Versendung und Zugang der Mitteilung die Beweislast trägt. Die Vorauflage hatte die Ansicht vertreten, der Mitteilungspflichtige h a b e zu beweisen, die Mitteilung rechtzeitig abgesandt zu h a b e n . 1 7 4 Andere Stimmen wollen dem Mitteilungspflichtigen zwar auch den N a c h w e i s der Absendung der Mitteilung aufbürden, bei gelungenem N a c h w e i s jedoch dem V R die Beweislast dafür auferlegen, dass er die Mitteilung nicht erhalten h a t . 1 7 5 Schließlich wird, allerdings nicht unmittelbar zu § 77, sondern zu einer inhaltsgleich vereinbarten vertraglichen Obliegenheit - im Anschluss an eine dementsprechende generelle Rechtsauffassung zur Rechtslage bei vertraglichen Obliegenheiten - vertreten, dem Mitteilungspflichtigen obliege der N a c h w e i s , dass
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Allg. M.: Berliner Kommentar/Schauer §58 Rn. 22; Prölss/Martin/Ko//fcossir § 58 Rn. 20; H K - W G / B r a m b a c h § 77 Rn. 15; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster2 § 6 Rn. 32. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 28; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 23; Beckmann/Matusche-BeckmannMrmèrMsîer2 § 6 Rn. 32. Insoweit allg. M.: Prolss/Martin/Ko/Wjosser § 58 Rn. 28; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 26; Bruck/Möller/Möller* § 58 Anm. 45; H K - W G / B r a m b a c h § 77 Rn. 16; differenzierend, aber im Ergebnis wohl nicht anders Baumgärtel/Prö/ss § 58 Rn. 1 ff. Bruck/Möller/Mö/fer 8 § 58 Anm. 45.
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Allg. M.: Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 58 Rn. 28; Berliner Kommentar/Schauer § 58 Rn. 26; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 45; HK-WG/Brambach § 77 Rn. 16; im Ergebnis ebenso jedoch differenzierend Baumgärtel/Prö/ss § 58 Rn. 1 ff. Baumgärtel/Prö/ss § 58 Rn. 1. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 45; ebenso wohl Hansen Beweislast S. 94. Drefahl S. 41 f.; ebenso wohl Kisch Mehrfache Versicherung S. 37 (wo zwar auch beide Nachweisnotwendigkeiten benannt werden, nicht aber deren Verhältnis zueinander).
Winfried Schnepp
Mehrere Versicherer
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er dem VR die Mitteilung gemacht hat, 1 7 6 was wohl dahin zu verstehen ist, dass der VN auch den Zugang bei dem VR zu beweisen hat. Allerdings wird zur Rechtslage bei vertraglichen Obliegenheiten wohl nur von einer Mindermeinung vertreten, dass denjenigen, den eine vertragliche Anzeigeobliegenheit trifft, die volle Beweislast für die Erfüllung der Anzeigeobliegenheit trifft, 1 7 7 während die wohl überwiegende Rechtsprechung 178 und andere Stimmen der Literatur 1 7 9 dies ablehnen und dem VR auch den Beweis auferlegen, dass der VN die Anzeige nicht abgesandt hat. Stellungnahme: Ausgangspunkt muss sein, dass eine Verletzung der gesetzlichen Mitteilungspflicht (gleiches gilt für eine etwaige vertragliche Anzeigeobliegenheiten) nicht nur voraussetzt, dass die Mitteilungspflicht besteht, sondern die gebotene Mitteilung auch unterblieben ist. Dies rechtfertigt es grundsätzlich, dem VR die Beweislast für beide Umstände aufzuerlegen. Allein die Tatsache, dass dem VR der Beweis eines Negativum (NichtZugang der Anzeige) obliegt, steht dem nach allgemeinen Grundsätzen nicht entgegen. 180 Hierfür ist auch § 69 Abs. 3 anzuführen, der an systematisch unpassender Stelle 181 eine Beweislastverteilung für Willenserklärungen (Satz 1) sowie für die Verletzung von Anzeigepflichten oder von Obliegenheiten (Satz 2) enthält. § 69 Abs. 3 betrifft aufgrund des Gesetzeszusammenhanges zwar unmittelbar nur Fälle der Einschaltung eines Versicherungsvertreters, kann jedoch als allgemeiner Grundsatz angesehen werden. 1 8 2 Soweit die Pflicht zur Anzeige anderweitiger Versicherung als vertragliche Obliegenheit ausgestaltet ist (Rn. 84 ff.), folgt demnach schon aus § 69 Abs. 3 Satz 2 (zumindest analog), dass den VR die volle Beweislast trifft. 1 8 3 Gleiches gilt aber auch, soweit es sich um die gesetzliche Pflicht aus § 77 handelt; da es sich bei dieser Pflicht nicht um eine Willens-, sondern um eine Wissenserklärung handelt (Rn. 69), ist nicht etwa § 69 Abs. 3 Satz 1, sondern aufgrund der Verletzung einer bestehenden Anzeigepflicht § 69 Abs. 3 Satz 2 heranzuziehen. Die demnach den VR treffende Beweislast wird allerdings durch eine den VN treffende erhöhte Substantiierungslast (sekundäre Behauptungslast) eingeschränkt; der VN muss substantiiert darlegen, wo, wann und wie er eine Mitteilung nach § 77 erstattet bzw. abgesandt hat. 1 8 4
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Baumgärtel/Prö/ss § 58 Rn. 2 unter Verweis auf § 6 Rn. 2, wo dem VN die Beweislast dafür auferlegt wird, dass er den VR die Anzeige des Versicherungsfalls oder der Polizei die Stehlgutliste übersandt hat. Baumgärtel/Prö/ss § 6 Rn. 2 ff.; Prölss/ MartinJPrölss § 6 Rn. 124; Römer/Langheid § 33 Rn. 22. BGH 3.11.1966 VersR 1967 56, 59; OLG Hamburg 27.8.1993 VersR 1994 668, 668 f.; OLG H a m m 18.5.1988 RuS 1988 302, 302 f.; OLG Köln 19.11.1992 VersR 1993 310, 311; OLG Köln 16.8.1994 VersR 1995 567.
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Berliner Kommentar/Schwintowski §6 Rn. 255; BrucUMoller/ftess § 28 Rn. 214; Römer/Langheid $ 6 Rn. 10; Hansen Beweislast S. 148 f. BGH 5.11.1980 NJW 1981 577; 13.12.1984 N J W 1985 1744, 1745; 5.7.1989 NJW 1989 3232, 3233; Römer/Langheid § 6 Rn. 112 m.w.N. Pohlmann VersR 2008 437, 438. Bruck/Möller/Hms S 28 Rn. 214; Pohlmann VersR 2008 437, 438 und 442. Bruck/Möller/Heiss S 28 Rn. 214. Bruck/Möller/He/ss § 28 Rn. 214.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften §78 H a f t u n g bei M e h r f a c h v e r s i c h e r u n g
(1) Ist bei mehreren Versicherern ein Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert und übersteigen die Versicherungssummen zusammen den Versicherungswert oder übersteigt aus anderen Gründen die Summe der Entschädigungen, die von jedem Versicherer ohne Bestehen der anderen Versicherung zu zahlen wären, den Gesamtschaden (Mehrfachversicherung), haften die Versicherer in der Weise als Gesamtschuldner, dass jeder Versicherer den von ihm nach dem Vertrag zu leistenden Betrag zu zahlen hat, der Versicherungsnehmer aber insgesamt nicht mehr als den Betrag des Schadens verlangen kann. (2) Die Versicherer sind im Verhältnis zueinander zu Anteilen nach Maßgabe der Beträge verpflichtet, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen haben. Ist auf eine der Versicherungen ausländisches Recht anzuwenden, kann der Versicherer, für den das ausländische Recht gilt, gegen den anderen Versicherer einen Anspruch auf Ausgleichung nur geltend machen, wenn er selbst nach dem für ihn maßgeblichen Recht zur Ausgleichung verpflichtet ist. (3) Hat der Versicherungsnehmer eine Mehrfachversicherung in der Absicht vereinbart, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist jeder in dieser Absicht geschlossene Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.
Schrifttum Ackmann Doppelversichererregreß (§ 59 Abs. 2 W G ) im Falle des Zusammentreffens von Fahrzeugvollversicherung des Eigentümers und „Fremdfahrzeugversicherung"? VersR 1991 1103; Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung (1994); ders. Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters, LMK 2008 267355; Armbrust Subsidiaritätsabreden in Versicherungsverträgen, Diss. Hamburg 1991; Basedow Doppelversicherung. Eine rechtsvergleichende Studie, Diss. Hamburg 1934; Bertkau Kurze Verjährung von Ansprüchen des Vermieters wegen Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache, RuS 2008 460; Blatick Doppelversicherung bei Zusammentreffen mehrerer Versicherungen mit Subsidiaritätsklausel, VersR 1973 705; Boldt Zur Ausgleichspflicht beim Zusammentreffen von Fremd- und Außenversicherung in der Feuerversicherung, VW 1974 713; ders. Nochmals: Zur Ausgleichspflicht beim Zusammentreffen von Fremd- und Außenversicherung in der Feuerversicherung, VW 1974 1012; ders. Die Situation des Versicherungsnehmers bei der summarischen Versicherung eigener und durch den Eigentümer ebenfalls versicherter fremder Sachen in Falle der Unterversicherung, VersR 1977 308; Dietz Hausratversicherung 84, 2. Auflage (1987; zit. Dietz HausratV); Fenyves Aktuelle Probleme der Subsidiaritätsklausel (1989); Golinski Die Regulierung von Feuerschäden beim Zusammentreffen von Fremd- und Außenversicherung, RuS 1976 262; Grommelt Ausgleichsanspruch gem. § 59 II 1 W G analog und Regreßverzichtsabkommen der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen, RuS 2007 230; ders. Anmerkung zu den Hinweisbeschlüssen OLG Köln vom I.9.2008 und OLG Hamburg 13.2.2009, VersR 2009, 240, VersR 2009 241; Günther Der Regreß des Sachversicherers, 3. Auflage (2008, zit. Günther Regreß); ders. Anmerkung zu den BGH-Urteilen vom 13.9.2006, VersR 2006 1539; ders. Anmerkung zum Urteil des OLG Bamberg vom II.2.2007 VersR 2007, 1651, VersR 2007 1652; Hinz Die Über- und Unterversicherung im deutschen Privatversicherungsrecht, Diss. Hamburg 1963; Jabornegg Das Risiko des Versicherers (1979); Keller Das Internationale Versicherungsvertragsrecht der Schweiz, Diss. Bern 1962; Kisch Die mehrfache Versicherung desselben Interesses (1935; zit. Kisch Mehrfache Versicherung); Kohleick Die Doppelversicherung im deutschen Versicherungsvertragsrecht (1999); Looschelders Anmerkung zu den BGH-Urteilen vom 13.9.2006, JR 2007 424; Martin Zusammentreffen zweier Subsidiaritätsab-
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
reden, VersR 1973 691; ders. Anmerkung zum Urteil des OLG Hamm vom 30.3.1973 VersR 1974, 154, VersR 1974 253; ders. Deckung des Haftpflichtrisikos der Sachversicherung VersR 1974 821; ders. Anmerkung zum Urteil des OLG Karlsruhe vom 17.12.1975 VersR 1976, 239, VersR 1976 240; ders. Regreß des Doppelversicherers gegen den Versicherungsnehmer des anderen Doppelversicherers? VersR 1978 881; ders. Aktuelle Fragen der Unterversicherung, VersRdsch 1985 1; Neugebauer Zum Ausgleich zwischen dem Gebäudeversicherer des Vermieters und dem Haftpflichtversicherer des für Sachschäden verantwortlichen Mieters, VersR 2007 623; Piepenbrock Regreß des Gebäudeversicherers gegen den Mieter vor dem Aus? VersR 2008 319; J. P. Prölss Anmerkung zum Urteil des BGH vom 12.12.1975 VersR 1976, 625; VersR 1977 367; ders. Regreß- und Ausgleichsprobleme bei der Versicherung fremder Gebäudeteile im Rahmen der Hausratversicherung (§ 3 C Nr. 2 VHB), VersR 1977 695; ders. Stille Teilhabe an fremden Versicherungsverträgen - zur konkludenten Einbeziehung von Drittinteressen in der Sachversicherung, RuS 1997 221; Roth Internationales Versicherungsvertragsrecht (1985); Schirmer Zur Versicherung des Sachersatzinteresses in der Sachversicherung, ZVersWiss 1981 639; ders. Das „kranke" Versicherungsverhältnis zwischen KH-Versicherer und Versicherungsnehmer, VersR 1986 825; Schwickert Mieterregreß in der Sach- und Haftpflichtversicherung - Ist jetzt alles geklärt? VersR 2007 773; Segger Der unmittelbare Ausgleich zwischen Sach- und Haftpflichtversicherer in der Industrieversicherung, VersR 2006 38; Sexauer Anmerkung zum Urteil des OLG Naumburg vom 19.5.2005 VuR 2005, 471, VuR 2005 473; Siegel Zur Bedeutung des Regreßverzichtsabkommens der Feuerversicherer für den analogen Ausgleichsanspruch des Gebäude-Feuerversicherers gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters, RuS 2007 498; ders. Das Regressverzichtsabkommen der Feuerversicherer, VersR 2009 46; ders. Anmerkung zum Urteil des OLG Koblenz vom 5.12.2008 VersR 2009, 676, VersR 2009 678; Staudinger/Kassing Der Regress des Gebäudeversicherers gegen den Mieter im Lichte der WG-Reform, VersR 2007 10; Stenzaly Ausgleichsregelung beim Zusammentreffen von Fremd- und Außenversicherung nach § 59 W G (Doppelversicherung), VW 1977 664; Vogel Subsidiaritätsabreden und Doppelversicherung, ZVersWiss 1973 563; Wälder Anmerkung zu mehreren Entscheidungen zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters VersR 2007, 376, VersR 2007 381; Wolter Anmerkungen zum Urteil des LG Kassel vom 25.1.2007 VersR 2007, 986, VersR 2007 987.
Übersicht Rn. A. I. Π. ΙΠ.
Einführung Entstehungsgeschichte Inhalt und Zweck der Regelung Anwendungsbereich
1. Grundsatz 2. Negative Abgrenzung des Anwendungsbereichs 3. Fälle der analogen Anwendung von 5 78 B. Tatbestandsmerkmale des § 78 I. Tatbestandliche Voraussetzungen der Mehrfachversicherung 1. Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 7 7 Abs. 1 . . a) Grundsatz b) Besonderheiten aa) Zeitpunkt der Feststellung . bb) Mehrheit von Versicherern . cc) Teilidentität des Interesses, der Gefahr, der Gefahrtragungszeit und des Versicherungsortes . dd) Schadensursächlichkeit unterschiedlicher Gefahren 2. Voraussetzungen gemäß Absatz 1 1. Alternative
1 1 4 8 8 9 11 15 15 .
. .
.
15 15 16 16 17
18 19 20
Rn. a) Versicherungswert b) Versicherungssummen c) Den Versicherungswert übersteigende Versicherungssummen . . 3. Voraussetzung gemäß Absatz 1 2. Alternative a) Anwendungsbereich der 2. Alternative b) Von jedem Versicherer geschuldete Entschädigung aa) Redaktionsversehen bb) Isolierte Ermittlung des Entschädigungsbetrages cc) Gesamtentschädigungsgrenzen c) Feststellung des Gesamtschadens . d) Den Gesamtschaden übersteigende Entschädigungen II. Rechtsfolgen der Mehrfachversicherung im Außenverhältnis gemäß Absatz 1 . . . 1. Grundsatz der gesamtschuldnerischen Haftung a) Begründung der Gesamtschuld durch Gesetz b) Umfang der Gesamtschuld (Modifizierung von § 4 2 1 BGB)
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22 28 34 37 38 40 41 42 43 44 46 47 49 50 51
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§ 7 8
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften Rn.
Rn. c) Wahlrecht des Versicherungsnehmers (weitere Modifizierung von § 421 BGB) d) Wirkung der Erfüllung und Erfüllungssurrogate (teilweise Modifikation von § 4 2 2 BGB) e) Wirkung eines Erlasses (§ 4 2 3 BGB), insbesondere eines Vergleichs f) Gläubigerverzug (§ 4 2 4 BGB) . . . g) Wirkung anderer Tatsachen . . . . h) Streitgenossenschaft i) Natural- und Geldersatz j) Abtretung, Verpfändung und Pfändung k) Zuvielzahlungen, Bereicherung . . . 2. Spezielle Probleme a) Versicherung für fremde Rechnung . b) Rettungskosten und Schadenermittlungskosten c) Vorteilsausgleichung und Regress (Ersatzansprüche gegen Dritte) . . . ΠΙ. Rechtsfolgen der (einfachen) Mehrfachversicherung im Innenverhältnis gemäß Absatz 2 1. Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 Satz 1 a) Rechtsgrundlage b) Entstehung der Ansprüche c) Inhalt der Ansprüche d) Umfang des Ausgleichs aa) Grundsatz bb) Ausgleich nach vollständiger Zahlung im Außenverhältnis . . cc) Ausgleich nach nicht vollständiger Zahlung im Außenverhältnis e) Einschränkungen des Ausgleichs . . aa) Eintrittspflicht im Zeitpunkt des Versicherungsfalls bb) Leistungsfreiheit durch Umstände nach Eintritt des Versicherungsfalls cc) Sonderfall: Wirkung eines Erlasses (§ 4 2 3 BGB), insbesondere eines Vergleichs . . . f) Berücksichtung von Ersatzansprüchen aa) Grundfall: Schädiger ist externer Dritter bb) Sonderfall: Interesse des Schädigers ist bei einem Mehrfachversicherer versichert . . . g) Ausgleichsanspruch bei Nebeneinander von Versicherungs- und Garantievertrag h) Verjährung des Ausgleichsanspruchs 2. Analoge Anwendung von Absatz 2 Satz 1 bei Zusammentreffen von Gebäudeversicherung des Eigentümers und Haftpflichtversicherung des Gebäudenutzers
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59 64 65 66 68 69 70 71 72 72 77 79
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a) Ausgangspunkt: Inhalt des Gebäudeversicherungsvertrages Mitversicherung des Sachersatzinteresses des Gebäudenutzers oder Regessverzicht zu dessen Gunsten? b) Ausgleichsanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1 c) Umfang des Ausgleichsanspruchs . . d) Verhältnis des Ausgleichsanspruchs entsprechend Absatz 2 Satz 1 zum Regressverzichtsabkommen der Feuerversicherer e) Berücksichtigung des Quotenrechts des Versicherungsnehmers f) Berücksichtigung des Hausgemeinschaftsprivilegs (früheren Familienprivilegs) g) Verjährung des Ausgleichsanspruchs entsprechend Absatz 2 Satz 1 h) Teilungsabkommen zwischen Sachund Haftpflichtversicherer 3. Besonderheiten nach Absatz 2 Satz 2, wenn auf einen der Versicherungsverträge ausländisches Recht anzuwenden ist a) Problemstellung b) Anknüpfungspunkt: Auf den Versicherungsvertrag anwendbares Recht c) Reichweite und Bedeutung von Absatz 2 Satz 2 d) Rechtsfolgen aus Absatz 2 Satz 2 für den Versicherer, dessen Vortrag ausländischem Recht unterliegt . . . e) Rechtsfolge aus Absatz 2 Satz 2 für den Versicherer, dessen Vertrag deutschem Recht unterliegt IV. Betrügerische Mehrfachversicherung gemäß Absatz 3 1. Tatbestand der betrügerischen Mehrfachversicherung a) Vorliegen der allgemeinen tatbestandlichen Voraussetzungen einer Mehrfachversicherung . . . . b) Relevanter Zeitpunkt c) Absicht d) Rechtswidriger Vermögensvorteil e) Relevante Personen 2. Rechtsfolgen der betrügerischen Mehrfachversicherung a) Allgemein: Nichtigkeit b) Speziell: Prämienschicksal C. Abdingbarkeit I. Abdingbarkeit von Absatz 1 1. Zwingende Begrenzung auf den eingetretenen Schaden? 2. Subsidiaritätsabreden a) Allgemeines
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Haftung bei Mehrfachversicherung Rn. b) Selbständige und unselbständige Subsidiaritätsabreden
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c) Differenzierung nach Auswirkungen, Terminologie
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d) Eingeschränkte Subsidiaritätsabreden e) Uneingeschränkte Subsidiaritätsabreden
3. 4. 5. 6.
Rn. II. Abdingbarkeit von Absatz 2 1. Vereinbarungen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer 2. Vereinbarungen zwischen Versicherern III. Abdingbarkeit von Absatz 3 D . Beweislast I. Vorliegen der Voraussetzungen von Absatz 1 II. Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 Satz 1 . III. Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer IV. Subsidiaritätsabreden V. Betrügerische Mehrfachversicherung nach Absatz 3
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f) Zusammentreffen mehrerer Subsidiaritätsabreden (Kollisionsfälle) . Zessionsabrede pro-rata-Regelungen Vereinbarung von Gesamtentschädigungsgrenzen Obligatorischer Selbstbehalt
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194 195 196 197 199 199 200
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A. Einführung I. Entstehungsgeschichte Vorläufer von § 7 8 ist § 5 9 a.F. § 5 9 Abs. 1 a.F. wurde durch die V O zur Vereinheitlichung des R e c h t s der Vertragsversicherung v o m 19. D e z e m b e r 1 9 3 9 1 dergestalt geändert, dass durch Einfügung der zweiten Alternative („oder übersteigt aus anderen Gründen die Summe der Entschädigungen, die von jedem einzelnen V R o h n e Bestehen in der anderen Versicherung zu zahlen wären, den G e s a m t s c h a d e n " ) klar gestellt werden sollte, dass auch eine doppelte bzw. mehrfache Passivenversicherung, insbesondere bei der Haftpflichtversicherung, sowie die Versicherung auf Erstes R i s i k o 2 zweifelsfrei den Grundsätzen der (nach altem R e c h t so genannten) Doppelversicherung unterfallen. 3
1
Die Absätze 1 und 2 stimmen sachlich mit den Absätzen 1 und 2 des § 5 9 a.F. überein, d.h. es erfolgten lediglich sprachliche Änderungen. D e r bisherige Begriff der „ D o p pelversicherung" wurde jedoch durch den präziseren Begriff der „MehrfachVersicher u n g " ersetzt. 4
2
Absatz 3 stimmt im Grundsatz mit § 5 9 Abs. 3 a.F. überein. W i e auch im R a h m e n von § 7 4 Abs. 2 (sowie der Neuregelung in § 8 0 Abs. 3 ) bleibt es aus entsprechenden Gründen bei der Aufrechterhaltung der Prämienzahlungspflicht des V N trotz Nichtigkeit des Versicherungsvertrages. 5 Lediglich das Ende der Prämienzahlungsverpflichtung wird, ebenfalls im Einklang mit § § 7 4 Abs. 2 , 8 0 Abs. 3 6 auf den Z e i t p u n k t vorverlegt, zu dem der V R von den Umständen, welche die Nichtigkeit begründen, Kenntnis erlangt, und bestimmt sich nicht mehr nach dem Schluss der laufenden Versicherungsperiode. 7
3
1 2
3
RGBl. I 2443. Zu dieser Versicherungsform Bruck/Möller/ Schnepp § 75 Rn. 58 ff. Motive S. 644; Bruck/Möller/Mö//er8 S 59 Anm. 9; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 6; zur bis dahin bestehenden Rechtslage und dem bis dahin bestehenden Meinungsstreit Motive S. 644; Kisch Mehrfache Versicherung S. 92 ff.; Bruck PVR S. 545.
4 5 6 7
Begr. zu § 78 BTDrucks. 16/3945 S. 79. Bruck/Möller/ScAwepp S 74 Rn. 4. Bruck/Möiler/Schnepp § 74 Rn. 4. Begr. zu § 78 BTDrucks. 16/3945 S. 79 (wo ausdrücklich auf die entsprechenden Erwägungen zu § 74 Abs. 2, S. 78, verwiesen wird).
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Π. Inhalt und Zweck der Regelung 4
§ 7 8 wie auch § 7 9 knüpfen an den Tatbestand der mehrfachen Versicherung g e m ä ß § 7 7 Abs. 1 Satz 1 an. Wenn die zusätzlichen Voraussetzungen der Mehrfachversicherung (gemäß Legaldefinition in Absatz 1) vorliegen, ordnet das Gesetz eine nur gesamtschuldnerische Haftung der V R für den Schaden an (Absatz 1), verbunden mit einer internen Ausgleichspflicht der betroffenen V R nach M a ß g a b e der in den jeweiligen Versicherungsverträgen eingegangenen Verpflichtungen (Absatz 2 ) . Dies wird ergänzt durch die nur bei betrügerischer Mehrfachversicherung angeordnete Nichtigkeit des Vertrages (Absatz 3) sowie dem dem V N eingeräumten R e c h t auf Beseitigung der Mehrfachversicherung (S 7 9 ) .
5
Eine Mehrfachversicherung liegt nach dem W o r t l a u t der Legaldefinition vor, wenn die Versicherungssummen den Versicherungswert übersteigen (1. Alternative) oder „aus anderen G r ü n d e n " die S u m m e der Entschädigungen, die von jedem V R ohne Bestehen der anderen Versicherungen 8 zu zahlen wären, den Gesamtschaden übersteigt (2. Alternative). W i e sich aus der Passage „aus anderen G r ü n d e n " ergibt, handelt es sich bei der 1. Alternative nicht um ein Aliud zur 2 . Alternative, sondern nur um einen Unterfall; die H e r v o r h e b u n g der 1. Alternative und die damit etwas unglückliche Formulierung des Gesetzes, die in das neue R e c h t ü b e r n o m m e n wurde, erklärt sich durch die Gesetzesgeschichte mit der nachträglichen Einfügung der 2 . Alternative ( R n . I ) . 9 Vereinfachend lässt sich daher sagen, dass eine Mehrfachversicherung dann vorliegt, wenn (ohne zusätzliche beschränkende Regelungen) im Schadensfall Entschädigungen erlangt werden k ö n n t e n , die den Gesamtschaden übersteigen. D a m i t wird der Z w e c k von § 7 8 deutlich: Es soll eine Bereicherung des V N (bzw. bei Versicherung für fremde R e c h n u n g des Versicherten) verhindert werden. Die durch die Rechtsprechung erfolgte Aufgabe des allgemeinen versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbotes 1 0 steht dem nicht entgegen. 1 1
6
M i t der Gesetzessystematik, die mit den §§ 7 8 , 7 9 in das neue R e c h t ü b e r n o m m e n wurde, hatte sich schon der alte Gesetzgeber entgegen möglichen anderen Ausgestaltungen dafür entschieden, dass die Mehrfachversicherung grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit des oder der später abgeschlossenen Versicherungsverträge führt, sondern alle Versicherungsverträge der Mehrfachversicherung grundsätzlich w i r k s a m sind. Hintergrund ist die bereits von dem alten Gesetzgeber angestellte Überlegung, dass dem Abschluss einer mehrfachen Versicherung, die (nach alter Terminologie) zur Doppelversicherung führt, durchaus billigenswerte M o t i v e zu Grunde liegen k ö n n e n , etwa weil sich Zweifel bei der Leistungsfähigkeit des V R des bestehenden Vertrages ergeben oder das Verhalten
8
9
Soweit im Gesetzeswortlaut von Absatz 1 die Einzahl „Versicherung" verwandt wird, beruht dies wohl auf einem Redaktionsversehen; vgl. Rn. 41. Bruck/Möller/Mö/fer8 § 59 Anm. 10; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 6 (der allerdings darauf hinweist, die 1. Alternative sei für $ 60 a.F. = § 79 relevant); Prölss/Martin/ Kollhosser § 59 Rn. 7 (wonach die 2. Alternative allein maßgebend ist; dazu im Rahmen der hiesigen Kommentierung noch unter Rn. 39); unklar Römer!Langheid § 59 Rn. 6 (im Ergebnis aber wohl ebenso).
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Grundlegend BGH 17.12.1997 BGHZ 137 318, 326; siehe dazu m.w.N. Bruck/Möller/ Baumann § 1 Rn. 87 ff.; Bruck/Möller/ Schnepp % 74 Rn. 74 Fn. 111. HK-WG/Brambach § 78 Rn. 1; ebenso, aber missverständlich Begr. zu § 78 BTDrucks. 16/3945 S. 79 (wo unter Verweis auf die Abdingbarkeit der Absätze 1 und 2 darauf hingewiesen wird, auf ein zwingendes allgemeines versicherungsrechtliches Bereicherungsverbot werde „wie bisher" verzichtet).
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
dieses VR Schwierigkeiten für den Fall eines Eintritts eines Schadens befürchten lässt. Ferner wird darauf verwiesen, dass es auch unbeabsichtigt zum Abschluss von Mehrfachversicherungen kommen kann. 1 2 Im Regelfall reicht daher als Sanktion für eine Mehrfachversicherung die Beschränkung der aus den mehrfachen Versicherungen erzielbaren Versicherungsleistungen mit einer dementsprechenden Regelung des Innenverhältnisses der VR (Absätze 1 und 2). Lediglich für den Fall der betrügerischen Mehrfachversicherung wird hiervon eine Ausnahme gemacht; auf Grund der unredlichen Absicht wird durch Absatz 3 die Nichtigkeit des oder der abgeschlossenen Versicherungsverträge angeordnet. Wirtschaftlich betrachtet regeln daher §§ 78, 79 den durch den Fall des Abschlusses 7 von mehreren Versicherungen eingetretenen Fall der Überversicherung; die Mehrfachversicherung ist damit von der Überversicherung dadurch abzugrenzen, dass erstere den Abschluss mehrerer Versicherungsverträge, letztere nur den eines Versicherungsvertrages betrifft. 13
ΙΠ. Anwendungsbereich 1. Grundsatz § 78 gilt, seiner systematischen Stellung im Gesetz entsprechend, in der gesamten 8 Schadensversicherung.14 § 78 ist daher insbesondere auch auf die Haftpflichtversicherung als den Hauptfall der Passivenversicherung anzuwenden. 1 5 Da § 78 im Bereich der gesamten Schadensversicherung Anwendung findet, gilt diese Vorschrift auch für die Personenversicherungen, die als Schadensversicherungen betrieben werden 16 und zwar nicht nur für die Krankenversicherung 17 (soweit § 194 Abs. 1 Satz 1 die Anwendung von u.a. § 78 ausdrücklich anordnet, beruht dies auf einer dogmatisch verfehlten Formulierung des Gesetzes 18 ), sondern auch etwa für die Unfallversicherung, die ebenfalls als Schadensversicherung betrieben werden kann. 1 9
12 13
14
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Motive S. 132 f. Berliner Kommentar/Scfejwer § 5 9 Rn. 8 und 3 (dort Hervorhebung der Unterschiede bei dem Änderungsrecht des VN); Bruck/Möller/ Möller8 § 5 9 Anm. 7; Kisch Mehrfache Versicherung S. 90 (mit der Aussage, die Doppelversicherung sei eine „durch mehrfache Versicherung herbeigeführte Überversicherung"). Allg. M.: Prölss/Uartin/Kollhosser § 59 Rn. 2; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 11. Pröks/Mattin/Kollhosser § 59 Rn. 2; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 11; der BGH geht in seiner Rechtsprechung hiervon ohne Weiteres aus, indem er bei Haftpflichtversicherungen ohne Vorerläuterungen das Vorliegen einer Doppelversicherung im Sinne von § 5 9 Abs. 1 a.F. prüft, so BGH 31.3.1976 VersR 1976 847, 848; 28.11.1990
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VersR 1991 172, 173; ebenso die Instanzgerichte, etwa OLG Karlsruhe 19.12.1990 VersR 1991 25; OLG Nürnberg 10.1.1980 VersR 1981 745, 746. Prölss/Martin/Ko/ftosser § 5 9 Rn. 2; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 11; für die Krankenversicherung indirekt bestätigend BGH 4.10.1989 VersR 1989 1250, 1252 (wonach §§ 58 ff. a.F. = § 7 7 ff. auf die Krankenhaustagegeldversicherung als Summenversicherung nicht anwendbar sind). Siehe Nachweise vorherige Fußnote, ferner Bruck/Möller/Wnede 8 Band VI/2 Anm. G 67; Bach/Moser §§ 9, 10 MB/KK Rn. 58. Bruck/Möller/Scfcnepp § 74 Rn. 20. Zutreffend Begr. zu § 78 BTDrucks. 16/3945 S. 80, 108; falsch, zumindest aber missverständlich daher Prölss/Martin/Ko/K>oss«r § 5 9 Rn. 2 (wonach § 5 9 a.F. auf die Unfallversicherung nicht anwendbar sein soll).
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
2. Negative Abgrenzung des Anwendungsbereichs 9
§ 78 findet bei der Summenversicherung grundsätzlich (siehe aber Rn. 14) keine Anwendung. 20 Dies gilt auch, wenn eine Schadenversicherung mit einer Summenversicherung zusammentrifft, was insbesondere im Bereich der Krankenversicherung oft der Fall sein kann.
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Treffen in der Personenversicherung eine private Schadensversicherung mit einer Sozialversicherung zusammen, stellt sich die Frage der analogen Anwendung zumindest gegenüber dem beteiligten PrivatVR. Die analoge Anwendung von § 78 wird grundsätzlich verneint, was aber zweifelhaft ist und zumindest de lege ferenda anders geregelt werden sollte. 21 3. Fälle der analogen Anwendung von § 78
11
Da § 78 grundsätzlich an die Tatbestandsvoraussetzungen von § 77 Abs. 1 anknüpft, liegt eine Mehrfachversicherung nur vor, wenn die mehreren Versicherungsverträge bei verschiedenen VR abgeschlossen werden. § 78 (nicht aber § 77 2 2 ) ist jedoch analog anwendbar, wenn die Versicherungsverträge bei demselben VR abgeschlossen wurden. 2 3 An der in der Vorauflage vertretenen Ansicht, in solchen Fällen seien die Regeln der Überversicherung (§ 74) anzuwenden, 2 4 wird nicht festgehalten. Abzulehnen ist ferner die heute wohl nicht mehr vertretene Ansicht, der später abgeschlossene Versicherungsvertrag sei - unter Verweis auf § 306 BGB a.F. - nichtig. 25 Zum einen ist der zweite Vertrag nicht auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Zum anderen sind Verträge seit der Schuldrechtsreform auch dann wirksam, wenn sie auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet sind (§§ 275 Abs. 1 BGB, 311a Abs. 1 BGB), 26 nur steht dem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht und dem Gläubiger ggf. ein Ersatzanspruch zu (§§ 275 Abs. 2 und 3, 311a Abs. 2 BGB).
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Im Bereich der Kraftfahrthaftpflichtversicherung sind die §§ 78, 79 analog anzuwenden, wenn der Halter nach § 2 Abs. 1 PflVG von der Versicherungspflicht befreit ist (was vor allem Fahrzeuge im öffentlichen Dienst betrifft), aber gemäß § 2 Abs. 2 PflVG wie ein VR haftet und der Fahrer daneben eine gesonderte Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. 2 7
13
Absatz 2 (nicht aber Absatz 1) ist analog anwendbar im Rahmen der so genannten versicherungsrechtlichen Lösung zwischen dem GebäudeVR des Eigentümers, insbesondere des Vermieters, und dem HaftpflichtVR des berechtigten Gebäudenutzers, insbesondere des Mieters (im Einzelnen Rn. 123 ff.).
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BGH 4.10.1989 VersR 1989 1250, 1252; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 11; Röraer/Langheid § 59 Rn. 3 (allerdings mit der zu kurz greifenden, da die 2. Alternative von Absatz 1 nicht berücksichtigenden Begründung, bei der Summenversicherung könne das versicherte Interesse nicht durch einen bezifferten Höchstschaden ausgedrückt werden); offenbar ebenso Prölss/Martin/Ko//hosser § 59 Rn. 2 (wo nur ausgeführt wird, für „andere Versicherungsbereiche" gelte § 59 a.F. nicht). Bruck/Möller/Schnepp § 77 Rn. 17 m.w.N.
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BruckJMöWet/Schnepp § 77 Rn. 21. BGH 28.11.1990 VersR 1991 172, 173; Prölss/Martin/Kollhosser § 59 Rn. 4; Römer/ Langheid § 59 Rn. 3; HK-WG/Brambach S 78 Rn. 4 und 6. Bruck/Möller/Mö/Zer 8 § 59 Anm. 4 i.V.m. § 58 Anm. 12. Prölss/Martin/KoZ/fcosser 26 § 58 Rn. 4; Martin SVR Rn. V I 8. Palandt/Heinrichs § 275 Rn. 4; Palandt/ Grüneberg § 311a Rn. 1 f. und 5. FJL/Feyock § 2 PflVG Rn. 9; Kohleick S. 63.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
§ 78 ist in der Summenversicherung analog anzuwenden, wenn für den Fall des Zusammentreffens mit anderen Versicherungsverträgen Höchstversicherungssummen vereinbart werden, aber Regelungen für daraus abzuleitende Rechtsfolgen fehlen. 28
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B. Tatbestandsmerkmale des § 78 I. Tatbestandliche Voraussetzungen der Mehrfachversicherung 1. Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 77 Abs. 1 a) Grundsatz. Wie schon die wortidentische Einleitungen von § 77 Abs. 1 und § 78 Abs. 1 verdeutlichen („bei mehreren VR ein Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert"), ist die Mehrfachversicherung ein Unterfall der in § 77 Abs. 1 geregelten mehrfachen Versicherung. 29 Hieraus folgt, dass eine Mehrfachversicherung abgesehen von den nachstehend zu erörternden Besonderheiten grundsätzlich das Vorliegen sämtlicher geschriebenen und ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale von § 77 Abs. 1 voraussetzt; 30 auf deren Kommentierung zu § 77 wird verwiesen. 31
15
b) Besonderheiten aa) Zeitpunkt der Feststellung. Absatz 1 und Absatz 2 stellen auf die Rechte und Pflichten bei einem Versicherungsfall ab. Die Tatbestandsmerkmale müssen deshalb im Zeitpunkt des Versicherungsfalles vorliegen. 32 Wurde ein Versicherungsvertrag vorher beendet, liegt keine mehrfache Versicherung und damit auch keine Mehrfachversicherung im Sinne der Absätze 1 und 2 vor. 33 Ferner liegt keine Mehrfachversicherung im Sinne der Absätze 1 und 2 vor, wenn die Leistungspflicht eines VR vor dem Versicherungsfall erlischt (vgl. aber zu Fällen nachträglichen Erlöschens Rn. 106 ff.). 34 Bei Absatz 3 kommt es dagegen in der Regel auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an (im Einzelnen Rn. 151 f.). Bei § 79 ist auf den Zeitpunkt des Aufhebungs- bzw. Herabsetzungsbegehrens abzustellen.
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bb) Mehrheit von Versicherern. Wurden mehrere Versicherungsverträge bei einem VR abgeschlossen (und liegen im Übrigen die Voraussetzungen für eine Mehrfach Versicherung vor), ist § 78 analog anzuwenden (Rn. 11 m.w.N.).
17
cc) Teilidentität des Interesses, der Gefahr, der Gefahrtragungszeit und des Versieherungsortes. Liegt hinsichtlich der angesprochenen Tatbestandsmerkmale nur eine Teilidentität vor, ist § 78 anwendbar, allerdings liegt dann eine Mehrfachversicherung nur in
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29
30
31
Bruck/Möller/Mötter 8 § 58 Anm. 12, § 5 9 Anm. 5; Kohleick S. 63 f. Bruck/Möller/MöHer 8 § 5 9 Anm. 4 („Unterart"); Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 7 („Sonderfall"); RömerlLangheid § 5 9 Rn. 4 („Unterfall"). Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 9 Anm. 4 (wo allerdings eine andere Gewichtung und Zählung der Tatbestandsmerkmale berücksichtigt wurde) und Anm. 12. Bruck/Möller/Scfcrcepp S 7 7 Rn. 18 ff.
32
BGH 13.9.2006 B G H Z 169 86, 97 f.; Ö O G H 2 3 . 2 . 1 9 9 4 VersR 1994 1007, 1008; Vröiss/Mirtm/Kollhosser § 5 9 Rn. 3; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 10; Bruck/Möller/Möller* S 59 Anm. 6 und 8; H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 7.
33
Ö O G H 8.3.1990 VersR 1991 367, 368; Prölss/Martin/fCo//A>osser § 5 9 Rn. 8. BGH 5.3.1986 VersR 1986 380, 381; Vrolss/MartinJ Kollhosser § 5 9 Rn. 8.
34
Winfried Schnepp
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
diesem Überschneidungsbereich v o r . 3 5 Hierauf ist bei Ermittlung der Mehrfachversicherung zu achten ( R n . 2 2 und 3 0 f.). 19
dd) Schadensursächlichkeit unterschiedlicher Gefahren. In der Literatur ist die Anwendung von § 5 9 Abs. 1 und 2 a.F. (und damit von § 7 8 Abs. 1 und 2 ) unter Berufung auf die Vorauflage für die Fälle bejaht w o r d e n , in denen ein Versicherungsfall von mehreren Gefahren verursacht wird, von denen eine bei dem einen V R und die andere bei dem anderen V R versichert i s t . 3 6 Richtigerweise ist diese Ansicht abzulehnen, wenn damit die Anwendung von § 7 8 bei fehlender Gefahrenidentität gemeint sein sollte. Hierfür besteht kein Bedürfnis. Vielmehr liegt dieselbe G e f a h r (im Sinne einer Teilidentität) auch vor, wenn in den einzelnen Verträgen unterschiedliche Gefahrkombinationen erfasst sind und die k o n k r e t e Gefahr, die zum Versicherungsfall geführt hat, in den jeweiligen Verträgen gedeckt i s t . 3 7 Eine Gefahridentität liegt deshalb auch in dem von der Vorauflage angesprochenen Fall vor, dass ein Schaden durch Schiffzusammenstoß und ein Sturm in der Transportversicherung z u s a m m e n t r e f f e n . 3 8 In der Schiffskaskoversicherung ist in diesem Fall auch der Z u s a m m e n s t o ß mit einem anderen Schiff versichert; in der Transportversicherung ist auch der Z u s a m m e n s t o ß versichert, der durch den Sturm verursacht wurde.39
2 . Voraussetzungen gemäß Absatz 1 1. Alternative 20
N a c h dem Gesetzeswortlaut k o m m t es für diese Alternative darauf an, dass die Versicherungssummen der zu einer M e h r f a c h Versicherung führenden Verträge „ z u s a m m e n " den Versicherungswert übersteigen. Es muss also der Versicherungswert mit der Summe der Versicherungssummen verglichen werden, und letztere müssen den Versicherungswert übersteigen.
21
V o r a b ist darauf hinzuweisen, dass es sich in der Praxis anbieten k a n n , die Prüfung unmittelbar auf der Grundlage der 2 . Alternative vorzunehmen, was aber nicht zu anderen Ergebnissen führt, weil dann Versicherungswert und maßgebliche Versicherungssummen inzident zu berücksichtigen sind (vgl. R n . 3 9 ) .
22
a) Versicherungswert. Auszugehen ist vom Wert des versicherten Interesses (Versicherungswert, vgl. Legaldefinition in § 7 4 Abs. 1), und zwar speziell desjenigen Interesses, welches gerade mehrfach versichert ist. Schäden durch denselben Versicherungsfall an anderen Interessen bleiben außer B e t r a c h t . 4 0
23
In der Regel kann ein Versicherungswert nur in der Aktivenversicherung, insbesondere in der Sachversicherung, festgestellt w e r d e n . 4 1 In Ausnahmefällen kann es allerdings
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Vrölss/MartinJKollhosser § 59 Rn. 5 und 9; H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 11 (ausdrücklich nur für die 2. Alternative). Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 9; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbräsier2 § 6 Rn. 50; Bruck/Möller/Mö//er8 § 4 9 Anm. 153; Jabornegg S. 101. ÖOGH 23.2.1994 VersR 1994 1007, 1008. Bruck/Möller/Mö//er8 § 4 9 Anm. 153. Die von Bruck/Möller/Mö//er8 § 49 Anm. 153 anlässlich dieses Beispiels gezogene Schluss-
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folgerung, wenn eine Gefahr bei dem VR X und die andere bei dem VR Y gedeckt sei, würden die VR nach den Grundsätzen der Doppelversicherung haften, ist demnach wohl missverständlich formuliert; in der spezielleren Kommentierung Bruck/Möller/ Möller8 § 59 Anm. 4 i.V.m. § 58 Anm. 17 wird dieses Beispiel nicht aufgegriffen. 40
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Römer/Langheid § 59 Rn. 8 (der dies aber bei den Rechtsfolgen zu Absatz 1 betont). Bruck/Möller/Scfcnepp § 74 Rn. 11 m.w.N.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
auch in der Passivenversicherung einen feststellbaren Versicherungswert geben. 4 2 Gibt es keinen feststellbaren Versicherungswert, scheidet die Anwendung der 1. Alternative von vorneherein aus. Wie der Versicherungswert zu bestimmen ist, ergibt sich vorrangig durch ausdriickliehe Vereinbarung in dem Versicherungsvertrag. Soweit in dem Versicherungsvertrag nicht etwas anderes vereinbart ist, enthält § 8 8 eine Auslegungsregel für die Sachversicherung (Versicherung einer Sache oder eines Inbegriffs von Sachen). Demnach gilt der Betrag als Versicherungswert, den der V N zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles für die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung der beschädigten Sache in neuwertigem Zustand unter Abzug des sich aus dem Unterschied zwischen alt und neu ergebenden Minderwertes aufzuwenden hat (siehe im Einzelnen die Kommentierung zu § 88). Im Rahmen der Sachversicherung ist demnach grundsätzlich der Zeitwert der Versicherungswert. 4 3 § 88 ist dispositiv, abweichende Vereinbarungen sind also zulässig; insbesondere kann der Neuwert als Versicherungswert vereinbart werden. 4 4 Eine weitere dispositive Sonderregelung enthält § 136 Abs. 1 für die Transportversicherung. Demnach gilt als Versicherungswert der Güter der gemeine Handelswert oder in dessen Ermangelung der gemeine Wert, den die Güter am Ort der Absendung bei Beginn der Versicherung haben, zuzüglich der Versicherungskosten, der Kosten, die bis zur Annahme der Güter durch den Beförderer entstehen, und der endgültig bezahlten Fracht. Der Versicherungswert kann schließlich durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) gemäß § 76 festgelegt werden. Soweit nicht ein Fall des § 7 6 Satz 2 Halbs. 2 vorliegt, d.h. die Taxe den wirklichen Versicherungswert im Zeitpunkt des Versicherungsfalls erheblich übersteigt, ist diese Taxe auch im Versicherungsfall relevant. 4 5
24
Enthalten die verschiedenen Versicherungsverträge unterschiedliche Vereinbarungen zur Bestimmung des Versicherungswerts, ist zwar für den jeweiligen Versicherungsvertrag ausschließlich dessen Bestimmung des Versicherungswerts bzw. der Taxe maßgeblich, bei Ermittlung des Betrages, ab dem Mehrfachversicherung vorliegt, ist jedoch zugunsten des V N auf die für die VNSeite günstigste Regelung, die also zu dem höchsten Betrag führt, abzustellen. 4 6
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Dies gilt auch, wenn der Neuwert als Versicherungswert vereinbart wurde. 4 7 Es ist in diesen Fällen der Versicherungswert also nicht in den Zeitwert- und den Neuwertdifferenzbestandteil aufzuteilen. 4 8 Hat zum Beispiel ein Gebäude einen Neuwert von
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Bruck/Möller/Scfcnepp § 7 4 Rn. 10.
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Begr. zu § 8 8 BTDrucks. 1 6 / 3 9 4 5 S. 8 2 . Im Einzelnen: Bruck/Möller/Scfcnepp ξ 8 8 Rn. 5 8 ff.
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Im Einzelnen: Bruck/Möller/Scfcrcepp § 7 6 Rn. 4 2 ff.
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B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 9 Anm. 6; Römer/ Langheid § 5 9 Rn. 5; Kohleick S. 5 9 ff. (m.w.N. zu Mindermeinungen); Kisch Mehrfache Versicherung S. 9 4 ff. (mit zahlreichen Beispielen); Berliner Kommentar /Schauer § 5 9 Rn. 16 (im Rahmen der Rechtsfolge von Absatz 1); ebenso wohl P r ö l s s / M a r t i n / K o / / hosser § 5 9 Rn. 10 (aber zur Feststellung des Schadens bei der 2 . Alternative); Römer/ Langheid § 5 9 Rn. 8 (dito).
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mentar/Schauer § 5 9 Rn. 16; Prölss/Martin/ Kollhosser § 5 9 Rn. 10; im Ergebnis wohl auch O L G H a m m 2 1 . 1 2 . 1 9 8 4 VersR 1 9 8 6 5 4 4 (wo zwar missverständlich behauptet wird, ein durch die Zeitwertversicherung nicht gedeckter Schaden werde von der Neuwertversicherung gedeckt, weshalb keine Doppelversicherung vorliege; im Ergebnis wird jedoch bei Ermittlung der Doppelversicherung zutreffend auf den Neuwert als Versicherungswert für beide betroffenen Versicherungsverträge abgestellt); LG Köln 2 4 . 2 . 1 9 8 2 VersR 1 9 8 2 1165, 1 1 6 6 (mittelbar im Rahmen der Berechnung des Innenausgleiches gemäß § 5 9 Abs. 2 a.F.). 48
So noch B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 9 Anm. 6.
Martin SVR Rn. V II 16 ff.; Berliner Kom-
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§ 78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
€ 6 0 0 . 0 0 0 und einen Z e i t w e r t von € 4 0 0 . 0 0 0 , und besteht bei dem V R A eine Neuwertund bei dem V R Β eine Zeitwertversicherung für dieses G e b ä u d e , so ist für die Ermittlung der Mehrfachversicherung auf den N e u w e r t von € 6 0 0 . 0 0 0 abzustellen. 27
Auf den Versicherungswert und damit die 1. Alternative kann nicht bei der Versicherung auf Erstes Risiko zurückgriffen werden; denn hier ersetzt der V R bis zur H ö h e der Versicherungssumme jeden Schaden in voller H ö h e , o h n e R ü c k s i c h t darauf, in welchem Verhältnis die Versicherungssumme zum Versicherungswert s t e h t . 4 9 Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: Eine Sache mit einem Versicherungswert von € 3 0 0 . 0 0 0 ist bei dem V R A mit € 5 0 . 0 0 0 und bei dem V R Β mit € 1 0 0 . 0 0 0 auf Erstes R i s i k o versichert, und es tritt ein Teilschaden von € 1 0 0 . 0 0 0 ein. D a n n übersteigt die S u m m e der Versicherungssummen (€ 5 0 . 0 0 0 + € 1 0 0 . 0 0 0 = € 1 5 0 . 0 0 0 ) bei weitem nicht den Versicherungswert von € 3 0 0 . 0 0 0 , und dennoch müssen Regeln der Mehrfachversicherung angewendet werden, weil sonst der V N insgesamt € 1 5 0 . 0 0 0 erhalten würde, obgleich sich sein Schaden nur auf € 1 0 0 . 0 0 0 beläuft. In diesem Fall ist auf die 2 . Alternative zurückzugreifen (es „übersteigt . . . die S u m m e der Entschädigungen den G e s a m t s c h a d e n " ; der historische Gesetzgeber hat die Einführung der 2 . Alternative u.a. auch mit Schwierigkeiten bei der Versicherung auf erstes R i s i k o begründet, R n . 1).
28
b) Versicherungssummen.
D e r Versicherungswert
ist in Beziehung zu setzen
zur
Summe der Versicherungssummen. 29
Die Versicherungssumme ist im Versicherungsvertrag zu vereinbaren. Wird ausnahmsweise in der Schadensversicherung keine Versicherungssumme v e r e i n b a r t , 5 0 scheidet schon aus diesen Gründen die Anwendung der 1. Alternative aus. 5 1
30
Es sind die Versicherungssummen maßgeblich, in deren Ansehung die mehrfache Versicherung besteht. Die maßgeblichen Versicherungssummen sind leicht zu ermitteln, wenn sich die Versicherungsverträge vollständig überdecken, z.B. wenn ein G e b ä u d e doppelt versichert ist. Die Ermittlung ist auch einfach, wenn eine Positionenversicherung 5 2 zusammentrifft mit der Einzelversicherung nur einer Position; dann sind die Positionsversicherungssumme und die Versicherungssumme der Einzelversicherung zu addieren.
31
Schwieriger ist die Feststellung der maßgeblichen Versicherungssummen, wenn innerhalb der summarischen Versicherungssumme für einen Inbegriff oder für eine Position nur hinsichtlich eines Teils die mehrfache Versicherung besteht. Treffen z.B. die Versicherung einer Einzelsache mit einer Inbegriffsversicherung oder mehreren Inbegriffsversicherungen, bei denen nur eine teilweise Identität der versicherten Sachen besteht, oder mehrere Inbegriffsversicherungen mit Positionenversicherungen, wenn eine Übereinstimmung nur hinsichtlich eines Teils der versicherten Sachen besteht, zusammen, so ist in derartigen Fällen durch Bildung von Teilversicherungssummen zu ermitteln, auf welchen Teil der Inbegriffs- bzw. Positionsversicherungssumme die mehrfache Versicherung entfällt; die maßgebliche Teilversicherungssumme errechnet sich aus dem Verhältnis des Versicherungswerts der Sache(n), auf die die mehrfache Versicherung entfällt, zu dem Versiche-
49 50 51
Bruck/Möller/Scbnepp § 75 Rn. 58 ff. Uruck/Möttei/Schnepp § 74 Rn. 13. Anders offenbar Bruck/Möller/Mö/Zer8 $ 59 Anm. 7 (wonach in solchen Fällen entweder als Versicherungssumme der volle Versicherungswert fingiert werden soll oder auf die 2. Alternative von Absatz 1 zurückzugreifen
118
52
ist; angesichts der 2. Alternative gibt es jedoch kein Bedürfnis für die Fiktion und eine damit erforderliche analoge Anwendung der 1. Alternative). Zu diesem Begriff Bruck/MöWer/Schnepp § 75 Rn. 19.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
rungswert des Inbegriffs bzw. der P o s i t i o n . 5 3 Wenn also Versicherungswert und Versicherungssumme eines Inbegriffs € 1 0 0 . 0 0 0 betragen und nur hinsichtlich einer Einzelsache aus diesem Inbegriff mit einem Versicherungswert von € 1 . 0 0 0 eine Mehrfachversicherung besteht, weil diese Sache auch im R a h m e n einer Einzelversicherung versichert ist, so ist in Ansehung des Versicherungsvertrages, der den Inbegriff versichert, eine Teilversicherungssumme von € 1 . 0 0 0 maßgeblich. Liegt bei der Inbegriffsversicherung eine Unterversicherung vor, so ist die Proportionalitätsregel des § 7 5 gleichmäßig auf die Versicherungssumme zu verteilen, so dass sich hieraus eine entsprechend herabgesetzte Teilversicherungssumme e r g i b t . 5 4 Wenn also im vorgenannten Beispiel der Versicherungswert des Inbegriffs zwar € 1 0 0 . 0 0 0 beträgt, die Versicherungssumme jedoch nur € 9 0 . 0 0 0 , entfällt auf die Sache, die auch im R a h m e n einer Einzelversicherung versichert ist, eine Teilversicherungssumme von € 9 0 0 . Die M i n d e r m e i n u n g , die in diesen Fällen insbesondere bei der Versicherung von eigenen und fremden Sachen in einer Position zu Gunsten des V N der Inbegriffsversicherung die Unterversicherung vorrangig der M e h r f a c h v e r sicherung zuordnen und damit dem V N hinsichtlich der nicht von der Mehrfachversicherung betroffenen Sachen einen so weit als möglich nicht durch die Proportionalitätsregel des § 7 5 gekürzten Anspruch gegen den V R verschaffen w i l l , 5 5 ist dagegen abzulehnen; es ist nicht nachvollziehbar und auch nicht gerechtfertigt, w a r u m die für die Inbegriffsversicherung bestehende Unterversicherung nur deshalb im Ergebnis nicht greifen soll, weil hinsichtlich einzelner Sachen aus der Position eine Mehrfachversicherung b e s t e h t . 5 6 Sind Sonderversicherungssummen (z.B. bei der Außenversicherung) oder Entschädigungsgrenzen für Untergruppen von versicherten Sachen vereinbart und besteht die m e h r f a c h e Versicherung nur hinsichtlich der davon betroffenen Sachen, ist nur diese Sonderversicherungssumme oder Entschädigungsgrenzen für die Ermittlung der M e h r f a c h versicherung maßgeblich (mit der Konsequenz, dass Entschädigungsgrenzen insoweit wie Versicherungssummen für eine aus den betroffenen Sachen gebildete Position zu behandeln s i n d ) . 5 7
32
Für die Ermittlung der maßgeblichen Versicherungssummen sind Summenausgleiche, Vorsorgeversicherungen, aber auch alle sonstigen „ K o r r e k t u r e n " der Versicherungssumme zu berücksichtigen, die sich auf die Leistungspflicht des einzelnen V R auswirken. 5 8 Dies gilt insbesondere, wenn bei einem oder mehreren Verträgen eine Unterversicherung vorliegt: In diesem Fall ist für jeden Versicherungsvertrag eine getrennte Unterversicherungsberechnung v o r z u n e h m e n . 5 9 E b e n s o sind vereinbarte Selbstbehalte (die faktisch
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 7; Römer/ Langheid § 59 Rn. 5; Berliner Kommentar/ Schauer § 59 Rn. 16 (allerdings auf die 2. Alternative abstellend), § 60 Rn. 18; Prölss/Martin/Ko///?osser § 59 Rn. 9 (ebenfalls auf die 2. Alternative abstellend). OLG Bremen 29.11.1977 VersR 1978 315, 316; OLG Karlsruhe 17.12.1975 VersR 1976 239, 240; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 16; Martin SVR Rn. V II 24 ff.; ders. VersR 1976 240, 241; Kisch Mehrfache Versicherung S. 129 f.; Kohleick S. 79 m.w.N.
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Ausführlich Martin VersRdsch. 1985 1, 10 ff.; Kohleick S. 81 ff. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 7. Bruck/Möller/Möller* § 59 Anm. 7; wohl ebenso Prölss/Martin/Ko//foosser § 59 Rn. 8 (wonach - allerdings zur 2. Alternative alles zu beachten ist, was bei Feststellung der Entschädigungsleistung zu beachten wäre). OLG Frankfurt 7.10.1976 VersR 1977 29; OLG Hamm 23.4.1982 VersR 1982 1091; Prölss/Martin/Ko//fcosser § 59 Rn. 8; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 14 und 16.
Boldt VW 1974 713, 713 f.; ders. VersR 1977 308, 308 f.; Golinski RuS 1976 262, 262 f.; Stenzaly VW 1977 664, 666.
Winfried Schnepp
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
eine vertraglich vereinbarte Unterversicherung darstellen 6 0 ) zu berücksichtigen. 6 1 Beträgt also e t w a 6 2 die Versicherungssumme zwar € 1 0 0 . 0 0 0 , ist jedoch ein Selbstbehalt in H ö h e von € 3 0 . 0 0 0 vereinbart, ist für die 1. Alternative nur eine maßgebliche „ k o r r i g i e r t e " Versicherungssumme in H ö h e von € 7 0 . 0 0 0 zu berücksichtigen. 6 3 Erst auf G r u n d der „korrigierten" Versicherungssumme ist also festzustellen, o b und inwieweit eine Mehrfachversicherung nach der 1. Alternative vorliegt. 6 4 34
c) Den Versicherungswert übersteigende Versicherungssummen. Die Versicherungssummen „ z u s a m m e n " , also die S u m m e aller betroffenen Versicherungssummen, müssen für das Vorliegen der Mehrfachversicherung den Versicherungswert übersteigen. Anders als bei der Überversicherung (§ 7 4 Abs. 1), der Unterversicherung (§ 7 5 ) und der T a x e (§ 7 6 Satz 2 ) k o m m t es nicht darauf a n , dass die Versicherungssummen den Versicherungswert „ e r h e b l i c h " übersteigen; auch schon ein geringfügiges Übersteigen führt also zur Mehrfachversicherung. 6 5
35
Dagegen lässt sich aus der 1. Alternative nicht ableiten, dass eine Mehrfachversicherung schon dann vorliegen soll, wenn aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere durch Selbstbehalte, bei einem der betroffenen Versicherungsverträge nicht der gesamte Schaden, sondern nur ein Teil hiervon versichert ist und ein weiterer Versicherungsvertrag den verbleibenden Teil des Schadens deckt. Beträgt der Versicherungswert € 1 0 0 . 0 0 0 , tritt Totalschaden ein und ist die Sache bei V R A mit einer Versicherungssumme € 1 0 0 . 0 0 0 und einem Selbstbehalt € 3 0 . 0 0 0 und bei dem V R Β mit einer Versicherungssumme von € 3 0 . 0 0 0 versichert, so liegt keine Mehrfachversicherung vor. Bei V R A ist nur die um den Selbstbehalt korrigierte Versicherungssumme von € 7 0 . 0 0 0 zu berücksichtigen (Rn. 3 3 ) . Hinzu k o m m t ohnehin, dass bei V R Β (sofern nicht ein Unterversicherungsverzicht vereinbart wurde oder eine Versicherung auf Erstes R i s i k o vorliegt) die bestehende Unterversicherung zu berücksichtigen ist, so das V R Β nur in H ö h e von 9 . 0 0 0 zur Leistung verpflichtet i s t . 6 6 Die Summe der Versicherungssummen beträgt damit nur € 7 9 . 0 0 0 , bei einem mit V R Β vereinbarten Unterversicherungsverzicht oder einer mit ihm vereinbarten Versicherung auf Erstes R i s i k o € 1 0 0 . 0 0 0 . In beiden Fällen wird der Versicherungswert nicht überschritten. Dagegen lässt sich nicht argumentieren, mit der Vereinbarung eines Selbstbehaltes mit V R A sei nur ein versicherter Schaden von € 7 0 . 0 0 0 versichert und dieser sei zur Bemessung der Mehrfachversicherung zu berücksichtigen. 6 7 Eine solche teleologische R e d u k t i o n der 1. Alternative lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht ableiten. D a keine Mehrfachversicherung besteht, k ö n n e n auch nicht deren Rechtsfolgen eintreten, insbesondere greift zwischen V R A und V R Β keine Haftungsverteilung im Innenverhältnis nach Absatz 2 . 6 8 Hinsichtlich angefallener Aufwendungen für Abwendung und M i n d e r u n g des Scha-
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dens („Rettungskosten") g e m ä ß § § 8 2 f. sowie Schadensermittlungskosten nach § 8 5 ist
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Bruck/Möller/ScWpp § 75 Rn. 64. Bruck/Möller/Mö/fer 8 § 59 Anm. 16 (wo dies allerdings im Rahmen der Rechtsfolgen aus Absatz 1 erörtert wird); Prölss/Martin/Ko//hosser § 59 Rn. 8 (allerdings auf die 2. Alternative abstellend); HK-WG/Brambach § 78 Rn. 7. Beispiel im Anschluss an Prölss/Martin/Ko//bosser § 59 Rn. 6; HK-WG/Brambach § 78 Rn. 10.
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HK-WG/Brambach § 78 Rn. 10. So wohl auch HK-WG/Brambach S 78 Rn. 9 f. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 8; Römer/ Langheid § 59 Rn. 5; HK-WG/Brambach § 78 Rn. 7. Insofern zutreffend HK-WG/Brambach § 78 Rn. 10. So offenbar HK-WG/Brambach S 78 Rn. 10. So aber HK-WG/Brambach § 78 Rn. 10.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
zu differenzieren. Im Ergebnis besteht Einigkeit, dass diese bei Berechnung des für die Mehrfachversicherung relevanten Betrages zu berücksichtigen sind (für die 2 . Alternative R n . 4 4 ) . Ein Vergleich von Versicherungswert zu Versicherungssumme erfasst diese Kosten allerdings nur dann, wenn und soweit diese Kosten bis zur Versicherungssumme zu ersetzen sind. Die gesetzliche Regelung für die Rettungskosten sieht dies zwar als Grundsatz vor, nicht aber dann, wenn der V N Weisungen des V R befolgt (§ 8 3 Abs. 3). Schadensermittlungskosten sind nach der gesetzlichen Regelung sogar grundsätzlich zusätzlich zur Versicherungssumme zu erstatten (§ 8 5 Abs. 1 Satz 2 ) . W i e sich im U m k e h r schluss aus § 8 7 ergibt, sind beide Regelungen j e d o c h abdingbar, d.h. k ö n n e n derartige Aufwendungen generell nur bis zur Versicherungssumme ersatzfähig sein. E b e n s o ist es aber möglich, diese Kosten der H ö h e nach begrenzt in einer besonderen Position zu versichern. Die 1. Alternative stößt in diesen Fällen an ihre Grenzen. Insoweit ist dann ggf. auf die 2 . Alternative zurückzugreifen.
3 . Voraussetzung gemäß Absatz 1 2 . Alternative N a c h dem Gesetzeswortlaut k o m m t es für diese Alternative darauf an, dass „aus anderen G r ü n d e n " die Summe der Entschädigungen, die von jedem V R „ohne bestehende andere Versicherung" zu zahlen wären, den „ G e s a m t s c h a d e n " übersteigt. Es muss also der Gesamtschaden mit der Summe der Entschädigungen verglichen werden, die von jedem V R ohne Bestehen der anderen Versicherungsverträge zu zahlen wären, diese Entschädigungen müssen den Gesamtschaden übersteigen.
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a) Anwendungsbereich der 2 . Alternative. W i e sich aus der Passage „aus anderen G r ü n d e n " ergibt, ist die 2 . Alternative jedenfalls dann anwendbar, wenn entweder mangels feststellbaren Versicherungswerts oder mangels einer vereinbarten Versicherungssumme die 1. Alternative nicht zur Anwendung k o m m e n k a n n . Dies gilt insbesondere grundsätzlich für die Passivenversicherung mit ihrem Hauptanwendungsfall der H a f t pflichtversicherung, aber auch für die als Schadensversicherung betriebenen Krankenversicherung oder die Rechtsschutzversicherung sowie die Aktivenversicherung dann, wenn es an einem feststellbaren Versicherungswert bzw. einer Versicherungssumme fehlt. Ferner ist die 2 . Alternative jedenfalls dann anwendbar, wenn - wie bei der Versicherung auf Erstes R i s i k o (Rn. 2 7 ) - der Versicherungswert die geschuldete Versicherungsleistung nicht b e s c h r ä n k t . 6 9
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Auf G r u n d der im R a h m e n der K o m m e n t i e r u n g der 1. Alternative dargestellten Schwierigkeiten hinsichtlich des Versicherungswerts bei der Versicherung auf Erstes Risiko (Rn. 2 7 ) sowie den notwendigen „ K o r r e k t u r e n " bei der Ermittlung der maßgeblichen
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Versicherungssumme ( R n . 3 3 ) wird teilweise darauf hingewiesen, die 1. Alternative habe nur eine Indizwirkung für das Vorliegen einer Mehrfachversicherung, ihr endgültiges Vorliegen k ö n n e aber nur nach M a ß g a b e der 2 . Alternative festgestellt w e r d e n . 7 0 Soweit dies die Versicherung auf Erstes R i s i k o anbelangt, ist dies zutreffend ( R n . 2 7 ) . Im Hin-
69 70
Bruck/Möller/Möller 8 $ 59 Anm. 11 f. Prölss/Martin/Kollhosser § 59 Rn. 6; ähnlich Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 10 i.V.m. Rn. 6 (wonach die 1. Alternative bedeutungslos sein soll); Beckmann/Matusche-BeckmannMrrabräsier2 § 6 Rn. 49 (wonach die 1. Alternative keine eigen-
ständige Bedeutung hat); anders offenbar Römer!Langheid § 59 Rn. 5 (wonach es sich im Falle von Schwierigkeiten mit der Feststellung von Versicherungswert und Versicherungssumme empfiehlt, das Vorliegen einer Mehrfachversicherung nach der 2. Alternative zu prüfen).
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
blick auf die Versicherungssummen ist diese Kritik insofern richtig, als die 1. Alternative nicht in der F o r m angewandt werden k a n n , dass die in den jeweiligen Versicherungsverträgen nominell vereinbarten Versicherungssummen ohne weiteres für die Feststellung der Mehrfachversicherung ü b e r n o m m e n werden k ö n n e n , sondern es der in R n . 3 3 beschriebenen „ K o r r e k t u r e n " bedarf. Im Ergebnis sind diese Korrekturen aber nichts anderes als die Berücksichtigung der im R a h m e n der 2 . Alternative vorzunehmenden Ermittlung, o b die Summe der Entschädigung den Gesamtschaden übersteigt. In der Praxis m a g es deshalb sachgerecht sein, auch bei grundsätzlicher Anwendbarkeit der 1. Alternative eine an der 2 . Alternative orientierte Ermittlung vorzunehmen und damit für alle Fälle der Mehrfachversicherung nur die 2 . Alternative a n z u w e n d e n . 7 1 Z u anderen Ergebnissen k a n n dies jedoch nicht f ü h r e n , 7 2 da dann die Ermittlung des Versicherungswertes und der maßgeblichen Versicherungssummen inzident bei Prüfung der geschuldeten Entschädigung und des Schadens vorzunehmen sind. 40
b ) Von jedem Versicherer geschuldete Entschädigung. Z u r Ermittlung der M e h r f a c h versicherung ist in einem ersten Schritt zu ermitteln, welche Entschädigung jeder betroffene V R schuldet, wenn es die anderen Versicherungsverträge nicht geben w ü r d e . 7 3
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aa) Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Soweit der Gesetzeswortlaut darauf verweist, es sei die Summe der Entschädigungen zu ermitteln, die o h n e Bestehen „der anderen Versicherung" (Einzahl) zu zahlen wären, so dürfte dies auf einem Redaktionsversehen beruhen; es wurde insofern der Gesetzeswortlaut von § 5 9 Abs. 1 a.F. übernommen, ohne zu berücksichtigen, dass auf G r u n d der Änderung des Gesetzeswortlauts im Übrigen ( „ M e h r f a c h v e r s i c h e r u n g " statt „DoppelVersicherung") auf mehrere andere Versicherungsverträge und nicht nur auf einen weiteren Versicherungsvertrag hinzuweisen ist.
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bb) Isolierte Ermittlung des Entschädigungsbetrages. D a für jeden Versicherungsvertrag isoliert der Entschädigungsbetrag zu ermitteln ist, sind dabei sämtliche gesetzlichen und vertraglichen Regelungen zu berücksichtigen, die die H ö h e der nach dem Versicherungsvertrag (bei isolierter Betrachtung) geschuldeten Leistung im Versicherungsfall ( „ E n t s c h ä d i g u n g " ) beeinflussen. Soweit bei der Aktivenversicherung - wie im Regelfall die Versicherungssumme die Leistung im Versicherungsfall beschränkt, sind hier (auch soweit unmittelbar auf die 2 . Alternative statt der 1. Alternative zurückgegriffen wird) sämtliche Berechnungen und „ K o r r e k t u r e n " vorzunehmen, die zur Bestimmung der maßgeblichen Versicherungssumme erörtert wurden (vgl. R n 3 0 bis 3 4 ) . 7 4
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cc) Gesanitentschädigungsgrenzen. Die erforderliche isolierte Betrachtung jedes einzelnen im Verhältnis einer mehrfachen Versicherung stehenden Vertrages gilt auch dann, wenn vertragliche Vereinbarungen in einem betroffenen Versicherungsvertrag auf das Bestehen der mehrfachen Versicherung Bezug nehmen und daraus Gesamtentschädi-
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So der Ansatz bei Vröhs/Marim/Kollbosser § 59 Rn. 6 ff.; ähnlich Berliner Kommentar/ Schauer § 59 Rn. 10 und 14 ff. (der dies aus Sicht der Rechtsfolgen aus Absatz 1 erörtert). Anders offenbar H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 10 (wonach für die 1. Alternative ein besonderer Schadensbegriff gelten soll; dagegen Rn. 35). Prölss/Martin/Ko/tfrasser S 59 Rn. 8; Bruck/
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Möller/Möller 1 S 59 Anm. 17 (der dies allerdings bei der Rechtsfolge zu Absatz 1 betont); Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 14 (dito). So im Ergebnis auch Prölss/Martin/Ko//hosser ξ 59 Rn. 8; Berliner Kommentar/ Schauer § 59 Rn. 14; HK-WG/Brambach $ 78 Rn. 11.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
gungsgrenzen ableiten, so etwa in der Hausratversicherung übliche Klauseln für Entschädigungsgrenzen hinsichtlich von Wertsachen und für die Außenversicherung 7 5 sowie Klauseln mit generellen Beschränkungen in der Einzelgefahrenversicherung 7 6 (vgl. zum Zweck dieser Klauseln sowie zu den Grenzen der Abbedingung von § 78 Rn. 191 f.). 7 7 c) Feststellung des Gesamtschadens. Soweit ein Versicherungswert festgestellt werden kann (und damit in der Aktivenversicherung sowie in Ausnahmefällen in der Passivenversicherung, Rn. 23), ist der relevante Gesamtschaden auf der Grundlage des feststellbaren Versicherungswerts (und nicht etwa aufgrund vereinbarter Selbstbehalte 78 ) zu ermitteln. Die Ausführungen zur 1. Alternative hinsichtlich der Ermittlung des relevanten Versicherungswerts sowie zur Bestimmung des Versicherungswerts bei unterschiedlichen Vereinbarungen in den Versicherungsverträgen gelten entsprechend (Rn. 25 f.). Dem so ermittelten Gesamtschaden sind angefallene Aufwendungen für Abwendung und Minderung des Schadens („Rettungskosten") gemäß §§ 82 f. sowie Schadensermittlungskosten nach § 85 hinzuzurechnen (siehe aber Rn. 77 f.). 7 9
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In der übrigen Schadensversicherung (und damit dem „eigentlichen" Anwendungsbereich der 2. Alternative, d.h. insbesondere der Haftpflichtversicherung, der Rechtsschutzversicherung sowie bei der nach den Grundsätzen der Schadensversicherung betriebenen Kranken- oder Unfallversicherung) ergibt sich die Schadensermittlung aus der Umschreibung der durch die Versicherungsverträge (ohne Berücksichtigung etwaiger Versicherungssummen oder Entschädigungsgrenzen) versicherten Aufwendungen. 8 0
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d) Den Gesamtschaden übersteigende Entschädigungen. Eine Mehrfachversicherung liegt im Rahmen der 2. Alternative vor, wenn die Summe der für die einzelnen Versicherungsverträge festgestellten Entschädigungen den Gesamtschaden übersteigt. Auch ein geringfügiges Ubersteigen führt zur Mehrfachversicherung (vgl. die entsprechenden Ausführungen zu 1. Alternative Rn. 34).
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So etwa §§ 20 VHB 84 = VHB 92, 33 Nr. 5 VHB 2000; Abschnitt „B" § 11 Nr. 3b) Abs. 2 VHB 2008 (VS)/(QM). 9 Nr. 3 AERB 87, AFB 87, AStB 87, AWB 87; Abschnitt „B" ξ 11 Nr. 3b) Abs. 2 AFB 2008, AERB 2008, AStB 2008, AWB 2008; jeweils Absatz 3 der Bestimmungen entspricht außerdem Abschnitt „B" S 11 Nr. 3b) Abs. 2 Satz 2 VHB 08 (VS)/(QM), so dass die früher bestehenden Unterschiede zwischen den AVB der industriellen Sachversicherung und den VHB insofern nicht mehr bestehen. Prölss/Martin/Ko//&osser S 59 Rn. 8; im Ergebnis wohl auch BGH 6.12.1995 VersR 1996 322, 323 (wo der BGH offenbar zwischen S 59 a.F. und dem Anwendungsbereich
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solcher Klauseln differenzieren möchte, ohne aber zu anderen Ergebnissen zu kommen); im Ergebnis ebenso - aber mit nur analoger Anwendung von § 59 Abs. 2 a.F. im Innenverhältnis - Pröhs/Marim/Knappmann § 20 VHB 84 Rn. 1; Dietz HausratV § 20 Rn. 6 ff.; van Bühren/Hö« S 3 Rn. 262. So aber wohl HK-WG/Brambach 78 Rn. 10 i.V.m. Rn. 15; dagegen Rn. 35. Prölss/MartinJKollhosser § 59 Rn. 10; Römer/Langheid § 59 Rn. 8; Bruck/Möller/ Möllers ξ 59 Anm. 28 f.; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 12; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster2 § 6 Rn. 2. Ebenso offenbar Prölss/Martin/Kollhosser § 59 Rn. 10.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Π. Rechtsfolgen der (einfachen) Mehrfachversicherung im Außenverhältnis gemäß Absatz 1 47
Die einfache - n o r m a l e - Mehrfachversicherung steht der in den R n . 1 4 9 bis 1 6 3 behandelten betrügerischen Mehrfachversicherung gegenüber, die nach Absatz 3 nichtig ist. Bei einfacher Mehrfachversicherung liegt ein wirksamer Vertrag vor; das Vertragsschicksal hängt allenfalls von der Ausübung des Gestaltungsrechts des V N g e m ä ß § 7 9 ab, w o n a c h Vertragsaufhebung oder Herabsetzung der Versicherungssumme(n) und Prämie(n) oder sonstige Vertragsanpassung verlangt werden k a n n . Absatz 1 im Außenverhältnis und Absatz 2 im Innenverhältnis beschränken sich darauf, die Rechtsfolgen einer Mehrfachversicherung nach Eintritt des Versicherungsfalls zu regeln.
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Liegt eine einfache Mehrfachversicherung vor, haften die V R im Außenverhältnis nach Absatz 1 H a l b s . 2 „in der Weise als Gesamtschuldner, dass jeder V R dem von ihm nach dem Vertrag zu leistenden Betrag zu zahlen hat, der V N aber insgesamt nicht mehr als Betrag des Schadens verlangen k a n n " .
1. Grundsatz der gesamtschuldnerischen Haftung 49
Absatz 1 knüpft an die Gesamtschuld nach § § 4 2 1 ff. B G B an, die damit grundsätzlich auch für die Mehrfachversicherung gelten, 8 1 modifiziert die nach B G B bestehende Gesamtschuld jedoch in mehrerer Hinsicht.
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a) Begründung der Gesamtschuld durch Gesetz. Dies gilt zunächst für die Begründung der Gesamtschuld: Diese folgt nicht aus einem gemeinschaftlichen Vertrag i.V.m. § 4 2 7 B G B , sondern unmittelbar durch § 7 8 Abs. 1 aus dem Gesetz, wenn der Tatbestand der Mehrfachversicherung gegeben ist. 8 2
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b) Umfang der Gesamtschuld (Modifizierung von § 4 2 1 B G B ) . Im Regelfall sind die Leistungsverpflichtungen der V R bei einer Mehrfachversicherung nicht deckungsgleich, d.h. sie bestehen in unterschiedlicher H ö h e . W i e schon der Gesetzeswortlaut aufzeigt („jeder V R den von ihm nach dem Vertrag zu leistenden Betrag zu zahlen h a t " ) , ist für jeden V R dessen Leistungspflicht isoliert von dem Bestehen einer Mehrfachversicherung und damit dem Inhalt der anderen Versicherungsverträge zu ermitteln. Andererseits kann der V N „insgesamt nicht mehr als den Betrag des Schadens v e r l a n g e n " . In welchem Umfang bei unterschiedlicher Leistungspflicht der V R die Gesamtschuld besteht, ist umstritten. 8 3
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In der Vorauflage findet sich dazu die Aussage, die gesamtschuldnerische H a f t u n g bestehe nur insoweit, als durch die zusammengerechneten Haftungssummen der wirkliche Schaden des V N überschritten w ü r d e . 8 4 Richtig hieran ist, dass auf diese Weise der Umfang der Gesamtschuld ermittelt werden kann, wenn eine Mehrfachversicherung nur zwischen zwei Versicherungsverträgen besteht. D a n n greift also folgende Berechnungs-
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Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 13; Bruck/Möller/MöHer8 § 59 Anm. 17; wohl ebenso Prölss/Martin/Kollhosser § 59 Rn. 12; Römer!Langheid § 59 Rn. 7. Allg. M.: Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 16; Prölss/Martin/Ko/tf>osser § 59 Rn. 12; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 13.
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Vgl. Kohleick S. 65 ff. m.w.N., wobei aber S. 67 die Ansicht der Vorauflage Bruck/Möller/Möller^ § 59 Anm. 16 zumindest missverständlich wiedergegeben wird. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 16 unter Verweis auf Kisch Mehrfache Versicherung S. 122 f.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
formel: Differenz aus der Summe der (bei isolierter Betrachtung errechneten) Entschädigungen aus den einzelnen Versicherungsverträgen abzüglich eingetretener Schäden (wobei hier die Unterschiede zwischen der 1. und der 2 . Alternative vernachlässigt werden). Dies verdeutlichen folgende beiden Beispiele: 8 5 Beispiel 1: Der Versicherungswert beträgt € 1 0 . 0 0 0 und die Sache erleidet einen Totalschaden. Sie ist sowohl bei dem V R A als auch bei dem V R Β mit einer Versicherungssumme von € 6 . 0 0 0 versichert. In diesem Fall haftet zwar jeder V R auf € 6 . 0 0 0 . Eine gesamtschuldnerische Haftung besteht jedoch nur in H ö h e von ( 6 . 0 0 0 + 6 . 0 0 0 - 1 0 . 0 0 0 =)
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Beispiel 2 : Eine Sache mit einem Versicherungswert von € 1 0 . 0 0 0 ist wie in Beispiel 1 bei V R A und bei V R Β je mit € 6 . 0 0 0 Versicherungssumme versichert; es tritt nun jedoch ein Teilschaden von € 8 . 0 0 0 ein. Aufgrund bestehender Unterversicherung haftet nach der Proportionalitätsregel des § 75 jeder V R nur auf 6/10, d.h. € 4 . 8 0 0 . Der Gesamtbetrag, den der V N erlangen kann, ist der eingetretene Schaden, d.h. € 8 . 0 0 0 . Eine Gesamtschuld besteht damit in Höhe von ( 4 . 8 0 0 + 4 . 8 0 0 - 8 . 0 0 0 =) € 1 . 6 0 0 .
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Treffen allerdings nicht nur zwei, sondern mehr als zwei Versicherungen zu einer Mehrfachversicherung zusammen, hilft diese vereinfachte Ermittlungsmethode nicht weiter, wie ein weiteres Beispiel verdeutlicht. 8 6 Der Versicherungswert beträgt € 1 0 . 0 0 0 , es tritt ein Teilschaden von € 5 . 0 0 0 ein. Die Sache ist bei V R A mit einer Versicherungssumme von € 8 . 0 0 0 , bei V R Β mit einer Versicherungssumme von € 6 . 0 0 0 und bei V R C mit einer Versicherungssumme von € 2 . 0 0 0 versichert. Aufgrund der Proportionalitätsregel von § 75 sind (bei isolierter Betrachtung) V R A zu € 4 . 0 0 0 , V R Β zu € 3 . 0 0 0 und V R C zu € 2 . 0 0 0 zur Leistung verpflichtet. Die Summe der demnach (bei isolierter Betrachtung) möglichen Entschädigungen beträgt € 9 . 0 0 0 . Sie übersteigt den Gesamtschaden, den der V N insgesamt geltend machen kann, um € 4 . 0 0 0 . Gleichwohl liegt die Gesamtschuld nicht in Höhe von € 4 . 0 0 0 vor.
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Wie auch im allgemeinen Privatrecht für Fälle mit Gesamtschuldnern, die in verschiedener H ö h e haften, 8 7 besteht die gesamtschuldnerische Haftung nach Absatz 1 richtigerweise nur in Höhe der sich deckenden Beträge. Anders ausgedrückt besteht also die Gesamtschuld (nur) in Höhe des kleinsten gemeinsamen Haftungsbetrages, d.h. im vorherigen Beispiel in H ö h e von € 2 . 0 0 0 .
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c) Wahlrecht des V N (weitere Modifizierung von § 4 2 1 BGB). Obwohl demnach zwischen den betroffenen V R im Regelfall eine gesamtschuldnerische Haftung nur hinsichtlich von Teilbeträgen ihrer jeweiligen Haftung vorliegt, hat der V N - insofern dem Wesen der Gesamtschuld entsprechend - ein freies Wahlrecht bei Inanspruchnahme der ihm zur Leistung verpflichteten V R . 8 8 Dabei besteht die Besonderheit, dass dieses Wahlrecht gegenüber jedem betroffenen V R besteht, dies unabhängig davon, ob der geltend gemachte Teilbetrag auf die gesamtschuldnerische Haftung oder auf den Teil entfällt, für den der jeweilige V R alleine haftet; hierin liegt die weitere Modifikation von § 4 2 1 B G B .
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€ 2.000.
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Im Anschluss an Bruck/MölIer/Mö//er8 S 59 Anm. 16; Ktsch Mehrfache Versicherung S. 123 f. Nach Motive S. 130 und dem folgend Berliner Kommentar /Schauer § 59 Rn. 14 f. RG 12.7.1913 RGZ 82 436, 439; OLG Düsseldorf 11.11.1994 NJW 1995 2565; Staudinget/Noack (2005) § 421 Rn. 32; ebenso wohl
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auch - unklar, da nur obiter dictum - BGH 9.1.2003 NJW 2003 1036, 1037. Allg. M.: Vioks/Munm/Kollhosser § 59 Rn. 12; Römer/Langheid § 59 Rn. 7; ebenso wohl Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 13 mit Verweis auf: Bruck/Möller/ Möllers § 59 Anm. 18.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Aus dem Wahlrecht des VN folgt, dass sich kein VR darauf berufen kann, der VN möge zunächst den anderen VR einer Mehrfachversicherung in Anspruch nehmen. Ebenso wenig kann sich ein VR auf die in einem anderen Versicherungsvertrag vereinbarten Entschädigungsbegrenzungen berufen, was sich schon aus der gebotenen isolierten Betrachtung der jeweiligen Versicherungsverträge ergibt (Rn. 42). 8 9 58
Das Wahlrecht des VN wird gemäß Absatz 1 i.V.m. § 421 Satz 2 BGB nur in zweierlei Hinsicht beschränkt. Zum einen haftet jeder VR höchstens für den nach seinem „Versicherungsvertrag geschuldeten Betrag", zum anderen kann der VN nicht mehr als Ersatz seines Schadens verlangen. Gerade diese Beschränkung ist die Besonderheit der Gesamtschuld des Absatzes 1 und kennzeichnet diese.
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d) Wirkung der Erfüllung und Erfüllungssurrogate (teilweise Modifikation von § 422 BGB). Das gesetzliche Leitbild von § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner sich auch für die übrigen Schuldner auswirkt, wird bei der Mehrfachversicherung entsprechend der Ausgestaltung der Außenhaftung modifiziert. § 422 Abs. 1 Satz 1 gilt uneingeschränkt, wenn die Leistungsverpflichtungen der VR deckungsgleich sind, d.h. für den (ggf. verbleibenden) Schaden als Gesamtschuldner haften (Rn. 51 ff.). Bestehen dagegen - wie im Regelfall - Leistungsverpflichtungen in unterschiedlicher Höhe und damit keine gesamtschuldnerische Haftung aller VR für den gesamten Schadensbetrag, so ist zu unterscheiden. Bei dem VR, der die Zahlung erbringt, ist die Zahlung vorrangig auf den Betrag anzurechnen, der nicht auf die gesamtschuldnerische Haftung aller VR entfällt. Erbringt der zahlende VR die ihm insgesamt obliegende Leistung, wird er dadurch frei. Erbringt er nur einen Teilbetrag, bleibt er zur Leistung verpflichtet. Bei den anderen VR, zu denen Mehrfachversicherung besteht, sind unter Berücksichtigung der erbrachten Teilleistung (Gesamtschaden des VN abzüglich Leistung des anderen VR) die dann noch verbleibenden Haftungsbeträge zu ermitteln. Dies verdeutlichen drei (von vielen möglichen) Zahlungsvarianten im Anschluss an den Fall Rn. 55:
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Variante 1: Zahlt VR A den gesamten von ihm geschuldeten Betrag in Höhe von € 4.000, werden € 3.000 auf den Teil angerechnet, der nicht der gesamtschuldnerischen Haftung zuzurechnen ist, während € 1.000 auf die gesamtschuldnerische Haftung entfallen. VR A ist nicht zu weiteren Zahlungen verpflichtet. Er wird frei. Die Leistungspflicht von je VR Β und VR C reduziert sich auf jeweils € 1.000, dies in gesamtschuldnerischer Haftung. Variante 2: Zahlt dagegen z.B. VR Β vollständig den von ihm geschuldeten Betrag von € 3.000, so reduziert sich der verbleibende Anspruch des VN auf € 2.000, für den der VR A und der VR C in Höhe von € 2.000 - wiederum in Gesamtschuld - haften.
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Variante 3: Zahlt VR A nur einen Teilbetrag in Höhe von € 2.000, reduziert sich dessen Leistungsverpflichtung auf € 2.000. Der verbleibende Anspruch des VN reduziert sich auf € 3.000. Die Leistungspflichten der VR Β mit € 3.000 und die des VR C mit € 2.000 bleiben unverändert. Der Anteil der gesamtschuldnerischen Haftung bleibt unverändert bei € 2.000. Zahlt VR C nun € 2.000, wird dieser frei. Für den verbleibenden Anspruch des VN in Höhe von € 1.000 haften dann noch VR A und VR Β als Gesamtschuldner.
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Ausdrücklich etwa für den Fall der UnterVersicherung nur bei dem anderen VR, nicht aber bei dem klageweise in Anspruch ge-
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nommenen OLG Frankfurt 7.10.1976 VersR 1977 29.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
E b e n s o wie die Erfüllung durch einen V R wirken gemäß § 4 2 2 Abs. 1 Satz 2 B G B Erfüllungssurrogate, also eine Leistung an Erfüllung Statt, eine Hinterlegung oder die
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A u f r e c h n u n g . 9 0 Auch wenn die Aufrechnung durch einen V R demnach Erfüllungswirkung hat, steht jedem V R g e m ä ß § 4 2 2 Abs. 2 B G B die Aufrechnung nur zu, wenn er selbst Inhaber einer aufrechenbaren Forderung ist. M i t der Forderung, die einem anderen V R zusteht, kann also nicht aufgerechnet w e r d e n , 9 1 weil es an der nach § 3 8 7 B G B erforderlichen Gegenseitigkeit fehlt. e) Wirkung eines Erlasses (§ 4 2 3 B G B ) , insbesondere eines Vergleichs. Ein Erlassver-
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trag zwischen einem V N und einem V R k o m m t in der Praxis im Regelfall in F o r m eines Vergleiches, insbesondere eines Prozessvergleiches, vor. Welche Auswirkungen ein solcher Erlassvertrag bei der Mehrfachversicherung hat, ist - wie auch sonst im R a h m e n der Gesamtschuld - im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei sich aus § 4 2 3 B G B ergibt, dass im Zweifel nur eine Einzelwirkung hinsichtlich des erlassenen Teils für den davon betroffenen V R gewollt ist. Vergleicht sich deshalb der V N mit einem V R , so bedeutet dies im Regelfall nicht, dass dann die anderen V R dem V N auf den gleichen Anteil nur pro rata h a f t e n . 9 2 Vielmehr ist im Zweifel davon auszugehen, dass der V N nur mit seinem Vergleichspartner auf dessen Schuld einen Erlass vereinbaren will, so dass die anderen V R der Mehrfachversicherung unverändert haften, allenfalls gemindert u m die Z a h lung eines Vergleichsbetrages, die wie jede andere Leistung des V N als Erfüllung zu berücksichtigen ist. D a s Interesse des V R , mit dem der Vergleich geschlossen wird, nicht im Innenverhältnis einem Anspruch nach Absatz 2 ausgesetzt zu sein, rechtfertigt ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine andere Bewertung (siehe aber zur W i r k u n g eines Erlasses für den Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 n o c h R n . 1 1 2 ) . 9 3 f) Gläubigerverzug (§ 4 2 4 B G B ) . K o m m t der V N gegenüber einem der V R in Annahmeverzug, so wirkt dies g e m ä ß § 4 2 4 B G B für und gegen alle V R der M e h r f a c h v e r sicherung. 9 4 Diese G e s a m t w i r k u n g des Annahmeverzugs tritt allerdings nicht gegenüber allen V R in voller H ö h e ein. Die Wirkung tritt vielmehr sowohl bei dem V R , bei dem der Gläubigerverzug eintritt, als auch bei den oder den weiteren V R nur in der H ö h e bzw. in dem U m f a n g ein, wie eine entsprechende Erfüllung wirken w ü r d e . 9 5
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g) Wirkung anderer Tatsachen. Aus § 4 2 5 B G B ergibt sich, dass „andere als die in den §§ 4 2 2 bis 4 2 4 bezeichneten T a t s a c h e n " (vgl. also R n . 5 9 bis 6 4 ) sich „nur für oder gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie e i n t r e t e n " , wirken. § 4 2 5 Abs. 2 B G B nennt als Beispiele hierfür die Kündigung, den Verzug, das Verschulden, die Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesamtschuldners, die Verjährung, deren N e u b e ginn, H e m m u n g und A b l a u f h e m m u n g , die Vereinigung der Forderung mit der Schuld und ein rechtskräftiges Urteil. Insofern ergeben sich im Hinblick auf die M e h r f a c h v e r sicherung grundsätzlich keine Besonderheiten.
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Bruck/Möller/Möller* § 59 Anm. 19; Berliner Kummcntar/Scbauer § 59 Rn. 17. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 19. So aber OLG Oldenburg 11.12.1991 VersR 1992 956, 956 f.; Berliner Kommentar/ Schauer § 59 Rn. 17. Zutreffend BGH 17.2.1993 RuS 1993 188, 189; ebenso allgemein zur Wirkung eines
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Erlasses zwischen dem Gläubiger und nur einem Gesamtschuldner BGH 21.3.2000 NJW 2000 1942, 1943; 13.10.2004 NJW-RR 2 0 0 5 34, 36. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 21. Kohleick S. 73 (mit zutreffender Kritik an der undifferenzierten Darstellung der Vorauflage).
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§78 67
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
So hat der V N gegenüber allen V R - nach den für den jeweiligen Versicherungsvertrag geltenden Vereinbarungen - Obliegenheiten bei und nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen und überdies die jeweiligen Verjährungsfristen zu beachten h a t . 9 6 Es gilt zwar grundsätzlich die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 B G B einheitlich für alle Versicherungsverträge der Mehrfachversicherung. Es kann j e d o c h abhängig von der Kenntnis des V N (§ 1 9 9 Abs. 1 Nr. 2 B G B ) sowie einer möglichen H e m m u n g der Verjährung (§ 15) zu einem unterschiedlichen Ablauf der Verjährungsfrist k o m m e n .
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h) Streitgenossenschaft. D e r V N k a n n gegen jeden der M e h r f a c h V R einzelgerichtlich vorgehen, es handelt sich nicht u m eine notwendige Streitgenossenschaft g e m ä ß § 6 2 Z P O . 9 7 W o h l aber steht es dem V N frei, die M e h r f a c h V R als gewöhnliche Streitgenossen g e m ä ß § 6 0 Z P O zu v e r k l a g e n . 9 8 Die I n a n s p r u c h n a h m e der M e h r f a c h V R als Streitgenossen ist nach neuem R e c h t für den V N einfacher geworden, soweit sich der V N (nicht bei juristischen P e r s o n e n 9 9 ) auf den für ihn einheitlichen Gerichtsstand des § 2 1 5 Abs. 1 berufen k a n n . Besteht der Gerichtsstand des § 2 1 5 nicht, erfordern die in der Regel unterschiedlichen Gerichtsstände der V R (wie nach altem R e c h t ) vor einer I n a n s p r u c h n a h m e als Streitgenossen ggf. das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 3 6 Abs. 1 Nr. 3 Z P O ; einen besonderen Gerichtsstand der Streitgenossenschaft gibt es nicht.
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i) Natural- und Geldersatz. Treffen Versicherungsverträge mit einerseits Geldersatz und andererseits Naturalersatz z u s a m m e n , so schließt das die Anwendung der G r u n d sätze der Mehrfachversicherung nicht a u s . 1 0 0 In diesem Fall ist der Naturalersatz mit seinem tatsächlichen Wert zu berücksichtigen. Z a h l t also zunächst der V R , der N a t u r a l ersatz schuldet, und bleibt dies w e r t m ä ß i g hinter dem den V N entstandenen Schaden zurück, kann der V N , wie in jedem anderen Fall der Mehrfachversicherung, den wertmäßig verbleibenden Schadensbetrag von dem anderen V R fordern.
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j) Abtretung, Verpfändung und Pfändung. Es k a n n v o r k o m m e n , dass bei einer M e h r fachversicherung eine der Forderungen, die dem V N gegen einen V R zusteht, abgetreten, verpfändet oder auch gepfändet wird. O b w o h l hierdurch die Forderungen gegen die V R unterschiedlichen Berechtigten zustehen, bleibt in diesem Fall Absatz 1 (und damit auch Absatz 2 ) anwendbar. 1 0 1 Bestehen also z.B. zwei sich vollständig deckende Versicherungsverträge bei V R A und V R B , k a n n sich weiter keiner der beiden V R auf irgendwelche Leistungseinschränkungen berufen, und tritt der V N die Forderung gegen V R Β an einen Dritten a b , geht dieser leer aus, wenn V R A an den V N gezahlt hat. Entsprechendes gilt für Verpfändungen und Pfändungen.
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k) Zuvielzahlungen, Bereicherung. Bei einer Mehrfachversicherung k ö n n e n Zuvielzahlungen erfolgen, insbesondere weil die Mitteilungspflicht des § 7 7 Abs. 1 verletzt wurde und der zuviel zahlende V R nichts von der Existenz weiterer Versicherungsverträge
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Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 18; Römer! Langheid § 59 Rn 7; Beckmann/MatuscheBeckmannIArmbrüster 1 § 6 Rn. 57. Bruck/Möller/Mö/fer8 ξ 59 Anm. 23; Römer/ Langheid § 59 Rn. 7; Beckmann/MatuscheBeckmann/Armbrüster2 S 6 Rn. 57. Bruck/Möller/Mö//er8 S 59 Anm. 23; KömerlLangheid § 59 Rn. 7.
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HK-YVG/Muschner § 215 Rn. 3. Bruck/Möller/Aiö//er8 § 59 Anm. 24; Bruck/Möller/Scfcnepp § 77 Rn. 57. Bruck/Möller/Möller* S 59 Anm. 25; Kisch Mehrfache Versicherung S. 138.
Winfried Schnepp
§78
Haftung bei Mehrfachversicherung
wusste. Da der V N nach Absatz 1 insgesamt nicht mehr als den Betrag des Schadens verlangen kann, ist er ungerechtfertigt bereichert, wenn er Zahlungen über den Schadensbetrag hinaus erhält. Der Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 B G B steht jedoch nur demjenigen VR zu, der mehr gezahlt hat, als noch geschuldet wurde. 1 0 2 Hat der zuletzt zahlende V R mit seiner Zahlung die Schadengrenze nur zum Teil überschritten, kann demnach dieser (aber nur dieser) V R den den Schaden übersteigenden Teil nach Bereicherungsrecht zurückfordern. Der VN, der bei dem Empfang der Zuvielzahlung wusste, dass ihm nur Zahlungen in Höhe seines Schadens zustehen oder hiervon später erfährt, unterliegt der verschärften Bereichungshaftung gemäß des § 819 Abs. 1 B G B . 1 0 3 Beruht die Zuvielzahlung auf einer betrügerischen Mehrfachversicherung, gelten aufgrund von Absatz 3 besondere Regeln (Rn. 161). 2. Spezielle Probleme a) Versicherung für fremde Rechnung. Eine mehrfache Versicherung und damit auch eine Mehrfachversicherung können durch Zusammentreffen einer Versicherung für eigene Rechnung mit einer Versicherung für fremde Rechnung entstehen. 1 0 4 Bei der Versicherung für fremde Rechnung ist zu beachten, dass die Versicherungsforderung materiell dem Versicherten zusteht (§ 4 4 Abs. 1), mag auch einerseits das Verfügungsrecht des Versicherten eingeschränkt sein (§ 4 4 Abs. 2), andererseits sogar der V N unter gewissen Voraussetzungen ermächtigt sein, über die (ihm „fremde") Versicherungsforderung im eigenen Namen zu verfügen und auch Zahlungen entgegen zu nehmen (§ 4 5 Abs. 1 und 2). Der Besitz des Versicherungsscheins oder die Zustimmung des Versicherten können hierbei eine Rolle spielen (dazu § § 4 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 4 5 Abs. 2 und 3, 46), aber die AVB können auch abweichende Lösungen vorsehen. Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Kommentierung der § § 4 3 ff. verwiesen.
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Trifft eine Versicherung für eigene Rechnung mit einer Versicherung für fremde Rechnung in Form der Mehrfachversicherung zusammen, ist umstritten, ob Absatz 1 hierfür uneingeschränkt gilt. Unproblematisch ist dies, wenn der V N A aus der von ihm abgeschlossenen Versicherung für eigene Rechnung seinen V R X in Anspruch nimmt. Zahlt V R X , hat dies Erfüllungswirkung auch für den von V N Β für fremde Rechnung des A bei V R Y abgeschlossenen Versicherungsvertrag. Ist der Versicherungsschutz deckungsgleich, erlischt die Forderung des Β gegen Y. Ist der Schaden des A durch die Zahlung von X noch nicht in voller Höhe beglichen (z.B. aufgrund von Entschädigungsgrenzen, Unterversicherung oder Selbstbehalt), kann Y auf der Grundlage des mit Β bestehenden Versicherungsvertrages in Anspruch genommen werden.
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Wie ist aber die Rechtslage, wenn zunächst Y an Β zahlt und dieser die Versieherungsleistung A nicht zur Verfügung stellt? Nach einer auch von der Vorauflage vertretenen Ansicht ist in diesen Fällen Absatz 1 uneingeschränkt anzuwenden; der Gesetzeswortlaut ist demnach in diesen Fällen so zu lesen, dass an die Stelle des V N entsprechend § 4 7 Abs. 1 der Versicherte tritt. 1 0 5 Demgegenüber vertritt die inzwischen wohl herrschende Ansicht die Meinung, Absatz 1 sei dahin einzuschränken, dass der V R der Eigenversicherung (im Beispiel also V R X ) sich nur dann auf die Erfüllungswirkung einer
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B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 S 5 9 Anm. 2 6 ; Prölss/ MartiniKollhosser § 5 9 Rn. 12; Berliner Kommentar /Schauer § 5 9 Rn. 15; Kisch Mehrfache Versicherung S. 133 f. B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 5 9 Anm. 2 6 .
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Z u verschiedenen Konstellationen bei dem Zusammentreffen mehrerer Sachversicherungen BmckJUöihi/Schnepp
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Bruck/Möller/ Möller8
§ 7 7 Rn. 2 8 ff.
§ 5 9 Anm. 2 7 ; Kisch
Mehrfache Versicherung S. 137.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Zahlung des VR der Fremdversicherung (hier: VR Y) berufen kann, wenn dem Eigentümer (hier: VN A) die Leistung des FremdVR (hier: VR Y) zugeflossen ist oder wenn der Eigentümer (hier: V N A) der Zahlung des FremdVR (hier: VR Y) an den VN der Fremdversicherung (hier an VN B) zugestimmt hat. 1 0 6 Dem werden teilweise die Fälle gleichgestellt, in denen der FremdVN (hier also VN B) die Versicherung im Auftrag des Versicherten (hier: A) im Sinne von § 4 7 Abs. 2 Satz 2 genommen hat, 1 0 7 was allerdings der Ausnahmefall sein wird. Dies bedeutet jedoch auch nach dieser Ansicht nicht, dass die VR insgesamt mehr als den eingetretenen Schaden zu zahlen haben. Obwohl der zuerst zahlende FremdVR (hier VR Y) bei Zahlung an seinen VN (hier V N B) auf eine bestehende Schuld leistet, soll der Rechtsgrund nachträglich entfallen, wenn die Zahlung des FremdVR gegenüber dem Eigentümer (VN A) keine Erfüllungswirkung hat und dann der Eigentümer von seinem VR aus der Eigenversicherung (hier also von VR X) die Versicherungsleistung erhält; dem FremdVR soll dann ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen seinen V N zu stehen (also Anspruch des VR Y gegen den VN B). 108 75
Stellungnahme: Im Ergebnis ist der inzwischen herrschenden Meinung zu folgen; an der Auffassung der Vorauflage wird nicht festgehalten. Zweck des § 78 ist es, eine Bereicherung des VN zu verhindern (Rn. 5). Zweck des § 78 ist es dagegen nicht, dem VN, der Prämie für einen Versicherungsvertrag aufgewandt hat und der weder den Abschluss einer weiteren Versicherung für fremde Rechnung autorisiert noch sich in sonstiger Weise mit Zahlungen an einen Dritten einverstanden erklärt hat, Ansprüche gegen seinen VR zu nehmen. Absatz 1 ist deshalb einschränkend dahin auszulegen, dass trotz bestehender Mehrfachversicherung Zahlungen an einen anderen als den Inhaber des Interesses nur dann Erfüllungswirkung im Verhältnis zu dem betroffenen V N haben, wenn er diese Zahlungen autorisiert hat oder ihm diese zu Gute gekommen sind. Hiervon ist dann auszugehen, wenn entweder der Dritte eine Versicherung für fremde Rechnung im Auftrag des Interesseninhabers im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 2 genommen hat, der FremdVR Zahlungen an seinen VN mit Zustimmung des Interesseninhabers (Versicherter der Versicherung für fremde Rechnung) vorgenommen hat oder, sollte diese Zustimmung fehlen, der FremdVN die Entschädigung entweder an den Interesseninhaber weitergeleitet hat oder diesem die Entschädigung in sonstiger Form zu Gute gekommen ist. Zu letzteren Fällen gehört etwa auch, wenn der FremdVN mit der Versicherungsleistung den Schaden des Interesseninhabers beseitigt oder aufgrund rechtsgeschäftlicher Abreden zwischen dem FremdVN und dem Interesseninhaber die Versicherungsleistung behalten darf (z.B. Aufrechnung mit einer anderen Forderung). Diskussionswürdig ist allerdings, wie dogmatisch die zuerst erfolgende Zahlung des FremdVR an seinen VN bis zu der Zeit zu behandeln ist, bis zu der der eigene VR des Interesseninhabers zahlt. Die Ansicht, der rechtliche Grund für die Zahlung sei nachträglich weggefallen, bedarf der dogmatischen Herleitung. Man wird in diesen Fällen davon ausgehen müssen, dass die Zahlung des FremdVR unter der aufschiebenden Bedingung für die Tilgungswirkung erklärt wird, dass der VR in Ansehung einer bestehenden Mehrfachversicherung von der Leistungs-
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Prölss/Martin/KoZ/fcosser S 59 Rn. 12; Berliner KommtntzrlSchauer § 59 Rn. 19; Martin SVR Rn. V II 5 und 7; ders. VersR 1973 691; ders. VersR 1974 253, 254; ders. VersR 1976 240, 242; Kohleick S. 84 ff; Beckmann/Matusche-Beck mann/Amibrüster2 § 6 Rn. 56.
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Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 19; Martin SVR Rn. V II 5 und 7; ders. VersR 1976 240, 242. Prölss/Martin/Kof/fcosser 8 S 59 Rn. 12; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 19; Martin SVR Rn. V II 8; ders. VersR 1976 240, 242.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
pflicht auch gegenüber dem Interesseninhaber frei wird. Einseitig aufschiebende Bedingungen für die Tilgungswirkung sind grundsätzlich zulässig (der Gläubiger kann die Leistung allerdings bei nicht vertragsgemäßen Bedingungen zurückweisen). 109 Zahlt danach der EigenVR des Interesseninhabers, kann die Bedingung nicht mehr eintreten. Dem FremdVR steht dann gegen seinen VN ein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Die vorliegenden Überlegungen gelten entsprechend, wenn § 78 dadurch modifiziert 7 6 wird, dass der von dem Interesseninhaber zu erlangende Gesamtanspruch nicht durch den Schaden, sondern durch eine Gesamtentschädigungsgrenze (dazu bereits schon Rn. 43 sowie Rn. 191 f.) beschränkt wird. 110 b) Rettungskosten und Schadensermittlungskosten. Bei Ermittlung des Betrages, den 7 7 der VN insgesamt verlangen kann, sind grundsätzlich die Aufwendungen des VN für Abwendung und Minderung des Schadens („Rettungskosten") gemäß §§ 82 f. sowie Schadensermittlungskosten nach § 85 zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Ermittlung der Mehrfachversicherung nach der 1. oder der 2. Alternative erfolgte (Rn. 36 bzw. 44). Dabei gilt im Rahmen der Inanspruchnahme der einzelnen VR der Mehrfachversicherung auch in Ansehung der Rettungs- und Schadensermittlungskosten, dass der einzelne VR nur in dem Umfang haftet, in dem er aus dem mit ihm bestehenden Versicherungsvertrag zur Leistung verpflichtet ist. Abgesehen von unterschiedlichen Bestimmungen in den Versicherungsverträgen (etwa 7 8 Abbedingung der über die Versicherungssumme hinausgehenden Eintrittspflicht des VR gem. § § 8 3 Abs. 3, 85 Abs. 1 Satz 2 oder Vereinbarung von Entschädigungsgrenzen bzw. Positionen für diese Kosten) kann es etwa dadurch zu unterschiedlicher Haftung der VR kommen, dass in dem einen Versicherungsvertrag eine bestimmte Weisung des VR im Sinne von § 82 Abs. 2 ergeht, die der V N zu befolgen hat, während der andere VR diese Weisung nicht erteilt und sich ein Anspruch auf Aufwendungsersatz auch nicht daraus ergibt, dass der VN die Aufwendungen im konkreten Fall den Umständen nach für geboten im Sinne von § 83 Abs. 1 Satz 1 halten durfte. 1 1 1 Dabei ist zu beachten, dass sich mehrere unterschiedliche Weisungen gemäß § 82 Abs. 2 Satz 2 aufheben und der VN dann nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat. § 82 Abs. 2 Satz 2 gilt entgegen dem Wortlaut, wonach es sich um mehrere „an dem Versicherungsvertrag" (Einzahl) beteiligte VR handeln muss, auch für die mehrfache Versicherung, also wenn mehrere Versicherungsverträge betroffen sind. 112 Die Änderung des Wortlauts gegenüber § 62 Abs. 1 Satz 2 a.F. bezweckte erkennbar keine inhaltliche Änderung. 113 c) Vorteilsausgleichung und Regress (Ersatzansprüche gegen Dritte). Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten grundsätzlich auch für die Leistungspflicht der VR bei einer Mehrfachversicherung. Hat also z.B. der VN einen Erlös aus Verkauf der zerstörten Sache erzielt, oder hat ein ersatzpflichtiger Dritter an den VN gezahlt, mindert sich der
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BGH 10.10.1984 BGHZ 92 280, 284 f. Martin SVR Rn. V II 6; Kobleick S. 86. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 39 i.V.m. 28; Kisch Mehrfache Versicherung S. 141; Kohleick S. 63. Bruck/Möller/Kocfc § 82 Rn. 137. Begr. zu § 78 BTDrucks. 16/3945 S. 80
(wonach die neuen Sätze 1 und 2 von § 82 „sachlich" § 62 Abs. 1 a.F. entsprechen sollen); zur Rechtslage nach altem Recht Bruck/Möller/MöHer 8 §58 Anm. 50, § 62 Anm. 26; Berliner Kommentar/Beckmann § 62 Rn. 36.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
ersatzpflichtige Schaden mit entsprechender Wirkung für alle VR der Mehrfachversicherung. 114 80
Der leistende VR erwirbt auch im Falle einer Mehrfachversicherung einen Schadenersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Dritten im Rahmen der Legalzession gemäß § 86 Abs. I. 1 1 5 Dies ist unproblematisch, wenn sich die LeistungsVerpflichtungen der VR bei einer Mehrfachversicherung decken. Regelmäßig ist dieses jedoch nicht der Fall (Rn. 51). Hinzu kommt dann in der Regel noch, dass der Betrag, auf den der VN alle VR insgesamt in Anspruch nehmen kann, höher ist als der Ersatzanspruch gegen den Dritten (so etwa im Falle des Mitverschuldens des Dritten, aber auch, wenn aufgrund der Vereinbarungen in zumindest einem Versicherungsvertrag ein höherer Anspruch gegen den VR besteht als nach Schadensersatzrecht gemäß §§ 249 ff. BGB, so etwa im Fall der Neuwertversicherung). In diesem Fall geht der Entschädigungsanspruch gegen den Dritten nur nach dem Verhältnis der eigenen Leistung des VR an dem Betrag, auf den die Ersatzpflicht durch Absatz 1 begrenzt wird (also dem Schaden im versicherungsrechtlichen Sinne) auf den VR über. 116 Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: 117 Der VN hat ein Warenlager im Wert von € 100.000 jeweils auf Erstes Risiko bei VR X mit einer Versicherungssumme von € 90.000 und bei VR Y mit einer Versicherungssumme von € 30.000 versichert. Es tritt ein Totalschaden ein, für den der Schadensverursacher D aufgrund Mitverschuldens des VN jedoch nur zu 80 %, also in Höhe von € 80.000 haftet. Wenn VR X den von ihm geschuldeten Betrag in Höhe von € 90.000 vollständig zahlt, geht der Anspruch des VN gegen D nicht etwa in voller Höhe von € 80.000, sondern nur in Höhe von (80 % von 90.000) € 72.000 auf VR X über. Zahlt danach VR Y den verbleibenden Restschaden in Höhe von € 10.000, geht der restliche Anspruch des VN gegen D in Höhe von € 8.000 (entspricht 80 % des Zahlbetrages von VR Y) auf diesen über. Würde dagegen der VN nach Erstzahlung des VR X zunächst gegen D aus dem ihm noch zustehenden Anspruch in Höhe von € 8.000 vorgehen, und würde D zahlen, greifen insofern die Grundsätze der Vorteilsausgleichung (Rn 79). Der Restanspruch des VN gegen VR Y vermindert sich hierdurch auf € 2.000. Zahlt VR Y diese € 2.000, gibt es keinen Anspruch mehr, der auf ihn übergehen könnte. Im Innenverhältnis der VR ist allerdings, unbeschadet vom Ubergang des Anspruchs gegen D nur auf VR X, eine anderweitige Aufteilung vorzunehmen (dazu Rn. 80).
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Entsprechende Grundsätze gelten in den Fällen, in denen auf einen der VR im Gegenzug zur Erbringung der Versicherungsleistung ein bestimmter Vermögenswert übergeht oder vom VN zu übertragen ist. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn in der Einbruchdiebstahlversicherung der VR Eigentümer der versicherten Sache wird. 1 1 8 Ersetzt ein VR bei der Mehrfachversicherung (aufgrund deckungsgleicher Verpflichtung) den Schaden in voller Höhe, geht nur auf diesen VR der Vermögenswert über bzw. ist auf den zahlenden VR zu übertragen. Zahlt ein VR (insbesondere, weil er aufgrund nicht deckungsgleicher Haftung nicht in Höhe des vollen Schadens haftet) nur anteilig, geht dagegen der Vermögenswert auch nur in einem entsprechenden Anteil zum Gesamtschaden auf den jeweili-
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Rn. 30; Kisch Mehrfache Versicherung S. 154 f; Kohleick S. 88. Pröiss/MartinJKollhosser § 59 Rn. 17; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 18; Bruck/Möller/Si'eg 8 § 67 Anm. 120; Kisch Mehrfache Versicherung S. 148 f.
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Berliner Komments/Schauer § 59 Rn. 18; Prölss/Martin/ZVö/ss § 67 Rn. 26; Bruck/ 8 Möller/Sieg § 67 Anm. 120; Kisch Mehrfache Versicherung S. 150 f.; Kohleick S. 89. Nach Bruck/Möller/S/eg 8 § 67 Anm. 121. Abschnitt „A" § 13 Nr. 6 AERB 2008; A.2.10.3 AKB 2008.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
gen V R über. H a t der V R Anspruch auf Übertragung, k a n n er in diesen Fällen nur Übertragung eines entsprechenden (Miteigentums-) Anteils v e r l a n g e n . 1 1 9
ΙΠ. Rechtsfolgen der (einfachen) Mehrfachversicherung im Innenverhältnis gemäß Absatz 2 Liegt eine einfache Mehrfachversicherung vor, sind die V R nach Satz 1 „im Verhält-
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nis zu e i n a n d e r " , also im Innenverhältnis, „nach M a ß g a b e der Beträge verpflichtet, die sie dem V N nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen h a b e n " . Eine besondere Regelung besteht nach Absatz 2 Satz 2 , wenn auf einen der Versicherungsverträge ausländisches R e c h t anzuwenden ist ( R n . 138 ff.). 1. Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 Satz 1 a) Rechtsgrundlage. Absatz 2 Satz 1 knüpft an Absatz 1 an, w o n a c h die V R der Mehrfachversicherung als Gesamtschuldner haften. Entsprechend der M o d i f i k a t i o n e n der §§ 4 2 1 ff. B G B durch Absatz 1 im Außenverhältnis, modifiziert Absatz 2 Satz 1 für das Innenverhältnis § 4 2 6 Absatz 1 Satz 1 B G B , w o b e i im Übrigen die allgemeinen Vorschriften zum internen Ausgleich bei einer Gesamtschuld a n w e n d b a r s i n d . 1 2 0 Hieraus folgt, dass entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zum Gesamtschuldnerausgleich zwischen stets zwei, ggf. auch drei Anspruchsgrundlagen zu unterscheiden ist: 1 2 1
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Erstens besteht der gesetzliche Ausgleichsanspruch gemäß Absatz 2 Satz 1 i.V.m. § 4 2 6 Abs. 1 Satz 1 B G B , w o b e i dahinstehen k a n n , o b Absatz 2 Satz 1 eine eigene Anspruchsgrundlage darstellt, die § 4 2 6 A b s . l Satz 1 B G B verdrängt, oder o b Absatz 2 Satz 1 eine andere Bestimmung im Sinne von § 4 2 6 Abs. 1 Satz 1 B G B darstellt und damit konkretis i e r t . 1 2 2 Jedenfalls sind die allgemeinen Grundsätze, die für den selbständigen gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 4 2 6 Abs. 1 Satz 1 B G B gelten, grundsätzlich auch auf den bei der Mehrfachversicherung bestehenden internen Ausgleichsanspruch anzuwenden, soweit dem die Besonderheiten der Mehrfachversicherung nicht entgegen stehen.
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Zweitens kann sich ein Ausgleichsanspruch eines V R gegen den anderen V R aus § 4 2 6 Abs. 2 Satz 1 B G B ergeben, der eine Legalzession vorsieht, soweit „ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen
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k a n n " . D a § 4 2 6 Abs. 2 Satz 1 B G B hinsichtlich des Umfanges des Ausgleiches auf den dortigen Absatz 1 Bezug n i m m t , wird damit indirekt auch ein Anspruch aus übergegangenem R e c h t zwischen den M e h r f a c h V R durch § 7 8 Abs. 2 bestimmt. Es geht also der Anspruch des V N gegen den oder die anderen V R anteilig über. D e r Unterschied zwischen dem übergegangenen Anspruch und dem gesetzlichen Ausgleichsanspruch besteht wie generell bei § 4 2 6 B G B - abgesehen vom Z e i t p u n k t ihres Entstehens (dazu R n . 9 0 ) vor allem darin, dass bei der Legalzession auch N e b e n - und Vorzugsrechte g e m ä ß §§ 4 1 2 , 4 0 1 B G B mit ü b e r g e h e n . 1 2 3
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 30; Kisch Mehrfache Versicherung S. 155 f.; Kohleick S. 89 f. Prölss/Martin/Ko//fcosser S 59 Rn. 13; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 21; Römer/Langheid § 59 Rn. 9; wohl ebenso HK-WG/Brambach § 78 Rn. 16.
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 32; Berliner Kommentar /Schauer ξ 59 Rn. 21. Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 21. Kisch Mehrfache Versicherung S. 172.
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§ 78 86
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Drittens kann ein M e h r f a c h V R gegen den anderen M e h r f a c h V R einen Ausgleichsanspruch auf G r u n d besonderer schuldrechtlicher Verbindung h a b e n . Die M e h r f a c h v e r sicherung als solche schafft allerdings keine Rechtsbeziehung zwischen den V R . Es kann jedoch ein Auftrag vorliegen, wenn sich ein M e h r f a c h V R dem anderen gegenüber verpflichtet, dem V N gegenüber zunächst den Schaden insgesamt abzuwickeln (§ 6 6 2 B G B ) . Hieraus kann sich eine Vorschusspflicht aus § 6 6 9 B G B und ein Aufwendungsersatzanspruch (in den Grenzen der anteiligen H a f t u n g ) aus § 6 7 0 B G B ergeben. Fehlt ein solcher Auftrag, dürfte der Anwendung der Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag ( § § 6 7 7 , 6 8 3 Satz 1 B G B ) nicht das Bedenken entgegenstehen, dass der erstzahlende V R - soweit er selbst haftet - zugleich ein eigenes Geschäft führt („auch fremdes G e s c h ä f t " ) . 1 2 4 Grundsätzlich k o m m e n auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht, wenn etwa interne Absprachen zwischen den V R nicht w i r k s a m zustande g e k o m m e n s i n d . 1 2 5 Regelmäßig ist allerdings davon auszugehen, dass die § § 4 2 6 Abs. 1 Satz 1 B G B , 7 8 Abs. 2 Satz 1 als leges speciales den U m f a n g eines etwaigen Anspruchs aus § § 6 8 3 oder 812 B G B b e s c h r ä n k e n . 1 2 6
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Negativ ist hervorzuheben, dass der Ausgleichsanspruch unter den M e h r f a c h V R nicht auf § 8 6 beruht; ein anderer V R einer Mehrfachversicherung ist nicht Dritter im Sinne von § 8 6 Abs. 1 Satz 1 und erwirbt damit durch Z a h l u n g an den V N nicht dessen vertraglichen Anspruch gegen einen anderen M e h r f a c h V R . 1 2 7 § 8 6 bleibt aber anwendbar, wenn ein V R nur subsidiär haftet (im Einzelnen zu Subsidiaritätsabreden R n . 1 6 7 bis R n . 1 8 6 ) und der subsidiäre V R zahlt; in diesem Fall geht der Anspruch des V N gegen den vorrangig eintrittspflichtigen V R auf den subsidiären V R ü b e r . 1 2 8 § 8 6 bleibt außerdem a n w e n d b a r im Verhältnis zu einem ersatzpflichtigen Dritten ( R n . 113 bis 1 2 0 ) . b) Entstehung der Ansprüche. Es ist zwischen den R n . 8 4 bis 8 6 erläuterten An-
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spruchsgrundlagen zu unterscheiden. 89
D e r gesetzliche Ausgleichsanspruch nach §§ 4 2 6 Abs. 1 Satz 1 B G B , 7 8 Abs. 2 Satz 1 entsteht - entsprechend der generellen Grundsätze zu § 4 2 6 B G B 1 2 9 - bereits durch den Versicherungsfall. 1 3 0 Hieraus folgt, dass dieser Ausgleichsanspruch dann ausscheidet,
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Ständige Rechtsprechung des BGH zum „auch fremden Geschäft", etwa 4.7.1963 NJW 1963 2067, 2068; 8.3.1990 BGHZ 110 313, 314 f.; 26.11.1998 BGHZ 140 102, 109; unklar Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 59 Anm. 32 (wonach eine Geschäftsführung ohne Auftrag bei Gesamtschuldnerschaft wohl ausgeschlossen sein soll). BGH 4.7.1963 NJW 1963 2067, 2068; anders offenbar Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 59 Anm. 32. BGH 4.7.1963 NJW 1963 2067, 2068 (zum allgemeinen Gesamtschuldnerausgleich, nicht zu § 59 a.F.); unklar, aber wohl ebenso Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 59 Anm. 32. BGH 23.11.1988 VersR 1989 250, 251; Bruck/Möller/Szeg8 § 67 Anm. 35; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 39; Berliner Kommentar/Baumann § 67 Rn. 114. BGH 23.11.1988 VersR 1989 250, 251;
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OLG Düsseldorf 25.9.2001 RuS 2 0 0 2 297, 298; OLG Köln 21.10.2008 VersR 2 0 0 9 539, 540; Berliner Kommentar/Baumann § 67 Rn. 114; Bruck/Möller/S/eg 8 § 67 Anm. 35. Ständige Rechtsprechung seit RG 16.11.1908 RGZ 69 422, 426; so auch BGH 21.11.1953 BGHZ 11 170, 174; 27.6.1961 BGHZ 35 318, 325; 21.3.1991 BGHZ 114 117 122; 15.10.2007 NJW-RR 2 0 0 8 256, 257; 7.2.2008 VersR 2 0 0 8 1068, 1070. ÖOGH 17.4.2002 VersR 2003 798, 799; Prölss/Martin/Ko/W?osser § 59 Rn. 13; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 27; Bruck/Möller/MöHer8 § 59 Anm. 33; H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 18; a.A. Beckmann/Matusche-BeckmannMìTMbrtisfór2 § 6 Rn. 71 (wonach der Anspruch erst mit Zahlung eines VR an den VN entsteht).
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Haftung bei Mehrfachversicherungicherung
§78
wenn ein anderer Versicherungsvertrag, aus dem eine Mehrfachversicherung folgen könnte, vor dem Versicherungsfall beendet wurde 1 3 1 oder der VR bereits vor dem Versicherungsfall leistungsfrei geworden ist. 132 Umstritten ist allerdings, wie sich eine nach Eintritt des Versicherungsfalls eintretende nachträgliche Leistungsfreiheit eines VR auswirkt, dazu Rn. 106 ff. Der Forderungsübergang nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB setzt - wie auch sonst - die Befriedigung des Gläubigers, hier also des VN, voraus. Der Forderungsübergang wird also erst wirksam, wenn ein VR den VN entschädigt hat. Ist bis zu diesem Zeitpunkt die Forderung des VN untergegangen, so ist für den Forderungsübergang kein Raum mehr. Hiervon zu trennen ist die Entstehung des übergegangenen Anspruchs, die sich nach dem jeweiligen (anderen) Versicherungsvertrag richtet.
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Für Ansprüche aus sonstigen Anspruchsgrundlagen gelten die dafür maßgeblichen all- 91 gemeinen Grundsätze. c) Inhalt der Ansprüche. Der mit Eintritt des Versicherungsfalles entstandene (Rn. 89) gesetzliche Ausgleichsanspruch aus §§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, 78 Abs. 2 Satz 1 schafft eine interne Verpflichtung der MehrfachVR, die sich schon auswirkt, bevor der extern durch den VN in Anspruch genommene VR gezahlt hat. Hieraus folgt, dass der im Außenverhältnis zuerst in Anspruch genommene VR in Höhe der Ausgleichspflicht einen Freistellungsanspruch gegen den oder die anderen MehrfachVR im Innenverhältnis hat. 1 3 3 Dieser Freistellungsanspruch kann seitens des anderen VR durch direkte Zahlung an den VN oder durch Zahlung an den zuerst in Anspruch genommenen VR befriedigt werden. 1 3 4 Eine Zahlung eines (zunächst noch nicht) im Außenverhältnis in Anspruch genommenen VR an den ersten VR kann so als Vorschussleistung auf den endgültigen Ausgleichsanspruch qualifiziert werden. 1 3 5 Normalerweise erfolgt der Ausgleich jedoch erst, nachdem der erste VR gezahlt hat; der Anspruch ist deshalb in der Regel auf Zahlung gerichtet.
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Der nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB übergehende Anspruch aus dem Versicherungsvertrag (Rn. 85) ist, abhängig vom Inhalt des Versicherungsvertrages, in der Regel ein auf Zahlung gerichteter Anspruch. Der Anspruch wird gemäß § 426 Abs. 2 Satz 2 BGB dadurch eingeschränkt, dass er nicht zum Nachteil des Gläubigers, also des VN, geltend gemacht werden kann. Macht der erstleistende MehrfachVR den gesetzlichen Ausgleichsanspruch geltend, besteht also ein Befriedigungsvorrecht des VN. 1 3 6
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Der Inhalt von Ansprüchen auf sonstiger Anspruchsgrundlage (Rn. 86), insbesondere aus Auftrag, richtet sich nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen. Bei Auftrag kann sich aus § 669 BGB eine Vorschusspflicht ergeben.
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Ö O G H 8.3.1990 VersR 1991 367, 368; Ö O G H 17.4.2002 VersR 2003 798, 799; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 27; Prölss/Martin/Kollhosser S 59 Rn. 8 (im Zusammenhang mit den Tatbestandsvoraussetzungen von Absatz 1). BGH 5.3.1986 VersR 1986 380, 381; Ö O G H 17.4.2002 VersR 2003 798, 799; Berliner Kommentar¡Schauer § 59 Rn. 27; Römer/Langheid § 59 Rn. 9; Prölss/Martin/ Kollhosser § 59 Rn. 8.
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Bruck/Möller/Möller 9 § 59 Anm. 34; Prölss/ Martin/Kollhosser § 59 Rn. 13; H K - W G / Brambach § 78 Rn. 18. Bruck/Möller/Möller* § 59 Anm. 34; Kisch Mehrfache Versicherung S. 173 Bruck/Möller/Möller* § 59 Anm. 34; Kisch Mehrfache Versicherung S. 173. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 33.
Winfried Schnepp
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§ 78
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Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
d) U m f a n g des Ausgleichs. D e r U m f a n g des Ausgleichs wird durch Absatz 2 Satz 1 beschränkt. Dies gilt nicht nur unmittelbar für den gesetzlichen Ausgleichanspruch nach § 4 2 6 Abs. 1 Satz 1 B G B , sondern indirekt auch für den § 4 2 6 Abs. 2 Satz 1 B G B übergegangenen Anspruch (bereits R n . 85) und für etwaige auf sonstiger Anspruchsgrundlage bestehende Ansprüche (bereits R n . 8 6 ) .
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aa) Grundsatz. N a c h Absatz 2 Satz 1 sind die M e h r f a c h V R „zueinander zu Anteilen nach M a ß g a b e n der Beträge verpflichtet, die sie dem V N nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen h a b e n " . Die Summe der Außenhaftungen der einzelnen V R gibt also den M a ß s t a b für die interne Schadenstragung vor.
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Es ist demnach für jeden einzelnen Versicherungsvertrag (wie bei Ermittlung der Mehrfachversicherung) zunächst isoliert zu ermitteln, in welchem U m f a n g die von der Mehrfachversicherung betroffenen V R gegenüber dem V N haften. Sämtliche für die Berechnung dieses Betrages maßgeblichen U m s t ä n d e sind dabei zu berücksichtigen, also z.B. maßgebliche Versicherungssumme, Versicherungswert, dafür maßgebliche Wertbemessungsvereinbarungen, ein etwaige T a x e , bei Teilschäden eine etwaige Unterversicherung, wenn nicht eine Versicherung auf Erstes R i s i k o vorliegt, oder eine vereinbarte Selbstbeteiligung des V N . 1 3 7 E b e n s o sind Rettungs- und Schadensermittlungskosten g e m ä ß § § 8 2 f., 85, für die die M e h r f a c h V R gegenüber dem V N eintrittspflichtig sind, zu b e r ü c k s i c h t i g e n . 1 3 8 Dagegen k o m m t es insbesondere nicht auf das Verhältnis der Versicherungssummen zueinander a n . 1 3 9
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Aus dem Verhältnis der sich für die einzelnen Versicherungsverträge bei isolierter Betrachtung ergebenden Verpflichtungen der V R ergibt sich anteilsmäßig deren interne Einstandspflicht. Hieraus lässt sich die Formel ableiten, w o n a c h sich der von einem V R zu tragende Anteil an einem Schaden in einem gleichen Verhältnis verhält wie der von diesem V R isoliert geschuldete Betrag zur Summe der bei isolierter Betrachtung ermittelten Leistungsverpflichtungen aller V R . 1 4 0
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Sind bei einer Mehrfachversicherung zwei V R gegenüber dem V N in gleicher H ö h e zur Leistung verpflichtet (so etwa die Beispiele R n . 5 3 f.), so haften sie zur Hälfte. Besteht bei einer Mehrfachversicherung die H a f t u n g von zwei oder mehreren V R in unterschiedlicher H ö h e , so ist hieraus jeweils anteilig die H a f t u n g zu berechnen. Bei dem R n . 5 5 gebildeten Beispielsfall mit einem Schaden von € 5 . 0 0 0 und (bei isolierter Betrachtung) einer Leistungsverpflichtung von V R A zu € 4 . 0 0 0 , V R Β zu € 3 . 0 0 0 und V R C zu € 2 . 0 0 0 ergibt sich im Innenverhältnis eine Verteilung (jeweils 5 / 9 ) wie folgt: V R A € 2 . 2 2 2 , 2 2 , V R Β € 1 . 6 6 6 , 6 7 und V R C € 1 . 1 1 1 , 1 1 .
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Schwierigkeiten k a n n diese Berechnung bereiten, wenn in einem Versicherungsfall nur hinsichtlich eines Teils des Schadens eine Mehrfachversicherung besteht. In diesem Fall ist der von der Mehrfachversicherung betroffene Schaden von dem nicht betroffenen Teil wertmäßig abzugrenzen. Dies gilt etwa insbesondere, wenn innerhalb der summarischen Versicherungssumme für einen Inbegriff oder eine Position nur hinsichtlich eines Teils die
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Prölss/Martin/Ko//i>osser § 59 Rn. 14; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 23 f.; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 35. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 39; Berliner Kommentar/Scfctftter § 59 Rn. 25; Kiscb Mehrfache Versicherung S. 166; Prölss/MarúnlKollhosser § 59 Rn. 10 (ausdrücklich
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allerdings nur für das Außenverhältnis); Römer/Langheid § 5 9 Rn. 8 (ebenso). Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 24; Kisch Mehrfache Versicherung S. 169. Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 23; ähnlich H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 17.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
Mehrfachversicherung besteht. Es sind die für die Ermittlung der Mehrfachversicherung geltenden Grundsätze heranzuziehen, insbesondere ist eine Teilversicherungssumme zu bilden (Rn. 31). Wenn also Versicherungswert und Versicherungssumme des bei V R A versicherten Inbegriffs € 1 0 . 0 0 0 betragen, nur hinsichtlich einer Einzelsache aus diesem Inbegriff mit einem Versicherungswert von € 1 . 0 0 0 und einer Versicherungssumme von € 8 0 0 (also insofern Unterversicherung) ein zweiter Versicherungsvertrag des V R Β besteht und der gesamte Inbegriff (z.B. ein Warenlager) einen Totalschaden erleidet, so ergibt sich folgende Berechnung: Bei isolierter Betrachtung schuldet V R A seinem V N € 1 0 . 0 0 0 und V R Β nur € 8 0 0 . Hinsichtlich der Verpflichtung von V R A besteht eine Mehrfachversicherung nur in Ansehung seiner Haftung von € 1 . 0 0 0 , nicht aber der restlichen € 9 . 0 0 0 . Für die Einzelsache besteht damit eine Summe der Einzelverpflichtungen in Höhe von € 1 . 8 0 0 , für die V R A im Innenverhältnis (10/18) in Höhe von € 5 5 5 , 5 5 , V R Β dagegen (8/18) in Höhe von € 4 4 4 , 4 5 haftet. Im Ergebnis (d.h. nach vorgenommenen Innenausgleich) verbleibt bei V R A somit eine Einstandspflicht von insgesamt € 9 . 5 5 5 , 5 5 . Liegt umgekehrt bei der Inbegriffsversicherung eine Unterversicherung vor, ist ebenfalls eine Abgrenzung vorzunehmen, ohne dass für den V R der Inbegriffsversicherung zwischen den von einer Mehrfachversicherung betroffenen Sachen und anderen Sachen zu unterscheiden wäre (so die zutreffende, ganz herrschende Meinung, Rn. 31). Wenn also im vorstehenden Beispiel der Versicherungswert des bei V R A versicherten Inbegriffs zwar € 1 0 . 0 0 0 beträgt, die Versicherungssumme jedoch nur € 8 . 0 0 0 , während hinsichtlich der bei V R Β versicherten Einzelsache aus diesem Inbegriff Versicherungswert und Versicherungssumme € 1 . 0 0 0 betragen, dann ein Teilschaden in Höhe von € 5 . 0 0 0 eintritt, der auch die bei V R Β versicherte Einzelsache insoweit als Totalschaden umfasst, so ergibt sich folgende Berechnung: Isoliert betrachtet schuldet V R A seinem V N aufgrund der Proportionalitätsregelung des § 75 € 4 . 0 0 0 , während V R Β € 1 . 0 0 0 schuldet. Hinsichtlich V R A besteht eine Mehrfachversicherung nur in Ansehung eines Teilbetrages von € 5 0 0 , nicht aber der auf den restlichen Schaden entfallenden € 3 . 5 0 0 . Im Außenverhältnis kann der V N damit € 1 . 0 0 0 für die Einzelsache (davon € 5 0 0 von V R A und V R Β als Gesamtschuldner, Rn. 5 6 , und € 5 0 0 nur von V R B) sowie weitere € 3 . 5 0 0 (nur von V R A) für die übrigen Sachen verlangen. Im Innenverhältnis besteht für die Einzelsache eine Summe der Einzelverpflichtungen in Höhe von € 1 . 5 0 0 , für die V R A in Höhe von (5/15) € 3 3 3 , 3 3 , V R Β dagegen in Höhe von (10/15) € 6 6 6 , 6 7 haftet. Im Ergebnis (d.h. nach vorgenommenem Innenausgleich) verbleibt bei V R A in diesem Fall also eine Einstandspflicht in Höhe von € 3 . 8 3 3 , 3 3 . Die verhältnismäßige Berechnung nach den Verpflichtungen der einzelnen V R gilt auch dann, wenn eine Versicherung zum Neuwert mit einer Versicherung zum Zeitwert zusammentrifft. Auch insofern ist also nicht der Versicherungswert in den Zeitwert- und dem Neuwertdifferenzbestandteil aufzuteilen (vgl. bereits Rn. 2 6 ) . 1 4 1 Liegt in dem R n . 2 6 gebildetem Beispiel der Versicherung eines Gebäudes mit einem Neuwert von € 6 0 0 . 0 0 0 und einem Zeitwert von € 4 0 0 . 0 0 0 ein Totalschaden vor (und gibt es keine darüber hinausgehenden Beschränkungen der Eintrittspflicht der V R ) , so haftet V R A im Innenverhältnis mit (6/10) € 3 6 0 . 0 0 0 und V R Β mit (4/10) € 2 4 0 . 0 0 0 . Der V N enthält so entsprechend der Grundsätze der Außenhaftung eine Neuwertentschädigung, im Innenverhältnis werden jedoch die unterschiedlichen Verpflichtungen von V R A und V R Β berücksichtigt.
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Berliner Kommentar /Schauer § 59 Rn. 26; Martin SVR Rn. V III 18 f; LG Köln 24.2.1982 VersR 1982 1165,1166.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
bb) Ausgleich nach vollständiger Zahlung im Außenverhältnis. H a t ein V R der M e h r -
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fachversicherung im Außenverhältnis die ihm obliegende Leistung bei isolierter Betrachtung in voller H ö h e erbracht, berechnet sich der Ausgleichsanspruch des V R gegen den oder die anderen V R aus der Differenz zwischen dem im Außenverhältnis gezahlten und dem im Innenverhältnis geschuldeten Betrag. H a t der erstzahlende V R weniger an den V N gezahlt, als er im Innenverhältnis tragen muss, besteht also kein Ausgleichsanspruch (auch nicht aus übergegangenem R e c h t g e m ä ß § 4 2 6 Abs. 2 Satz 1 B G B ) . Besteht eine Mehrfachversicherung zwischen mehr als zwei V R , so haften die anderen V R dem erstzahlenden V R (wie auch sonst bei § 4 2 6 B G B ) als Teilschuldner und nicht als G e s a m t schuldner. 1 4 2 N a c h § 4 2 6 Abs. 1 Satz 2 B G B ist bei Nichterlangbarkeit des auf einen V R entfallenden Betrages der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten V R zu tragen, und zwar nach dem Verhältnis der von ihnen dem V N vertragsmäßig geschuldeten B e t r ä g e . 1 4 3 Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt, wenn im Außenverhältnis zur V N S e i t e unter Berücksichtigung der Beschränkungen g e m ä ß Absatz 1 alle geschuldeten Leistungen erbracht sind. 103
cc) Ausgleich nach nicht vollständiger Zahlung im Außenverhältnis. Umstritten ist, wie dann zu verfahren ist, wenn nach Z a h l u n g eines V R noch Ansprüche des V N im Außenverhältnis bestehen. Hierzu kann es nicht nur dann k o m m e n , wenn ein V R zwar die von ihm geschuldete Versicherungsleistung an den V N gezahlt hat, diese Z a h l u n g aber etwa aufgrund Unterversicherung oder Selbstbehalte nicht den dem V N entstandenen Schaden vollständig abdeckt, sondern auch, wenn ein V R der Mehrfachversicherung etwa in F o r m einer Abschlagszahlung nach § 14 Abs. 2 - zunächst nur eine Teilzahlung erbringt, wobei letztere den Betrag der internen Ausgleichsquote des zahlenden V R nicht einmal erreichen muss. Teilweise wird hierzu vertreten, jede Z a h l u n g eines V R (auch dann, wenn diese den im Innenverhältnis bezogen auf den Gesamtschaden geschuldeten Anteil nicht übersteigt) führe zur Ausgleichspflicht, dies bezogen auf die jeweilige Z a h lung, nicht auf den gesamten Schaden; der oder die andere(n) V R k ö n n t e n aber selbst an den V N zahlen, wobei dann ihrerseits bestehende Ausgleichsansprüche zur Aufrechnung im Innenverhältnis gestellt werden k ö n n e n . 1 4 4 N a c h der auch von der Vorauflage vertretenen Gegenansicht kann ein V R Ausgleichung nur und erst dann verlangen, soweit im Außenverhältnis erbrachte Zahlungen die auf den Gesamtschaden bezogene Ausgleichsquote übersteigen. 1 4 5 Diese Gegenansicht argumentiert, ein Ausgleichsanspruch nach jeder einzelnen Leistung eines V R sei abzulehnen, weil dies zu unrationellen mehrfachen Verrechnungen f ü h r e . 1 4 6 Ferner sei dies aus Gerechtigkeitsgründen abzulehnen, weil dann eine Ausgleichspflicht auch bestehen müsse, wenn zwar eine mehrfache Versicherung, nicht aber eine Mehrfachversicherung bestehe, wenn also z.B. zwei Sachversicherungen mit jeweils hälftiger Unterversicherung bestehen, so dass jeder V R nur in H ö h e des hälftigen Schadens h a f t e . 1 4 7
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Stellungnahme: Für eine derartige Begrenzung der Ausgleichspflicht im Innenausgleich gibt es keine sachliche Rechtfertigung. Allein der Gesichtspunkt, dass ggf. komplizierte Berechnungen vorzunehmen sind (diese sind bei Mehrfachversicherungen ohnehin
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Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 35; Kisch Mehrfache Versicherung S. 176. Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 35; Kisch Mehrfache Versicherung S. 176 f. Kisch Mehrfache Versicherung S. 175; im Ergebnis ebenso offenbar ausweislich der
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dortigen Berechnungsweise Ackmann VersR 1991 1103, 1105. Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 35; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 29. Ebenda. Berliner Kommentar/Schauer S 59 Rn. 29.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
oft erforderlich), kann jedenfalls kein ausschlaggebendes Argument sein. Gerechtigkeitserfordernisse sprechen eher dafür, dass schon nach jeder einzelnen Z a h l u n g ein Ausgleichsanspruch besteht, denn dagegen. Jedenfalls nicht maßgeblich kann ein Vergleich mit den Fällen sein, in denen nur eine schlichte mehrfache Versicherung, nicht aber eine Mehrfachversicherung besteht; in diesen Fällen sieht das Gesetz keinen Ausgleich vor. Im Übrigen führt ein Ausgleichsanspruch schon nach jeder einzelnen Z a h l u n g des V R zu sachgerechten Lösungen, weil so verhindert wird, dass der zufällig als Erster in Anspruch g e n o m m e n e V R eintrittspflichtig ist und ein Ausgleichsanspruch nur deshalb unterbleibt, weil der V N - aus was für Gründen auch immer - von einer weitergehenden Durchsetzung seiner Ansprüche absieht oder aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen absehen muss. So wird insbesondere bei Abschlagszahlungen i.S.v. § 14 Abs. 2 und sich hinziehender Schadensermittlung (z.B. aufgrund eines Sachverständigenverfahrens i.S.v. § 8 4 ) eine sachgerechte Lösung erreicht. (Bei lange sich hinziehender Schadensermittlung, bei der auch umstritten sein k a n n , o b überhaupt der Schaden den G e s a m t b e t r a g i.S.v. Absatz 1 übersteigt, wird m a n zudem eine Ausgleichszahlung analog Absatz 2 Satz 1 zusprechen m ü s s e n . 1 4 8 ) Einer Ausgleichspflicht schon nach jeder einzelnen Z a h l u n g eines V R steht nicht entgegen, dass a u ß e r h a l b des Versicherungsrechts die ständige R e c h t sprechung zu § 4 2 6 B G B davon ausgeht, ein Gesamtschuldner habe grundsätzlich erst dann einen Ausgleichsanspruch nach § 4 2 6 B G B , wenn seine Leistung den Anteil der Gesamtschuld übersteigt, den er selbst zu erbringen verpflichtet i s t . 1 4 9 Rechtsprechung und Literatur lassen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu, etwa bei dem g e m ä ß §§ 7 7 4 Abs. 2 , 4 2 6 B G B zu erfolgenden Innenausgleich mehrerer M i t b ü r g e n 1 5 0 oder in Fällen, in denen ein Gläubiger allen Gesamtschuldnern oder auch nur dem ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner eine Restforderung gestundet h a t 1 5 1 bzw. Ratenzahlung vereinbart w u r d e 1 5 2 . 1 5 3 Die Besonderheiten der Mehrfachversicherung rechtfertigen ebenfalls eine solche Ausnahme: Alle V R der Mehrfachversicherung haben von ihrem V N Prämien für die Risikotragung erhalten. Grundsätzlich haften sie im R a h m e n der Vereinbarungen des jeweiligen Versicherungsvertrags in voller H ö h e . Die gesetzliche Regelung des § 7 8 , die eine Bereicherung des V N vermeiden will, m a c h t die V R zu Gesamtschuldnern und beschränkt zwar nicht im Außen-, w o h l aber im Innenverhältnis ihre Leistungspflicht. Es ist dann aber nicht einzusehen, dass ein einzelner der in der „Schicksalsgemeinschaft" der Mehrfachversicherung verbundenen V R von dem „ G l ü c k " profitieren soll, dass der V N - aus welchen Gründen auch immer - nicht ihn, sondern nur den oder die anderen V R in Anspruch n i m m t . J e d e m V R , der im Außenverhältnis geschuldete Leistungen erbringt, ist deshalb im Innenverhältnis ein auf jede erbrachte Leistung bezogener Ausgleichsanspruch zuzubilligen. e) Einschränkungen des Ausgleichs aa) Eintrittspflicht im Zeitpunkt des Versicherungsfalls. Bereits schon erörtert wurde, dass ein Ausgleich zwischen den V R (ganz oder teilweise) nur erfolgen k a n n , soweit diese 148 149
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ÖOGH 17.4.2002 VersR 2003 798, 799 f. BGH 19.12.1985 NJW 1986 1097; 28.9.1993 BGHR BGB § 426 Abs. 1 S. 1 Ausgleichung 9; Staudinger/Noacfe (2005) § 426 Rn. 22; MüKo/Bydlinski § 426 Rn. 12. Ständige Rechtsprechung seit BGH 21.2.1957 BGHZ 23 361, 364; zuletzt etwa BGH 13.1.2000 NJW 2 0 0 0 1034, 1035.
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BGH 10.7.1961 W M 1961 1170, 1171 unter Bezug auf Blomeyer J Z 1957 443, 444. OLG München 12.10.1971 M D R 1972 239. Übersichten bei Staudinger/Noack (2005) § 426 Rn. 23 ff.; MüKo/Bydlinski § 426 Rn. 23 und 53; jeweils m.w.N.
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§ 78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
zum Z e i t p u n k t des Versicherungsfalls gegenüber dem V N (bei isolierter Betrachtung) eintrittspflichtig sind (Rn. 9 7 ) . Leistungen, zu denen ein V R nicht verpflichtet war, wozu auch Kulanz- und irrtümliche Leistungen gehören, führen also nicht zu der Ausgleichsp f l i c h t . 1 5 4 D e r demnach an den V N zuviel zahlende V R kann Überzahlungen von diesem allenfalls nach Bereicherungsrecht zurückfordern. Einer R ü c k f o r d e r u n g von Kulanzzahlungen steht in der Regel § 8 1 4 B G B entgegen. 106
bb) Leistungsfreiheit durch Umstände nach Eintritt des Versicherungsfalls. Bestand im Z e i t p u n k t des Versicherungsfalls eine Mehrfachversicherung und ist danach ein V R (ganz oder teilweise) leistungsfrei geworden (etwa durch Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllenden Obliegenheit oder aufgrund Verjährung), so ist umstritten, wie sich dies auf den Innenausgleich der V R auswirkt. Teilweise, so auch von der Vorauflage, ist dazu vertreten w o r d e n , ein Ausgleichsanspruch entfalle mit Leistungsfreiheit eines V R (siehe aber zum Sonderfall eines Erlassvertrages R n . 1 1 2 ) . 1 5 5 D e m gegenüber gehen die neuere R e c h t s p r e c h u n g 1 5 6 und inzwischen w o h l herrschende Literat u r m e i n u n g 1 5 7 davon aus, dass eine nach Eintritt des Versicherungsfalls eintretende Leistungsfreiheit eines V R den Ausgleichsanspruch nicht berührt. Hierfür wird zum einen angeführt, dass der Ausgleichsanspruch bereits mit dem Versicherungsfall entsteht (was insofern für den gesetzlichen Ausgleichsanspruch zutreffend ist; R n . 8 9 ) . 1 5 8 Z u m anderen wird argumentiert, es dürfe nicht die Gläubigerwillkür bestimmen, welcher Gesamtschuldner das zur Befriedigung erforderliche O p f e r aufzubringen h a b e . 1 5 9
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Entsprechend geht die ganz herrschende Ansicht außerhalb des Versicherungsrechts zu § 4 2 6 B G B davon aus, dass nachträgliche Haftungsbefreiungen eines Gesamtschuldners im Außenverhältnis nur Einzelwirkung haben (§ 4 2 5 B G B ) und die interne Beteiligung im Innenverhältnis unberührt l a s s e n . 1 6 0
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Stellungnahme: Es bedarf einer differenzierten B e t r a c h t u n g . Es ist auf das Rechtsverhältnis zwischen dem den Ausgleich geltend machenden V R zu seinem V N abzustellen, wobei drei Konstellationen unterschieden werden k ö n n e n :
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Ist ein V R nach Eintritt des Versicherungsfalls leistungsfrei geworden und zahlt er danach an den V N , fehlt es schon an einer Verpflichtung dieses V R im Außenverhältnis, so dass er die Z a h l u n g allenfalls von dem V N selbst nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts zurückfordern k a n n ( R n . 1 0 5 ) . E b e n s o bestehen allenfalls Bereichungsansprüche gegen den V N , wenn ein V R mehr zahlt, als er im Außenverhältnis zur Z a h -
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BGH 19.3.1981 VersR 1981 625 (wo allerdings beide VR leistungsfrei waren); Prölss/ Martin/Kollhosser $ 59 Rn. 14; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 25; Kömerl Langheid § 59 Rn. 9; H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 24. OLG Düsseldorf 10.4.1979 VersR 1979 639; Bruck/MöIler/Mö//er 8 § 59 Anm. 37; Kisch Mehrfache Versicherung S. 161 f.; Armbrust S. 44 ff., 49. BGH 13.9.2006 BGHZ 169 86, 97 f.; OLG Düsseldorf 3.8.1999 VersR 2 0 0 0 1353, 1355 (unter ausdrücklicher Aufgabe der Ansicht aus der Entscheidung vom 10.4.1979; vgl. vorstehende Fn.). Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 59 Rn. 15;
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Röjner/Langheid § 59 Rn. 10; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 27; Martin SVR Rn. V III 6; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbrüster 1 S 6 Rn. 69; H K - W G / Brambach S 78 Rn. 16 (für den Fall der Verjährung). Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 27; wohl auch Prölss/Martin/Ko/Zhosser § 59 Rn. 15. OLG Düsseldorf 3.8.1999 VersR 2 0 0 0 1353, 1355; Römer/Langheid § 59 Rn. 11. BGH 9.3.1972 BGHZ 58 216, 218; 30.10.1980 NJW 1981 681; 7.2.2008 VersR 2 0 0 8 1068, 1070; Übersichten jeweils m.w.N. Staudinger/NoaoS: (2005) § 426 Rn. 9 ff.; MüKo/Bydlinski § 426 Rn. 8 ff.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
lung verpflichtet ist, etwa bei quotaler Überzahlung in Fällen einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung gemäß § 2 8 Abs. 2 Satz 2 (wobei die Obliegenheitsverletzung nicht oder zumindest nicht mit leistungseinschränkenden Auswirkungen im gleichen Umfang gegenüber dem oder den anderen V R vorliegen muss, vgl. § 4 2 5 BGB). Zahlt ein VR dagegen, soweit er gegenüber dem V N zur Leistung verpflichtet ist, und nimmt er dann einen anderen V R in Anspruch, der gegenüber dem V N nicht mehr haftet, so sind Sinn und Zweck der Haftungsbegrenzung einerseits und der Ausgleichspflicht andererseits zu berücksichtigen. Nach § 78 soll eine Bereicherung des V N verhindert werden (Rn. 5). Sinn und Zweck von § 78 ist es dagegen nicht, die V R , die unverändert ihre Prämie (vorbehaltlich eines Verlangens nach § 79) behalten dürfen, zu entlasten. Im Ergebnis gelten daher die Überlegungen, die schon zum Bestehen und Umfang des Ausgleichsanspruchs bei noch nicht vollständiger Zahlung im Außenverhältnis herangezogen wurden (Rn. 104): Es soll nicht der V R „belohnt werden", der das „Glück h a t " , dass sein im Außenverhältnis ursprünglich bestehende Verpflichtung später erlischt. Dies ist ohne Weiteres nachvollziehbar für die Fälle, in denen der V N gegenüber dem betroffenen V R Fristen, nach Wegfall von § 12 Abs. 3 W G a.F. in der Regel nur noch die Verjährungsfrist, versäumt. Diese Wertung greift jedoch auch bei Wegfall oder Einschränkung von Ansprüchen nach Obliegenheitsverletzung. Liegt eine zum Leistungswegfall oder zur Leistungseinschränkung führende Obliegenheitsverletzung nur gegenüber einem V R der Mehrfachversicherung vor, und kann der V N deshalb den anderen V R in Anspruch nehmen, so rechtfertigt das Freiwerden des einen V R im Außenverhältnis nicht, ihn auch im Innenverhältnis freizustellen. Die „erzieherische Wirkung" der Leistungseinschränkung nach Obliegenheitsverletzung ist zwar im Außenverhältnis zu beachten, diese erzieherische Wirkung jedoch einem anderen V R entgegenhalten zu können, besteht keine Veranlassung. Im Ergebnis ist deshalb in diesen Fällen mit der neueren Rechtsprechung und herrschenden Literaturansicht davon auszugehen, dass eine nach Eintritt des Versicherungsfalls eintretende Leistungsfreiheit eines anderen MehrfachVR den Ausgleichsanspruch nicht berührt.
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Anders sind aber die Fälle zu beurteilen, in denen umgekehrt der im Außenverhältnis zahlende VR zwar auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalls bestehende Schuld leistet, er sich jedoch von dieser Leistungspflicht hätte befreien können. Hauptfall ist die Zahlung eines V R nach Eintritt der Verjährung, ohne die Einrede der Verjährung zu erheben. In diesen Fällen ist dem anderen V R der Einwand aus Treu und Glauben zubilligen, er sei zum Ausgleich nicht verpflichtet, weil der zahlende V R zu Lasten des anderen V R treuwidrig Einwände gegen die Forderung schuldhaft unterlassen hat; dies allerdings nur in dem Umfang, in dem sich dieser andere V R seinerseits gegenüber dem V N auf nachträgliche Leistungsfreiheit berufen kann. 1 6 1
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cc) Sonderfall: Wirkung eines Erlasses (§ 4 2 3 BGB), insbesondere eines Vergleichs. Hat ein V R mit dem V N einen Erlassvertrag, insbesondere einen zur Minderung der Zahlungspflicht führenden Vergleich abgeschlossen, ist dessen Wirkung im Außenverhältnis durch Auslegung zu ermitteln, wobei im Zweifel davon auszugehen ist, dass der V N nur mit seinem Vergleichspartner auf dessen Schuld einen Erlass vereinbaren will und die anderen V R der Mehrfachversicherung hinsichtlich des nach Zahlung des Vergleichsbetrags verbleibenden Schadens nach wie vor haften (Rn. 64). Trotz der damit in
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So allgemein zu § 426 BGB: OLG München 2.4.2008 VersR 2008 974, 975; Soergel/ Wolf$ 426 Rn. 17.
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§ 78 Person eines V R
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften eintretenden Minderhaftung
bleibt der Umfang der internen Aus-
gleichsansprüche der V R unberührt, hat also der Erlass keinen Einfluss auf die anteilige H a f t u n g der jeweiligen V R . 1 6 2 Auswirkungen auf das Innenverhältnis kann ein im Außenverhältnis abgeschlossener Vergleich ausnahmsweise nur dann haben, wenn sich aus dem Erlassvertrag bzw. Vergleich ergibt, dass entweder der V N auf Ersatz eines Teils seines Schadens verzichten will oder in sonstiger Weise auch die Freistellung der nicht an dem Erlass bzw. Vergleich beteiligten V R ihm gegenüber gewollt ist. In diesen Ausnahmefällen ist dies auch im Innenverhältnis zu b e r ü c k s i c h t i g e n . 1 6 3 f) Berücksichtung von Ersatzansprüchen 113
aa) Grundfall: Schädiger ist externer Dritter. D e r an den V N leistende V R erwirbt im R a h m e n der Legalzession g e m ä ß § 8 6 Abs. 1 auch im Falle einer Mehrfachversicherung grundsätzlich den gegen einen ersatzpflichtigen Dritten bestehenden Ersatzanspruch (zur weiteren Einzelheiten im Außenverhältnis zum V N bereits R n . 8 0 ) . D e r zahlende V R kann frei wählen, o b er im Innenverhältnis gegen einen anderen V R vorgeht oder den ersatzpflichtigen Dritten in Anspruch n i m m t . 1 6 4
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W i r d zunächst ein anderer V R im Innenausgleich in Anspruch g e n o m m e n , besteht Einigkeit, dass dem anderen V R im U m f a n g seiner Ausgleichszahlung der Ersatzanspruch gegen den Dritten zusteht. Teilweise wird a n g e n o m m e n , der Ersatzanspruch gehe analog § 8 6 (§ 6 7 a.F.) im Wege der Legalzession auf den einen Ausgleich zahlenden V R über. 1 6 5 Andere Stimmen, so auch die Vorauflage, gehen davon aus, dass der den Innenausgleich zahlende V R lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf anteilige Abtretung des gegen den ersatzpflichtigen Dritten gerichteten Ersatzanspruchs h a t . 1 6 6 Gegen eine analoge Anwendung von § 8 6 und für einen nur schuldrechtlichen Abtretungsanspruch ist anzuführen, dass so eine effektivere Anspruchsdurchsetzung gegen den Dritten gewährleistet ist und nicht zu dessen Vorteil Unsicherheiten über die Aktivlegitimation des gegen den Dritten vorgehenden V R bestehen.
115
G e h t der erstleistende V R zunächst gegen den ersatzpflichtigen Dritten vor, so sind von diesem erlangte Leistungen bei Berechnung und Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs zu Gunsten aller V R der M e h r f a c h Versicherung zu berücksichtigen. 1 6 7
116
D e r Effekt des alternativen Wahlrechts des erstzahlenden V R ergibt sich aus den beiden Varianten zu folgendem Beispiel im Anschluss an den R n . 8 0 gebildeten F a l l : 1 6 8 Z a h l t in diesem Fall V R X den von ihm geschuldeten Betrag in H ö h e von € 9 0 . 0 0 0 vollständig, geht der Anspruch des V N gegen D in H ö h e von ( 8 0 % von 9 0 . 0 0 0 ) € 7 2 . 0 0 0 auf ihn über. Z a h l t d a n a c h V R Y die restlichen € 1 0 . 0 0 0 , geht der verbleibende An-
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Allg. M.: Prölss/MartinIKollhosser § 59 Rn. 15; Berliner Kommentar/Schwer § 59 Rn. 27; Bruck/Möller/Mö/fer 8 § 59 Anm. 36; Kisch Mehrfache Versicherung S. 160. So die generelle Rechtsprechung des BGH zu Auswirkungen eines Vergleichs des Gläubigers mit einem Gesamtschuldner auf andere Gesamtschuldner, etwa: 21.3.2000 NJW 2 0 0 0 1942, 1943. Allg. M.: Pröks/ManMKollhosser § 59 Rn. 17; Berliner Kommentar ¡Schauer § 59 Rn. 34; Bruck/Möller/Si'eg8 S 67 Anm. 120. VTölss/MamnJKollhosser § 59 Rn. 17;
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Prölss/Martin/Prö/ss § 67 Rn. 26; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 34; Beckmann/Matusche-BeckmannMnKbrwsfer2 § 6 Rn. 71; Kisch Mehrfache Versicherung S. 152 ff.; Bruck PVR S. 550. Bruck/Möller/MöHer8 § 59 Rn. 39; Bruck/Möller/S/eg 8 § 67 Anm. 120; Berliner Kommentar/Baumann § 67 Rn. 113; Ehrenzweig S. 257. Allg. M.: Prölss/Martin/Pro/ss § 67 Rn. 26; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 39; Bruck/Möller/Sieg8 § 67 Anm. 120. Nach Bruck/Moller/S¿£g8 S 67 Anm. 121.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
spruch des VN gegen D auf VR Y in Höhe von € 8.000 über. Im Innenverhältnis haften VR X und VR Y (Verhältnis von 90.000 zu 30.000) für den Schaden des VN auf € 75.000 zu € 25.000. Im Innenausgleich hat VR X gegen VR Y deshalb einen Ausgleichsanspruch in Höhe von (90.000 - 75.000 =) € 15.000. Erhält VR X diese € 15.000, gebührt ihm in einem entsprechenden Verhältnis der gegen D gerichtete Anspruch nicht mehr. Entweder aufgrund Legalzession oder - vorzugswürdig (Rn. 114) - geschuldeter Abtretung geht der gegen D gerichtete Ersatzanspruch deshalb anteilig auf VR Y über, und zwar in Höhe von (80 % Haftungsanteil des D, bezogen auf die gezahlten 15.000) zu € 12.000. VR Y steht dann also ein Ersatzanspruch gegen D in Höhe von nur noch (8.000 + 12.000 =) € 20.000 zu. Der verbleibende Ersatzanspruch gegen D in Höhe von € 60.000 bleibt bei VR X. Machen sowohl VR X als auch VR Y die ihnen demnach zustehenden Ansprüche gegen D geltend, erhält VR X € 60.000 und VR Y € 20.000. Im Ergebnis bleibt bei VR X ein nach Durchführung des Ausgleichs und des Regresses zu tragender Betrag von € 15.000, bei VR Y von € 5.000. Geht dagegen VR X nach Zahlung an den VN zunächst gegen D vor, und zahlt D die von ihm im Verhältnis zu VR X geschuldeten € 72.000, so mindert sich die Belastung von VR X zunächst auf (90.000 72.000 =) € 18.000. Der ursprünglich in Höhe von € 15.000 bestehende Ausgleichsanspruch von VR X gegen VR Y mindert sich um den Anteil an der Ausgleichszahlung, der VR Y im Innenverhältnis an Ausgleichsanspruch gegen D zusteht, d.h. um (80 % von 15.000) € 12.000. VR X steht also ein Ausgleichsanspruch gegen VR Y nur noch in Höhe von (15.000 - 12.000 =) € 3.000 zu. Im Ergebnis trägt VR X also auch auf diesem Wege nach Innenausgleich und Regress einen Betrag von (90.000 - 72.000 - 3.000 =) € 15.000. Auch VR Y trägt auf diesem Wege den gleichen Betrag von (Zahlungen von 10.000 an VN und 3.000 an VR X abzüglich Ausgleichsanspruch gegen D 8.000) € 5.000. Ein Unterschied zwischen beiden geschilderten Vorgehensweisen kann sich allerdings aufgrund ggf. mangelnder Zahlungsfähigkeit von D ergeben. bb) Sonderfall: Interesse des Schädigers ist bei einem Mehrfachversicherer versichert. Von dem unter Rn. 113 bis 116 erörtertem Nebeneinander von internen Ausgleichsansprüchen der VR nach Absatz 2 sowie der Inanspruchnahme eines ersatzpflichtigen Dritten aus nach § 86 Abs. 1 übergegangenem Recht sind die Fälle zu unterscheiden, in denen das Interesse des ersatzpflichtigen Dritten im Rahmen der Mehrfachversicherung (mit-) versichert ist. In diesen Fällen verdrängt Absatz 2 Satz 1 grundsätzlich die Legalzession gemäß § 86 Abs. 1 auch gegenüber dem VR, für den der Schädiger Dritter i.S.v. § 86 Abs. 1 ist, so dass sich der Ausgleich der VR in diesen Fällen grundsätzlich allein nach Absatz 2 Satz 1 richtet. 169 Hiermit soll vermieden werden, dass ein VR über die Legalzession nach § 86 etwas erlangt, was er im Rahmen des Innenausgleichs nach Absatz 2 Satz 1 wieder erstatten müsste. 170 Dieser Grund für die Verdrängung von § 86 durch Absatz 2 Satz 1 führt allerdings dazu, dass § 86 bei einer Mehrfachversicherung nicht in jedem Fall verdrängt wird, sondern vielmehr zu differenzieren ist. 171
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BGH 31.03.1976 VersR 1976 947, 848 f.; 23.11.1988 VersR 1989 2 5 0 , 251; Ö O G H 17.4.2002 VersR 2 0 0 3 798, 800; LG Köln 2 4 . 2 . 1 9 8 2 VersR 1982 1165, 1166; AG München 12.11.1993 VersR 1994 1187; Prölss/Martin/KoMosser § 5 9 Rn. 18; Prölss/Martin/Prö/ss § 6 7 Rn. 14; Berliner
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Kommentar/Sckauer § 59 Rn. 35; Berliner Kommentar/Baumann § 6 7 Rn. 73; Römer/Langheid § 5 9 Rn. 9. BGH 23.11.1988 VersR 1989 2 5 0 , 251. So im Ansatz zutreffend Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 35 ff.; anders offenbar Vrölss/Martin/Kollhosser ξ 5 9 Rn. 18.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
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§ 86 findet keine Anwendung und ein Ausgleich zwischen den betroffenen VR vollzieht sich ausschließlich nach Absatz 2 Satz 1, wenn das Interesse des Ersatzpflichtigen in allen betroffenen Versicherungsverträgen versichert ist. 172 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn mehrere Haftpflichtversicherungen bestehen, 173 aber auch, wenn eine Haftpflichtversicherung mit Sachversicherungen oder mehrere Sachversicherungen untereinander im Rahmen der Mehrfachversicherung bestehen und in den Sachversicherungen jeweils das Sachersatzinteresse des Ersatzpflichtigen (mit-) versichert ist. 174 Dies gilt unabhängig davon, ob die Interessen des betroffenen Ersatzpflichtigen für eigene Rechnung (der Ersatzpflichtige also V N ist) oder für fremde Rechnung (der Ersatzpflichtige also Versicherter ist) versichert sind. 175
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§ 86 wird dagegen nicht verdrängt (so dass es bei den unter Rn. 113 bis 116 erläuterten Grundsätzen bleibt), wenn der Ersatzpflichtige zwar VN von einem oder mehrerer der betroffenen Versicherungsverträge ist, sein Haftpflicht- bzw. Sachersatzinteresse jedoch in keinem der Versicherungsverträge (mit-)versichert ist. 176 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn mehrere Sachversicherungen zusammentreffen und in einer oder mehrerer dieser Sachversicherungen der Schädiger als VN ausschließlich das fremde Interesse des Eigentümers versichert hat. Der für die Verdrängung von § 86 maßgebliche Gedanke, ein VR dürfe nicht etwas über die Legalzession nach § 86 Abs. 1 erlangen, was er nach Absatz 2 Satz 1 im Wege des Ausgleichs wieder erstatten müsse, greift in diesen Fällen nicht. Im Übrigen ist der VN Dritter im Sinne von § 86 Abs. 1, wenn eine Fremdversicherung vorliegt. 177
120
Problematisch sind die Fälle, in denen zwar eine Mehrfachversicherung besteht, das Interesse des Ersatzpflichtigen jedoch nicht in allen Versicherungsverträgen versichert ist. Insbesondere sind dies die Fälle, in denen die Eigenversicherung eines Eigentümers mit der Fremdversicherung eines Fremdbesitzers (z.B. Mieter oder Pächter) zusammentrifft und in dieser Fremdversicherung nicht nur das Sachinteresse des Eigentümers, sondern auch das eigene Sachersatzinteresse des Fremdbesitzers versichert ist. Ein weiterer denkbarer Fall liegt vor, wenn ein Eigentümer zwei Sachversicherungen abgeschlossen hat, wobei ein Versicherungsvertrag nur das Interesse des Eigentümers, der andere Versicherungsvertrag jedoch auch das Sachersatzinteresse des Fremdbesitzers mitversichert. Eine Mehrfachversicherung liegt in diesen Fällen zwar im Hinblick auf das Interesse des Eigentümers, nicht aber im Hinblick auf das Sachersatzinteresse des Fremdbesitzers vor. Verursacht der Fremdbesitzer in diesen Fällen den Schaden und ist der das Sachersatzinteresse versichernde VR hierfür eintrittspflichtig, so hat dieser VR den Schaden im Innenverhältnis der MehrfachVR alleine zu tragen. 1 7 8 Leistet ein MehrfachVR, der das Interesse des Ersatzpflichtigen nicht (mit-)versichert hat, so geht der Ersatzanspruch des
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Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 37; ebenso wohl Prölss/Martin/Kollbosser § 5 9 Rn. 18 (wonach § 86 (§ 6 7 a.F.) auch schon dann verdrängt werden soll, wenn „nur eine" der Versicherungen das Haftpflichtinteresse des Ersatzpflichtigen abdeckt; gemeint ist wohl „eine weitere"). So im Fall BGH 31.3.1976 VersR 1976 847. Berliner Kommtntar/Schauer § 59 Rn. 37. BGH 31.3.1976 VersR 1976 847, 848.
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Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 36; ebenso wohl Prölss/Martin/Kohllhosser § 5 9 Rn. 18. Allg. M.: Prölss/Martin/Prö/ss § 6 7 Rn. 15; Bruck/Möller/S/eg 8 § 6 7 Anm. 128 ff.; Kömed Langheid, § 6 7 Rn. 27; H K - W G / Muschner § 86 Rn. 15. Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 38; Prölss VersR 1977 695, 6 9 6 f.; Martin VersR 1974 821, 827; ders. VersR 1978 881, 8 8 2 ff; Armbrüster S. 196 ff.; a.A. Schirmer ZVersWiss 1981 639, 726.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
Eigentümers gegen den Ersatzpflichtigen gemäß § 86 Abs. 1 auf diesen VR über, der deshalb den Ersatzpflichtigen in Anspruch nehmen kann. 1 7 9 Der auf Regress in Anspruch genommene Ersatzpflichtige kann (ggf. über den VN gemäß § § 4 4 f.) wiederum gegen den oder die VR, bei dem sein Sachersatzinteresse versichert ist, den vertraglichen Entschädigungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag geltend machen. Alternativ kann (insbesondere aus Bonitätsüberlegungen) der nur das Interesse des Eigentümers versichernde VR gegen den oder die anderen MehrfachVR den Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 Satz 1 geltend machen; da sich dieser Ausgleich nur auf das Interesse des Eigentümers beziehen kann, erhält er nur anteiligen Ersatz, so dass ggf. hinsichtlich des verbleibenden Betrages immer noch eine Inanspruchnahme des Ersatzpflichtigen aus gemäß § 86 Abs. 1 übergegangenem Recht in Betracht kommt. Der oder die MehrfachVR, die das Sachersatzinteresse des Ersatzpflichtigen (mit-)versichert haben, steht dagegen kein Anspruch aus Absatz 2 Satz 1 gegen den oder die MehrfachVR zu, die ausschließlich das Interesse des Eigentümers versichert haben. 1 8 0 Der Ausschluss des Innenausgleiches ergibt sich hier dadurch, dass hinsichtlich des Interesses des Ersatzpflichtigen keine Mehrfachversicherung vorliegt; die daneben bestehende Mehrfachversicherung für das Interesse des Eigentümers tritt demgegenüber in der Person des beide Interessen versichernden VR zurück. g) Ausgleichsanspruch bei Nebeneinander von Versicherungs- und Garantievertrag. 121 Bei dem gleichzeitigen Bestehen eines Versicherungs- und eines Garantievertrages liegt keine mehrfache Versicherung und damit auch keine Mehrfachversicherung vor. Ein etwaiger Ausgleich zwischen dem Garanten und dem VR ist daher allenfalls nach den allgemeinen Regeln möglich ist, ein Ausgleich entsprechend § 78 Abs. 2 Satz 1 scheidet dagegen aus. 181 h) Verjährung des Ausgleichsanspruchs. Der Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 Satz 1 verjährt nach der gesetzlichen Regelung gemäß §§ 195, 199 BGB; dies galt schon nach altem Recht, § 12 Abs. 1 a.F. war also nicht anwendbar. 1 8 2 Da der Ausgleichsanspruch bereits mit dem Versicherungsfall entsteht (Rn. 89), ist für den Verjährungsbeginn nicht an die Zahlung des VR an den VN, sondern an den Zeitpunkt des Versicherungsfalls (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) sowie die Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis des Bestehens einer Mehrfachversicherung (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) anzuknüpfen. 1 8 3 Der nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB übergangene Anspruch (Rn. 86) sowie ggf. bestehende weitere Ansprüche (Rn. 87) verjähren gesondert nach den dafür maßgeblichen Grund-
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OLG Stuttgart 19.2.1963 VersR 1964 5 8 4 , 585; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 38. AG Stuttgart 5 . 6 . 1 9 6 7 VersR 1968 543; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 38; im Ergebnis a.A. BGH 20.3.1974 VersR 1974 535, 536 (wohl weil dort zu Unrecht, aber der damaligen Rechtsprechung zum Sachersatzinteresse entsprechend - vgl. Nachweise Fn. 184 - nicht von der Mitversicherung des Sachersatzinteresses ausgegangen wurde); dazu kritisch Martin VersR 1974 821, 827; ders. VersR 1978 881, 882; Ackmann VersR 1991 1103, 1104.
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Bruck/Möller/Sc/mepp § 77 Rn. 4 4 (umstritten, siehe dort). BGH 9.3.1972 B G H Z 58 216, 218; OLG H a m m 2 3 . 4 . 1 9 8 2 VersR 1982 1091; Prö\ss/Martin/Kollhosser § 5 9 Rn. 19; Römer!Langheid § 5 9 Rn. 12. H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 23; ebenso für den Sonderfall der analogen Anwendung von Absatz 2 Satz 1 bei dem Regress des GebäudeVR Staudingerl Kassing VersR 2 0 0 7 10, 14.
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§ 78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
sätzen, in der Regel also ebenfalls nach § § 195, 1 9 9 B G B , aber ggf. mit anderem Verlauf (siehe etwa R n . 6 7 ) .
2 . Analoge Anwendung von Absatz 2 Satz 1 bei Zusammentreffen von Gebäudeversicherung des Eigentümers und Haftpflichtversicherung des Gebäudenutzers 123
H a t der Eigentümer das G e b ä u d e versichert und ist der Gebäudenutzer haftpflichtversichert, ergibt sich die Fragestellung, o b und in welchem Umfang der G e b ä u d e V R des Eigentümers einen Ausgleichsanspruch gegen den H a f t p f l i c h t V R des Gebäudenutzers geltend machen k a n n .
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a) Ausgangspunkt: Inhalt des Gebäudeversicherungsvertrages - Mitversicherung des Sachersatzinteresses des Gebäudenutzers oder Regessverzicht zu dessen Gunsten? Ist in der Gebäudeversicherung des Eigentümers das Sachersatzinteresse des Gebäudenutzers, insbesondere Mieters oder Pächters, mitversichert, liegt im Verhältnis zur Haftpflichtversicherung des Gebäudenutzers eine Mehrfachversicherung vor. § 7 8 und damit auch die interne Ausgleichsverpflichtung zwischen den beiden V R g e m ä ß Absatz 2 Satz 1 sind damit unmittelbar anwendbar. In der Regel enthält der Gebäudeversicherungsvertrag des Eigentümers allerdings keine ausdrückliche Regelung, dass das Sachersatzinteresse von Gebäudenutzern mitversichert ist. Es ergibt sich damit die Frage, o b von einer k o n k l u denten Mitversicherung ausgegangen werden kann. Ursprünglich n a h m die höchstrichterliche Rechtsprechung an, im R a h m e n einer Sachversicherung sei das Sachersatzinteresse eines Dritten nicht v e r s i c h e r b a r ; 1 8 4 damit schied eine Mehrfachversicherung aus. Diese Rechtsprechung hat der B G H (zu R e c h t ) inzwischen ausdrücklich aufgegeben und sieht es nunmehr grundsätzlich als möglich an, im R a h m e n einer Sachversicherung das Sachersatzinteresse des Fremdbesitzers einzubeziehen, wenn dies dem Willen der Parteien entspricht. 1 8 5 Allerdings vertritt der B G H n u n m e h r die Ansicht, die üblicherweise für die Gebäudeversicherung verwandten AVB k ö n n t e n nicht dahin ausgelegt werden, dass das Sachersatzinteresse eines Gebäudenutzers, insbesondere Mieters, mitversichert sei, hierfür seien vielmehr hinreichende k o n k r e t e Anhaltspunkte erforderlich, die im Regelfall trotz Schutzbedürftigkeit des Mieters nicht vorliegen w ü r d e n . 1 8 6 Eine ergänzende Vertragsauslegung des Gebäudeversicherungsvertrages ergebe jedoch einen Regressverzicht des V R für die Fälle, in denen der M i e t e r einen Schaden am G e b ä u d e durch leichte Fahrlässigkeit verursache. 1 8 7 D a b e i gilt diese Rechtsprechung nicht nur für Miet184
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BGH 29.10.1956 BGHZ 22 109, 114; 30.4.1959 BGHZ 30 40, 43; 30.3.1965 BGHZ 43 295, 299; 23.1.1991 VersR 1991 462; 27.10.1993 VersR 1994 85, 85 f. BGH 8.11.2000 BGHZ 145 393, 397 f. (wobei der BGH auf seine frühere Entscheidung 6.7.1988 VersR 1988 949 verweist, wo er schon bei einem Leasingvertrag die Mitversicherung des Sachersatzinteresses eines Dritten als mitversichert angesehen habe; in jener Entscheidung wird allerdings ein „Sacherhaltungsinteresse" des Leasingnehmers als mitversichert angesehen; dass damit das Sachersatzinteresse gemeint ist, erschließt sich aus jener Entscheidung allen-
146
18é 187
falls mittelbar); Überblick zur Entwicklung der Rechtsprechung bei Bruck/Möller/ )ohannsen/Johannsens Bd. III Anm. J 106. BGH 8.11.2000 BGHZ 145 393, 298. Grundlegend BGH (4. Zivilsenat) 8.11.2000 BGHZ 145 393, 398 ff.; mehrfach bestätigt sowohl durch den für Mietrecht zuständigen 8. Zivilsenat (14.2.2001 VersR 2001 856; 12.12.2001 VersR 2002 433; 3.11.2004 VersR 2 0 0 5 498; 20.12.2006 VersR 2 0 0 7 539) als auch durch den 4. Zivilsenat (drei Urteile vom 13.9.2006: BGHZ 169 86, 89; VersR 2 0 0 6 1530, 1531; VersR 2 0 0 6 1533, 1534 f.; 18.6.2008 VersR 2008 1108, 1109).
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
vertrage, sondern für jede auf Dauer angelegte, auch unentgeltliche Nutzungsüberlassung 188 und unabhängig davon, ob der Eigentümer die Prämie für den Gebäudeversicherungsvertrag offen oder verdeckt auf den Gebäudenutzer umlegt. 189 Ebenso ist es unerheblich, ob der Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat und in dieser abweichend vom Regelfall nach den AHB 190 aufgrund Besonderer Bedingungen Deckungsschutz für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen besteht. 191 Der Regressverzicht ist nach der bisherigen Rechtsprechung auf einfache Fahrlässigkeit beschränkt, gilt also nicht bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz (siehe hierzu noch Rn. 126). Der Regressverzicht gilt nur für den Gebäudeversicherungsvertrag des Eigentümers, nicht aber für eine Hausratversicherung eines Vermieters; der Grundgedanke für den im Wege der Auslegung gewonnenen Regressverzicht, eine Belastung des Mietverhältnisses sei zu vermeiden, ist auf die Hausratversicherung des im selben Haus wohnenden Vermieters nicht übertragbar, weil im Hinblick auf diesen Hausrat keine Vertragsbeziehungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter bestehen. 192 Ebenso erstreckt sich der Regressverzicht nicht auf den Direktanspruch gegen den Kfz-HaftpflichtVR des Mieters. 193 Mit dieser Rechtsprechung zur so genannten versicherungsrechtlichen Lösung hat der BGH die ursprünglich von ihm verfolgte vertragsrechtliche Lösung, die einen mietvertraglichen Haftungsverzicht zu Gunsten des Mieters bei leicht fahrlässig verursachten Schäden vorsah, aufgrund der daran geübten erheblichen Kritik im Schrifttum 194 aufgegeben. Auch die neuere Rechtsprechung hat nicht nur Zustimmung, sondern auch Kritik gefunden. 1 9 5 Für die Praxis ist allerdings von dieser Rechtsprechung auszugehen.
125
Nach der bisherigen Rechsprechung gilt der Regressverzicht des GebäudeVR nur für einfache Fahrlässigkeit des Nutzers, nicht aber für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Hintergrund hierfür war § 61 a.F., wonach der VR von der Verpflichtung zur Leistung frei wurde, wenn der V N den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführte. Gegenüber dem eigenen VN war der GebäudeVR also bei nur leicht fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls eintrittspflichtig, ein auf die Fälle der leichten Fahrlässigkeit begrenzter Regressverzicht benachteilige den VR deshalb nicht. 196 Das neue W G sieht allerdings mit § 81 Abs. 2 bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles nunmehr vor, dass der VR nicht mehr grundsätzlich leistungsfrei ist, sondern nur noch berechtigt ist, seine Leistung quotai in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Da nach altem Recht § 61 a.F. für den Umfang des Regressverzichts entsprechend angewandt wurde, ist es nur konsequent, den Regressverzicht nach neuem Recht entsprechend § 81 Abs. 2 auf die Fälle
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188 189 190
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BGH 13.9.2006 VersR 2 0 0 6 1533, 1535. BGH 13.9.2006 BGHZ 169 86, 95. § 4 1.6 Abs. la) AHB alt; Ziff. 7.6 AHB 2008. BGH 13.9.2006 (4. Zivilsenat, drei Urteile): BGHZ 169 86, 89 ff.; VersR 2 0 0 6 1530, 1531 ff.; VersR 2 0 0 6 1533, 1535 f.; 20.12.2006 (8. Zivilsenat) VersR 2 0 0 7 539; 18.6.2008 (4. Zivilsenat) VersR 2 0 0 8 1108, 1109. BGH 13.9.2006 VersR 2 0 0 6 1398, 1399. OLG Nürnberg 25.8.2008 VersR 2 0 0 9 65. Zu dieser Kritik mit Nachweisen: BGH 8.11.2000 BGHZ 145 393, 395 ff;
195
196
13.9.2006 BGHZ 169 86, 88 f.; Übersicht zur Rechtsprechung auch bei H K - W G / Muschner § 86 Rn. 76 f.; Günther Regreß S. 124 ff. Je m.w.N. Bruck/Möller/Voii ξ 86 Rn. 193 ff.; Römer/Langheid § 74 Rn. 9 f.; H K - W G / Muschner § 86 Rn. 78 ff.; Günther Regreß S. 129 ff. BGH 8.11.2000 BGHZ 145 393, 400; 13.9.2006 VersR 2 0 0 6 1530, 1533; OLG München 18.2.2009 VersR 2 0 0 9 1112, 1113 f.
Winfried Schnepp
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls auszudehnen. 197 Führt also etwa eine nach § 81 Abs. 2 vorzunehmende Bewertung dazu, dass von einer Verschuldensquote von 25 % auszugehen ist, greift in Höhe diesen Umfanges der Regressverzicht. Im Umfang von 75 % ist ein Rückgriff auf den den Schaden verursachenden Gebäudenutzer möglich. Die Rechtsprechung hat diese Konsequenz allerdings noch nicht nachvollzogen. 127
b) Ausgleichsanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1. Wenn in dem Gebäudeversicherungsvertrag des Eigentümers das Interesse des Gebäudenutzers nicht mitversichert ist, sondern nur zu seinen Gunsten ein Regressverzicht vereinbart ist, besteht im Verhältnis zu einer von dem Gebäudenutzer unterhaltenen Haftpflichtversicherung keine Mehrfachversicherung. Der Regressverzicht führt nicht zu einer Mitversicherung des Sachersatzinteresses des Gebäudenutzers; der Gebäudenutzer wird lediglich so behandelt, als sei er versichert. 198 Nach den Grundsatzentscheidungen des BGH vom 13. September 2006 rechtfertigt jedoch die strukturell vergleichbare Interessenlage eine analoge Anwendung von § 59 Abs. 1 Satz 2 a.F., so dass dem GebäudeVR ein entsprechende Ausgleichsanspruch gegen den HaftpflichtVR des Gebäudenutzers zusteht, wenn dieser HaftpflichtVR gegenüber seinem VN eintrittspflichtig wäre. 1 9 9
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Diskussionswürdig ist, ob die auf entsprechende Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 a.F. gestützte Rechtsprechung für das neue Recht noch fort gilt. Hiergegen mag eingewandt werden, eine planwidrige Regelungslücke liege nicht (mehr) vor, nachdem der Gesetzgeber bei Formulierung von § 78 Abs. 2 Satz 1 keine Ausdehnung auf die Fälle des Regressverzichts vorgenommen habe. 2 0 0 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass zum einen die die entsprechende Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 a.F. befürwortende Rechtsprechung 201 im Gesetzgebungsverfahren offensichtlich nicht erörtert wurde 2 0 2 und sich außerdem aus der Gesetzesbegründung zu § 78 ergibt, dass der Gesetzgeber von einer sachlichen Übereinstimmung von § 59 Abs. 2 a.F. und § 78 Abs. 2 ausging. 203 Auch nach neuem Recht steht deshalb dem GebäudeVR des Eigentümers grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch entsprechend Abs. 2 Satz 1 gegen den HaftpflichtVR des Gebäudenutzers zu.
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Dies gilt jedenfalls wie nach altem Recht uneingeschränkt für die Fälle der einfach fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Gebäudenutzer. Wie aber sind die Fälle zu lösen, in denen der Versicherungsfall durch den Gebäudenutzer grob fahrlässig herbeigeführt wurde und deshalb entsprechend § 81 Abs. 2 nur ein anteiliger Regressverzicht greift (Rn. 126)? Hierzu wird vertreten, in diesen Fällen sei der HaftpflichtVR des Gebäudenutzers im Rahmen der sich aus § 81 Abs. 2 ergebenden Quote eintrittspflichtig, eine weitere Kürzung des Ausgleichs entsprechend Absatz 2 Satz 1 scheide aus. 2 0 4 Dies überzeugt jedoch nicht. Eine ausschließliche Teilung bei grober Fahrlässigkeit entsprechend dem Verschuldensvorwurf würde zu systemwidrigen Ergebnissen
197
198 199
200
Bruck/Möller/Voii § 86 Rn. 106; H K - W G / Muschner § 86 Rn. 96; Staudinger/Kassing VersR 2 0 0 7 10, 11; Looscbelders JR 2 0 0 7 424, 426. BGH 13.9.2006 B G H Z 169 86, 96. BGH 13.9.2006 B G H Z 169 86, 96 f.; 18.6.2008 VersR 2 0 0 8 1108, 1109. Staudinger/Kassing VersR 2 0 0 7 10, 14; Piepenbrock VersR 2 0 0 8 319, 320 und 322; Günther VersR 2 0 0 6 1539, 1540 f.
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201
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Grundlegend BGH 13.9.2006 BGZ 169 86, 96 f. Günther Regreß S. 155. Begr. zu § 78 BTDrucks. 16/3945 S. 79. Staudinger/Kassing VersR 2 0 0 7 10, 14; Piepenbrock VersR 2 0 0 8 319, 320; so wohl auch Günther Regreß S. 155.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
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führen. Bei einfacher Fahrlässigkeit des Gebäudenutzers führt die entsprechende Anwendung von Absatz 2 Satz 1 im Innenausgleich der VR (unterstellt der GebäudeVR und der HaftpflichtVR sind im gleichen Umfange eintrittspflichtig; dazu im Einzelnen Rn. 130) dazu, dass der GebäudeVR von dem HaftpflichVR in Höhe von 50 % des Schadens einen Ausgleich fordern kann. Hat der Gebäudenutzer den Schaden dagegen grob fahrlässig herbeigeführt, würde nach dieser Ansicht der GebäudeVR abhängig von dem Grad des Verschuldens ggf. weniger als 50 % Ersatz erlangen. Richtigerweise sind deshalb im Falle der groben Fahrlässigkeit nach neuem Recht die Grundsätze des aus einer entsprechenden Anwendung von § 81 Abs. 2 abgeleiteten anteiligen Regressverzichts mit dem Ausgleichsanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1 zu kombinieren. Nur dies führt zu sachgerechten Lösungen, wie der angenommene Fall zeigt, dass entsprechend § 81 Abs. 2 von einer quotalen Kürzung in Höhe von 50 % auszugehen sein sollte. In diesem Fall steht dem GebäudeVR ein Regress in Höhe von 50 % gegen den Gebäudenutzer zu; der Gebäudenutzer hat in diesem Umfang den vertraglichen Anspruch gegen seinen HaftpflichtVR auf Freistellung. Der danach bei dem GebäudeVR verbleibende Schaden ist analog Absatz 2 Satz 1 im Verhältnis des GebäudeVR zum HaftpflichtVR auszugleichen. Im Ergebnis führt dies bei grober Fahrlässigkeit mit einer angenommenen Quote von 50 % und weiter unterstellter deckungsgleicher Eintrittspflicht von Gebäude- und HaftpflichtVR dazu, dass der GebäudeVR 25 % und der HaftpflichtVR 75 % des Schadens tragen. Bei diesem wertungsmäßig allein richtigen Ergebnis wird nicht verkannt, dass die Durchsetzung in der Praxis erhebliche Probleme bereiten kann. 2 0 5 Allerdings ist es schon nach der bisherigen Rechtsprechung zum alten Recht problematisch, wie sich der GebäudeVR bei unklarer Verschuldenslage verhalten soll. Klagt er gegen den Mieter mit der Behauptung grober Fahrlässigkeit, ist die Klage (nach altem Recht) abzuweisen, wenn das Gericht einfache Fahrlässigkeit feststellt. Das nunmehr auch Unsicherheit hinsichtlich des Umfanges des quotalen Kürzung bei grober Fahrlässigkeit besteht, ist eine Folgewirkung des neuen § 81 Abs. 2, die generell besteht und deshalb auch im Rahmen des Regresses des GebäudeVR hinzunehmen ist. Die ggf. drohende Aufsplittung der zu klärenden Rechtfragen in einem Rechtsstreit zwischen GebäudeVR und Gebäudenutzer einerseits und zwischen GebäudeVR und HaftpflichtVR hinsichtlich des danach verbleibenden Ausgleichsbetrages andererseits lässt sich zweckmäßig dadurch umgehen, dass sich der GebäudeVR von dem Gebäudenutzer dessen vertraglichen Ansprüche gegen den HaftpflichtVR in zulässiger Form (§ 108 Abs. 2) abtreten lässt. Die Problematik wird zudem durch das zwischenzeitlich abgeschlossene Teilungsabkommen zwischen Gebäudeund HaftpflichtVR für die dem Abkommen beigetretenen VR entschärft (Rn. 137). c) Umfang des Ausgleichsanspruchs. Besteht ein Ausgleichsanspruch zwischen dem Gebäude- und dem HaftpflichtVR entsprechend Absatz 2 Satz 1 dem Grunde nach, ist damit noch nicht geklärt, in welcher Höhe dieser Anspruch besteht. Würden die allgemeinen Grundsätze zu Absatz 2 Satz 1 herangezogen, müsste jeweils zunächst in einem ersten Schritt sowohl für die Gebäude- als auch für die Haftpflichtversicherung ermittelt werden, in welchem Umfang der jeweilige VR eintrittspflichtig ist (Rn. 97 ff.). Sofern die Gebäudeversicherung zum Neuwert besteht, hätte dies zur Folge, dass der GebäudeVR den Neuwert, der HaftpflichtVR jedoch nur den Zeitwert ansetzen könnte. 2 0 6 Dies hätte
205
206
Generell kritisch dazu Piepenbrock VersR 2008 319, 321. So LG Kassel 25.1.2007 VersR 2007 986, 987; LG Karlsruhe 29.6.2007 RuS 2007
380, 381; Günther VersR 2006 1539, 1542; Wälder RuS 2007 381, 383; Wolter VersR 2007 987, 988 f.
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im Falle einfacher Fahrlässigkeit der Herbeiführung des Versicherungsfalls regelmäßig zur Folge, dass der in Höhe von mehr als den Zeitwert eintrittspflichtige GebäudeVR stets mehr als die Hälfte des von ihm ersetzten Schadens ersetzt erhält. Eine solche Bewertung berücksichtigt jedoch nicht, dass die Mehrfachversicherung nicht in Person des Eigentümers, sondern (unter Berücksichtigung der bei Regressverzicht nur entsprechenden Anwendung von Absatz 2 Satz 1) in der Person der Gebäudenutzers vorliegt. In seiner Person ist zum einen das Haftpflichtinteresse im Rahmen der von ihm selbst abgeschlossenen Haftpflichtversicherung und zum anderen in der Gebäudeversicherung in Form des Regressverzichts faktisch 2 0 7 (ohne einen unmittelbaren Anspruch gegen den GebäudeVR zu erlangen) das Sachersatzinteresse mitversichert. 2 0 8 Für den Ausgleich entsprechend Absatz 2 Satz 1 ist deshalb ausschließlich auf die Person des Nutzungsberechtigten abzustellen. 209 In einem ersten Schritt ist also (zunächst unter Vernachlässigung der Besonderheiten bei grob fahrlässig herbeigeführten Versicherungsfällen nach neuem Recht) Gegenstand und Höhe des von dem Regressverzicht betroffenen Schadensersatzanspruchs (§§ 2 4 9 ff. BGB) festzustellen, der faktisch in der Regel dem Zeitwertschaden entspricht. Ferner ist zu prüfen, ob sich der Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung des Gebäudenutzers gegenständlich damit deckt oder bestimmte Positionen ausgeschlossen sind. Nur soweit Deckungsgleichheit besteht, ist das versicherte Interesse (im Rahmen der entsprechenden Anwendung von Absatz 2 Satz 1) identisch. Nur in diesem sich deckenden Bereich liegt eine entsprechend anzunehmende Mehrfachversicherung vor. Sind die Leistungspflichten gleich, ergibt sich so ein hälftiger Ausgleichsanspruch. 2 1 0 Bleibt die Leistungspflicht des HaftpflichtVR im deckungsgleichen Bereich (z.B. wegen eines Selbstbehalts oder Überschreitens der Deckungssumme) hinter der des GebäudeVR zurück, führt dies - wie auch sonst bei derartigen Begrenzungen der Eintrittspflicht eines MehrfachVR (Rn. 97) - zu einer verhältnismäßigen Kürzung des Ausgleichsanspruchs. 2 1 1 131
d) Verhältnis des Ausgleichsanspruchs entsprechend Absatz 2 Satz 1 zum Regressverzichtsabkommen der Feuerversicherer. Diskutiert wird, ob das Regressverzichtsabkommen der FeuerVR (RVA) 2 1 2 Auswirkungen auf den Ausgleichsanspruch des GebäudeVR hat. Begrifflich setzt die Anwendung des RVA voraus, dass es sich (1) um einen Feuerschaden handelt, (2) der Wohnungsnutzer über eine eigene Feuerversicherung (in der Regel Hausratversicherung) verfügt und (3) die summenmäßige Begrenzung des RVA eingreift. 2 1 3 Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht also insbesondere bei dem Gebäude-
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Z u m Unterschied des Schutzes als Mitversicherter oder Begünstigter eines Regreßverzichts Prölss RuS 1 9 9 7 2 2 1 , 2 2 3 .
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B G H 1 8 . 6 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 1108, 1 1 0 9 ; Grommelt RuS 2 0 0 7 2 3 0 , 2 3 1 ; Armbrüster L M K 2 0 0 8 267, 355.
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BGH 13.9.2006 BGHZ 169 86, 96; 1 8 . 6 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 1108, 1 1 0 9 ; Grommelt RuS 2 0 0 7 2 3 0 .
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B G H 1 8 . 6 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 1108, 1 1 0 9 ; O L G Karlsruhe 7 . 2 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 6 3 9 , 6 4 1 ; Grommelt RuS 2 0 0 7 2 3 0 , 2 3 1 ; Neugebauer VersR 2 0 0 7 6 2 3 ; Scbwkkert VersR 2 0 0 7 7 7 3 , 7 7 4 ; Armbrüster L M K 2 0 0 8 267355.
Abdruck der Fassung aus 1 9 7 8 nebst Änderung aus 1 9 9 8 bei Bruck/Möller/S/eg/ Johannserft Bd. III Anm. A 32h; die aktuelle Fassung ist auf der Internetseite des GDV www.gdv.de einsehbar, dazu Siegel VersR 2009 46.
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H K - W G / M u s e b n e r § 8 6 Rn. 8 2 ; Siegel VersR 2 0 0 9 4 6 , 4 6 f.
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B G H 1 8 . 6 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 1108, 1 1 0 9 ; Grommelt RuS 2 0 0 7 2 3 0 , 2 3 1 .
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nutzer neben der Haftpflicht- eine Feuerversicherung, so wird von dem O L G Koblenz 2 1 4 und einem Teil der Literatur davon ausgegangen, das RVA verdränge den entsprechend Absatz 2 Satz 1 vorzunehmenden Ausgleich zwischen dem GebäudeVR des Eigentümers und dem HaftpflichtVR des Gebäudenutzers. 2 1 5 Demgegenüber gehen die übrige Rechtsprechung 2 1 6 und die wohl überwiegende Literaturansicht 2 1 7 davon aus, das RVA habe keine Auswirkungen auf den entsprechend Absatz 2 Satz 1 zu erfolgenden Ausgleich zwischen dem GebäudeVR des Eigentümers und dem HaftpflichtVR des Gebäudenutzers. Letzterer Ansicht ist zu folgen. Das RVA ist im Verhältnis zwischen GebäudeVR und HaftpflichtVR schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Das RVA betrifft nach dem ausdrücklichen Wortlaut in der Einleitung der Bestimmungen den auf den V R nach § 86 oder den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen übergegangenen Schadenersatzanspruch (Regressanspruch) gegen den Nutzer; nur diese Ansprüche sind durch den Regressverzicht abbedungen. Der statt dessen dem GebäudeVR zustehende Ausgleichanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1 gegen den V R des Gebäudenutzers ist von dem Regressanspruch wesensverschieden. 2 1 8 Ebenso scheidet eine entsprechende Anwendung des RVA aus, weil hierdurch der berechtigte Nutzer der Immobilie, nicht aber dessen HaftpflichtVR geschützt werden soll. 2 1 9 Dass - ohnehin vom Zufall abhängig - der FeuerVR des Nutzers (vor allem in Form der Hausratversicherung) zugleich dessen HaftpflichtVR ist, 2 2 0 führt zu keiner anderen Beurteilung. Schließlich ist auch nicht von Relevanz, dass die HaftpflichtVR in Besonderen Bedingungen zwar Mietsachschäden einschließen, jedoch nach dem Wortlaut dieser Besonderen Bedingungen in der Regel einen „Ausschluss" für unter den Regressverzicht nach dem RVA fallende Regressansprüche vorsehen. 2 2 1 Hierbei handelt es sich nicht um einen echten Ausschluss, sondern nur um eine deklaratorische Klarstellung, weil die Inanspruchnahme des Mieters in diesen Fällen aufgrund des RVA ausscheidet und damit der Mieter als V N des HaftpflichtVR ohnehin, d.h. auch ohne diesen „Ausschluss", keinen Ansprüchen ausgesetzt ist. 2 2 2 Da einer entsprechenden Ausschlussklausel in Besonderen Bedingungen der Haftpflichtversicherung
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O L G Koblenz 5 . 1 2 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 9 6 7 6 mit zust. Anm. Siegel; 2 9 . 5 . 2 0 0 9 (bislang unveröffentlicht; Berufungsurteil zu LG Koblenz 1 8 . 9 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 , 1 6 8 8 ) .
215
H K - W G / M u s c h n e r § 8 6 Rn. 8 4 ; Siegel RuS 2 0 0 7 4 9 8 , 4 9 8 f.; ders. VersR 2 0 0 9 6 7 8 , 6 7 8 f.; Schwickert VersR 2 0 0 7 7 7 3 , 7 7 4 .
216
O L G Bamberg 1 1 . 1 0 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 7 1651, 1 6 5 2 mit Anm. Günther; LG Coburg 8 . 5 . 2 0 0 7 RuS 2 0 0 7 4 2 1 , 4 2 3 (Vorinstanz); LG Koblenz 1 8 . 9 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 1 6 8 8 , 1 6 8 9 (a.A. O L G Koblenz 2 9 . 5 . 2 0 0 9 , bislang unveröffentlicht, in der Berufungsinstanz); LG Köln 1 0 . 1 0 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 8 1 2 5 8 , 1 2 5 8 f. (wobei nach Anmerkung der Redaktion die dagegen eingelegte Berufung nach Hinweisen des O L G Köln auf die fehlende Erfolgsaussicht zurückgenommen wurde); LG Wiesbaden 6 . 2 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 1 0 6 4 , 1065.
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Grommelt RuS 2 0 0 7 2 3 0 , 2 3 1 ; Günther VersR 2 0 0 6 1 5 3 9 , 1541 f.; ders. VersR 2 0 0 7 1652, 1653.
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LG Coburg 8 . 5 . 2 0 0 7 RuS 2 0 0 7 4 2 1 ; LG Wiesbaden 6 . 2 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 1 0 6 4 , 1 0 6 5 ; Günther VersR 2 0 0 6 1 5 3 9 , 1 5 4 2 .
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LG Coburg 8 . 5 . 2 0 0 7 RuS 2 0 0 7 4 2 1 ; LG Köln 1 0 . 1 0 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 8 1 2 5 8 , 1 2 5 9 ; LG Wiesbaden 6 . 2 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 1 0 6 4 , 1 0 6 6 ; Günther VersR 2 0 0 6 1 5 3 9 , 1 5 4 2 .
220
So in dem Fall O L G Bamberg 1 1 . 1 0 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 7 1651 mit zust. Anm. Günther VersR 2 0 0 7 1 6 5 2 , 1 6 5 3 ; Vorinstanz LG Coburg 8 . 5 . 2 0 0 7 RuS 2 0 0 7 4 2 1 .
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O L G Bamberg 1 1 . 1 0 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 7 1651, 1 6 5 2 mit zust. Anm. Günther VersR 2 0 0 7 1 6 5 2 ; 1 6 5 3 ; LG Coburg 8 . 5 . 2 0 0 7 Rus 2 0 0 7 4 2 1 , 4 2 3 ; Grommelt RuS 2 0 0 7 2 3 0 , 2 3 1 ; Günther VersR 2 0 0 6 1 5 3 9 , 1541 f.; a.A. O L G Koblenz 2 9 . 0 5 . 2 0 0 9 (bislang unveröffentlicht).
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O L G Bamberg 1 1 . 1 0 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 7 1651, 1 6 5 2 mit zust. Anm. Günther VersR 2 0 0 7 1 6 5 2 , 1 6 5 3 ; LG Coburg 8 . 5 . 2 0 0 7 RuS 2 0 0 7 4 2 1 , 4 2 3 ; allgemein Späte A H B PrivH S. 2 0 7 Rn. 4 9 .
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nur eine deklaratorische Bedeutung z u k o m m t , lässt sich die Berücksichtigung des RVA im Verhältnis von G e b ä u d e - zu H a f t p f l i c h t V R schließlich auch nicht aus der Aussage der Rechtsprechung ableiten, der Ausgleich k ö n n e nur erfolgen, soweit die Ersatzverpflichtungen deckungsgleich seien und nur für Positionen angesetzt werden, die auch der Haftp f l i c h t V R zu ersetzen h a b e . 2 2 3 132
e) Berücksichtigung des Q u o t e n v o r r e c h t s des Versicherungsnehmers. Im R a h m e n der Legalzession nach § 8 6 Abs. 1 steht dem V N das so genannte Q u o t e n - und Befriedigungsvorrecht zu, wenn sein V R den ihm entstandenen Schaden nicht in vollem U m f a n g ersetzt (§ 8 6 Abs. 1 Satz 2 ) . 2 2 4 Dieses Q u o t e n - und Befriedigungsrecht steht auch dem V N des G e b ä u d e V R zu. Problematisch ist, welchen Einfluss dieses Q u o t e n - und Befriedigungsvorrecht auf den U m f a n g des Ausgleichsanspruches des G e b ä u d e V R gegen den H a f t p f l i c h t V R entsprechend Absatz 2 Satz 1 hat. In einer Einzelentscheidung wurde bislang argumentiert, der H a f t p f l i c h t V R k ö n n e sich nicht auf das Bestehen eines Q u o t e n vorrechts berufen, weil sich der Ausgleichsanspruch aus § 5 9 a.F. (zu ergänzen wäre: entsprechend) ergebe und diese N o r m als Spezialgesetz § 6 7 a.F. v e r d r ä n g e . 2 2 5 Dies mag zwar dogmatisch konsequent s e i n . 2 2 6 In der Literatur ist jedoch auf die erheblichen Konsequenzen a u f m e r k s a m gemacht w o r d e n , wenn ein bestehendes Q u o t e n v o r r e c h t für den Ausgleichsanspruch unberücksichtigt b l i e b e : 2 2 7 Ein M e h r f a m i l i e n h a u s erleidet einen Brandschaden aufgrund einfach fahrlässigen Verhaltens des M i e t e r s . D e r Neuwertschaden beträgt € 1 0 0 . 0 0 0 , der Zeitwertschaden € 5 0 . 0 0 0 . D e r G e b ä u d e V R reguliert aufgrund erheblicher Unterversicherung nur € 6 0 . 0 0 0 . D e n Restschaden von € 4 0 . 0 0 0 m a c h t der Vermieter bei dem M i e t e r bzw. dessen eintrittspflichtigen H a f t p f l i c h t V R geltend. D a der M i e t e r und damit dessen H a f t p f l i c h t V R jedoch nur nach §§ 2 4 9 ff. B G B und damit faktisch auf den Zeitwertschaden haften ( R n . 1 3 0 ) , k a n n die Eintrittspflicht des H a f t p f l i c h t V R nicht über € 5 0 . 0 0 0 hinausgehen. Unter Berücksichtigung des Q u o tenvorrechts würde in diesem Fall der gezahlte Betrag von € 6 0 . 0 0 0 zu € 1 0 . 0 0 0 auf den Zeitwertschaden und zu € 5 0 . 0 0 0 auf den in der Haftpflichtversicherung nicht gedeckten Neuwertschaden angerechnet werden. D e r M i e t e r wäre so abgesichert, weil sein H a f t p f l i c h t V R zu Leistung hinsichtlich der von dem Vermieter unmittelbar geltend gemachten € 4 0 . 0 0 0 verpflichtet wäre. W ü r d e dagegen der G e b ä u d e V R die von ihm gezahlten € 6 0 . 0 0 0 in vollem U m f a n g für den Ausgleichanspruch des G e b ä u d e V R entsprechend Absatz 2 Satz 1 ansetzen k ö n n e n , müsste der H a f t p f l i c h t V R allein im R a h m e n des Ausgleichs (hälftige Teilung bei dem Ausgleichsanspruch unterstellt) € 3 0 . 0 0 0 zahlen. Wenn allein auf den durch den G e b ä u d e V R gezahlten Betrag abgestellt würde, würden jedoch die R n . 1 3 0 erörterten Grundsätze zum U m f a n g des entsprechend Absatz 2 Satz 1 bestehenden Ausgleichsanspruch nicht berücksichtigt: Anzusetzen ist nicht die gesamte Leistung des G e b ä u d e V R an seinen V N , sondern nur soweit die versicherten Interessen bei dem vom Regressverzicht betroffenen Schadenersatzanspruch und dem Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung identisch sind. Soweit der G e b ä u d e V R auf den Neuwertanteil zahlt, steht ihm folglich ohnehin kein Ausgleichsanspruch zu ( R n . 1 3 0 ) .
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So aber fälschlich H K - W G / M u s c h n e r § 86 Rn. 84; ebenso wohl auch Schwickert VersR 2 0 0 7 7 7 3 , 7 7 4 ; jeweils unter Berufung auf die entsprechende Passage in der - demgemäß falsch interpretierten - Entscheidung BGH 13.9.2006 B G H Z 169 86, 97. Einzelheiten bei Bruck/Möller/Vo/t S 86 Rn. 112 ff.
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LG Köln 1 0 . 1 0 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 8 1258, 1259. Günther Regreß S. 155. Schwickert VersR 2 0 0 7 7 7 3 , 7 7 4 f. (das nachfolgende Beispiel ist dort entnommen); zweifelnd auch Günther Regreß S. 155; HK-WG/Muschner § 86 Rn. 9 2 f.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
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Bezogen auf den verbleibenden Zeitwertschaden ist zu berücksichtigen, dass der Nutzer aufgrund des Regressverzichts quasi mitversichert i s t . 2 2 8 D e r Regressverzicht und damit der sich hieraus ableitende Ausgleichsanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1 können daher nicht weitergehen, wie der Versicherungsschutz des Gebäudeversicherungsvertrages reicht. Ist der G e b ä u d e V R aufgrund NichtVersicherung einzelner Positionen oder wie im Beispielsfall - aufgrund Unterversicherung (auch bezogen auf den Zeitwertschaden) nicht eintrittspflichtig, kann ihm hinsichtlich dieser Schadenspositionen kein Ausgleichsanspruch gegen den HaftpflichtVR zustehen. Eintrittspflichtig ist der G e b ä u d e V R wie vorstehend festgestellt - aufgrund des Quotenvorrechts nur für einen Zeitwertschaden in H ö h e von € 1 0 . 0 0 0 . Dies führt aber zwingend dazu, dass das Quoten- und Befriedigungsvorrecht im R a h m e n des Ausgleichsanspruches zu berücksichtigen i s t . 2 2 9 In dem Beispielsfall bedeutet dies, dass die von dem G e b ä u d e V R erbrachte Z a h l u n g von € 6 0 . 0 0 0 nicht etwa zu jeweils € 3 0 . 0 0 0 (also unter hälftiger Aufteilung) auf den Zeit- und den Neuwertanteil anzurechnen ist. Vielmehr ist die durch den G e b ä u d e V R erbrachte Z a h l u n g aufgrund des Q u o t e n v o r r e c h t s seines V N zu € 5 0 . 0 0 0 auf den N e u wertanteil und nur zu € 1 0 . 0 0 0 auf den Zeitwertanteil erbracht anzusehen. In H ö h e dieser € 1 0 . 0 0 0 ist dann der Ausgleichsanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1 zu teilen. I m Ergebnis haben also im Beispielsfall der G e b ä u d e V R € 5 5 . 0 0 0 und der H a f t p f l i c h t V R € 4 5 . 0 0 0 zu zahlen. Die dadurch bestehende M e h r b e l a s t u n g des G e b ä u d e V R ist Konsequenz des Q u o t e n - und Befriedigungsvorrechts, die auch ohne die bestehende H a f t pflichtversicherung zu berücksichtigen wäre.
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f) Berücksichtigung des Hausgemeinschaftsprivilegs (früheren Familienprivilegs). Weitere Folgefrage des sich aus entsprechender Anwendung von Absatz 2 Satz 1 ergebenden Ausgleichsanspruchs ist, inwieweit sich der H a f t p f l i c h t V R gegenüber dem G e b ä u d e V R auf das seinem V N zustehende Hausgemeinschaftsprivileg (§ 8 6 Abs. 3) bzw. das frühere Familienprivileg (§ 6 7 Abs. 2 a.F.) berufen kann. Rechtsprechung liegt dazu bislang nicht vor. Für den Regressverzicht generell wird in der R e c h s p r e c h u n g 2 3 0 und in der Literat u r 2 3 1 w o h l überwiegend davon ausgegangen, dass in diesen nicht nur der Nutzer (insbesondere Mieter) selbst, sondern auch die durch § 8 6 Abs. 3 bzw. § 6 7 Abs. 2 a.F. geschützten Personen in gleichem U m f a n g wie der Hauptnutzer selbst einbezogen sind. D e m ist zuzustimmen. D e r zu Gunsten des berechtigten Nutzers (insbesondere Mieters) bestehende Regressverzicht wäre wertlos, wenn stattdessen z.B. ein Regress gegenüber dem Ehe- bzw. Lebenspartner oder in dem H a u s h a l t wohnende Kinder möglich wäre.
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Diese Grundsätze sind im Ergebnis auf den Ausgleichsanspruch des G e b ä u d e V R zu ü b e r t r a g e n . 2 3 2 Allerdings ist aufgrund der anderen Interessenlage zu differenzieren. Es geht bei dem Ausgleichsanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1 nicht um eine Inanspruchnahme des Mieters selbst und seines Schutzes, sondern des H a f t p f l i c h t V R . Die Eintrittspflicht des H a f t p f l i c h t V R k a n n jedoch nicht weiterreichen als der bei ihm bestehende Versicherungsschutz. Es gibt keinen sachlich nachvollziehbaren G r u n d , ihn zum Ausgleich entsprechend Absatz 2 Satz 1 zu verpflichten, wenn für die Person, die den Schaden verursacht hat, bei ihm kein Haftpflichtversicherungsschutz besteht. Dies be-
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230 231
BGH 18.6.2008 V e r s R 2 0 0 8 1108, 1109. So im Ergebnis wohl auch Günther Regreß S. 154 f. BGH 14.7.1970 BGHZ 54 256, 258. Bruck/Möller/Vo/'f S 86 Rn. 183; Staudinger/Kassing VersR 2 0 0 7 10, 12.; Sexauer
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VuR 2 0 0 5 473, 474; zweifelnd Terbille/ ]ohannsen/]ohannsen MAH § 5 Rn. 204 Fn. 254. Günther Regreß S. 154 bezeichnet dies als „ungeklärt".
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deutet, dass der GebäudeVR wegen eines Schadens, der nicht von dem Mieter, sondern von einer Person verursacht wurde, die bei Eintritt des Schadens mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt (§ 86 Abs. 3), nur dann ein Ausgleichsanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1 gegen den HaftpflichtVR geltend machen kann, wenn diese Person im Rahmen der Haftpflichtversicherung mitversichert ist (was allerdings in der Praxis regelmäßig der Fall sein dürfte 2 3 3 ). Ist der Mitbewohner der Haushaltsgemeinschaft dagegen in den Haftpflichtversicherungsvertrag des Mieters nicht einbezogen, kann sich der HaftpflichtV R des Mieters gegenüber dem Ausgleichsanspruch des GebäudeVR auf das Hausgemeinschaftsprivileg berufen und ist damit nicht zum Ausgleich verpflichtet. 136
g) Verjährung des Ausgleichsanspruchs entsprechend Absatz 2 Satz 1. Aus der entsprechenden Anwendung von Absatz 2 Satz 1 folgt, dass dieser Anspruch, wie der sich unmittelbar aus Absatz 2 Satz 1 ergebende Anspruch (Rn. 122), nach den allgemeinen Regeln entsprechend §§ 195, 199 verjährt. 2 3 4
137
h) Teilungsabkommen zwischen Sach- und Haftpflichtversicherer. Unter dem Eindruck der Grundsatzentscheidungen des B G H vom 13. September 2 0 0 6 , aufgrund derer die Ausgleichspflicht zwischen Gebäude- und HaftpflichtVR bejaht wurde (Rn. 127), wurde zwischen Gebäude- und HaftpflichtVR ein Teilungsabkommen abgeschlossen, das mit Geltung nur für die beitretenden VR - zum 1. Januar 2 0 0 9 in Kraft getreten ist. 2 3 5 Demnach soll der GebäudeVR bei einem Schaden bis zu € 2 . 5 0 0 auf Regress- und Ausgleichssprüche verzichten. Bei einem Schaden über € 2 . 5 0 0 und bis zu € 1 0 0 . 0 0 0 beteiligt sich der HaftpflichtVR am Entschädigungsbetrag mit einer Quote von 5 0 % , wobei der GebäudeVR nur darzulegen hat, dass keine ernsthaften Zweifel an einem rechtswidrigen, objektiv fahrlässigem und ursächlichem Pflichtverstoß bestehen; der Nachweis der subjektiven Komponente des Verschuldens ist dabei nicht erforderlich. Zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit wird nicht differenziert. Maßgeblich ist der vom GebäudeVR geleistete Entschädigungsbetrag bis zum Neuwert. Kostenpositionen sind zu berücksichtigen, soweit sie gesetzlichen Schadenersatzansprüchen entsprechen. Hinzu kommen externe Kosten eines Sachverständigen, nicht aber Kosten eines Regulierungsbüros oder interne Regulierungskosten. Kulanzleistungen werden berücksichtigt, soweit sie nach § 86 regressierbar sind. Einwände des HaftpflichtVR aus unzureichender Versicherungssumme bleiben unberücksichtigt, ein Selbstbehalt wird gegenüber dem GebäudeVR nicht in Abzug gebracht. Der Haftpflichtversicherer kann seine Leistungen aus Quotenvorrecht zu 5 0 % gegenrechnen. Ansprüche können nach Ablauf von drei Jahren, vom Schadentag gerechnet, nicht mehr geltend gemacht werden. Bei fristgemäßer Anmeldung der Ansprüche dem Grunde nach beginnt eine Ausschlussfrist von drei Jahren. Schäden über € 1 0 0 . 0 0 0 fallen nicht in den Anwendungsbereich des Abkommens, hierfür gelten also die gesetzlichen Regeln wie vorstehend dargelegt. Soweit das Abkommen einschlägig ist, stellen sich ein Großteil der vorstehend erörterten Fragen nicht.
233
So etwa BB Nr. 2 der Besonderen Bedingungen für die Privathaftpflicht.
234
O L G Karlsruhe 7 . 2 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 8 6 3 9 , 6 4 1 ; O L G Koblenz 5 . 1 2 . 2 0 0 8 VersR 2 0 0 9 6 7 6 , 6 7 7 ; O L G Köln 3 . 7 . 2 0 0 7 RuS 2 0 0 7 3 7 7 , 3 7 8 (insoweit in VersR 2 0 0 7 1411 nicht abgedruckt); LG Kassel 2 5 . 1 . 2 0 0 7 VersR 2 0 0 7 9 8 6 , 9 8 7 ; LG Koblenz 1 8 . 9 . 2 0 0 8
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VersR 2 0 0 8 1 6 8 8 , 1 6 9 0 ; H K - W G / M u s c h ner § 8 6 Rn. 9 1 ; Staudinger/Kassing VersR 2 0 0 7 10, 14; Günther VersR 2 0 0 6 1539, 1 5 4 1 ; a.A. offenbar Bertkau RuS 2 0 0 8 4 6 0 , 4 6 1 (§ 5 4 8 BGB analog). 235
Z u diesem Abkommen Siegel VersR 2 0 0 9 4 6 , 4 9 ; ders. VersR 2 0 0 9 6 7 8 , 6 7 9 f.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
3. Besonderheiten nach Absatz 2 Satz 2, wenn auf einen der Versicherungsverträge ausländisches Recht anzuwenden ist a) Problemstellung. Für die Konfliktlösung einer bestehenden Mehrfachversicherung sind verschiedene Lösungsmodelle denkbar. Der deutsche Gesetzgeber hat sich nach altem wie nach neuem Recht für die gesamtschuldnerische Haftung der MehrfachVR mit interner Ausgleichspflicht der VR entschieden. Alternative Lösungsmöglichkeiten, denen andere Rechtsordnungen gefolgt sind, sind insbesondere das Prioritäts- oder das prorata-Prinzip. Nach dem Prioritätsprinzip ist in der Regel der später abgeschlossene Versicherungsvertrag nichtig, soweit der früher abgeschlossene Versicherungsvertrag Deckung verschafft. Nach dem pro-rata-Prinzip haften die MehrfachVR extern nur verhältnismäßig. Beide Prinzipien sehen keinen internen Ausgleich unter den VR vor; dies ist bei diesen Prinzipien nicht erforderlich. 236 Das in Deutschland maßgebliche System würde zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, wenn ein ausländischer MehrfachVR einen deutschen MehrfachVR intern auf Ausgleich in Anspruch nehmen könnte, seinerseits aber gegenüber dem deutschen VR die Ausgleichung nach dem für „seinen" Versicherungsvertrag maßgebenden ausländischen Recht ablehnen könnte. Um zu verhindern, dass die Vorschriften über den Ausgleichanspruch zu einer Benachteiligung derjenigen VR führen, deren Verträge dem deutschen Recht unterliegen, sah schon das alte Recht mit § 59 Abs. 2 Satz 2 a.F. vor, dass in einem solchen Fall der VR, für den das ausländische Recht gilt, gegen den anderen VR einen Anspruch auf Ausgleichung nur geltend machen kann, wenn er selbst nach dem für ihn maßgebenden Recht zur Ausgleichung verpflichtet ist. 237 Das neue Recht stimmt hiermit bei lediglich sprachlichen Änderungen sachlich überein (Rn. 2).
138
b) Anknüpfungspunkt: Auf den Versicherungsvertrag anwendbares Recht. Anknüpfungspunkt für die Regelung von Absatz 2 Satz 2 ist nicht der Sitz des VR oder das Aufsichtsrecht, dem er unterliegt, sondern ausschließlich das auf den jeweiligen Versicherungsvertrag anwendbare Recht. Dies ergibt sich eindeutig aus Wortlaut und Gesetzesbegründung zum alten Recht, 2 3 8 dürfte im Übrigen aber auch der einhelligen Meinung entsprechen, wobei allerdings nur einige Literaturstellen eindeutig auf das auf den Versicherungsvertrag anwendbare Recht abstellen, 239 während teilweise unscharf darauf abgestellt wird, ob auf den VR deutsches oder ausländisches Recht anwendbar ist. 240 Welches Recht auf die jeweiligen Versicherungsverträge anwendbar ist, beurteilt sich nach den allgemeinen kollisionsrechtlichen Regelungen, aus Sicht des deutschen Rechts also für bis zum 16.12.2009 abgeschlossene Verträge insbesondere nach Artikel 7 ff. E G W G und für ab dem 17.12.2009 abgeschlossene Verträge EU-weit nach der VO (EG) Nr. 593/2008 (Rom I), 241 dort insbesondere Artikel 3 und Artikel 7.
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Bruck/Möller/Mö//er 8 ξ 59 Anm. 15 und 38; ein - allerdings wohl veralteter - Überblick über die verschiedenen Rechtsordnungen bei Basedow S. 62 ff. Motive S. 131; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 38; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Armbrüster1 § 6 Rn. 72. Motive S. 131. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 38; Römer/Langheid § 59 Rn. 14; H K - W G / Brambach § 78 Rn. 19; Kohleick S. 111 f.
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Prölss/Martin/Kollhosser § 59 Rn. 20; Berliner Kommentar /Schauer § 59 Rn. 41. Abi. L 177/6 vom 4.7.2008; Ausnahme ist Dänemark, Erwägungsgrund 46 der VO; die VO gilt entgegen Erwägungsgrund 45 auch in Großbritannien, Abi. L 10/22 vom 15.1.2009; Erläuterungen zur VO BTDrucks. 16/12104 S. 8 ff.
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§78 140
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
c) Reichweite und Bedeutung von Absatz 2 Satz 2 . N a c h ganz herrschender M e i n u n g beschränkt sich die Bedeutung von Absatz 2 Satz 2 darauf, bei Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen durch einen V R , dessen Versicherungsvertrag ausländischem R e c h t unterliegt, das Prinzip der Gegenseitigkeit (Reziprozität) sicherzustellen. 2 4 2 N a c h einer M i n d e r m e i n u n g geht die Bedeutung von Absatz 2 Satz 2 darüber hinaus und soll eine kollisionsrechtliche Regelung mit dem Inhalt enthalten, dass der Ausgleichsanspruch der R e c h t s o r d n u n g unterliegen soll, nach der der den Ausgleich begehrende V R seinen V N befriedigt h a t . 2 4 3 Diese M i n d e r m e i n u n g ist j e d o c h abzulehnen, weil sie zum einen über den Gesetzeswortlaut hinaus geht, erkennbar von dem Gesetzgeber nicht gewollt war und hierfür im Übrigen auch kein Bedürfnis b e s t e h t . 2 4 4 Überdies dürfte heute nationalen kollisionsrechtlichen Sonderlösungen Art. 16 V O (EG) Nr. 5 9 3 / 2 0 0 8 ( R o m I) entgegenstehen, der den Innenausgleich bei mehrfacher H a f t u n g im Außenverhältnis regelt und auch auf das Verhältnis zwischen den V R bei der Mehrfachversicherung a n w e n d b a r sein dürfte. D e m n a c h kann der erstzahlende Schuldner nach seinem R e c h t den Innenausgleich geltend m a c h e n . Die übrigen Schuldner k ö n n e n die Verteidigungsmittel ihres R e c h t s entgegenhalten. Im Ergebnis wird so für die EU auf Gegenseitigkeit das Ergebnis erzielt, dass die M i n d e r m e i n u n g befürwortet.
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d) Rechtsfolgen aus Absatz 2 Satz 2 für den Versicherer, dessen Vortrag ausländischem R e c h t unterliegt. M a c h t der V R , dessen Versicherungsvertrag ausländischem R e c h t unterliegt, einen Ausgleichsanspruch gegen einen V R geltend, dessen Versicherungsvertrag deutschem R e c h t unterliegt, ist hypothetisch im konkreten Einzelfall zu prüfen, o b der V R , dessen Versicherungsvertrag deutschem R e c h t unterliegt, gegen den V R , dessen Versicherungsvertrag dem ausländischen R e c h t unterliegt, einen Ausgleichsanspruch erlangt hätte, wenn er, dessen Versicherungsvertrag deutschem R e c h t unterliegt, seinem V N zuerst seine Leistung erbracht h ä t t e . 2 4 5 Aus der hypothetischen Betrachtung nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit folgt, dass ein Ausgleichsanspruch regelmäßig ausgeschlossen ist, wenn die R e c h t s o r d n u n g des V R , dessen Vertrag ausländischem R e c h t unterliegt und der zuerst gezahlt hat, entweder dem Prioritätsprinzip oder dem pro-rata-Prinzip f o l g t . 2 4 6 Z u m pro-rata-Prinzip wird teilweise vertreten, dieses stehe dem Gegenseitigkeitserfordernis nicht entgegen und gewähre deshalb A u s g l e i c h s a n s p r ü c h e . 2 4 7 Ein solcher Anspruch ist jedoch abzulehnen. W o r t l a u t und Z w e c k von Absatz 2 Satz 2 stehen dem entgegen. Außerdem besteht dafür kein Bedürfnis. Sofern der V R , dessen Vertrag ausländischem R e c h t unterliegt, in Unkenntnis der Mehrfachversicherung gezahlt hat, dürfte ihm nach dem ausländischem R e c h t ein Bereicherungsanspruch gegen den V N zu-
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Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 38; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 41; Prölss/Martin/Kollhosser § 5 9 Rn. 20; Römer/Langheid § 59 Rn. 14; H K - W G / Brambach § 78 Rn. 19; Kohleick S. 109 f. Keller S. 57 f; Roth S. 642. Kohleick S. 110; Berliner Kommentar/ Schauer § 59 Rn. 41. Bruck/Möller/MöHer8 § 59 Anm. 38; Prölss/ Mznin/Kollhosser § 59 Rn. 20; H K - W G / Brambach $ 78 Rn. 19; Kohleick S. 109. AG Köln 7.10.1977 VersR 1978 835, 836 (ausdrücklich nur zu dem pro-rata-Prinzip); Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 38;
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Berliner Kommentat/Schauer § 5 9 Rn. 42; Ehrenzweig S. 258; Kisch Mehrfache Versicherung S. 164; Kohleick S. 113. Prölss/Martin/Ko/Z/josser26 ξ 5 9 Rn. 22 mit Kritik zu AG Köln 7.10.1977 VersR 1978 835 (in der 27. Auflage nicht mehr aufrecht erhalten, siehe dort § 59 Rn. 20, wo das Urteil des AG Köln nur neutral erwähnt wird); Stoll FS Müller-Freienfels, 631, 658; unklar, aber wohl ebenso Beckmann/Matusche-BeckmannIArmbrüster 1 unter Berufung auf Prölss/Martin/Kollhosser, offenbar aber auf die 26. und nicht auf die Armbrüster eigentlich vorliegende 27. Auflage.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
stehen. 2 4 8 Eine Ausnahme ist allenfalls dann zu machen, wenn die ausländische Rechtsordnung statt einem Anspruch aus Bereicherungsrecht in Ergänzung zur externen prorata-Haftung für die Fälle der irrtümlichen Leistung einen Ausgleichsanspruch zwischen den VR vorsieht; in diesen Fällen besteht wiederum Gegenseitigkeit. 249 Wenn der VR, dessen Vertrag ausländischem Recht unterliegt, nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung nicht ausgleichspflichtig ist, er jedoch vertraglich eine solche Pflicht übernommen hat, steht ihm ein Ausgleichsanspruch zu, sofern diese Abrede vor Eintritt des Versicherungsfalls getroffen wurde und nicht erst nachträglich zu dem Zweck, den Anspruch aus Absatz 2 Satz 1 zu erlangen. 2 5 0 Ebenso ist umgekehrt in den Fällen, in denen wirksam (dazu Rn. 196) die Ausgleichspflicht des VR, dessen Vertrag deutschem Recht unterliegt, abbedungen ist, kein Ausgleichsanspruch des VR gegeben, dessen Vertrag ausländischem Recht unterliegt. 251 Soweit schließlich das ausländische Recht zwar einen Ausgleich gewährt, dieser aber geringer als ein nach Absatz 2 Satz 1 zu berechnender Ausgleich ist, steht dem VR, dessen Vertrag ausländischem Recht unterliegt, ein entsprechend verringerter Ausgleichsanspruch zu. 2 5 2
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Aus Absatz 2 Satz 2 ergibt sich nicht nur eine Einrede gegen den Ausgleichsanspruch, sondern eine Einwendung, die den Anspruch von vorne herein ausschließt. 253
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e) Rechtsfolge aus Absatz 2 Satz 2 für den Versicherer, dessen Vertrag deutschem Recht unterliegt. Absatz 2 Satz 2 trifft nur eine Aussage darüber, ob der VR, dessen Vertrag ausländischem Recht unterliegt, gegen den VR, dessen Vertrag deutschem Recht unterliegt, einen Ausgleich geltend machen kann. Zahlt zuerst der VR, dessen Vertrag deutschem Recht unterliegt, ergibt sich die umgekehrte Frage, ob dem VR, dessen Vertrag deutschem Recht unterliegt und der seinen VN befriedigt, Ausgleichsansprüche gegen den VR geltend machen kann, dessen Vertrag ausländischem Recht unterliegt. Hierzu wird teilweise vertreten, Absatz 2 Satz 2 sei im Sinne einer allseitigen Norm so auszulegen, dass die Vorschrift umgekehrt auch zu Gunsten eines VR gelte, dessen Vertrag ausländischem Recht unterliegt und der von einem VR in Anspruch genommen wird, dessen Vertrag deutschem Recht unterliegt und der an den VN geleistet hat. 2 5 4 Der Gesetzeswortlaut trägt eine solche weite Auslegung von Absatz 2 Satz 2 nicht. Im Ergebnis dürfte es hierauf nicht ankommen, weil auch dann, wenn Absatz 2 Satz 2 nicht anzuwenden ist, befriedigende Ergebnisse erzielt werden können, wie nachfolgend zu zeigen ist.
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Gilt nach ausländischem Recht ebenfalls das Ausgleichsprinzip, ggf. in verringerter Form, bestehen gegen einen Ausgleichsanspruch keine Bedenken. 255 Einwendungen zur Höhe, die sich aus den unterschiedlichen Rechtsordnungen ergeben, dürften innerhalb der EU auf Gegenseitigkeit nach Art. 16 VO (EG) Nr. 593/2008 (Rom I) zu lösen sein.
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Gilt nach ausländischem Recht das Prioritätsprinzip und wurde der dem ausländi- -|46 sehen Recht unterliegende Versicherungsvertrag später abgeschlossen, scheidet ein Aus-
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Kohleick S. 113 Fn. 360. So wohl auch Beckmann/Matusche-Beckmann!Armbrüster2 § 6 Rn. 72. AG Köln 7.10.1977 VersR 1978 835, 836; Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 38; Kisch Mehrfache Versicherung S. 165. Kohleick S. 111. Bruck/Möller/Mö//ec8 S 59 Anm. 38; Kisch Mehrfache Versicherung S. 165; Kohleick S. 110 f. (mit Hinweis auf entgegenstehende
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Mindermeinungen, die einen Anspruch aus Absatz 2 Satz 1 faktisch nach dem „Allesoder-Nichts-Prinzip" gewähren wollen). Bruck/Moller/Mö//er8 § 59 Anm. 38; Kisch Mehrfache VersicherungS. 164; Kohleick S. 111. Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 41; Beckmann/Matusche-BeckmannMrmbrüster2 § 6 Rn. 72. Kohleick S. 113.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
gleichsanspruch des vorleistenden V R , dessen Vertrag deutschem R e c h t unterliegt, schon deshalb aus, weil der ausländische V R seinem V N gegenüber nicht h a f t e t . 2 5 6 Umstritten ist die Rechtslage dagegen, wenn der Vertrag, dessen R e c h t s o r d n u n g dem Prioritätsprinzip unterliegt, früher abgeschlossen wurde, dennoch aber der V R , dessen Vertrag deutschem R e c h t unterliegt, an den V N geleistet hat. N a c h deutscher R e c h t s o r d n u n g w a r der V R gegenüber seinem V N zur Leistung verpflichtet, er kann diese Leistung also nicht nach Bereicherungsgrundsätzen zurückfordern. Aus Sicht des ausländischen R e c h t s hat dagegen der V R , dessen Vertrag deutschem R e c h t unterliegt, auf eine nicht bestehende Schuld geleistet. D e r V R , dessen Vertrag ausländischem R e c h t unterliegt, ist dagegen zur Leistung verpflichtet. D e n n o c h ist von der Vorauflage vertreten w o r d e n , dass in diesen Fällen kein Ausgleichsanspruch b e s t e h e . 2 5 7 D a nach Wertung des maßgeblichen ausländischem R e c h t s der „ d e u t s c h e " V R nicht eintrittspflichtig war, ist es jedoch wertungsg e m ä ß sachgerecht, den ausländischen V R in diesen Fällen als Dritten im Sinne von § 8 6 Abs. 1 zu behandeln und den Übergang des dem V N zustehenden Anspruchs gegen den „ausländischen" V R z u z u g e s t e h e n . 2 5 8 147
Besteht für den anderen Versicherungsvertrag nach ausländischem Recht eine prorata-Haftung und leistet der nach deutschem R e c h t eintrittspflichtige V R in voller H ö h e , gilt wiederum, dass der nach deutschem R e c h t eintrittspflichtige V R auf eine bestehende Schuld leistet und gegen seinen V N keinen Bereichungsanspruch hat. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die p r o - r a t a - H a f t u n g im Ergebnis (vorbehaltlich der Ausgestaltung des ausländischen Rechts) die anteilige Innenhaftung des deutschen R e c h t s auf die Außenhaftung verlagert. Im Ergebnis laufen sowohl das deutsche Ausgleichsprinzip als auch ein pro-rata-Prinzip darauf hinaus, dass jeder V R den Anteil zu zahlen hat, der seiner anteiligen H a f t u n g entspricht. Dies rechtfertigt es, dem V R , dessen Vertrag deutschem R e c h t unterliegt und der vorgeleistet hat, einen nach § 8 6 Abs. 1 übergegangenen, entsprechend der Q u o t e anteiligen Anspruch des V N gegen den „ a u s l ä n d i s c h e n " V R zuzugestehen.259
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Soweit demnach dem V R , dessen Vertrag deutschem Recht unterliegt und der vorgeleistet hat, ein nach § 8 6 Abs. 1 übergegangener Anspruch zusteht, darf allerdings nicht übersehen werden, dass dessen Durchsetzung praktische Schwierigkeiten entgegenstehen k ö n n e n . Die prozessuale Durchsetzung solcher Ansprüche wird in der Regel a m Sitz des beklagten V R erforderlich sein. D a s lex fori mag für die kollisionsrechtliche Beurteilung eines solchen Anspruchs nicht auf das deutsche, sondern auf das jeweilige ausländische R e c h t verweisen, dass sich wiederum gegen die nach deutschem R e c h t zu befürwortenden Ansprüche aus übergegangenem R e c h t entscheiden m a g . 2 6 0 Innerhalb der E U dürfte sich allerdings aus Artikel 15 V O ( E G ) Nr. 5 9 3 / 2 0 0 8 ( R o m I) ergeben, dass sich bei Vorleistung des „ d e u t s c h e n " V R der Forderungsübergang nach deutschem R e c h t und damit § 8 6 Abs. 1 bestimmt.
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 38; Kohleick S. 114. Bruck/Möller/Aiö//er8 § 59 Anm. 38 Kohleick S. 114. Kohleick S. 115 m.w.N. (wobei sich diese Nachweise allerdings teilweise nicht auf Fälle des ausländischen Rechts, sondern auf
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die vertragliche Vereinbarung einer prorata-Haftung nach deutschem Recht beziehen, so etwa Bruck/MölIer/Mö//er 8 § 59 Anm. 48; Kisch Mehrfache Versicherung S. 220). 260 [)¡ e dauiit verbundenen Schwierigkeiten lässt Kohleick S. 113 ff. unerwähnt.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
IV. Betrügerische Mehrfachversicherung gemäß Absatz 3 Absatz 3 sieht parallel zu den Regelungen für die betrügerische Überversicherung g e m ä ß § 7 4 Abs. 2 2 6 1 und den betrügerischen Interessenmangel g e m ä ß § 8 0 Abs. 3 2 6 2
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eine Sonderregelung vor, wenn der V N die Mehrfachversicherung in der Absicht vereinbart, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen (so genannte betrügerische Mehrfachversicherung).
1. Tatbestand der betrügerischen Mehrfachversicherung a) Vorliegen der allgemeinen tatbestandlichen Voraussetzungen einer Mehrfachversicherung. Die betrügerische Mehrfachversicherung setzt voraus, dass alle allgemeinen tatbestandlichen Voraussetzungen der Mehrfachversicherung vorliegen (Rn. 15 bis 4 6 ) . Hieraus folgt insbesondere, dass auch im R a h m e n der Passivenversicherung eine betrügerische Mehrfachversicherung vorliegen k a n n . 2 6 3 Soweit hiergegen - ohne Begründung - Bedenken erhoben w e r d e n , 2 6 4 ist diesen nicht zu folgen. Zuzugestehen ist allerdings, dass bei einer Passivenversicherung, insbesondere der Haftpflichtversicherung, der N a c h w e i s der betrügerischen Absicht (dazu R n . 1 5 3 ) noch schwieriger als ohnehin zu führen sein wird.265
150
b) Relevanter Zeitpunkt. Aus dem Gesetzeswortlaut „ v e r e i n b a r t " ist unmittelbar abzuleiten, dass die für Absatz 3 relevante betrügerische Absicht schon bei Vertragsschluss vorhanden sein muss. Dies entsprach schon zu dem etwas anderen Gesetzeswortlaut von
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§ 5 9 Abs. 3 a.F. ( „ g e w o n n e n " ) allgemeiner M e i n u n g ; 2 6 6 mit der Neufassung war insoweit keine Änderung beabsichtigt (Rn. 3). W i e bei der betrügerischen Überversicher u n g 2 6 7 und dem betrügerischen I n t e r e s s e m a n g e l 2 6 8 ist hieraus nicht zu folgern, dass schon bei Abschluss des jeweiligen Versicherungsvertrages eine Mehrfachversicherung vorliegen m u s s . 2 6 9 Schon der Abschluss des ersten von mehreren, zur Mehrfachversicherung führenden Versicherungsverträgen kann aber Absatz 3 unterfallen, sofern bei diesem Vertragsabschluss die Absicht vorhanden war, noch (mindestens) einen weiteren Versicherungsvertrag abzuschließen, um sich durch die Mehrfachversicherung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Bestand die betrügerische Absicht dagegen erst bei Abschluss eines oder mehrerer späterer Versicherungsverträge, sind nur der oder die weiteren Versicherungsverträge von Absatz 3 betroffen, während die zuvor abgeschlossenen Versicherungsverträge unberücksichtigt bleiben und für diese Versicherungsleistungen verlangt werden k ö n n e n . 2 7 0 Lag die betrügerische Absicht schon bei Abschluss des ersten Versicherungsvertrages vor, liegt eine betrügerische Mehrfachver-
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bmádMoWer/Scbnepp % 74 Rn. 68 ff. KmckJUöWer/Schnepp § 80 Rn. 84 ff. OLG Nürnberg 10.1.1980 VersR 1981 745, 746; Bruck/Möller/Möller* § 5 9 Anm. 41. Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 44; Ehrenzweig S. 260 (wonach eine Absicht der Überdeckung des Schadens bei der Passivenversicherung nicht möglich sein soll). Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 41. Bruclc/Möller/Mö//er8 $ 59 Anm. 43; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 45; Kisch Mehrfache Versicherung S. 114.
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Bruck/Möller/Scfcnepp S 74 Rn. 71. Bruck/Möller/Scfcwepp § 80 Rn. 85. Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 45; Bruck/Möller/Mö//er 8 S 59 Anm. 42; H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 20. Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 45; Bruck/Möller/MöHer 8 S 59 Anm. 42; Römer/Langheid § 59 Rn. 15; H K - W G / Brambach § 78 Rn. 20.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Sicherung in diesem Vertrag allerdings erst vor, wenn es auch tatsächlich zum Abschluss (mindestens) eines weiteren Vertrages mit einer hierdurch entstehenden Mehrfachversicherung kommt. 2 7 1 Hier besteht ein wesentlicher Unterschied zur betrügerischen Überversicherung, die auch schon dann vorliegt, wenn die Überversicherung nur beabsichtigt war, tatbestandlich aber noch nicht eingetreten ist. 2 7 2 152
Besteht eine mehrfache Versicherung, die erst dadurch zur Mehrfachversicherung wird, dass im Wege der Vertragsänderung insbesondere die Versicherungssumme einer der Versicherungen in betrügerischer Absicht erhöht wird, so ist nicht nur der von der Erhöhung betroffene Teil der Versicherung nach Absatz 3 zu beurteilen, sondern ab der Erhöhung der Versicherungsvertrag insgesamt. 2 7 3
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c) Absicht. Absatz 3 erfordert „Absicht", also einen qualifizierten Vorsatz. Die Gesetzesformulierung von Absatz 3 entspricht insoweit dem der betrügerischen Überversicherung und des betrügerischen Interessenmangels. Auf die Ausführungen hierzu kann daher grundsätzlich verwiesen werden. 2 7 4 Erforderlich ist deshalb nicht nur das Wissen um die Mehrfachversicherung, sondern auch das Wollen, aus dieser einen bestimmten (beabsichtigten) Erfolg zu erzielen, nämlich die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils. Hieraus folgt, dass bei einer unwissentlichen Mehrfachversicherung (insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Versicherung für fremde Rechnung durch einen Dritten), diese Absicht nicht vorliegt. Aber auch bei bewusstem Abschluss einer Mehrfachversicherung muss die erforderliche Absicht nicht zwingend vorliegen, etwa bei Abschluss mehrerer Verträge mit unterschiedlichen Deckungen zu einzelnen Positionen. 2 7 5
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d) Rechtswidriger Vermögensvorteil. Die relevante Absicht muss darauf gerichtet sein, gerade durch die Mehrfachversicherung „einen rechtswidrigen Vermögensvorteil" zu erlangen. 2 7 6 Soweit zum alten Recht verkürzt darauf hingewiesen wurde, damit sei eine Entschädigung gemeint, die in einem Versicherungsfall gegen das versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot verstößt, 2 7 7 kann hieran nach Aufgabe des Bereicherungsverbots 2 7 8 nicht festgehalten werden; insoweit gelten auch hier die Überlegungen zu dem rechtswidrigen Vermögensvorteil bei der betrügerischen Überversicherung und dem betrügerischen Interessenmangel entsprechend. 2 7 9 Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die Absicht darauf gerichtet ist, eine Entschädigung zu erhalten, die dem bei Vorliegen einer Mehrfachversicherung zu erlangenden Betrag gemäß Absatz 1 übersteigt.
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 9 Anm. 42; Kisch Mehrfache Versicherung S. 115; unklar Berliner Kommentar /Schauer § 5 9 Rn. 45. Bruck/Möller/ScAmipp § 74 Rn. 77; unscharf daher Prölss/Martin/Ko//fcosser § 5 9 Rn. 21. Bruck/Möller/Möller 8 $ 5 9 Anm. 42. Bruck/MöWcr/Schnepp § 74 Rn. 73 und § 80 Rn. 86. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 9 Anm. 43; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 43; unklar Vollmer VersR 1987, 735 (wonach
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eine „absichtlich" abgeschlossene Doppelversicherung Absatz 3 verwirklicht). Bruck/Möller/Aiö/Zer 8 § 5 9 Anm. 43; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 44; Kisch Mehrfache Versicherung S. 111. Bruck/Möller/Mö/Zer 8 § 5 9 Anm. 43. Grundlegend BGH 17.12.1997 B G H Z 137 318, 326; siehe dazu m.w.N. Bruck/Möller/ Baumann § 1 Rn. 87 ff.; Bruck/Möller/ Schnepp § 74 Rn. 74 Fn. 111. BnickJMöWer/Schnepp Rn. 87.
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§ 74 Rn. 74 und § 8 0
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
e) Relevante Personen. N a c h dem Gesetzeswortlaut von Absatz 3 k o m m t es nur darauf an, dass „der V N . . . s i c h " einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen will.
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Absatz 3 ist jedoch - erneut wie bei der betrügerischen Überversicherung und dem betrügerischen I n t e r e s s e n m a n g e l 2 8 0 - bei Beteiligung Dritter auf V N S e i t e entsprechend anwendbar. So muss sich der gutgläubige V N eine Absicht seines Vertreters (§ 1 6 6 B G B ) oder eines Repräsentanten zurechnen l a s s e n . 2 8 1 Bei der Versicherung für fremde R e c h nung reicht es aus, dass der V N nicht „ s i c h " , sondern dem Versicherten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen w i l l . 2 8 2 Ferner ist Absatz 3 entsprechend anzuwenden, wenn die betrügerische Absicht in der Person des Versicherten vorhanden ist, der sich eines gutgläubigen V N b e d i e n t . 2 8 3 W i r d ein Vertrag durch mehrere V N abgeschlossen, reicht die betrügerische Absicht eines V N aus, es sei denn, dass die M e h r f a c h v e r sicherung nur hinsichtlich jenes einen V N vorliegt, z.B. nicht aber für den Miteigentumsanteil anderer V N . 2 8 4
2 . Rechtsfolgen der betrügerischen Mehrfachversicherung a) Allgemein: Nichtigkeit. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der betrügerischen Mehrfachversicherung vor, ist - wie das Gesetz ausdrücklich anordnet - jeder in dieser Absicht geschlossene Vertrag nichtig. D a b e i ist die Nichtigkeit für jeden in M e h r fachversicherung stehenden Versicherungsvertrag gesondert zu prüfen. Die Nichtigkeit kann schon den zuerst abgeschlossenen Versicherungsvertrag treffen (ab dem Zeitpunkt, in dem dann auch eine Mehrfachversicherung vorliegt, dann aber rückwirkend, R n . 158) sowie daneben oder ausschließlich auch erst später abgeschlossene Versicherungsverträge (Rn. 1 5 1 ) .
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Nichtig ist jeder betroffene Versicherungsvertrag insgesamt, auch wenn es sich nur um eine zur Mehrfachversicherung führende Überschneidung in Teilbereichen handelt oder sich die betrügerische Absicht nur auf einen Teil des Versicherungsvertrages (z.B. einzelne Positionen) bezieht; Teilnichtigkeit nach § 1 3 9 B G B k o m m t nicht in Betracht, da es dem V R nicht zuzumuten ist, das Versicherungsverhältnis f o r t z u s e t z e n . 2 8 5 Entsprechendes gilt, wenn in einem einheitlichen Versicherungsvertrag mehrere Versicherungen verbunden sind. Bestehen dagegen für den V N beim gleichen V R noch andere, völlig selbständige Verträge, so wird deren Gültigkeit durch die betrügerische M e h r f a c h v e r sicherung nicht b e r ü h r t . 2 8 6 J e d o c h k a n n der V R u.U. die von der betrügerischen M e h r -
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Bruck/Möller/Scfcrcepp § 74 Rn. 75 und § 80 Rn. 88. Bruck/Möller/Mö//er 8 S 59 Anm. 43; ebenso wohl Prölss/Martin/iCoZ/fcosser § 59 Rn. 21 i.V.m. § 51 Rn. 15; Kohleick S. 185 (die allerdings nicht § 166 Abs. 1 BGB, sondern § 19 a.F. = S 2 0 anführen will); Hinz S. 70 (ebenso). Prö\ss/ManirJKollhosser ξ 59 Rn. 21 i.V.m. § 51 Rn. 17; Bruck/Möller/Mo/Zer8 § 59 Anm. 43 i.V.m. § 51 Anm. 47; Kisch Mehrfache Versicherung S. 112; Hinz S. 65; Kohleick S. 183. Berliner Kommentar/Sctaer § 59 Rn. 45; Kisch Mehrfache Versicherung S. 114; Hinz
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S. 74; Kohleick S. 186; Hofmann PVR § 15 Rn. 25; unklar, aber wohl a.A. - im Gegensatz zur Rechtslage bei der betrügerischen Überversicherung - Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 43. Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 59 Anm. 43; Kisch Mehrfache Versicherung; vgl. zur parallelen Diskussion bei der betrügerischen Uberversicherung Bruck/Möller/ Schnepp S 74 Rn. 76. Allg. M.: Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 46; Bruck/Möller/Möller 8 § 59 Rn. 44; Kohleick S. 187. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 44.
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§ 78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
fachversicherung nicht betroffenen Versicherungsverträge wegen Irrtums über die Person des V N anfechten (§ 119 Abs. 2 Satz 2 B G B ) . 2 8 7 Tritt Nichtigkeit ein, ist jeder davon betroffene Versicherungsvertrag von Anfang an
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unwirksam. W i r d ein erster Versicherungsvertrag in betrügerischer Absicht abgeschlossen, und tritt ein Versicherungsfall ein, bevor überhaupt ein zweiter Versicherungsvertrag besteht oder tatbestandlich eine Mehrfachversicherung vorliegt, ist der erste Versicherungsvertrag zwar bis zum Eintritt der Mehrfachversicherung und damit bei Eintritt des Versicherungsfalls wirksam (Rn. 151). Die mit Vorliegen der Mehrfachversicherung eintretende Nichtigkeit wirkt jedoch auf das Z u s t a n d e k o m m e n des Versicherungsvertrages zurück, der Versicherungsvertrag wird also rückwirkend unwirksam. Die einmal bestehende Nichtigkeit wird nicht durch den späteren Fortfall der Mehrfachversicherung oder durch die gleichzeitige Nichtigkeit eines weiteren Vertrages beseitigt. 2 8 8 159
Die Rechtsfolgen der Nichtigkeit k ö n n e n auch „gutgläubige" Dritte treffen, z.B. bei einer Versicherung für fremde R e c h n u n g den gutgläubigen Versicherten oder bei Veräußerung der versicherten Sachen und Übergang des Versicherungsvertrages (§ 9 5 ) den Erwerber. K e n n t allerdings der V R die Nichtigkeit und m a c h t er den E r w e r b e r auf diese nicht a u f m e r k s a m , so kann dem V R die Berufung auf die Nichtigkeit nach Treu und Glauben versagt sein bzw., je nach Fallkonstellation, k a n n es vertragliche oder gar deliktische Schadensersatzpflichten des V R g e b e n . 2 8 9
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Die Nichtigkeit eines Versicherungsvertrages kann gegenüber Realgläubigern im R a h men von § § 1 4 3 Abs. 4 , 1 4 8 sowie ähnlicher gesetzlicher Vorschriften ( § § 3 4 Abs. 4 SchiffrechtsG, § 3 4 Abs. 4 Gesetz über R e c h t e an Luftfahrtzeugen) und möglicher gleichlautender vertraglicher Abreden nicht geltend g e m a c h t w e r d e n . 2 9 0 Im R a h m e n der H a f t pflichtversicherung wird der geschädigte Dritte bei einer Pflichtversicherung und insbesondere der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung während der M o n a t s f r i s t g e m ä ß § 117 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 3 Nr. 5 Satz 1 P f l V G geschützt. 2 9 1
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Die Nichtigkeit des Versicherungsvertrages hat im Verhältnis des V R zu dem V N zur Folge, dass etwa geleistete Entschädigungen zurückgefordert werden k ö n n e n (§ 812 Abs. 1 Satz 1 B G B ) . Dies gilt aufgrund der Nichtigkeitsfolge auch dann, wenn sich die betrügerische Absicht in den betroffenen Versicherungsfällen nicht verwirklicht hat. D e r V N k a n n sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 B G B ) berufen, sondern haftet vielmehr verschärft (§ 819 Abs. 1 B G B ) . 2 9 2
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Im Verhältnis der V R untereinander ist zu differenzieren. Grundsätzlich gilt, dass der V R , dessen Vertrag unwirksam ist, nach Absatz 2 Satz 1 erbrachte Ausgleichsleistungen zurückfordern kann (§ 812 Abs. 1 Satz 1 B G B ) . 2 9 3 Dies gilt auch, wenn der Versicherungsvertrag des V R , der die Ausgleichszahlung erhalten hat, ebenfalls nach Absatz 3 nichtig ist. Grundsätzlich hat sich also jeder V R selbst mit seinem V N hinsichtlich der Rückforderung der von ihm erbrachten Versicherungsleistung auseinanderzusetzen. Sind allerdings alle Verträge g e m ä ß Absatz 3 nichtig und kann die Entschädigung von dem V N nicht zurück erlangt werden, so ist wertungsmäßig Absatz 2 Satz 1 entsprechen
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Bruck PVR S. 522 i.V.m. S. 534; Hinz S. 77. Bruck/Möller /Möller8 § 59 Anm. 44. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 44 i.V.m. § 51 Anm. 48; Bruck PVR S. 552 i.V.m. S. 534; Hinz S. 80 (zum Parallelfall der betrügerischen Überversicherung). Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 44 i.V.m. § 51 Anm. 48.
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Bruck/Möller/Mö//er 8 »osser § 59 Rn. 22; Berliner Kommentar/Schauer ξ 59 Rn. 47.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
e r k e n n b a r n o c h auf dem inzwischen von der Rechtsprechung richtigerweise aufgegebenen B e r e i c h e r u n g s v e r b o t . 3 0 0 D a es kein allgemeines und zwingendes Bereicherungsverbot gibt, gibt es jedoch keine Veranlassung, gerade im R a h m e n der Mehrfachversicherung hieran n o c h festzuhalten; grundsätzlich sind deshalb Vereinbarungen möglich, nach denen der V N auch im Falle der Mehrfachversicherung mehr als nur den Schaden ersetzt erhält. 3 0 1 O b Voraussetzung für die W i r k s a m k e i t einer entsprechenden Vereinbarung ist, dass die Parteien von der Entstehung einer „Überversicherung" wussten und diese wollt e n , 3 0 2 erscheint zweifelhaft; zumindest bei Vereinbarung einer entsprechenden Regelung als A G B ist dieses abzulehnen, da diese nach zutreffender ständiger Rechtsprechung aus Sicht des durchschnittlichen V N , unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles auszulegen s i n d . 3 0 3 2.
Subsidiaritätsabreden
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a) Allgemeines. Subsidiaritätsabreden k o m m e n in vielfältigen Erscheinungsformen vor. Sie ändern die an sich bei Mehrfachversicherung bestehende gesamtschuldnerische Haftung g e m ä ß Absatz 1 grundsätzlich in zulässiger Art und Weise (siehe aber zu A G B P r o b l e m a t i k R n . 1 7 6 und 1 7 9 f.) zu Lasten des V N mit der Rechtsfolge ab, dass nur der oder die anderen V R haften (nachfolgend: „ P r i m ä r V R " ) , nicht aber der V R , zu dessen Gunsten die Subsidiarität vereinbart wird (nachfolgend: „ S u b s i d i ä r V R " ) . Hiervon ging schon der historische Gesetzgeber a u s . 3 0 4 Für die Vereinbarung der Subsidiarität kann es ganz unterschiedliche M o t i v e g e b e n . 3 0 5 Im Vordergrund steht aber die Vermeidung einer M e h r f a c h v e r s i c h e r u n g . 3 0 6 M o t i v k a n n insbesondere auch die Schließung möglicher Deckungslücken sein, sei es dauerhafter Art, sei es im Hinblick auf einen demnächst wegfallenden Versicherungsvertrag. 3 0 7 Prämienrelevante Auswirkungen sind durch die Vereinbarung einer Subsidiarität möglich, insbesondere in Fällen der so genannten uneingeschränkten Subsidiaritätsabreden ( R n . 1 7 8 ) , liegen in der Regel jedoch nicht v o r . 3 0 8
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Subsidiaritätsabreden betreffen Fälle, in denen tatsächlich mehrere Versicherungsverträge zusammentreffen. Hiervon sind Abreden abzugrenzen, die nicht die Subsidiarität gegenüber einem tatsächlich bestehenden weiteren Versicherungsvertrag betreffen, sondern nach denen der Versicherungsschutz bereits dann schon entfallen soll, wenn nur die M ö g l i c h k e i t oder die Ü b u n g besteht, ein Interesse oder ein R i s i k o anderweitig zu vers i c h e r n . 3 0 9 E b e n s o liegt keine Subsidiarität zwischen mehreren Versicherungsverträgen
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Grundlegend BGH 17.12.1997 BGHZ 137 318, 326; siehe dazu m.w.N. Bruck/Möller/ Baumann § 1 Rn. 87 ff.; Bruck/Möller/ Schnepp % 74 Rn. 74 Fn. 111. Römer/Langheid § 59 Rn. 17; H K - W G / Brambach § 78 Rn. 22. H K - W G / B r a m b a c h § 78 Rn. 22. St. Rspr., etwa BGH 23.6.1993 BGHZ 123 83, 85; Übersichten m.w.N.: Bruck/Möller/ Beckmann Einf. C Rn. 166 ff.; Prölss/ Martin/Prö/ss Vorbem. III Rn. 2 ff.; Römer/Langheid vor § 1 Rn. 16. Motive S. 131. Übersicht bei Armbrust S. 10 ff. Fenyves S. 3.; Kohleick S. 144 ff. überschreibt den gesamten Abschnitt, an dem
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u.a. auch Subsidiaritätsabreden behandelt werden, zutreffend mit „Regelungen zur Vermeidung der Doppel Versicherung". Berliner Kommentar/Schauer $ 59 Rn. 49. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 53; Martin SVR Rn. V I 22; Winter VersR 1991 527, 528 und 530. Bruck/Möller/Möller* § 59 Anm. 51; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 51 (wonach eine Subsidiarität in „einer weiteren Weise" bestehen soll); Armbrust S. 6 (der solche Vereinbarung zutreffend als „unechte" Subsidiaritätsabreden bezeichnet); so etwa Nr. 5.4.3 SVS/RVS (wobei diese Bedingung allerdings so gut wie nicht mehr eingesetzt werden).
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
im Falle von Vereinbarungen vor, die die Ersatzpflicht des VR hinter der eines Schädigers oder aus anderen Gründen Zahlungspflichtigen zurücktreten lassen. 310 Von Subsidiaritätsabreden sind außerdem gesetzliche Regelungen zur Subsidiarität abzugrenzen, so etwa § 117 Abs. 3 Satz 2 (entspricht § 158c Abs. 4 a. F.) für den Fall, dass der Dritte Ersatz eines Schadens von einem anderen SchadensVR oder einem Sozialversicherungsträger erlangen kann. Zweck dieser Regelung ist - anders als regelmäßig bei Subsidiaritätsabreden - nicht die Verhinderung einer Mehrfachversicherung, sondern die Privilegierung des VR, der gegenüber seinem VN leistungsfrei ist, gegenüber anderen VR. 311
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b) Selbständige und unselbständige Subsidiaritätsabreden. Rechtsdogmatisch lassen sich selbständige und unselbständige Subsidiaritätsabreden unterscheiden. 312
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Unter unselbständigen Subsidiaritätsabreden (auch „unechte" oder Subsidiaritätsabreden i.w.S. genannt 313 ) sind Abreden zu verstehen, in denen die Haftung aus dem „subsidiären" Versicherungsvertrag nicht generell, sondern nur mit konkretem Bezug auf einen bereits bestehenden, d.h. bei Abschluss des subsidiären Vertrages bekannten weiteren Versicherungsvertrag vereinbart wird. Zu nennen sind hier insbesondere Fälle, in denen der subsidiäre Versicherungsvertrag auf einen bereits bestehenden Versicherungsvertrag konkret Bezug nimmt und nur eine Art Ausfall- oder Ergänzungsversicherung abgeschlossen werden soll. Hierunter fällt etwa der Fall, dass der subsidiäre Versicherungsvertrag ausschließlich für den Fall abgeschlossen wird, dass ein anderer, konkret bezeichneter Vertrag rechtlich unwirksam ist; es liegt in diesem Fall keine Mehrfachversicherung vor. 314 Eine weiterer Fall einer unselbständigen Subsidiarität liegt vor, wenn der SubsidiärVR nur für den Fall der Insolvenz des PrimärVR haften soll; der subsidiäre Versicherungsvertrag wird also der unter aufschiebenden Bedingung der Insolvenz des PrimärVR abgeschlossen. Es besteht wohl Einigkeit, dass bei Bedingungseintritt § 78 nicht anwendbar ist, wobei die dogmatische Begründung variiert. 315 Richtigerweise ist davon auszugehen, dass in diesen Fällen schon der Tatbestand der mehrfachen Versicherung nicht vorliegt, weil es an dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal des Nebeneinanders der Deckungen fehlt. 316 Weitere Fälle sind die von so genannten Schutzversicherungen in Ergänzung zu im Ausland bestehenden lokalen Versicherungen, 317 Summenund Konditionsdifferenzversicherungen im Rahmen internationaler Versicherungsprogramme 3 1 8 sowie Excedentenversicherungen (teilweise auch Ergänzungsversicherungen oder Layer-Deckungen genannt), bei denen die Haftung des SubsidiärVR bzw. Exceden-
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Berliner Kommentar/Scfcaaer § 5 9 Rn. 51 (wonach - auch hier - Subsidiarität in „einer weiteren Weise" vorliegen soll); Armbrust S. 4 f.; so etwa z.B. Abschnitt „A" § 2 Nr. 4 Abs. 11) AMB 2 0 0 8 und Abschnitt „A" § 2 Nr. 4 Abs. Ii); ABE 2 0 0 8 (mit einer Vorleistungspflicht des VR, falls der Dritte die Eintrittspflicht bestreitet). LG Freiburg 2.12.1980 VersR 1981 1047, 1048; Beckmann/Matusche-Beckmann/Armbriister § 6 Rn. 87; Fenyves S. 3. Unterscheidung im Anschluss an: Armbrust S. 12 und 28; Kohleick S. 148 ff. Kohleick S. 148; Winter VersR 1991 527, 5 2 7 f.
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RG 1.10.1930 RGZ 130 47, 5 0 f.; Armbrust S. 13; Kohleick S. 148. Übersichten bei Armbrust S. 13 ff.; Kohleick S. 148 ff. Dazu KruddMöttetlSchnepp § 7 7 Rn. 5 3 ff.; wie hier Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 21. Armbrust S. 26 ff.; Kohleick S. 153 f. Kohleick S. 154 f.; die Problematik, ob und in welchem Umfang derartige internationale Programme zivil- und aufsichtsrechtlich überhaupt zulässig sind, soll an dieser Stelle nicht vertieft werden.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
tenVR erst eingreift, wenn die Versicherungssumme des primären Versicherungsvertrages („1. Layer") erschöpft ist. Versicherungstechnisch wird dies dadurch erreicht, indem für den Excedentenvertrag ein entsprechender Selbstbehalt vereinbart wird. In der Praxis wird auch oft formuliert, die Haftung für die Excedentenversicherung bestehe „im Anschluss" an die Versicherungssumme des Erstvertrages. Möglich und im Industriegeschäft üblich sind mehrere Layer-Deckungen übereinander, wobei die einzelnen Layer auch von jeweils unterschiedlichen VR im Wege der Mitversicherung versichert sein können. 319 Teilweise werden auch die Zessionsklauseln als eine Form der unselbständigen Subsidiaritätsabreden aufgefasst, 3 2 0 dazu Rn. 187. 172
Den vorstehend erörterten unselbständigen Subsidiaritätsabreden stehen die selbständigen Subsidiaritätsabreden (auch als „echte" bzw. Subsidiaritätsabreden i.e.S. bezeichnet 321 ) gegenüber, bei denen die Haftungsfreistellung des VR bei dem Bestehen eines anderen Versicherungsvertrages unabhängig davon vereinbart wird, ob bereits ein weiterer Versicherungsvertrag besteht oder bekannt ist. Soweit in Rechtsprechung und Literatur von Subsidiaritätsabreden die Rede ist, sind in der Regel diese selbständigen Abreden gemeint, auf die sich die weiteren Ausführungen konzentrieren.
173
c) Differenzierung nach Auswirkungen; Terminologie. Die Ausprägungen der selbständigen Subsidiaritätsabreden in der Praxis variieren, teilweise sind sie auch unklar und bedürfen der Auslegung. 322 Von ihren Auswirkungen her lassen sich Abreden mit eingeschränkter Subsidiaritätswirkung (so genannte eingeschränkte oder einfache Subsidiaritätsabreden, Rn. 174 bis 177) und solche mit uneingeschränkter Subsidiaritätswirkung (so genannte uneingeschränkte oder qualifizierte Subsidiaritätsabreden, Rn. 178 bis 181) unterscheiden. Die Bezeichnungen „eingeschränkt" und „uneingeschränkt" bringen klarer die unterschiedliche, nachfolgend dargestellte Wirkung zum Ausdruck; dieses Begriffspaar wird deshalb verwandt. 3 2 3 Gegenüber dem von Teilen der Literatur verwandten Begriffspaar „einfache" und „qualifizierte" Subsidiaritätsabreden 324 besteht allerdings nur ein terminologischer, kein inhaltlicher Unterschied. 325
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d) Eingeschränkte Subsidiaritätsabreden. Eine eingeschränkte Subsidiaritätsabrede liegt vor, wenn der SubisidärVR nur dann nicht eintrittspflichtig ist, wenn ein Anspruch gegen den PrimärVR besteht. 326 Besteht ein Anspruch gegen die PrimärVR, ist ein Anspruch gegen den SubsidiärVR also ausgeschlossen. Ob der PrimärVR eintrittspflichtig ist, beurteilt sich allein nach den für den primären Vertrag bestehenden Vereinbarungen, wobei es (vorbehaltlich abweichender Formulierung in der Subsidiaritätsabrede) auf
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Armbrust S. 18; Kohleick S. 154. Armbrust S. 19; Kohleick S. 150. Zur Terminologie Armbrust S. 12 und 28; Kohleick S. 148 f. Ausführlich, allerdings zu inzwischen in der Regel nicht mehr verwandten Klauseln Martin VersR 1973 691, 691 ff.; Vogel ZVersWiss 1973 563, 564 ff.; zu den verschiedenen Arten auch Segger VersR 2006 38, 41. Wie hier BGH 21.4.2004 VersR 2004 994, 995; Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 50; Winter VersR 1991 527, 528.
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Prölss/MartinIKollhosser § 59 Rn. 23 ff.; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 50 ff.; HK-WG/Brambach § 77 Rn. 21 ff.; Beckmann/Matusche-BeckmannMrmbr«sfer 2 $ 6 Rn. 80. So auch im Ergebnis BGH 21.4.2004 VersR 2004 994, 995; einschränkend OOGH 1.9.1999 VersR 2001 129, 132 („weitgehend identische Bedeutung"). Prölss/Martin/Ko/M>osser § 59 Rn. 23; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 50; HK-WG/Brambach § 77 Rn. 21; Winter VersR 1991 527, 528.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
die Rechtslage zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls ankommt. Haftet der PrimärVR aus bis zum Eintritt des Versicherungsfalls vorliegenden Gründen nicht, also z.B. w e g e n Obliegenheitsverletzung oder Prämienzahlungsverzug, besteht ein Anspruch gegen den SubsidiärVR. Die Verletzung von Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls oder die Eintrittspflicht des PrimärVR einschränkende nachträgliche Vereinbarungen, etwa Abfindungsvergleiche, führen dagegen nicht zu Eintrittspflicht des SubsidiärVR. 3 2 7 Eine in der Praxis übliche Formulierung lautet etwa: „Entschädigung wird nur geleistet, soweit der Gast Entschädigung nicht aus einem anderen Versicherungsvertrag beanspruchen kann." 3 2 8 Eingeschränkte Subsidiaritätsabreden sehen in der Regel eine vorläufige Vorleistungspflicht des SubsidiärVR unter Vorbehalt der Rückforderung und Verzinsung vor, sofern die Eintrittspflicht des PrimärVR ohne Verschulden des V N bzw. des Versicherten noch nicht geklärt werden k o n n t e . 3 2 9 Bis zur Deregulierung 1 9 9 4 forderte das damalige BAV zwingend diese Vorleistungspflicht vor Genehmigung von eingeschränkten Subsidiaritätsabreden im Rahmen von AVB entweder in den AVB selbst oder in Form von geschäftsplanmäßigen Erklärungen. 3 3 0
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Werden eingeschränkte Subsidiaritätsabreden, wie in der Regel, durch AGB bzw. AVB vereinbart, halten dieser einer Inhaltskontrolle nach § 3 0 7 BGB stand; die Klauseln führen insbesondere nicht zu einer Gefährdung des Vertragszwecks im Sinne von § 3 0 7 Abs. 2 Nr. 2 BGB. 3 3 1 Bedenken könnten insbesondere daraus resultieren, dass sich die Klärung der Eintrittspflicht des PrimärVR hinzieht und deshalb der SubsidiärVR mit Hinweis auf die noch ausstehende Klärung (ebenfalls) die Regulierung verweigert. 3 3 2 Entsprechenden Bedenken lässt sich durch die Rn. 175 angesprochene zusätzliche Vereinbarung einer vorläufigen Vorleistungspflicht des SubsidiärVR begegnen. 3 3 3 Bei atypischer Klauselgestaltung bedarf es der Prüfung im Einzelfall.
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Liegt eine eingeschränkte Subsidiaritätsabrede vor, ist nicht nur Absatz 1 abbedungen, sondern § 78 insgesamt, also auch die Regelung von Absatz 2 Satz 1 für den Innen-
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Ö O G H 25.4.1990 VersR 1991 486, 487 (obiter); Prölss/Martin/iCo///rosser § 59 Rn. 23; Berliner Kommentar /Schauer § 59 Rn. 50; HK-WG/Brambach § 77 Rn. 22; Martin SVR Rn. V I 19; Beckmann/Matusche-heckmann/Armbrüster2 § 6 Rn. 84; etwas abweichend Armbrust S. 38 ff., 50 (wonach nur vorsätzliche, nicht aber fahrlässige Obliegenheitsverletzungen nach Eintritt des Versicherungsfalls schädlich sein sollen, für diese Einschränkung gibt es jedoch spätestens im Lichte der Neugestaltung durch § 28 keine Rechtfertigung mehr). So SK 1210 Nr. 4 zu AFB 2008 für die Versicherung des Eigentums von Gästen in Beherbergungsbetrieben. Die zuletzt zum alten W G üblichen AVB zu Einzelgefahrenversicherungen sahen entsprechende Klauseln hinsichtlich der Versicherung von Gebrauchsgegenständen der Betriebsan-
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gehörigen vor (so etwa 2 Nr. 7 Abs. 2 AFB 87/95; vgl. weitere Nachweise und Zitate Vrölss/Marim/Kollhosser § 59 Rn. 23), entsprechende Klauseln wurden jedoch nicht in die neuen AVB, vgl. etwa AFB 2008, übernommen. So SK 1210 Nr. 4 Abs. 2 zu AFB 2008; ähnlich frühere Klauseln, etwa § 2 Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 AFB 87/95. Armbrust S. 33; Kohleick S. 156 f. BGH 21.4.2004 VersR 2004 994, 995; Prölss/Martin/Ko/ftosser § 59 Rn. 23; Berliner Kommentar/Sentier § 59 Rn. 50; Kohleick S. 166 ff.; Armbrust S. 122 ff.; Winter VersR 1991 527, 529. Winter VersR 1991 527, 529. Im Fall BGH 21.4.2004 VersR 2004 994 war die Vorleistungspflicht vereinbart; ob die Subsidiaritätsabrede auch ohne diese Pflicht den Vertragszweck nicht gefährden würde, bleibt in der Entscheidung unklar.
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Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
a u s g l e i c h . 3 3 4 Leistet der P r i m ä r V R , k o m m t auch ein Forderungsübergang nach § 8 6 Abs. 1 nicht in Betracht; denn gegen den S u b s i d i ä r V R besteht keine Forderung, die auf den P r i m ä r V R übergehen k ö n n t e . 3 3 5 Erbringt jedoch der S u b s i d i ä r V R die Versicherungsleistung - insbesondere irrtümlich - , o b w o h l er dazu wegen der Subsidiaritätsabrede nicht verpflichtet war, geht der Anspruch des V N gegen den P r i m ä r V R g e m ä ß § 8 6 Abs. 1 auf den S u b s i d i ä r V R über. Entgegen der Grundregel zur Mehrfachversicherung ( R n . 8 7 ) ist § 8 6 Abs. 1 einschlägig und der P r i m ä r V R Dritter im Sinne von § 8 6 Abs. 1, weil § 7 8 durch die Subsidiaritätsabrede abbedungen wird. So wird erreicht, dass im Endergebnis der allein eintrittspflichtige V R den Schaden d e c k t . 3 3 6 D e r in Anspruch g e n o m m e n e P r i m ä r V R kann sich gegenüber der I n a n s p r u c h n a h m e durch den S u b s i d i ä r V R aus übergegangenem R e c h t nicht auf ein von ihm mit dem V N vereinbartes Abtretungsverbot berufen.337 178
e) Uneingeschränkte Subsidiaritätsabreden. Bei einer uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede k o m m t es nur darauf an, o b ein anderer Versicherungsvertrag besteht. Besteht ein solcher Versicherungsvertrag, ist der S u b s i d i ä r V R nicht eintrittspflichtig, unabhängig davon, o b der P r i m ä r V R im konkreten Versicherungsfall zur Leistung verpflichtet i s t . 3 3 8 Dabei kann sich eine solche uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede umfassend auf den Deckungsschutz des subsidiären Versicherungsvertrags b e z i e h e n , 3 3 9 bezieht sich aber im Regelfall nur ausschnittsweise auf die Versicherung desselben Interesses (und damit im R a h m e n der Sachversicherung derselben S a c h e n ) 3 4 0 oder derselben G e f a h r 3 4 1 durch einen anderen Versicherungsvertrag. O b eine uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede (oder etwa nur eine eingeschränkte Subsidiaritätsabrede) vorliegt und wie weit diese reicht, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. I m Zweifel sind Subsidiaritätsabreden aber eng und damit als nur eingeschränkte Subsidiaritätsabreden zu v e r s t e h e n . 3 4 2
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BGH 23.11.1988 VersR 1989 250, 251; OLG Köln 21.10.2008 VersR 2 0 0 9 535; Prölss/Martin/iCo/M>osser § 5 9 Rn. 23; Beckmann/Matusche-BeckmannMrra£>r«s£er2 § 6 Rn. 83. BGH 23.11.1988 VersR 1989 250, 251; Bruck/Möller/S/eg8 § 67 Anm. 35; Prölss/ Manin/Kollhosser § 5 9 Rn. 23; Beckmann/ Matusche-BeckmannMrrafcrwsier2 § 6 Rn. 81. BGH 23.11.1988 VersR 1989 250, 251; BGH 26.3.1997 VersR 1997 1088, 1090; OLG Düsseldorf 25.9.2001 RuS 2 0 0 2 297, 298; OLG Köln 21.10.2008 VersR 2 0 0 9 539, 540; Prölss/MartinIKollhosser § 59 Rn. 23; HK-VWG/Brambach § 77 Rn. 23, Beckmann/Matusche-BeckmannM rmbrüster2 § 6 Rn. 81. BGH 21.4.2004 VersR 2 0 0 4 994, 995 f.; bestätigt durch BGH 27.10.2004 VersR 2 0 0 5 809; OLG Düsseldorf 25.9.2001 RuS 2 0 0 2 297, 298. ÖOGH 1.9.1999 VersR 2001 129, 132; Berliner Kommentar/Schauer § 5 9 Rn. 51; Prölss/MartinIKollhosser § 59 Rn. 24;
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H K - W G / B r a m b a c h % 77 Rn. 24; Winter VersR 1991 527, 528. So Ziffer 6.10 DTV-VHV laufende Versicherung 2003/2008 für durch eine andere Verkehrshaftungsversicherung des VN versicherte Schäden. So Abschnitt A § 6 Nr. 4f) VHB 2008 (QM)/(VS) für Sachen im Privatbesitz, die durch einen gesonderten Versicherungsvertrag versichert sind. So Nr. 5.1 SVS/RVS für durch eine Gütertransport-, Wareninhalts- oder Ausstellungsversicherung gedeckte Gefahren, wobei die SVS/RVS allerdings so gut wie nicht mehr eingesetzt werden. ÖOGH 1.9.1999 VersR 2001 129, 131; Bruck/Möller/Mö//er8 § 59 Anm. 53; Beckmann/Matusche-BeckmannMrwbrHster2 § 6 Rn. 82; Kohleick S. 164; Armbrust S. 91 ff. (wonach aber - in der absoluten Form zweifelhaft - bei ausdrücklich vorgenommener Prämienminderung im Hinblick auf eine andere Versicherung zwingend von uneingeschränkter Subsidiarität auszugehen sein soll).
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
AGB-rechtlich sind uneingeschränkte Subsidiaritätsabreden - anders als eingeschränkte Subsidiaritätsabreden ( R n . 1 7 6 ) - nicht unproblematisch, weil sie dazu führen
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k ö n n e n , dass der V N weder von dem S u b s i d i ä r V R (aufgrund der bestehenden Abrede) noch von dem P r i m ä r V R (etwa wegen Prämienverzug oder Obliegenheitsverletzung) eine Versicherungsleistung erhält. Es wird deshalb teilweise vertreten, damit liege eine ganz erhebliche Abweichung von dem wesentlichen Grundgedanken des § 7 8 vor, der den Verlust des Versicherungsschutzes aus allen Versicherungsverträgen nur bei betrügerischer Mehrfachversicherung vorsehe; deshalb liege im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung des V N im Sinne von § 3 0 7 Abs. 1 Satz 1 B G B mit der Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer AGB-rechtlich vereinbarten uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede v o r . 3 4 3 Teilweise wird dem gefolgt, aber die Fälle a u s g e n o m m e n , in denen die uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede dem V N die k o n k r e t e M ö g l i c h k e i t gezielter Prämienersparnisse eröffnet und ihm gleichzeitig die damit verbundenen Nachteile transparent e r k e n n b a r s i n d . 3 4 4 Insbesondere die in Hausratversicherung übliche uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede, w o n a c h Sachen im Privatbesitz nicht versichert sind, die durch einen gesonderten Versicherungsvertrag versichert s i n d , 3 4 5 soll demnach unwirksam sein.346 Stellungnahme: Eine derart weitgreifende Unwirksamkeit durch A G B vereinbarter uneingeschränkter Subsidiaritätsabreden ist jedoch abzulehnen. Diese Ansicht berücksichtigt nicht, dass wertungsmäßig eine uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede immer n o c h eine weniger einschneidende M a ß n a h m e ist, als das entsprechende Interesse oder die entsprechende Gefahr gänzlich aus dem Versicherungsschutz auszuschließen. I m m e r dann, wenn ein solcher Ausschluss grundsätzlich zulässig ist, ist demnach auch eine uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede grundsätzlich z u l ä s s i g . 3 4 7 In Betracht k o m m t die Unwirksamkeit einer uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede in diesen Fällen daher allenfalls unter den Gesichtpunkten einer überraschenden Klausel (§ 3 0 5 c Abs. 1 B G B ) oder einem Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 3 0 7 Abs. 1 Satz 2 B G B ) . 3 4 8 Gerade für den diskutierten Fall der uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede für anderweitig versicherte Sachen im Privatbesitz bei der Hauratversicherung liegt jedoch weder eine überraschende noch eine intransparente Regelung v o r . 3 4 9 Allerdings kann sich - gerade im diskutierten Fall der Hausratversicherung - auf der Grundlage der Beratungspflicht des V R und des Vermittlers nach §§ 6 , 61 ein Schadenersatzanspruch gegen den V R oder Vermittler ergeben, wenn etwa bei Abschluss des subsidiären Versicherungsvertrags das Bestehen vorrangiger Versicherungsverträge (insbesondere aufgrund entsprechender Antragsfragen) b e k a n n t ist, bei Ermittlung des für den subsidiären Versicherungsvertrag (z.B. H a u s r a t -
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Winter VersR 1991 527, 529 f.; Präve VW 2 0 0 9 98, 102; Armbrust S. 139 f. Kohleick S. 169 f. So die früheren VHB beschränkt in der Regel auf Schmucksachen und Pelze, etwa SS 1 Abs. 2 Nr. 4e) VHB 8 4 , 1 Nr. 4e) VHB 92, 1 Nr. 6e) VHB 2000/2004; ebenso heute, allerdings umfassend für Sachen im Privatbesitz, die durch einen gesonderten Versicherungsvertrag versichert sind, S 6 Nr. 4f) VHB 2008 (QM)/(VS). Winter VersR 1991 525, 530; Armbrust S. 142 ff., 145; wohl auch Kohleick S. 169 f. i.V.m. 163 f.
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Prölss/Martin/Prö/ss Vorbem. I Rn. 77. Prölss/Martin/Prö/ss Vorbem. I Rn. 77. So wohl im Ergebnis auch Prölss/Martin/ Knappmann S 1 VHB 84; Martin SVR Rn. H IV 48 ff. (der allerdings offenbar von einem Vollausschluss, nicht von einer Subsidiaritätsabrede ausgeht); H K - W G / H a l b a c h Abschnitt A S 6 VHB 2008 (QM) Rn. 22; jeweils wird auf die NichtVersicherung im Rahmen der subsidiären Hausratversicherung hingewiesen, ohne AGB-rechtliche Bedenken anzusprechen.
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§ 78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Versicherung) maßgeblichen Deckungsumfangs diese vorrangigen Versicherungsverträge aber nicht berücksichtigt werden. K o m m t es so zu unnötig h o h e m D e c k u n g s u m f a n g , etwa die Vereinbarung einer zu h o h e n Versicherungssumme mit damit verbundener Prämienvergeudung, k a n n sich ein Anspruch auf anteilige Prämienerstattung ergeben; ein Anspruch auf Ersatzleistung - wie etwa bei bestehender Unterversicherung Beratungsverschuldens 3 5 0 - ist hieraus allerdings in der Regel nicht zu folgern. 181
aufgrund
Liegt eine uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede vor, ist - wie bei der eingeschränkten Subsidiaritätsabrede - nicht nur Absatz 1 abbedungen, sondern § 7 8 insgesamt, also auch die Regelung von Absatz 2 Satz 1 für den Innenausgleich. 3 5 1 Leistet der P r i m ä r V R , k o m m t auch ein Forderungsübergang nach § 8 6 Abs. 1 nicht in Betracht. Leistet dagegen der S u b s i d i ä r V R , geht der Anspruch des V N gegen den P r i m ä r V R auf den S u b s i d i ä r V R g e m ä ß § 8 6 Abs. 1 über. Auf die entsprechenden Ausführungen zur eingeschränkten Subsidiaritätsabrede ist zu verweisen ( R n . 1 7 7 ) . 3 5 2
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f) Zusammentreffen mehrerer Subsidiaritätsabreden (Kollisionsfälle). Treffen mehrere Subsidiaritätsabreden z u s a m m e n , richtet sich deren R a n g f o l g e vorrangig nach entsprechenden Bestimmungen in den Versicherungsverträgen, die jedoch in der Regel fehlen; in diesen Fällen bedarf es der ergänzenden Vertragsauslegung. 3 5 3 Auch wenn sich demnach für alle Fälle zwingend zutreffende Aussagen verbieten und ggf. auch zwischen durch Individualabrede und A G B getroffene Subsidiaritätsabreden zu unterscheiden i s t , 3 5 4 so kann doch entsprechend der der Literatur geführten Diskussion wie folgt unterschieden werden:
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Treffen eine eingeschränkte und eine uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede zusammen, so hat die uneingeschränkte Abrede Vorrang, so dass ausschließlich der V R zur Leistung verpflichtet ist, dessen Vertrag die eingeschränkte Subsidiaritätsabrede enthält; auf die zeitliche Reihenfolge des Abschlusses der Versicherungsverträge k o m m t es nicht a n . 3 5 5 Diese Auslegung rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass der eine eingeschränkte Subsidiaritätsabrede vereinbarende V R nur für den Fall von der Eintrittspflicht befreit sein will, wenn ein anderer V R bei Eintritt des Versicherungsfalls leitungspflichtig ist. Dies ist jedoch gegenüber einem V R , der eine uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede vereinbart hat, nicht der Fall.
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Treffen zwei eingeschränkte Subsidiaritätsabreden zusammen, so heben sich diese Abreden gegenseitig mit der Rechtsfolge auf, so dass es zur Anwendung der Regeln der
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BruckJMöikr/Schnepp § 75 Rn. 92 ff. BGH 23.11.1988 VersR 1989 250, 251 (wo nicht zwischen den Fällen einer eingeschränkten und uneingeschränkten Subsidiarität differenziert wird). Soweit die zu Rn. 177 zitierten Literaturmeinungen sich nur auf eingeschränkte Subsidiaritätsabreden beziehen, dürfte dies auf mangelnder Reflektion zur Rechtslage bei uneingeschränkten Abreden beruhen, nicht aber auf einer Ansicht, die der hier vertretenen entgegensteht. Prölss/Martin/Ko/ttosser § 59 Rn. 25;
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Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 52; H K - W G / B r a m b a c h $ 77 Rn. 25. So zutreffend Kohleick S. 176 für das Zusammentreffen von eingeschränkten Subsidiaritätsabreden. Wohl allg. M.: Pröks/Manin/Kollhosser § 59 Rn. 26; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 52; H K - W G / B r a m b a c h § 77 Rn. 25; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Armbrüster2 § 6 Rn. 88; Kohleick S. 171; Armbrust 168 f.; zurückhaltend aber zustimmend Bruck/Möller/Mö//er 8 S 59 Anm. 58.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
Mehrfachversicherung gemäß Absatz 1 und 2 kommen kann. 3 5 6 Soweit demnach von Mindermeinungen befürwortet wird, es hafte nur der VR des zeitlich älteren Vertrages 357 oder es bestehe eine anteilige Haftung der VR, 3 5 8 so ist dem entgegenzuhalten, dass beide Ergebnisse nicht dem (im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung hypothetischen) Parteiwillen entsprechen. Der Wille des VN wird ohnehin in der Regel dahin gehen, die für ihn bestmögliche Regelung zu erreichen; dies ist aber die gesamtschuldnerische Haftung nach Absatz l. 3 5 9 Aber auch der (im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung hypothetische) Wille des VR wird regelmäßig dahin auszulegen sein, dass sich die von ihm vereinbarte eingeschränkte Subsidiaritätsabrede bei Zusammentreffen einer gleichrangigen Klausel gegenseitig aufhebt. Mit Vereinbarung einer eingeschränkten Subsidiaritätsabrede hat der VR zum Ausdruck gebracht, dass er zwar die Regeln der Mehrfachversicherung vermeiden will, grundsätzlich aber eintrittspflichtig sein will, wenn der VN ansonsten ohne Versicherungsschutz dasteht. Für den Fall des Aufeinandertreffens gleichrangiger eingeschränkter Subsidiaritätsabreden folgt hieraus für den hypothetischen Willen des VR, dass er in diesen Fällen gleichrangig mit dem andern VR haften möchte, nicht aber abhängig von der Zufälligkeit eines früher oder später abgeschlossenen Versicherungsvertrages und auch nicht, im Hinblick auf den erwünschten Schutz des VN, nur anteilig. 360 Treffen zwei uneingeschränkte Subsidiaritätsabreden zusammen, vertritt die herrsehende Ansicht die Meinung, keiner der VR sei eintrittspflichtig, wobei teilweise einschränkend darauf hingewiesen wird, dass durch AGB vereinbarte uneingeschränkte Subsidiaritätsabreden AGB-rechtlichen Bedenken begegnen (dazu Rn. 179 f.). 361 Eine Mindermeinung argumentiert dagegen, es hafte in diesen Fällen der VR des älteren Vertrages. 362 Dem ist entgegenzuhalten, dass eine ergänzende Vertragsauslegung, die auf die zeitliche Abfolge abstellt, zu von den VR im Regelfall nicht gewollten Zufälligkeiten führt; etwas anderes mag in den Fällen gelten, in denen der VR des Versicherungsvertrages, der später abgeschlossen wird, von der bestehenden uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede weiß und gleichwohl für den eigenen Vertrag ebenfalls auf einer uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede besteht. Bedenken gegen die (inzwischen) herrschende Ansicht wurden auch von der Vorauflage geltend gemacht, die darauf hinwies, dass die Leistungsfreiheit (in der Regel) beider VR den VN hart treffe; immerhin hätten die VR keine strikten Ausschlussklauseln, sondern nur Subsidiarität vereinbart, weshalb sich solche Subsidiaritätsklauseln gegenseitig aufheben würden und es zur gesamtschuldnerischen Haftung nach Absatz 1 komme. 3 6 3 An dieser Ansicht wird jedoch nicht mehr festgehalten und damit der herrschenden Meinung gefolgt. Es ist zwar zutreffend, dass deren
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LG Hamburg 11.1.1978 VersR 1978 933; h.M. in der Literatur: Bruck/Möller/ßecimann Einf. C Rn. 171; Prö/ss/Martin/Ko//hosser § 5 9 Rn. 28; Berliner Kommentar/ Schauer § 5 9 Rn. 52; Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 9 Anm. 54; H K - W G ¡ B r a m b a c h § 77 Rn. 27; Beckmann/Matusche-Beckmann/ Armbrüster2 S 6 Rn. 88. Martin VersR 1973 691, 6 9 6 ff.; Vollmar VersR 1987 735, 738. Kohleick S. 178 f.; Vogel ZVersWiss 1973 563, 5 7 7 ff.; Blanck VersR 1973 705, 705 f. Bruck/Möller/Möller* § 5 9 Anm. 54. Ausführlich und überzeugend Armbrust
S. 176 ff.; vgl. auch Winter VersR 1991 527, 531 (der im Rahmen von durch AGB vereinbarte Subsidiaritätsabreden ergänzend auf die Unklarheitenregel (§ 305c BGB) verweist). 361
Prölss/Martin/Ko/teosser § 59 Rn. 28 (AGBrechtliche Bedenken betonend); Berliner Kommentar/Schauer S 59 Rn. 52; H K - W G / Brambach § 7 7 Rn. 26; Beckmann/Beckmann-Matusche/Armbräsie?· 2 § 6 Rn. 88; Armbrust S. 174 f.; Kohleick S. 171 f.
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Vollmar VersR 1987 735, 739. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 5 9 Anm. 54.
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§78
Rechtswirkung hart sein k a n n und uneingeschränkte Subsidiaritätsklauseln ein M i n u s gegenüber strikten Ausschlussklauseln darstellen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die AGB-rechtliche Zulässigkeit von uneingeschränkten Subsidiaritätsklauseln richtigerweise mit der Frage korrespondiert, o b eine entsprechende Ausschlussklausel wirksam wäre ( R n . 1 8 0 ) . Dies rechtfertigt es wertungsmäßig, diese in ihren W i r k u n g e n gleich zu behandeln. Im Übrigen kann im Wege der, auch ergänzenden, Vertragsauslegung
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selbst aus Sicht des V N nicht etwas anderes gefolgert werden. In den betroffenen Versicherungsverträgen ist jeweils der Leistungsausschluss bei dem Bestehen eines anderen Versicherungsvertrages geregelt. Bei einer individualvertraglich vereinbarten uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede wird der betroffene V N ohnehin nicht davon ausgehen, dass diese dann nicht gelten soll, wenn entsprechendes auch in einem anderen Versicherungsvertrag vereinbart w i r d . 3 6 4 Bei durch A V B vereinbarte uneingeschränkte Subsidiaritätsabreden (vorausgesetzt, sie sind w i r k s a m ) k a n n deren ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einem anderen Ergebnis f ü h r e n . 3 6 5 Treffen eine Subsidiaritätsabrede und eine gesetzliche Regelung zur Subsidiarität (Rn. 1 6 9 ) zusammen, ist die gesetzliche Regelung grundsätzlich vorrangig. Dies gilt insbesondere hinsichtlich § 113 Abs. 3 Satz 2 . 3 6 6
3. 187
Zessionsabreden
Bei Zessionsabreden verpflichtet sich der S u b s i d i ä r V R gegenüber dem V N zur Vorleistung (ähnlich den R n . 1 7 5 erörterten Klauseln), jedoch gegen die zugleich erfolgende Abtretung des Anspruchs gegen den P r i m ä r V R . 3 6 7 Solche Zessionsabreden werden teilweise im Z u s a m m e n h a n g mit eingeschränkten Subsidiaritätsabreden vereinbart. Teilweise werden sie jedoch auch nur isoliert, also o h n e ausdrückliche Subsidiaritätsabrede vereinbart. Diese Abreden sind dahin kritisiert w o r d e n , dass damit eine M e h r f a c h v e r sicherung nicht verhindert werde, was im Übrigen dazu führe, dass auch Bedenken im H i n b l i c k auf die Abbedingung des Ausgleichsanspruchs nach Absatz 2 Satz 1 bes t ü n d e n . 3 6 8 Dieser Kritik ist zuzugeben, dass isolierte Zessionsklauseln, die nicht gleichzeitig auch eine Subsidiaritätsabrede beinhalten, tatsächlich nichts an dem Vorliegen einer Mehrfachversicherung ändern würden. Allerdings werden Zessionsabreden in der Regel, also auch ohne ausdrückliche Subsidiaritätsabrede, so auszulegen sein, dass der betreffende V R nicht gleichrangig mit anderen V R haften m ö c h t e , sondern nur eine atypische Versicherungsleistung in D a r l e h e n s f o r m gewähren m ö c h t e , wobei dieses D a r lehen im Falle bestehender Eintrittspflicht eines anderen V R rückzahlbar i s t . 3 6 9 Eine so verstandene Zessionsabrede begegnet zum einen im Hinblick auf Absatz 1 keinen Bedenken, weil sie im Ergebnis als einfache Subsidiaritätsabrede zu verstehen ist; sie begegnet
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Armbrust S. 175; Kohleick S. 172. Armbrust S. 175; Kohleick S. 171. Beck/Matusche-Beckmann/Armfarasier2 ξ 6 Rn. 89; Schirmer VersR 1986 825, 832; ähnlich Prölss VersR 1977 637. YröhilUaninlKollhosser § 5 9 Rn. 29; Berliner Kommentar/Sc/xjwer § 5 9 Rn. 56 (der dies als Abbedingung von Absatz 2, nicht von Absatz 1 ansieht, was aber dogmatisch zweifelhaft ist, weil Absatz 2 bei einge-
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schränkten Subsidiaritätsabreden ohnehin nicht anwendbar ist, vgl. dazu Rn. 87). Martin SVR Rn. V I 25; so auch noch Prölss/Martin/Ko//fcosser26 § 59 Rn. 24; anders Prö\ss/MartinJKollhosser § 59 Rn. 29 (wonach „hinreichend klar" vereinbarte Regelungen unbedenklich sind). Ähnlich Bruck/Möller/Mo/fer8 § 58 Anm. 21 sowie § 59 Anm. 51 und 53.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
aber auch im Hinblick auf Absatz 2 Satz 1 keinen Bedenken, weil diese Bestimmung bei bestehender Subsidiaritätsabrede nicht anwendbar ist (Rn. 177). 370 4. pro-rata-Regelungen Statt der gesetzlichen Regelung oder einer Subsidiaritätsabrede kann für den Fall der Mehrfachversicherung die pro-rata-Haftung vereinbart werden. 371 Das Ergebnis ähnelt der Eintrittspflicht der einzelnen VR bei der Mitversicherung. 372
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Treffen ein Versicherungsvertrag mit vereinbarter pro-rata-Haftung und ein Versieherungsvertrag zusammen, für den die gesetzliche Regelung nach Absatz 1 gilt, so haftet im Außenverhältnis der VR mit pro-rata-Haftung nur entsprechend der vereinbarten Begrenzung, der (oder die anderen) VR dagegen entsprechend der für den jeweiligen Versicherungsvertrag geltenden Bestimmungen im vollen Umfang. 3 7 3 Im Innenverhältnis unter den VR kann der pro-rata haftende VR nach Absatz 2 Satz 1 zum Ausgleich herangezogen werden, wobei für den pro-rata-VR dessen vertraglich vereinbarter Haftungsanteil anzusetzen ist. Soweit in der Vorauflage vertreten wurde, der pro-rata-haftende VR könne intern so zur Ausgleichung herangezogen werden, als wenn auch der im Außenverhältnis gesetzlich haftende VR nur ratierlich haften würde, 3 7 4 so dürfte dies nur dann gelten, wenn es dem pro-rata-VR erkennbar darum ging, eine seiner gesetzlichen Innenhaftung nach Absatz 2 Satz 1 entsprechende Außenhaftung mit seinem V N zu vereinbaren. Lässt sich dies nicht feststellen, ist für den Innenausgleich im Zweifel nur der sich im Außenverhältnis ergebende Haftungsanteil für den pro-rata-VR anzusetzen.
189
Treffen eine pro-rata-Abrede und eine Subsidiaritätsabrede zusammen, bedarf es wie auch sonst in Kollisionsfällen bei Subsidiaritätsabreden (Rn. 167 bis 186) - der ergänzenden Vertragsauslegung, soweit der Regelungsgehalt der betroffenen Abreden selbst keinen Aufschluss bietet. Vorbehaltlich der Besonderheiten des Einzelfalles dürfte zwischen dem Zusammentreffen mit einer eingeschränkten und einer uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede zu differenzieren sein. Bei einem Zusammentreffen mit einer eingeschränkten Subsidiaritätsabrede, bei der es nur auf die Eintrittspflicht eines anderen VR ankommt (Rn. 174), der SubsidiärVR also grundsätzlich eintrittspflichtig sein will, wenn der V N ohne Versicherungsschutz dasteht, dürfte die Auslegung zu dem Ergebnis führen, dass der SubsidiärVR für den pro-rata-Anteil eintrittspflichtig ist, der durch den die pro-rata-Haftung vereinbarenden VR nicht gedeckt ist. Schwieriger zu beurteilen ist, ob entsprechende Erwägungen auch gegenüber einer uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede gelten. Dagegen spricht, dass nach dem Wortlaut uneingeschränkter Subsidiaritätsabreden das Bestehen eines anderen Versicherungsvertrages zur Leistungsfreiheit des SubsidiärVR führen soll. Dafür spricht jedoch, dass bei einer pro-rata-Haftung eines VR quasi bewusst nur eine Teilversicherung besteht. Dies rechtfertigt es, auch bei uneingeschränkten Subsidiaritätsabreden eine auf dem verbleibenden Anteil bestehende Eintritts-
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So im Ergebnis wohl auch Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 56; Beckmann/ Beckmann-MatuscheMrmfcrHsier 2 § 6 Rn. 81; Prölss/Martin/JCo/ftosser § 59 Rn. 29 (allerdings beschränkt auf den Fall, dass die Regelung „hinreichend klar" ist, ohne auszusagen, was ansonsten gelten soll); wohl auch HK-WGI Brambach ξ 77 Rn. 21.
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Motive S. 131; BrucWMöller/Mö//er s § 59 Rn. 48; Römer/Langheid S 59 Rn. 16; Berliner Kommentar /Schauer § 59 Rn. 54; Kisch Mehrfache Versicherung S. 216 ff. Dazu Bruck/Möller/Schnepp Anh. § 216. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 48. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 48.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
pflicht des S u b s i d i ä r V R anzunehmen. Allerdings bedarf es einer sorgfältigen Auslegung des Einzelfalls; insbesondere ist die pro-rata-Haftung von einer bloßen ungewollten Unterversicherung abzugrenzen.
5. Vereinbarung von Gesamtentschädigungsgrenzen 191
Unter der Vereinbarung einer Gesamtentschädigungsgrenze (dazu bereits R n . 4 3 ) sind Regelungen zu verstehen, nach denen der V R bei Vorliegen einer Mehrfachversicherung nur in der Weise haftet, dass die Entschädigung aus allen Versicherungsverträgen insgesamt nicht höher ist, als wenn der G e s a m t b e t r a g der Versicherungssummen aller in Mehrfachversicherung stehender Versicherungsverträge im vorliegenden Vertrag in D e c k u n g gegeben worden wäre. Hinzuweisen ist etwa auf die in der Hausratversicherung üblichen Klauseln für Entschädigungsgrenzen hinsichtlich von Wertsachen und für die Außenversicherung sowie Klauseln mit generellen Beschränkungen bei den Einzelgefahrenversicherungen (Nachweise R n . 4 3 ) . Z w e c k dieser Regelungen ist, in den Versicherungsverträgen durch absolute Beträge vereinbarte und bei der Prämienkalkulation entsprechend berücksichtigte Entschädigungsgrenzen abzusichern. Derartige Gesamtentschädigungsgrenzen gelten regelmäßig nicht statt, sondern zusätzlich zu der Begrenzung durch Absatz 1. Im Ergebnis laufen Gesamtentschädigungsgrenzen auf den Ausschluss einer Addition betragsmäßiger Entschädigungsgrenzen h i n a u s . 3 7 5 Die Gesamtentschädigungsgrenze ist dabei aus einem fiktiven Versicherungsvertrag zu e r m i t t e l n . 3 7 6 Die Versicherungsleistung für die von der Gesamtentschädigung betroffenen Sachen (nicht aber die Gesamtentschädigung insgesamt, für die es bei Absatz 1 bleibt) wird dann der Gesamtentschädigungsgrenze e n t n o m m e n . Versichert etwa der V N seinen H a u s r a t in einem Versicherungswert von € 1 0 0 . 0 0 0 , von denen € 4 0 . 0 0 0 auf Wertsachen entfallen, in zwei identische Versicherungsverträge zu jeweils einer Versicherungssumme von € 1 0 0 . 0 0 0 , jedoch jeweils mit einer Entschädigungsgrenze für Wertsachen von € 2 0 . 0 0 0 unter gleichzeitiger Vereinbarung einer Gesamtentschädigungsgrenze auf diese € 2 0 . 0 0 0 , so kann er nicht etwa von dem V R A € 2 0 . 0 0 0 an Wertsachen und von dem V R Β weitere € 2 0 . 0 0 0 an Wertsachen verlangen, sondern erhält er nur insgesamt € 2 0 . 0 0 0 an Wertsachen, so dass bei einem unterstellten Totalschaden die verbleibenden € 2 0 . 0 0 0 an Wertsachen nicht zu entschädigen s i n d . 3 7 7 Werden in den Verträgen unterschiedliche Entschädigungsgrenzen vereinbart, ist für die Gesamtentschädigungsgrenze der höhere Betrag m a ß gebend.378
192
O h n e die Vereinbarung solcher Gesamtentschädigungsgrenzen wäre es einem V N möglich, statt eines Vertrages mit hoher, der Vollversicherung entsprechender Versicherungssumme mehrerer Verträge mit nur niedrigen Versicherungssummen abzuschließen, um dadurch ohne zusätzliche Prämie mehr Versicherungsschutz zu e r h a l t e n . 3 7 9 U m solche Gestaltungen zu verbinden, entspricht es dem berechtigten Interesse des V R , aber auch der Versichertengemeinschaft, Gesamtentschädigungsgrenzen zu vereinbaren. Diese sind
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377
So wohl auch Prölss/Martin/Knappmann § 20 VHB 84 Rn. 1. Berliner Kommentar/Schauer § 50 Rn. 23; Prölss/Martin/Knappmann § 20 VHB 84 Rn. 1; Martin SVR Rn. U I 38. Weitere Einzelheiten mit Unterschieden in
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Detailfragen: Martin SVR Rn. U I 45 ff.; Dietz HausratV § 20 Rn. 6 ff. Martin SVR Rn. U I 51; van Bühren/Höra S 3 Rn. 262; Dietz HausratV § 20 Rn. 6.3 f. Zu Prämiengesichtspunkten Martin SVR Rn. U I 15 und 22.
Winfried Schnepp
Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
daher AGB-rechtlich nicht zu beanstanden, sondern w i r k s a m . 3 8 0 Soweit bei Abschluss eines weiteren Versicherungsvertrages, insbesondere zur Schließung von Deckungslücken, dem V R oder Versicherungsvermittler die Existenz des bestehenden Versicherungsvertrages b e k a n n t ist, wird m a n allerdings von besonderen Beratungs- und Hinweispflichten ausgehen müssen (§ 6 , 61 ) . 3 8 1 Soweit Gesamtsentschädigungsgrenzen greifen, erfolgt der interne Ausgleich zwischen den V R nach Absatz 2 Satz 1, w o b e i es nur ein dogmatischer Unterschied ist, o b dies aus direkter Anwendung von Absatz 2 Satz l 3 8 2 oder analoger A n w e n d u n g 3 8 3 abgeleitet wird.
6 . Obligatorischer Selbstbehalt Als eine besondere F o r m der Abbedingung von Absatz 1 k a n n auch die Vereinbarung eines obligatorischen Selbstbehalts verstanden werden. Hierunter sind Selbstbehalte zu verstehen, nach denen der V N einen gewissen absoluten oder prozentualen Teil des Schadens selbst tragen muss und diesen nicht durch einen zweiten Versicherungsvertrag versichern d a r f . 3 8 4 Sind solche obligatorischen Selbstbeteiligungen vereinbart, wird Absatz 1 insofern abgeändert, als nicht der Gesamtschaden des V N die Obergrenze für die gesamtschuldnerische H a f t u n g der M e h r f a c h V R ist, sondern der Gesamtschaden abzüglich der H ö h e des vereinbarten S e l b s t b e h a l t s . 3 8 5 W i e w e i t die Rechtsfolgen eines obligatorischen Selbstbehaltes reichen, hängt letztlich von dem Inhalt der Vereinbarung a b . 3 8 6 Besteht dieses Verbot faktisch nur in einer Anrechnungsregel, so wirkt sich der obligatorische Selbstbehalt nur dann im vollem U m f a n g aus, wenn in den im Mehrfachversicherung stehenden Verträgen eine gleichlautende Anrechnungsregel erfolgt. Sind dagegen unterschiedliche Selbstbehalte vereinbart bzw. für einen oder mehrere Verträge überhaupt kein Selbstbehalt, ist für den nach Absatz 1 erstattungsfähigen Gesamtschaden entsprechend der allgemeinen Regelung zu Absatz 1 ( R n . 2 5 f.) der höchste sich nach einem Versicherungsvertrag ergebende Betrag m a ß g e b l i c h . 3 8 7
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II. Abdingbarkeit von Absatz 2 W i e sich aus dem Umkehrschluss zu § 8 7 ergibt, der von § 7 8 nur dessen Absatz 3 erwähnt, ist Absatz 2 grundsätzlich a b d i n g b a r . 3 8 8 Dabei ist zu differenzieren.
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BGH 6.12.1995 VersR 1996 332, 333; BGH 6.12.1995 VersR 1996 323 (nur Leitsatz); Bruck/Mòller/Becèman« Einf. C Rn. 253; Berliner Kommentar¡Schauer § 50 Rn. 23; Römer/Langheid § 59 Rn. 16. Martin SVR Rn. U I 56; so wohl auch Pröhs/ManMKnappmann S 2 0 VHB 84 Rn. 1; a.A. - jedenfalls nach neuem Recht abzulehnen - OLG Karlsruhe 20.10.1994 RuS 1999 117, 119. Berliner Kommentar¡Schauer § 50 Rn. 23; Dietz HausratV § 2 0 Rn. 4. Prölss/Martin/fCnappman« § 2 0 VHB 84 Rn. 1; van Bühren/Höra § 3 Rn. 262. Dazu Bruck/MöWeT/Schnepp § 75 Rn. 74 f. Kohleick S. 74; so ausdrücklich bei §§ 9,
Nr. 2 AFB 87/84, 8 Nr. 2 AERB 87/94 / AWB 87/AStB 87; vgl. dazu Prölss/Martin/ Kollhosser § 9 AFB 87 Rn. 2; Martin SVR Rn. Τ II 16; die Nachfolge-AVB von 2008 enthalten eine solche Regelung nicht mehr, hier dürfte aber die Vereinbarung einer Gesamtentschädigungsgrenze bei gleichzeitiger Vereinbarung eines obligatorischen Selbstbehalts zu einer entsprechenden Rechtsfolge führen. 386 387 388
bruck/Möller/Schnepp § 75 Rn. 73 f. Kohleick S. 74. Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 55; Prölss/Martin/Kollhosser § 59 Rn. 22; HK-WC/Brambach § 78 Rn. 22.
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§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
1. Vereinbarungen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer 195
D u r c h Vereinbarung zwischen V N und V R k a n n der Ausgleichsanspruch eines anderen V R gegen diesen V R nicht ausgeschlossen werden; dies wäre ein unzulässiger Vertrag zu Lasten D r i t t e r . 3 8 9 M ö g l i c h sind aber Vereinbarungen zwischen V N und V R , keinen Ausgleich bei einem anderen V R zu nehmen. Eine unechte Abbedingung von Absatz 2 liegt bei Zessionsabreden vor, dazu R n . 187.
2 . Vereinbarungen zwischen Versicherern 196
Vereinbarungen zwischen den betroffenen V R sind in vielfältiger Weise möglich. Sie k ö n n e n insbesondere vorsehen, dass ein V R primär und der andere nur subsidiär haftet. D e n k b a r sind auch Regelungen mit schema tischer (etwa bei zwei V R immer hälftigen) Teilung. Abgesehen von Abreden im Einzelfall sind vor allem A b k o m m e n und Empfehlungen des GDV und seiner Vorgängerverbände von R e l e v a n z . 3 9 0 Derartige Vereinbarungen regeln nur die Beziehung der V R untereinander und haben in der Regel keinen unmittelbaren Einfluss auf Ansprüche der V N . 3 9 1 In B e t r a c h t k o m m e n ohnehin nur Regelungen, die für den V N neutral sind oder ihn begünstigen, benachteiligende Regelungen wären unzulässige Verträge zu Lasten Dritter.
ΙΠ. A b d i n g b a r k e i t v o n A b s a t z 3 197
Von Absatz 3 k a n n nicht zum Nachteil des V N abgewichen werden (§ 8 7 ) . Für § 5 9 Abs. 3 a.F. sah das alte R e c h t eine solche ausdrückliche Anordnung nicht vor (§ 6 8 a a.F. erwähnte § 5 9 Abs. 3 a.F. nicht), dennoch w a r es zum alten R e c h t allgemeine M e i n u n g , dass diese Regelung zwingendes R e c h t w a r . 3 9 2 H i e r v o n ist - ungeachtet der Regelung in § 8 7 - auch für das neue R e c h t auszugehen, d.h. die Nichtigkeitsfolge des Absatzes 3 ist zwingend. 3 9 3
198
D e r Gesetzgeber des neuen W G hielt die ausdrückliche A u f n a h m e von Absatz 3 in § 8 7 im Hinblick a u f die in H a l b s a t z 2 enthaltene Regelung für erforderlich, also die Begrenzung des R e c h t s des V R , die Prämie nur bis zu dem Z e i t p u n k t behalten zu dürfen, zu dem er von den der Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis e r l a n g t . 3 9 4 Unter Berücksichtigung der zwingenden Nichtigkeit des von der betrügerischen M e h r f a c h v e r sicherung betroffenen Versicherungsvertrages bedeutet dies, dass die gesetzliche Regelung insofern abdingbar ist, als der V R auf einen Teil der Prämie verzichten kann, die ihm nach der gesetzlichen Regelung zusteht, auch wenn solche Gestaltungen in der Praxis w o h l unwahrscheinlich sein dürften.
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Motive S. 131; Prölss/Martin/Ko/Wrosser § 59 Rn. 22; Berliner Kommentar/Sc/wwer S 59 Rn. 55; Römer/Langheid S 59 Rn. 17. Îiô\ss/UsiTtinJKollhosser § 59 Rn. 30; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 55; (veraltetes) Muster etwa bei Bruck/Möller/ Möller^ § 59 Anm. 37; Kohleick S. 255 ff.; zum Teilungsabkommen zwischen GebäudeVR und HaftpflichtVR vgl. auch Rn. 137.
176
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Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 55. Bruck/Möller/Mö//er 8 § 59 Anm. 46; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 57; Römer/Langheid § 59 Rn. 17. Entsprechend der Überlegungen zur Überversicherung, Bruck/Möller/Scfcnepp § 74 Rn. 85. Begr. zu § 87 BTDrucks. 16/3945 S. 82.
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
D. Beweislast I. Vorliegen der Voraussetzungen von Absatz 1 Macht ein VR gegenüber seinem VN geltend, er sei ganz oder teilweise nach Absatz 1 nicht eintrittspflichtig, so muss dieser VR nicht nur Bestehen und Umfang der Mehrfachversicherung beweisen, sondern auch, dass und in welchem Umfang andere VR Versicherungsleistungen erbracht haben. 3 9 5 Eine Darlegungspflicht des V N über von anderen VR erhaltenen Versicherungsleistungen aus prozessualen Erwägungen dürfte nicht bestehen. 3 9 6 Allerdings trifft nicht nur einen VN, sondern auch jeden Dritten, der die Versicherungsleistung geltend macht, die Auskunftspflicht des § 31 (siehe zum Parallelfall bei Subsidiaritätsabreden Rn. 202), 3 9 7 was im Ergebnis auf das Gleiche hinauslaufen dürfte.
199
II. Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 Satz 1 Der VR, der einen Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 Satz 1 geltend macht, muss Bestehen und Umfang der Mehrfachversicherung (und zwar zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls, Rn. 89) sowie die Erbringung der eigenen Zahlung beweisen. 398 Bestreitet der beklagte VR, im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls leistungspflichtig gewesen zu sein, verteilt sich die Beweislast so, als ob der VN unmittelbar den beklagten VR in Anspruch nehmen würde; der den Ausgleich einklagende VR steht also von der Darlegungs- und Beweislast so dar, wie der VN des beklagten VR stünde. 3 9 9 Dies gilt etwa für den Nachweis, ob dem beklagten VR das Bestehen einer mehrfachen Versicherung schuldhaft nicht angezeigt wurde, 4 0 0 oder für die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf Obliegenheitsverletzungen oder das Herbeiführen des Versicherungsfalles. 401 Ist allerdings der beklagte VR erst nach Eintritt des Versicherungsfalls leistungsfrei geworden, ändert dies an seiner Ausgleichspflicht richtigerweise nichts (umstritten); wollte man anderer Ansicht sein, müsste der beklagte VR seine Leistungsfreiheit nach den allgemeinen Grundsätzen darlegen und beweisen, als ob er von seinem VN in Anspruch genommen würde. Im Ergebnis gilt also auch für den Fall, dass sich die Darlegungs- und
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Baumgärtel/Prö/ss § 59 Rn. 1; Prölss/Martin/Kollhosser § 59 Rn. 31; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 58. So aber Prölss/Martin/Ko/Z/wsser § 59 Rn. 31. Rruck/MöWer/Brömmelmeyer $ 31 Rn. 30. Baumgärtel/Prö/ss § 59 Rn. 2; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 59; Prölss/ Maitin/Kollhosser § 59 Rn.31; Martin SVR Rn. V III 11 (allerdings fälschlich auf den Zeitpunkt der Zahlung des klagenden VR abstellend); Hansen Beweislast S. 94 (ebenfalls fälschlich auf den Zeitpunkt der Zahlung abstellend).
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BGH 5.3.1986 VersR 1986 380, 381; Baumgärtel/Prölss § 59 Rn. 3; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 59; Kömer/Langheid § 59 Rn. 12; Martin SVR Rn. V III 11; Hansen Beweislast S. 94. So im Fall BGH 5.3.1986 VersR 1986 380, 381 (wonach dem klagenden VR die Beweislast für das mangelnde Verschulden des VN bei unstreitig unterbliebener Anzeige trifft); ebenso zutreffend Berliner Kommentar/ Schauer § 59 Rn. 59; Martin SVR Rn. V I I I 1 1 . Baumgärtel/Prö/ss S 59 Rn. 3; Martin SVR Rn. V III 11.
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200
§78
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Beweislast zwischen klagendem V R und beklagten V R so darstellt, als ob der beklagte V R von seinem V N in Anspruch genommen würde. 4 0 2
III. Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer analog Absatz 2 Satz 1 201
Problematisch ist die Beweislastverteilung bei dem Ausgleichsanspruch entsprechend Absatz 2 Satz 1, wenn der GebäudeVR den HaftpflichtVR des Gebäudenutzers in Anspruch nimmt (Rn. 123 bis 136). Grundsätzlich gilt hier der allgemeine Grundsatz zu Absatz 2 Satz 1, dass der klagende GebäudeVR für das Vorliegen der Voraussetzungen seines Anspruchs darlegungs- und beweispflichtig ist. Im Rahmen der analogen Anwendung von Absatz 2 Satz 1 muss der GebäudeVR also insbesondere die Voraussetzungen für die analoge Anwendung (Bestehen und Deckungsumfang des Gebäudeversicherungsund des Haftpflichtversicherungsvertrages) sowie die eigene Zahlung beweisen. Zweifelhaft ist dann jedoch, wer die Darlegungs- und Beweislast für das Verschulden des Gebäudenutzers trägt, insbesondere im Hinblick auf die von der mietrechtlichen Rechtsprechung entwickelte Beweislastverteilung nach Verantwortungsbereichen zwischen Vermieter und Mieter (so genannte „Sphärentheorie"). 4 0 3 Für eine Übertragung dieser Grundsätze auf den Ausgleich zwischen GebäudeVR und HaftpflichtVR könnte anzuführen sein, dass der GebäudeVR an die Stelle seines V N und der HaftpflichtVR an die Stelle wiederum seines V N treten und bei einem unmittelbaren Anspruch zwischen dem Eigentümer und Mieter diese Grundsätze gelten. 4 0 4 Richtigerweise ist die Anwendung dieser Grundsätze auf den VR-Ausgleich analog Absatz 2 Satz 1 jedoch abzulehnen, 4 0 5 da mietrechtliche Rechtsprechung auf die besonderen Interessenverteilung zwischen Vermieter und Mieter abstellt. Diese auf die beteiligten V R zu übertragen, besteht keine Notwendigkeit. Der GebäudeVR muss deshalb sämtliche Anspruchsvoraussetzungen, d.h. auch die Schadensursache sowie ein relevant schuldhaftes Verhalten des V N beweisen, wobei dies leicht fahrlässiges Verhalten des Gebäudenutzers betrifft, für dem neuen Recht unterliegende Fälle aber auch grobe Fahrlässigkeit, soweit diese entsprechend § 81 nicht zum vollständigen Wegfall des Versicherungsschutzes führen würde (dazu R n . 129).
IV. Subsidiaritätsabreden 202
Beruft sich ein V R auf das Zustandekommen und das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer mit ihm vereinbarten Subsidiaritätsabrede, so muss er das Vorliegen dieser Voraussetzungen beweisen. 406 Dagegen muss etwa der V N nicht beweisen, dass
402
Baumgärtel/Prö/ss § 5 9 Rn. 4 (wobei wie hier vertreten wird, dass es grundsätzlich nur auf die Leistungsfreiheit im Zeitpunkt des Versicherungsfalls ankommt).
403
B G H 2 7 . 4 . 1 9 9 4 VersR 1 9 9 4 1351, 1 3 5 2 ; BGH 18.5.1994 B G H Z 126 124, 129; 13.2.2005 Z M R 2005 520, 522; 2 2 . 1 0 . 2 0 0 8 N J W 2 0 0 9 142.
404
O L G Hamburg 1 3 . 2 . 2 0 0 9 RuS 2 0 0 9 156 und 2 0 4 f.; Grommelt RuS 2 0 0 9 2 4 1 .
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405
O L G Köln 1 . 9 . 2 0 0 8 RuS 2 0 0 9 112 und 2 4 0 ; O L G München 1 8 . 2 . 2 0 0 9 VersR 2 0 0 9 1112, 1114.
406
Armbrust S. 6 4 f.; Beckmann/MatuscheBeckmann/Armfcrösfer 2 § 16 Rn. 9 0 ; wohl ebenso Berliner Kommentar/Schauer ξ 5 9 Rn. 61 (der allerdings nur auf das Vorhandensein einer Subsidiaritätsabrede, nicht aber das Vorliegen von deren Voraussetzungen abstellt).
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Haftung bei Mehrfachversicherung
§78
er oder der Versicherte keinen anderweitigen Versicherungsschutz genießt; 407 einer solchen Beweislastverteilung stünden die allgemeinen Grundsätze entgegen, wonach jede Prozesspartei die ihr günstigen Umstände beweisen muss. Dabei ist nicht zu verkennen, dass einem SubsidiärVR Umstände aus der Vertragsbeziehung zwischen dem PrimärVR und dessen VN oft nur unzureichend bekannt sein mögen. 4 0 8 Zur Minderung dieser Schwierigkeiten wird man wohl nicht eine prozessuale Darlegungslast des VN annehmen können. Wohl aber hat der SubsidiärVR gegenüber seinem VN und bei Inanspruchnahme durch Dritte gegenüber diesen den Auskunftsanspruch aus § 31, der den VN verpflichtet, über Bestehen und Deckungsumfang des primären Versicherungsvertrages - wie auch sonst zum Bestehen einer Mehrfachversicherung 409 Auskunft zu erteilen und dies im Umfang von § 31 Abs. 1 Satz 2 zu belegen. 410 Auf Grenzen stößt diese Auskunftspflicht allerdings dann, wenn der VN des subsidiären Versicherungsvertrages bei dem primären Versicherungsvertrag nicht selbst VN, sondern nur Versicherter ist. Hier wird man davon ausgehen müssen, dass den VN des subsidiären Versicherungsvertrages zwar die Pflicht trifft, von dem VN und dem V R des primären Versicherungsvertrages Auskünfte einzuholen, der VN des subsidiären Versicherungsvertrages aber nicht verpflichtet ist, diese ggf. durch Auskunftsklage zu erhalten, wenn keine Auskunft erteilt wird. 411 Macht der VN allerdings geltend, trotz Leistung des PrimärVR hafte der SubsidiärVR für einen durch den PrimärVR nicht gedeckten Teil des Schadens (etwa, aber nicht nur, bei pro-rata-Haftung des PrimärVR, vgl. Rn. 189 f.), so ist der VN hierfür darlegungs- und beweispflichtig. 412
V. Betrügerische Mehrfachversicherung nach Absatz 3 Beruft sich ein VR auf Nichtigkeit des Vertrages wegen betrügerischer MehrfachverSicherung gemäß Absatz 3 Halbs. 1, so muss er deren Voraussetzungen beweisen.413 Dies gilt insbesondere für das Vorliegen der unredlichen Absicht des V R im Sinne von Absatz 3 sowie ihr Vorliegen bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, wobei grundsätzlich auf die Beweislastverteilung im Falle der betrügerischen Überversicherung 414 verwiesen werden kann. 415 Diese Betrugsabsicht ist in der Regel schwer nachzuweisen; Indizien sind insbesondere die Verletzung der Mitteilungspflicht aus § 77 Abs. 1 sowie der Abschluss eines weiteren Versicherungsvertrages bei nachweislich positiver Kenntnis von Bestehen und Umfang vorhandenen Versicherungsschutzes ist. 416 407
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409 410
411 412
413
So aber offenbar Baumgärtel/Prö/ss § 59 Rn. 6 unter Hinweis auf eine frühere Ansicht des RAA (wobei Prölss selbst dies dahin abmindern will, dass den V R zumindest eine Substantiierungslast hinsichtlich des Bestehens eines anderen Versicherungsvertrages treffen soll). Hierzu ausführlich, auch zu Beweiserleichterungen Armbrust S. 63 ff. hruckJMöüeT/Brömmelmeyer § 31 Rn. 30. Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 61; Armbrust S. 68 ff. Armbrust S. 70. Beckmann/Matsuche-BeckmannMrrabrüster2 § 6 Rn. 90; Fenyves S. 9. Baumgärtel/Prö/ss § 59 Rn. 5; Prölss/Martin/Kollhosser S 59 Rn. 31.
414 415
416
bruddMöWer/Schnepp § 74 Rn 89. Baumgärtel/Prö/ss § 59 Rn. 5 i.V.m. § 51 Rn. 3; Berliner Kommentar/Schauer § 59 Rn. 60 i.V.m. § 51 Rn. 37. LG Bonn 13.12.1984 VersR 1996 865 (nur Leitsatz, bei bestehendem Krankenversicherungsschutz zu 80 % wurde kurz vor Behandlung zu weiteren 90 % bei einem anderen VR abgeschlossen, dieser Abschluss nicht dem ErstVR mitgeteilt und mit gefälschten Belegen abgerechnet); Berliner Kommtar/Schauer $ 59 Rn. 60; Römer/ Langheid § 59 Rn. 15; Bruck/Möller/ Möller8 § 59 Anm. 43.
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203
§ 79
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Fordert der V N die nach Absatz 3 Halbs. 2 nicht geschuldete Prämie zurück, muss er die Kenntnis des V R von der betrügerischen Mehrfachversicherung und den Zeitpunkt der Kenntniserlangung beweisen. 4 1 7 Dies gilt auch, wenn der V R noch rückständige Prämie fordert und der V N einwendet, diese nur noch teilweise zu schulden. 4 1 8
§79
B e s e i t i g u n g der M e h r f a c h v e r s i c h e r u n g (1) Hat der Versicherungsnehmer den Vertrag, durch den die Mehrfachversicherung entstanden ist, ohne Kenntnis von dem Entstehen der Mehrfachversicherung geschlossen, kann er verlangen, dass der später geschlossene Vertrag aufgehoben oder die Versicherungssumme unter verhältnismäßiger Minderung der Prämie auf den Teilbetrag herabgesetzt wird, der durch die frühere Versicherung nicht gedeckt ist. (2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn die Mehrfachversicherung dadurch entstanden ist, dass nach Abschluss der mehreren Versicherungsverträge der Versicherungswert gesunken ist. Sind in diesem Fall die mehreren Versicherungsverträge gleichzeitig oder im Einvernehmen der Versicherer geschlossen worden, kann der Versicherungsnehmer nur die verhältnismäßige Herabsetzung der Versicherungssummen und der Prämien verlangen.
Schrifttum Armbrust Subsidiaritätsabreden in Versicherungsverträgen, Diss. H a m b u r g 1991; Grassl-Palten Sacherwerb und Versicherungsschutz (1996); Kisch Die Mehrfache Versicherung desselben Interesses (1935; Zit. Kisch Mehrfache Versicherung); Kohleick Die Doppelversicherung im deutschen Versicherungsvertragsrecht (1999); Mathy Zur Problematik von Doppelversicherungen bei Kündigungsrücknahme eines Versicherungsvertrags, VersR 1984 1028; E. Prölss Fragen der Doppelversicherung, VW 1950 2 6 5 ; Schauer Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers aus Anlaß einer Verschmelzung? VersRdsch. 1993 2 0 9 ; Vollmar Beendigung von Doppelversicherungen, VersR 1987 735; Vogel Subsidiaritätsabreden und Doppelversicherung, ZVersWiss 1973 5 6 3 ; Wahle Anmerkung zum Urteil des Ö O G H vom 21.12.1960, VersR 1961, 4 7 6 , VersR 1961 478.
Übersicht Rn. A. I. Π. 10.
417
Einführung Entstehungsgeschichte Inhalt und Zweck der Regelung . . . . Anwendungsbereich 1. G r u n d s a t z a) Geltung in der Schadensversicherung - Abgrenzung von § 79 zu § 78 b) § 7 9 bei feststellbarem Versicherungswert
c) § 79 bei nicht feststellbarem Versicherungswert d) Versicherung auf Erstes Risiko . . e) Aktivenversicherung ohne Versicherungssumme 2. Negative Abgrenzung des Anwendungsbereichs 3. Fälle der analogen Anwendung von § 79
4
6 6 6 7
Baumgärtel/Prö/ss § 59 Rn. 5; Bruck/Möller/ Möller8 § 59 Anm. 45; Hansen S. 94; Kisch Mehrfache Versicherung S. 118.
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Rn.
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Baumgärtel/Prö/ss § 59 Rn. 5.
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Beseitigung der Mehrfachversicherung
§ 7 9
Rn. B. Tatbestandsmerkmale des § 79 I. Tatbestandliche Voraussetzungen für ein Beseitigungsverlangen 1. Anfängliche unwissentliche Mehrfachversicherung (Absatz 1) a) Vorliegen einer Mehrfachversicherung b) Entstehung der Mehrfachversicherung durch Neuabschluss aa) Mehrfachversicherung durch Vertragsabschluss bb) Entstehung der Mehrfachversicherung durch gleichzeitigen Abschluss cc) Mehrversicherung durch Rechtsübergang dd) Maßgeblicher Zeitpunkt . . . c) Unkenntnis bei Neuabschluss . . . d) Relevante Personen e) Fortdauer der Mehrfachversicherung 2. Nachträgliche wertsenkungsbedingte Mehrfachversicherung (Absatz 2) . . . a) Normalfall (Satz 1) aa) Absinken des Versicherungswertes bb) Nach den Vertragsabschlüssen cc) Entstehung der Mehrfachversicherung b) Sonderfälle (Absatz 2 Satz 2) . . . aa) Abschlüsse gleichzeitig; 1. Alternative bb) Abschlüsse einvernehmlich; 2. Alternative 3. Ausscheiden restlicher Fälle a) Grundsatz: kein Beseitigungsrecht . b) Subsidiaritätsabreden c) Sonstige Rechte des Versicherungsnehmers Π. Verlangen der Beseitigung 1. Rechtsnatur des Verlangens 2. Erklärungsberechtigter 3. Empfänger des Beseitigungsverlangens a) Grundfall: Prioritätsprinzip ist anwendbar (Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1) b) Sonderfall von Absatz 2 Satz 2 . . c) Beteiligung eines nach ausländischem Recht haftenden Versicherers 4. Zeitpunkt
17 17 18 18 21 22
25 26 31 34 39 42 45 46 46 50 51 55 55 56 57 57 58 59 60 60 61 64
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Rn. 5. Inhalt des Beseitigungsverlangens . . . a) Bestimmter Inhalt des Beseitigungsverlangens b) Geltendmachung teilweiser Beseitigung der Mehrfachversicherung . . c) Geltung des Prioritätsprinzips . . . d) Aufhebung des späteren Vertrages . aa) Vollidentität des späteren Vertrages bb) Vollwertversicherung des älteren Vertrages e) Anpassung des späteren Vertrages . aa) Anpassung nach Gesetzeswortlaut bb) Erweiterung des Gesetzeswortlauts f) Anpassung aller Verträge aa) Anpassung nach Gesetzeswortlaut bb) Erweiterung des Gesetzeswortlauts cc) Notwendige Erklärungen gegenüber allen Versicherern . 6. Form des Beseitigungsverlangens . . . 7. Rechtsfolgen des Herabsetzungsverlangens a) Rechtsfolgen für den Versicherungsumfang b) Rechtsfolge für die Prämie c) Zeitpunkt der Änderungen . . . . d) Relevanz von späteren Änderungen des Versicherungswerts ΠΙ. Besonderheit bei der Passivenversicherung und der Versicherung auf Erstes Risiko 1. Fragestellung: § 79 analog? 2. Passivenversicherung a) Grundsatz der analogen Anwendung von § 79 b) Anforderungen an die Unkenntnis bei Vertragsabschluss c) Inhalt des Beseitigungsverlangens . aa) Grundsatz bb) Sonderfall der Teilidentität . . cc) Ziffer 22 AHB 22 3. Versicherung auf Erstes Risiko . . . . a) Grundsatz der analogen Anwendung von § 79 b) Anforderungen an die Unkenntnis bei Vertragsabschluss c) Inhalt des Beseitigungsverlangens . C. Abdingbarkeit D. Beweislast
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§79
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
A. Einführung I. Entstehungsgeschichte 1
Vorläufer von § 7 9 ist § 6 0 a.F. Diese N o r m wurde durch die V O vom 1 9 . 1 2 . 1 9 3 9 1 geändert: N e b e n der anteilsmäßigen Herabsetzung der Versicherungssummen wurde in Absatz 1 auch die M ö g l i c h k e i t der Aufhebung des später geschlossenen Vertrages eingeführt. Z u d e m wurde nicht mehr auf die mangelnde „Kenntnis von der anderen Versicher u n g " , sondern auf die mangelnde „Kenntnis von dem Entstehen der Doppelversicher u n g " abgestellt. § 6 0 Abs. 2 a.F. wurde mit der V O vom 1 9 . 1 2 . 1 9 3 9 neu eingeführt, und die bisherigen Absätze 2 bis 4 wurden in § 6 0 Abs. 3 a.F. mit Neuregelung des W i r k s a m werdens des Beseitigungsverlangens und der Prämienschicksals zusammengezogen. 2
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Die Absätze 1 und 2 stimmen sachlich mit § 6 0 Abs. 1 und 2 a.F. überein, 3 d.h. es bestehen lediglich sprachliche Änderungen.
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§ 6 0 Abs. 3 a.F. ist ersatzlos entfallen. Entsprechend der allgemeinen Konzeption des neuen W G , mit § 3 9 den Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie aufzugeben, 4 besteht für die bisherige Regelung in § 6 0 Abs. 3 Satz 1 a.F., w o n a c h die Aufhebung des Vertrages oder die Herabsetzung der Versicherungssumme erst mit A b l a u f der Versicherungsperiode wirksam wurde, kein Bedürfnis mehr. Die bisherige Regelung in § 6 0 Abs. 3 Satz 2 a.F., w o n a c h das R e c h t des V N , die Beseitigung der Mehrfachversicherung zu verlangen, zeitlich begrenzt wurde, wurde v o m Gesetzgeber als sachlich nicht gerechtfertigt angesehen und ist daher ebenfalls entfallen. 5
II. Inhalt und Zweck der Regelung 4
§ 7 9 ergänzt bei vorliegender Mehrfachversicherung § 7 8 , indem dem V N bei anfänglicher unwissentlicher Mehrfachversicherung (Absatz 1) und bei nachträglicher wertsenkungsbedingter Mehrfachversicherung (Absatz 2 ) das R e c h t auf Beseitigung der Mehrfachversicherung eingeräumt wird. § 7 9 knüpft damit, wie § 7 8 , an den Tatbestand der mehrfachen Versicherung g e m ä ß § 7 7 Abs. 1 Satz 1 und ergänzend an den der M e h r fachversicherung g e m ä ß § 7 8 Abs. 1 an.
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Liegt eine Mehrfachversicherung vor, erhält der V N g e m ä ß § 7 8 Abs. 1 dennoch nur den Betrag seines Schadens ersetzt. D e r V N erhält damit in dem Umfang, in dem eine Mehrfachversicherung vorliegt, für die von ihm dafür aufgewandte Prämie keine Gegenleistung. Z w e c k von § 7 9 ist es daher, die durch die Mehrfachversicherung entstehende Prämienvergeudung zu Gunsten des V N zu beseitigen. 6 Wirtschaftlich betrachtet regelt § 7 9 wie § 7 4 den durch den Abschluss von mehreren Versicherungsverträgen eingetretenen Fall der Überversicherung, w o b e i die Mehrfachversicherung von der Überversicherung dadurch abzugrenzen ist, dass erstere den Abschluss mehrerer Versicherungsverträge,
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RGBl. I 2443; amtliche Begründung Motive S. 644. Ausführlicher zur Entstehungsgeschichte von § 60 a.F. Berliner Kommentar /Schauer § 60 Rn. 2. Begr. zu § 79 BTDrucks. 16/3945 S. 79. BruckJMoiler/Niederleitbinger Einf. E Rn. 39, 90; Bruck/Möller /Baumann § 1 Rn. 196.
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Begr. zu § 79 BTDrucks. 16/3945 S. 79. Bruck/Möller/Mö//er8 § 60 Anm. 3; Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 1; Prölss/Marún/Kollhosser § 60 Abs. 1; Römer/Langheid § 60 Rn. 1; H K - W G / B r a m b a c h % 79 Rn. 1.
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Beseitigung der Mehrfachversicherung
§79
letztere nur den eines Versicherungsvertrages betrifft. 7 § 7 9 ist daher mit dem Gestaltungsrecht von § 7 4 Abs. 1 bei Bestehen der Überversicherung vergleichbar, w o b e i allerdings zwischen beiden Regelungen erhebliche Unterschiede bestehen. W ä h r e n d das Gestaltungsrecht nach § 7 4 Abs. 1 sowohl dem V N als auch dem V R zusteht, billigt § 7 9 es nur dem V N zu. W ä h r e n d § 7 4 Abs. 1 eine erhebliche Überversicherung verlangt, besteht bei § 7 9 keine Erheblichkeitsschwelle. Bei § 7 4 Abs. 1 k o m m t es für das Verlangen nicht auf die Gründe für die Entstehung der Überversicherung an, während § 7 9 dies bei der Mehrfachversicherung auf die anfängliche unwissentliche und die nachträgliche wertsenkungsbedingte Mehrfachversicherung beschränkt. § 7 4 Abs. 1 ist zwingendes R e c h t , während § 7 9 abbedungen werden k a n n . Diese Unterschiede sind - ebenso wie die Tatsache, dass bei Absatz 1 das Prioritätsprinzip gilt ( R n . 7 7 ) , w ä h r e n d im Sonderfall von Absatz 2 Satz 2 Versicherungssummen und Prämien anteilig herabgesetzt werden - zum alten R e c h t kritisiert w o r d e n . 8 D e r Gesetzgeber des neuen W G hat diese Kritik ignoriert und die alte Regelung (bis auf deren Absatz 3 ) ü b e r n o m m e n . D e r Kritik ist zuzugestehen, dass die unterschiedliche Behandlung der Überversicherung und Mehrfachversicherung rechtspolitisch und systematisch nicht nachvollziehbar ist. Gleichwohl ist die Wertentscheidung des Gesetzgebers zu akzeptieren.
III. Anwendungsbereich 1. Grundsatz a) Geltung in der Schadensversicherung - Abgrenzung von § 7 9 zu § 7 8 . § 7 9 gilt, seiner systematischen Stellung im Gesetz entsprechend, - eben sowie § 7 8 9 - grundsätzlich in der gesamten Schadensversicherung. 1 0 Allerdings ist zu differenzieren. § 7 9 setzt zwar das Vorliegen einer Mehrfachversicherung und damit die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 7 8 Abs. 1 voraus. W ä h r e n d § 7 8 Abs. 1 jedoch in einer ex-post-Betrachtung d a r a u f abstellt, o b im Versicherungsfall eine Mehrfachversicherung vorgelegen hat, setzt ein Beseitigungsverlangen nach § 7 9 denknotwendig die Feststellung einer M e h r fachversicherung in einer ex-ante-Betrachtung bei Geltendmachung des Beseitigungsverlangens voraus. Hieraus ergeben sich Einschränkungen für den Anwendungsbereich von §79.
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b) § 7 9 bei feststellbarem Versicherungswert. Diese ex-ante-Feststellung einer M e h r fachversicherung ist ohne Weiteres für den Regelfall in der Aktivenversicherung möglich, in dem ein Versicherungswert festgestellt werden k a n n 1 1 und die Versicherungssumme zugleich die Versicherungsleistung beschränkt. Gleiches gilt für die Ausnahmefälle, in denen es in der Passivenversicherung einen feststellbaren Versicherungswert g i b t . 1 2 Auf diese Fälle, in denen im Versicherungsfall das Vorliegen einer Mehrfachversicherung
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Bruck/Möller/Scfcnepp § 78 Rn. 7 m.w.N. Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 3 („nicht restlos gelungen"); Prölss/Martin/Koi/fcosser S 60 Rn. 2 („nicht voll geglückt"); zurückhaltend, aber wohl ebenfalls kritisch Bruck/Möller/Mö//er 8 § 60 Anm. 3; jeweils auch zu Unterschieden, die sich aus dem nicht in das neue Recht übernommenen ξ 60 Abs. 3 a.R ergeben.
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Bruck/Möller/Schnepp § 78 Rn. 8. Allg. M.: Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 4; HK-WG/Brambach § 79 Rn. 1 i.V.m. § 78 Rn. 3. Bruck/Möller/Schnepp § 74 Rn. 11 m.w.N. Bruck/Möller/Sc/mepp § 74 Rn. 10; für den Sonderfall von § 79 (§ 60 a.F.) im Ergebnis auch Berliner Kommen tar/Sc/wwer § 60 Rn. 22.
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Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
durch den Vergleich der Summe der Versicherungssummen mit dem Versicherungswert möglich ist, also ein Fall von § 7 8 Abs. 1 1. Alternative vorliegt, ist § 7 9 zugeschnitten. 1 3 N u r in diesen Fällen passen im Übrigen die Rechtsfolgen des Herabsetzungsverlangens nach Absatz 1 und 2 , w o n a c h die Versicherungssumme zur Beseitigung der M e h r f a c h v e r sicherung herabgesetzt werden s o l l . 1 4 8
c) § 7 9 bei nicht feststellbarem Versicherungswert. G i b t es keinen feststellbaren Versicherungswert (und muss damit zur Feststellung der Mehrfachversicherung auf die 2 . Alternative von § 7 8 Abs. 1 zurückgegriffen w e r d e n 1 5 ) , so ist weiter zu differenzieren. Dies gilt insbesondere für die Passivenversicherung (d.h. für deren Regelfall, dass es keinen feststellbaren Versicherungswert gibt) mit ihrem Hauptanwendungsfall der H a f t pflichtversicherung, aber auch für die als Schadensversicherung betriebene Personenversicherung (Hauptfall ist die Krankenversicherung) oder die Rechtschutzversicherung. D a es keinen feststellbaren Versicherungswert gibt, kann es auch nicht zu einer durch Absenkung des Versicherungswertes entstehenden Mehrfachversicherung k o m m e n . Die Fälle von Absatz 2 (nachträgliche wertsenkungsbedingte Mehrfachversicherung) scheiden damit ohnehin aus, so dass allenfalls ein Herabsetzungsverlangen g e m ä ß Absatz 1 (anfängliche unwissentliche Mehrfachversicherung) in Betracht k o m m t . 1 6 E x ante lässt sich in diesen Fällen die Mehrfachversicherung jedoch nur feststellen, wenn mindestens einen der V R eine der H ö h e nach unbeschränkte Eintrittspflicht trifft. Dies k o m m t etwa bei der als Schadensversicherung betriebenen Krankenversicherung oder der Rechtschutzversicherung, in der Regel aber nicht in der Haftpflichtversicherung in Betracht. H a f t e t mindestens einer der V R u n b e s c h r ä n k t , ist Absatz 1 anwendbar, dies u n m i t t e l b a r 1 7 und nicht nur a n a l o g ; 1 8 in diesen Fällen sind die möglichen Rechtsfolgen eines Beseitigungverlangens allerdings eingeschränkt ( R n . 119). In allen anderen Fällen, wenn also mehrere Passivenversicherungen mit der H ö h e nach beschränktem Versicherungsschutz zusammentreffen, lässt sich ex ante zwar abhängig vom vereinbarten U m f a n g des Versicherungsschutzes sowie statistischer Wahrscheinlichkeit des Schadensumfangs von einer m e h r oder minder h o h e n latenten Mehrfachversicherung sprechen. Vor Eintritt eines Versicherungsfalls steht das Vorliegen einer Mehrfachversicherung jedoch nicht fest. Schließt also etwa j e m a n d zwei Haftpflichtversicherungen mit einer Versicherungssumme von jeweils € 1 0 0 . 0 0 0 a b , so liegt im Versicherungsfall eine Mehrfachversicherung nur dann vor, wenn der Schaden geringer als die Summe der Versicherungssummen (also € 2 0 0 . 0 0 0 ) beträgt. § 7 9 (auch dessen Absatz 1) ist deshalb in den Fällen, in denen kein Versicherungswert feststellbar ist (damit für die Feststellung der Mehrfachversicherung im Versicherungsfall auf die 2 . Alternative von § 7 8 Abs. 1 zurückgegriffen werden muss) und keiner der V R eine der H ö h e nach unbeschränkte Eintrittspflicht trifft, nicht unmittelbar a n w e n d b a r . 1 9 Es stellt sich dann allerdings die Frage der analogen Anwendung von Absatz 1 und der damit verbundenen Rechtsfolgen (dazu R n . 116 ff.).
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So im Ergebnis auch Prölss/Martin/Kollhosser § 60 Rn. 6; Berliner Kommentar /Schauer § 60 Rn. 4. Berliner Kommentar/Scfcosser § 2 Rn. 14; Römer/Langheid S 2 Rn. 25; HK-WG/ Brömmelmeyer § 2 Rn. 26 f. und 35 f. BGH 24.1.1992 BGHZ 117 104, 106 f.; BGH 21.6.2000 VersR 2000 1133, 1134; HK-WG/Brömmelmeyer § 2 Rn. 36; zu Unrecht ablehnend Prölss/Martin/iVö/ss S 2 Rn. 14. Prölss/Martin/Ko///;osser § 60 Rn. 9; Römer/ Langheid § 60 Rn. 5; HK-WG/Brambach § 79 Rn. 3.
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Berliner Kommentar/Schwer § 60 Rn. 9; Bruck PVR S. 552; grundsätzlich auch Bruck/Möller/Mö//er8 § 60 Anm. 6. So wohl schon Bruck/Möller/Mö//er8 § 60 Anm. 6. Allg. M.: Motive S. 133; Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 5; Bruck PVR S. 545, 553; Kisch Mehrfache Versicherung S. 184. Bruck/Möller/Mö//er8 § 60 Anm. 6 und 16; Kisch Mehrfache Versicherung S. 192.
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der Vorschrift, den gutgläubigen V N vor anfänglicher unwissentlicher Mehrfachversicherung zu schützen, so wird es darauf a n k o m m e n , w a n n der V N Kenntnis von der M e h r fachversicherung erlangt. Erlangt er Kenntnis erst, n a c h d e m wieder Mehrfachversicherung vorliegt, erfolgte also auch die vorübergehende Anstieg des Versicherungswertes und damit das vorübergehende Nichtbestehen einer Mehrfachversicherung in U n k e n n t nis des V N , besteht keine Veranlassung, dem V N das Beseitigungsrecht aus Absatz 1 zu versagen. Anders ist es j e d o c h , wenn zwar anfängliche Unkenntnis bestand, der V N dann aber Kenntnis von der anfänglichen Mehrfachversicherung zu einem Z e i t p u n k t erlangt, in dem keine Mehrfachversicherung besteht und d a n a c h der Versicherungswert mit der Folge erneuter Mehrfachversicherung wieder absinkt. In diesen Fällen kann allerdings Absatz 2 Satz 1 entsprechend a n w e n d b a r sein (Rn. 5 4 ) .
2 . Nachträgliche wertsenkungsbedingte Mehrfachversicherung (Absatz 2 ) 45
Liegt keine anfängliche Mehrfachversicherung vor, sondern ist diese erst nach Abschluss der mehreren Versicherungsverträge nachträglich entstanden, sieht Absatz 2 ebenfalls ein Beseitigungsrecht vor. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen ist allerdings zwischen dem N o r m a l f a l l (Satz 1) und den Sonderfällen zu unterscheiden, in denen die mehreren Versicherungsverträge gleichzeitig oder im Einvernehmen der V R geschlossen werden (Satz 2 ) . a) Normalfall (Satz 1)
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aa) Absinken des Versicherungswertes. N a c h dem W o r t l a u t von Absatz 2 Satz 1 ist „Absatz 1 . . . auch a n z u w e n d e n " , besteht also auch dann das Beseitigungsrecht, wenn die Mehrfachversicherung dadurch entstanden ist, dass „der Versicherungswert gesunken i s t " . Eine ursprüngliche einfache mehrfache Versicherung muss also durch Absinken des Versicherungswertes zur Mehrfachversicherung geworden sein. Bleibt der Versicherungswert unverändert, steigt aber die Versicherungssumme automatisch durch eine entsprechende Wertsicherungsabrede (also nicht etwa aufgrund einer besonderen Änderungsvereinbarung), so ist Absatz 2 Satz l a n a l o g a n z u w e n d e n . 8 4
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Für den gesetzlichen Grundfall der Wertminderung k o m m e n etwa Alter und A b n u t zung, aber auch Preisschwankungen sowie bei Versicherung eines Sachinbegriffs (etwa Warenlager) Bestandsveränderungen in Frage. Fällt dagegen bei einer Positionsversicherung eine Position völlig fort, so handelt es sich nicht um ein Absinken des Versicherungswertes, sondern um einen nach § 8 0 zu behandelnden Interessemangel. 8 5
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Eine Erheblichkeit der Wertminderung setzt Absatz 2 Satz 1 nicht v o r a u s . 8 6 Es ist auch nicht Voraussetzung, dass der Versicherungswert voraussichtlich dauerhaft herabgesunken bleibt, auch nicht für die Versicherung eines Inbegriffs. 8 7 Die gegenteilige Ans i c h t 8 8 m a g davon beeinflusst sein, dass nach § 6 0 Abs. 3 Satz 2 a.F. das Beseitigungsrecht erlosch, wenn der V N dieses nicht unverzüglich nach Kenntnis von der Doppelversicherung geltend machte. D a diese Beschränkung im neuen R e c h t weggefallen ist (Rn. 3 ) , besteht keine Veranlassung, eine Verfestigung der Absenkung für die Geltendmachung des Beseitigungsverlangens zu fordern.
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 60 Anm. 7; Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 10; Pröiss/Martin/Kollhosser § 6 0 Rn. 16. Bruck/Möller/Möller* § 60 Anm. 7.
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Bruck/Möller/Mö//er 8 § 60 Anm. 7. BruckyMöller/Möller* § 60 Anm. 7. Prölss/Martin/Ko/ZWer § 60 Rn. 16.
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Beseitigung der Mehrfachversicherung
§79
D a es auf das Absinken des Versicherungswertes a n k o m m t , scheidet Absatz 2 Satz 1 dann aus, wenn es vereinbarungsgemäß nicht auf den wirklichen Versicherungswert a n k o m m t . Dies ist zum einen bei der Transportversicherung der Fall, bei der es allein auf den Versicherungswert bei Beginn der Versicherung a n k o m m t , spätere Wertentwicklungen damit unerheblich sind. 8 9 Gleiches gilt bei Vereinbarung einer Taxe, bei der der Versicherungswert auf einen bestimmten und damit bindenden Betrag festgesetzt w i r d , 9 0 es sei denn, es liegt ein Fall der erheblich übersteigenden Taxe nach § 7 6 Abs. 2 Halbs. 2 9 1
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bb) Nach den Vertragsabschlüssen. N a c h Absatz 2 Satz 1 besteht das Beseitigungsrecht nur, wenn der Versicherungswert „nach Abschluss der mehreren Versicherungsverträge" gesunken ist. Es reicht demnach nicht aus, wenn das Absinken nach Abschluss eines ersten, aber schon vor Abschluss eines zweiten Vertrages erfolgte. Hier verdient der V N keine Begünstigung, es sei denn, nach Abschluss eines zweiten Vertrages ist der Versicherungswert des ersten Vertrages noch weiter abgesunken und bei Zustandekommen des zweiten Vertrages bestand noch keine Mehrfachversicherung (dazu R n . 5 4 ) . 9 3 Treffen mehr als zwei Versicherungsverträge zusammen, k o m m t es für Absatz 2 Satz 1 auf den Abschluss des letzten Vertrages an. Tritt die Mehrfachversicherung nach dem Abschluss des zweiten, aber vor Abschluss des letzten Vertrages ein, ist zu differenzieren. Für alle Verträge, die vor dem Eintreten der Mehrfachversicherung abgeschlossen wurden, ist, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen, auf Absatz 2 Satz 1 abzustellen. Für alle Verträge, die danach abgeschlossen wurden, ist auf Absatz 1 zurückzugreifen, was dazu führen kann, dass ein Beseitigungsverlangen nur für einen Teil der in Mehrfachversicherung stehenden Verträge möglich ist, wenn z.B. bei Abschluss der späteren Verträge Kenntnis von der Mehrfachversicherung bestand; dieses Ergebnis ist jedoch nach dem Sinn der N o r m gerechtfertigt. Abschluss im Sinne von Absatz 2 Satz 1 ist, wie bei Absatz 1, das Zustandekommen des Versicherungsvertrages, also der formelle, nicht der materielle Versicherungsbeginn (Rn. 31 ) . 9 4 Sind die Verträge nicht nacheinander, sondern gleichzeitig abgeschlossen worden, ist auf Absatz 2 Satz 2 zurückzugreifen (Rn. 5 5 ) .
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cc) Entstehung der Mehrfach Versicherung. Die Mehrfachversicherung darf erst nach Abschluss des späteren Versicherungsvertrages entstanden sein. Bei Abschluss des späteren Versicherungsvertrages müssen die Verträge also noch im Verhältnis einer schlichten mehrfachen Versicherung gestanden haben. Die Mehrfachversicherung entsteht (bei der für § 7 9 maßgeblichen 1. Alternative von § 7 8 Abs. 1, Rn. 7) in dem Zeitpunkt, in dem die Summe der Versicherungssummen den maßgeblichen Versicherungswert übersteigt. Bei unterschiedlichen Vereinbarungen zur Bestimmung des Versicherungswerts ist dies entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zu § 7 8 9 5 - dann der Fall, wenn der V N im Totalschadensfall aus mehreren Versicherungsverträgen zusammen als Versicherungsleistung mehr erhalten würde, als wenn der Versicherungswert für alle Verträge nach dem für den V N günstigsten Bewertungsmaßstab berechnet würde. Trifft etwa eine Neu-
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Bruck/Möller/Mö//er8 § 60 Anm. 6; zu § 136 etwa HK-WG/Harms § 136 Rn. 1. Bruck/Möller/ScWpp § 76 Rn. 29. Dazu RruckJMoüer/Schnepp § 76 Rn. 43 ff. Bruck/Möller/Mö//er8 § 60 Anm. 7. Bruck/Möller/Mö/fer8 § 60 Anm. 8;
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Prölss/Martin/iCo//fcosser § 60 Rn. 16; Berliner Kommentar/Scfcwer § 60 Rn. 10. Bruck/Möller/Mö/Zer8 § 60 Anm. 8; so wohl auch Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 11. Bruck/Möller/Schnepp § 78 Rn. 25 f.
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Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
Wertversicherung mit einer Zeitwertversicherung zusammen, so ist darauf abzustellen, ob die Versicherungsleistungen aus beiden Verträgen den Versicherungswert zum Neuwert übersteigen würden. 9 6 52
Da Bewertungen oft schwierig sind und bei allmählicher Entwertung der maßgebliche Zeitpunkt teilweise schwer zu bestimmen ist, wurde zum alten Recht dafür plädiert, eine gewisse Verfestigung oder dauerhafte Absenkung des Versicherungswerts zu fordern. 9 7 Hintergrund war die nicht in das neue Recht übernommene Regelung von § 60 Abs. 3 Satz 2 a.F., wonach das Recht aus § 60 a.F. erlosch, wenn der V N dieses nicht unverzüglich nach Kenntniserlangung geltend machte. Nach dem neuen Recht kommt es dagegen auf den genauen Zeitpunkt nicht mehr an, solange die Mehrfachversicherung nur nach Abschluss des späteren Vertrages entstanden ist. Einer Verfestigung bedarf es daher nicht.
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Wie bei Absatz 1 (Rn. 42) ist allerdings auch bei Absatz 2 Satz 1 erforderlich, dass die Mehrfachversicherung noch im Zeitpunkt der Geltendmachung des Rechts besteht. 98 54 Bei schwankenden Versicherungswerten, die nach Abschluss des späteren Vertrages zunächst zu einer Mehrfachversicherung führen, diese durch vorübergehenden Anstieg des Versicherungswertes beseitigen, um hiernach wieder nach Absinken zu einer Mehrfachversicherung zu führen, wird man das Recht aus Absatz 2 Satz 1 entsprechend gewähren müssen. b) Sonderfälle (Absatz 2 Satz 2) 55
aa) Abschlüsse gleichzeitig; 1. Alternative. Das Beseitigungsrecht bei nachträglichem Absinken des Versicherungswerts besteht nach Absatz 2 Satz 2 1. Alternative auch dann („Sind in diesem Fall"), wenn die mehreren Versicherungsverträge nicht nacheinander, sondern „gleichzeitig" abgeschlossen wurden. Der Unterscheidung zu Absatz 2 Satz 1 (und Absatz 1) bedarf es, weil das ansonsten bei § 79 geltende Prioritätsprinzip (Aufhebung oder Anpassung des späteren Vertrages, Rn. 77) hier versagt und deshalb die abweichende Rechtsfolge der verhältnismäßigen Herabsetzung der Versicherungssummen und Prämien gilt (dazu Rn. 99 ff.). 99 Dass mehrere Versicherungsverträge gleichzeitig abgeschlossen werden (auch hier kommt es auf den formellen Abschluss des Vertrages, d.h. den formellen Versicherungsbeginn an), ist relativ selten. 100 Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Annahmeerklärungen der VR mit gleicher Post beim VN eingehen. Man wird aber von einem gleichzeitigen Abschluss auch dann ausgehen können, wenn der Abschluss mehrerer Verträge auf einem einheitlichen Plan des VN beruht und die Verträge ungefähr zur selben Zeit geschlossen werden 1 0 1 oder sich der genaue, aber zeitlich nahe beieinander liegende Zugang der Annahmeerklärungen nicht mehr feststellen lässt. 102 Zu weitgehend ist allerdings die Ansicht, ein gleichzeitiger Abschluss sei bereits stets dann gegeben, wenn bei Abschluss des ersten Vertrages eine Aufteilung des Risikos gewollt sei, 103 weil dies insbesondere dann, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang fehlt, eine
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Bruck/Möller/Möller* § 60 Anm. 9 (wo allerdings für die Neuwertversicherung eine andere Ansicht vertreten wird; dem ist nicht zu folgen, vgl. Bruck/Möller/Scfcwepp § 78 Rn. 26). Bruck/Möller/Möller* § 60 Anm. 9; Prölss/ Martin/Kollhosser § 60 Rn. 16. Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 5; Prölss/Martin/Kollhosser § 60 Rn. 18.
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Bruck/Möller/Mö//er8 § 60 Anm. 10. Bruck/Möller/Mö//er8 S 60 Anm. 10; Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 13. Berliner Kommentar/Schauer § 60 Rn. 13. Bruck/Möller/Mö//er8 S 60 Anm. 10. E. Prölss VW 1950 265, 266; ebenso wohl Prölss/Martin/Ko/Zfcosser § 60 Rn. 17 (wo undifferenziert auf E. Prölss verwiesen wird).
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Beseitigung der Mehrfachversicherung
§79
Überdehnung des gesetzlich gewollten R a h m e n s darstellt; im Fall eines Einvernehmens der V R untereinander besteht für eine solche Ausdehnung zudem kein Bedürfnis, weil hier die 2 . Alternative von Absatz 2 Satz 2 g r e i f t . 1 0 4 bb) Abschlüsse einvernehmlich; 2 . Alternative. W i e bei der 1. Alternative soll der
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Prioritätsgedanke nach der 2. Alternative von Absatz 2 Satz 2 dann zurücktreten, wenn die mehreren Versicherungsverträge „im Einvernehmen der V R geschlossen w o r d e n " sind. W a n n dies im Sinne der N o r m der Fall sein soll, ist umstritten. Einigkeit besteht nur darüber, dass bloße K e n n t n i s n a h m e des anderen V R nicht a u s r e i c h t . 1 0 5 Die Vorauflage vertrat die Ansicht, ein Einvernehmen im Sinne der N o r m liege nur vor, wenn sich das Z u s a m m e n w i r k e n der V R nicht zum Abschluss einer Mitversicherung verdichtet h a b e ; ein Einvernehmen liege deshalb nur dann vor, wenn ein Abschluss selbständiger Versicherungsverträge nach vorheriger Verständigung der V R untereinander e r f o l g e . 1 0 6 N a c h anderer Ansicht soll ein Einvernehmen dagegen ausschließlich bei bestehender Mitversicherung v o r l i e g e n . 1 0 7 Schließlich wird vertreten, ein Einvernehmen liege sowohl - und dies vor allem - im Falle der Mitversicherung als auch dann vor, wenn V R einvernehmlich zusammenwirken, o h n e dass eine Mitversicherung vorliegt. 1 0 8 Letzterer Ansicht ist zu folgen, da sich dem Gesetz keine Begrenzung auf die - ohnehin unterschiedlich vork o m m e n d e - Z u s a m m e n a r b e i t der M i t V R 1 0 9 entnehmen lässt. Die M e i n u n g der Vorauflage wird also nicht weiter verfolgt.
3 . Ausscheiden restlicher Fälle a) Grundsatz: kein Beseitigungsrecht. Liegen weder die Voraussetzungen von Absatz 1 noch von Absatz 2 (einschließlich deren analogen Erweiterungen, etwa R n . 115 ff.) vor, steht dem V N kein Beseitigungsrecht zu, wird er also trotz bestehender Mehrfachversicherung grundsätzlich an den Verträgen festgehalten. D a s gilt in Fällen des Absatzes 1 (anfängliche Mehrfachversicherung) insbesondere dann, wenn der zur Mehrfachversicherung führende Vertrag in Kenntnis von dem Entstehen der Mehrfachversicherung geschlossen wurde. Bei nachträglich entstehender Mehrfachversicherung ist dies etwa dann der Fall, wenn eine besondere Ursache für deren Entstehen nicht nachweisbar ist. 1 1 0 Im Falle der anfänglichen Mehrfachversicherung gilt dies selbst dann, wenn der V N die Mehrfachversicherung trotz Kenntnis nicht vermeiden k o n n t e , etwa wenn eine Transportversicherung notwendig die Nachlagerung mit einschließt und letztere mit einer Feuerversicherung des stationären Risikos zusammentrifft. 1 1 1
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b) Subsidiaritätsabreden. Problematisch ist, o b § 7 9 a n w e n d b a r ist, wenn eine M e h r fachversicherung durch eine Subsidiaritätsabrede gerade verhindert w i r d . 1 1 2 Die Vorauflage hatte die Ansicht vertreten, ausgehend von dem Z w e c k , eine Prämienvergeudung aufhören zu lassen, schließe die Subsidiarität des späteren Vertrages das Beseitigungs-
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Im Ergebnis ebenso Kohleick S. 202. Kohleick S. 201. Bruck/Möller/Möller* § 60 Rn. 11 (wonach im Falle der Mitversicherung bei Absenken des Versicherungswerts auf die Grundsätze der Überversicherung zurückzugreifen ist, vgl. auch Bruck/Möller/Mö//er 8 § 58 Anm. 6 und 52).
107 108
109 110 111 112
Prölss/Martin/KoZ/fcosser § 60 Rn. 17. Berliner Kommentar /Schauer § 60 Rn. 13; Kohleick S. 201 f.; E. Prölss VW 1950 265. Dazu Bruck/MöllerISchnepp Anh. § 216. Bruck/Möller/MöZ/er8 § 60 Anm. 12. Bruck/Möller/Möller 8 § 60 Anm. 13. Zu Subsidiaritätsabreden im Einzelnen Bruck/MöllerISchnepp § 78 Rn. 167 ff.
Winfried Schnepp
197
§79
Abschnitt 1. Allgemeine Vorschriften
recht des V N nicht aus, obwohl begrifflich keine Mehrfachversicherung vorliege; etwas anderes gelte nur, wenn das Nebeneinander zweier Versicherungsverträge von vorne herein beabsichtigt sei, etwa bei Export-Schutzversicherungen oder anderen Fällen unselbständiger 113 Subsidiaritätsabreden. 114 Ganz überwiegend wird jedoch angenommen, eine wirksame Subsidiaritätsabrede schließe das Beseitigungsverlangen nach § 7 9 aus. 1 1 5 Letzterer Ansicht ist zu folgen. Zwar ist zutreffend, dass der Zweck von § 79, eine Prämienvergeudung zu vermeiden, auch dadurch durchgesetzt werden könnte, dass bei einer Subsidiaritätsabrede der später abgeschlossene Vertrag aufgehoben wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass bei Subsidiaritätsabreden zwar prämienrelevante Auswirkungen möglich, jedoch nicht die Regel sind. 1 1 6 Im Übrigen würde, soweit der spätere Vertrag in Kenntnis des vorher bestehenden Vertrages abgeschlossen wurde, ohnehin kein Beseitigungsrecht nach Absatz 1 zustehen. 59
c) Sonstige Rechte des Versicherungsnehmers. Scheidet § 7 9 als Rechtsgrundlage für ein Beseitigungsverlangen aus, sind davon sonstige Rechte des V N auf anderer Grundlage unbenommen, deren Ausübung im Ergebnis zur Beseitigung der Mehrfachversicherung führen kann. Zu nennen ist hier insbesondere das Kündigungsrecht nach Veräußerung gemäß § 96 (zum Verhältnis dieses Rechts zu § 79 Rn. 27) sowie denkbare Ansprüche aus Beratungsverschulden (Rn. 34). Eine Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB) seitens des V N , der eine Mehrfachversicherung nimmt, kommt allerdings nicht in Betracht, weil es sich um einen bloßen Motivirrtum handelt. 1 1 7 Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung seitens des V R oder seines Versicherungsvertreters kommt zwar theoretisch in Betracht, falls dem V N arglistig vorgespiegelt worden ist, eine vorheriger Versicherungsvertrag bestehe nicht, sei nicht übergegangen oder sonstwie erloschen, 1 1 8 dürfte jedoch höchst unwahrscheinlich sein. 1 1 9
Π. Verlangen der Beseitigung 1. Rechtsnatur des Verlangens 60
Bei dem Recht aus § 79 handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird. Dies war früher (wie im Fall der Überversicherung bei § 74 Abs. 1 bzw. § 51 Abs. 1 a.F. 1 2 0 ) umstritten, 121 dürfte im neueren Schrifttum aber ganz herrschende Meinung sein. 1 2 2 Wie im Fall der Überversicherung (§ 74 Abs. I ) 1 2 3 steht der Annahme eines Gestaltungsrechts der Gesetzeswortlaut („kann verlangen") nicht entgegen. Zwar ordnet § 7 9 - anders als § 74 Abs. 1 - nicht
113
Bruck/Möller/ScJmepp § 7 8 Rn. 1 6 7 m.w.N.
114
B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 6 0 Anm. 5. Berliner Kommentiii Schauer § 6 0 Rn. 5; Kohleick S. 110 f.; Armbrust S. 131 f.; Vogel ZVersWiss 1 9 7 3 5 6 3 , 567.
115
116
Bruck/Möller/Scfcwepp § 7 8 Rn. 167.
117
B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 6 0 Anm. 13; Kisch Mehrfache Versicherung S. 1 8 0 f.
118 119
Bruck/Möller/Mö/Zer 8 § 6 0 Anm. 13. Verneint im Fall AG Stuttgart 1 4 . 1 0 . 1 9 5 2 VersR 1 9 5 2 4 2 9 .
120
Bruck/Möller/Sdmepp § 7 4 Rn. 37.
198
121
Siehe Übersicht bei B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 S 6 0 Anm. 13.
122
B r u c k / M ö l l e r / M ö / / e r 8 § 6 0 Anm. 13; Berliner Kommentar/Schauer § 6 0 Rn. 2 6 ; Prölss/Martin/Kollhosser § 6 0 Rn. 19; Beckmann/Matusche-BeckmannMrrabr¿íS